Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - VI ZR 520/16
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff sowie den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens.
- 2
- Die Kläger sind Mieter eines Wohnhauses. Der Beklagte ist Eigentümer des Nachbargrundstücks. Auf dem Grundstück des Beklagten steht eine Buche, deren Äste teilweise auf das von den Klägern genutzte Grundstück ragen. Einer dieser Äste, der in den Eingangsbereich zum Wohnhaus der Kläger reichte, war nach deren Auffassung abbruchgefährdet. Die Kläger forderten den Beklagten erfolglos zur Beseitigung des Astes auf und leiteten ein selbständiges Beweisverfahren ein, in dem ein Sachverständigengutachten zur Frage der Schädigung des Astes eingeholt wurde. Nach Vorlage des Sachverständigengutach- tens ließ der Beklagte den Ast entfernen. Die Kläger begehren nunmehr vom Beklagten Erstattung der ihnen und ihrem Rechtsschutzversicherer im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten und machen den entsprechenden Zahlungsanspruch im Wege der Leistungsklage geltend.
- 3
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
- 4
- Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es in der vorliegenden Fallkonstellation , die dadurch gekennzeichnet sei, dass sich ein ursprünglich gegebener Anspruch nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens durch Erfüllung durch den Antragsgegner erledigt habe, dem Antragsteller möglich, seine hierdurch entstandenen Kosten im Wege der Leistungsklage als materiellrechtlichen Erstattungsanspruch geltend zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könnten im selbständigen Beweisverfahren Erledigungserklärungen mit der Folge einer Kostengrundentscheidung gegen den Antragsgegner nicht abgegeben werden; eine prozessuale Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner könne es daher in diesem Verfahren nicht geben. Der Bundesgerichtshof habe daher eine Klage auf Feststellung, dass der Antragsgegner zur Beseitigung der behaupteten Störung verpflichtet war, für zulässig erachtet. Der Antragsteller könne auf diese Weise eine Kostengrundentscheidung erreichen, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens mit umfasse. Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich indes nicht, dass der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch nicht im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden könne. Dies sei nach allgemeinen Grundsätzen der Fall, weil die Kläger keine andere Möglichkeit hätten, einfacher oder kostengünstiger zu einem entsprechenden Titel zu gelangen. Im Gegenteil könne mit der hier erhobenen Leistungsklage ein möglicher weiterer Streit um die Anspruchshöhe vermieden werden. Letztlich greife der Grundsatz des Vorrangs der Leistungs- vor der Feststellungsklage ein.
- 5
- In der Sache sei der Anspruch aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 Satz 1 iVm §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB gegeben.
II.
- 6
- Die Revision des Beklagten ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
- 7
- 1. Die Revision des Beklagten ist nicht statthaft und damit unzulässig, soweit sie sich gegen die Begründetheit des Kostenerstattungsbegehrens der Kläger wendet. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob die Kläger ihr auf den materiellen Kostenerstattungsanspruch gestütztes Zahlungsbegehren statthaft im Wege der Leistungsklage geltend machen können. Die Beschränkung der Revision hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst ist, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, VersR 2017, 959 Rn. 14; vom 21. September 2015 - VI ZR 100/14, juris Rn. 18; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 17).
- 8
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteile vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, aaO Rn. 15; vom 21. September 2015 - VI ZR 100/14, aaO Rn. 19; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn. 59). Die Zulassung der Revision kann insbesondere auf die Frage der Zulässigkeit der Klage beschränkt werden, über die gemäß § 280 ZPO vorab durch Zwischenurteil entschieden werden kann (Senatsurteil vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, NJW-RR 2012, 759 Rn. 3; BGH, Urteile vom 12. April 2011 - XI ZR 341/08, NJW-RR 2011, 1287 Rn. 10; vom 5. Februar 1998 - III ZR 103/97, NJW 1998, 1138, 1139 f., insoweit in BGHZ 138, 67 nicht abgedruckt; vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, NJW 1993, 1799, insoweit in BGHZ 121, 367 nicht abgedruckt ; Beschluss vom 15. März 2011 - II ZR 141/10, juris Rn. 9). Zu den über § 280 ZPO vorab klärungsfähigen Fragen gehört auch die Statthaftigkeit der gewählten Klageart (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1978 - IV ZB 105/78, NJW 1979, 427, 428; MünchKomm/Prütting, ZPO, 5. Aufl., § 280 Rn. 3 iVm MünchKomm/Becker-Eberhard, ZPO, aaO, Vorb. zu § 253 Rn. 10, 22).
- 9
- b) Von einer derart beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Revisionszulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (Senatsurteile vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, VersR 2017, 959 Rn. 16; vom 21. September 2015 - VI ZR 100/14, aaO Rn. 20; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, aaO Rn. 19).
- 10
- Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich der Entscheidungsgründe nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen, weil eine ausdrückliche höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob in der vorliegenden Fallkonstellation dem früheren Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens nach Erfüllung des begehrten Anspruchs durch den Antragsgegner ein unmittelbar einzuklagender materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch zusteht oder ob er auf einen Feststellungsantrag zu verweisen ist, nicht vorliege. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht einen Zulassungsgrund nur im Hinblick auf die zuvor von ihm erörterte Frage gesehen hat, ob den Klägern allein die vom Bundesgerichtshof (Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 61/12, NJW 2013, 3586, 3587 Rn. 10; vom 1. Juli 2004 - V ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1580, 1581 unter III.1.c; vom 12. Februar 2004 - V ZB 57/03, NJW-RR 2004, 1005 f. unter III.2.) eröffnete Möglichkeit der Klage auf Feststellung offen stehe, dass der Antragsgegner zur Beseitigung der behaupteten Störung verpflichtet war, oder ob sie ihren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch statthaft unmittelbar im Wege der Leistungsklage geltend machen können.
- 11
- 2. Im Umfang ihrer Zulassung ist die Revision des Beklagten unbegründet. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kläger könnten ihr Kostenerstattungsbegehren im Streitfall im Wege der Leistungsklage und gestützt auf ihren materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verfolgen, ist frei von Rechtsfehlern.
- 12
- a) Die Kläger hatten keine Möglichkeit, im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eine (prozessuale) Kostenentscheidung zu ihren Gunsten zu erlangen.
- 13
- Im selbständigen Beweisverfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2004 - V ZB 57/03, aaO unter III.1.). Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten des sich anschließenden Hauptsacheverfahrens, über die in der Regel in diesem Verfahren entschieden wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Dezember 2013 - VII ZB 15/12, BGHZ 199, 207 Rn. 14; vom 23. Juli 2009 - VII ZB 3/07, BGHZ 182, 150 Rn. 12; vom 28. Juni 2007 - VII ZB 118/06, NJW 2007,3357 Rn. 11), so dass sie dort im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 674 Rn. 14). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozessordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren , weil der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptsacheverfahrens absieht, soll der Antragsgegner durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2009 - VII ZB 3/07, BGHZ 182, 150 Rn. 14 mwN).
- 14
- Darüber hinaus kann eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren ausnahmsweise ergehen, wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zurücknimmt. In diesem Fall hat der Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kosten zu tragen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2015 - VI ZB 36/14, NJW 2015, 2590 Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - VIII ZB 14/10, NJW 2011, 1292 Rn. 10 ff.; vom 10. März 2005 - VII ZB 1/04, NJW-RR 2005, 1015). Entsprechendes kann gelten, wenn der Antragsteller den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2016 - VII ZB 29/16, NJW 2017, 1399 Rn. 19 ff.).
- 15
- Dagegen besteht im selbständigen Beweisverfahren für eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a ZPO kein Raum. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig davon, ob die Erledigung einseitig durch den Antragsteller (BGH, Beschluss vom 9. Mai 2007 - IV ZB 26/06, NJW 2007, 3721 Rn. 8 ff. mwN) oder übereinstimmend von Antragsteller und Antragsgegner erklärt wird (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2011 - IV ZB 108/08, NJW-RR 2011, 931 Rn. 7 ff.).
- 16
- b) Nimmt der Antragsgegner - wie hier - nach Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen lässt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, steht dem Antragsteller stattdessen grundsätzlich die Möglichkeit offen, das Hauptsacheverfahren mit der Klage auf Feststellung zu führen, dass der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 - V ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1580, 1581 unter III.1.c). Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfasst (BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 - VIII ZB 61/12, NJW 2013, 3586, 3587 Rn. 10; vom 12. Februar 2004 - V ZB 57/03, NJW-RR 2004, 1005 f. unter III.2.; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 494a Rn. 5).
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- c) Die Möglichkeit eines solchen Vorgehens schließt die unmittelbare Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Leistungsklage indes nicht aus.
- 18
- Zwar kann die Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eingeschränkt sein, soweit die geltend gemachten Kosten mit denjenigen Kosten identisch sind, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können oder geltend gemacht worden sind. Diese Einschränkung dient dazu, Unterschiede zwischen einer auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden und räumt insoweit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Grundsatz den Vorrang ein, sofern der Prozess geführt wird oder geführt worden ist (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, aaO Rn. 13; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZB 95/09, NJW 2012, 1291 Rn. 8).
- 19
- So liegt es im Streitfall indes gerade nicht, weil es eine prozessuale Kostenentscheidung gar nicht gibt, der Antragsteller seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch vielmehr geltend macht, ohne dass ein Hauptsacheprozess im Sinne des § 494a ZPO - und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage - geführt wurde oder geführt wird, oder auch nur ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO gestellt wurde. Jedenfalls solange dies nicht der Fall ist, können die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens daher ohne Beschränkung im Wege der Leistungsklage und - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - gestützt auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Oktober 2002 - 5 W 26/02, MDR 2003, 534, 535; OLG Hamburg, Beschluss vom 31. Juli 1997 - 9 W 16/97, MDR 1998, 242, 243; Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess , 2015, Kap. 57 Rn. 107; Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl., § 490 Rn. 5; BeckOK/Kratz, ZPO, Stand 15. Juni 2017, § 494a Rn. 21). Insofern kann nichts anderes gelten, als wenn der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner mit seinem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aufrechnet (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, aaO Rn. 14) oder diesen Anspruch zum Gegenstand einer Widerklage macht (vgl. hierzu OLG Celle, Urteil vom 9. November 2012 - 16 U 53/12, NJW 2013, 475, 476).
- 20
- Nach diesen Grundsätzen müssen sich die Kläger nicht auf die Erhebung einer Feststellungsklage im Hauptsacheverfahren verweisen lassen. Hat der Antragsgegner eines selbständigen Beweisverfahrens einen Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt, beschränkt sich das Ziel einer möglichen Feststellungsklage des Antragstellers auf sein Kosteninteresse und sind die sonstigen Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs , etwa aus Verzug, wie im Streitfall vom Berufungsgericht festgestellt gegeben, erschöpft eine Leistungsklage des Antragstellers vielmehr dessen mögliches Feststellungsziel.
Roloff Klein
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 04.11.2015 - 118 C 327/15 -
LG Köln, Entscheidung vom 10.11.2016 - 1 S 222/15 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - VI ZR 520/16
Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - VI ZR 520/16
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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - VI ZR 520/16 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert beträgt für alle Instanzen 1.040,87 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks H. straße 13 in S. -K. . Die Antragsgegnerin nutzt als Mieterin das angrenzende Grundstück H. Straße 10 zum Betrieb eines Groß- und Einzelhandels mit Maschinenteilen aller Art.
Im Oktober 1999 beantragte der Antragsteller die Ein leitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegnerin zwecks Feststellung, ob von dem Betriebsgrundstück Wasser durch die Grenzmauer in ein Stallgebäude auf seinem Grundstück eindrang, ob der Wassereintritt durch einen zu
dem Betrieb der Antragsgegnerin gehörenden schadhaften Kanal verursacht wurde oder welche anderen Ursachen zu dem Wassereintritt führten. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß der Wassereintritt nicht auf Schäden an der unterirdischen Entwässerungsanlage des Gewerbebetriebs, sondern auf eine im Grenzbereich vorhandene, nicht mehr genutzte und verstopfte Entwässerungsleitung auf dem Betriebsgrundstück zurückzuführen war. Daraufhin ließ die Grundstückseigentümerin diese Leitung reinigen und verschließen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige fest, daß kein Wasser mehr in das Stallgebäude eindrang.
Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht ang eordnet, daß der Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Wochen Klage zu erheben habe. Innerhalb dieser Frist hat er die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Erstattung der ihm in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten beantragt. Das Landgericht hat die Klage rechtskräftig abgewiesen. Danach hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragsgegnerin dem Antragsteller ihre in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben.
Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwer de verfolgt der Antragsteller sein Ziel der Zurückweisung des Kostenantrags der Antragsgegnerin weiter.
II.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zu Recht die Pflicht des Antragstellers ausgesprochen, die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten zu tragen, denn er sei der Anordnung zur Klageerhebung nicht nachgekommen (§ 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Seine auf Kostenerstattung gerichtete Klage stehe der Hauptsacheklage nicht gleich. Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers entfalle nicht etwa deshalb, weil die Hauptsacheklage wegen der Erfüllung des Klageanspruchs gegenstandslos geworden sei. Die Beseitigung der Schadensursache durch die Grundstückseigentümerin könne der Antragsgegnerin nämlich nicht zugerechnet werden. Auch könne eine Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstands entsprechend § 91a ZPO nicht ergehen, weil es an übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien fehle und sie sich auch nicht in dem Beweistermin verglichen haben. Da das selbständige Beweisverfahren nicht durch eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers vorzeitig beendet und die Hauptsacheklage nicht zurückgenommen worden sei, komme eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Klagerücknahme ebenfalls nicht in Betracht.
III.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Antragsteller hat die der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Das folgt aus § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag der A ntragsgegnerin auf Anordnung der Klageerhebung (§ 494a Abs. 1 ZPO) im Hinblick auf die vorherige Beseitigung der Störungsursache durch eine dritte Person (Grundstückseigentümerin ) zulässig war (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZB 14/02, NJW-RR 2003, 454 m.w.N.). Denn jedenfalls mit der Anordnung des Amtsgerichts, Kla ge zu erheben, war der Weg für die Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO frei. Die Anordnung war nicht anfechtbar (vgl. § 567 Abs. 1 ZPO) und erlangte Bestandskraft. Der Antragsteller mußte daher, um die Kostenfolge des § 494a Abs. 2 ZPO zu vermeiden , Hauptsacheklage erheben. Das hat er nicht getan.
a) Zu Recht - und von der Rechtsbeschwerde nicht angegrif fen - nimmt das Beschwerdegericht an, daß die von dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin erhobene Klage auf Kostenerstattung keine Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO war. Das entspricht einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur (OLG Nürnberg, OLGZ 1994, 240, 241 ff.; OLG Hamm, JurBüro 1996, 376; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1295 und OLGR 1999, 323, 324; OLG Zweibrücken, MDR 2002, 476; OLG Frankfurt a.M., OLGR 2002, 120; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 494a Rdn. 11; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 494a Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494a Rdn. 16; Reichold, in: Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rdn. 4; Zöller /Herget, ZPO, 24. Aufl., § 494a Rdn. 2; Weise, Selbständiges Beweisverfahren im Baurecht, 2. Aufl., Rdn. 580; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 132; a.A. AG Aachen, NJW-RR 1999, 1442) und steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie will den Antragsgegner bei unterbliebener Hauptsacheklage so stellen, als habe er in der Hauptsache obsiegt
(BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, NJW-RR 2003, 1240, 1241). Ohne diese Regelung müßte der Antragsgegner einen materiellen Kostenerstattungsanspruch klageweise geltend machen. Das hätte selbst dann, wenn die Hauptsacheklage abgewiesen worden wäre, nur in den seltenen Fällen Erfolg, in denen sich der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten oder der deliktischen Handlung schadensersatzpflichtig gemacht hätte. In allen anderen Fällen müßte der Antragsgegner seine Kosten selbst tragen (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032, 2034). Dieses unbillige Ergebnis vermeidet der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Anerkennung der Kostenerstattungsklage als Hauptsacheklage stünde dem entgegen.
b) Weiter spricht gegen die Anerkennung der Kostenersta ttungsklage als Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO die Verschiedenheit der Streitgegenstände. Bei der Klage auf Erstattung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten bildet der materielle Kostenerstattungsanspruch den Streitgegenstand. In dem Hauptsacheprozeß ist der Streitgegenstand dagegen ein anderer, nämlich der Gegenstand der Beweiserhebung nach § 485 Abs. 1 und 2 ZPO und der daraus folgende Anspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner. Damit besteht Identität mit dem Streitgegenstand des Beweisverfahrens. Die in dem Hauptsacheverfahren ergehende Kostenentscheidung erfaßt deshalb auch die in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2002, VIII ZB 97/02, NJW 2003, 1322, 1323). Das trifft wegen der fehlenden Identität des Streitgegenstands für die in dem Kostenerstattungsprozeß zu erlassende Ko-
stenentscheidung nicht zu. Sie erfaßt nur die Kosten dieses Verfahrens und nicht die Kosten, die in dem selbständigen Beweisverfahren entstanden sind.
c) Dem Umstand, daß der Unterlassungs- und Beseitigungsan spruch nach § 1004 Abs. 1 BGB hier bereits vor dem Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens durch Erfüllung erloschen war, konnte der Antragsteller dadurch Rechnung tragen, daß er anstelle der - unbegründeten - Leistungsklage eine auf die Feststellung, daß die Antragsgegnerin zu der Beseitigung der Störung verpflichtet war, gerichtete Klage erhob (Senat, Beschl. v. 12. Februar 2004, V ZB 57/03, MDR 2004, 715).
2. Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten des An tragstellers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen. Der Gegenstandswert bestimmt sich für alle Instanzen nach der Höhe der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert der Rechtsmittelverfahren beträgt 2.116,51
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Beide Grundstücke waren bebaut, das Grundstück der Antragstellerin mit einem Wohnhaus, das Grundstück des Antragsgegners mit einem ehemals betrieblichen Zwecken dienenden Gebäude. Die Antragstellerin hat behauptet, von
dem Gebäude auf dem Grundstück des Antragsgegners dringe Feuchtigkeit in ihr Haus ein. Sie hat zur Feststellung dieser Tatsache und deren Ursache im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat die Einholung des beantragten Gutachtens angeordnet. Das Gutachten wurde den Beteiligten im Januar 2003 zugeleitet. Der Sachverständige hat festgestellt, daß die zur Grenzwand gelegenen Räume im Haus der Antragsstellerin teilweise Feuchtigkeitsbeeinträchtigungen aufweisen, die insbesondere auf den mangelhaften Anschluß der Giebelwand des Betriebsgebäudes an die Giebelwand des Hauses der Antragstellerin zurückzuführen seien. Im Juli 2003 ließ der Antragsgegner das Betriebsgebäude abreißen. Die Antragsstellerin hat daraufhin das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt und beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde des Antragsgegners ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die Zurückweisung des Kostenantrags.
II.
Das Landgericht hält den Antragsgegner für verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es meint, der Abriß des Betriebsgebäudes habe das Interesse der Antragstellerin an dem Verfahren entfallen lassen und seine Fortsetzung unmöglich gemacht. In entsprechender Anwendung von §§ 91 ff. ZPO habe der Antragsgegner daher die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Ein prozeßrechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin besteht nicht.
1. Die einseitige Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostengrundentscheidung gegen den Antragsgegner (OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; KG MDR 2002, 422; Lindacher JR 1999, 278, 279; aM OLG Koblenz, BauR 1998, 1045 ff; OLG München NJW-RR 2001, 1580, 1582).
Die Entscheidung über die Kosten eines Rechtsstreits beruht auf dem Grundsatz, daß die Partei die Kosten zu tragen hat, zu deren Nachteil die Entscheidung des Gerichts ergeht (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Belastung des Beklagten mit den Kosten eines Rechtsstreits setzt damit voraus, daß er unterlegen ist. Kommt es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache, weil die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht (§ 91a Abs. 1 ZPO). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Die Erledigungserklärung des Klägers bedeutet vielmehr eine Änderung der Klage, aufgrund deren das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob der klageweise geltend gemachte Anspruch bestanden hat und wegen des als Erledigung be-
zeichneten Ereignisses nicht mehr durchgesetzt werden kann (BGH, Beschl. v. 26. Juni 1994, I ZB 4/94, NJW 1994, 2364, 2365; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 157/98, NJW 2002, 442; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91a Rdn. 170; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 29; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 36 f., Zöller/Vollkommer, ZPO. 24. Aufl., § 91a Rdn. 34). Nur wenn es sich so verhält, erreicht der Kläger die Belastung des Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits.
Diese Grundsätze sind auf das selbständige Beweisverfahren nicht anwendbar. In diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (Musielak/Huber, aaO, § 490 Rdn. 7; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., vor § 485 Rdn. 8; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 5). Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch , noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, neben dem oder zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat (MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO, § 485 Rdn. 20; Musielak /Huber, aaO, § 490 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 10; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 7). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozeßordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Um so weniger geht es an, über die Regelung des § 91a Abs. 1 ZPO hinaus (vgl. zur Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erklärung der Erledigung eines selbständigen Beweisverfahrens einerseits OLG Hamm OLGR 1999, 220; OLG München BauR 2000, 139; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91a Rdn. 146; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 65, § 91a Rdn. 3;
Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 8; Thomas/Putzo, aaO, § 494a Rdn. 6; Zöller/Herget, aaO, § 494a Rdn. 5; Notthoff, JurBüro 1998, 61; Lindacher , JR 1999, 278 f; anderereseits OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; OLG Stuttgart BauR 2000, 445; KG MDR 2002, 422; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, aaO, § 91 Rdn. 193) dem Antragsgegner ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.
2. Dies kann auch nicht in entsprechender Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO geschehen. Zweck von § 494a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die verbleibt, wenn der Antragsteller aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf die Erhebung der Klage in der Hauptsache verzichtet. Das soll nicht dazu führen, daß der Antragsteller der Kostenpflicht entgeht, die sich aus der Abweisung der Klage in der Hauptsache ergäbe (BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, BRAGOreport 2003, 144). Durch die Fristsetzung gemäß § 494 Abs. 1 ZPO und die Versäumung der Frist durch den Antragssteller wird der Antragsgegner so gestellt, als habe er im Hauptsacheprozeß obsiegt (Bericht des Rechtssausschusses , BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Ohne eine einfach herbeizuführende prozessuale Kostengrundentscheidung wäre der Antragsgegner darauf angewiesen , einen materiell rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in einem gesonderten Erkenntnisverfahren gegen den Antragsteller geltend zu machen. Das erscheint vermeidbar und zudem häufig unbillig, weil das materielle Recht keinen Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Abwehr eines Anspruchs gewährt , wenn weder vertragliche, noch vorvertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten vorliegen und – wie regelmäßig - auch ein deliktischer Kosten-
ersatzanspruch ausscheidet (BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZB 83/86, NJW 1986, 2032, 2034). Dem soll § 494a ZPO entgegenwirken.
Nimmt der Antragsgegner nach der Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen läßt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, liegt der Fall schon insofern anders, als § 494a ZPO allein die Belastung des Antragstellers und nicht die Belastung des Antragsgegners mit den Kosten des Verfahrens vorsieht. Das Verhalten des Antragsgegners erlaubt grundsätzlich auch weder einen Schluß auf eine ihn treffende materielle Kostentragungspflicht, noch ist es mit seinem Willen zu dem selbständigen Beweisverfahren gekommen. Dem Antragsteller steht vielmehr die Klage auf Feststellung offen, daß der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war. Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfaßt. Für eine entsprechende Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO gegen den Antragsgegner besteht daher weder eine Lücke, noch ist die rechtliche Situation mit der von § 494a ZPO geregelten Situation vergleichbar.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.
(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.
(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.
(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert beträgt für alle Instanzen 1.040,87 €.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks H. straße 13 in S. -K. . Die Antragsgegnerin nutzt als Mieterin das angrenzende Grundstück H. Straße 10 zum Betrieb eines Groß- und Einzelhandels mit Maschinenteilen aller Art.
Im Oktober 1999 beantragte der Antragsteller die Ein leitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegnerin zwecks Feststellung, ob von dem Betriebsgrundstück Wasser durch die Grenzmauer in ein Stallgebäude auf seinem Grundstück eindrang, ob der Wassereintritt durch einen zu
dem Betrieb der Antragsgegnerin gehörenden schadhaften Kanal verursacht wurde oder welche anderen Ursachen zu dem Wassereintritt führten. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß der Wassereintritt nicht auf Schäden an der unterirdischen Entwässerungsanlage des Gewerbebetriebs, sondern auf eine im Grenzbereich vorhandene, nicht mehr genutzte und verstopfte Entwässerungsleitung auf dem Betriebsgrundstück zurückzuführen war. Daraufhin ließ die Grundstückseigentümerin diese Leitung reinigen und verschließen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige fest, daß kein Wasser mehr in das Stallgebäude eindrang.
Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht ang eordnet, daß der Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Wochen Klage zu erheben habe. Innerhalb dieser Frist hat er die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Erstattung der ihm in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten beantragt. Das Landgericht hat die Klage rechtskräftig abgewiesen. Danach hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragsgegnerin dem Antragsteller ihre in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben.
Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwer de verfolgt der Antragsteller sein Ziel der Zurückweisung des Kostenantrags der Antragsgegnerin weiter.
II.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zu Recht die Pflicht des Antragstellers ausgesprochen, die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten zu tragen, denn er sei der Anordnung zur Klageerhebung nicht nachgekommen (§ 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Seine auf Kostenerstattung gerichtete Klage stehe der Hauptsacheklage nicht gleich. Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers entfalle nicht etwa deshalb, weil die Hauptsacheklage wegen der Erfüllung des Klageanspruchs gegenstandslos geworden sei. Die Beseitigung der Schadensursache durch die Grundstückseigentümerin könne der Antragsgegnerin nämlich nicht zugerechnet werden. Auch könne eine Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstands entsprechend § 91a ZPO nicht ergehen, weil es an übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien fehle und sie sich auch nicht in dem Beweistermin verglichen haben. Da das selbständige Beweisverfahren nicht durch eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers vorzeitig beendet und die Hauptsacheklage nicht zurückgenommen worden sei, komme eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Klagerücknahme ebenfalls nicht in Betracht.
III.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Antragsteller hat die der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Das folgt aus § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag der A ntragsgegnerin auf Anordnung der Klageerhebung (§ 494a Abs. 1 ZPO) im Hinblick auf die vorherige Beseitigung der Störungsursache durch eine dritte Person (Grundstückseigentümerin ) zulässig war (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZB 14/02, NJW-RR 2003, 454 m.w.N.). Denn jedenfalls mit der Anordnung des Amtsgerichts, Kla ge zu erheben, war der Weg für die Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO frei. Die Anordnung war nicht anfechtbar (vgl. § 567 Abs. 1 ZPO) und erlangte Bestandskraft. Der Antragsteller mußte daher, um die Kostenfolge des § 494a Abs. 2 ZPO zu vermeiden , Hauptsacheklage erheben. Das hat er nicht getan.
a) Zu Recht - und von der Rechtsbeschwerde nicht angegrif fen - nimmt das Beschwerdegericht an, daß die von dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin erhobene Klage auf Kostenerstattung keine Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO war. Das entspricht einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur (OLG Nürnberg, OLGZ 1994, 240, 241 ff.; OLG Hamm, JurBüro 1996, 376; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1295 und OLGR 1999, 323, 324; OLG Zweibrücken, MDR 2002, 476; OLG Frankfurt a.M., OLGR 2002, 120; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 494a Rdn. 11; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 494a Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494a Rdn. 16; Reichold, in: Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rdn. 4; Zöller /Herget, ZPO, 24. Aufl., § 494a Rdn. 2; Weise, Selbständiges Beweisverfahren im Baurecht, 2. Aufl., Rdn. 580; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 132; a.A. AG Aachen, NJW-RR 1999, 1442) und steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie will den Antragsgegner bei unterbliebener Hauptsacheklage so stellen, als habe er in der Hauptsache obsiegt
(BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, NJW-RR 2003, 1240, 1241). Ohne diese Regelung müßte der Antragsgegner einen materiellen Kostenerstattungsanspruch klageweise geltend machen. Das hätte selbst dann, wenn die Hauptsacheklage abgewiesen worden wäre, nur in den seltenen Fällen Erfolg, in denen sich der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten oder der deliktischen Handlung schadensersatzpflichtig gemacht hätte. In allen anderen Fällen müßte der Antragsgegner seine Kosten selbst tragen (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032, 2034). Dieses unbillige Ergebnis vermeidet der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Anerkennung der Kostenerstattungsklage als Hauptsacheklage stünde dem entgegen.
b) Weiter spricht gegen die Anerkennung der Kostenersta ttungsklage als Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO die Verschiedenheit der Streitgegenstände. Bei der Klage auf Erstattung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten bildet der materielle Kostenerstattungsanspruch den Streitgegenstand. In dem Hauptsacheprozeß ist der Streitgegenstand dagegen ein anderer, nämlich der Gegenstand der Beweiserhebung nach § 485 Abs. 1 und 2 ZPO und der daraus folgende Anspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner. Damit besteht Identität mit dem Streitgegenstand des Beweisverfahrens. Die in dem Hauptsacheverfahren ergehende Kostenentscheidung erfaßt deshalb auch die in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2002, VIII ZB 97/02, NJW 2003, 1322, 1323). Das trifft wegen der fehlenden Identität des Streitgegenstands für die in dem Kostenerstattungsprozeß zu erlassende Ko-
stenentscheidung nicht zu. Sie erfaßt nur die Kosten dieses Verfahrens und nicht die Kosten, die in dem selbständigen Beweisverfahren entstanden sind.
c) Dem Umstand, daß der Unterlassungs- und Beseitigungsan spruch nach § 1004 Abs. 1 BGB hier bereits vor dem Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens durch Erfüllung erloschen war, konnte der Antragsteller dadurch Rechnung tragen, daß er anstelle der - unbegründeten - Leistungsklage eine auf die Feststellung, daß die Antragsgegnerin zu der Beseitigung der Störung verpflichtet war, gerichtete Klage erhob (Senat, Beschl. v. 12. Februar 2004, V ZB 57/03, MDR 2004, 715).
2. Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten des An tragstellers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen. Der Gegenstandswert bestimmt sich für alle Instanzen nach der Höhe der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert der Rechtsmittelverfahren beträgt 2.116,51
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Beide Grundstücke waren bebaut, das Grundstück der Antragstellerin mit einem Wohnhaus, das Grundstück des Antragsgegners mit einem ehemals betrieblichen Zwecken dienenden Gebäude. Die Antragstellerin hat behauptet, von
dem Gebäude auf dem Grundstück des Antragsgegners dringe Feuchtigkeit in ihr Haus ein. Sie hat zur Feststellung dieser Tatsache und deren Ursache im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat die Einholung des beantragten Gutachtens angeordnet. Das Gutachten wurde den Beteiligten im Januar 2003 zugeleitet. Der Sachverständige hat festgestellt, daß die zur Grenzwand gelegenen Räume im Haus der Antragsstellerin teilweise Feuchtigkeitsbeeinträchtigungen aufweisen, die insbesondere auf den mangelhaften Anschluß der Giebelwand des Betriebsgebäudes an die Giebelwand des Hauses der Antragstellerin zurückzuführen seien. Im Juli 2003 ließ der Antragsgegner das Betriebsgebäude abreißen. Die Antragsstellerin hat daraufhin das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt und beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde des Antragsgegners ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die Zurückweisung des Kostenantrags.
II.
Das Landgericht hält den Antragsgegner für verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es meint, der Abriß des Betriebsgebäudes habe das Interesse der Antragstellerin an dem Verfahren entfallen lassen und seine Fortsetzung unmöglich gemacht. In entsprechender Anwendung von §§ 91 ff. ZPO habe der Antragsgegner daher die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Ein prozeßrechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin besteht nicht.
1. Die einseitige Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostengrundentscheidung gegen den Antragsgegner (OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; KG MDR 2002, 422; Lindacher JR 1999, 278, 279; aM OLG Koblenz, BauR 1998, 1045 ff; OLG München NJW-RR 2001, 1580, 1582).
Die Entscheidung über die Kosten eines Rechtsstreits beruht auf dem Grundsatz, daß die Partei die Kosten zu tragen hat, zu deren Nachteil die Entscheidung des Gerichts ergeht (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Belastung des Beklagten mit den Kosten eines Rechtsstreits setzt damit voraus, daß er unterlegen ist. Kommt es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache, weil die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht (§ 91a Abs. 1 ZPO). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Die Erledigungserklärung des Klägers bedeutet vielmehr eine Änderung der Klage, aufgrund deren das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob der klageweise geltend gemachte Anspruch bestanden hat und wegen des als Erledigung be-
zeichneten Ereignisses nicht mehr durchgesetzt werden kann (BGH, Beschl. v. 26. Juni 1994, I ZB 4/94, NJW 1994, 2364, 2365; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 157/98, NJW 2002, 442; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91a Rdn. 170; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 29; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 36 f., Zöller/Vollkommer, ZPO. 24. Aufl., § 91a Rdn. 34). Nur wenn es sich so verhält, erreicht der Kläger die Belastung des Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits.
Diese Grundsätze sind auf das selbständige Beweisverfahren nicht anwendbar. In diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (Musielak/Huber, aaO, § 490 Rdn. 7; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., vor § 485 Rdn. 8; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 5). Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch , noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, neben dem oder zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat (MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO, § 485 Rdn. 20; Musielak /Huber, aaO, § 490 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 10; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 7). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozeßordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Um so weniger geht es an, über die Regelung des § 91a Abs. 1 ZPO hinaus (vgl. zur Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erklärung der Erledigung eines selbständigen Beweisverfahrens einerseits OLG Hamm OLGR 1999, 220; OLG München BauR 2000, 139; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91a Rdn. 146; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 65, § 91a Rdn. 3;
Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 8; Thomas/Putzo, aaO, § 494a Rdn. 6; Zöller/Herget, aaO, § 494a Rdn. 5; Notthoff, JurBüro 1998, 61; Lindacher , JR 1999, 278 f; anderereseits OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; OLG Stuttgart BauR 2000, 445; KG MDR 2002, 422; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, aaO, § 91 Rdn. 193) dem Antragsgegner ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.
2. Dies kann auch nicht in entsprechender Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO geschehen. Zweck von § 494a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die verbleibt, wenn der Antragsteller aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf die Erhebung der Klage in der Hauptsache verzichtet. Das soll nicht dazu führen, daß der Antragsteller der Kostenpflicht entgeht, die sich aus der Abweisung der Klage in der Hauptsache ergäbe (BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, BRAGOreport 2003, 144). Durch die Fristsetzung gemäß § 494 Abs. 1 ZPO und die Versäumung der Frist durch den Antragssteller wird der Antragsgegner so gestellt, als habe er im Hauptsacheprozeß obsiegt (Bericht des Rechtssausschusses , BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Ohne eine einfach herbeizuführende prozessuale Kostengrundentscheidung wäre der Antragsgegner darauf angewiesen , einen materiell rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in einem gesonderten Erkenntnisverfahren gegen den Antragsteller geltend zu machen. Das erscheint vermeidbar und zudem häufig unbillig, weil das materielle Recht keinen Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Abwehr eines Anspruchs gewährt , wenn weder vertragliche, noch vorvertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten vorliegen und – wie regelmäßig - auch ein deliktischer Kosten-
ersatzanspruch ausscheidet (BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZB 83/86, NJW 1986, 2032, 2034). Dem soll § 494a ZPO entgegenwirken.
Nimmt der Antragsgegner nach der Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen läßt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, liegt der Fall schon insofern anders, als § 494a ZPO allein die Belastung des Antragstellers und nicht die Belastung des Antragsgegners mit den Kosten des Verfahrens vorsieht. Das Verhalten des Antragsgegners erlaubt grundsätzlich auch weder einen Schluß auf eine ihn treffende materielle Kostentragungspflicht, noch ist es mit seinem Willen zu dem selbständigen Beweisverfahren gekommen. Dem Antragsteller steht vielmehr die Klage auf Feststellung offen, daß der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war. Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfaßt. Für eine entsprechende Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO gegen den Antragsgegner besteht daher weder eine Lücke, noch ist die rechtliche Situation mit der von § 494a ZPO geregelten Situation vergleichbar.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.
(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.
(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.