Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2004 - V ZB 66/03

bei uns veröffentlicht am01.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 66/03
vom
1. Juli 2004
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine auf die Erstattung der dem Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren
entstandenen Kosten gerichtete Klage ist keine Hauptsacheklage im Sinne

b) Wird die Ursache der Störung, zu deren Ermittlung ein selbständiges Beweisverfahren
eingeleitet wurde, vor der Erhebung der Hauptsacheklage behoben, kann
der Antragsteller nach gerichtlicher Anordnung gemäß § 494a Abs. 1 ZPO zur
Vermeidung der Kostenfolge des § 494a Abs. 2 ZPO statt der Leistungsklage eine
Klage auf Feststellung erheben, daß ihm gegen den Antragsgegner der Anspruch
zustand.
BGH, Beschl. v. 1. Juli 2004 - V ZB 66/03 - LG Hanau
AG Hanau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Juli 2004 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein,
Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 2. Dezember 2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert beträgt für alle Instanzen 1.040,87 €.

Gründe:


I.


Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks H. straße 13 in S. -K. . Die Antragsgegnerin nutzt als Mieterin das angrenzende Grundstück H. Straße 10 zum Betrieb eines Groß- und Einzelhandels mit Maschinenteilen aller Art.
Im Oktober 1999 beantragte der Antragsteller die Ein leitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegnerin zwecks Feststellung, ob von dem Betriebsgrundstück Wasser durch die Grenzmauer in ein Stallgebäude auf seinem Grundstück eindrang, ob der Wassereintritt durch einen zu
dem Betrieb der Antragsgegnerin gehörenden schadhaften Kanal verursacht wurde oder welche anderen Ursachen zu dem Wassereintritt führten. Der gerichtlich bestellte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, daß der Wassereintritt nicht auf Schäden an der unterirdischen Entwässerungsanlage des Gewerbebetriebs, sondern auf eine im Grenzbereich vorhandene, nicht mehr genutzte und verstopfte Entwässerungsleitung auf dem Betriebsgrundstück zurückzuführen war. Daraufhin ließ die Grundstückseigentümerin diese Leitung reinigen und verschließen. In einem Ergänzungsgutachten stellte der Sachverständige fest, daß kein Wasser mehr in das Stallgebäude eindrang.
Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht ang eordnet, daß der Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Wochen Klage zu erheben habe. Innerhalb dieser Frist hat er die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Erstattung der ihm in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten beantragt. Das Landgericht hat die Klage rechtskräftig abgewiesen. Danach hat das Amtsgericht auf Antrag der Antragsgegnerin dem Antragsteller ihre in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten auferlegt. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben.
Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwer de verfolgt der Antragsteller sein Ziel der Zurückweisung des Kostenantrags der Antragsgegnerin weiter.

II.


Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hat das Amtsgericht zu Recht die Pflicht des Antragstellers ausgesprochen, die der Antragsgegnerin entstandenen Kosten zu tragen, denn er sei der Anordnung zur Klageerhebung nicht nachgekommen (§ 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Seine auf Kostenerstattung gerichtete Klage stehe der Hauptsacheklage nicht gleich. Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers entfalle nicht etwa deshalb, weil die Hauptsacheklage wegen der Erfüllung des Klageanspruchs gegenstandslos geworden sei. Die Beseitigung der Schadensursache durch die Grundstückseigentümerin könne der Antragsgegnerin nämlich nicht zugerechnet werden. Auch könne eine Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sachund Streitstands entsprechend § 91a ZPO nicht ergehen, weil es an übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien fehle und sie sich auch nicht in dem Beweistermin verglichen haben. Da das selbständige Beweisverfahren nicht durch eine einseitige Erledigungserklärung des Antragstellers vorzeitig beendet und die Hauptsacheklage nicht zurückgenommen worden sei, komme eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Klagerücknahme ebenfalls nicht in Betracht.

III.


Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Antragsteller hat die der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Das folgt aus § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antrag der A ntragsgegnerin auf Anordnung der Klageerhebung (§ 494a Abs. 1 ZPO) im Hinblick auf die vorherige Beseitigung der Störungsursache durch eine dritte Person (Grundstückseigentümerin ) zulässig war (vgl. BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZB 14/02, NJW-RR 2003, 454 m.w.N.). Denn jedenfalls mit der Anordnung des Amtsgerichts, Kla ge zu erheben, war der Weg für die Anwendung des § 494a Abs. 2 ZPO frei. Die Anordnung war nicht anfechtbar (vgl. § 567 Abs. 1 ZPO) und erlangte Bestandskraft. Der Antragsteller mußte daher, um die Kostenfolge des § 494a Abs. 2 ZPO zu vermeiden , Hauptsacheklage erheben. Das hat er nicht getan.

a) Zu Recht - und von der Rechtsbeschwerde nicht angegrif fen - nimmt das Beschwerdegericht an, daß die von dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin erhobene Klage auf Kostenerstattung keine Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO war. Das entspricht einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur (OLG Nürnberg, OLGZ 1994, 240, 241 ff.; OLG Hamm, JurBüro 1996, 376; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1295 und OLGR 1999, 323, 324; OLG Zweibrücken, MDR 2002, 476; OLG Frankfurt a.M., OLGR 2002, 120; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 494a Rdn. 11; Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 494a Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494a Rdn. 16; Reichold, in: Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rdn. 4; Zöller /Herget, ZPO, 24. Aufl., § 494a Rdn. 2; Weise, Selbständiges Beweisverfahren im Baurecht, 2. Aufl., Rdn. 580; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rdn. 132; a.A. AG Aachen, NJW-RR 1999, 1442) und steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sie will den Antragsgegner bei unterbliebener Hauptsacheklage so stellen, als habe er in der Hauptsache obsiegt
(BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, NJW-RR 2003, 1240, 1241). Ohne diese Regelung müßte der Antragsgegner einen materiellen Kostenerstattungsanspruch klageweise geltend machen. Das hätte selbst dann, wenn die Hauptsacheklage abgewiesen worden wäre, nur in den seltenen Fällen Erfolg, in denen sich der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten oder der deliktischen Handlung schadensersatzpflichtig gemacht hätte. In allen anderen Fällen müßte der Antragsgegner seine Kosten selbst tragen (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032, 2034). Dieses unbillige Ergebnis vermeidet der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nach § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Anerkennung der Kostenerstattungsklage als Hauptsacheklage stünde dem entgegen.

b) Weiter spricht gegen die Anerkennung der Kostenersta ttungsklage als Hauptsacheklage im Sinne des § 494a Abs. 1 ZPO die Verschiedenheit der Streitgegenstände. Bei der Klage auf Erstattung der im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten bildet der materielle Kostenerstattungsanspruch den Streitgegenstand. In dem Hauptsacheprozeß ist der Streitgegenstand dagegen ein anderer, nämlich der Gegenstand der Beweiserhebung nach § 485 Abs. 1 und 2 ZPO und der daraus folgende Anspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner. Damit besteht Identität mit dem Streitgegenstand des Beweisverfahrens. Die in dem Hauptsacheverfahren ergehende Kostenentscheidung erfaßt deshalb auch die in dem selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten (BGH, Urt. v. 18. Dezember 2002, VIII ZB 97/02, NJW 2003, 1322, 1323). Das trifft wegen der fehlenden Identität des Streitgegenstands für die in dem Kostenerstattungsprozeß zu erlassende Ko-
stenentscheidung nicht zu. Sie erfaßt nur die Kosten dieses Verfahrens und nicht die Kosten, die in dem selbständigen Beweisverfahren entstanden sind.

c) Dem Umstand, daß der Unterlassungs- und Beseitigungsan spruch nach § 1004 Abs. 1 BGB hier bereits vor dem Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens durch Erfüllung erloschen war, konnte der Antragsteller dadurch Rechnung tragen, daß er anstelle der - unbegründeten - Leistungsklage eine auf die Feststellung, daß die Antragsgegnerin zu der Beseitigung der Störung verpflichtet war, gerichtete Klage erhob (Senat, Beschl. v. 12. Februar 2004, V ZB 57/03, MDR 2004, 715).
2. Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde auf Kosten des An tragstellers (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen. Der Gegenstandswert bestimmt sich für alle Instanzen nach der Höhe der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin in dem selbständigen Beweisverfahren.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2004 - V ZB 66/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2004 - V ZB 66/03

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der
Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2004 - V ZB 66/03 zitiert 9 §§.

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

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(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksich

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(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

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(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. (2) Kommt der Antragstel

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(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 14/02
vom
19. Dezember 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 494 a Abs. 1 und Abs. 2
Der Antrag auf Klageerhebung nach § 494 a Abs. 1 ZPO ist unzulässig, wenn die im
selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel unstreitig beseitigt worden
sind. Für einen Antrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO ist dann kein Raum.
BGH, Beschluß vom 19. Dezember 2002 - VII ZB 14/02 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bei einem Beschwerdewert von 2.372,14

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin errichtete eine Eigentumswohnungsanlage. Nach der Abnahme zeigten sich verteilt über das gesamte Gebäude Risse in den Wänden. Die Antragsteller leiteten ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der Sachverständige stellte fest, daß das Gebäude nicht fachgerecht errichtet worden war. Daraufhin beseitigte die Antragsgegnerin die von ihm festgestellten Mängel. Anschließend beantragte sie, gemäß § 494 a ZPO den Antragstellern aufzugeben, Hauptsacheklage zu erheben, und auszusprechen, daß die Antragsteller die ihr entstandenen Kosten zu tragen haben, falls sie der Anordnung nicht nachkommen sollten.
Das Landgericht hat beide Anträge abgelehnt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts fehlt für den auf Anordnung der Klageerhebung gerichteten Antrag das Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsgegnerin habe den Anspruch, dessen tatsächliche Voraussetzungen im selbständigen Beweisverfahren festgestellt werden sollten, nachträglich erfüllt. Damit sei die Hauptsacheklage gegenstandslos geworden. Eine Kostenentscheidung zugunsten der Antragsgegnerin habe zu unterbleiben. § 494 a Abs. 2 ZPO liege der Gedanke zugrunde, daß der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen solle, die sich bei Abweisung dieser Klage ergeben würde. Die Vorschrift sei daher dann nicht anzuwenden , wenn es mit dem Gesetzeszweck unvereinbar und rechtlich unbillig erscheine, allein wegen der Nichterhebung der Hauptsacheklage die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners dem Antragsteller aufzuerlegen. Das sei hier der Fall. Unerheblich sei, daß die Antragsgegnerin vor Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens angeboten habe, die Risse mit Acryl zu verschließen. Dabei habe es sich um keine sach- und fachgerechte Mängelbeseitigung gehandelt. 2. Diese Erwägungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand. Eine Fristsetzung zur Erhebung der Klage nach § 494 a Abs. 1
ZPO und eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO zugunsten der Antragsgegnerin kommen nicht in Betracht.
a) Es ist in der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt , daß für eine Anwendung des § 494 a Abs. 1 ZPO dann kein Raum ist, wenn der Antragsgegner die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel vor Erhebung der Hauptsacheklage beseitigt und damit den Anspruch erfüllt. In diesem Fall ist der Antrag unzulässig. Als Folge davon ist für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO kein Raum (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 3. Aufl., § 494 a Rn. 2, 7; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rn. 5; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 10. Aufl., Rn. 129 je mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Diese Auffassung trifft zu. Es ist mit Sinn und Zweck des § 494 a Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren, dem Antragsteller die Erhebung einer Klage aufzugeben , die einen Anspruch zum Gegenstand hat, der aufgrund der Mängelbeseitigung bereits erfüllt und damit erloschen ist. Das hat zur Folge, daß auch für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO kein Raum ist.

b) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Beschwerdegericht die Anträge der Antragsgegnerin zu Recht abgelehnt. Die Mängel sind unstreitig beseitigt. Auf die von der Rechtsbeschwerde erhobenen weiteren Einwendungen, die darauf abzielen, das selbständige Beweisverfahren sei zu Unrecht eingeleitet worden, kommt es nicht an. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 30/02
vom
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Einer Klageerhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO steht die Erhebung einer
Widerklage gleich.

b) Für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO ist kein Raum,
wenn das Gericht ein im selbständigen Beweisverfahren eingeholtes Gutachten in
der Sache aus Rechtsgründen nicht verwertet.
BGH, Beschluß vom 22. Mai 2003 - VII ZB 30/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Mai 2003 durch den Vor-
sitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel
und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 13. Zivilsenat in Darmstadt, vom 10. Juli 2002 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Beschwerdewert: 6.021,77

Gründe:

I.

Die Antragsgegner zu 1 und 2 (künftig: Antragsgegner) begehren eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 ZPO. Sie schlossen mit dem Antragsteller, einem Bauträger, im August 1998 einen notariell beurkundeten Bauträgervertrag. Nach Baubeginn und Fertigstellung des Rohbaus rügten sie zahlreiche Mängel, verweigerten die Bezahlung der nächsten Rate und lehnten schließlich die weitere Vertragserfüllung ab. Der Antragsteller stellte daher im Juli 1999 beim Landgericht einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, der sich gegen die Antragsgegner sowie die Generalunternehmerin als Antragsgegnerin zu 3 richtete.
Die Antragsgegner erhoben im September 1999 Klage auf Schadenser- satz. Ende Oktober 1999 wurde der Bauträgervertrag von den Parteien unter Vorbehalt ihrer wechselseitigen Ansprüche aufgehoben. Im August 2000 legte der gerichtlich bestellte Sachverständige sein Gutachten vor, das im wesentlichen das Vorhandensein von Baumängeln verneinte. Das Landgericht hat dem Antragsteller auf Antrag der Antragsgegner aufgegeben , bis zum 1. August 2001 Klage einzureichen. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 1. August 2001 im Prozeß der Antragsgegner Widerklage und begehrte nach Vertragsaufhebung unter anderem, ihm den aus zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Antragsgegner haben beantragt, durch Beschluß auszusprechen, daß der Antragsteller die ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen habe. Dem hat das Landgericht stattgegeben. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, daß zwar die Hauptsacheklage auch in Form einer Widerklage erhoben werden könne; über die Widerklage sei aber nicht unter Berücksichtigung der im selbständigen Beweisverfahren getroffenen Feststellungen entschieden worden, da das Gericht den Bauträgervertrag wegen Verstoßes gegen die Makler- und Bauträgerverordnung als nichtig angesehen habe. Hiergegen haben beide Parteien Rechtsmittel eingelegt. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Beschwerdegericht die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und den Antrag zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hat der Antragsteller innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist Klage erhoben; dazu zähle auch eine Widerklage. Das Widerklagebegehren des Antragstellers sei als Klage in der Hauptsache im Sinne von § 494 a ZPO anzusehen, da das selbständige Beweisverfahren geeignet gewesen sei, den Streit der Parteien im Tatsächlichen zu klären. Beide Parteien seien erkennbar von der Rechtswirksamkeit des zwischen ihnen geschlossenen Bauträgervertrages ausgegangen, so daß es aus ihrer Sicht auf die Klärung der tatsächlichen Streitfrage angekommen sei, ob Baumängel vorlagen oder nicht. Da es im selbständigen Beweisverfahren regelmäßig keine Kostenentscheidung gebe, stelle § 494 a ZPO eine Ausnahmevorschrift dar. Diese Vorschrift sei nach ihrem Sinn und Zweck dann nicht anwendbar , wenn die antragstellende Partei das Ergebnis der Tatsachenfeststellung in ein Streitverfahren einführe und hieraus Ansprüche herleite oder solche abzuwehren versuche. Das sei hier der Fall. 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Einer Klagerhebung im Sinne von § 494 a Abs. 1 ZPO steht die Erhebung einer Widerklage gleich. Dies entspricht allgemeiner Meinung und wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel gezogen.
b) Das Beschwerdegericht nimmt zu Recht an, für eine Kostenentscheidung nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO sei kein Raum. Der Antragsteller hat fristgerecht Widerklage erhoben mit dem Ziel, die Antragsgegner nach Aufhebung des Vertrages unter anderem zur Zahlung von Schadensersatz wegen zu Unrecht verweigerter Ratenzahlung zu verurteilen. Nach seinem Vortrag konnte das Gericht diesem Begehren nur dann entsprechen, wenn die von den Antragsgegnern behaupteten Mängel ausweislich des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht vorlagen. Unter diesen Umständen
kommt es auf die Frage, ob das Gericht dieses Gutachten aus Rechtsgründen in seinem Urteil verwertet oder nicht, für die Entscheidung über den Antrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO nicht an. Grundsätzlich ist über die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 27. Februar 1996 - X ZR 3/94, BGHZ 132, 96, 104). Sinn und Zweck des § 494 a ZPO ist, die Lücke zu schließen, wenn der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens aufgrund der für ihn ungünstigen Ergebnisse der Beweisaufnahme auf eine Hauptsacheklage verzichtet. Die Fristsetzung nach § 494 a Abs. 1 ZPO dient dazu, Klarheit darüber zu schaffen, ob eine Hauptsacheklage erfolgt. Ist das nicht der Fall, so liegt der auf Antrag nach § 494 Abs. 2 ZPO auszusprechenden Kostentragungspflicht der Gedanke zugrunde, daß der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen soll, die sich bei Abweisung einer solchen Klage ergeben würde (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 494 a Rdn. 2; vgl. auch: BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Dem steht die Auffassung nicht entgegen, im Falle der Rücknahme einer fristgerecht erhobenen Klage oder ihrer Abweisung als unzulässig bestehe die Möglichkeit, dem Antragsgegner die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen (streitig; bejahend: Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a Rdn. 4 a; verneinend: Schreiber, NJW 1991, 2600, 2602). Selbst wenn diese Auffassung, die sich auf die Begründung des Gesetzentwurfes zu § 494 a ZPO stützt (BT-Drucks. 11/8283, S. 48), die aber im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Ausdruck gefunden hat, zutreffen sollte, kann sie jedenfalls nicht erweiternd den Fällen zugrunde gelegt werden, in denen das Gericht sich mit dem Vorbringen des Antragstellers in der Sache selbst befaßt und in seiner Entscheidung aus Rechtsgründen das Ergebnis des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht verwertet. Das
ließe sich mit Sinn und Zweck des § 494 a ZPO nicht mehr vereinbaren, wonach es dem Antragsgegner lediglich ermöglicht werden soll, bei unterbliebener Klage so gestellt zu werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt.
c) Die Befürchtung der Rechtsbeschwerde, dieses Verständnis des § 494 a ZPO könne bei Klage und Widerklage zu unbilligen Ergebnissen führen, ist nicht gerechtfertigt; im Zweifelsfall kann eine sachgerechte Entscheidung im Tenor des Urteils gemäß § 96 ZPO getroffen werden. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Dressler Haß Hausmann Wiebel Bauner

(1) Ist ein Rechtsstreit nicht anhängig, hat das Gericht nach Beendigung der Beweiserhebung auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat.

(2) Kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach, hat das Gericht auf Antrag durch Beschluss auszusprechen, dass er die dem Gegner entstandenen Kosten zu tragen hat. Die Entscheidung unterliegt der sofortigen Beschwerde.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 57/03
vom
12. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die einseitige Erklärung des Antragstellers, ein selbständiges Beweisverfahren sei in
der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner.
BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZB 57/03 - LG Traunstein
AG Mühldorf a. Inn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Februar 2004 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Antragsgegners wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 23. September 2003 aufgehoben und der Beschluß des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 14. August 2003 abgeändert.
Der Antrag, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert der Rechtsmittelverfahren beträgt 2.116,51

Gründe:


I.


Die Beteiligten sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Beide Grundstücke waren bebaut, das Grundstück der Antragstellerin mit einem Wohnhaus, das Grundstück des Antragsgegners mit einem ehemals betrieblichen Zwecken dienenden Gebäude. Die Antragstellerin hat behauptet, von
dem Gebäude auf dem Grundstück des Antragsgegners dringe Feuchtigkeit in ihr Haus ein. Sie hat zur Feststellung dieser Tatsache und deren Ursache im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat die Einholung des beantragten Gutachtens angeordnet. Das Gutachten wurde den Beteiligten im Januar 2003 zugeleitet. Der Sachverständige hat festgestellt, daß die zur Grenzwand gelegenen Räume im Haus der Antragsstellerin teilweise Feuchtigkeitsbeeinträchtigungen aufweisen, die insbesondere auf den mangelhaften Anschluß der Giebelwand des Betriebsgebäudes an die Giebelwand des Hauses der Antragstellerin zurückzuführen seien. Im Juli 2003 ließ der Antragsgegner das Betriebsgebäude abreißen. Die Antragsstellerin hat daraufhin das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt und beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsgegner hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerde des Antragsgegners ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt er die Zurückweisung des Kostenantrags.

II.


Das Landgericht hält den Antragsgegner für verpflichtet, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es meint, der Abriß des Betriebsgebäudes habe das Interesse der Antragstellerin an dem Verfahren entfallen lassen und seine Fortsetzung unmöglich gemacht. In entsprechender Anwendung von §§ 91 ff. ZPO habe der Antragsgegner daher die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Ein prozeßrechtlicher Kostenerstattungsanspruch der Antragstellerin besteht nicht.
1. Die einseitige Erklärung der Antragstellerin, das Verfahren sei in der Hauptsache erledigt, ermöglicht keine Kostengrundentscheidung gegen den Antragsgegner (OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; KG MDR 2002, 422; Lindacher JR 1999, 278, 279; aM OLG Koblenz, BauR 1998, 1045 ff; OLG München NJW-RR 2001, 1580, 1582).
Die Entscheidung über die Kosten eines Rechtsstreits beruht auf dem Grundsatz, daß die Partei die Kosten zu tragen hat, zu deren Nachteil die Entscheidung des Gerichts ergeht (§ 91 Abs. 1 ZPO). Die Belastung des Beklagten mit den Kosten eines Rechtsstreits setzt damit voraus, daß er unterlegen ist. Kommt es zu keiner Entscheidung in der Hauptsache, weil die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht (§ 91a Abs. 1 ZPO). Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht zu, scheidet eine Ermessensentscheidung über die Kosten aus. Die Erledigungserklärung des Klägers bedeutet vielmehr eine Änderung der Klage, aufgrund deren das Gericht durch Urteil darüber zu entscheiden hat, ob der klageweise geltend gemachte Anspruch bestanden hat und wegen des als Erledigung be-
zeichneten Ereignisses nicht mehr durchgesetzt werden kann (BGH, Beschl. v. 26. Juni 1994, I ZB 4/94, NJW 1994, 2364, 2365; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 157/98, NJW 2002, 442; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91a Rdn. 170; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91a Rdn. 29; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 91a Rdn. 36 f., Zöller/Vollkommer, ZPO. 24. Aufl., § 91a Rdn. 34). Nur wenn es sich so verhält, erreicht der Kläger die Belastung des Beklagten mit den Kosten des Rechtsstreits.
Diese Grundsätze sind auf das selbständige Beweisverfahren nicht anwendbar. In diesem Verfahren ergeht grundsätzlich keine Kostenentscheidung (Musielak/Huber, aaO, § 490 Rdn. 7; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., vor § 485 Rdn. 8; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 5). Die Anordnung der Beweiserhebung bedeutet weder eine Entscheidung über ein Recht oder einen Anspruch , noch ergeht die Anordnung zum Nachteil des Antragsgegners. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens bilden einen Teil der Kosten eines anhängigen oder künftigen Erkenntnisverfahrens zwischen den Parteien, neben dem oder zu dessen Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren stattgefunden hat (MünchKomm-ZPO/Schreiber, aaO, § 485 Rdn. 20; Musielak /Huber, aaO, § 490 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 10; Zöller/Herget, aaO, § 490 Rdn. 7). Soweit eine Kostenentscheidung in einem selbständigen Beweisverfahren von der Prozeßordnung überhaupt vorgesehen ist, erfolgt sie gegen den Antragsteller (§ 494a Abs. 2 ZPO). Um so weniger geht es an, über die Regelung des § 91a Abs. 1 ZPO hinaus (vgl. zur Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erklärung der Erledigung eines selbständigen Beweisverfahrens einerseits OLG Hamm OLGR 1999, 220; OLG München BauR 2000, 139; MünchKomm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl., § 91a Rdn. 146; Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdn. 65, § 91a Rdn. 3;
Stein/Jonas/Leipold, aaO, vor § 485 Rdn. 8; Thomas/Putzo, aaO, § 494a Rdn. 6; Zöller/Herget, aaO, § 494a Rdn. 5; Notthoff, JurBüro 1998, 61; Lindacher , JR 1999, 278 f; anderereseits OLG Hamburg MDR 1998, 242; OLG Dresden JurBüro 1999, 594; OLG Stuttgart BauR 2000, 445; KG MDR 2002, 422; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, aaO, § 91 Rdn. 193) dem Antragsgegner ohne ein Verfahren in der Hauptsache und ohne Zustimmung zur Erledigungserklärung die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen.
2. Dies kann auch nicht in entsprechender Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO geschehen. Zweck von § 494a ZPO ist es, die Lücke zu schließen, die verbleibt, wenn der Antragsteller aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf die Erhebung der Klage in der Hauptsache verzichtet. Das soll nicht dazu führen, daß der Antragsteller der Kostenpflicht entgeht, die sich aus der Abweisung der Klage in der Hauptsache ergäbe (BGH, Beschl. v. 22. Mai 2003, VII ZB 30/02, BRAGOreport 2003, 144). Durch die Fristsetzung gemäß § 494 Abs. 1 ZPO und die Versäumung der Frist durch den Antragssteller wird der Antragsgegner so gestellt, als habe er im Hauptsacheprozeß obsiegt (Bericht des Rechtssausschusses , BT-Drucks. 11/8283, S. 48). Ohne eine einfach herbeizuführende prozessuale Kostengrundentscheidung wäre der Antragsgegner darauf angewiesen , einen materiell rechtlichen Kostenerstattungsanspruch in einem gesonderten Erkenntnisverfahren gegen den Antragsteller geltend zu machen. Das erscheint vermeidbar und zudem häufig unbillig, weil das materielle Recht keinen Anspruch auf Ersatz von Kosten für die Abwehr eines Anspruchs gewährt , wenn weder vertragliche, noch vorvertragliche Beziehungen zwischen den Beteiligten vorliegen und – wie regelmäßig - auch ein deliktischer Kosten-
ersatzanspruch ausscheidet (BGH, Urt. v. 4. November 1987, IVb ZB 83/86, NJW 1986, 2032, 2034). Dem soll § 494a ZPO entgegenwirken.
Nimmt der Antragsgegner nach der Erhebung des beantragten Beweises eine Handlung vor, die das Interesse des Antragstellers entfallen läßt, den Antragsgegner hierauf klageweise in Anspruch zu nehmen, liegt der Fall schon insofern anders, als § 494a ZPO allein die Belastung des Antragstellers und nicht die Belastung des Antragsgegners mit den Kosten des Verfahrens vorsieht. Das Verhalten des Antragsgegners erlaubt grundsätzlich auch weder einen Schluß auf eine ihn treffende materielle Kostentragungspflicht, noch ist es mit seinem Willen zu dem selbständigen Beweisverfahren gekommen. Dem Antragsteller steht vielmehr die Klage auf Feststellung offen, daß der Antragsgegner zu der vorgenommenen Handlung verpflichtet war. Obsiegt er in diesem Verfahren, erreicht er eine Kostengrundentscheidung, die die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens umfaßt. Für eine entsprechende Anwendung von § 494a Abs. 2 ZPO gegen den Antragsgegner besteht daher weder eine Lücke, noch ist die rechtliche Situation mit der von § 494a ZPO geregelten Situation vergleichbar.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)