Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:280616UVIZR559.14.0
bei uns veröffentlicht am28.06.2016
vorgehend
Landgericht Berlin, 9 O 2/07, 28.01.2010
Kammergericht, 21 U 34/10, 26.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 559/14 Verkündet am:
28. Juni 2016
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Beachtung des Gesichtspunkts der Prozessökonomie bei dem Erlass eines
Grundurteils.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 - Kammergericht
Landgericht Berlin
ECLI:DE:BGH:2016:280616UVIZR559.14.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Roloff und Müller

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. September 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gerichtskosten werden für das Revisionsverfahren nicht erhoben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Beschädigung eines Abwasserkanals in Anspruch.
2
Im Frühjahr 2002 beauftragte die Streithelferin die Beklagte als Nachunternehmerin im Rahmen von Erschließungsmaßnahmen mit der Herstellung eines Spundwandverbaus als Baugrubensicherung für einen geplanten Sand- fang. Dazu sollten etwa 12,7 m lange Spundbohlen in das Erdreich eingebracht und nachfolgend ein Erdaushub bis etwa 9,8 m unter der Geländeoberkante vorgenommen werden. In einer Nähe von etwa 80 cm zu der Baugrube verläuft der im Eigentum der Klägerin stehende Abwasserkanal mit einem Durchmesser von 80 cm. Eine zum Zwecke der Beweissicherung am 5. April 2002 vorgenommene Befahrung des Kanals mit einer Kamera ergab, dass dieser keine Schäden aufwies.
3
Am 8. April 2002 begann die Beklagte mit den Tiefbauarbeiten. Die verrohrten Bohrungen parallel zur Wasserleitung wurden bis zum 12. April 2002 abgeschlossen. Am 16. April 2002 begannen in diesem Bereich die Spundwandeinpressarbeiten. Die Beklagte führte parallel dazu ab dem 17. April 2002 Lockerungsbohrungen an der Querseite des Verbaus durch. Am 23. April 2002 waren die Arbeiten beendet. Andere Unternehmen waren in diesem Bereich in diesem Zeitraum nicht tätig. Eine am 2. Mai 2002 durchgeführte erneute Befahrung des Kanals ergab auf einer Länge von 16 m Setzungen bis zu 16 cm.
4
Die Klägerin ließ den Abwasserkanal erneuern und verlangt die hierfür aufgewendeten Kosten in Höhe von 393.565,95 € erstattet. Sie behauptet, die Beklagte habe bei den Arbeiten gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen.
5
Das Landgericht hat dem Klageantrag dem Grunde nach stattgegeben. Das Kammergericht hat die dagegen gerichteten Berufungen der Beklagten und der Streithelferin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Erlass des Grundurteils sei verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Entscheidung dieser Art sei zulässig, wenn nach Auffassung des Tatrichters sämtliche den Grund des Anspruchs betreffenden Einwendungen zur Entscheidung reif seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ein Grundurteil unzulässig, wenn die Tatsachen für Grund und Höhe annährend dieselben seien oder in einem so engen Zusammenhang stünden, dass die Herausnahme einer Grundentscheidung unzweckmäßig und verwirrend sei. Das Landgericht habe diese Anforderungen beachtet, auch wenn zwischen Schadensgrund und Schadenshöhe regelmäßig insoweit ein Zusammenhang bestehe, dass ein Schaden in einer relevanten Höhe entstanden sein müsse, um eine Ersatzpflicht auszulösen. Wenn - wie hier - zunächst generell das Vorliegen eines Schadens und darüber hinaus noch dessen Umfang bestritten werde, sei die Entscheidung durch ein Grundurteil praxisgerecht und sinnvoll.
7
Der Klägerin stehe als Eigentümerin des streitgegenständlichen Kanals ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Eine Eigentumsverletzung liege vor. Es stehe aufgrund der Befahrung des Kanals fest, dass dieser am 5. April 2002 keine Schäden aufgewiesen habe und am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m Setzungen von bis zu 16 cm vorgelegen hätten. Daran müsse die Beklagte sich festhalten lassen. Der Senat sei davon überzeugt, dass es sich bei der Senkung des Kanals um eine Einwirkung auf die Sache gehandelt habe, durch die deren bestimmungsgemäße Brauchbarkeit nicht nur geringfügig beeinträchtigt worden sei.
8
Die Klägerin habe auch eine Pflichtverletzung der Beklagten bewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass nicht mehr geklärt werden könne, durch welches konkrete Verhalten bei den Baumaßnahmen die Beklagte gegen bestimmte Regeln der Technik verstoßen habe. Es sei entscheidend darauf abzustellen, dass sich vor den gefahrträchtigen Arbeiten der Beklagten der Abwasserkanal in einem einwandfreien Zustand befunden habe, dies nach Abschluss der Arbeiten nicht mehr der Fall gewesen sei, und während dieses Zeitraums Dritte gefahrenträchtige Arbeiten in dem betreffenden Baubereich nicht durchgeführt hätten. Bei den in Rede stehenden Bohrungen und Pressungen handele es sich um Arbeiten, die ohne weiteres zu Setzungen in unmittelbarer Nähe führen könnten. Von daher habe die Beklagte als Fachfirma in verstärktem Maße darauf zu achten gehabt, die allgemeinen Regeln der Technik bei der Durchführung ihrer Arbeiten einzuhalten. Komme es im nachfolgenden Prozess zu einem Streit, ob und welche Pflichtverletzung das bauausführende Unternehmen begangen habe, reiche es zunächst aus, wenn die Klägerin als geschädigte Eigentümerin einen Sachverhalt vortrage, der den Schluss zulasse, dass allein die Arbeiten der Beklagten den hier geltend gemachten Schaden verursacht hätten.
9
Der Sachverständige Dr.-Ing. S. habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass nur zwei Ursachen zu der Versackung der Abwasserleitung geführt haben könnten. Einrütteleffekte infolge dynamischer Einwirkungen habe der Sachverständige bezogen auf die Größe der Verformung bei der mindestens mitteldichten Lagerung der Böden unterhalb der Abwasserleitung ausgeschlossen. Als zweite mögliche Ursache habe der Sachverständige einen Bodenentzug unter der Abwasserleitung genannt. Dieser habe entweder durch Bodeneintritt über schadhafte Stellen in das Leitungsrohr oder bei der Herstellung der Austauschbohrungen erfolgen können. Ersteres habe der Sachverständige nachvollziehbar ausgeschlossen. Damit sei als einzige erkennbare Ursache ein Bodenent- zug bei Herstellung der Austauschbohrungen in Betracht gekommen. Der Sachverständige habe in diesem Zusammenhang mögliche fehlerhaft ausgeführte Arbeitsgänge geschildert, ohne sich wegen der mangelhaften Dokumentation im Einzelnen festlegen zu können, welcher Arbeitsgang tatsächlich fehlerhaft durchgeführt worden sei.
10
Bei einer derartigen Sachlage sei es unabhängig von einer etwa bestehenden Dokumentationspflicht Sache der Beklagten, sämtliche Arbeitsschritte unter Beweisantritt konkret zu beschreiben und in diesem Zusammenhang vorzutragen , wer diese auf welche Weise und in welcher Reihenfolge durchgeführt habe. Das Vorbringen der Beklagten dazu sei unzureichend. Die Beklagte räume ein, ihre Arbeiten nicht im Einzelnen protokolliert zu haben. Es könne dahinstehen , ob darin ein Verstoß gegen DIN-Normen zu sehen sei. Jedenfalls sei es der Beklagten angesichts der latenten Gefährlichkeit der von ihr durchgeführten Arbeiten in Bezug auf das Eigentum der Klägerin zumutbar und möglich gewesen , einzelne Arbeitsgänge zu dokumentieren und festzuhalten, wer diese durchgeführt habe.
11
Das Vorbringen der Klägerin zu dem ihr entstandenen Schaden sei für den Erlass des Grundurteils ausreichend. Es sei nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe bestehe. Dabei sei ohne Belang, ob hier ein Austausch des Abwasserkanals zwingend erforderlich gewesen sei oder auch kostengünstigere Maßnahmen ausgereicht hätten. Nach Überzeugung des Senats könne kein Zweifel daran bestehen , dass das Absacken des Kanals einen Sanierungsbedarf beziehungsweise einen Instandsetzungsbedarf bei der Klägerin hervorgerufen habe. Aus den Erläuterungen des Sachverständigen Dr.-Ing. K. im Termin ergebe sich, dass damit eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit einhergegangen und eine Verformung eingetreten sei, die zu einem erheblichen Risiko eines auch kurzfristi- gen Versagens geführt habe. Damit sei zumindest wahrscheinlich, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe bestehe. Ob die Klage in voller Höhe gerechtfertigt sei, werde Gegenstand des Betragsverfahrens sein.

II.

12
Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
1. Zwar greift die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen einer schuldhaften Eigentumsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 31, 831 BGB zu Unrecht bejaht, nicht durch.
14
a) Das Berufungsgericht hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt gezeigt (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass die am 2. Mai 2002 an dem streitgegenständlichen Kanal festgestellte Absenkung auf einer der Beklagten zuzurechnenden schuldhaften Verletzungshandlung beruht. Es hat greifbare Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, die genannte Beschädigung sei durch eine der Beklagten zuzurechnende Verletzungshandlung verursacht worden , rechtsfehlerfrei für erwiesen erachtet. Auf dieser Grundlage hat es weiter zutreffend angenommen, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast zu den von ihr durchgeführten Arbeitsgängen die Behauptung einer schuldhaften Verletzungshandlung nicht ausreichend bestritten und damit zugestanden hat, § 138 Abs. 2 und 3 ZPO.
15
aa) Die tatrichterliche Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Revisionsrechtlich überprüfbar ist - soweit entsprechende Fehler gerügt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO) - nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28 mwN; vom 12. Mai 2015 - VI ZR 63/14, VersR 2015, 895 Rn. 13).
16
Solche Fehler zeigt die Revision nicht auf. Soweit sie meint, den Entscheidungsgründen sei nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1999 - IV ZR 181/98, NJW-RR 1999, 1184 unter II 2 a), zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Beklagte eine Handlung begangen habe, auf der die festgestellte Eigentumsverletzung beruhe, verkennt sie, dass das Berufungsgericht (lediglich) greifbare Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin für erwiesen erachtet und die Verletzungshandlung wegen des nicht ausreichenden Vortrags der Beklagten im Rahmen der sekundären Darlegungslast als zugestanden angesehen hat, § 138 Abs. 2 und 3 ZPO.
17
bb) Das begegnet keinen Bedenken. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte die ihr im Hinblick auf die konkrete Ausführung der von ihr durchgeführten Arbeiten obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt hat.
18
(1) Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderli- che tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; jeweils mwN). Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. So hat beispielsweise der Frachtführer darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat, sowie Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung zu machen. Er muss insbesondere mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, NJW 2012, 3774 Rn. 17).
19
(2) Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte hinsichtlich der konkreten Ausführung der von ihr vorgenommenen Arbeiten die sekundäre Darlegungslast. Denn die Klägerin hatte vorgetragen und bewiesen, dass als Ursache für den am 2. Mai 2002 festgestellten Schaden nur die Arbeiten der Beklagten in Betracht kommen. Wie diese Arbeiten konkret abgelaufen sind, konnten allein die Organe und Mitarbeiter der Beklagten wahrnehmen. Die Klägerin stand insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs.
20
Soweit die Revision meint, Vortrag zu den einzelnen von der Beklagten durchgeführten Arbeitsschritten sei auch der Klägerin möglich gewesen, weil sie über die Bautagebücher verfügt habe, trifft das nicht zu. Der Sachverständige Dr.-Ing. S. hat die Bautagebücher ausgewertet, konnte aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mangels aussagekräftiger Dokumentation eine Zuordnung der in Betracht kommenden Pflichtverletzungen zu den jeweiligen Leistungen der Beklagten nicht vornehmen. Die Bautagebücher haben der Klägerin mithin nicht ermöglicht, den erforderlichen Vortrag zu halten.
21
(3) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass es der Beklagten möglich und zumutbar gewesen wäre, sämtliche Arbeitsschritte konkret zu beschreiben und in diesem Zusammenhang vorzutragen, wer diese auf welche Weise und in welcher Reihenfolge durchgeführt hat. Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten dazu nicht für ausreichend erachtet hat.
22
Auf die Frage, ob die Beklagte darüber hinaus im Sinne einer Obliegenheit gegenüber sich selbst verpflichtet gewesen wäre, die vorgenommenen Arbeitsschritte zu protokollieren, kommt es nicht an. Die Revision zeigt schon nicht auf, dass der Beklagten der von dem Berufungsgericht im Rahmen der sekundären Darlegungslast abverlangte Vortrag wegen Zeitablaufs oder aus anderen Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre.
23
b) Es kann deshalb dahin stehen, ob sich der geltend gemachte Anspruch auch aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 909 BGB ergibt, wobei insoweit die Beklagte zu beweisen hätte, dass sie für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt hatte.
24
2. Zu Recht rügt aber die Revision, dass das angefochtene Grundurteil nicht hätte ergehen dürfen.
25
a) Nach § 304 Abs. 1 ZPO darf das Gericht ein Zwischenurteil über den Grund (im Folgenden auch: Grundurteil) erlassen, wenn der Klageanspruch nach Grund und Betrag streitig und der Grund des Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Als Zwischenurteil erledigt die Vorabentscheidung über den Grund lediglich einen Teil des Streitstoffes; durch sie wird der geltend gemachte Anspruch weder ganz noch zum Teil aberkannt oder zuerkannt (BGH, Urteil vom 3. November 1978 - IV ZR 61/77, VersR 1979, 25 unter I).
26
Die Vorschrift des § 304 ZPO beruht auf der Erwägung, dass regelmäßig für die Entscheidung über den Anspruchsgrund andere Tat- und Rechtsfragen in Betracht kommen als für die Entscheidung über den Betrag des Anspruchs. In solchen Fällen kann die Erledigung des Rechtsstreits gefördert werden, wenn über den Grund vorabentschieden wird. Die Regelung entspringt daher prozesswirtschaftlichen Gründen. Bei ihrer Anwendung und Auslegung ist vor allem den Erfordernissen der Prozessökonomie Rechnung zu tragen. Der Erlass eines Grundurteils ist daher immer dann unzulässig, wenn dies nicht zu einer echten Vorabentscheidung des Prozesses, sondern zu einer ungerechtfertigten Verzögerung und Verteuerung des Prozesses führt (Senat, Urteil vom 13. Mai 1980 - VI ZR 276/78, MDR 1980, 925 unter II 2 a; BGH, Urteil vom 6. Juni 1962 - IV ZR 41/62, LM Nr. 18 zu § 304 ZPO).
27
b) So liegt es angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles hier.
28
aa) Das Berufungsgericht hat Inhalt und Bindungswirkung des Grundurteils des Landgerichts zu Lasten der Klägerin geändert, ohne nach der von ihm durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme Feststellungen dazu zu treffen , ob - wie von der Beklagten behauptet - hinsichtlich des am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m mit Senkungen bis zu 16 cm feststellbaren Schadens ein selbständig abgrenzbarer Teilschaden vorliegt.
29
(1) Die Bindungswirkung des Zwischenurteils über den Grund ergibt sich aus § 318 ZPO. Ihr Umfang richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch vom Revisionsgericht selbständig vorzunehmende (Senat, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rn. 18 mwN) Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln. Eine Bindung an Tatbestand und Entscheidungsgründe tritt insoweit ein, als sie den festgestellten Anspruch kennzeichnen, mithin dessen Inhalt bestimmen. Das Grundurteil hat für das Betragsverfahren Bindungswirkung, soweit es den Klageanspruch bejaht hat und dessen Höhe durch den anerkannten Klagegrund gerechtfertigt ist. Es legt fest, auf welcher Grundlage das Betragsverfahren aufzubauen hat und welche Umstände bereits - für die Parteien bindend - abschließend im Grundverfahren geklärt sind (Senat, Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, NJW-RR 2014, 1118 Rn. 17 mwN).
30
(2) Das Landgericht hat den Zahlungsantrag der Klägerin, der sich auf die Erneuerung des gesamten Abwasserkanals mit einer Länge von 59,99 m bezieht, ohne Einschränkung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Sein Urteil bezieht sich ausweislich des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe auch auf die nach dem 2. Mai 2002 - unstreitig - auf einer Länge von 43 m mit einer Absackung bis 32 cm entstandene Beschädigung des Kanals. Zur Begründung hat es ausgeführt, sofern nach dem 2. Mai 2002 und möglicherweise ursächlich durch andere an den Baumaßnahmen beteiligte Unternehmen weitere Setzungen eingetreten seien, hafte die Beklagte der Klägerin für den gesamten Schaden gemäß § 840 Abs. 1 BGB jedenfalls gesamtschuldnerisch.
31
Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Landgericht den Vortrag der Beklagten übergangen hat, sie habe für die Ausweitung der Beschädigung auf eine Länge von 43 m sowie Absenkungen bis 32 cm keinen Ursachenbeitrag gesetzt, sowie, bei der am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m feststellbaren Absenkung handele es sich um einen selbständig abgrenzbaren Teilschaden. Es hat daher - nachdem bereits das Landgericht zu der Frage der Pflichtverletzung und der dadurch verursachten Einschränkung der hydraulischen Funktion des Kanals ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. S. eingeholt hatte - im Rahmen einer kosten- und zeitintensiven Beweisaufnahme Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, schon der am 2. Mai 2002 eingetretene (Teil-)Schaden habe den Austausch des (gesamten) Kanals erfordert, §§ 823 Abs. 1, 249 BGB. Dazu hat es ein Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. K. sowie drei Ergänzungsgutachten eingeholt und den Sachverständigen mündlich angehört.
32
Bei seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht indes zu der Frage der Erforderlichkeit des Austausches des Kanals keine Feststellungen getroffen. Es hat ausgeführt, die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung stelle sich nicht, weil der Anspruch dem Grunde nach entstanden sei, ohne dass es dabei auf Leistungen anderer Gewerke nach dem 2. Mai 2002 ankomme. Es hat damit Inhalt und Bindungswirkung des Grundurteils zu Lasten der Klägerin dahin beschränkt, dass am 2. Mai 2002 auf einer Länge von 16 m des Kanals auf einer schuldhaften Verletzungshandlung der Beklagten beruhende Setzungen bis zu 16 cm vorlagen, die einen Instandsetzungsbedarf bei der Klägerin hervorgerufen haben, und offen gelassen, ob die Klägerin auch für die am 19. Juli 2002 und am 5. August 2002 festgestellten Beschädigungen haftbar ist.
33
bb) Wenn das Berufungsgericht indes die Frage, ob bereits die am 2. Mai 2002 eingetretene Absenkung den Austausch des (gesamten) Kanals erforderte , zum Gegenstand des Grundverfahrens machte, durfte es sie im Urteil nicht ungeklärt lassen. Dies widerspricht dem Ziel der Vorschrift des § 304 ZPO, die vorrangig prozesswirtschaftlichen Zwecken dient. Es führt zu einer Verlängerung und Verteuerung des Prozesses und zu der Notwendigkeit einer erneuten Beweisaufnahme über Tatsachen, die bereits Gegenstand einer Beweisaufnahme im Grundverfahren waren. Der Beklagten ist auch nicht zuzumuten, dass sie - wenn die Klage schließlich zu einem erheblichen Teile abgewiesen werden sollte - die Kosten des Rechtsmittelverfahrens im Grundverfahren einschließlich der überflüssigen Beweisaufnahme voll zu tragen hat (Senat, Urteil vom 29. Mai 1956 - VI ZR 205/55, BGHZ 20, 397, 398; Senat, Urteil vom 13. Mai 1980 - VI ZR 276/78, aaO).
34
Es kann daher dahinstehen, ob - wie die Revision meint - das Grundurteil schon deshalb an einem Rechtsfehler leidet, weil nicht zweifelsfrei zum Ausdruck gekommen ist, dass das Berufungsgericht die Klärung der Frage, ob ein abgrenzbarer Teilschaden vorliegt, dem Betragsverfahren vorbehalten wollte (vgl. BGH, Urteile vom 3. April 1987 - V ZR 35/86, NJW-RR 1987, 1277; vom 24. März 1999 - VIII ZR 121/98, NJW 1999, 2440, 2442).
35
cc) Das Berufungsgericht hätte entweder den gesamten Rechtsstreit einer Entscheidung zuführen oder die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen müssen, § 538 Abs. 1 und 2 ZPO.
36
Es hat ausweislich seines Hinweisbeschlusses vom 28. November 2011 richtig erkannt, dass die Frage, ob ein selbständig abgrenzbarer Teilschaden vorliegt, mit weiteren im Rahmen des Betragsverfahrens zu klärenden Tatsachen in einem engen Zusammenhang steht. Denn die Beklagte hat auch geltend gemacht, dass die von der Klägerin zur Schadensbeseitigung vorgenommene Maßnahme nicht erforderlich gewesen sei, weil einfachere - und damit kostengünstigere - Maßnahmen (sogenannte "Inliners" oder "Packers") zur Beseitigung des Schadens ausgereicht hätten. Beide Fragen hängen so eng zusammen , dass nach Grund- und Betragsverfahren getrennte Beweisaufnahmen unzweckmäßig und verwirrend sind (vgl. BGH, Urteile vom 3. November1978 - IV ZR 61/77, aaO unter II; vom 23. September 1992 - IV ZR 199/91, VersR 1992, 1465 unter I 1 und 3).
37
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht gemeint, es könne das Betragsverfahren nur dann an sich ziehen, wenn beide Parteien dem zustimmen. Es hat von einer vollständigen Klärung der zwischen den Parteien streitigen Fragen im Rahmen der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme abgesehen, weil die Beklagte ihre Zustimmung verweigert hat. Das war rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hätte vielmehr - gegebenenfalls nach entsprechendem Hinweis und Stellung eines Zurückverweisungsantrags durch eine Partei (vgl. BGH, Urteile vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1627; vom 22. September 2008 - II ZR 257/07, NJW 2009, 431 Rn. 12) - eine Ermessensentscheidung dahin treffen müssen, ob es die Sache insgesamt an sich ziehen und oder an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen wolle (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - VII ZR 220/03, MDR 2005, 921 Rn. 17; Musielak/Ball, ZPO, 13. Aufl., § 538 Rn. 28).

III.

38
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben. Die Sache ist mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
39
Der Senat weist darauf hin, dass das Berufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden und eine Zurückverweisung nicht mehr in Betracht kommt. Das dem Berufungsgericht in § 538 ZPO eingeräumte Ermessen hat sich angesichts der bisherigen Verfahrensdauer und der verfahrensfehlerhaften Vorgehensweise des Berufungsgerichts so reduziert, dass nur noch die Entscheidung, von einer Zurückverweisung abzusehen , ermessensfehlerfrei ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, NJW-RR 2004, 1537 unter III). Eine Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des Verfahrens führen. Das ist den Parteien nicht zuzumuten. Sie haben einen Anspruch da- rauf, dass das Berufungsgericht angesichts der im Berufungsverfahren bereits begonnenen, kosten- und zeitintensiven Beweisaufnahme die Sache nunmehr sachgerecht fördert und selbst entscheidet.
40
Die Entscheidung über die Niederschlagung der Kosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Galke von Pentz Offenloch Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.01.2010 - 9 O 2/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.09.2014 - 21 U 34/10 -

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(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

28
Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisions- rechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16, jeweils mwN).
13
(1) Die tatrichterliche Beweiswürdigung unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Revisionsrechtlich überprüfbar ist - soweit entsprechende Fehler gerügt werden (§ 559 Abs. 2 ZPO) - nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13, VersR 2014, 1130 Rn. 28 mwN). Im Rahmen des § 84a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AMG gilt dies nicht nur hinsichtlich der vom Tatrichter festgestellten Indiztatsachen, sondern auch in Bezug auf die Plausibilitätsprüfung selbst. Denn die revisionsrechtliche Überprüfung ist nicht deshalb anderen Maßstäben unterworfen, weil der Gesetzgeber geringere Anforderungen an das Beweismaß stellt (vgl. zu § 287 ZPO: Senatsurteile vom 13. August 2013 - VI ZR 389/12, VersR 2013, 1274 Rn. 13; vom 24. Juni 2008 - VI ZR 234/07, VersR 2008, 1370 Rn. 18; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04, VersR 2005, 945, 946).

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 179/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für eine HIV-Infektion durch die Verabreichung
von Blutprodukten (im Anschluß an BGHZ 114, 284).

b) Zur Dokumentationspflicht und zur sekundären Darlegungslast des Verwenders
von Blutprodukten hinsichtlich der Chargennummer des verabreichten Produkts.

c) Ist eine Aufklärung über die Gefahr einer HIV-Infektion bei Verabreichung von Blutprodukten
nicht möglich, ist der Patient jedenfalls nachträglich über diese Gefahr
aufzuklären und ihm zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung
).

d) Auch ein im Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannter Ehepartner des Patienten
ist in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über
die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 127.823 € (250.000 DM) nebst Zinsen und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden wegen einer bei ihr festgestellten HIV-Infektion. Der Beklagte ist seit 1. Februar 1986 Träger des Krankenhauses W., das zuvor vom Streithelfer des Beklagten getragen worden war.
Die Klägerin ist seit 1988 mit M., einem ehemaligen Patienten des Beklagten , bekannt und seit dem 11. August 1994 mit ihm verheiratet. Dieser erhielt nach einem Motorradunfall am 29. Juni 1985 im Krankenhaus W. Frischblut von drei Spendern sowie mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte (Erythrozyten-Konzentrat, GFP, PPSB und Biseko). Er wurde nach seiner zunächst bis 24. Dezember 1985 dauernden stationären Behandlung noch bis 9. Oktober 1987 mehrfach stationär im Krankenhaus W. behandelt. Im Dezember 1997 wurden in einer Blutprobe von M. HIV-Antikörper festgestellt. Im Januar 1998 stellte sich heraus, daß auch die Klägerin HIVinfiziert ist. Sie erhält seit 1998 aus der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" eine Rente von 766,94 € (1.500 DM) monatlich. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben der Beklagte und sein Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Kausalzusammenhang zwischen der HIV-Infektion der Klägerin und der Behandlung ihres Ehemanns mit Blutprodukten im Jahre 1985. Es bestehe ein von dem Beklagten nicht entkräfteter
Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Ehemann der Klägerin damals mit HIV infiziert worden sei und den Virus auf die Klägerin übertragen habe. Die Eheleute hätten weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch seien sie durch die Art ihrer Lebensführung einer (gesteigerten) Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, daß die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen seien. Außerdem sei davon auszugehen, daß zumindest das verabreichte Blutprodukt PPSB der B. AG HIV-kontaminiert gewesen sei. Da der Beklagte die Chargennummern des verwendeten Produktes im Rechtsstreit nicht angegeben habe, könne die Klägerin keine näheren Einzelheiten dazu vortragen, ob das PPSB auch aus Blut HIVinfizierter Spender gewonnen worden sei und ob weitere transfusionsassoziierte HIV-Infektionen Dritter bekannt geworden seien. Zu ihren Gunsten sei daher von einer Kontaminierung des Produkts auszugehen. Die Ärzte hätten die ihnen auch gegenüber der Klägeri n obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie trotz der vielen 1985 verabreichten Blutprodukte bei keinem der zahlreichen späteren Krankenhausaufenthalte ihren Ehemann auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hingewiesen und einen HIVTest angeraten hätten. Das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion sei Mitte 1985 hinreichend bekannt gewesen. Diese Hinweispflicht habe ihnen auch im Interesse der Klägerin oblegen, denn die behandelnden Ärzte hätten damit rechnen müssen, daß ihr Ehemann sich nach seiner Genesung eine Partnerin suchen und heiraten werde. Der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei unerheblich, da der Beklagte als neuer Träger bei Übernahme des Krankenhauses alle Verbindlichkeiten aus dem Betrieb übernommen habe.

II.

Die Revision des Beklagten und seines Streithelfers hat keinen Erfolg. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Infizierung der Klägerin mit dem HIV-Virus als tatbestandliche Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Darunter fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes; unerheblich ist, ob Schmerzzustände auftreten , ob eine tiefgreifende Veränderung der Befindlichkeit eingetreten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289 sowie BGHSt 36, 1, 6 f. und 36, 262, 265 - zu HIV; BGHZ 8, 243, 246 und BGH, Urteil vom 14. Dezember 1953 - III ZR 183/52 - VersR 1954, 116, 117, insoweit nicht in BGHZ 11, 227 - zu Lues) oder ob es zum Ausbruch der Immunschwächekrankheit AIDS gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289; BGHSt 36, 1, 6). 2. Die Klägerin ist durch ihren Ehemann infiziert worden, der seinerseits im Krankenhaus des Beklagten durch die Gabe von Blutprodukten infiziert worden war.
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - aufgrund Anscheinsbeweises festgestellt, daß der Ehemann den HIV-Virus an die Klägerin übertragen hat.
b) Der Ehemann der Klägerin ist im Krankenhaus des Beklagten infiziert worden. Das Berufungsgericht hat auch dies - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nach dem Beweis des ersten Anscheins ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Einwendungen der Revision hiergegen haben keinen Erfolg.
aa) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Ein solcher typischer Geschehensablauf kann anzunehmen sein, wenn die Kontaminierung eines verwendeten Blutprodukts feststeht und keine weiteren Ursachen außerhalb des Verantwortungsbereichs der Behandlungsseite für die der Kontaminierung entsprechende Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 114, 290; vom 29. Juni 1982 - VI ZR 206/80 - VersR 1982, 972). Bei einer HIV-Infektion nach Bluttransfusion setzt das voraus , daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, aber HIV-kontaminiertes Blut oder kontaminierte Blutprodukte erhalten hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 290; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 3060; VersR 1996, 377, 378; VersR 1996, 1240; VersR 1998, 103; OLG Hamm, VersR 1995, 709; NJW-RR 1997, 217, 218; OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 170; s.a. im Zusammenhang mit einer Hepatitis-Infektion OLG Brandenburg, NJW 2000, 1500; OLG Celle, NJW-RR 1997, 1456; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1998, 461 mit Anm. Bender; MüKo-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 731; Hecker/ Weimann, VersR 1997, 532, 534; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 167, 168). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin bejaht. (1) Die erste Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises, daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehörte noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt war, hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin festgestellt. Die Revision beanstandet das nicht. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
(2) Das Berufungsgericht hat auch eine Kontaminierung des verabreichten PPSB festgestellt. Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. (a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Ärzte des Krankenhauses W. lediglich eine trockenhitzeinaktivierte, nicht pasteurisierte und damit potentiell infektiöse PPSB-Charge verwendet, die HIV-kontaminiert gewesen war. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mangels substantiierten Bestreitens des Beklagten als unstreitig angesehen. Das ist nach Lage des Falles unter den gegebenen Umständen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte vorgetragen, die ihrem Ehemann verabreichte Charge PPSB sei HIV-kontaminiert gewesen. Das hatte der Beklagte nicht "substantiiert" und damit nicht ausreichend bestritten. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie ist aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muß und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 190, 196; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 280/81 - VersR 1983, 1035, 1037 und vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775). Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zumindest die Nummer der verabreichten Charge näher darlegen müssen, damit die Klägerin Indizien vortragen konnte, aus denen sich eine Kontamination dieser dem Ehemann der Klägerin verabreichten Charge PPSB ergeben hätte. Der Beklagte hat hierzu jedoch nichts im einzelnen dargelegt und insbesondere auch nicht vorgetragen, daß und weshalb ihm die Angabe der Chargennummer, welche Klarheit über
die Frage des Herstellungsdatums und damit die Art der Virusinaktivierung gebracht hätte, unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Angesichts der Patientenunterlagen und der nach dem Vortrag des Beklagten bestehenden Möglichkeit , aus den Apothekerunterlagen die Chargennummern der verabreichten anderen Blutprodukte vorzutragen, genügte es nicht, wenn der Beklagte sich darauf beschränkte, bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Daten sei es nicht verwunderlich, daß der Fall heute nicht mehr komplett nachvollzogen werden könne. Vielmehr hätte er vortragen müssen, aus welchen Gründen ihm die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Darlegung nicht möglich sei. Die Klägerin konnte die von ihr benötigten Informationen zu den Chargen nicht auf anderem Wege - insbesondere nicht aus den Patientenunterlagen ihres Ehemannes, die diese Angaben nicht enthalten - ermitteln und hatte daher ausreichend vorgetragen. (b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß Voraussetzung der "sekundären Darlegungslast" des Beklagten die Zumutbarkeit näherer Angaben ist. Auch mögen nähere Angaben zur HIV-Infektion der Charge dem Beklagten nicht ohne weiteres möglich gewesen sein, weil dieser das Blutprodukt nicht selbst hergestellt hat und deshalb auch nicht gehalten war, dessen Herstellung zu überwachen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Beklagten lediglich die Angabe der Chargennummern, nicht nähere Angaben zu den Spendern verlangt. Die Chargennummern waren dokumentationspflichtig. Das ergibt schon ein Rückschluß aus der ausdrücklich als deklaratorisch bezeichneten Äußerung des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 15. Oktober 1993, nach der die Pflicht des Arztes zur ordnungsgemäßen Dokumentation (vgl. Rat-
zel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl., § 10 Rn. 4) auch die Dokumentation der Chargennummern von Blutzubereitungen umfasse, weil dies Voraussetzung sei, Blutzubereitungen zum Empfänger später sicher zurückverfolgen zu können (AIDS-Forschung [AIFO] 1994, 39, 41). Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Dokumentationspflicht 1985 noch nicht bestanden hätte, sind nicht ersichtlich und von der Revision auch nicht dargelegt. Die Revision meint, Rückfragen bei der B. AG und Vortrag hinsichtlich der HIV-Kontaminierung von PPSB-Produkten seien der Klägerin auch ohne die Chargennummern möglich gewesen. Deswegen müsse der Grundsatz gelten , daß keine Partei gehalten sei, dem Gegner für seinen Prozeßsieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfüge (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - II ZR 66/57 - WM 1958, 961, 962; Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - VersR 1990, 1254, 1255). Das geht fehl. Ungeachtet der Frage, ob es der Klägerin zumutbar und möglich gewesen wäre, ohne Eingrenzung auf eine bestimmte Charge von der B. AG Informationen über Fälle von HIV-Infizierung in allen Chargen von 1984 zu erlangen, hätte sie ihren Vortrag durch Anfrage ohne die Chargennummer nicht ausreichend substantiieren können. Ohne Zuordnung zu einer bestimmten Charge ist nämlich der Vortrag, daß 1984 bei B. AG infizierte PPSB-Produkte im Umlauf waren, nicht geeignet, die primär der Klägerin obliegende Darlegungslast zur Kontaminierung des bei ihrem Ehemann verwendeten Blutproduktes zu erfüllen. Für einen substantiierten Vortrag auch hinsichtlich der HIV-Kontaminierung benötigte die Klägerin die Chargennummer, zu deren Offenbarung der Beklagte - wie ausgeführt - prozeßrechtlich verpflichtet war.
Der Meinung der Revision, auch die Angabe der Chargennummer hätte der Klägerin keine näheren Angaben über die Spender ermöglicht, da wegen der Poolung der Humanplasmen bei der Herstellung des PPSB die Spenderdaten bereits nicht ermittelbar gewesen seien und zumindest wegen der abgelaufenen Zeit für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen die Spenderdaten nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht dazu dient, der Klägerin über Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sie auch gehabt hätte, wäre der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Beklagte hat jedoch die Chargennummer nicht vorgetragen, die für eine Darlegung der Kontaminierung seitens der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Die Angabe von Spenderdaten war dagegen nicht zwingend erforderlich, um den Nachweis der Kontaminierung einer Charge zu ermöglichen. bb) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daß aufgrund des bei der Erstvorstellung des Ehemanns der Klägerin in der Universitätsklinik F. im Jahre 1998 nachgewiesenen deutlichen Immundefekts und des mäßiggradig erhöhten Virussloads ein länger zurückliegender Infektionszeitpunkt von etwa zehn Jahren sehr wahrscheinlich ist und deshalb für M. andere Infektionsquellen als die 1985 verabreichten Blutprodukte ausscheiden. Der hiernach vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejahte Anscheinsbeweis wird durch die Ausführungen der Revision zu einem anderen möglichen Infektionsweg nicht erschüttert. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung einer anderen Infektionsquelle, nicht nur einer theoretisch möglichen anderen Ursache bedurft (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1997 - VI ZR 51/96 - VersR 1997, 835, 836; BGHZ 11, 227, 230 f.). Daß auch das verabreichte Biseko kontaminiert gewesen sein konnte, läßt die Haftung des Beklagten we-
gen der Verabreichung von kontaminiertem PPSB nicht entfallen. Soweit die Revision eine Infektionsmöglichkeit bei der Notarztbehandlung behauptet, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte es hier zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte. 3. Ohne Fehler hat das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Ärzte des Beklagten bejaht, den Ehemann der Klägerin angesichts der zahlreichen Bluttransfusionen auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hinzuweisen und zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung), was ihnen anläßlich seiner weiteren Krankenhausaufenthalte unschwer möglich gewesen wäre.
a) Eine Aufklärungspflicht über die Gefahren der Verabreichung von Blutprodukten entspricht den vom erkennenden Senat bereits früher aufgestellten Anforderungen an die Risikoaufklärung bei Bluttransfusionen (vgl. BGHZ 116, 379, 382 ff.). Die Aufklärungspflicht setzte keine sichere Kenntnis in Fachkreisen davon voraus, daß HIV-Infektionen transfusionsassoziiert auftraten; angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen, die mit einer HIV-Infektion/AIDSErkrankung einhergehen, genügte für das Entstehen einer Aufklärungspflicht schon die ernsthafte Möglichkeit der Gefahr (vgl. Senatsurteil vom 21. November 1995 - VI ZR 329/94 - VersR 1996, 233). Daß 1985 die Möglichkeit transfusionsassoziierter HIV-Infektionen in Fachkreisen ernsthaft (wenn auch "zurückhaltend") diskutiert wurde, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ist eine präoperative Aufklärung wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten - wie hier - nicht möglich, wandelt sich die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten jedenfalls bei für den Patienten und dessen Kontaktpersonen lebensgefährli-
chen Risiken zu einer Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungs - und Sicherungsaufklärung. Dies liegt in der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Pflicht von Ärzten und Krankenhausträg ern begründet, die höchstmögliche Sorgfalt anzuwenden, damit der Patient durch eine Behandlung nicht geschädigt wird. Im hier zu entscheidenden Fall kam die Pflicht hinzu dafür Sorge zu tragen, daß sich eine gefährliche Infektion nicht verbreitet (vgl. jetzt §§ 6, 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Infektionsschutzgesetz - vom 20. Juli 2000 - BGBl. I S. 1045 ff.; Senatsurteil vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69 - VersR 1971, 227, 229; BGHZ 126, 386, 388 ff.; schon RG HRR 1932 Nr. 1828; Deutsch, Rechtsprobleme von AIDS, 1988, 15).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, ob es eine standesrechtliche Verpflichtung für Ärzte gab, die Empfänger von Blutprodukten nachträglich zu ermitteln und sie zu einem Test zu bewegen. Der Ehemann der Klägerin war fortlaufend in Behandlung der Ärzte des Beklagten, die bei den Folgebehandlungen im Besitz der vollständigen Krankenunterlagen waren und wußten, daß ihm im Krankenhaus des Beklagten zahlreiche Blutprodukte verabreicht worden waren. Die Frage der Nachermittlung ehemaliger Empfänger stellte sich hier deshalb nicht.
c) Das Berufungsgericht hat entgegen der Rüge der Revision das Fehlen ärztlicher Richtlinien zur Frage der Sicherungsaufklärung gesehen und als nicht erheblich bewertet. Es ist unter Auswertung der Ausführungen des Sachverständigen und der von diesem ausgewerteten Literatur zu der Überzeugung gelangt, daß bereits im Jahre 1985 das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Übertragung bekannt war, und hat daraus den Schluß gezogen, unabhängig von der Existenz standesrechtlicher Richtlinien sei der Patient über dieses
Risiko zumindest nachträglich zu informieren gewesen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision unter Hinweis auf fehlende Richtlinien zur Aufklärung und die vom Streithelfer eingereichte Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes vom 6. Juni 1988 über die in Fachkreisen noch 1988 bestehende Unklarheit über die Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer HIVInfektion bei der Anwendung von Blut oder Blutkonserven das Ergebnis des Berufungsgerichtes angreift, setzt sie ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Berufungsgerichtes. Das ist ihr verwehrt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Im übrigen hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, daß die von der Revision erwähnte Unklarheit nicht den Übertragungsweg des HIV-Erregers über die Transfusion, sondern die Virus-Sicherheit der Blutprodukte trotz entsprechender Testung betraf. Gegen die Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung spricht auch nicht das Fehlen von Richtlinien, da die Formulierung von Richtlinien notwendigerweise dem tatsächlichen Erkenntnisstand hinterherhinken muß (vgl. LG Hannover, NJW 1997, 2455, 2456). Fehler des Berufungsgerichts in der umfassenden und widerspruchsfreien Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verhandlungen und den Beweisergebnissen oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht erkennbar.
d) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte es die Ausführungen des Sachverständigen Br. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten eines Unfallchirurgen oder Transfusionsmediziners einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor.
Die Einwendungen der Revision gegen die Sachkunde des Sachverständigen haben keinen Erfolg. Zwar ist der Sachverständige selbst nicht Arzt, sondern Diplom-Biologe; er verfügte aber aus seiner Tätigkeit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das als Nachfolger des Bundesgesundheitsamts - der zentralen Anlaufstelle für das Problem der HIV-Infektionen in den achtziger Jahren - dessen Aktenbestand verwaltet (vgl. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamts vom 24. Juni 1994 - BGBl. I S. 1416), über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der 1985 aufgrund der Veröffentlichungen des Bundesgesundheitsamts zur Verfügung stehenden Informationen über transfusionsassoziierte HIV-Infektionen. Zu klären war der allgemein bzw. in der Fachpresse allen Ärzte n zugängliche Informationsstand über derartige Infektionswege. Maßgeblich war nicht die Sicht eines 1985 "in einem ländlichen Krankenhaus tätigen Unfallchirurgen", wie die Revision meint; entscheidend waren vielmehr die für Ärzte 1985 allgemein gegebenen Informationsmöglichkeiten, die der Sachverständige dargestellt hat. Daß den Ärzten des Beklagten diese Informationsmöglichkeit en nicht zur Verfügung gestanden oder daß sich aus deren Informationsmöglichkeiten andere Erkenntnisse ergeben hätten, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht vorgetragen. Ebensowenig hat die Revision Vortrag vor dem Tatrichter dazu aufgezeigt , daß ein Sachverständiger für Unfallchirurgie oder Transfusionsmedizin über überlegene Forschungsmittel oder neuere Erkenntnisse verfügt hätte, die das Berufungsgericht hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717 f.).
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner nicht nur den behandelten Patienten, sondern auch dessen zum Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannten Ehepartner in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
a) Die gegenteilige Auffassung - insbesondere der vom Streithelfer für den Beklagten geführten Revision - wird nicht von der an sich zutreffenden Erkenntnis getragen, daß es sich bei den Ersatzansprüchen Dritter im Rahmen der §§ 844, 845 BGB um Ausnahmevorschriften handelt, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der erkennende Senat hat bereits ausgeführt, daß es für den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unerheblich ist, daß der unmittelbare Schaden des Dritten durch die Verletzung einer anderen Person vermittelt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163, 169). Der Grundsatz , daß für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt nur für Vermögensschäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten hervorgehen. Er beansprucht dagegen keine Geltung, wenn der Geschädigte - wie hier - einen Schaden erleidet, der in der Verletzung eines eigenen Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB besteht und für den der Schädiger im Rahmen des Zurechnungszusammenhanges zu haften hat (vgl. von Gerlach, Festschrift für Steffen, 1995, 147, 150).
b) Soweit die Auffassung vertreten wird, es bedürfe einer personalen Sonderbeziehung um eine uferlose Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 44), sind diese Erwägungen ersichtlich im Rahmen des Schockschadens, also eines psychisch vermittelten Schadens angestellt worden (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl.,
§ 823 Rn. 11; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 27). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Dieser Gesichtspunkt hat keine Berechtigung in Fällen wie dem vorliegenden. Hier stehen im Vordergrund die besonderen Gefahren einer Infektion mit HIV nicht nur für den primär Infizierten, sondern - ähnlich wie bei einer Seuche wie Cholera - gerade auch für Dritte. Ebenso wie in BGHZ 114, 284 ff. nötigt die vorliegende Fallgestaltung nicht zur Entscheidung der Frage, ob jeder Dritte in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung fällt (vgl. BGHZ 126, 386, 393; von Gerlach aaO 154; weitergehend Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823, Rn. B 24 f.). Jedenfalls der Ehepartner oder ein ständiger Lebensgefährte des Patienten muß in den Schutzbereich der Sicherungsaufklärung einbezogen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 290). Das ist vom haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang her geboten, zumal mit einer HIV-Infektion Lebensgefahr verbunden ist. Bei dieser Erkrankung trägt die Behandlungsseite in besonderem Maße Verantwortung dafür, eine Verbreitung der lebensgefährlichen Infektion möglichst zu verhindern. Hinzu kommt, daß die Ärzte des Beklagten während einer der zahlreichen stationären Nachbehandlungen mit einem einfachen Hinweis an den Ehemann der Klägerin diesen zu einem Test hätten veranlassen und so die Gefahr einer Verbreitung der Infektion unschwer hätten verringern können. 5. Das Berufungsgericht ist - von der Revision nicht beanstandet und ohne Rechtsfehler - davon ausgegangen, daß im hier zu entscheidenden Fall der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses vom Streithelfer auf den Beklagten nicht entscheidungserheblich ist. Die Frage bedarf deshalb keiner
näheren Ausführungen, zumal der zweite Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zwar noch unter der Trägerschaft des Streithelfers begann, aber erst unter der Trägerschaft des Beklagten endete. 6. Das Berufungsgericht hat schließlich eine Kürzung der Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld im Ergebnis zutreffend verneint. Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze vorliegend überhaupt eingreifen könnten, weil es - anders als in den bisher vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen - nicht um ein sozialversicherungsrechtliches Haftungsprivileg geht (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.; vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - VersR 2004, 202; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - z.V.b.; vgl. allerdings auch Senatsurteil vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 - VersR 1985, 763). Die Anwendung dieser Grundsätze würde jedenfalls voraussetzen, daß zwischen dem Beklagten und einem anderen Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von §§ 421, 840 Abs. 1 BGB besteht. Hiervon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht ausgegangen werden. Zwar müßte entgegen seiner Auffassung eine Haftung der B. AG nicht an der Kausalität scheitern, von der das Berufungsgericht selbst ausgegangen ist. Indessen fehlt es nach seinen tatsächlichen Feststellungen an dem für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses im Sinne des § 840 BGB erforderlichen Verschulden der B. AG bei der Herstellung des kontaminierten Blutprodukts. Erst die Erkennbarkeit eines Risikos kann Verpflichtungen des Herstellers im Sinne der Produktsicherung oder der Gefahrenabwehr auslösen. Eine nicht bekannte Entwicklungsgefahr geht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht zu Lasten des Herstellers, weil dieser nicht für unbekannte Entwicklungsfehler haftet (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza 1526, S. 28 zu FN 145; Kuchinke
in: Festschrift für Laufke, 1971, S. 126; vgl. LG Bonn, AIFO 1994, 419 ff. zur Produzentenhaftung bei Herstellung von PPSB). Bei dieser Sachlage kann eine Verschuldenshaftung für Virusinfektionen durch Blutprodukte erst einsetzen, wenn der Virus erkennbar war und Möglichkeiten zu seiner Abtötung gegeben waren (vgl. Deutsch, VersR 1997, 905, 908; Reinelt, VersR 1990, 565, 571). Das Berufungsgericht hat hierzu revisionsrechtlich bindend festgestellt, daß hinreichend sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus erst im Herbst 1985 zur Verfügung standen. Daß die B. AG das 1985 bei der Herstellung von
PPSB verwandte Pasteurisierungsverfahren schon 1984 hätte anwenden müssen , kann hiernach nicht angenommen werden. Die Revision legt auch nicht dar, daß das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft Vortrag des Beklagten oder des Streithelfers zum Verschulden der B. AG übergangen hätte.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
47
2. Allerdings trifft die Beklagte hinsichtlich des Behandlungskontakts eine sekundäre Darlegungslast, weil dem Kläger insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich ist und er auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat. Die sekundäre Darlegungslast umfasst zunächst diejenigen für einen sol- chen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die der Beklagten, insbesondere ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG, möglich und zumutbar sind (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer sekundären Darlegungslast nur BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 17 mwN - BearShare ).
17
Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 128/06, TranspR 2009, 134 Rn. 14). Diese Grundsätze hat die Rechtsprechung für den Fall des Verlustes von Transportgut entwickelt (vgl. BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 16; BGH, Urteil vom 24. November 2010 - I ZR 192/08, TranspR 2011, 161 Rn. 27; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rn. 15 = VersR 2011, 1161).

Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

28
Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht nach § 559 ZPO gebunden. Revisions- rechtlich ist lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10, VersR 2012, 454 Rn. 13; vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 28; vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10, VersR 2013, 321 Rn. 16, jeweils mwN).

(1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

(2) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des § 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.

(3) Ist neben demjenigen, welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 90/03 Verkündet am:
22. Juni 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO n.F. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
Auch wenn durch das angefochtene Urteil nur über den Grund des Anspruchs
entschieden worden ist, setzt eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten
Rechtszuges einen entsprechenden Antrag einer Partei voraus.
BGB a.F. § 276 Fa, Fb
Die Überweisungsbank trifft ausnahmsweise eine Rückfragepflicht gegenüber
dem Auftraggeber, wenn sich der Verdacht eines Mißbrauchs der Vertretungsmacht
durch dessen Vertreter aufdrängen muß.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03 - OLG Jena
LG Gera
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 11. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aufgrund gepf ändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Rechts der J. GmbH (im folgenden: Generalübernehmerin) wegen pflichtwidriger Ausführung zweier Überweisungsaufträge in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Generalübernehmerin verpflichtete sich mit Kau f- und Bauverpflichtungsvertrag vom 17. November 1994 gegenüber der A. mbH (im folgenden: Investorin) zur Übereignung eines Grundstücks in Z. und zur Errichtung eines Wohn- und Gewerbeobjekts auf diesem Grundstück. Die Beklagte war kontoführendes Institut sowohl der Investorin als auch der Generalübernehmerin. Sie stellte zugunsten der Generalübernehmerin den von der Investorin geschuldeten Kaufpreis von 21.030.513 DM auf einem bei ihr geführten Konto zur Verfügung, ließ sich das Kontoguthaben aber zur Sicherung aller ihrer Forderungen gegen die Generalübernehmerin verpfänden. Mit Generalunternehmervertrag vom 20. Dezember 1994 beauftragte die Generalübernehmerin die Klägerin mit der schlüsselfertigen Erstellung des Bauvorhabens. Diesen Vertrag kündigte sie im Januar 1996 wegen Bauverzögerungen. Mit der Fertigstellung des Bauvorhabens beauftragte sie sodann am 1. März 1996 die - unter derselben Adresse wie die Investorin ansässige und auch personell mit dieser verflochtene - M. KG (im folgenden : M. ). Bei Abschluß dieses Vertrages wurde die Generalübernehmerin durch Rechtsanwalt S. vertreten, der in ihrem Namen zugleich mit der Investorin eine Vereinbarung über die Abwicklung der an die M. zu leistenden Zahlungen traf (im folgenden: Anweisungsvereinbarung ). Darin wies die Generalübernehmerin die Beklagte unter anderem an, Überweisungen/Auszahlungen an die M. auch auf Weisung der Investorin vorzunehmen, "wenn Rechnungen vorgelegt werden, die einen Auszahlungsanspruch begründen" und erteilte der Investorin eine unwiderrufliche Vollmacht, der Beklagten Anweisungen zur "Ausbezahlung /Überweisung von Geldern" vom Konto der Generalübernehmerin an die M. zu erteilen, wobei von dieser Vollmacht nur Gebrauch ge-
macht werden dürfe, wenn Rechnungen der M. vorlägen, "die einen Auszahlungsanspruch begründen".
Die Beklagte nahm in der Folge von dem Konto der G eneralübernehmerin mehrere Auszahlungen an die M. vor. Zuletzt überwies sie auf Weisung der Investorin, die dabei jeweils Abschlagsrechnungen der M. sowie Bautenstandsberichte vorlegte, am 25 . September 1996 einen Betrag von 1.476.000 DM und am 8. Oktober 1996 einen Betrag von 494.732,02 DM zu Lasten der Generalübernehmerin auf das ebenfalls bei ihr geführte Konto der M. . Wegen dieser beiden Zahlungen nebst Zinsen nimmt die Klägerin sie mit der vorliegenden Klage aufgrund gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Rechts der Generalübernehmerin in Anspruch. Über deren Vermögen war bereits am 23. August 1996 ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt worden, der in der Folge mangels Masse abgewiesen wurde. Auch die Investorin und die M. gerieten in Vermögensverfall.
Das Landgericht hat den auf Zahlung von 1.970.732, 80 DM nebst Zinsen gerichteten Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen und den Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruches an das Landgericht zurückverwiesen. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin erstrebt mit der Anschlußrevision eine Aufhebung des Berufungsurteils , soweit das Berufungsgericht den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen hat.

Entscheidungsgründe:


A.


Die Revision und die Anschlußrevision sind stattha ft (§§ 542, 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zwar fehlt es angesichts der auf die Umstände des Einzelfalles abstellenden Entscheidung des Berufungsgerichts an einem Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Der Senat ist an die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht aber gebunden (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

B.


Die Revision und die Anschlußrevision sind auch be gründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent scheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte dem Grunde n ach ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Die Beklagte habe die Auszahlungen vom 25. September und 8. Oktober 1996
nicht ohne vorherige Rückfrage bei der Generalübernehmerin vornehmen dürfen. Über die von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen von Hinweis- und Aufklärungspflichten der Bank hinaus sei die Beklagte hier bei einer Gesamtschau der Umstände des Falles verpflichtet gewesen, vor einer Auszahlung bei der Generalübernehmerin nachzufragen, ob die ihr - der Beklagten - erteilten Anweisungen tatsächlich ausgeführt werden sollten. Eine solche Pflicht habe wegen der für die Beklagte erkennbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung, der personellen Verflechtung der Investorin mit der M. und der Schreiben der Generalübernehmerin vom 30. März 1996 sowie vom 28. August 1996 bestanden. In dem ersten Schreiben hatte die Generalübernehmerin mitgeteilt, Rechtsanwalt S. sei von ihr zu einem Zahlungsauftrag über 1,5 Millionen DM nicht bevollmächtigt, im zweiten hatte sie darauf hingewiesen, hinsichtlich einer Rechnung der M. vom 23. August 1996 bestehe kein Auszahlungsanspruch. Schließlich seien auch die Bautenstandsberichte zu berücksichtigen, die nicht ohne weiteres widerspruchsfrei nachvollzogen werden könnten. Auch durch die Anweisungsvereinbarung sei die Beklagte nicht zur ungeprüften Auszahlung berechtigt gewesen. Da diese Vereinbarung ausdrücklich eine Beschränkung der Anweisungsbefugnis der Beklagten für den Fall vorsehe, daß Rechnungen vorgelegt würden, die einen Auszahlungsanspruch begründeten , habe sich die Beklagte vor einer Auszahlung zumindest bei der Generalübernehmerin über die Berechtigung des Auszahlungsanspruchs rückversichern müssen.
Für die Höhe des der Klägerin zustehenden Zahlungs anspruchs komme es darauf an, in welcher Höhe der M. Ansprüche gegenüber der Generalübernehmerin zustünden. Deshalb sei das Verfahren nach
§ 538 ZPO n.F. zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruches an das Landgericht zurückzuverweisen.

II.


1. Revision der Beklagten

a) Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Begr ündung, mit der das Berufungsgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Von Rechtsirrtum beeinflußt ist bereits der Au sgangspunkt des Berufungsgerichts, das zur Begründung einer Pflichtverletzung an die insbesondere im Zusammenhang mit steuersparenden Bauherren- oder Erwerbermodellen entwickelten Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer Bank bei Abschluß eines Darlehensvertrages (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523 m.w.Nachw.) anknüpft. Wie die Revision zu Recht rügt, geht es im vorliegenden Fall nicht um vorvertragliche Aufklärungspflichten der Bank, sondern um deren Sorgfaltspflichten bei der Ausführung von Überweisungsaufträgen. Hierfür gelten nach gefestigter Rechtsprechung Besonderheiten, die das Berufungsgericht unbeachtet gelassen hat.
Grundsätzlich obliegen den am Überweisungsverkehr beteiligten Banken keine Warn- und Schutzpflichten gegenüber den Überweisenden und den Zahlungsempfängern. Die Banken werden hier nur zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsver-
kehrs tätig und haben sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen ihrer Kunden zu kümmern. Sie müssen sich vielmehr streng innerhalb der Grenzen des ihnen erteilten formalen Auftrags halten (st.Rspr., Senatsurteile vom 5. März 1991 - XI ZR 61/90, WM 1991, 799, 800 und vom 14. Januar 2003 - XI ZR 154/02, WM 2003, 430, 433 m.w.Nachw.). Nur ausnahmsweise gilt etwas anderes , wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten , den Auftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Auftraggeber auszuführen , um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren. Einen solchen Ausnahmefall hat die Rechtsprechung angenommen , wenn der beauftragten Bank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers oder der Empfangsbank bekannt ist (BGH, Urteile vom 9. März 1961 - II ZR 105/60, WM 1961, 510, 511, vom 29. Mai 1978 - II ZR 89/76, WM 1978, 588, 589 und vom 29. September 1986 - II ZR 283/85, WM 1986, 1409 f.), wenn unklar ist, ob die erteilte Weisung fortbesteht oder nicht (Senatsurteil vom 20. November 1990 - XI ZR 107/89, WM 1991, 57, 59, insoweit in BGHZ 113, 48 ff. nicht abgedruckt), oder wenn sich der Verdacht des Mißbrauchs der Vertretungsmacht durch einen Vertreter aufdrängen muß (BGH, Urteil vom 17. November 1975 - II ZR 70/74, WM 1976, 474).
bb) Umstände, die nach Maßgabe dieser Grundsätze g eeignet wären , eine ausnahmsweise bestehende Rückfragepflicht der Beklagten zu begründen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
(1) Die nach Auffassung des Berufungsgerichts im R ahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umstände rechtfertigen die Annahme einer aus Treu und Glauben folgenden Rückfragepflicht der Bank gegenüber der Kontoinhaberin schon deshalb nicht, weil diese nach den getroffenen Feststellungen insoweit nicht schutzbedürftig war.
Kennzeichnend für die Ausnahmefälle, in denen die Rechtsprechung aus Treu und Glauben eine Rückfragepflicht der Überweisungsbank angenommen hat, ist insbesondere die fehlende Kenntnis des Auftraggebers von den die Hinweispflicht begründenden Umständen. Dieser soll, weil er anders als die Bank nicht über die entsprechenden Informationen verfügt, durch die Rückfrage in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um Schaden zu verhindern. Dessen bedurfte es bei den vom Berufungsgericht für maßgeblich erachteten Umständen nicht. Sie waren der Generalübernehmerin als Auftraggeberin bereits bekannt, ohne daß diese ihrerseits Maßnahmen zu ihrem Schutz getroffen hätte. Dies gilt für den bereits zuvor über ihr Vermögen gestellten Konkursantrag ebenso wie für die zwischen ihr und der Investorin aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung von Zahlungen an die M. sowie schließlich für die enge persönliche Verflechtung der Investorin mit der M. . Nach den bislang getroffenen Feststellungen ist kein Grund ersichtlich, weshalb angesichts dieser Umstände aus Treu und Glauben eine Rückfragepflicht der Bank gegenüber der Generalübernehmerin bestehen sollte, zumal diese ihrerseits in Kenntnis der Umstände keinen Anlaß gesehen hatte, etwas zu unternehmen, um möglichen Schaden zu verhindern. Sie hat im Gegenteil durch Genehmigung des Bauvertrags mit der M. die Gefahr ihr nachteiliger Verfügungen durch die Investorin selbst erst geschaffen, deren Überweisungsaufträge
über einen längeren Zeitraum geduldet und nicht einmal nach dem Konkursantrag vom 23. August 1996 oder mit Rücksicht auf die ihrer Meinung nach nicht berechtigte Abschlagsrechnung der M. vom selben Tag Vorsorge getroffen, um weitere - ihr möglicherweise nachteilige - Verfügungen der Investorin zu unterbinden.
(2) Auch im übrigen hat das Berufungsgericht bisla ng keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die eine Rückfragepflicht der Beklagten hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Weisungen hätten begründen können.
(a) Das gilt zunächst für eine mögliche Rückfragep flicht mit der Begründung, es sei unklar gewesen, ob die erteilte Weisung fortbestanden habe (vgl. Senatsurteil vom 20. November 1990 aaO). Zwar hat das Berufungsgericht auf die Schreiben der Generalübernehmerin vom 30. März und 28. August 1996 verwiesen. Es hat aber nicht festgestellt, daß angesichts dieser Schreiben im Zeitpunkt der beiden Überweisungsaufträge vom 25. September und vom 8. Oktober 1996 Unklarheit bestand , ob die der Beklagten erteilte Weisung der Generalübernehmerin vom 1. März 1996, Überweisungen an die M. auch auf Weisung der Investorin vorzunehmen, fortbestand oder nicht.
(b) Eine Rückfragepflicht der Beklagten ergibt sic h auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines möglicherweise pflichtwidrigen Vertreterhandelns der Investorin bei der Erteilung der Überweisungsaufträge. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die enge personelle Verflechtung der Investorin mit der M. und auf die Schreiben der General-
übernehmerin, mit denen diese Bedenken gegen die in ihrem Namen entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts S. erhoben und einer früheren Abschlagsrechnung der M. widersprochen hatte, genügen hierzu ebensowenig wie der Umstand, daß die Investorin gemäß Ziffer 3 Abs. 3 der Anweisungsvereinbarung vom 1. März 1996 von der ihr erteilten Vollmacht nur Gebrauch machen durfte, wenn Rechnungen der M. vorlagen, die einen Auszahlungsanspruch begründeten. Dabei kann dahinstehen , ob - wie die Revision meint - die Beschränkung der Anweisungsbefugnis ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Generalübernehmerin als Vollmachtgeberin und der Investorin als Bevollmächtigter betrifft oder ob die unklaren Ausführungen des Berufungsgerichts - wie die Revisionserwiderung annimmt - dahin zu verstehen sind, die Vollmacht der Investorin sei, obwohl der Vertrag zwischen der M. und der Generalübernehmerin über deren Verpflichtung zur Erteilung einer Vollmacht eine solche Beschränkung nicht enthielt und obwohl im Vertretungsrecht der Grundsatz der Unabhängigkeit der Vertretungsmacht von Pflichtenbindungen im Innenverhältnis gilt, auch im Außenverhältnis auf solche Weisungen beschränkt, denen ein materiellrechtlicher Auszahlungsanspruch der M. zugrunde liegt. In beiden Fällen rechtfertigen die bislang getroffenen Feststellungen keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer nebenvertraglichen Rückfragepflicht der Beklagten.
Sofern man - wie die Revision - davon ausgeht, die Vollmachtsbeschränkung betreffe ausschließlich das Innenverhältnis zwischen der Generalübernehmerin und der Investorin, scheidet eine Rückfragepflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden schon deshalb aus, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich der Vertrete-
ne das Risiko eines Vollmachtsmißbrauchs zu tragen hat. Die Bank hat keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von einer nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen, es sei denn der Bank mußte sich der Verdacht eines beachtlichen Mißbrauchs der Vollmacht aufdrängen (Senat BGHZ 127, 239, 241 f. m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 17. November 1975 - II ZR 70/74, WM 1976, 474). Das ist der Fall, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so daß beim Vertragspartner begründete Zweifel entstehen mußten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Mißbrauchs (Senat, BGHZ 127 aaO m.w.Nachw. sowie Urteile vom 28. April 1992 - XI ZR 164/91, WM 1992, 1362, 1363, vom 19. April 1994 - XI ZR 18/93, WM 1994, 1204, 1206 und vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617, 1618). Hierzu fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts.
Auch wenn man - wie die Revisionserwiderung - davo n ausgeht, die Vollmacht der Investorin sei mit Wirkung im Außenverhältnis zur Beklagten auf solche Weisungen beschränkt, denen ein materiell-rechtlicher Auszahlungsanspruch der M. zugrunde liegt, ist die Annahme einer ausnahmsweise bestehenden nebenvertraglichen Rückfragepflicht der Beklagten nicht gerechtfertigt. In diesem Fall stellt sich die Frage einer Schutzpflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden nicht, da diesem durch die Weisung eines nicht ausreichend bevollmächtigten Vertreters kein Schaden entstehen kann, vor dem die Bank ihn schützen müßte. Verfügt die Bank aufgrund der Weisung eines solchen Vertreters über das Konto des Kunden unberechtigterweise, so wird seine durch das
ausgewiesene Kontoguthaben verkörperte Geldforderung gegen die Bank nicht berührt (BGHZ 121, 98, 106).

b) Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Be rufungsgerichts läßt sich ein Zahlungsanspruch auch nicht aus einer unberechtigten Kontobelastung mit den Beträgen aus den Überweisungen an die M. vom 25. September 1996 und vom 8. Oktober 1996 herleiten.
Zwar kann der Kontoinhaber bei einer unberechtigte n Belastungsbuchung von seiner Bank verlangen, die Buchung rückgängig zu machen (BGHZ 121, 98, 106; BGH, Urteile vom 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, WM 1994, 1420, 1422, vom 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, WM 2001, 1460, 1461, vom 10. Juli 2001 - VI ZR 206/00, WM 2001, 1515, 1516 und vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1606). Bisher steht angesichts der unklaren Ausführungen des Berufungsgerichts aber weder fest, daß die der Investorin erteilte Vollmacht mit Außenwirkung gegenüber der Beklagten auf solche Anweisungen beschränkt ist, denen ein Auszahlungsanspruch der M. zugrunde liegt, noch daß dies bei den streitgegenständlichen Überweisungen nicht der Fall war. Abgesehen davon steht auch nicht fest, daß die Generalübernehmerin ohne die Belastung ihres Kontos mit den streitgegenständlichen Überweisungsbeträgen einen Anspruch auf Auszahlung ihres Kontoguthabens gegen die Beklagte hätte. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin durfte die Generalübernehmerin über das fragliche Kontoguthaben nur mit Genehmigung der Investorin und der Beklagten verfügen, weil es ausschließlich
der Realisierung des Bauvorhabens dienen sollte, das von der Generalübernehmerin nie fertiggestellt wurde. Zudem war das Kontoguthaben an die Beklagte verpfändet. Es bedarf daher ggf. auch noch der Aufklärung, ob im Falle unberechtigter Kontobelastung ein Anspruch der Generalübernehmerin auf Auszahlung eines Guthabens besteht.
2. Anschlußrevision der Klägerin
Die Anschlußrevision der Klägerin hat Erfolg.

a) Da die Klägerin eine abschließende Sachentschei dung des Berufungsgerichts begehrt hatte, ist sie durch die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beschwert und kann das Berufungsurteil deshalb mit der Anschlußrevision angreifen (vgl. Senatsurteile vom 30. Oktober 1990 - XI ZR 173/89, NJW 1991, 704 und vom 18. Februar 1997 - XI ZR 317/95, NJW 1997, 1710 sowie BGH, Urteil vom 5. November 1997 - XII ZR 290/95, NJW 1998, 613, 614, jeweils m.w.Nachw.).

b) Mit Recht macht sie auch geltend, das Berufungs gericht, das gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Zivilprozeßordnung in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden hatte, sei nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO nicht berechtigt gewesen, von einer eigenen Entscheidung in der Sache abzusehen, weil es an einem Antrag auf Zurückverweisung durch mindestens eine Partei gefehlt habe. Ein solcher Antrag ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch in den Fällen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO erforderlich (Albers , in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 538
Rdn. 22; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 538 Rdn. 5; Zöller/Gummer/ Heßler, ZPO 24. Aufl. § 538 Rdn. 4, 43).

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Ab s. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Joeres Wassermann
Mayen Appl
12
bb) Das Berufungsgericht wird bei einer erneuten Entscheidung ebenso zu beachten haben, dass eine Aufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht , wie es ihm offensichtlich bei der angefochtenen Entscheidung vorgeschwebt hat, nur in Betracht kommen kann, wenn eine Partei einen entspre- chenden Antrag stellt (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO analog, siehe hierzu BGH, Urt. v. 3. Mai 2006 - VIII ZR 168/05, NJW 2006, 2626 Tz. 14 f.).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 231/03 Verkündet am:
8. Juli 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 11 Nr. 2
Eine Vertragsstrafe ist nicht verschuldensunabhängig vereinbart, wenn sie in
einer Klausel unter Bezugnahme auf § 11 VOB/B von der Überschreitung
des Fertigstellungstermins abhängig gemacht wird und die VOB/B vereinbart
ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 432/00,
BGHZ 149, 283, 287).
Das Berufungsgericht kann im Einzelfall zur Vermeidung einer mit dem
Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung
gehalten sein, von einer Zurückverweisung der Sache an
das erstinstanzliche Gericht abzusehen. Von einer Zurückverweisung kann
insbesondere dann abzusehen sein, wenn eine lange Verfahrensdauer auf
gerichtliche Verfahrensfehler zurückzuführen ist.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03 - OLG Frankfurt
LG Darmstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden gemäß § 8 GKG a.F. nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Die Beklagte übertrug ihr 1994 die Putz- und Stuckarbeiten an ihrem Alten- und Pflegeheim. Die Auftragssumme betrug 153.143,78 DM. Die VOB/B war vereinbart. Die Klägerin hat zunächst Zahlung von 589.035,57 DM verlangt. Das Landgericht hat die Klage am 27. November 1997 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin noch einen Anspruch in Höhe von 573.505,23 DM verfolgt. Die Beklagte hat eine Werklohn-
forderung von 246.740,96 DM errechnet und verschiedene Abzüge vorgenommen , darunter Abzüge wegen eines Sicherheitseinbehalts von 11.551,90 DM und wegen einer Vertragsstrafe von 11.394,21 DM. Unter Berücksichtigung dieser Abzüge und der Abschlagszahlungen kommt sie zu einer Überzahlung von 14.208,54 DM. Das Berufungsgericht hat die Klage in seinem ersten Urteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses Berufungsurteil hat der Senat aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 452/00, BauR 2002, 456 = NZBau 2002, 153 = ZfBR 2002, 254). Nach erneuter mündlicher Verhandlung hat das Berufungsgericht wiederum ein Grundurteil erlassen und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung sind die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften anzuwenden (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Auf das Verfahren der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht meint, es sei durch die Senatsentscheidung vom 16. Dezember 2002 nicht am Erlaß eines erneuten Grundurteils gehindert. Die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Nach der von der Beklagten selbst vorgenommenen Berechnung ergebe sich ein jedenfalls zu zahlender Betrag von 8.737,57 DM. Die Beklagte habe die Vertragsstrafe und den Sicherheitseinbehalt zu Unrecht von dem Werklohn abgezogen. Die formularmäßige Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe sei unwirksam, es liege ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor. Der weitere Sicherheitseinbehalt sei unberechtigt, weil die Gewährleistungsfrist abgelaufen sei, ohne daß die Beklagte Mängel angezeigt habe. Über die Berechtigung der weiteren Ansprüche müsse das Landgericht befinden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99, BauR 2001, 667 = NZBau 2001, 211 = ZfBR 2001, 177). Dazu enthält das Berufungsurteil erneut keine tragfähigen Feststellungen. 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht der Meinung, die Vertragsstrafenvereinbarung sei gemäß § 9 AGBG unwirksam. Die in den Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten KEVM (B) BVB geregelte Vertragsstrafenvereinbarung hält der Inhaltskontrolle stand. In der Revision ist davon auszugehen , daß die Vertragsstrafe mit dem nachfolgend dargestellten Inhalt vereinbart
ist und ein rechtzeitiger Vorbehalt erklärt worden ist. Beides ist streitig. Das Berufungsgericht trifft dazu keine Feststellungen.
a) Ziff. 4 der KEVM (B) BVB hat folgenden Wortlaut: 4. Vertragsstrafen (§ 11) Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag der Verspätung zu zahlen: 4.1 bei Überschreitung des Fertigstellungsfrist 0,1 vom Hundert des Endbetrages der Abrechnungssumme (Bruttosumme). 4.2.... 4.3. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 10 % v.H. der Abrechnungssumme (Bruttosumme) begrenzt.

b) Mit Ziff. 4 der KEVM (B) BVB ist keine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe vereinbart. Der Senat hat bereits in dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Urteil vom 13. Dezember 2001 (VII ZR 432/00, BGHZ 149, 283, 287) entschieden, daß die Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B nach ihrem Sinn und Zweck die im Vertrag an anderer Stelle getroffene Vertragsstrafenvereinbarung ergänzt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Mit der ergänzenden Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B ist vereinbart, daß die Vertragsstrafe den Verzug des Auftragnehmers voraussetzt. Dieser setzt dessen Verschulden voraus. Die Parteien haben durch den Klammerzusatz nach Ziff. 4 deutlich gemacht , daß § 11 VOB/B Anwendung findet.
c) Die Vertragsstrafenklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Vertragsstrafenobergrenze von 10 % ist zwar unangemessen hoch. Jedoch führt das aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zur Unwirk-
samkeit der Vereinbarung (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324 ff.). Der Vertrag ist vor dem Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 23. Januar 2003 geschlossen worden. 2. Damit steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht fest, daß die Klägerin überhaupt noch Werklohn verlangen kann. Das Grundurteil kann schon aus diesem Grund keinen Bestand haben. Ob es aus anderen Gründen unzulässig war, kann dahin stehen.
a) Der Senat weist darauf hin, daß Bedenken gegen den Erlaß des Grundurteils auch insoweit bestehen, als sich das Berufungsgericht mit der geltend gemachten Werklohnforderung dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt hat. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99, NJW 2001, 224). Das Berufungsgericht hat sich insbesondere mit den zahlreichen Einwendungen gegen die Berechtigung der Nachforderungen dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt.
b) Ferner hat das Berufungsgericht sich rechtsfehlerhaft nicht damit auseinandergesetzt , ob es in der Sache selbst entscheiden sollte. Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 ZPO a.F. und der eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Dabei ist der mit der Zurückverweisung verbundene zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand gegen den Verlust einer Tatsacheninstanz abzuwägen. Wenn sich das Berufungsgericht für eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. entscheidet, muß es zur Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens den maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozeßökonomie erwägen und erkennen lassen, daß es die Alternative zwischen einer Zurückverweisung und einer eigenen Sachentscheidung nach
§ 540 ZPO gesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1956 - III ZR 87/55, BGHZ 23, 36, 50; Urteil vom 30. März 2001 - V ZR 461/99, NJW 2001, 2551, 2552).

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist aufzuheben. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der Senat weist darauf hin, daß das Berufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden. Ein weiteres Grundurteil wäre verfahrensfehlerhaft. Eine erneute Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des gesamten Verfahrens führen. Bei seiner Entscheidung, ob es von einer Zurückverweisung nach § 540 ZPO a.F. absieht, muß das Berufungsgericht auf die berechtigten Interessen der Parteien Rücksicht nehmen. Dabei muß es vor allem auch das Interesse der klagenden Partei im Auge behalten, in einer angemessenen Zeit einen vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten. Wenn die Gerichte durch verfahrensfehlerhafte Entscheidungen maßgeblich selbst an der Verzögerung mitgewirkt haben, wird häufig allein das Absehen von einer Zurückverweisung zur Vermeidung einer mit dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung (vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 25. Juli 2003 - 2 BvR 153/03, NJW 2003, 2897) sachdienlich sein. Im Einzelfall kann sich das dem Berufungsgericht in § 540 ZPO a.F. eingeräumte Ermessen so reduzieren, daß nur noch die Entscheidung , von einer Zurückverweisung abzusehen, ermessensfehlerfrei ist. So wäre es hier. Das Verfahren ist nunmehr über sieben Jahre anhängig. Die Verzöge-
rung ist im wesentlichen auf das fehlerhafte Verfahren und die ihm folgenden Entscheidungen des Berufungsgerichts, mit denen eine Sachaufklärung nicht erreicht wurde, zurückzuführen. Den Parteien ist jegliche weitere Verzögerung durch eine erneute Zurückverweisung nicht zuzumuten. Sie haben einen Anspruch darauf, daß das Berufungsgericht die Sache nunmehr fördert und selbst entscheidet. Ein schützenswertes Interesse einer Partei, das Verfahren beim Landgericht fortzusetzen, ist nicht erkennbar.
Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.