Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2007 - VI ZR 62/07

bei uns veröffentlicht am18.12.2007
vorgehend
Amtsgericht Deggendorf, 3 C 142/06, 10.08.2006
Landgericht Deggendorf, 1 S 80/06, 13.02.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 62/07 Verkündet am:
18. Dezember 2007
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dem Geschädigten kann über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum
hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs Nutzungsausfallentschädigung
zuzubilligen sein, soweit diese die wirtschaftlichen Nachteile,
die durch den Ankauf und Wiederverkauf eines Zwischenfahrzeugs zusätzlich entstehen
würden, nicht wesentlich übersteigt.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 - VI ZR 62/07 - LG Deggendorf
AG Deggendorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 9. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller,
den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und
Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Deggendorf vom 13. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger fordert nach einem Verkehrsunfall vom Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs des Unfallgegners u.a. Nutzungsausfallentschädigung.
2
Am 11. Oktober 2005 wurde der PKW des Klägers bei einem Auffahrunfall total beschädigt. Für den entstandenen Schaden haftet der Unfallgegner unstreitig in vollem Umfang. Die Beklagte zahlte vorprozessual den für die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs erforderlichen Betrag von 7.084,54 €. Der für den Ersatzkauf erforderliche Zeitraum wurde vom Sachverständigen auf 14 Kalendertage geschätzt. Der Kläger mietete vom 11. Oktober 2005 bis 21. Oktober 2005 einen Mietwagen. Am 17. Oktober 2005 übersandte der damalige anwaltliche Vertreter des Klägers der Beklagten den am 26. April 2005 geschlossenen Kaufvertrag über einen PKW, dessen Lieferung für Dezember 2005 vorgesehen war. In einem Begleitschreiben wies er darauf hin, dass der Kläger gezwungen sei, bis zur Lieferung des bestellten Fahrzeugs entweder auf Kosten der Beklagten ein "Interimsfahrzeug" anzukaufen oder bis zur Lieferung Nutzungsausfallentschädigung geltend zu machen. Für den Fall, dass die Beklagte bis 24. Oktober 2005 nichts anderes mitteilen sollte, werde für den weitergehenden Zeitraum Nutzungsausfall beansprucht werden. Die Beklagte ließ die Frist verstreichen. Die Kosten für das Mietfahrzeug glich sie aus, weitere Zahlungen lehnte sie ab. Der Kläger verlangt neben einer erhöhten Unkostenpauschale, Ersatz für die Tankfüllung des verunfallten PKW und Entschädigung des Nutzungsausfalls bis zum 2. Januar 2006, dem Liefertag des PKW.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, weil die Frage eines Nutzungsausfallschadens und der Schadensminderungspflicht des Geschädigten bei im Unfallzeitpunkt bereits bestelltem Ersatzfahrzeug durch Anschaffung eines Interimfahrzeuges in der obergerichtlichen Rechtsprechung bisher noch nicht abschließend geklärt sei. Mit der Revision verfolgt der Kläger die Klageforderung in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht führt aus, dass der Kläger zwar über die bereits erstatteten Mietwagenkosten hinaus für die zur Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs erforderliche Zeit Nutzungsausfallentschädigung für vier Tage beanspruchen könne. Die Forderung sei jedoch durch vorprozessuale Zahlungen ausgeglichen. Darüber hinaus komme Nutzungsentschädigung nicht in Betracht, weil der finanzielle Verlust im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Interimsfahrzeugs und dessen anschließendem Wiederverkauf im Hinblick auf die Lieferzeit von neun Wochen für das vor dem Unfall bestellte Fahrzeug jedenfalls deutlich niedriger sei als die Nutzungsausfallentschädigung bis zur Lieferung. Der Kläger verletze die Schadensminderungspflicht. Daran ändere auch das Schreiben vom 17. Oktober 2005 nichts, da ein bestimmter Erklärungswert mit dem Schweigen der Beklagten nicht verbunden sei.

II.

5
1. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
a) Dem Eigentümer eines privat genutzten PKW, der durch einen Schaden die Möglichkeit zur Nutzung verliert, steht grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz für seinen Nutzungsausfall zu, wenn er zur Nutzung willens und fähig gewesen wäre (vgl. Senatsurteile, BGHZ 45, 212 ff.; 56, 214, 215 f.; 161, 151, 154; GSZ BGHZ 98, 212, 220; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1987 - X ZR 49/86 - NJW 1988, 484, 485 f.). Seine Grenze findet der Ersatzanspruch am Merkmal der Erforderlichkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sowie an der Ver- hältnismäßigkeitsschranke des § 251 Abs. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1984 - VI ZR 225/82 - VersR 1985, 283, 284). Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung ist auch zu berücksichtigen, dass der Geschädigte unter mehreren möglichen Wegen des Schadensausgleichs im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg zu wählen hat. Das gilt nicht nur für die eigentlichen Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten, sondern gleichermaßen für die Mietwagenkosten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 160, 377, 383; 163, 19, 22) und ebenso für die Nutzungsausfallentschädigung (vgl. BGHZ 40, 345, 354 f.). Dementsprechend hat der Schädiger grundsätzlich Nutzungsersatz nur für den Zeitraum zu leisten, der zur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlich ist (vgl. BGHZ 45, 211, 216; OLG Hamm, VersR 1993, 766, 767; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 249 Rn. 33; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 25 Rn. 11, 24 und 30). Im Allgemeinen ist dies die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Benötigt der Geschädigte für die Schadensbehebung einen längeren Zeitraum, ist zu unterscheiden, ob er sich wegen des Unfalls ein Ersatzfahrzeug mit längerer Lieferzeit anschafft oder ob er - wie im Streitfall - schon vor dem Unfall ein Ersatzfahrzeug bestellt hat. Bei der ersten Fallgruppe kann eine längere Wartezeit nicht zu Lasten des Schädigers gehen, weil sie auf der freien Disposition des Geschädigten beruht (vgl. Senatsurteile, BGHZ 154, 395, 398; 155, 1, 7; Urteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f.; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.; Steffen, NZV 1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2059 f.).
7
b) Hat der Geschädigte hingegen das Fahrzeug bereits vor dem Unfall bestellt und wollte er bis zur Lieferung das verunfallte Fahrzeug nutzen, ist die bereits bestehende wirtschaftliche Planung aufgrund des Unfalls gestört. Der Geschädigte ist gezwungen, entweder für die Lieferzeit ein gebrauchtes Fahrzeug zu kaufen und dieses nach der Lieferung wieder zu verkaufen oder ein Fahrzeug zu mieten oder auf die Nutzung zu verzichten. In einem solchen Fall ist zum einen zu bedenken, dass nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung bei der Schadensabrechnung Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnisund Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen ist (vgl. Senatsurteile, BGHZ 115, 364, 369; 115, 375, 378; 132, 373, 376 f.; 155, 1, 5). Auch muss das Grundanliegen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB berücksichtigt werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll, indem der Zustand wiederhergestellt wird, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 373, 376; 154, 395, 398 f.; 155, 1, 5; Steffen, NZV 1991, 1, 3; ders. NJW 1995, 2057, 2062). Zum andern hat der Geschädigte unter mehreren möglichen Wegen des Schadensausgleichs im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Die Wirtschaftlichkeit der Schadensberechnung ist dabei mit Blick auf die zu erwartenden Kosten ex ante aus der Sicht des Geschädigten zu beurteilen.
8
c) Nach diesen Grundsätzen kann dem Geschädigten über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs Nutzungsausfallentschädigung zuzubilligen sein, soweit diese die wirtschaftlichen Nachteile, die durch den Ankauf und Wiederverkauf eines Zwischenfahrzeugs zusätzlich entstehen würden, nicht wesentlich übersteigt. In einem solchen Fall kann dem Geschädigten Aufwand und Risiko, die mit dem An- und Verkauf eines Gebrauchtwagens verbunden sind, nicht zugemutet werden.
9
d) Ob die Kosten noch verhältnismäßig und erforderlich waren, hat der hinsichtlich der Schadenshöhe nach § 287 ZPO besonders frei gestellte Tatrich- ter unter Würdigung der Gesamtumstände im Einzelfall zu entscheiden. Der Geschädigte hat, da es um die Frage der Erforderlichkeit der Kosten zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB geht, darzulegen und zu beweisen , dass der Kostenunterschied unwesentlich und die Schadensabrechnung noch wirtschaftlich ist (vgl. Senatsurteil, BGHZ 160, 377, 385). Die Entscheidung ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind (vgl. Senatsurteil, BGHZ 102, 322, 330 m.w.N.).
10
2. Im Streitfall rügt die Revision mit Erfolg, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage unzureichender Feststellungen zu der Auffassung gelangt ist, der finanzielle Verlust im Zusammenhang mit der Anschaffung eines entsprechenden Interimsfahrzeugs sei jedenfalls deutlich geringer als die in dem Zeitraum bis zur Lieferung anfallende Nutzungsausfallentschädigung.
11
a) Zwar begegnet keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht aufgrund der Lieferangabe "12/2005" im Kaufvertrag von einem Liefertermin Ende Dezember und dementsprechend von einem Lieferzeitraum von neun Wochen ausgegangen ist. Konkrete Anhaltspunkte, nach denen der Kläger mit einer früheren Lieferung bereits Anfang Dezember 2005 hätte rechnen können, zeigt die Revision nicht auf.
12
b) Doch beruhen die Ausführungen des Berufungsgerichts im Übrigen auf eigenen Einschätzungen und Vermutungen, ohne dass die hierzu auch im Rahmen des § 287 ZPO erforderliche Sachkunde dargelegt würde (vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - VersR 1995, 681, 682 m.w.N.; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - VersR 2001, 1547, 1548). Allein der Umstand, dass das beschädigte Fahrzeug bereits 7 Jahre alt war und eine Laufleistung von 174.000 Kilometer aufwies, sagt nichts darüber aus, mit welchen zusätzlichen Kosten bei einem Zwischenkauf tatsächlich zu rechnen wäre.
13
c) Die für den Kostenvergleich erforderlichen Feststellungen sind im Streitfall auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger aufgrund des Schweigens der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf sein Schreiben vom 17. Oktober 2005 einen Anspruch auf weiteren Nutzungsersatz hätte. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist insoweit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Wäre der Kläger gehalten gewesen, sich im Hinblick auf die deutlich niedrigeren Kosten mit einem Interimsfahrzeug zu behelfen, konnte er keinen Anspruch auf weitere Nutzungsausfallentschädigung dadurch begründen, dass er die Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Äußerung aufforderte und diese darauf nicht reagierte. Schweigen als Zustimmung kommt im Rechtsverkehr nur in Betracht, wenn besondere Umstände, insbesondere ein zu Gunsten des anderen Teils entstandener Vertrauenstatbestand, dies rechtfertigt. Allein die Aufforderung, eine Erklärung abzugeben, begründet für die andere Seite jedoch noch keine Verpflichtung, einen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen. Dies ist nur der Fall, wenn nach Treu und Glauben ein Widerspruch des Empfängers des Schreibens erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 1, 353, 355; BGH, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88 - NJW 1990, 1601 - insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 110, 241 ff.). Davon kann im Verhältnis zwischen Geschädigtem und gegnerischer Haftpflichtversicherung in der Regel nicht ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung der Revision war die Beklagte auch nicht verpflichtet, den Kläger auf die mögliche Unwirtschaftlichkeit seines Vorgehens hinzuweisen.

III.

14
Nach alldem ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren ist zu beachten, dass sich die Revision gegen die Abweisung der Klage auf Schadensersatz für das im Tank des beschädigten Fahrzeugs enthaltene Benzin und eine höhere Unkostenpauschale nicht gewandt hat. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Deggendorf, Entscheidung vom 10.08.2006 - 3 C 142/06 -
LG Deggendorf, Entscheidung vom 13.02.2007 - 1 S 80/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2007 - VI ZR 62/07

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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

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(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. (2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstell
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(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 205/00 Verkündet am:
17. Oktober 2001
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 61 § 8 II (1); ZPO §§ 286 F, 287
In der Unfallversicherung (hier: AUB 61) unterliegen die gesundheitliche Beeinträchtigung
als solche und die Frage ihrer Dauerhaftigkeit uneingeschränkt dem Beweismaß
des § 286 ZPO; dagegen kann für die Frage, ob die dauernde Beeinträchtigung
der Arbeitsfähigkeit auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen
ist, von der Beweiserleichterung des § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. Juli 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung in Anspruch. Er unterhält bei ihr seit dem 26. Juli 1977 eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 400.000 DM. Dem

Vertrag liegen Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen (AUB) zugrunde , deren Wortlaut den AUB 61 entspricht. Der Kläger erlitt am 22. Juli 1991 aufgrund eines Auffahrunfalls ein HWS-Schleudertrauma. Sein Hausarzt stellte am 10. Juni 1992 aus dem Unfallereignis resultierende Dauerfolgen fest. Am 5. Oktober 1992 machte der Kläger bei der Beklagten Invaliditätsansprüche geltend. Nach Begutachtung des Klägers durch mehrere medizinische Sachverständige lehnte die Beklagte am 7. August 1995 Leistungen ab.
Der Kläger hat 25% der vereinbarten Versicherungssumme verlangt. Seine Arbeitsfähigkeit sei als Folge des Unfalls dauernd beeinträchtigt. Unter anderem sei die Beweglichkeit des Kopfes eingeschränkt. Er verspüre ständig Schmerzen im Bereich von Kopf und Nakken und leide an Schwindelgefühlen. Diese Beschwerden seien typische Folge eines Schleudertraumas, andere Ursachen nicht denkbar. Vor dem Unfall sei er beschwerdefrei gewesen. Die Beklagte verneint demgegenüber das Vorliegen eines unfallbedingten Dauerschadens.
Das Landgericht hat nach Einholung weiterer medizinischer Gutachen die auf Zahlung von 100.000 DM gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht nach ergänzender Beweisaufnahme die Beklagte in Höhe von 80.000 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung , soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts liegt beim Kläger ein Dauerschaden vor. Sämtlichen gerichtlichen und außergerichtlichen ärztlichen Stellungnahmen sei eine langjährige, sich nicht verändernde Beschwerdesymptomatik zu entnehmen. Diese sei zwar nach den Gutachten der Sachverständigen S. und I. nicht auf das Unfallereignis vom 22. Juli 1991 zurückzuführen. Dennoch sei der - nach Maßgabe des § 287 ZPO festzustellende - Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Dauerschaden deutlich wahrscheinlicher als eine unfallunabhängige Entwicklung des Beschwerdebildes, selbst wenn der Einschätzung des Sachverständigen M. nicht zu folgen wäre. Die Beurteilung der Sachverständigen S. und I. werde maßgeblich dadurch beeinflußt , daß - anders als nach der Beurteilung des Sachverständigen M. - ein direkter Nachweis knöcherner oder ligamentärer Verletzungen der Halswirbelsäule fehle. Es erscheine aber der Ansatz in der medizinischen Literatur sachgerecht, daß es bei einem HWS-Trauma zu Abweichungen vom Regelverlauf kommen und insbesondere ein röntgenologisch nicht erfaßbarer Entwicklungsprozeß in Gang gesetzt werden könne. Der Kläger sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen; ein Zusammenhang mit einem früheren Unfall im Jahre 1982 scheide aus. Die Möglichkeit einer degenerativen, sich erst mit dem Unfall manifestieren-

den Vorschädigung lasse die haftungsausfüllende Kausalität nicht entfallen. Auch die weiter denkbare Ursache einer psychosomatischen Fehlverarbeitung des Unfallgeschehens wäre im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität noch zuzurechnen. Der Invaliditätsgrad, für dessen endgültige Bemessung auf eine Prognose am Ende des dreijährigen Zeitraums gemäû § 13 AUB 61 abzustellen sei, sei aufgrund der vorprozessualen Stellungnahmen der Gutachter v. T. und He. mit 20% anzusetzen. Der weitergehenden Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen M. sei nicht zu folgen, da dieser den angenommenen Invaliditätsgrad von 30% nicht nachvollziehbar begründet habe.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung aus mehreren Gründen nicht stand.
1. Der Kläger hat den Nachweis dafür zu führen, daû die geltend gemachte Teilinvalidität Folge des Unfalls vom 22. Juli 1991 ist, bei dem er unstreitig ein HWS-Trauma erlitten hat. Dabei kann für die Frage, ob die behauptete dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen ist, von der Beweiserleichterung des § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden (Senatsurteil vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80 unter 4). Für die tatrichterliche Überzeugungsbildung reicht dann eine überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit gegenüber anderen Geschehensabläufen, daû der vom Kläger vorgetragene Dauerschaden in kausalem Zusammenhang mit dem Unfallereignis steht (BGH, Urteile vom 3. Dezember 1999 - IX ZR 332/98 - NJW 2000, 509 unter I 1;

vom 22. September 1992 - VI ZR 293/91 - NJW 1992, 3298 unter II). Das hat das Berufungsgericht nur im Ausgangspunkt richtig gesehen. Die Revision beanstandet zu Recht, daû die notwendige Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts auf nicht hinreichend gesicherter Grundlage beruht, daû mit unrichtigen Maûstäben gearbeitet und wesentlicher Tatsachenvortrag der Beklagten auûer acht gelassen worden ist. Die Ausübung des durch § 287 ZPO eingeräumten, grundsätzlich freien tatrichterlichen Ermessens erweist sich somit als fehlerhaft und ist für diesen Fall einer revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - VI ZR 264/91 - VersR 1992, 1410 unter 1 b bb; BGHZ 102, 322, 330).

a) Das Berufungsgericht hat sich in unzulässiger Weise über die Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. S. und Dr. I. hinweggesetzt, deren medizinischer Einschätzung es nicht gefolgt ist.
Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, vom Gutachten eines Sachverständigen abzuweichen. Auch im Rahmen der freien Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO kann er, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens aber nur verzichten, wenn er entsprechende eigene Sachkunde auszuweisen vermag (BGH, Urteil vom 14. Februar 1995 - VI ZR 106/94 - NJW 1995, 1619 unter II). Das gilt ebenso, wenn er fremde Sachkunde durch eigene ersetzen und sich aufgrund dessen über das Ergebnis einer sachverständigen Begutachtung hinwegsetzen möchte.

Eigene medizinische Sachkunde hat das Berufungsgericht nicht dargetan. Es stützt sich, soweit es den genannten Sachverständigen nicht folgen will, lediglich auf eine Veröffentlichung in der Literatur, ohne zu begründen, inwieweit dadurch medizinisches Fachwissen vermittelt wird, das sich gegenüber demjenigen der gerichtlichen Sachverständigen durchzusetzen vermag, oder auch nur zu verdeutlichen, die für die Auswertung medizinischer Literatur erforderliche Sachkunde zu besitzen, die eine Abweichung von der Auffassung der gerichtlichen Sachverständigen rechtfertigen könnte (BGH, Urteil vom 2. März 1993 - VI ZR 104/92 - NJW 1993, 2378 unter II 1 a). Seine Ausführungen, infolge der engen anatomischen Nachbarschaft des HWS-Bereiches zum zentralen Nervensystem könne es – wie in der medizinischen Literatur vertreten - bei einem HWS-Trauma zu Abweichungen vom Regelverlauf und zu einem Ingangsetzen röntgenologisch nicht erfaûbarer Entwicklungsprozesse kommen, setzen eine solche, vom Berufungsgericht nicht ausgewiesene Sachkunde voraus. Sie beruhen zudem auf einer generalisierenden Betrachtungsweise, die den gebotenen Bezug zum Einzelfall vermissen läût.

b) Das Berufungsgericht läût weiter nicht erkennen, aus welchen Gründen und inwieweit es sich dem Gutachten des Neurootologen Dr. M. anschlieûen möchte. Während es sich zunächst auf eine Auseinandersetzung mit den Gutachten S. und I. beschränkt und offengelassen hat, ob den Feststellungen des Sachverständigen M. gefolgt werden kann, bezieht es im weiteren anscheinend die Ergebnisse dieses Sachverständigengutachtens in seine Erwägungen ein. Dann aber hätte es der Dar-

legung bedurft, weshalb dieses Gutachten gegenüber den Ergebnissen des Orthopäden und der Neurologin den Vorzug verdient. Der Sachverständige S. hat in Abweichung von den Erkenntnissen des Sachverständigen M. jeglichen Dauerschaden beim Kläger verneint, die Sachverständige I. jedenfalls einen solchen, der als unfallbedingt zu betrachten wäre.
Bei widersprechenden Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger darf das Gericht nicht ohne eine einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorrang geben (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 - IV ZR 220/92 - VersR 1994, 162 unter 2 a). Gemäû § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO bestimmt der Tatrichter Art und Umfang der Beweisaufnahme zwar weitgehend selbst. Geht es jedoch um die Würdigung des Ergebnisses einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme, muû diese plausibel und erschöpfend sein. Es steht dem Tatrichter nicht frei, einmal erhobene Beweise bei der abschlieûenden Entscheidungsfindung auûer acht zu lassen. Das widerspricht dem Grundsatz, daû sich der Tatrichter auch bei § 287 ZPO um die Sachverhaltsfeststellung bemühen und die Berücksichtigung aller für die Beurteilung maûgeblichen Umstände erkennen lassen muû (BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - VI ZR 264/91 - VersR 1992, 1410 unter II 1 b bb). Das hat das Berufungsgericht versäumt. Auûerdem sind die Grundsätze der §§ 398, 402 ZPO miûachtet worden. Nachdem das Landgericht dem Gutachten des neurootologischen Sachverständigen M. nicht zu folgen vermochte und in seinem Urteil die aus seiner Sicht bestehenden Mängel der sachverständigen Ausführungen aufgezeigt hatte, wäre eine mündliche Anhörung auch dieses Sachverständigen angezeigt gewesen (vgl.

BGH, Urteil vom 8. Juni 1993 - VI ZR 192/92 - NJW 1993, 2380 unter II 2 a zu § 286 ZPO). Statt dessen hat sich das Berufungsgericht, das von der landgerichtlichen Beurteilung abweichen wollte, auf eine Anhörung der Sachverständigen S. und I. beschränkt.
Aus den Erwägungen des Berufungsgerichts geht ferner nicht hervor , ob die Ergebnisse der Sachverständigen S. und I. für sich gesehen oder erst in Gegenüberstellung mit dem Gutachten M. als nicht überzeugend erscheinen. Ein offenkundiger Widerspruch liegt überdies darin, daû das Berufungsgericht an anderer Stelle, nämlich bei Feststellung des Invaliditätsgrades, das Gutachten des Sachverständigen M. für nicht nachvollziehbar begründet hält. Dieser Mangel wäre geeignet, sich auch auf die weiteren Teile des Gutachtens auszuwirken. Das Berufungsgericht legt nicht dar, weshalb das Gutachten trotz seiner aufgezeigten inhaltlichen Schwächen mehr Überzeugungskraft als die Stellungnahmen der Sachverständigen S. und I. besitzen soll.

c) Weiter hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, die von der Beklagten beigebrachten Privatgutachten nicht berücksichtigt. Der Sachverständige Prof. H. hat in seinem von Anfang 1994 stammenden orthopädischen Gutachten eine als unfallabhängig zu wertende dauernde Beeinträchtigung beim Kläger ebenso verneint wie der Sachverständige Dr. He. in seinem orthopädischen Gutachten vom 24. Juli 1995, ohne daû das Berufungsgericht auf die Erkenntnisse dieser beiden Privatgutachten eingegangen wäre.

Privatgutachten sind substantiierter Parteivortrag (Senatsurteil vom 15. Juni 1998 - IV ZR 206/97 - NVersZ 1999, 84 unter 2 b; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2000 - VI ZR 10/00 - NJW 2001, 77 unter II 1). Sie dürfen bei der Bewertung anderer (gerichtlicher) Sachverständigengutachten nicht übergangen werden, sondern verpflichten den Tatrichter, sich mit ihnen sorgfältig zu befassen (Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 - IV ZR 220/92 - VersR 1994, 162 unter 2 a; BGH, Urteil vom 20. Juli 1999 - X ZR 121/96 - NJW-RR 2000, 44 unter 6 b; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2000 aaO unter II 2). Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgekommen.

d) Die tatrichterliche Würdigung nach § 287 ZPO erweist sich nach alledem als fehlerhaft und unvollständig. Schon deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzugeben.
2. Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:

a) Die Beklagte hat bestritten, daû beim Kläger ein (unfallbedingter ) Dauerschaden vorliegt. Die Revision greift dies auf, indem sie auf den Inhalt des Gutachtens des Sachverständigen Prof. S. verweist, der einen Dauerschaden verneint hat. Die gesundheitliche Beeinträchtigung als solche und die Frage ihrer Dauerhaftigkeit unterliegen uneingeschränkt dem Beweismaû des § 286 ZPO (Senatsurteil vom 12. November 1997 - IV ZR 191/96 - r+s 1998, 80 unter 4). Das Berufungsgericht sieht einen Dauerschaden als erwiesen an, ohne daû sich aus dem angefochtenen Urteil seine konkrete Ausgestaltung ergäbe. Es

befaût sich nicht damit, ob die vom Kläger vorgetragene "Beschwerdesymptomatik" tatsächlich besteht, wie sie sich im einzelnen äuûert und wodurch sie im Sinne des § 286 ZPO belegt ist. Im übrigen müûte die Invalidität binnen Jahresfrist eingetreten sein (vgl. BGHZ 137, 247, 252).

b) Bei der Bemessung der Invalidität ist, wie das Berufungsgericht selbst hervorhebt, nur der Gesundheitszustand zu berücksichtigen, der bis zum Ablauf der 3-Jahres-Frist des § 13 Abs. 3 a AUB 61 zu prognostizieren ist; später gewonnene Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden (Senatsurteil aaO unter 3 a; Senatsurteil vom 23. September 1992 - IV ZR 157/91 - NJW 1993, 201 unter 2). Das Berufungsgericht konnte sich daher nicht auf die Gutachten Dr. v. T. und Prof. Dr. He. stützen. Der Sachverständige He., der im übrigen einen durch den Unfall vom 22. Juli 1991 bedingten Dauerschaden gleichfalls verneint hat, hat seine Untersuchungen am 18. Juli 1995 vorgenommen und in das Gutachten die Ergebnisse einer Röntgenaufnahme vom 8. März 1995 und einer Tomographie vom selben Tage einflieûen lassen. Alle diese Untersuchungen fallen in die Zeit nach Ablauf der dreijährigen Frist. Das Gutachten des Sachverständigen v. T. ist zwar vor dem 22. Juli 1994 erstellt , nimmt aber lediglich eine Teilinvalidität von "ca. 20%" an, so daû das Berufungsgericht hier hätte begründen müssen, weshalb es dadurch den Beweis der vom Kläger behaupteten Teilinvalidität in Höhe von wenigstens 20% als geführt angesehen hat.
Terno Dr. Schlichting Seiffert

Dr. Kessal-Wulf Felsch