Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2012 - VII ZR 148/10

bei uns veröffentlicht am14.06.2012
vorgehend
Landgericht Traunstein, 8 O 4080/08, 23.09.2009
Oberlandesgericht München, 13 U 4916/09, 27.07.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 148/10 Verkündet am:
14. Juni 2012
Schick,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Gläubiger kann nicht gemäß § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten
, wenn er die Frist zur Leistung vor deren Fälligkeit gesetzt
hat. Das gilt auch dann, wenn bereits vor Fälligkeit ernsthafte Zweifel
an der Leistungsfähigkeit oder der Leistungswilligkeit des Schuldners
bestehen.

b) Allein die Erklärung des Schuldners, er werde zum Fälligkeitszeitpunkt
nicht leisten können, begründet keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung

c) Der Gläubiger kann nach Fälligkeit der Leistung ohne Setzen einer
Nachfrist gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB sofort zurückzutreten, wenn
feststeht, dass die gemäß § 323 Abs. 1 BGB dem Schuldner zu setzende
angemessene Frist zur Leistung nicht eingehalten werden wird.

d) Das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 4 BGB kann nicht mehr ausgeübt
werden, wenn die Leistung fällig geworden ist. Die Wirksamkeit eines
Rücktritts bestimmt sich ab diesem Zeitpunkt nach § 323 Abs. 1 und 2
BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - VII ZR 148/10 - OLG München
LG Traunstein
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den
Richter Bauner, die Richterin Safari Chabestari, den Richter Dr. Eick und den
Richter Halfmeier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht gegen die Beklagten, die Verwalter in den Insolvenzverfahren über die Vermögen der früheren Beklagten zu 1 und 2, Zahlungsansprüche nach Rücktritt von einem Grundstückserwerbsvertrag mit Bauverpflichtung geltend.
2
Mit notariellem Vertrag vom 15. Januar 2008 erwarb der Kläger von der ursprünglichen Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die frühere Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagte zu
2) ist, ein Grundstück in W. zum Preis von 2.850.000 €. Zugleich verpflichtete sich die Beklagte zu 1 darin, auf dem Grundstück ein Fachmarktzentrum zu errichten , das bis zum 30. Juni 2008 bezugsfertig sein sollte.
3
Im Hinblick auf etwaige Rücktrittsrechte enthält der Vertrag unter anderem folgende Regelungen: "Abschnitt 8: Gesetzliche Rücktrittsrechte 1. Im Übrigen bestehen Rücktrittsrechte für beide Vertragsteile nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. … 3. Die Kosten dieses Vertrages einschließlich des Grundbuchvollzuges sowie die Kosten der Rückabwicklung trägt der Vertragsteil , der den Rücktritt des anderen zu vertreten hat. 4. Tritt der Erwerber aus vom Veräußerer zu vertretenden Gründen vom Kaufvertrag zurück, ist der bezahlte Kaufpreisteil jeweils ab Zahlung bis zur Rückzahlung mit 5 % jährlich zu verzinsen. Weitere Ansprüche bestehen nicht, es sei denn, der Veräußerer habe den Grund des Rücktritts vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt; alsdann haftet er dem Erwerber auf Schadensersatz."
4
Die Beklagte zu 2 teilte dem Kläger unter dem 14. Mai 2008 mit, dass sie den ursprünglich vereinbarten Übergabezeitpunkt an die Mieter im Einvernehmen mit diesen auf den 1. September 2008 verschoben habe. Unter dem 23. Mai 2008 schrieb der Kläger den Beklagten, er schlage wegen der Verschiebung des Fertigstellungstermins um zwei Monate eine Kaufpreisminderung um 200.000 € vor, andernfalls ziehe er die Ausübung eines ihm zustehenden Rücktrittsrechts in Erwägung. Sodann setzte der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 3. Juni 2008 eine Frist zur Fertigstellung des Fachmarktcenters bis zum 31. Juli 2008 und kündigte gleichzeitig an, nach fruchtlosem Fristablauf von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen zu wollen. Nachdem am 31. Juli 2008 keine Bezugsfertigkeit gegeben war, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 1. August 2008 den Rücktritt vom Vertrag und forderte mit weiterem Schreiben vom 8. August 2008 die Beklagte zu 1 zur Zahlung ihm entstandener Kosten (notarielle Vertragskosten, Grundbuchkosten, Maklerkosten , Bereitstellungszinsen und außergerichtliche Anwaltskosten) in Höhe von insgesamt 128.387,50 €, der Klagesumme, auf. In der ersten Septemberhälfte 2008 wurden die drei Ladengebäude von den jeweiligen Mietern bezogen. Den Kaufpreis hat der Kläger nicht bezahlt.
5
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben.
6
Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die Beklagten weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

8
Das Berufungsgericht billigt dem Kläger aus Abschnitt 8 Abs. 3 des Kaufvertrages einen Anspruch auf Ersatz der Vertragskosten zu, weil er wirksam vom notariellen Kaufvertrag zurückgetreten sei. Dies folge aus § 323 Abs. 1 BGB, denn die am 3. Juni 2008 gesetzte Nachfrist zur bezugsfertigen Herstellung des Einkaufszentrums sei wirksam gewesen, obwohl die Leistung der Beklagten erst zum 30. Juni 2008 fällig geworden sei. Es hätten schon am 3. Juni 2008 ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Schuldnerin bestanden , weil unstreitig sei, dass die Fertigstellung frühestens bis zum 1. September 2008 möglich sein würde. Die Nachfrist habe daher bereits am 3. Juni wirksam gesetzt werden können.
9
Die Nachfrist von einem Monat sei auch angemessen gewesen. Bei erheblicher Anstrengung habe die Nachfrist von der Beklagten eingehalten werden können. Das ergebe sich aus dem Verhältnis zwischen vereinbarter Bauzeit und Dauer der Nachfrist sowie aus den vorgelegten Bauzeitenplänen.
10
Im Übrigen wäre an eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB zu denken. Die Bauarbeiten seien Ende Juni zu deutlich weniger als zwei Dritteln fertig gestellt gewesen.
11
Der Kläger könne sein Rücktrittsrecht auch auf § 323 Abs. 4 BGB stützen. Es sei schon im Mai 2008 offensichtlich gewesen, dass die Bezugsfertigkeit bis zum 31. Juli 2008 nicht habe hergestellt werden können. Der Kläger müsse auch nach Fälligkeit und Ablauf einer angemessenen Nachfrist die Möglichkeit haben zurückzutreten.
12
Zu ersetzen seien die Kosten des Vertrages, worunter die Kosten zu verstehen seien, wie sie allgemein im Wandelungsrecht nach dem Schuldrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung verstanden worden seien, nämlich Beurkundungskosten, Grundbuchkosten und Maklerkosten, nicht aber Finanzierungskosten. Dieser weitergehende Schaden könne allenfalls nach Abschnitt 8 Absatz 4 des Vertrages ersetzt verlangt werden, wenn der Grund für den Rücktritt des Klägers von der Beklagten vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden wäre, wofür ausreichende Anhaltspunkte fehlten.

II.

13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
1. Das Berufungsgericht stützt den Zahlungsanspruch des Klägers auf die vertragliche Regelung über die gesetzlichen Rücktrittsrechte und ihre Rechtsfolgen in Abschnitt 8 Absatz 3, wonach die Partei die Kosten des Vertrages zu tragen hat, die den Rücktritt der anderen zu vertreten hat. Die getroffenen Feststellungen ermöglichen nicht die Annahme, die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts lägen vor.
15
a) Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann der Kläger nicht aus § 323 Abs. 1 BGB herleiten.
16
Voraussetzung für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist, dass bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Nach nahezu allgemeiner Meinung in der Literatur kann die Nachfrist erst gesetzt werden, wenn die Leistung fällig ist, ansonsten ist die Fristsetzung unbeachtlich (Staudinger/Otto/Schwarze [2009], § 323 Rn. B 42; Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 56; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 323 Rn. 12; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 68; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 2. Aufl., § 323 Rn. 18; jurisPK-BGB/Alpmann, 5. Aufl., § 323 Rn. 27; Medicus/Stürner in PWW-BGB, 7. Aufl., § 323 Rn. 4; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 6, 10; Faust, Schuldrechtsmodernisierung, § 3 Rn. 122, 133; a.A. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, 35. Aufl., § 23 Rn. 38). Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 326 Abs. 1 BGB a.F. (BGH, Urteil vom 28. Januar 2003 - X ZR 151/00, NJW 2003, 1600 = NZBau 2003, 274 Rn. 6; Urteil vom 15. März 1996 - V ZR 316/94, NJW 1996, 1814), aus dessen Wortlaut hergeleitet wird, dass eine Nachfrist nicht wirksam vor Verzugseintritt gesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 15. März 1996 - V ZR 316/94, aaO unter Bezug auf RGZ 93, 180, 182). Der Bundesgerichtshof hat auch schon zur Regelung des § 323 Abs. 1 BGB die Auffassung vertreten, dass die Frist zur Leistung oder zur Nacherfüllung nicht wirksam vor der Fälligkeit der Leistung gesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 124/05, BauR 2006, 1134 = NJW 2006, 1198 Rn. 13). Auch wenn sich dies nicht mehr zwingend aus dem Wortlaut der Regelung herleiten lässt (vgl. Faust, Schuldrechtsmodernisierung, S. 119), schließt sich der Senat dieser Auffassung an. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in Anknüpfung an die Regelung des § 326 Abs. 1 BGB a.F. das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB nur für den Fall zulassen, dass die Frist in einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem die Leistung fällig ist. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dass in der Begründung zu dieser Norm lediglich darauf eingegangen wird, dass die sonstigen Voraussetzungen des Verzugs und der Ablehnungsandrohung entfallen sind, und ansonsten ersichtlich davon ausgegangen wird, dass die Frist nach Fälligkeit der Leistung gesetzt wird (BR-Drucks. 338/01, S. 427/428). Es hat im Zusammenhang mit der Regelung des § 323 Abs. 1 BGB auch keinerlei Erörterungen des Falles gegeben, in dem eine sogenannte Erfüllungsgefährdung vorliegt , also ein Fall, in dem bereits vor Fälligkeit der Leistung ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder der Leistungswilligkeit des Schuldners bestehen (vgl. dazu Staudinger/Otto/Schwarze [2009], § 281 Rn. B 185 ff.; Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 132). Der Fall der Erfüllungsgefährdung ist von § 323 Abs. 1 BGB nicht erfasst. Diese Regelung betrifft vielmehr den Fall, dass die Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht erbracht ist und stellt dazu den Grundsatz auf, dass ein Rücktrittsrecht nur besteht, wenn der Gläubiger dem Schuldner dann erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt hat.
17
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Rücktrittsrecht des Klägers zudem aus § 323 Abs. 4 BGB hergeleitet. § 323 Abs. 4 BGB gewährt dem Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit ein Rücktrittsrecht, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden. Damit hat der Gesetzgeber im Falle der Erfüllungsgefährdung dem Gläubiger eine gesetzliche Möglichkeit verschafft, den Rücktritt schon vor der Fälligkeit zu erklären (Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 132). Diese Möglichkeit besteht nicht mehr, wenn die Fälligkeit eingetreten ist. Denn in diesem Zeitpunkt liegt kein Tatbestand der Erfüllungsgefährdung mehr vor. Vielmehr hat sich die Pflichtverletzung nunmehr erwiesen. Für diesen Fall enthält das Gesetz in § 323 Abs. 1 BGB die Regel, dass ein Rücktritt grundsätzlich erst dann möglich ist, wenn eine Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt wird und diese erfolglos abgelaufen ist. Es besteht kein Grund, demjenigen Gläubiger, der die Erleichterung des § 323 Abs. 4 BGB nicht in Anspruch nimmt, noch die Möglichkeit des Rücktritts ohne eine Fristsetzung einzuräumen. Dementsprechend wird auch zu der Regelung des Art. 72 UN-Kaufrecht, auf die die Gesetzesbegründung zu § 323 Abs. 4 BGB Bezug genommen hat (BT-Drucks. 338/01, S. 431), einhellig die Auffassung vertreten, dass der Gläubiger das Rücktrittsrecht aus Art. 72 Abs. 1 UN-Kaufrecht nur bis zum Erfüllungstermin ausüben kann und danach auf die sonstigen Behelfe des UN-Kaufrechts zurückgreifen muss (BGH, Urteil vom 15. Februar 1995 - VIII ZR 18/94, NJW 1995, 2101; Achilles, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Art. 72 Rn. 1, 2; Honsell, Kommentar zum UN-Kaufrecht, 2. Aufl., Art. 72 Rn. 7; Schlechtriem/ Schwenzer-Hornung/Fountoulakis, Kommentar zum Einheitlichen UNKaufrecht , 5. Aufl., Art. 72 Rn. 21; Staudinger/Magnus, Wiener UN-Kaufrecht [2005], Art. 72 CISG Rn. 16; Soergel/Lüderitz-Dettmeier, BGB, 13. Aufl., Art. 72 CISG Rn. 2).
18
c) Auch der Gesichtspunkt der Erfüllungsgefährdung vermag dem Kläger unter den gegebenen Voraussetzungen kein Rücktrittsrecht zu verschaffen. Allerdings ist es anerkannt, dass der Gläubiger für den Fall, dass bereits vor Fälligkeit der Leistung ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder der Leistungswilligkeit des Schuldners bestehen, ein schützenswertes Interesse daran hat, Klarheit über den Vertrag zu erlangen (Staudinger/Otto/Schwarze [2009], § 281 Rn. B 182). Jedenfalls nach der zu § 326 Abs. 1 BGB a.F. ergangenen Rechtsprechung kann der Gläubiger deshalb dem Schuldner vor Fälligkeit der Leistung eine angemessene Frist zur Erklärung eigener Leistungsbereitschaft und zum Nachweis fristgerechter Erfüllung des Vertrages setzen, wenn die rechtzeitige Erfüllung durch Hindernisse ernsthaft in Frage gestellt ist, die im Verantwortungsbereich des Schuldners liegen, und dem Gläubiger ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten ist. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kann er vom Vertrag zurücktreten (BGH, Urteile vom 21. Oktober 1982 - VII ZR 51/82, BauR 1983, 73 = ZfBR 1983, 19; vom 6. Oktober 1976 - VIII ZR 66/75, NJW 1977, 35; vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 147/74, WM 1976, 75).
19
Dieses Klärungsbedürfnis rechtfertigt es aber nicht, dem Gläubiger die Möglichkeit einzuräumen, dem Schuldner bereits - sozusagen auf Vorrat - vor Fälligkeit der Leistung eine Nachfrist zu setzen mit der Folge, dass nach Ablauf dieser Frist das Rücktrittsrecht entsteht (Ramming, ZGS 2009, 209, 210). Das würde dem erklärten Willen und der Systematik des Gesetzgebers entgegenstehen , der das Rücktrittsrecht daran anknüpft, dass die Frist in einem Zeitpunkt gesetzt wird, in dem die Leistung fällig ist.
20
Der Gläubiger hat an einer Fristsetzung vor Fälligkeit der Leistung auch kein schützenswertes Interesse. Denn die Nachfrist könnte ohnehin nicht vor Fälligkeit der Leistung beginnen und es kann ihm in der Regel zugemutet werden , die Fälligkeit der Leistung bis zur Fristsetzung abzuwarten. Ist offensichtlich , dass die Voraussetzungen des Rücktritts vorliegen, kann der Gläubiger ohnehin sofort vom Vertrag zurücktreten, § 323 Abs. 4 BGB. Die Klärung der Erfüllungsbereitschaft wird zudem häufig dazu führen, dass die Voraussetzungen des Rücktritts nach § 323 Abs. 4 BGB bejaht werden können (vgl. Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 135). Ist das nicht der Fall, ist es nicht gerechtfertigt, bei der entsprechenden unsicheren Prognose bereits in einem Zeitpunkt, in dem die Leistung noch nicht fällig ist, eine Nachfrist zu setzen, weil damit die mit der Nachfristsetzung verbundene Warnfunktion nicht auf einer ausreichenden Grundlage beruht, die darin besteht, dass die Fälligkeit der Leistung bereits eingetreten ist. Letztlich würde in nicht zu rechtfertigender Weise der Gefährdungstatbestand dem Tatbestand der Pflichtverletzung, der die Fälligkeit der Leistung immanent ist, gleichgesetzt (vgl. auch Staudinger/ Otto/Schwarze [2009], § 281 Rn. 183 f.).
21
d) Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht kann der Rücktritt auch nicht auf § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützt werden. Denn die Voraussetzungen dieser Regelung liegen nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht vor. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagten die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert haben. Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, ob aus den Umständen , insbesondere den Erklärungen oder dem Verhalten des Schuldners nach Eintritt der Fälligkeit der Schluss gezogen werden kann, dass dieser die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (Staudinger/Otto/Schwarze [2009], § 281 Rn. B 90 und § 323 Rn. B 89). Eine solche Annahme kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn der Schuldner bereits vor der Fälligkeit erklärt hat, er werde die Leistung nicht mehr erbringen und diese Erklärung sein letztes Wort zur Leistungsbereitschaft war (BGH, Urteile vom 18. Januar 1991 - V ZR 315/89, NJW 1991, 1822 und vom 21. Dezember 1984 - V ZR 233/82, NJW 1985, 2021). Denn in diesem Fall steht auch nach der Fälligkeit fest, dass die Leistung nicht mehr erbracht wird. Der Gläubiger kann dann ohne Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1984 - V ZR 233/82, aaO). Gleiches gilt für den Fall, dass der Schuldner ernsthaft und endgültig vor der Fälligkeit erklärt hat, er werde die Leistung auch nicht innerhalb einer angemessenen Nachfrist erbringen (Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 99; RGZ 96, 341, 342). Denn auch in diesem Fall wäre es eine reine Förmelei, wenn der Gläubiger dem Schuldner eben diese Nachfrist setzen müsste, obwohl feststünde, dass diese nicht eingehalten wird (vgl. auch BGH, Urteile vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 und vom 30. Oktober 1991 - VIII ZR 9/91, NJW 1992, 235). Allein aus der Mitteilung der Beklagten, sie hätten mit den Mietern einen neuen Fertigstellungstermin vereinbart , folgt indes nicht, dass die Beklagten ernsthaft und endgültig ihre Leistung innerhalb einer angemessenen Nachfrist abgelehnt haben.
22
Unzutreffend ist die in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung des Klägers, ein Grund zum Rücktritt bestehe schon dann, wenn der Schuldner erklärt, er werde zum Fälligkeitszeitpunkt nicht leisten können. Allein das begründet keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 96; Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 97). In diesem Fall, in dem nur feststeht, dass der Schuldner zum Fälligkeitszeitpunkt nicht leistet, aber offen ist, ob der Schuldner innerhalb einer angemessenen Nachfrist seine Leistung noch erbringen wird, ist die Nachfristsetzung nach Sinn und Zweck des § 323 Abs. 1 BGB gerade nicht entbehrlich. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass grundsätzlich ein Rücktrittsgrund nicht daraus hergeleitet werden kann, dass der Schuldner nicht rechtzeitig leistet.
23
Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Dezember 1975 - VIII ZR 147/74, WM 1976, 75, auf die sich die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung möglicherweise berufen wollte, lässt sich nichts zugunsten des Klägers herleiten. Zwar ist in dieser Entscheidung für möglich gehalten worden, dass der Gläubiger auch dann den Rücktritt erklären kann, wenn der Schuldner ernsthaft und endgültig erklärt, er werde zum Fälligkeitszeitpunkt nicht leisten. Voraussetzung ist aber nach dieser Entscheidung, dass der Gläubiger an der verspäteten Erfüllung des Vertrages kein Interesse mehr hat. Dies ist ein Fall, der nunmehr in § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB geregelt ist.
24
e) Maßgebend ist daher allein, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Dazu hat es ausgeführt, im Zeitpunkt der Fälligkeit seien die Leistungen mit deutlich weniger als zwei Dritteln fertiggestellt gewesen. Ob ein Interesse des Klägers an der Leistung weggefallen sei, sei unerheblich. Diese Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Rücktritt sei am 1. August 2008 wirksam erfolgt. Ein Gericht kann die Voraussetzungen des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nur annehmen, wenn es in Erfüllung des gesetzlichen Auftrags eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen hat. Bei dieser Interessenabwägung kann eine Rolle spielen, dass der Gläubiger bereits während der Erfüllungsphase die begründete Besorgnis haben musste, der Schuldner werde die Leistung nicht rechtzeitig fertigstellen, und er ihm deshalb schon eine Nachfrist gesetzt hat. Denn mit diesem Verhalten hat der Gläubiger jedenfalls zum Ausdruck gebracht , dass er - ungeachtet dessen, dass die Voraussetzungen für einen Rücktritt gemäß § 323 Abs. 1 BGB nicht wirksam geschaffen worden sind - nicht gewillt ist, erhebliche Verzögerungen, die über die Nachfrist hinausgehen, hinzu- nehmen. Dieses Verhalten muss jedem Schuldner eine deutliche Warnung sein, dass weitere Verzögerungen erhebliche Folgen haben können. Andererseits entbindet dieses Verhalten des Gläubigers die Gerichte nicht von der Verpflichtung , eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss bei der Abwägung geprüft werden, ob das Interesse des Gläubigers am Fortbestand des Vertrages infolge der Verzögerung entfallen ist (Staudinger/Otto/Schwarze (2009), § 323 Rn. B 119; Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl., § 323 Rn. 122 ff.). Das kann der Fall sein, wenn es dem Gläubiger unter Berücksichtigung des bereits verstrichenen Zeitraums nach Fälligkeit nicht mehr zumutbar ist, noch eine weitere Verzögerung durch eine Nachfrist hinzunehmen.
25
Die gebotene umfassende Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen. Allein der Umstand, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit noch weniger als zwei Drittel der Leistung fertiggestellt waren, besagt nichts darüber, wie der Leistungsstand im Zeitpunkt des Rücktritts war und ob allein deshalb das Interesse des Gläubigers am Fortbestand des Vertrages entfallen war und dies einen sofortigen Rücktritt rechtfertigt.
26
Erneut weist der Senat darauf hin, dass ein sofortiger Rücktritt dann möglich ist, wenn feststeht, dass der Schuldner die angemessene Nachfrist nicht einhalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - VII ZR 344/01, BauR 2002, 1847 = NZBau 2002, 668 = ZfBR 2003, 30; Staudinger/Otto/ Schwarze [2009], § 323 Rn. B 122). Denn dann wäre das Erfordernis der Nachfrist eine reine Förmelei. Diese Voraussetzungen können nicht festgestellt werden. Es fehlen jegliche Feststellungen dazu, welche Nachfrist noch angemessen gewesen wäre und ob offensichtlich gewesen war, dass diese nicht eingehalten worden wäre.
27
2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass - sollte es darauf noch ankommen - das Berufungsgericht die Auslegung von Abschnitt 8 Abs. 3 des Vertrages , soweit es um die zu tragenden "Kosten dieses Vertrages" geht, nach dem Vorbringen der Parteien in der Revisionsinstanz erneut wird vornehmen müssen. Seine Rechtsansicht, die Parteien hätten den im Vertrag nicht näher erläuterten Begriff in dem Sinn verstanden, der ihm im Wandelungsrecht nach dem Schuldrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung beigemessen wurde, ist nicht begründet worden und berücksichtigt die weiteren Umstände des Falles wie z.B. das Prozessverhalten des Klägers im anhängigen Rechtsstreit nicht. Denn bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts kann das nachträgliche Verhalten der Partei auch in der Weise berücksichtigt werden, dass es Rückschlüsse auf ihren tatsächlichen Willen und ihr tatsächliches Verständnis im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung zulassen kann (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05, BauR 2007, 574 = NZBau 2007, 241 = ZfBR 2007, 330). Der Kläger verlangt die Maklerkosten ausweislich seiner Berufungsbegründung vom 18. Dezember 2009 (Seite 11-12) nicht als "Kosten dieses Vertrages" aus Abschnitt 8 Abs. 3 des Vertrages, sondern als "weitere Ansprüche" aus Abs. 4 (fälschlicherweise als Abs. 5 zitiert), die Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erfordern, wozu er ausführlich vorträgt.
Kniffka Kniffka Safari Chabestari RiBGH Bauner kann wegen Eintritts in den Ruhestand nicht unterschreiben. Eick Halfmeier

Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 23.09.2009 - 8 O 4080/08 -
OLG München, Entscheidung vom 27.07.2010 - 13 U 4916/09 -

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#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im
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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2015 - X ZR 126/14

bei uns veröffentlicht am 13.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 1 2 6 / 1 4 Verkündet am: 13. Oktober 2015 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Jan. 2015 - IX ZR 300/13

bei uns veröffentlicht am 08.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR300/13 Verkündet am: 8. Januar 2015 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 323 Abs. 1; InsO

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 04. Apr. 2014 - 8 U 53/12

bei uns veröffentlicht am 04.04.2014

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Zweibrücken vom 14. September 2012 (2 O 211/10) wird zurückgewiesen. II. Unter Zurückweisung des weitergehen

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 151/00 Verkündet am:
28. Januar 2003
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 631 a.F.; BGB § 276 a.F. Hb
Ist abzusehen, daß der Unternehmer einen vertraglich bestimmten
Termin zur Erfüllung nicht einhalten wird, kann schon vor Eintritt der
Fälligkeit ein Schadensersatzanspruch des Bestellers nach den Grundsätzen
der positiven Vertragsverletzung entstehen, wenn eine Vertragsverletzung
des Unternehmers von solchem Gewicht vorliegt, daß
eine Fortsetzung des Vertrags für den Besteller unzumutbar ist.
BGH, Urt. v. 28. Januar 2003 - X ZR 151/00 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 28. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 19. Juli 2000 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin bestellte bei der Beklagten im Februar 1997 zwei Spritzgußwerkzeuge , die zur Lieferung an einen Abnehmer in den Vereinigten Staaten von Amerika bestimmt waren, mit dem die Klägerin nach ihrem Vortrag eine umfangreiche Geschäftsbeziehung eingehen wollte. Als Lieferzeit war vereinbart: "KW 23/97 bei uns eintreffend". In der Folgezeit kam es zu Verzögerungen, deren Gründe nach Ansicht der Klägerin in der Sphäre der Beklagten, nach deren Ansicht in Änderungswünschen der Klägerin lagen. Die Klägerin sah sich im Hinblick auf mit ihrem Abnehmer vereinbarte, nach ihrer Behauptung unter Vertragsstrafeverpflichtung stehende Termine unter Zeitdruck. Nach einer gemeinsamen Besprechung um den 20. Mai 1997 kam die Klägerin zu der Auffassung, daß der Liefertermin seitens der Beklagten nicht zu halten sei; nach ihrer Auffassung war erst ein Fertigungsstand von 15% erreicht, nach der der Beklagten ein solcher von 75%. Am 25. Mai 1997 wurden die unfertigen Werkzeuge jedenfalls im Einverständnis mit der Klägerin bei der Beklagten abgeholt und später bei einem dritten Unternehmen fertiggestellt. Von dem von ihr errechneten, nach ihrem Vortrag hieraus entstandenen Schaden macht die Klägerin im vorliegenden Verfahren einen Teilbetrag von 150.000 DM geltend. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem
auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß die Klägerin den geltend gemachten Schaden erlitten hat. Es ist aber zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin gleichwohl ein Anspruch auf Schadensersatz nicht zustehe. Die Klägerin habe den Abschluß eines Fixgeschäfts nicht nachgewiesen. Weiter stehe nicht fest, daß sich die Beklagte am 22. Mai 1997 endgültig geweigert habe, die ursprüngliche Vertragsfrist einzuhalten. Schließlich stehe nicht fest, daß die Klägerin keine Nachfrist habe setzen müssen, weil die Beklagte nicht in der Lage gewesen wäre, die Vertragsfrist einzuhalten oder weil die Klägerin das Vertrauen in die Vertragserfüllung "hätte verloren haben dürfen".
II. Das greift die Revision mit Verfahrensrügen aus §§ 286, 288 ZPO und mit materiellrechtlichen Rügen im Ergebnis mit Erfolg an.
1. Allerdings läßt die Verneinung eines Schadensersatzanspruchs aus § 376 Abs. 1 HGB dem Grunde nach einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat insoweit schon das Vorliegen eines Fixgeschäfts im Sinn dieser Bestimmung mit Recht als nicht dargetan angesehen. Für die Annahme eines solchen Geschäfts genügt die Vereinbarung: "Lieferzeit 23. Kalenderwoche" nicht. Es erfordert nicht nur die Festlegung einer genauen Lieferzeit oder -frist, sondern darüber hinaus Einigkeit der Parteien darüber, daß der Vertrag mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Lieferzeit "stehen oder fallen" soll, wobei sich jeder Zweifel gegen die Annahme eines Fixgeschäfts auswirkt (BGH, Urt. v. 14.3.1984 - VIII ZR 287/82, WM 1984, 639 unter II 1 a; Sen. Urt. v. 18. April 1989 - X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373 = WM 1989, 1180 unter II 2 a; BGHZ 110, 88, 96 f.). Allein aus der Vereinbarung einer
fest bestimmten Lieferzeit folgt noch nicht, daß mit der Nichteinhaltung der Frist jedes Interesse der Klägerin an der Ausführung des Geschäfts entfiel (BGHZ 110 a.a.O. m.w.N.). Der Auffassung der Revision, dieses Erfordernis gelte nur beim "absoluten" Fixgeschäft, kann insoweit nicht gefolgt werden. Daß der Vertrag mit der Nichteinhaltung der Lieferzeit fallen sollte, ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision als übergangen gerügten Vortrag, die Bedeutung der Lieferzeit sei der Beklagten wiederholt verdeutlicht worden und auch bewußt gewesen.
2. Auch soweit die Revision den Klageanspruch auf § 326 BGB a.F. stützt, kann sie nicht durchdringen, weil diese Bestimmung Verzug im Sinn des § 284 BGB a.F. und dieser wiederum Fälligkeit voraussetzt. Da Fälligkeit hier nicht vor der 23. Kalenderwoche 1997 in Betracht kam, zu diesem Zeitpunkt aber bereits die Werkzeuge im Einverständnis mit der Klägerin bei der Beklagten fortgeschafft worden waren, worin jedenfalls eine konkludente Kündigung des Werkvertrags liegt, die Klägerin mithin selbst die Fertigstellung vereitelt hatte, konnte die Beklagte zuvor nicht ohne weiteres in Verzug geraten.
Eine ernsthafte Erfüllungsverweigerung lag, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nicht vor. Sie lag insbesondere auch dann nicht vor, wenn die Beklagte nicht in der Lage gewesen sein sollte, die vereinbarte Frist (und nicht etwa eine ihr gesetzte Nachfrist) einzuhalten (vgl. BGH, Urt. v. 30.10.1991 - VIII ZR 9/91, NJW 1992, 235). An die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer endgültigen Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen; sie liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten nicht nachkommen (BGHZ 104, 6, 13 m.w.N.).
Am fehlenden Verzug scheitert auch der von der Revision angezogene Anspruch aus § 286 BGB a.F.
3. Ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB a.F. kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte das Werk nicht erstellt und nicht abgeliefert hat. Auch die Regelung des § 636 Abs. 1 BGB a.F. führt hier nicht zu einem anderen Ergebnis, weil sich die Klägerin schon vor dem Fertigstellungstermin von dem Vertrag gelöst hat. Die Bestimmung hätte deshalb der Klägerin zwar ein Rücktrittsrecht eröffnet, konnte nicht aber auch einen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB a.F. begründen.
4. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht berücksichtigt, daß der Klägerin im vorliegenden Fall ein Schadensersatzanspruch aus positiver Verletzung des Werkvertrags zustehen kann. Der Auftraggeber hat neben dem sich aus § 636 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. bei drohender Überschreitung der Herstellungsfrist ergebenden Rücktrittsrecht (vgl. Sen. Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 115/90, NJW-RR 1992, 1141, 1142 = VersR 1993, 450) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen wichtigen Grund zur Kündigung, wenn Vertragsverletzungen des Auftragnehmers von solchem Gewicht vorliegen, daß eine Fortsetzung des Vertrags für ihn unzumutbar ist (BGH, Urt. vom 23.5.1996 - VII ZR 140/95, BauR 1996, 704 = ZfBR 1996, 267). Das Kündigungsrecht kann auch dann bestehen, wenn die schwer wiegende Vertragsverletzung zwar noch nicht eingetreten, ihr Eintritt jedoch sicher ist. Denn es kann Fälle geben, in denen es dem Auftraggeber nicht zugemutet werden kann, die Vertragsverletzung abzuwarten (vgl. Sen.Urt. v. 5.5.1992 a.a.O.; BGH, Urt. v. 21.10.1982 - VII ZR 51/82, NJW 1983, 989, 990, zum Recht des Bestellers, vom Unternehmer eine Konkretisierung seiner Erfüllungsbereitschaft zu verlangen). Wenn feststeht, daß der Auftragnehmer eine Vertragsfrist oder einen vertraglich vereinbarten Termin aus von ihm zu
vertretenden Gründen nicht einhalten wird und wenn diese Vertragsverletzung von erheblichem Gewicht ist, kann eine Fortsetzung des Vertrags mit dem Auftragnehmer in diesem Sinn nicht zumutbar sein (BGH, Urt. v. 4.5.2000 - VII ZR 53/99, NJW 2000, 2988 = BauR 2000, 1182, 1185; insoweit nicht in BGHZ 144, 242 abgedruckt; vgl. BGH, Urt. v.11.9.2002 - VII ZR 344/01, NJW-RR 2003, 13). In solchen Fällen kann zugleich eine positive Vertragsverletzung vorliegen, die nach allgemeinen Grundsätzen Schadensersatzansprüche zu begründen geeignet ist.
5. Das Berufungsgericht wird deshalb bei seiner neuerlichen Befassung mit der Sache zu klären haben, ob die hinreichend sichere Erwartung bestand, daß die Beklagte den vereinbarten Termin aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht einhalten werde und ob ein darin zugleich liegendes vertragswidriges Verhalten der Beklagten von so erheblichem Gewicht war, daß der Klägerin eine Fortsetzung des Vertrags nicht zumutbar war.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

13
a) Damit war das gesetzliche Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB entstanden. Dies setzt im Unterschied zu § 326 Abs. 1 BGB a.F., nach dem die Fristsetzung mit der Ankündigung einer Ablehnung der Leistung verbunden worden sein musste, nur noch voraus, dass der Schuldner eine nach dem Vertrag fällige Leistung innerhalb einer von dem Gläubiger nach dem Eintritt der Fälligkeit gesetzten angemessenen Frist zur Leistung oder Nacherfüllung nicht erbracht hat.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 344/01 Verkündet am:
12. September 2002
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Ein Auftraggeber ist grundsätzlich berechtigt, vor Ablauf einer dem Auftragnehmer
mit Ablehnungsandrohung gesetzten Frist Schadensersatz zu verlangen, wenn feststeht
, daß der Auftragnehmer die Frist nicht einhalten wird.
BGH, Urteil vom 12. September 2002 - VII ZR 344/01 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Dr. Haß, Hausmann, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Juli 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt wegen Mängeln einer 1993 vom beklagten Bauträger erworbenen Gewerbeeinheit Schadensersatz. Nach seiner Behauptung entsprechen die am 14. September 1994 übergebenen Räume nicht den Anforderungen der Arbeitsstättenrichtlinie, weil sie keine ausreichende Beleuchtung und zu niedrige Decken hätten. Nach vorherigen Rügen setzte er mit Schreiben seiner Anwälte vom 20. Mai 1999 eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 3. Juni 1999 und drohte die Ablehnung der Leistung nach Fristablauf an. Eine Mängelbeseitigung erfolgte nicht.
Mit der am 22. Juli 1999 zugestellten Klage hat er im Wege des Scha- densersatzes Rückabwicklung des Vertrages und Ersatz seiner Aufwendungen verlangt. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 332.033,29 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung der Gewerbeeinheit verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten ist die Klage abgewiesen worden. Der Kläger verfolgt seinen Anspruch mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das vom Beklagten erworbene Teileigentum sei mangelhaft. Die erworbenen Räume entsprächen nicht den Anforderungen der Arbeitsstättenrichtlinie an eine ausreichende Belichtung. Außerdem entspreche zumindest ein Raum nicht den öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die Raumhöhe. Ein Verzicht auf Gewährleistungsansprüche liege nicht vor. Der Kläger könne jedoch keinen Schadensersatz verlangen, weil die Voraussetzungen des § 634 BGB nicht vorlägen. Die vom Kläger gesetzte Frist sei zu kurz gewesen. Angemessen sei vielmehr eine Frist von mehr als zwei Monaten, die im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen ge-
wesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr bereit gewesen, die Nachbesserung entgegenzunehmen. Damit sei die Fristsetzung wirkungslos. Der Beklagte habe die Mängelbeseitigung nicht endgültig verweigert. Er habe auf die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht ablehnend reagiert. Im Prozeß habe er hilfsweise angeboten, die Mängel zu beseitigen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches aus § 635 BGB vor. 1. Der große Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels des Werks hat grundsätzlich zur Voraussetzung, daß der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels mit der Erklärung bestimmt hat, daß er diese nach Ablauf der Frist ablehne, § 634 Abs. 1 BGB. Eine derartige Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Unternehmer die Mängelbeseitigung bereits endgültig verweigert hat, denn dann wäre sie reine Förmelei (BGH, Urteil vom 15. März 1990 – VII ZR 311/88, BauR 1990, 466 = ZfBR 1990, 276). Es spricht viel dafür, daß von einer endgültigen Verweigerung des Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung auszugehen ist, denn er hat vorprozessual und auch prozessual das Vorliegen eines Mangels stets bestritten, keinerlei Anstrengungen zur Mängelbeseitigung unternommen und die Nachbesserung erst nach dem Unterliegen in der ersten Instanz und auch lediglich hilfsweise unter Aufrechterhaltung des Standpunktes angeboten, der Kläger habe auf Gewährleistungsansprüche verzichtet. Die Frage kann jedoch ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Mängelbeseitigung überhaupt möglich ist.
2. Rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung vom 20. Mai 1999 sei wirkungslos, weil die angemessene Frist im Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen ge- wesen sei und der Kläger nicht mehr bereit gewesen sei, die Mängelbeseitigung zuzulassen.
a) Es berücksichtigt nicht, daß der Besteller grundsätzlich bereits vor Fristablauf berechtigt ist, Schadensersatz zu verlangen, wenn feststeht, daß die angemessene Frist nicht eingehalten wird. Denn dann ist es dem Besteller in der Regel nicht zumutbar, den Ablauf der Frist noch abzuwarten (vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Juni 1974 – VII ZR 4/73, BauR 1975, 137). Dementsprechend hat der Senat entschieden, daß dem Besteller ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zusteht, wenn feststeht, daß vertragliche Fristen nicht eingehalten werden und die Vertragsverletzung von so erheblichem Gewicht ist, daß eine Fortsetzung des Vertrages mit dem Unternehmer nicht zumutbar ist (BGH, Urteil vom 4. Mai 2000 - VII ZR 53/99, BauR 2000, 1182, 1185). Dem liegt ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zugrunde, der auch in § 323 Abs. 4 BGB n.F. Ausdruck gefunden hat. Danach kann der Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, daß die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
b) Danach kann es dahinstehen, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, eine angemessene Frist reiche über den Zeitpunkt der Klageerhebung hinaus. Denn zu diesem Zeitpunkt stand fest, daß der Beklagte auch eine Frist von mehr als zwei Monaten nicht einhalten wird. Von diesem Zeitraum waren zwei Monate bereits verstrichen. Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte trotz dieser erheblichen Verzögerung die Mängelbeseitigung noch in angemessener Frist hätte fertigstellen können, bestehen nicht. Es spielt keine
Rolle, daß der Kläger den Mangel erst nach einigen Jahren gerügt hat. Das entbindet den Beklagten nicht von seiner Verpflichtung, den Mangel zügig in angemessenem Zeitraum zu beseitigen. Die Frist verlängert sich auch nicht weiter dadurch, daß der Kläger Mitwirkungspflichten zu erfüllen hatte, die darin bestanden, die Gewerbeeinheit zur Nachbesserung zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hatte bis zur Klageerhebung keinerlei Anstalten gemacht, die Nachbesserung vorzunehmen. 3. Der Kläger kann deshalb Schadensersatz nach § 635 BGB verlangen. Dem steht nicht die vom Berufungsgericht erwähnte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24. Juni 1984 – X ZR 16/85, WM 1986, 1255, 1257) entgegen. Nach diesem Urteil kann Schadensersatz wegen Mängeln eines Werkes grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn der Besteller während des Laufs der angemessenen Frist die Entgegennahme der Mängelbeseitigung endgültig verweigert. Voraussetzung ist jedoch, daß es dem Besteller zuzumuten ist, den Fristablauf abzuwarten, wie in dem Urteil hervorgehoben wird. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

III.

Da Feststellungen zum Schaden fehlen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Dressler Haß Hausmann Kniffka Bauner