Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2018 - VIII ZR 255/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:210218UVIIIZR255.16.0
bei uns veröffentlicht am21.02.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 255/16 Verkündet am:
21. Februar 2018
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht als Anlieger
die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, ist regelmäßig nicht
aus dem Mietvertrag gemäß § 535 Abs. 1 BGB verpflichtet, auch über die
Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu
streuen.
Entsprechendes gilt für die allgemeine (deliktische) Verkehrssicherungspflicht
des Grundstückseigentümers aus § 823 Abs. 1 BGB.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2018 - VIII ZR 255/16 - OLG München
LG München I
ECLI:DE:BGH:2018:210218UVIIIZR255.16.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 6. Oktober 2016 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Eigentümerin eines Anwesens in München, in welchem eine Wohnung an die Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des Klägers vermietet war.
2
Am 17. Januar 2010 herrschte Schneeglätte; der Kläger stürzte gegen 9.10 Uhr beim Verlassen des Mietshauses auf dem Kopfsteinpflaster des nicht geräumten Streifens des öffentlichen Gehwegs im Bereich des Grundstücks- eingangs vor dem Anwesen der Beklagten. Durch den Sturz zog er sich Frakturverletzungen am rechten Innenknöchel zu.
3
Für den Gehweg nimmt die Stadt München, Streithelferin der Beklagten, den Räum- und Streudienst wahr, § 12 der Verordnung über die Reinigung und Sicherung der öffentlichen Wege, Straßen und Plätze der Landeshauptstadt München (Straßenreinigungs- und -sicherungsverordnung) vom 20. Dezember 1990 (ABl. der Landeshauptstadt München 1990, S. 472 ff. - im Folgenden: Verordnung).
4
Die Streithelferin hatte den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, wenn auch nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten. Die Beklagte hatte keine Schneeräumarbeiten vorgenommen, weil sie sich dazu nicht verpflichtet sah.
5
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.291,20 € und eines angemessenen Schmerzensgeldes , jeweils nebst Zinsen, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfall geltend.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich weder aus einer Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB noch aus einer Nebenpflichtverletzung aus dem Mietvertrag gemäß § 535 Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
10
Die Verkehrssicherungspflicht für den Gehweg, auf dem der Kläger gestürzt sei, habe der Streithelferin oblegen. Die Beklagte sei insoweit gemäß § 12 Abs. 1 der Verordnung von Reinigungs- und Sicherungsmaßnahmen befreit.
11
Nicht zu folgen sei der Ansicht des Klägers, die Befreiung der Anlieger erstrecke sich - zumindest nach Sinn und Zweck der Verordnung - nicht auf den Bereich des Gehwegs zwischen dem jeweiligen Hauseingang und dem von der Streithelferin (lediglich) zu räumenden Mittelstreifen des Gehwegs.
12
Selbst wenn die Beklagte nicht von der Verkehrssicherungspflicht für den Gehweg befreit gewesen wäre, hätte sie den Gehweg gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung nur in "ausreichender Breite" zu räumen gehabt. Die Räum- und Streupflicht sei nach der einschlägigen Rechtsprechung grundsätzlich auf die für den allgemeinen Fußgängerverkehr erforderliche Breite von 1 bis 1,20 Meter im mittleren Bereich der Gehbahn beschränkt. In diesem Bereich sei der Kläger jedoch unstreitig nicht gestürzt.
13
Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich auch nicht wegen Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag nach §§ 535, 280 Abs. 1 BGB.
14
Zwar müsse der Vermieter zum Schutz des Mieters und der in den Schutzbereich des Mietvertrags einbezogenen Personen - wie hier des Klägers als damaligem Lebensgefährten der Mieterin - bei Schnee- und Eisglätte den unmittelbaren Zugang zum Mietobjekt sichern. Die Sicherungspflicht sei aber in der Regel auf das Mietgrundstück beschränkt. Nur unter außergewöhnlichen Umständen umfasse sie auch eine zum Grundstück führende öffentliche Verkehrsfläche. Solche außergewöhnlichen Umstände lägen aber nicht vor.
15
Die Bejahung einer solchen Pflicht führte den Regelungsgehalt der Verordnung "ad absurdum". Denn dann müssten alle Vermieter innerhalb geschlossener Ortschaften ungeachtet der Beschränkung der Räum- und Streupflicht in jedem Fall auch die Anschlussstücke zum geräumten und gestreuten Teil des Gehweges selbst räumen. Ein Winterdienst auf Gehwegen könne jedoch nicht das Ziel haben, jede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger völlig auszuschließen. Einem Mieter und dessen Angehörigen sei es grundsätzlich zumutbar, zwischen der Grenze des gesicherten Mietgrundstücks und dem "in ausreichender Breite" geräumten und gestreuten Streifen auf dem öffentlichen Gehweg einen oder mehrere Schritte auf eigenes Risiko zu unternehmen.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
17
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte wegen des Unfalls vom 17. Januar 2010 Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld weder aufgrund einer Verletzung mietvertraglicher Nebenpflichten (§ 280 Abs. 1, § 535 Abs. 1, § 253 BGB) noch wegen einer Verletzung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten (§ 823 Abs. 1, § 253 BGB) zu. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, war die Beklagte nicht verpflichtet, den von ihrer Streithelferin nicht geräumten Streifen des Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs zu räumen und zu streuen. Daher hat das Berufungsgericht sowohl die Zahlungs- als auch die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen.
18
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und seiner damaligen Lebensgefährtin geschlossenen Mietvertrags miteinbezogen war (vgl. hierzu nur Senatsurteil vom 10. Januar 1968 - VIII ZR 104/65, MDR 1968, 402 unter A 1 a), so dass grundsätzlich neben deliktischen Ansprüchen wegen Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht auch entsprechende vertragliche Schadensersatzansprüche (§ 280 Abs. 1, § 535 Abs. 1 BGB) in Betracht kommen.
19
2. Vertragliche Ansprüche des Klägers scheitern aber - ebenso wie deliktische Ansprüche - daran, dass der Beklagten eine Pflichtverletzung nicht zur Last fällt.
20
a) Allerdings ist der Vermieter aus dem Mietvertrag heraus verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zur Mietsache zu gewähren (vgl. Senatsurteile vom 15. Juni1988 - VIII ZR 183/87, NJW-RR 1989, 76 unter 3 a mwN; vom 15. Oktober 2008 - VIII ZR 321/07, NJW 2009, 143 Rn. 13). Die dem Vermieter obliegende Erhal- tungspflicht erstreckt sich auch auf die nicht ausdrücklich mitvermieteten Hausteile wie Zugänge und Treppen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1966 - VIII ZR 93/64, NJW 1967, 154 unter 2 a; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. November 2006 - V ZR 46/06, NJW 2007, 146 Rn. 9) und insbesondere darauf, dass sich diese Räume und Flächen in einem verkehrssicheren Zustand befinden. Dazu gehört es grundsätzlich, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum in den Wintermonaten zu räumen und zu streuen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Dezember 1964 - VI ZR 212/63, VersR 1965, 364 unter 3; vom 12. Juli 1968 - VI ZR 134/67, VersR 1968, 1161 unter II 1; vom 26. Januar 1977 - VIII ZR 208/75, VersR 1977, 431 unter II; vom 15. Juni 1988 - VIII ZR 183/87, aaO; vom 22. Januar 2008 - VI ZR 126/07, NJW 2008, 1440 Rn. 11).
21
Die gleiche Pflicht trifft den Eigentümer eines Grundstücks im Übrigen auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) unter dem Gesichtspunkt der Eröffnung eines Verkehrs etwa gegenüber Mietern, Besuchern und Lieferanten.
22
b) Vorliegend ist der Kläger indes nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter einer Wohnung gegenüber seinen Mietern obliegende Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich jedoch grundsätzlich auf den Bereich des Grundstücks des Vermieters (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 13. Aufl., § 535 BGB Rn. 139; RGZ 165, 155, 159). Entsprechendes gilt für die allgemeine Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen worden ist. Insoweit hat das Berufungsgericht aber rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwe- sen hier allein bei der Streithelferin und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Beklagten lag.
23
c) Dies nimmt die Revision zwar im Grundsatz hin, meint aber, dass für den von der Streithelferin nicht geräumten schmalen Streifen des Gehwegs im unmittelbaren Eingangsbereich (Hoftor) zum Grundstück der Beklagten etwas anderes zu gelten habe. Die Beklagte müsse jedenfalls ihren Mietern und den in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogenen Personen den sicheren Zugang zu und von der vermieteten Wohnung gewährleisten. Hieraus folgert die Revision, dass die Beklagte auch den von der Streithelferin nicht geräumten Teil des öffentlichen Weges an der Grundstücksgrenze hätte räumen und streuen müssen (so wohl auch Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., § 535 Rn. 350). Die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers könne nicht an der Grundstücksgrenze enden, vielmehr müssten auch "Zugänge auf öffentlichen Flächen" gewissermaßen "als Bestandteile des Grundstücks im Sinne der Verkehrssicherungspflicht" angesehen werden, auf die sich die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückseigentümers und insbesondere des Vermieters regelmäßig erstrecke.
24
Damit dringt die Revision nicht durch. Sie verkennt, dass der Vermieter bezüglich des öffentlichen Gehwegs weder eine vertragliche Schutzpflicht übernommen noch eine - eine deliktische Verkehrssicherungspflicht auslösende - Gefahrenquelle geschaffen hat. Zuständig für die Sicherheit des öffentlichen Gehwegs ist hier allein die Gemeinde, die diese Pflicht nicht an den Anlieger und Vermieter delegiert hat. Vor diesem Hintergrund kann eine Ausweitung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters über die Mietsache hinaus allenfalls ausnahmsweise bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher - hier nicht gegebener - Umstände in Betracht kommen. Einen Rechtsfehler der vom Berufungsgericht insoweit vorgenommenen tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf.
25
aa) Zwar hat das Reichsgericht in einer auch von der Revision angeführten Entscheidung (RGZ 165, 155) eine Ausdehnung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters in einem Fall angenommen, in dem das vermietete Gebäude auf einem noch nicht erschlossenen Grundstück errichtet worden war und für die Mieter mangels eines auch nur behelfsmäßigen Zugangs vom Grundstück zur nächstgelegenen Straße eine besondere Gefahrenlage bestand.
26
An einer solchen - zudem vom Vermieter verursachten - gesteigerten Gefahrenlage fehlt es hier aber. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger vom Grundstück der Beklagten lediglich einen schmalen Streifen des Gehwegs überqueren musste, um zu dem geräumten Bereich zu gelangen, also mit entsprechender besonderer Vorsicht allenfalls wenige Schritte zu gehen hatte. Dass das Berufungsgericht dies als zumutbar angesehen und eine "ergänzende" Räumungspflicht der Beklagten für das "Anschlussstück" des Gehwegs verneint hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
27
bb) Die Revision verkennt im Übrigen, dass der Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht uneingeschränkt danach auszurichten hat, jedwede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger unter allen Umständen völlig auszuschließen. Die Erwartung, bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder gestreute Wege vorzufinden, enthebt den Fußgänger nicht der eigenen Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03, NJW 2003, 3622 unter 4 c aa). Bezüglich des erforderlichen Umfangs des Winterdienstes sind neben der Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges und der Gefährlichkeit und Stärke des Verkehrs auch Gesichtspunkte der Zumutbarkeit für die Sicherungspflichtigen zu berücksichtigen (BGH, Urteile vom 23. Juli 2015 - III ZR 86/15, VersR 2016, 63 Rn. 10; vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11, NJW 2012, 2727 Rn. 10 mwN).
28
So ist es bei Gehwegen von der Rechtsprechung seit jeher als ausreichend erachtet worden, einen Streifen von 1 bis 1,20 m zu räumen, sofern nicht besondere Gefahrenstellen oder stark frequentierte Stellen wie Haltestellen und Bahnhöfe betroffen sind (vgl. zum Ganzen nur BGH, Urteile vom 13. Juli1967 - III ZR 165/66, VersR 1967, 981 unter II 1 b; vom 27. Januar 1987 - VI ZR 114/86, NJW 1987, 2671 unter II 2 a; vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03, aaO; OLG Nürnberg, NJW-RR 2002, 23; vgl. ferner BGH, Urteil vom 22. November 1965 - III ZR 32/65, NJW 1966, 202, 203). Insbesondere ist es regelmäßig nicht erforderlich, den Gehweg bis zum Gehwegrand (und damit bis zur Grenze des sich daran anschließenden Grundstücks) zu räumen (vgl. OLG Nürnberg, aaO). Hieraus ergibt sich, dass ein Fußgänger im Einzelfall auch eine kurze Distanz auf einem nicht geräumten Teil des Gehwegs zurücklegen muss (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 1965 - III ZR 32/65, aaO; siehe auch BayObLG VersR 1991, 666, 667). Lässt er hierbei nicht die von ihm zu verlangende Sorgfalt walten , verwirklicht sich insoweit sein allgemeines Lebensrisiko (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05, NJW 2006, 2326 Rn. 7 f. [zum Austausch eines Glasausschnitts einer Zimmertür]; vgl. auch Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - VIII ZR 321/07, aaO Rn. 18 [zur Inspektion von Elektroleitungen]).
29
Die vorstehenden Maßstäbe hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt und - wie bereits ausgeführt - eine Räum- und Streupflicht der Beklagten für die Unfallstelle rechtsfehlerfrei verneint; übergangener Sachvortrag wird von der Revision nicht geltend gemacht. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.01.2016 - 11 O 28823/13 -
OLG München, Entscheidung vom 06.10.2016 - 1 U 790/16 -

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 19. Dezember 2017 im Kostenpunkt und bezüglich der Entscheidung zur Klage aufgehoben.

Referenzen

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

13
b) Allerdings trifft den Vermieter die vertragliche Nebenpflicht, die Mietsache in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Diese Pflicht erstreckt sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, grundsätzlich auf alle Teile des Hauses, also nicht nur auf die der gemeinsamen Nutzung unterliegenden Einrichtungen, sondern auch auf die in der Obhut der Mitmieter befindlichen Wohn- und Geschäftsräume (Senatsurteil vom 12. Mai 1969 - VIII ZR 164/67, WM 1969, 1011 = ZMR 1969, 271, unter I). Ihm bekannt gewordene Mängel in einem dieser Räume, von denen eine Gefahr für die Mietwohnungen ausgehen kann, muss der Vermieter deshalb unverzüglich beheben.
9
Vermietet der Eigentümer Wohnungen oder Geschäftsräume in seinem Haus, erstreckt sich das Recht des Mieters zur Benutzung der gemieteten Räume auf das Recht zur Mitbenutzung der Gemeinschaftsflächen des Hauses (Bub/Treier/Krämer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Teil III 3 Rdn. 1171; Schmidt/Harsch, Kompaktkommentar Mietrecht, § 535 BGB Rdn. 75 f; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., § 535 BGB Rdn. 26, 287; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdn. 179). Sind keine besonderen Vereinbarungen getroffen , umfasst es die übliche Benutzung (vgl. LG Berlin WuM 1987, 212, spielende Kinder im Hof) und deckt alle mit dem Wohnen und der Benutzung von Geschäftsräumen typischerweise verbundenen Umstände (vgl. AG München NJW-RR 1986, 1144 f, Belieferung mit einer Tageszeitung). Ein Mieter ist daher berechtigt, einen Kinderwagen oder einen Rollstuhl im Hausflur abzustellen, wenn er hierauf angewiesen ist und die Größe des Hausflurs das Abstellen zulässt (AG Hanau, WuM 1989, 360 f; LG Bielefeld WuM 1993, 37; SchmidtFutterer /Eisenschmid, aaO, Rdn. 288). Dasselbe gilt für die Besucher und Lieferanten des Mieters. Das Recht des Mieters zur Benutzung seiner Wohnung oder der von ihm gemieteten Geschäftsräume hindert den Vermieter, unter Berufung auf sein Eigentum den Besuchern des Mieters das Betreten seines Hauses zu verbieten (vgl. LG Münster MDR 1961, 234 f), selbst wenn der Besuch von dem Mieter nicht erwartet wird. Ebenso erstreckt sich das Recht der Mieter zur Mitbenutzung darauf, Sendungen, die nicht in den Briefkasten passen, dadurch entgegenzunehmen, dass diese im Hausflur abgelegt werden, von wo aus die Mieter sie mitnehmen können. Das gilt auch dann, wenn die Sendungen nicht individuell adressiert und für mehrere oder alle Mieter eines Hauses bestimmt sind, solange von der Ablage keine Belästigungen, wie eine Vermüllung, und keine Gefährdungen ausgehen. So verhält es sich mit den von der Beklagten verteilten Branchenbüchern, soweit die Parteien noch über deren Verteilung streiten. Die Verteilung der Bücher ist von der Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts so organisiert, dass von den Mietern nicht mitgenommene Exemplare innerhalb kurzer Frist von der Beklagten wieder eingesammelt und zurückgenommen werden. Damit aber überschreitet sie nicht das Maß desjenigen, was der Kläger aufgrund der Vermietung der Wohnungen und Geschäftsräume in den zu dem Nachlass gehörenden Häusern hinzunehmen hat. Das ist auch im Hinblick auf die von der Revision hervorgehobene Gefahr einer Nachahmung nicht anders zu beurteilen. Es fehlt nämlich an konkreten Anhaltspunkten für eine solche Gefahr. Die Revision zeigt selbst nicht auf, dass es in der Vergangenheit trotz der langjährigen Verteilungspraxis der Beklagten zu Unzuträglichkeiten gekommen wäre.
11
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommen - da es sich um einen Altfall handelt nur hinsichtlich des materiellen Schadens (Art. 229 §§ 5, 8 Abs. 1 EGBGB) - auch vertragliche Schadensersatzansprüche aufgrund der Schutzwirkung des Vertrages zwischen dem Eigentümer und der Beklagten zu Gunsten der Klägerin in Betracht. In den Schutzbereich eines Vertrages sind Dritte einbezogen, auf die sich Schutz- und Fürsorgepflichten aus vertraglichen Vereinbarungen nach dem Vertragszweck zwangsläufig erstrecken. Um die Schutzpflichten zugunsten Dritter nicht zu weit auszudehnen, ist allerdings erforderlich , dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt und der Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages hat (vgl. BGHZ 133, 168, 171 ff.). Mit Recht weist die Revision darauf hin, dass im Streitfall diese Voraussetzungen zu bejahen sind. Die Sicherung des unmittelbaren Zugangs zum Haus bei Schnee- und Eisglätte ist Aufgabe des Vermieters. Sie dient vor allem dem Schutz der Mieter (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1968 - VI ZR 134/67 - VersR 1968, 1161; Palandt/Weidenkaff BGB 67. Aufl. § 535 Rn. 60). Dass die Übertragung der Streupflicht den sicheren Zugang der Mieter zum Haus und damit u.a. für die Klägerin gewährleisten sollte, liegt auf der Hand. Dies war auch für die Beklagte ohne weiteres erkennbar.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 8/03
Verkündet am:
9. Oktober 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 Ca, Fe
Einem Radfahrer, der auf einem innerhalb der geschlossenen Ortschaft gelegenen
gemeinsamen Fuß- und Radweg (Zeichen 240 der StVO) infolge
Glatteises zu Fall kommt, können Amtshaftungsansprüche wegen Verletzung
der winterlichen Räum- und Streupflicht gegen die sicherungspflichtige Gemeinde
auch dann zustehen, wenn dieser Weg nur deshalb geräumt oder
gestreut werden muß, weil es sich auch und gerade um einen Gehweg handelt.
Dies gilt ungeachtet des Umstandes, daß sich Inhalt und Umfang der
Räum- und Streupflicht, sofern sich - wie hier - der Unfallort nicht an einer
verkehrswichtigen und gefährlichen Stelle befindet, nur nach den Belangen
der Fußgänger auszurichten hat.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die bei der klagenden Partnerschaftsgesellschaft beschäftigte M. S. befuhr am Morgen des 17. Dezember 2001 gegen 8.00 Uhr mit ihrem Fahrrad den im Zentrum der beklagten Stadt liegenden Verbindungsweg zwischen der Place d'E. und dem R. -Platz. Beim Einbiegen in diesen im Eigentum der Beklagten stehenden Weg, der durch Zeichen 240 der Straßenverkehrsordnung als gemeinsamer Fuß- und Radweg gekennzeichnet ist,
kam M. S. infolge Glatteises zu Fall und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.
Die Klägerin, die der Beklagten zum Vorwurf macht, die winterliche Räum- und Streupflicht verletzt zu haben, verlangt aus übergegangenem Recht Ersatz der M. S. geleisteten Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Pflicht der öffentlichen Hand, Straßen und Wege bei Schnee und Eis zu räumen und zu bestreuen, kann sich sowohl aus der Pflicht zur polizeimäßigen Reinigung, die in Niedersachsen in § 52 des Straßengesetzes (NStrG) geregelt ist (vgl. Wendrich, NStrG, 4. Aufl., § 52 Rn. 1), als auch aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergeben. Zwischen diesen Pflichten braucht vorliegend nicht unterschieden zu werden, da sie, soweit es - wie hier - um die Sorge für die Sicherheit des Straßenverkehrs geht, deckungsgleich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 112, 74, 79 f; 118, 368, 369; vom 21. November 1996 - III ZR 28/96 - VersR 1997, 311, 312; Wendrich aaO § 52 Rn. 2) und in Niedersachsen nicht nur die Aufgabe der polizeimäßigen Reinigung, sondern auch
die der Verkehrssicherungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 NStrG als Amtspflicht in Ausübung öffentlicher Gewalt ausgestaltet ist.
2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind innerhalb geschlossener Ortschaften die Fahrbahnen der Straßen an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Glätte zu bestreuen (Senatsurteile BGHZ 112, 74, 76 m.w.N.; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97 - VersR 1998, 1373). Für Fußgänger müssen die Gehwege, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet, sowie die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege bestreut werden (Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94 - VersR 1995, 721, 722 m.w.N.).
Zur Frage, ob und inwieweit innerorts auch die als solche besonders gekennzeichneten und von der Fahrbahn getrennt geführten Radwege der Räum- und Streupflicht unterliegen, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung, soweit ersichtlich, noch nicht Stellung genommen. Auch § 52 Abs. 1 NStrG, der die winterliche Räum- und Streupflicht in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze regelt, verhält sich hierzu nicht ausdrücklich.
Der Senat braucht diese Frage nicht abschließend zu beantworten. Jedenfalls sind diesbezüglich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, keine höheren Anforderungen zu stellen als diejenigen, die für das Räumen und Streuen der Fahrbahnen gelten (ebenso OLG Celle, NJW-RR 2001, 596 f; OLG Hamm, NZV 1993, 394; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 3. Aufl., Rn. 97 ff; vgl. auch OLG Köln, NVwZ-RR 2000, 653).
Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht daher nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGHZ 112, 74, 75 f; Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 aaO). Insoweit ist zu berücksichtigen, daß Personen, die in den Sommermonaten oder auch sonst bei angenehmen Witterungsbedingungen längere Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen pflegen, bei unwirtlichen Wetterverhältnissen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel oder das eigene Kraftfahrzeug ausweichen. Personen wiederum, die nur kurze Strecken zu bewältigen haben, werden wegen der bei Schnee- und Eisglätte bestehenden besonderen Sturzgefahr, die sich auch bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht durch den Sicherungspflichtigen nicht völlig ausschließen läßt, vielfach auf die Benutzung des Fahrrads verzichten und zu Fuß gehen. Unabhängig davon, daß das Radfahreraufkommen bei schlechtem Winterwetter ohnehin deutlich geringer ist, ist weiter zu bedenken, daß Radfahrer, sofern zwar nicht der Radweg, wohl aber die daneben oder in der Nähe verlaufende Fahrbahn geräumt oder gestreut ist, die Fahrbahn benutzen dürfen (Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 aaO). Bei Würdigung dieser gesamten Umstände würde der Sicherungspflichtige über Gebühr in Anspruch genommen, wenn ihm eine umfassende Räum- und Streupflicht bezüglich aller Radwege, selbst wenn diese sich nur auf die in geschlossener Ortslage befindlichen beschränken würde, auferlegt würde (im Ergebnis ebenso Wendrich, aaO, § 52 Rn. 5).
3. Das Berufungsgericht hat im Anschluß an die vom Landgericht getroffenen Feststellungen angenommen, daß bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Räum- und Streupflicht der von der Angestellten der Klägerin benutzte Verbindungsweg zum Unfallzeitpunkt hätte bestreut sein müssen. Diese tatrichterliche Einschätzung, die sich die Revision zu eigen macht, wird von der Revisionserwiderung hingenommen.
Allerdings hat das Berufungsgericht die Räum- und Streupflicht nur deshalb bejaht, weil es sich bei dem Verbindungsweg - auch - um einen Gehweg handelt. Stellte man hingegen allein auf die Radweg-Eigenschaft ab, wäre demgegenüber - so das Berufungsgericht - eine Amtspflichtverletzung zu verneinen , weil der Verbindungsweg keine besonderen Gefahrenpunkte aufweise. Hiergegen wendet sich die Revision vergeblich.
Die Beurteilung, ob der Sicherungspflichtige die Räum- und Streupflicht verletzt hat, ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Dessen auf die Umstände des Einzelfalles abgestellte Würdigung ist auch, soweit es darum geht, ob bestimmte Verkehrsflächen im haftungsrechtlichen Sinne verkehrswichtig und gefährlich sind, vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler nachprüfbar (Senatsurteil vom 15. Januar 1998, aaO, S. 1374). Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Soweit die Revision darzutun versucht, daß die Unfallstelle im Sinne der Rechtsprechung als verkehrswichtig und gefährlich einzustufen sei, will sie nur die Wertung des Tatrichters durch ihre eigene ersetzen. Das ist ihr verwehrt.
4. Das Berufungsgericht verneint trotz Verletzung der Räum- und Streupflicht durch die Beklagte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin. Es ist
der Auffassung, der Schutzbereich der verletzten Amtspflicht erfasse nur Fuß- gänger, nicht aber (auch) Radfahrer, so daß die Arbeitnehmerin der Klägerin nicht Dritte im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar handele es sich bei dem von M. S. benutzten Verbindungsweg um einen kombinierten Fuß- und Radweg, so daß der gesamte Bereich des Weges von Fußgängern und Radfahrern genutzt werde. Gleichwohl wäre auch hier, nicht wesentlich anders als bei einem vom Gehweg abgetrennten Radweg, für die Gemeinde ein auch der besonderen Gefahrenlage für Radfahrer gerecht werdender Streudienst nicht zumutbar. Die Gemeinde genüge auch bei einem kombinierten Rad- und Gehweg ihrer Räum- und Streupflicht, wenn sie durch Bestreuen eine für Fußgänger benutzbare Fläche schaffe. Demzufolge könne sich ein Radfahrer nicht darauf verlassen, daß ein derartiger Weg so ausreichend bestreut ist, daß ein Befahren dieser Fläche mit dem Fahrrad jederzeit möglich sei.
Dem ist nicht zu folgen.

a) Radfahrer und Fußgänger müssen die für sie an Stelle der Fahrbahn bestimmten Sonderwege nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um getrennte oder - wie hier - um gemeinsame Fuß- und Radwege handelt. Insbesondere gilt im letzteren Falle das Benutzungsgebot für Radfahrer ungeachtet des Umstands, daß hier nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht nehmen müssen, sie also hinsichtlich der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht die gleichen günstigen Verkehrsverhältnisse vorfinden wie bei der Benutzung eines vom Gehweg räumlich abgetrennten Radwegs.
Da gemeinsame Fuß- und Radwege auch und gerade für die Benutzung von Fußgängern bestimmt sind, sind sie - nicht anders als getrennte Gehwege - innerhalb geschlossener Ortschaften bei Auftreten von Schnee- oder Eisglätte zu räumen oder zu bestreuen. Genügt der Sicherungspflichtige dieser Pflicht und ist aufgrund dessen die Benutzung dieses Wegs durch Fußgänger und Radfahrer möglich, so dürfen und müssen sie diesen Weg benutzen; ein Ausweichen auf die für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmte Fahrbahn ist nicht gestattet.
Hält man sich dies vor Augen, so ist nicht einsichtig, warum hinsichtlich des schützenswerten Vertrauens, bei Einhaltung der Räum- und Streupflicht den Weg benutzen zu können, Fußgänger und Radfahrer völlig unterschiedlich behandelt werden sollen. Vielmehr legt die bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen durch die Straßenverkehrsordnung bewußt vorgenommene Gleichbehandlung hinsichtlich der räumlich zur Verfügung stehenden Verkehrsfläche auch eine im Ansatz rechtliche Gleichbehandlung bei Verletzungen der Räumund Streupflicht nahe (so zutreffend Wichmann aaO Rn. 102; ebenso Wendrich , aaO, § 52 Rn. 5).
Radfahrer und Fußgänger dürfen sich somit gleichermaßen auf die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch den Sicherungspflichtigen verlassen, mag sie auch allein darauf gegründet sein, daß der für die gemeinsame Nutzung vorgesehene Weg auch und gerade ein Gehweg ist.

b) Ist - wie hier - ein gemeinsamer Fuß- und Radweg nur deshalb zu räumen oder zu bestreuen, weil es sich bei ihm (auch) um einen Gehweg handelt , so hat dies allerdings zur Folge, daß hinsichtlich der Bestimmung des In-
halts und Umfangs der Räum- und Streupflicht allein auf die Belange der Fußgänger abzustellen ist. Der Umstand, daß dieser Weg auch Radfahrern zur Benutzung offensteht und für sie, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Schnee- und Eisglätte eine erhöhte Sturzgefahr besteht, rechtfertigt es für sich genommen nicht, an die Räum- und Streupflicht bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen, etwa hinsichtlich der Breite des zu räumenden oder zu streuenden Bereichs oder der Verwendung des Streuguts, höhere Anforderungen zu stellen. Denn andernfalls würde, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung zu Recht ausgeführt haben, doch wieder eine unzumutbare und unverhältnismäßige Beanspruchung des Sicherungspflichtigen drohen , die zu vermeiden der maßgebliche Grund dafür ist, eine umfassende Räum- und Streupflicht bei Radwegen nicht anzuerkennen.
Dies führt weiter dazu, daß einem Radfahrer, der bei Schnee- und Eisglätte einen gemeinsamen Fuß- und Radweg benutzen will, auch dann erhöhte Aufmerksamkeit und besonders vorsichtige Fahrweise abzuverlangen ist, wenn der Sicherungspflichtige seiner Räum- und Streupflicht Genüge getan hat.

c) Der vom Berufungsgericht herausgehobene Aspekt, daß der Vertrauensschutz des Radfahrers nicht so weit geht, bei unwirtlichen winterlichen Straßenverhältnissen einen gemeinsamen Fuß- und Radweg völlig gefahrlos befahren zu können, bietet jedoch keinen hinreichenden Anlaß, dem Radfahrer jeden Vertrauensschutz zu nehmen und ihm auch dann Amtshaftungsansprüche zu versagen, wenn er seine Fahrweise auf die zu erwartenden eingeschränkten Benutzungsmöglichkeiten eingestellt hat und nur deshalb gestürzt ist, weil der gemeinsame Fuß- und Radweg überhaupt nicht oder nur ungenügend geräumt oder bestreut war.

aa) Die Einschränkung, daß der Schutz des Vertrauens auf die Einhaltung der Räum- und Streupflicht nicht bedeutet, daß die Nutzer von Sonderwegen wie gemeinsamen Fuß- und Radwegen auch bei Schnee- und Eisglätte erwarten dürfen, diese Wege genauso sicher und gefahrlos benutzen zu können wie bei idealen Wetterbedingungen, gilt auch für Fußgänger. So ist es anerkanntermaßen nicht erforderlich, daß Gehwege in ihrer ganzen Breite geräumt oder bestreut werden müssen. Es genügt, wenn ein Streifen geräumt oder bestreut wird, der es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizugehen; dabei dürfte eine Breite von 1 bis 1,20 m erforderlich sein (vgl. Wichmann, aaO, Rn. 74; die im Senatsurteil vom 18. Dezember 1970 - III ZR 216/67 - VersR 1971, 416, 417 genannte Breite von 0,80 m ist zu gering bemessen ). Ein an den Kriterien der Zumutbarkeit und der Leistungsfähigkeit ausgerichteter Winterdienst auf Gehwegen kann daher nicht das Ziel haben, jedwede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger völlig auszuschließen. Die Erwartung , bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder bestreute Wege vorzufinden, enthebt also auch den Fußgänger nicht der Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen.
bb) Diese Sichtweise entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats. So hat er durch Urteil vom 12. November 1964 (III ZR 200/63 - NJW 1965, 100 f) entschieden, daß die vor allem an den Belangen des Kraftfahrzeugverkehrs ausgerichtete Räum- und Streupflicht auf Fahrbahnen auch gegenüber Radfahrern gilt.
5. Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist nicht möglich.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte ihre Räum- und Streupflicht verletzt hat und der Sturz der Angestellten der Klägerin auf das zur Unfallzeit am Ort des Geschehens vorhandene Glatteis zurückzuführen ist. Bei dieser Sachlage obliegt es der Beklagten, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, daß der Sturz der M. S. auch bei ordnungsgemäßem Streuen erfolgt wäre oder ihr ein Mitverschulden (§ 254 BGB) am Unfallgeschehen anzulasten ist.
Die Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, M. S. habe bei Aufbringen der gebotenen Sorgfalt rechtzeitig erkennen können und müssen, daß angesichts der Wetterbedingungen und des Zustands des Verbindungswegs ein gefahrloses Befahren nicht möglich sei; sie habe daher entweder vom Rad absteigen und zu Fuß weitergehen oder aber - unter Inkaufnahme eines kleinen Umwegs - die gestreute Fahrbahn benutzen müssen; hätte sie eine dieser Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, wäre der Sturz vermieden worden.
Das Landgericht hat dieses Vorbringen der Beklagten zurückgewiesen und unter Hinweis auf die "überraschend und tückisch" aufgetretene Glätte die volle Haftung der Beklagten bejaht. Das Berufungsgericht hat sich hiermit, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, nicht befaßt. Das ist nachzuholen.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 12. März 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, verlangt aus übergegangenem Recht (§ 116 SGB X) von der Beklagten, einer Gemeinde in Schleswig-Holstein, Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige übergangsfähige Aufwendungen wegen eines behaupteten Glatteisunfalls.

2

Am 26. Dezember 2009 gegen 9.45 Uhr stürzte der bei der Klägerin versicherte M.    H.     bei dem Versuch, die B.      straße in B.     auf einem Fußgängerüberweg (Zebrastreifen) in der Nähe der T.   -K.    Straße zu überqueren. Die Klägerin hat der Beklagten eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen, da es glatt gewesen und die Beklagte ihrer Streupflicht nicht nachgekommen sei.

3

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat nur insoweit Erfolg gehabt, als das Oberlandesgericht von einem Mitverschulden des Gestürzten ausgegangen ist und dieses mit 25 % bewertet hat. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter; die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

4

Die zulässige Revision führt, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.

I.

5

Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte für die Folgen des Sturzes gemäß § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG.

6

Die Beklagte hätte den Zebrastreifen abstreuen müssen. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Streupflicht nur für belebte und unentbehrliche Fußgängerüberwege bestehe, gelte dies nicht in Schleswig-Holstein. Dies ergebe sich aus § 45 des Straßen- und Wegegesetzes. Danach seien die Gemeinden grundsätzlich ohne Einschränkungen verpflichtet, die innerhalb der geschlossenen Ortslage befindlichen Fußgängerüberwege bei Glatteis zu bestreuen. Diese Überwege könnten wegen der Schutzbedürftigkeit der Fußgänger auch nicht Fahrbahnen gleichgestellt werden, bei denen eine Streupflicht nur an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bestehe. Vielmehr sei es gerechtfertigt, Zebrastreifen wie Gehwege zu behandeln. Diese müssten aber grundsätzlich gestreut werden, wenn ihnen ein Verkehrsbedürfnis nicht abgesprochen werden könne, mithin ihnen nicht nur eine Freizeit-, sondern eine Erschließungsfunktion zukomme. Für diese Gleichstellung spreche auch der Wortlaut des Landesgesetzes. Von der Streupflicht auszunehmen seien daher nur tatsächlich entbehrliche Wege, für die ein jederzeit zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis nicht bestehe. Eine solche Ausnahme liege hier aber nicht vor. Auch wenn es sich bei der B.     straße in B.    nur um eine Sackgasse handele, die - anders als die Bezeichnung vermuten lasse - tatsächlich nicht zum Haupteingang des Bahnhofs führe, könne dieser Straße und dem darüber führenden Fußgängerüberweg ein echtes, auch am Vormittag des zweiten Weihnachtstags zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis nicht abgesprochen werden. Dies ergebe sich - unabhängig davon, ob der Zebrastreifen tatsächlich damals belebt war oder nicht - allein schon daraus, dass die Bahnhofstraße und die dazugehörigen Gehwege im Zentrum der Gemeinde B.    lägen sowie zahlreiche Wohngebäude und Gewerbebetriebe auch über Nebenstraßen erschließen würden. Die Straße führe zudem zu einem Park-and-Ride-Parkplatz sowie zum Hintereingang des Bahnhofs, der überregionale Bedeutung habe. Insgesamt sei auch an einem Feiertag mit einem nicht unerheblichen Fußgängerverkehr zu rechnen.

7

Bei der Unfallstelle habe es sich nicht um eine vereinzelte und insoweit nicht der Streupflicht unterliegende Glättestelle gehandelt. Vielmehr stehe aufgrund der Aussage des Zeugen H.   und unter Berücksichtigung des von der Klägerin eingeholten amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes fest, dass es nicht nur auf dem Zebrastreifen und auf einzelnen Gehwegabschnitten im Bereich der Bahnhofstraße glatt gewesen sei; es habe aufgrund der herrschenden Witterungsbedingungen eine allgemeine Glätte an allen noch gefrorenen Bodenstellen vorgelegen.

8

Allerdings treffe den Geschädigten ein Mitverschulden. Dieser habe ausgesagt, es sei bereits auf dem Gehweg teilweise glatt gewesen. Diese Wahrnehmung hätte ihn veranlassen müssen, die weitere Wegstrecke im Interesse seiner eigenen Sicherheit aufmerksam auf eventuelle Eisglätte zu untersuchen und besonders vorsichtig zu gehen. Denn aus dem Vorliegen solcher Stellen hätte er den Schluss ziehen müssen, dass der Boden teilweise noch gefroren war und der zuvor gefallene (Niesel-)Regen auch an anderen Stellen - zum Beispiel auf dem Überweg - zur Bildung von Glatteis geführt haben könnte. Gegen diese Obliegenheit zur gesteigerten Aufmerksamkeit und Vorsicht habe er verstoßen. Anderenfalls wäre er nicht ausgerutscht. Ein in seinen eigenen Angelegenheiten sorgfältiger Fußgänger hätte zur Vermeidung des Sturzes zunächst einmal durch kleine tastende Schritte geprüft, ob auf dem Überweg Eisglätte vorhanden sei. Dadurch hätte der Sturz vermieden werden können. Dieses Fehlverhalten führe im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge allerdings nur zu einem Haftungsanteil von 25 %. Denn die Beklagte habe mit der Verletzung der ihr obliegenden Streupflicht die maßgebliche Ursache für den Sturz gesetzt.

II.

9

Das Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, nicht stand.

Revision der Beklagten

10

1. Inhalt und Umfang der winterlichen Streupflicht auf öffentlichen Wegen und Straßen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Dieser hat im Rahmen und nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze durch Bestreuen mit abstumpfenden Mitteln die Gefahren zu beseitigen, die infolge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Urteile vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 75 f; vom 1. Juli 1993 - III ZR 88/92, NJW 1993, 2802 f; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97, VersR 1998, 1373 und vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03, NJW 2003, 3622, 3623; jeweils mwN).

11

Fußgängerüberwege innerhalb geschlossener Ortschaften sind danach nicht grundsätzlich, sondern nur zu streuen, soweit sie belebt und unentbehrlich sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. nur Urteile vom 22. November 1965 - III ZR 32/65, NJW 1966, 202; vom 13. Juli 1967 - III ZR 165/66, VersR 1967, 981, 982; vom 13. März 1969 - III ZR 101/68, VersR 1969, 667 und vom 15. November 1984 - III ZR 97/83, VersR 1985, 568, 569; Beschlüsse vom 27. April 1987 - III ZR 123/86, VersR 1987, 989 und vom 8. März 1990 - III ZR 27/89, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Streupflicht 3; Urteile vom 20. Dezember 1990 - III ZR 21/90, VersR 1991, 665 f und vom 1. Juli 1993 aaO S. 2803; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, VersR 1995, 721, 722; Urteil vom 9. Oktober 2003 aaO).

12

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gelten diese Grundsätze auch in Schleswig-Holstein.

13

a) § 45 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. November 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 631, 2004 S. 140) - im Folgenden StrWG - lautet:

(1) Alle innerhalb von Ortsdurchfahrten gelegenen Landes- und Kreisstraßen sind zu reinigen. Entsprechendes gilt für Gemeindestraßen und die sonstigen öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage sowie für die nach Absatz 3 besonders bestimmten Straßen. Art und Umfang der Reinigung richten sich nach den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit.

(2) Zur Reinigung gehört auch ... bei Glatteis das Bestreuen der Gehwege, Radwege, gemeinsamen (kombinierten) Geh- und Radwege, Fußgängerüberwege und der besonders gefährlichen Fahrbahnstellen, bei denen die Gefahr auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar ist.

(3) ...

14

Der Wortlaut des § 45 Abs. 2 StrWG könnte die Annahme nahelegen, dass für die dort besonders aufgeführten Geh- beziehungsweise Radwege und Fußgängerüberwege die Streupflicht keinerlei Einschränkungen unterliegt. Andererseits bestimmt § 45 Abs. 1 Satz 3 StrWG, dass sich Art und Umfang der polizeilichen Reinigung, zu der auch das Streuen gehört, nach den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit richtet.

15

b) Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Norm, wird deutlich, dass eine unbeschränkte Streupflicht nicht dem Willen des Landesgesetzgebers entspricht.

16

aa) Seit jeher ist die Verkehrssicherungspflicht für Straßen und Wege von den Umständen des Einzelfalls abhängig gemacht und insoweit eine allgemeine Verpflichtung zum Streuen bei Glatteis abgelehnt beziehungsweise das Bestehen einer Streupflicht unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung und des verkehrsrechtlichen Bedürfnisses eingeschränkt worden (vgl. bereits RG, JW 1900, 164 f Nr. 38; RGZ 54, 53, 59; JW 1904, 470 Nr. 8; WarnRspr 1907/1908 Nr. 47; JW 1933, 836 f; siehe auch Planck, BGB, 3. Aufl. 1907, § 823 Anm. II 2 c S. 976 zu c sowie - zur polizeimäßigen Straßenreinigung - PrOVGE 47, 409, 411; 68, 318, 322 ff, wobei die aus der polizeimäßigen Reinigung fließende Räum- und Streupflicht, soweit sie auch der Verkehrssicherung dient, ihrem rechtlichen Gehalt und Umfang nach von der aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht abgeleiteten Pflicht zur Sorge für die Sicherheit im Straßenverkehr nicht verschieden ist; vgl. nur Senat, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 79 mwN). Hiervon ausgehend hat das Reichsgericht (JW 1913, 859, 860 f Nr. 5; siehe auch JW 1913, 91 Nr. 6) ausgeführt, dass nur dort, wo ein besonderes Bedürfnis es gebiete, unter Umständen von einer Gemeinde verlangt werden könne, dass auch der Fahrdamm (Straße) strecken- und stellenweise, zum Beispiel an belebten und unerlässlichen Übergängen, bestreut werde.

17

bb) Auch nach dem Preußischen Gesetz über die Reinigung öffentlicher Wege vom 1. Juli 1912 (GS S. 187), dessen Gültigkeit in Schleswig-Holstein erst durch § 66 Nr. 10 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Juni 1962 (GVOBl. Schl-H S. 237) aufgehoben worden ist, bestand keine uneingeschränkte Streupflicht. Vielmehr richteten sich nach § 2 die Anforderungen "hinsichtlich der Art, des Maßes und der räumlichen Ausdehnung der polizeilichen Reinigung" nach dem "unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse Notwendigen". Insoweit sollte die Frage des verkehrsrechtlichen Bedürfnisses unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse geprüft werden. Eine Erweiterung der Streupflicht gegenüber der bisherigen Rechtslage war ausdrücklich nicht beabsichtigt (vgl. Entwurf eines Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Wege, Sammlung der Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, V. Session 1912/1913, Drucks. Nr. 51, S. 1403 f, 1406, 1407, 1408). Den Verkehrsverhältnissen kam insoweit für die Feststellung einer Streupflicht weiterhin eine wesentliche Bedeutung zu (vgl. auch Hecht/Hellich, Gesetz über die Reinigung öffentlicher Wege, 3. Aufl. 1954, S. 47 f).

18

cc) Auch der Senat hat in seiner (frühen) Rechtsprechung zum Preußischen Gesetz über die Reinigung öffentlicher Wege die winterliche Streupflicht für öffentliche Straßen und Wege nicht uneingeschränkt bejaht, sondern unter anderem die Verkehrsbedeutung einschränkend berücksichtigt (vgl. nur Urteile vom 5. Dezember 1955 - III ZR 83/54, VkBl 1956, 249 ff; vom 30. September 1957 - III ZR 207/56, VersR 1957, 785 und vom 1. Oktober 1959 - III ZR 59/58, NJW 1960, 41 f).

19

dd) Dass der Landesgesetzgeber in Schleswig-Holstein den Inhalt der Streupflicht ihrem sachlichen Gehalt und Umfang nach in Abweichung von dieser jahrzehntelangen Rechtslage regeln wollte, ist nicht ersichtlich. Bereits § 45 StrWG 1962 enthielt eine dem § 45 StrWG 2003 im Wesentlichen entsprechende Regelung. In der Begründung zum Gesetzentwurf vom 5. September 1961 (LT-Drucks. Nr. 466, S. 65 f), in der ausdrücklich auf das Senatsurteil vom 5. Dezember 1955 (aaO) Bezug genommen worden ist, wurde darauf hingewiesen, dass die Reinigungspflicht ihrem Umfang nach je nach Lage und Benutzungsart der Straße verschieden sei. In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Landtag am 26. September 1961 stellte der zuständige Ressortminister fest:

"Im Siebenten Teil wird den bisher geltenden Bestimmungen des Preußischen Wegereinigungsgesetzes eine neuzeitliche Gestalt gegeben. In den praktischen Auswirkungen soll auf diesem Gebiete für die Gemeinden und für den Bürger alles beim alten bleiben" (Stenographischer Bericht der 66. Sitzung, S. 2288).

20

Soweit durch § 45 StrWG 2003 die Verkehrssicherungspflicht auch auf Rad- beziehungsweise kombinierte Geh- und Radwege erweitert worden ist, war hiermit keine darüber hinausgehende Änderung der bisherigen Rechtslage beabsichtigt (vgl. LT-Drucks. 15/1906 S. 16). Insgesamt lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht ansatzweise entnehmen, dass der Landesgesetzgeber die hergebrachten Grundsätze zur Streupflicht ändern wollte. Der Winterdienst ist somit auch in Schleswig-Holstein von der Verkehrsbedeutung des jeweiligen Straßen- oder Wegebereichs abhängig (vgl. auch Hoefer in Wilke/Gröller/Behnsen/Hoefer/Steinweg, StrWG, Loseblattsammlung, § 45 (Stand: 3.2011) Rn. 16).

21

3. Fußgängerüberwege sind damit bei Glatteis nur unter der einschränkenden Voraussetzung zu streuen, dass sie belebt und unentbehrlich sind (vgl. auch Staudinger/Hager, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 Rn. E 137; MüKoBGB/Papier, 6. Aufl., § 839 Rn. 201; Wellner in Geigel, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., Kap. 14 Rn. 147, 159; OLG Hamm VersR 1978, 950, 951; OLG Brandenburg OLGR 2002, 335, 336 und Urteil vom 30. September 2014 - 2 U 7/14, juris Rn. 39; OLG München, Urteil vom 26. April 2007 - 1 U 5742/06, juris Rn. 31 ff; OLG Koblenz MDR 2012, 1226). Der Senat folgt nicht der Auffassung des Berufungsgerichts, für Überwege müssten die gleichen Grundsätze wie für Gehwege gelten. Eine solche Annahme würde bewirken, dass auf zahlreichen nicht oder nachrangig zu bestreuenden Straßen vorrangig Überwege für Fußgänger abgestreut werden müssten. Dies hätte zur Folge, dass die Gemeinden bei der Durchführung ihrer Streupläne, ohne die ein geordneter Winterdienst unmöglich ist, unzumutbar behindert würden (vgl. nur Senat, Urteil vom 20. Dezember 1990 - III ZR 21/90, VersR 1991, 665, 666). Was die Frage der Zumutbarkeit für die Kommunen anbetrifft, unterscheidet sich die Situation auf Gehwegen und Fußgängerüberwegen im Übrigen dadurch, dass durch Satzung (hier: aufgrund § 45 Abs. 3 Nr. 2 StrWG) die Streupflicht für Gehwege innerhalb geschlossener Ortschaften üblicherweise auf die Anlieger übertragen wird.

22

Feststellungen dazu, ob der streitgegenständliche Überweg belebt und unentbehrlich gewesen ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Dies ist nachzuholen. Hierbei wird das Berufungsgericht insbesondere zu berücksichtigen haben, dass der Sturz am Morgen des zweiten Weihnachtstages 2009 erfolgt ist. Insoweit ist die Verkehrsbedeutung der Straße beziehungsweise des Überwegs an normalen Werktagen nicht ausschlaggebend (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 1992 - III ZR 71/91, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 - Streupflicht 8).

23

4. Zu Unrecht rügt die Beklagte, für sie habe zur Unfallzeit kein Anlass für die Annahme bestanden, der Zebrastreifen könne vereist sein. Der im Berufungsurteil erwähnte Regen könne angesichts der damals herrschenden positiven Lufttemperaturen nicht zu Glatteis geführt haben. Mangels gegenteiliger tatrichterlicher Feststellungen sei im Übrigen zu unterstellen, dass der Regen erst nach 9.45 Uhr eingesetzt habe.

24

Das Berufungsgericht ist unter Heranziehung des amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass am Morgen des 26. Dezember 2009 Glatteisbildungen - trotz der positiven Lufttemperaturen - aufgrund der Niederschläge und der vorangegangenen Dauerfrostperiode eine ernsthaft drohende Gefahr darstellten und sich diese Gefahr auch realisiert hat. Entgegen der Meinung der Beklagten beziehen sich diese Feststellungen auf den Unfallzeitpunkt. Im Berufungsurteil ist insoweit ausgeführt, dass ausweislich des Gutachtens zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Sturzes in B.     Wetterverhältnisse geherrscht hätten, die das Auftreten von Eisglätte sehr wahrscheinlich gemacht hätten. In dem insoweit in Bezug genommenen Gutachten heißt es ausdrücklich, dass am Unfalltag Niederschläge gefallen seien, die vorerst etwa zum Unfallzeitpunkt geendet hätten. Für die Annahme der Beklagten, es habe erst nach dem Sturz geregnet, so dass - wenn überhaupt - erst danach Glatteis hätte auftreten können, bestehen daher keine Anhaltspunkte.

25

5. Soweit das Bestehen einer Streupflicht eine allgemeine Glättebildung und nicht nur das Vorhandensein ganz vereinzelter Glättestellen voraussetzt (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 80/81, VersR 1982, 299 f und vom 26. Februar 2009 - III ZR 225/08, NJW 2009, 3302 Rn. 4 f; BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11, NJW 2012, 2727 Rn. 10), hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung - unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen H.    und des Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes - rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Geschädigte bei allgemeiner Glätte gestürzt ist. Letzteres setzt nicht voraus, dass es im ganzen Gemeindegebiet glatt ist.

Anschlussrevision der Klägerin

26

Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch - auch bei unterstellter Streupflichtverletzung der Beklagten - keinen Erfolg.

27

1. Die Klägerin hält die tatrichterlichen Feststellungen für widersprüchlich und denkgesetzwidrig. Im angefochtenen Urteil werde zunächst ausgeführt, dass der Zeuge H.    das Glatteis auf dem Zebrastreifen nicht habe erkennen können und müssen. Wenn das Berufungsgericht trotzdem ein Mitverschulden annehme, da die auf dem Gehweg vorhandenen Glättestellen Anlass zu gesteigerter Aufmerksamkeit geboten hätten, sei dies nicht nachvollziehbar. Auch sei in diesem Zusammenhang die Aussage des Zeugen unberücksichtigt geblieben, wonach er zwar auf dem Gehweg die Glätte erkannt habe, dagegen das Glatteis auf dem Überweg für ihn nicht zu erkennen gewesen sei.

28

Diese Rügen sind unbegründet. Zwar ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Geschädigte die Glätte auf dem Überweg nicht hätte erkennen können und müssen. Denn eine allgemeine Glätte sei nur schwer von einer lediglich feuchten Fahrbahnoberfläche zu unterscheiden. Bei Glatteis sei zudem nicht ohne weiteres zu erkennen, ob der erforderliche Winterdienst durchgeführt worden sei, da oft nur kaum sichtbare Salzlösung versprüht werde. Nach der Aussage des Zeugen, auf die das Berufungsgericht bei seiner weiteren Würdigung maßgeblich abgestellt hat, war es auf dem Gehweg an den Stellen, an denen die Anwohner gestreut hatten, nicht mehr glatt; anders war die Situation dagegen dort, wo dies nicht geschehen war. Wenn das Berufungsgericht hieraus abgeleitet hat, der Zeuge habe sich besonders vorsichtig verhalten müssen, ist diese tatrichterliche Wertung, zumal der Zeuge dem Zustand des Überwegs gerade nicht hat entnehmen können, ob auch dort nicht gestreut worden ist, nicht denkgesetzwidrig und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

29

Das Berufungsgericht hat insoweit auch nicht die Sorgfaltsanforderungen für Fußgänger überspannt. Angesichts der Wetterlage und der vorhandenen Glätte musste der Zeuge beim Betreten des Überwegs besonders vorsichtig sein. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision durfte er nicht blindlings darauf vertrauen, dass die Beklagte den Zebrastreifen bereits abgestreut hatte, zumal ihm bereits auf dem Gehweg deutlich geworden war, dass dort nur teilweise gestreut worden war. Er durfte deshalb nicht ohne besondere Vorsicht den Überweg betreten.

30

2. Zu Unrecht rügt die Klägerin die Feststellungen zur Kausalität des Mitverschuldens als rechtsfehlerhaft. Auch insoweit unterliegt die tatrichterliche Würdigung nur der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Zeuge, wenn er zur Vermeidung eines Sturzes zunächst durch kleine tastende Schritte geprüft hätte, ob auf dem Überweg Eisglätte vorhanden war, den Sturz, der sich nach seinen Angaben "gleich beim ersten oder zweiten Schritt" auf dem Zebrastreifen ereignet hat, hätte vermeiden können. Eine solche Wertung ist möglich und wird nicht dadurch in revisionsrechtlich erheblicher Weise in Frage gestellt, dass sie auch anders hätte vorgenommen werden können.

31

3. Soweit das Berufungsgericht den Mithaftungsanteil des Geschädigten mit 25 % bewertet hat, ist dies nicht zu beanstanden. Die Abwägung der Verantwortlichkeiten zwischen den Parteien eines Schadensersatzanspruchs im Rahmen der Prüfung des Mitverschuldens unterliegt gemäß § 287 ZPO einem weiten tatrichterlichen Entscheidungsspielraum. Die Prüfung des Revisionsgerichts ist darauf beschränkt, ob alle in Betracht kommenden Umstände richtig und vollständig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind, hierbei insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl. nur Senat, Urteil vom 20. Juni 2013 - III ZR 326/12, VersR 2013, 1322, 1323 mwN). Rechtsfehler des Tatrichters liegen insoweit nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Geschädigte für seinen Schaden auch nicht allein verantwortlich. Eine vollständige Überbürdung des Schadens kommt im Rahmen von § 254 BGB nur ausnahmsweise in Betracht (vgl. nur Senat, aaO Rn. 19 mwN). Insoweit hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, dass - bei unterstellter Streupflichtverletzung - die Beklagte die maßgebliche Erstursache für das Schadensereignis gesetzt hat und es deshalb gerechtfertigt ist, ihr auch den wesentlichen Verantwortungsanteil zuzuweisen (siehe auch Senat aaO Rn. 22 ff).

III.

32

Das angefochtene Urteil ist, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, aufzuheben und das Verfahren, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO), in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Schlick                            Herrmann                            Seiters

                 Remmert                                 Reiter

10
Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, d.h. eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 80/81, VersR 1982, 299, 300; vom 26. Februar 2009 - III ZR 225/08, NJW 2009, 3302 Rn. 4 mwN; OLG Jena NZV 2009, 599, 600 mwN; Carl, VersR 2012, 414, 415; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rn. 147; Staudinger/Hager, BGB [2009], § 823 Rn. E 128). Ist eine Streupflicht gegeben, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls (Senatsurteile vom 29. September 1970 - VI ZR 51/69, aaO; vom 2. Oktober 1984 - VI ZR 125/83, NJW 1985, 270; BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74, 75; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, VersR 1995, 721, 722). Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGH, Urteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 217/89, aaO, 75 f. mwN; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97, VersR 1998, 1373, 1374 f.; Beschluss vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 8/03
Verkündet am:
9. Oktober 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 839 Ca, Fe
Einem Radfahrer, der auf einem innerhalb der geschlossenen Ortschaft gelegenen
gemeinsamen Fuß- und Radweg (Zeichen 240 der StVO) infolge
Glatteises zu Fall kommt, können Amtshaftungsansprüche wegen Verletzung
der winterlichen Räum- und Streupflicht gegen die sicherungspflichtige Gemeinde
auch dann zustehen, wenn dieser Weg nur deshalb geräumt oder
gestreut werden muß, weil es sich auch und gerade um einen Gehweg handelt.
Dies gilt ungeachtet des Umstandes, daß sich Inhalt und Umfang der
Räum- und Streupflicht, sofern sich - wie hier - der Unfallort nicht an einer
verkehrswichtigen und gefährlichen Stelle befindet, nur nach den Belangen
der Fußgänger auszurichten hat.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 8/03 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die bei der klagenden Partnerschaftsgesellschaft beschäftigte M. S. befuhr am Morgen des 17. Dezember 2001 gegen 8.00 Uhr mit ihrem Fahrrad den im Zentrum der beklagten Stadt liegenden Verbindungsweg zwischen der Place d'E. und dem R. -Platz. Beim Einbiegen in diesen im Eigentum der Beklagten stehenden Weg, der durch Zeichen 240 der Straßenverkehrsordnung als gemeinsamer Fuß- und Radweg gekennzeichnet ist,
kam M. S. infolge Glatteises zu Fall und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.
Die Klägerin, die der Beklagten zum Vorwurf macht, die winterliche Räum- und Streupflicht verletzt zu haben, verlangt aus übergegangenem Recht Ersatz der M. S. geleisteten Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Pflicht der öffentlichen Hand, Straßen und Wege bei Schnee und Eis zu räumen und zu bestreuen, kann sich sowohl aus der Pflicht zur polizeimäßigen Reinigung, die in Niedersachsen in § 52 des Straßengesetzes (NStrG) geregelt ist (vgl. Wendrich, NStrG, 4. Aufl., § 52 Rn. 1), als auch aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergeben. Zwischen diesen Pflichten braucht vorliegend nicht unterschieden zu werden, da sie, soweit es - wie hier - um die Sorge für die Sicherheit des Straßenverkehrs geht, deckungsgleich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 112, 74, 79 f; 118, 368, 369; vom 21. November 1996 - III ZR 28/96 - VersR 1997, 311, 312; Wendrich aaO § 52 Rn. 2) und in Niedersachsen nicht nur die Aufgabe der polizeimäßigen Reinigung, sondern auch
die der Verkehrssicherungspflicht gemäß § 10 Abs. 1 NStrG als Amtspflicht in Ausübung öffentlicher Gewalt ausgestaltet ist.
2. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind innerhalb geschlossener Ortschaften die Fahrbahnen der Straßen an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Glätte zu bestreuen (Senatsurteile BGHZ 112, 74, 76 m.w.N.; vom 15. Januar 1998 - III ZR 124/97 - VersR 1998, 1373). Für Fußgänger müssen die Gehwege, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfindet, sowie die belebten, über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege bestreut werden (Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94 - VersR 1995, 721, 722 m.w.N.).
Zur Frage, ob und inwieweit innerorts auch die als solche besonders gekennzeichneten und von der Fahrbahn getrennt geführten Radwege der Räum- und Streupflicht unterliegen, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung, soweit ersichtlich, noch nicht Stellung genommen. Auch § 52 Abs. 1 NStrG, der die winterliche Räum- und Streupflicht in Anlehnung an die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze regelt, verhält sich hierzu nicht ausdrücklich.
Der Senat braucht diese Frage nicht abschließend zu beantworten. Jedenfalls sind diesbezüglich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, keine höheren Anforderungen zu stellen als diejenigen, die für das Räumen und Streuen der Fahrbahnen gelten (ebenso OLG Celle, NJW-RR 2001, 596 f; OLG Hamm, NZV 1993, 394; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 3. Aufl., Rn. 97 ff; vgl. auch OLG Köln, NVwZ-RR 2000, 653).
Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht daher nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt (BGHZ 112, 74, 75 f; Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 aaO). Insoweit ist zu berücksichtigen, daß Personen, die in den Sommermonaten oder auch sonst bei angenehmen Witterungsbedingungen längere Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen pflegen, bei unwirtlichen Wetterverhältnissen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel oder das eigene Kraftfahrzeug ausweichen. Personen wiederum, die nur kurze Strecken zu bewältigen haben, werden wegen der bei Schnee- und Eisglätte bestehenden besonderen Sturzgefahr, die sich auch bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht durch den Sicherungspflichtigen nicht völlig ausschließen läßt, vielfach auf die Benutzung des Fahrrads verzichten und zu Fuß gehen. Unabhängig davon, daß das Radfahreraufkommen bei schlechtem Winterwetter ohnehin deutlich geringer ist, ist weiter zu bedenken, daß Radfahrer, sofern zwar nicht der Radweg, wohl aber die daneben oder in der Nähe verlaufende Fahrbahn geräumt oder gestreut ist, die Fahrbahn benutzen dürfen (Senatsbeschluß vom 20. Oktober 1994 aaO). Bei Würdigung dieser gesamten Umstände würde der Sicherungspflichtige über Gebühr in Anspruch genommen, wenn ihm eine umfassende Räum- und Streupflicht bezüglich aller Radwege, selbst wenn diese sich nur auf die in geschlossener Ortslage befindlichen beschränken würde, auferlegt würde (im Ergebnis ebenso Wendrich, aaO, § 52 Rn. 5).
3. Das Berufungsgericht hat im Anschluß an die vom Landgericht getroffenen Feststellungen angenommen, daß bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Räum- und Streupflicht der von der Angestellten der Klägerin benutzte Verbindungsweg zum Unfallzeitpunkt hätte bestreut sein müssen. Diese tatrichterliche Einschätzung, die sich die Revision zu eigen macht, wird von der Revisionserwiderung hingenommen.
Allerdings hat das Berufungsgericht die Räum- und Streupflicht nur deshalb bejaht, weil es sich bei dem Verbindungsweg - auch - um einen Gehweg handelt. Stellte man hingegen allein auf die Radweg-Eigenschaft ab, wäre demgegenüber - so das Berufungsgericht - eine Amtspflichtverletzung zu verneinen , weil der Verbindungsweg keine besonderen Gefahrenpunkte aufweise. Hiergegen wendet sich die Revision vergeblich.
Die Beurteilung, ob der Sicherungspflichtige die Räum- und Streupflicht verletzt hat, ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Dessen auf die Umstände des Einzelfalles abgestellte Würdigung ist auch, soweit es darum geht, ob bestimmte Verkehrsflächen im haftungsrechtlichen Sinne verkehrswichtig und gefährlich sind, vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler nachprüfbar (Senatsurteil vom 15. Januar 1998, aaO, S. 1374). Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Soweit die Revision darzutun versucht, daß die Unfallstelle im Sinne der Rechtsprechung als verkehrswichtig und gefährlich einzustufen sei, will sie nur die Wertung des Tatrichters durch ihre eigene ersetzen. Das ist ihr verwehrt.
4. Das Berufungsgericht verneint trotz Verletzung der Räum- und Streupflicht durch die Beklagte einen Schadensersatzanspruch der Klägerin. Es ist
der Auffassung, der Schutzbereich der verletzten Amtspflicht erfasse nur Fuß- gänger, nicht aber (auch) Radfahrer, so daß die Arbeitnehmerin der Klägerin nicht Dritte im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar handele es sich bei dem von M. S. benutzten Verbindungsweg um einen kombinierten Fuß- und Radweg, so daß der gesamte Bereich des Weges von Fußgängern und Radfahrern genutzt werde. Gleichwohl wäre auch hier, nicht wesentlich anders als bei einem vom Gehweg abgetrennten Radweg, für die Gemeinde ein auch der besonderen Gefahrenlage für Radfahrer gerecht werdender Streudienst nicht zumutbar. Die Gemeinde genüge auch bei einem kombinierten Rad- und Gehweg ihrer Räum- und Streupflicht, wenn sie durch Bestreuen eine für Fußgänger benutzbare Fläche schaffe. Demzufolge könne sich ein Radfahrer nicht darauf verlassen, daß ein derartiger Weg so ausreichend bestreut ist, daß ein Befahren dieser Fläche mit dem Fahrrad jederzeit möglich sei.
Dem ist nicht zu folgen.

a) Radfahrer und Fußgänger müssen die für sie an Stelle der Fahrbahn bestimmten Sonderwege nutzen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um getrennte oder - wie hier - um gemeinsame Fuß- und Radwege handelt. Insbesondere gilt im letzteren Falle das Benutzungsgebot für Radfahrer ungeachtet des Umstands, daß hier nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht nehmen müssen, sie also hinsichtlich der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht die gleichen günstigen Verkehrsverhältnisse vorfinden wie bei der Benutzung eines vom Gehweg räumlich abgetrennten Radwegs.
Da gemeinsame Fuß- und Radwege auch und gerade für die Benutzung von Fußgängern bestimmt sind, sind sie - nicht anders als getrennte Gehwege - innerhalb geschlossener Ortschaften bei Auftreten von Schnee- oder Eisglätte zu räumen oder zu bestreuen. Genügt der Sicherungspflichtige dieser Pflicht und ist aufgrund dessen die Benutzung dieses Wegs durch Fußgänger und Radfahrer möglich, so dürfen und müssen sie diesen Weg benutzen; ein Ausweichen auf die für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmte Fahrbahn ist nicht gestattet.
Hält man sich dies vor Augen, so ist nicht einsichtig, warum hinsichtlich des schützenswerten Vertrauens, bei Einhaltung der Räum- und Streupflicht den Weg benutzen zu können, Fußgänger und Radfahrer völlig unterschiedlich behandelt werden sollen. Vielmehr legt die bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen durch die Straßenverkehrsordnung bewußt vorgenommene Gleichbehandlung hinsichtlich der räumlich zur Verfügung stehenden Verkehrsfläche auch eine im Ansatz rechtliche Gleichbehandlung bei Verletzungen der Räumund Streupflicht nahe (so zutreffend Wichmann aaO Rn. 102; ebenso Wendrich , aaO, § 52 Rn. 5).
Radfahrer und Fußgänger dürfen sich somit gleichermaßen auf die Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch den Sicherungspflichtigen verlassen, mag sie auch allein darauf gegründet sein, daß der für die gemeinsame Nutzung vorgesehene Weg auch und gerade ein Gehweg ist.

b) Ist - wie hier - ein gemeinsamer Fuß- und Radweg nur deshalb zu räumen oder zu bestreuen, weil es sich bei ihm (auch) um einen Gehweg handelt , so hat dies allerdings zur Folge, daß hinsichtlich der Bestimmung des In-
halts und Umfangs der Räum- und Streupflicht allein auf die Belange der Fußgänger abzustellen ist. Der Umstand, daß dieser Weg auch Radfahrern zur Benutzung offensteht und für sie, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bei Schnee- und Eisglätte eine erhöhte Sturzgefahr besteht, rechtfertigt es für sich genommen nicht, an die Räum- und Streupflicht bei gemeinsamen Fuß- und Radwegen, etwa hinsichtlich der Breite des zu räumenden oder zu streuenden Bereichs oder der Verwendung des Streuguts, höhere Anforderungen zu stellen. Denn andernfalls würde, wie das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung zu Recht ausgeführt haben, doch wieder eine unzumutbare und unverhältnismäßige Beanspruchung des Sicherungspflichtigen drohen , die zu vermeiden der maßgebliche Grund dafür ist, eine umfassende Räum- und Streupflicht bei Radwegen nicht anzuerkennen.
Dies führt weiter dazu, daß einem Radfahrer, der bei Schnee- und Eisglätte einen gemeinsamen Fuß- und Radweg benutzen will, auch dann erhöhte Aufmerksamkeit und besonders vorsichtige Fahrweise abzuverlangen ist, wenn der Sicherungspflichtige seiner Räum- und Streupflicht Genüge getan hat.

c) Der vom Berufungsgericht herausgehobene Aspekt, daß der Vertrauensschutz des Radfahrers nicht so weit geht, bei unwirtlichen winterlichen Straßenverhältnissen einen gemeinsamen Fuß- und Radweg völlig gefahrlos befahren zu können, bietet jedoch keinen hinreichenden Anlaß, dem Radfahrer jeden Vertrauensschutz zu nehmen und ihm auch dann Amtshaftungsansprüche zu versagen, wenn er seine Fahrweise auf die zu erwartenden eingeschränkten Benutzungsmöglichkeiten eingestellt hat und nur deshalb gestürzt ist, weil der gemeinsame Fuß- und Radweg überhaupt nicht oder nur ungenügend geräumt oder bestreut war.

aa) Die Einschränkung, daß der Schutz des Vertrauens auf die Einhaltung der Räum- und Streupflicht nicht bedeutet, daß die Nutzer von Sonderwegen wie gemeinsamen Fuß- und Radwegen auch bei Schnee- und Eisglätte erwarten dürfen, diese Wege genauso sicher und gefahrlos benutzen zu können wie bei idealen Wetterbedingungen, gilt auch für Fußgänger. So ist es anerkanntermaßen nicht erforderlich, daß Gehwege in ihrer ganzen Breite geräumt oder bestreut werden müssen. Es genügt, wenn ein Streifen geräumt oder bestreut wird, der es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizugehen; dabei dürfte eine Breite von 1 bis 1,20 m erforderlich sein (vgl. Wichmann, aaO, Rn. 74; die im Senatsurteil vom 18. Dezember 1970 - III ZR 216/67 - VersR 1971, 416, 417 genannte Breite von 0,80 m ist zu gering bemessen ). Ein an den Kriterien der Zumutbarkeit und der Leistungsfähigkeit ausgerichteter Winterdienst auf Gehwegen kann daher nicht das Ziel haben, jedwede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger völlig auszuschließen. Die Erwartung , bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder bestreute Wege vorzufinden, enthebt also auch den Fußgänger nicht der Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen.
bb) Diese Sichtweise entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats. So hat er durch Urteil vom 12. November 1964 (III ZR 200/63 - NJW 1965, 100 f) entschieden, daß die vor allem an den Belangen des Kraftfahrzeugverkehrs ausgerichtete Räum- und Streupflicht auf Fahrbahnen auch gegenüber Radfahrern gilt.
5. Das Berufungsurteil ist aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung durch den Senat ist nicht möglich.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte ihre Räum- und Streupflicht verletzt hat und der Sturz der Angestellten der Klägerin auf das zur Unfallzeit am Ort des Geschehens vorhandene Glatteis zurückzuführen ist. Bei dieser Sachlage obliegt es der Beklagten, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, daß der Sturz der M. S. auch bei ordnungsgemäßem Streuen erfolgt wäre oder ihr ein Mitverschulden (§ 254 BGB) am Unfallgeschehen anzulasten ist.
Die Beklagte hat in den Tatsacheninstanzen vorgetragen, M. S. habe bei Aufbringen der gebotenen Sorgfalt rechtzeitig erkennen können und müssen, daß angesichts der Wetterbedingungen und des Zustands des Verbindungswegs ein gefahrloses Befahren nicht möglich sei; sie habe daher entweder vom Rad absteigen und zu Fuß weitergehen oder aber - unter Inkaufnahme eines kleinen Umwegs - die gestreute Fahrbahn benutzen müssen; hätte sie eine dieser Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, wäre der Sturz vermieden worden.
Das Landgericht hat dieses Vorbringen der Beklagten zurückgewiesen und unter Hinweis auf die "überraschend und tückisch" aufgetretene Glätte die volle Haftung der Beklagten bejaht. Das Berufungsgericht hat sich hiermit, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, nicht befaßt. Das ist nachzuholen.
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2. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO m.w.N.). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 276 Abs. 2 BGB n.F.) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen , die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier der Wohnungsvermieter - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Mieter und deren Kinder - vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO).
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b) Allerdings trifft den Vermieter die vertragliche Nebenpflicht, die Mietsache in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten. Diese Pflicht erstreckt sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, grundsätzlich auf alle Teile des Hauses, also nicht nur auf die der gemeinsamen Nutzung unterliegenden Einrichtungen, sondern auch auf die in der Obhut der Mitmieter befindlichen Wohn- und Geschäftsräume (Senatsurteil vom 12. Mai 1969 - VIII ZR 164/67, WM 1969, 1011 = ZMR 1969, 271, unter I). Ihm bekannt gewordene Mängel in einem dieser Räume, von denen eine Gefahr für die Mietwohnungen ausgehen kann, muss der Vermieter deshalb unverzüglich beheben.