Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04

bei uns veröffentlicht am13.09.2005
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, O 214/03, 20.01.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 18/04, 14.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 170/04 Verkündet am:
13. September 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auskunftsanspruch bei Nachbau II
GemSortV Art. 14 Abs. 3; SortG § 10a Abs. 6; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bm

a) Der Landwirt ist einem Sortenschutzinhaber nur insoweit zur Nachbauauskunft
und zur Erbringung von Nachweisen verpflichtet, als der Sortenschutzinhaber
über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Landwirt Erntegut
einer bestimmten, zugunsten des Sortenschutzinhabers geschützten
Sorte zum Nachbau verwendet oder verwenden wird.

b) Zugunsten der Inhaber von Sorten, für die solche Anhaltspunkte nicht bestehen
, ergibt sich auch aus der formularmäßigen Nachbauvereinbarung
gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V.
und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. vereinbarten Kooperationsmodell
"Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" (Kooperationsabkommen
) kein Anspruch auf Einsicht in die Aufzeichnungen und Unterlagen
des Landwirts.

c) Die Einräumung eines von Anhaltspunkten für einen Nachbau unabhängigen
Nachprüfungsanspruchs durch allgemeine Geschäftsbedingungen benachteiligt
den Landwirt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
BGH, Urt. v. 13. September 2005 - X ZR 170/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
den Richter Prof. Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt den beklagten Landwirt im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für eine Vielzahl von Inhabern von Sortenschutzrechten, die entweder zu ihren Gesellschaftern gehören oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V. sind, der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist, auf Nachprüfung von dem Beklagten abgegebener Nachbauerklärungen in Anspruch.
2
Für die von der Klägerin bezeichneten Pflanzensorten besteht oder bestand Sortenschutz nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder nach nationalem Recht. Der Beklagte gab 1998 eine Erklärung über den von ihm im Wirtschaftsjahr 1997/98 betriebenen Nachbau ab, wobei er die unter Nr. 3 angebotene Veranlagung nach dem Kooperationsmodell "Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" vom 3. Juni 1996 (Kooperationsabkommen) wählte. Die Rückseite des dazu von dem Beklagten unterzeichneten Formulars wies folgenden Text auf (Absatznumerierung in Nr. 5 hinzugefügt): Nachbauvereinbarung Mit der Wahl des Veranlagungsverfahrens gemäß Ziffer (3) der umseitigen Nachbauerklärung und Unterzeichnung und Rücksendung derselben, wird die in dem zwischen dem Deutschen Bauernverband und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter vereinbarten Kooperationsmodell "Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung" vom 3. Juni 1996 ("Kooperationsabkommen") vorgesehene Vereinbarung zwischen dem Landwirt einerseits und den in Schaubild 1 bezeichneten Sortenschutzinhabern ("Züchtern") - vertreten durch die Saatgut -Treuhandverwaltungs GmbH, Bonn (STV) - andererseits nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen abgeschlossen. 1. Vertragssorten Diese Vereinbarung bezieht sich auf geschützte Pflanzensorten ("Vertragssorten" ) der am Kooperationsabkommen teilnehmenden Züchter - siehe Anlage "Ratgeber zur Nachbauerklärung". 2. Saat-/Pflanzgutwechselklasse Die Einstufung in die Saat-/Pflanzgutwechselklasse ergibt sich aus dem Verhältnis der Gesamtanbaufläche der betreffenden Fruchtart des Landwirts zu der mit Zertifiziertem Saat- und Pflanzgut - Importe eingeschlossen - bestellten Anbaufläche der betreffenden Fruchtart. … 3. Nachbaugebühren Landwirt zahlt an die durch die STV vertretenen Züchter für den Nachbau von aus lizenzierter Erzeugung stammendem Z-Saat-/Pflanzgut der Vertragssorten - mit Ausnahme von Speisefrühkartoffeln der Reifegruppe 1 - Gebühren. Deren Höhe pro Hektar Nachbaufläche ergibt sich auf der Grundlage der nach den vorstehenden Bestimmungen ermittelten Saat-/Pflanzgutwechselklasse aus dem Schaubild 2. … 4. Z-Lizenzgebühren-Rabatt Die STV zahlt im Namen und für Rechnung der Züchter an den Landwirt, gemäß Schaubild 2 einen Z-Lizenzgebühren-Rabatt für aus lizenzierter Erzeugung stammendes Z-Saat-/Pflanzgut von Vertragssorten. Hierzu ist Ziffer (3) der umseitigen Nachbauerklärung vollständig anzukreuzen. … 5. Verfahren (1) Die Feststellung des Saatgutwechsels, die Feststellung und Abrechnung der Nachbaugebühren und Z-Lizenzgebühren-Rabatte sowie die Rechnungs- stellung/Gutschrifts-erteilung an den Landwirt, erfolgen durch die STV im Namen und für die Rechnung der Züchter, auf der Grundlage der Angaben und Nachweise des Landwirts. (2) Der Landwirt fügt Kopien der Belege über den Bezug des Zertifizierten Saat- und Pflanzgutes und für den Fall der Beanspruchung von Z-Lizenzgebühren-Rabatt, Kopien der Belege über die Aufbereitung des Nachbausaat- und -pflanzgutes der Nachbauerklärung bei. (3) Die STV behält sich vor, die Richtigkeit der Angaben im Rahmen von Stichprobenkontrollen festzustellen. Die STV ist berechtigt, im Namen der Züchter die Aufzeichnungen des Landwirts im Hinblick auf den Gegenstand dieses Vertrages und die in diesem Zusammenhang getätigten Geschäfte nach Anmeldung einzusehen und zu überprüfen. (4) Der Landwirt wird der STV bei Stichprobenkontrollen geeignete Nachweise (insbesondere Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut/-Pflanzgut, aus denen sich die Sortenbezeichnung, die Saat-/Pflanzgutkategorie nebst Anerkennungsnummer sowie die bezogenen Mengen ergeben; Belege über die Aufbereitung von Nachbausaat-/Pflanzgut; Saatgutbescheinigungen; Flächenverzeichnis - Anlage 1 zum Antrag auf Agrarförderung - oder ein vergleichbares Verzeichnis) vorlegen. (5) Die STV wird dem Landwirt nach Beendigung einer jeden Aussaat -/Pflanzsaison eine Abrechnung über die auszuzahlenden Z-Lizenzgebühren-Rabatte und die von dem Landwirt zu entrichtenden Nachbaugebühren übersenden. Die STV ist zur Verrechnung berechtigt. … 6. Geltungsdauer Die Vereinbarung gilt für den Anbau zur Ernte 1998. 7. Schlußbestimmungen …
3
Im darauffolgenden Wirtschaftsjahr gab der Beklagte eine entsprechende , jedoch nicht unterzeichnete Erklärung ab.
4
Eine Ende des Jahres 2002 von der Klägerin verlangte Kontrolle seiner Angaben verweigerte der Beklagte.
5
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, näher bezeichnete Nachweise zu den von ihm übermittelten Nachbauerklärungen zu erbringen. Die weitergehende Klage auf Einsicht in die Aufzeichnungen und Unterlagen des Beklagten hat es abgewiesen.
6
Mit der Berufung hat die Klägerin die Klageansprüche auf (im Wesentlichen ) sämtliche Sorten der Sortenschutzinhaber ausgedehnt, deren Rechte sie wahrnimmt.
7
Insoweit hat das Berufungsgericht die Berufung - ebenso wie die Anschlussberufung des Beklagten - zurückgewiesen. Hingegen hat es über das erstinstanzliche Urteil hinaus den Beklagten hinsichtlich der von ihm in der Nachbauerklärung für das Wirtschaftsjahr 1997/98 angegebenen Sorten verurteilt , der Klägerin Einsicht in seine Aufzeichnungen und Unterlagen im Zusammenhang mit dem vom ihm durchgeführten An- und Nachbau zu gewähren (OLG Düsseldorf, InstGE 5, 31).
8
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlich abgewiesenen Anträge weiter.
9
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


10
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
11
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne vom Beklagten hinsichtlich derjenigen Sorten, die er nach dem Inhalt seiner für dieses Jahr abgegebenen Nachbauerklärung im Wirtschaftsjahr 1997/98 nachgebaut habe, Einsicht in seine Unterlagen verlangen. Dieser Anspruch ergebe sich aus Nr. 5 der zwischen dem Beklagten und den von der Klägerin vertretenen Sortenschutzinhabern abge- schlossenen Nachbauvereinbarung. Die Klausel verstoße weder gegen § 3 noch gegen § 9 AGBG. Das Einsichtsrecht, das sich die Sortenschutzinhaber ausbedungen hätten, gehe nur geringfügig über die gesetzliche Verpflichtung des Landwirts hinaus, geeignete Nachweise für seine Angaben zu erbringen, und entspreche einer in Lizenzverträgen üblichen Regelung. Die Verpflichtung bestehe allerdings nur hinsichtlich der vom Beklagten angegebenen Sorten, denn mit der Nachbauvereinbarung sollten (nur) Einzelheiten hinsichtlich des zulässigen Nachbaus des jeweiligen Landwirts geregelt werden. Auch weitergehende gesetzliche Ansprüche stünden den Sortenschutzinhabern nicht zu, da es an den erforderlichen konkreten Anhaltspunkten dafür fehle, dass der Beklagte weitere als die von ihm angegebenen Sorten nachgebaut habe.
12
II. Das hält im Ergebnis wie in der Begründung der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
13
1. Die Herleitung des Einsichtsanspruchs aus Nr. 5 der von der Klägerin vorformulierten Nachbauvereinbarung wird von der Revision als ihr günstig hingenommen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
14
2. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Auslegung der Vereinbarung verkannt, dass die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und sämtlichen von der Klägerin vertretenen Sortenschutzinhabern zustande gekommen sei und Maßstab für die einschlägige Gebührenstaffel und die gewährten Z-Lizenzgebührenrabatte (Nrn. 3 und 4 der Vereinbarung) nicht das einzelne Schutzrecht, sondern der gesamte Anbau von Z-Saatgut aller in dem Pool der Klägerin bereitgestellten Sorten sei.
15
Das Berufungsgericht hat die Nachbauvereinbarung - die das Revisionsgericht aufgrund der bundesweiten Verwendung des Formularvertrages durch die Klägerin ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts beurteilen kann - zutreffend ausgelegt. Die Vereinbarung enthält keine Lizenzeinräumung durch die Inhaber der Sortenschutzrechte, die diesen als Lizenzgebern Kontrollrechte gegenüber dem Beklagten als Lizenznehmer geben könnte. Vielmehr gestalten sie das gesetzliche Lizenzverhältnis aus, das nach § 10a Abs. 3 SortG, Art. 14 Abs. 1 GemSortV zwischen dem Inhaber der jeweiligen Sorte und dem Landwirt dadurch zustande kommt, dass der Landwirt von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch macht (vgl. BGHZ 149, 165, 175 - Auskunftsanspruch bei Nachbau I). Auch wenn die Vereinbarung zwischen allen Sortenschutzinhabern, deren Rechte die Klägerin wahrnimmt, und dem Landwirt geschlossen wird, so steht doch der Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nur denjenigen Sortenschutzinhabern zu, deren Sorten der Landwirt nachbaut. Nur diese Sortenschutzinhaber können Anspruch auf die Beifügung der Belege über den Bezug des zertifizierten Saat- und Pflanzguts haben, die Nr. 5 Abs. 2 der Vereinbarung vorsieht. Der Landwirt hat daher keine Veranlassung, das hieran anknüpfende Kontrollrecht in Nr. 5 Abs. 3 Satz 1 auf andere als ebendiese Sortenschutzinhaber zu beziehen.
16
Daran ändert auch der in Nr. 4 der Vereinbarung vorgesehene ZLizenzgebührenrabatt nichts. Denn auch wenn dieser sortenübergreifend gewährt wird, so bleibt es doch bei der Beschränkung der wechselseitigen Ansprüche auf die nachgebauten Sorten und deren Inhaber.
17
Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass der weitere Text der Nr. 5 Abs. 3 sowie Nr. 5 Abs. 4 gewisse Anhaltspunkte für ein weitergehendes Kontrollrecht enthalten. Zum einen soll die Klägerin nach Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 berechtigt sein, "die Aufzeichnungen des Landwirts im Hinblick auf den Gegenstand dieses Vertrages und die in diesem Zusammenhang getätigten Geschäf- te" einzusehen. Zum anderen soll der Landwirt nach Nr. 5 Abs. 4 u.a. "Rechnungen über Käufe von Z-Saatgut/Pflanzgut" und ein Flächenverzeichnis vorlegen. Da nach Nr. 5 Abs. 2 bereits der Nachbauerklärung Kopien der Belege über den Bezug des (angegebenen) zertifizierten Saat- und Pflanzguts beizufügen sind, könnte dies für sich genommen dafür sprechen, dass sich die Sortenschutzinhaber das Recht einer umfassenden Nachprüfung einräumen lassen wollten, in welchem Umfang der Landwirt geschützte Sorten nachgebaut hat.
18
Das reicht jedoch nicht aus, um die Vereinbarung in diesem Sinne auszulegen. Denn sowohl das Einsichtsrecht in Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 als auch der Vorlageanspruch in Nr. 5 Abs. 4 sind auf die in Nr. 5 Abs. 3 Satz 1 vorgesehene Stichprobenkontrolle bezogen, die sie näher ausgestalten. Daher verbietet es sich, sie von dem Zweck zu lösen, die Richtigkeit der von dem Landwirt gemachten Angaben über den Nachbau bestimmter Sorten zu überprüfen. Daran ändert auch der in der mündlichen Verhandlung erörterte Umstand nichts, dass der Sortenschutzinhaber, dessen Sorte in der Nachbauerklärung des Landwirts bezeichnet ist, ein Interesse daran haben mag, die gesamten Angaben zum An- und Nachbau der betreffenden Pflanzenart zu überprüfen, wenn hiervon nach dem vereinbarten Entgeltsystem die anwendbare Gebührenstaffel oder die zutreffende Berechnung eines etwa in Anspruch genommenen ZLizenzgebührenrabatts abhängt. Denn auch hieraus ergibt sich nichts für das von der Revision verfolgte Nachprüfungsrecht anderer Sortenschutzinhaber.
19
Im Übrigen würde der Landwirt durch ein von dem Zweck, die Angaben zum Nachbau einer bestimmten Sorte nachzuprüfen, gelöstes Einsichts- und Vorlagerecht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt; eine so verstandene Regelung wäre daher - sofern ihr nicht schon Gemeinschaftsrecht entgegenstehen sollte - nach § 9 AGBGB (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) unwirksam. Denn da - wie noch auszuführen ist - den Inhabern von Sortenschutzrechten, solange sie nicht über einen Anhaltspunkt dafür verfügen, dass der Landwirt eine für sie geschützte Sorte nachgebaut hat, nicht einmal ein Auskunftsanspruch zusteht, stellt es eine unangemessene Benachteiligung des Landwirts dar, ihn einem Einsichtsrecht eines Sortenschutzinhabers zu unterwerfen, das unabhängig davon ist, ob der Landwirt eine für diesen geschützte Sorte nachgebaut oder auch nur hierfür geeignetes Saat- oder Pflanzgut bezogen hat. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Klägerin die Rechte einer Vielzahl von Sortenschutzinhabern gebündelt wahrnimmt. Hierdurch verändern sich die Rechte der einzelnen Sortenschutzinhaber weder inhaltlich, noch erhält die Klägerin weitergehende Rechte, als sie den einzelnen Sortenschutzinhabern zustehen. Als Prozessstandschafter kann die Klägerin vielmehr nur - mit Wirkung für und gegen die einzelnen Sortenschutzinhaber - deren jeweilige Rechte in dem Umfang geltend machen, in dem sie dem einzelnen Rechtsinhaber zustehen und auch von ihm selbst durchgesetzt werden könnten.
20
Daher kann auch der vom Oberlandesgericht Braunschweig (Urt. v. 16.12.2004 - 2 U 83/04) geteilten Erwägung der Revision nicht beigetreten werden , die von ihr angenommenen Pflichten des Landwirts ergäben sich bereits als Nebenpflicht "aus der erteilten Nachbaulizenz". Denn von einer Nachbaulizenz kann nur insoweit gesprochen werden, als der Landwirt tatsächlich von einem ihm vom Gesetz eingeräumten, auf eine bestimmte Sorte bezogenen Nachbaurecht Gebrauch macht.
21
3. Ebenso ohne Erfolg muss die Rüge der Revision bleiben, das Berufungsgericht habe zu Unrecht einen gesetzlichen, nicht auf die als nachge- baut bezeichneten Sorten beschränkten Anspruch auf Vorlage von Nachweisen verneint. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Art. 14 Abs. 1 lit. a NachbauV , noch besteht er nach deutschem Recht.
22
a) Wie die Revision einräumt, bezieht sich die Nachweispflicht in Art. 14 NachbauV auf dieselben Sorten, hinsichtlich deren der Landwirt nach Art. 14 Abs. 3 sechster Spiegelstrich GemSortV Informationen übermitteln muss. Die Informationspflicht besteht jedoch nur für diejenigen Sorten, für die der Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass sie von dem Landwirt nachgebaut worden sind oder nachgebaut werden sollen. Insoweit gilt nichts anderes als für die Informationspflicht des Aufbereiters (Sen.Urt. v. 30.3.2005 - X ZR 191/03, GRUR 2005, 668 - Aufbereiter).
23
Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache Schulin gegen Saatgut-Treuhand (Urt. v. 10.4.2003 - C-305/00, Slg. 2003, I 3525 = GRUR 2003, 868) kann Art. 14 Abs. 3 GemSortV nicht dahin ausgelegt werden, dass er dem Inhaber des gemeinschaftlichen Schutzes für eine Pflanzensorte das Recht gibt, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Auskünfte von einem Landwirt zu verlangen, wenn er nicht über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Landwirt zu Vermehrungszwecken im Feldanbau in seinem eigenen Betrieb das Ernteerzeugnis verwendet oder verwenden wird, das er in seinem eigenen Betrieb durch Anbau von Vermehrungsgut einer geschützten Sorte gewonnen hat. Der Gerichtshof hat damit die Vorlagefrage des Oberlandesgerichts Frankfurt verneint, ob die Vorschrift dahin auszulegen sei, dass der Inhaber einer geschützten Sorte von jedem Landwirt die in den genannten Vorschriften geregelten Auskünfte unabhängig davon verlangen könne, ob irgendwelche Anhaltspunkte dafür bestünden , dass der Landwirt überhaupt eine Benutzungshandlung nach Art. 13 Abs.
2 in Bezug auf die fragliche Sorte vorgenommen oder die fragliche Sorte - zumindest - sonst in seinem Betrieb verwendet habe oder dies beabsichtige. In Übereinstimmung damit, dass der Informationsanspruch jeweils dem Inhaber der einzelnen Sorte zusteht, hat der Gerichtshof zu Art. 8 NachbauV ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vorschrift nur auf den betreffenden Sortenschutzinhaber und den betreffenden Landwirt abstelle (Rdn. 61); es ist eine Rechtsbeziehung zwischen dem Landwirt und dem Sortenschutzinhaber erforderlich (Rdn. 59). Dementsprechend sind auch die nachfolgenden Aussagen auf die individuelle Rechtsposition des Inhabers des einzelnen Sortenschutzrechts bezogen: Da es zum einen für den Sortenschutzinhaber schwierig sei, seinen Auskunftsanspruch durchzusetzen, weil die Untersuchung einer Pflanze nicht die Feststellung ermögliche, ob sie durch Verwendung des Ernteerzeugnisses oder durch den Erwerb von Saatgut gewonnen worden sei, und zum anderen die jeweiligen legitimen Interessen des Pflanzenzüchters und des Landwirts geschützt werden müssten, müsse der Sortenschutzinhaber berechtigt sein, von einem Landwirt Auskünfte zu verlangen, sobald er über einen Anhaltspunkt dafür verfüge, dass dieser von der Ausnahmeregelung des Art. 14 Abs. 1 Gebrauch mache (Rdn. 63). Da ein solcher Anhaltspunkt genügt, ist auch die in Art. 8 Abs. 2 lit. b vorgesehene Information darüber, ob der Landwirt eine Sorte überhaupt nachgebaut hat, entgegen der Auffassung der Revision keineswegs sinnlos (Rdn. 64). Schließlich verdeutlichen die Aussagen des Gerichtshofs zu den dem Sortenschutzinhaber möglichen Vorkehrungen gegen eine Aushöhlung seiner Rechte den sortenbezogenen Ansatz der Verordnung. Der Gerichtshof weist nämlich darauf hin, dass es dem Sortenschutzinhaber möglich sein müsse, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass er über Namen und Anschrift der Landwirte verfüge, die Vermehrungsmaterial einer seiner geschützten Pflanzensorten erwürben (Rdn. 66). Die anschließende Feststellung,
dass der Sortenschutzinhaber, wenn er die gebührenden Vorkehrungen treffe, einen Anhaltspunkt dafür erhalten könne, dass ein Landwirt von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht habe, und bei diesem die relevanten Informationen einholen könne (Rdn. 70), sind sinnvoll nur auf diejenigen Sorten zu lesen, bei der die erforderlichen Anhaltspunkte vorliegen.
24
Bestätigt wird dieses Verständnis durch das Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2004 (C-336/02, GRUR 2005, 236 - Saatgut-Treuhand/Brangewitz ). Denn dort nimmt der Gerichtshof die Wertungen aus Rdn. 63 des Urteils "Schulin" wörtlich und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Randnummer auf und leitet aus ihnen ab, dass der Sortenschutzinhaber berechtigt sein müsse, von einem Aufbereiter Auskünfte über eine seiner geschützten Sorten zu verlangen, sobald er über einen Anhaltspunkt dafür verfüge, dass dieser das durch Anbau von Vermehrungsgut dieser Sorte gewonnene Ernteerzeugnis zum Zweck des Anbaus aufbereitet habe oder aufzubereiten beabsichtige (Rdn. 53).
25
Da das Berufungsgericht - von der Revision unangegriffen - die notwendigen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte andere als die von ihm angegebenen Sorten nachgebaut hat oder dies beabsichtigt, nicht festgestellt hat, hat es insoweit zu Recht einen Auskunftsanspruch und damit auch einen Anspruch auf Vorlage von Nachweisen verneint.
26
b) Soweit die Klägerin den entsprechenden Anspruch auf deutsche Sortenschutzrechte stützt, gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn der Auskunftsanspruch nach § 10a Abs. 6 SortG besteht nur gegenüber Landwirten, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, und ist damit gleichfalls sortenbezogen (Sen.Urt. v. 30.3.2005 - X ZR 191/03, GRUR 2005, 668 - Aufbereiter).
4. Ob aus den zu 2 angesprochenen Erwägungen der Nachprü27 fungsanspruch des einzelnen Sortenschutzinhabers über die Angaben hinausreichen kann, die der Landwirt gerade zu der in der Nachbauerklärung bezeichneten Sorte gemacht hat, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung. Denn die Revision wendet sich ausschließlich dagegen, dass das Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen hat, als die Klägerin die ihr zuerkannten Nachweise über die von dem Beklagten in seinen Nachbauerklärungen angeführten Sorten hinaus "für weitere Sorten aus ihrem Sortenverzeichnis fordert". Den sachlichen Umfang der Verurteilung, auf die das Berufungsgericht zugunsten der Inhaber der in seiner Urteilsformel bezeichneten Sorten erkannt hat, beanstandet die Revision nicht und könnte sie auch nicht mit Erfolg beanstanden, da das Berufungsurteil insoweit dem Berufungsantrag der Klägerin entspricht. Ein etwaiger weitergehender Anspruch der einzelnen Sortenschutzinhaber erstreckte sich jedenfalls nicht auf das gesamte Saat- und Pflanzgut des Beklagten, der sowohl verschiedene Getreidearten als auch Futtererbsen , Ackerbohnen und Kartoffeln angebaut hat. Er ist daher im Berufungsantrag auch nicht als Minus enthalten, und die Revision zeigt auch nicht
auf, dass die Klägerin ihn der Sache nach in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hätte.
Melullis Scharen Keukenschrijver Mühlens Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.01.2004 - 4 a O 214/03 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.10.2004 - I/2 U 18/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04 zitiert 2 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2005 - X ZR 191/03

bei uns veröffentlicht am 30.03.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 191/03 Verkündet am: 30. März 2005 Weschenfelder Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 17. Feb. 2005 - 2 U 83/04

bei uns veröffentlicht am 17.02.2005

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2004 wird z u r ü c k g e w i e s e n. 2. Die Klägerin trägt die
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2005 - X ZR 170/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Feb. 2006 - X ZR 149/03

bei uns veröffentlicht am 14.02.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 149/03 Verkündet am: 14. Februar 2006 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Au

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 10.02.2004 wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 20.000,00 EUR.

Gründe

 
I.
Die Berufung ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.
A.
Zum einen wird auf die Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Klägerin verfügt über eine Genehmigung nach § 3 EnWG für das gesamte Bundesgebiet und bietet elektrische Energie, insbesondere für Privatverbraucher und Gewerbekunden, an. Die Beklagte war bis zur Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 Gebietsmonopolistin auf dem Gebiet des Vertriebs und der Verteilung elektrischer Energie in ihrem Netzbereich. Am 01.01.2002 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot über Preise und Regelungen für die Netznutzung (K 1). Die Klägerin nahm die Netznutzung auf und meldete u.a. am 21.06.2002 der Beklagten ihre Kunden an. Einen ihr unterbreiteten Lieferantenrahmenvertrag unterzeichnete die Klägerin nicht. Vielmehr schrieb sie der Beklagten am 24.06.2002 u.a. (K 2):
„... als Stromversorger (Händler) nutzen wir Ihr Stromnetz zur Versorgung unserer Kunden im Wege der Durchleitung nach der Verbändevereinbarung "II Plus".
In diesem Rahmen werden uns Entgelte für die Netznutzung in Rechnung gestellt.
Da uns nach bisherigem Kenntnisstand keine Darlegung der Kostenkalkulation Ihrerseits vorliegt, können wir die Angemessenheit der verlangten Entgelte derzeit nicht abschließend beurteilen. Auf Anraten unserer Anwaltskanzlei ... werden wir daher 30 % der geforderten Entgelte nach Preisblatt zunächst einbehalten, bis ein Nachweis der Angemessenheit vorliegt ...".
Die Beklagte hat der Klägerin entsprechend der ihr eingangs unterbreiteten Preise und Regelungen ein Entgelt für die Netznutzung in Höhe von 6,23 ct/kWh netto in Rechnung gestellt, für sog. Mess- und Verrechnungsleistungen, also Kosten für die Erfassung, Wartung und Abrechnung der Energielieferung an den jeweiligen Kunden (sog. Metering-Kosten), ein Entgelt von 28,00 EUR/Jahr netto für Eintarifzähler von Kunden ohne registrierende Leistungsmessung. Entsprechend ihrer Ankündigung hatte die Klägerin anfänglich nur 70 % der Rechnungsbeträge beglichen. Zwischenzeitlich sind keine Rechnungsbeträge mehr offen, da die Klägerin, allerdings unter Vorbehalt, die Differenz bezahlt hat (Bl. 105, 204).
10 
Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgebracht,
11 
die von der Beklagten in Rechnung gestellten Entgelte seien überhöht und weiterhin Folge eines auf dem Strommarkt nicht bestehenden Wettbewerbs. Da sie zur Ausübung ihres Geschäftes auf den Zugang zum von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehaltenen Stromnetz angewiesen sei, könne sie gemäß § 315 BGB die gerichtliche Festsetzung der angemessenen Vergütung begehren. Für die Angemessenheit der erhobenen Entgelte träfe ohnehin die Beklagte die Beweislast, die, um dieser zu genügen, wie von der Klägerin mehrfach gefordert, auch ihre Kalkulation offen legen müsse. Dieser Anspruch auf gerichtliche Bestimmung stehe ihr neben einer kartellrechtlichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 19, 20 GWB und einer Überprüfungsmöglichkeit nach § 6 EnWG zu. Auch letztere führten zu dem Ergebnis, dass die Beklagte unvertretbar übersetzte Entgelte in Fortwirkung ihrer monopolartigen Stellung erhebe. Soweit sich die Beklagte auf die aktuellste Verbändevereinbarung (VV II plus) berufe und darauf, dass dieser nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG die Vermutung guter fachlicher Praxis zukomme, sei nicht nur die im Gesetz für diese Vermutungswirkung bestimmte Frist zum 31.12.2003 längst abgelaufen, vielmehr stelle diese Vereinbarung, die unter Ausschluss etwa von Verbrauchern einzig unter der Federführung von Netzbetreibern zu Stande gekommen sei, eine ihrerseits unzulässige Kartellabsprache eines Lobbyistenverbandes dar, deren Beachtlichkeit auch die Unwirksamkeitsfolge des Art. 81 EGV entgegenstünde. Bei einer solchermaßen zusammengesetzten Entgeltfindungskommission sei unausbleiblich, dass die in dieser Vereinbarung niedergelegten Bemessungsgrundlagen einseitig und damit falsch seien und plangemäß zu unvertretbar übersetzten Entgelten führten. Die Preise einiger anderer Netzbetreiber belegten auch, dass die marktgerechten Preise weit niedriger lägen. Diese bildeten jedenfalls die Höchstgrenze für eine Entgelterhebung der Beklagten.
12 
Die Klägerin hat deshalb beantragt, für Recht zu erkennen:
13 
1. Das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber bestimmen,
14 
hilfsweise feststellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von derzeit 6,23 ct/kWh (netto) zusteht, soweit er 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt.
15 
2. Das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, bestimmen,
16 
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eine Mess- und Verrechnungspreises von derzeit EURO 28,00 pro Jahr (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von EURO 15,33 pro Jahr übersteigt.
17 
Die Beklagte hat beantragt,
18 
die Klage abzuweisen.
19 
Sie hat hauptsächlich eingewandt, dem Begehren nach § 315 BGB stehe schon entgegen, dass es an einer vertraglichen Grundlage fehle, welche einer Partei, hier angeblich der Beklagten, ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht zugewiesen habe. Die im Weiteren bemühte kartellrechtliche Kontrolle sei der Klägerin schon im Hinblick auf den Vorrang des § 6 EnWG verwehrt. Durch die Einhaltung der VV II plus streite eine Vermutung für die von der Beklagten gehandhabte Praxis, welche die Klägerin nicht widerlegt habe. Da der Gesetzgeber der ihm im Einzelnen bekannten Verbändevereinbarung kraft Gesetzes die Vermutungswirkung beigelegt habe, verfingen die umfänglichen Angriffe der Klägerin gegen einzelne Bewertungsmerkmale dieses Regelwerkes nicht. Angesichts der Gesetzesqualität dieser Vereinbarung sei auch dem Rückgriff auf Art. 81 EGV kein Erfolg beschieden. Ungeachtet dessen seien die von der Beklagten verlangten Preise auch angemessen und das Ergebnis eines auf diesem Energiemarkt bereits herrschenden Wettbewerbs. Verweise auf vereinzelt günstigere Entgelte ließen die jeweiligen Tarifbedingungen und zuschnitte außer Acht und auch, dass die Beklagte etwa hinsichtlich der Netznutzungsentgelte zu den günstigsten Anbietern in der Bundesrepublik gehöre.
20 
Das Landgericht wies die Klage ab. Dabei stellte es u.a. fest (Bl. 474 = US 3): „... Die Klägerin ... Nach ihrem Vorbringen berechnete die Beklagte das Netznutzungsentgelt und das Entgelt für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen unzulässig und unzutreffend auf der Grundlage der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001". Inhaltsgleich findet sich in den Entscheidungsgründen (Bl. 478 = US 7 unten): „Die Beklagte hat nach ihren Angaben und auch nach dem Vorbringen der Klägerin die von der Klägerin" - hier muss es ersichtlich heißen: „der Beklagten", da die Klägerin keine Netznutzungsentgelte erhebt - „geforderten Benutzungsentgelte und die Entgelte für die Mess- und Verrechnungsdienstleistungen auf der Grundlage der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung ermittelt. Es ist deshalb unbeachtlich, dass die Klägerin nunmehr nach Schluss der mündlichen Verhandlung ihren Vortrag relativiert". Im Kern folgte das Landgericht der Verteidigungslinie der Beklagten, indem es die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes verneinte und durch die Einhaltung der VV II plus den angegriffenen Tarifen der Beklagten die Vermutung guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG zukommen ließ. Da die von der Beklagten geforderten Entgelte sich im mittleren Rahmen der von den inländischen Netzbetreibern geforderten Entgelte bewegten, gingen auch die kartellrechtlichen Angriffe der Klägerin ins Leere.
21 
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin,
22 
welche nunmehr entschieden in Abrede stellt, dass die Beklagte sich bei der Ermittlung der erhobenen Tarife überhaupt an die Vorgaben der VV II plus hielte. Im Übrigen führt sie unter wiederholender Vertiefung ihre bereits erstinstanzlich vorgebrachten Angriffe ins Feld.
23 
Die Klägerin beantragt:
24 
1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 10. Februar 2004 (Az: 41 O 38/03 KfH) wird abgeändert;
25 
2. a) das Gericht möge das billige Netznutzungsentgelt für die Nutzung des Stromversorgungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Energieversorgung ihrer Kunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, einschließlich der Nutzung der vorgelagerten Netze bis zu dem örtlich zuständigen Regelzonenbetreiber für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen,
26 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Arbeitspreises von 6,23 ct/kWh (netto) bis zum 31. Dezember 2003 und in Höhe eines Arbeitspreises von 5,96 ct/kWh (netto) ab dem 1. Januar 2004 zusteht, soweit er jeweils 50 % der geltend gemachten Beträge übersteigt;
27 
3. a) das Gericht möge das billige Entgelt für die Mess- und Verrechnungsleistungen für Eintarifzähler im Rahmen der Netznutzung des Stromverteilungsnetzes der Beklagten durch die Klägerin zur Belieferung ihrer an das Niederspannungsnetz der Beklagten angeschlossenen Lastprofilkunden, die sie in dem Netzgebiet der Beklagten angemeldet und versorgt bzw. versorgt hat, für die Zeit vom 1. August 2002 bis zum 31. Dezember 2004 bestimmen;
28 
b) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe eines Mess- und Verrechnungspreises von 28,00 EUR/a (netto) (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) zusteht, soweit dieser den Betrag von 15,33 EUR/Jahr übersteigt.
29 
4. für den Fall, dass das Berufungsgericht eine weitere Verhandlung nach § 538 Abs. 2 für erforderlich hält, eine Zurückverweisung.
30 
Die Beklagte beantragt:
31 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
32 
Sie rügt das Bestreiten der Klägerin, dass die Beklagte bei der Erhebung ihrer Tarife sich von den Vorgaben der VV II plus leiten lasse, als verspätet und verteidigt im Übrigen die angefochtene Entscheidung als richtig.
33 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.
B.
1.
34 
Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelt)
35 
a) Hauptantrag
36 
aa) Ein Anspruch gemäß § 315 Abs. 3 BGB steht der Klägerin nicht zu.
(1)
37 
(α) Zwar mag der Klägerin darin beizutreten sein, dass die Unbilligkeit einer Leistungsbestimmung durch den Vertragsgegner auch durch Klage geltend gemacht werden kann (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 315, 17; Gehrlein in Bamberger/Roth, BGB [2003], § 315, 11); diese ist Gestaltungsklage (Gottwald in MüKo, BGB, 4. Aufl., § 315, 47; Rieble in Staudinger, BGB [2001], § 315, 75, 233). Der Bestimmungsberechtigte ist, sofern die andere Seite substantiierte Einwendungen erhebt, auch für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung grundsätzlich beweisbelastet (BGH NJW 2003, 1449, 1450; 1992, 171, 174; Gehrlein a.a.O. § 315, 13; Gottwald a.a.O. § 315, 53; Rieble a.a.O. § 315, 229; krit. Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 19); der Gegner kann unter Umständen zur Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet sein (BGH a.a.O. 174; Palandt/Heinrichs a.a.O. 19).
38 
(β) Diese Beweislastverteilung erlaubt der Klägerin grundsätzlich die Erhebung der Bestimmungsklage, so wie auch bei umgekehrter Parteirolle die bloße Einrede der Unbilligkeit (Palandt/Heinrichs a.a.O. 16), ohne dass sie im Einzelnen den billigen Betrag herleitend darstellen müsste. Der Mangel einer solchen Darlegung - ungeachtet der Frage, ob damit ein Zulässigkeits- oder Begründetheitsdefizit betroffen wäre - macht danach die Klage in jedem Fall nicht unzulässig, was aber die Beklagte rügt.
(2)
39 
(α) Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB setzt aber voraus, dass eine Vereinbarung gemäß § 315 Abs. 1 BGB getroffen worden ist, wonach einer Partei ausdrücklich oder stillschweigend ein Leistungsbestimmungsrecht zustehen soll. Ist die Leistung im Vertrag bereits - stillschweigend - bestimmt, was bei Verweis auf übliche Preise oder beim Bestehen von Tarifen oder Honorarwerken der Fall ist, ist der Anwendungsbereich des § 315 Abs. 3 BGB nicht eröffnet (Palandt/Heinrichs a.a.O. § 315, 4; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 315, 3; RGRK/Ballhaus, BGB, 12. Aufl., vor § 315, 4 und § 315, 1; Hk-BGB/Schulze, § 315, 3). § 315 Abs. 3 BGB ist nicht für eine allgemeine richterliche Vertragshilfe nutzbar zu machen. Die Vertragshilfe des § 315 BGB greift nur dort, wo die Parteien das vereinbart haben, sich also autonom der richterlichen Schlichtung durch Ersatzleistungsbestimmung unterworfen haben (Rieble in Staudinger a.a.O. 23).
40 
(β) Vorliegend haben die Parteien kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vereinbart. Vielmehr hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 24.06.2002 (K 2) nur festgestellt, wonach die Beklagte abrechnet, und dieser Art der Abrechnung sogleich die Berechtigung abgesprochen, weshalb sie auch einen Teil der in Rechnung gestellten Vergütung nicht leistete und auch die spätere Erfüllung dieser Deckungslücke unter Vorbehalt stellte.
(3)
41 
(α) Eine Überprüfung nach § 315 BGB ist auch nicht deshalb eröffnet, weil vorliegend Tarife eines Energieversorgungsunternehmens betroffen sind. Zwar ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass die Tarife von Unternehmen, die - im Rahmen eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses - Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (BGH NJW 1992, 171, 173; Erman/Battes a.a.O. § 315, 2; Hk-BGB/Schulze a.a.O. § 315, 1; abl. Rieble in Staudinger a.a.O. § 315, 48). Diese Grundsätze, die auf die besondere Situation des für sein Dasein auf bestimmte Leistungen und Waren angewiesenen Einzelnen Bedacht nehmen, sind wegen der nicht vergleichbaren Interessenlage nicht auf den Streit von zwei Handelsgesellschaften über die Angemessenheit der zwischen ihnen jedenfalls im Ansatz ausgehandelten Preise übertragbar (so auch OLG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 - US. 6 = BB 7 = Bl. 629).
42 
(β) Danach gilt, was Rieble in Staudinger a.a.O. 48 mit seiner Kritik an der bezeichneten Rechtsprechung ganz allgemein feststellt, im Ergebnis auch bei der vorliegenden Konstellation: Auch die Vertragsbedingungen von Monopolisten, auf deren Leistungen der Kunde angewiesen ist, sind nicht nach § 315 auf ihre Billigkeit hin zu kontrollieren, weil der Monopolist kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ausübt und sich auch keiner richterlichen Ersatzleistungsbestimmung unterworfen hat. Die Marktmacht von Monopolisten und Oligopolisten wird nach dem GWB kontrolliert. Der Preismissbrauch kann nach den §§ 19 Abs. 4 Nr. 2 und 3, 20 Abs. 1 bis 3 GWB vom Kartellamt (§ 32 GWB) wie vom Opfer (§ 33 GWB) angegriffen werden. Der Zugang zu wesentlichen Einrichtungen zu angemessenen Entgelten ist in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB geregelt. § 315 Abs. 3 ist kein Ansatzpunkt für eine kartellähnliche Preismissbrauchskontrolle. § 8 AGBG [a.F.] spricht ebenso gegen eine Preiskontrolle auch von Monopolisten.
43 
bb) Auch § 6 EnWG ist der Klägerin vorliegend nicht behilflich.
44 
(1) § 6 Abs. 1 S. 5 EnWG stellt die widerlegliche Regel auf, dass bei Einhaltung der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz Nr. 0/85 b vom 08.05.2002) die Erfüllung „guter fachlicher Praxis“ vermutet wird. Die im Gesetz genannte Befristung für die Vermutung (31. Dezember 2003) ist allerdings zwischenzeitlich abgelaufen.
45 
(2) Gleichwohl - auch darin folgt der Senat den Ausführungen im Urteil des OLG Karlsruhe a.a.O., dort US. 7 - ergibt sich daraus nicht nur, dass bis zu jenem Zeitpunkt bei Einhaltung dieser Vereinbarung zugleich vermutet wird, dass diese Preisgestaltung keinen Verstoß gegen Angemessenheits- oder Billigkeitsmerkmale darstellt. Diese Vermutung zielte darauf ab, in einer Übergangszeit, insbesondere bis zur Schaffung einer Regulierungsbehörde, der Praxis eine Leitlinie an die Hand zu geben, um Rechtsfrieden zu schaffen. Zwar ist die Zeitschranke mittlerweile überschritten. Damit ist aber nicht am 31.12.2003 der nämliche Sachverhalt und Rechtszustand angemessen und billig und am 01.01.2004 rechtlich untragbar geworden. Nimmt der Gesetzgeber keine Fristverlängerung vor oder installiert er die Regelungsbehörde (noch) nicht, so hat sich zwar diese Rechtslage formal verändert. Die vormalige Wertung hat an ihrem Aussagegehalt in der Sache aber nichts verloren. Deshalb ist auch nach dem 31.12.2003 davon auszugehen, dass Entgelte, welche dieser Vereinbarung, die der Gesetzgeber immerhin im Bundesanzeiger veröffentlicht hat, folgen, im Ansatz nicht beanstandungswürdig erscheinen.
46 
(3) Im Übrigen ist der von Beklagtenseite verlangte Tarif insgesamt gemäß § 12 BTOElt genehmigt (vgl. LOrdner = LO - B 10 - B 13). Zwar mag die Tarifgenehmigung nach dieser Vorschrift für sich keinen allgemeinen Billigkeitsnachweis erbringen (offen gelassen in BGH NJW 2003, 1449, 1450). Ihr kommt jedoch gleichwohl Indizwirkung für die Angemessenheit und Billigkeit der Tarife zu (KG ZNER 2002, 209, 210; m.krit.Anm. Säcker 211). Eine solche Genehmigung stellt zugleich ein Indiz dafür dar, dass sich die Tarife der Beklagten schon vor VV II plus im Rahmen üblicher Berechnungsstrukturen bewegt haben.
47 
(4) Dass die Beklagte bei ihrer Tariferhebung den Vorgaben der VV II plus folgt, ist der auch im Berufungsrechtszug zu Grunde zu legende Sachstand.
48 
(α)
49 
[1] Dafür, welche Tatsachen in erster Instanz vorgetragen, welche bestritten worden und welche unbestritten geblieben sind, erbringt der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, zu welchem auch die Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen gehört, gemäß § 314 ZPO Beweis, der nur durch das Sitzungsprotokoll, soweit dieses Tatsachenvortrag konkret wiedergibt, entkräftet werden kann. Das gilt auch für unrichtig wiedergegebenen Tatsachenvortrag. Die Unrichtigkeit des Tatbestandes einschließlich der Wiedergabe von Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen kann nur mit Hilfe eines beim Gericht des ersten Rechtszuges anzubringenden Antrags nach § 320 ZPO auf Berichtigung des Tatbestandes geltend gemacht werden. Ist dies versäumt worden, so muss das Berufungsgericht wegen der Beweiskraft des Tatbestandes von dem dort wiedergegebenen Tatsachenvortrag als richtig ausgehen. Daraus folgt für § 529 Abs. 1 Nr. 1, dass eine Partei im Berufungsverfahren nicht mit Erfolg unter Hinweis auf erstinstanzliche Schriftsätze geltend machen kann, der Tatbestand des angefochtenen Urteils gebe den Sachvortrag unrichtig wieder und begründe deshalb Zweifel an einer Tatsachenfeststellung des Erstrichters (Ball in Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 529,6 m.N.). Dabei wird auch nicht der Gehalt der Beweiswirkung des § 314 ZPO überdehnt, indem aus der Nichterwähnung von Vortrag im Tatbestand oder dem Tatbestand gleichkommenden Urteilspassagen geschlussfolgert würde, er sei gar nicht gehalten worden (vgl. hierzu BGHZ 158, 269 = NJW 2004, 1876, 1879). Denn vorliegend gibt der Tatbestand den hierzu gehaltenen Vortrag der Klägerin positiv wieder.
50 
[2] Da das Landgericht, wie aufgezeigt, als Tatsachenvortrag auch der Klägerin wiedergegeben hat, dass die Beklagte ihre Entgelte nach den Regeln der VV II plus erhebe, und ein Tatbestandsberichtigungsantrag nicht gestellt worden ist, ist dies für das Berufungsgericht als Sachstand bindend festgestellt, soweit die Klägerin nicht nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ihr Bestreiten im Berufungsrechtszug als neue Tatsache zulässigermaßen einführen darf. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn es ist nicht ersichtlich noch nachvollziehbar gemacht, dass die Klägerin anderes als Nachlässigkeit an einem entsprechenden Vorbringen in erster Instanz gehindert hat.
51 
[3] Gleiches gilt für ein Vorbringen in erster Instanz nach Schluss der dortigen mündlichen Verhandlung in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz. Solches Vorbringen kann dann in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen der §§ 531 Abs. 2, 532 ZPO wiederholt werden (Huber in Musielak a.a.O. § 296 a, 5 m.w.N.). Auch soweit die Klägerin, worauf das Landgericht in seinen angeführten Urteilspassagen auch abhebt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung diese Übereinstimmung der Entgeltberechnung mit den Regeln der VV II plus bestritten hat (etwa 418, 433, 455), unterliegt auch dieses im zweiten Rechtszug wieder belebte Bestreiten dem Ausschluss nach den vorgenannten Berufungsvorschriften, da anderes als Nachlässigkeit für diese Art der Verfahrensteilhabe weder vorgetragen noch ersichtlich ist.
52 
[4] Nach diesen Verfahrensregeln ist und bleibt unstreitiger Sachstand, dass die Tariferhebung der Beklagten dem Regelwerk der VV II plus folgt und entspricht.
53 
(β) Jenseits dieser formalen prozessualen Schranke kann auch bei Würdigung des umfangreichen Vortrages der Klägerin in erster Instanz gemessen an § 138 Abs. 3 ZPO der Inbegriff ihres Vorbringens hierzu auch nur so verstanden werden, wie es die wiedergegebenen landgerichtlichen Urteilspassagen ausweisen: die Tariferhebung nach VV II plus war unstreitig.
54 
[1] Die Beklagte hat erstinstanzlich - wie ungebrochen auch zweitinstanzlich (Bl. 576, 587) - immer wieder vorgetragen und stets bekräftigt, dass sie sich in ihrer Tarifkalkulation streng an die Vorgaben der VV II plus halte. Dies hat sie ferner noch näher zu belegen versucht, indem sie ein Testat eines Wirtschaftsprüfers vorgelegt hat (B 15 = Bl. 199 - Anl.), welches die Einhaltung der Kalkulationsgesichtspunkte der Verbändevereinbarung bestätigte. Zwar war das Klägervorbringen hierzu nicht durchgängig einheitlich, wie bereits etwa in der Klage aufscheint. So findet sich dort auf Bl. 8 oben etwa, dass die Beklagte angemessene Entgelte verlange, „dieses ergibt sich aus der Anwendung der Entgeltbemessungsmaßstäbe in der Verbändevereinbarung II, bzw. der Verbändevereinbarung II". Alsdann liest sich: „... selbst bei einer Anwendung der Regelungen der VV II plus ...". Erstinstanzlich lässt sich zwar auch finden, dass die Klägerin bestreite, dass die Beklagte die VV II plus einhalte. Geschah dies nicht ohnehin erst in nach Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. Bl. 409) eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätzen (etwa Bl. 418, 433, 455), was - wie oben ausgeführt - schon verfahrensrechtlich keine Beachtung finden konnte, so ist ein solches Vorbringen stets vereinzelt geblieben und abgelöst worden von einem nahezu durchgängig gegenläufigen Vortrag. Auch hat die Beklagte wieder und wieder (vgl. etwa Bl. 325, 406) als Vorbringen der Klägerin zusammenfassend festgestellt, dass nun die Einhaltung der Vorgaben der VV II plus unstreitig sei. Der Senat verkennt nicht, dass die Verfahrensordnung einer Partei nicht in die Hand gibt, durch solche einseitigen Feststellungen verfahrensrechtlich eine Gestaltungswirkung auszuüben. Bleibt jedoch, wie vorliegend, ein direkter Widerspruch der Klägerin auf diese wertende Betrachtung aus, so wirft dies doch ein bezeichnendes Licht darauf, wie die Klägerin ihr nicht immer eindeutiges Vorbringen ersichtlich selbst verstanden wissen wollte. Wiederholt hat denn auch die Klägerin nicht nur vorgebracht, „die Überhöhung der Netznutzungsentgelte ergibt sich aus der branchenweiten Anwendung einer zwischen den Verbänden der Verbraucher und der Elektrizitätserzeugung unter Ausschluss der privaten Verbraucher und netzunabhängigen Händler getroffenen Verbändevereinbarung II vom 13.12.1999 bzw. der Verbändevereinbarung II plus vom 13.12.2001" (Bl. 28, vgl. auch 266), sondern auch: „auch der Beklagten dient diese Verbändevereinbarung ... bis zum heutigen Tage als Berechnungsgrundlage bezüglich des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin" (Bl. 30, 32, 278, 259, 355, 356, 357, 371). Diese Positionierung im Rechtsstreit deckt sich auch vollkommen mit der weiteren Angriffslinie der Klägerin, dass „unter Berücksichtigung dessen ... festzustellen [ist], dass die Ansätze des Kalkulationsleitfadens (Anlage 3) zur Verbändevereinbarung II plus dazu führen, dass die Beklagte überhöhte Kosten festgesetzt hat, die zu weit überhöhten Gewinnen führen" (Bl. 232), dass erst eine Anwendung der VV II plus eine „systematische Überhöhung" der Tarife der Beklagten ermögliche (Bl. 30, 45, 205, 303, 418), denn „die Überhöhung der Entgelte [ergibt sich] unter anderem unmittelbar aus den Berechnungsmaßstäben der Verbändevereinbarungen" (Bl. 26). Danach musste nach dem Vorbringen der Klägerin die Beklagte geradezu zwingend das Regelwerk der VV II plus einhalten, um in den Genuss der durch Lobbyistenarbeit festgeschriebenen einseitigen Berücksichtigung der Interessen der Monopolisten zu kommen. Zwar war auch mehrfach die Offenlegung der Kalkulation der Beklagten gefordert. Darin war aber noch kein Bestreiten zu sehen, dass die Beklagte sich an die Kalkulationsgrundlage der VV II plus halte. Denn die Klägerin hat die Rechtsverbindlichkeit dieser Verbändevereinbarung stets bekämpft, sie mithin auszuräumen versucht, um dann auf der Grundlage einer originären Beklagtenkalkulation diese der Fehlsamkeit und Unangemessenheit zu überführen. Danach hat das Landgericht zu Recht in seinem Urteil als unstreitig behandelt, dass die Beklagte ihre von der Klägerin geforderten Tarife nach der VV II plus berechne.
55 
Darauf hat der Senat in seiner mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.
56 
[2] Ein Schriftsatzrecht zu diesem gerichtlichen Hinweis hat die Klägerin nicht erbeten. Ihr stand jedoch frei, wovon sie auch mit ihrem Schriftsatz vom 31.1.2005 Gebrauch gemacht hat, zur Wertung ihres erstinstanzlichen Vorbringens Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme gibt jedoch keinen Anlass, von der schon in der mündlichen Verhandlung verlautbarten Sicht des Senates abzuweichen. Die Darstellung unter aa) leistet eine Gesamtschau des klägerischen Vorbringens, welche bereits Teile im Klägervortrag aufnimmt, die als Bestreiten der Übereinstimmung der Tarifherleitung der Beklagten mit dem Regelwerk in der VV II plus ausgelegt werden können. Der nachgereichte Schriftsatz greift demgegenüber nur zwei Passagen im eigenen Vortrag in ihrer Vereinzelung auf und lässt sie isoliert stehen, ohne den auch nach § 138 Abs. 3 ZPO gebotenen Gesamtzusammenhang herzustellen.
57 
(5) Soweit die Klägerin im Rahmen ihres umfänglichen Vorbringens der VV II plus abspricht, überhaupt taugliches Preisbildungssystem zu sein und dies durch eine Reihe von Stellungnahmen und privatgutachterlichen Äußerungen (vgl. etwa K 32, 33, 44 und K 68 bis 76 = Bl. 648 bis 654) zu belegen sucht, ist dieser Versuch bereits im Ansatz verfehlt. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der heftigen Auseinandersetzung um die Tauglichkeit des Preisfindungssystems schon bei VV II und im Bewusstsein, dass diese Verbändevereinbarung durch ein nicht ausgeglichen besetztes Gremium zu Stande gekommen ist, diesem Regelwerk durch Gesetz seine Angemessenheit bescheinigt und dieses verfahrensrechtlich mit großem Beweisvorsprung ausgestattet. Bei einer nicht geringer gewordenen rechtlichen und politischen Kontroverse hat der Gesetzgeber dieser im Verbändewerk VV II plus fortgeschriebenen Ausgangsvereinbarung erneut durch Gesetz das nämliche Richtigkeitstestat - jedenfalls für eine Übergangsphase - ausgestellt und es verfahrensrechtlich in gleicher Weise abgesichert.
58 
cc) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht bei Rückgriff auf die §§ 19, 20 GWB finden.
59 
Dabei mag zu Grunde gelegt werden, wofür auch § 6 Abs. 1 S. 6 EnWG einen Anhalt bietet, dass die kartellrechtlichen Normen eigenständig nicht nur neben § 315 BGB, sondern auch neben der Spezialnorm des § 6 EnWG stehen und damit geprüft werden können. Dabei ist ergänzend zu beachten, dass im Rahmen dieser kartellrechtlichen Vorschriften nicht jede Preisüberhöhung Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Erforderlich ist vielmehr in diesem Regelungsbereich ein deutlicher Abstand zwischen dem zur kartellrechtlichen Überprüfung stehenden Preis und dem als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden (wirklichen oder fiktiven) Wettbewerbspreis (OLG Düsseldorf B.v. 17.03.2004 - Kart. 18./03 [V] = B 52 = K 54 = BB 5 = Bl. 611). Entspricht aber, wie hergeleitet, das angegriffene Tarifwerk der Beklagten guter fachlicher Praxis, so kann sich darin nicht zugleich eine Preisüberhöhung verkörpern, die Ausdruck einer missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist. Da danach die Vermutungswirkung bei der gegebenen Einhaltung der VV II plus eingreift (vgl. allgemein hierzu OLG Karlsruhe a.a.O. US 6; OLG Düsseldorf a.a.O. BS 26), und zwar auch jenseits der gesetzlichen Vermutungsschranke des 31.12.2003, ist vorliegend auch die nur schlüssige Darlegung eines kartellrechtlich missbräuchlichen Verhaltens gescheitert.
60 
dd) Eine andere Sicht ist auch nicht mit Blick auf Art. 81 EGV geboten.
61 
(1) Art. 81 Abs. 1 EGV verbietet alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche im Handel zwischen den Mitgliedsstaaten eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken. Adressaten des Kartellverbotes sind danach Unternehmen. Auch der EuGH versteht in ständiger Rechtsprechung unter „Unternehmen" jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (Stockenhuber in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 81 EGV, 51; Geiger, EUV/EGV, 3. Aufl., Art. 81 EGV, 6 bis 9; vgl. auch Grill in Lenz/Borchardt, EU - und EG - Vertrag, 3. Aufl. [2003], Art. 81 EGV, 1 bis 4, je m.N.). Vorliegend verkennt die Klägerin, worauf bereits die Beklagte und ergänzend auch der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, dass es vorliegend nicht um die Prüfung der Verbändevereinbarung an sich geht, die für sich betrachtet wohl unter diese Vorschrift zu fassen wäre. Vorliegend ist sie aber einem Wandel unterlegen, indem ihr der Gesetzgeber Gesetzesqualität beigemessen hat. Damit aber ist die VV II plus aus dem Anwendungsbereich des Art. 81 EGV und im Übrigen auch dem des Art. 82 EGV (vgl. hierzu etwa Jung in Grabitz/Hilf a.a.O. Art. 82, 21) herausgetreten.
62 
(2) Selbst wenn auch der nationale Gesetzgeber unmittelbar Art. 81 EGV unterworfen wäre oder sich aus dieser Norm für ihn zumindest eine bindende Leitentscheidung ergäbe, so könnte gleichwohl ein Verstoß nicht erkannt werden. Denn weitere Voraussetzung wäre, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt würde (vgl. hierzu etwa Geiger a.a.O. Art. 81 EGV, 22 bis 24). Solches ist ebenso wenig der Fall. Denn die Erhebung der Verbändevereinbarung zu einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal diente ausschließlich dem Zweck, in einer schwierigen Anfangsphase der Findung und Schaffung von Wettbewerbsregeln auf diesem Energiemarkt, für den es angesichts seiner bisher monopolistischen Prägung keine unter dem Druck eines Wettbewerbs sich ausbildende Preise gab, einen möglichst störungsfreien, an der Sicherung des Rechtsfriedens und der Schaffung von Wettbewerb ausgerichteten Übergang zu ermöglichen. Diese gerade auf Wettbewerbsbegünstigung und Wettbewerbsschaffung ausgerichtete gesetzgeberische Vorgehensweise verhält sich entgegengesetzt zu der durch Art. 81 EGV inkriminierten Zweckbestimmung oder auch nur (objektiven) Auswirkung. So hat denn auch der EuGH zu Art. 85 Abs. 1 EWG - Vertrag [dem Vorläufer von Art. 81 Abs. 1 EGV] entschieden, dass, damit eine Vereinbarung vom Verbot erfasst werde, Voraussetzungen vorliegen müssten, aus denen sich insgesamt ergebe, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden sei. Hierbei sei auf den Wettbewerb abzustellen, wie er ohne die streitige Vereinbarung bestehen würde. Das Vorliegen einer Wettbewerbsstörung könne vor allem dann zweifelhaft erscheinen, wenn sich die Vereinbarung gerade für das Eindringen eines Unternehmens in ein Gebiet als notwendig erweist (EuGH GRUR Ausl. 1966, 586, 587 - Société Technique Minière; vgl. auch allg. EuGH NJW 1986, 1415, 1416 - Pronuptia [Tz. 15 und 27(2)]). Nichts anderes muss gelten, worauf bereits die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, wenn erst eine Regelung Wettbewerb auf den Weg bringen soll.
63 
b) Hilfsantrag
64 
Da die von der Beklagten in Ansatz gebrachten und erhobenen Tarife den Angriffen der Klägerin standhalten, kann auch nicht dem Hilfsbegehren entsprochen werden, die Entgelte - und sei es auch nur in gewissen zeitlichen Rahmen - mit Höchstbetragskappungen zu versehen.
2.
65 
Klagantrag 2 (Metering-Entgelte)
66 
a) Hauptantrag
67 
aa) Im Bereich dieses Streitgegenstandes Mess- und Verrechnungsdienstleistungen stellen sich nahezu die nämlichen Fragen wie beim Klageantrag Ziff. 1 (Netznutzungsentgelte), welche durchgängig die nämlichen Antworten erfahren müssen. Dies gilt schon für die Eingangsfrage nach der Anwendbarkeit des § 315 BGB.
68 
bb) Auch § 6 Abs. 1 EnWG ist in gleicher Weise abzuhandeln hinsichtlich der Überprüfung der beanstandeten Netznutzungsentgelte. So ist auch hier als unstreitig zu behandelnder Sachstand, dass die Beklagte auch insoweit ihre geforderten Entgelte nach dem Regelwerk der VV II plus berechnet. Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass die VV II plus in Ziff. 2.2.2 hinsichtlich Kosten für die Messung und Abrechnung erklärt, diese würden „separat vom Netznutzungsentgelt in Rechnung gestellt"; Ähnliches für eine abschichtende Handhabung findet sich in Anlage 3 zur Verbändevereinbarung (dort S. 4: „Die Entgelte verstehen sich ohne Messung ..."). Damit wird der hier betroffene Bereich der Metering-Kosten aber nicht außerhalb der VV II plus gestellt und von ihr ausgegrenzt, er wird vielmehr nur als neben der Netznutzungsfrage stehender eigenständiger Erhebungsbereich angesprochen. Damit aber gilt auch für ihn, was Ziff. 7 der VV II plus als „zusätzlichen Bestandteil der Vereinbarung“ benennt, nämlich etwa die Anlage 1, welche die technischen Rahmenbedingungen auch dem Metering-Code unterwirft und damit auch dem „Metering-Code 2000 - Abrechnungszählung und Datenbereitstellung“ (LO - B 17). Eine andere Sicht verkennt auch die Entstehungsgeschichte und den notwendigen Kontext der Verbändevereinbarung. Denn VV II plus schreibt die VV II fort. VV II legte bereits die Grundlage zur Entgeltberechnung. Zu diesem Regelwerk gab es aber bereits einen Kommentarband, der als autorisierter Deutungskatalog gewertet werden muss. Setzt dann der Kommentarband die Umsetzung nun der VV II plus fort (LO - B 14), so wird darin das gemeinsame Verständnis des Regelwerkes niedergelegt und ist autorisierte Auslegungshilfe für die Verbändevereinbarung. Sie zieht die bundesweit anerkannte VDEW-Richtlinie heran und macht sie zum Bestandteil des Abrechnungsregelwerkes. Ist dem aber so, so gilt auch hier die Privilegierung der aktuellsten Verbändevereinbarung durch den Gesetzgeber mit den schon zum Klageantrag Ziff. 1 im Einzelnen aufgeführten Folgen im Rahmen des § 6 Abs. 1 EnWG.
69 
cc) Nicht minder übertragbar auf den vorliegend zu entscheidenden Streitpunkt sind die zuvor angestellten Erwägungen zu §§ 19,20 GWB und Art. 81 EGV, welche insoweit das nämliche Verfahrensergebnis vorgeben.
70 
b) Hilfsantrag
71 
Auch insoweit gilt: Scheitert - wie vorliegend - der Angriff der Klägerin gegen die Angemessenheit der in Rechnung gestellten Metering-Kosten, so ist auch kein Raum, diese weit unterhalb der geforderten Tarife, und sei es auch nur zeitlich eingeschränkt, auf von der Klägerin vorgegebenen Höchstsätze einzufrieren.
72 
II.
73 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
74 
Den Gegenstandswert hatte die Klägerin bereits so vorgegeben (Bl. 81), ihn hat das Landgericht übernommen (Bl. 83, 473), er ist auf keinen Widerspruch der Parteien gestoßen, weshalb der Senat auch keine Bedenken sieht, ihn gelten zu lassen.
75 
Der Senat schließt sich in maßgeblichen Punkten der Entscheidung des OLG Karlsruhe (U. v. 27.10.2004 - 6 U 22/04) an, welche ihrerseits die Revision zugelassen hat. Folgerichtig ist dann nur, auch den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens die identische Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 191/03 Verkündet am:
30. März 2005
Weschenfelder
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aufbereiter
GemSortV Art. 14 Abs. 3; SortG § 10a Abs. 6

a) Wer Saatgut aufbereitet, ist zur Auskunft darüber, ob er Erntegut einer
bestimmten geschützten Sorte aufbereitet hat, und über den Umfang der
Aufbereitungshandlungen nur dann verpflichtet, wenn der Sortenschutzinhaber
über Anhaltspunkte dafür verfügt, daß der Aufbereiter Erntegut, das
ein Landwirt durch Anbau von Vermehrungsgut dieser Sorte gewonnen
hat, zum Zweck des Nachbaus aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt.

b) Die Auskunft ist erstmals für dasjenige Wirtschaftsjahr zu erteilen, für das
der Sortenschutzinhaber über die notwendigen Anhaltspunkte verfügt.
BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 191/03 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. März 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 4. Dezember 2003 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlangt im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft für eine Vielzahl von Inhabern von Sortenschutzrechten, die entweder zu ihren Gesellschaftern gehören oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V. sind, der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist, Auskunft von der Beklagten. Diese bereitet für Landwirte Erntegut auf. Für die in den Klageanträgen bezeichneten Getreide- und Futterpflanzensorten besteht oder bestand Sortenschutz nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder nach nationalem Recht. Die Klägerin begehrt von
der Beklagten Auskunft darüber, ob sie in den Wirtschaftsjahren 1997/98, 1998/99, 1999/2000 und 2000/2001 die in den Klageanträgen genannten - jeweils etwa 500 - geschützten Sorten zum Zwecke des Anbaus aufbereitet hat, wer jeweils die Auftraggeber waren und welche Mengen von welcher geschützten Sorte aufbereitet wurden. Ferner macht sie für eine Vielzahl von Gemeinschaftssorten Unterlassungsansprüche geltend. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte den Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. I. Das Berufungsgericht hat die Klägerin für befugt erachtet, die Klageansprüche in gewillkürter Prozeßstandschaft in eigenem Namen geltend zu machen. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, bestehen keine Bedenken dagegen, daß die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft die Rechte von Sortenschutzinhabern geltend macht, die zu ihren Gesellschaftern zählen oder die Mitglied einer Vereinigung sind, die wiederum Gesellschafterin der Klägerin ist. Zum einen besteht das hierfür erforderliche eigene wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Geltendmachung der fremden Rechte. Zum anderen sind, soweit die Klägerin Rechte geltend macht, die nach der
Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227 vom 1.9.1994 S. 1, im folgenden GemSortV ) geschützt sind, auch die Voraussetzungen erfüllt, die Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 GemSortV (ABl. L 173 v. 25.7.1995, S. 14, im folgenden NachbauV) für die Geltendmachung der Nachbauvergütung sowie der ihrer Ermittlung dienenden Auskunftsansprüche aufstellt (BGH, Urt. v. 11.5.2004 - KZR 37/02, GRUR 2004, 763 - Nachbauvergütung). II. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht angenommen, die geltend gemachten Auskunftsansprüche setzten nicht voraus, daß die Beklagte hinsichtlich jeder Sorte, für die der Anspruch geltend gemacht wird, darlege, daß eine Nachbauhandlung vorliege oder zu erwarten sei. Es genüge vielmehr sowohl nach Gemeinschafts- als auch nach deutschem Recht, wenn der Erbringer den Nachbau vorbereitender Dienstleistungen überhaupt die Aufbereitung geschützter Sorten betreibe. Diese Voraussetzung sei erfüllt, da die Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts Saatgut der gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorten "Bandit", "Charger", "Tilburi", "Carola" , "Ritmo", "Semper" und "Theresa" sowie der nach dem Sortenschutzgesetz geschützten Sorten "Avanti", "Milva", "Jumbo" und "Loreley" aufbereitet habe. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Nach Art. 14 Abs. 3 sechster Spiegelstrich GemSortV übermitteln die Erbringer vorbereitender Dienstleistungen den Inhabern des Sortenschutzes auf Verlangen relevante Informationen. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Oktober 2004 in der Rechtssache C-336/02 (GRUR 2005, 236 - Saatgut-Treuhand/Brangewitz) können diese Vorschrift und die ihrer Ausfüllung dienenden Bestimmungen des Art. 9 NachbauV nicht dahin ausgelegt werden, daß sie dem Sortenschutzinhaber das Recht ge-
ben, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Informationen von einem Aufbereiter (auch dann) zu verlangen, wenn der Sortenschutzinhaber nicht über Anhaltspunkte dafür verfügt, daß der Aufbereiter ein Ernteerzeugnis, das Landwirte durch Anbau von Vermehrungsgut einer dem Sortenschutzinhaber gehörenden gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorte gewonnen haben, zum Zweck des Anbaus aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt. Die Sortenschutzinhaber , deren Rechte die Klägerin geltend macht, können daher den geltend gemachten Auskunftsanspruch nicht damit begründen, daß die Beklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen bestimmte Sorten anderer Berechtigter aufbereitet hat. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin mit den festgestellten Aufbereitungshandlungen Ansprüche der Inhaber der betreffenden Sorten wegen der Aufbereitung anderer Sorten derselben Rechtsinhaber begründen will. Vielmehr begründet die bereits erfolgte oder die zu erwartende Aufbereitung den Anspruch immer nur hinsichtlich derjenigen gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorte, für die die notwendigen Anhaltspunkte festgestellt sind. Denn der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften spricht ausdrücklich aus, daß der Sortenschutzinhaber berechtigt ist, von einem Aufbereiter Auskünfte über eine seiner Sorten zu verlangen, sobald er über einen Anhaltspunkt dafür verfügt, daß dieser das durch Anbau von Vermehrungsgut dieser Sorte gewonnene Ernteerzeugnis zum Zweck des Anbaus aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt (Rdn. 53 der Entscheidungsgründe). Insoweit muß der Aufbereiter allerdings die relevanten Informationen nicht nur über diejenigen Landwirte übermitteln, bezüglich deren der Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte für die Aufbereitung der Sorte verfügt, sondern auch über alle anderen Landwirte, für die er Ernteerzeugnisse dieser Sorte aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt, sofern dem Aufbereiter die Sorte angegeben wurde oder auf andere Weise bekannt war.
2. Entsprechendes gilt nach § 10a Abs. 6 SortG, soweit die Klageansprüche auf deutsche Sortenschutzrechte gestützt werden. Denn auch das deutsche Recht verpflichtet (nur) Landwirte, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, sowie die von ihnen beauftragten Aufbereiter zur Auskunft über den Umfang des Nachbaus und setzt damit voraus, daß hinsichtlich einer bestimmten geschützten Sorte Anhaltspunkte dafür bestehen, daß von der Berechtigung zum Nachbau Gebrauch gemacht wird (vgl. BGHZ 149, 165 - Auskunftsanspruch bei Nachbau). Soweit der Senat in dieser Entscheidung zum Auskunftsanspruch gegen den Landwirt noch offengelassen hat, ob insoweit zu verlangen ist, daß der Anspruchsberechtigte darlegt, daß der Landwirt bestimmte für den Sortenschutzinhaber geschützte Sorten nachbaut, oder ob es ausreicht, wenn er allgemein den tatsächlichen Nachbau einer Sorte - unabhängig davon, ob diese für den Sortenschutzinhaber geschützt ist - behauptet, ist diese Frage nunmehr im ersteren Sinne zu entscheiden. Das entspricht der Selbständigkeit der einzelnen Sortenschutzrechte und der aus ihnen resultierenden Ansprüche (vgl. BGHZ 117, 264, 272 f., 275 ff. - Nicola) und stellt im übrigen den vom deutschen Gesetzgeber gewollten Einklang mit dem gemeinschaftsrechtlichen Sortenschutz sicher. 3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen hiernach die ausgesprochene Verurteilung auch hinsichtlich derjenigen Sorten nicht, hinsichtlich derer festgestellt ist, daß sie von der Beklagten aufbereitet worden sind. Denn das Berufungsgericht hat nicht die notwendigen Feststellungen dazu getroffen, in welchen Wirtschaftsjahren die Aufbereitung erfolgt ist.
a) Die Auskunftsverpflichtung des Aufbereiters nach Art. 14 Abs. 3 sechster Spiegelstrich GemSortV setzt voraus, daß der Berechtigte ein entsprechendes Auskunftsverlangen an den Aufbereiter richtet, und besteht nur für das Wirtschaftsjahr, in dem der Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Nach
Art. 9 Abs. 3 Satz 1 NachbauV können zwar gegebenenfalls auch Angaben für bis zu drei vergangene Wirtschaftsjahre verlangt werden. Das setzt jedoch nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 NachbauV voraus, daß der Berechtigte in dem ersten der vergangenen Jahre bereits ein Auskunftsverlangen an den Aufbereiter gerichtet hat. Soweit im deutschen Text der Verordnung davon die Rede ist, daß es sich bei dem ersten Jahr, auf das sich die Information beziehen soll, um das Jahr handeln "soll", in dem erstmals ein Auskunftsverlangen zu der betreffenden Sorte und dem betreffenden Aufbereiter gestellt worden ist, folgt daraus nicht, daß der Berechtigte gegebenenfalls auch für zurückliegende Zeiten, für die die Voraussetzungen des Verlangens nicht erfüllt sind, Ansprüche geltend machen kann. Das zeigen etwa die französischen, englischen, italienischen, spanischen und niederländischen Textfassungen des Art. 9 Abs. 3, nach denen das erste auskunftspflichtige Wirtschaftsjahr dasjenige des ersten Auskunftsverlangens ist bzw. zu sein hat. Als erstes Auskunftsverlangen in diesem Sinne wiederum kann nach Sinn und Zweck der Regelung nur ein solches Auskunftsverlangen angesehen werden, das den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 sechster Spiegelstrich GemSortV entspricht. Da der Berechtige Auskunft nach dieser Vorschrift aber nur dann verlangen kann, wenn er über Anhaltspunkte für einen Nachbau bzw. eine Aufbereitung für den Nachbau verfügt (EuGH, Urt. v. 10.4.2003 - C-305/00, Slg. 2003, I 3525 = GRUR Int. 2003, 736 Rdn. 72 - Schulin/Saatgut-Treuhand; Urt. v. 14.10.2004 - C-336/02, GRUR 2005, 236 Rdn. 54 - Saatgut-Treuhand/Brangewitz), ist ein erstes Auskunftsverlangen nur dann beachtlich, wenn es seinerseits auf entsprechenden Anhaltspunkten beruht. Da Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu fehlen, kann die Verurteilung der Beklagten auch hinsichtlich der Sorten "Bandit", "Charger", "Tilburi", "Carola", "Ritmo", "Semper" und "Theresa" nicht bestehenbleiben.

b) Hinsichtlich der nach dem Sortenschutzgesetz geschützten Sorten "Avanti", "Milva", "Jumbo" und "Loreley" gilt im Ergebnis nichts anderes. Da der Auskunftsanspruch auch nach deutschem Recht Anhaltspunkte für die Aufbereitung einer geschützten Sorte erfordert, erstreckt er sich nicht auf Wirtschaftsjahre , für die solche Anhaltspunkte nicht dargetan sind. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Senats zum zeitlichen Umfang des Auskunftsanspruchs, der sich aus der Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts ergibt. Zwar begründet insoweit jede Verletzungshandlung dem Grunde nach die Verpflichtung des Verletzers, über alle anderen - vergangenen und künftigen - Handlungen Auskunft zu erteilen, die in gleicher Weise durch den sich aus der konkreten Verletzungshandlung und die angegriffene Ausführungsform ergebenden Verletzungstatbestand gekennzeichnet sind (BGHZ 117, 264, 278 f. - Nicola; Sen.Urt. v. 4.5.2004 - X ZR 234/02, GRUR 2004, 755, 756 - Taxameter [für BGHZ 159, 66 vorgesehen]). Der mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch ist indessen nicht auf eine Sortenschutzverletzung gegründet. Dem Sortenschutzinhaber ist es nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SortG vorbehalten, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte für Vermehrungszwecke aufzubereiten. Die Wirkung des Sortenschutzes erstreckt sich nach § 10a Abs. 2 aber nicht auf Erntegut, das ein Landwirt durch Anbau von Vermehrungsmaterial einer zum Nachbau zugelassenen geschützten Sorte im eigenen Betrieb gewonnen hat und dort als Vermehrungsmaterial verwendet, soweit der Landwirt seinen Verpflichtungen nach § 10a Abs. 3 und 6 nachkommt. Dieses sortenschutzfreie Erntegut darf auch zum Zwecke des Nachbaus aufbereitet werden (§ 10a Abs. 2 Satz 2 SortG) und bleibt unabhängig davon sortenschutzfrei, ob der Aufbereiter den nach § 10a Abs. 6 auch ihn treffenden Auskunftsanspruch erfüllt. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich somit nicht, daß die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 37b SortG oder eines auf § 242 BGB gegründeten, der Beziffe-
rung eines Schadensersatzanspruchs dienenden und zusätzlich Verschulden voraussetzenden Auskunftsanspruchs gegeben wären. III. Nach dem zu II 1 und II 3 a Ausgeführten kann auch die Zuerkennung der auf Art. 94 Abs. 1 Buchst. a GemSortV gestützten geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht bestehenbleiben. Nach dieser Vorschrift kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer hinsichtlich einer Sorte, für die ein gemeinschaftlicher Sortenschutz erteilt wurde, eine der in Art. 13 Abs. 2 genannten Handlungen vornimmt , ohne dazu berechtigt zu sein. Nach Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. b GemSortV hat der gemeinschaftliche Sortenschutz unter anderem die Wirkung, daß allein der Sortenschutzinhaber zur Aufbereitung zum Zwecke der Vermehrung berechtigt ist, wobei diese Wirkung durch das Landwirteprivileg des Art. 14 Abs. 1 GemSortV eingeschränkt wird. Im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens kann die - gegebenenfalls nicht ohne eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu entscheidende - Frage offenbleiben, ob und inwieweit die Erfüllung der von Art. 14 Abs. 3 GemSortV vorgesehenen und in der Nachbauverordnung konkretisierten Pflichten, die nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GemSortV zu den Bedingungen für das Eingreifen des Landwirteprivilegs des Art. 14 Abs. 1 GemSortV gehören, Voraussetzung für die Rechtfertigung der Aufbereitung zum Zwecke des Nachbaus ist und ob insoweit auf die Erfüllung der Auskunftspflicht des Aufbereiters, der Verpflichtungen des Landwirts oder aber der Verpflichtungen beider abzustellen ist. Denn zu alledem fehlen hinreichende Feststellungen des Berufungsgerichts. IV. Eine abschließende Sachentscheidung ist dem Senat insgesamt verwehrt. Die Klägerin hat die von den Tatsacheninstanzen festgestellten Aufbereitungshandlungen in der Meinung, damit die Klageansprüche ausreichend
zu rechtfertigen, ausdrücklich nur beispielhaft vorgetragen. Das Berufungsgericht hatte nach seinem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung, der Klägerin Gelegenheit zu geben, gegebenenfalls auch zu den übrigen Sorten, hinsichtlich derer sie Ansprüche geltend macht, Anhaltspunkte für Aufbereitungshandlungen der Beklagten darzulegen. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, dies nachzuholen. Zugleich hat das Berufungsgericht damit Gelegenheit zur Prüfung, inwieweit die Angaben der Beklagten zur Aufbereitung der von der Klägerin konkret genannten Sorten zum Zwecke der Auskunftserteilung gemacht worden sind und inwieweit sie den geltend gemachten Auskunftsanspruch erledigen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff