Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01

bei uns veröffentlicht am21.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 218/01 Verkündet am:
21. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Streiten die Parteien, ob die Schuld fällig ist, nachdem der Gläubiger die Leistung
verlangt hat, ist es Sache des Schuldners darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen
, daß aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Festlegung oder der Umstände des
Falls erst zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt zu leisten ist. Dies trifft auch bei
Streit zu, wann im konkreten Fall die angemessene Fertigstellungsfrist tatsächlich
abgelaufen und deshalb Fälligkeit eingetreten ist.
BGH, Urt. v. 21. Oktober 2003 - X ZR 218/01 - OLG München
LG Landshut
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 21. August 2001 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen und die Beklagte zur Zahlung von mehr als 24.470,62 DM nebst 9,25 % Zinsen aus 23.158,77 DM seit dem 21. Juni 2000 sowie aus weiteren 1.311,85 DM seit dem 25. Juni 2000 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte hatte ein Grundstück erworben, in dessen Boden sich Altlasten befanden. Sie wollte das Grundstück mit Häusern bebauen und diese sodann veräußern. Die Gemeinde war zu einem entsprechenden Bebauungsplan bereit, wenn die Beklagte bis August 2000 den Nachweis über eine Bodensanierung und die Entsorgung des kontaminierten Erdreichs führe.
Im November 1999 beauftragte die Beklagte die Klägerin, den Boden auszubaggern, in Haufen zwischenzulagern, und - nach deren Untersuchung auf die jeweilige Schadstoffbelastung durch ein Labor und nach entsprechender Entsorgungsgenehmigung des Wasserwirtschaftsamts - zu Deponien zu fahren und dort zu entsorgen.
Die Klägerin begann jedenfalls am 25. November 1999 mit den Arbeiten. Der Beklagten ging deren Erledigung nicht schnell genug voran. Sie monierte das in Gesprächen auf der Baustelle und in schriftlicher Form. So verlangte die Beklagte mit Schreiben vom 19. April 2000, den Bodenaustausch bis spätestens 28. April 2000 abzuschließen, weil ein anderes Unternehmen am 2. Mai 2000 mit seinen Arbeiten beginnen wolle. Mit Schreiben vom 16. Mai 2000 stellte sich die Beklagte auf den Standpunkt, daß die Klägerin sich seit dem 28. April 2000 in Verzug befinde, und kündigte an, der Klägerin den durch ihre angeblich schleppende Arbeitsweise entstandenen Schaden in Rechnung zu stellen. Dabei forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Arbeiten unverzüglich mit genügend Personal und Maschineneinsatz fortzusetzen. Es hieß dann
weiter: "Sollten Sie bis Freitag den 19. Mai 2000 nicht mit der von uns ge- wünschten Anzahl von Lkw und Personal auf der Baustelle sein, sehen wir uns gezwungen, eine zweite Firma einzuschalten. Die dadurch entstehenden Mehrkosten werden wir Ihnen in Rechnung stellen. ...".
Mit Schreiben vom 19. Mai 2000 kündigte die Beklagte der Klägerin schließlich fristlos und forderte sie auf, die Baustelle am Montag, dem 22. Mai 2000, zu räumen. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nach. Noch im Mai 2000 beauftragte die Beklagte ein anderes Entsorgungsunternehmen.
Die Klägerin hat als Restwerklohn für tatsächlich erbrachte Arbeiten 99.298,15 DM nebst Zinsen eingeklagt. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt, für die Entsorgung bestimmten Materials insgesamt 24.470,62 DM zuviel an die Klägerin gezahlt zu haben, weil die von dieser insoweit behauptete Preisabsprache nicht zustande gekommen sei. Außerdem sei sie, die Beklagte, durch das zögerliche Arbeiten der Klägerin geschädigt , weil ihr zusätzliche Kosten für die Einschaltung des neuen Entsorgungsunternehmens und im Hinblick auf die Finanzierung des Grundstücksgeschäfts entstanden seien. Die Beklagte meint deshalb, jedenfalls noch 30.000,-- DM von der Klägerin verlangen zu können, und hat wegen dieses Betrags nebst Zinsen Widerklage erhoben.
Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen in Höhe eines Betrags von 95.079,67 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Die daraufhin von der Beklagten eingelegte Revision hat der Senat
nicht angenommen, soweit die Beklagte zur Zahlung von 24.470,62 DM nebst 9,25 % Zinsen aus 23.158,77 DM seit dem 21. Juni 2000 sowie aus weiteren 1.311,85 DM seit dem 25. Juni 2000 verurteilt worden ist.
Die Beklagte verfolgt im übrigen ihren Klageabweisungs- und Widerklageantrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel der Beklagten entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision der Beklagten hat im Umfang der Annahme der Revision Erfolg. Sie führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Abweisung der Widerklage und die Verurteilung der Beklagten, soweit sie nicht durch Nichtannahme der Revision rechtskräftig ist, beruhen darauf, daß das Berufungsgericht die von der Klägerin geschuldete Werkherstellung als nicht verspätet angesehen hat, weil die Leistungspflicht noch nicht fällig gewesen sei, als die Klägerin der Aufforderung der Beklagten nachkam und die Baustelle räumte. Im Hinblick auf die Fälligkeit hat das Berufungsgericht ausgeführt: Die Parteien hätten weder ursprünglich noch nachträglich bestimmte oder bestimmbare Fristen für die Fertigstellung bzw. eine teilweise Fertigstellung des Vorhabens vereinbart. Die von der Klägerin zu erbringende Leistung sei auch nicht nach den Umständen des Falles fällig geworden. Hier-
zu habe die Beklagte nämlich nicht substantiiert vorgetragen. Die Beklagte hätte vortragen müssen, wann mit ordentlichem, aber nicht überdurchschnittlichem Einsatz der Klägerin nach objektiven Erfahrungswerten üblicherweise die Arbeiten hätten abgeschlossen sein müssen. Dazu hätte insbesondere Vortrag gehört, mit wieviel Personaleinsatz und mit wie vielen Lkw hätte gearbeitet werden müssen.
2. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Tragweite von § 271 Abs. 1 BGB verkannt.

a) § 271 Abs. 1 BGB betrifft die Zeit für die Leistung. Gemeint ist damit der Tag oder ein anderer bestimmter Zeitpunkt, an dem der Gläubiger die Leistung verlangen und der Schuldner sie bewirken kann. Die Vorschrift ordnet insoweit an, daß dies sofort geschehen kann, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. § 271 Abs. 1 BGB enthält damit eine zur sofortigen Fälligkeit und Erfüllbarkeit führende Regel, die so lange anzuwenden ist, bis feststeht, daß - sieht man Fällen einer gesetzlichen Bestimmung der Leistungszeit ab - ein bestimmter anderer Leistungszeitpunkt rechtsgeschäftlich bestimmt ist oder sich sonstwie aus den Umständen des Falls ergibt. Dementsprechend braucht der Gläubiger zur Fälligkeit der geltend gemachten Forderung nicht besonders vorzutragen; es ist vielmehr Sache des Schuldners, der sich auf Fehlen der Fälligkeit beruft, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, daß aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Festlegung oder der Umstände des Falls erst zu einem bestimmten anderen späteren Zeitpunkt zu leisten war bzw. ist (MünchKomm.BGB/Krüger, 4. Aufl., § 271 Rdn. 37 m.w.N.; Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl., S. 301).

Bei Anwendung dieser unmittelbar aus § 271 Abs. 1 BGB folgenden Grundsätze ist allerdings zu berücksichtigen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht der Unternehmer im Zweifel nach Vertragsschluß mit der Herstellung alsbald zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen hat, wobei die für die Herstellung notwendige Zeit in Rechnung zu stellen ist (Urt. v. 08.03.2001 - VII ZR 470/99, MDR 2001, 846 m.w.N.). Diese Erkenntnis enthebt den Schuldner jedoch nur von Vortrag, daß das Werk überhaupt erst zu einem späteren, nach dem Entstehen der Schuld liegenden Zeitpunkt fertigzustellen ist. Bei Streit, wann im konkreten Fall die angemessene Fertigstellungsfrist tatsächlich abgelaufen ist und deshalb Fälligkeit eintritt, bleibt der Schuldner aber für die insoweit maßgeblichen Umstände darlegungs- und beweispflichtig.

b) Auf den Streitfall angewendet bedeutet das, daß das angefochtene Urteil, soweit die Revision angenommen worden ist, keinen Bestand haben kann. Das Berufungsgericht hat - unbeanstandet durch die Revision und die Revisionserwiderung - festgestellt, daß die Parteien eine Fälligkeitsregelung nicht getroffen haben. Es kommt danach darauf an, wann nach den Umständen des Streitfalls die angemessene Fertigstellungsfrist abgelaufen ist. Hierzu hat das Berufungsgericht Feststellungen jedoch nicht getroffen, weil es die Beklagte für insoweit darlegungspflichtig angesehen hat, obwohl sie Gläubiger der Werkleistung ist und deshalb für sie die Regel des § 271 Abs. 1 BGB streitet.

c) Das Berufungsgericht wird deshalb die Fälligkeitsfrage erneut zu entscheiden haben, und zwar auf der Grundlage dessen, was die Klägerin als Schuldnerin der Werkleistung zu den Umständen vorgebracht hat und möglicherweise ergänzend vorbringt, die eine sachgerechte Bewertung zulassen, wann im Streitfall die angemessene Fertigstellungsfrist ablief bzw. abgelaufen wäre. Läßt sich nicht die für einen Beweis erforderliche Überzeugung gewinnen , daß diese Frist erst zu einem Zeitpunkt endete, der nach einer Mahnung der Klägerin durch die Beklagte liegt, kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß § 326 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung (a.F.) in Betracht, den die Beklagte der Klageforderung entgegensetzen und der die Widerklage rechtfertigen kann. Eine Mahnung durch die Beklagte hätte dann nämlich verzugsbegründende Wirkung. Ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. in Fällen, in denen es wie hier zu einer Abnahme des Werks nicht gekommen ist, wäre auch nicht durch §§ 634 ff. BGB a.F. ausgeschlossen (Sen.Urt. v. 26.09.1996 - X ZR 33/94, NJW 1997, 50). Auch eine nachträgliche Kündigung des Werkvertrages hinderte Entstehung und Fortbestand eines solchen Anspruchs nicht.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01 zitiert 3 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. März 2001 - VII ZR 470/99

bei uns veröffentlicht am 08.03.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 470/99 Verkündet am: 8. März 2001 Seelinger-Schardt Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 21. Okt. 2003 - X ZR 218/01.

Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 28. Mai 2015 - I - 22 U 173/14

bei uns veröffentlicht am 28.05.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. Oktober 2014 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg (Az.: 22 O 67/11) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gef

Referenzen

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 470/99 Verkündet am:
8. März 2001
Seelinger-Schardt
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Unternehmer hat mit der Herstellung eines vertraglich geschuldeten
Bauwerkes im Zweifel alsbald nach Vertragsschluß zu beginnen
und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen.

b) Fordert der Besteller Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so muß
der Unternehmer darlegen und beweisen, daß ihn an der nicht rechtzeitigen
Fertigstellung des Bauwerkes kein Verschulden trifft.
BGH, Urteil vom 8. März 2001- VII ZR 470/99 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kniffka und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe, 9. Zivilsenat in Freiburg, vom 24. September 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Parteien schlossen am 16./28. Februar 1996 einen Kaufvertrag über eine noch zu errichtende Eigentumswohnung im Wohnpark B. in V.-S. Der Vertrag enthält keinen bestimmten Termin für die Fertigstellung. In den Allgemeinen Verkaufbestimmungen (künftig: AVB) der Beklagten, die Vertragsgegenstand sind, ist in § 2 Abs. 1 bestimmt, daß der Verkäufer sich verpflichtet, das Bauvorhaben unverzüglich zu erstellen. In einem dem Kläger vor Vertrags-
schluß von der mit dem Vertrieb beauftragten C.-GmbH übergebenen Prospekt war als geplanter Fertigstellungstermin der 31. Dezember 1996 genannt. Anfang November 1996 teilte die den Kaufpreis finanzierende Bank dem Kläger mit, daß sie die erste Rate, die nach Beginn der Erdarbeiten fällig war, der Beklagten überwiesen habe. Nach Fertigstellung des Rohbaus zahlte sie Anfang März 1996 die zweite Rate. Am 3. April 1997 setzte der Kläger der Beklagten zur Fertigstellung der Wohnung eine "Nachfrist" bis zum 23. April 1997 mit Ablehnungsandrohung. Auf das Schreiben der Beklagten vom 14. April 1997, mit dem sie die voraussichtliche Fertigstellung des Gebäudes zum 1. Juli 1997 ankündigte und für den Fall eines dringenden Bedarfs um Mitteilung bat, um die Wohnung möglicherweise vorher fertigzustellen, forderte der Kläger im Mai 1997 Schadensersatz. Der Kläger hat von der Beklagten Zahlung von 6.510,68 DM sowie Freistellung von einer Zahlungsverpflichtung in Höhe von 143.221 DM begehrt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten ist die Klage abgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß §§ 636, 326 BGB mit der Begründung, die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Nachfristsetzung nicht im Verzug gewesen. Der Kläger hätte vortragen müssen, die Beklagte habe die Herstellung gemäß § 2 Abs. 1 AVB schuldhaft verzögert. Daran fehle es. Der Kläger habe vielmehr die Überweisungen seiner Bank vom 6. November 1996 und vom 11. März 1997 ohne Beanstandung zur Kenntnis genommen. Wäre er tatsächlich von einer Verpflichtung der Beklagten zur Fertigstellung Ende Dezember 1996 ausgegangen, hätte er bei Beginn der Erdarbeiten um den 6. November 1996 sofort remonstrieren und die entsprechenden Maßnahmen treffen müssen. Dies belege, daß auch der Kläger nicht von einem verbindlichen Fertigstellungstermin ausgegangen sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Leistung der Beklagten war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts spätestens Ende Februar 1997 fällig. Die Frage, ob die Beklagte im Zeitpunkt der Nachfristsetzung bereits im Verzug gewesen war, ist rechtlich ohne Bedeutung. 1. Stellt ein Unternehmer ein vertraglich geschuldetes Werk nicht rechtzeitig her, so kann der Besteller im Falle des Verzugs des Unternehmers die Rechte aus § 326 Abs. 1 BGB geltend machen. An einer rechtzeitigen Herstellung fehlt es, wenn die für die Ablieferung bestimmte Frist überschritten und damit Fälligkeit eingetreten ist. Diese Frist kann sich aus der Parteivereinbarung oder aus den Umständen ergeben (§ 271 Abs. 1 BGB). Dazu sind der
Wortlaut des Vertrages und die Umstände des Einzelfalls, namentlich die der Gegenseite erkennbare wirtschaftliche Bedeutung an der Einhaltung einer Frist, zu würdigen (Staudinger/Peters, BGB, 13. Bearb. (2000) § 636 Rdn. 4). Im Zweifel hat der Unternehmer nach Vertragsschluß mit der Herstellung alsbald zu beginnen und sie in angemessener Zeit zügig zu Ende zu führen (BGB-RGRK/Glanzmann, 12. Aufl. § 636 Rdn. 1). Dabei ist die für die Herstellung notwendige Zeit in Rechnung zu stellen. Mit Ablauf der angemessenen Fertigstellungsfrist tritt Fälligkeit ein. Alsdann kann eine mit der Ablehnungsandrohung verbundene Nachfristsetzung zugleich mit der Mahnung ausgesprochen werden (BGH, Urteile vom 10. Januar 1990 - VIII ZR 337/88, NJW-RR 1990, 442, 444; Urteil vom 17. Dezember 1996 - X ZR 74/95, NJW-RR 97, 622, 624). 2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
a) Die Parteien haben im Vertrag vom 16./28. Februar 1996 keine ausdrückliche Frist für die Fertigstellung der Wohnung vereinbart. Die Beklagte hat sich jedoch in § 2 Abs. 1 AVB zur unverzüglichen Herstellung verpflichtet. Danach hatte die Beklagte alsbald nach Vertragsschluß ohne schuldhaftes Zögern mit dem Bau zu beginnen und ihn in angemessener Zeit zügig fertigzustellen. Für dieses Verständnis sprechen auch die ihr erkennbaren Umstände. Die Wohnungen sollten als Kapitalanlage errichtet werden. Die potentiellen Erwerber waren spätestens bei Vertragsschluß auf die Vorgabe eines möglichst konkreten Zeitrahmens für die Fertigstellung angewiesen, um ihre Finanzierung danach ausrichten zu können. Nach dem bei Vertragsschluß gültigen Prospekt war zudem ein Fertigstellungstermin zum 31. Dezember 1996 in Aussicht genommen. Diesen Termin hätte die Beklagte, die für den Bau der Woh-
nung etwa acht Monate (Anfang November 1996 bis Anfang Juli 1997) benötigte , nach Vertragsschluß bei zügiger Ausführung unschwer einhalten können. Ob der Beklagten nach den Umständen noch eine weitere Frist bis Ende Februar 1997 zur Verfügung stand, wie das Landgericht meint, kann offenbleiben, da die Wohnung auch zu diesem Zeitpunkt nicht fertiggestellt war.
b) Zu Unrecht legt das Berufungsgericht dem Kläger die Darlegungslast für eine schuldhafte Verzögerung seitens der Beklagten auf (§ 285 BGB; BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 73/98, BauR 1999, 645, 647 = ZfBR 1999, 188). Daß der Kläger die Zahlung der ersten und der zweiten Rate seiner Bank ohne Beanstandung zur Kenntnis genommen hat, ist, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, unerheblich. Dieser Umstand läßt weder auf ein fehlendes Verschulden der Beklagten an dem verzögerten Baubeginn schließen noch die spätere Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung als treuwidrig erscheinen. Ein Einverständnis des Klägers mit dem verspäteten Baubeginn stellt das Berufungsgericht nicht fest; hierfür ist auch nichts ersichtlich.
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger die Erfüllung des Vertrages nach dem 23. April 1997 abgelehnt. Er war aus Rechtsgründen nicht gehindert, in seinem Schreiben vom 3. April 1997 die Mahnung mit der Nachfristsetzung und der Ablehnungsandrohung zu verbinden.

III.

Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehenbleiben; es ist aufzuheben. Nach Zurückverweisung der Sache wird das Berufungsgericht der Beklagten zunächst Gelegenheit geben müssen, zu den Gründen des verzögerten Baubeginns vorzutragen und sie unter Beweis zu stellen, sofern sie sich damit entlasten kann.
Ullmann Hausmann Wiebel Kniffka Wendt

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.