Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03

bei uns veröffentlicht am07.09.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 25/03 Verkündet am:
7. September 2004
Weschenfelder
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Scharen und Keukenschrijver und die Richterinnen Ambrosius und
Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Januar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerinnen begehren Schmerzensgeld, Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen eines Reiseunfalls.
Die Klägerin zu 2 - die Mutter der Klägerin zu 1 - buchte bei der Beklagten für ihre aus den Eltern und drei Kindern bestehende Familie eine Pauschalreise in eine Clubanlage auf M. . Die Beklagte bestätigte die Buchung mit Schreiben vom 26. März 1999, worin sie auf ihre beigefügten Reise- und Zahlungsbedingungen hinwies, in denen es unter Nr. 10.7 hieß:
"Sämtliche in Betracht kommende Ansprüche müssen Sie innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vereinbarten Reiseende möglichst schriftlich uns gegenüber geltend machen. Nach dem Ablauf der Frist können Sie Ansprüche nur dann noch geltend machen, wenn Sie an der Einhaltung der Frist ohne Ihr Verschulden gehindert waren."
Am 27. Juli 1999 stürzte die damals sieben Jahre alte Klägerin zu 1, die sich zuvor in den Räumen des von der Beklagten unterhaltenen Kinderclubs aufgehalten hatte, von einer auf dem Vorplatz des Kinderclubs befindlichen etwa 1 m hohen, hinten aber 2 m tief abfallenden Mauer nach hinten ab. Ob vor dieser Mauer damals Stühle standen, ob das Kind, dem die Eltern die Erlaubnis gegeben hatten, den Kinderclub unbeaufsichtigt zu verlassen, auf diesem Vorplatz noch von den Betreuern des Kinderclubs zu beaufsichtigen war und ob die Betreuer den Sturz gegebenenfalls hätten verhindern können, ist streitig und ungeklärt. Das Kind erlitt einen komplizierten Bruch des rechten Ellenbogens , der am Urlaubsort eine Operation und einen mehrtägigen Krankenhaus-
aufenthalt erforderlich machte, während dessen auch die Mutter im Krankenhaus blieb. Noch am Urlaubsort zeigte die Klägerin zu 2 den Unfall der dortigen Reiseleitung der Beklagten an, die am 2. August 1999 einen vorgedruckten Fragebogen mit der Überschrift "Personen- und Sachschäden" ausfüllte, in dem unter der Rubrik "Unfall" nach dem Unfallhergang und der Art der Verletzung gefragt wurde und dessen Fußzeile lautete: "Diese Meldung stellt kein Anerkenntnis einer Haftung seitens der Veranstalter dar." Die Klägerin zu 2 unterschrieb. Die Reise endete vertragsgemäß am 5. August 1999. Mit Schreiben vom 6. September 1999, das der Beklagten am 7. September 1999 zuging, meldete der damalige anwaltliche Vertreter der Klägerinnen Ansprüche bei der Beklagten an, die diese mit Schreiben vom 14. September 1999 zurückwies. Am 27. Dezember 2001 haben die Klägerinnen Klage erhoben mit den Anträgen , an die Klägerin zu 1 ein angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung von 10.000,-- DM zu zahlen und der Klägerin zu 2 30 % des gesamten Reisepreises sowie Taxifahrten und den Zeitwert des von dem Kind bei seinem Sturz getragenen, im Krankenhaus bei der Behandlung zerschnittenen T-Shirts zu ersetzen. Insgesamt begehrt die Klägerin zu 2 2.498,-- DM.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, etwaige Ansprüche seien wegen verspäteter Geltendmachung nach Nr. 10.7 der Reise- und Zahlungsbedingungen der Beklagten ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat jedoch wegen der damals noch umstrittenen Frage, ob eine Bedingungsklausel wirksam ist, welche die in § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB für vertragliche Reisegewährleistungsansprüche geregelte einmonatige Anmeldungsfrist auf deliktische Schadensersatzansprü-
che ausdehnt, die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgen die Klägerinnen ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat etwaige reisevertragliche Gewährleistungsansprüche wegen Versäumung der einmonatigen Ausschlußfrist für die Geltendmachung (§ 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB) abgelehnt. Die Schadensmeldung der Klägerin zu 2 am 2. August 1999 sei keine Geltendmachung von Ansprüchen , sondern lediglich eine Mängelanzeige im Sinne des § 651 c Abs. 2 Satz 1 BGB gewesen. Denn zum einen habe die Klägerin zu 2 diese Schadensanzeige der örtlichen Reiseleitung und nicht dem Reiseveranstalter gegenüber abgegeben, und zum anderen sei weder aus dem schriftlichen Text dieser Anzeige noch aus dem Vortrag der Klägerinnen erkennbar, daß die Klägerin zu 2 damals bereits Ansprüche geltend gemacht hätte. Dies sei vielmehr erst mit dem 7. September 1999 bei der Beklagten eingegangenen Anwaltsschreiben vom 6. September 1999 geschehen. Damit hätten die Klägerinnen die Ausschlußfrist, die am 6. September 1999 abgelaufen sei, versäumt. Im übrigen seien die vertraglichen Ansprüche auch verjährt, da die sechsmonatige Verjährungsfrist (§ 651 g Abs. 2 BGB) mit dem Zurückweisungsschreiben der Beklagten vom 14. September 1999 zu laufen begonnen habe, die Klage aber erst am 27. Dezember 2001 erhoben worden sei.
Auch etwaige deliktische Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht für ausgeschlossen gehalten. Der Ausschluß ergebe sich zwar nicht aus § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB, da sich diese Bestimmung nur auf die vertrag-
lichen Ansprüche der §§ 651 c bis 651 f BGB beziehe, wohl aber aus Nr. 10.7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, wonach sämtliche, also auch deliktische Ansprüche innerhalb eines Monats seit Reiseende geltend gemacht werden müßten. Die Klausel halte der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung zum Teil nicht stand. Den Klägerinnen stehen zwar keine durchsetzbaren vertraglichen, möglicherweise aber deliktische Schadensersatzansprüche zu.
1. Reisevertragliche Schadensersatzansprüche hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.

a) Es kann offenbleiben, ob die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Klägerinnen die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB versäumt hätten, und insbesondere seine Auslegung, die Schadensmeldung der Klägerin zu 2 am Urlaubsort sei eine bloße Mängelanzeige und keine Anspruchsanmeldung gewesen, frei von Rechtsfehlern zustandegekommen sind. Bedenken bestehen insoweit, als das Berufungsgericht nicht hinreichend bedacht haben könnte, daß dann, wenn der Reisende einen erheblichen Schaden anzeigt, insbesondere einen Gesundheitsschaden, den er infolge eines Reisemangels erlitten hat, darin die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs liegen kann, auch wenn der Reisende nicht ausdrücklich Schadensersatz begehrt. Auch könnte das Berufungsgericht im vorliegenden besonderen Fall den Auslegungsstoff nicht ausgeschöpft haben, indem es die textliche Ausgestaltung des von der Klägerin zu 2 unterschriebenen Fragebogens als Schadensanzeige
nicht berücksichtigte. Falls die Erklärung der Klägerin zu 2 inhaltlich auf Schadensersatz abzielte, so spricht auch der Umstand, daß die Klägerin sie gegenüber der örtlichen Reiseleitung, nicht gegenüber der Niederlassung des Reiseveranstalters im Heimatland abgab, nicht dagegen, die Erklärung als Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen anzusehen. Denn die Klägerin zu 2 durfte darauf vertrauen, daß die Reiseleitung ihre Anspruchsanmeldung an den Reiseveranstalter weiterleiten werde.
Der Senat braucht indessen über die Versäumung der Ausschlußfrist im vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden.

b) Denn etwaige vertragliche Ansprüche der Klägerinnen sind auch, falls sie rechtzeitig angemeldet wurden, jedenfalls nicht durchsetzbar, weil sich die Beklagte insoweit zu Recht auf Verjährung berufen hat.
(1) Die im vorliegenden Rechtsstreit maßgebende Verjährungsfrist von sechs Monaten, die mit dem - unstreitigen - Zurückweisungsschreiben der Beklagten vom 14. September 1999 zu laufen begann (§ 651 g Abs. 2 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung; künftig: a.F.), war abgelaufen, als die Klägerinnen am 27. Dezember 2001 mit der Klageerhebung die erste Handlung vornahmen, die nach § 209 Abs. 1 BGB a.F. zur Unterbrechung der Verjährung führen konnte.
(2) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Beklagte habe sich nicht auf die Verjährung der Klageforderungen berufen. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung die Einrede der Verjährung erhoben. Nach dem den Zivilpro-
zeß beherrschenden Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 Abs. 1 ZPO) ist zwar nicht das schriftliche, sondern das mündliche Parteivorbringen maßgebend. Die Revision meint, die Verjährungseinrede sei nicht mündlich vorgetragen worden, weil sie im Tatbestand des Berufungsurteils, der Beweis für das mündliche Parteivorbringen erbringt (§ 314 Satz 1 ZPO), nicht ausdrücklich erwähnt ist. Der Urteilstatbestand beweist aber nicht nur, daß das, was in ihm als Parteivortrag ausdrücklich wiedergegeben wird, tatsächlich vorgetragen worden ist, sondern auch, daß der gesamte Inhalt der im Tatbestand in Bezug genommenen Schriftsätze vorgetragen worden ist (BGH, Urt. v. 03.11.1982 - IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885, 886 unter I 1; Urt. v. 09.02.1990 - V ZR 149/88, NJW 1990, 2755 unter 1). Hier nimmt das Berufungsurteil auf sämtliche gewechselten Schriftsätze Bezug.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen auch Schadensersatzansprüche der Klägerinnen aus unerlaubter Handlung wegen Körperverletzung zurückgewiesen. Derartige Ansprüche sind weder verjährt noch durch Versäumung der Ausschlußfrist verlorengegangen.

a) Etwaige deliktische Schadensersatzansprüche sind nicht verjährt, weil für sie die Verjährungsfrist drei Jahre betrug (§ 852 Abs. 1 1. Altern. BGB a.F.) und diese Frist, die frühestens am Unfalltag, dem 29. Juli 1999, zu laufen begann , durch die am 27. Dezember 2001 erfolgte Klageerhebung rechtzeitig unterbrochen wurde. Die kürzere, seinerzeit sechsmonatige Verjährungsfrist des Reisevertragsrechts (§ 651 g Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.) gilt nicht für eine dem Reisenden auf der Reise zugefügte unerlaubte Handlung (BGH, Urt. v. 25.02.1988 - VII ZR 348/86, NJW 1988, 1380 unter II 3).


b) Deliktische Schadensersatzansprüche sind aber auch nicht durch Versäumung einer Ausschlußfrist verlorengegangen. Unbeschadet der Frage, ob die Klägerinnen eine etwaige einmonatige Ausschlußfrist durch die rechtzeitige Anspruchsanmeldung bei der örtlichen Reiseleitung gewahrt hätten, gilt für die deliktischen Ansprüche der Klägerinnen die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Weder ist die ihrem Wortlaut nach nur für die reisevertraglichen Gewährleistungsansprüche geltende Regelung des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar oder analog auf konkurrierende Ersatzansprüche aus unerlaubter Handlung anwendbar, noch haben die Parteien eine Ausschlußfrist auch für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung wirksam vertraglich vereinbart. Wie der Senat inzwischen entschieden hat (Urt. v. 03.06.2004 - X ZR 28/03 unter II, zur Veröffentlichung vorgesehen), benachteiligt eine AGB-Klausel, welche die Ausschlußfrist ganz allgemein auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung ausdehnt, den Reisekunden unangemessen und ist daher unwirksam (§ 9 Abs. 1 AGBG; jetzt: § 307 BGB).
III. Das angefochtene Urteil kann demnach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Es war aufzuheben. Der erkennende Senat kann nicht selbst abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob
der Beklagten eine unerlaubte Handlung - etwa wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht oder pflichtwidrig vernachlässigter Aufsicht über das Kind - zur Last fällt und ob gegebenenfalls den Klägerinnen ein Schaden in welcher Höhe entstanden ist. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Ambrosius Mühlens

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03 zitiert 5 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Zivilprozessordnung - ZPO | § 314 Beweiskraft des Tatbestandes


Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 209 Wirkung der Hemmung


Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juni 2004 - X ZR 28/03

bei uns veröffentlicht am 03.06.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 28/03 Verkündet am: 3. Juni 2004 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 07. Sept. 2004 - X ZR 25/03.

Oberlandesgericht Rostock Urteil, 11. Feb. 2011 - 5 U 40/10

bei uns veröffentlicht am 11.02.2011

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des Landgerichts Rostock vom 29.01.2010 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 997,5

Referenzen

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 28/03 Verkündet am:
3. Juni 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 651 g a.F.
AGBG § 9 Bi a.F.
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reisevertrags, nach der
die Geltendmachung aller Ansprüche, auch solcher aus unerlaubter Handlung, nach
Ablauf einer einmonatigen Frist grundsätzlich ausgeschlossen ist, verstößt gegen
§ 9 AGBG a.F. (jetzt § 307 Abs. 1 BGB) und ist deswegen unwirksam.
BGH, Urt. v. 3. Juni 2004 - X ZR 28/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 23. Januar 2003 verkündete Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die beklagte Reiseveranstalterin auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin buchte am 24. Januar 2000 für sich und ihren Ehemann über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Mallorca für die Zeit vom 3. bis 17. Juni 2000. Die Reiseanmeldung enthielt einen von der Klägerin gesondert unterschriebenen Hinweis auf die Reisebedingungen der Beklagten. Diese "Reise- und Zahlungsbedingungen" befassen sich in Abschnitt 10, der mit "Haftung, Verjährung" überschrieben ist, unter Nr. 10.6 mit Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung. Nr. 10.7 lautet sodann:
"Sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche müssen Sie innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vereinbarten Reiseende möglichst schriftlich uns gegenüber geltend machen. Nach dem Ablauf dieser Frist können Sie Ansprüche nur dann noch geltend machen , wenn Sie an der Einhaltung der Frist ohne Ihr Verschulden gehindert waren."
Am letzten Urlaubstag, dem 17. Juni 2000, stürzte die Klägerin in der Halle ihres Urlaubshotels von der obersten Stufe einer Marmortreppe und verletzte sich.
Mit Schreiben vom 28. August 2000 meldete der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt bei der Beklagten Schadensersatzansprüche an.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtlichen materiellen Schaden, den sie aufgrund des Unfallereignisses erlitten hat, soweit dieser nicht durch eine Versicherung übernommen worden ist, sowie ein Schmerzensgeld.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 651 g BGB wegen Fristversäumnis ausgeschlossen und zudem auch verjährt sei. Das gelte nach den wirksam vereinbarten Reisebedingungen auch für deliktische Ansprüche.
Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur noch deliktische Ansprüche geltend gemacht. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die deliktischen Ansprüche im Umfang ihrer Klage weiter. Die Beklagte tritt dem entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe mit der Anmeldung ihrer Ansprüche durch das Anwaltsschreiben vom 28. August 2000 nicht die hierfür vereinbarte Monatsfrist eingehalten. Diese gelte nicht nur für reisevertragliche Ansprüche; sie sei durch die inhaltsgleiche Klausel in Nr. 10.7 der "Reise- und Zahlungsbedingungen" der Beklagten auch für deliktische Ansprüche rechtswirksam vereinbart worden.
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand.
I. 1. Die Parteien streiten nicht darüber, daß die Klausel in dem üblichen Katalogmaterial der Beklagten enthalten war, das nicht nur in dem Bezirk des Berufungsgerichts verwendet worden ist. Der Senat kann die Klausel daher frei auslegen (st. Rspr., vgl. BGHZ 22, 109, 112; 77, 116; 98, 256, 258 m.w.N.).
Auch bei der gebotenen engen Auslegung von Verzichts- und Ausschlußklauseln ist der Klausel mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß sie sich auf sämtliche, nicht nur auf reisevertragliche Ansprüche bezieht. Zu Recht haben das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht darauf abgestellt, daß sich die "Reise- und Zahlungsbedingungen" im vorhergehenden Absatz unter 10.6 ausdrücklich mit Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung befassen und die Haftung für solche Ansprüche der Höhe nach begrenzen, die nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen.
Daran schließt sich unmittelbar die Klausel der Nr. 10.7 an, die sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf "sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche" bezieht. Daß damit nicht nur die reisevertraglichen, sondern auch die unmittelbar zuvor ausdrücklich erörterten deliktischen Ansprüche umfaßt sein sollten, konnte danach für den Reisekunden nicht zweifelhaft sein. Nicht entscheidend ist es, ob nach der Gliederungssystematik die Klauseln der Nr. 10.6 und 10.7 als gleichgeordnet anzusehen sind. Für den Adressaten wird aus dem Zusammenhang erkennbar, daß Nr. 10 sich mit der Haftung der Beklagten aus allen rechtlichen Gesichtspunkten, ausdrücklich auch mit solchen aus unerlaubter Handlung, befaßt. Wenn sodann von "sämtlichen in Betracht kommenden Ansprüchen" die Rede ist, bezieht sich dies danach auf alle zuvor abgehandelten Anspruchsgrundlagen. Es gibt keinen einleuchtenden Grund, warum sich diese Klausel nach dem Verständnis des Reisekunden nur auf die reisevertraglichen Schadensersatzansprüche beziehen sollte. Es mag sein, daß ein rechtsunkundiger Reisekunde nicht ohne weiteres bei "sämtlichen" Ansprüchen auch an solche aus unerlaubter Handlung denkt. Er wird jedoch durch die in Nr. 10.6 enthaltene Regelung auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung hingewiesen. Auch wenn er danach zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen differenziert , so drängt sich für ihn mangels entgegenstehender Anhaltspunkte, die hier nicht ersichtlich sind, auf, daß mit den in Nr. 10.7 genannten "sämtlichen in Betracht kommenden Ansprüchen" auch die zuvor ausdrücklich abgehandelten aus unerlaubter Handlung gemeint sind.
Die Entscheidungen des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 07.02.1979 - VIII ZR 305/77, NJW 1979, 2148, 2149) und des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 12.03.1985 - VI ZR 182/83, VersR 1985, 595,
596) stehen dieser Bewertung nicht entgegen. Danach ist auch der Ausschluß deliktischer Ansprüche im Rechtsverkehr mit Nichtkaufleuten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich möglich, wenn er in diesen eindeutig vorgesehen ist. Dies ist hier der Fall.
2. Die Klausel scheitert auch nicht an § 5 AGBG a.F.. Das AGB-Gesetz ist auf den Vertrag der Parteien anwendbar, weil dieser vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Nach § 5 AGBG a.F. gehen Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Solche Zweifel bestehen hier jedoch nicht. Die Formulierung ist nicht zweifelhaft, da sich aus ihr selbst wie auch aus dem Zusammenhang ergibt, daß auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung umfaßt sein sollen.
3. Die Klausel verstößt auch nicht gegen § 651 l BGB in der vor dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung. Danach kann von den Vorschriften der §§ 651 a bis 651 k BGB a.F. nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden; diese sind zwingendes Recht. Auf andere als reisevertragliche Ansprüche ist § 651 l BGB a.F. nicht unmittelbar anwendbar (BGHZ 103, 298, 302; Staudinger/Schwerdtner, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 5, 21; Erman/Seiler, BGB, 9. Aufl., § 651 g Rdn. 1; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdn. R 101; Soergel/H. W. Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 6; Staudinger /J. Eckert, BGB, Neubearbeitung 2003, § 651 g Rdn. 25; Führich, Reiserecht , 3. Aufl. Rdn. 360; Seyderhelm, Reiserecht, BGB, § 651 g Rdn. 7; Tonner , Der Reisevertrag, 4. Aufl., BGB, § 651 g Rdn. 18). In seiner Entscheidung vom 12. März 1987 (BGHZ 100, 158, 184) hat der VII. Zivilsenat des Bundes-
gerichtshofs nicht entschieden, daß der damalige § 651 k BGB a.F. und spätere § 651 l BGB a.F. auch auf Ansprüche aus Delikt anzuwenden sei. Dort wird lediglich ausgeführt, daß die in Rede stehende Klausel, wonach sich der Reiseveranstalter von sämtlichen Schadensersatzansprüchen freigezeichnet habe, nicht nur gemäß § 651 k BGB unwirksam sei, soweit sie die gesetzliche Ermächtigungsgrenze überschreite, ihre Unwirksamkeit sich vielmehr insgesamt aber auch aus § 11 Nr. 7 AGBG ergebe. In seiner Entscheidung vom 25. Februar 1988 (BGHZ 103, 298, 302) hat der VII. Zivilsenat ausdrücklich hervorgehoben, daß die Ansprüche aus dem Reisevertrag und diejenigen aus unerlaubter Handlung grundsätzlich selbständig zu bewerten sind und insbesondere in diesem Fall die kurze Verjährungsfrist des Reisevertragsrechts nicht für unerlaubte Handlungen gilt, die dem Reisenden auf der Reise zugefügt wurden.
II. Die Ausdehnung der Ausschlußfrist des § 651 g BGB a.F. auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters widerspricht jedoch, jedenfalls in dem Umfang, in dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten dies vorsehen, § 9 AGBG a.F. und ist deshalb unwirksam.
In der Festlegung einer allgemein nicht bestehenden Ausschlußfrist liegt eine Benachteiligung des Reisenden (vgl. auch Soergel/H. W. Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 6, der die Klausel ansonsten für wirksam hält, weil die Benachteiligung nicht unangemessen sei).
Diese Benachteiligung ist unangemessen. Es gibt dafür keinen ausreichenden nach Treu und Glauben zu berücksichtigenden Grund. Ein solcher Grund wird, soweit derartige Klauseln für zulässig erachtet werden, darin gesehen , daß damit dem gesetzgeberischen Ziel des § 651 g BGB a.F. gedient werde, eine schnelle Klärung der Ansprüche des Reisekunden zu erreichen (Soergel/H. W. Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 6; Erman/Seiler, aaO, Rdn. 1; Staudinger/J. Eckert, § 651 g Rdn. 25; Führich aaO, Rdn. 360).
§ 651 g BGB a.F. bezieht sich auf Ansprüche nach §§ 651 c bis 651 f BGB a.F.. Die Ausschlußfrist trägt dem Umstand Rechnung, daß der Reiseveranstalter in der Regel nach einem längeren Zeitraum Schwierigkeiten haben wird, die Berechtigung von Mängelrügen festzustellen. Daß er dies rechtzeitig prüfen kann, dient auch den Interessen des Reisenden (vgl. Begr. d. Regierungsentwurfs BT-Drucks. 8/786, S. 32 zu § 21; Bericht d. Rechtsausschusses BT-Drucks. 8/2343, S. 11 zu § 651 g). Die Ausschlußfrist ist vor dem Hintergrund der bei vertraglichen Ansprüchen bestehenden Regeln über die Darlegungs - und Beweislast zu sehen, die in weitem Umfang von Beweiserleichterungen für den Geschädigten, der gegen seinen Vertragspartner Schadensersatzansprüche geltend machen will, geprägt ist. § 651 g BGB a.F. bezieht sich zudem auf Reisemängel nach § 651 c BGB, d.h. typischerweise auf Mängel, die etwa die Beförderung, die Unterkunft und Verpflegung oder die Organisation betreffen, und die daraus resultierenden Gewährleistungsansprüche des Reisenden. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob es angemessen ist, auch für konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die mit dem Reisemangel zusammenhängen und auf Schadensersatz wegen Verletzung des Eigentums zielen, eine den § 651 g BGB a.F. nachgebildete Klausel in All-
gemeinen Geschäftsbedingungen vorzusehen und auch solche Ansprüche auszuschließen, wenn sie nicht innerhalb eines Monats nach der Beendigung der Reise geltend gemacht werden. Dies könnte insbesondere gelten, wenn das durch § 823 BGB geschützte Integritätsinteresse mit dem durch die Gewährleistungsansprüche geschützten Äquivalenzinteresse deckungsgl eich ist (so für eine einheitliche Verjährungsregelung BGH, Beschl. v. 16.02.1993 - VI ZR 252/92, NJW-RR 1993, 793). In solchen Fällen mag eine uneinheitliche Abwicklung, je nachdem, aus welcher Anspruchsgrundlage der Reisekunde vorgeht, der gewollten raschen Klärung widersprechen. Es mag dann wie bei vertraglichen Ansprüchen auch im Interesse des Reisekunden liegen, daß die Klärung seiner Ansprüche zeitnah und rasch erfolgt.
Von der von der Beklagten verwendeten Klausel sind jedoch auch Fälle umfaßt, in denen die in der Ausschlußfrist liegende Benachteiligung des Reisenden unangemessen und nach Treu und Glauben nicht allein zum Zwecke einer schnelleren Klärung des Sachverhalts hinzunehmen ist. Die Folgen unerlaubter Handlungen können einerseits, insbesondere bei Personenschäden, erheblich über die üblichen Reisemangelschäden hinausgehen (so auch BGHZ 100, 158, 182). Andererseits stehen die Interessen beider Parteien an rascher Aufklärung nicht in gleichem Maße wie bei den Reisemängeln im Vordergrund. Denn die Anspruchsvoraussetzungen, namentlich das Verschulden des Reiseveranstalters , hat bei Ansprüchen aus unerlaubter Handlung der Reisekunde darzulegen und zu beweisen, grundsätzlich ohne daß ihm Beweiserleichterungen zugute kommen. Er trägt die Gefahr, daß dies durch Zeitablauf erschwert wird. Schon dadurch wird den Interessen des Reiseveranstalters Rechnung getragen. Ein zusätzlicher Schutz durch eine Ausschlußfrist ist in solchen Fäl-
len nicht aus den § 651 g BGB a.F. zugrunde liegenden Erwägungen gerechtfertigt (Wolf/Horn/Lindacher, aaO Rdn. R 101; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., Anh. §§ 9-11 Rdn. 598). Allein die Bindung an den Reiseveranstalter durch den Reisevertrag ist kein ausreichender Grund, den Reisenden schlechterzustellen als solche Personen, die sonst wegen einer erlittenen Körperverletzung gegen einen Schädiger deliktische Ansprüche geltend machen. Ein solcher Grund ist auch nicht darin zu sehen, daß der Reiseveranstalter gegebenenfalls gegen den Leistungsträger Regreßansprüche stellen will und deshalb für ihn die baldige Kenntnis von eventuell an ihn gestellten Ansprüchen von Bedeutung ist. Denn anders als im Rahmen seiner vertraglichen Haftung kann er sich im Rahmen von § 831 BGB von seiner Haftung für Drittverschulden entlasten.
Da eine geltungserhaltende Reduktion auf den erlaubten Inhalt der Klausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht in Betracht kommt (BGHZ 86, 284, 297; 114, 338, 342; 120, 108, 122, jeweils m.w.N.), ist die Klausel insgesamt unwirksam.
III. Ein eventueller Anspruch der Klägerin aus unerlaubter Handlung ist auch nicht verjährt, denn auch nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verjähren Schadensersatzansprüche wegen Körperverletzung und Tötung in drei Jahren (Nr. 10.9).
Das Berufungsgericht wird daher Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus unerlaubter Handlung vorliegen.

Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.