Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01

bei uns veröffentlicht am12.03.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 43/01 Verkündet am:
12. März 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu Leitsatz 1)
Kunststoffrohrteil
PatG 1981 § 14; EPÜ Art. 69
1. Für die Bestimmung des Schutzbereichs eines Patents kommt es grundsätzlich
nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung
vorausgegangen sind.
EPÜ Art. 108
2. Der Rücknahme der Beschwerde des Patentinhabers gegen die in einem
Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung kommt rechtsgestaltende
Wirkung nur insoweit zu, als durch sie die Entscheidung über Aufrechterhaltung
oder Widerruf des europäischen Patents in Bestandskraft erwächst.
BGH, Urt. v. 12. März 2002 - X ZR 43/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2001 aufgehoben , soweit in diesem zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt als eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in Kraft stehenden europäischen Patents 0 254 375 (Klagepatents) die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch. Das Klagepatent betrifft ein Kunststoffrohrteil; Patentanspruch 1 lautet in der Fassung, die er im europäischen Einspruchsverfahren erhalten hat, in deutscher Übersetzung:
"Ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften geeignet zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem Kunststoffrohrteil ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m2 und eine Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm3 durch Aufnahme eines Bariumsulfat -Füllers in das thermoplastische Material verliehen ist." Die Beklagte bietet Kunststoffrohre in der Bundesrepublik Deutschland an, darunter auch eine Ausführungsform, die ein Gewicht pro Flächeneinheit von mehr als 8 kg/m2 und eine Dichte von 1,6 g/cm3 bei einer Rohrwanddicke von 5,6 mm aufweist. Hinsichtlich dieser Ausführungsform hat das Berufungsgericht eine Verletzung des Klagepatents bejaht und die Beklagte zu Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt sowie festgestellt, daß diese zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten , die die Wiederherstellung des auch insoweit klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils begehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit in ihm zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Dabei ist dem Berufungsgericht zugleich die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen.
I. Das Berufungsgericht hat dem Klagepatent das technische Problem entnommen, ein Kunststoffrohrteil zu schaffen, bei dem es anders als bei vorbekannten Rohrteilen nicht mehr notwendig sei, eine gesonderte Schaumkunststoffschicht aufzubringen, das aber gleichwohl die beim Durchströmen mit Flüssigkeiten bei derartigen Rohrteilen auftretenden Schallbelästigungen erheblich verringere. Es hat daraus abgeleitet, daû es bei der Erfindung nicht vorrangig darum gehe, mit verhältnismäûig dünnen Wandstärken auszukommen , sondern um das Erreichen einer guten Schallabsorption ohne Aufbringen einer gesonderten Kunststoffschicht. Dabei biete die erfindungsgemäûe Lösung den Vorteil, mit verhältnismäûig geringen Wandstärken auszukommen.
Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
II. Das Berufungsgericht hat die Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents dahin gegliedert, daû es sich um ein
1. extrudiertes oder spritzguûgeformtes Kunststoffrohrteil

a) aus thermoplastischem Material,

b) mit geräuschdämmenden Eigenschaften handle,

c) das zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen geeignet sei und

d) dessen Innenseite mit der Flüssigkeit in Berührung komme, wobei
2. das Rohrteil

a) ein Gewicht von mindestens 8 kg/m2 und

b) eine Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm3
durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in das thermoplastische Material aufweise.
Für das Revisionsverfahren kann von dieser Gliederung ausgegangen werden. Die Parteien wenden sich nicht gegen sie.
III. 1. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, der fachkundige Leser entnehme der Beschreibung des Klagepatents, daû es für das Erreichen der Geräuschdämpfung (objektiv) allein auf das Einhalten des Mindestgewichts an-
komme. Er wisse, daû dieses Gewicht das Produkt aus Dichte und Wanddicke sei. Er erkenne, daû die patentgemäû vorgeschlagene Dichte den Vorteil biete, das geforderte Gewicht mit verhältnismäûig geringen Wanddicken erreichen zu können. Dem Fachmann bleibe es aber überlassen, sowohl mit einem höheren Gewicht als auch mit höheren Wandstärken zu arbeiten, wie dies auch die Ausführungsbeispiele zeigten. Von daher verstehe er auch die Angabe eines Dichtebereichs im Klagepatent nur als die eines Kernbereichs. Auch daraus, daû bei der Angabe des Dichtebereichs anders als bei der Gewichtsangabe eine auf eine zwingende Angabe fehlende Formulierung wie "zumindest ... bis höchstens" fehle, werde für ihn deutlich, daû er bei der Wahl der Dichte einen gewissen Spielraum habe.
Das Berufungsgericht meint weiter unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats und auf seine eigene Rechtsprechung, Zahlenangaben seien stets aus dem Wesen der Erfindung heraus zu verstehen und stellten in der Regel nur ungefähre Werte dar. Der Schutzbereich des Patents dürfe in solchen Fällen allerdings nicht in Bereiche erstreckt werden, die wesentlich von denen des Patentanspruchs abwichen, wenn in den Zahlen- und Maûangaben das erfinderisch Neue liege.
2. Diese Auffassung beanstandet die Revision zu Recht als mit der hier maûgeblichen Bestimmung des Art. 69 EPÜ nicht vollen Umfangs im Einklang stehend.

a) Nach dieser Vorschrift wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Nach den Grundsätzen, die der er-
kennende Senat hierzu entwickelt hat, dient die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung (BGHZ 98, 12, 18 f. - Formstein; 105, 1, 10 - Ionenanalyse; 125, 303, 309 f. - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschlieûlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maûgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln. Macht die angegriffene Ausführungsform von dem so ermittelten Sinngehalt eines Patentanspruchs Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung benutzt. Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fachmann auf Grund von Überlegungen , die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung
stehende Gebot der Rechtssicherheit, daû der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maûgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886, 889 - Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, daû sie (1.) das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu Sen.Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muû, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, daû der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlaû. Sie stehen in Einklang mit dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 Abs. 1 EPÜ (BGBl. 1976 II 1000), das nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGHZ 106, 84, 93 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung) auch zur Auslegung von § 14 PatG heranzuziehen ist. Nach Art. 2 Nr. 1 der Münchener Revisionsakte zum Europäischen Patentübereinkommen vom
29.11.2000 soll zukünftig das revidierte Auslegungsprotokoll in Art. 2 ausdrücklich vorsehen, daû bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen ist, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind.

b) Die Grundsätze der Schutzbereichsbestimmung sind auch dann anzuwenden , wenn der Patentanspruch Zahlen- oder Maûangaben enthält. Solche Angaben nehmen an der Verbindlichkeit des Patentanspruchs als maûgeblicher Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs teil. Die Aufnahme von Zahlen- oder Maûangaben in den Anspruch verdeutlicht, daû sie den Schutzgegenstand des Patents mitbestimmen und damit auch begrenzen sollen (Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung). Es verbietet sich daher, solche Angaben als minder verbindliche, lediglich beispielhafte Festlegungen der geschützten technischen Lehre anzusehen, wie dies in der Rechtsprechung zur Rechtslage im Inland vor Inkrafttreten des Art. 69 EPÜ und der entsprechenden Neuregelung des nationalen Rechts für möglich erachtet worden ist (vgl. RGZ 86, 412, 416 f. - pyrophore Metallegierungen; RG, Urt. v. 10.3.1928 - I 238/27, GRUR 1928, 481 - Preûhefe I; OGH BrZ 3, 63, 71 f. - künstliche Wursthüllen).

c) Wie jeder Bestandteil eines Patentanspruchs sind Zahlen- und Maûangaben grundsätzlich der Auslegung fähig. Wie auch sonst kommt es darauf an, wie der Fachmann solche Angaben im Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs versteht, wobei auch hier zur Erläuterung dieses Zusammenhangs Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind. Dabei ist zu berücksichtigen , daû Zahlen- und Maûangaben schon nach ihrem objektiven Gehalt, der auch das Verständnis des Fachmanns prägen wird, nicht einheitlich sind, son-
dern in unterschiedlichen Formen Sachverhalte mit durchaus verschiedenen Inhalten bezeichnen können.

d) Schon diese Umstände schlieûen es aus, daû der Fachmann Zahlen-, Maû- oder Bereichsangaben eine immer gleiche feste Bedeutung zuweisen wird. Jedoch wird er solchen Angaben in aller Regel einen höheren Grad an Eindeutigkeit und Klarheit zubilligen, als dies bei verbal umschriebenen Elementen der erfindungsgemäûen Lehre der Fall wäre (v. Rospatt, GRUR 2001, 991, 993). Denn Zahlen sind als solche eindeutig, während sprachlich formulierte allgemeine Begriffe eine gewisse Abstraktion von dem durch sie bezeichneten Gegenstand bedeuten. Zudem müssen solche Begriffe, wenn sie in einer Patentschrift verwendet werden, nicht notwendig in dem Sinn gebraucht werden , den der allgemeine technische Sprachgebrauch ihnen beimiût; die Patentschrift kann insoweit ihr "eigenes Wörterbuch" bilden (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; v. 13.4.1999 - X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Aus der Sicht des fachmännischen Lesers kann durch Zahlen- und Maûangaben konkretisierten Merkmalen deshalb die Bedeutung zukommen, daû der objektive, erfindungsgemäû zu erreichende Erfolg genauer und gegebenenfalls enger eingegrenzt wird, als dies bei bloû verbaler Umschreibung der Fall wäre. Da es Sache des Anmelders ist, dafür zu sorgen, daû in den Patentansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 905 - Batteriekastenschnur; v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung), darf der Leser der Patentschrift annehmen, daû diesem Erfordernis auch bei der Aufnahme von Zahlenangaben in die Formulierung der Patentansprüche genügt worden ist. Dies gilt um so mehr, als der Anmelder bei Zahlenangaben besonderen Anlaû hat, sich
über die Konsequenzen der Anspruchsformulierung für die Grenzen des nachgesuchten Patentschutzes klar zu werden.
Daher ist eine deutlich strengere Beurteilung angebracht, als es der Praxis zur Rechtslage in Deutschland vor 1978 entsprach (Bruchhausen, GRUR 1982, 1, 4). Eine eindeutige Zahlenangabe bestimmt und begrenzt den geschützten Gegenstand grundsätzlich insoweit abschlieûend; ihre Über- oder Unterschreitung ist daher in aller Regel nicht mehr zum Gegenstand des Patentanspruchs zu rechnen (v. Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 577).
Andererseits schlieût dies nicht aus, daû der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende, Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht. So hat das House of Lords in der Catnic-Entscheidung (R.P.C. 1982, 163; deutsch GRUR Int. 1982, 136), die allerdings die Rechtslage im Vereinigten Königreich vor der europäischen Harmonisierung betraf, bei einem auf einen rechten Winkel gerichteten Anspruchsmerkmal Abweichungen von 6° bzw. 8° vom rechten Winkel als mit der Annahme einer Benutzung der geschützten Lehre vereinbar angesehen. In einem solchen Fall kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob im Anspruch von einem rechten Winkel oder von 90° die Rede ist. Maûgeblich ist vielmehr der unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs. In einem anderem Zusammenhang kann der gleiche Winkel sich daher dem Fachmann auch als exakt einzuhaltende Gröûe darstellen. Dies gilt grundsätzlich auch für Zahlenbereiche mit Grenzwerten (vgl. Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung; vgl.
auch White, The C.I.P.A. Guide to the Patents Act, 5. Aufl., Part III, Section 125 Rdn. 22 mit Hinweis auf die soweit ersichtlich - insoweit - unveröffentlichten Entscheidungen Lubrizol v. Esso und Goldschmidt v. EOC Belgium). Ein Verständnis , daû ein Wert genau einzuhalten ist, wird vor allem dann der Vorstellung des Fachmanns entsprechen, wenn er erkennt, daû es sich um einen "kritischen" Wert handelt. Wie eine bestimmte Zahlen- oder Maûangabe im Patentanspruch demnach zu verstehen ist, ist eine Frage des der tatrichterlichen Beurteilung unterliegenden fachmännischen Verständnisses im Einzelfall.

d) Wie für die Erfassung des technischen Sinngehalts des Patentanspruchs gilt auch für die Bestimmung eines über diesen hinausreichenden Schutzbereichs, daû im Anspruch enthaltene Zahlen- oder Maûangaben mit den angegebenen Werten den geschützten Gegenstand begrenzen. Im Rahmen der Schutzbereichsbestimmung darf vom Sinngehalt der Zahlen- und Maûangaben nicht abstrahiert werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Fachmann eine Ausführungsform mit einem vom Anspruch abweichenden Zahlenwert auf Grund von Überlegungen, die sich am Sinngehalt der im Anspruch umschriebenen Erfindung orientieren, als gleichwirkende Lösung auffinden kann, muû vielmehr die sich aus der Zahlenangabe ergebende Eingrenzung des objektiven, erfindungsgemäû zu erreichenden Erfolgs berücksichtigt werden. Als im Sinne des Patentanspruchs gleichwirkend kann nur eine Ausführungsform angesehen werden, die der Fachmann als eine solche auffinden kann, die nicht nur überhaupt die Wirkung eines - im Anspruch zahlenmäûig eingegrenzten - Merkmals der Erfindung erzielt, sondern auch gerade diejenige , die nach seinem Verständnis anspruchsgemäû der zahlenmäûigen Eingrenzung dieses Merkmals zukommen soll. Fehlt es daran, ist auch eine objek-
tiv und für den Fachmann erkennbar technisch ansonsten gleichwirkende Ausführungsform vom Schutzbereich des Patents grundsätzlich nicht umfaût.
Damit im Kern übereinstimmend hat auch die Rechtsprechung im Vereinigten Königreich zur Feststellung einer Verletzung geprüft, ob die fachkundige Öffentlichkeit erwarten und sich darauf einstellen darf, daû es nach dem Patent auf die genaue Einhaltung des Wortlauts des Patentanspruchs ankommen soll (vgl. die sog. dritte Catnic-Frage; für das harmonisierte Recht u.a. Patents Court, F.S.R. 1989, 181 = GRUR Int. 1993, 245 - Improver Corporation v. Remington Consumer Products Ltd. ("Epilady"-Fall); Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Bezogen auf ein einzelnes Merkmal des Patentanspruchs geht es darum, ob das betreffende Merkmal dem Fachmann als ein solches erscheint, das ausschlieûlich wortsinngemäû benutzt werden kann, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln eingehalten werden soll (vgl. Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Ein solches Verständnis kann insbesondere bei Zahlen- und Maûangaben in Betracht zu ziehen sein (vgl. Patents Court, R.P.C. 1997, 649 - Auchincloss v. Agricultural & Veterinary Supplies Ltd.).
Wie bei anderen Elementen des Patentanspruchs auch darf deshalb die anspruchsgemäûe Wirkung nicht unter Auûerachtlassung von im Anspruch enthaltenen Zahlen- und Maûangaben bestimmt werden. Es reicht daher für die Einbeziehung abweichender Ausführungsformen in den Schutzbereich grundsätzlich nicht aus, daû nach der Erkenntnis des Fachmanns die erfindungsgemäûe Wirkung im übrigen unabhängig von der Einhaltung des Zahlenwertes eintritt. Erschlieût sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäûen Wertes gleichwirkend, erstreckt sich
der Schutzbereich insoweit nicht über den Sinngehalt des Patentanspruchs hinaus. Die anspruchsgemäûe Wirkung des zahlenmäûig bestimmten Merkmals wird in diesem Fall nach dem Verständnis des Fachmanns durch die (genaue ) Einhaltung eines Zahlenwertes bestimmt und kann daher notwendigerweise durch einen abweichenden Zahlenwert nicht erzielt werden. In einem solchen Fall genügt es nicht, daû der Fachmann auch eine von der Zahlenangabe abstrahierende Lehre als technisch sinnvoll erkennt.
Der Anmelder wird nicht immer den vollen technischen Gehalt der Erfindung erkennen und ausschöpfen; er ist auch - unbeschadet der Frage, ob ihm das rechtlich möglich ist - von Rechts wegen nicht gehalten, dies zu tun. Beschränkt sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung , als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwelt darauf vertrauen, daû der Schutz entsprechend beschränkt ist. Dem Patentinhaber ist es dann verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen. Das gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, daû die erfindungsgemäûe Wirkung als solche (in dem vorstehend ausgeführten engeren Sinn) über den im Patentanspruch unter Schutz gestellten Bereich hinaus erreicht werden könnte.
3. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, aus dem Ablauf des Erteilungsverfahrens und des europäischen Einspruchsverfahrens, in denen das ursprünglich weitere Patentbegehren und das zunächst mit einem weiteren, bei 1,6 g/cm3 beginnenden Dichtebereich erteilte Patent auf den nunmehr geltenden Bereich eingeschränkt worden seien, folge, daû der Schutzbereich des Klagepatents selbst dann nicht auf eine Dichte von
1,6 g/cm3 ausgedehnt werden könne, wenn dieser Wert dem geschützten äquivalent wäre.
Art. 69 EPÜ knüpft für die Schutzbereichsbestimmung - und nicht nur für die Auslegung des Patentanspruchs, wie die Revision meint - ausschlieûlich an die Patentansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen an. Es kommt für sie daher zunächst schon grundsätzlich nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung vorausgegangen sind. Es besteht auch kein praktisches Bedürfnis dafür, Vorgängen im Erteilungs- wie im Einspruchsverfahren als solchen, die in der Patentschrift oder in der geänderten Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben, für sich schutzbegrenzende Wirkungen zuzuerkennen (vgl. hierzu Busse, PatG, 5. Aufl., Rdn. 156 zu § 34). Soweit sie, insbesondere durch beschränkte Aufrechterhaltung, in der Patentschrift ihren Niederschlag gefunden haben, ergibt sich ihre Beachtlichkeit unmittelbar aus der Regelung in Art. 69 EPÜ. Die Revision verweist selbst zutreffend darauf, daû in solchen Fällen die Beschränkung des Schutzumfangs so zu beachten ist, wie sie der Leser den Patentansprüchen entnimmt. Der Senat hat bereits früher entschieden (BGHZ 115, 204, 208 - beheizbarer Atemluftschlauch), daû sich aus dem Ablauf des Erteilungsverfahrens ergebende Tatsachen schon im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit bei der Bemessung des Schutzbereichs eines Patents keine Berücksichtigung finden können (vgl. hierzu auch Kraûer, GRUR 1985, 689, 694; Preu, GRUR 1985, 728, 731; Rogge, Mitt. 1998, 201, 202; von Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 556; Scharen, GRUR 1999, 285, 288 ff.; Bernhardt/Kraûer, Lehrbuch des Patentrechts , 4. Aufl., S. 391 ff. und S. 523; Benkard, PatG GebrMG, 9. Aufl. § 14 PatG Rdn. 80; Busse, PatG, 5. Aufl. § 14 Rdn. 72; jetzt wohl auch Schulte,
PatG, 6. Aufl. § 14 PatG Rdn. 68; vgl. auch Cour d’Appel Paris Ann. propr. ind. 1990, 235 = GRUR Int. 1993, 173, 174, wonach es unzulässig ist, die Prüfungsakte heranzuziehen). Auch wenn - worauf die Revision an sich zutreffend hinweist - eine Einschränkung des Schutzes auf Grund von lediglich aus den Akten erkennbaren Vorgängen nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechtssicherheit Dritter führt, gilt dies wegen der in Art. 69 EPÜ getroffenen Regelung ganz allgemein. Spätere Senatsentscheidungen haben dies nur auf Grund der insoweit bestehenden Sonderbeziehung für das Verhältnis zwischen Patentinhaber und Einsprechendem, nicht aber für die Bestimmung des Schutzbereichs des Patents an sich relativiert (Sen.Urt. v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886 - Weichvorrichtung I; v. 5.6.1997 - X ZR 73/95, Mitt. 1997, 364, ber. 408 = NJW 1997, 3377 - Weichvorrichtung II). Für dieses Ergebnis spricht schlieûlich auch, daû eine Revision des Europäischen Patentübereinkommens, nach der eine Berücksichtigung der Erteilungsakten vorgesehen werden sollte, nicht zustande gekommen ist. Der gelegentlich auch in Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens geäuûerten Auffassung, daû auf die Erte ilungsakten zurückgegriffen werden könne (vgl. Rechtbank Den Haag BIE 1999, 447, 448; Gerechtshof Den Haag BIE 2000, 307, 309; König, GRUR 1999, 809, 816 sowie den Hartog (Entscheidungsanm.) BIE 1999, 143) vermag der Senat deshalb nicht beizutreten. Einzelne abweichende ausländische Regelungen wie die in § 163 Abs. 5 des österreichischen Patentgesetzes können schon wegen des völkerrechtlichen Charakters der hier maûgeblichen Regelung nicht zu deren Interpretation herangezogen werden.
Es braucht deshalb nicht abschlieûend entschieden zu werden, ob für die Annahme eines Verzichts auf Teile des Schutzumfangs im europäischen Einspruchsverfahren, auf den sich die Revisionsklägerin insbesondere gestützt
hat, überhaupt eine rechtliche Grundlage gegeben ist. Der Verzicht auf ein europäisches Patent richtet sich, wie sich aus Art. 99 Abs. 3 EPÜ und Regel 60 Abs. 1 EPÜ jedenfalls mittelbar ergibt, nach den Bestimmungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts, im vorliegenden Fall nach § 20 PatG. Diese Vorschrift sieht jedenfalls keinen Verzicht auf Teile des Schutzbereichs des Patents vor. Ein Sachverhalt, aus dem sich nach ihr ein Verzicht ergeben könnte, ist zudem nicht vorgetragen worden. Der auch im Rahmen der Regelung in Art. 108 EPÜ möglichen Rücknahme der Beschwerde der Patentinhaberin gegen die im europäischen Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung, auf die die Revision hier abstellen will, kommt in bezug auf das erteilte Patent rechtsgestaltende Wirkung nur insoweit zu, als durch sie die Entscheidung der Einspruchsabteilung über Aufrechterhaltung oder Widerruf des europäischen Patents in Bestandskraft erwächst. Die aus der Rücknahme flieûende materiellrechtliche Wirkung geht damit nicht über die rechtsgestaltende Wirkung der Entscheidung nach Art. 102 EPÜ hinaus (vgl. zu letzterer Günzel in Singer /Stauder, EPÜ, 2. Aufl., Rdn. 54 zu Art. 102 EPÜ; Heinrich, PatG/EPÜ, Zürich 1998, Rdn. E 102.05).
IV. 1. Das Berufungsgericht hat zur angegriffenen Ausführungsform festgestellt, daû diese die Merkmalsgruppe 1 und das Merkmal 2. a) durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in der Weise verwirkliche, daû das Gewicht pro Flächeneinheit 8,96 kg/m2 bei einer Wandstärke von 5,6 mm betrage. Allerdings sei das Merkmal 2. b) dem Wortsinn nach nicht verwirklicht, da die Dichte des Kunststoffrohrteils 1,6 g/cm3 betrage und damit unterhalb der unteren Bereichsgrenze liege. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an. Sie lassen, soweit eine wortsinngemäûe Verwirklichung verneint wird, einen Rechtsfehler nicht erkennen.

2. a) Das Berufungsgericht hat eine äquivalente Benutzung des Merkmals 2. b) bejaht. Das ist im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden.
aa) Das Argument der Revision, der Fachmann verstehe Zahlen- und Maûangaben als echte Begrenzung, führt nicht weiter. Auch wenn dies im vorliegenden Fall so sein sollte, stände dies nur der Annahme einer wortsinngemäûen Benutzung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Klagepatents entgegen, nicht aber notwendigerweise auch der Annahme, daû in äquivalenter Weise in dessen Schutzbereich eingegriffen werde. Bereits der Gesichtspunkt , daû in den Schutzbereich des Patents auch Ausführungsformen einzubeziehen sein können, die vom Wortsinn der Patentansprüche nicht erfaût werden, verbietet es entgegen der Auffassung der Revision, Über- oder Unterschreitungen der Bereichsangabe als von vornherein aus dem Schutzbereich des Patents fallend anzusehen.
bb) Insbesondere bestehen grundsätzlich keine Bedenken, etwa einen äquivalenten Stoffaustausch auch dann als in den Schutzbereich eines Patents fallend anzusehen, wenn der im Patentanspruch genannte, ausgetauschte Stoff durch eine Bereichs-, Anteils- oder Mengenangabe präzisiert ist. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, der sich lediglich dadurch auszeichnet , daû der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Dichtebereich verlassen , aber gleichwohl das vorgeschriebene Gewicht je Flächeneinheit durch entsprechende Wahl der Wanddicke eingehalten wird.

b) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, nach der Beschreibung des Klagepatents werde das Geräuschniveau bei einem Gewicht von zumin-
dest 8 kg/m2 merklich herabgesetzt; insbesondere sei gefunden worden, daû es im logarithmischem Verhältnis in dem Maû abnehme, wie das Gewicht pro Flächeneinheit zunehme. Daraus ergebe sich für den fachkundigen Leser, daû es allein auf die Einhaltung des Mindestgewichts ankomme. Dieser Leser wisse aber auch, daû es sich bei dem Gewicht pro Flächeneinheit um das mit der Wandstärke multiplizierte spezifische Gewicht handle. Er verstehe die Beschreibung des Klagepatents hinsichtlich der Dichteangabe deshalb dahin, daû man bei Einhaltung des vorgeschlagenen Dichtebereichs mit verhältnismäûig dünnen Wandstärken auskommen könne. Es bleibe ihm nach dem Klagepatent jedoch überlassen, auch mit einem höheren Gewicht als 8 kg/m2 zu arbeiten, was bei Einhaltung des vorgeschlagenen Dichtebereichs zu erheblich höheren Wandstärken führe. Er sehe deshalb, daû das Klagepatent ihm die Wahl der Wandstärke im Einzelfall überlasse. Vor diesem Hintergrund verstehe er aber auch die Angabe des Dichtebereichs nur als die eines Kernbereichs, in dem er sich bewegen solle, um nicht durch die Wahl einer zu starken Wand zu dem vorgegebenen Mindestwert für das Gewicht pro Flächeneinheit zu gelangen. In diesem Verständnis sehe sich der Fachmann auch dadurch bestätigt, daû die Angabe des Gewichts pro Flächeneinheit als zwingend einzuhaltende Mindestangabe gefaût sei, während bei der Angabe des Dichtebereichs eine entsprechende Formulierung fehle. Auch daû in der Beschreibung von "relativ dünnen Wänden" die Rede sei, mache ihm deutlich, daû er bei der Wahl der Dichte des Materials einen gewissen Spielraum habe.

c) Damit wird das Berufungsgericht dem Erfordernis nicht in vollem Umfang gerecht, daû bei der Prüfung der Gleichwirkung und ihrer Erkennbarkeit für den Fachmann auf die (spezielle) Wirkung des Merkmals in seiner konkre-
ten zahlenmäûigen Eingrenzung im Kontext des Patentanspruchs abgestellt werden muû.
aa) Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daû eine höhere Dichte geringere Wandstärken ermöglicht und sich somit auf die Dimensionierung der Rohre auswirkt. Es liegt deshalb auf der Hand, daû die Unterschreitung der im Patentanspruch geforderten Mindestdichte zu konstruktiven Anpassungen in Form erhöhter Wandstärken führt. Die spezielle patentgemäûe Wirkung des Merkmals mit seiner konkreten Dichteangabe liegt somit jedenfalls auch darin, daû solche geringeren Wandstärken gewählt werden können. Das kann nicht damit abgetan werden, daû das Klagepatent insoweit nur von einem "groûen Vorteil" ("great advantage") und nicht wie an anderer Stelle vom "vorrangigen Ziel" ("primary object") der Erfindung spricht; auch solche Vorteilsangaben sind bei der Beurteilung der Wirkung einzelner Anspruchsmerkmale heranzuziehen. Da es dem Patent gerade auch auf die Erzielung geringer Wandstärken ankommt, kann von einer Gleichwirkung deshalb nur dann ausgegangen werden, wenn auch die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Dichte die Wahl solcher noch ermöglicht.
bb) Das Berufungsgericht sieht die Dichte von 1,6 g/cm3 gegenüber dem Wert des Merkmals 2. b) als äquivalent an. Es begründet seine Auffassung damit, daû durch die Wahl des etwas unterhalb der unteren Bereichsgrenze liegenden Dichtewerts bei einer Wandstärke von 5,6 mm im wesentlichen all das erreicht werde, was erfindungsgemäû erreicht werden solle. Es gelinge nämlich, dem Rohrteil das angestrebte Gewicht pro Flächeneinheit zu verleihen , das für die angestrebte Geräuschminderung verantwortlich sei. Das bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzte Ersatzmittel der Dichte von 1,6
g/cm3 bei einer Wanddicke von 5,6 mm mache wie das erfindungsgemäûe Mittel des Merkmals 2. b) eine Schaumstoffumhüllung zur Geräuschminderung überflüssig. Daû bei der angegriffenen Ausführungsform etwas mehr Kunststoffmaterial eingesetzt werden müsse und der Innendurchmesser des Rohrteils etwas verkleinert werde, stehe der Annahme im wesentlichen gleicher Wirkung nicht entgegen. Der Fachmann habe die Gleichwirkung auch bei einer Orientierung an der Offenbarung der Erfindung auffinden können. Er sehe nämlich, daû er bei Verlassen des Dichtebereichs einen Ausgleich durch die Änderung der Wandstärke erzielen könne, um zu dem erfindungsgemäû angestrebten Gewicht pro Flächeneinheit zu gelangen; dabei liege es besonders nahe, den Dichtebereich nach unten zu verlassen und dies durch eine leichte Verstärkung der Wand auszugleichen, da Patentanspruch 2 des Klagepatents besage, daû der untere Dichtebereich bevorzugt werde, und da den Ausführungsbeispielen zu entnehmen sei, daû Wandstärken von mehr als 7 mm noch als hinreichend dünn angesehen würden.
cc) Diese für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen werden indessen durch weitere, unzutreffende oder jedenfalls fragwürdige Überlegungen des Berufungsgerichts relativiert. So hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung den für das geltende Recht nicht zutreffenden Grundsatz mit herangezogen, daû Maûangaben (nur dann) nicht in Bere iche erstreckt werden dürfen, wenn in diesen Maûangaben das erfinderisch Neue liegt. Zum anderen hat das Berufungsgericht einen maûgeblichen Gesichtspunkt für das Verständnis des Fachmanns darin gesehen, daû die Angabe des Gewichts pro Flächeneinheit als zwingend einzuhaltende Mindestangabe ("at least") formuliert sei, während bei der Angabe des Dichtebereichs eine entsprechende Angabe wie "zumindest 1,8 g/cm3 bis höchstens 2,7 g/cm3"
fehle. Diese Überlegung erscheint jedenfalls ohne nähere Begründung als von Rechtsfehlern beeinfluût. Sie läût nämlich auûer Betracht, daû einseitig offene Bereichsangaben bei sprachlicher Umschreibung eher mit solchen Angaben versehen werden als beidseits geschlossene Bereichsangaben, wo die Grenzen schon in Werteangaben zum Ausdruck kommen. Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe eine unzulässige philologische Betrachtung angestellt, ist deshalb nicht von der Hand zu weisen.
Es ist nicht auszuschlieûen, daû diese Überlegungen auch das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis beeinfluût haben.

d) Sofern das Berufungsgericht bei seiner erneuten Befassung zu dem Ergebnis kommt, daû die angegriffene Ausführungsform auch der speziellen Wirkung des Merkmals 2.b) mit seiner Bereichsangabe entspricht, wird es weiter zu prüfen haben, ob nicht gleichwohl eine so wesentliche Abweichung vorliegt, daû der von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Wert in den Augen des Fachmanns nicht mehr als gleichwertig und damit nicht mehr in den Schutzbereich des Klagepatents fallend angesehen werden kann. Bleibt das Patent bei objektiver Betrachtung hinter dem technischen Gehalt der Erfindung zurück, beschränkt sich der Schutz nämlich auf das, was noch mit dem Sinngehalt seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist (näher hierzu Sen.Urt. v. 12.3.2002 - X ZR 135/01 - Schneidmesser II, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 20


(1) Das Patent erlischt, wenn 1. der Patentinhaber darauf durch schriftliche Erklärung an das Deutsche Patent- und Markenamt verzichtet oder2. die Jahresgebühr oder der Unterschiedsbetrag nicht rechtzeitig (§ 7 Abs. 1, § 13 Absatz 4 oder § 14 Abs. 2
Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 20


(1) Das Patent erlischt, wenn 1. der Patentinhaber darauf durch schriftliche Erklärung an das Deutsche Patent- und Markenamt verzichtet oder2. die Jahresgebühr oder der Unterschiedsbetrag nicht rechtzeitig (§ 7 Abs. 1, § 13 Absatz 4 oder § 14 Abs. 2

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 135/01

bei uns veröffentlicht am 12.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 135/01 Verkündet am: 12. März 2002 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: : nein Schneidme

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2000 - X ZR 128/98

bei uns veröffentlicht am 28.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 128/98 Verkündet am: 28. Juni 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein Bratgeschi
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2011 - X ZR 16/09

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 16/09 Verkündet am: 10. Mai 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Dez. 2015 - X ZR 30/14

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X Z R 3 0 / 1 4 Verkündet am: 15. Dezember 2015 Hartmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja B

Referenzen

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 128/98 Verkündet am:
28. Juni 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Bratgeschirr
EPÜ Art. 69 Abs. 1, PatG 1981 § 14
Im Rahmen der Prüfung, ob eine abgewandelte Ausführungsform der patentierten
Lösung gleichwirkend ist, ist eine Untersuchung erforderlich, welche von
den einzelnen Wirkungen, die mit den Merkmalen des Patentanspruchs erzielt
werden können, zur Lösung des ihm zugrundeliegenden Problems patentgemäß
zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte
Lösung und stellt die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung
dar.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 - X ZR 128/98 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter
Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das am 24. Juni 1998 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Inhaber eines deutschen und eines mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents.
Anspruch 1 des deutschen Patents ..., das auf einer Anmeldung vom 2. März 1988 beruht, lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis in untere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, und dann ein Antihaftlack (56) in obere Lagen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) eingebracht wird."
Bei der Anmeldung des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten europäischen Patents ..., das neben Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht auch einen Haushaltsgegenstand mit einer Antihaftschicht betrifft, ist die Priorität der vorgenannten Anmeldung in Anspruch genommen worden. Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"Verfahren zum Beschichten von Haushaltsgegenständen mit einer Antihaftschicht, bei dem eine Oberfläche des Haushaltsgegenstandes durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) versehen und dann die Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) mit einer Antihaftschicht (24, 25) versehen wird,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht (20, 21, 22, 23) zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack (55) auf Harzbasis die Poren der unteren Lagen (20, 21, 22) der Hartstoffschicht bis zu einem ersten Niveau (60) ausgefüllt werden, so daß zumindest die unterste Lage (20) mit dem Einbrennlack (55) ausgefüllt ist, und dann die Poren der oberen Lagen (21, 22, 23) der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack (56) ausgefüllt werden."
Der Beklagte zu 2 vertrieb zunächst im Rahmen eines einzelkaufmännischen Unternehmens Brat- und Kochgeschirre einer dänischen Herstellerin in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 1. Januar 1994 erfolgt der Vertrieb durch die mit Gesellschaftsvertrag vom 26. Oktober 1993 gegründete und am 9. Dezember 1993 im Handelsregister eingetragene Beklagte zu 1, deren Mitgeschäftsführer der Beklagte zu 2 ist und die ihre Produkte als "schnittfest, kratzfest, langlebig" bewirbt. Der Kläger hat die Beklagten deshalb wegen Verletzung beider Patente auf Unterlassung und Rechnungslegung gerichtlich in Anspruch genommen und ferner Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht der Beklagten beantragt.
Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigengutachten die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat diese Verurteilung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision und dem Antrag, die landgerichtliche Verurteilung wiederherzustellen. Die Beklagten sind diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Um die relativ große Empfindlichkeit der eigentlichen Antihaftschicht von Haushaltsgegenständen gegen Kratz- und Schnittbelastungen zu verringern, sei es bekannt gewesen, die Oberfläche der Haushaltsgegenstände zunächst mit einer porösen keramischen Hartstoffschicht zu versehen und erst darauf die Antihaftschicht anzubringen , und zwar so, daß sie die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Täler ausfülle und die Spitzen ihrer Körner noch mit einer dünnen Schicht überdecke. Dieses Verfahren habe den Nachteil, daß die relativ zähflüssige Antihaftschicht die poröse Struktur der darunter angebrachten Hartstoffschicht nicht vollständig ausfüllen könne. In die im unteren Bereich verbleibenden Freiräume könne bei längerem Gebrauch, insbesondere bei Überhitzung, Fett eindringen, was zu ästhetischen Beeinträchtigungen durch Fleckenbildung führe. Hiervon ausgehend solle die Erfindung nach beiden Klagepatenten den Stand der Technik so weiterbilden, daß die optische Qualität der Oberfläche erhalten bleibe und gleichzeitig die Belastbarkeit der Beschichtung noch weiter erhöht werde.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; sie beruhen auf entsprechenden Angaben in den Klagepatentschriften.
2. Den jeweiligen Ansprüchen 1 beider Klagepatente hat das Berufungsgericht entnommen, daß sie ein inhaltlich übereinstimmendes Verfahren lehrten. Dies lasse sich beim deutschen Patent wie folgt gliedern:
1. Die Oberfläche des Haushaltsgegenstandes wird durch Plasmaspritzen mit einer porösen Hartstoffschicht versehen.
2. Die Hartstoffschicht wird dann mit einer Antihaftschicht versehen.
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden deren Poren zunächst mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis in unteren Lagen der Hartstoffschicht ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau.
4. Danach wird ein Antihaftlack in obere Lagen der Hartstoffschicht eingebracht.
In Anspruch 1 des europäischen Patents seien die Merkmale 3 und 4 wie folgt formuliert:
3. a) Nach dem Aufbringen der Hartstoffschicht werden zunächst die Poren der unteren Lagen der Hartstoffschicht mit einem dünnflüssigen Einbrennlack auf Harzbasis ausgefüllt,

b) und zwar bis zu einem ersten Niveau, so daß zumindest die unterste Lage mit dem Einbrennlack ausgefüllt ist.
4. Dann werden die Poren der oberen Lagen der Hartstoffschicht mit einem Antihaftlack ausgefüllt.
Auch diese Feststellungen beruhen nicht auf einem Rechtsfehler; die Aufgliederungen werden auch vom Kläger im Rahmen der Begründung seines Rechtsmittels verwendet; auch der Kläger geht davon aus, daß die Ansprüche 1 beider Klageschutzrechte inhaltsgleich seien; die Revisionserwiderung erinnert insoweit nichts. Im weiteren Verfahren wird allerdings Art. II § 8 Abs. 1 IntPatÜG zu berücksichtigen sein.
3. a) Bei der Beantwortung der Frage nach der Verletzung der Klagepatente ist das Berufungsgericht auf die von ihm aufgegliederten Merkmale 1 bis 3 b nicht eingegangen. Es hat gemeint, es könne ihre Benutzung dahinstehen lassen, weil bei der Herstellung der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre Merkmal 4 weder wortlautgemäß noch gleichwirkend verwirklicht werde. Dieses Merkmal verstehe der Fachmann dahin, daß nach dem teilweisen Ausfüllen der in der Hartstoffschicht befindlichen, als Poren bezeichneten Hohlräume der Antihaftlack in den oberen Bereich dieser Hohlräume und damit in die Hartstoffschicht selbst eingebracht werde. Für den fachkundigen Leser der Patentschriften sei ohne weiteres ersichtlich, daß durch das Eindringen des Antihaftlacks in Hohlräume der Hartstoffschicht und die dadurch erreichte innige Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht eine besondere Stabilität der Beschichtung erreicht werde, die zur Lösung der den Klagepatenten zugrundeliegenden Teilaufgabe, die Belastbarkeit der Schicht noch
weiter zu erhöhen, wesentlich beitrage. Die von dem vom Landgericht beauftragten Sachverständigen Dr. W. in seinem Analysebericht vom 17. Oktober 1996 getroffenen Feststellungen zu einer von den Beklagten vertriebenen Bratpfanne ergäben jedoch, daß bei der dort untersuchten Beschichtung die in der Hartstoffschicht vorhandenen Risse vollständig mit dünnflüssigem Lack ausgefüllt seien und eine aus diesem Lack (Basislack oder Versiegelungslack) bestehende Schicht die Keramikschicht vollständig überdecke. An keiner Stelle habe sich ein Eindringen des nachträglich aufgebrachten Antihaftlacks auch nur in den obersten Bereich der Hartstoffschicht gefunden. Eine diesem Eindringen gleichende Wirkung ergebe sich nicht dadurch, daß die Antihaftschicht an verschiedenen Stellen in den dünnflüssigen, die Hartstoffschicht vollständig überziehenden Lack eingedrungen sei und so den oberen Bereich der an der Oberfläche der Hartstoffschicht befindlichen Täler ausgefüllt habe. Denn das bloße Vorhandensein von Antihaftlack in Teilbereichen der auf der Oberfläche der Hartstoffschicht festzustellenden, flachwelligen Täler bewirke eine vergleichbar stabile Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht nicht.
Diese Würdigung bekämpft die Revision mit Erfolg. Jedenfalls die Feststellung , die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre der Beklagten seien nicht nach einem dem patentgemäßen gleichwirkenden Verfahren hergestellt, ist nicht frei von Rechtsirrtum.

b) Bei Beachtung des gemäß Art. 164 Abs. 1 EPÜ als Bestandteil dieses Übereinkommens zu berücksichtigenden Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ, dessen Grundsätze auch für das deutsche Recht maßgeblich sein sollen (BT-Drucks. 7/3712, 30; BGHZ 98, 12 - Formstein), beschränkt sich der
Schutzbereich eines Verfahrenspatents nicht auf Verfahren, die in jeder Hinsicht die Anweisungen verwirklichen, die der betreffende Anspruch des Patents nach seinem Inhalt vorschreibt. Auch abgewandelte Verfahren werden regelmäßig umfaßt, wenn ihre Ausgestaltung die gleiche oder im wesentlichen gleiche Wirkung hat und vom Fachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Patentansprüche, d.h. an der darin unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, als Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems aufgefunden werden konnte (zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ: BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse, m.w.N.; zum inhaltsgleichen § 14 PatG: Sen.Urt. v. 18.05.1999 - X ZR 156/97, GRUR 1999, 977, 981 - Räumschild, m.w.N.). Die Zugehörigkeit zum Schutzbereich eines Patentanspruchs kann deshalb regelmäßig nur nach einem Vergleich der geschützten Lehre und der streitigen Ausgestaltung verneint werden, der seinerseits zweierlei voraussetzt: Zum einen müssen die Wirkungen erkannt sein, die nach der im Patentanspruch bezeichneten, geschützten Lehre vorausgesetzt werden. Zum anderen bedarf es der Kenntnis der tatsächlichen Beschaffenheit des angeblichen Verletzungsgegenstandes und seiner Wirkungen. Die hierzu nötigen Feststellungen hat der Tatrichter zu treffen.

c) Was die Beschaffenheit der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre anbelangt, ist diese Feststellung nicht prozeßordnungsgemäß getroffen.
Wie infolge des bei der Produktion der mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre angewandten Verfahrens die Verbindung von Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, läßt sich durch einen einfachen Augenschein der von den Beklagten ver-
triebenen Erzeugnisse nicht feststellen. Ein Gutachten hierüber fehlt. Der erstinstanzlich hinzugezogene gerichtliche Sachverständige hat sich zu dieser Frage nicht geäußert. Für die Verfasser der von dem Kläger vorgelegten Privatgutachten trifft dies ebenfalls zu. Verläßliche Erkenntnisse hätte das Berufungsgericht deshalb allenfalls aus den Abbildungen gewinnen können, die im Rahmen der Begutachtungen mittels Rasterelektronenmikroskopie der Beschichtung der beanstandeten Brat- und Kochgeschirre erstellt und als Bestandteil der Gutachten zu den Gerichtsakten gereicht worden sind. Dem angefochtenen Urteil läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß das Berufungsgericht diese Abbildungen im Hinblick auf die von ihm für wesentlich gehaltene Frage der Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht untersucht und seine Zweifel an einer stabilen Verbindung zwischen diesen beiden Schichten hieraus abgeleitet hat. Auch auf Parteivortrag, der sich über diese Verbindung verhält, verweist das Berufungsgericht nicht. Seine Feststellung hierzu beschränkt sich damit auf eine bloße Behauptung. Dies ist - wie die Revision zu Recht rügt - keine Auseinandersetzung mit dem streitigen Prozeßstoff, wie sie § 286 ZPO voraussetzt. Eine sachgerechte Beantwortung der Frage, wie bei den mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirren die Verbindung zwischen Hartstoffschicht und Antihaftschicht sowie ihre Stabilität tatsächlich beschaffen sind, erfordert vielmehr weitere Untersuchungen. Diese wird das Berufungsgericht einem Sachverständigen übertragen müssen.
4. Bei der erneuten Befassung mit der Verletzungsfrage wird es auch nicht angehen, sich im Hinblick auf die patentgemäßen Wirkungen wiederum letztlich nur für das Merkmal 4 und seine Wirkung zu interessieren. Ebensowenig wie die bloße Übereinstimmung im Leistungsergebnis ausreicht (Sen.Urt. v. 06.11.1990 - X ZR 55/89, GRUR 1991, 444, 446 - Autowaschvorrichtung,
m.w.N.), kann die Frage der Gleichwirkung im patentrechtlichen Sinne nicht allein aufgrund eines Einzelvergleichs der Wirkung entschieden werden, die einerseits einem einzelnen oder mehreren einzelnen Merkmalen eines Patentanspruchs zukommt, andererseits mit der statt dessen bei einer beanstandeten Ausführung vorhandenen Ausgestaltung erreicht werden kann. Entscheidend ist, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale - für sich und insgesamt - gerade zur Lösung des dem Patentanspruch zugrundeliegenden Problems bereitstellen. Nur so ist gewährleistet, daß trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich die Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfaßt werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 06.11.1990, aaO). Es ist deshalb nötig, den Patentanspruch einer Untersuchung daraufhin zu unterziehen, welche von den einzelnen Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung des zugrundeliegenden Problems patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar.
Eine Ausführung, die anstelle eines oder mehrerer im Patentanspruch genannter Merkmale eine abweichende Gestaltung nutzt, muß sie freilich nicht in völliger Identität erreichen. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn im wesentlichen, also in einem praktisch noch erheblichen Maße, die Wirkungen des Patents erzielt werden (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 914 - Spannschraube, m.w.N.). Diese Möglichkeit verbietet es, in Fällen, in denen immerhin von einer teilweisen Übereinstimmung in den Wirkungen ausgegangen werden muß, oh-
ne weiteres die erforderliche Gleichwirkung zu verneinen. Das kann nur nach Analyse der patentgemäßen Wirkungen und einer sich hieran orientierenden Gewichtung des bei der beanstandeten Ausführung festgestellten Defizits geschehen. Diese Untersuchung wird deshalb nachzuholen sein. Denn mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist zugunsten des Klägers anzunehmen, daß das mit der Klage beanstandete Brat- und Kochgeschirr in seiner optischen Erscheinung nicht durch Fleckenbildung beeinträchtigt wird, deshalb gerade den am Stand der Technik bemängelten Nachteil vermeidet und mithin jedenfalls insoweit einem patentgemäß hergestellten Erzeugnis gleicht.
5. Die hiernach erforderliche Untersuchung ihrerseits setzt eine Auslegung des Patentanspruchs, von dessen Lehre angeblich Gebrauch gemacht worden sein soll, daraufhin voraus, welcher Sinn ihm nach dem Offenbarungsgehalt der Patentansprüche unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen als den patenteigenen Auslegungshilfen zukommt (vgl. Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube). Den Vorrang der Ermittlung des dem Anspruchswortlaut beizumessenden Sinns auch dann, wenn eine Patentverletzung durch eine abgewandelte Ausgestaltung zu prüfen ist, hat der Senat in ständiger Rechtsprechung immer wieder betont (BGHZ 105, 1, 10 - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 17.02.1999 - X ZR 22/97, GRUR 1999, 914 - Kontaktfederblock). Sie trägt der in Art. 69 Abs. 1 EPÜ wie in § 14 PatG zum Ausdruck kommenden zentralen Bedeutung des Inhalts der Patentansprüche für den Schutzbereich Rechnung. Maßgeblich für die Beurteilung ist dabei die Sicht des in dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns (Sen.Urt. v. 02.03.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube).
Ohne eine Befassung mit der Frage, wie der Fachmann die Lehre nach Anspruch 1 des europäischen Patents versteht, wird deshalb auch der vom Berufungsgericht heranzuziehende Sachverständige die an ihn zu richtenden Beweisfragen nicht beantworten können. Die sachverständigen Ä ußerungen hierzu können möglicherweise auch Einfluß auf die vom Berufungsgericht im angefochtenen Urteil dargelegte Meinung haben, die mit der Klage beanstandeten Brat- und Kochgeschirre seien keine Erzeugnisse, die nach einem Verfahren hergestellt seien, das von dem sinnvoll verstandenen Wortlaut des Anspruchs 1 der Klagepatente Gebrauch mache. Da bereits im Stand der Technik die Antihaftschicht die durch die körnige Struktur der Hartstoffschicht entstehenden Vertiefungen nach oben abdeckte, erscheint es insbesondere nicht ausgeschlossen, daß der Fachmann mit Merkmal 4 keine weitere Funktion als die verbindet, auch nach Durchführung des patentgemäßen Verfahrens die bereits bekannten Antihafteigenschaften zu gewährleisten. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, die zu der Feststellung des Fehlens einer wortsinngemäßen
Benutzung von Anspruch 1 des europäischen Patents geführt haben, werden mithin ebenfalls zu überprüfen sein; die Berechtigung der gegen diese Feststellung vorgebrachten Rügen der Revision kann deshalb dahinstehen.
Rogge Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Mühlens

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

(1) Das Patent erlischt, wenn

1.
der Patentinhaber darauf durch schriftliche Erklärung an das Deutsche Patent- und Markenamt verzichtet oder
2.
die Jahresgebühr oder der Unterschiedsbetrag nicht rechtzeitig (§ 7 Abs. 1, § 13 Absatz 4 oder § 14 Abs. 2 und 5 des Patentkostengesetzes, § 23 Abs. 7 Satz 4 dieses Gesetzes) gezahlt wird.

(2) Über die Rechtzeitigkeit der Zahlung entscheidet nur das Deutsche Patent- und Markenamt; die §§ 73 und 100 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 135/01 Verkündet am:
12. März 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: : nein
Schneidmesser II
PatG 1981 § 14; EPÜ Art. 69
Bleibt das Patent bei objektiver Betrachtung hinter dem technischen Gehalt der
Erfindung zurück, beschränkt sich der Schutz auf das, was noch mit dem Sinngehalt
seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist.
BGH, Urt. v. 12. März 2002 - X ZR 135/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 31. Mai 2001 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt als Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem deutschen Patent 37 19 721 (Klagepatent) sowie aus abgetretenem Recht die Beklagten wegen Patentverletzung in Anspruch. Das Klagepatent betrifft ein Schneidmesser für Rotationsschneidanlagen; Patentanspruch 1 lautet in der Fassung, die er in einem Einspruchsverfahren erhalten hat, wie folgt:
"Mit einem Gegenmesser zusammenwirkendes Schneidmesser (1) für Rotationsschneidanlagen für Papier, insbesondere mehrlagige vereinzelte Papierprodukte in Schuppenformation, mit einem runden , im wesentlichen kegelstumpfförmigen Grundkörper (4), dessen zur senkrecht zur Drehachse verlaufenden Schneidebene (6) konische Tragfläche Klingen (8) o. dergl. trägt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Klingen (8)

a) auf der kegelstumpfförmigen Rückfläche (3) des Grundkörpers (4) angeordnet sind und mit der Schneidebene (6) einen Winkel (5) von 10° - 22°, vorzugsweise 16° einschlieûen,
b) in unterschiedlichen Schneidstellungen in Richtung auf die Schneidebene (6) in länglichen Aussparungen (18) des Grundkörpers (4) verschiebbar gelagert und in diesen arretierbar sind,
c) mit ihren Längsachsen einen spitzen Winkel zum jeweiligen Radius des Grundkörpers (4), der 9° - 12° beträgt, einschlieûen, - in Draufsicht rechteckig ausgebildet sind, und - in Zahnform die Schneidfläche (13) bilden." Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, produziert und vertreibt Schneidmesser für Rotationsschneidanlagen für Papier, darunter eine im Revisionsverfahren allein noch im Streit stehende Ausführungsform , bei der der Winkel zwischen den Klingen und der Schneidebene 25° beträgt. Die Klägerin hat hierin eine Verletzung des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln gesehen und die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Insoweit haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Verurteilung der Beklagten entsprechend den in der Vorinstanz gestellten Anträgen begehrt. Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daû das als patentverletzend angegriffene Schneidmesser der Beklagten nicht in den Schutzbereich des Klagepa-
tents fällt (§ 14 PatG). Das Rechtsmittel ist deshalb mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
I. Das Klagepatent betrifft ein mit einem Gegenmesser zusammenwirkendes Schneidmesser für Rotationsschneidanlagen für Papier, das einen runden Grundkörper aufweist, dessen Schneidebene senkrecht zu seiner Drehachse ausgebildet ist und der eine zur Schneidebene konisch verlaufende Tragfläche aufweist, die Klingen oder dergl. trägt. Bei einem aus der deutschen Offenlegungsschrift 35 36 989 bekannten derartigen Schneidmesser sind, worauf die Beschreibung des Klagepatents verweist, die einzelnen Klingen in Ausnehmungen in einer der Schneidebene zugekehrten konischen Vorderfläche untergebracht; nach Abnutzung der Schneidflächen der Klingen ist zwar ein Nachschleifen möglich, jedoch verringert sich dabei der Durchmesser des Schneidmessers.
Das Berufungsgericht hat es als das durch das Klagepatent zu lösende technische Problem angesehen, die Lebensdauer derartiger Schneidmesser zu erhöhen und zu gewährleisten, daû der jeweils wirksame Radius der Schneidflächen auch nach einem Nachschleifen unverändert bleibt, sowie insbesondere den Nachteil bekannter Messer zu beseitigen, daû bei ihnen der Schnitt, der jeweils zuerst von dem radial am weitesten vorstehenden Teil der Klingen ausgeführt wird, nicht besonders sanft ist.
Das Berufungsgericht hat die Merkmale der erfindungsgemäûen Lösung nach dem aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 wie folgt aufgegliedert:
1. Es handelt sich um ein mit einem Gegenmesser zusammenwirkendes Schneidmesser (1) für Rotationsschneidanlagen für Pa-
pier, insbesondere mehrlagige vereinzelte Papierprodukte in Schuppenformation;
2. das Schneidmesser hat einen Grundkörper (4), der
2.1 rund und im wesentlichen kegelstumpfförmig ist 2.2 sowie eine zur senkrecht zur Drehachse verlaufenden Schneidebene (6) konische Tragfläche aufweist, die Klingen oder dergl. trägt;
3. die Klingen (8)
3.1 sind auf der kegelstumpfförmigen Rückfläche des Grundkörpers angeordnet, 3.2 schlieûen mit der Schneidebene einen Winkel (5) von 10° - 22°, vorzugsweise 16°, ein, 3.3 sind in länglichen Aussparungen (18) des Grundkörpers gelagert, in denen sie 3.3.1 in unterschiedlichen Schneidstellungen in Richtung auf die Schneidebene verschiebbar und 3.3.2 arretierbar sind, 3.4 schlieûen mit ihren Längsachsen einen spitzen Winkel zum jeweiligen Radius des Grundkörpers ein, der 9° - 12° beträgt , 3.5 sind in Draufsicht rechteckig ausgebildet und 3.6 bilden in Zahnform die Schneidfläche.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 - 3 der Zeichnungen der Klagepatents zeigen eine Ausführungsform eines patentgemäûen Schneidmessers :

II. 1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die im Revisionsverfahren noch im Streit sehende Ausführungsform der Beklagten von den Merkmalen und Merkmalsgruppen 1, 2, 3.1 und 3.3 bis 3.6 Gebrauch mache. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, daû die angegriffene Ausführungsform diese Merkmale benutzt.
2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Winkel (5) betrage bei der angegriffenen Ausführungsform 25° und liege damit nicht zwischen den im aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 vorgesehenen Werten von 10° - 22°. Diese tatrichterliche Feststellung greift die Revision nicht an; sie stimmt im übrigen mit dem Sachvortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen überein.
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Merkmal, daû der Winkel (5), den die Klingen mit der Schneidebene (6) einschlössen, zwischen 10° und 22° liege, sei durch den Winkel von 25° bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht äquivalent verwirklicht. Bereits der Wortlaut des Patentanspruchs spreche dafür, daû das Klagepatent einen Winkel von 16° als optimal ansehe und Abweichungen davon nur innerhalb der angegebenen Werte zulassen wolle. Die Beschreibung des Klagepatents weise nämlich darauf hin, daû die Wahl des Winkels so getroffen worden sei, daû zum einen eine hinre ichend dünne Messerklinge im Bereich der Schneidkante erzielt werde, wozu der Winkel ziemlich spitz sein müsse, andererseits aber an dieser kritischen Stelle eine Materialdichte bestehen bleibe, die für eine stabile Schneidkantenqualität sorge, was bedeute, daû der Winkel wiederum nicht zu spitz sein dürfe. Bei der Winkelwahl seien zudem die Temperatureinflüsse, die unterschiedliche Papierqualität, Arbeitsgeschwindigkeit und Materialeigenschaft der Klingen in ein optimales Verhältnis zueinander gesetzt worden. Der Fachmann
werde durch diese Angaben darauf hingewiesen, daû bei einem zu groûen Winkel entweder von vornherein keine hinreichend scharfe Schneidkante erhalten werde oder die Klingen bereits nach dem Schneiden einer verhältnismäûig kleinen Anzahl von Papierprodukten stumpf würden und nachgeschliffen werden müûten. Ihm sei im übrigen bekannt, daû ein zu groûer Winkel eine befriedigende Schnittqualität verhindere, weil z.B. die Seiten ausfransten oder einrissen. Der Fachmann entnehme der Angabe des Winkelbereichs zusammen mit der Beschreibung zwar, daû er durch Experimentieren den für seinen Fall günstigsten Winkel ermitteln solle, er werde durch diese Angabe aber davon abgehalten, den angegebenen Bereich zu verlassen, weil er annehmen müsse, es werde sich eine der genannten Gefahren realisieren. Es spreche nichts dafür, daû das Klagepatent mit der Ober- und der Untergrenze etwa nur grobe Anhaltswerte habe nennen wollen, von denen man, ohne den erfindungsgemäû angestrebten Erfolg zu gefährden, auch deutlich abweichen könne. Über das Ausmaû einer danach noch hinzunehmenden Abweichung gehe die Ausführungsform (mit einer Abweichung, die 25% des ganzen im Patentanspruch genannten Bereichs ausmache), deutlich hinaus. Abgesehen davon, daû es schon mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit kaum zu vereinbaren sein könne, daû ein Patentinhaber, der einen ganz bestimmten Gröûenbereich als erfindungswesentliches Merkmal in einen Patentanspruch aufnehme, auch Ausführungsformen in den Schutzbereich einbeziehe, die in groûem Maû von diesem abwichen, sei bereits die Gleichwirkung der Ausführungsform mit der vom Klagepatent gelehrten Gestaltung fraglich. Selbst wenn man aber eine hinreichende Gleichwirkung bejahe, scheitere die Annahme einer äquivalenten Benutzung daran, daû der Fachmann, der sich an der im Patentanspruch des Klagepatents umschriebenen und in der Beschreibung erläuterten Erfindung orientiere, davon abgehalten werde, in einem so starken Maû über den höchsten Wert des vom Patentanspruch genannten Bereichs hinauszugehen, und
er somit die angegriffene Gestaltung bei einer Orientierung am Klagepatent nicht auffinden könne.
4. Diese Auffassung hält im Ergebnis der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

a) Nach § 14 PatG und der wortgleichen Vorschrift des Art. 69 Abs. 1 EPÜ wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Nach den Grundsätzen, die der erkennende Senat hierzu entwickelt hat, dient die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung (BGHZ 98, 12, 18 f. - Formstein; 105, 1, 10 - Ionenanalyse; 125, 303, 309 f. - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung ). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschlieûlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maûgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln. Macht die angegriffene Ausführungsform von dem so ermittelten Sinngehalt eines Patentanspruchs Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung benutzt. Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fach-
mann auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, daû der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maûgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886, 889 - Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, daû sie (1.) das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen , die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu Sen. Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muû, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, daû der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlaû. Sie stehen in Einklang mit dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 Abs. 1 EPÜ (BGBl. 1976 II 1000), das nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGHZ 106, 84, 93 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung) auch zur Auslegung von § 14 PatG heranzuziehen ist. Nach Art. 2 Nr. 1 der Münchener Revisionsakte zum Europäischen Patentübereinkommen vom 29. November 2000 soll zukünftig das revidierte Auslegungsprotokoll in Art. 2 ausdrücklich vorsehen, daû bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen ist, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind.

b) Die Grundsätze der Schutzbereichsbestimmung sind auch dann anzuwenden , wenn der Patentanspruch Zahlen- oder Maûangaben enthält. Solche Angaben nehmen an der Verbindlichkeit des Patentanspruchs als maûgeblicher Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs teil. Die Aufnahme von Zahlen- oder Maûangaben in den Anspruch verdeutlicht, daû sie den Schutzgegenstand des Patents mitbestimmen und damit auch begrenzen sollen (Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung). Es verbietet sich daher, solche Angaben als minder verbindliche, lediglich beispielhafte Festlegungen der geschützten technischen Lehre anzusehen, wie dies in der Rechtsprechung zur Rechtslage im Inland vor Inkrafttreten des Art. 69 EPÜ und der entsprechenden Neuregelung des nationalen Rechts für möglich erachtet worden ist (vgl. RGZ 86, 412, 416 f. - pyrophore Metallegierungen; RG, Urt. v. 10.3.1928 - I 238/27, GRUR 1928, 481 - Preûhefe I; OGH BrZ 3, 63, 71 f. - künstliche Wursthüllen).

c) Wie jeder Bestandteil eines Patentanspruchs sind Zahlen- und Maûangaben grundsätzlich der Auslegung fähig. Wie auch sonst kommt es darauf an, wie der Fachmann solche Angaben im Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs versteht, wobei auch hier zur Erläuterung dieses Zusammenhangs Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind. Dabei ist zu berücksichtigen , daû Zahlen- und Maûangaben schon nach ihrem objektiven Gehalt, der auch das Verständnis des Fachmanns prägen wird, nicht einheitlich sind, sondern in unterschiedlichen Formen Sachverhalte mit durchaus verschiedenen Inhalten bezeichnen können.

d) Schon diese Umstände schlieûen es aus, daû der Fachmann Zahlen-, Maû- oder Bereichsangaben eine immer gleiche feste Bedeutung zuweisen wird. Jedoch wird er solchen Angaben in aller Regel einen höheren Grad an Eindeutigkeit und Klarheit zubilligen, als dies bei verbal umschriebenen Elementen der erfindungsgemäûen Lehre der Fall wäre (v. Rospatt, GRUR 2001, 991, 993). Denn Zahlen sind als solche eindeutig, während sprachlich formulierte allgemeine Begriffe eine gewisse Abstraktion von dem durch sie bezeichneten Gegenstand bedeuten. Zudem müssen solche Begriffe, wenn sie in einer Patentschrift verwendet werden, nicht notwendig in dem Sinn gebraucht werden , den der allgemeine technische Sprachgebrauch ihnen beimiût; die Patentschrift kann insoweit ihr "eigenes Wörterbuch" bilden (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; v. 13.4.1999 - X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Aus der Sicht des fachmännischen Lesers kann durch Zahlen- und Maûangaben konkretisierten Merkmalen deshalb die Bedeutung zukommen, daû der objektive, erfindungsgemäû zu erreichende Erfolg genauer und gegebenenfalls enger eingegrenzt wird, als dies bei bloû verbaler Umschreibung der Fall wäre. Da es Sache des
Anmelders ist, dafür zu sorgen, daû in den Patentansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 905 - Batteriekastenschnur; v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung), darf der Leser der Patentschrift annehmen, daû diesem Erfordernis auch bei der Aufnahme von Zahlenangaben in die Formulierung der Patentansprüche genügt worden ist. Dies gilt um so mehr, als der Anmelder bei Zahlenangaben besonderen Anlaû hat, sich über die Konsequenzen der Anspruchsformulierung für die Grenzen des nachgesuchten Patentschutzes klar zu werden.
Daher ist eine deutlich strengere Beurteilung angebracht, als es der Praxis zur Rechtslage in Deutschland vor 1978 entsprach (Bruchhausen, GRUR 1982, 1, 4). Eine eindeutige Zahlenangabe bestimmt und begrenzt den geschützten Gegenstand grundsätzlich insoweit abschlieûend; ihre Über- oder Unterschreitung ist daher in aller Regel nicht mehr zum Gegenstand des Patentanspruchs zu rechnen (v. Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 577).
Andererseits schlieût dies nicht aus, daû der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende, Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht. So hat das House of Lords in der Catnic-Entscheidung (R.P.C. 1982, 163; deutsch GRUR Int. 1982, 136), die allerdings die Rechtslage im Vereinigten Königreich vor der europäischen Harmonisierung betraf, bei einem auf einen rechten Winkel gerichteten Anspruchsmerkmal Abweichungen von 6° bzw. 8° vom rechten Winkel als mit der Annahme einer Benutzung der geschützten Lehre vereinbar angesehen. In einem solchen Fall kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob im An-
spruch von einem rechten Winkel oder von 90° die Rede ist. Maûgeblich ist vielmehr der unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs. In einem anderem Zusammenhang kann der gleiche Winkel sich daher dem Fachmann auch als exakt einzuhaltende Gröûe darstellen. Dies gilt grundsätzlich auch für Zahlenbereiche mit Grenzwerten (vgl. Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung; vgl. auch White, The C.I.P.A. Guide to the Patents Act, 5. Aufl., Part III, Section 125 Rdn. 22 mit Hinweis auf die soweit ersichtlich - insoweit - unveröffentlichten Entscheidungen Lubrizol v. Esso und Goldschmidt v. EOC Belgium). Ein Verständnis , daû ein Wert genau einzuhalten ist, wird vor allem dann der Vorstellung des Fachmanns entsprechen, wenn er erkennt, daû es sich um einen "kritischen" Wert handelt. Wie eine bestimmte Zahlen- oder Maûangabe im Patentanspruch demnach zu verstehen ist, ist eine Frage des der tatrichterlichen Beurteilung unterliegenden fachmännischen Verständnisses im Einzelfall.

d) Wie für die Erfassung des technischen Sinngehalts des Patentanspruchs gilt auch für die Bestimmung eines über diesen hinausreichenden Schutzbereichs, daû im Anspruch enthaltene Zahlen- oder Maûangaben mit den angegebenen Werten den geschützten Gegenstand begrenzen. Im Rahmen der Schutzbereichsbestimmung darf vom Sinngehalt der Zahlen- und Maûangaben nicht abstrahiert werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Fachmann eine Ausführungsform mit einem vom Anspruch abweichenden Zahlenwert auf Grund von Überlegungen, die sich am Sinngehalt der im Anspruch umschriebenen Erfindung orientieren, als gleichwirkende Lösung auffinden kann, muû vielmehr die sich aus der Zahlenangabe ergebende Eingrenzung des objektiven, erfindungsgemäû zu erreichenden Erfolgs berücksichtigt werden. Als im Sinne des Patentanspruchs gleichwirkend kann nur eine Ausführungsform angesehen werden, die der Fachmann als eine solche auffinden
kann, die nicht nur überhaupt die Wirkung eines - im Anspruch zahlenmäûig eingegrenzten - Merkmals der Erfindung erzielt, sondern auch gerade diejenige , die nach seinem Verständnis anspruchsgemäû der zahlenmäûigen Eingrenzung dieses Merkmals zukommen soll. Fehlt es daran, ist auch eine objektiv und für den Fachmann erkennbar technisch ansonsten gleichwirkende Ausführungsform vom Schutzbereich des Patents grundsätzlich nicht umfaût.
Damit im Kern übereinstimmend hat auch die Rechtsprechung im Vereinigten Königreich zur Feststellung einer Verletzung geprüft, ob die fachkundige Öffentlichkeit erwarten und sich darauf einstellen darf, daû es nach dem Patent auf die genaue Einhaltung des Wortlauts des Patentanspruchs ankommen soll (vgl. die sog. dritte Catnic-Frage; für das harmonisierte Recht u.a. Patents Court, F.S.R. 1989, 181 = GRUR Int. 1993, 245 - Improver Corporation v. Remington Consumer Products Ltd. ("Epilady"-Fall); Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Bezogen auf ein einzelnes Merkmal des Patentanspruchs geht es darum, ob das betreffende Merkmal dem Fachmann als ein solches erscheint, das ausschlieûlich wortsinngemäû benutzt werden kann, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln eingehalten werden soll (vgl. Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Ein solches Verständnis kann insbesondere bei Zahlen- und Maûangaben in Betracht zu ziehen sein (vgl. Patents Court, R.P.C. 1997, 649 - Auchincloss v. Agricultural & Veterinary Supplies Ltd.).
Wie bei anderen Elementen des Patentanspruchs auch darf deshalb die anspruchsgemäûe Wirkung nicht unter Auûerachtlassung von im Anspruch enthaltenen Zahlen- und Maûangaben bestimmt werden. Es reicht daher für die Einbeziehung abweichender Ausführungsformen in den Schutzbereich grundsätzlich nicht aus, daû nach der Erkenntnis des Fachmanns die erfin-
dungsgemäûe Wirkung im übrigen unabhängig von der Einhaltung des Zahlenwertes eintritt. Erschlieût sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäûen Wertes gleichwirkend, erstreckt sich der Schutzbereich insoweit nicht über den Sinngehalt des Patentanspruchs hinaus. Die anspruchsgemäûe Wirkung des zahlenmäûig bestimmten Merkmals wird in diesem Fall nach dem Verständnis des Fachmanns durch die (genaue ) Einhaltung eines Zahlenwertes bestimmt und kann daher notwendigerweise durch einen abweichenden Zahlenwert nicht erzielt werden. In einem solchen Fall genügt es nicht, daû der Fachmann auch eine von der Zahlenangabe abstrahierende Lehre als technisch sinnvoll erkennt.
Der Anmelder wird nicht immer den vollen technischen Gehalt der Erfindung erkennen und ausschöpfen; er ist auch - unbeschadet der Frage, ob ihm das rechtlich möglich ist - von Rechts wegen nicht gehalten, dies zu tun. Beschränkt sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung , als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwelt darauf vertrauen, daû der Schutz entsprechend beschränkt ist. Dem Patentinhaber ist es dann verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen. Das gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, daû die erfindungsgemäûe Wirkung als solche (in dem vorstehend ausgeführten engeren Sinn) über den im Patentanspruch unter Schutz gestellten Bereich hinaus erreicht werden könnte.
5. a) Zutreffend verweist die Revision darauf, daû mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts für das Revisionsverfahren davon auszugehen ist, daû die Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform derjenigen
des Klagepatents objektiv gleichwirkend ist. Das gilt auch in dem Sinn, daû die speziellen, mit der Bereichsangabe verbundenen Wirkungen erreicht werden.

b) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, daû die angegriffene Ausführungsform nicht in den Schutzbereich des Klagepatents fällt.
Wie der erkennende Senat wiederholt entschieden hat, fällt eine Ausführungsform dann nicht in den Schutzbereich des Patents, wenn sie auf ein Anspruchsmerkmal verzichtet, das für die unter Schutz gestellte Lehre wesentlich und bestimmend ist (BGHZ 113, 1, 11 - Autowaschvorrichtung m. Anm. von Falck in GRUR 1991, 447, der darauf hinweist, daû es auf die dem Fachmann erkennbare Tragweite der Erfindung ankommt; vgl. schon zur früheren Rechtslage Sen.Urt. v. 23.4.1991 - X ZR 41/89, GRUR 1991, 744, 746 - Trockenlegungsverfahren; v. 17.10.1985 - X ZR 31/82, GRUR 1986, 238, 240 - Melkstand). Danach scheidet eine Einbeziehung von Abwandlungen in den Schutzbereich jedenfalls dann aus, wenn aus der Sicht des Fachmanns wesentliche Unterschiede zu der unter Schutz gestellten Lehre vorliegen. Nichts anderes kann gelten, wenn bei der abgewandelten Lehre nicht vollständig auf ein Merkmal verzichtet, dieses aber so abgewandelt wird, daû der aus der Patentschrift ersichtliche Wirkungsbereich deutlich verlassen wird. Allerdings hat die Senatsrechtsprechung bisher die Fälle nicht in diese Beurteilung einbezogen , bei denen die Erwartung der Fachwelt nicht an den technischen Gehalt des Merkmals ("wesentlich und bestimmend"), sondern an die Fassung der Patentschrift als solche anknüpft, d.h. solche Fälle, in denen durch Formulierungen in der Patentschrift - unabhängig von der erkennbaren technischen Bedeutung des Merkmals - der Fachwelt der Eindruck vermittelt wird, es komme für die Verwirklichung der durch das Patent unter Schutz gestellten Lehre dar-
auf an, daû das Merkmal gemäû seinem Wortsinn oder doch jedenfalls nicht in der gesamten Breite objektiv gleichwirkender Lösungen benutzt werde.
Die bereits angesprochene Verantwortung des Patentinhabers, dafür zu sorgen, daû das, wofür er Schutz begehrt, in den Merkmalen des Patentanspruchs niedergelegt ist, beschränkt daher auch in solchen Fällen, in denen dieser das - aus welchen Gründen auch immer - versäumt hat und das Patent bei objektiver Betrachtung hinter dem (hier mangels abweichender tatrichterlicher Feststellungen zu unterstellenden) weitergehenden technischen Gehalt der Erfindung zurückbleibt, den Schutz auf das, was noch mit dem Sinngehalt seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist.
Von daher hat das Berufungsgericht zutreffend berücksichtigt, daû das Klagepatent von vornherein für den Winkel (5) nur eine verhältnismäûig geringe Variationsbreite zwischen 10° und 22° mit einem bevorzugten Mittelwert von 16° vorsieht. Nach seinen Feststellungen entnimmt der Fachmann dem Patentanspruch , daû ein Winkel von 16° das Optimum darstelle, von dem Abweichungen im Sinn gröûerer wie kleinerer Winkel als noch im Rahmen der Erfindung liegend toleriert werden könnten, der Toleranzbereich jedoch durch die Grenzwerte in der Weise beschränkt werde, daû sich die angestrebte Optimierung nur innerhalb der so erweiterten Grenzen im wesentlichen erreichen lasse. Das läût einen Rechtsfehler nicht erkennen. Dieses fachmännische Verständnis schlieût es aus, daû der Fachmann einen Winkel von 25° als einen Wert in Betracht zog, der gegenüber der im Patentanspruch bezeichneten maximalen Abweichung vom Optimum eine gleichwertige Lösung darstellt. Toleranzen von jeweils 3° an den Bereichsgrenzen würden zu einem vom Schutzbereich des Klagepatents erfaûten Winkelbereich von 7° - 25° und damit zu einem erfaûten Bereich von Winkeln mit einem Spielraum von 18° anstatt von
12° wie nach dem Anspruchswortlaut sowie von Abweichungen vom bevorzugten Winkel von 16° von 9° nach oben und nach unten führen. Angesichts der Angabe in der Beschreibung, die Wahl des Winkels sei so getroffen worden , daû zum einen eine hinreichend dünne Messerklinge im Bereich der Schneidfläche erzielt werde, andererseits aber an dieser kritischen Stelle eine Materialdicke bestehen bleibe, die für eine stabile Schneidkantenqualität sorge , zudem seien verschiedene weitere Parameter in ein optimales Verhältnis zueinander gesetzt worden, hatte der Fachmann zudem gesteigerten Anlaû zu der Annahme, daû der Einhaltung des im Patentanspruch vorgegebenen Bereichs erhebliche Bedeutung zukommen sollte. Dies läût es als ausgeschlossen erscheinen, daû die Fachwelt dem Klagepatent über die Bereichsangabe hinaus einen so weitgehenden Schutz zubilligen wird, daû auch die angegriffene Ausführungsform von ihm erfaût wird; ein solcher Schutzumfang wäre mit dem Sinngehalt des Patentanspruchs nicht mehr in Beziehung zu setzen.
Weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf es zur Begründung dieses Ergebnisses nicht. Es steht auch nicht zu erwarten, daû sie noch getroffen werden können. Der Senat kann deshalb selbst in der Sache dahin erkennen, daû die Klage unbegründet ist.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf