Bundesgerichtshof Urteil, 15. Dez. 2015 - X ZR 30/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:151215UXZR30.14.0
bei uns veröffentlicht am15.12.2015
vorgehend
Landgericht Mannheim, 2 O 129/09, 17.04.2012
Oberlandesgericht Karlsruhe, 6 U 50/12, 26.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 3 0 / 1 4 Verkündet am:
15. Dezember 2015
Hartmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Glasfasern II
PatG § 14; EPÜ Art. 69

a) Ein Unternehmen, das ein Produkt, dessen Vertrieb für einen bestimmten Verwendungszweck nur
unter bestimmten, dem Schutz der Gesundheit dienenden Voraussetzungen rechtlich zulässig ist, zu
diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, gibt damit unter gewöhnlichen Umständen
zu erkennen, dass es diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht.

b) Ist der Vertrieb eines Produkts für einen bestimmten Verwendungszweck nur mit einem gesundheitsrelevanten
Warnhinweis rechtlich zulässig, gibt ein Unternehmen, das ein solches Produkt ohne entsprechenden
Hinweis zu diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, unter gewöhnlichen
Umständen zu erkennen, dass es das Produkt als ohne Warnhinweis verkehrsfähig ansieht.

c) Der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft, die ein patentverletzendes Erzeugnis herstellt oder
erstmals im Inland in den Verkehr bringt, ist dem Verletzten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn
er die ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die Geschäftstätigkeit des Unternehmens
so einzurichten und zu steuern, dass hierdurch keine technischen Schutzrechte Dritter verletzt
werden.

d) Für die Annahme, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft, die ein
Produkt herstellt oder in den inländischen Markt einführt, auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihres
gesetzlichen Vertreters beruht, bedarf es im Regelfall keines näheren Klägervortrags und keiner näheren
tatrichterlichen Feststellungen zu den dafür maßgeblichen Handlungen des gesetzlichen Vertreters.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - X ZR 30/14 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
ECLI:DE:BGH:2015:151215UXZR30.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 26. Februar 2014 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 399 320 (Klagepatents), das die Verwendung von Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen, betrifft. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: "Verwendung der Glasfasern mit der folgenden in Mol-% angegebenen Glaszusammensetzung : SiO 55-70 vorzugsweise 58-65

2

B O 0-5 vorzugsweise 0-4 2 3 AI O 0-3 vorzugsweise 0-1 2 3 TiO 0-6 vorzugsweise 0-3

2

Eisenoxide 0-2 vorzugsweise 0-1 MgO 1-4 CaO 8-24 vorzugsweise 12-20 NaO 10-20 vorzugsweise 12-18

2

KO 0-5 vorzugsweise 0,2-3

2

Fluorid 0-2 vorzugsweise 0-1 und die einen Durchmesser von < 8 μm besitzen, wobei mehr als 10% der Glasfasern einen Durchmesser von < 3 μm aufweisen, als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen, wobei die Anteile von TiO , BaO, ZnO, SrO,

2

ZrO < 1 Mol-% betragen."

2

2
Eine von der Beklagten zu 2 erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist in zwei Instanzen erfolglos geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - X ZR 53/11, GRUR 2012, 373 - Glasfasern).
3
Die Beklagte zu 2 stellt Glasfaserprodukte in Plattenform her, die in Deutschland als Dämmmaterial angeboten werden. Der Vertrieb dieser Produkte an den Baustoffhandel erfolgte bis 2006 durch eine GmbH, in den Jahren 2007 und 2008 durch eine mit dieser verschmolzene Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 4 war, und seit 2009 durch die Beklagte zu 1. Der Beklagte zu 3 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Er war ferner Mitgeschäftsführer der früheren Vertriebsgesellschaften.
4
Das Landgericht hat dem auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. November 1998 bis zum 11. Mai 2010 gerichteten Klagebegehren entsprochen. Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision streben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage an. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision ist unbegründet.
6
I. Das Klagepatent betrifft die Verwendung von Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
7
1. Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift war im Stand der Technik bekannt, dass Glasfasern zu Krebserkrankungen führen können. Ausschlaggebend für diese Wirkung ist unter anderem die Verweildauer der Fasern in der Lunge. Diese wiederum hängt von der Größe und der Beständigkeit der Fasern ab. Nach einer wissenschaftlichen Definition, die aufgrund von Erkenntnissen über die krebserzeugende Wirkung von Asbest erstellt worden ist, können solche Wirkungen bei Fasern auftreten, die einen geometrischen Durchmesser von weniger als drei Mikrometer, eine Länge von mehr als fünf Mikrometer und ein Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser von mehr als drei zu eins aufweisen. In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1986 wurde ausgeführt , die tumorerzeugende Wirkung bestimmter Fasern könne durch intensive Vorbehandlung mit einer Säure reduziert werden.
8
Das Klagepatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, Glasfasern zur Verfügung zu stellen, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
9
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in Patentanspruch 1 die Verwendung von Glasfasern mit folgenden Merkmalen vor: 1. Die Glaszusammensetzung umfasst folgende Stoffe:
a) 55 bis 70 (vorzugsweise 58 bis 65) Molprozent Siliziumdioxid (SiO2),
b) 8 bis 24 (vorzugsweise 12 bis 20) Molprozent Calciumoxid (CaO),
c) 10 bis 20 (vorzugsweise 12 bis 18) Molprozent Natriumoxid (Na2O),
d) 0 bis 5 (vorzugsweise 0 bis 4) Molprozent Bortrioxid (B2O3),
e) 0 bis 3 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Aluminiumoxid (AI2O3),
f) 0 bis 2 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Eisenoxide,
g) 1 bis 4 Molprozent Magnesiumoxid (MgO),
h) 0 bis 5 (vorzugsweise 0,2 bis 3) Molprozent Kaliumoxid (K2O),
i) 0 bis 2 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Fluorid.
2. Folgende Stoffe sind in der Glaszusammensetzung höchstens mit einem Anteil von weniger als 1 Molprozent enthalten:
a) Titandioxid (TiO2),
b) Bariumoxid (BaO),
c) Zinkoxid (ZnO),
d) Strontiumoxid (SrO),
e) Zirkoniumdioxid (ZrO2).
3. Der Durchmesser beträgt
a) weniger als acht Mikrometer bei allen Glasfasern,
b) weniger als drei Mikrometer bei mehr als 10 % der Glasfasern.
4. Die Glasfasern werden verwendet als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
10
II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
11
Bei den angegriffenen Produkten seien alle Merkmale von Patentanspruch 1 wortsinngemäß verwirklicht.
12
Dem stehe nicht entgegen, dass unstreitig mindestens 10 % der in den Produkten enthaltenen Glasfasern einen Durchmesser von acht Mikrometer und mehr aufweise. Solche Glasfasern seien für eine Verwendung zu dem in Patentanspruch 1 definierten Zweck von vornherein ohne Bedeutung, weil sie wegen ihres großen Durchmessers nicht lungengängig seien und deshalb keine kanzerogene Wirkung hätten. Zum Gegenstand des Klagepatents gehöre deshalb auch die Verwendung von Produkten, in denen erfindungsgemäße Glasfasern mit Glasfasern größeren Durchmessers kombiniert seien, sofern alle Glasfasern , deren Durchmesser geringer sei als acht Mikrometer, die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierte Beschaffenheit aufwiesen. Diese Voraussetzung sei bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt.
13
Die in den angegriffenen Produkten enthaltenen Glasfasern würden für die in Merkmal 4 definierte Verwendung sinnfällig hergerichtet, indem diese Produkte als Baustoffe für den Hochbau ausgestaltet und vertrieben würden. Bei solchen Baustoffen müsse die Gefahr von Krebserkrankungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Nach Abschnitt 23 des Anhangs zu § 1 der Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV) in der seit 1. Juni 2000 geltenden Fassung dürften Mineralfasern der in Rede stehenden Art nur dann zu Zwecken der Wärme- und Schallisolierung im Hochbau in den Verkehr gebracht werden, wenn sie eines von drei alternativ genannten Kriterien erfüllten. Das zweite dieser Kriterien verlange, dass die Halbwertszeit nach intratrachealer Instillation von zwei Milligramm einer Suspension von Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis von mehr als drei zu eins höchstens vierzig Tage betrage. Dies entspreche den Anforderungen, die in der Beschreibung des Klagepatents aufgestellt würden. Angesichts dessen spreche jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die angegriffene Ausführungsform für einen Verwendungszweck eingesetzt werde, bei dem die Gefahr von Krebserkrankungen mindestens in demselben Maße ausgeschlossen sein müsse wie nach dem Klagepatent. Diesen Anschein hätten die Beklagten nicht erschüttert. Welches kanzerogene Potential der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich zukomme, sei ohne Bedeutung. Unabhängig davon spreche aus den bereits genannten Gründen der Beweis des ersten Anscheins auch insoweit zugunsten der Klägerin.
14
Für den Zeitraum vor Inkrafttreten der genannten Regelung gelte im Ergebnis nichts anderes. In der Richtlinie 67/548/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/69/EG vom 5. Dezember 1997 sei eine Pflicht zur Kennzeichnung von Mineralfaserprodukten mit einem Warnhinweis vorgesehen gewesen. Diese Kennzeichnung sei entbehrlich gewesen, wenn nach bestimmten Testmethoden die Unbedenklichkeit des Produkts festgestellt worden sei.
15
III. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
16
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Merkmal 3 a auch dann verwirklicht ist, wenn das verwendete Produkt neben Glasfasern, deren Durchmesser den in Merkmalsgruppe 3 definierten Anforderungen entspricht, zusätzlich Glasfasern mit einem Durchmesser von acht Mikrometer oder mehr enthält.
17
a) Nach der Beschreibung des Klagepatents kommt eine toxikologische Wirksamkeit nur bei Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer in Betracht. In Übereinstimmung damit betrifft das Klagepatent die Verwendung von Glasfasern, von denen zumindest ein bestimmter Anteil einen unterhalb dieser Grenze liegenden Durchmesser aufweist. Bei solchen Fasern dienen die in den Merkmalsgruppen 2 und 3 definierten Anforderungen dazu, den angestrebten Verwendungszweck trotz der potentiell gefahrenträchtigen Abmessungen zu erreichen. Bei Fasern, deren Durchmesser deutlich oberhalb der Grenze liegt, bedarf es von dem in der Klagepatentschrift dargestellten Ausgangspunkt aus solcher Maßnahmen nicht, weil die Erreichung des angestrebten Zwecks schon durch die ausreichende Größe gesichert ist.
18
Hieraus hat das Berufungsgericht zutreffend den Schluss gezogen, dass Merkmal 3 a keine Vorgabe für den maximalen Durchmesser aller in dem verwendeten Produkt enthaltenen Glasfasern enthält, sondern nur die Festlegung trifft, dass alle verwendeten Fasern, deren Durchmesser kleiner als acht Mikrometer ist, die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierte Beschaffenheit aufweisen müssen.
19
b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck keine abweichende Beurteilung.
20
Im Ansatz zu Recht macht die Revision allerdings geltend, dass die Auslegung von Patentanspruch 1 sich an diesem Verwendungszweck zu orientieren hat. Das Berufungsgericht hat diese Anforderung indes weder übersehen noch in rechtsfehlerhafter Weise umgesetzt. Seine Schlussfolgerung, das Vorhandensein von Fasern mit einem Durchmesser von acht Mikrometer und mehr stehe der Verwirklichung von Merkmal 3 a nicht entgegen, ist vielmehr gerade unter diesem Gesichtspunkt folgerichtig. Wenn dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck schon durch einen ausreichend großen Durchmesser Rechnung getragen werden kann, bedarf es der zusätzlichen, in den Merkmalsgruppen 1 und 2 festgelegten Beschaffenheitsmerkmale nicht.
21
Dem steht nicht entgegen, dass die in Merkmal 3 a festgelegte Obergrenze deutlich oberhalb des in der Beschreibung des Klagepatents als kritisch bezeichneten Werts von drei Mikrometer liegt. Zwar mag es bei strikter Orientierung an dem zuletzt genannten Wert konsequent erscheinen, die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierten Anforderungen an die Beschaffenheit nur für solche Fasern vorzusehen, deren Durchmesser kleiner als drei Mikrometer ist. Hieraus ist aber nicht abzuleiten, dass die in Merkmal 3 a vorgesehene Obergrenze anderen Zwecken dient und deshalb für alle von der Verwendung betroffenen Glasfasern gilt. Die mit Merkmal 3 a bewirkte Ausdehnung des Größenbereichs , für den die besonderen Anforderungen der Merkmalsgruppen 1 und 2 gelten, stellt sich vielmehr als eine Art Sicherheitszuschlag dar, um den angestrebten Zweck möglichst auch dann zu erreichen, wenn sich die Einschätzung über den Beginn des kritischen Größenbereichs als unzutreffend erweisen sollte.
22
c) Entgegen der Auffassung der Revision führt dieses Verständnis nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen.
23
In den von der Revision gebildeten Beispielsfällen, dass eine Teilmenge der verwendeten Glasfasern sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 erfüllt, während die übrigen zwar einen Durchmesser von weniger als acht Mikrometer, aber nicht die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierte Beschaffenheit aufweisen , wäre die Erreichung des in Merkmal 4 definierten Zwecks allerdings nicht gewährleistet. Solche Verwendungen fallen indes nicht in den Schutzbereich des Klagepatents.
24
Wie bereits oben dargelegt wurde, müssen nach dem Klagepatent alle von der Verwendung umfassten Glasfasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer den in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierten Anforderungen entsprechen. Diese Voraussetzung ist in dem von der Revision gebildeten Beispielsfall gerade nicht erfüllt.
25
d) Der von der Revision erhobene Einwand, bei dieser Auslegung hänge die Erfüllung der Maßanforderungen des Klagepatents vom Zufall ab, findet, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, keine Grundlage in den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts.
26
Aus den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Größe und Zusammensetzung der in einem Produkt enthaltenen Glasfasern vom Zufall abhängt. Vortrag der Beklagten, den das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang übergangen haben könnte, zeigt die Revision nicht auf.
27
Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob der Einwand - mit dem die Revision der Sache nach die ausführbare Offenbarung der Erfindung in Abrede stellt, also einen Nichtigkeitsgrund geltend macht - im Verletzungsrechtsstreit überhaupt geltend gemacht werden dürfte.
28
e) Entgegen der Auffassung der Revision steht das vom Berufungsgericht vertretene Verständnis nicht in Widerspruch zum Urteil des erkennenden Senats im Nichtigkeitsverfahren.
29
Der Senat hat in diesem Urteil, wie die Revision in anderem Zusammenhang zutreffend ausführt, offengelassen, ob der Gegenstand des Klagepatents auch die Verwendung von Glasfasern mit den Merkmalen 1 bis 3 in Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers umfasst (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - X ZR 53/11, GRUR 2012, 373 Rn. 26 - Glasfasern).
30
Aus den vom Senat in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zum Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Diese Erwägungen betreffen lediglich die - vom Senat im Ergebnis verneinte - Frage, ob der im Laufe des Erteilungsverfahrens erfolgte Übergang von der Festlegung des mittleren Durchmessers zur Festlegung des größten Durchmessers zu einer Erweiterung geführt hat. Für die Frage, ob aufgrund dieser Änderung Verwendungen ausgeschlossen sind, bei denen zusätz- lich Glasfasern mit einem oberhalb der festgelegten Obergrenze liegenden Durchmesser zum Einsatz kommen, kann daraus nichts abgeleitet werden.
31
f) Den von der Beklagten vorgelegten ausländischen Entscheidungen, in denen auf eine Verletzung des Klagepatents gestützte Klagen abgewiesen wurden, vermag der Senat nicht beizutreten.
32
aa) Der Entscheidung der Cour d'appel de Paris vom 16. Mai 2014 (RG no 12/06678) kommt im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
33
In dieser Entscheidung ist das Klagepatent mit Wirkung für die Französische Republik für nichtig erklärt worden. Im vorliegenden Rechtsstreit ist der Senat hingegen an die Erteilung des Patents gebunden.
34
bb) Die Cour d'appel de Liège ist in ihrer Entscheidung vom 19. September 2013 (2011/RG/1503) zu der Einschätzung gelangt, eine Auslegung , nach der die im Patentanspruch vorgesehene Obergrenze von acht Mikrometer der Verwendung zusätzlicher Fasern mit größerem Durchmesser nicht entgegensteht, laufe darauf hinaus, dass Patentanspruch 1 nur Anforderungen an den mittleren Durchmesser der Fasern enthalte, wie dies in Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Unterlagen vorgesehen gewesen sei. Auf diese Lesart dürfe sich die Beklagte aber nicht berufen, weil das Wort "mittlerer" im Laufe des Erteilungsverfahrens gestrichen worden sei. Das gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsmittel hat der belgische Kassationshof mit Urteil vom 12. März 2015 (C.14.0098.F/1) zurückgewiesen.
35
Die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Einschätzung vermag der Senat in einem entscheidenden Punkt nicht zu teilen.
36
Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen Vorgänge im Erteilungsverfahren , die der Patenterteilung vorausgegangen und im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, bei der Auslegung des Patents nicht herange- zogen werden (BGH, Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 43/01, BGHZ 150, 161, 162 ff. = GRUR 2002, 511, 513 f. - Kunststoffrohrteil). Der Senat hat hierbei offengelassen , ob es dieser Grundsatz auch verbietet, auf Patentveröffentlichungen wie die amtlich veröffentlichte Patentanmeldung oder frühere Fassungen der später etwa im Einspruchsverfahren oder im Beschränkungsverfahren geänderten Patentschrift zurückzugreifen, wenn sich der Gehalt der maßgeblichen Fassung der Patentschrift erst aus einem Vergleich mit diesen erschließt und damit zu einem Niederschlag auch in dieser geführt hat (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, 340 f. = GRUR 2011, 701, 704 - Okklusionsvorrichtung; Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 33 - Gelenkanordnung). Diese Frage bedarf auch im Streitfall keiner Beantwortung. Sie wäre nur dann entscheidungsrelevant, wenn der Anmeldung zu entnehmen wäre, dass die dort formulierten Anforderungen stets für alle Glasfasern gelten, die in einem bestimmten Erzeugnis enthalten sind. Diese Voraussetzung ist indes nicht gegeben. Wie der Senat bereits in seinem Urteil im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, kann aus dem Umstand, dass die Fasern nach dem in der Anmeldung formulierten Anspruch einen mittleren Durchmesser von weniger als acht Mikrometer aufweisen müssen, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Erzeugnisse oder Verwendungen, bei denen erfindungsgemäße Fasern mit Glasfasern größeren Durchmessers kombiniert werden, nicht zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung gehören (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 26 - Glasfasern).
37
Der in der Anmeldung formulierte Anspruch war auf ein Erzeugnis gerichtet. Zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung gehören mithin alle Erzeugnisse , die die in der Anmeldung als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmale aufweisen, unabhängig davon, in welcher Weise sie verwendet werden. Dies schließt Verwendungen ein, bei denen erfindungsgemäße Erzeugnisse mit anderen Glasfasern kombiniert werden.
38
Aus der in der Anmeldung formulierten Anforderung, dass nur der mittlere Durchmesser der Fasern unterhalb des Höchstwerts von acht Mikrometer liegen muss, ist allerdings zu entnehmen, dass der Gegenstand der Anmeldung auch Erzeugnisse umfasst, bei denen einige Glasfasern einen Durchmesser von mehr als acht Mikrometer aufweisen, solange nur der mittlere Durchmesser unterhalb dieser Grenze liegt. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass bei der Bildung des maßgeblichen Mittelwerts stets alle Glasfasern in die Betrachtung einzubeziehen sind, die in dem jeweiligen Erzeugnis enthalten sind. Dabei kann offenbleiben, ob der Anmeldung hinreichend deutlich entnommen werden kann, in welcher Weise dieser Mittelwert zu bilden ist. Aus den bereits in der Anmeldung enthaltenen Angaben, wonach eine toxikologische Wirksamkeit nur bei Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer in Betracht kommt, ergibt sich jedenfalls, dass Glasfasern, deren Durchmesser oberhalb der im Anspruch genannten Grenze von acht Mikrometer liegt, nicht zwingend in diese Berechnung einbezogen werden müssen. Damit enthält auch die Anmeldung lediglich eine Obergrenze für den Durchmesser der für die rechtliche Beurteilung relevanten Glasfasern, nicht aber die Festlegung, dass eine Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers ausgeschlossen ist.
39
2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform auch Merkmal 3 b wortsinngemäß verwirklicht ist.
40
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht hierbei davon ausgegangen, dass als Vergleichswert für die Bestimmung des in Merkmal 3 b vorgegebenen Prozentsatzes nicht die Gesamtzahl aller verwendeten Fasern heranzuziehen ist, sondern nur die Anzahl der verwendeten Fasern, die einen Durchmesser von weniger als acht Mikrometer haben.
41
Wie bereits im Zusammenhang mit Merkmal 3 a aufgezeigt wurde, betreffen die Festlegungen von Patentanspruch 1 nur Fasern, deren Durchmesser unterhalb der in Merkmal 3 a festgelegten Grenze liegt. Dies gilt auch für den in Merkmal 3 b definierten Anteil der Fasern mit einem Durchmesser, der unterhalb der nach der Beschreibung des Klagepatents kritischen Grenze von drei Mikrometer liegt.
42
b) Angesichts dessen hat es das Berufungsgericht zu Recht als unerheblich angesehen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Anteil der Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer bezogen auf die Gesamtzahl aller verwendeten Fasern weniger als 10 % beträgt.
43
c) Soweit die Revision andeutet, der genannte Prozentsatz sei auch im Verhältnis zur Anzahl der verwendeten Fasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer nicht erreicht, setzt sie sich, wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, in Widerspruch zu den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts.
44
Nach den Feststellungen des Landgerichts weisen bei der angegriffenen Ausführungsform auch ausweislich eines von den Beklagten vorgelegten Untersuchungsberichts (B12) mehr als 10 % der Fasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer zugleich einen Durchmesser von weniger als drei Mikrometer auf. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten in der Berufungsinstanz keine Einwände gegen diese Feststellung erhoben. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Untersuchungsberichte (BK6), die für andere Proben einen Anteil von weniger als 10 % ausweisen, hat das Berufungsgericht als unerheblich angesehen.
45
Diese Feststellungen greift die Revision nicht an. Sie sind deshalb für die revisionsrechtliche Überprüfung zugrunde zu legen. Aus ihnen ergibt sich, dass Merkmal 3 a bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt ist.
46
3. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vertrieb der angegriffenen Produkte eine nach Patentanspruch 1 geschützte Verwendung darstellt.
47
a) Wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, erfasst das Klagepatent die Verwendung der Glasfasern für alle Einsatzzwecke, bei denen die Gefahr von Krebserkrankungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden soll (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 11 - Glasfasern). Diesbezügliche Anforderungen können sich nicht nur aus technischen Zusammenhängen ergeben, sondern auch aus rechtlichen Vorgaben (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern).
48
b) Für den Einsatz von Glasfasern als Dämmstoffe im Hochbau bestanden in dem maßgeblichen Zeitraum von November 1998 bis Mai 2010 solche rechtlichen Vorgaben.
49
aa) Seit dem Inkrafttreten von Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV am 1. Juni 2000 dürfen Glasfasern, die nach Einschätzung des Verordnungsgebers als (potentiell) kanzerogen anzusehen sind, zu Zwecken der Wärme- und Schalldämmung im Hochbau nicht mehr vertrieben werden.
50
Der Kreis der von diesem Verbot betroffenen Fasern ist in Spalte 1 der genannten Regelung definiert. Nach den Bestimmungen in den Spalten 2 und 3 ist der Vertrieb solcher Fasern zu den genannten Zwecken nur zulässig, wenn sie eines von mehreren in Spalte 3 aufgestellten Kriterien erfüllen. Diese Kriterien dienen dem Zweck, die Gefahr von Krebserkrankungen auszuschließen oder jedenfalls auf ein Maß zu verringern, das nach der Einschätzung des Verordnungsgebers hingenommen werden kann.
51
Damit ergibt sich für Glasfasern ein besonderer, objektiv abgrenzbarer Verwendungszweck, nämlich die rechtskonforme Verwendung als nicht krebsverursachende Glasfasern zu Zwecken der Wärme- oder Schalldämmung im Hochbau.
52
bb) Vor dem 1. Juni 2000 gab es zwar keine vergleichbaren Vertriebsverbote. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mussten künstliche Mineralfasern aber mit einem Warnhinweis verse- hen werden, wenn ihre Unbedenklichkeit nicht anhand von bestimmten Testmethoden festgestellt war.
53
Daraus ergab sich ebenfalls ein besonderer Verwendungszweck, nämlich die Verwendung als Glasfasern, die ohne einen Warnhinweis vertrieben werden dürfen.
54
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Vertrieb von Dämmmaterial für den Hochbau für die Zeit ab 1. Juni 2000 und den Vertrieb solcher Materialien ohne Warnhinweis in der Zeit davor als sinnfällige Herrichtung zur Verwendung als nicht kanzerogenes Produkt im Sinne der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften angesehen.
55
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehören zu einer durch ein Patent geschützten Verwendung bereits solche Handlungen, bei denen die Sache zu der betreffenden Verwendung sinnfällig hergerichtet wird (BGH, Beschluss vom 20. September 1983 - X ZB 4/83, BGHZ 88, 209, 216 f. = GRUR 1983, 729 - Hydropyridin). Die sinnfällige Herrichtung kann nicht nur durch eine besondere Gestaltung der Sache, sondern auch durch eine ihr beim Vertrieb beigegebene Gebrauchsanleitung in Form eines Beipackzettels oder in sonstiger Weise geschehen (BGH, Urteil vom 21. November 1989 - X ZR 29/88, GRUR 1990, 505, 506 f. - Geschlitzte Abdeckfolie).
56
bb) Für die Zeit ab 1. Juni 2000 hat das Berufungsgericht eine sinnfällige Herrichtung zu der genannten Verwendung zutreffend schon darin gesehen, dass Produkte, die künstliche Mineralfasern im Sinne des Abschnitts 23 von Anhang I zu § 1 ChemVerbotV enthalten, zu Zwecken der Wärme- und Schalldämmung im Hochbau angeboten oder in Verkehr gebracht werden.
57
Dabei kann dahingestellt bleiben, welcher Erklärungswert solchen Handlungen im Zusammenhang mit kauf- oder deliktsrechtlichen Ansprüchen der Abnehmer beigemessen werden kann. Wenn ein Unternehmer ein Produkt, das für einen bestimmten Verwendungszweck aufgrund rechtlicher Vorgaben nur unter bestimmten Voraussetzungen angeboten oder in Verkehr gebracht werden darf, für diesen Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, gibt er damit jedenfalls unter gewöhnlichen Umständen zu erkennen, dass er diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht. Dies gilt zumindest dann, wenn es um grundlegende Anforderungen geht, deren Einhaltung dem Schutz der Gesundheit dient. Ein Anbieter, der solche Produkte vertreibt, ohne auf mögliche Einschränkungen oder Zweifel hinzuweisen, erweckt den Eindruck, dass von seinen Produkten keine verbotenen Gesundheitsgefahren ausgehen.
58
Im Streitfall haben die Beklagten die angegriffenen Produkte nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben. Damit haben sie die Produkte im Hinblick auf die genannten Regeln der Chemikalien-Verbotsverordnung sinnfällig hergerichtet für die rechtskonforme Verwendung als nicht krebsverursachende Glasfaser. Besondere Umstände, aus denen sich eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, sind nicht festgestellt und werden von der Revision nicht geltend gemacht.
59
cc) Für die Zeit vor dem 1. Juni 2000 gilt entsprechendes.
60
Wenn der Vertrieb eines Produkts für einen bestimmten Verwendungszweck nur mit einem gesundheitsrelevanten Warnhinweis zulässig ist, gibt ein Unternehmer, der ein solches Produkt ohne entsprechenden Hinweis zu diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, unter normalen Umständen zu erkennen, dass er das Produkt als ohne Warnhinweis verkehrsfähig ansieht. Auch in diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob dies für jeden beliebigen Hinweis auf jede beliebige Gefahr gilt. Aus der insoweit maßgeblichen Sicht der potentiellen Abnehmer ist eine Vertriebstätigkeit jedenfalls dann in dem beschriebenen Sinne zu verstehen, wenn es um die Einhaltung elementarer Regeln zum Schutz der Gesundheit geht. Zu diesen Regeln gehörten schon im Zeitraum zwischen 1998 und 2000 die Regeln zur Kennzeichnung von Glasfaserprodukten als potentiell krebsverursachend.
61
Mit dem Vertrieb der angegriffenen Produkte als Dämmmaterial für Bauzwecke haben die Beklagten die Produkte mithin sinnfällig hergerichtet für die rechtskonforme Verwendung als Glasfaser, die ohne einen Warnhinweis vertrieben werden darf.
62
d) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine sinnfällige Herrichtung zur Verwendung als nicht gesundheitsgefährdendes Produkt im Sinne der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften zugleich eine sinnfällige Herrichtung zu der in Merkmal 4 definierten Verwendung darstellt.
63
aa) Wie der Senat bereits im seinem Berufungsurteil im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, sind als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potenzial zeigen, nach dem Inhalt der Klagepatentschrift Glasfasern anzusehen, bei denen kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Aufnahme des Materials über die menschliche Lunge und dem Entstehen einer Krebserkrankung besteht (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 12 - Glasfasern).
64
Ein signifikanter Zusammenhang in diesem Sinne liegt nach den insoweit maßgeblichen Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents vor, wenn die Glasfasern bei den in der Patentschrift beschriebenen Tierversuchen eine Erkrankungsrate von mehr als rund 10 % innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren hervorrufen (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 13 - Glasfasern). Merkmal 4 des Klagepatents ist mithin erfüllt, wenn die Glasfasern sinnfällig für einen Einsatzzweck hergerichtet werden, für den ein entsprechender Höchstwert vorgeschrieben ist.
65
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Verwendung als Dämmmaterial im Hochbau in dem Zeitraum ab 1. Juni 2000 diese Voraussetzung erfüllt.
66
(1) Die am 1. Juni 2000 in Kraft getretene Fassung der ChemikalienVerbotsverordnung macht das Inverkehrbringen von künstlichen Mineralfasern als Dämmmaterial für den Hochbau davon abhängig, dass das von den Fasern ausgehende Krebsrisiko hinreichend gering ist.
67
Zwar ist in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV kein exakter Höchstwert für die zu erwartende Erkrankungsrate definiert. Dem Regelungszusammenhang ist aber zu entnehmen, dass sich die dort definierten Anforderungen mit den Anforderungen decken, die sich aus Merkmal 4 ergeben.
68
Nach Spalte 3 von Abschnitt 23 ist das Inverkehrbringen von Fasern zulässig , wenn eines von vier alternativ aufgezählten Kriterien erfüllt ist. Das erste dieser Kriterien stellt die abstrakte Anforderung auf, dass ein geeigneter Imtraperitonealtest keine Anzeichen von übermäßiger Karzinogenität zum Ausdruck gebracht hat. Die weiteren Kriterien sehen Höchstwerte für die Halbwertszeit bestimmter Fasertypen oder die Differenz zwischen den Massengehalten bestimmter Inhaltsstoffe vor. Dabei wird nicht näher erläutert, weshalb diese Höchstwerte von Bedeutung sind. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem ersten Kriterium ist jedoch zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber diese Höchstwerte unter den jeweils definierten Randbedingungen als geeignetes Anzeichen dafür ansieht, dass keine übermäßige Karzinogenität besteht.
69
(2) Das Klagepatent beruht auf vergleichbaren Erwägungen.
70
Das zweite der in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV aufgeführten Kriterien, das nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bei den angegriffenen Produkten verwirklicht ist, sieht vor, dass die Halbwertszeit bei intratrachealer Instillation von zwei Milligramm einer Suspension von Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Länge-zuDurchmesser -Verhältnis von mehr als drei zu eins höchstens vierzig Tage (nach der von 1. Juni bis 30. September 2000 geltenden Fassung: höchstens 65 Tage) beträgt.
71
Ein vergleichbares Kriterium wird auch in der Klagepatentschrift herangezogen.
72
In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, die Ergebnisse der durchgeführten Versuche zeigten eindeutig, dass Fasern mit einer hohen Halbwertszeit ein hohes kanzerogenes Potential aufwiesen (Abs. 29). Für Fasern der in Ausführungsbeispiel 1 eingesetzten Probe B mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer werden Halbwertszeiten zwischen 36 und 42 Tagen bei einem Mittelwert von 39 Tagen angegeben (Abs. 26). Der genannten Faserlänge wird deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser von mehr als drei zu eins als biologisch wirksam anzusehen seien (Abs. 21).
73
(3) Hieraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Gefährdungsgrad hinreichend gering im Sinne von Merkmal 4 ist, wenn die Fasern eine Halbwertszeit aufweisen, wie sie auch das zweite Kriterium von Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV vorsieht.
74
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dies allerdings nicht auf die Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins gestützt werden. Die Frage, ob sich die Anforderungen der Chemikalien-Verbotsverordnung mit denjenigen aus Merkmal 4 des Klagepatents decken, ist im vorliegenden Zusammenhang eine Rechtsfrage. Der in Merkmal 4 definierte Verwendungszweck erschöpft sich in der Vorgabe eines hinreichend geringen Krebsrisikos. Aus den für die Auslegung dieses Merkmals heranzuziehenden Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents ergeben sich lediglich Hinweise dazu, welches Risiko noch als hinnehmbar angesehen werden kann, nicht aber zusätzliche Anforderungen an die stoffliche oder räumlich-körperliche Beschaffenheit der Fasern, die über die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Anforderungen hinausgehen. Die Frage, ob die sich aus Merkmal 4 ergebenden Anforderungen mit denjenigen der Chemikalien-Verbotsverordnung decken, ist deshalb nicht anhand eines Vergleichs der tatsächlichen Eigenschaften bestimmter Fasern mit den Vorgaben der Verordnung zu beantworten, sondern anhand eines Vergleichs der normativen Vorgaben aus Merkmal 4 mit denjenigen aus der Verordnung.
75
Der danach erforderliche Vergleich der beiden Vorgaben ergibt, dass diese in allen entscheidungserheblichen Punkten deckungsgleich sind. Sowohl die Verordnung als auch Merkmal 4 gehen von der abstrakten Vorgabe eines hinreichend geringen Krebsrisikos aus. Als ausreichendes Indiz hierfür wird sowohl in der Verordnung als auch im Klagepatent unter anderem eine Halbwertszeit von vierzig Tagen herangezogen. Daraus ist zu entnehmen, dass es um dasselbe Schutzniveau geht.
76
Dass in der Verordnung eine Halbwertszeit von höchstens vierzig Tagen vorgeschrieben, in der Beschreibung des Klagepatents hingegen eine Halbwertszeit von 42 Tagen als ausreichend angesehen wird (Abs. 13), führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Der genannte Wert stellt eine Obergrenze dar. Merkmal 4 ist mithin auch bei einer Verwendung verwirklicht, für die geringfügig strengere Anforderungen gelten.
77
(4) Die von den Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Ausführungen in der Klagepatentschrift aus wissenschaftlicher Sicht zutreffend sind, ist unerheblich.
78
Wie bereits dargelegt wurde, ergeben sich aus Merkmal 4 keine Anforderungen an die Beschaffenheit der Fasern, sondern lediglich Anforderungen an die Verwendung, für die das Patent Schutz gewährt. Für die Verwirklichung der Patentmerkmale reicht es mithin aus, wenn die Fasern die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Eigenschaften aufweisen und für Zwecke verwendet werden, für die besondere Vorgaben hinsichtlich des daraus resultierenden Krebsrisikos gelten. Diese Voraussetzung ist bei den angegriffenen Produkten erfüllt, weil die darin enthaltenen Fasern die Merkmale der Gruppen 1 bis 3 aufweisen und weil sie sinnfällig für eine Verwendung hergerichtet sind, bei der das Krebsrisiko die in Merkmal 4 vorgegebene Grenze nicht überschreiten darf. Ob das Krebsrisiko bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Fasern tatsächlich innerhalb der vorgegebenen Grenzen bleibt, ist für die Verwirklichung der Patentmerkmale unerheblich.
79
(5) Ebenfalls unerheblich ist, ob sich für die angegriffenen Produkte bei einem Test mittels der in der Klagepatentschrift beschriebenen Methode der intratrachealen Instillation eine Tumorrate von höchstens 10 % ergeben würde.
80
Dieses Kriterium wird in der Beschreibung des Klagepatents zwar zur Konkretisierung des in Merkmal 4 definierten Verwendungszwecks angeführt. Hieraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass das Krebsrisiko stets aufgrund von Tests mit intratrachealer Instillation ermittelt werden muss. In der Beschreibung des Klagepatents wird zur Beurteilung des Krebsrisikos sowohl auf die Halbwertszeit nach intratrachealer Instillation (Abs. 24 ff.) als auch auf die Tumorrate nach intraperitonealer Injektion abgestellt (Abs. 36 ff.). Ergänzend wird ausgeführt, das kanzerogene Potential hänge von der Halbwertszeit ab (Abs. 29). Daraus ist zu entnehmen, dass ein hinreichend geringes Krebsrisiko im Sinne von Merkmal 4 - entsprechend der Regelung in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV - schon dann zu bejahen ist, wenn eines der dafür in der Beschreibung als geeignet dargestellten Kriterien verwirklicht ist. Dieser Anforderung werden die angegriffenen Produkte gerecht, weil sie dem zweiten Kriterium der Verordnung entsprechen. Deshalb kann offenbleiben, ob eine patentgemäße Verwendung auch dann zu bejahen wäre, wenn die angegriffenen Produkte nicht zu der Verwendung geeignet wären, zu der sie sinnfällig hergerichtet sind.
81
cc) Für den Zeitraum von November 1998 bis Mai 2000 gilt im Ergebnis nichts anderes.
82
Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Vorschriften für diesen Zeitraum ergeben sich zwar keine verbindlichen Vorgaben für das noch als hinnehmbar anzusehende Krebsrisiko. Das damals für einen Vertrieb ohne Warnhinweis geltende Erfordernis der Unbedenklichkeit ist aber ebenfalls nur dann eingehalten, wenn die Gefahr einer Krebserkrankung hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Die vom Berufungsgericht angeführte Richtlinie 97/69/EG, die am 16. Dezember 1997 in Kraft getreten ist und innerhalb eines Jahres umzusetzen war, sah hierzu bereits Kriterien vor, die denjenigen der späteren Chemikalien-Verbotsverordnung entsprechen und die unter anderem ebenfalls auf eine Halbwertszeit von weniger als vierzig Tagen abstellen. Angesichts dessen war der Vertrieb von Glasfasern ohne Warnhinweis schon damals an Voraussetzungen geknüpft, die den sich aus Merkmal 4 ergebenden Anforderungen entsprechen.
83
e) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Verletzung des Klagepatents nicht deshalb ausgeschlossen, weil Produkte mit den in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Eigenschaften bereits vor dem Prioritätstag als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben wurden.
84
aa) Im Verletzungsrechtsstreit käme einer solchen Vertriebstätigkeit allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Vorbenutzungsrechts nach § 12 PatG Bedeutung zu. Dass die Beklagten die angegriffenen Produkte vor dem Prioritätstag bereits zu dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck vertrieben haben, ist aber weder festgestellt noch geltend gemacht.
85
bb) Unabhängig davon stellte der Vertrieb solcher Produkte ohne Warnhinweis noch keine Verwendung zu dem in Merkmal 4 genannten Zweck dar, solange er keinen rechtlichen Einschränkungen unterlag.
86
Wie die Revision im Ansatz zutreffend geltend macht und wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern), ist die Verwendung eines Stoffs für einen bestimmten Zweck zwar auch dann möglich, wenn nicht bekannt ist, welche naturwissenschaftlichen Zusammenhänge für die Erzielung der angestrebten Wirkung maßgeblich sind. Im Streitfall ergibt sich die sinnfällige Herrichtung zu der in Merkmal 4 definierten Verwendung aber erst aus den rechtlichen Beschränkungen, denen der Vertrieb nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im relevanten Zeitraum ab 1998 unterlag. Dass vergleichbare Beschränkungen schon vor dem Prioritätstag bestanden, ist weder festgestellt noch geltend gemacht.
87
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich daraus nicht, dass der Schutzbereich des Klagepatents nachträglich aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse zum Gefährdungspotential von Glasfasern erweitert worden ist. Der Schutzbereich des Klagepatents war und ist, wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern), auf Verwendungen beschränkt, bei denen auf Grund rechtlicher oder sonstiger Vorgaben die Gefahr einer durch die Fasern verursachten Krebserkrankung ausgeschlossen sein muss. Wenn solche Vorgaben erst nach der Erteilung des Klagepatents eingeführt oder verschärft werden, mag dies dazu führen, dass das Bedürfnis an einer Nutzung der geschützten Verwendung ansteigt. Darin liegt aber keine Erweiterung des Schutzbereichs.
88
4. Die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung geht inhaltlich nicht über das nach formellem und materiellem Recht zulässige Maß hinaus.
89
a) Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist weder gerügt noch ersichtlich.
90
Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils entspricht, soweit es um die Beschreibung der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen geht, dem Klageantrag. Zur Auslegung dieses Antrags, der insoweit im Wesentlichen dem Wortlaut von Patentanspruch 1 entspricht, ist zwar ergänzend die Klagebegründung heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 – X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 Rn. 23 - Rohrreinigungsdüse II). Auch bei deren Berücksichtigung und ergänzender Heranziehung der Entscheidungsgründe ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht der Klägerin mehr zugesprochen haben, als diese beantragt hat.
91
Das Landgericht hat als angegriffene Ausführungsform Glasfaserprodukte bezeichnet, die unter anderem unter drei auch in der Klageschrift aufgeführten Produktbezeichnungen angeboten werden. Ergänzend hat es ausgeführt, die angegriffenen Ausführungsformen würden bundesweit an den Baustoffhandel vertrieben, wo sie zur Verwendung als Dämmmaterial in Plattenform von Verbrauchern erworben werden könnten. Diese Erwägungen, die sich im Wesentlichen wortgleich auch im Berufungsurteil finden, lehnen sich weitgehend an die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform in der Klageschrift an und bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht von einem darüber hinausgehenden Streitgegenstand ausgegangen sind.
92
b) Andererseits gibt es auch keine Hinweise darauf, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht der Klägerin insoweit weniger zusprechen wollten als beantragt. Beide Instanzen haben die Klage zwar teilweise abgewiesen. Sie haben das Klagebegehren aber nur in zeitlicher Hinsicht für teilweise unbegründet angesehen.
93
Für die beantragte und zugesprochene Feststellung fehlt es nicht an dem gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.
94
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz über die konkrete Verletzungshandlung hinaus für Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt.
95
Für Unterlassungsansprüche hat dies seinen Grund darin, dass eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen begründet (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 Rn. 18 - Restwertbörse II). Für Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gilt in der Regel nichts anderes. Zwar kann sich eine Schadensersatzpflicht theoretisch auch aus künftigen Handlungen ergeben, hinsichtlich derer keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr besteht. Mangels einer solchen Gefahr besteht in der Regel aber kein hinreichendes Interesse an der gerichtlichen Feststellung derartiger Ansprüche.
96
bb) Die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung geht nicht über die Grenzen des danach Zulässigen hinaus.
97
Wie bereits oben dargelegt wurde, entspricht die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung, soweit es um die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform geht, dem Klageantrag. Dieser wiederum bezieht sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht auf schlechthin alle Ausführungsformen, die in den Schutzbereich des Patents fallen, sondern lediglich auf Glasfaserprodukte, die zur Verwendung als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben werden.
98
Dem steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des Klageantrags insoweit im Wesentlichen dem Wortlaut von Patentanspruch 1 entspricht. Aus dem Umstand , dass ein Kläger es unterlässt, einen auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform zugeschnittenen Klageantrag zu formulieren, kann grundsätzlich nicht abgeleitet werden, dass er seine Klage gegen weitere Ausführungsformen richten will. Auch in solchen Fällen ist zur Auslegung des Klagebegehrens - die der Senat als Revisionsgericht selbst vorzunehmen hat - vielmehr das zu dessen Begründung Vorgetragene heranzuziehen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 Rn. 23 - Rohrreinigungsdüse

II).


99
Im Streitfall hat die Klägerin sowohl in der Klagebegründung als auch in ihrer Replik ausgeführt, die Klage richte sich nicht nur gegen Produkte mit den drei beispielhaft angegebenen Bezeichnungen, sondern gegen alle Glasfaserprodukte der Beklagten zu 1, die aus dem Werk der Beklagten zu 2 stammten und die aufgeführten Eigenschaften aufwiesen. Maßgeblich seien nicht die Produktbezeichnungen , sondern die technischen Charakteristika.
100
Zu den danach maßgeblichen charakteristischen Eigenschaften gehört nicht nur die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierte Beschaffenheit, sondern auch die für die Verwirklichung von Merkmal 4 relevante Verwendung. Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, die angegriffenen Produkte seien Baustoffe und dürften deshalb nur unter der Voraussetzung fehlender kanzerogener Gefährlichkeit in Verkehr gebracht werden. Das sinnfällige Herrichten für diesen Zweck ergebe sich daraus, dass die Endprodukte als Baustoffprodukt angeboten und in Verkehr gebracht würden, zum Beispiel als Trennwanddämmplatten.
101
Daraus ergibt sich, dass sich die Klage nicht schlechthin gegen jedes Glasfaserprodukt mit den Merkmalen des Klagepatents richtet, sondern nur gegen Produkte, die als Baustoffe vertrieben werden. Zu den charakteristischen Merkmalen der angegriffenen Ausführungsform gehört zudem die sinnfällige Herrichtung als Dämmstoff, weil die Vorschriften der Chemikalien-Verbotsverordnung , auf die der überwiegende Teil des Klagebegehrens gestützt wird, nur dafür gelten.
102
Der Umstand, dass die Produkte die Form einer Platte aufweisen und über den Baustoffhandel vertrieben werden, gehört demgegenüber nicht zu den charakteristischen Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform. Ein Zusammenhang zwischen der räumlichen Form der Endprodukte und der Verwirklichung der Patentmerkmale ist weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Der Vertrieb über den Baustoffhandel stellt zwar eine typische Form der in Merkmal 4 definierten Verwendung dar. Für die patentrechtliche Beurteilung ist aber nicht der Vertriebsweg maßgeblich, sondern der Einsatzzweck beim Endabnehmer.
103
5. Ein Rechtsfehler liegt auch nicht darin, dass sich der einleitende Satz der ausgesprochenen Feststellung auf den Schaden bezieht, der der Klägerin entstanden ist und noch entsteht, während bei der Konkretisierung für die einzelnen Beklagten nur von dem Schaden der Rede ist, der der Klägerin in den jeweils angegebenen Zeiträumen entstanden ist.
104
Selbst wenn diese Formulierung als widersprüchlich anzusehen wäre, könnte dieser Widerspruch durch Auslegung des Urteilstenors unter Heranziehung der Entscheidungsgründe aufgelöst werden. Das Landgericht und das Berufungsgericht haben sich mit dem zeitlichen Umfang der Schadensersatzpflicht nur unter dem Aspekt befasst, für welche Verletzungshandlungen die einzelnen Beklagten einzustehen haben. Daraus und aus dem Umstand, dass die dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde liegende Fassung der Klageanträge zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, als das Klagepatent bereits durch Zeitablauf erloschen war, ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Feststellung sich auch auf Schäden bezieht, die durch Handlungen innerhalb des jeweils genannten Zeitraums verursacht wurden, aber erst später entstanden sind oder entstehen werden.
105
6. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Klagebegehren im zugesprochenen Umfang auch gegenüber dem Beklagten zu 3 als begründet angesehen.
106
Das Berufungsgericht hat keine näheren Feststellungen dazu getroffen, durch welche konkreten Handlungen der Beklagte zu 3 an den der Klage zugrunde liegenden Verletzungshandlungen beteiligt war. Ausdrückliche Feststellungen dazu waren in der gegebenen Konstellation indes auch nicht erforderlich.
107
a) Der Senat hat es bislang nicht beanstandet, wenn im Gefolge einer Patentverletzung neben einer Gesellschaft auch deren gesetzliche Vertreter zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt worden sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. September 2003 - X ZR 179/02, GRUR 2003, 1031, 1033 - Kupplung für optische Geräte). Der I. Zivilsenat hat eine Haftung des gesetzlichen Vertreters für eine von der Gesellschaft begangene Verletzung von Immaterialgüterrechten grundsätzlich jedenfalls dann bejaht, wenn der gesetzliche Vertreter von den Verletzungshandlungen Kenntnis hatte und sie nicht verhindert hat (zuletzt BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 36 - Pelikan).
108
In neuerer Zeit vertritt der I. Zivilsenat sowohl für Verletzungshandlungen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 = GRUR 2014, 883 - Geschäftsführerhaftung) als auch für Verstöße gegen § 95 Abs. 3 UrhG (BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 124/11, GRUR 2015, 672 Rn. 80 - VideospielKonsolen II) die Auffassung, ein gesetzlicher Vertreter hafte für Verletzungshandlungen der Gesellschaft nur dann, wenn er daran durch positives Tun beteiligt gewesen sei oder wenn er sie auf Grund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung habe verhindern müssen. Ähnliche Grundsätze hat der VI. Zivilsenat für die Verletzung von Rechten entwickelt, die nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt sind (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 302 ff.; Urteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 24).
109
b) Ob der vom erkennenden Senat bislang vertretene Ansatz mit diesen Grundsätzen vollständig in Einklang steht, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen führen auch auf der Grundlage des zuletzt dargestellten Ansatzes zu einer Garantenpflicht des Beklagten zu 3 und zu dessen Haftung in dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Umfang.
110
aa) Nach der oben dargestellten Rechtsprechung ergibt sich eine Garantenstellung zum Schutz von Rechtsgütern Dritter nicht schon aus den Pflichten, die dem gesetzlichen Vertreter zum Beispiel nach § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG gegenüber der Gesellschaft obliegen.
111
Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte bestehen grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft. Im Falle ihrer Verletzung steht deshalb grundsätzlich nur der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch zu (BGHZ 109, 297, 303; BGHZ 194, 26 Rn. 23; BGHZ 201, 344 Rn. 23 - Geschäftsführerhaftung; BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 375). Eine Eigenhaftung erfordert eine darüber hinausgehende Garantenstellung, aufgrund der der gesetzliche Vertreter persönlich zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte gehalten ist.
112
bb) Eine Garantenstellung kann insbesondere dann bestehen, wenn der Schutz von Rechten Dritter eine organisatorische Aufgabe ist, zu der zu allererst der gesetzliche Vertreter berufen ist (BGHZ 109, 297, 304).
113
Auch hierzu reicht es allerdings nicht aus, dass der Gesellschaft gesetzliche Verpflichtungen gegenüber Dritten obliegen. So ergibt sich aus der Organstellung und der allgemeinen Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb nicht schon eine Verpflichtung gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern (BGHZ 201, 344 Rn. 23 - Geschäftsführerhaftung ). Sofern es um den Schutz von absoluten Rechten Dritter geht, kann hingegen über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr und Gefahrensteuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen für ein Unternehmen Tätigen, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung delikti- scher Integritätsinteressen Dritter erstreckt (BGHZ 109, 297, 303). Auch in diesem Fall reicht das bloße Bestehen eines absolut geschützten Rechts zwar nicht ohne weiteres aus, um eine Garantenpflicht zu begründen. Sie kommt aber jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffene ein Schutzgut der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut hat oder wenn aus sonstigen Gründen eine konkrete Gefahrenlage für das Schutzgut besteht und der Geschäftsführer oder Mitarbeiter des Unternehmens für die Steuerung derjenigen Unternehmenstätigkeit verantwortlich ist, aus der sich die Gefahrenlage ergibt (vgl. BGHZ 109, 297, 304). Die Haftung des Geschäftsführers folgt in diesen Fällen nicht aus seiner Geschäftsführerstellung als solcher, sondern aus der - von der Rechtsform des Unternehmens unabhängigen - tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Beherrschung einer Gefahrenlage für absolut geschützte Rechte Dritter.
114
cc) Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den Schutz von Patenten jedenfalls dann typischerweise erfüllt, wenn ein Unternehmen technische Erzeugnisse herstellt oder in den inländischen Markt einführt.
115
Für praktisch jeden Bereich der Technik ist eine Vielzahl von Patenten mit unterschiedlichsten Gegenständen in Kraft. Ein Unternehmen muss deshalb vor Aufnahme einer der genannten Tätigkeiten prüfen, ob seine Erzeugnisse oder Verfahren in den Schutzbereich fremder Rechte fallen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1958 - I ZR 171/56, GRUR 1958, 288, 290 - Dia-Rähmchen I; Urteil vom 3. März 1977 - X ZR 22/73, GRUR 1977, 598, 601 - Autoskooterhalle ; Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 24 = GRUR 1986, 803, 806 - Formstein).
116
Diese Verpflichtung beruht nicht allein auf der allgemeinen Pflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter. Sie ist vielmehr Ausdruck der gesteigerten Gefährdungslage , der technische Schutzrechte typischerweise ausgesetzt sind. Der aus solchen Rechten resultierende, ohnehin nur für begrenzte Zeit bestehende Schutz wäre nicht in hinreichender Weise gewährleistet, wenn andere Marktteilnehmer der Frage, ob ihre Tätigkeit fremde Schutzrechte verletzt, nur untergeordnete Bedeutung beimäßen.
117
Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebes und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren , dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass grundlegende Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung erfolgen und dass die mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft die gebotenen Vorkehrungen treffen, um eine Verletzung fremder Patente zu vermeiden.
118
dd) Bei dieser Ausgangslage bedarf es im Regelfall keiner näheren Feststellungen dazu, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter beruht.
119
Angesichts der oben aufgezeigten besonderen Gefährdungslage und der großen Bedeutung, die einer Prüfung der Schutzrechtslage zukommt, deutet der Umstand, dass es zu einer schuldhaften Patentverletzung gekommen ist, in der Regel darauf hin, dass die gesetzlichen Vertreter die ihnen insoweit obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt haben (vgl. dazu auch Benkard/Grabinski/ Zülch, 11. Auflage, § 139 PatG Rn. 22). Deshalb hat der Verletzte - dem grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen obliegt - regelmäßig keinen Anlass, näher zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vorzutragen. Er hat in der Regel auch nicht die Möglichkeit zu näherem Vorbringen hierzu, weil es um interne Vorgänge des Verletzers geht, in die er keinen Einblick hat.
120
Vielmehr obliegt gegebenenfalls dem gesetzlichen Vertreter der verletzenden Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen ist. Hierbei hat er gegebenenfalls insbesondere darzulegen, weshalb er keinen Anlass hatte, sich eine Entscheidung über die angegriffenen Handlungen vorzubehalten, und welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine Schutzrechtsverletzung durch Mitarbeiter des Unternehmens zu verhindern.
121
Diesbezüglicher Vortrag der Beklagten ist aus den insoweit nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte zu 3 der Klägerin im zugesprochenen Umfang ebenfalls zu Schadensersatz und Rechnungslegung verpflichtet ist.
122
c) Ob der Beklagte zu 3 darüber hinaus auch deshalb für die begangenen Verstöße einzustehen hat, weil er durch eigenes Tun daran mitgewirkt hat - wovon nach der neueren Rechtsprechung des I. Zivilsenats schon dann auszugehen sein kann, wenn die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem gesetzlichen Vertreter anzulasten ist, insbesondere dann, wenn es sich um Maßnahmen handelt, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird (BGH, GRUR 2015, 672 Rn. 83 - VideospielKonsolen II) - bedarf angesichts dessen keiner Entscheidung.
123
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 100 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Bacher Hoffmann Kober-Dehm
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.04.2012 - 2 O 129/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.02.2014 - 6 U 50/12 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2002 - X ZR 43/01

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Sept. 2003 - X ZR 179/02

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2014 - I ZR 124/11

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2014 - I ZR 242/12

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Landgericht Düsseldorf Urteil, 14. Juni 2016 - 4a O 284/10

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Tenor I.              Die Beklagten werden verurteilt verurteilen, 1.               es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnun

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2016 - IX ZA 32/15

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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. März 2016 - I-2 U 41/15

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Tenor A. Auf die Berufung wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 23. Juli 2015 verkündete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst: I.              Die B

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 24. Feb. 2016 - 6 U 51/14

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Tenor A. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21.03.2014 - Az. 7 O 100/13 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert: I. Die Beklagten wer

Referenzen

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

26
Ob der Gegenstand des Streitpatents auch die Verwendung von Glasfasern mit den Merkmalen 1 bis 3 in Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers umfasst, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Diese Frage ist unabhängig davon zu beantworten, ob der Höchstwert für erfindungsgemäße Fasern anhand des mittleren oder anhand des maximalen Durchmessers bestimmt wird. In den ursprünglich eingereichten Unterlagen wird Schutz für Glasfasern der dort beschriebenen Art unabhängig von einem bestimmten Verwendungszweck beansprucht. Dies umfasst auch die Verwendung von Glasfasern mit einem mittleren Durchmesser von weniger als acht Mikrometer in Kombination mit Glasfasern, die einen größeren mittleren Durchmesser aufweisen. Der Übergang von der Festlegung des mittleren Durchmessers zur Festlegung des größten Durchmessers hat auch insoweit nicht zu einer Erweiterung geführt.

Diese Verordnung gilt für das Inverkehrbringen bestimmter gefährlicher Stoffe und Gemische sowie bestimmter Erzeugnisse, die diese freisetzen können oder enthalten, nach dem Chemikaliengesetz. Sie regelt zum Schutz des Menschen und der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen

1.
Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens bestimmter gefährlicher Stoffe und Gemische sowie bestimmter Erzeugnisse, die diese freisetzen können oder enthalten,
2.
Anforderungen, die in Bezug auf die Abgabe bestimmter gefährlicher Stoffe und Gemische einzuhalten sind.

26
Ob der Gegenstand des Streitpatents auch die Verwendung von Glasfasern mit den Merkmalen 1 bis 3 in Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers umfasst, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Diese Frage ist unabhängig davon zu beantworten, ob der Höchstwert für erfindungsgemäße Fasern anhand des mittleren oder anhand des maximalen Durchmessers bestimmt wird. In den ursprünglich eingereichten Unterlagen wird Schutz für Glasfasern der dort beschriebenen Art unabhängig von einem bestimmten Verwendungszweck beansprucht. Dies umfasst auch die Verwendung von Glasfasern mit einem mittleren Durchmesser von weniger als acht Mikrometer in Kombination mit Glasfasern, die einen größeren mittleren Durchmesser aufweisen. Der Übergang von der Festlegung des mittleren Durchmessers zur Festlegung des größten Durchmessers hat auch insoweit nicht zu einer Erweiterung geführt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 43/01 Verkündet am:
12. März 2002
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu Leitsatz 1)
Kunststoffrohrteil
PatG 1981 § 14; EPÜ Art. 69
1. Für die Bestimmung des Schutzbereichs eines Patents kommt es grundsätzlich
nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung
vorausgegangen sind.
EPÜ Art. 108
2. Der Rücknahme der Beschwerde des Patentinhabers gegen die in einem
Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung kommt rechtsgestaltende
Wirkung nur insoweit zu, als durch sie die Entscheidung über Aufrechterhaltung
oder Widerruf des europäischen Patents in Bestandskraft erwächst.
BGH, Urt. v. 12. März 2002 - X ZR 43/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2001 aufgehoben , soweit in diesem zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt als eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in Kraft stehenden europäischen Patents 0 254 375 (Klagepatents) die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch. Das Klagepatent betrifft ein Kunststoffrohrteil; Patentanspruch 1 lautet in der Fassung, die er im europäischen Einspruchsverfahren erhalten hat, in deutscher Übersetzung:
"Ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften geeignet zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem Kunststoffrohrteil ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m2 und eine Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm3 durch Aufnahme eines Bariumsulfat -Füllers in das thermoplastische Material verliehen ist." Die Beklagte bietet Kunststoffrohre in der Bundesrepublik Deutschland an, darunter auch eine Ausführungsform, die ein Gewicht pro Flächeneinheit von mehr als 8 kg/m2 und eine Dichte von 1,6 g/cm3 bei einer Rohrwanddicke von 5,6 mm aufweist. Hinsichtlich dieser Ausführungsform hat das Berufungsgericht eine Verletzung des Klagepatents bejaht und die Beklagte zu Unterlassung und Rechnungslegung verurteilt sowie festgestellt, daß diese zur Schadensersatzleistung verpflichtet ist. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten , die die Wiederherstellung des auch insoweit klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils begehrt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit in ihm zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Dabei ist dem Berufungsgericht zugleich die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen.
I. Das Berufungsgericht hat dem Klagepatent das technische Problem entnommen, ein Kunststoffrohrteil zu schaffen, bei dem es anders als bei vorbekannten Rohrteilen nicht mehr notwendig sei, eine gesonderte Schaumkunststoffschicht aufzubringen, das aber gleichwohl die beim Durchströmen mit Flüssigkeiten bei derartigen Rohrteilen auftretenden Schallbelästigungen erheblich verringere. Es hat daraus abgeleitet, daû es bei der Erfindung nicht vorrangig darum gehe, mit verhältnismäûig dünnen Wandstärken auszukommen , sondern um das Erreichen einer guten Schallabsorption ohne Aufbringen einer gesonderten Kunststoffschicht. Dabei biete die erfindungsgemäûe Lösung den Vorteil, mit verhältnismäûig geringen Wandstärken auszukommen.
Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
II. Das Berufungsgericht hat die Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents dahin gegliedert, daû es sich um ein
1. extrudiertes oder spritzguûgeformtes Kunststoffrohrteil

a) aus thermoplastischem Material,

b) mit geräuschdämmenden Eigenschaften handle,

c) das zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen geeignet sei und

d) dessen Innenseite mit der Flüssigkeit in Berührung komme, wobei
2. das Rohrteil

a) ein Gewicht von mindestens 8 kg/m2 und

b) eine Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm3
durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in das thermoplastische Material aufweise.
Für das Revisionsverfahren kann von dieser Gliederung ausgegangen werden. Die Parteien wenden sich nicht gegen sie.
III. 1. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, der fachkundige Leser entnehme der Beschreibung des Klagepatents, daû es für das Erreichen der Geräuschdämpfung (objektiv) allein auf das Einhalten des Mindestgewichts an-
komme. Er wisse, daû dieses Gewicht das Produkt aus Dichte und Wanddicke sei. Er erkenne, daû die patentgemäû vorgeschlagene Dichte den Vorteil biete, das geforderte Gewicht mit verhältnismäûig geringen Wanddicken erreichen zu können. Dem Fachmann bleibe es aber überlassen, sowohl mit einem höheren Gewicht als auch mit höheren Wandstärken zu arbeiten, wie dies auch die Ausführungsbeispiele zeigten. Von daher verstehe er auch die Angabe eines Dichtebereichs im Klagepatent nur als die eines Kernbereichs. Auch daraus, daû bei der Angabe des Dichtebereichs anders als bei der Gewichtsangabe eine auf eine zwingende Angabe fehlende Formulierung wie "zumindest ... bis höchstens" fehle, werde für ihn deutlich, daû er bei der Wahl der Dichte einen gewissen Spielraum habe.
Das Berufungsgericht meint weiter unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats und auf seine eigene Rechtsprechung, Zahlenangaben seien stets aus dem Wesen der Erfindung heraus zu verstehen und stellten in der Regel nur ungefähre Werte dar. Der Schutzbereich des Patents dürfe in solchen Fällen allerdings nicht in Bereiche erstreckt werden, die wesentlich von denen des Patentanspruchs abwichen, wenn in den Zahlen- und Maûangaben das erfinderisch Neue liege.
2. Diese Auffassung beanstandet die Revision zu Recht als mit der hier maûgeblichen Bestimmung des Art. 69 EPÜ nicht vollen Umfangs im Einklang stehend.

a) Nach dieser Vorschrift wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, zu deren Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Nach den Grundsätzen, die der er-
kennende Senat hierzu entwickelt hat, dient die Auslegung der Patentansprüche nicht nur der Behebung etwaiger Unklarheiten, sondern auch zur Erläuterung der darin verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der dort beschriebenen Erfindung (BGHZ 98, 12, 18 f. - Formstein; 105, 1, 10 - Ionenanalyse; 125, 303, 309 f. - Zerlegvorrichtung für Baumstämme; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung). Abzustellen ist dabei auf die Sicht des Fachmanns, von dessen Verständnis bereits die Bestimmung des Inhalts der Patentansprüche einschlieûlich der dort verwendeten Begriffe abhängt und das auch bei der Feststellung des über den Wortlaut hinausgehenden Umfangs des von den Patentansprüchen ausgehenden Schutzes maûgebend ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung benutzt wird, ist daher zunächst unter Zugrundelegung dieses Verständnisses der Inhalt der Patentansprüche festzustellen, d.h. der dem Anspruchswortlaut vom Fachmann beigelegte Sinn zu ermitteln. Macht die angegriffene Ausführungsform von dem so ermittelten Sinngehalt eines Patentanspruchs Gebrauch, dann wird die unter Schutz stehende Erfindung benutzt. Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fachmann auf Grund von Überlegungen , die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGHZ 105, 1, 10 f. - Ionenanalyse; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung
stehende Gebot der Rechtssicherheit, daû der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maûgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGHZ 106, 84, 90 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 904 - Batteriekastenschnur; v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886, 889 - Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, daû sie (1.) das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu Sen.Urt. v. 28.6.2000 - X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 - Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muû, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, daû der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.
Von diesen Grundsätzen abzuweichen, besteht kein Anlaû. Sie stehen in Einklang mit dem Protokoll über die Auslegung von Art. 69 Abs. 1 EPÜ (BGBl. 1976 II 1000), das nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BGHZ 106, 84, 93 f. - Schwermetalloxidationskatalysator; Sen.Urt. v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung) auch zur Auslegung von § 14 PatG heranzuziehen ist. Nach Art. 2 Nr. 1 der Münchener Revisionsakte zum Europäischen Patentübereinkommen vom
29.11.2000 soll zukünftig das revidierte Auslegungsprotokoll in Art. 2 ausdrücklich vorsehen, daû bei der Bestimmung des Schutzbereichs des europäischen Patents solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen ist, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind.

b) Die Grundsätze der Schutzbereichsbestimmung sind auch dann anzuwenden , wenn der Patentanspruch Zahlen- oder Maûangaben enthält. Solche Angaben nehmen an der Verbindlichkeit des Patentanspruchs als maûgeblicher Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs teil. Die Aufnahme von Zahlen- oder Maûangaben in den Anspruch verdeutlicht, daû sie den Schutzgegenstand des Patents mitbestimmen und damit auch begrenzen sollen (Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung). Es verbietet sich daher, solche Angaben als minder verbindliche, lediglich beispielhafte Festlegungen der geschützten technischen Lehre anzusehen, wie dies in der Rechtsprechung zur Rechtslage im Inland vor Inkrafttreten des Art. 69 EPÜ und der entsprechenden Neuregelung des nationalen Rechts für möglich erachtet worden ist (vgl. RGZ 86, 412, 416 f. - pyrophore Metallegierungen; RG, Urt. v. 10.3.1928 - I 238/27, GRUR 1928, 481 - Preûhefe I; OGH BrZ 3, 63, 71 f. - künstliche Wursthüllen).

c) Wie jeder Bestandteil eines Patentanspruchs sind Zahlen- und Maûangaben grundsätzlich der Auslegung fähig. Wie auch sonst kommt es darauf an, wie der Fachmann solche Angaben im Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs versteht, wobei auch hier zur Erläuterung dieses Zusammenhangs Beschreibung und Zeichnungen heranzuziehen sind. Dabei ist zu berücksichtigen , daû Zahlen- und Maûangaben schon nach ihrem objektiven Gehalt, der auch das Verständnis des Fachmanns prägen wird, nicht einheitlich sind, son-
dern in unterschiedlichen Formen Sachverhalte mit durchaus verschiedenen Inhalten bezeichnen können.

d) Schon diese Umstände schlieûen es aus, daû der Fachmann Zahlen-, Maû- oder Bereichsangaben eine immer gleiche feste Bedeutung zuweisen wird. Jedoch wird er solchen Angaben in aller Regel einen höheren Grad an Eindeutigkeit und Klarheit zubilligen, als dies bei verbal umschriebenen Elementen der erfindungsgemäûen Lehre der Fall wäre (v. Rospatt, GRUR 2001, 991, 993). Denn Zahlen sind als solche eindeutig, während sprachlich formulierte allgemeine Begriffe eine gewisse Abstraktion von dem durch sie bezeichneten Gegenstand bedeuten. Zudem müssen solche Begriffe, wenn sie in einer Patentschrift verwendet werden, nicht notwendig in dem Sinn gebraucht werden , den der allgemeine technische Sprachgebrauch ihnen beimiût; die Patentschrift kann insoweit ihr "eigenes Wörterbuch" bilden (vgl. Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; v. 13.4.1999 - X ZR 23/97, Mitt. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Aus der Sicht des fachmännischen Lesers kann durch Zahlen- und Maûangaben konkretisierten Merkmalen deshalb die Bedeutung zukommen, daû der objektive, erfindungsgemäû zu erreichende Erfolg genauer und gegebenenfalls enger eingegrenzt wird, als dies bei bloû verbaler Umschreibung der Fall wäre. Da es Sache des Anmelders ist, dafür zu sorgen, daû in den Patentansprüchen alles niedergelegt ist, wofür er Schutz begehrt (Sen.Urt. v. 3.10.1989 - X ZR 33/88, GRUR 1989, 903, 905 - Batteriekastenschnur; v. 5.5.1992 - X ZR 9/91, GRUR 1992, 594, 596 - mechanische Betätigungsvorrichtung), darf der Leser der Patentschrift annehmen, daû diesem Erfordernis auch bei der Aufnahme von Zahlenangaben in die Formulierung der Patentansprüche genügt worden ist. Dies gilt um so mehr, als der Anmelder bei Zahlenangaben besonderen Anlaû hat, sich
über die Konsequenzen der Anspruchsformulierung für die Grenzen des nachgesuchten Patentschutzes klar zu werden.
Daher ist eine deutlich strengere Beurteilung angebracht, als es der Praxis zur Rechtslage in Deutschland vor 1978 entsprach (Bruchhausen, GRUR 1982, 1, 4). Eine eindeutige Zahlenangabe bestimmt und begrenzt den geschützten Gegenstand grundsätzlich insoweit abschlieûend; ihre Über- oder Unterschreitung ist daher in aller Regel nicht mehr zum Gegenstand des Patentanspruchs zu rechnen (v. Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 577).
Andererseits schlieût dies nicht aus, daû der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende, Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht. So hat das House of Lords in der Catnic-Entscheidung (R.P.C. 1982, 163; deutsch GRUR Int. 1982, 136), die allerdings die Rechtslage im Vereinigten Königreich vor der europäischen Harmonisierung betraf, bei einem auf einen rechten Winkel gerichteten Anspruchsmerkmal Abweichungen von 6° bzw. 8° vom rechten Winkel als mit der Annahme einer Benutzung der geschützten Lehre vereinbar angesehen. In einem solchen Fall kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob im Anspruch von einem rechten Winkel oder von 90° die Rede ist. Maûgeblich ist vielmehr der unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermittelnde Sinngehalt des Patentanspruchs. In einem anderem Zusammenhang kann der gleiche Winkel sich daher dem Fachmann auch als exakt einzuhaltende Gröûe darstellen. Dies gilt grundsätzlich auch für Zahlenbereiche mit Grenzwerten (vgl. Sen., BGHZ 118, 210, 218 f. - Chrom-Nickel-Legierung; vgl.
auch White, The C.I.P.A. Guide to the Patents Act, 5. Aufl., Part III, Section 125 Rdn. 22 mit Hinweis auf die soweit ersichtlich - insoweit - unveröffentlichten Entscheidungen Lubrizol v. Esso und Goldschmidt v. EOC Belgium). Ein Verständnis , daû ein Wert genau einzuhalten ist, wird vor allem dann der Vorstellung des Fachmanns entsprechen, wenn er erkennt, daû es sich um einen "kritischen" Wert handelt. Wie eine bestimmte Zahlen- oder Maûangabe im Patentanspruch demnach zu verstehen ist, ist eine Frage des der tatrichterlichen Beurteilung unterliegenden fachmännischen Verständnisses im Einzelfall.

d) Wie für die Erfassung des technischen Sinngehalts des Patentanspruchs gilt auch für die Bestimmung eines über diesen hinausreichenden Schutzbereichs, daû im Anspruch enthaltene Zahlen- oder Maûangaben mit den angegebenen Werten den geschützten Gegenstand begrenzen. Im Rahmen der Schutzbereichsbestimmung darf vom Sinngehalt der Zahlen- und Maûangaben nicht abstrahiert werden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Fachmann eine Ausführungsform mit einem vom Anspruch abweichenden Zahlenwert auf Grund von Überlegungen, die sich am Sinngehalt der im Anspruch umschriebenen Erfindung orientieren, als gleichwirkende Lösung auffinden kann, muû vielmehr die sich aus der Zahlenangabe ergebende Eingrenzung des objektiven, erfindungsgemäû zu erreichenden Erfolgs berücksichtigt werden. Als im Sinne des Patentanspruchs gleichwirkend kann nur eine Ausführungsform angesehen werden, die der Fachmann als eine solche auffinden kann, die nicht nur überhaupt die Wirkung eines - im Anspruch zahlenmäûig eingegrenzten - Merkmals der Erfindung erzielt, sondern auch gerade diejenige , die nach seinem Verständnis anspruchsgemäû der zahlenmäûigen Eingrenzung dieses Merkmals zukommen soll. Fehlt es daran, ist auch eine objek-
tiv und für den Fachmann erkennbar technisch ansonsten gleichwirkende Ausführungsform vom Schutzbereich des Patents grundsätzlich nicht umfaût.
Damit im Kern übereinstimmend hat auch die Rechtsprechung im Vereinigten Königreich zur Feststellung einer Verletzung geprüft, ob die fachkundige Öffentlichkeit erwarten und sich darauf einstellen darf, daû es nach dem Patent auf die genaue Einhaltung des Wortlauts des Patentanspruchs ankommen soll (vgl. die sog. dritte Catnic-Frage; für das harmonisierte Recht u.a. Patents Court, F.S.R. 1989, 181 = GRUR Int. 1993, 245 - Improver Corporation v. Remington Consumer Products Ltd. ("Epilady"-Fall); Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Bezogen auf ein einzelnes Merkmal des Patentanspruchs geht es darum, ob das betreffende Merkmal dem Fachmann als ein solches erscheint, das ausschlieûlich wortsinngemäû benutzt werden kann, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln eingehalten werden soll (vgl. Court of Appeal R.P.C. 1995, 585 = GRUR Int. 1997, 374 - Kastner v. Rizla Ltd.). Ein solches Verständnis kann insbesondere bei Zahlen- und Maûangaben in Betracht zu ziehen sein (vgl. Patents Court, R.P.C. 1997, 649 - Auchincloss v. Agricultural & Veterinary Supplies Ltd.).
Wie bei anderen Elementen des Patentanspruchs auch darf deshalb die anspruchsgemäûe Wirkung nicht unter Auûerachtlassung von im Anspruch enthaltenen Zahlen- und Maûangaben bestimmt werden. Es reicht daher für die Einbeziehung abweichender Ausführungsformen in den Schutzbereich grundsätzlich nicht aus, daû nach der Erkenntnis des Fachmanns die erfindungsgemäûe Wirkung im übrigen unabhängig von der Einhaltung des Zahlenwertes eintritt. Erschlieût sich dem Fachmann kein abweichender Zahlenwert als im Sinne des anspruchsgemäûen Wertes gleichwirkend, erstreckt sich
der Schutzbereich insoweit nicht über den Sinngehalt des Patentanspruchs hinaus. Die anspruchsgemäûe Wirkung des zahlenmäûig bestimmten Merkmals wird in diesem Fall nach dem Verständnis des Fachmanns durch die (genaue ) Einhaltung eines Zahlenwertes bestimmt und kann daher notwendigerweise durch einen abweichenden Zahlenwert nicht erzielt werden. In einem solchen Fall genügt es nicht, daû der Fachmann auch eine von der Zahlenangabe abstrahierende Lehre als technisch sinnvoll erkennt.
Der Anmelder wird nicht immer den vollen technischen Gehalt der Erfindung erkennen und ausschöpfen; er ist auch - unbeschadet der Frage, ob ihm das rechtlich möglich ist - von Rechts wegen nicht gehalten, dies zu tun. Beschränkt sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung , als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwelt darauf vertrauen, daû der Schutz entsprechend beschränkt ist. Dem Patentinhaber ist es dann verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen. Das gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, daû die erfindungsgemäûe Wirkung als solche (in dem vorstehend ausgeführten engeren Sinn) über den im Patentanspruch unter Schutz gestellten Bereich hinaus erreicht werden könnte.
3. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, aus dem Ablauf des Erteilungsverfahrens und des europäischen Einspruchsverfahrens, in denen das ursprünglich weitere Patentbegehren und das zunächst mit einem weiteren, bei 1,6 g/cm3 beginnenden Dichtebereich erteilte Patent auf den nunmehr geltenden Bereich eingeschränkt worden seien, folge, daû der Schutzbereich des Klagepatents selbst dann nicht auf eine Dichte von
1,6 g/cm3 ausgedehnt werden könne, wenn dieser Wert dem geschützten äquivalent wäre.
Art. 69 EPÜ knüpft für die Schutzbereichsbestimmung - und nicht nur für die Auslegung des Patentanspruchs, wie die Revision meint - ausschlieûlich an die Patentansprüche, die Beschreibung und die Zeichnungen an. Es kommt für sie daher zunächst schon grundsätzlich nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren an, die der Patenterteilung vorausgegangen sind. Es besteht auch kein praktisches Bedürfnis dafür, Vorgängen im Erteilungs- wie im Einspruchsverfahren als solchen, die in der Patentschrift oder in der geänderten Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben, für sich schutzbegrenzende Wirkungen zuzuerkennen (vgl. hierzu Busse, PatG, 5. Aufl., Rdn. 156 zu § 34). Soweit sie, insbesondere durch beschränkte Aufrechterhaltung, in der Patentschrift ihren Niederschlag gefunden haben, ergibt sich ihre Beachtlichkeit unmittelbar aus der Regelung in Art. 69 EPÜ. Die Revision verweist selbst zutreffend darauf, daû in solchen Fällen die Beschränkung des Schutzumfangs so zu beachten ist, wie sie der Leser den Patentansprüchen entnimmt. Der Senat hat bereits früher entschieden (BGHZ 115, 204, 208 - beheizbarer Atemluftschlauch), daû sich aus dem Ablauf des Erteilungsverfahrens ergebende Tatsachen schon im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit bei der Bemessung des Schutzbereichs eines Patents keine Berücksichtigung finden können (vgl. hierzu auch Kraûer, GRUR 1985, 689, 694; Preu, GRUR 1985, 728, 731; Rogge, Mitt. 1998, 201, 202; von Falck, Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 543, 556; Scharen, GRUR 1999, 285, 288 ff.; Bernhardt/Kraûer, Lehrbuch des Patentrechts , 4. Aufl., S. 391 ff. und S. 523; Benkard, PatG GebrMG, 9. Aufl. § 14 PatG Rdn. 80; Busse, PatG, 5. Aufl. § 14 Rdn. 72; jetzt wohl auch Schulte,
PatG, 6. Aufl. § 14 PatG Rdn. 68; vgl. auch Cour d’Appel Paris Ann. propr. ind. 1990, 235 = GRUR Int. 1993, 173, 174, wonach es unzulässig ist, die Prüfungsakte heranzuziehen). Auch wenn - worauf die Revision an sich zutreffend hinweist - eine Einschränkung des Schutzes auf Grund von lediglich aus den Akten erkennbaren Vorgängen nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechtssicherheit Dritter führt, gilt dies wegen der in Art. 69 EPÜ getroffenen Regelung ganz allgemein. Spätere Senatsentscheidungen haben dies nur auf Grund der insoweit bestehenden Sonderbeziehung für das Verhältnis zwischen Patentinhaber und Einsprechendem, nicht aber für die Bestimmung des Schutzbereichs des Patents an sich relativiert (Sen.Urt. v. 20.4.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886 - Weichvorrichtung I; v. 5.6.1997 - X ZR 73/95, Mitt. 1997, 364, ber. 408 = NJW 1997, 3377 - Weichvorrichtung II). Für dieses Ergebnis spricht schlieûlich auch, daû eine Revision des Europäischen Patentübereinkommens, nach der eine Berücksichtigung der Erteilungsakten vorgesehen werden sollte, nicht zustande gekommen ist. Der gelegentlich auch in Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens geäuûerten Auffassung, daû auf die Erte ilungsakten zurückgegriffen werden könne (vgl. Rechtbank Den Haag BIE 1999, 447, 448; Gerechtshof Den Haag BIE 2000, 307, 309; König, GRUR 1999, 809, 816 sowie den Hartog (Entscheidungsanm.) BIE 1999, 143) vermag der Senat deshalb nicht beizutreten. Einzelne abweichende ausländische Regelungen wie die in § 163 Abs. 5 des österreichischen Patentgesetzes können schon wegen des völkerrechtlichen Charakters der hier maûgeblichen Regelung nicht zu deren Interpretation herangezogen werden.
Es braucht deshalb nicht abschlieûend entschieden zu werden, ob für die Annahme eines Verzichts auf Teile des Schutzumfangs im europäischen Einspruchsverfahren, auf den sich die Revisionsklägerin insbesondere gestützt
hat, überhaupt eine rechtliche Grundlage gegeben ist. Der Verzicht auf ein europäisches Patent richtet sich, wie sich aus Art. 99 Abs. 3 EPÜ und Regel 60 Abs. 1 EPÜ jedenfalls mittelbar ergibt, nach den Bestimmungen des jeweils anwendbaren nationalen Rechts, im vorliegenden Fall nach § 20 PatG. Diese Vorschrift sieht jedenfalls keinen Verzicht auf Teile des Schutzbereichs des Patents vor. Ein Sachverhalt, aus dem sich nach ihr ein Verzicht ergeben könnte, ist zudem nicht vorgetragen worden. Der auch im Rahmen der Regelung in Art. 108 EPÜ möglichen Rücknahme der Beschwerde der Patentinhaberin gegen die im europäischen Einspruchsverfahren ergangene Entscheidung, auf die die Revision hier abstellen will, kommt in bezug auf das erteilte Patent rechtsgestaltende Wirkung nur insoweit zu, als durch sie die Entscheidung der Einspruchsabteilung über Aufrechterhaltung oder Widerruf des europäischen Patents in Bestandskraft erwächst. Die aus der Rücknahme flieûende materiellrechtliche Wirkung geht damit nicht über die rechtsgestaltende Wirkung der Entscheidung nach Art. 102 EPÜ hinaus (vgl. zu letzterer Günzel in Singer /Stauder, EPÜ, 2. Aufl., Rdn. 54 zu Art. 102 EPÜ; Heinrich, PatG/EPÜ, Zürich 1998, Rdn. E 102.05).
IV. 1. Das Berufungsgericht hat zur angegriffenen Ausführungsform festgestellt, daû diese die Merkmalsgruppe 1 und das Merkmal 2. a) durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in der Weise verwirkliche, daû das Gewicht pro Flächeneinheit 8,96 kg/m2 bei einer Wandstärke von 5,6 mm betrage. Allerdings sei das Merkmal 2. b) dem Wortsinn nach nicht verwirklicht, da die Dichte des Kunststoffrohrteils 1,6 g/cm3 betrage und damit unterhalb der unteren Bereichsgrenze liege. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an. Sie lassen, soweit eine wortsinngemäûe Verwirklichung verneint wird, einen Rechtsfehler nicht erkennen.

2. a) Das Berufungsgericht hat eine äquivalente Benutzung des Merkmals 2. b) bejaht. Das ist im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden.
aa) Das Argument der Revision, der Fachmann verstehe Zahlen- und Maûangaben als echte Begrenzung, führt nicht weiter. Auch wenn dies im vorliegenden Fall so sein sollte, stände dies nur der Annahme einer wortsinngemäûen Benutzung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 des Klagepatents entgegen, nicht aber notwendigerweise auch der Annahme, daû in äquivalenter Weise in dessen Schutzbereich eingegriffen werde. Bereits der Gesichtspunkt , daû in den Schutzbereich des Patents auch Ausführungsformen einzubeziehen sein können, die vom Wortsinn der Patentansprüche nicht erfaût werden, verbietet es entgegen der Auffassung der Revision, Über- oder Unterschreitungen der Bereichsangabe als von vornherein aus dem Schutzbereich des Patents fallend anzusehen.
bb) Insbesondere bestehen grundsätzlich keine Bedenken, etwa einen äquivalenten Stoffaustausch auch dann als in den Schutzbereich eines Patents fallend anzusehen, wenn der im Patentanspruch genannte, ausgetauschte Stoff durch eine Bereichs-, Anteils- oder Mengenangabe präzisiert ist. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, der sich lediglich dadurch auszeichnet , daû der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Dichtebereich verlassen , aber gleichwohl das vorgeschriebene Gewicht je Flächeneinheit durch entsprechende Wahl der Wanddicke eingehalten wird.

b) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, nach der Beschreibung des Klagepatents werde das Geräuschniveau bei einem Gewicht von zumin-
dest 8 kg/m2 merklich herabgesetzt; insbesondere sei gefunden worden, daû es im logarithmischem Verhältnis in dem Maû abnehme, wie das Gewicht pro Flächeneinheit zunehme. Daraus ergebe sich für den fachkundigen Leser, daû es allein auf die Einhaltung des Mindestgewichts ankomme. Dieser Leser wisse aber auch, daû es sich bei dem Gewicht pro Flächeneinheit um das mit der Wandstärke multiplizierte spezifische Gewicht handle. Er verstehe die Beschreibung des Klagepatents hinsichtlich der Dichteangabe deshalb dahin, daû man bei Einhaltung des vorgeschlagenen Dichtebereichs mit verhältnismäûig dünnen Wandstärken auskommen könne. Es bleibe ihm nach dem Klagepatent jedoch überlassen, auch mit einem höheren Gewicht als 8 kg/m2 zu arbeiten, was bei Einhaltung des vorgeschlagenen Dichtebereichs zu erheblich höheren Wandstärken führe. Er sehe deshalb, daû das Klagepatent ihm die Wahl der Wandstärke im Einzelfall überlasse. Vor diesem Hintergrund verstehe er aber auch die Angabe des Dichtebereichs nur als die eines Kernbereichs, in dem er sich bewegen solle, um nicht durch die Wahl einer zu starken Wand zu dem vorgegebenen Mindestwert für das Gewicht pro Flächeneinheit zu gelangen. In diesem Verständnis sehe sich der Fachmann auch dadurch bestätigt, daû die Angabe des Gewichts pro Flächeneinheit als zwingend einzuhaltende Mindestangabe gefaût sei, während bei der Angabe des Dichtebereichs eine entsprechende Formulierung fehle. Auch daû in der Beschreibung von "relativ dünnen Wänden" die Rede sei, mache ihm deutlich, daû er bei der Wahl der Dichte des Materials einen gewissen Spielraum habe.

c) Damit wird das Berufungsgericht dem Erfordernis nicht in vollem Umfang gerecht, daû bei der Prüfung der Gleichwirkung und ihrer Erkennbarkeit für den Fachmann auf die (spezielle) Wirkung des Merkmals in seiner konkre-
ten zahlenmäûigen Eingrenzung im Kontext des Patentanspruchs abgestellt werden muû.
aa) Das Berufungsgericht geht selbst davon aus, daû eine höhere Dichte geringere Wandstärken ermöglicht und sich somit auf die Dimensionierung der Rohre auswirkt. Es liegt deshalb auf der Hand, daû die Unterschreitung der im Patentanspruch geforderten Mindestdichte zu konstruktiven Anpassungen in Form erhöhter Wandstärken führt. Die spezielle patentgemäûe Wirkung des Merkmals mit seiner konkreten Dichteangabe liegt somit jedenfalls auch darin, daû solche geringeren Wandstärken gewählt werden können. Das kann nicht damit abgetan werden, daû das Klagepatent insoweit nur von einem "groûen Vorteil" ("great advantage") und nicht wie an anderer Stelle vom "vorrangigen Ziel" ("primary object") der Erfindung spricht; auch solche Vorteilsangaben sind bei der Beurteilung der Wirkung einzelner Anspruchsmerkmale heranzuziehen. Da es dem Patent gerade auch auf die Erzielung geringer Wandstärken ankommt, kann von einer Gleichwirkung deshalb nur dann ausgegangen werden, wenn auch die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Dichte die Wahl solcher noch ermöglicht.
bb) Das Berufungsgericht sieht die Dichte von 1,6 g/cm3 gegenüber dem Wert des Merkmals 2. b) als äquivalent an. Es begründet seine Auffassung damit, daû durch die Wahl des etwas unterhalb der unteren Bereichsgrenze liegenden Dichtewerts bei einer Wandstärke von 5,6 mm im wesentlichen all das erreicht werde, was erfindungsgemäû erreicht werden solle. Es gelinge nämlich, dem Rohrteil das angestrebte Gewicht pro Flächeneinheit zu verleihen , das für die angestrebte Geräuschminderung verantwortlich sei. Das bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzte Ersatzmittel der Dichte von 1,6
g/cm3 bei einer Wanddicke von 5,6 mm mache wie das erfindungsgemäûe Mittel des Merkmals 2. b) eine Schaumstoffumhüllung zur Geräuschminderung überflüssig. Daû bei der angegriffenen Ausführungsform etwas mehr Kunststoffmaterial eingesetzt werden müsse und der Innendurchmesser des Rohrteils etwas verkleinert werde, stehe der Annahme im wesentlichen gleicher Wirkung nicht entgegen. Der Fachmann habe die Gleichwirkung auch bei einer Orientierung an der Offenbarung der Erfindung auffinden können. Er sehe nämlich, daû er bei Verlassen des Dichtebereichs einen Ausgleich durch die Änderung der Wandstärke erzielen könne, um zu dem erfindungsgemäû angestrebten Gewicht pro Flächeneinheit zu gelangen; dabei liege es besonders nahe, den Dichtebereich nach unten zu verlassen und dies durch eine leichte Verstärkung der Wand auszugleichen, da Patentanspruch 2 des Klagepatents besage, daû der untere Dichtebereich bevorzugt werde, und da den Ausführungsbeispielen zu entnehmen sei, daû Wandstärken von mehr als 7 mm noch als hinreichend dünn angesehen würden.
cc) Diese für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen werden indessen durch weitere, unzutreffende oder jedenfalls fragwürdige Überlegungen des Berufungsgerichts relativiert. So hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung den für das geltende Recht nicht zutreffenden Grundsatz mit herangezogen, daû Maûangaben (nur dann) nicht in Bere iche erstreckt werden dürfen, wenn in diesen Maûangaben das erfinderisch Neue liegt. Zum anderen hat das Berufungsgericht einen maûgeblichen Gesichtspunkt für das Verständnis des Fachmanns darin gesehen, daû die Angabe des Gewichts pro Flächeneinheit als zwingend einzuhaltende Mindestangabe ("at least") formuliert sei, während bei der Angabe des Dichtebereichs eine entsprechende Angabe wie "zumindest 1,8 g/cm3 bis höchstens 2,7 g/cm3"
fehle. Diese Überlegung erscheint jedenfalls ohne nähere Begründung als von Rechtsfehlern beeinfluût. Sie läût nämlich auûer Betracht, daû einseitig offene Bereichsangaben bei sprachlicher Umschreibung eher mit solchen Angaben versehen werden als beidseits geschlossene Bereichsangaben, wo die Grenzen schon in Werteangaben zum Ausdruck kommen. Die auf § 286 ZPO gestützte Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe eine unzulässige philologische Betrachtung angestellt, ist deshalb nicht von der Hand zu weisen.
Es ist nicht auszuschlieûen, daû diese Überlegungen auch das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis beeinfluût haben.

d) Sofern das Berufungsgericht bei seiner erneuten Befassung zu dem Ergebnis kommt, daû die angegriffene Ausführungsform auch der speziellen Wirkung des Merkmals 2.b) mit seiner Bereichsangabe entspricht, wird es weiter zu prüfen haben, ob nicht gleichwohl eine so wesentliche Abweichung vorliegt, daû der von der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Wert in den Augen des Fachmanns nicht mehr als gleichwertig und damit nicht mehr in den Schutzbereich des Klagepatents fallend angesehen werden kann. Bleibt das Patent bei objektiver Betrachtung hinter dem technischen Gehalt der Erfindung zurück, beschränkt sich der Schutz nämlich auf das, was noch mit dem Sinngehalt seiner Patentansprüche in Beziehung zu setzen ist (näher hierzu Sen.Urt. v. 12.3.2002 - X ZR 135/01 - Schneidmesser II, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 16/09 Verkündet am:
10. Mai 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Okklusionsvorrichtung
EPÜ Art. 69

a) Bei Widersprüchen zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung
sind solche Bestandteile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen
Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich nicht in den Patentschutz
einbezogen. Die Beschreibung darf nur insoweit berücksichtigt werden, als
sie sich als Erläuterung des Gegenstands des Patentanspruchs lesen lässt.

b) Offenbart die Beschreibung mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte
technische Wirkung erzielt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten
in den Patentanspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung
einer der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents
mit äquivalenten Mitteln.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 10. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den
Richter Dr. Grabinski und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten zu 1 werden das am 22. Dezember 2008 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben und das am 31. Juli 2007 verkündete Urteil der 4b-Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert, soweit zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Klage wird - auch im Umfang der Klageerweiterung in der Berufungsinstanz - abgewiesen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in erster und zweiter Instanz tragen der Beklagte zu 2 ein Achtel und die Klägerin sieben Achtel. Die Beklagte zu 1 wird von allen Kosten freigestellt. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 in erster und zweiter Instanz. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3 und 4 in erster Instanz trägt die Klägerin 15%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist seit 2006 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten, am 10. Juli 1995 international angemeldeten europäischen Patents 808 138 (Klagepatents), das eine Intravaskulär -Okklusionsvorrichtung und ein Verfahren zu deren Herstellung betrifft.
2
Die mit der Klage geltend gemachten Patentansprüche 1 und 16 lauten in der Verfahrenssprache Englisch und in der deutschen Übersetzung der Patentschrift : "1. A collapsible medical device (60) comprising a metal fabric formed of braided strands, the device (60) having a collapsed configuration for delivery through a channel in a patient's , and has a generally dumbbell-shaped expanded configuration with two expanded diameter portions (64) separated by a reduced diameter portion (62) formed between opposed ends of the device, characterized in that clamps (15) are adapted to clamp the strands at the opposed ends of the device. 16. A method of forming a medical device according to any one of the preceding claims, the method comprising the steps of (a) providing a metal fabric formed of a plurality of braided strands, the strands being formed of a metal which can be heat treated to substantially set a desired shape; (b) deforming the metal fabric to generally conform to an internal wall surface of a moulding element; (c) heat treating the metal fabric in contact with the surface of the moulding element at an elevated temperature, the temperature and the duration of the heat treatment being sufficient to substantially set the shape of the fabric in its deformed state; (d) removing the metal fabric from contact with the moulding element and (e) clamping the opposite ends of the strands of the device with clamps." "1. Kollabierbare medizinische Vorrichtung (60), umfassend ein aus geflochtenen Metalllitzen gebildetes Metallgewebe, wobei die Vorrichtung (60) eine kollabierte Konfiguration zur Zuführung durch einen Kanal in einem Patienten hat und eine allgemein hantelförmige entfaltete Konfiguration mit zwei Teilen mit erweitertem Durchmesser (64) hat, die durch einen zwischen entgegengesetzten Enden der Vorrichtung gebildeten Teil mit reduziertem Durchmesser (62) getrennt sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Klemmen (15) zum Festklemmen der Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtungen ausgeführt sind. 16. Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst: (a) Bereitstellen eines Metallgewebes, das aus einer Mehrzahl von geflochtenen Litzen gebildet ist, wobei die Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im Wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen; (b) Verformen des Metallgewebes, damit es allgemein einer inneren Wandfläche eines Formelements entspricht ; (c) Wärmebehandeln des Metallgewebes in Kontakt mit der Oberfläche des Formelements bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verformten Zustand im Wesentlichen festzulegen; (d) Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement und (e) Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen der Vorrichtung mit Klemmen."
3
Die Beklagte zu 1, deren Geschäfte der Beklagte zu 2 geführt hat, vertreibt unter der Bezeichnung "F. O. " ein Verschlussimplantat zur Behandlung von Septumdefekten aus einem Metallgewebe, dessen (in der deutschen Übersetzung des Patentanspruchs als Litzen bezeichnete) Drähte aus einer Nickel-Titan-Legierung (Nitinol) bestehen. Die Drähte werden um etwa 180° umgeschlagen, wodurch die Drahtenden sämtlich am proximalen Ende der fertigen Vorrichtung zu liegen kommen. Nach einer formgebenden Wärmebehandlung wird über das Drahtbündelende eine Nitinolmuffe geschoben. Das Drahtbündel wird am proximalen Ende der Muffe abgeschnitten und ein Endabschnitt mit der Muffe verschweißt.
4
Die Klägerin hat deswegen die Beklagten zu 1 und 2 sowie die Beklagte zu 3 und deren Geschäftsführer, den Beklagten zu 4, wegen wortlautgemäßer, jedenfalls aber äquivalenter Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Das Landgericht hat im Wesentlichen antragsgemäß erkannt.
5
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin im Weg der Anschlussberufung die Klage gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 auf eine weitere Ausführungsform erweitert. Sie hat außerdem die Beklagten zu 1 und 2 auch aus einem deutschen Gebrauchsmuster und einem weiteren europäischen Patents in Anspruch genommen, insoweit die Klage jedoch wieder zurückgenommen.
6
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auch der Anschlussberufung entsprochen (OLG Düsseldorf, InstGE 10, 248).
7
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte zu 1 (im Folgenden auch: Beklagte) ihr Klageabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage.
9
I. Das Berufungsgericht hat dem Klagepatent das technische Problem entnommen, eine kollabierbare medizinische Vorrichtung, insbesondere eine solche, mit der Blutgefäße eines Patienten verschlossen werden können (Embolisationsvorrichtung ), zur Verfügung zu stellen, die präzise in ein Gefäß eingesetzt und am Ort ihres Einsatzes ohne Schwierigkeiten entfaltet werden kann.
10
Das Berufungsgericht hat Patentanspruch 1 des Klagepatents wie folgt gegliedert: 1. Kollabierbare medizinische Vorrichtung, die ein Metallgewebe umfasst. 2. Das Metallgewebe ist aus geflochtenen Metalllitzen (in der Verfahrenssprache : braided metal strands) gebildet. 3. Die Vorrichtung hat a. eine kollabierte Konfiguration zur Zuführung durch einen Kanal in einem Patienten und b. eine allgemeine hantelförmige entfaltete Konfiguration. 4. Die allgemein hantelförmige (entfaltete) Konfiguration hat a. zwei Teile mit erweitertem Durchmesser, die b. durch einen Teil mit reduziertem Durchmesser getrennt sind, der zwischen entgegengesetzten Enden der Vorrichtung gebildet ist; 5. Klemmen zum Festklemmen der Litzen (clamps … to clamp the strands) sind an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung aus- geführt.
11
Eine Ausführungsform zeigt Figur 5A des Klagepatents:
12
II. Die Beklagte zu 1 hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die angegriffenen Ausführungsformen FigullaPFO (Patent Foramen Ovale )-Occluder und FigullaASD-Occluder, katheterbasierte Verschlussimplantate zur Behandlung von Atriumseptumdefekten (Vorhofscheidewanddefekten), nämlich Perforationen der Herzscheidewand, gefertigt, auf einem Kongress in Frankfurt am Main vorgestellt, im Internet beworben und in den Verkehr gebracht (Abbildungen im Berufungsurteil S. 11 bis 13). Die Litzen bestehen dabei aus einstückigen Nitinoldrähten, die um etwa 180° umgeschlagen werden, wodurch die Litzenenden zusammen mit den in fertigem Zustand ohnehin dort positionierten Litzenenden sämtlich am späteren proximalen Ende der Vorrichtung und nicht an deren entgegengesetzten Enden zu liegen kommen. Diese ersten Ausführungsformen weisen einen Ring aus Nitinol (einer Nickel-Titan-Legierung mit "Formgedächtnis") auf, mit dem ein definierter proximaler Endabschnitt verschweißt oder verschmolzen wird; an dem Nitinolring wird eine Stahlmuffe mit Innengewinde befestigt, um ein Einschrauben eines Führungsdrahts zu ermöglichen. Die zweite Ausführungsform verzichtet auf den Nitinolring, die Stahlmuffe wird unmittelbar auf das zuvor verschweißte Ende des Drahtbündels aufgesetzt.
13
III. Das Berufungsgericht hat mit dem Landgericht angenommen, die angegriffene Ausführungsform I entspreche wortlautgemäß der technischen Lehre des Patentanspruchs 1. Die Verwirklichung der Merkmale 2 bis 4b des Sachanspruchs werde von den Beklagten mit Recht nicht in Abrede gestellt. Die Vorrichtungen seien auch kollabierbare Vorrichtungen im Sinn des Merkmals 1; auf Embolisationsvorrichtungen sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht beschränkt. Auch aus der Hantelform der geschützten Vorrichtung ergebe sich keine Einschränkung des Einsatzbereichs der Vorrichtung; diese könne auch zur Behandlung von Septumdefekten verwendbar sein. Das Berufungsgericht hat dabei angenommen, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung in der kollabierten Form etwa mit Hilfe eines Katheters in ein Gefäß des Patienten eingeführt werden könne; werde sie aus dem distalen Ende des Katheters entlassen , könne sie eine definiert entfaltete Form einnehmen, die es gewährleiste, dass sie sich nicht unbeabsichtigt vom Einsatzort entfernen könne. Die Vorrich- tung werde innerhalb des zu verschließenden Gefäßes so positioniert, dass ihre Achse generell mit derjenigen des Blutgefäßes übereinstimme. Die besondere Hantelform der entfalteten Konfiguration begrenze dabei die Möglichkeit, dass sich die Verschlussvorrichtung gegenüber der Gefäßachse im Winkel verdrehe. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht beanstandet.
14
Ebenso sei das Merkmal 5 verwirklicht. Mit der erstmals in der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptung, zur festen Verbindung der Drähte diene nicht die Nitinolmuffe, die keine Klemmwirkung entfalte, sondern die Plasmaschweißverbindung der Drahtenden mit der Muffe, könnten die Beklagten nicht gehört werden. Erfolglos bleibe schließlich das Vorbringen der Beklagten, dass die angegriffene Vorrichtung die Drähte nur an einem Ende der Vorrichtung zusammenführe. Dies entspreche noch dem technischen Wortsinn des Merkmals 5, denn der in der Patentbeschreibung hervorgehobene, erfindungsgemäß durch das Vorsehen von Klemmen angestrebte Schutz der Litzen gegen ein Ausfasern einzelner Drahtenden und ihr Zurückkehren in die ungeflochtene Position erscheine nur dort notwendig, wo ein abgeschnittenes freies Ende vorliege , das ausfasern könne. Die Klagepatentschrift beschreibe (Abs. 27/28 der Beschreibung), dass auch aus einem flachen Gewebe, wie es in Figur 1B dargestellt sei, erfindungsgemäße Verschlussvorrichtungen durch Umschlagen der vier Enden des Gewebestücks nach oben hergestellt werden könnten. Die sich nach dem Festklemmen bildende leere Tasche brauche dann nur am oberen "Rand" zusammengeklammert zu werden. Zwar lehre das Klagepatent bei philologischer Betrachtung mehrere Klemmen und schreibe darüber hinaus vor, mit diesen Klemmen die Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung , also sowohl am proximalen als auch am distalen Ende, festzuklemmen. Bei diesem rein sprachlichen Verständnis bleibe der Fachmann jedoch nicht stehen. Er sehe, dass die Klemmen dem Bündeln der Litzen dienten, und zwar unabhängig davon, ob die Litzen in gestrecktem Zustand belassen oder ihre Enden durch Umbiegen übereinander gelegt seien, denn dadurch hörten die beiden Litzenenden nicht auf zu existieren. Der Fachmann werde deshalb davon ausgehen, dass Patentanspruch 1 in seinem technischen Sinngehalt auch Ausführungen umfasse, bei denen beide Litzenenden übereinander gelegt und nur an einem Ende der Vorrichtung gebündelt seien. Aus Absatz 27 der Beschreibung in Verbindung mit Figur 1B ergebe sich, dass die Herstellung eines Okkluders aus einem flachen Gewebestück durch Umschlagen erfasst sein solle , bei der nur eine Klemme erforderlich sei. In dieser Ausführungsvariante ergebe es mit Rücksicht auf die Funktion der Klemmen nur einen technischen Sinn, Klemmen dort anzubringen, wo überhaupt freie Litzenenden vorhanden seien. Der im Patentanspruch verwendete Plural "Klemmen" stehe dem nicht entgegen, denn der Fachmann begreife die Formulierung vor dem Hintergrund des in Absatz 27 erläuterten Ausführungsbeispiels als Gattungsbezeichnung. Dieser Auslegung stehe auch nicht entgegen, dass auch Merkmal 4 auf die entgegengesetzten Enden der Vorrichtung Bezug nehme und dort eindeutig das proximale und das distale Ende der Vorrichtung selbst gemeint seien. Denn in Merkmal 4 gehe es um die Bestimmung der Lage des mittleren Teils der Vorrichtung mit reduziertem Durchmesser. Fehl gehe auch der durch die Entscheidung der Rechtbank Den Haag im niederländischen Verletzungsverfahren untermauerte Einwand der Beklagten, der Anmelder habe im Erteilungsverfahren auf Patentschutz für Ausführungsformen nach Absatz 27 verzichtet, weil die Erteilungsakten grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial seien. Der Fachmann, dem sich aus der Patentschrift nicht erschließe, dass - wie die Beklagten meinten - Teile der Beschreibung hätten gestrichen werden müssen, werde die betreffenden Textstellen als Erläuterung des geschützten Gegen- stands verstehen und versuchen, sie in einen sinnvollen Gesamtzusammenhang zu bringen, bei dem sich Widersprüche nicht ergäben.
15
Hinsichtlich der mit der Anschlussberufung eingeführten zweiten Ausführungsform gälten dieselben Erwägungen. Ein Unterschied zur Ausführungsform I bestehe lediglich darin, dass die Drahtenden ohne Nitinolring verschweißt seien und auf die verschweißten Enden eine Stahlhülse zur Verbindung mit einem Führungsdraht aufgeschoben werde. Für die Stahlhülse gelte wie für die Nitinolhülse der ersten Ausführungsform, dass sie die Drahtenden aufnehme und schon dadurch zusammenhalte.
16
IV. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
17
Dabei kann für die Prüfung einer wortsinngemäßen Patentbenutzung zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die von der Beklagten vertriebenen Vorrichtungen eine Klemme im Sinn des Merkmals 5 des Patentanspruchs 1 des Klagepatents nach der Gliederung des Berufungsurteils aufweisen, mit der die Drahtenden geklemmt werden.
18
Merkmal 5 verlangt weiter an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung angebrachte Klemmen ("clamps (15) are adapted to clamp the strands at the opposed ends of the device"). Diesem Erfordernis entspricht eine einzige, an einem Ende der Vorrichtung angebrachte Klemme nicht.
19
Zwar sagt weder der Begriff "Klemmen" (clamps) noch der Begriff "Enden" (ends) für sich genommen etwas darüber aus, wie viele von ihnen vorhan- den sein müssen; grundsätzlich ist auch eine Auslegung dahin denkbar, dass es sich um Gattungsbegriffe handelt, wie dies das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat. Das Berufungsgericht hat aber nicht hinreichend berücksichtigt , dass mit der Formulierung "at the opposed ends of the device" eine Festlegung dahin getroffen ist, dass Klemmen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung angebracht werden sollen, und dass damit notwendigerweise zwei Klemmen vorhanden sein müssen, wie dies auch die englischen (vgl. das Urteil des High Court vom 31. Juli 2009 - [2009] EWHC 2013 (Ch) Rn. 68 ff., 72, 76, 77 und das Urteil des Court of Appeal vom 22. Juni 2010 - [2010] EWCA Civ 702 Rn. 48 ff.) und niederländischen Gerichte (Urteil der Rechtbank Den Haag ('s-Gravenhage) vom 29. Oktober 2008 - 2992367/HA ZA 07-3614 Rn. 4.2, 4.3; Urteil des Gerechtshof Den Haag ('s-Gravenhage) vom 19. Oktober 2010 - 200.020.925/01) gesehen haben.
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Die entgegengesetzten Enden der Vorrichtung werden, wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bereits in Merkmal 4 b erwähnt und können dort nicht anders als wörtlich verstanden werden. Die Annahme des Berufungsgerichts , die entgegengesetzten Enden seien in Merkmal 4 b anders zu verstehen als in Merkmal 5, findet weder im Patentanspruch noch in der Beschreibung eine Stütze.
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Das Berufungsgericht hat sich insoweit maßgeblich von der Überlegung leiten lassen, dass von Patentanspruch 1 auch Ausführungsformen umfasst seien, bei denen die Drähte durch Umbiegen übereinander gelegt und deshalb nur an einem Ende der Vorrichtung gebündelt seien, weswegen Patentanspruch 16 auch auf ein Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen und nicht der Vorrichtung abstelle. Zwar kann sich diese Begründung auf die Erwähnung einer durch Umschlagen herzustellenden "leeren Tasche" ("the fabric can be inverted upon itself to form a recess or depression and the fabric can be clamped about this recess to form an empty pocket ... before the fabric is cut") in Absatz 27 der Beschreibung des Klagepatents (in der maßgeblichen Verfahrenssprache) stützen. Dieser Rückgriff auf die Beschreibung vermag die Auslegung durch das Berufungsgericht jedoch nicht zu tragen:
22
Die Erwägung des Berufungsgerichts, einer Klemme bedürfe es erkennbar nur dort, wo Drahtenden zu klemmen seien, geht, wie die Revision mit Recht rügt, daran vorbei, dass sich nach Patentanspruch 1 an beiden Enden der Vorrichtung Drahtenden befinden, die zusammengeklemmt werden können und geklemmt werden müssen, um ein Ausfasern zu vermeiden. Eine Ausführungsform , bei der es auf einer Seite an solchen Drahtenden fehlt, kann daher nicht dazu herangezogen werden, entgegen dem klaren Wortlaut des Patentanspruchs ein Festklemmen sämtlicher Litzen an ein und demselben Ende der Vorrichtung statt an den entgegengesetzten als wortsinngemäße Verwirklichung der erfindungsgemäßen Lehre anzusehen.
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Nach der Vorgabe in Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ wird der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt. Damit diese Bestimmung so erfolgen kann, dass die Ziele des Artikels 1 des Auslegungsprotokolls erreicht werden, ist zunächst unter Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen der technische Sinngehalt zu ermitteln, der dem Wortlaut des Patentanspruchs aus fachmännischer Sicht beizumessen ist. Zwar ist ein buchstäbliches Verständnis der Patentansprüche nicht zur Erfassung des geschützten Gegenstands geeignet, andererseits darf der Schutzgegenstand aber auch nicht durch Verallgemeinerung konkreter, im Anspruch angegebener Lösungsmittel erweitert werden (vgl. Ballhaus/Sikinger, GRUR 1986, 337, 341). Insbesondere darf ein engerer Patentanspruch nicht nach Maßgabe einer weiter ge- fassten Beschreibung interpretiert werden. Der Patentanspruch hat vielmehr Vorrang gegenüber der Beschreibung (BGH, Urteile vom 7. September 2004 - X ZR 255/01, BGHZ 160, 204, 209 = GRUR 2004, 1023 - bodenseitige Vereinzelungseinrichtung ; vom 13. Februar 2007 - X ZR 74/05, BGHZ 171, 120 = GRUR 2007, 410 - Kettenradanordnung I; vom 17. April 2007 - X ZR 72/05, BGHZ 172, 88, 97 = GRUR 2007, 778, 779 - Ziehmaschinenzugeinheit I; vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung). Was in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden hat, kann nicht unter den Schutz des Patents fallen. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zwar nach Art. 69 Abs. 1 Satz 2 EPÜ zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen , da diese der Erläuterung der Patentansprüche dienen. Beschreibung und Zeichnungen sind mithin heranzuziehen, um den Sinngehalt des Patentanspruchs zu ermitteln. Ihre Heranziehung darf aber weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (BGH, aaO - bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, aaO - Ziehmaschinenzugeinheit I; BGH, aaO - Gelenkanordnung). Lassen sich die technische Lehre der Beschreibung und die technische Lehre des Patentanspruchs nicht in Einklang bringen, ist der Patentanspruch maßgeblich (vgl. schon BGH, Urteile vom 29. November 1988 - X ZR 63/87, BGHZ 106, 84, 93 f. = GRUR 1989, 205, 208 - Schwermetalloxidationskatalysator ; vom 16. Juni 1987 - X ZR 51/86, BGHZ 101, 159 = GRUR 1987, 794 - Antivirusmittel). Bei Widersprüchen zwischen Patentansprüchen und Beschreibung sind solche Bestandteile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich nicht in den Patentschutz einbezogen. Die Beschreibung darf somit nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich als Erläuterung des Gegenstands des Patentanspruchs lesen lässt.
Auch die Überlegung, dass die Fachwelt grundsätzlich bestrebt ist, die
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Patentschrift in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und ihren Gesamtinhalt im Zweifel so zu verstehen, dass sich Widersprüche nicht ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 2008 - X ZB 13/06, GRUR 2008, 887 - Momentanpol II; Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 = GRUR 2009, 653 - Straßenbaumaschine), führt hier nicht zu einer Einbeziehung der insoweit übereinstimmenden angegriffenen Ausführungsformen in den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents. Dieser Grundsatz wird nämlich durch den Vorrang des Patentanspruchs eingegrenzt. Kann, wie hier, der Wortlaut des Patentanspruchs mit einer Beschreibungsstelle nicht in Einklang gebracht werden , kann die Beschreibung nicht zur "Korrektur" des Patentanspruchs herangezogen werden; andernfalls würde gegen den Grundsatz des Vorrangs des Patentanspruchs verstoßen.
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Relevante Widersprüche zwischen Beschreibung und Patentansprüchen sind, was die Lage der Klemmen an den entgegengesetzten Enden betrifft, allerdings zu verneinen. Die Beschreibungsstelle, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat (Abs. 27), lässt sich nicht ohne Weiteres mit Patentanspruch 1 in Verbindung bringen. Sie besagt nämlich lediglich, dass bei Verwendung eines flachen Gewebes entsprechend der Figur 1B des Klagepatents als Ausgangsmaterial dieses umgeklappt und geklammert werden kann, um eine "leere Tasche" (an empty pocket) zu bilden, bevor es zugeschnitten wird (before the fabric is cut). In dieser unklaren Passage wird nicht ausgeführt, ob und inwie- fern sich aus der Tasche eine praktisch brauchbare allgemein hantelförmige Konfiguration herstellen lässt, wie sie Gegenstand von Patentanspruch 1 ist (Merkmal 4); das Berufungsgericht hat auch ausdrücklich offen gelassen, ob dies möglich ist. Die Textpassage schließt zudem unmittelbar an Absatz 26 an, in dem nichtpatentgemäße Formen der Fixierung der Drahtenden erörtert wer- den. Damit betrifft sie ersichtlich schon kein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung, sondern beschreibt nicht mehr als einen möglichen Arbeitsschritt beim Herstellungsvorgang und nicht das fertige patentgemäße Erzeugnis. Damit kann die Beschreibungsstelle, auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, aber nicht die Grundlage für eine den Wortsinn des Patentanspruchs korrigierende Auslegung des Patentanspruchs bilden. Es kann daher auch hier unerörtert bleiben, ob es der Grundsatz, dass nicht auf Vorgänge im Erteilungsverfahren zurückgegriffen werden darf, die im Patent keinen Niederschlag gefunden haben (BGH, Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 43/01, BGHZ 150, 161 = GRUR 2002, 511 - Kunststoffrohrteil), auch verbietet, auf Patentveröffentlichungen wie die amtlich veröffentlichte Patentanmeldung oder frühere Fassungen der später etwa im Einspruchsverfahren oder im Beschränkungsverfahren geänderten Patentschrift zurückzugreifen, wenn sich der Gehalt der maßgeblichen Fassung der Patentschrift erst aus einem Vergleich mit diesen erschließt und damit zu einem Niederschlag auch in dieser geführt hat (vgl. hierzu schon BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 33 - Gelenkanordnung).
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Da es mithin jedenfalls an Klemmen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung fehlt, ist eine wortsinngemäße Verletzung zu verneinen. Die abweichende Betrachtung des Berufungsgerichts führt zur Einbeziehung einer Unterkombination in den Patentschutz. Dies ist, wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, nicht statthaft (BGH, Urteil vom 31. Mai 2007 - X ZR 172/04, BGHZ 172, 298 = GRUR 2007, 1059 - Zerfallszeitmessgerät; BGHZ 180, 215 = GRUR 2009, 653 - Straßenbaumaschine).
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V. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht, da der Senat in der Sache selbst entscheiden kann. Die Klage gegen die Beklagte zu 1 erweist sich als unbegründet, da die angegriffenen Ausführungsformen die erfindungsgemäße Lehre auch nicht mit äquivalenten Mitteln verwirklichen und daher nicht in den Schutzbereich des Klagepatents fallen.
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1. Für die Prüfung der geltend gemachten, vom Berufungsgericht folgerichtig nicht erörterten Patentverletzung mit äquivalenten Mittel kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen , bei denen nur eine einzige Klemme vorhanden ist, die sämtliche Drähte an einem (dem proximalen) Ende der Vorrichtung zusammenhält, während das andere Ende der Vorrichtung auf Grund der dort umgeschlagenen Drähte verschlossen ist, mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln dasselbe Problem löst wie der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Gegenstand, bei dem die Klemmen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt sind, und dass der Fachmann, wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15. April 2011 noch einmal eingehend dargelegt hat, durch seine Fachkenntnisse dazu befähigt ist, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden (Senat, Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 = GRUR 2002, 515 - Schneidmesser I).
29
2. Zu verneinen ist dagegen, dass die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sind. Die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln ist daher aus fachmännischer Sicht nicht als gleichwertig in Betracht zu ziehen (vgl. u.a. Senat, Urteile vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 - Schneidmesser I und vom 14. Dezember 2010 - X ZR 193/03, GRUR 2011, 313 Rn. 35 - Crimpwerkzeug IV). Zu dieser rechtlichen Beurteilung, zu der der Bundesgerichtshof als Revisionsge- richt berufen ist, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
30
Eine Aussage darüber, ob eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in den Schutzbereich eines Patents fällt, kann zwar regelmäßig nur dann getroffen werden, wenn sich der Tatrichter mit den betreffenden Fragen befasst hat. Denn bei der Gleichwirkung handelt es sich um eine Frage, deren Beantwortung tatrichterlicher Feststellungen bedarf, die in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden können (BGH, Urteile vom 22. November 2005 - X ZR 81/01, GRUR 2006, 313 Rn. 22 - Stapeltrockner und vom 17. April 2007, GRUR 2007, 959 Rn. 28 - Pumpeinrichtung). Dies liegt aber daran, dass der Tatrichter gegebenenfalls keinen Anlass hatte, Feststellungen zu einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden, indessen gleichwohl die technische Wirkung der Erfindung erzielenden Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zu treffen. Insoweit kann jedoch im Streitfall auf die Feststellungen zur tatsächlichen Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform zurückgegriffen werden, die das Berufungsgericht als wortsinngemäße Benutzung gewertet hat und auf die auch die Klägerin die von ihr hilfsweise geltend gemachte äquivalente Verletzung stützt.
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Die Gleichwertigkeit des abweichenden Mittels ist hingegen eine Rechtsfrage , die der revisionsrechtlichen Prüfung zugänglich ist. Sie hängt zwar in der Regel entscheidend ebenfalls von den in der Tatsacheninstanz zu klärenden tatsächlichen Grundlagen ab (BGH, Urteile vom 22. November 2005, aaO Rn. 23 - Stapeltrockner und vom 14. Dezember 2010, aaO Rn. 36 - Crimpwerkzeug IV). Das schließt jedoch nach § 563 Abs. 3 ZPO nicht aus, dass sie vom Revisionsgericht unmittelbar entschieden werden kann, wenn diejenigen tatsächlichen Feststellungen, die die Annahme einer äquivalenten Verletzung gegebenenfalls tragen könnten, bereits getroffen sind und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (BGH, Urteile vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, aaO - Gelenkanordnung und vom 14. Dezember 2010, aaO Rn. 34 ff. - Crimpwerkzeug IV). So liegt der Fall hier.
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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die "Litzen" entweder in gestrecktem Zustand belassen werden oder ihre Enden - gleichwirkend - durch Umbiegen übereinander gelegt und dann nur an einem Ende der Vorrichtung gebündelt werden können. Daran schließt sich die weitere Überlegung an, dass es in diesem Fall nicht erforderlich ist, zwei Klemmen zu verwenden, sondern dass beide Enden mit einer einzigen Klemme erfasst und zusammengehalten werden können. Die eine, sämtliche Litzenenden erfassende Klemme wird danach als Ersatzmittel für die zwei Klemmen angesehen, die nach dem Wortlaut des Patentanspruchs die Litzen einerseits am proximalen, andererseits am distalen Ende zusammenklemmen. Auf dieser Grundlage verficht auch die Klägerin eine gleichwertige Benutzung des Klagepatents.
33
Diese Überlegung ist schon in ihrem Ausgangspunkt nicht am Patentanspruch orientiert. Das Klagepatent (auch der Patentanspruch, der ein aus geflochtenen Metalllitzen gebildetes Metallgewebe verlangt, Merkmal 2) verknüpft die geschützte Vorrichtung eng mit dem Herstellungsverfahren. Welche Varianten der erfindungsgemäßen Vorrichtung aus fachmännischer Sicht aufgrund von am Patentanspruch orientierten Überlegungen als gleichwertig in Erwägung zu ziehen sind, lässt sich deshalb nicht unabhängig von der Frage beantworten, ob und wie sich eine solche geänderte Ausführungsform einfach und kostengünstig so herstellen lässt, wie dies das Klagepatent für die dem Wortsinn des Patentanspruchs entsprechende Ausführung der Vorrichtung lehrt, nämlich in Form des in Figur 1A gezeigten Flechtschlauchs (wie er im Übrigen auch von der von der Klägerin herangezogenen japanischen Gebrauchsmusterveröffentlichung Hei 04-47415 verwendet wird). Demgegenüber hat die Überlegung, die Litzen könnten auch um 180° umgebogen werden, so dass alle Litzenenden an demselben Ende der Vorrichtung liegen, schon deshalb keine Grundlage im Patentanspruch, weil nicht erkennbar ist, wozu eine derartige Ausgestaltung bei der Bereitstellung eines (schlauchförmigen) Metallgewebes dienen sollte, aus dem sich eine Vorrichtung mit den Merkmalen 3 bis 5, d.h. mit freien, jeweils mit einer Klemme zusammen zu haltenden Drahtenden an beiden Enden der Vorrichtung , formen lässt.
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Die Funktion der Klemmen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung erschöpft sich nicht darin, dort die Drahtenden durch Klemmwirkung zusammenzuhalten. Vielmehr soll die Vorrichtung an beiden Enden geschlossen werden, indem das Metallgewebe gehindert wird, sich aufzulösen (Abs. 25 der Beschreibung). Die Erwägung der Klägerin, die technische Lehre des Klagepatents werde nicht verlassen, wenn auf Grund des in der Patentschrift offenbarten Herstellens der patentgemäßen Vorrichtung (scil. aus einem flachen Metallgewebe bzw. einer daraus geformten "leeren Tasche") oder auch nach Umschlagen eines Schlauchgewebes nach dem Vorbild der japanischen Gebrauchsmusterveröffentlichung ein offenes Drahtende nur noch auf einer Seite vorliege und dann auch nur dort eine Klemme zum Einsatz komme, während das andere Ende durch das ausdrücklich beschriebene Umschlagen des Gewebes verschlossen sei, und der Fachmann werde eine abweichende Ausgestaltung , bei der das eine Ende durch Umschlagen und das andere Ende durch Vorsehen von Klemmen geschlossen werde, als an der technischen Lehre des Merkmals 5 orientiert ansehen, greift daher zu kurz. Denn der Patentanspruch begnügt sich weder mit der Anforderung, die offenen Drahtenden klemmend zusammenzuhalten, noch mit der Anforderung, beide offenen Enden der Vorrichtung zu verschließen, sondern verlangt, dass der Verschluss an diesen beiden Enden der Vorrichtung in der Weise ausgeführt wird, dass dort die (Enden der) Drähte mittels Klemmen festgeklemmt werden. Er trifft damit eine Auswahl aus den in Absatz 26 der Beschreibung erwähnten vielfältigen Möglichkeiten , die Enden der gewünschten Gewebelänge "alternativ" (durch Löten, Hartlöten, Schweißen oder auf andere Weise) zu fixieren.
35
Bei der Prüfung der Orientierung am Patentanspruch, die Voraussetzung der Einbeziehung einer als gleichwirkend auffindbaren Abwandlung der wortsinngemäßen Lehre in den Schutzbereich des Patents ist, darf dies nicht außer Betracht bleiben. Orientierung am Patentanspruch setzt voraus, dass der Patentanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns bildet (BGH, Urteil vom 29. November 1988 - X ZR 63/87, BGHZ 106, 84, 90 f. = GRUR 1989, 205 - Schwermetalloxidationskatalysator; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 = GRUR 2002, 515 - Schneidmesser I). Trifft der Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine technische Wirkung zu erzielen, müssen die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung in Einklang stehen. Nur solche fachmännischen Überlegun- gen sind daher auch im Streitfall an der durch den Patentanspruch geschützten technische Lehre orientiert, die auch der Auswahlentscheidung des Patentanspruchs Rechnung tragen, an beiden Enden der Vorrichtung die Drähte mittels einer Klemme durch eine Klemmverbindung zusammenzuhalten. Ebenso wenig wie das im Patentanspruch vorgesehene Klemmen an beiden Enden der Vorrichtung durch eine Schweiß- oder sonstige Verbindung ersetzt werden darf, die vom Klagepatent zwar offenbart, aber nicht beansprucht wird, darf an einem Ende der Vorrichtung die Klemmverbindung durch eine andere Verbindungsform ersetzt werden. Eine solche andere Verbindungsform stellt es aber - wie auch die Klägerin ihren Überlegungen zur Gleichwertigkeit zugrunde legt - dar, wenn die Verbindung der Drähte am distalen Ende der Vorrichtung durch das Umschlagen des Gewebes erfolgt.
36
Entgegen der Auffassung des englischen Berufungsgerichts, das gemeint hat, die "Schneidmesser-Fragen" enthielten nichts, was der dritten der in Improver v. Remington ([1990] FSR 181) von J. Hoffmann als Teil seiner Wiedergabe von Lord Diplocks Auslegungsansatz in Catnic gestellten Fragen entspreche (aaO Rn. 28 f.), führt somit die Prüfung der Orientierung am Patentanspruch zum Ausschluss einer Ausführungsform aus dem Schutzbereich des Patents, die zwar offenbart oder für den Fachmann jedenfalls auffindbar sein mag, von der der Leser der Patentschrift aber annehmen muss, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - nicht unter Schutz gestellt werden sollte (vgl. BGH, aaO, 159 - Schneidmesser I).
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VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 31.07.2007 - 4b O 297/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.12.2008 - I-2 U 65/07 -

(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat.

(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 111/09 Verkündet am:
21. Februar 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rohrreinigungsdüse II
Der Kläger ist durch das Prozessrecht nicht gehindert, Ansprüche wegen Patentverletzung
nicht nur wegen einer bestimmten angegriffenen Ausführungsform geltend zu
machen, sondern auf das Klagepatent umfassende (prozessuale) Ansprüche zu stützen
, die auf weitere Ausführungsformen, die sich unter den Patentanspruch subsumieren
lassen, bezogene Handlungen des Beklagten erfassen sollen. Dass ein solches
umfassendes Klagebegehren zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden
soll, kann regelmäßig nicht schon daraus abgeleitet werden, dass es der Kläger unterlässt
, einen - wie geboten (BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 126/01, BGHZ
162, 365 - Blasfolienherstellung) - auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform
zugeschnittenen Klageantrag zu formulieren.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den Richter
Dr. Grabinski und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 21. August 2009 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem am
1
11. Mai 1995 angemeldeten deutschen Patent 195 16 780, das eine hydrodynamische Düse für die Reinigung von Rohren und Kanälen betrifft. Patentanspruch 1 lautet: "Hydrodynamische Düse für die Reinigung von Rohren und Kanälen, aus einem Düsengrundkörper mit einem Anschluss für einen Wasserschlauch als Druckwassereintrittsöffnung und auf der Seite der Druckwassereintrittsöffnung auf gleichen oder unterschiedlichen Teilkreisen angeordneten Druckwasseraustrittsöffnungen , die über Kanäle mit der Druckwassereintrittsöffnung verbunden sind, wobei die Druckwasseraustrittsöffnungen und die Kanäle in definiertem Winkel zur Achse des Düsenkörpers geneigt sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich an die Druckwassereintrittsöffnung (4) eine Verteilungskammer (7) anschließt, in welche die mit den Druckwasseraustrittsöffnungen (5a, 5b) verbundenen Kanäle (6a und 6b) münden, wobei an dem der Druckwassereintrittsöffnung (4) gegenüberliegenden Grund der Verteilungskammer (7), zentrisch zur Achse des Düsenkörpers (1) ein kegelförmiger Wasserteiler (8) mit einem definierten Kegelwinkel (γ) angeordnet ist, dessen Kegelspitze (8) in Richtung zur Druckwassereintrittsöffnung (4) gerichtet ist, dass sich an den Kegelgrund des Wasserteilers (8) ein definierter, im wesentlichen halbkreisförmiger erster Radius (r1) anschließt, dessen Krümmung der Druckwassereintrittsöffnung (4) entgegengesetzt ist und der den Grund der Verteilungskammer (7) bildet, und dass jeder im Winkel (α1, α2) geneigte Kanal (6a, 6b) so in die Verteilungs- kammer (7) mündet, dass die äußerste Linie des Außendurchmessers des Kanals (6a, 6b) tangential am ersten Radius (r1) anliegt, bzw. in den ersten Radius (r1) übergeht." Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Patentverletzung durch Her2 stellung und Vertrieb von Kanalreinigungsdüsen auf Unterlassung, Vernichtung sowie Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg.
3
In der Berufungsinstanz hat sich der Beklagte auf ein rechtskräftiges kla4 geabweisendes Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 22. Juni 2004 (5 O 6985/03) berufen. Das seinerzeit zwischen einem anderen Unternehmen als ausschließlich Berechtigtem am Klagepatent und dem Beklagten geführte Verfahren betraf gleichfalls Ansprüche, die auf die Verletzung des Klagepatents sowie auf die Verletzung dreier weiterer Patente durch eine vom Beklagten in Verkehr gebrachte Kanalreinigungsdüse gestützt waren.
5
Das Berufungsgericht hat die Klage unter Abänderung des Ersturteils als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin,
6
mit der diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurück7 verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Rechtskraft des Ver8 säumnisurteils des Landgerichts Leipzig stehe der Zulässigkeit der Klage entgegen. Die Klägerin sei Einzelrechtsnachfolgerin der Klägerin des Vorprozesses. In objektiver Hinsicht seien die Streitgegenstände beider Verfahren identisch. Zu vergleichen seien die gestellten Klageanträge sowie die Lebenssachverhalte , aus denen die Klägerin die begehrten Rechtsfolgen herleite. Die Klageanträge in beiden Verfahren, die im Wesentlichen den Wortlaut der Patentansprüche wiederholten, seien der Sache nach identisch. Soweit im vorliegenden Rechtsstreit weitere Merkmale der Unteransprüche in den Antrag aufgenommen seien, handele es sich um ein Minus im Vergleich zu dem weiter formulierten Antrag im Vorprozess. Beiden Verfahren liege zumindest hinsichtlich des Kerns der behaupteten Verletzungsform auch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Die jeweilige Klagepartei habe eine identische Verwirklichung des Patentanspruchs 1, insbesondere ein tangentiales Anliegen der äußeren Linie des Außendurchmessers des Kanals am ersten Radius des Grunds der Verteilungskammer durch übereinstimmende wörtliche und zeichnerische Be-
schreibungen geltend gemacht. Unmaßgeblich sei die nunmehr aufgestellte Behauptung der Klägerin, dass die im Vorprozess angegriffene Ausführungsform im Gegensatz zu den nunmehr angegriffenen Ausführungsformen im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen einen Vorsprung aufweise; denn maßgeblich für die Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft des klageabweisenden Versäumnisurteils sei allein der Klageantrag in Verbindung mit dem damaligen Klagevorbringen, bei dem maßgebliches Argument für die Patentverletzung die Behauptung gewesen sei, die Radien schlössen sich tangential an. Soweit die Klägerin eine Patentverletzung durch eine weitere in das Berufungsverfahren eingeführte Düse (Düsenmodell 3D) geltend mache, könne offen bleiben, ob dieses möglicherweise eine Klageänderung darstellende Vorbringen gemäß §§ 533, 529 ZPO zulässig sei, da der Klage auch insoweit die Rechtskraft des früheren Urteils entgegenstehe, denn die Klägerin trage als maßgebliches Verletzungskriterium auch in dieser Hinsicht allein ein tangentiales Anliegen am Radius vor. II. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
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die entgegenstehende Rechtskraft einer früheren Entscheidung als negative Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil vom 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227 f. Rn. 9 f. mwN). 2. Das Berufungsgericht ist auch von zutreffenden Grundsätzen zur
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Bestimmung der Wirkung der (materiellen) Rechtskraft eines Urteils ausgegangen : Urteile sind der Rechtskraft insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden worden ist (§ 322 Abs. 1 ZPO), wobei die Bestimmung des erhobenen Anspruchs nach dem der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff unter Würdigung der gestellten Anträge und des zu ihrer Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172; Beschluss vom 10. Dezember 2002 - X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173, 175; Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342 = GRUR 2003, 716 f. - Reinigungsarbeiten ) und zur Auslegung der Urteilsformel, d.h. zur Klärung, wieweit über den erhobenen Anspruch entschieden worden ist, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils heranzuziehen sind. Das gilt im Grundsatz auch für ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil, das keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2002 - XI ZR 90/02, BGHZ 153, 239 = NJW 2003, 104 f.). Anstelle des Tatbestands und der Entscheidungsgründe ist in diesem Fall zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft auf das Parteivorbringen zurückzugreifen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 135/05, GRUR 2008, 933 Rn. 13 - Schmiermittel; Urteil vom 16. April 2002 - KZR 5/01, GRUR 2002, 915 f. - Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag). 3. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze jedoch rechtsfehlerhaft
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angewandt. Seiner Beurteilung, dass den beiden Verfahren derselbe Klagegrund oder Lebenssachverhalt zugrunde liege, kann nicht beigetreten werden.
a) Die von der dortigen Klägerin im Rechtstreit vor dem Landgericht
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Leipzig behauptete Ausgestaltung der nach dem Klagevortrag im Juni 2001 vom Beklagten gelieferten Kanalreinigungsdüse ergab sich aus der nachfolgenden , von der Klägerin vorgelegten Abbildung (Anlage K7 des Leipziger Verfahrens ):
b) Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Klägerin zur Darstellung der
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angegriffenen Düsenmodelle auf die nachfolgende sowie zwei weitere, hinsichtlich der hier relevanten Einzelheiten Entsprechendes zeigende Abbildungen bezogen:
c) Danach unterscheiden sich die im vorliegenden Rechtsstreit und die
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im Vorprozess angegriffene Ausführungsform nach dem Klagevortrag hinsichtlich ihrer (behaupteten) tatsächlichen Ausgestaltung. Wie sich aus einem Vergleich der vorstehend wiedergegebenen Abbildungen ergibt, weist der Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen bei der im Vorprozess zur Darlegung der Verletzung des Klagepatents dargestellten Ausführungsform eine Stufe oder einen Vorsprung auf, während bei der im vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen Ausführungsform - jedenfalls in einer Schnittebene - ein "gleitender" Übergang vorliegt und so auch vorgetragen worden ist. Nicht zutreffend ist deshalb die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das Vorhandensein eines Vorsprungs bei der vor dem Landgericht Leipzig angegriffenen Ausführungsform erstmals im vorliegenden Rechtsstreit behauptet. Dass ein Vorsprung vorhanden sei, ergab sich vielmehr bereits aus dem auf die vorstehende Abbildung Bezug nehmenden Klagevorbringen im Vorprozess. Das Landgericht Leipzig hat (unter anderem) deswegen darauf hingewiesen, dass eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents nicht in Betracht kommen dürfte, und die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat sich demgemäß jedenfalls zuletzt darauf berufen, dass der nach außen gerichtete Absatz "keine ungünstige Prallfläche" bilde und "ein äquivalentes Merkmal" darstelle (Schriftsatz vom 9. Juli 2004, Bl. 132 GA 5 O 6985/03 LG Leipzig).
d) Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht
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hat, dass die vorgelegten Schnitte durch die Düsenmodelle nicht repräsentativ für die Ausgestaltung der Düsen seien, weil bei Wahl eines anderen Schnittwinkels auch bei den im vorliegenden Verfahren angegriffenen Düsenmodellen ein Vorsprung im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen zu erkennen sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn man dies als zutreffend unterstellte, änderte sich nichts daran, dass die Klägerin erstmals für die jetzt angegriffenen Düsen eine Ausgestaltung behauptet, bei der zumindest in einer Schnittebene im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen ein gleitender Übergang zu erkennen ist.
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e) Dieser Unterschied hinsichtlich der tatsächlichen Ausgestaltung der angegriffenen Düsen begründet unterschiedliche Streitgegenstände in beiden Verfahren. (1) Über welchen Lebenssachverhalt das Gericht nach dem Klagebe18 gehren zu entscheiden hat, kann nicht ohne Berücksichtigung der rechtlichen Grundlage entschieden werden, auf die der Kläger seine Klageanträge stützt. Denn diese rechtliche Grundlage bestimmt, welche Einzelheiten eines (behaupteten ) tatsächlichen Geschehens in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht für das gerichtliche Erkenntnis (zumindest potentiell) von Bedeutung sind. Bei einer Patentverletzungsklage sind demgemäß für die Eingrenzung des Streitgegenstands, der der gerichtlichen Entscheidungsfindung unterworfen wird, vornehmlich diejenigen tatsächlichen Elemente von Bedeutung, aus denen sich Handlungen des Beklagten ergeben sollen, die einen der Tatbestände des § 9 PatG ausfüllen. Zur sachlichen Eingrenzung dieser vom Klagebegehren umfassten Handlungen kommt es wiederum typischerweise in erster Linie darauf an, aus welcher tatsächlichen Ausgestaltung eines angegriffenen Erzeugnisses oder Verfahrens sich nach dem Klagevortrag ergeben soll, dass das Erzeugnis oder Verfahren unter den mit der Klage geltend gemachten Patentanspruch subsumiert werden kann. Dabei ist grundsätzlich unerheblich, ob diese Subsumtion nach Meinung des Klägers eine wortsinngemäße oder eine unter dem Gesichtspunkt der gleichwertigen (äquivalenten) Verwirklichung eines oder mehrerer Merkmale der geschützten Erfindung in den Schutzbereich des Klagepatents fallende Benutzung der geschützten Erfindung ergibt. Grundsätzlich unerheblich sind ebenso Ort und Zeit der angegriffenen Handlungen. Für die Definition des Streitgegenstands können sie nur soweit Bedeutung erlangen, als sie die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens beeinflussen können, weil es entweder nach dem Gesetz (wie etwa vor oder nach Veröffentlichung der Patenterteilung oder innerhalb oder außerhalb des territorialen Geltungsbe- reichs des Patentgesetzes begangene Handlungen) oder auf Grund einer entsprechenden Beschränkung des Klageantrags (wie etwa bei einer auf Handlungen während eines Teils der Patentlaufzeit beschränkten Schadensersatzklage) insoweit auf den Ort oder den Zeitpunkt der Handlung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - X ZR 234/02, BGHZ 159, 66, 70 ff. = GRUR 2004, 755 - Taxameter). Der Streitgegenstand der Patentverletzungsklage wird demgemäß re19 gelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt. Die Identität des Klagegrunds wird (erst) aufgehoben, wenn dieser Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts durch neue Tatsachen verändert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Rn. 11 - Lesezirkel II; Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 348 f. = GRUR 2003, 716 - Reinigungsarbeiten). (2) Danach haben die Klägerin im Vorprozess und die Klägerin des vor20 liegenden Rechtsstreits das jeweilige Klagebegehren auf Handlungen des Beklagten , die sich auf unterschiedliche Ausführungsformen bezogen, und damit auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt. Die Verwirklichung des letzten kennzeichnenden Merkmals des geltend gemachten Patentanspruchs 1 des Klagepatents, nach dem jeder im Winkel geneigte Kanal so in die Verteilungskammer mündet, dass die äußerste Linie des Außendurchmessers des Kanals tangential am ersten Radius anliegt oder in den ersten Radius übergeht, ist mit unterschiedlichen Ausgestaltungen der vom Beklagten vertriebenen Düse begründet worden, wobei die Parteien jeweils darüber gestritten haben, ob mit dieser tatsächlichen Ausgestaltung der technische Sinngehalt des Merkmals ausgefüllt wird.
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(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin in beiden Verfahren Klageanträge formuliert hat, die lediglich den Wortlaut des Patentanspruchs wiedergeben und im Vorprozess sogar hinter diesem zurückbleiben, weil die dortige Klägerin versucht hat, die geltend gemachte Verletzung von vier Klagepatenten mit einem einheitlichen Antrag zu erfassen, der die angegriffenen Gegenstände lediglich allgemein als hydrodynamische Werkzeuge für die Reinigung von Rohren und Kanälen mit einem Anschluss für einen Wasserschlauch als Druckwassereintrittsöffnung und Druckwasseraustrittsöffnungen beschreibt, bei denen die Wasserführungen tangential gleitend am Durchmesser der Druckwassereintrittsöffnung anliegen und radial im Bogen nach außen führen. Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass der Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits vom Streitgegenstand des Vorprozesses umfasst wird. (a) Der Kläger ist allerdings durch das Prozessrecht nicht gehindert, An22 sprüche nicht nur wegen einer bestimmten angegriffenen Ausführungsform geltend zu machen, sondern auf das Klagepatent umfassende (prozessuale) Ansprüche zu stützen, die auf weitere Ausführungsformen, die sich - nach Meinung des Klägers - ebenfalls unter den Patentanspruch subsumieren lassen, bezogene Handlungen des Beklagten erfassen sollen. Ob dem Kläger solche Ansprüche auch zuerkannt werden können, hängt (unter anderem) davon ab, ob der Kläger dartun kann, dass der Beklagte auch solche Handlungen begangen hat oder deren Begehung zumindest droht. (b) Dass ein solches umfassendes Klagebegehren zur gerichtlichen Ent23 scheidung gestellt werden soll, kann jedoch in aller Regel nicht schon daraus abgeleitet werden, dass der Kläger es unterlässt, einen - wie geboten (BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 126/01, BGHZ 162, 365 - Blasfolienherstellung ) - auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform zugeschnit- tenen Klageantrag zu formulieren. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens ist nicht allein der Wortlaut des Klageantrags; dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung Vorgetragenen auszulegen. Nicht der Wortlaut des Antrags, sondern das Klagebegehren definiert den Streitgegenstand, und nur an dieses und nicht an jenen ist das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden. Ebenso wie mangels abweichender Anhaltspunkte im Parteivortrag anzunehmen ist, dass sich das Rechtsschutzbegehren auf sämtliche Handlungen des Beklagten erstrecken soll, die diejenigen Merkmale aufweisen, aus denen der Kläger die Qualifikation der Handlungen als rechtsverletzend herleitet (BGHZ 159, 66, 70 f. = GRUR 2004, 755 - Taxameter), ist umgekehrt mangels abweichender Anhaltspunkte anzunehmen , dass der Kläger Ansprüche nur wegen solcher Handlungen des Beklagten geltend machen will, die sich auf eine Ausführungsform beziehen, für die der Kläger vorträgt, dass sie auf Grund ihrer tatsächlichen Ausgestaltung sämtliche Merkmale des Patentanspruchs aufweist und vom Beklagten entgegen § 9 PatG benutzt wird oder benutzt zu werden droht. Kommt dies im Klageantrag nicht hinreichend zum Ausdruck, hat das Gericht nach § 139 Abs. 1 ZPO auf eine sachdienliche Antragsfassung hinzuwirken. (c) Der Senat kann als Revisionsgericht den im Vorprozess gestellten
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Klageantrag als Prozesserklärung selbst auslegen. Er bietet keinen Anhalt für die Annahme, dass die Klägerin des Vorprozesses mit ihm mehr erfassen wollte , als das in der oben wiedergegebenen Abbildung dargestellte Kanalreinigungswerkzeug , von dem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ein aufgeschnittenes Original vorgelegt hat, zu dem in der Verhandlungsniederschrift festgehalten ist, dass es "den Verletzungsgegenstand darstellen" solle (GA 124), und von dem sie in der Klagebegründung geltend gemacht hat, dass es vom Beklagten hergestellt und vertrieben werde und "die Merkmale der Klagepatente" verwirkliche (GA 6). Die weiteren schriftsätzlichen Erklärungen der Klägerin ergeben nichts anderes, sondern bestätigen dieses Verständnis (GA 89, 104a f., 132). III. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3
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ZPO), weil das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen getroffen hat, die zur Grundlage einer Auslegung des Klagepatents gemacht und zur Beantwortung der Verletzungsfrage sowie des vom Beklagten geltend gemachten Vorbenutzungsrechts herangezogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2007 - X ZR 172/04, BGHZ 172, 298, Rn. 39 - Zerfallszeitmessgerät). Dies wird es nunmehr nachzuholen haben. Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 22.10.2008 - 3 O 9860/07 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 21.08.2009 - 3 U 2337/08 -

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

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aa) Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr gegeben ist - über die konkrete Verletzungshandlung hinaus für Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 27/03, BGHZ 166, 233 Rn. 36 - Parfümtestkäufe, mwN). Dies hat seinen Grund darin, dass eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen begründet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 26 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung, mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 111/09 Verkündet am:
21. Februar 2012
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rohrreinigungsdüse II
Der Kläger ist durch das Prozessrecht nicht gehindert, Ansprüche wegen Patentverletzung
nicht nur wegen einer bestimmten angegriffenen Ausführungsform geltend zu
machen, sondern auf das Klagepatent umfassende (prozessuale) Ansprüche zu stützen
, die auf weitere Ausführungsformen, die sich unter den Patentanspruch subsumieren
lassen, bezogene Handlungen des Beklagten erfassen sollen. Dass ein solches
umfassendes Klagebegehren zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden
soll, kann regelmäßig nicht schon daraus abgeleitet werden, dass es der Kläger unterlässt
, einen - wie geboten (BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 126/01, BGHZ
162, 365 - Blasfolienherstellung) - auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform
zugeschnittenen Klageantrag zu formulieren.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, den Richter
Dr. Grabinski und die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 21. August 2009 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an dem am
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11. Mai 1995 angemeldeten deutschen Patent 195 16 780, das eine hydrodynamische Düse für die Reinigung von Rohren und Kanälen betrifft. Patentanspruch 1 lautet: "Hydrodynamische Düse für die Reinigung von Rohren und Kanälen, aus einem Düsengrundkörper mit einem Anschluss für einen Wasserschlauch als Druckwassereintrittsöffnung und auf der Seite der Druckwassereintrittsöffnung auf gleichen oder unterschiedlichen Teilkreisen angeordneten Druckwasseraustrittsöffnungen , die über Kanäle mit der Druckwassereintrittsöffnung verbunden sind, wobei die Druckwasseraustrittsöffnungen und die Kanäle in definiertem Winkel zur Achse des Düsenkörpers geneigt sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich an die Druckwassereintrittsöffnung (4) eine Verteilungskammer (7) anschließt, in welche die mit den Druckwasseraustrittsöffnungen (5a, 5b) verbundenen Kanäle (6a und 6b) münden, wobei an dem der Druckwassereintrittsöffnung (4) gegenüberliegenden Grund der Verteilungskammer (7), zentrisch zur Achse des Düsenkörpers (1) ein kegelförmiger Wasserteiler (8) mit einem definierten Kegelwinkel (γ) angeordnet ist, dessen Kegelspitze (8) in Richtung zur Druckwassereintrittsöffnung (4) gerichtet ist, dass sich an den Kegelgrund des Wasserteilers (8) ein definierter, im wesentlichen halbkreisförmiger erster Radius (r1) anschließt, dessen Krümmung der Druckwassereintrittsöffnung (4) entgegengesetzt ist und der den Grund der Verteilungskammer (7) bildet, und dass jeder im Winkel (α1, α2) geneigte Kanal (6a, 6b) so in die Verteilungs- kammer (7) mündet, dass die äußerste Linie des Außendurchmessers des Kanals (6a, 6b) tangential am ersten Radius (r1) anliegt, bzw. in den ersten Radius (r1) übergeht." Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Patentverletzung durch Her2 stellung und Vertrieb von Kanalreinigungsdüsen auf Unterlassung, Vernichtung sowie Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg.
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In der Berufungsinstanz hat sich der Beklagte auf ein rechtskräftiges kla4 geabweisendes Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 22. Juni 2004 (5 O 6985/03) berufen. Das seinerzeit zwischen einem anderen Unternehmen als ausschließlich Berechtigtem am Klagepatent und dem Beklagten geführte Verfahren betraf gleichfalls Ansprüche, die auf die Verletzung des Klagepatents sowie auf die Verletzung dreier weiterer Patente durch eine vom Beklagten in Verkehr gebrachte Kanalreinigungsdüse gestützt waren.
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Das Berufungsgericht hat die Klage unter Abänderung des Ersturteils als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin,
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mit der diese die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils anstrebt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurück7 verweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht. I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Rechtskraft des Ver8 säumnisurteils des Landgerichts Leipzig stehe der Zulässigkeit der Klage entgegen. Die Klägerin sei Einzelrechtsnachfolgerin der Klägerin des Vorprozesses. In objektiver Hinsicht seien die Streitgegenstände beider Verfahren identisch. Zu vergleichen seien die gestellten Klageanträge sowie die Lebenssachverhalte , aus denen die Klägerin die begehrten Rechtsfolgen herleite. Die Klageanträge in beiden Verfahren, die im Wesentlichen den Wortlaut der Patentansprüche wiederholten, seien der Sache nach identisch. Soweit im vorliegenden Rechtsstreit weitere Merkmale der Unteransprüche in den Antrag aufgenommen seien, handele es sich um ein Minus im Vergleich zu dem weiter formulierten Antrag im Vorprozess. Beiden Verfahren liege zumindest hinsichtlich des Kerns der behaupteten Verletzungsform auch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde. Die jeweilige Klagepartei habe eine identische Verwirklichung des Patentanspruchs 1, insbesondere ein tangentiales Anliegen der äußeren Linie des Außendurchmessers des Kanals am ersten Radius des Grunds der Verteilungskammer durch übereinstimmende wörtliche und zeichnerische Be-
schreibungen geltend gemacht. Unmaßgeblich sei die nunmehr aufgestellte Behauptung der Klägerin, dass die im Vorprozess angegriffene Ausführungsform im Gegensatz zu den nunmehr angegriffenen Ausführungsformen im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen einen Vorsprung aufweise; denn maßgeblich für die Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft des klageabweisenden Versäumnisurteils sei allein der Klageantrag in Verbindung mit dem damaligen Klagevorbringen, bei dem maßgebliches Argument für die Patentverletzung die Behauptung gewesen sei, die Radien schlössen sich tangential an. Soweit die Klägerin eine Patentverletzung durch eine weitere in das Berufungsverfahren eingeführte Düse (Düsenmodell 3D) geltend mache, könne offen bleiben, ob dieses möglicherweise eine Klageänderung darstellende Vorbringen gemäß §§ 533, 529 ZPO zulässig sei, da der Klage auch insoweit die Rechtskraft des früheren Urteils entgegenstehe, denn die Klägerin trage als maßgebliches Verletzungskriterium auch in dieser Hinsicht allein ein tangentiales Anliegen am Radius vor. II. Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
10
die entgegenstehende Rechtskraft einer früheren Entscheidung als negative Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil vom 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227 f. Rn. 9 f. mwN). 2. Das Berufungsgericht ist auch von zutreffenden Grundsätzen zur
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Bestimmung der Wirkung der (materiellen) Rechtskraft eines Urteils ausgegangen : Urteile sind der Rechtskraft insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden worden ist (§ 322 Abs. 1 ZPO), wobei die Bestimmung des erhobenen Anspruchs nach dem der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff unter Würdigung der gestellten Anträge und des zu ihrer Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 = NJW 1992, 1172; Beschluss vom 10. Dezember 2002 - X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173, 175; Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342 = GRUR 2003, 716 f. - Reinigungsarbeiten ) und zur Auslegung der Urteilsformel, d.h. zur Klärung, wieweit über den erhobenen Anspruch entschieden worden ist, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils heranzuziehen sind. Das gilt im Grundsatz auch für ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil, das keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2002 - XI ZR 90/02, BGHZ 153, 239 = NJW 2003, 104 f.). Anstelle des Tatbestands und der Entscheidungsgründe ist in diesem Fall zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft auf das Parteivorbringen zurückzugreifen (BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - I ZR 135/05, GRUR 2008, 933 Rn. 13 - Schmiermittel; Urteil vom 16. April 2002 - KZR 5/01, GRUR 2002, 915 f. - Wettbewerbsverbot in Realteilungsvertrag). 3. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze jedoch rechtsfehlerhaft
12
angewandt. Seiner Beurteilung, dass den beiden Verfahren derselbe Klagegrund oder Lebenssachverhalt zugrunde liege, kann nicht beigetreten werden.
a) Die von der dortigen Klägerin im Rechtstreit vor dem Landgericht
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Leipzig behauptete Ausgestaltung der nach dem Klagevortrag im Juni 2001 vom Beklagten gelieferten Kanalreinigungsdüse ergab sich aus der nachfolgenden , von der Klägerin vorgelegten Abbildung (Anlage K7 des Leipziger Verfahrens ):
b) Im vorliegenden Rechtsstreit hat sich die Klägerin zur Darstellung der
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angegriffenen Düsenmodelle auf die nachfolgende sowie zwei weitere, hinsichtlich der hier relevanten Einzelheiten Entsprechendes zeigende Abbildungen bezogen:
c) Danach unterscheiden sich die im vorliegenden Rechtsstreit und die
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im Vorprozess angegriffene Ausführungsform nach dem Klagevortrag hinsichtlich ihrer (behaupteten) tatsächlichen Ausgestaltung. Wie sich aus einem Vergleich der vorstehend wiedergegebenen Abbildungen ergibt, weist der Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen bei der im Vorprozess zur Darlegung der Verletzung des Klagepatents dargestellten Ausführungsform eine Stufe oder einen Vorsprung auf, während bei der im vorliegenden Rechtsstreit angegriffenen Ausführungsform - jedenfalls in einer Schnittebene - ein "gleitender" Übergang vorliegt und so auch vorgetragen worden ist. Nicht zutreffend ist deshalb die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das Vorhandensein eines Vorsprungs bei der vor dem Landgericht Leipzig angegriffenen Ausführungsform erstmals im vorliegenden Rechtsstreit behauptet. Dass ein Vorsprung vorhanden sei, ergab sich vielmehr bereits aus dem auf die vorstehende Abbildung Bezug nehmenden Klagevorbringen im Vorprozess. Das Landgericht Leipzig hat (unter anderem) deswegen darauf hingewiesen, dass eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents nicht in Betracht kommen dürfte, und die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat sich demgemäß jedenfalls zuletzt darauf berufen, dass der nach außen gerichtete Absatz "keine ungünstige Prallfläche" bilde und "ein äquivalentes Merkmal" darstelle (Schriftsatz vom 9. Juli 2004, Bl. 132 GA 5 O 6985/03 LG Leipzig).
d) Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht
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hat, dass die vorgelegten Schnitte durch die Düsenmodelle nicht repräsentativ für die Ausgestaltung der Düsen seien, weil bei Wahl eines anderen Schnittwinkels auch bei den im vorliegenden Verfahren angegriffenen Düsenmodellen ein Vorsprung im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen zu erkennen sei, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn man dies als zutreffend unterstellte, änderte sich nichts daran, dass die Klägerin erstmals für die jetzt angegriffenen Düsen eine Ausgestaltung behauptet, bei der zumindest in einer Schnittebene im Bereich des Übergangs zu den Druckwasseraustrittsöffnungen ein gleitender Übergang zu erkennen ist.
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e) Dieser Unterschied hinsichtlich der tatsächlichen Ausgestaltung der angegriffenen Düsen begründet unterschiedliche Streitgegenstände in beiden Verfahren. (1) Über welchen Lebenssachverhalt das Gericht nach dem Klagebe18 gehren zu entscheiden hat, kann nicht ohne Berücksichtigung der rechtlichen Grundlage entschieden werden, auf die der Kläger seine Klageanträge stützt. Denn diese rechtliche Grundlage bestimmt, welche Einzelheiten eines (behaupteten ) tatsächlichen Geschehens in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht für das gerichtliche Erkenntnis (zumindest potentiell) von Bedeutung sind. Bei einer Patentverletzungsklage sind demgemäß für die Eingrenzung des Streitgegenstands, der der gerichtlichen Entscheidungsfindung unterworfen wird, vornehmlich diejenigen tatsächlichen Elemente von Bedeutung, aus denen sich Handlungen des Beklagten ergeben sollen, die einen der Tatbestände des § 9 PatG ausfüllen. Zur sachlichen Eingrenzung dieser vom Klagebegehren umfassten Handlungen kommt es wiederum typischerweise in erster Linie darauf an, aus welcher tatsächlichen Ausgestaltung eines angegriffenen Erzeugnisses oder Verfahrens sich nach dem Klagevortrag ergeben soll, dass das Erzeugnis oder Verfahren unter den mit der Klage geltend gemachten Patentanspruch subsumiert werden kann. Dabei ist grundsätzlich unerheblich, ob diese Subsumtion nach Meinung des Klägers eine wortsinngemäße oder eine unter dem Gesichtspunkt der gleichwertigen (äquivalenten) Verwirklichung eines oder mehrerer Merkmale der geschützten Erfindung in den Schutzbereich des Klagepatents fallende Benutzung der geschützten Erfindung ergibt. Grundsätzlich unerheblich sind ebenso Ort und Zeit der angegriffenen Handlungen. Für die Definition des Streitgegenstands können sie nur soweit Bedeutung erlangen, als sie die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens beeinflussen können, weil es entweder nach dem Gesetz (wie etwa vor oder nach Veröffentlichung der Patenterteilung oder innerhalb oder außerhalb des territorialen Geltungsbe- reichs des Patentgesetzes begangene Handlungen) oder auf Grund einer entsprechenden Beschränkung des Klageantrags (wie etwa bei einer auf Handlungen während eines Teils der Patentlaufzeit beschränkten Schadensersatzklage) insoweit auf den Ort oder den Zeitpunkt der Handlung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - X ZR 234/02, BGHZ 159, 66, 70 ff. = GRUR 2004, 755 - Taxameter). Der Streitgegenstand der Patentverletzungsklage wird demgemäß re19 gelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt. Die Identität des Klagegrunds wird (erst) aufgehoben, wenn dieser Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts durch neue Tatsachen verändert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 - KZR 45/05, GRUR 2007, 172 Rn. 11 - Lesezirkel II; Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 348 f. = GRUR 2003, 716 - Reinigungsarbeiten). (2) Danach haben die Klägerin im Vorprozess und die Klägerin des vor20 liegenden Rechtsstreits das jeweilige Klagebegehren auf Handlungen des Beklagten , die sich auf unterschiedliche Ausführungsformen bezogen, und damit auf unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt. Die Verwirklichung des letzten kennzeichnenden Merkmals des geltend gemachten Patentanspruchs 1 des Klagepatents, nach dem jeder im Winkel geneigte Kanal so in die Verteilungskammer mündet, dass die äußerste Linie des Außendurchmessers des Kanals tangential am ersten Radius anliegt oder in den ersten Radius übergeht, ist mit unterschiedlichen Ausgestaltungen der vom Beklagten vertriebenen Düse begründet worden, wobei die Parteien jeweils darüber gestritten haben, ob mit dieser tatsächlichen Ausgestaltung der technische Sinngehalt des Merkmals ausgefüllt wird.
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(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin in beiden Verfahren Klageanträge formuliert hat, die lediglich den Wortlaut des Patentanspruchs wiedergeben und im Vorprozess sogar hinter diesem zurückbleiben, weil die dortige Klägerin versucht hat, die geltend gemachte Verletzung von vier Klagepatenten mit einem einheitlichen Antrag zu erfassen, der die angegriffenen Gegenstände lediglich allgemein als hydrodynamische Werkzeuge für die Reinigung von Rohren und Kanälen mit einem Anschluss für einen Wasserschlauch als Druckwassereintrittsöffnung und Druckwasseraustrittsöffnungen beschreibt, bei denen die Wasserführungen tangential gleitend am Durchmesser der Druckwassereintrittsöffnung anliegen und radial im Bogen nach außen führen. Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass der Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits vom Streitgegenstand des Vorprozesses umfasst wird. (a) Der Kläger ist allerdings durch das Prozessrecht nicht gehindert, An22 sprüche nicht nur wegen einer bestimmten angegriffenen Ausführungsform geltend zu machen, sondern auf das Klagepatent umfassende (prozessuale) Ansprüche zu stützen, die auf weitere Ausführungsformen, die sich - nach Meinung des Klägers - ebenfalls unter den Patentanspruch subsumieren lassen, bezogene Handlungen des Beklagten erfassen sollen. Ob dem Kläger solche Ansprüche auch zuerkannt werden können, hängt (unter anderem) davon ab, ob der Kläger dartun kann, dass der Beklagte auch solche Handlungen begangen hat oder deren Begehung zumindest droht. (b) Dass ein solches umfassendes Klagebegehren zur gerichtlichen Ent23 scheidung gestellt werden soll, kann jedoch in aller Regel nicht schon daraus abgeleitet werden, dass der Kläger es unterlässt, einen - wie geboten (BGH, Urteil vom 30. März 2005 - X ZR 126/01, BGHZ 162, 365 - Blasfolienherstellung ) - auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform zugeschnit- tenen Klageantrag zu formulieren. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens ist nicht allein der Wortlaut des Klageantrags; dieser ist vielmehr unter Berücksichtigung des zu seiner Begründung Vorgetragenen auszulegen. Nicht der Wortlaut des Antrags, sondern das Klagebegehren definiert den Streitgegenstand, und nur an dieses und nicht an jenen ist das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO gebunden. Ebenso wie mangels abweichender Anhaltspunkte im Parteivortrag anzunehmen ist, dass sich das Rechtsschutzbegehren auf sämtliche Handlungen des Beklagten erstrecken soll, die diejenigen Merkmale aufweisen, aus denen der Kläger die Qualifikation der Handlungen als rechtsverletzend herleitet (BGHZ 159, 66, 70 f. = GRUR 2004, 755 - Taxameter), ist umgekehrt mangels abweichender Anhaltspunkte anzunehmen , dass der Kläger Ansprüche nur wegen solcher Handlungen des Beklagten geltend machen will, die sich auf eine Ausführungsform beziehen, für die der Kläger vorträgt, dass sie auf Grund ihrer tatsächlichen Ausgestaltung sämtliche Merkmale des Patentanspruchs aufweist und vom Beklagten entgegen § 9 PatG benutzt wird oder benutzt zu werden droht. Kommt dies im Klageantrag nicht hinreichend zum Ausdruck, hat das Gericht nach § 139 Abs. 1 ZPO auf eine sachdienliche Antragsfassung hinzuwirken. (c) Der Senat kann als Revisionsgericht den im Vorprozess gestellten
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Klageantrag als Prozesserklärung selbst auslegen. Er bietet keinen Anhalt für die Annahme, dass die Klägerin des Vorprozesses mit ihm mehr erfassen wollte , als das in der oben wiedergegebenen Abbildung dargestellte Kanalreinigungswerkzeug , von dem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ein aufgeschnittenes Original vorgelegt hat, zu dem in der Verhandlungsniederschrift festgehalten ist, dass es "den Verletzungsgegenstand darstellen" solle (GA 124), und von dem sie in der Klagebegründung geltend gemacht hat, dass es vom Beklagten hergestellt und vertrieben werde und "die Merkmale der Klagepatente" verwirkliche (GA 6). Die weiteren schriftsätzlichen Erklärungen der Klägerin ergeben nichts anderes, sondern bestätigen dieses Verständnis (GA 89, 104a f., 132). III. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3
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ZPO), weil das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen getroffen hat, die zur Grundlage einer Auslegung des Klagepatents gemacht und zur Beantwortung der Verletzungsfrage sowie des vom Beklagten geltend gemachten Vorbenutzungsrechts herangezogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2007 - X ZR 172/04, BGHZ 172, 298, Rn. 39 - Zerfallszeitmessgerät). Dies wird es nunmehr nachzuholen haben. Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens Grabinski Schuster
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 22.10.2008 - 3 O 9860/07 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 21.08.2009 - 3 U 2337/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 179/02 Verkündet am:
16. September 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Kupplung für optische Geräte

a) Das Verteilen eines Werbeprospekts, der eine Darstellung eines dem Gegenstand
des Patents entsprechenden Erzeugnisses enthält, erfüllt in aller
Regel den Tatbestand des "Anbietens" i. S. v. § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG.

b) Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Werbemittel die Merkmale des
Patents offenbart, wenn bei objektiver Betrachtung ein Erzeugnis dargestellt
ist, das diese Merkmale aufweist.
BGH, Urt. v. 16. September 2003 - X ZR 179/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis
und die Richter Scharen, Keukenschrijver, Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 20. Juni 2002 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beiden Geschäftsführer der Klägerin sind eingetragene Inhaber des deutschen Patents 37 10 648, dessen Anspruch 1 (ohne Bezugszeichen) wie folgt lautet:
Kupplung zum Kuppeln zweier optischer Geräte miteinander mit folgenden Merkmalen:

a) Das erste optische Gerät hat einen Flansch mit einer dem zweiten optischen Gerät im gekuppelten Zustand zugewandten Anlagefläche und eine dem zweiten optischen Gerät abgewandten Gegenfläche;

b) das zweite optische Gerät weist einen Kupplungsgrundkörper, längs dessen Außenumfang angeordnete Greiferelemente und einen um
Kupplungsgrundkörper und Greiferelemente angeordneten Verschlußring auf;

c) jedes Greiferelement besteht aus einem Grundkörper und einer Klaue und ist entgegen der Kuppelrichtung vorgespannt;

d) der Grundkörper der Greiferelemente besitzt jeweils eine innere Seitenfläche , die im in Kuppelrichtung verlaufenden Längsschnitt eine kreisförmige Kontur aufweist und die an eine komplementär ausgebildete Gegenfläche des Kupplungsgrundkörpers verschiebbar anliegt;

e) der Grundkörper der Greiferelemente und der Kupplungsgrundkörper weisen jeweils eine Anlagefläche zur Anlage der Anlagefläche des Flansches des ersten optischen Gerätes auf;

f) die Klauen der Greiferelemente liegen im gekuppelten Zustand an der Gegenfläche des Flansches des ersten optischen Gerätes an;

g) der Verschlußring weist den Greiferelementen zugeordnete Nuten auf, in die jeweils ein mit dem Grundkörper der Greiferelemente verbundener Radialstift eingesetzt ist, wobei die Nuten einen zur Kuppelrichtung parallelen ersten Abschnitt und einen zweiten Abschnitt haben und die beiden Abschnitte einen Winkel > 90° und < 180° einschließen;

h) der Verschlußring ist in die Richtung vorgespannt, in die der zweite Abschnitt der Nuten verläuft.
Die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin unter der Geschäftsführung u.a. des Beklagten zu 2 steht, vertrieb ein zunächst von der Klägerin, dann aber von einem anderen Unternehmen hergestelltes Videokamerasystem , dessen Kamerakopf ein Endobjektiv sowie einen Endoskopadapter aufweist, über den der Kamerakopf mit einem starren Endoskop gekoppelt werden kann, und der in dieser Form von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents wortlautgemäß Gebrauch macht. Dieses Kamerasystem bewarb die Beklagte zu 1 mit einem Prospekt, der als Anlage K 7 zu den Gerichtsakten gereicht ist. Das von der Beklagten zu 1 zuletzt mit der Herstellung des Videokamerasystems beauftragte Unternehmen erklärte der Klägerin gegenüber, sie habe patentgemäße Kupplungen (insgesamt 84 Stück) ausschließlich in der Zeit zwischen der Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents und der Veröffentlichung seiner Erteilung hergestellt, angeboten und in den Verkehr gebracht. Es ist außerdem unstreitig, daß der Endoskopadapter geändert wurde, so daß das System die Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht mehr aufweist.
Nach Erteilung des Klagepatents verpflichtete sich die Beklagte zu 1 durch Schreiben vom 22. August 1996 u.a. gegenüber der Klägerin, es bei Meidung einer Vertragsstrafe von 10.100,-- DM für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland Kupplungen zum Kuppeln zweier optischer Geräte miteinander mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen.
Mitarbeiter der Beklagten zu 1 verteilten vom 16. bis 19. Oktober 1996 auf einem Urologen-Kongreß in Düsseldorf sowie am 20. Oktober 1996 auf einem Ärztekongreß in Berlin Prospekte gemäß Anlage K 7.

Die Klägerin hat deshalb Klage auf Unterlassung, Auskunft /Rechnungslegung, Schadensersatzfeststellung und Zahlung von 20.200,-- DM nebst Zinsen erhoben.
Das Landgericht (Urteil abgedr. InstGE 1, 174) hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Beklagten haben Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Oberlandesgericht (Urteil abgedr. InstGE 2, 125) hat das angefochtene Urteil hinsichtlich der Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Im übrigen hat es die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung zur Unterlassung nur erfaßt, mit dem näher wiedergegebenen Prospekt gemäß Anlage K 7 Videokameras, bestehend aus einer Kamera-Steuereinheit und einem Kamerakopf mit Endobjektiv, mit Kupplungen zum Kuppeln zweier optischer Geräte miteinander und/oder Kameraköpfe mit Endobjektiv mit Kupplungen zum Kuppeln zweier optischer Geräte miteinander anzubieten, welche die im einzelnen genannten Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents aufweisen.
Die Beklagten verfolgen nunmehr mit der - zugelassenen - Revision ihren Antrag auf Klageabweisung weiter, soweit er im Berufungsrechtszug zuletzt noch streitig gewesen ist und das Oberlandesgericht die Klage nicht bereits abgewiesen hat.
Die Klägerin tritt diesem Begehren entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Die Verurteilung der Beklagten zu 1 und des für deren Verhalten verantwortlichen Beklagten zu 2 zur Unterlassung, Zahlung einer Vertragsstrafe von 20.200,-- DM nebst Zinsen und Rechnungslegung/Auskunft wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die vertraglich übernommene, vertragsstrafengesicherte Unterlassungsverpflichtung hat Bestand.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte zu 1 habe zweimal gegen die gemäß Schreiben vom 22. August 1996 zustande gekommene Verpflichtung verstoßen, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland Kupplungen zum Kuppeln zweier optischer Geräte miteinander mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Klagepatents anzubieten. Mit dem Begriff "Anbieten" hätten die Vertragsparteien die in § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG in gleicher Weise bezeichnete Verletzungshandlung gemeint. Zu einer solchen sei es im Oktober 1996 zweimal gekommen, weil die Beklagte zu 1 auf zwei verschiedenen Ärztekongressen Prospekte gemäß Anlage K 7 habe verteilen lassen , von denen unstreitig sei, daß sie einen Kamerakopf mit Kupplung zeigten, die von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents wortlautgemäß Gebrauch mache.
2. Die Revision hält dem entgegen, mit dem Prospekt gemäß Anlage K 7 sei eine Videokamera beworben worden. Mangels Preisangabe habe dieser Prospekt auch insoweit kein eigentliches Angebot beinhaltet, das nur noch der Annahme eines Interessenten bedurft habe. Irgendwelche Besonderheiten der teilweise abgebildeten Kupplung seien in dem Prospekt nirgends erwähnt gewesen. Schon gar nicht seien deren Einzelheiten zu ersehen gewesen, so daß
aus dem Prospekt nicht ersichtlich gewesen sei, daß ein Gegenstand in der patentierten Form geliefert oder übergeben werden solle. Schließlich sei auch unwiderlegt vorgetragen gewesen, daß die Beklagte zu 1 nicht einmal objektiv in der Lage, geschweige denn bereit gewesen sei, den Kamerakopf mit Endoskopadapter zu liefern, den man vor der Umstellung des Endoskopadapters auf die neue Form, die bereits ein halbes Jahr zuvor begonnen habe, vertrieben habe.
Damit legt die Revision einen Rechtsfehler des angefochtenen Urteils nicht dar.
3. Der in § 9 PatG verwendete Begriff des "Anbietens", gegen dessen Heranziehung die Beklagten Einwände nicht erheben, ist ganz in wirtschaftlichem Sinne zu verstehen und fällt nicht mit dem juristischen Begriff eines Vertragsangebots zusammen (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.1961 - I ZR 92/58, GRUR 1962, 86, 88 - Fischereifahrzeug, zum Begriff des "Feilhaltens" im Patentgesetz 1968, im folgenden auch als früheres Recht bezeichnet). Dies folgt aus dem Zweck des § 9 PatG, dem Patentinhaber einerseits - sieht man von den im Gesetz geregelten Ausnahmefällen ab - alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können , und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Deshalb unterfällt dem Tatbestand des Anbietens nicht nur ein Angebot i.S. des § 145 BGB. Umfaßt sind vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das - wie es etwa beim Abschluß eines Kauf-, Miet- oder Pachtvertrags der Fall ist - die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Dies kann in dessen Ausbieten derart geschehen, daß Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können (vgl.
Denkschrift zum Übereinkommen über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt, abgedr. BlPMZ 1979, 325, 332; vgl. auch Sen.Urt. v. 18.12.1969 - X ZR 52/67, GRUR 1970, 358, 359 - Heißläuferdetektor, ebenfalls zum Begriff des "Feilhaltens" des früheren Rechts). Ein Mittel hierzu ist auch das bloße Verteilen eines Werbeprospekts. Bereits diese Maßnahme ist bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen. Auch dieses Verhalten muß deshalb dem Patentinhaber vorbehalten sein, wenn das Werbemittel der Förderung des Absatzes eines Erzeugnisses dient, das - wie es in § 9 Abs. 1 Nr. 1 PatG heißt - Gegenstand des Patents ist, also von der hiermit unter Schutz gestellten Lehre Gebrauch macht. Dabei ist unerheblich, ob das patentgemäße Erzeugnis in dem verteilten Prospekt als solches beworben wird oder nur als Teil eines anderen dort beworbenen Gegenstands erfaßt ist.

a) Es ist mithin aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte zu 1 habe zweimal den Tatbestand des Anbietens verwirklicht, weil sie auf zwei verschiedenen Veranstaltungen den Prospekt nach Anlage K 7 an Ärzte verteilt hat.

b) Das weitere Erfordernis, nämlich daß die Prospektwerbung einen Gegenstand betraf, der von der Lehre nach Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch macht, hat das Berufungsgericht mit folgender Begründung als gegeben angesehen: In dem Prospekt gemäß Anlage K 7 sei als Teil des beworbenen Systems mehrfach ein Kamerakopf mit Kupplung in der Ausführung abgebildet, die unstreitig das mit der Produktion betraute Unternehmen bis Februar 1996 hergestellt und u.a. an die Beklagte zu 1 geliefert habe. Diese Ausführung habe wortsinngemäß sämtliche Merkmale von Anspruch 1 des Klagepatents aufgewiesen. Außerdem habe es unstreitig nirgendwo Kameraköpfe mit Kupplung
gegeben, die zwar ebenso ausgesehen hätten wie auf den Abbildungen in dem Prospekt gemäß Anlage K 7, aber nicht alle patentgemäßen Merkmale verwirklicht hätten. Das Berufungsgericht hat also seine Überzeugung, daß die Beklagte zu 1 mit dem Prospekt gemäß Anlage K 7 patentgemäße Kupplungen als Bestandteil des Kamerakopfs der beworbenen Videokamera angeboten habe, auch aus außerhalb dieses Werbemittels liegenden Umständen gewonnen, indem es auf Grund der festgestellten Gegebenheiten des Streitfalls eine Gesamtwürdigung vorgenommen hat.
Auch hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Wenn das Angebot eines Erzeugnisses durch Verteilen eines Werbeprospekts erfolgt, der eine bildliche Darstellung dieses Erzeugnisses enthält, fehlt es an einem unmittelbaren Bezug zu einem körperlich vorhandenen Gegenstand, dessen Gestalt und Beschaffenheit durch diese Existenz feststehen und in einem Streitfall dem Beweis zugänglich sind. Das zwingt zur Heranziehung anderer Umstände. Ob ein patentgemäßes Erzeugnis angeboten wird, muß deshalb anhand derjenigen objektiven Gegebenheiten des Streitfalls geprüft werden, die in vergleichbarer Weise eine verläßliche Aussage über Gestalt und Beschaffenheit des Erzeugnisses zulassen. Damit bildet weder das Verständnis des Werbenden noch das Verständnis einzelner Empfänger des Prospekts oder einer bestimmten Gruppe von Personen, an die sich das Werbemittel wendet, einen brauchbaren Maßstab. Entscheidend kann vielmehr nur sein, ob bei objektiver Betrachtung der im Streitfall tatsächlich gegebenen Umstände davon ausgegangen werden muß, daß das mittels Verteilens des Werbeprospekts angebotene Erzeugnis dem Gegenstand des Patents entspricht. Wenn die objektiv zu würdigenden Umstände diese Feststellung erlauben, kann es andererseits nicht mehr darauf ankommen, ob die Verwirklichung der patentgemäßen Merkmale (auch) aus der Angebotshandlung bzw. dem hierbei verwendeten Mittel selbst unmittelbar of-
fenbar wird. Die Benutzung einer Erfindung im Sinne des § 9 PatG ist hiervon nicht abhängig. Zu Recht war deshalb in der Rechtsprechung zum früheren Recht auch anerkannt, daß zu Angebotszwecken vorgezeigte Muster oder Ausstellungsstücke die Erfindung nicht von außen erkennen lassen müssen (Sen.Urt. v. 28.5.1968 - X ZR 42/66, GRUR 1969, 35, 36 - Europareise). Ebensowenig kann im Falle eines Anbietens in Form des Verteilens eines Prospekts mit einer Abbildung des beworbenen Erzeugnisses verlangt werden, daß gerade im Werbemittel die patentgemäßen Merkmale so zum Ausdruck kommen, daß ihr Vorhandensein einem Fachmann allein aufgrund der Befassung mit diesem Werbemittel offenkundig ist. Falls aus der Rechtsprechung zum früheren Recht etwas anderes hergeleitet werden könnte, könnte hieran für das geltende Patentrecht nicht festgehalten werden. Aus den bereits erörterten Gründen kann es nur auf die bei objektiver Betrachtung feststellbaren Gegebenheiten ankommen, also darauf, ob dem Angebot nach seinem Inhalt ein Erzeugnis zu Grunde liegt, das dem Gegenstand des Patents entspricht, und ob gerade dieses Erzeugnis als solches oder als Bestandteil eines anderen angeboten worden ist. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu klären. Das hat das Berufungsgericht getan. Sein Abstellen auf unstreitige Tatsachen liegt im Rahmen möglicher tatrichterlicher Würdigung.

c) Etwas anderes gilt auch nicht etwa deshalb, weil - ohne daß das Berufungsgericht Gegenteiliges festgestellt hätte - die Beklagten geltend gemacht haben, im Oktober 1996 zur Herstellung und/oder Lieferung des patentgemäßen Erzeugnisses weder in der Lage noch bereit gewesen zu sein. Allerdings hat in der Rechtsprechung zum früheren Recht wiederholt eine Rolle gespielt, ob der als Verletzer in Anspruch Genommene alsbaldige Herstellung und Lieferung durch einen hierauf eingerichteten Betrieb in Aussicht gestellt habe. Schon wenn dies der Fall war, hat der Bundesgerichtshof ein Feilhalten i.S. des (frühe-
ren) § 6 PatG 1968 als gegeben erachtet. Das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs - und/oder Lieferbereitschaft hat der Bundesgerichtshof entgegen der Meinung der Revision jedoch nicht zum unabdingbaren Erfordernis dieser Benutzungshandlung gemacht. Ein solches Erfordernis kann auch für den Tatbestand des Anbietens i.S. des § 9 PatG nicht anerkannt werden. Wie durch den Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommt, handelt es sich hierbei um eine eigenständige Benutzungshandlung, die neben den anderen dort genannten Handlungen dem Patentinhaber und den von ihm autorisierten Personen vorbehalten ist. Das Ausschließlichkeitsrecht soll insoweit - wie ausgeführt - auch im Vorfeld der Benutzungshandlungen "Herstellen" und "In-Verkehr-Bringen" greifen. Regelmäßig kann mithin weder ein Fehlen eines sich auf diese Benutzungshandlungen beziehenden Willens noch ein Mangel hinsichtlich insoweit gegebener Möglichkeiten die Feststellung ausschließen, daß ein Anbieten eines Erzeugnisses vorliegt, das von der patentgemäßen Lehre Gebrauch macht. Ob ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, wenn bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise kein Zweifel bestehen kann, daß die Herstellung und/oder Lieferung des patentgemäßen Erzeugnisses nicht in Betracht kommt, bedarf nicht der Entscheidung. Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall nicht zu beurteilen, weil die im Prospekt gemäß Anlage K 7 abgebildeten Videosysteme einschließlich des Endoskopadapters in der Vergangenheit bereits hergestellt und u.a. von der Beklagten zu 1 vertrieben worden sind.

d) Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, daß der Prospekt gemäß Anlage K 7 in Wirklichkeit gar nicht eine Kupplung mit all den nach Anspruch 1 des Klagepatents erforderlichen Merkmalen betreffe. Hiermit können die Beklagten im Revisionsrechtszug nicht gehört werden, weil im Tatbestand des angefochtenen Berufungsurteils als zwischen den Parteien unstreitig festgestellt ist, daß die in dem Prospekt gemäß Anlage K 7 abgebildeten Kamera-
köpfe mit Kupplungsstück von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents Gebrauch machten. Diese Feststellung bindet den Senat (§ 559 Abs. 1 ZPO, vgl. BGH, Beschl. v. 26.3.1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1931 zu § 561 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung), weil der Tatbestand eines Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert (§ 314 ZPO). Da dieser Beweis im Streitfall nicht durch das Sitzungsprotokoll entkräftet ist, hätte diese Bindungswirkung nur aufgrund eines innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist angebrachten Berichtigungsantrags gemäß § 320 ZPO entfallen können (vgl. BGH aaO), der hier jedoch nicht gestellt worden ist.
4. Das Berufungsgericht hat - mit Blick auf die Verurteilung zu Unterlassung und Auskunft/Rechnungslegung - aus dem zweimaligen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung geschlossen, daß Verletzungshandlungen in der geschehenen Form auch in Zukunft drohten. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Eine Schutzrechtsverletzung begründet die auf Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Gefahr der Wiederholung der geschehenen rechtswidrigen Handlung (BGHZ 117, 264, 272 - Nicola; Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 139 Rdn. 46 m.w.N.). Das trifft gleichermaßen im Falle der Verletzung einer Unterlassungsverpflichtung zu, die wegen eines fremden Schutzrechts vertraglich übernommen worden ist. Die Vermutung greift erst dann nicht oder ist erst dann widerlegt, wenn unstreitig oder vom Verletzer dargelegt und im Bestreitensfall bewiesen ist, daß Umstände gegeben sind, welche die zuverlässige Prognose zulassen, daß jede Wahrscheinlichkeit für die Wiederholung fehlt oder beseitigt ist (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren , 8. Aufl., 7. Kap. Rdn. 11 m.w.N.). Auf solche Umstände, die eine Wiederholung ausgeschlossen erscheinen lassen, verweist die Revision nicht.

5. Die Feststellung des Berufungsgerichts zu den weiteren Vorausset- zungen der zugesprochenen Ansprüche werden von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
6. Soweit das Oberlandesgericht seine Kostenentscheidung in Anbetracht der ihm gegenüber erklärten teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO getroffen hat, ist das Rechtsmittel der Revision nicht eröffnet (§§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO; vgl. BGHZ 113, 362 zum bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Zivilprozeßrecht).
7. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf
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3. Für eine mögliche Kennzeichenverletzung haftet neben der Beklagten zu 1 auch der Beklagte zu 2 als deren Geschäftsführer, wenn er Kenntnis von den Kennzeichenverletzungen hatte und sie nicht verhindert hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. - Sporthosen ; Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Rn. 47 = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder; BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 70 - TÜV II). Dies gilt auch im Hinblick auf die Unterlassungspflicht nach dem Klageantrag zu 1 a bezogen auf die konkrete Verletzungsform. Auch wenn der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer die Firmierung nicht selbst ändern kann, trifft ihn - unterstellt es liegt eine Kennzeichenverletzung vor - die Pflicht, die rechtsverletzende Benutzung der beanstandeten Bezeichnung zu unterlassen. Soweit dies erforderlich ist, hat er auf eine Änderung der Firmierung durch Änderung des Gesellschaftsvertrags hinzuwirken (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 53 Abs. 1 GmbHG).

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 13. November 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Gasversorgungsunternehmen, das Verbraucher mit Erdgas beliefert. Der Beklagte zu 2 ist alleiniger Geschäftsführer der im Ausgangsverfahren ebenfalls beklagten R. GmbH (im Folgenden Beklagte zu 1). Diese vertrieb im Jahr 2009 im Auftrag der e.   GmbH, eines Wettbewerbers der Klägerin, Gaslieferverträge und beauftragte hierzu selbständige Handelsvertreter, die den Vertrieb ihrerseits durch eigene Mitarbeiter oder Dritte im Wege der Haustürwerbung durchführten.

2

Die Klägerin hat behauptet, die bei der Haustürwerbung eingesetzten Werber hätten versucht, Verbraucher mit unzutreffenden und irreführenden Angaben zur Kündigung ihrer Gaslieferverträge mit der Klägerin und zum Abschluss neuer Verträge mit der e.   GmbH zu bewegen. Sie meint, neben der Beklagten zu 1 hafte auch der Beklagte zu 2 persönlich, da er von den Verstößen Kenntnis gehabt und seinen Betrieb jedenfalls nicht so organisiert habe, dass er die Einhaltung von Rechtsvorschriften habe sicherstellen können.

3

Das Landgericht hat die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Gaslieferverträgen gegenüber Verbrauchern zu behaupten,

1. ihre Mitarbeiter (i) kämen im Auftrag der Klägerin und/oder (ii) es bestehe sonst eine rechtliche oder geschäftliche Verbindung zwischen der e.   GmbH und der Klägerin und/oder (iii) die Klägerin und die V.     AG würden zusammengelegt;

2. im Zusammenhang mit einer Behauptung nach Nr. 1 zu behaupten, für den Wechsel von G.  -Kunden zur e.   GmbH gebe es Gutschriften oder Preisreduzierungen;

3. im Zusammenhang mit dem Wechsel von Kunden der Klägerin zur e.   GmbH den Eindruck zu erwecken, es handele sich nicht um einen Lieferantenwechsel.

4

Außerdem hat das Landgericht die Beklagten zur Auskunft verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.

5

Auf die allein vom Beklagten zu 2 eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht die gegen diesen gerichtete Klage abgewiesen (KG, GRUR-RR 2013, 172 = WRP 2013, 354).

6

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiterhin die Verurteilung des Beklagten zu 2. Dieser beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden gegen den Beklagten zu 2 weder ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 5 Abs. 1 und 2 UWG noch die darauf bezogenen Folgeansprüche zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

8

Der Beklagte zu 2 hafte unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr weder als Störer noch als Täter. Die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, wann und auf welche Weise er Kenntnis von ihren Vorwürfen erlangt habe. Eine Haftung ergebe sich auch nicht wegen eines pflichtwidrigen Unterlassens. Eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht, durch geeignete Maßnahmen falsche oder irreführende Darstellungen der eingesetzten Werber zu unterbinden, treffe zwar die Beklagte zu 1 als Unternehmensträgerin, nicht aber den Beklagten zu 2 als deren Geschäftsführer. Dieser sei grundsätzlich nur der Gesellschaft und nicht Dritten gegenüber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhalte. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, aus denen sich eine persönliche wettbewerbsrechtliche Haftung ergeben könne, da der Beklagte zu 2 nicht zu erkennen gegeben habe, gegenüber den Mitbewerbern seiner Auftraggeber persönlich die Verantwortung für ein wettbewerbskonformes Verhalten übernehmen zu wollen. Ebenso wenig hafte er wegen eines Organisationsverschuldens. Die Haftung für Organisationsmängel treffe primär die Gesellschaft. Soweit daneben eine Eigenhaftung des Geschäftsführers überhaupt in Betracht komme, lägen jedenfalls im Streitfall keine derart gewichtigen Umstände und Rechtsverletzungen vor, die eine persönliche Erfolgsabwendungspflicht des Beklagten zu 2 begründen könnten. Die Auslagerung des Direktvertriebs auf selbständige Dritte, die provisionsabhängig Haustürwerbung betrieben, begründe ebenfalls keine erhöhte Gefahr für die Begehung von Wettbewerbsverstößen.

9

Auch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr bestehe kein Unterlassungsanspruch, da keine Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten des Beklagten zu 2 vorlägen, nachdem die durch ihn vertretene Beklagte zu 1 die Unlauterkeit der angegriffenen Behauptungen nicht in Abrede gestellt und ihre Unterlassungsverpflichtung durch Verzicht auf Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil anerkannt habe.

10

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2 für Wettbewerbsverstöße der von ihm vertretenen Gesellschaft zu Recht verneint.

11

1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten zu 2 als Störer im Zusammenhang mit den Wettbewerbsverstößen der Beklagten zu 1 nicht in Betracht kommt. Als Störer kann nach der Rechtsprechung des Senats bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. August 2013 - I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 30 = WRP 2013, 1348 - File-Hosting-Dienst, mwN). Für Fälle des sogenannten Verhaltensunrechts, um die es bei Wettbewerbsverstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht, kann die Passivlegitimation nach der neueren Senatsrechtsprechung dagegen allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 48 = WRP 2011, 223 - Kinderhochstühle im Internet I; Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 49 = WRP 2013, 491 - Solarinitiative).

12

2. Auch soweit das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten zu 2 als Täter für die mit den Klageanträgen zu I 1 bis 3 beanstandeten Wettbewerbsverstöße verneint hat, hält das Berufungsurteil rechtlicher Nachprüfung stand.

13

a) Die Frage, ob sich jemand als Täter (oder Teilnehmer) in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten - hier an den falschen oder irreführenden Darstellungen der im Auftrag der Beklagten zu 1 handelnden Werber - beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 30 - Kinderhochstühle im Internet I; BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 - I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 24 = WRP 2011, 1469 - Automobil-Onlinebörse). Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB).

14

b) Der Geschäftsführer haftet für einen Wettbewerbsverstoß der von ihm vertretenen Gesellschaft, wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1963 - Ib ZR 15/62, GRUR 1964, 88, 89 - Verona-Gerät; Urteil vom 23. Mai 1985 - I ZR 18/83, GRUR 1985, 1063, 1064 = WRP 1985, 694 - Landesinnungsmeister). Im Streitfall steht ein solches Verhalten des Beklagten zu 2 nicht in Rede.

15

c) Nach der bisherigen Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer darüber hinaus allerdings auch dann für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. September 1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen; Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1064 = WRP 2005, 1501 - Telefonische Gewinnauskunft). Diese Rechtsprechung, in der nicht daran angeknüpft wird, dass der gesetzliche Vertreter der juristischen Person das wettbewerbswidrige Verhalten selbst veranlasst hat, hat ihre ursprüngliche Grundlage in der Störerhaftung (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen; BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 14 f. und 18 = WRP 2009, 1139 - Cybersky). Nach Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht kann an der bisherigen Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden.

16

aa) Ein Unterlassen kann positivem Tun nur gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Erforderlich ist eine Garantenstellung des Täters, die ihn verpflichtet, den deliktischen Erfolg abzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 303; Urteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 18). Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdenden Tun (Ingerenz), Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 - I ZR 67/98, GRUR 2001, 82, 83 = WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I; Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 58; vgl. auch Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 2.16; Hühner, GRUR-Prax 2013, 459, 460 f.). Sie muss gegenüber dem außenstehenden Dritten bestehen, der aus der Verletzung der Pflicht zur Erfolgsabwendung Ansprüche herleitet (vgl. BGHZ 109, 297, 303; 194, 26 Rn. 20).

17

bb) Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Es kann deshalb dahinstehen, ob entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts anzunehmen ist, dass der Beklagte zu 2 Kenntnis jedenfalls von einem Teil der beanstandeten Werbebehauptungen hatte, wofür insbesondere das von der Beklagten zu 1 für die Haustürwerber bereitgestellte Formular "Missverständnisse vermeiden" sprechen könnte.

18

d) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer nicht in Betracht.

19

aa) Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liegt es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Dementsprechend hat der Senat ohne weiteres eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 1, 32 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg), für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 5, 70 = WRP 2011, 1454 - TÜV II) und für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmers (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 2, 36 = WRP 2012, 1392 - Pelikan) bejaht.

20

bb) Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig auch keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, eine (weitere) Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

21

(1) Der Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 51 - Solarinitiative). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von Internethandelsplattformen für rechtsverletzende fremde Inhalte konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht als Prüfpflicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2007 - I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 22, 36 - Jugend-gefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 13 - Sommer unseres Lebens). Die Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten ist aber nicht auf die Verletzung von Prüfpflichten beschränkt (vgl. auch Bergmann/Goldmann in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 8 Rn. 81). Wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten können sich ebenso als Überwachungs- und Eingreifpflichten konkretisieren (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG aaO § 8 Rn. 2.10).

22

Solche Verkehrspflichten können auch das Organ einer Gesellschaft treffen. Sie stellen sich als Garantenpflicht aus vorangegangenem gefahrbegründenden Verhalten dar (vgl. BGH, GRUR 2001, 82, 83 - Neu in Bielefeld I; Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 21 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion). Verstößt das Organ einer juristischen Person, das in seiner beruflichen Tätigkeit nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Unternehmer im Sinne des Lauterkeitsrechts behandelt wird, gegenüber Verbrauchern gegen eine wettbewerbliche Verkehrspflicht, so entspricht sein Handeln nicht den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt (§ 3 Abs. 2 UWG). Im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern handelt das Organmitglied unlauter gemäß § 3 Abs. 1 UWG (vgl. Bergmann/Goldmann in Harte/Henning aaO § 8 Rn. 83 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 2.8).

23

(2) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen aber keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern (aA Bergmann/Goldmann in Harte/Henning aaO § 8 Rn. 118). Die nach § 43 Abs. 1 GmbHG und § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Geschäftsführer einer GmbH und den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfasst zwar auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Rechtsverletzungen - wie etwa Wettbewerbsverstöße - unterbleiben. Diese Pflicht besteht aber grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft und nicht auch im Verhältnis zu außenstehenden Dritten (vgl. BGHZ 109, 297, 303; BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 375; BGHZ 194, 26 Rn. 22 f.). Es kann zudem nicht außer Betracht bleiben, dass dem Geschäftsführer im Fall einer generellen Haftung für Wettbewerbsverstöße ein kaum kalkulierbares Risiko auferlegt würde (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen).

24

(3) Eine Erfolgsabwendungspflicht des Geschäftsführers kann sich zwar in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Umstände ergeben (BGHZ 109, 297, 303; 125, 366, 375; 194, 26 Rn. 24; BGH, Urteil vom 28. April 2008 - II ZR 264/06, BGHZ 176, 204 Rn. 38; MünchKomm.GmbHG/Fleischer, § 43 Rn. 339, 350; Haas/Ziemons in Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 343 ff.; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 77 f.). Die Revision meint dazu, der Beklagte zu 2 hafte aufgrund einer Verkehrspflichtverletzung, weil er in seiner Rolle als organschaftlicher Vertreter der Beklagten zu 1 durch eine unzureichende Betriebsorganisation eine gesteigerte Gefahr für die Begehung massenhafter, systematischer sowie grober Wettbewerbsverstöße geschaffen oder diese jedenfalls begünstigt habe.

25

Die Revision macht damit aber allein Umstände geltend, die die Pflicht des Beklagten zu 2 betreffen, den von ihm vertretenen Betrieb in einer Weise zu organisieren, die es ihm ermöglicht, die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs sicherzustellen. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Der Beklagte zu 2 haftet Dritten - wie dargelegt (Rn. 23) - nicht schon allein aufgrund seiner der Gesellschaft gegenüber bestehenden Verpflichtung, ein rechtmäßiges Verhalten der Gesellschaft sicherzustellen.

26

(4) Die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht im Zusammenhang mit der Organisation der von ihm vertretenen Gesellschaft ist allerdings zu erwägen, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entzieht, überhaupt Kenntnis von etwaigen Wettbewerbsverstößen in seinem Unternehmen oder von ihm beauftragter Drittunternehmen zu nehmen und dementsprechend Einfluss zu ihrer Verhinderung ausüben zu können. In der Rechtsprechung ist dies angenommen worden, wenn ein Geschäftsführer sich dauerhaft im Ausland aufhält (vgl. OLG Nürnberg, GRUR 1983, 595; OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 240, 243; GRUR-RR 2006, 182, 183). So liegt der Fall hier indes nicht. Dass die in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße räumlich entfernt vom Geschäftssitz der Beklagten zu 1, an dem der Beklagte zu 2 seine Geschäftsführertätigkeit ausübt, begangen wurden, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Revision nicht die Annahme, dieser habe bewusst davon abgesehen, sich die Möglichkeit vorzubehalten, die im Außendienst tätigen Werber zu kontrollieren und Einfluss auf sie auszuüben.

27

(5) Anders als die Revision meint, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beklage zu 2 sich durch die Auslagerung der Haustürwerbung auf Dritte bewusst der Möglichkeit begeben hat, durch direkte arbeitsrechtliche Weisungen und enge Kontrollen Wettbewerbsverstöße der Werber von vornherein zu unterbinden oder unverzüglich abzustellen.

28

Die gegenteilige Ansicht der Revision hätte zur Folge, dass mit jeder Beauftragung eines Subunternehmers die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verbunden wäre, für die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften durch die Mitarbeiter der Subunternehmer zu sorgen. Das kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unternehmensentscheidung ist, die nicht per se als Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße angesehen werden kann. Dass der Beklagte zu 2 Unternehmen mit der Durchführung der Vertriebstätigkeit beauftragt hat, bei denen er von vornherein mit Wettbewerbsverstößen hätte rechnen müssen, ist weder festgestellt noch vorgetragen worden.

29

(6) Auch die Aufnahme der Direktvertriebstätigkeit für die e.   GmbH als solche begründet keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht des Beklagten zu 2. Die im Auftrag der Beklagten zu 1 betriebene Haustürwerbung war grundsätzlich zulässig. Anders als für die Prüfung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht der Beklagten zu 1 ist es für die Frage, ob der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer persönlich haftet, dann unerheblich, ob Haustürwerbung allgemein oder jedenfalls - wie die Revision behauptet - im Zusammenhang mit der Vermittlung von Gaslieferverträgen eine für Wettbewerbsverstöße besonders anfällige Vertriebsform ist. Eine zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers führende Gefahrenlage ist in der Aufnahme oder Ausübung einer legalen Geschäftstätigkeit als solcher nicht zu sehen. Denn bei der Frage, ob wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten des Geschäftsführers in Betracht kommen, sind die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätze, die vorstehend dargestellt sind, zu berücksichtigen (oben Rn. 23 f.). Wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten des Organs einer Gesellschaft können daher nicht in einem weiten, die Haftungsschranken des Gesellschaftsrechts durchbrechenden Umfang, sondern nur bei Hinzutreten besonderer Umstände angenommen werden, die über die allgemeine Verantwortlichkeit für die Betriebsorganisation hinausgehen (vgl. Götting, GRUR 1994, 6, 12; Keller, GmbHR 2005, 1235, 1241 f.; Messer in Festschrift Ullmann, 2006, S. 769, 778 f.).

30

(7) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, rechtfertigt auch die weitgehend erfolgsabhängige Bezahlung der Werber keine abweichende Beurteilung. Dabei handelt es sich um ein übliches und verbreitetes Mittel zur Motivation von Vertriebsmitarbeitern. Es ist weder für sich allein noch in Kombination mit anderen zulässigen Instrumenten des Waren- und Dienstleistungsabsatzes geeignet, eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht des Geschäftsführers aufgrund vorangegangenen gefährdenden Tuns zu begründen.

31

(8) Allerdings haftet der Geschäftsführer persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky). Dafür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.

32

cc) Eine Garantenstellung und damit die Haftung eines Gesellschaftsorgans kann auch dadurch begründet werden, dass es über seine ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden Pflichten hinaus eine weitere Erfolgsabwendungspflicht Dritten gegenüber persönlich übernommen hat (vgl. BGHZ 194, 26 Rn. 26; Götting, GRUR 1994, 6, 12). Daran wird es indes bei Wettbewerbsverstößen regelmäßig fehlen, da die Parteien im Vorfeld eines Verstoßes vielfach nicht miteinander in Kontakt oder in einer Geschäftsbeziehung stehen, aus der heraus das Organ einer Gesellschaft ein besonderes, unter Umständen haftungsbegründendes Vertrauen erzeugen könnte. Das Berufungsgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler angenommen, der Beklagte zu 2 habe nicht zu erkennen gegeben, gegenüber der Klägerin persönlich die Verantwortung für den Schutz eines lauteren Wettbewerbs übernehmen zu wollen. Diese Beurteilung greift die Revision nicht an.

33

e) Eine Gehilfenhaftung des Beklagten zu 2 kommt ebenfalls nicht in Betracht. Er hat die beanstandeten unlauteren Wettbewerbshandlungen nicht durch positives Tun unterstützt. Eine Beihilfe durch Unterlassen scheidet schon deshalb aus, weil es jedenfalls an der dafür erforderlichen Rechtspflicht des Beklagten zu 2 zur Erfolgsabwendung fehlt (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 34 - Kinderhochstühle im Internet I).

34

f) Das Berufungsgericht hat zu Recht auch eine Haftung des Beklagten zu 2 unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr verneint.

35

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen (vgl. BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 8 - Cybersky, mwN). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es daran im Streitfall fehlt und der Beklagte zu 2 insbesondere auch durch sein Verhalten im Prozess keinen Anlass für die Annahme gegeben hat, er werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 44 - Stiftparfüm).

36

3. Da die Unterlassungsansprüche unbegründet sind, hat das Berufungsgericht auch die darauf bezogenen Folgeansprüche zu Recht abgewiesen.

37

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher     

        

Pokrant     

        

Richter am BGH Prof. Dr. Schaffert
ist in Urlaub und daher verhindert
zu unterschreiben.

                                   

Büscher

        

Kirchhoff     

        

Koch     

        

Die §§ 88, 89 Abs. 4, 90, 93 und 94 sind auf Bildfolgen und Bild- und Tonfolgen, die nicht als Filmwerke geschützt sind, entsprechend anzuwenden.

80
Die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 13 - Geschäftsführerhaftung, mwN). Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (BGH, BGHZ 201, 344 Rn. 17 - Geschäftsführerhaftung, mwN).

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

24
Eine Außenhaftung des Geschäftsführers einer GmbH oder des Mitglieds des Vorstands einer Aktiengesellschaft kommt nur in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Anspruchsgrundlagen in Betracht (vgl. MünchKommGmbHG/ Fleischer, aaO Rn. 339 f., 350 f.; Fleischer in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 308; Haas/Ziemons in Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 284 f.; Hopt in Hopt/Wiedemann, aaO § 93 Rn. 492; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO Rn. 188). So haften der Geschäftsführer bzw. das Vorstandsmitglied persönlich, wenn sie den Schaden selbst durch eine unerlaubte Handlung herbeigeführt haben (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 1974 - VI ZR 8/73, NJW 1974, 1371, 1372; vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 303 f.; vom 12. März 1996 - VI ZR 90/95, VersR 1996, 713, 714; BGH, Urteile vom 31. März 1971 - VIII ZR 256/69, BGHZ 56, 73, 77; vom 5. Dezember 2008 - V ZR 144/07, NJW 2009, 673 Rn. 12; MünchKommGmbHG/Fleischer, aaO Rn. 339, 347; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, aaO Rn. 202; KK-AktG/Mertens/Cahn, aaO Rn. 223).

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.

(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. Schließt die Gesellschaft eine Versicherung zur Absicherung eines Vorstandsmitglieds gegen Risiken aus dessen beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft ab, ist ein Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds vorzusehen.

(3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz

1.
Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden,
2.
den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden,
3.
eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden,
4.
Aktien vor der vollen Leistung des Ausgabebetrags ausgegeben werden,
5.
Gesellschaftsvermögen verteilt wird,
6.
(weggefallen)
7.
Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden,
8.
Kredit gewährt wird,
9.
bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden.

(4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.

(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert sind, in zehn Jahren, bei anderen Gesellschaften in fünf Jahren.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.