Landgericht Düsseldorf Urteil, 14. Juni 2016 - 4a O 284/10
Tenor
I. Die Beklagten werden verurteilt verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen
a) höhenverstellbare Hubstützen für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (A‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in einer Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) eine Stützachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘) versehen ist,
in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, anzubieten oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen sich die Umlenkstange (8, 8‘) entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite erstreckt und an der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) geführt ist;
(Anspruch 1 EP X )
b) höhenverstellbare Hubstützen, für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger, an dem die ein äußeres Rohr sowie zumindest ein inneres Rohr aufweisende Hubstütze als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre durch eine eine antreibbare Gewindespindel aufweisende Mitnahmevorrichtung verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung die Hubstütze aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung hin verlagerbar und dabei das innere Rohr mittels der Gewindespindel in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung mit zumindest einer am äußeren Rohr geführten und am Träger eine ortsfeste Stützachse aufweisenden Umlenkstange versehen ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die stangenförmige Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist;
(Anspruch 1, DE X )
2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1.a) bezeichneten Handlungen seit dem 19.06.2010 sowie die zu Ziffer I.1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 03.05.2008 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) Auftragsbestätigungen oder Rechnungen in Kopie vorzulegen haben,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, diesem gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, dem Kläger auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer der Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.
II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP X und des Klagegebrauchsmusters DE X erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte zu 1) unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rücknahme der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer I.1.a) bezeichneten, seit dem 19.06.2010 begangenen Handlungen sowie durch die zu Ziffer I.1.b) bezeichneten, seit dem 03.05.2008 begangenen Handlungen, entstanden ist oder noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.288,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.05.2010 zu zahlen.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Die Widerklage wird abgewiesen.
VII. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Beklagte zu 1) zu 2/3 und die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) zu jeweils 1/9.
VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 200.000,00.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger nimmt die Beklagten wegen behaupteter Patent- und Gebrauchsmusterverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sind, in Anspruch. Die Beklagte zu 1) nimmt er zusätzlich auf Rückruf patentverletzender Gegenstände und Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Die Beklagte zu 1) begehrt hilfsweise widerklagend die Übertragung des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters auf sie.
3Der Kläger ist der im Register des Deutschen- Patent- und Markenamts eingetragene Inhaber des deutschen Teils des Europäischen Patents EP X (nachfolgend: Klagepatent, vorgelegt als Anlage rop1). Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Klagepatent nimmt das Prioritätsdatum 26.10.2006 des Deutschen Gebrauchsmusters DE X (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) in Anspruch und wurde am 02.10.2007 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 19.05.2010 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht.
4Das Klagepatent steht in Kraft. In einem von der Beklagten zu 1) angestrengten Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt wurde das Klagepatent im Umfang eines Hilfsantrages beschränkt aufrecht erhalten (vgl. Anlage rop16). Nachdem der Kläger seine hiergegen eingelegte Beschwerde in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zurückgenommen hat (vgl. Anlage rop24), ist der Beschluss der Einspruchsabteilung rechtskräftig geworden.
5Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der von der Einspruchsabteilung beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt:
6„Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) eine Stützsachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘) versehen ist,
7dadurch gekennzeichnet, dass sich die Umlenkstange (8, 8‘) entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite erstreckt und an der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) geführt ist.“
8Für die von Anspruch 1 abhängigen Unteransprüche wird auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung in Anlage rop16 verwiesen.
9Im Folgenden werden zur Verdeutlichung der geschützten Lehre Fig. 1, 3 und 4 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die nach der Patentbeschreibung ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen:
10 11 12Daneben ist der Kläger Inhaber des bereits erwähnten Gebrauchsmusters DE X (Klagegebrauchsmuster, vorgelegt als Anlage rop6). Das Klagegebrauchsmuster wurde am 26.10.2006 angemeldet, am 28.02.2008 eingetragen und dessen Eintragung am 03.04.2008 im Patentblatt bekannt gemacht.
13Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft. Auf ein von der Beklagten zu 1) angestrengtes Löschungsverfahren wurde das Klagegebrauchsmuster von der Löschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts in einem beschränkten Umfang aufrecht erhalten (vgl. Anlage rop18). Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hielt das Bundespatentgericht das Klagegebrauchsmuster in einem anderen eingeschränkten Umfang aufrecht (vgl. Anlagen rop21 / rop22). In der vom Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung lautet Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wie folgt:
14„Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) einer ortsfeste Stützachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen ist,
15dadurch gekennzeichnet, dass die stangenförmige Umlenkstange (8, 8‘) an der Innenseite (9) des äußeren Rohres geführt ist.“
16Für die hiervon abhängigen Unteransprüche wird auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 10.06.2015 (Anlage rop22) verwiesen.
17Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) sind, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland eine Fußstütze „Vero-Light“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), die sie von dem Unternehmen AREX d.o.o. aus Slowenien bezieht. Diese Fußstütze ist wie aus den nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (aus Anlage rop9) ersichtlich gestaltet:
1819
Die angegriffene Ausführungsform verfügt über einen lang gestreckten Gegenstand, der innenseitig an der Stütze angeordnet ist und an dessen Ende sich die in der vorstehenden, rechten Abbildung zu sehende Kreuzschlitzschraube befindet. Dabei handelt es sich um eine (von den Beklagten so bezeichnete) Linearführung. Darüber hinaus verfügt die Stütze über eine außen angeordnete, in der vorstehenden Abbildung zu sehende, längliche Platte (von den Beklagten als „Umlenkplatte“ bezeichnet), die an einer Achse am Träger der angegriffenen Ausführungsform angebracht ist und mit der Linearführung über die Kreuzschlitzschraube verbunden ist.
20Wie sich auch aus dem in Anlage rop12 vorgelegten Katalog der Beklagten ergibt, wird die angegriffene Ausführungsform an ein Wohnmobil angebracht. Durch das Kurbeln an einer Sechskantschraube wird die angegriffene Ausführungsform zwischen einer horizontalen und einer vertikalen Stellung verschwenkt, wobei gleichzeitig das innere Rohr ausgefahren wird. Ist die vertikale Stellung der Stütze erreicht, führt die weitere Betätigung der Kurbel zum weiteren Ausfahren des inneren Rohrs samt daran angebrachten Standfußes. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend ein Auszug aus einem Werbeprospekt der Beklagten (Anlage rop12) eingeblendet:
21 22Der Kläger sandte an die Beklagte zu 1) ein patentanwaltliches Schreiben vom 09.07.2010 (Anlage B10) und machte hierin eine Patentverletzung geltend.
23Der Kläger trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache jeweils von Anspruch 1 der aufrecht erhaltenen Fassung des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters (nachfolgend zusammenfassend: Klageschutzrechte) wortsinngemäß Gebrauch.
24Der Kläger ist der Auffassung, die Klageschutzrechte verlangten als Umlenkstange nur eine körperliche Ausgestaltung eines mechanischen, stangenförmigen Elements, die geeignet ist, zur Kraftübertragung und Stabilisierung der höhenverstellbaren Hubstütze beizutragen. Diese könne schutzrechtsgemäß auch mehrteilig ausgestaltet sein. Da eine mehrteilige Umlenkstange innerhalb der Lehre der Klageschutzrechte liege, sei es auch zulässig, dass lediglich ein Teil der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist, während der andere Teile der Umlenkstange die Stützachse aufweist und beide Teil miteinander gelenkig verbunden sind.
25Auch das im Einspruchsverfahren des Klagepatents neu hinzugefügte Merkmal werde von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
26Entsprechendes gelte für den geltend gemachten Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der aufrecht erhaltenen Fassung.
27Der Kläger ist der Auffassung, das Schreiben vom 09.07.2010 sei eine Abmahnung, so dass die hierfür entstandenen Kosten erstattet werden müssten.
28Der Kläger bestreitet einen Erfindungsbesitz und entsprechende Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung seitens der AREX, die ursprünglich für ein Unternehmen des Klägers schutzrechtsgemäße Stützen produziert hat. Dies sei schon nicht hinreichend dargelegt. Auch eine widerrechtliche Entnahme durch den Kläger sei nicht dargelegt und unzutreffend. Das von der SMV AG, einem Unternehmen des Klägers, an die AREX gelieferte Muster einer Hubstütze habe eine innen liegende Umlenkstange aufgewiesen.
29Der Kläger beantragt,
30im Wesentlichen wie zuerkannt, hinsichtlich des Zahlungsantrages (Ziff. IV) jedoch in Höhe von EUR 3.652,00.
31Die Beklagten beantragen,
32die Klage abzuweisen;
33hilfsweise:
34den Beklagten nachzulassen, die vorläufige Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.
35Hilfsweise widerklagend, für den Fall, dass die Klage nicht abgewiesen wird, beantragt die Beklagte zu 1),
361. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, das Europäische Patent EP X auf die Wiederklägerin, die Beklagte zu 1), zu übertragen und in die Umschreibung des Patents in der Rolle beim Europäischen Patentamt einzuwilligen;
372. den Kläger und Wiederbeklagten zu verurteilen, das deutsche Gebrauchsmuster DE X U1 auf die Wiederklägerin, die Beklagte zu 1), zu übertragen und in die Umschreibung des Gebrauchsmusters in der Rolle beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.
38Hinsichtlich der Widerklage beantragt der Kläger,
39die Widerklage abzuweisen.
40Die Beklagten sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster jeweils weder wortsinngemäß noch auf äquivalente Weise. Die angegriffenen Ausführungsformen verfügten nicht über eine Umlenkstange im Sinne der Klageschutzrechte. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei nur einerseits eine reine Linearführung und andererseits eine außen angeordnete Platte („Umlenkplatte“) vorhanden, wobei letztere zwar die Umlenkung bewirke, aber nicht als Stange ausgebildet sei.
41Die Fig. 5 – 7 des Klagepatents zeigten den Stand der Technik und könnten damit die Zulässigkeit einer mehrteiligen Stange nicht begründen, da hierin eben keine schutzrechtsgemäße Umlenkstange gezeigt sei.
42Daneben sei bei den angegriffenen Ausführungsformen auch keine innenseitige Führung gemäß den Klageschutzrechten vorhanden. Insofern verlangten die Klageschutzrechte eine Anordnung der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohrs. Selbst wenn man bei der angegriffenen Ausführungsform eine schutzrechtsgemäße Umlenkstange sehen würde, wäre diese an der Außenseite des äußeren Teleskoprohres angeordnet und geführt. Schutzrechtsgemäß müsse die gesamte Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohrs geführt werden.
43Ferner hätten bei einer schutzrechtsgemäßen Ausführungsform wie nach Fig. 3 des Klagepatents Umlenkstange und Hubstütze mit äußerem Rohr jeweils unterschiedliche Rotationsachsen. Daher könne die Umlenkstange keine Führung an der Innenseite des äußeren Rohres haben. Insofern könne der Anspruchswortlaut „an der Innenseite geführt“ keinen Hinweis auf eine tatsächliche Führung sein, da es bei der beschriebenen Konstruktion keine solche Führung geben könne. Gefordert werde von den Klageschutzrechten daher mit diesem Merkmal, dass die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres angeordnet ist.
44Die angegriffene Ausführungsform erfülle das Merkmal des Klagepatents nicht, wonach sich die Umlenkstange „entlang der Innenseite des äußeren Rohres an der der Gewindespindel zugewandten Seite erstreckt“. Die Umlenkplatte erstrecke sich auf der Außenseite des äußeren Rohres, alleine die (Linear-) Führung erfolge auf der Innenseite. Erfindungswesentlich sei das Vermeiden von Schlitzen durch dieses Merkmal, wodurch Verschmutzungen verhindert werden könnten. Diese werde bei der angegriffenen Ausführungsform nicht erreicht.
45Das Klagegebrauchsmuster wiederum hebe sich vom Stand der Technik durch das Merkmal ab, dass die Umlenkstange „stangenförmig“ sein müsse. Bei der angegriffenen Ausführungsform existiere keine „stangenförmige Umlenkstange“, sondern nur die Umlenkplatte.
46Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform liege zudem Erschöpfung vor. Die Lieferantin der Beklagten, das Unternehmen AREX, sei aufgrund eines Vorbenutzungsrechts berechtigt, klageschutzrechtsgemäße Hubstützen herzustellen und zu vertreiben. Die Erfindung (Gegenstand der Klageschutzrechte) stamme von einem Mitarbeiter der AREX und sei dem Kläger bereits unter dem 09.06.2006 angeboten worden (also 4 Monate vor dessen Prioritätstag). Der Kläger habe dann ohne Berechtigung die Klageschutzrechte angemeldet.
47Wenn der Klage stattgegeben werde, seien die Klageschutzrechte aufgrund der Übertragung der Rechte aus der Erfindung durch AREX bzw. deren behaupteten Erfinder auf die Beklagte zu 1) von der Klägerin an die Beklagte zu 1) zu übertragen.
48Es liege keine Abmahnung vor, da es an einer unbedingten Drohung mit einer Klageerhebung gefehlt habe. Angemessen sei zudem nur eine Gebühr von 1,3.
49Die Klage ist den Beklagten jeweils am 03.05.2010 zugestellt worden.
50Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2012 (Bl. 91 f. GA) und vom 12.05.2016 (Bl. 188 f. GA) Bezug genommen.
51E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
52Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139, 140a, 140b PatG, §§ 24, 24a, 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu, allerdings ist der Zahlungsantrag hinsichtlich der Abmahnkosten nicht in voller Höhe begründet (hierzu unter E.). Die angegriffenen Ausführungsformen machen wortsinngemäß von den geltenden gemachten Ansprüchen des Klagepatents (hierzu unter A.) und des Klagegebrauchsmusters (hierzu unter B.) Gebrauch. Die gegen die Ansprüche des Klägers erhobenen Einwände greifen nicht durch (hierzu unter C.) Die zulässige Widerklage ist dagegen unbegründet (hierzu unter D.).
53A.
54Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen Anspruch 1 des Klagepatents in der geltend gemachten Fassung wortsinngemäß.
55I.
561.
57Das Klagepatent (nachfolgend nach Abs. als „KP“ in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung, d.h. der B2-Schrift, zitiert) betrifft eine höhenverstellbare Hubstütze für Wohnmobile.
58In seiner einleitenden Beschreibung (Abs. [0002] KP) führt das Klagepatent aus, dass bekannte höhenverstellbare Hubstützen einen am Fahrzeugrahmen festlegbaren Träger aufweisen, an dem ein äußeres Rohr der mit zumindest einem weiteren Innenrohr als teleskopierbare Gruppe ausgebildeten Hubstütze schwenkbar gehalten ist. Zur Schwenkverlagerung dieser Hubstütze sind deren teleskopierbare Rohre durch eine mit einer antreibbaren Gewindespindel zusammenwirkenden Mitnahmevorrichtung verbunden. Als Beispiel hierfür nennt das Klagepatent die US X (vorgelegt in Anlage rop2), deren Fig. 1 nachfolgend verkleinert eingeblendet wird:
59 60Gemäß der vom Klagepatent ebenfalls erörterten EP X (vorgelegt in Anlage rop3) ist eine derartige Hubstütze dadurch vereinfacht, dass der Mitnehmer nur noch mit einem einzigen Stegteil einen in Achsrichtung der Stütze verlaufenden Schlitz durchgreift und in einer preisgünstigen Ausführung mit dem inneren Rohr zusammenwirkt. Die Fig. 3 aus der EP X wird nachfolgend zur Veranschaulichung verkleinert eingeblendet:
61 62Das Klagepatent erwähnt ferner die US-Anmeldung US X (vorgelegt als Anlage rop4), aus der eine gattungsgemäße Hubstütze bekannt ist (Abs. [0003] KP). Deren Fig. 9 und 10 werden nachfolgend verkleinert eingeblendet:
63 64Das Klagepatent führt aus, dass die Umlenkstange durch eine Klammer außenseitig am Außenrohr geführt ist, wobei das untere Ende mit einem Vorsprung an der Bodenplatte zusammenwirkt (Abs. [0004] KP).
65Vor diesem Hintergrund nennt es das Klagepatent als seine Aufgabe (technisches Problem), eine höhenverstellbare Hubstütze zu schaffen, die mit geringem technischen Aufwand eine Mitnahmeverbindung der beiden Rohrteile ermöglicht und mit einfacheren Bauteilen kostengünstig herstellbar ist.
662.
67Zur Lösung schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung nach Maßgabe von Anspruch 1 vor, der sich in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt gliedern lässt:
681 Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile.
692 Die Hubstütze (1, 1‘)
702.a weist einen am Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2) auf;
712.b weist ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) auf; und
722.c ist als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert.
733 Die beiden Rohre (3, 4) sind durch eine Mitnahmevorrichtung (6) derart verbunden, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im Wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im Wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar ist.
744 Das innere Rohr (4, 4‘) ist bei dieser Verlagerung mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar.
755 Die Mitnahmevorrichtung (6)
765.a weist eine antreibbare Gewindespindel (5) auf; und
775.b ist mit zumindest einer Umlenkstange (8, 8‘) versehen.
786 Die Umlenkstange (8, 8‘)
796.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt;
806.b weist am Träger (2) eine Stützsachse (7) auf; und
816.c erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.
823.
83Das Klagepatent betrifft eine höhenverstellbare Hubstütze, die am Fahrzeugrahmen (etwa eines Wohnmobils) an einem Träger gehalten wird. Die Hubstütze ist zwischen einer horizontalen Ruhestellung und einer vertikalen Stützstellung verschwenkbar. Zur Höhenverstellung weist die Hubstütze ein inneres Rohr auf, das aus einem äußeren Rohr heraus teleskopierbar ist. Eine Mitnahmevorrichtung ermöglicht über eine Gewindespindel die Teleskopierbarkeit des inneren Rohres. Ferner weist die Mitnahmevorrichtung der anspruchsgemäßen Hubstütze erfindungsgemäß eine Umlenkstange auf. Diese ist am äußeren Rohr der Hubstütze geführt, während ihr anderes Ende am Träger (des Wohnmobils) eine Stützachse aufweist. Die genaueren Anforderungen des Klagepatents an die Umlenkstange sind zwischen den Parteien streitig (siehe sogleich). Beim Einfahren des inneren Rohres trägt die Umlenkstange zur Verschwenkung der Hubstütze bei und setzt dabei eine vertikale Bewegung in eine Schwenkbewegung um (vgl. die Ausführungen der Einspruchsabteilung auf S. 5 Anlage rop16).
844.
85Zu Recht ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale 1 bis 5.a (Merkmale 1 – 7 nach der Gliederung der Parteien) nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
865.
87Darüber hinaus macht die angegriffene Ausführungsform auch von den weiteren Merkmalen (5.b bis 6.c) wortsinngemäß Gebrauch.
88a)
89Soweit die Beklagten das Vorhandensein einer „Umlenkstange“ gemäß Merkmal 5.b und der Merkmalsgruppe 6 in Abrede stellen, greift dies nicht durch.
90aa)
91Das Klagepatent erfordert eine Mitnahmevorrichtung (Merkmalsgruppe 5), welche mit einer Umlenkstange versehen ist (Merkmal 5.b). Diese wird hinsichtlich ihrer Anordnung und Abstützung in Merkmalsgruppe 6 näher definiert. Die Umlenkstange muss eine Geometrie aufweisen, die im weitesten Sinne als Stange angesehen werden kann, wobei auch mehrteilige, insgesamt längliche Bauteile eine Umlenkstange darstellen können.
92(1)
93Die Umlenkstange soll nach der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Abs. [0007] KP) für eine „optimale Mitnahmeverbindung sowohl für die am Tragteil schwenkbare Hubstütze als auch [für] das aus dem Außenrohr telekopierbare Innenrohr“ sorgen. Weiter hat die Umlenkstange den Vorteil, dass sie „mit geringem Raumbedarf in die Bauteile der Hubstütze integrierbar [ist], so daß eine vor Verschmutzungen geschützte Konstruktion erreicht ist“ (Abs. [0007] a.E. KP). Die patentgemäße Umlenkstange muss Kräfte übertragen und die Umlenkungsbewegung der Hubstütze stützen. Dies ist auch die Ansicht der Einspruchsabteilung, S. 6 Ziff. 4.5 Anlage rop16. Da hier eine neue, abgeänderte Patentschrift (die B2-Schrift) veröffentlicht wurde, treten die Ausführungen der Einspruchsabteilung zwar nicht an die Stelle der geänderten Beschreibungsstellen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. A.78). Deren Ausführungen sind gleichwohl als fachkundige Äußerungen zum Verständnis der anspruchsgemäßen Lehre zu berücksichtigen (Kühnen, a.a.O., Rn. A.75 m.w.N.).
94(2)
95Genauere Vorgaben hinsichtlich der Gestaltung der Umlenkstange enthält der Patentanspruch 1 nicht. Somit ist es insbesondere nicht erforderlich, dass die Umlenkstange, wie die Beklagten meinen, ein gerades Bauelement zur Kraftübertragung ist, das einen runden Querschnitt und eine gewisse Steifigkeit aufweist. Es genügt vielmehr jeder funktional als Stange wirkender Gegenstand, der eine eher längliche Form aufweist und Kräfte übertragen kann.
96(3)
97Es ist weiterhin in das Belieben des Fachmanns gestellt, ob die Umlenkstange ein- oder mehrteilig ist. Aus dem Anspruchswortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass nur eine einstückige oder einteilige Umlenkstange der Lehre des Klagepatents entspricht. Insofern sind keine Vorgaben ersichtlich. Auch funktional ergeben sich aus dem Klagepatent keine Gründe, die der mehrteiligen Ausgestaltung der Umlenkstange entgegenstehen. Als Indiz für die Zulässigkeit einer mehrteiligen Umlenkstange kann entnommen werden, dass das Klagepatent in Abs. [0007] KP im Rahmen der allgemeinen Patentbeschreibung den Begriff „Baugruppe“ als Synonym für die Umlenkstange verwendet. Eine Baugruppe kann regelmäßig mehr als nur ein Bauteil umfassen.
98Diesem Auslegungsergebnis widerspricht es nicht, dass der Unteranspruch 4 im Zuge des Einspruchsverfahrens gestrichen wurde. Nach diesem Unteranspruch sollte eine erfindungsgemäße Hubstütze dadurch weiter gekennzeichnet sein, „dass die Umlenkstange (8‘‘) mehrteilig ausgebildet ist und zumindest zwei gelenkig verbundene Stangenteile (12, 13) aufweist“. Zwar gehört die ursprünglich erteilte Fassung der Patentschrift zum Interpretations- und Auslegungsmaterial im Sinne von Art. 69 EPÜ. Demzufolge sind nicht nur die früheren Patentansprüche, sondern ergänzend auch die frühere Beschreibung für die Bestimmung des Schutzbereichs heranzuziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.07.2014 – I-15 U 29/14 – Rn. 96 bei Juris). Jedoch kann aus der Streichung des ursprünglichen Unteranspruchs 4 vorliegend nicht hergeleitet werden, dass mehrteilige Umlenkstangen nach der beschränkten Aufrechterhaltung nunmehr außerhalb der geschützten Lehre stehen. Der Fachmann erkennt, dass das in Abs. [0012] f. KP und Fig. 5 – 7 genannte Ausführungsbeispiel deshalb nicht patentgemäß ist, da hier keine Führung der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres vorhanden ist. Hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass auch die Mehrteiligkeit der Umlenkstange außerhalb der patentgemäßen Lehre ist. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass auch eine mehrteilige Umlenkstange grundsätzlich geeignet ist, die patentgemäßen Funktionen zu erfüllen.
99Dies bestätigt das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (S. 7 Anlage rop16), die als fachkundige Äußerung zu werten ist. Hieraus ergibt sich, dass Unteranspruch 4 gestrichen werden musste, da die Einspruchsabteilung insoweit Bedenken hinsichtlich Art. 123 EPÜ (unzulässige Änderung) hatte. Eine mehrteilige Umlenkstange sei ursprünglich nur offenbart gewesen in Zusammenhang mit einer Ausführungsform, bei der die Umlenkstange an der Außenseite des äußeren Rohres geführt ist. Mit anderen Worten war Grund für die Streichung nicht, dass durch die Beschränkung mehrteilige Umlenkstangen nun außerhalb des Anspruchs liegen.
100bb)
101Damit sind die Merkmale 5.b und 6.b in der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Diese besteht hier aus der Kombination der sog. Umlenkplatte, die über eine Kreuzschlitzschraube mit einem länglichen Teil (Linearführung) verbunden ist. Diese Bauteile insgesamt ergeben auch eine stangenmäßige Form. Diese Baugruppe ist schließlich zur Kraftübertragung geeignet.
102Hieraus ergibt sich zudem die Verwirklichung von Merkmal 6.b. Wie auch die Beklagten nicht in Abrede stellen, weist die „Umlenkplatte“ eine Stützachse am Träger der angegriffenen Ausführungsform auf.
103b)
104Die Merkmale 6.a und 6.c,
105„Die Umlenkstange (8, 8‘)
1066.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt; (…)
1076.c erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.“,
108werden von der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls verwirklicht.
109aa)
110Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 muss die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt sein und sich dort entlang der Innenseite an der Seite erstrecken, die der Gewindespindel zugewandt ist.
111(1)
112Der Begriff „geführt“ nach Merkmal 6.a bedeutet bereits nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nicht, dass die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres angeordnet sein muss. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist vielmehr eine entsprechende Führung auf der Innenseite des äußeren Rohres.
113Die Beklagten argumentieren im Schriftsatz vom 18.04.2016 (Bl. 164 – 169 GA), dass „an der Innenseite geführt“ keinen Hinweis auf eine tatsächliche Führung geben könne, da es eine solche Führung bei der Konstruktion nach dem Ausführungsbeispiel im Klagepatent nicht gebe. Um ausführbar zu sein, müsse Merkmal 6.a daher bedeuten, dass die Umlenkstange dort „angeordnet“ ist. Dieser Einwand greift nicht durch. Die Beklagten scheinen von einem sehr engen Verständnis des Begriffes „geführt“ auszugehen, das einen permanenten Kontakt der Umlenkstange zur Innenseite voraussetzt (vgl. Bl. 164 GA). Dies erklären sie für nicht ausführbar bzw. nicht im Klagepatent gezeigt und ersetzen den Begriff „geführt“ dann durch „angeordnet“. Dies widerspricht aber bereits dem eindeutigen Anspruchswortlaut, der eine Führung und keine Anordnung verlangt. Die Konstruktion des Ausführungsbeispiels zeigt ebenfalls eine Führung an der Innenwand, für die kein permanenter Kontakt zur Innenwand patentgemäß erforderlich ist.
114(2)
115Sowohl Merkmal 6.a als auch Merkmal 6.c verlangen nicht, dass die Umlenkstange vollständig an der Innenseite des äußeren Rohres geführt wird bzw. sich dort vollständig erstreckt. Ausreichend ist vielmehr, dass sich ein substanzieller, technisch relevanter Teil der Umlenkstange dort befindet.
116Dem Anspruchswortlaut lässt sich keine Vorgabe entnehmen, wonach sich die Umlenkstange in ihrer gesamten Länge innerhalb des äußeren Rohres befinden muss.
117Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann aus der Klagepatentbeschreibung. Danach soll durch die schutzrechtsgemäße Anordnung der Umlenkstange ein geringerer Raumbedarf entstehen, da die Bauteile der Hubstütze integrierbar sind, so dass eine vor Verschmutzungen geschützte Konstruktion entsteht (Abs. [0007] a.E. KP). Dies erfordert aber keine vollständige an der Innenseite geführte Umlenkstange. Der patentgemäße Vorteil kann auch dann (teilweise) erreicht werden, wenn die Umlenkstange nur teilweise in die Hubstütze integriert ist – d.h. nur teilweise auf der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist. So erscheint es sinnvoll, nur den in der Stützposition unteren Teil vor Verschmutzungen zu schützen, da dieser näher zum Boden ist als der obere Teil der Hubstütze und damit eher Schmutz ausgesetzt ist.
118Soweit in den Fig. 1 bis 4 nebst der zugehörigen Beschreibung die Umlenkstange vollständig innerhalb des äußeren Rohres angeordnet ist, handelt es sich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, auf das die Erfindung nicht reduziert werden darf (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit).
119(3)
120Die Einspruchsabteilung, deren Aussagen zumindest als fachkundige Äußerungen zu würdigen sind, hat in ihrem Beschluss vom 16.11.2012 zu Hilfsantrag 3 (in dessen Fassung das Klagepatent aufrechterhalten worden ist) zum Merkmal „entlang der Innenseite des äußeren Rohres an der der Gewindespindel zugewandten Seite erstreckt“ ausgeführt:
121„Dieses Merkmal bedeutet nicht, dass die ganze Umlenkstange immer innerhalb des äußeren Rohres bleiben muss, sondern, dass sie zumindest teilweise auf der Innenseite des Teleskoprohres liegt.“ (S. 10 Abs. 1 Anlage rop16).
122Diese Ausführungen erfolgten im Zusammenhang mit der Frage, ob der letztlich aufrechterhaltene Hilfsantrag ursprungsoffenbart ist oder eine unzulässige Erweiterung darstellt (Art. 123 Abs. 2 EPÜ). Diese Aussage ist aber im Rahmen der Auslegung allgemeingültig.
123Dem steht auch nicht die weitere Aussage der Einspruchsabteilung (S. 12 Abs. 2 u. 3 Anlage rop16) entgegen, eine patentgemäße Hubstütze (in der aufrechterhaltenen Fassung) benötige aufgrund der Vorgaben von Merkmal 6.c
124„keine Schlitze oder Durchbrechungen in der Außenwand des äußeren Rohres, um die Umlenkstange mit dem Innenrohr der Hubstütze in Anschlag zu bringen. Damit wird ein besserer Schutz vor Verschmutzungen erzielt. (…) Ferner baut die beanspruchte Hubstütze außerordentlich kompakt, weil sich die Umlenkstange vollständig radial innerhalb des äußeren Rohres befindet.“
125Hierbei dürfte es sich nur um mögliche Vorteile einer patentgemäßen Konstruktion handeln, deren Erzielung die patentgemäße Lehre ermöglicht, die aber nicht zwingend erreicht werden müssen. Andernfalls bestände ein innerer Widerspruch in der Entscheidung der Einspruchsabteilung, vergegenwärtigt man sich die zuerst zitierte Passage von S. 10 Abs. 1 Anlage rop16. Insofern erscheint es aber vorzugswürdig, keine vollständige Erstreckung an der Innenseite zu verlangen, da dies vom Anspruchswortlaut nicht gefordert wird und ein (gewisser) Schutz gegen Verschmutzungen auch durch eine nur teilweise Anordnung der Umlenkstange an der Innenseite erreicht werden kann.
126bb)
127Davon ausgehend sind bei der angegriffenen Ausführungsform die Merkmale 6.a und 6.c ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht.
128Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das längliche Teil der Umlenkstange (Linearführung), der über einen Kreuzschlitzschraube mit der sog. Umlenkplatte verbunden ist, an der Innenseite des äußeren Rohres geführt. Es verläuft insoweit in einer Art Kanal, der nur eine translatorische Bewegung zulässt. Die Führungsfunktion der Umlenkstange wird bei der angegriffenen Ausführungsform damit auf der Innenseite des äußeren Rohres wahrgenommen.
129In dem Umfang dieser Führung erstreckt sich die Umlenkstange bei der angegriffenen Ausführungsform auch auf der Innenseite des äußeren Rohres auf der der Gewindespindel zugewandten Seite.
130Der sich bei der angegriffenen Ausführungsform innenseitig erstreckende Teil der Umlenkstange ist hinreichend groß, um von einem innenseitigen Erstrecken / Führen im Sinne des Klagepatents zu sprechen. Das längliche, geführte Teil macht etwa die Hälfte der Länge der Umlenkstange aus. Es nimmt auch die Führungsfunktion der Umlenkstange zumindest weit überwiegend wahr.
131II.
132Eine (erneute) Aussetzung kommt nicht in Betracht. Es existiert kein paralleles Rechtsbestandsverfahren. Das Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt ist rechtskräftig abgeschlossen (vgl. Anlage rop24). Eine Nichtigkeitsklage ist nicht anhängig.
133B.
134Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre von Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der vom BPatG aufrecht erhaltenen Fassung ebenfalls wortsinngemäß Gebrauch. Der geltende gemachte Anspruch ist auch schutzfähig.
135I.
136Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters.
1371.
138Das Klagegebrauchsmuster ist das Prioritätsdokument des Klagepatents, so dass die geschützten Lehren weitgehend übereinstimmend sind. Das Klagegebrauchsmuster (nachfolgend als DE‘X zitiert) betrifft ebenfalls eine höhenverstellbare Hubstütze für Wohnmobile.
139In seiner einleitenden Beschreibung erörtert das Klagegebrauchsmuster zunächst bekannte höhenverstellbare Hubstützen, wie sie etwa in der US X (Anlage rop2, Entgegenhaltung D4 im Löschungsbeschwerdeverfahren) offenbart sind. Diese Hubstützen weisen einen am Fahrzeugrahmen festlegbaren Träger auf, an dem ein äußeres Rohr der mit zumindest einem weiteren Innenrohr als teleskopierbare Gruppe ausgebildeten Hubstütze schwenkbar gehalten ist. Zur Schwenkverlagerung dieser Hubstütze sind deren teleskopierbare Rohre durch eine mit einer antreibaren Gewindespindel zusammenwirkenden Mitnahmevorrichtung verbunden (Abs. [0020] DE‘X ).
140Diese Mitnahmevorrichtung ist dabei derart ausgeführt, dass diese bei einem durch die Gewindespindel bewirkten Ein- bzw. Ausfahren der teleskopierbaren Rohre gleichzeitig auch eine Schwenkbewegung der Hubstütze in bzw. auf ihrer Ruhelage bewirkt (vgl. S. 14 Abs. 2 des Beschlusses des BPatG vom 10.06.2015, Anlage rop22).
141Ferner erörtert auch das Klagegebrauchsmuster die EP X (Anlage rop3, Entgegenhaltung D3), bei der eine derartige Hubstütze dadurch vereinfacht ist, dass der Mitnehmer nur noch mit einem einzigen Stegteil einen in Achsrichtung der Stütze verlaufenden Schlitz durchgreift und in einer preisgünstigen Ausführung mit dem inneren Rohr zusammenwirkt.
142Das Klagegebrauchsmuster nennt es vor diesem Hintergrund in Abs. [0003] DE‘X als seine Aufgabe (technisches Problem), eine höhenverstellbare Hubstütze zu schaffen, die mit geringem technischen Aufwand eine Mitnahmeverbindung der beiden Rohrteile ermöglicht und mit einfacheren Bauteilen kostengünstig herstellbar ist.
1432.
144Zur Lösung schlägt das Klagegebrauchsmuster eine verstellbare Hubstütze nach Anspruch 1 vor. Dieser lässt sich in der vom BPatG aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt gliedern, wobei die Abweichung zur Merkmalsgliederung des Klagepatents durch Unter- und Durchstreichungen kenntlich gemacht worden sind:
1451 Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile.
1462 Die Hubstütze (1, 1‘)
1472.a weist einen an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2) auf;
1482.b weist ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) auf;
1492.c ist als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert.
1503 Die beiden Rohre (3, 4) sind durch eine Mitnahmevorrichtung (6) derart verbunden, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im Wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im Wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar ist.
1514 Das innere Rohr (4, 4‘) ist bei dieser Verlagerung mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar.
1525 Die Mitnahmevorrichtung (6)
1535.a weist eine antreibbare Gewindespindel (5) auf; und
1545.b ist mit zumindest eine Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen.
1556 Die Umlenkstange
1566.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt;
1576.b weist am Träger (2) eine ortsfeste Stützachse (7) auf; und
1586.c ist stangenförmig.
159erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.
1603.
161Hinsichtlich der allgemeinen Beschreibung der Lehre des Klagegebrauchsmusters kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Klagepatent verwiesen werden. Die Abweichungen im Anspruchswortlaut betreffen die streitigen Merkmale und werden sogleich erörtert.
1624.
163Die Verwirklichung der Merkmale 1 – 5.a (1 – 7 nach der Gliederung der Parteien) ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass hierzu keine weiteren Ausführungen mehr erforderlich sind.
1645.
165Bei der angegriffenen Ausführungsform lässt sich auch die Verwirklichung der streitigen Merkmale 5.b bis 6.c feststellen.
166a)
167Der in den Merkmalen 5.b bis 6.c verwendete Begriff der Umlenkstange ist im Klagegebrauchsmuster wie im Klagepatent zu verstehen. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen.
168(1)
169Insbesondere kann anspruchsgemäß die Umlenkstange auch mehrteilig ausgebildet sein. Wie beim Klagepatent lassen sich weder im Anspruchswortlaut noch in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters Anhaltspunkte für eine Beschränkung der erfindungsgemäßen Lehre auf einteilige Umlenkstangen finden. Beim Klagegebrauchsmuster wird dies zusätzlich von Unteranspruch 4 belegt. Dieser ist im Klagegebrauchsmuster – anders als im Klagepatent – nicht im Rahmen des Rechtsbestandsverfahren gestrichen worden (vgl. S. 4 des Beschlusses des BPatG vom 10.06.2015, Anlage rop22). Hiernach ist die gebrauchsmustergemäße Umlenkstange u.a. nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, „dass die Umlenkstange (8‘‘) mehrteilig ausgebildet ist und zumindest zwei gelenkig verbundene Stangenteile (12, 13) aufweist.“ Damit ist klar, dass auch Anspruch 1 als Hauptanspruch mehrteilige Umlenkstangen erfasst.
170(2)
171Im Falle einer Teillöschung eines Gebrauchsmusters sind die Gründe der Entscheidung, soweit sie die Beschreibung ergänzen oder ersetzen, zwischen denselben Parteien zur Auslegung des Gebrauchsmusters heranzuziehen (Keukenschrijver in Busse, PatG, 7. Aufl. 2012, § 19 GebrMG Rn. 17) – hier also zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) als Antragstellerin des Löschungsverfahrens. Ansonsten sind die Ausführungen des BPatG zumindest als fachkundige Äußerungen zu berücksichtigen (zu der hier bestehenden Bindungswirkung der Entscheidung auch gegenüber den Beklagten zu 2) – zu 4) siehe unten).
172Das Bundespatentgericht hat zum Begriff der Umlenkstange im Klagegebrauchsmuster Folgendes ausgeführt (S. 16 Abs. 1, 2 Anlage rop22):
173„Die Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) ist dabei ein Bauteil, dessen Geometrie derart bemessen ist, dass dessen Länge dessen Querschnitt deutlich überragt. Es weist in seiner Längsrichtung eine charakteristische Achse auf, über die Druck oder Zugkräfte, die an einem ersten Ende des Bauteils in Richtung dieser Achse eingeleitet werden, zu dem anderen Ende übertragen werden können. Diese Achse muss jedoch nicht zwingend mit der Mittel- bzw. Schwerpunktlinie des Bauteils zusammenfallen. So kann das Bauteil auch gekrümmt ausgebildet sein, sofern durch es nur die entsprechend vorstehend beschriebene Kraftübertragung gewährleistet ist.
174Ebenso wenig ist die Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) auf eine einteilige Ausführung beschränkt. Sie kann vielmehr auch mehrteilig ausgebildet sein, wie dies im geltenden Schutzanspruch 4 gemäß Hauptantrag, der auf den geltend Schutzanspruch 1 gemäß Hautpantrag rückbezogen ist, beansprucht wird.“
175Diese Ausführungen des Bundespatentgerichts entsprechen der Auslegung der Kammer (vgl. die Auslegung beim Klagepatent), wobei das Bundespatentgericht die Geometrie der Umlenkstange und den Kraftfluss konkreter definiert, was aber für die Frage der Merkmalsverwirklichung keinen Unterschied macht.
176Diese Geometrie wird durch das neu hinzugefügte Merkmal 6.c verdeutlicht, wonach die Umlenkstange anspruchsgemäß „stangenförmig“ sein muss. Bereits in dem Wort „Umlenkstange“ ist die Vorgabe einer Stangenform enthalten. Dass „stangenförmig“ etwas anderes als die Form einer Stange bezeichnet, lässt sich nicht ersehen. Insofern ist Merkmal 6.c als Betonung zu verstehen, dass die Umlenkstange auch geometrisch die Stangenform einhalten muss und insofern der Begriff der Umlenkstange nicht rein funktional zu verstehen ist. Dies ergibt sich freilich schon aus der obigen Auslegung des Bundespatentgerichts zum Begriff „Umlenkstage“.
177Soweit die Beklagten ihre Auslegung auf Schriftsätze des Klägers im Löschungs(beschwerde)verfahren stützen (Schriftsatz vom 18.04.2016, Bl. 173 letzter Abs. – Bl. 175 GA), greift dies nicht durch. Aussagen der Parteien im Rechtsbestandsverfahren sind kein zulässiges Auslegungsmaterial für das Verständnis eines Schutzrechts. Zum Einwand aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) siehe unten.
178bb)
179Vor diesem Hintergrund lässt sich die Verwirklichung der Merkmale 5.b, 6.b und 6.c,
180„5 Die Mitnahmevorrichtung (6) (…)
1815.b ist mit zumindest Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen.
1826 Die Umlenkstange (…)
1836.b weist am Träger (2) einer ortsfeste Stützachse (7) auf; und
1846.c ist stangenförmig.“
185feststellen. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist eine anspruchsgemäße stangenförmige Umlenkstange vorhanden. Diese besteht dort in dem von den Beklagten als Umlenkplatte bezeichneten Bauteil in Kombination mit der „Linearführung“, wobei die beiden Teile durch eine Kreuzschlitzschraube miteinander verbunden sind. Diese Baugruppe insgesamt hat die Form einer Stange und ist damit „stangenförmig“ (Merkmal 6.c).
186Diese ist auch an einer Stützachse am Träger befestigt, wobei diese Stützachse im Sinne des neu hinzugefügten Merkmals „ortsfest“ ist (Merkmal 6.b). Insoweit stellen die Beklagten die Verwirklichung dieses Merkmals zutreffend nicht in Abrede.
187b)
188Im Hinblick auf Merkmal 6.b, wonach die Umlenkstange,
189„am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt“
190ist, kann zunächst auf die Ausführungen zum Klagepatent verwiesen werden, die hier entsprechend gelten. Auch nach dem Klagegebrauchsmuster ist bereits nach dem Anspruchswortlaut keine Anordnung an der Innenseite erforderlich, sondern nur eine Führung. Ferner verlangen weder Anspruchswortlaut noch die Beschreibung, dass die Umlenkstange vollständig innenseitig verläuft.
191Diese Auslegung entspricht der Einschätzung des Bundespatentgerichts, das im Beschluss vom 10.06.2015 explizit eine Auslegung von Merkmal 6.a der Beklagten abgelehnt hat, wonach die Umlenkstange tatsächlich vollständig an der Innenseite des äußeren Rohres geführt und dazu zwingend im Inneren des Rohrers angeordnet sein müsse (S. 16 Abs. 3 ff. Anlage rop22). Unter Führung ist nach der zutreffenden Ansicht des Bundespatentgerichts vielmehr „ein Maschinenelement zu verstehen, das eine Translation einer oder mehrerer beweglicher Baugruppen zueinander ermöglicht und dabei gleichzeitig die Einhaltung einer Bewegungsrichtung garantiert“. „Führen“ sei nicht mit „Anordnen“ gleichzusetzen (S. 17 Abs. 2 Anlage rop22). Weiter heißt es im Beschluss des Bundespatentgerichts:
192„Dabei kann die Umlenkstange (8, 8‘‘, 8‘‘‘) selbst durchaus auch außerhalb des äußeren Rohres (3) angeordnet sein, sofern nur deren Führung an der Innenfläche (9) des äußeren Rohres (3) realisiert ist.
193Ob die Führung unmittelbar oder mittelbar ausgestaltet ist, ist darüber hinaus nicht Bestandteil des Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag“
194(S. 17 Abs. 3 und 4 Anlage rop22).
195Zwar bezogen sich diese Aussagen des Bundespatentgerichts auf den Hauptantrag, der nicht aufrechterhalten wurde. Sie gelten aber auch für den nun geltend gemachten Anspruch nach Hilfsantrag 1, da bezüglich dieser Aspekte keine Änderungen zwischen Hauptantrag und Hilfsantrag erfolgt sind.
196bb)
197Hiernach ist Merkmal 6.b des Klagegebrauchsmusters bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das längliche Element der Umlenkstange (Linearführung) an der Innenseite des äußeren Rohres geführt. Dessen Bewegung ist auf die Linearrichtung beschränkt.
198II.
199Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig. Der nunmehr geltend gemachte Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wurde in zweiter Instanz rechtskräftig durch das Bundespatentgericht für schutzfähig gehalten. Nach § 19 S. 3 GebrMG ist diese Entscheidung zwischen den Parteien des Löschungsverfahrens – hier: der Kläger und die Beklagte zu 1) – bindend. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall der beschränkten Aufrechterhaltung (Benkard/Rogge/Engel, PatG, 11. Aufl. 2015, § 19 GebrMG Rn. 10 f.).
200Diese Bindungswirkung ist auf die Beklagten zu 2) bis zu 4) auszudehnen. Bei diesen handelt es sich um die Geschäftsführer der Beklagten zu 1), so dass sie als gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) ebenfalls am Löschungsverfahren beteiligt waren. Entsprechend dem Schutzzweck von § 19 S. 3 GebrMG ist die Voraussetzung der Personenidentität weit auszulegen (Kircher in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, 4. Aufl. 2012, § 19 GebrMG Rn 13). Die Rechtsprechung hat die Bindungswirkung aus § 19 S. 3 GebrMG auf die Gesellschafter einer OHG ausgeweitet, wenn die OHG Antragsstellerin des Löschungsverfahrens war (BGH, BGH GRUR 1976, 30 – Lampenschirm; Keukenschrijver in Busse, 7. Aufl. 2012, PatG, § 19 GebrMG Rn. 13). Sie gilt auch zugunsten des ausschließlichen Lizenznehmers des Schutzrechtsinhabers (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2015 – I-15 U 25/14). Eine Bindungswirkung muss daher erst recht für die Geschäftsführer einer als Antragstellerin am Löschungsverfahren beteiligten GmbH gelten.
201Insofern können die Beklagten auch nicht mit ihrer Argumentation zum Verständnis der Entgegenhaltung D3 (Bl. 172 ff. GA) durchdringen. Diese wurde bereits abschließend vom Bundespatentgericht gewürdigt.
202C.
203Die gegen die Ansprüche des Klägers erhobenen allgemeinen Einwände greifen nicht durch.
204I.
205Der von den Beklagten erhobene Formsteineinwand verfängt nicht. Dieser kann nur gegen eine äquivalente Patentverletzung erhoben werden, die hier aber gar nicht geltend gemacht wird. Der Einwand der Beklagten erscheint – trotz der Benennung als Formsteineinwand – als allgemeiner Einwand der freien Technik. Ein solcher wäre aber allenfalls im Rahmen eines parallelen Rechtsbestandsverfahrens relevant, welches hier nicht (mehr) anhängig ist.
206II.
207Der Einwand des Rechtsmissbrauchs der Beklagten greift nicht durch. Der Einwand aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) kann erfolgreich erhoben werden, wenn der Patentinhaber im Einspruchsverfahren erklärt, für eine bestimmte Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren und diese dann im Verletzungsverfahren angreift, soweit seine Erklärung Grundlage für die Erteilung oder Aufrechterhaltung des Patents war und wenn der in Anspruch Genommene auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Patentanmelders vertrauen durfte (BGH, NJW 1997, 3377 – Weichvorrichtung II).
208Es ist hier nicht ersichtlich, dass der Kläger im Rechtsbestandsverfahren Aussagen bezüglich der angegriffenen Ausführungsform gemacht hat und die Beklagten darauf vertrauen durften, dass diese nicht mehr im Verletzungsverfahren angegriffen werden. Hiergegen spricht bereits die Existenz des Verletzungsverfahrens, was zum Zeitpunkt der von den Beklagten angeführten Äußerungen bereits lief. In einer solchen Situation ist ohne eine konkrete, gegenteilige Äußerung des Patentinhabers stets davon auszugehen, dass dieser das parallele Verletzungsverfahren fortsetzen und für ihn zu einen erfolgreichen Abschluss bringen möchte. Etwas anderes ist hier nicht ersichtlich.
209III.
210Ohne Erfolg erheben die Beklagten den Einwand der Erschöpfung. Die Beklagten berufen sich darauf, dass sie die angegriffenen Ausführungsformen von der Fa. AREX erhalten, welche sich wiederum auf ein Vorbenutzungsrecht stützen könne.
2111.
212Zutreffend ist, dass ein Vorbenutzungsrecht neben dem Vorbenutzungsberechtigten selbst auch seinen Abnehmern auf den nachfolgenden Handelsstufen zugutekommt (BGH, GRUR 2012, 895, 898 – Desmopressin; OLG Düsseldorf, InstGE 11, 193 – Desmopression-Tablette).
2132.
214Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass die Fa. AREX aufgrund eines privaten Vorbenutzungsrechts nach § 12 Abs. 1 PatG (ggf. i.V.m. § 13 Abs. 3 GebrMG) zur Benutzung der durch die Klageschutzrechte beanspruchten Erfindung berechtigt wäre. Es fehlt zumindest an einem feststellbaren Erfindungsbesitz im Prioritätszeitpunkt.
215a)
216Nach § 12 Abs. 1 S. 1 PatG tritt die Wirkung des Patents gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung (bzw. dem Prioritätszeitpunkt) bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Das Vorbenutzungsrecht setzt also voraus, dass der Vorbenutzungsberechtigte einerseits im Prioritätszeitpunkt bereits selbstständigen Erfindungsbesitz hatte, andererseits, dass er diesen im Inland betätigt hat oder zumindest Veranstaltungen zu einer alsbaldigen Aufnahme der Benutzung des Erfindungsgegenstandes getroffen hat. Für die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der sich darauf beruft – hier also die Beklagten. An den Nachweis eines Vorbenutzungsrechts sind strenge Anforderungen zu stellen, da erfahrungsgemäß nach Offenlegung brauchbarer Erfindungen häufig andere Personen behaupten, entsprechendes schon vorher gemacht zu haben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2007 – I-2 U 65/05 – Rn. 85 bei Juris – Klimagerät).
217b)
218Die Beklagten haben einen Erfindungsbesitz im Prioritätszeitpunkt nicht schlüssig vorgetragen.
219aa)
220Der für ein Vorbenutzungsrecht erforderliche Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv derart erkannt ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist (BGH, GRUR 2012, 895, 896 – Desmopressin m.w.N.; Rinken/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 12 Rn. 9). An einer solchen Erkenntnis fehlt es, wenn das technische Handeln über das Stadium von Versuchen noch nicht hinausgegangen ist. Von derartigen Fällen eines unbewussten oder zumindest nicht hinreichend gefestigten Gebrauchs der technischen Lehre hebt sich ein Handeln ab, das planmäßig auf die Verwirklichung derselben gerichtet ist (BGH, GRUR 2012, 895, 896 – Desmopressin). Der Vorbenutzer muss somit die unter Schutz gestellte technische Lehre derart erkannt haben, dass ihm die Nacharbeitung planmäßig, dauerhaft und nicht nur in Form von „Zufallstreffern“ möglich war und er auch nicht mehr ausprobieren musste, ob er auf dem richtigen Weg war, und dass er am Anmeldetag die Erfindung bereits im Inland in Benutzung genommen oder zumindest die dafür erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2007 – I-2 U 65/05 – Klimagerät).
221bb)
222Davon ausgehend lässt das Vorbringen der Beklagten den Schluss nicht zu, die Firma AREX (oder einer ihrer Mitarbeiter) habe sich im Prioritätszeitpunkt bereits im Erfindungsbesitz befunden. Die Beklagten legen als Anlagen B4 sowie B8 Zeichnungen vor, welche die technische Gestaltung der Hubstützen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Führung einer Umlenkstange, nicht erkennen lassen. Auf den Zeichnungen erscheint es vielmehr so, als wäre die Umlenkstange nur außen am äußeren Rohr geführt.
223Soweit die Beklagten demgegenüber meinen, der Kläger habe den Erfindungsbesitz nur unzureichend bestritten, verkennen sie, dass es zunächst ihnen obliegt, den Erfindungsbesitz schlüssig vorzutragen. Daran fehlt es hier jedoch bereits.
224D.
225Die durch die Beklagten hilfsweise erhobene, zulässige Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg.
226Der Vortrag der Beklagten lässt die Feststellung nicht zu, dass ein Mitarbeiter der Fa. AREX Erfinder der durch die Klageschutzrechte beanspruchten technischen Lehre ist. Die durch die Beklagten insoweit vorgelegten Anlagen B5 bis B9 lassen die genaue technische Gestaltung der Hubstütze, insbesondere eine Führung einer Umlenkstütze an der Innenwand des äußeren Rohres, nicht erkennen. Da es somit bereits an einem schlüssigen Vortrag der Beklagten fehlt, ist für eine Vernehmung der angebotenen Zeugen kein Raum. Aus diesem Grund kommt es auf das Musterteil, wie es aus der Anlage B12 ersichtlich ist, ebenfalls nicht an.
227E.
228Durch das Vertreiben der angegriffenen Ausführungsformen haben die Beklagten von der Lehre des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters widerrechtlich Gebrauch gemacht. Hieraus ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen:
229I.
230Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG bzw. § 24 Abs. 1 S. 1 GebrMG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.
231II.
232Der Kläger hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. § 24 Abs. 2 GebrMG folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagten zu 2) bis zu 4) haften als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – X ZR 30/14 – Glasfasern II). Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch den Kläger noch nicht beziffert werden kann, weil er den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne sein Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse des Kläger an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
233III.
234Damit der Kläger in die Lage versetzt wird, die Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihm gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG bzw. § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG bzw. § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB (für das Klagepatent i.V.m. Art. 64 EPÜ). Der Kläger ist auf die Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
235IV.
236Der Rückrufanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) basiert auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG bzw. § 24a Abs. 2 GebrMG. Eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 140a Abs. 4 PatG bzw. § 24a Abs. 3 GebrMG ist nicht ersichtlich oder dargetan.
237V.
238Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) auch Ersatz der Kosten für das durch den Patentanwalt des Klägers versandte Abmahnschreiben verlangen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. § 24 Abs. 2 GebrMG. Jedoch besteht der Anspruch lediglich in Höhe von EUR 3.288,80.
2391.
240Das als Anlage B10 vorgelegte patentanwaltliche Schreiben vom 09.07.2010 ist eine Abmahnung, da es sich um ein an einen bestimmten Personenkreis gerichtetes, ernsthaftes und endgültiges Verlangen handelt, eine bestimmte als Patentverletzung beanstandete Handlung zu unterlassen (vgl. Benkard/Scharen, PatG, 11. Aufl. 2015, Vor §§ 9 bis 14, Rn. 14). Auch wenn sich in dem Abmahnschreiben am Ende der Hinweis findet, es soll dem Mandanten die Einleitung gerichtlicher Schritte empfohlen werden, ist dem Schreiben insgesamt die unmissverständliche Aufforderung zu entnehmen, die beanstandeten Handlungen zu unterlassen.
2412.
242Die Gebührenhöhe ergibt sich hier aus Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses, der einen Rahmen von 0,5 bis 2,5 Gebühren vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens ist nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Soweit ein Sachverhalt vorliegt, der aufgrund des Umfangs oder der Schwierigkeit beim Tätigwerden des Rechtsanwalts ein Übersteigen der Regelgebühr von 1,3 zulässt, ist dem Rechtsanwalt ein Ermessen bei der Gebührenfestsetzung in einem Toleranzbereich von 20 % einzuräumen (BGH, GRUR-RR 2012, 491 – Toleranzbereich).
243Ein Übersteigen der 1,3 Gebühr ist hier zulässig, da es sich um einen Patentverletzungsstreitfall handelt (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. C.48), der auch nicht ausnahmsweise völlig unkompliziert ist. Für Fälle der vorliegenden Art, in denen es um die Verletzung von Patentrechten geht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese zunächst unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits als schwierig zu gelten haben, da es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es einer besonderen Spezialisierung, die von den Rechtsanwälten gefordert wird, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts. Gleiches hat für den Patentanwalt zu gelten, der in seiner Ausbildung nicht schwerpunktmäßig mit Fragen des Verletzungsprozesses und dessen Vermeidung befasst ist (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 6, 37 – Abmahnkosten).
244Aber auch unter Berücksichtigung des dem Kläger somit zustehenden Ermessenspielraums bei der Festsetzung der Geschäftsgebühr erscheint eine den Wert von 1,8 übersteigende Gebühr unangemessen hoch. Zu beachten ist hierbei, dass der vorliegende Fall patentrechtlich keine besonderen Schwierigkeiten bereitet. Es handelt sich um eine vergleichsweise überschaubare Technik, was einen Gebührensatz von 1,5 als angemessen erscheinen lässt. Unter Beachtung des den Anwälten zugestandenen Toleranzbereiches von 20 % ist somit eine Gebühr von 1,8 noch nicht als unbillig anzusehen.
245Ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 200.000,00 und dem RVG in der Fassung bis zum 31.07.2013 ergibt sich hieraus folgende Gesamtberechnung:
246
1,8 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG |
3.268,80 EUR |
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
Gesamt: |
3.288,80 EUR |
Soweit die Beklagten einwenden, die Kosten eines Rechtsanwalts dürften nicht ersetzt verlangt werden, da ein solcher nicht am Schreiben mitgewirkt habe, ist festzuhalten, dass hier nur die Erstattung der Patentanwaltskosten streitgegenständlich ist.
2483.
249Der Zinsanspruch ab einen Tag nach Rechtshängigkeit ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
250VI.
251Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 100 Abs. 1, Abs. 4, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der abgewiesene Teil – ein relativ kleiner Anteil der Kosten des Abmahnschreibens – ist geringfügig. Bei der Kostenverteilung zwischen den Beklagten waren das unterschiedliche Verhältnis der Beteiligung der Beklagten und die nur von der Beklagten zu 1) erhobene Widerklage zu berücksichtigen.
252VII.
253Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO. Der Antrag der Beklagten auf Einräumung einer Abwendungsbefugnis ist abzuweisen. Die Beklagten haben nicht hinreichend vorgetragen, dass die Vollstreckung hier einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne von § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO darstellen würde. Dies gilt insbesondere, da sie nach ihrem eigenen Vortrag den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eingestellt haben.
254F.
255Der Streitwert wird auf EUR 250.000,00 festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Düsseldorf Urteil, 14. Juni 2016 - 4a O 284/10
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Landgericht Düsseldorf Urteil, 14. Juni 2016 - 4a O 284/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(2) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden.
(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Ist während des Löschungsverfahrens ein Rechtsstreit anhängig, dessen Entscheidung von dem Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes abhängt, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens auszusetzen ist. Es hat die Aussetzung anzuordnen, wenn es die Gebrauchsmustereintragung für unwirksam hält. Ist der Löschungsantrag zurückgewiesen worden, so ist das Gericht an diese Entscheidung nur dann gebunden, wenn sie zwischen denselben Parteien ergangen ist.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat.
(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.
(1) Der Gebrauchsmusterschutz wird durch die Eintragung nicht begründet, soweit gegen den als Inhaber Eingetragenen für jedermann ein Anspruch auf Löschung besteht (§ 15 Abs. 1 und 3).
(2) Wenn der wesentliche Inhalt der Eintragung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen ohne dessen Einwilligung entnommen ist, tritt dem Verletzten gegenüber der Schutz des Gesetzes nicht ein.
(3) Die Vorschriften des Patentgesetzes über das Recht auf den Schutz (§ 6), über den Anspruch auf Erteilung des Schutzrechts (§ 7 Abs. 1), über den Anspruch auf Übertragung (§ 8), über das Vorbenutzungsrecht (§ 12) und über die staatliche Benutzungsanordnung (§ 13) sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen. Die Befugnis kann nur zusammen mit dem Betrieb vererbt oder veräußert werden. Hat der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung vor der Anmeldung anderen mitgeteilt und sich dabei seine Rechte für den Fall der Patenterteilung vorbehalten, so kann sich der, welcher die Erfindung infolge der Mitteilung erfahren hat, nicht auf Maßnahmen nach Satz 1 berufen, die er innerhalb von sechs Monaten nach der Mitteilung getroffen hat.
(2) Steht dem Patentinhaber ein Prioritätsrecht zu, so ist an Stelle der in Absatz 1 bezeichneten Anmeldung die frühere Anmeldung maßgebend. Dies gilt jedoch nicht für Angehörige eines ausländischen Staates, der hierin keine Gegenseitigkeit verbürgt, soweit sie die Priorität einer ausländischen Anmeldung in Anspruch nehmen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.
(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski, Dr. Bacher und Hoffmann sowie die Richterin Dr. Kober-Dehm
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 399 320 (Klagepatents), das die Verwendung von Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen, betrifft. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache: "Verwendung der Glasfasern mit der folgenden in Mol-% angegebenen Glaszusammensetzung : SiO 55-70 vorzugsweise 58-65
2
B O 0-5 vorzugsweise 0-4 2 3 AI O 0-3 vorzugsweise 0-1 2 3 TiO 0-6 vorzugsweise 0-32
Eisenoxide 0-2 vorzugsweise 0-1 MgO 1-4 CaO 8-24 vorzugsweise 12-20 NaO 10-20 vorzugsweise 12-182
KO 0-5 vorzugsweise 0,2-32
Fluorid 0-2 vorzugsweise 0-1 und die einen Durchmesser von < 8 μm besitzen, wobei mehr als 10% der Glasfasern einen Durchmesser von < 3 μm aufweisen, als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen, wobei die Anteile von TiO , BaO, ZnO, SrO,2
ZrO < 1 Mol-% betragen."2
- 2
- Eine von der Beklagten zu 2 erhobene Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent ist in zwei Instanzen erfolglos geblieben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - X ZR 53/11, GRUR 2012, 373 - Glasfasern).
- 3
- Die Beklagte zu 2 stellt Glasfaserprodukte in Plattenform her, die in Deutschland als Dämmmaterial angeboten werden. Der Vertrieb dieser Produkte an den Baustoffhandel erfolgte bis 2006 durch eine GmbH, in den Jahren 2007 und 2008 durch eine mit dieser verschmolzene Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 4 war, und seit 2009 durch die Beklagte zu 1. Der Beklagte zu 3 ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Er war ferner Mitgeschäftsführer der früheren Vertriebsgesellschaften.
- 4
- Das Landgericht hat dem auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. November 1998 bis zum 11. Mai 2010 gerichteten Klagebegehren entsprochen. Die Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision streben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage an. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die zulässige Revision ist unbegründet.
- 6
- I. Das Klagepatent betrifft die Verwendung von Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
- 7
- 1. Nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift war im Stand der Technik bekannt, dass Glasfasern zu Krebserkrankungen führen können. Ausschlaggebend für diese Wirkung ist unter anderem die Verweildauer der Fasern in der Lunge. Diese wiederum hängt von der Größe und der Beständigkeit der Fasern ab. Nach einer wissenschaftlichen Definition, die aufgrund von Erkenntnissen über die krebserzeugende Wirkung von Asbest erstellt worden ist, können solche Wirkungen bei Fasern auftreten, die einen geometrischen Durchmesser von weniger als drei Mikrometer, eine Länge von mehr als fünf Mikrometer und ein Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser von mehr als drei zu eins aufweisen. In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1986 wurde ausgeführt , die tumorerzeugende Wirkung bestimmter Fasern könne durch intensive Vorbehandlung mit einer Säure reduziert werden.
- 8
- Das Klagepatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, Glasfasern zur Verfügung zu stellen, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
- 9
- 2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Klagepatent in Patentanspruch 1 die Verwendung von Glasfasern mit folgenden Merkmalen vor: 1. Die Glaszusammensetzung umfasst folgende Stoffe:
a) 55 bis 70 (vorzugsweise 58 bis 65) Molprozent Siliziumdioxid (SiO2),
b) 8 bis 24 (vorzugsweise 12 bis 20) Molprozent Calciumoxid (CaO),
c) 10 bis 20 (vorzugsweise 12 bis 18) Molprozent Natriumoxid (Na2O),
d) 0 bis 5 (vorzugsweise 0 bis 4) Molprozent Bortrioxid (B2O3),
e) 0 bis 3 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Aluminiumoxid (AI2O3),
f) 0 bis 2 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Eisenoxide,
g) 1 bis 4 Molprozent Magnesiumoxid (MgO),
h) 0 bis 5 (vorzugsweise 0,2 bis 3) Molprozent Kaliumoxid (K2O),
i) 0 bis 2 (vorzugsweise 0 bis 1) Molprozent Fluorid.
a) Titandioxid (TiO2),
b) Bariumoxid (BaO),
c) Zinkoxid (ZnO),
d) Strontiumoxid (SrO),
e) Zirkoniumdioxid (ZrO2).
3. Der Durchmesser beträgt
a) weniger als acht Mikrometer bei allen Glasfasern,
b) weniger als drei Mikrometer bei mehr als 10 % der Glasfasern.
4. Die Glasfasern werden verwendet als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potential zeigen.
- 10
- II. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 11
- Bei den angegriffenen Produkten seien alle Merkmale von Patentanspruch 1 wortsinngemäß verwirklicht.
- 12
- Dem stehe nicht entgegen, dass unstreitig mindestens 10 % der in den Produkten enthaltenen Glasfasern einen Durchmesser von acht Mikrometer und mehr aufweise. Solche Glasfasern seien für eine Verwendung zu dem in Patentanspruch 1 definierten Zweck von vornherein ohne Bedeutung, weil sie wegen ihres großen Durchmessers nicht lungengängig seien und deshalb keine kanzerogene Wirkung hätten. Zum Gegenstand des Klagepatents gehöre deshalb auch die Verwendung von Produkten, in denen erfindungsgemäße Glasfasern mit Glasfasern größeren Durchmessers kombiniert seien, sofern alle Glasfasern , deren Durchmesser geringer sei als acht Mikrometer, die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierte Beschaffenheit aufwiesen. Diese Voraussetzung sei bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt.
- 13
- Die in den angegriffenen Produkten enthaltenen Glasfasern würden für die in Merkmal 4 definierte Verwendung sinnfällig hergerichtet, indem diese Produkte als Baustoffe für den Hochbau ausgestaltet und vertrieben würden. Bei solchen Baustoffen müsse die Gefahr von Krebserkrankungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Nach Abschnitt 23 des Anhangs zu § 1 der Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV) in der seit 1. Juni 2000 geltenden Fassung dürften Mineralfasern der in Rede stehenden Art nur dann zu Zwecken der Wärme- und Schallisolierung im Hochbau in den Verkehr gebracht werden, wenn sie eines von drei alternativ genannten Kriterien erfüllten. Das zweite dieser Kriterien verlange, dass die Halbwertszeit nach intratrachealer Instillation von zwei Milligramm einer Suspension von Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis von mehr als drei zu eins höchstens vierzig Tage betrage. Dies entspreche den Anforderungen, die in der Beschreibung des Klagepatents aufgestellt würden. Angesichts dessen spreche jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die angegriffene Ausführungsform für einen Verwendungszweck eingesetzt werde, bei dem die Gefahr von Krebserkrankungen mindestens in demselben Maße ausgeschlossen sein müsse wie nach dem Klagepatent. Diesen Anschein hätten die Beklagten nicht erschüttert. Welches kanzerogene Potential der angegriffenen Ausführungsform tatsächlich zukomme, sei ohne Bedeutung. Unabhängig davon spreche aus den bereits genannten Gründen der Beweis des ersten Anscheins auch insoweit zugunsten der Klägerin.
- 14
- Für den Zeitraum vor Inkrafttreten der genannten Regelung gelte im Ergebnis nichts anderes. In der Richtlinie 67/548/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/69/EG vom 5. Dezember 1997 sei eine Pflicht zur Kennzeichnung von Mineralfaserprodukten mit einem Warnhinweis vorgesehen gewesen. Diese Kennzeichnung sei entbehrlich gewesen, wenn nach bestimmten Testmethoden die Unbedenklichkeit des Produkts festgestellt worden sei.
- 15
- III. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
- 16
- 1. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Merkmal 3 a auch dann verwirklicht ist, wenn das verwendete Produkt neben Glasfasern, deren Durchmesser den in Merkmalsgruppe 3 definierten Anforderungen entspricht, zusätzlich Glasfasern mit einem Durchmesser von acht Mikrometer oder mehr enthält.
- 17
- a) Nach der Beschreibung des Klagepatents kommt eine toxikologische Wirksamkeit nur bei Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer in Betracht. In Übereinstimmung damit betrifft das Klagepatent die Verwendung von Glasfasern, von denen zumindest ein bestimmter Anteil einen unterhalb dieser Grenze liegenden Durchmesser aufweist. Bei solchen Fasern dienen die in den Merkmalsgruppen 2 und 3 definierten Anforderungen dazu, den angestrebten Verwendungszweck trotz der potentiell gefahrenträchtigen Abmessungen zu erreichen. Bei Fasern, deren Durchmesser deutlich oberhalb der Grenze liegt, bedarf es von dem in der Klagepatentschrift dargestellten Ausgangspunkt aus solcher Maßnahmen nicht, weil die Erreichung des angestrebten Zwecks schon durch die ausreichende Größe gesichert ist.
- 18
- Hieraus hat das Berufungsgericht zutreffend den Schluss gezogen, dass Merkmal 3 a keine Vorgabe für den maximalen Durchmesser aller in dem verwendeten Produkt enthaltenen Glasfasern enthält, sondern nur die Festlegung trifft, dass alle verwendeten Fasern, deren Durchmesser kleiner als acht Mikrometer ist, die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierte Beschaffenheit aufweisen müssen.
- 19
- b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck keine abweichende Beurteilung.
- 20
- Im Ansatz zu Recht macht die Revision allerdings geltend, dass die Auslegung von Patentanspruch 1 sich an diesem Verwendungszweck zu orientieren hat. Das Berufungsgericht hat diese Anforderung indes weder übersehen noch in rechtsfehlerhafter Weise umgesetzt. Seine Schlussfolgerung, das Vorhandensein von Fasern mit einem Durchmesser von acht Mikrometer und mehr stehe der Verwirklichung von Merkmal 3 a nicht entgegen, ist vielmehr gerade unter diesem Gesichtspunkt folgerichtig. Wenn dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck schon durch einen ausreichend großen Durchmesser Rechnung getragen werden kann, bedarf es der zusätzlichen, in den Merkmalsgruppen 1 und 2 festgelegten Beschaffenheitsmerkmale nicht.
- 21
- Dem steht nicht entgegen, dass die in Merkmal 3 a festgelegte Obergrenze deutlich oberhalb des in der Beschreibung des Klagepatents als kritisch bezeichneten Werts von drei Mikrometer liegt. Zwar mag es bei strikter Orientierung an dem zuletzt genannten Wert konsequent erscheinen, die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierten Anforderungen an die Beschaffenheit nur für solche Fasern vorzusehen, deren Durchmesser kleiner als drei Mikrometer ist. Hieraus ist aber nicht abzuleiten, dass die in Merkmal 3 a vorgesehene Obergrenze anderen Zwecken dient und deshalb für alle von der Verwendung betroffenen Glasfasern gilt. Die mit Merkmal 3 a bewirkte Ausdehnung des Größenbereichs , für den die besonderen Anforderungen der Merkmalsgruppen 1 und 2 gelten, stellt sich vielmehr als eine Art Sicherheitszuschlag dar, um den angestrebten Zweck möglichst auch dann zu erreichen, wenn sich die Einschätzung über den Beginn des kritischen Größenbereichs als unzutreffend erweisen sollte.
- 22
- c) Entgegen der Auffassung der Revision führt dieses Verständnis nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen.
- 23
- In den von der Revision gebildeten Beispielsfällen, dass eine Teilmenge der verwendeten Glasfasern sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 erfüllt, während die übrigen zwar einen Durchmesser von weniger als acht Mikrometer, aber nicht die in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierte Beschaffenheit aufweisen , wäre die Erreichung des in Merkmal 4 definierten Zwecks allerdings nicht gewährleistet. Solche Verwendungen fallen indes nicht in den Schutzbereich des Klagepatents.
- 24
- Wie bereits oben dargelegt wurde, müssen nach dem Klagepatent alle von der Verwendung umfassten Glasfasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer den in den Merkmalsgruppen 1 und 2 definierten Anforderungen entsprechen. Diese Voraussetzung ist in dem von der Revision gebildeten Beispielsfall gerade nicht erfüllt.
- 25
- d) Der von der Revision erhobene Einwand, bei dieser Auslegung hänge die Erfüllung der Maßanforderungen des Klagepatents vom Zufall ab, findet, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, keine Grundlage in den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts.
- 26
- Aus den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Größe und Zusammensetzung der in einem Produkt enthaltenen Glasfasern vom Zufall abhängt. Vortrag der Beklagten, den das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang übergangen haben könnte, zeigt die Revision nicht auf.
- 27
- Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, ob der Einwand - mit dem die Revision der Sache nach die ausführbare Offenbarung der Erfindung in Abrede stellt, also einen Nichtigkeitsgrund geltend macht - im Verletzungsrechtsstreit überhaupt geltend gemacht werden dürfte.
- 28
- e) Entgegen der Auffassung der Revision steht das vom Berufungsgericht vertretene Verständnis nicht in Widerspruch zum Urteil des erkennenden Senats im Nichtigkeitsverfahren.
- 29
- Der Senat hat in diesem Urteil, wie die Revision in anderem Zusammenhang zutreffend ausführt, offengelassen, ob der Gegenstand des Klagepatents auch die Verwendung von Glasfasern mit den Merkmalen 1 bis 3 in Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers umfasst (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - X ZR 53/11, GRUR 2012, 373 Rn. 26 - Glasfasern).
- 30
- Aus den vom Senat in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen zum Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Diese Erwägungen betreffen lediglich die - vom Senat im Ergebnis verneinte - Frage, ob der im Laufe des Erteilungsverfahrens erfolgte Übergang von der Festlegung des mittleren Durchmessers zur Festlegung des größten Durchmessers zu einer Erweiterung geführt hat. Für die Frage, ob aufgrund dieser Änderung Verwendungen ausgeschlossen sind, bei denen zusätz- lich Glasfasern mit einem oberhalb der festgelegten Obergrenze liegenden Durchmesser zum Einsatz kommen, kann daraus nichts abgeleitet werden.
- 31
- f) Den von der Beklagten vorgelegten ausländischen Entscheidungen, in denen auf eine Verletzung des Klagepatents gestützte Klagen abgewiesen wurden, vermag der Senat nicht beizutreten.
- 32
- aa) Der Entscheidung der Cour d'appel de Paris vom 16. Mai 2014 (RG no 12/06678) kommt im vorliegenden Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
- 33
- In dieser Entscheidung ist das Klagepatent mit Wirkung für die Französische Republik für nichtig erklärt worden. Im vorliegenden Rechtsstreit ist der Senat hingegen an die Erteilung des Patents gebunden.
- 34
- bb) Die Cour d'appel de Liège ist in ihrer Entscheidung vom 19. September 2013 (2011/RG/1503) zu der Einschätzung gelangt, eine Auslegung , nach der die im Patentanspruch vorgesehene Obergrenze von acht Mikrometer der Verwendung zusätzlicher Fasern mit größerem Durchmesser nicht entgegensteht, laufe darauf hinaus, dass Patentanspruch 1 nur Anforderungen an den mittleren Durchmesser der Fasern enthalte, wie dies in Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Unterlagen vorgesehen gewesen sei. Auf diese Lesart dürfe sich die Beklagte aber nicht berufen, weil das Wort "mittlerer" im Laufe des Erteilungsverfahrens gestrichen worden sei. Das gegen diese Entscheidung eingelegte Rechtsmittel hat der belgische Kassationshof mit Urteil vom 12. März 2015 (C.14.0098.F/1) zurückgewiesen.
- 35
- Die diesen Entscheidungen zugrundeliegende Einschätzung vermag der Senat in einem entscheidenden Punkt nicht zu teilen.
- 36
- Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen Vorgänge im Erteilungsverfahren , die der Patenterteilung vorausgegangen und im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, bei der Auslegung des Patents nicht herange- zogen werden (BGH, Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 43/01, BGHZ 150, 161, 162 ff. = GRUR 2002, 511, 513 f. - Kunststoffrohrteil). Der Senat hat hierbei offengelassen , ob es dieser Grundsatz auch verbietet, auf Patentveröffentlichungen wie die amtlich veröffentlichte Patentanmeldung oder frühere Fassungen der später etwa im Einspruchsverfahren oder im Beschränkungsverfahren geänderten Patentschrift zurückzugreifen, wenn sich der Gehalt der maßgeblichen Fassung der Patentschrift erst aus einem Vergleich mit diesen erschließt und damit zu einem Niederschlag auch in dieser geführt hat (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, 340 f. = GRUR 2011, 701, 704 - Okklusionsvorrichtung; Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 33 - Gelenkanordnung). Diese Frage bedarf auch im Streitfall keiner Beantwortung. Sie wäre nur dann entscheidungsrelevant, wenn der Anmeldung zu entnehmen wäre, dass die dort formulierten Anforderungen stets für alle Glasfasern gelten, die in einem bestimmten Erzeugnis enthalten sind. Diese Voraussetzung ist indes nicht gegeben. Wie der Senat bereits in seinem Urteil im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, kann aus dem Umstand, dass die Fasern nach dem in der Anmeldung formulierten Anspruch einen mittleren Durchmesser von weniger als acht Mikrometer aufweisen müssen, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Erzeugnisse oder Verwendungen, bei denen erfindungsgemäße Fasern mit Glasfasern größeren Durchmessers kombiniert werden, nicht zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung gehören (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 26 - Glasfasern).
- 37
- Der in der Anmeldung formulierte Anspruch war auf ein Erzeugnis gerichtet. Zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung gehören mithin alle Erzeugnisse , die die in der Anmeldung als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmale aufweisen, unabhängig davon, in welcher Weise sie verwendet werden. Dies schließt Verwendungen ein, bei denen erfindungsgemäße Erzeugnisse mit anderen Glasfasern kombiniert werden.
- 38
- Aus der in der Anmeldung formulierten Anforderung, dass nur der mittlere Durchmesser der Fasern unterhalb des Höchstwerts von acht Mikrometer liegen muss, ist allerdings zu entnehmen, dass der Gegenstand der Anmeldung auch Erzeugnisse umfasst, bei denen einige Glasfasern einen Durchmesser von mehr als acht Mikrometer aufweisen, solange nur der mittlere Durchmesser unterhalb dieser Grenze liegt. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass bei der Bildung des maßgeblichen Mittelwerts stets alle Glasfasern in die Betrachtung einzubeziehen sind, die in dem jeweiligen Erzeugnis enthalten sind. Dabei kann offenbleiben, ob der Anmeldung hinreichend deutlich entnommen werden kann, in welcher Weise dieser Mittelwert zu bilden ist. Aus den bereits in der Anmeldung enthaltenen Angaben, wonach eine toxikologische Wirksamkeit nur bei Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer in Betracht kommt, ergibt sich jedenfalls, dass Glasfasern, deren Durchmesser oberhalb der im Anspruch genannten Grenze von acht Mikrometer liegt, nicht zwingend in diese Berechnung einbezogen werden müssen. Damit enthält auch die Anmeldung lediglich eine Obergrenze für den Durchmesser der für die rechtliche Beurteilung relevanten Glasfasern, nicht aber die Festlegung, dass eine Kombination mit Glasfasern größeren Durchmessers ausgeschlossen ist.
- 39
- 2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform auch Merkmal 3 b wortsinngemäß verwirklicht ist.
- 40
- a) Zutreffend ist das Berufungsgericht hierbei davon ausgegangen, dass als Vergleichswert für die Bestimmung des in Merkmal 3 b vorgegebenen Prozentsatzes nicht die Gesamtzahl aller verwendeten Fasern heranzuziehen ist, sondern nur die Anzahl der verwendeten Fasern, die einen Durchmesser von weniger als acht Mikrometer haben.
- 41
- Wie bereits im Zusammenhang mit Merkmal 3 a aufgezeigt wurde, betreffen die Festlegungen von Patentanspruch 1 nur Fasern, deren Durchmesser unterhalb der in Merkmal 3 a festgelegten Grenze liegt. Dies gilt auch für den in Merkmal 3 b definierten Anteil der Fasern mit einem Durchmesser, der unterhalb der nach der Beschreibung des Klagepatents kritischen Grenze von drei Mikrometer liegt.
- 42
- b) Angesichts dessen hat es das Berufungsgericht zu Recht als unerheblich angesehen, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Anteil der Fasern mit einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer bezogen auf die Gesamtzahl aller verwendeten Fasern weniger als 10 % beträgt.
- 43
- c) Soweit die Revision andeutet, der genannte Prozentsatz sei auch im Verhältnis zur Anzahl der verwendeten Fasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer nicht erreicht, setzt sie sich, wie die Revisionserwiderung zu Recht rügt, in Widerspruch zu den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts.
- 44
- Nach den Feststellungen des Landgerichts weisen bei der angegriffenen Ausführungsform auch ausweislich eines von den Beklagten vorgelegten Untersuchungsberichts (B12) mehr als 10 % der Fasern mit einem Durchmesser von weniger als acht Mikrometer zugleich einen Durchmesser von weniger als drei Mikrometer auf. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Beklagten in der Berufungsinstanz keine Einwände gegen diese Feststellung erhoben. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Untersuchungsberichte (BK6), die für andere Proben einen Anteil von weniger als 10 % ausweisen, hat das Berufungsgericht als unerheblich angesehen.
- 45
- Diese Feststellungen greift die Revision nicht an. Sie sind deshalb für die revisionsrechtliche Überprüfung zugrunde zu legen. Aus ihnen ergibt sich, dass Merkmal 3 a bei der angegriffenen Ausführungsform erfüllt ist.
- 46
- 3. Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vertrieb der angegriffenen Produkte eine nach Patentanspruch 1 geschützte Verwendung darstellt.
- 47
- a) Wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, erfasst das Klagepatent die Verwendung der Glasfasern für alle Einsatzzwecke, bei denen die Gefahr von Krebserkrankungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden soll (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 11 - Glasfasern). Diesbezügliche Anforderungen können sich nicht nur aus technischen Zusammenhängen ergeben, sondern auch aus rechtlichen Vorgaben (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern).
- 48
- b) Für den Einsatz von Glasfasern als Dämmstoffe im Hochbau bestanden in dem maßgeblichen Zeitraum von November 1998 bis Mai 2010 solche rechtlichen Vorgaben.
- 49
- aa) Seit dem Inkrafttreten von Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV am 1. Juni 2000 dürfen Glasfasern, die nach Einschätzung des Verordnungsgebers als (potentiell) kanzerogen anzusehen sind, zu Zwecken der Wärme- und Schalldämmung im Hochbau nicht mehr vertrieben werden.
- 50
- Der Kreis der von diesem Verbot betroffenen Fasern ist in Spalte 1 der genannten Regelung definiert. Nach den Bestimmungen in den Spalten 2 und 3 ist der Vertrieb solcher Fasern zu den genannten Zwecken nur zulässig, wenn sie eines von mehreren in Spalte 3 aufgestellten Kriterien erfüllen. Diese Kriterien dienen dem Zweck, die Gefahr von Krebserkrankungen auszuschließen oder jedenfalls auf ein Maß zu verringern, das nach der Einschätzung des Verordnungsgebers hingenommen werden kann.
- 51
- Damit ergibt sich für Glasfasern ein besonderer, objektiv abgrenzbarer Verwendungszweck, nämlich die rechtskonforme Verwendung als nicht krebsverursachende Glasfasern zu Zwecken der Wärme- oder Schalldämmung im Hochbau.
- 52
- bb) Vor dem 1. Juni 2000 gab es zwar keine vergleichbaren Vertriebsverbote. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mussten künstliche Mineralfasern aber mit einem Warnhinweis verse- hen werden, wenn ihre Unbedenklichkeit nicht anhand von bestimmten Testmethoden festgestellt war.
- 53
- Daraus ergab sich ebenfalls ein besonderer Verwendungszweck, nämlich die Verwendung als Glasfasern, die ohne einen Warnhinweis vertrieben werden dürfen.
- 54
- c) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Vertrieb von Dämmmaterial für den Hochbau für die Zeit ab 1. Juni 2000 und den Vertrieb solcher Materialien ohne Warnhinweis in der Zeit davor als sinnfällige Herrichtung zur Verwendung als nicht kanzerogenes Produkt im Sinne der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften angesehen.
- 55
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gehören zu einer durch ein Patent geschützten Verwendung bereits solche Handlungen, bei denen die Sache zu der betreffenden Verwendung sinnfällig hergerichtet wird (BGH, Beschluss vom 20. September 1983 - X ZB 4/83, BGHZ 88, 209, 216 f. = GRUR 1983, 729 - Hydropyridin). Die sinnfällige Herrichtung kann nicht nur durch eine besondere Gestaltung der Sache, sondern auch durch eine ihr beim Vertrieb beigegebene Gebrauchsanleitung in Form eines Beipackzettels oder in sonstiger Weise geschehen (BGH, Urteil vom 21. November 1989 - X ZR 29/88, GRUR 1990, 505, 506 f. - Geschlitzte Abdeckfolie).
- 56
- bb) Für die Zeit ab 1. Juni 2000 hat das Berufungsgericht eine sinnfällige Herrichtung zu der genannten Verwendung zutreffend schon darin gesehen, dass Produkte, die künstliche Mineralfasern im Sinne des Abschnitts 23 von Anhang I zu § 1 ChemVerbotV enthalten, zu Zwecken der Wärme- und Schalldämmung im Hochbau angeboten oder in Verkehr gebracht werden.
- 57
- Dabei kann dahingestellt bleiben, welcher Erklärungswert solchen Handlungen im Zusammenhang mit kauf- oder deliktsrechtlichen Ansprüchen der Abnehmer beigemessen werden kann. Wenn ein Unternehmer ein Produkt, das für einen bestimmten Verwendungszweck aufgrund rechtlicher Vorgaben nur unter bestimmten Voraussetzungen angeboten oder in Verkehr gebracht werden darf, für diesen Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, gibt er damit jedenfalls unter gewöhnlichen Umständen zu erkennen, dass er diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht. Dies gilt zumindest dann, wenn es um grundlegende Anforderungen geht, deren Einhaltung dem Schutz der Gesundheit dient. Ein Anbieter, der solche Produkte vertreibt, ohne auf mögliche Einschränkungen oder Zweifel hinzuweisen, erweckt den Eindruck, dass von seinen Produkten keine verbotenen Gesundheitsgefahren ausgehen.
- 58
- Im Streitfall haben die Beklagten die angegriffenen Produkte nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben. Damit haben sie die Produkte im Hinblick auf die genannten Regeln der Chemikalien-Verbotsverordnung sinnfällig hergerichtet für die rechtskonforme Verwendung als nicht krebsverursachende Glasfaser. Besondere Umstände, aus denen sich eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, sind nicht festgestellt und werden von der Revision nicht geltend gemacht.
- 59
- cc) Für die Zeit vor dem 1. Juni 2000 gilt entsprechendes.
- 60
- Wenn der Vertrieb eines Produkts für einen bestimmten Verwendungszweck nur mit einem gesundheitsrelevanten Warnhinweis zulässig ist, gibt ein Unternehmer, der ein solches Produkt ohne entsprechenden Hinweis zu diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, unter normalen Umständen zu erkennen, dass er das Produkt als ohne Warnhinweis verkehrsfähig ansieht. Auch in diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob dies für jeden beliebigen Hinweis auf jede beliebige Gefahr gilt. Aus der insoweit maßgeblichen Sicht der potentiellen Abnehmer ist eine Vertriebstätigkeit jedenfalls dann in dem beschriebenen Sinne zu verstehen, wenn es um die Einhaltung elementarer Regeln zum Schutz der Gesundheit geht. Zu diesen Regeln gehörten schon im Zeitraum zwischen 1998 und 2000 die Regeln zur Kennzeichnung von Glasfaserprodukten als potentiell krebsverursachend.
- 61
- Mit dem Vertrieb der angegriffenen Produkte als Dämmmaterial für Bauzwecke haben die Beklagten die Produkte mithin sinnfällig hergerichtet für die rechtskonforme Verwendung als Glasfaser, die ohne einen Warnhinweis vertrieben werden darf.
- 62
- d) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine sinnfällige Herrichtung zur Verwendung als nicht gesundheitsgefährdendes Produkt im Sinne der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften zugleich eine sinnfällige Herrichtung zu der in Merkmal 4 definierten Verwendung darstellt.
- 63
- aa) Wie der Senat bereits im seinem Berufungsurteil im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat, sind als Glasfasern, die kein kanzerogenes Potenzial zeigen, nach dem Inhalt der Klagepatentschrift Glasfasern anzusehen, bei denen kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Aufnahme des Materials über die menschliche Lunge und dem Entstehen einer Krebserkrankung besteht (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 12 - Glasfasern).
- 64
- Ein signifikanter Zusammenhang in diesem Sinne liegt nach den insoweit maßgeblichen Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents vor, wenn die Glasfasern bei den in der Patentschrift beschriebenen Tierversuchen eine Erkrankungsrate von mehr als rund 10 % innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren hervorrufen (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 13 - Glasfasern). Merkmal 4 des Klagepatents ist mithin erfüllt, wenn die Glasfasern sinnfällig für einen Einsatzzweck hergerichtet werden, für den ein entsprechender Höchstwert vorgeschrieben ist.
- 65
- bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Verwendung als Dämmmaterial im Hochbau in dem Zeitraum ab 1. Juni 2000 diese Voraussetzung erfüllt.
- 66
- (1) Die am 1. Juni 2000 in Kraft getretene Fassung der ChemikalienVerbotsverordnung macht das Inverkehrbringen von künstlichen Mineralfasern als Dämmmaterial für den Hochbau davon abhängig, dass das von den Fasern ausgehende Krebsrisiko hinreichend gering ist.
- 67
- Zwar ist in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV kein exakter Höchstwert für die zu erwartende Erkrankungsrate definiert. Dem Regelungszusammenhang ist aber zu entnehmen, dass sich die dort definierten Anforderungen mit den Anforderungen decken, die sich aus Merkmal 4 ergeben.
- 68
- Nach Spalte 3 von Abschnitt 23 ist das Inverkehrbringen von Fasern zulässig , wenn eines von vier alternativ aufgezählten Kriterien erfüllt ist. Das erste dieser Kriterien stellt die abstrakte Anforderung auf, dass ein geeigneter Imtraperitonealtest keine Anzeichen von übermäßiger Karzinogenität zum Ausdruck gebracht hat. Die weiteren Kriterien sehen Höchstwerte für die Halbwertszeit bestimmter Fasertypen oder die Differenz zwischen den Massengehalten bestimmter Inhaltsstoffe vor. Dabei wird nicht näher erläutert, weshalb diese Höchstwerte von Bedeutung sind. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem ersten Kriterium ist jedoch zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber diese Höchstwerte unter den jeweils definierten Randbedingungen als geeignetes Anzeichen dafür ansieht, dass keine übermäßige Karzinogenität besteht.
- 69
- (2) Das Klagepatent beruht auf vergleichbaren Erwägungen.
- 70
- Das zweite der in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV aufgeführten Kriterien, das nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bei den angegriffenen Produkten verwirklicht ist, sieht vor, dass die Halbwertszeit bei intratrachealer Instillation von zwei Milligramm einer Suspension von Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Länge-zuDurchmesser -Verhältnis von mehr als drei zu eins höchstens vierzig Tage (nach der von 1. Juni bis 30. September 2000 geltenden Fassung: höchstens 65 Tage) beträgt.
- 71
- Ein vergleichbares Kriterium wird auch in der Klagepatentschrift herangezogen.
- 72
- In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, die Ergebnisse der durchgeführten Versuche zeigten eindeutig, dass Fasern mit einer hohen Halbwertszeit ein hohes kanzerogenes Potential aufwiesen (Abs. 29). Für Fasern der in Ausführungsbeispiel 1 eingesetzten Probe B mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer werden Halbwertszeiten zwischen 36 und 42 Tagen bei einem Mittelwert von 39 Tagen angegeben (Abs. 26). Der genannten Faserlänge wird deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil Fasern mit einer Länge von mehr als fünf Mikrometer, einem Durchmesser von weniger als drei Mikrometer und einem Verhältnis zwischen Länge und Durchmesser von mehr als drei zu eins als biologisch wirksam anzusehen seien (Abs. 21).
- 73
- (3) Hieraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass der Gefährdungsgrad hinreichend gering im Sinne von Merkmal 4 ist, wenn die Fasern eine Halbwertszeit aufweisen, wie sie auch das zweite Kriterium von Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV vorsieht.
- 74
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dies allerdings nicht auf die Grundsätze zum Beweis des ersten Anscheins gestützt werden. Die Frage, ob sich die Anforderungen der Chemikalien-Verbotsverordnung mit denjenigen aus Merkmal 4 des Klagepatents decken, ist im vorliegenden Zusammenhang eine Rechtsfrage. Der in Merkmal 4 definierte Verwendungszweck erschöpft sich in der Vorgabe eines hinreichend geringen Krebsrisikos. Aus den für die Auslegung dieses Merkmals heranzuziehenden Ausführungen in der Beschreibung des Klagepatents ergeben sich lediglich Hinweise dazu, welches Risiko noch als hinnehmbar angesehen werden kann, nicht aber zusätzliche Anforderungen an die stoffliche oder räumlich-körperliche Beschaffenheit der Fasern, die über die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Anforderungen hinausgehen. Die Frage, ob die sich aus Merkmal 4 ergebenden Anforderungen mit denjenigen der Chemikalien-Verbotsverordnung decken, ist deshalb nicht anhand eines Vergleichs der tatsächlichen Eigenschaften bestimmter Fasern mit den Vorgaben der Verordnung zu beantworten, sondern anhand eines Vergleichs der normativen Vorgaben aus Merkmal 4 mit denjenigen aus der Verordnung.
- 75
- Der danach erforderliche Vergleich der beiden Vorgaben ergibt, dass diese in allen entscheidungserheblichen Punkten deckungsgleich sind. Sowohl die Verordnung als auch Merkmal 4 gehen von der abstrakten Vorgabe eines hinreichend geringen Krebsrisikos aus. Als ausreichendes Indiz hierfür wird sowohl in der Verordnung als auch im Klagepatent unter anderem eine Halbwertszeit von vierzig Tagen herangezogen. Daraus ist zu entnehmen, dass es um dasselbe Schutzniveau geht.
- 76
- Dass in der Verordnung eine Halbwertszeit von höchstens vierzig Tagen vorgeschrieben, in der Beschreibung des Klagepatents hingegen eine Halbwertszeit von 42 Tagen als ausreichend angesehen wird (Abs. 13), führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Der genannte Wert stellt eine Obergrenze dar. Merkmal 4 ist mithin auch bei einer Verwendung verwirklicht, für die geringfügig strengere Anforderungen gelten.
- 77
- (4) Die von den Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Ausführungen in der Klagepatentschrift aus wissenschaftlicher Sicht zutreffend sind, ist unerheblich.
- 78
- Wie bereits dargelegt wurde, ergeben sich aus Merkmal 4 keine Anforderungen an die Beschaffenheit der Fasern, sondern lediglich Anforderungen an die Verwendung, für die das Patent Schutz gewährt. Für die Verwirklichung der Patentmerkmale reicht es mithin aus, wenn die Fasern die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Eigenschaften aufweisen und für Zwecke verwendet werden, für die besondere Vorgaben hinsichtlich des daraus resultierenden Krebsrisikos gelten. Diese Voraussetzung ist bei den angegriffenen Produkten erfüllt, weil die darin enthaltenen Fasern die Merkmale der Gruppen 1 bis 3 aufweisen und weil sie sinnfällig für eine Verwendung hergerichtet sind, bei der das Krebsrisiko die in Merkmal 4 vorgegebene Grenze nicht überschreiten darf. Ob das Krebsrisiko bei bestimmungsgemäßer Verwendung der Fasern tatsächlich innerhalb der vorgegebenen Grenzen bleibt, ist für die Verwirklichung der Patentmerkmale unerheblich.
- 79
- (5) Ebenfalls unerheblich ist, ob sich für die angegriffenen Produkte bei einem Test mittels der in der Klagepatentschrift beschriebenen Methode der intratrachealen Instillation eine Tumorrate von höchstens 10 % ergeben würde.
- 80
- Dieses Kriterium wird in der Beschreibung des Klagepatents zwar zur Konkretisierung des in Merkmal 4 definierten Verwendungszwecks angeführt. Hieraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass das Krebsrisiko stets aufgrund von Tests mit intratrachealer Instillation ermittelt werden muss. In der Beschreibung des Klagepatents wird zur Beurteilung des Krebsrisikos sowohl auf die Halbwertszeit nach intratrachealer Instillation (Abs. 24 ff.) als auch auf die Tumorrate nach intraperitonealer Injektion abgestellt (Abs. 36 ff.). Ergänzend wird ausgeführt, das kanzerogene Potential hänge von der Halbwertszeit ab (Abs. 29). Daraus ist zu entnehmen, dass ein hinreichend geringes Krebsrisiko im Sinne von Merkmal 4 - entsprechend der Regelung in Abschnitt 23 der Anlage zu § 1 ChemVerbotV - schon dann zu bejahen ist, wenn eines der dafür in der Beschreibung als geeignet dargestellten Kriterien verwirklicht ist. Dieser Anforderung werden die angegriffenen Produkte gerecht, weil sie dem zweiten Kriterium der Verordnung entsprechen. Deshalb kann offenbleiben, ob eine patentgemäße Verwendung auch dann zu bejahen wäre, wenn die angegriffenen Produkte nicht zu der Verwendung geeignet wären, zu der sie sinnfällig hergerichtet sind.
- 81
- cc) Für den Zeitraum von November 1998 bis Mai 2000 gilt im Ergebnis nichts anderes.
- 82
- Aus den vom Berufungsgericht herangezogenen Vorschriften für diesen Zeitraum ergeben sich zwar keine verbindlichen Vorgaben für das noch als hinnehmbar anzusehende Krebsrisiko. Das damals für einen Vertrieb ohne Warnhinweis geltende Erfordernis der Unbedenklichkeit ist aber ebenfalls nur dann eingehalten, wenn die Gefahr einer Krebserkrankung hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann. Die vom Berufungsgericht angeführte Richtlinie 97/69/EG, die am 16. Dezember 1997 in Kraft getreten ist und innerhalb eines Jahres umzusetzen war, sah hierzu bereits Kriterien vor, die denjenigen der späteren Chemikalien-Verbotsverordnung entsprechen und die unter anderem ebenfalls auf eine Halbwertszeit von weniger als vierzig Tagen abstellen. Angesichts dessen war der Vertrieb von Glasfasern ohne Warnhinweis schon damals an Voraussetzungen geknüpft, die den sich aus Merkmal 4 ergebenden Anforderungen entsprechen.
- 83
- e) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Verletzung des Klagepatents nicht deshalb ausgeschlossen, weil Produkte mit den in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierten Eigenschaften bereits vor dem Prioritätstag als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben wurden.
- 84
- aa) Im Verletzungsrechtsstreit käme einer solchen Vertriebstätigkeit allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines Vorbenutzungsrechts nach § 12 PatG Bedeutung zu. Dass die Beklagten die angegriffenen Produkte vor dem Prioritätstag bereits zu dem in Merkmal 4 festgelegten Verwendungszweck vertrieben haben, ist aber weder festgestellt noch geltend gemacht.
- 85
- bb) Unabhängig davon stellte der Vertrieb solcher Produkte ohne Warnhinweis noch keine Verwendung zu dem in Merkmal 4 genannten Zweck dar, solange er keinen rechtlichen Einschränkungen unterlag.
- 86
- Wie die Revision im Ansatz zutreffend geltend macht und wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern), ist die Verwendung eines Stoffs für einen bestimmten Zweck zwar auch dann möglich, wenn nicht bekannt ist, welche naturwissenschaftlichen Zusammenhänge für die Erzielung der angestrebten Wirkung maßgeblich sind. Im Streitfall ergibt sich die sinnfällige Herrichtung zu der in Merkmal 4 definierten Verwendung aber erst aus den rechtlichen Beschränkungen, denen der Vertrieb nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im relevanten Zeitraum ab 1998 unterlag. Dass vergleichbare Beschränkungen schon vor dem Prioritätstag bestanden, ist weder festgestellt noch geltend gemacht.
- 87
- Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich daraus nicht, dass der Schutzbereich des Klagepatents nachträglich aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse zum Gefährdungspotential von Glasfasern erweitert worden ist. Der Schutzbereich des Klagepatents war und ist, wie der Senat bereits im Nichtigkeitsverfahren ausgeführt hat (BGH, GRUR 2012, 373 Rn. 55 - Glasfasern), auf Verwendungen beschränkt, bei denen auf Grund rechtlicher oder sonstiger Vorgaben die Gefahr einer durch die Fasern verursachten Krebserkrankung ausgeschlossen sein muss. Wenn solche Vorgaben erst nach der Erteilung des Klagepatents eingeführt oder verschärft werden, mag dies dazu führen, dass das Bedürfnis an einer Nutzung der geschützten Verwendung ansteigt. Darin liegt aber keine Erweiterung des Schutzbereichs.
- 88
- 4. Die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung geht inhaltlich nicht über das nach formellem und materiellem Recht zulässige Maß hinaus.
- 89
- a) Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist weder gerügt noch ersichtlich.
- 90
- Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils entspricht, soweit es um die Beschreibung der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlungen geht, dem Klageantrag. Zur Auslegung dieses Antrags, der insoweit im Wesentlichen dem Wortlaut von Patentanspruch 1 entspricht, ist zwar ergänzend die Klagebegründung heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 – X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 Rn. 23 - Rohrreinigungsdüse II). Auch bei deren Berücksichtigung und ergänzender Heranziehung der Entscheidungsgründe ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht der Klägerin mehr zugesprochen haben, als diese beantragt hat.
- 91
- Das Landgericht hat als angegriffene Ausführungsform Glasfaserprodukte bezeichnet, die unter anderem unter drei auch in der Klageschrift aufgeführten Produktbezeichnungen angeboten werden. Ergänzend hat es ausgeführt, die angegriffenen Ausführungsformen würden bundesweit an den Baustoffhandel vertrieben, wo sie zur Verwendung als Dämmmaterial in Plattenform von Verbrauchern erworben werden könnten. Diese Erwägungen, die sich im Wesentlichen wortgleich auch im Berufungsurteil finden, lehnen sich weitgehend an die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform in der Klageschrift an und bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht von einem darüber hinausgehenden Streitgegenstand ausgegangen sind.
- 92
- b) Andererseits gibt es auch keine Hinweise darauf, dass das Landgericht oder das Berufungsgericht der Klägerin insoweit weniger zusprechen wollten als beantragt. Beide Instanzen haben die Klage zwar teilweise abgewiesen. Sie haben das Klagebegehren aber nur in zeitlicher Hinsicht für teilweise unbegründet angesehen.
- 93
- Für die beantragte und zugesprochene Feststellung fehlt es nicht an dem gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.
- 94
- aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz über die konkrete Verletzungshandlung hinaus für Handlungen gegeben sein, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt.
- 95
- Für Unterlassungsansprüche hat dies seinen Grund darin, dass eine Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen begründet (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 Rn. 18 - Restwertbörse II). Für Anträge auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gilt in der Regel nichts anderes. Zwar kann sich eine Schadensersatzpflicht theoretisch auch aus künftigen Handlungen ergeben, hinsichtlich derer keine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr besteht. Mangels einer solchen Gefahr besteht in der Regel aber kein hinreichendes Interesse an der gerichtlichen Feststellung derartiger Ansprüche.
- 96
- bb) Die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung geht nicht über die Grenzen des danach Zulässigen hinaus.
- 97
- Wie bereits oben dargelegt wurde, entspricht die vom Landgericht ausgesprochene und vom Berufungsgericht bestätigte Feststellung, soweit es um die Beschreibung der angegriffenen Ausführungsform geht, dem Klageantrag. Dieser wiederum bezieht sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht auf schlechthin alle Ausführungsformen, die in den Schutzbereich des Patents fallen, sondern lediglich auf Glasfaserprodukte, die zur Verwendung als Dämmmaterial für Bauzwecke vertrieben werden.
- 98
- Dem steht nicht entgegen, dass der Wortlaut des Klageantrags insoweit im Wesentlichen dem Wortlaut von Patentanspruch 1 entspricht. Aus dem Umstand , dass ein Kläger es unterlässt, einen auf die von ihm vorgetragene angegriffene Ausführungsform zugeschnittenen Klageantrag zu formulieren, kann grundsätzlich nicht abgeleitet werden, dass er seine Klage gegen weitere Ausführungsformen richten will. Auch in solchen Fällen ist zur Auslegung des Klagebegehrens - die der Senat als Revisionsgericht selbst vorzunehmen hat - vielmehr das zu dessen Begründung Vorgetragene heranzuziehen (BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 - X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 Rn. 23 - Rohrreinigungsdüse
II).
- 99
- Im Streitfall hat die Klägerin sowohl in der Klagebegründung als auch in ihrer Replik ausgeführt, die Klage richte sich nicht nur gegen Produkte mit den drei beispielhaft angegebenen Bezeichnungen, sondern gegen alle Glasfaserprodukte der Beklagten zu 1, die aus dem Werk der Beklagten zu 2 stammten und die aufgeführten Eigenschaften aufwiesen. Maßgeblich seien nicht die Produktbezeichnungen , sondern die technischen Charakteristika.
- 100
- Zu den danach maßgeblichen charakteristischen Eigenschaften gehört nicht nur die in den Merkmalsgruppen 1 bis 3 definierte Beschaffenheit, sondern auch die für die Verwirklichung von Merkmal 4 relevante Verwendung. Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, die angegriffenen Produkte seien Baustoffe und dürften deshalb nur unter der Voraussetzung fehlender kanzerogener Gefährlichkeit in Verkehr gebracht werden. Das sinnfällige Herrichten für diesen Zweck ergebe sich daraus, dass die Endprodukte als Baustoffprodukt angeboten und in Verkehr gebracht würden, zum Beispiel als Trennwanddämmplatten.
- 101
- Daraus ergibt sich, dass sich die Klage nicht schlechthin gegen jedes Glasfaserprodukt mit den Merkmalen des Klagepatents richtet, sondern nur gegen Produkte, die als Baustoffe vertrieben werden. Zu den charakteristischen Merkmalen der angegriffenen Ausführungsform gehört zudem die sinnfällige Herrichtung als Dämmstoff, weil die Vorschriften der Chemikalien-Verbotsverordnung , auf die der überwiegende Teil des Klagebegehrens gestützt wird, nur dafür gelten.
- 102
- Der Umstand, dass die Produkte die Form einer Platte aufweisen und über den Baustoffhandel vertrieben werden, gehört demgegenüber nicht zu den charakteristischen Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform. Ein Zusammenhang zwischen der räumlichen Form der Endprodukte und der Verwirklichung der Patentmerkmale ist weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Der Vertrieb über den Baustoffhandel stellt zwar eine typische Form der in Merkmal 4 definierten Verwendung dar. Für die patentrechtliche Beurteilung ist aber nicht der Vertriebsweg maßgeblich, sondern der Einsatzzweck beim Endabnehmer.
- 103
- 5. Ein Rechtsfehler liegt auch nicht darin, dass sich der einleitende Satz der ausgesprochenen Feststellung auf den Schaden bezieht, der der Klägerin entstanden ist und noch entsteht, während bei der Konkretisierung für die einzelnen Beklagten nur von dem Schaden der Rede ist, der der Klägerin in den jeweils angegebenen Zeiträumen entstanden ist.
- 104
- Selbst wenn diese Formulierung als widersprüchlich anzusehen wäre, könnte dieser Widerspruch durch Auslegung des Urteilstenors unter Heranziehung der Entscheidungsgründe aufgelöst werden. Das Landgericht und das Berufungsgericht haben sich mit dem zeitlichen Umfang der Schadensersatzpflicht nur unter dem Aspekt befasst, für welche Verletzungshandlungen die einzelnen Beklagten einzustehen haben. Daraus und aus dem Umstand, dass die dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde liegende Fassung der Klageanträge zu einem Zeitpunkt eingereicht wurde, als das Klagepatent bereits durch Zeitablauf erloschen war, ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Feststellung sich auch auf Schäden bezieht, die durch Handlungen innerhalb des jeweils genannten Zeitraums verursacht wurden, aber erst später entstanden sind oder entstehen werden.
- 105
- 6. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Klagebegehren im zugesprochenen Umfang auch gegenüber dem Beklagten zu 3 als begründet angesehen.
- 106
- Das Berufungsgericht hat keine näheren Feststellungen dazu getroffen, durch welche konkreten Handlungen der Beklagte zu 3 an den der Klage zugrunde liegenden Verletzungshandlungen beteiligt war. Ausdrückliche Feststellungen dazu waren in der gegebenen Konstellation indes auch nicht erforderlich.
- 107
- a) Der Senat hat es bislang nicht beanstandet, wenn im Gefolge einer Patentverletzung neben einer Gesellschaft auch deren gesetzliche Vertreter zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt worden sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. September 2003 - X ZR 179/02, GRUR 2003, 1031, 1033 - Kupplung für optische Geräte). Der I. Zivilsenat hat eine Haftung des gesetzlichen Vertreters für eine von der Gesellschaft begangene Verletzung von Immaterialgüterrechten grundsätzlich jedenfalls dann bejaht, wenn der gesetzliche Vertreter von den Verletzungshandlungen Kenntnis hatte und sie nicht verhindert hat (zuletzt BGH, Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 36 - Pelikan).
- 108
- In neuerer Zeit vertritt der I. Zivilsenat sowohl für Verletzungshandlungen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 = GRUR 2014, 883 - Geschäftsführerhaftung) als auch für Verstöße gegen § 95 Abs. 3 UrhG (BGH, Urteil vom 27. November 2014 - I ZR 124/11, GRUR 2015, 672 Rn. 80 - VideospielKonsolen II) die Auffassung, ein gesetzlicher Vertreter hafte für Verletzungshandlungen der Gesellschaft nur dann, wenn er daran durch positives Tun beteiligt gewesen sei oder wenn er sie auf Grund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung habe verhindern müssen. Ähnliche Grundsätze hat der VI. Zivilsenat für die Verletzung von Rechten entwickelt, die nach § 823 Abs. 1 BGB geschützt sind (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297, 302 ff.; Urteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 24).
- 109
- b) Ob der vom erkennenden Senat bislang vertretene Ansatz mit diesen Grundsätzen vollständig in Einklang steht, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen führen auch auf der Grundlage des zuletzt dargestellten Ansatzes zu einer Garantenpflicht des Beklagten zu 3 und zu dessen Haftung in dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Umfang.
- 110
- aa) Nach der oben dargestellten Rechtsprechung ergibt sich eine Garantenstellung zum Schutz von Rechtsgütern Dritter nicht schon aus den Pflichten, die dem gesetzlichen Vertreter zum Beispiel nach § 43 Abs. 1 GmbHG oder § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG gegenüber der Gesellschaft obliegen.
- 111
- Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte bestehen grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft. Im Falle ihrer Verletzung steht deshalb grundsätzlich nur der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch zu (BGHZ 109, 297, 303; BGHZ 194, 26 Rn. 23; BGHZ 201, 344 Rn. 23 - Geschäftsführerhaftung; BGH, Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 375). Eine Eigenhaftung erfordert eine darüber hinausgehende Garantenstellung, aufgrund der der gesetzliche Vertreter persönlich zum Schutz Außenstehender vor Gefährdung oder Verletzung ihrer durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte gehalten ist.
- 112
- bb) Eine Garantenstellung kann insbesondere dann bestehen, wenn der Schutz von Rechten Dritter eine organisatorische Aufgabe ist, zu der zu allererst der gesetzliche Vertreter berufen ist (BGHZ 109, 297, 304).
- 113
- Auch hierzu reicht es allerdings nicht aus, dass der Gesellschaft gesetzliche Verpflichtungen gegenüber Dritten obliegen. So ergibt sich aus der Organstellung und der allgemeinen Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb nicht schon eine Verpflichtung gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern (BGHZ 201, 344 Rn. 23 - Geschäftsführerhaftung ). Sofern es um den Schutz von absoluten Rechten Dritter geht, kann hingegen über die Organstellung hinaus eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr und Gefahrensteuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs den betroffenen Außenstehenden gegenüber zum Tragen kommen. In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen für ein Unternehmen Tätigen, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung delikti- scher Integritätsinteressen Dritter erstreckt (BGHZ 109, 297, 303). Auch in diesem Fall reicht das bloße Bestehen eines absolut geschützten Rechts zwar nicht ohne weiteres aus, um eine Garantenpflicht zu begründen. Sie kommt aber jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffene ein Schutzgut der Einflusssphäre der Gesellschaft anvertraut hat oder wenn aus sonstigen Gründen eine konkrete Gefahrenlage für das Schutzgut besteht und der Geschäftsführer oder Mitarbeiter des Unternehmens für die Steuerung derjenigen Unternehmenstätigkeit verantwortlich ist, aus der sich die Gefahrenlage ergibt (vgl. BGHZ 109, 297, 304). Die Haftung des Geschäftsführers folgt in diesen Fällen nicht aus seiner Geschäftsführerstellung als solcher, sondern aus der - von der Rechtsform des Unternehmens unabhängigen - tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit und Zumutbarkeit der Beherrschung einer Gefahrenlage für absolut geschützte Rechte Dritter.
- 114
- cc) Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den Schutz von Patenten jedenfalls dann typischerweise erfüllt, wenn ein Unternehmen technische Erzeugnisse herstellt oder in den inländischen Markt einführt.
- 115
- Für praktisch jeden Bereich der Technik ist eine Vielzahl von Patenten mit unterschiedlichsten Gegenständen in Kraft. Ein Unternehmen muss deshalb vor Aufnahme einer der genannten Tätigkeiten prüfen, ob seine Erzeugnisse oder Verfahren in den Schutzbereich fremder Rechte fallen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1958 - I ZR 171/56, GRUR 1958, 288, 290 - Dia-Rähmchen I; Urteil vom 3. März 1977 - X ZR 22/73, GRUR 1977, 598, 601 - Autoskooterhalle ; Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 24 = GRUR 1986, 803, 806 - Formstein).
- 116
- Diese Verpflichtung beruht nicht allein auf der allgemeinen Pflicht zum Schutz fremder Rechtsgüter. Sie ist vielmehr Ausdruck der gesteigerten Gefährdungslage , der technische Schutzrechte typischerweise ausgesetzt sind. Der aus solchen Rechten resultierende, ohnehin nur für begrenzte Zeit bestehende Schutz wäre nicht in hinreichender Weise gewährleistet, wenn andere Marktteilnehmer der Frage, ob ihre Tätigkeit fremde Schutzrechte verletzt, nur untergeordnete Bedeutung beimäßen.
- 117
- Kraft seiner Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebes und der damit verbundenen Gefahr, dass dieser so eingerichtet wird, dass die Produktion oder Vertriebstätigkeit des Unternehmens die fortlaufende Verletzung technischer Schutzrechte Dritter zur Folge hat, ist der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft deshalb grundsätzlich gehalten, die gebotenen Überprüfungen zu veranlassen oder den Geschäftsbetrieb so zu organisieren , dass die Erfüllung dieser Pflicht durch dafür verantwortliche Mitarbeiter gewährleistet ist. Er muss insbesondere dafür sorgen, dass grundlegende Entscheidungen über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung erfolgen und dass die mit Entwicklung, Herstellung und Vertrieb betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft die gebotenen Vorkehrungen treffen, um eine Verletzung fremder Patente zu vermeiden.
- 118
- dd) Bei dieser Ausgangslage bedarf es im Regelfall keiner näheren Feststellungen dazu, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihrer gesetzlichen Vertreter beruht.
- 119
- Angesichts der oben aufgezeigten besonderen Gefährdungslage und der großen Bedeutung, die einer Prüfung der Schutzrechtslage zukommt, deutet der Umstand, dass es zu einer schuldhaften Patentverletzung gekommen ist, in der Regel darauf hin, dass die gesetzlichen Vertreter die ihnen insoweit obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt haben (vgl. dazu auch Benkard/Grabinski/ Zülch, 11. Auflage, § 139 PatG Rn. 22). Deshalb hat der Verletzte - dem grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen obliegt - regelmäßig keinen Anlass, näher zur persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers vorzutragen. Er hat in der Regel auch nicht die Möglichkeit zu näherem Vorbringen hierzu, weil es um interne Vorgänge des Verletzers geht, in die er keinen Einblick hat.
- 120
- Vielmehr obliegt gegebenenfalls dem gesetzlichen Vertreter der verletzenden Gesellschaft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wie er den ihm obliegenden Pflichten nachgekommen ist. Hierbei hat er gegebenenfalls insbesondere darzulegen, weshalb er keinen Anlass hatte, sich eine Entscheidung über die angegriffenen Handlungen vorzubehalten, und welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine Schutzrechtsverletzung durch Mitarbeiter des Unternehmens zu verhindern.
- 121
- Diesbezüglicher Vortrag der Beklagten ist aus den insoweit nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist deshalb zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beklagte zu 3 der Klägerin im zugesprochenen Umfang ebenfalls zu Schadensersatz und Rechnungslegung verpflichtet ist.
- 122
- c) Ob der Beklagte zu 3 darüber hinaus auch deshalb für die begangenen Verstöße einzustehen hat, weil er durch eigenes Tun daran mitgewirkt hat - wovon nach der neueren Rechtsprechung des I. Zivilsenats schon dann auszugehen sein kann, wenn die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem gesetzlichen Vertreter anzulasten ist, insbesondere dann, wenn es sich um Maßnahmen handelt, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird (BGH, GRUR 2015, 672 Rn. 83 - VideospielKonsolen II) - bedarf angesichts dessen keiner Entscheidung.
- 123
- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und § 100 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 17.04.2012 - 2 O 129/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.02.2014 - 6 U 50/12 -
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der benutzten Erzeugnisse in Anspruch genommen werden.
(2) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Verletzte gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Absatz 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß
- 1.
rechtsverletzende Erzeugnisse in ihrem Besitz hatte, - 2.
rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch nahm, - 3.
für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte oder - 4.
nach den Angaben einer in Nummer 1, 2 oder Nummer 3 genannten Person an der Herstellung, Erzeugung oder am Vertrieb solcher Erzeugnisse oder an der Erbringung solcher Dienstleistungen beteiligt war,
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
- 1.
Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse oder der Nutzer der Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und - 2.
die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
(5) Erteilt der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch oder unvollständig, so ist er dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(6) Wer eine wahre Auskunft erteilt hat, ohne dazu nach Absatz 1 oder Absatz 2 verpflichtet gewesen zu sein, haftet Dritten gegenüber nur, wenn er wusste, dass er zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet war.
(7) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung nach den §§ 935 bis 945 der Zivilprozessordnung angeordnet werden.
(8) Die Erkenntnisse dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Erteilung der Auskunft begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden.
(9) Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten (§ 3 Nummer 70 des Telekommunikationsgesetzes) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist. Für den Erlass dieser Anordnung ist das Landgericht, in dessen Bezirk der zur Auskunft Verpflichtete seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Entscheidung trifft die Zivilkammer. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Kosten der richterlichen Anordnung trägt der Verletzte. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben im Übrigen unberührt.
(10) Durch Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 9 wird das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(2) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden.
(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(2) Absatz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(3) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden sind.
(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Materialien und Geräte anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Erzeugnisse gedient haben.
(2) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf der Erzeugnisse, die Gegenstand des Gebrauchsmusters sind, oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden.
(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.
(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.
(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.
(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.
(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.