Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - XI ZR 121/02

bei uns veröffentlicht am14.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 121/02 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
Eine von einem Arbeitnehmer mit mäßigem Einkommen aus Sorge um den Erhalt
seines Arbeitsplatzes für einen Bankkredit des Arbeitgebers übernommene Bürgschaft
ist sittenwidrig, wenn sie den Arbeitnehmer finanziell kraß überfordert und
sich der Arbeitgeber in einer wirtschaftlichen Notlage befindet.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 121/02 - OLG Rostock
LG Rostock
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 14. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. März 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 20. Juli 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beklagte war seit dem 1. Januar 1991 bei der neu gegründeten H. Baugesellschaft mbH i.G. (nachfolgend: H. GmbH)
in M. als Bauleiter angestellt. Sein monatliches Nettoeinkommen, von dem er 356 DM Unterhalt für seine Tochter zu lei- sten hatte, betrug ab 1. Mai 1991 2.222,70 DM. Nachdem die Gesellschaft Ende 1991 in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, verhandelte ihr Geschäftsführer mit der klagenden Sparkasse über die Gewährung eines kurzfristigen Kontokorrentkredits von 200.000 DM. Die Klägerin erklärte sich dazu nur unter der Voraussetzung bereit, daß die Gesellschaft hinreichende Sicherheiten stellt. Nach einem Gespräch mit der Klägerin über die Stellung von Arbeitnehmerbürgschaften am 17. Dezember 1991 übernahmen der Beklagte und zwei andere Arbeitnehmer am 6. Januar 1992 je eine selbstschuldnerische Bürgschaft mit weiter Sicherungszweckerklärung bis zum Höchstbetrag von 200.000 DM. Die formularmäßige Bürgschaft umfaßt nach ihrer Nr. 2 die auf die Bürgschaftssumme entfallenden Zinsen, Provisionen und Kosten auch dann, wenn dadurch der Höchstbetrag überschritten wird. Die Einrede der Aufrechenbarkeit und § 776 BGB sind ausgeschlossen.
Kurze Zeit später gab die H. GmbH das von ihr betriebene Baugeschäft auf und stellte im April 1992 einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde. Am 5. Mai 1992 kündigte die Klägerin das Darlehen, für das sie 17% Zinsen berechnete, fristlos. Nach ihrer Darstellung betrugen die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin zu diesem Zeitpunkt 121.831,92 DM.
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus dem Bürgschaftsvertrag auf Zahlung eines Teilbetrages von 70.000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch. Der Beklagte, der nach eigenen Angaben über kein Vermögen verfügt, erachtet die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforde-
rung und anderer Umstände für sittenwidrig. Die Bürgschaft habe er allein aus Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes bei der Hauptschuldnerin übernommen. Außerdem sei er durch schönende Angaben der Klägerin , die die Bürgschaft als bloße Formsache verharmlost habe, über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Ertragsaussichten der sanierungsbedürftigen Hauptschuldnerin getäuscht worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM sei nicht sittenwidrig. Zwar werde der Beklagte durch die Bürgschaft finanziell kraß überfordert. Von seinem Monatseinkommen sei nur ein Betrag von 564 DM pfändbar. Dieser reiche zur Zahlung der darlehensvertraglichen Zinsen nicht aus. Die finanzielle Überforderung des Beklagten könne eine Sit-
tenwidrigkeit der Bürgschaft grundsätzlich aber nur dann begründen, wenn zusätzlich erschwerende, dem Gläubiger zurechenbare Umstände hinzukämen. Der Grundsatz, daß eine krasse finanzielle Überforderung des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen ein gewichtiges Indiz dafür sei, daß er sich entgegen seinen eigenen Interessen nur aus einer - durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten - unterlegenen Position heraus auf das Geschäft eingelassen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe, komme hier nicht zum Tragen. Die vom Beklagten gegenüber der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen nicht einmal offengelegte Sorge um den Erhalt seines Arbeitsplatzes stelle keinen erschwerenden Umstand dar, der die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft begründe.
Aus der Entscheidung des Kammergerichts vom 25. April 1997 (MDR 1998, 234) zur Sittenwidrigkeit einer Arbeitnehmerbürgschaft ergebe sich nichts anderes. Sie betreffe einen besonders gelagerten Ausnahmefall , in dem die verbürgte Verbindlichkeit so hoch sei, daß bereits bei Vertragsschluß feststehe, der Bürge werde, wenn sich das Risiko verwirkliche, auch bei günstigster Prognose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Forderung des Gläubigers nicht einmal zu großen Teilen tilgen können. Davon sei hier aber nicht auszugehen. Vielmehr habe der Beklagte sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin aufgrund seines Einsatzes eine baldige wirtschaftliche Gesundung der Hauptschuldnerin und höhere Bezüge versprochen. Außerdem habe bei den Vertragsverhandlungen eine Gesellschaftsbeteiligung des Beklagten und eine damit verbundene Einflußnahme auf die Unternehmensführung zur Diskussion gestanden. Für die Klägerin sei deshalb nicht auszuschließen gewesen, daß der Beklagte in Zukunft ein deutlich
höheres Einkommen erziele und die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits tragen könne.
Besondere Umstände, die die Bürgschaft als sittenwidrig erscheinen lassen könnten, lägen nicht vor. Für die Behauptung, durch verharmlosende Erklärungen der Klägerin und/oder eine ihr anzulastende Überrumpelung zum Vertragsschluß veranlaßt worden zu sein, sei der Beklagte beweisfällig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
Der Bürgschaftsvertrag über 200.000 DM ist, wie die Revision zutreffend rügt, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
1. Zutreffend ist allerdings die auch von der Klägerin nicht ernsthaft in Zweifel gezogene Ansicht des Berufungsgerichts, die Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 DM überfordere den Beklagten finanziell in krasser Weise.
Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die
von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann (siehe etwa Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651 und vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797, jeweils m.w.Nachw.). Ob die von der Klägerin angesprochene Möglichkeit der Restschuldbefreiung, wie sie die seit dem 1. Januar 1999 geltenden §§ 286 ff. InsO vorsehen, Anlaß geben kann, die Grenze für eine finanzielle Überforderung anders festzulegen , kann offenbleiben. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (siehe etwa BGHZ 125, 206, 209; 140, 395, 399). Der Darlehensvertrag wurde indes bereits im Januar 1992, also vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung , geschlossen. Schon deshalb ist es nicht möglich, das in ihr normierte Verfahren zur Restschuldbefreiung zu berücksichtigen (siehe bereits Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 225).
Bei Übernahme der Bürgschaft im Januar 1992 verdiente der Beklagte als Bauleiter bei der H. GmbH 2.222,70 DM netto im Monat. Der unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht pfändbare Teil von 564 DM reichte bei weitem nicht aus, die von der Klägerin berechneten laufenden Zinsen des verbürgten Geschäftskredits von 17% bis zum Vertragsende allein zu tragen. Hinzu kommt, daß sein Gehalt von dem finanziellen Leistungsvermögen der Hauptschuldnerin abhängig und davon auszugehen war, daß sie bei Eintritt des Sicherungsfalles entweder zahlungsunfähig oder überschuldet sein würde. Dies wird bei der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ohne ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte erwogenen Möglichkeit, der Beklagte werde bei
der Hauptschuldnerin künftig deutlich mehr verdienen und könne in der Lage sein, die laufenden Zinsen des verbürgten Kredits zu tragen, außer acht gelassen. Daß der Beklagte aufgrund seiner Ausbildung als Bauleiter oder in ähnlicher Stellung bei einem anderen Bauunternehmen in absehbarer Zeit wesentlich mehr verdienen könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dem Beklagten komme ohne Hinzutreten weiterer belastender Umstände nicht die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 347, 351; 146, 37, 42; 151, 34, 37; BGH, Urteile vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2328, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651, vom 11. Februar 2003 - XI ZR 214/01, ZIP 2003, 796, 797 und vom 27. Juli 2003 - IX ZR 283/99, ZIP 2003, 1596, 1598) anerkannte widerlegliche Vermutung zugute, daß ein kraß finanziell überforderter, dem Hauptschuldner persönlich nahestehender Bürge die Bürgschaft nur aus einer durch die emotionale Verbundenheit mit dem Hauptschuldner bedingten unterlegenen Position heraus übernommen und der Gläubiger dies in verwerflicher Weise ausgenutzt habe. Die Vermutung beruht auf der Lebenserfahrung, daß sich ein Bürge bei Übernahme einer ruinösen Bürgschaft für einen Ehe- oder Lebenspartner , einen engen Verwandten oder Freund vor allem von Emotionen hat leiten lassen und der Kreditgeber diese ausgenutzt hat.
Zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer besteht in aller Regel kein von Emotionen geprägtes, einer Ehe, einer eheähnlichen Partnerschaft oder einer engen Verwandtschaft oder Freundschaft vergleichbares persönliches Näheverhältnis. Das gilt besonders, wenn der
Arbeitnehmer - wie hier der Beklagte - einer von etwa 20 und bei Über- nahme der Bürgschaft für den Arbeitgeber erst seit etwa einem Jahr tätig war. Bei einem Arbeitsverhältnis stehen nicht Emotionen, die die Fähigkeit zu rationalem Handeln erheblich beeinträchtigen, sondern die beiderseitigen , häufig gegensätzlichen Interessen der Arbeitsvertragsparteien im Vordergrund. Besondere Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Dem Berufungsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es meint, die Bürgschaft sei wirksam, weil die Klägerin nicht in unzulässiger Weise auf die Entschließung des Beklagten durch die Tragweite der Haftung verharmlosende bzw. verschleiernde Erklärungen oder durch schönende Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse und Aussichten der Hauptschuldnerin eingewirkt habe. Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen sich auch im Bereich der Arbeitnehmerbürgschaften eine tatsächliche widerlegliche Vermutung für ein weitgehend fremdbestimmtes Handeln des Betroffenen ergibt. Jedenfalls liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinreichende Umstände vor, die den Beklagten auch ohne derartige verbotene Handlungen der Klägerin an einer freien und eigenverantwortlichen Entscheidung hinderten und von ihr in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt wurden.

a) Bei der zu beurteilenden ruinösen Bürgschaft des Beklagten handelt es sich um eine Arbeitnehmerbürgschaft für Bankverbindlichkeiten der Arbeitgeberin, einer finanzschwachen GmbH. Diese hatte erst Anfang 1991 mit Hilfe erheblicher Kredite ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen und befand sich bei Aufnahme des verbürgten Kredits von
200.000 DM Ende 1991/Anfang 1992 in ernsten Liquiditätsschwierigkei- ten. Diese waren so akut, daß die Arbeitgeberin den Geschäftsbetrieb trotz des gewährten Kredits bereits drei Monate später einstellen und Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung stellen mußte, der mangels Masse abgelehnt wurde. Der Beklagte stand damit bei Übernahme der Bürgschaft vor der Alternative, entweder dem über die Arbeitgeberin an ihn herangetragenen Sicherungsbegehren der Klägerin zusammen mit zwei anderen Arbeitskollegen nachzugeben oder den sofortigen Verlust seines Arbeitsplatzes in Kauf zu nehmen.
Ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse an der Gewährung des verbürgten Kredits hatte der Beklagte für die Klägerin erkennbar nicht. An der GmbH war er nicht beteiligt, von Gewinnen und Wertsteigerungen der GmbH profitierte er deshalb nicht. Der Vorschlag der Klägerin im Rahmen der Verhandlungen über den Bürgschaftsvertrag , er solle möglichst in naher Zukunft Gesellschafter werden, wurde vom alleinigen Gesellschafter der GmbH nicht aufgegriffen, die Übernahme der risikoreichen Bürgschaft von einer wesentlichen und werthaltigen Beteiligung an der Hauptschuldnerin nicht abhängig gemacht. Eine etwaige Vorstellung des Beklagten, von einer Sanierung der Hauptschuldnerin mit Hilfe des verbürgten Kredits künftig durch ein höheres Gehalt zu profitieren, war ersichtlich nichts weiter als eine vage Hoffnung.
Durch die Übernahme der Bürgschaft über 200.000 DM wurde der Beklagte, der mit 2.222,70 DM monatlich nur über ein mäßiges Nettoeinkommen verfügte, ohne Gewinnbeteiligung und ohne irgendeine Gegenleistung in einem Umfang mit dem wirtschaftlichen Risiko der Arbeitgebe-
rin und dem Kreditrisiko belastet, der geeignet war, ihn für den Rest seines Lebens wirtschaftlich zu ruinieren. Wenn der Beklagte die ihn kraß überfordernde Bürgschaft dennoch übernahm, so geschah dies allein aus Angst um seinen Arbeitsplatz bei der Hauptschuldnerin und den Verlust seines Einkommens, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestritt. Dafür besteht in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit, wie sie seit längerer Zeit vor allem auch in den neuen Bundesländern herrscht, eine tatsächliche, widerlegliche Vermutung (vgl. KG MDR 1998, 234, 235). Diese Angst, die sich der mit den dortigen Arbeitsmarktverhältnissen vertrauten Klägerin als Grund für die ersichtlich unüberlegte Übernahme der für ihn ruinösen Bürgschaft durch den Beklagten aufdrängte, hat den Beklagten daran gehindert, das Risiko der ruinösen, ohne jeden Ausgleich übernommenen Bürgschaft realistisch abzuschätzen, sich zu vergegenwärtigen, daß die Verpflichtung aus der Bürgschaft nicht mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Hauptschuldnerin endet, und eine vernünftige Entscheidung zu treffen.
Das hat die dem Beklagten strukturell weit überlegene Klägerin ausgenutzt, um das mit der Ausreichung des Geschäftskredits über 200.000 DM verbundene Risiko (auch) dem Beklagten sowie zwei anderen Arbeitnehmern der nahezu illiquiden Hauptschuldnerin aufzubürden, obwohl sich die Fragwürdigkeit der Arbeitnehmerbürgschaften für sie aufdrängen mußte. Sie hat damit versucht, von der aufgezeigten Zwangslage des Beklagten und seiner Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes zu profitieren. Dies gibt, wie das Bundesarbeitsgericht (NJW 1991, 860, 861) für eine Vereinbarung über die Belastung eines am Gewinn nicht beteiligten Arbeitnehmers mit dem Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers entschieden hat, dem Bürgschaftsvertrag nach seinem aus
der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu beurtei- lenden Gesamtcharakter das Gepräge der Sittenwidrigkeit.

b) Hier kommt noch erschwerend hinzu, daß der formularmäßige Bürgschaftsvertrag mehrere den Bürgen unangemessen belastende Klauseln enthält. Die weite Sicherungszweckerklärung, die die Bürgschaft auf alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung erweitert, verstößt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen §§ 3 und 9 AGBG (BGHZ 126, 174, 177; 130, 19, 24 ff.; 137, 153, 155 f.; 142, 213, 215 f.; 143, 95, 96 f.; 151, 374, 377; BGH, Urteile vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, WM 2002, 436, 438 und vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, WM 2003, 669, 670, für BGHZ vorgesehen ). Die vorgesehene Erstreckung der Höchstbetragsbürgschaft auf Nebenforderungen über den Höchstbetrag hinaus ist mit § 9 AGBG unvereinbar (BGHZ 151, 374, 381 ff.). Der formularmäßige Verzicht auf die Einrede der Aufrechenbarkeit benachteiligt den Beklagten ebenfalls unangemessen (§ 9 AGBG), wenn er - wie hier - auch für den Fall gilt, daß die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist (BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00, WM 2003, 669, 671, für BGHZ vorgesehen). Der Ausschluß des § 776 BGB verstößt ebenfalls gegen § 9 AGBG (BGHZ 144, 52, 55 ff.; BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1144). Daß diese unangemessenen Klauseln, die bei der nach § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen Gesamtbetrachtung einen Verstoß des Bürgschaftsvertrages gegen die guten Sitten allein nicht zu begründen vermöchten, unwirksam sind, kommt der Klägerin nach dem Schutzzweck des AGB-Gesetzes bei
der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nicht zugute (BGHZ 80, 153, 172; 98, 174, 177; 136, 347, 355 f.).

III.


Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - XI ZR 121/02

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 765 Vertragstypische Pflichten bei der Bürgschaft


(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. (2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit ü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 776 Aufgabe einer Sicherheit


Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem auf
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(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

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in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
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Mithaftung eines einkommens- und vermögenslosen Ehepartners.
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LG Wuppertal
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Siol, Dr. Müller, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1) wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Versäumnisurteil vom 8. Dezember 2000 gegen die Beklagte zu 1) aufrechterhalten und ihre Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 597.255,45 DM nebst 6% Zinsen aus 596.370,72 DM seit dem 16. Juni 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Abänderung wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 60%, die Beklagte zu 1) 1% und der Beklagte zu 2) 39%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 99% und diejenigen des Beklagten zu 2) zu 22% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Von den Kosten zweiter Instanz haben die Beklagten die durch ihre Säumnis veranlaßten Kosten als Gesamtschuldner vorab zu tragen. Für die übrigen entstandenen Kosten gilt: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 49%, die Beklagte zu 1) 2% und der Beklagte zu 2) 49%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu 98% zu erstatten. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.
Die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten sind wie folgt zu verteilen: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen sie selbst 72% und der Beklagte zu 2) 28%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) hat die Klägerin zu erstatten. Der Be- klagte zu 2) trägt seine auûergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten vor allem noch über die Wirksamkeit einer Mitverpflichtung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 15. Juli 1994 gewährte die klagende Sparkasse dem Beklagten zu 2), einem Immobilienmakler, ein variabel verzinsliches Darlehen über 800.000 DM zu einem Zinssatz von zunächst 6,75% p.a., rückzahlbar in monatlichen Zins- und Tilgungsraten von anfänglich 5.170 DM. Der Vertrag wurde von der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte), seiner Ehefrau , mitunterzeichnet. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte mit dem Kredit das von ihrem Ehemann am 19. April 1994 allein erworbene Hausgrundstück finanziert werden. Gesichert wurden das Darlehen sowie alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Darlehensnehmer durch eine Grundschuld über 1,07 Millionen DM an dem vom Ehemann der Beklagten erworbenen Grundstück.
Nachdem mehrere Zins- und Tilgungsraten nicht geleistet worden waren, kündigte die Klägerin den Darlehensvertrag mit Schreiben vom
24. Mai 1996 fristlos. In der Folgezeit betrieb sie die Zwangsversteigerung der belasteten Immobilie und verrechnete den ihr zugeflossenen Erlös von 730.101,86 DM vorrangig mit anderen Forderungen gegen den Ehemann der Beklagten, so daû nur noch ein Betrag von 161.392,68 DM auf das ausgereichte Darlehen entfiel.
Die vermögenslose Beklagte, die nach ihren Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger und deshalb nicht mehr in der Lage war, ihrer mit maximal 1.200 DM brutto monatlich vergüteten Halbtagstätigkeit im Büro ihres Ehemannes nachzugehen, ist der Auffassung: Die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages stelle eine sie finanziell kraû überfordernde und überdies wegen besonders belastender Umstände sittenwidrige Schuldmitübernahme dar.
Das Landgericht hat der Klage zum groûen Teil stattgegeben und die beklagten Eheleute wegen des geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs als Gesamtschuldner zur Zahlung von 597.255,45 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Ihre Berufungen sind erfolglos geblieben. Von den beiden Revisionen ist nur die der Beklagten angenommen worden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt bezüglich des ihr gegenüber geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruchs zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages durch die Beklagte für eine wirksame Mithaftungserklärung gehalten und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die von der Beklagten übernommene Mithaftung überfordere sie trotz fehlenden eigenen Einkommens und Vermögens nicht in krasser Weise. Eine andere Betrachtungsweise lasse die Besonderheit auûer acht, daû das Darlehen nicht für lange Zeit habe aufgenommen werden müssen, sondern nur deshalb, weil der Kaufpreis von 3,3 Millionen DM für die von ihrem Ehemann veräuûerte Gesellschaftsbeteiligung noch nicht bezahlt worden sei. Daû die Kaufpreisforderung schon bei der Kreditaufnahme endgültig uneinbringlich gewesen sei, sei von der Beklagten nicht schlüssig vorgetragen. Vor allem stehe der Annahme einer krassen finanziellen Überforderung entgegen, daû sie aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarungen über die Mithaftungsübernahme im Innenverhältnis einen gleich hohen Aufwendungserstattungs- oder Ausgleichsanspruch erworben habe. Diese Ansprüche seien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses durchaus realisierbar gewesen, weil die Eheleute damals noch die Kaufpreiszahlung für die veräuûerten Geschäftsanteile erwartet hätten. Auûerdem sei nicht schlüssig vorgetragen , daû die Beklagte nicht bereits bei Abgabe der Mithaftungserklärung mit der finanziellen Unterstützung ihrer Schwiegereltern habe rechnen können. Dagegen sprächen zumindest die erheblichen Geldbeträge über rund 800.000 DM, die diese ihr ab Dezember 1995, also schon vor der Inanspruchnahme durch die Klägerin hätten zukommen lassen. Den Be-
weis, daû die Mithaftungsübernahme nach einer verharmlosenden Erklärung der Klägerin nur "pro forma" habe erfolgen sollen oder von ihr erzwungen worden sei, sei die Beklagte schuldig geblieben.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
Die durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages über 800.000 DM übernommene Mithaftung der Beklagten verstöût, wie die Revision zutreffend rügt, gemäû § 138 Abs. 1 BGB gegen die guten Sitten und ist damit nichtig. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die einkommens - und vermögenslose Beklagte sei nicht finanziell kraû überfordert , ist unhaltbar.
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , daû die Beklagte durch die Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages nach dem Willen aller Beteiligten keine gleichberechtigte Kreditnehmerin, sondern bloûe Mithaftende werden sollte.

a) Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta mitentscheiden darf (BGHZ 146, 37, 41; Senatsurteile vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 244/97, WM 1998, 2366 f.
und vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224). Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall erfüllt sind, beurteilt sich ausschlieûlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen auf seiten der Mitdarlehensnehmer. Die kreditgebende Bank hat es daher nicht in der Hand, etwa durch eine im Darlehensvertrag gewählte Formulierung wie z.B. "Mitdarlehensnehmer", "Mitantragsteller", "Mitschuldner" oder dergleichen einen bloû Mithaftenden zu einem gleichberechtigten Mitdarlehensnehmer zu machen und dadurch den Nichtigkeitsfolgen des § 138 Abs. 1 BGB zu entgehen (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 224 m.w.Nachw.). Danach durfte das Berufungsgericht die Willenserklärung der Beklagten bei wertender Betrachtung gemäû §§ 133, 157 BGB durchaus als Schuldmitübernahme deuten. Zwar hat es seine Auffassung nicht einmal ansatzweise begründet, sondern eine Mitgläubiger- und gleichgründige Gesamtschuldnerschaft der Eheleute offenbar erst gar nicht in Betracht gezogen. Da in dieser Frage weiterer Sachvortrag der Prozeûparteien nicht zu erwarten ist, kann der erkennende Senat aber die gebotene Vertragsauslegung selbst vornehmen (vgl. etwa BGHZ 124, 39, 45).

b) Nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragschlieûenden diente die Kreditaufnahme über 800.000 DM ausschlieûlich zur Finanzierung des Kaufpreises für das nur vom Ehemann der Beklagten bereits vor Abschluû des Darlehensvertrags erworbene Hausgrundstück. Dafür, daû die Beklagte gleichwohl über die Auszahlung und Verwendung der Darlehensvaluta als im wesentlichen gleichberechtigte Vertragspartei mitbestimmen durfte und von einem solchen Recht ganz oder teilweise Gebrauch gemacht hat, ist nichts ersichtlich. Nach ihrer unwiderlegten
Darstellung ist vielmehr davon auszugehen, daû sie, die mit dem Kauf der "Jugendstilvilla" nicht einverstanden war, aufgrund der mit ihrem Ehemann getroffenen Vereinbarung lediglich die Mithaftung für das Darlehen übernehmen sollte. Der Umstand, daû die zu finanzierende Immobilie bis zur Zwangsversteigerung durch die Klägerin von der ganzen Familie der Beklagten bewohnt wurde, deutet entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung keineswegs darauf hin, daû die Beklagte gleichberechtigte Mitdarlehensnehmerin sein sollte, sondern lenkt nur den Blick auf einen regelmäûig nicht einmal zuverlässig feststellbaren und häufig nur flüchtigen mittelbaren Vorteil der Beklagten aus der Kreditaufnahme.
2. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, überforderte die Mithaftungsübernahme die Beklagte von Anfang an finanziell in krasser Weise, ohne daû sich für die Klägerin entlastende Momente finden lassen.

a) Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine solche Überforderung des Bürgen oder Mitverpflichteten bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daû der dem Hauptschuldner persönlich nahestehende Bürge oder Mithaftende die für ihn ruinöse Personalsicherheit allein aus emotionaler Verbundenheit mit
dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstöûiger Weise ausgenutzt hat (BGHZ 136, 346, 351; 146, 37, 47; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126, vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 und vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, Umdruck S. 6 und - XI ZR 81/01, Umdruck S. 6, beide zur Veröffentlichung vorgesehen).

b) So ist es hier. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Beklagten war sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im sechsten Monat schwanger, nicht mehr halbtags in dem Betrieb ihres Ehemannes als Bürokraft tätig und infolgedessen ohne eigenes Einkommen. Da eine ganztätige Berufsausübung mit einem erheblich höheren Monatsgehalt als die vorher bezogenen 1.200 DM brutto in absehbarer Zeit nicht realistisch erschien und ein eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie aus der maûgebenden Sicht eines rational handelnden Kreditgebers voraussichtlich auch zukünftig nicht einmal die im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen von mehr als 4.000 DM monatlich allein aufbringen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigen, eine krasse finanzielle Überforderung der Beklagten zu verneinen.
aa) Darauf, ob der gesamte Kredit nach dem Willen der Vertragsschlieûenden schon nach kurzer Zeit mit dem Erlös aus dem Verkauf der Gesellschaftsbeteiligung des Ehemannes der Beklagten wieder zurückgezahlt werden sollte, kommt es - wie die Revision zu Recht geltend macht - nicht entscheidend an. Wenn das Berufungsgericht von der Beklagten den Nachweis verlangt, daû die Kaufpreisforderung über
3,3 Millionen DM bereits bei Abgabe der sonst ruinösen Mithaftung endgültig uneinbringlich gewesen sei, verkennt es, daû bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung allein auf die Leistungsfähigkeit des Mithaftenden abzustellen ist (BGHZ 146, 37, 43; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412) und die Mithaftungserklärung gerade dann zum Tragen kommen soll, wenn der Hauptschuldner (unvorhergesehen) seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Im übrigen enthält der Darlehensvertrag, der die Zinsanpassung für einen Zeitraum von 10 Jahren regelt, keinerlei Hinweis darauf, daû es sich nach dem ursprünglichen Willen der Vertragsparteien nur um eine kurzfristige Zwischenfinanzierung handeln sollte.
bb) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe als bloûe Mithaftende jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Innenverhältnis ein die krasse finanzielle Überforderung voll ausgleichender Aufwendungsersatz- oder Ausgleichsanspruch gegen ihren primär haftenden Ehemann zugestanden, trägt die getroffene Entscheidung nicht. Eine Bürgschaft oder Mithaftung wird, wie dargelegt , von dem Betroffenen regelmäûig für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners oder anderer vergleichbarer Leistungshindernisse übernommen. Nach gefestigter Rechtsprechung sowohl des IX. als auch des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43 m.w. Nachw.) ist bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Personalsicherheit daher die bei Vertragsabschluû vielleicht noch vorhandene Finanzkraft des Darlehensnehmers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, sondern nur das pfändbare Einkommen und Vermögen des Sicherungsgebers. Davon ausgehend ist von vornherein ausgeschlossen , daû schuldrechtliche Befreiungs- oder Regreûansprüche des
Bürgen oder Mithaftenden gegen den Hauptschuldner, zumal wenn sie - wie hier - völlig ungesichert sind, bei der Prüfung der Wirksamkeit der Bürgschaft oder Mithaftung eine Rolle spielen.
cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Berücksichtigung von Zuwendungen der Schwiegereltern bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Beklagten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand keine hinreichend gesicherte Aussicht der Beklagten auf eine gegenüber der Darlehenssumme ins Gewicht fallende finanzielle Unterstützung durch ihre Schwiegereltern. Denn abgesehen davon, daû die Gelder nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag erst ab Dezember 1995, also nach der bereits im Sommer 1994 abgegebenen Mithaftungserklärung geflossen sind, handelt es sich durchweg um Leistungen, auf die sie keinen Anspruch hatte und die auch nicht, wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336), zum Gegenstand von Verhandlungen über ihre künftig zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemacht worden sind.
dd) An der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten ändert schlieûlich auch die von ihrem Ehemann bestellte Grundschuld über 1,07 Millionen DM nichts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind anderweitige Sicherheitsleistungen des Kreditnehmers - vor allem dingliche Sicherheiten - grundsätzlich nur dann zu berücksichtigen , wenn sie das Mithaftungsrisiko des Betroffenen in rechtlich gesicherter Weise auf ein vertretbares Maû beschränken (vgl. etwa BGHZ 136, 347, 352 f.; Senat BGHZ 146, 37, 44 m.w.Nachw.). Diese engen Voraussetzungen erfüllt die Grundschuld, die - insoweit rechtlich unbedenklich - nicht nur das Darlehen über 800.000 DM, sondern auch
alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Klägerin gegen den Ehemann der Beklagten sichern sollte, nicht (vgl. Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 10).

c) Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. Senat BGHZ 146, 37, 45; Urteil vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, aaO S. 225) lag es demnach bei der Klägerin, im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen, daû die Beklagte die ruinöse Mithaftung entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung nicht aus emotionaler Bindung an ihren Ehemann, sondern aufgrund eines im wesentlichen autonomen und eigenverantwortlichen Entschlusses übernommen hat. Dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder den Umständen zu entnehmen.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage gegen die Beklagte abweisen, soweit sie sich auf Rückzahlung des restlichen Darlehens richtet.
Nobbe Siol Müller
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 214/01 Verkündet am:
11. Februar 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 17. Mai 2001 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 26. Oktober 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Bürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Beklagten - Inhaber eines Schmuckhandelsgeschäfts - war Schuldner mehrerer von der klagenden Bank ausgereichter
Betriebsmittelkredite, darunter zwei Darlehen über 50.000 DM und 240.000 DM mit Zinssätzen von ursprünglich 10,25% sowie 7,75% p.a.. Für beide Kredite übernahm die Beklagte am 3. Januar 1998 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM. Ferner dienten die Geschäftseinrichtung und das Warenlager des Gewerbebetriebes ihres Ehemannes sowie dessen Forderungen aus zwei Lebensversicherungen der Klägerin als Sicherheit.
Anfang 1999 gründete die Beklagte die A. Schmuckhandels GmbH und leitete in der Folgezeit das Unternehmen in den Geschäftsräumen ihres nicht mehr als Einzelkaufmann tätigen Ehemannes. Am 5. März 1999 kündigte die Klägerin die mit ihm bestehende Geschäftsverbindung wegen Verschlechterung der Vermögenslage und Aufgabe seines Unternehmens fristlos und stellte die Kredite fällig. Nach Verwertung der anderweitigen Sicherheiten geht sie gegen die Beklagte aus dem Bürgschaftsvertrag vom 3. Januar 1998 vor.
Die Beklagte hält die Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung für sittenwidrig. Bei Abgabe der Bürgschaftserklärung habe sie als Aushilfsverkäuferin im Schmuckhandelsgeschäft ihres Ehemannes ein monatliches Nettogehalt von 466,36 DM erzielt und über kein eigenes Vermögen verfügt.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 257.414,57 DM nebst Zinsen gerichteten Klage in Höhe von 249.034,42 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.

I.


Das Berufungsgericht hat den Bürgschaftsvertrag der Parteien für wirksam erachtet und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft sei nicht sittenwidrig. Die Beklagte werde durch die Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM nicht finanziell kraß überfordert. Zwar habe sie ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen und Steuerbescheide für das Jahr 1998 als Aushilfskraft im Betrieb ihres Ehemannes im Monat durchschnittlich nur rund 800 DM brutto verdient und demnach nicht einmal die laufenden Zinsen für die verbürgten Geschäftskredite allein aufbringen können. Die Klägerin habe aber bei Vertragsschluß im Januar 1998 mit einer erheblichen Ausweitung der beruflichen Tätigkeit der Beklagten rechnen können. Durch die Mitarbeit im Unternehmen ihres Ehemannes sei die Beklagte hinreichend geschäftserfahren und die Betreuung der damals schon 14 und 15 Jahre alten Kinder in naher Zukunft nicht mehr erforderlich gewesen. Dafür spreche auch, daß sie seit Februar 1999 als Geschäftsführerin-Gesellschafterin der A. Schmuckhandels GmbH ein eigenes Geschäft betreibe und ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnung im November desselben Jahres 2.557,66 DM netto verdient habe.

Im übrigen sei das Mithaftungsbegehren des Kreditgebers nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs , der sich der Senat anschließe, in aller Regel rechtlich vertretbar , weil er sich so möglichst wirksam vor Vermögensverlagerungen vom Hauptschuldner auf den Ehepartner schützen könne. Die Bürgschaft der Beklagten sei deshalb selbst bei einer finanziellen Überforderung hinnehmbar , zumal die Haftung auf den Höchstbetrag von 320.000 DM begrenzt sei. Dem IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sei außerdem darin zu folgen, daß die bei Bürgschaften für Geschäftskredite des Ehegatten regelmäßig zu erwartenden höheren Unterhaltsleistungen im allgemeinen einen angemessenen Ausgleich darstellten, sofern der Vertragsschluß - wie hier - nicht mit unzulässigen Mitteln herbeigeführt worden sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in keinem wesentlichen Punkt stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verstößt der Bürgschaftsvertrag der Parteien gegen die guten Sitten und ist infolgedessen nichtig.
1. Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Verpflich-
tungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; 146, 37, 42; Senatsurteile vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125; vom 4. Dezember 2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, WM 2002, 1347, 1348, für BGHZ 151, 34 vorgesehen; vom 14. Mai 2002 - XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1351; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648; vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01, WM 2002, 1649, 1651 sowie vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02, WM 2003, 275 f.). Zwar reicht selbst der Umstand, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, daß er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat (st.Rspr., siehe z.B. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01 aaO S. 1348 und vom 28. Mai 2002 - XI ZR 205/01 aaO, jeweils m.w.Nachw.).
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte weder bei Vertragsschluß im Januar 1998 noch bei Eintritt des Sicherungsfalles in der Lage, die in den der Höchstbetragsbürgschaft über 320.000 DM zugrunde liegenden Kreditverträgen vereinbarten Zinsen
aus eigenem pfändbaren Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein zu tragen.

a) Da das monatliche Bruttogehalt der Beklagten für ihre geringfügige Aushilfstätigkeit im Schmuckhandelsgeschäft ihres Ehemannes nur rund 800 DM betrug und eigenes nennenswertes Vermögen nicht vorhanden war, konnte sie bei Übernahme der Bürgschaft nicht das Geringste zur vertragsgemäßen Erfüllung auch nur der Zinsansprüche der Klägerin aus den verbürgten Darlehen beitragen.

b) Aus der maßgebenden Sicht eines seriösen und vernünftigen Kreditgebers war unter normalen Umständen auch nicht mit einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung des finanziellen Leistungsvermögens der Beklagten bis zum ungewissen Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen.
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats sind bei der gebotenen Prognose grundsätzlich alle erwerbsrelevanten Umstände und Verhältnisse - wie z.B. Alter, Schul- und Berufsausbildung sowie etwaige besondere familiäre oder vergleichbare Belastungen - des erkennbar finanzschwachen Bürgen oder Mithaftenden zu berücksichtigen (vgl. z.B. Senat BGHZ 146, 37, 43; Senatsurteile vom 26. April 1994 - XI ZR 184/93, WM 1994, 1022, 1024 und vom 13. November 2001 - XI ZR 82/01, WM 2002, 125, 126). Erst wenn danach bei lebensnaher Betrachtung feststeht, daß der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines eigenen Einkommens
und/oder Vermögens bis zum Vertragsende allein aufbringen kann, ist eine krasse finanzielle Überforderung zu bejahen.
bb) So ist es hier. Zwar mag es bei Übernahme der Bürgschaft aufgrund des Alters ihrer 1983 und 1984 geborenen Kinder nahegelegen haben, daß die damals 44 Jahre alte Beklagte alsbald deren Betreuung aufgeben und einer ganztägigen Berufstätigkeit nachgehen werde. Von der Klägerin ist aber nichts dafür vorgetragen, daß die Beklagte in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin oder aber als Verkäuferin unter normalen Umständen so viel verdienen konnte, daß sie die Zinsen aus den verbürgten Darlehen allein aufbringen konnte oder daß eine andere hinreichend gesicherte Aussicht auf eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Einkommensverhältnisse bestand. Bei voller Valutierung der verbürgten Darlehen beliefen sich die Zinsen auf fast 2.000 DM monatlich. Um diese aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens tragen zu können, hätte die Beklagte selbst ohne Berücksichtigung von Unterhaltspflichten ein Einkommen von fast 4.000 DM netto im Monat erzielen müssen. Nichts spricht nach der Lebenserfahrung dafür, daß ihr dies als Arzthelferin oder als Verkäuferin möglich gewesen wäre.
Daß sie Anfang 1999 die A. Schmuckhandels GmbH gegründet und im November desselben Jahres als deren GeschäftsführerinGesellschafterin 2.557,66 DM netto verdient hat, rechtfertigt keine andere rechtliche Betrachtung. Nichts spricht dafür, daß die Beteiligten mit einer solchen ungewöhnlichen Entwicklung ernsthaft gerechnet und diese - wie es grundsätzlich erforderlich gewesen wäre (vgl. BGHZ 132, 328, 336) - zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht haben. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, daß die Erträge der Beklagten aus
der noch jungen Gesellschaft sowie ihr Geschäftsführergehalt von 2.557,66 DM netto pro Monat ausreichen, um die von den Darlehensvertragsparteien festgelegten Zinsen aus dem pfändbaren Teil ihres Einkommens bis zum Vertragsende allein aufzubringen.
3. Anders als das Berufungsgericht unter ausdrücklicher Berufung auf die "gegenwärtige" Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs angenommen hat, stehen einer Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auch keine anderen Hinderungsgründe entgegen.

a) Die tatsächliche Vermutung, daß die Beklagte die ruinöse Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit ihrem Ehemann übernommen und die Klägerin dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, hat die Klägerin nicht widerlegt oder entkräftet. Daß das Schmuckhandelsgeschäft des Ehemanns der Beklagten bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages die Existenzgrundlage der ganzen Familie bildete, ist insoweit nicht von wesentlicher Bedeutung. Der Erwerb eines bloßen mittelbaren geldwerten Vorteils aus der Aufnahme des verbürgten Darlehens - wie etwa eine häufig nur schwer feststellbare und flüchtige Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards oder die vorläufige Erhaltung des Arbeitsplatzes - wiegt nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats das bei Betriebsmittelkrediten regelmäßig ganz besonders große Bürgschaftsrisiko bei weitem nicht auf. Zudem würde der gegenteilige Standpunkt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung der Ehepartner selbständiger Unternehmer führen (Senat BGHZ 146, 37, 45 f. m.w.Nachw.). Dem hat sich der vormals für das Bürgschaftsrecht zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs jedenfalls für die Fälle krasser finanzieller Überforderung des Bürgen in
seinem schon lange vor der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 27. Januar 2000 (IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 412, 413) ausdrücklich angeschlossen.

b) Des weiteren stellt das Interesse des Gläubigers, sich mit Hilfe von Bürgschaften oder Mithaftungsabreden möglichst wirksam vor etwaigen Vermögensverschiebungen zwischen Eheleuten zu schützen, allein keinen die Sittenwidrigkeit ausschließenden Umstand dar.
Nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (siehe zuletzt Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, aaO S. 1349 f. und XI ZR 81/01, aaO S. 1351 f., jeweils m.w.Nachw.) rechtfertigt das Ziel, etwaigen Vermögensverschiebungen zwischen den Eheleuten vorzubeugen, eine an sich wirtschaftlich sinnlose Bürgschaft oder Mithaftungsabrede nur dann, wenn es durch Vereinbarung der Parteien zum Vertragsinhalt gemacht wird. Ohne besondere, vom Kreditgeber darzulegende und notfalls zu beweisende Anhaltspunkte kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daß eine kraß überfordernde Bürgschaft oder Mithaftungsübernahme inhaltlich von vornherein nur eine erhebliche Vermögensverlagerung zwischen Hauptschuldner und Sicherungsgeber verhindern soll. Die gegenteilige Auffassung verstößt gegen allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze und das im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltende Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Dieser Standpunkt wird inzwischen im Grundsatz auch vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geteilt (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - IX ZR 257/97, WM 1998, 2327, 2329 f.). Soweit dies nicht für Bürgschaftsverträge aus der Zeit vor dem 1. Januar 1999 gelten soll, weil für die Kreditinstitute damals noch nicht hinreichend klar gewesen sei, inwieweit sie
ihr Interesse an einem möglichst wirksamen Schutz vor Vermögensverschiebungen über die bloße Hereinnahme der Bürgschaft hinaus durch geeignete vertragliche Regelungen absichern mußten, ist dem nicht zu folgen. Wie der erkennende Senat in den zitierten Urteilen vom 14. Mai 2002 (XI ZR 50/01, aaO und XI ZR 81/01, aaO) im einzelnen dargelegt hat, war es angesichts des Meinungsstreits beider Senate von vornherein ausgeschlossen, daß sich aus dem Blickwinkel eines rational handelnden Gläubigers ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung bilden konnte. Etwas anderes ist im übrigen auch von der Klägerin in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht worden.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die Klage abweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 98/01 Verkündet am:
15. Januar 2002
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit
von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Lebenspartner gelten
grundsätzlich nicht für GmbH-Gesellschafter, die für Verbindlichkeiten
der GmbH die Mithaftung oder Bürgschaft übernehmen. Etwas anderes gilt,
wenn der GmbH-Gesellschafter ausschließlich Strohmannfunktion hat, die
Mithaftung oder Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit mit der
hinter ihm stehenden Person übernimmt und beides für die kreditgebende
Bank evident ist.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01 - OLG München
LG München II
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Dr. Joeres und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Dezember 2000 aufgehoben und das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 13. Juni 2000 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 51.129,19 ? (= 100.000 DM) nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank vom 8. Oktober 1995 bis zum 31. Dezember 1998 und 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Sparkasse nimmt die Beklagte als Bürgin in Anspruch.
Mit vier Kontokorrentkredit- bzw. Darlehensverträgen vom 25. November 1993, 27. Januar und 28. April 1994 gewährte die Klägerin der A. GmbH Kredite in Höhe von insgesamt 2 Millionen DM. Gesellschafter der GmbH mit einem Anteil von je 25% waren die Beklagte, deren früherer Ehemann sowie W. und F. R., Geschäftsführer der frühere Ehemann der Beklagten und W. R.
Die 1947 geborene Beklagte verbürgte sich in einer Urkunde vom 7. Dezember 1993 bis zu einem Höchstbetrag von 500.000 DM für alle bestehenden und künftigen Forderungen der Klägerin aus der Geschäftsverbindung mit der GmbH. Sie übte in diesem Zeitpunkt keine Erwerbstätigkeit aus, sondern war Hausfrau, betreute ihren 1985 geborenen Sohn und erhielt von ihrem Ehemann ein monatliches "Hausgeld" in Höhe von 2.000 DM. Inzwischen ist sie geschieden und bezieht als kaufmännische Angestellte ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 4.000 DM.
Als weitere Sicherheiten für die Kredite der Klägerin dienten eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 2 Millionen DM auf dem mit Hilfe der Kredite erworbenen Werksgrundstück der GmbH, die Sicherungsübereignung des übernommenen Anlage- und Umlaufvermögens, eine Sicherungsabtretung von Forderungen der GmbH, Höchstbetragsbürg-
schaften der anderen drei GmbH-Gesellschafter bis zu einem Betrag von jeweils 500.000 DM sowie eine Ausfallbürgschaft der B.-bank T. in Höhe von 1,28 Millionen DM.
Als die GmbH die Eröffnung der Gesamtvollstreckung über ihr Vermögen beantragte, kündigte die Klägerin am 2. Oktober 1995 die in Höhe von 1.944.035,84 DM valutierenden Kredite und nahm die Beklagte aus der Bürgschaft in Höhe von 500.000 DM in Anspruch.
Die Beklagte macht die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft wegen krasser finanzieller Überforderung geltend und hat vorgetragen, sie sei nur aus steuerlichen Gründen Gesellschafterin geworden. Sie habe nie an geschäftlichen Entscheidungen mitgewirkt und besitze keine Erfahrungen und Kenntnisse in dem Geschäftsbereich der GmbH. Am 10. Januar 1994 habe sie ihrem Ehemann ihren Gewinnanteil aus ihrer Beteiligung an der GmbH übertragen. Die Klägerin habe gewußt, daß sie nur als Strohfrau Gesellschafterin geworden sei.
Ferner hat die Beklagte die Bürgschaft am 22. Juli 1996 angefochten. Sie hat vorgetragen, sie habe die Bürgschaftserklärung ohne Brille, ohne die sie nicht lesen könne, unterschrieben und erst am 2. Oktober 1995 Kenntnis von dieser Erklärung erlangt. Ihr Ehemann habe ihr bei Vorlage der Bürgschaftserklärung vorgetäuscht, daß mit der Unterzeichnung keine finanziellen Risiken verbunden seien. Ferner habe er ihr mit dem Entzug des "Hausgeldes" gedroht und erklärt, die Valutierung der Kredite hänge von ihrer Unterschrift ab.
Die Teilklage auf Zahlung von 100.000 DM nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet; sie führt zur antragsgemäûen Verurteilung der Beklagten.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Die Bürgschaft der Beklagten sei gemäû § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Für die Klägerin sei erkennbar gewesen, daû die Beklagte durch die Bürgschaft finanziell kraû überfordert werde, weil sie nicht in der Lage sei, auch nur die laufende Zinslast zu tragen, und daû sie die Bürgschaft ohne unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse aus persönlicher Verbundenheit zu ihrem Ehemann übernehme. Ihre Beteiligung an der GmbH sei kein dem Bürgenrisiko entsprechender Gegenwert, weil das gesamte Vermögen der GmbH als Kreditsicherheit gedient habe. Die Beklagte habe aus ihrer Beteiligung keine Vorteile gezogen, sondern die Bürgschaft auf Drängen ihres Ehemannes übernommen. Die Klägerin habe die Einkommensverhältnisse der Beklagten gekannt. Deshalb habe
ihr klar sein müssen, daû die Bürgschaft wirtschaftlich sinnlos war und allenfalls als Mittel zur Erlangung der werthaltigen Ausfallbürgschaft der B.-bank T. dienen konnte.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die von der Beklagten übernommene Bürgschaft verstöût nicht gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB).
1. Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Sittenwidrigkeit von Mithaftung und Bürgschaft finanziell überforderter Lebens -, insbesondere Ehepartner entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410 ff.; Senat BGHZ 146, 37 ff., jeweils m.w.Nachw.) gelten, was das Berufungsgericht verkannt hat, für die Bürgschaft der Beklagten als Mitgesellschafterin der Hauptschuldnerin nicht.

a) Ein Kreditinstitut, das einer GmbH ein Darlehen gewährt, hat grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der persönlichen Haftung der maûgeblich beteiligten Gesellschafter. Die gängige Bankpraxis, bei der Gewährung von Geschäftskrediten für eine GmbH Bürgschaften der Gesellschafter zu verlangen, ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Die kreditgebende Bank kann dabei im allgemeinen davon ausgehen, daû der Gesellschafter, der sich an einer GmbH beteiligt, dies aus eigenem finanziellen Interesse tut und schon deshalb durch die Haftung kein
unzumutbares Risiko auf sich nimmt (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157). Weder eine krasse finanzielle Überforderung eines bürgenden Gesellschafters noch seine emotionale Verbundenheit mit einem die Gesellschaft beherrschenden Dritten begründen daher die Vermutung der Sittenwidrigkeit (BGH, Urteil vom 18. September 2001 aaO; Nobbe/Kirchhof BKR 2001, 5, 14).

b) Dies gilt in der Regel selbst dann, wenn der Gesellschafter nur die Funktion eines Strohmannes hat. Nur wenn für das Kreditinstitut klar ersichtlich ist, daû derjenige, der bürgen soll, finanziell nicht beteiligt ist und die Stellung eines Gesellschafters ohne eigenes wirtschaftliches Interesse nur aus persönlicher Verbundenheit mit einer die GmbH wirtschaftlich beherrschenden Person übernommen hat, gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften entsprechend (BGHZ 137, 329, 336 f.; BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157).
Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die Bürgschaft nicht nur aus persönlicher Verbundenheit mit ihrem Ehemann ohne eigenes wirtschaftliches Interesse übernommen. Dem Vortrag der Beklagten zufolge waren steuerliche Gründe für die Übernahme der Gesellschafterstellung maûgeblich. Nach § 14 der Satzung der GmbH kam der zu versteuernde Gewinn der Beklagten entsprechend ihrer 25%igen Beteiligung zugute. Die von ihr behauptete Übertragung des Gewinnanteils am 10. Januar 1994 an ihren früheren Ehemann ist für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit
ihrer bereits am 7. Dezember 1993 übernommenen Bürgschaft rechtlich irrelevant, da es auf die Verhältnisse bei Übernahme der Bürgschaft ankommt. Eine mündliche Vereinbarung über den Ausschluû ihrer Gewinnbeteiligung bereits zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte nicht substantiiert geltend gemacht.
Ihr Vorbringen enthält überdies keinen Anhaltspunkt dafür, daû das etwaige Fehlen eines eigenen wirtschaftlichen Interesses für die Klägerin klar ersichtlich gewesen wäre. Daû die Klägerin - wie üblich - die Kreditverhandlungen nur mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der GmbH, nicht aber mit der Beklagten geführt hat, besagt nichts darüber, daû der Klägerin eine etwaige Funktion der Beklagten als bloûe Strohfrau bekannt war.
2. Wenn - wie hier - die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften nicht anwendbar sind, können nur besondere, dem Kreditinstitut zurechenbare Umstände, etwa die Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512) oder die Beeinträchtigung der Willensbildung und Entschlieûungsfreiheit durch Irreführung (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt), Schaffung einer seelischen Zwangslage (BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95, WM 1997, 511, 512) oder Ausübung unzulässigen Drucks (BGH, Urteile vom 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, WM 1996, 588, 592 und vom 18. Dezember 1997 - IX ZR 271/96, WM 1998, 239, 240, insoweit in
BGHZ 137, 329 ff. nicht abgedruckt) die Bürgschaft eines Gesellschafters sittenwidrig erscheinen lassen (Nobbe/Kirchhof aaO S. 13 f.).
Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

a) Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der Beklagten ist nicht zu entnehmen, daû die Beklagte durch eine der Klägerin zurechenbare Ausnutzung ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit zur Übernahme der Bürgschaft veranlaût worden ist. Die im Gesellschaftsvertrag als Kauffrau bezeichnete, damals 45 Jahre alte Beklagte hatte im Jahre 1992 als Angestellte in einem medizintechnischen Unternehmen gearbeitet und ein jährliches - nicht, wie das Berufungsgericht irrtümlich angenommen hat, monatliches - Bruttoeinkommen in Höhe von 34.250 DM erzielt. Da der Klägerin dies aufgrund der Einkommensteuererklärung der Eheleute bekannt war, bevor sie der GmbH die Kredite bewilligte und die Beklagte sich zur Übernahme der Bürgschaft bereit fand, hatte die Klägerin keinen Anlaû, von einer geschäftlichen Unerfahrenheit der Beklagten auszugehen.

b) Auch eine der Klägerin zurechenbare Beeinträchtigung ihrer Willensbildung und Entschlieûungsfreiheit hat die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Sie hat zwar geltend gemacht, sie habe die Bürgschaftserklärung vor der Unterzeichnung nicht lesen können und sei von ihrem Ehemann durch Täuschung und Drohung zur Unterschrift veranlaût worden. Das von der Beklagten behauptete Verhalten ihres Ehemannes ist der Klägerin aber nicht zurechenbar. Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer die Klägerin von einer sittlich zu
miûbilligenden Einwirkung des Ehemannes auf die Entschlieûung der Beklagten ausgehen muûte.

III.


Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Die Bürgschaft ist nicht gemäû §§ 119 Abs. 1, 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB nichtig.

a) Die Beklagte hatte kein Anfechtungsrecht wegen Irrtums gemäû § 119 Abs. 1 BGB. Irrtum ist das unbewuûte Auseinanderfallen von Wille und Erklärung (BGH, Urteil vom 28. April 1971 - V ZR 201/68, LM § 119 BGB Nr. 21). Deshalb liegt grundsätzlich kein Irrtum vor, wenn jemand eine Erklärung in dem Bewuûtsein abgibt, ihren Inhalt nicht zu kennen (Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 119 Rdn. 9). Wer eine Urkunde ungelesen unterschreibt, hat nur dann ein Anfechtungsrecht, wenn er sich von deren Inhalt eine bestimmte, allerdings unrichtige Vorstellung gemacht hat (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1994 - IX ZR 168/93, WM 1994, 2274, 2276). Gemessen hieran befand sich die Beklagte bei Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde über deren Inhalt nicht im Irrtum. Ihrem Vortrag zufolge hat sie die Urkunde ungelesen unterschrieben, ohne sich von deren Inhalt eine bestimmte, unrichtige Vorstellung zu machen.

b) Soweit sie eine arglistige Täuschung durch ihren Ehemann geltend macht, sind die Anfechtungsvoraussetzungen des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erfüllt. Der Ehemann war Dritter im Sinne dieser Vorschrift. Ein am Zustandekommen eines Vertrages Beteiligter ist nur dann nicht als Dritter anzusehen, wenn sein Verhalten dem des Anfechtungs-
gegners gleichzusetzen ist. Dies ist über den Bereich der gesetzlichen und rechtsgeschäftlichen Vertretung hinaus bei einem vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder -gehilfen sowie bei einem Beteiligten, dessen Verhalten dem Erklärungsgegner wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände zuzurechnen ist, der Fall (BGH, Urteil vom 20. November 1995 - II ZR 209/94, WM 1996, 201, 203 m.w.Nachw.). Eine derartige Stellung hatte der Ehemann der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin nicht inne. Daû die Klägerin die Bürgschaftsurkunde entworfen und den Anlaû für die Einholung der Unterschrift der Beklagten gegeben hat, reicht hierfür ebenso wenig aus wie das gleichgerichtete Interesse der Klägerin und des Ehemannes an der Bürgschaftsübernahme durch die Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 1992 - IX ZR 145/91, WM 1992, 1016). Der Ehemann der Beklagten war insbesondere weder Verhandlungs- noch Erfüllungsgehilfe der Klägerin (vgl. für § 1 HWiG: Senat, Urteile vom 9. März 1993 - XI ZR 179/92, WM 1993, 683, 684 und vom 4. Oktober 1995 - XI ZR 215/94, WM 1995, 2133, 2134, insoweit in BGHZ 131, 55 ff. nicht abgedruckt). Daû die Klägerin die angebliche Täuschung durch den Ehemann der Beklagten kannte oder kennen muûte, hat die Beklagte nicht behauptet.

c) Die Anfechtung wegen Drohung gemäû § 123 Abs. 1 BGB hat die Beklagte nicht rechtzeitig binnen Jahresfrist erklärt (§ 124 Abs. 1 BGB). Von einer angeblichen Drohung ihres Ehemanns ist in der Anfechtungserklärung vom 22. Juli 1996 keine Rede. Die erstmalige Berufung auf diesen Anfechtungsgrund in der Klageerwiderung vom 13. August 1999 ist eine neue Anfechtungserklärung, deren Rechtzeitig-
keit nach dem Zeitpunkt ihrer Abgabe zu beurteilen ist (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 1965 - II ZR 45/63, WM 1965, 1196, 1197 und vom 19. Februar 1993 - V ZR 249/91, NJW-RR 1993, 948). In diesem Zeitpunkt war die Anfechtungsfrist gemäû § 124 Abs. 1 BGB bereits abgelaufen. Die Frist begann gemäû § 124 Abs. 2 Satz 1 BGB, als die durch die angebliche Drohung geschaffene Zwangslage aufhörte. Dies war spätestens bei Abgabe der Anfechtungserklärung vom 22. Juli 1996 der Fall.
2. Die Ausdehnung der Bürgenhaftung der Beklagten durch die in der formularmäûigen Bürgschaftsurkunde enthaltene Zweckerklärung über die Verbindlichkeiten der GmbH hinaus, die objektiv Anlaû der Verbürgung waren, ist zwar gemäû § 9 AGBG unwirksam. Die Haftung der Beklagten für die Verbindlichkeiten, die den Anlaû zur Übernahme der Bürgschaft bildeten, bleibt davon aber unberührt (BGHZ 143, 95, 97 m.w.Nachw.). Daû dies die Kredite vom 25. November 1993, 27. Januar und 28. April 1994 waren, zieht die Beklagte nicht in Zweifel.

IV.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Da die Bürgschaft wirksam und die Zinsforderung unstreitig ist, war die Beklagte antragsgemäû zu verurteilen.
Nobbe Siol Bungeroth
Joeres Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 171/00
Verkündet am:
16. Januar 2003
Bürk,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (nur a, b)
BGB §§ 765, 770 Abs. 2; AGBG § 9 Bm, Cg
Durch den formularmäßigen Ausschluß der Einrede der Aufrechenbarkeit wird der Bürge
unangemessen benachteiligt, wenn der Ausschluß auch für den Fall gilt, daß die
Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist;
gegebenenfalls ist der Ausschluß insgesamt unwirksam, selbst wenn im konkreten Fall
die Gegenforderung weder unbestritten noch rechtskräftig festgestellt ist.
Hat nur der Gläubiger, nicht aber der - rechtskräftig verurteilte - Hauptschuldner die
Aufrechnungsbefugnis, kann dem Bürgen gleichwohl die Einrede der Aufrechenbarkeit
zustehen.
AGB-Sparkassen Nr. 3 Abs. 1; BGB § 305 a.F., § 311 Abs. 1 i.d.F. vom 1.1.2002
Zur Haftung einer Sparkasse wegen einer unzutreffenden Bonitätsauskunft.
BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 - IX ZR 171/00 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Januar 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser
und

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts in Saarbrücken vom 14. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte zu 2 war Geschäftsführer der W. GmbH (im folgenden : Hauptschuldnerin), die einen Holzhandel betrieb. Das Stammkapital der Hauptschuldnerin belief sich auf 50.000 DM. Davon hielten der Beklagte zu 2 einen Anteil in Höhe von 26.000 DM und die Beklagte zu 1, seine Ehefrau, einen Anteil von 12.000 DM.
Am 21. August 1990 übernahmen die Beklagten eine selbstschuldnerische Bürgschaft "zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch be-
dingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse" gegen die Hauptschuld- nerin "aus ihrer Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art und Wechseln) sowie aus Wechseln, die von Dritten hereingegeben werden, Bürgschaften, Abtretungen oder gesetzlichem Forderungsübergang". Unter Nr. 2 der Bürgschaftserklärung verzichteten die Bürgen unter anderem auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 BGB. Auf die sonstigen Einreden nach § 768 BGB wurde verzichtet, "soweit sie nicht unbestritten oder nicht rechtskräftig festgestellt sind". Unter der Nr. 9 wies die Sparkasse darauf hin, ergänzend seien ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestandteil der Bürgschaft.
Im Spätjahr 1990 stand die Hauptschuldnerin in Verkaufsverhandlungen über einen größeren Posten Kiefern-Blockware an den Holzhändler K. in Ki. . Der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin bat die Klägerin um eine Bonitätsauskunft über K. . Die Klägerin erkundigte sich ihrerseits bei der Hausbank K. 's, der Sparkasse L. . Deren Auskunft ging am 26. November 1990 bei der Klägerin ein. Die Hauptschuldnerin stellte K. unter dem 6. November 1990 und 19. Dezember 1990 Holzlieferungen im Werte von 29.334,48 DM und 51.703,62 DM in Rechnung. Die Bezahlung erfolgte durch die Hingabe von Wechseln, welche die Klägerin ankaufte. Da die Wechsel von K. nicht eingelöst wurden, wurden die Wechselsummen dem Konto der Hauptschuldnerin bei der Klägerin belastet. K. meldete im Januar 1991 Konkurs an. Anschließend wurde der Konkurs über das Vermögen der Hauptschuldnerin beantragt, aber mangels Masse nicht eröffnet. Das Konto der Hauptschuldnerin bei der Klägerin wies am 27. März 1992 einen Sollstand in Höhe von 85.584,99 DM auf. Über diese
Summe erstritt die Klägerin gegen die Hauptschuldnerin ein rechtskräftiges Urteil.
Nunmehr nimmt sie in dieser Höhe die Beklagten aus deren Bürgschaften in Anspruch. Dagegen verteidigen sich diese unter anderem mit einem Schadensersatzanspruch der Hauptschuldnerin wegen Erteilung einer unrichtigen Bonitätsauskunft über K. . Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Globalbürgschaft sei in bezug auf beide Beklagte wirksam. Beide hätten in der Gesellschaft der Hauptschuldnerin ausreichende Einflußmöglichkeiten gehabt, um eine Ausdehnung der in Anspruch genommenen Kredite und somit auch der Bürgenhaftung zu verhindern. Die Bürgschaft der Beklagten zu 1 erscheine nicht deshalb als sittenwidrig , weil die Bürgin seinerzeit wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen sei, die übernommene Verpflichtung zu erfüllen. Die Beklagten könnten auch nicht einwenden, daß sich die Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin schadensersatzpflichtig gemacht habe. Auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß
§ 770 Abs. 2 BGB hätten sie wirksam verzichtet. Im übrigen lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Klägerin der Hauptschuldnerin für deren geschäftliche Dispositionen bedeutsame Informationen über K. vorenthalten habe. Die von der Sparkasse L. erhaltene Auskunft habe nicht den Schluß auf wirtschaftliche Schwierigkeiten K. 's zugelassen.

II.


Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Die Beklagte zu 1 haftet als Bürgin von vornherein nur in Höhe des sogenannten Anlaßkredits.

a) Allerdings hat das Berufungsgericht die von der Revision "vorsorglich" zur Nachprüfung gestellte Frage, ob die Verbürgung durch die Beklagte zu 1 wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig ist, mit Recht verneint. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt eine Sittenwidrigkeit nur in Betracht, wenn kumulativ folgende Merkmale gegeben sind: Der Bürge wird finanziell kraß überfordert, der Vertrag erweist sich auch aus der Sicht eines vernünftig denkenden Gläubigers als wirtschaftlich sinnlos und der Bürge handelt aus emotionaler Verbundenheit zum Hauptschuldner (BGHZ 136, 347, 351 f; 137, 329, 333 f; BGH, Urt. v. 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, WM 2000, 410, 411). An dem zuletzt genannten Merkmal fehlt es regelmäßig, wenn das zu sichernde Darlehen einer GmbH gewährt wird, an welcher der Bürge als Gesellschafter beteiligt ist (BGHZ 137, 329, 336; BGH, Urt. v. 18. September
2001 - IX ZR 183/00, WM 2001, 2156, 2157; v. 15. Januar 2002 - XI ZR 98/01, NJW 2002, 956; v. 28. Mai 2002 - XI ZR 199/01, WM 2002, 1647, 1648). Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der Bürge nur einen geringen Geschäftsanteil besitzt und die übrigen Anteile einer Person gehören, der er emotional eng verbunden ist, stellt sich hier nicht. Denn mit 24 % war der Anteil der Beklagten zu 1 im Sinne dieser Rechtsprechung nicht "gering". Im übrigen kann für den maßgeblichen Zeitpunkt der Verbürgung (vgl. BGH, Urt. v. 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98, aaO) auch nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte zu 1 kraß überfordert wurde. Sie hat lediglich vorgetragen, sie sei Hausfrau und "nahezu vermögenslos" gewesen. Das hat die Klägerin bestritten. Nähere Ausführungen hierzu hat die Beklagte zu 1 nicht gemacht.

b) Der Revision ist jedoch zuzustimmen, daß - bezogen auf die Person der Beklagten zu 1 - die formularmäßig weite Zweckerklärung unwirksam ist. Sie verstößt gegen das aus § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB folgende Verbot der Fremddisposition und schränkt damit die Rechte der Bürgin in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise ein (§ 9 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AGBG; vgl. BGHZ 130, 19, 32; 132, 6, 8 f; 142, 213, 216).
Zwar ist eine derartige Globalbürgschaft in den Fällen wirksam, in denen sich Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter einer GmbH für die Verbindlichkeiten "ihrer" Gesellschaft verbürgen (BGHZ 143, 95, 100 f). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zählt die Beklagte zu 1 als Minderheitsgesellschafterin aber nicht zu diesem Personenkreis (vgl. BGHZ 142, 213, 216). Daß die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen (§ 46 Nr. 6 GmbHG), ist unerheblich. Denn diese Bestimmung erfolgt, wie sich aus § 47 GmbHG ergibt, durch Mehr-
heitsentscheidung in der Gesellschafterversammlung. In dieser hatte die Beklagte zu 1 als Minderheitsgesellschafterin keinen bestimmenden Einfluß. Ei- nen solchen verschaffte ihr auch nicht die in § 5 des Gesellschaftsvertrages geregelte Verpflichtung der Geschäftsführung, die Weisungen der Gesellschafter zu befolgen. Denn solche Weisungen setzten ebenfalls einen Gesellschafterbeschluß voraus. Zwar hatte jeder Gesellschafter auch für sich allein das Recht, unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in die Bücher und Schriften zu verlangen (§ 51a Abs. 1 GmbHG). Von praktischem Nutzen ist dieses Recht aber nur dann, wenn der Gesellschafter rechtzeitig von der Absicht erfährt, den durch die Gesellschafterbürgschaft besicherten Kredit auszuweiten. Daran wird es oft fehlen. Falls die Beklagte zu 1 - wie die Klägerin vorgetragen hat - in dem Geschäft der Hauptschuldnerin als Angestellte beschäftigt war und über das Geschäftskonto verfügen konnte, hatte sie deswegen noch keine Einflußmöglichkeiten, die denen eines Allein- oder Mehrheitsgesellschafters oder eines Geschäftsführers gleichkamen (vgl. BGH, Urt. v. 16. Januar 2001 - XI ZR 84/00, NJW 2001, 1416).
Bei Unwirksamkeit der formularmäßig weiten Zweckerklärung haftet der Bürge nur für die Hauptverbindlichkeiten, die den Anlaß zur Übernahme der Bürgschaft bildeten (BGHZ 137, 153, 156 f; 143, 95, 97). Dazu ist in den Tatsacheninstanzen nichts festgestellt worden.
2. Der Beklagte zu 2 haftet als Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Hauptschuldnerin aus der Bürgschaft vollen Umfangs, weil ihm gegenüber die formularmäßig weite Zweckerklärung wirksam ist (BGHZ 142, 213, 215 f; 143, 95, 100 f).

Der Ansicht der Revision, die Bürgschaftserklärung des Beklagten zu 2 sei nach § 139 BGB unwirksam, weil sie zusammen mit der entsprechenden Erklärung der Beklagten zu 1 in einer Urkunde abgegeben worden sei, ist nicht zu folgen. Zum einen ist die Bürgschaft der Beklagten zu 1 - wie oben ausgeführt - nicht unwirksam, sondern lediglich in ihrem Sicherungsumfang begrenzt. Zum andern ist nicht anzunehmen, daß sich der Beklagte zu 2 nicht ohne seine Ehefrau, die Beklagte zu 1, verbürgt hätte. Nach der maschinenschriftlich ausgefüllten Bürgschaftserklärung verbürgten sich "Ehel. W. Z. und/oder R. geb. L. ". Die Worte "und/oder" sprechen dafür, daß die Verbürgung des einen Ehegatten unabhängig von der Verbürgung des anderen Bestand haben soll.
3. Eine Verpflichtung beider Beklagter kann entfallen, falls sie zu Recht die Einrede der Aufrechenbarkeit (§ 770 Abs. 2 BGB) erheben. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage erscheint dies nicht als ausgeschlossen.

a) Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagten hätten in Nr. 2 der Bürgschaftserklärung auf die Einrede der Aufrechenbarkeit wirksam verzichtet. Dem folgt der Senat nicht.
Nach § 770 Abs. 2 BGB hat der Bürge ein Leistungsverweigerungsrecht, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat es bisher zugelassen, daß diese Befugnis auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen wird (BGHZ 95, 350, 359 ff; BGH, Urt. v. 7. November 1985 - IX ZR 40/85, WM 1986, 95, 97; einschränkend Urt. v.
24. November 1980 - VIII ZR 317/79, NJW 1981, 761, 762). Demgegenüber vertritt das Schrifttum zunehmend die Auffassung, der formularmäßige Ausschluß benachteilige einen Bürgen unangemessen, wenn die Gegenforderung des Hauptschuldners unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sei (Reinicke/ Tiedtke, Kreditsicherung 4. Aufl. Rn. 394; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen , AGB-Gesetz 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rn. 262; MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 770 Rn. 3; Palandt/Heinrichs, BGB 61. Aufl. § 9 AGBG Rn. 73 - vgl. ferner 62. Aufl. § 307 Rn. 94 -; Graf Lambsdorff/Skora, Handbuch des Bürgschaftsrechts 1994 Rn. 226; Fischer WM 1998, 1705, 1712; Fischer/ Ganter/Kirchhof, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof 2000 S. 33, 46).
Nach nochmaliger Überprüfung schließt sich der Senat der zuletzt angeführten Meinung an. Der formularmäßige Ausschluß der Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB verstößt gegen § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Er benachteiligt den Bürgen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist mit wesentlichen Grundgedanken der §§ 765 ff. BGB nicht zu vereinbaren. Die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB ist eine Ausprägung des Subsidiaritätsgrundsatzes (vgl. BGHZ 95, 350, 361). Der meist uneigennützig handelnde Bürge soll grundsätzlich erst dann in Anspruch genommen werden können, wenn sich der Gläubiger nicht durch Inanspruchnahme des Hauptschuldners, etwa durch Aufrechnung, befriedigen kann.
Der formularmäßige Ausschluß der Einrede des Bürgen gemäß § 770 Abs. 2 BGB ist vergleichbar der - durch § 11 Nr. 3 AGBG (§ 309 Nr. 3 BGB n.F.) verbotenen - Bestimmung, die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis nimmt, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten For-
derung aufzurechnen. Das Klauselverbot in § 11 Nr. 3 AGBG (§ 309 Nr. 3 BGB n.F.) wurzelt in dem Grundverständnis von Treu und Glauben (Hensen, in: Ulmer /Brandner/Hensen, § 11 Nr. 3 AGBG Rn. 3). Dem entsprechend läßt der formularmäßige generelle Ausschluß der vergleichbaren Einrede des Bürgen gemäß § 770 Abs. 2 BGB eine angemessene Berücksichtigung seiner Interessen vermissen. Diese Bestimmung mutet es eher dem Gläubiger zu, sich durch Aufrechnung mit der verbürgten Forderung von der eigenen Schuld zu befreien , als dem Bürgen, durch Leistung auf die verbürgte Forderung des Gläubigers dem Hauptschuldner dessen Forderung zu erhalten. Das gesetzlich geschützte Interesse des Bürgen, den Gläubiger auf die Aufrechnungsmöglichkeit verweisen zu können, wird nicht durch dessen Interesse aufgewogen, sich die Gegenforderung des Hauptschuldners als anderweitige Sicherheit dienen zu lassen. Allerdings räumt das Gesetz in § 770 Abs. 2 BGB dem Bürgen nur eine schwache Rechtsposition ein. Sein Recht endet, wenn und soweit der Gläubiger die Gegenforderung erfüllt oder der Hauptschuldner auf sie verzichtet oder mit ihr gegen eine andere Forderung des Gläubigers aufrechnet. Das rechtfertigt es aber nicht, die Stellung des Bürgen noch weiter zu schwächen.
Zwar ist im vorliegenden Fall die Gegenforderung der Hauptschuldnerin weder unbestritten noch rechtskräftig festgestellt. Dies ist jedoch unerheblich, weil die Verzichtsklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie nicht von vornherein eine Ausnahme für die beiden genannten Fälle vorsieht. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion läßt es nicht zu, die Klausel teilweise aufrechtzuerhalten (Reinicke/Tiedtke, aaO; Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, aaO; MünchKomm-BGB/Habersack, aaO).
Unerheblich ist ferner, daß gemäß Buchstabe A Nr. I.1 Abs. 7 der AGBSparkassen (Fassung Januar 1986; dem entspricht Nr. 11 Abs. 1 der Fassung Januar 1993) der Kunde unbestrittene und rechtskräftige Forderungen gegen solche der Sparkasse aufrechnen darf. Es ist schon zweifelhaft, ob sich danach auch ein Bürge auf eine Aufrechnungsmöglichkeit des Gläubigers berufen darf. Auf die zitierte Bestimmung kann sich die Klägerin jedenfalls deswegen nicht stützen, weil die AGB-Sparkassen nur "ergänzend" Bestandteil der Bürgschaft sind (Nr. 9 der Bürgschaftserklärung). Die in ihrer Tragweite unklare Bestimmung in Buchstabe A Nr. I.1 Abs. 7 der AGB-Sparkassen kann die eindeutige Regelung in Nr. 2 der Bürgschaftserklärung nicht verdrängen. Zumindest fehlt es angesichts zweier widersprüchlicher Regelungen an der notwendigen Transparenz.

b) Aus Gründen entgegenstehender Rechtskraft sind die Beklagten nicht gehindert, die Einrede der Aufrechenbarkeit zu erheben. Einer Aufrechnung seitens der - rechtskräftig verurteilten - Hauptschuldnerin steht zwar § 767 Abs. 2 ZPO entgegen. Das gegen die Hauptschuldnerin ergangene Urteil wirkt jedoch nicht gegenüber den Bürgen (BGHZ 107, 92, 96). Im übrigen ist der Hauptschuldnerin die von ihr geltend gemachte Gegenforderung nicht aberkannt worden. Vielmehr ist die Aufrechnung im Vorprozeß an dem AGB-mäßig vereinbarten Aufrechnungsverbot gescheitert.

c) Daß die Hauptschuldnerin selbst nicht mehr aufrechnen kann, hindert die Beklagten als Bürgen nicht, sich auf die Einrede der Aufrechenbarkeit gemäß § 770 Abs. 2 BGB zu berufen.
Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bisher offen gelassen (BGHZ 24, 97, 99). Sie wird im vorliegenden Fall entscheidungserheblich. Falls die Beklagten wegen der Gegenforderung der Hauptschuldnerin nur ein Leistungs- verweigerungsrecht gemäß § 273 BGB geltend machen könnten, würde dies gemäß § 274 BGB nur zu einer Verurteilung Zug um Zug führen (BGH, Urt. v. 11. März 1965 - VII ZR 102/63, WM 1965, 578, 579; Staudinger/Horn, BGB 13. Bearb. § 768 Rn. 10; MünchKomm-BGB/Habersack, § 768 Rn. 6). Die zulässigerweise erhobene Einrede der Aufrechenbarkeit bewirkt demgegenüber, daß die Klage des Gläubigers - soweit die Forderungen sich decken - als derzeit unbegründet abzuweisen ist (BGHZ 38, 122, 129; Staudinger/Horn, § 770 BGB Rn. 12; MünchKomm-BGB/Habersack, § 770 Rn. 11).
Für die Ansicht, daß der Bürge sich auf eine Aufrechenbarkeit dann nicht berufen könne, wenn nur der Gläubiger, nicht aber - wegen § 767 Abs. 2 ZPO - der Schuldner, zur Aufrechnung befugt sei, könnte zwar der akzessorische Charakter der Bürgschaft sprechen. Grundsätzlich soll der Bürge so haften , wie der Hauptschuldner haftet. Indes ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 770 Abs. 2 BGB ("... solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung ... befriedigen kann"), daß die Einrede der Aufrechenbarkeit dem Bürgen unabhängig davon zusteht, ob der Hauptschuldner aufrechnen kann. Zudem greift auch in dieser Hinsicht ebenfalls der Gedanke der Subsidiarität ein. Da der Bürge, der seine Verpflichtung in der Regel aus altruistischen Gründen übernommen hat, möglichst geschont werden soll, ist ihm die Einrede der Aufrechenbarkeit auch dann zu gewähren, wenn nur der Gläubiger sich durch Aufrechnung befriedigen kann, nicht aber der Hauptschuldner (Staudinger/Horn, § 770 BGB Rn. 8; BGB-RGRK/Mormann, 12. Aufl. § 770 Rn. 4; Münch-
Komm/Habersack, § 770 Rn. 8; Erman/Seiler, BGB 10. Aufl. § 770 Rn. 6; Reinicke /Tiedtke, aaO Rn. 254; Graf Lambsdorff/Skora, aaO Rn. 266).

d) Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten für eine aufrechenbare Forderung der Hauptschuldnerin gegen die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen, wird von der Revision mit Erfolg angegriffen.
aa) Nach dem Vorbringen der Beklagten hat der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer der - erst im Januar 1990 gegründeten - Hauptschuldnerin vor der Durchführung des Geschäfts mit K. die Klägerin um Erteilung einer Auskunft über dessen Bonität gebeten. Auf Anfrage der Klägerin teilte die Sparkasse L. als Hausbank K. 's (Korrespondenzbank) der Klägerin unter dem 23. November 1990 mit, daß es sich bei der Holzhandlung K. um eine nicht im Handelsregister eingetragene Einzelfirma handele. Weiter hieß es in dem Schreiben wie folgt:
"Die Firma wurde im März 1983 gegründet. Wir haben Kredite und Darlehen auf gedeckter Basis gewährt. Es werden Überziehungen beansprucht. Es werden rege Umsätze getätigt. Unseres Wissens ist Grundbesitz vorhanden. Belastungen lassen sich durch Einsichtnahme in das Grundbuch feststellen. Zur Zeit wird eine Betriebsverlagerung nach Frankreich/Elsaß vorgenommen. Die Hauptumsätze werden künftig dort abgewickelt. Weitere Bankverbindung: Volksbank-Raiffeisenbank L. eG. Eingegangene Verpflichtungen sind nach unseren Beobachtungen bisher reguliert worden."
Die Auskunft der Korrespondenzbank, die am 26. November 1990 bei der Klägerin einging, wurde von ihr nicht im Wortlaut an die Hauptschuldnerin
weitergegeben. Nach der Behauptung der Beklagten teilte der mit der Sache befaßte Mitarbeiter der Klägerin dem Geschäftsführer der Hauptschuldnerin als Ergebnis der Anfrage lediglich mit: "Ich würde das Geschäft machen". Daraufhin habe die Hauptschuldnerin das Geschäft durchgeführt. Von der Betriebsverlagerung durch K. habe sie erst nach der Auslieferung des Holzes erfahren.
bb) Danach hat die Klägerin mit der Hauptschuldnerin einen Auskunftsvertrag gemäß Nr. 7a Abs. 1 AGB-Sparkassen i.d.F. vom Mai 1988 (dem entspricht inhaltlich die Nr. 3 der derzeit geltenden Fassung vom Januar 1993) geschlossen. Die Hauptschuldnerin hat, indem sie die Klägerin um eine Bonitätsauskunft bat, jener das Angebot auf Abschluß eines derartigen Vertrages unterbreitet. Die Klägerin hat dieses Angebot spätestens zu dem Zeitpunkt angenommen , als sie der Hauptschuldnerin durch ihren Mitarbeiter das Ergebnis der bankinternen Anfrage in wertender Form ("Ich würde das Geschäft machen" ) mitteilen ließ. Die Auskunft war keine bloße Gefälligkeit, weil sie für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung war und dieser sie zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen wollte (vgl. BGHZ 74, 103, 106; 133, 36, 42 mit weiteren Nachweisen; BGH, Urt. v. 3. Dezember 1996 - XI ZR 255/95, NJW 1997, 730, 731). Ein Geschäft mit einem Volumen von ca. 81.000 DM war für ein junges Unternehmen, dessen Stammkapital lediglich 50.000 DM betrug und das bisher - wie für die Zeit ab Anfang November 1990 durch die vorgelegten Kontoauszüge belegt worden ist - nur bescheidene Umsätze getätigt hatte, ein riskantes Vorhaben.
cc) Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt ferner entgegen der Meinung des Berufungsgerichts die Annahme, daß die Klägerin ihre Pflichten aus dem Auskunftsvertrag verletzt hat.
Aus der von der Korrespondenzbank erteilten Auskunft ergaben sich "Negativmerkmale". Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts ist für den Senat nicht bindend, weil es nicht um die Auslegung einer Willenserklärung geht. Daß Überziehungen beansprucht worden waren und "Belastungen" vorlagen , ließ für einen Kundigen - und der Angestellte der Klägerin muß als solcher betrachtet werden - den Schluß darauf zu, daß es sich bei K. um ein finanzschwaches Unternehmen handelte. Hinzu kam die Mitteilung, daß K. eine Betriebsverlagerung ins Ausland plante. Für einen Geschäftspartner, der mit einem kleinen Betrieb (Einzelfirma, nicht im Handelsregister eingetragen) ein größeres Geschäft durchführen will, ist dies ein bedenkenswerter Umstand. Denn eine Rechtsverfolgung im Ausland ist regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und verursacht höhere Kosten.
Angesichts dieser Negativmerkmale durfte der Angestellte der Klägerin der Hauptschuldnerin nicht raten, "das Geschäft" zu "machen". Er konnte von einer Auskunft ganz absehen. Wenn er sich zu einer solchen entschloß, durfte diese bestenfalls neutral sein, etwa in dem Sinne, daß die erhaltenen Informationen nicht hinreichend aussagekräftig seien. Jedenfalls durfte er sich nicht in einer die wirklichen Verhältnisse K. 's verharmlosenden und zur Täuschung der Hauptschuldnerin geeigneten Weise äußern.
dd) Aus der irreführenden Auskunft der Klägerin kann der Hauptschuldnerin ein Schaden entstanden sein. Allerdings ist ein etwaiger Schadenser-
satzanspruch der Hauptschuldnerin nur auf das negative Interesse gerichtet. Den von K. nicht zu erlangenden Kaufpreis für die Holzlieferung schuldet die Klägerin unter keinen Umständen. Ebensowenig kann die Hauptschuldnerin verlangen, daß die Klägerin die infolge Nichteinlösung der Wechsel vorgenommenen Belastungsbuchungen storniert. Sie kann als Schaden jedoch den Wert des Holzes, das sie an K. geliefert hat, sowie die ihr aus dem Geschäft entstandenen Unkosten geltend machen.
Zwar hat die Hauptschuldnerin im Vorprozeß vorgetragen, sie habe an K. geliefertes Holz aufgrund ihres vorbehaltenen Eigentums zurückgeholt. Zugleich hat sie aber geltend gemacht, die damit verbundenen Unkosten seien höher gewesen als die Verwertungskosten. Feststellungen hierzu fehlen.
ee) Derzeit kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Insofern ist entscheidend, was die Beklagten getan hätten, wenn die Auskunft der Klägerin nicht so positiv ausgefallen wäre, wie es nach der Behauptung der Beklagten der Fall war. Es ist nicht auszuschließen, daß auf einen gemäß § 139 ZPO zu erteilenden Hinweis substantiiert vorgetragen worden wäre, ohne eine eindeutig positive Aussage hätte der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin die Ausführung des von K. erteilten Auftrags sofort gestoppt. Angeblich ist das Holz insgesamt erst im Dezember 1990 an K. ausgeliefert worden.

III.



Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Zum einen ist der Anlaß der Verbürgung festzustellen. Sollte ein Kontokorrentkredit besichert werden, haften die Beklagten nur für das im Zeitpunkt der Verbürgung geltende Kreditlimit (vgl. BGHZ 130, 19, 34; 132, 6, 9 f). Zum anderen muß geprüft werden, ob die Hauptschuldnerin einen die Einrede nach § 770 Abs. 2 BGB rechtfertigenden Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin hat.
Kirchhof Ganter Raebel
Kayser

Gibt der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das aufgegebene Recht erst nach der Übernahme der Bürgschaft entstanden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 2/98
Verkündet am:
6. April 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
------------------------------------
BGB §§ 767, 776; AGBG § 9 Cg

a) Ist eine weite Zweckerklärung unwirksam, kann die Bürgschaft aufgrund einer
ergänzenden Vertragsauslegung Zinsänderungen umfassen, die dazu dienen,
den Zinssatz der Hauptschuld den wechselnden Refinanzierungsmöglichkeiten
nach oben oder unten in marktkonformer Weise anzupassen.

b) In der Vereinbarung zwischen Gläubiger und Hauptschuldner, ein Darlehen
nicht mehr in monatlichen Raten, sondern am Ende der Darlehenslaufzeit in
einer Summe zu tilgen, kann eine unwirksame Erweiterung der Verpflichtung
des Bürgen im Sinn von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen.
Die klauselmäßige Ermächtigung des Gläubigers durch den Bürgen zum Abschluß
derartiger Vereinbarungen verstößt gegen § 9 AGBG.

c) Zu den Folgen der Unwirksamkeit eines klauselmäßigen Verzichts des Bürgen
auf die Rechte aus § 776 BGB (im Anschluß an BGH, Urt. v. 2. März
2000 - IX ZR 328/98, z.V.b. in BGHZ).
BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die Richter
Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör und Dr. Ganter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. November 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Bürgschaft in Anspruch. Der Beklagte und der Hauptschuldner sind Zahnärzte. Sie gründeten im Jahre 1984 eine Gemeinschaftspraxis. Der Hauptschuldner trat in die Einzelpraxis des Beklagten ein und hatte dafür an diesen 625.000 DM zu zahlen. Die klagende Bank gewährte dem Hauptschuldner auf dessen Antrag vom 16. September 1984 ein Darlehen von 725.000 DM mit einer Laufzeit von zwölf Jahren. Der für ein Jahr ab Darlehenszusage festgeschriebene Zinssatz betrug 8 3/8 % pro Jahr. Die Tilgung sollte in vierteljährlichen Raten von 24.250 DM oder in mo-
natlichen Raten von 8.084 DM [GA 44, 28] erfolgen, beginnend mit dem 25. März 1985. Zusätzlich zu anderen Sicherheiten (insbesondere Abtretung von Ansprüchen des Hauptschuldners gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung und aus Lebensversicherungen sowie Sicherungsübereignung der Praxiseinrichtung [GA 44, 43]) verlangte die Klägerin eine Bürgschaft des Beklagten in Höhe des Darlehensbetrages. Ebenfalls am 16. September 1984 übernahm der Beklagte gegenüber der Klägerin eine im Kopf des Bürgschaftsformulars als "Höchstbetragsbürgschaft" bezeichnete selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrag von 725.000 DM für alle der Klägerin gegen den Hauptschuldner "jetzt oder zukünftig zustehenden - auch befristeten oder bedingten - Ansprüche aus der Geschäftsverbindung mit dem Hauptschuldner". In dem Formular ist darüber hinaus unter anderem bestimmt:
"Der Betrag der von mir/uns übernommenen Bürgschaft erhöht sich um die Beträge, die als Zinsen, Provisionen, Spesen und Kosten jeder Art auf den verbürgten Höchstbetrag anfallen oder durch deren Geltendmachung entstehen; dies gilt auch dann, wenn die Beträge durch Saldofeststellung im Kontokorrent jeweils Kapitalschuld geworden sind und dadurch der verbürgte Höchstbetrag überschritten wird. ... Wenn Ihre Ansprüche den von mir/uns verbürgten Betrag übersteigen, so dürfen Sie den Erlös aus Ihnen anderweitig bestellten Sicherheiten, ferner alle Ihnen von dem Hauptschuldner oder für dessen Rechnung geleisteten Zahlungen sowie dessen etwaige Gegenforderungen zunächst auf den durch meine/unsere Bürgschaft nicht gedeckten Teil Ihrer Ansprüche anrechnen. Alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche Sie hinsichtlich Ihrer Ansprüche oder bei der Verwertung anderweitiger Sicherheiten für zweckmäßig erachten, berühren den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht. Insbesondere bleibt meine/unsere Bürgschaft bis zu Ihrer vollen Befriedigung auch dann unverändert bestehen, wenn Sie dem Haupt-
schuldner Stundung gewähren oder Sicherheiten und Vorzugsrechte, welche Ihnen für die von mir/uns verbürgten Ansprüche anderweitig bestellt sind oder künftig bestellt werden, freigeben, namentlich andere Bürgen aus der Haftung entlassen. ..." Das Darlehen wurde zunächst auf einem Konto bei der Filiale D. der Klägerin geführt [GA 44, 42, 62]. Bis einschließlich Februar 1986 wurden vom Hauptschuldner monatliche Raten von 8.084 DM gezahlt [GA 62]. Im März 1986 wurde das Darlehen auf Wunsch des Hauptschuldners geteilt und auf zwei Konten weitergeführt, 350.000 DM [ersichtlich abzüglich erbrachter Tilgungsleistungen , vgl. GA 7] wie bisher auf dem Konto ... 01 - die monatlichen Raten betrugen 3.500 DM [GA 44, RB 2] -, 375.000 DM auf dem Konto ... 03 [GA 39, 42]. Es wurde vereinbart, daß auf diesen Teil des Darlehens nur noch Zinsen, aber keine Tilgungsleistungen (mehr) zu erbringen seien und er mit Hilfe einer Kapitallebensversicherung am 31. Dezember 1998 [RB 2] getilgt werden solle [vgl. GA 8]. Am 15. August 1991 wurde das Engagement an die Zweigstelle A. der Filiale D. gegeben [GA 43, 7, 8] und dort auf den Konten ... 02 (die ursprünglichen 350.000 DM [GA 7, 45] hatten sich auf 187.914,38 DM verringert [GA 62]; auf das neue Konto wurde im Einvernehmen mit dem Hauptschuldner [GA 46] ein Betrag von 188.000 DM übertragen [GA 7, 45, 46]) und ... 04 (375.000 DM [GA 8, 47]) geführt. Der Kreditbetrag von 188.000 DM war für vier Jahre mit 9,85 % pro Jahr zu verzinsen und einschließlich Tilgung ab 25. August 1991 mit monatlich 2.105 DM zu bedienen [GA 7, 45, 46]. Auf die Darlehenssumme von 375.000 DM waren für zwei Jahre jährliche Zinsen von 9,95 % zu erbringen [GA 8, 47, 48]. Mit Wirkung vom 1. September 1993 wurde dieser Kreditteil in Höhe von 372.000 DM auf dem Konto ... 05 weitergeführt und war für 5,7 Jahre mit 7,95 % pro Jahr zu verzinsen [GA 9, 49].
Weil eine andere Bank Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Hauptschuldner eingeleitet und er der Klägerin erbetene Informationen über sein Vermögen und seine Verbindlichkeiten nicht erteilt hatte, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 22. August 1994 gemäß Nr. 19 Abs. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus wichtigem Grund die dem Hauptschuldner gewährten Kredite fristlos. Nach Berechnung der Klägerin beliefen sich die Verbindlichkeiten des Beklagten insgesamt auf 710.133,22 DM. Davon entfielen auf das Konto ... 02 ein Betrag von 144.556,22 DM und auf das Konto ... 05 ein Betrag von 391.180,62 DM, zusammen 535.736,84 DM. Diese Summe nebst Zinsen hat die Klägerin eingeklagt. Das Landgericht hat den Beklagten in der Hauptsache antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung bis auf einen Teil des Zinsanspruchs zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte den Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe eine wirksame selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Er habe nicht dargelegt und bewiesen, daß der Hauptschuldner das Darlehen in größerem Umfang zurück-
geführt habe, als von der Klägerin vorgetragen werde. Diese sei nicht verpflichtet gewesen, die Erlöse aus anderen Sicherheiten vorrangig auf den vom Beklagten verbürgten Teil des Kredits zu verrechnen. Die Hauptschuld, die den Anlaß für die Verbürgung gebildet habe, sei nicht durch Novation erloschen. Zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner seien lediglich neue Zins- und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden. Diese ließen den Bestand der Hauptforderung ebenso unberührt wie deren auf banktechnischen Gründen beruhende Weiterführung unter anderen Kontonummern. Die Bürgschaftsansprüche seien wegen der Zins- und Tilgungsvereinbarungen auch nicht verwirkt. Wenn sich dadurch die endgültige Tilgung des Kredits verzögert haben sollte, sei die Verpflichtung des Bürgen dennoch nicht unzulässig erweitert worden; die Hauptschuld sei unverändert geblieben.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages bejaht.
Die Unwirksamkeit der globalen Sicherungsklausel (ständige Senatsrechtsprechung , vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 30. September 1999 - IX ZR 287/98, NJW 1999, 3708, 3709) auch bei Höchstbetragsbürgschaften (BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 - IX ZR 364/97, WM 2000, 64, 65 f, z.V.b. in BGHZ) führt zu
einer Begrenzung der Haftung des Bürgen auf diejenige Hauptschuld, die Anlaß für die Bürgschaft war. Das war hier die Verbindlichkeit aus dem am Tage der Bürgschaftsübernahme des Beklagten beantragten Darlehen über 725.000 DM.
2. Der Beklagte ist entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht nicht infolge Erlöschens der Hauptforderung von der Bürgenverpflichtung freigeworden. Bei den wiederholten Ä nderungen des Darlehensvertrages handelte es sich nicht um Schuldumschaffungen. Wegen der mit diesen verbundenen einschneidenden Folgen ist im Zweifel davon auszugehen, daß nur eine Vertragsänderung gewollt ist und nicht ein neues Schuldverhältnis begründet werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1999 aaO m.w.N.). Daß die Ä nderungen der Zinshöhe nach Ablauf der Festschreibungsfristen den Bestand des Schuldverhältnisses unberührt ließen, unterliegt von vornherein keinem Zweifel. Aber auch in der für einen Betrag von 375.000 DM vereinbarten Aussetzung der Tilgung bis Ende 1998 sowie in der damit verbundenen Weiterführung des Kredits auf zwei Konten und in den späteren Umbuchungen auf neue Konten lagen lediglich Ä nderungen von Vertragsmodalitäten, die das ursprüngliche Kreditverhältnis als solches bestehen ließen (vgl. BGH, Urt. v. 30. September 1999 aaO). Die auf Rückzahlung des Darlehenskapitals gerichtete Forderung der Klägerin, für die sich der Beklagte verbürgt hatte, wurde infolge der Veränderung der Tilgungsbedingungen nicht durch eine andere ersetzt (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 201/79, WM 1980, 773, 775). Soweit die Ä nderung der Rückzahlungsweise eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Beklagten als Bürgen zur Folge hat, wird dieser durch § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB geschützt.
3. Für die nach Abschluß des Bürgschaftsvertrages zwischen der Klägerin und dem Hauptschuldner vereinbarten Zinserhöhungen hat der Beklagte grundsätzlich einzustehen.

a) Zwar enthält das Bürgschaftsformular keine besondere Zinsänderungsklausel. Dies beruht ersichtlich darauf, daß Ä nderungen der Darlehenszinsen unter die globale Sicherungsklausel fielen, die bei Abschluß des Bürgschaftsvertrages (frühestens am 16. September 1984, spätestens wohl im Frühjahr 1985) von der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich für wirksam gehalten wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1979 - VIII ZR 233/78, WM 1979, 884, 885 m.w.N.; v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 107/97, WM 1980, 770, insoweit in BGHZ 77, 167, 169 n. abgedr.; v. 6. Dezember 1984 - IX ZR 115/83, WM 1985, 155, 157). Nach der neuen Rechtsprechung ist die weite Sicherungsklausel in Verträgen mit einem Bürgen, der keinen Einfluß darauf nehmen kann, welche Verbindlichkeiten der Hauptschuldner eingeht, nach § 9 AGBG unwirksam. Deshalb ist zu prüfen, welche Regelung die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen in bezug auf Zinsänderungen, insbesondere Zinserhöhungen, getroffen hätten, wenn sie die Unwirksamkeit der Klausel bedacht hätten (vgl. BGHZ 137, 153, 156 ff; BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 aaO).

b) Im Streitfall sicherte die Bürgschaft ungeachtet der Unwirksamkeit der globalen Sicherungsklausel auch die für das Darlehen vereinbarten Zinsen. Dies ergibt sich bereits aus dem aufgrund des Angebots vom 16. September 1984 zustande gekommenen Darlehensvertrag, der den Anlaß für die Bürgschaftsübernahme bildete und dessen Bedingungen mit Einschluß der vereinbarten Zinshöhe und ihrer zeitlichen Festschreibung dem Beklagten bekannt
waren. Es folgt ferner aus der Klausel des Bürgschaftsvertrages, wonach sich der verbürgte Höchstbetrag unter anderem um die Beträge erhöht, die als Zinsen auf ihn entfallen.
In dem Darlehensvertrag war der vereinbarte Jahreszinssatz von 8 3/8 % für ein Jahr ab Darlehenszusage festgeschrieben. Hieraus war zu entnehmen , daß nach Ablauf der Frist ein anderer Zinssatz vereinbart werden konnte. Der Beklagte mußte, wie jeder andere Bürge an seiner Stelle, mit einer Abänderung der Zinshöhe rechnen, sobald die ursprüngliche Bindung entfallen war. Die sachgerechte Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise hat nach einem generalisierenden und typisierenden Maßstab zu erfolgen (vgl. BGHZ 110, 241, 244; 119, 305, 325; BGH, Urt. v. 28. Oktober 1999 aaO). Danach wäre eine Klausel nicht zu beanstanden gewesen, nach der die Bürgschaft solche Zinsänderungen umfaßt, die dazu dienen, den Zinssatz den wechselnden und bei Vertragsschluß meist nicht überschaubaren künftigen Refinanzierungsmöglichkeiten, die maßgeblich durch den von der Zentralbank festgesetzten, schwankenden Diskontsatz beeinflußt werden, nach oben oder unten in marktkonformer Weise anzupassen.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung hält die Zinsklausel eines Darlehensvertrages, die der darlehensgebenden Bank unter den genannten Voraussetzungen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB einräumt, einer Prüfung nach § 9 AGBG stand (vgl. BGHZ 97, 212, 216 ff; auch 118, 126, 131; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 8. Aufl. Anh. §§ 9 - 11 Rdn. 282). Dann wird auch ein Bürge durch eine solche Zinsanpassungsklausel , soweit sie seine Haftung für Erhöhungen von Darlehenszinsen begründet,
die von Gläubiger und Schuldner zur Anpassung an geänderte Refinanzierungsmöglichkeiten in sachgerechter Weise vereinbart werden, nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche Klausel entspricht vielmehr den typischen Interessen des Gläubigers und beeinträchtigt die Interessen des Bürgen nicht in unangemessener Weise, so daß der Vertrag im Wege der Auslegung entsprechend zu ergänzen ist.
4. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht, soweit es der Ä nderung der Tilgungsvereinbarung in bezug auf einen Teilbetrag von 375.000 DM im Jahre 1986 unter dem Gesichtspunkt des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB keine Bedeutung beigemessen hat. Nach dieser Norm erstreckt sich die Bürgenhaftung nicht auf rechtsgeschäftliche Veränderungen der Hauptschuld, die die Verpflichtung des Bürgen erweitern, d.h. seine Rechtsstellung verschlechtern.

a) Ohne die Ä nderung der Tilgungsbestimmung hätte sich bei Einhaltung der vereinbarten Tilgungsleistungen mit der Verminderung des Darlehenskapitals auch das Risiko des Beklagten als Bürgen laufend verringert. Durch die Ä nderung wurde das Bürgenrisiko erheblich vergrößert; es entsprach während der Laufzeit des (Teil-)Darlehens ständig der Gesamthöhe dieses Kredits. Eine Verminderung des Risikos durch die Lebensversicherung, mit der diesem Darlehensteil getilgt werden sollte, war nicht gegeben, wenn diese Lebensversicherung nach den Darlehensbedingungen ohnehin als Sicherheit für das Gesamtdarlehen (möglicherweise auch zugleich für andere Ansprüche der Klägerin) dienen sollte. Dies ist in der Revisionsinstanz mangels anderweitiger Feststellungen zu unterstellen. Demzufolge braucht der Beklagte die durch die Ä nderung der Tilgungsbestimmung geschaffene neue Rechtslage nicht gegen sich gelten zu lassen, vielmehr bleibt die Haftung des Beklagten in dem ur-
sprünglichen Umfang bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 aaO S. 774; Staudinger/ Horn, BGB 13. Bearb. § 767 Rdn. 36, 37, 40).

b) An dieser Rechtslage vermögen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bürgschaftsvertrages nichts zu ändern. Dies gilt insbesondere für die Klausel, wonach alle von der Klägerin für zweckmäßig erachteten Maßnahmen und Vereinbarungen hinsichtlich ihrer Ansprüche den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren und die Bürgschaft bis zur vollen Befriedigung der Klägerin auch dann unverändert bestehenbleibt, wenn diese dem Hauptschuldner Stundung gewährt.
Der erste Teil dieser Klausel ("berühren den Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht") kann auch in dem Sinn verstanden werden, daß der Haftungsumfang des Bürgen sich in Fällen einer anderweitigen Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner nicht erweitert (§ 5 AGBG).
Bei einem anderen Verständnis verstößt der erste Teil der Klausel ebenso wie die weite Sicherungszweckerklärung gegen § 9 AGBG, soweit er die Klägerin dazu ermächtigt, die Verpflichtungen des Bürgen ohne seine Zustimmung durch Vereinbarungen mit dem Hauptschuldner zu erweitern. Mit der formularmäßigen Ausdehnung der Bürgenhaftung auch auf solche Rechtsfolgen von Vereinbarungen zwischen Klägerin und Hauptschuldner, welche die Rechtsstellung des Beklagten verschlechtern, wird diesem die Übernahme eines unkalkulierbaren Risikos zugemutet. Dies ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Leitentscheidung des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vereinbar. Zugleich werden durch die Klausel wesentliche Rechte des Bürgen in einer den
Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Sie macht es möglich, den Beklagten mit einem Risiko zu belasten, dessen Umfang allein von dem Handeln Dritter bestimmt wird, und widerspricht deshalb der im Vertragsrecht geltenden Privatautonomie (vgl. BGHZ 130, 19, 32 f; 137, 153, 156).
Soweit die Klausel die Klägerin zu Stundungen der Hauptforderung, d.h. zum Hinausschieben ihrer Fälligkeit bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit (BGH, Beschl. v. 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061; Palandt /Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 271 Rdn. 12), ermächtigt, greift sie im Streitfall nach der Unklarheitenregel des § 5 AGBG nicht ein. Zwar mag die Ä nderung der Tilgungsbestimmung im Ergebnis einer Stundung nahekommen, weil die Tilgungsraten nicht zu den vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten, sondern erst am Ende der Laufzeit des Kredits zu zahlen waren. Gleichwohl bleibt es bei einer objektiven Auslegung der Klausel anhand ihres Wortlauts und Regelungszusammenhangs am Maßstab der Verständnismöglichkeiten der typischerweise von der Klausel angesprochenen Durchschnittskunden (vgl. BGH, Urt. v. 13. Mai 1998 - VIII ZR 292/97, WM 1998, 1590) unklar, ob eine solche Vereinbarung unter den Begriff der Stundung fällt. Diese Auslegung obliegt dem Revisionsgericht, weil es sich bei der Klägerin um eine deutsche Großbank handelt und nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß sie das Bürgschaftsformular bundesweit, jedenfalls nicht nur im Bezirk des Berufungsgerichts , verwendet hat. Der Durchschnittskunde wird bei einem Darlehen mit monatlicher Tilgung unter Stundung in erster Linie ein kurzfristiges Hinausschieben der Fälligkeit einer oder mehrerer Raten bei grundsätzlicher Beibehaltung der monatlichen Tilgungsverpflichtung verstehen. Ob unter den in der Klausel verwendeten Begriff der Stundung auch die Vereinbarung einer gänzlichen Aufhebung der monatlichen Tilgungsverpflichtung zugunsten einer ein-
maligen Tilgung bei Ablauf der Darlehensfrist fällt, wird für den Durchschnittskunden nicht hinreichend deutlich. Deshalb ist in der Ä nderung der Tilgungsbestimmung keine Stundung im Sinne der Klausel zu sehen.

c) Blieb der Haftungsumfang des Beklagten von der Ä nderung der Tilgungsvereinbarung unberührt, ist zu prüfen, wie sich die Hauptschuld ohne die Ä nderung tatsächlich entwickelt hätte. Diese Sachlage ist mit dem wirklich eingetretenen Sachstand zu vergleichen (vgl. RGZ 59, 223, 229). Dazu fehlt es nicht nur an Feststellungen, sondern auch an Vortrag der Klägerin. Von Bedeutung könnte insoweit sein, ob der Hauptschuldner in der Lage gewesen wäre , die in dem ursprünglichen Darlehensvertrag vorgesehenen Tilgungsleistungen auch auf die Summe von 375.000 DM weiter ganz oder teilweise zu erbringen. Träfe dies nicht zu, wäre eine durch die Ä nderung der Tilgungsvereinbarung herbeigeführte Verschlechterung der Rechtslage des Beklagten jedenfalls insoweit zu verneinen, als er bei einer Inanspruchnahme zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt in der Lage gewesen wäre, die Klägerin zu befriedigen, nicht aber, seine Rückgriffsansprüche gegen den Hauptschuldner durchzusetzen (vgl. RGZ 59, 223, 231; Reimer JW 1926, 1946; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht 15. Aufl. § 192 II 4 = S. 792; Staudinger/Horn, aaO § 767 Rdn. 47; auch BGHZ 72, 198, 205; MünchKomm-BGB/Habersack, 3. Aufl. § 767 Rdn. 12 zur einseitigen Stundung der Hauptschuld durch den Gläubiger).
5. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klägerin sei nicht gehalten, verwertete Sicherheiten auf den verbürgten Teil der Hauptforderung zu verrechnen. Vielmehr sei sie mangels einer anderweitigen Absprache grundsätzlich berechtigt, Sicherheitenerlöse so zu verrechnen, wie es für sie am günstigsten sei. Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht beizupflichten.


a) Soweit sich das Berufungsgericht für seine Auffassung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1997 - XI ZR 176/96, WM 1997, 1247, 1249, beruft, berücksichtigt es nicht, daß es sich bei der Kreditsicherheit im Streitfall um eine Bürgschaft und nicht - wie in dem erwähnten Urteil - um eine Grundschuld handelt. Für die Bürgschaft gilt § 776 BGB. Danach wird der Bürge , wenn der Gläubiger ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende Hypothek oder Schiffshypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen Mitbürgen aufgibt - auch wenn das aufgegebene Recht erst nach Übernahme der Bürgschaft entstanden ist -, insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen Recht nach § 774 BGB hätte Ersatz erlangen können. Zu den Rechten im Sinne von § 776 BGB sind über die in seinem Text erwähnten akzessorischen Rechte hinaus auch selbständige Sicherungsrechte wie Sicherungsgrundschulden, Sicherungseigentum, Eigentumsvorbehalte oder Sicherungsabtretungen zu zählen, zu deren Übertragung auf den zahlenden Bürgen der Gläubiger in analoger Anwendung der §§ 774, 412, 401 BGB schuldrechtlich verpflichtet ist (vgl. BGHZ 78, 137, 143; 110, 41, 43; BGH, Urt. v. 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1163; MünchKomm-BGB/Habersack aaO § 776 Rdn. 6).
Zwar ist § 776 BGB grundsätzlich abdingbar (vgl. BGH, Urt. v. 24. September 1980 - VIII ZR 291/79, WM 1980, 1255, 1256; Staudinger/Horn aaO § 776 Rdn. 20). Im Streitfall hat sich der Beklagte in dem Bürgschaftsformular damit einverstanden erklärt, daß die Klägerin bei Vertragsschluß bestehende oder künftige Sicherheiten oder Vorzugsrechte für die verbürgten Ansprüche freigab und daß alle Maßnahmen und Vereinbarungen, welche die Klägerin bei der Verwertung anderweitiger Sicherheiten für zweckmäßig erachtet, den Um-
fang der Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren. Eine solche Formularklausel, in welcher der Bürge ohne gewichtige Gründe und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers uneingeschränkt auf die Rechtsfolgen des § 776 BGB verzichtet , ist jedoch nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam (BGH, Urt. v. 2. März 2000 - IX ZR 328/98, Umdruck S. 14 ff, z.V.b. in BGHZ).

b) Die Unwirksamkeit des klauselmäßigen Verzichts des Beklagten auf die Rechte aus § 776 BGB hat zur Folge, daß die Klägerin sich auch nicht darauf berufen darf, ihr sei durch die Bürgschaftsklauseln gestattet, den Erlös aus ihr anderweitig bestellten Sicherheiten zunächst auf den durch die Bürgschaft nicht gedeckten Teil ihrer Ansprüche anzurechnen. Auch in einer solchen Verrechnung kann ein Aufgeben von Rechten im Sinne von § 776 BGB liegen (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 - VII ZR 194/58, WM 1960, 371, 372; v. 2. März 2000 aaO).
Der Beklagte ist demzufolge so zu stellen, wie er stünde, wenn die Klägerin die vom Hauptschuldner für die Hauptforderung zusätzlich zu der Bürgschaft des Beklagten gestellten Sicherungsrechte nicht aufgegeben hätte. Von dritter Seite gewährte Sicherheiten stehen im Streitfall nicht in Rede (vgl. insoweit zuletzt BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - IX ZR 11/99, WM 2000, 408).
Dabei ist zu unterscheiden zwischen solchen zusätzlichen Sicherungsrechten , die bei Bürgschaftsübernahme oder zu einem späteren Zeitpunkt ausschließlich die Hauptschuld absicherten, und solchen, die von vornherein auch der Sicherung anderer Ansprüche der Klägerin dienten. Nur im ersten Fall hätte der Beklagte bei einer Befriedigung der Klägerin die zusätzlichen Sicher-
heiten in vollem Umfang für sich verwerten dürfen. Sollte der Sicherungszweck derjenigen Rechte, die - neben der Bürgschaft - zunächst allein die Hauptforderung absicherten, später durch Vereinbarung zwischen Klägerin und Hauptschuldner ohne wirksame Zustimmung des Beklagten auf andere Ansprüche der Klägerin ausgedehnt und der Verwertungserlös für diese nicht von der Bürgschaft abgedeckten Ansprüche verwendet worden sein, läge darin eine Aufgabe dieser Rechte im Sinne von § 776 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1959 aaO). Dann wäre der Beklagte insoweit von seiner Bürgenverpflichtung frei geworden, als er aus dem jeweiligen Recht hätte Ersatz erlangen können , d.h. in Höhe des Verwertungserlöses.
Dienten die zusätzlichen Sicherungsrechte hingegen bereits bei Bürgschaftsübernahme oder - im Falle einer nachträglichen Begründung der Sicherungsrechte - zu diesem späteren Zeitpunkt zugleich der Absicherung anderer Ansprüche, mußte der Beklagte beim Fehlen besonderer Absprachen stets damit rechnen, daß der Erlös aus der Verwertung dieser Rechte zur Erfüllung der anderen Ansprüche verwendet würde. In einer solchen Verwendung ist mithin eine "Aufgabe" derartiger von Anfang an mehrfach sichernder Rechte nicht zu sehen. Vielmehr ist es der Entscheidung der Klägerin als Gläubigerin überlassen, auf welche Forderungen sie die Erlöse aus der Verwertung solcher Sicherheiten verrechnen will. Insoweit gelten die Erwägungen des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 29. April 1997 aaO (vgl. auch BGH, Urt. v. 4. November 1997 - XI ZR 181/96, WM 1997, 2396, 2397).
Ob die Klägerin mit dem Hauptschuldner eine auch für den Beklagten maßgebliche (vgl. BGH, Urt. v. 27. April 1993 - XI ZR 120/92, WM 1993, 1078, 1079 f) Tilgungsreihenfolge vereinbart oder ob der Schuldner eine einseitige
Tilgungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 1 BGB getroffen hat, ist nicht festgestellt oder vorgetragen. Fehlt es an beidem, gilt § 366 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 2. März 2000 aaO).

III.


Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.
Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, zu den klärungsbedürftigen Punkten weiter vorzutragen. Das Berufungsgericht wird zunächst nach Maßgabe der im Vorstehenden dargelegten Gründe festzustellen haben, wie sich der Kredit entwickelt hätte, wenn es bei der ursprünglichen Tilgungsregelung des Darlehensvertrages geblieben wäre. Ferner wird zu prüfen sein, ob und ggf. welche Sicherungsrechte der Klägerin vom Hauptschuldner zusätzlich zu der Bürgschaft des Beklagten zur Absicherung der Hauptforderung gewährt wurden und ob diese zusätzlichen Sicherungsrechte zu irgendeinem Zeitpunkt ausschließlich die Hauptforderung, also nicht stets zugleich auch andere Ansprüche der Klägerin absicherten. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung wird sich das Berufungsgericht auch mit den weiteren Angriffen der Revision gegen die Höhe der Klageforderung auseinanderzusetzen haben (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 110/95, ZIP 1996, 222 f; WM 1997 Sonderbeil. Nr. 5 S. 49 f).
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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.