Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2005 - XII ZR 126/03

bei uns veröffentlicht am21.12.2005
vorgehend
Amtsgericht Schwäbisch Gmünd, 7 F 600/02, 05.12.2002
Oberlandesgericht Stuttgart, 11 UF 292/02, 15.05.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 126/03 Verkündet am:
21. Dezember 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1601 ff., 1606 Abs. 3 Satz 2, 1629 Abs. 2 Satz 2

a) Ein Kind lebt im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Obhut desjenigen
Elternteils, bei dem das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung
liegt.

b) Zur anteiligen Barunterhaltspflicht von Eltern, die sich in der Betreuung eines
Kindes abwechseln.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - OLG Stuttgart
AG Schwäbisch-Gmünd
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Fuchs und die Richterin
Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Mai 2003 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Der am 24. Mai 1991 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Die elterliche Sorge steht den Eltern, die beide berufstätig sind, gemeinsam zu. Der Kläger lebt überwiegend bei seiner Mutter.
3
Mit der vorliegenden Klage hat er beantragt, den Beklagten zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands für die Zeit von Januar bis August 2002 von 1.080,40 € sowie laufenden Unterhalts ab September 2002 in Höhe von monatlich 314 € zu verurteilen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat zum einen geltend gemacht, sein Einkommen sei niedriger anzusetzen als es der Unterhaltsberechnung durch den Kläger zugrunde gelegt worden sei. Zum anderen hat er die Auffassung vertreten, bei der Bemessung des Barunterhalts sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sich im Durchschnitt an 13 Tagen im Monat bei ihm aufhalte.
4
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, ab März 2003 monatlichen Unterhalt von 165 € zu zahlen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Beklagte aufgrund seiner Mitbetreuung des Klägers, der sich an neun bis elf Tagen im Monat bei ihm aufhalte, nur 2/3 des (aus Gruppe 7 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes) ermittelten Zahlbetrages schulde. Im Hinblick auf die für die Vergangenheit geleisteten Zahlungen ergebe sich deshalb kein Unterhaltsrückstand.
5
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und diesen auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - verurteilt, für die Zeit von Januar 2002 bis April 2003 (unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen) insgesamt 888,57 € sowie ab Mai 2003 monatlich 287 € an Unterhalt zu zahlen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er Klageabweisung erstrebt, soweit er zu Unterhaltszahlungen für die Zeit von Januar 2002 bis April 2003 sowie zu höherem Unterhalt als monatlich 191,33 € für die Zeit ab Mai 2003 verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist nicht begründet.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Zulässigkeit der von dem Kläger, gesetzlich vertreten durch seine Mutter, erhobenen Klage ohne nähere Ausführungen bejaht. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
8
Nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB kann bei gemeinsamer elterlicher Sorge der geschiedene Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gesetzlich vertreten. Der Begriff der Obhut stellt auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse ab. Ein Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der sich also vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmert (MünchKomm /Huber 4. Aufl. § 1629 Rdn. 87; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Aufl. § 1629 Rdn. 6; Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2002] § 1629 Rdn. 335; Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1629 Rdn. 31; Erman/Michalski BGB 11. Aufl. § 1629 Rdn. 20; Weinreich/Ziegler Familienrecht 3. Aufl. § 1629 Rdn. 17; Büttner FamRZ 1998, 585, 593; Roth JZ 2002, 651, 655; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 575 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 67). Leben die Eltern in verschiedenen Wohnungen und regeln sie den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in der Weise, dass es vorwiegend in der Wohnung eines Elternteils - unterbrochen durch regelmäßige Besuche in der Wohnung des anderen Elternteils - lebt, so ist die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB deshalb dem erstgenannten Elternteil zuzuordnen.
9
An einer solchen eindeutigen Zuordnungsmöglichkeit fehlt es nicht bereits dann, wenn die Eltern die Betreuung eines Kindes dergestalt aufteilen, dass es sich zu 2/3 der Zeit bei einem Elternteil und zu 1/3 der Zeit bei dem anderen Elternteil aufhält. Denn auch in einem derartigen Fall liegt der Schwerpunkt der tatsächlichen Betreuung regelmäßig bei dem Elternteil, der sich überwiegend um die Versorgung und die sonstigen Belange des Kindes kümmert (a.A. Kammergericht FamRZ 2003, 53). Betreuen die Eltern ihr Kind dagegen in der Weise, dass es in etwa gleichlangen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt (sog. Wechselmodell), so lässt sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln. Das hat zur Folge, dass kein Elternteil die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB innehat. Dann muss der Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, entweder die Bestellung eines Pflegers für das Kind herbeiführen, der dieses bei der Geltendmachung seines Unterhaltsanspruchs vertritt, oder der Elternteil muss beim Familiengericht beantragen, ihm gemäß § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt allein zu übertragen (MünchKomm/Huber aaO § 1629 Rdn. 88; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1629 Rdn. 6; Weinreich /Ziegler aaO § 1629 Rdn. 17; vgl. auch Staudinger/Peschel-Gutzeit aaO § 1629 Rdn. 336).
10
Im vorliegenden Fall ist nach der Auffassung der Revision davon auszugehen , dass der Kläger zu 1/3 durch den Beklagten mitbetreut wird. Liegt die Betreuung demzufolge aber zu 2/3 bei der Mutter, so befindet sich der Kläger in ihrer Obhut, weil das Schwergewicht der tatsächlichen Betreuung bei ihr liegt. Daher ist sie auch berechtigt, den Kläger im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits gesetzlich zu vertreten.
11
2. a) Die sich aus den §§ 1601 ff. BGB ergebende Unterhaltspflicht des Beklagten für den Kläger steht zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht im Streit. Das gilt gleichermaßen für das der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legende Einkommen des Beklagten, das das Berufungsgericht mit ca. 1.870 € für die Jahre 2002 und 2003 ermittelt hat. Dagegen haben weder die Revision noch die Revisionserwiderung Einwendungen erhoben. Unterschiedlich beurteilt wird von den Parteien allein die Frage, ob sich die Barunterhaltspflicht des Beklagten mit Rücksicht darauf reduziert, dass der Kläger dem Beklagtenvortrag zufolge zu 1/3 von diesem mitbetreut wird.
12
b) Das Berufungsgericht hat eine solche quotenmäßige Kürzung des geschuldeten Barunterhalts abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Streit darüber, an wie vielen Tagen der Beklagte das Kind mitbetreue, sei nicht im Einzelnen nachzugehen. Zwar gehe der Umgang des Vaters mit seinem Sohn weit über das übliche Maß hinaus und entlaste die Mutter teilweise von der Betreuung, insbesondere während ihrer beruflichen Tätigkeit als Krankenschwester. Es sei allerdings zum einen zu berücksichtigen, dass der große Teil der Festkosten für den Unterhalt des Klägers (Kleidung, Wohnung) gleichwohl von der Mutter zu tragen sei. Der üblicherweise stattfindende Wochenend- und Ferienumgang habe zum anderen bereits in den Tabellen Beachtung gefunden. Beiden Umständen werde am Besten dadurch Rechnung getragen, dass bei der Eingruppierung des Beklagten in die Düsseldorfer Tabelle ein Abschlag von mindestens einer Einkommensgruppe vorgenommen werde. Der Beklagte sei nach seinem Einkommen an sich in Gruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle einzustufen. Da er nur einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig sei, mithin eine unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung bestehe, sei nach Anmerkung 1 der Düsseldorfer Tabelle eine Höherstufung um zwei Einkommensgruppen vorzunehmen. Sodann sei ein Abschlag um mindestens eine Einkommensgruppe wegen der Mitbetreuung des Klägers durch den Beklagten vorzunehmen. Dies führe höchstens zu der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Danach habe der Kläger in der zweiten Altersstufe einen Barunterhaltsbedarf von 292 €, auf den das Kindergeld gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB in Höhe von 61 € anzurechnen sei, so dass ein Zahlbetrag von 231 € verbleibe. Ab Mai 2003 sei der Unterhalt der dritten Altersstufe zu entnehmen. Der Zahlbetrag belaufe sich von da an auf (345 € abzüglich anteiliges Kindergeld von 58 €) 287 €. Dieselben Beträge seien aber auch dann zu entrichten, wenn der Beklagte nur in die Einkommensgruppe 2 (4 + 2 - 4) der Düsseldorfer Tabelle einzustufen wäre.
13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung zwar nicht in der Begründung, wohl aber im Ergebnis stand.
14
3. Mehrere gleichnahe Verwandte haften nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Unterhalt eines Berechtigten anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Nach Satz 2 der Bestimmung erfüllt der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Der andere, nicht betreuende Elternteil hat den Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die gesetzliche Regelung geht mithin davon aus, dass ein Elternteil das Kind betreut und versorgt und der andere Elternteil die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen hat. Dabei bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Soweit dieser allerdings noch keine eigenständige Lebensstellung erlangt hat, wie dies bei unterhaltsbedürftigen minderjährigen Kindern der Fall ist, leitet sich seine Lebensstellung von derjenigen der unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens - und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 537).
15
Das ist - in Fällen der vorliegenden Art - so lange nicht in Frage zu stellen , wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. So lange ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass dieser Elternteil die Hauptverantwortung für das Kind trägt und dadurch den Betreuungsunterhalt leistet, während der andere Elternteil zum Barunterhalt - auf der Grundlage nur seiner eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse - verpflichtet ist. Deshalb ändert sich an der aus dem Schwergewicht der Betreuung durch einen Elternteil folgenden Aufteilung zwischen Bar- und Betreuungsunterhalt nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt, sei es im Rahmen eines Aufenthalts des Kindes bei ihm entsprechend einem nach den weitgehend üblichen Maßstäben gestalteten Umgangsrecht (z.B. bei einem oder zwei Wochenendbesuchen im Monat), sei es aber auch im Rahmen eines Aufenthalts entsprechend einem großzügiger gehandhabten Umgangsrecht, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert. Wenn und soweit der andere Elternteil gleichwohl die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, wofür der zeitlichen Komponente der Betreuung indizielle Bedeutung zukommen wird, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht, muss es dabei bleiben, dass dieser Elternteil seine Unterhaltspflicht i.S. des § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt (ebenso Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 316 b).
16
Anders wird es allerdings zu beurteilen sein, wenn die Eltern sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln, so dass jeder von ihnen etwa die Hälfte der Versorgungs- und Erziehungsaufgaben wahrnimmt. In solchen Fällen wird eine anteilige Barunterhaltspflicht der Eltern in Betracht kommen, weil sie auch für den Betreuungsunterhalt nur anteilig aufkommen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 74, 75 und NJW 2001, 3344, 3345; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 226 und 316 b; MünchKomm/Luthin aaO § 1606 Rdn. 34; Büttner NJW 1999, 2315, 2322 f.; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3174; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 148; Scholz/Stein/Erdrich Familienrecht Teil I Rdn. 155; Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 3135; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 154; Weinreich /Klein aaO § 1606 Rdn. 42; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 8. Aufl. § 1606 Rdn. 15; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. V Rdn. 58; Erman/Hammermann aaO § 1606 Rdn. 11).
17
Ein solcherart von den Eltern praktiziertes Wechselmodell bleibt allerdings auch auf die Bedarfsbemessung nicht ohne Einfluss. Wenn beide Elternteile über Einkommen verfügen, ist der Unterhaltsbedarf des Kindes an den beiderseitigen - zusammengerechneten - Einkünften auszurichten. Hinzuzurechnen sind die Mehrkosten (z.B. Wohn- und Fahrtkosten), die dadurch entstehen , dass das Kind nicht nur in einer Wohnung, sondern in getrennten Haushalten versorgt wird. Für den so ermittelten Bedarf haben die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen und unter Berücksichtigung der erbrachten Naturalunterhaltsleistungen aufzukommen (vgl. zur Berechnung etwa OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 74 ff. und NJW 2001, 3344 ff.; Eschenbruch /Wohlgemuth aaO Rdn. 3135).
18
4. Im vorliegenden Fall übernimmt der Beklagte nach seinem für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Vorbringen ein Drittel der für den Kläger anfallenden Betreuung. Ob damit - über den zeitlichen Einsatz hinaus - bei ihm auch ein Drittel der insgesamt anfallenden Betreuungsleistungen liegt, wird daraus indessen nicht ersichtlich. Aber selbst wenn letzteres der Fall sein sollte, würde das nicht ausreichen, um von einer in etwa hälftigen Aufteilung der Versorgungs - und Erziehungsaufgaben auszugehen. Vielmehr läge auch dann das Schwergewicht der Betreuung eindeutig bei der Mutter. Damit praktizieren die Parteien aber keine Betreuung in einem Wechselmodell mit im Wesentlichen gleichen Anteilen. Mit Rücksicht darauf kommt die Mutter ihrer Unterhaltspflicht gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Betreuung des Kindes nach. Eine anteilige Barunterhaltspflicht ergibt sich für sie - entgegen der Auffassung der Revision - nicht.
19
5. Demgemäß hat das Berufungsgericht den Bedarf des Klägers zu Recht allein auf der Grundlage des Einkommens des Beklagten anhand der Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Allerdings kann auch der auf diesem Weg bestimmte Bedarf eines unterhaltsberechtigten Kindes gemindert sein, wenn er zu einem Teil anderweitig gedeckt wird. Dies führt im Grundsatz zu einer entsprechenden Verringerung seines Unterhaltsanspruchs (§ 1602 Abs. 1 BGB). Wird mithin das Unterhaltsbedürfnis des Kindes, etwa durch Gewährung von Bekleidung und Verpflegung, unentgeltlich erfüllt, so kann das die Höhe des Barunterhaltsanspruchs verringern. Diese Folge kann auch dann eintreten, wenn es der barunterhaltspflichtige Elternteil selbst ist, der den Unterhalt des minderjährigen Kindes zu einem Teil in anderer Weise als durch die Zahlung einer Geldrente nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB befriedigt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 1984 - IVb ZB 49/83 - FamRZ 1984, 470, 472).
20
Von einer teilweisen Bedarfsdeckung kann im vorliegenden Fall indessen ebenfalls nicht ausgegangen werden. Dass der Beklagte seinerseits den Wohnbedarf des Kindes in der Zeit, in der es sich bei ihm aufhält, bestreitet, mindert dessen - ohne Berücksichtigung dieser Mehrkosten ermittelten - Bedarf nicht. Denn in den Tabellensätzen sind nur die bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten enthalten. Von einer - unterhaltsrechtlich erheblichen - teilweisen Bedarfsdeckung durch die Verpflegung des Klägers seitens des Beklagten kann ebenso wenig ausgegangen werden. Da die im Rahmen üblicher Umgangskontakte von etwa fünf bis sechs Tagen monatlich gewährte Verpflegung nicht zu Erstattungsansprüchen des besuchten Elternteils führt, sondern dieser die üblichen Kosten, die ihm bei der Ausübung des Umgangsrechts entstehen, grundsätzlich selbst zu tragen hat (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 707 f. m.w.N.), führt die Verpflegung während weiterer vier bis fünf Tage nicht zu nennenswerten Ersparnissen des anderen Elternteils (vgl. Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 316 b ). Sonstige den Bedarf des Klägers teilweise deckenden konkreten Aufwendungen des Beklagten hat dieser nicht vorgetragen.
21
6. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen darf, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben, und deshalb die damit verbundenen Kosten unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen sind, wenn und soweit sie nicht anderweitig, insbesondere nicht aus dem anteiligen Kindergeld, bestritten werden können (vgl. Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 708), ergibt sich im vorliegenden Fall keine Reduzierung des dem Kläger geschuldeten Unterhalts. Denn der Beklagte ist wirtschaftlich so gestellt, dass er aus dem ihm unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts verbleibenden Einkommen neben dem Kindesunterhalt auch die durch den zeitweiligen Aufenthalt des Klägers bei ihm anfallenden Kosten bestreiten kann.
22
7. Die Unterhaltsberechnung des Berufungsgerichts ist nach alledem nicht zum Nachteil des Beklagten zu beanstanden, ohne dass es darauf ankommt , ob er in Gruppe 5 oder nur in Gruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle einzustufen ist.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina

Vorinstanzen:
AG Schwäbisch Gmünd, Entscheidung vom 05.12.2002 - 7 F 600/02 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.05.2003 - 11 UF 292/02 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2005 - XII ZR 126/03

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(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
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XII ZR 20/00 Verkündet am:
6. Februar 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
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in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage des Mindestbedarfs eines unterhaltsberechtigten Kindes nach Wegfall
des § 1610 Abs. 3 BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 zum
1. Juli 1998 (- KindUG - BGBl. I, S. 666).
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AG Pirmasens
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrükken vom 21. Dezember 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Beklagten getrenntlebende Klägerin macht gegen ihn in Prozeßstandschaft Unterhalt für die gemeinsamen Kinder geltend. Aus der im Juli 1989 geschlossenen Ehe der Parteien sind die Tochter Marie-Christine, geboren am 4. Dezember 1990, und der Sohn Maximilian, geboren am 28. Dezember 1993, hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung der Eltern Ende Juni 1998 bei der Klägerin, die sie betreut und die das staatliche Kindergeld erhält. An seinen nicht aus der Ehe stammenden
Sohn Leon Sebastian, geboren am 6. April 1998, zahlt der Beklagte monatlich 300 DM Unterhalt. Der Beklagte arbeitet als Verwaltungsbeamter in S. . Sein monatliches Nettoeinkommen betrug 1998, bereinigt um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge , rund 4.700 DM. Die Klägerin ist Lehrerin und verdient monatlich netto ebenfalls rund 4.700 DM. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines mit Krediten belasteten Anwesens, in dem die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern verblieben ist. Sie trägt den überwiegenden Teil dieser Kreditverbindlichkeiten. Der Beklagte macht für sich weitere monatliche Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 1.425 DM geltend. Außerdem zahlt er für einen im März 1998 geleasten Pkw, auf den er eine Sonderleistung von 10.000 DM erbracht hat, monatliche Raten von rund 672 DM. Mit dem Pkw fährt er arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstelle rund 110 Kilometer. Die Klägerin bezieht seit Dezember 1998 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für Marie-Christine in Höhe von monatlich 299 DM und für Maximilian von 224 DM. Der Beklagte hat nach der Trennung an die Klägerin im Jahre 1998 für beide Kinder einen einmaligen Unterhaltsbetrag von insgesamt 500 DM und von Januar bis November 1999 monatlich 299 DM für MarieChristine und 244 DM für Maximilian an die Verwaltungsbehörde gezahlt. Diese hat die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche der Kinder auf die Klägerin zurückübertragen. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung des weitergehenden Begehrens verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für beide Kinder für Juli und August 1998 in Höhe von insgesamt 1.142 DM zu zahlen,
ferner für die Zeit vom 1. September 1998 bis 31. Dezember 1998 jeweils monatlich 460 DM für Marie-Christine und 361 DM für Maximilian, sowie ab 1. Januar 1999 jeweils monatlich 418 DM für Marie-Christine und 322 DM für Maximilian. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Beklagte hat geltend gemacht, er schulde wegen seiner anderweitigen Verbindlichkeiten und der anfallenden Fahrtkosten von monatlich 583 DM nur den Unterhalt nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich hälftigen Kindergeldes, für die Zeit ab Januar 1999 somit für MarieChristine monatlich 299 DM und für Maximilian 224 DM. Die Klägerin hat mit der Berufung die Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend begehrt, daû für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 restlicher Unterhalt von insgesamt 5.547 DM für beide Kinder sowie ab 1. Januar 1999 für Marie-Christine monatlich 595 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 299 DM und für Maximilian monatlich 469 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 224 DM an sie zu zahlen seien. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. November 1999 rückständigen Unterhalt für Marie-Christine in Höhe von 3.702 DM und für Maximilian in Höhe von 2.890 DM sowie ab 1. Dezember 1999 für beide Kinder monatlich je 427 DM zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

A.

I. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2000, 765 f. veröffentlicht ist, hat den Bedarf für die Kinder der Parteien nach der Düsseldorfer Tabelle, Einkommensgruppe 5 ermittelt. Dies ergab für die am 4. Dezember 1990 geborene Marie-Christine in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 monatlich 543 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 2) und ab 1. Juli 1999 monatlich 552 DM (Düss.Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2). Für den am 28. Dezember 1993 geborenen Maximilian hat es den Bedarf entsprechend für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 mit 447 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 1), für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. November 1999 mit monatlich 455 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 1) und ab 1. Dezember 1999 mit 552 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2) angenommen. Für die Bedarfsbemessung ist das Oberlandesgericht dabei zunächst richtig und von der Revision nicht beanstandet von einem durchschnittlichen, um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verminderten Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich rund 4.700 DM für das Jahr 1998 und in Höhe von rund 4.450 DM für das Jahr 1999 ausgegangen. Von diesem Einkommen hat es - unter Berücksichtigung der Fahrten des Beklagten zur Ar-
beitsstelle - eine Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abgezogen , so daû es zu einem bereinigten Nettoeinkommen von monatlich rund 4.466 DM für das Jahr 1998 und von 4.228 DM für das Jahr 1999 gelangt ist. Die Berücksichtigung der monatlichen Leasingraten für den Pkw des Beklagten in Höhe von rund 672 DM hat es abgelehnt, da diese Verpflichtung in keiner Weise der finanziellen Gesamtsituation entspreche und auch nicht berufsbedingt notwendig sei. 1. Insoweit ist nicht zu beanstanden, daû das Oberlandesgericht für die Fahrten zur Arbeitsstelle nur die Pauschale von 5 % und nicht die geltend gemachten konkreten Fahrtkosten von monatlich 583 DM vom Nettoeinkommen abgezogen hat. Da es sich bei Unterhaltsfällen um Massenerscheinungen handelt , ist aus Vereinfachungsgründen eine pauschalierende Berechnungsmethode notwendig (Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807). Dies schlieût zwar die Berücksichtigung konkreter Aufwendungen nicht aus, soweit diese notwendig und angemessen sind. Es hält sich aber im Rahmen der revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Bewertung, wenn das Oberlandesgericht es für zumutbar gehalten hat, daû der Beklagte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle gelangt oder den Wohnsitz an den Dienstort verlegt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die Bemessung der Aufwendungen mit 5 % hält sich ebenfalls im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493). 2. Entgegen der Revision kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen , von seinem Einkommen seien weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 672 DM Leasingraten abzuziehen.
Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maûgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 247/94 - FamRZ 1996, 160, 161). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 und vom 25. Oktober 1995 aaO S. 161). Im Rahmen dieser in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Interessenabwägung ist das Oberlandesgericht - bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - zu dem Ergebnis gelangt, daû die monatlichen Leasingraten von 672 DM zum einen der finanziellen Gesamtsituation nicht entsprächen und zum anderen nicht berufsbedingt notwendig seien. Der Beklagte könne diese Raten bei Nutzung eines preiswerten Gebrauchtwagens oder öffentlicher Verkehrsmittel in zumutbarer Weise vermeiden, so daû seine Kinder sich diese Verpflichtung nicht entgegenhalten lassen müûten. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.

II. Zu Recht rügt jedoch die Revision, das Oberlandesgericht habe den Bedarf der Kinder nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Beklagten mit dem Existenzminimum gleichsetzen und ihn darauf verweisen dürfen , die ehebedingten Verbindlichkeiten in Höhe von 120.000 DM, die er mit monatlich 1.425 DM zurückführe, zu strecken. 1. Das Oberlandesgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Verbindlichkeiten - wie der Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat - als ehebedingt anzusehen sind oder aber zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des Beklagten aufgenommen wurden. Dies ist für die Frage ihrer Berücksichtigung von Bedeutung (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). In der Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daû es sich um ehebedingte Schulden handelt. Werden die monatlichen Kreditraten von 1.425 DM in voller Höhe berücksichtigt, würde sich das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten im Jahre 1998 von 4.466 DM auf 3.041 DM und im Jahre 1999 von 4.228 DM auf 2.803 DM vermindern , was der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle und einem Unterhaltsbedarf von 484 DM (ab 1. Juli 1999 492 DM) in der Altersstufe 2 und von 398 DM (ab 1. Juli 1999 405 DM) in der Altersstufe 1 entspräche. Damit hätte der Beklagte zwar mehr als den Regelbetrag, aber weniger als den vom Oberlandesgericht angenommenen "Mindestbedarf" zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, den ehegemeinschaftlichen Kindern stehe wenigstens ein Mindestbedarf im Sinne des zur Sicherung des Existenzminimums erforderlichen Unterhaltsbetrages zu. Die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes leite sich vom barunterhaltspflichtigen Elternteil ab. Der Unterhaltsanspruch genieûe grundsätzlich keinen Bestandsschutz hin-
sichtlich der tatsächlichen Lebensverhältnisse. Das Kind müsse deshalb hinnehmen , wenn nur noch ein geringerer - den Mindestbedarf allerdings nicht unterschreitender - Unterhaltsbetrag geschuldet werde. Die Festlegung des Mindestbedarfs sei mit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes aufgrund der Aufhebung der Verweisung in § 1610 Abs. 3 BGB a.F. aufgegeben worden. Der Regelbetrag nach der Regelbetrag -Verordnung (= Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle) liege unter dem Existenzminimum und solle nicht bedarfsdeckend sein, sondern diene primär als Bemessungsgröûe für das vereinfachte Verfahren. Ihm sei daher ein Mangelfall immanent, weshalb er nicht mehr dem Mindestbedarf entspreche. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben sei für den Mindestbedarf auf das nach dem Sozialhilfebedarf ermittelte Existenzminimum abzustellen. Dieses betrage bei einer Verteilung auf die drei Altersstufen ab 1996 431 DM, 510 DM und 631 DM, ab 1999 461 DM, 544 DM und 670 DM. Die genannten Beträge seien nicht genau in die Unterhaltstabelle einzupassen, da sie zwischen den Einkommensgruppen 4 bis 6 der Tabelle lägen. Deshalb sei es angemessen, den Mindestbedarf unter Zuordnung zur Einkommensgruppe 5 zu bemessen. Dieser Mindestbedarf stehe den Kindern in jedem Falle zu. Da der Beklagte drei Kindern unterhaltspflichtig sei, sei eine Höherstufung nicht angezeigt. 2. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, daû es seit dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (KindUG-BGBl. I, 666) keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr gibt (so auch Schumacher/Grün FamRZ 1998, 778, 779; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rdn. 127 a f.).
Bis zum 30. Juni 1998 definierte § 1615 f Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. den Regelunterhalt als den Betrag (Regelbedarf), der zum Unterhalt eines nichtehelichen Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderlich sei. Verlangte ein eheliches Kind Barunterhalt , so galt als Bedarf mindestens der für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte Regelbedarf, § 1610 Abs. 3 BGB a.F.. Durch Art. 1 Nr. 8, 16, Art. 6 KindUG wurden § 1610 Abs. 3 BGB und die Vorschriften über den Regelunterhalt nichtehelicher Kinder aufgehoben. § 1610 Abs. 3 BGB war nicht mehr erforderlich, da in § 1612 a Abs. 1 BGB für alle Kinder die Möglichkeit geschaffen wurde, die Regelbeträge geltend zu machen. Damit war die Definition des Mindestbedarfs im Unterhaltsrecht entfallen. Die Regelbeträge sollten als Basiswerte der Unterhaltstabellen und als Bezugsgröûen für die Unterhaltsanpassung dienen (Regierungsentwurf - im folgenden : RegE -, BT-Drucks. 13/7338, S. 22; Stellungnahme des Rechtsausschusses - im folgenden: RA -, BT-Drucks. 13/9596, S. 36). In Höhe der Regelbeträge (im RegE noch Regelunterhalt genannt) sollte das Kind von der Darlegungs - und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein (RegE aaO S. 19). Die Festlegung eines Mindestbedarfs erfolgte bewuût nicht (Bericht des RA aaO S. 31 f.). Die Empfehlung des Bundesrats, den im Regierungsentwurf verwendeten Begriff "Regelunterhalt" durch den Begriff "Mindestunterhalt" zu ersetzen, und die Forderung , der Mindestunterhalt der Kinder müsse sich an deren Bedarf orientieren und mindestens deren Existenzminimum abdecken (Stellungnahme des Bundesrats , BT-Drucks. 13/7338, S. 56), sind nicht Gesetz geworden. In ihrer Gegenäuûerung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daû nicht der Eindruck erweckt werden solle, ein Mindestunterhalt sei unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten geschuldet (BT-Drucks. 13/7338, S. 59).
Insbesondere im Hinblick auf das Ziel des Entwurfs, die verfahrensrechtlich erleichterte Durchsetzung der Regelbeträge zu ermöglichen, wurde auf eine dem § 1615 f Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Definition der Regelbeträge verzichtet. Es war bekannt, daû eine erhebliche Erhöhung der Regelbeträge voraussichtlich dazu führen würde, daû die gesetzlich vorgesehenen Beträge für die Mehrzahl der Berechtigten wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Verpflichteten nicht erreichbar wären. Auûerdem sollten Mehrkosten für gesteigerte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuûgesetz und eine erhebliche Mehrbelastung der Justiz durch die Geltendmachung von Unterhaltsbeträgen , die nicht der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen entsprechen, vermieden werden (Gegenäuûerung der Bundesregierung, aaO S. 60; Bericht des RA aaO S. 31). Die wesentliche Bedeutung des Regelbetrages sollte daher nicht in der Festlegung eines Mindestunterhalts, sondern darin liegen, daû mit ihm eine Bezugsgröûe für den Zugang zum vereinfachten Verfahren und für die im Zweijahresrhythmus erfolgende Anpassung der Unterhaltsansprüche geschaffen werden sollte (vgl. § 645 ZPO). Daû die Beträge hinter dem Existenzminimum zurückblieben, sei unschädlich, da das vereinfachte Verfahren auch für Unterhaltsbeträge in Höhe des Existenzminimums und sogar darüber hinaus eröffnet sei (Bericht des RA aaO S. 31, 36, vgl. auch Wendl/Scholz aaO). Die gegenteilige Auffassung, der Regelbetrag sei auch nach Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes entsprechend dem früheren Regelunterhalt dem Mindestbedarf gleichzusetzen, widerspricht daher dem im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (so aber: KG FamRZ 1999, 405 f.; OLG München FamRZ 1999, 884; OLG Bamberg FamRZ 2000, 307,308; OLG Koblenz FamRZ 2000, 313; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1432, 1433; Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozeû, 2. Aufl., Rdn. 3025).

b) Die Auffassung, ein Mindestbedarf sei in Höhe des Eineinhalbfachen des Regelbetrages festzulegen, weil dieser Betrag nach § 645 ZPO im vereinfachten Verfahren ohne weitere Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geltend gemacht werden könne (so Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 3. Aufl., § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12), wird vom Oberlandesgericht zutreffend abgelehnt. Die erweiterte Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens für Beträge in Höhe von 150 % des Regelbetrages ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, während der Regierungsentwurf in § 645 ZPO nur die Geltendmachung des Regelbetrages vorsah (Bericht des RA aaO S. 11). Dabei hat der Rechtsausschuû aber den Unterschied zwischen dem nicht festgesetzten materiell-rechtlichen Mindestunterhaltsanspruch und der Verbesserung der prozessualen Situation der Kinder betont (Bericht des RA aaO S. 31). Angesichts des auch im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers kann daher aus § 645 ZPO kein Mindestbedarf in entsprechender Höhe hergeleitet werden. Soweit in der Literatur gelegentlich befürwortet wird (Johannsen/Henrich/Graba aaO § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12; Graba NJW 2001, 249, 253), die Regelung des vereinfachten Verfahrens aus Gründen des Gleichklangs ins Klageverfahren zu übernehmen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ein vorausgegangenes vereinfachtes Verfahren kann weder Wirkungen für den materiellen Unterhaltsbedarf und -anspruch noch für die Darlegungs- und Beweislast im streitigen Prozeû begründen.
c) Der Senat folgt andererseits auch nicht der vom Oberlandesgericht und Teilen der Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; OLG Stuttgart (18. ZS) FamRZ 2000, 376; abweichend davon OLG Stuttgart (16. ZS), Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01; Göppinger /Wax/
Strohal, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz , Das neue Kindschaftsrecht § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 mit eingehender Darstellung des Streitstandes und Nachweisen; ders. FamRZ 2001, 334, 335; Rühl/Greûmann, Kindesunterhaltsgesetz Rdn. 58 ff.; vgl. weiter den Überblick bei Miesen, Neuere Entwicklung im Familienrecht bis Herbst 2001, FF Sonderheft, S. 4 f.) vertretenen Auffassung, daû es geboten sei, anstelle des im Unterhaltsrecht seit 1. Juli 1998 nicht mehr definierten Mindestbedarfs nunmehr auf das von der Bundesregierung auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelte, steuerfrei zu stellende rechtliche Existenzminimum eines Kindes abzustellen (für das Jahr 1996: 524 DM (BT-Drucks. 13/381, S. 4); für das Jahr 1999: 558 DM (BT-Drucks. 13/9561, S. 4); für das Jahr 2001: 564 DM (BT-Drucks. 14/1926, S. 5)). Aus dem für alle Kinder bis 18 Jahre unterschiedslos ermittelten Existenzminimum sollten gestaffelte Werte für die drei Altersstufen nach § 1612 a Abs. 3 BGB errechnet werden (vgl. die Berechung bei Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.). Die gewonnenen Ergebnisse entsprächen allerdings nicht den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle, sondern lägen je nach Altersstufe im Bereich der Einkommensgruppen 4 bis 6. Deshalb sollte im Wege der Interpolation der Mindestbedarf einheitlich nach der Einkommensgruppe 5 festgesetzt werden, wie es hier auch das Oberlandesgericht vorgeschlagen hat. aa) Für diese Auffassung wird teilweise angeführt, der Rechtsausschuû habe die aus dem Bericht der Bundesregierung vom 2. Februar 1995 ersichtlichen durchschnittlichen Sozialhilfebeträge ausdrücklich als Existenzminimum von Kindern bezeichnet. Deshalb seien in einem Nicht-Mangelfall mindestens diese Sätze geschuldet (Kleinle ZfJ 1998 aaO S. 226). Diese Ansicht widerspricht den bereits dargelegten Beratungen des Ausschusses, der bewuût von der Festsetzung eines Mindestunterhalts in Höhe des Existenzminimums abge-
sehen hat (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 59; Bericht des RA aaO S. 31). bb) Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums und zum Familienleistungsausgleich (vgl. nur BVerfG FamRZ 1999, 285 ff. und 291 ff.) zwingt nicht zur Annahme eines entsprechenden Mindestbedarfs. Danach müsse dem Steuerpflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts bedürfe (Existenzminimum). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaûstab sei der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, daû der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen müsse, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt werde (BVerfGE 82, 60, 85, BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer (BVerfGE 87, 153, 169; FamRZ 1999 aaO S. 292). Art. 6 Abs. 1 GG gebiete darüber hinaus, daû bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben müsse (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 287; FamRZ 1999 aaO, S. 292 jew. m.N.). Dabei müûten die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf - realitätsgerecht - bemessen werden (BVerfGE 91, 93, 111; BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292 m.N.). Dessen Untergrenze sei durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollten, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäûig den veränderten Lebensverhältnissen angepaût werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stelle, müsse er auch dem Einkommensbezieher von dessen Er-
werbsbezügen belassen (BVerfGE 87 aaO S. 171; 91, aaO S. 111; FamRZ 1999 aaO S. 292). Letzteres gelte sinngemäû für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums von Kindern (BVerfGE 82, 60, 93 f.), bei denen allerdings nach der neueren Rechtsprechung zusätzlich ab 1. Januar 2000 ein Betreuungsbedarf und ab 1. Januar 2002 auch der Erziehungsbedarf im Rahmen des steuerlichen Existenzminimums der Kinder zu berücksichtigen sei (BVerfGE 99, 216, 233 f., 240 f., 242). Diese Grundsätze werden bei der Festlegung eines Mindestbedarfs teilweise auf das Unterhaltsrecht übertragen (OLG Stuttgart FamRZ 2000, 376; OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; Göppinger/Wax/Strohal aaO Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz aaO § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 m.N.; ders. FamRZ 2001, aaO 335; Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.; Miesen, aaO S. 4 f.), vereinzelt unter Hinweis auf die der Sozialhilfe vorrangige Verwandtenunterhaltspflicht (Graba NJW 2001 aaO S. 251 f.). Dabei werden jedoch die unterschiedliche Struktur und Funktion des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts auf der einen Seite sowie des Einkommensteuer- und Sozialhilferechts auf der anderen Seite nicht ausreichend beachtet. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum und zum Familienleistungsausgleich betreffen das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Das Bundesverfassungsgericht fordert, daû der verminderten Leistungsfähigkeit der Bürger, die Kindern unterhaltspflichtig sind, durch eine entsprechende steuerliche Entlastung im Vergleich zu kinderlosen Steuerzahlern Rechnung getragen wird. Der sozialhilferechtlich anerkannte Bedarf als dafür entscheidende Bemessungsgröûe ist naheliegend, da diese pauschalierenden Sätze nach dem Verständnis des Sozialstaates und dem Sozialrecht das Existenzminimum zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins si-
chern. Aus den Entscheidungen ergeben sich also in erster Linie Pflichten des Staates, während sich zivilrechtliche Unterhaltsansprüche nach wie vor nach den Regelungen im Verwandtenunterhaltsrecht richten (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 127 b). cc) Anders als der im Steuerrecht für alle gleichmäûig festzusetzende, gegenüber dem Zugriff des Staates geschützte Grenzbetrag geht das Unterhaltsrecht von einem individuell zu bemessenden Unterhaltsanspruch aus. Im Verwandtenunterhalt bestimmt sich das Maû des zu gewährenden angemessenen Unterhalts grundsätzlich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Jedoch wird Unterhalt nicht geschuldet, soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zur Zahlung auûerstande ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Das Recht des Kindesunterhalts ist dadurch gekennzeichnet , daû minderjährige Kinder ohne Einkünfte keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB besitzen. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des bar-unterhaltspflichtigen Elternteils. An dieser individuellen Bemessung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimum nichts geändert. Ist nach diesen unterhaltsrechtlichen, dem § 1610 Abs. 1 BGB zu entnehmenden Grundsätzen der Unterhaltspflichtige (und auch ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter) nicht in der Lage, das sozialhilferechtlich ermittelte Existenzminimum sicherzustellen, so hat insoweit der Staat im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip die notwendigen Leistungen zu erbringen. Soweit
dagegen der Unterhaltspflichtige den Unterhalt selbst sicherstellen kann, ist die Sozialhilfe subsidiär. Im übrigen zeigt die gerichtliche Praxis, daû das sozialhilferechtliche Existenzminimum, das als Bedarf nach der Einkommensgruppe 5 (um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen 1998 bis Juni 2001 mindestens 3.500 DM, ab Juli 2001 mindestens 3720 DM) angesetzt wird, von der Mehrzahl der Barunterhaltspflichtigen nicht geleistet werden kann. Dies wuûte auch der Gesetzgeber, als er auf die Festsetzung eines entsprechenden Mindestbedarfs verzichtete (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 60). dd) Die Rechtsprechung hat zwar an den früher kodifizierten Mindestbedarf eine Reihe von Folgen geknüpft. So konnte etwa im Wege der einstweiligen Verfügung nur der Mindestbedarf als Notunterhalt verlangt werden. Diese Funktion hat jedoch nach dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes an Bedeutung verloren (so auch Luthin FamRZ 2001 aaO S. 336). Denn nach § 644 ZPO kann nunmehr im Unterhaltsprozeû und weiterhin während eines Scheidungsverfahrens nach § 620 ZPO Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung und damit ohne die zeitlichen und betragsmäûigen Beschränkungen der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 662). Auch soweit die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bisher den gesetzlich festgelegten Mindestbedarf im Mangelfall als Einsatzbetrag herangezogen hat (vgl. nur Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 - FamRZ 1995, 1323, 1324 unter C.), nötigt dies nicht zu einer Festschreibung des Existenzminimums als Mindestbedarf. Die Ermittlung des zu leistenden Unterhalts mit Hilfe von Einsatzbeträgen, z.B. der Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle, beruht nicht auf einer mathematisch exakten Rechenope-
ration, die das Gesetz auch in § 1610 Abs. 2, § 1603 Abs. 1 BGB nicht vorsieht. Vielmehr sind die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Deshalb ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Mangelfall handelt oder nicht (Senatsurteil vom 19. Juli 2000, aaO 1493). Die Vorgehensweise für die Berechnung der Unterhaltsansprüche im Mangelfall ist daher von der Festsetzung eines Mindestbedarfs nicht abhängig. Von maûgeblicher Bedeutung war der gesetzliche Mindestbedarf gemäû § 1610 Abs. 3 BGB a.F. allerdings für die Darlegungs- und Beweislast. Da der Regelunterhalt als Mindestbedarf "galt", war eine weitere Darlegung der Bedarfshöhe nicht erforderlich (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Nach Aufhebung dieser Vorschrift könnte die allgemeine Darlegungs- und Beweislast für Unterhaltsansprüche eingreifen. Das minderjährige Kind wäre für die bedarfsprägenden Lebensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils und dessen Leistungsfähigkeit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig (so Klinkhardt DAVorm 1998, 655). Dies würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern wollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daû in Höhe des Regelunterhalts das Kind von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein solle (BT-Drucks. 13/7338, S. 19). Dieses Ziel ist auch mit der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Formulierung des § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB-E "Ein minderjähriges Kind kann... den Regelunterhalt verlangen." (RegE aaO
S. 5) zum Ausdruck gekommen. Als in den Beratungen des Rechtsausschusses auf den Anspruch auf Regelunterhalt verzichtet wurde, hat man dessen Funktion für die Darlegungs- und Beweislast übersehen. Der Rechtsausschuû hat ausgeführt, ein materiell rechtlicher Anspruch auf einen das Existenzminimum nicht abdeckenden und nur unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit zu rechtfertigenden Regelunterhalt erscheine zur Verwirklichung der Reformziele nicht erforderlich (Bericht des RA aaO S. 31). Daraus läût sich nur herleiten, daû der Gesetzgeber jedenfalls nicht zu Lasten des Kindes von der bisherigen Rechtslage abweichen und ihm die Beweiserleichterung im Rahmen des Regelbetrages nehmen wollte. Es kann aber nicht geschlossen werden, daû der Gesetzgeber das Kind bis zur Höhe des Existenzminimums vollständig von der Darlegungs- und Beweislast freistellen wollte (im Ergebnis ebenso Eschenbruch/Wohl-gemuth aaO Rdn. 3025). Soweit der bisherige Mindestbedarf als "relative Grenze" für die Berücksichtigung von Drittverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners herangezogen wurde, rechtfertigt und erfordert dies ebenfalls keine Festsetzung eines Mindestbedarfs. Aus § 1603 Abs. 1 BGB ergibt sich, daû es nicht schlechthin ausgeschlossen ist, Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen. Dies galt vor dem 1. Juli 1998 auch dann, wenn der Mindestunterhalt nach § 1610 Abs. 3 BGB a.F. nicht gewahrt werden konnte (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 659 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 - FamRZ 1986, 254, 257). Allerdings war in diesen Fällen die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur in Ausnahmefällen möglich, insbesondere deshalb, weil den Kindern, denen der Verpflichtete nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verschärft unterhaltspflichtig ist, jegliche Möglichkeit fehlt, durch eigene Anstren-
gungen zur Deckung des notwendigen Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). Auch nach Wegfall des Mindestbedarfs hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen. Dabei bleiben die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gesichtspunkte unabhängig vom nicht mehr bestimmten Mindestbedarf von Bedeutung. 3. Auch nach dem 1. Januar 2001 ist ein Mindestbedarf für das Kind gesetzlich nicht festgelegt (so auch OLG Hamm, Urteil vom 9. November 2001 - 12 UF 43/01 -; Heger FamRZ 2001, 1409, 1412; Soyka FamRZ 2001, 740; Wendl/Scholz aaO Nachtrag zu § 2 zu Rdn. 2/127 b; ders. FamRZ 2000, 1541, 1545). Zu diesem Zeitpunkt ist das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I 1479) hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in Kraft getreten. Dadurch wurde § 1612 b Abs. 5 BGB insoweit geändert, als eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige auûerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend gefolgert, daû nunmehr der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung liege (OLG München FamRZ 2002, 52; OLG Stuttgart, 16. Zivilsenat, Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01 -; Gerhardt FamRZ 2001, 73; Graba NJW 2001, aaO 252, 253; Luthin FamRZ 2001, 334, 336; Miesen FF Sonderheft 2001, S. 4 m.N.; Vossenkämper FamRZ 2000, 1547, 1551; Wohlgemuth FamRZ 2001, 742, 744).
a) Den Vertretern dieser Auffassung ist einzuräumen, daû der Gesetzgeber mit der Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB beabsichtigt hat, das Barexi-
stenzminimum des Kindes zu sichern (Bericht des RA BT-Drucks. 14/3781, S. 8). Dies war allerdings nicht der Ausgangspunkt für die erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetzentwurf zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vorgenommene Änderung (Bericht des RA aaO S. 6). Vielmehr wurde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (FamRZ 1999, 285 ff.) Bezug genommen, in der es - unabhängig von der Art der Betreuung - den Betreuungsbedarf der Kinder stets als Bestandteil des Existenzminimums angesehen hat (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 288). Ein entsprechender Steuerfreibetrag wurde zum 1. Januar 2000 durch das Familienförderungsgesetz eingeführt. In Ergänzung dazu sollten die Alleinerziehenden nun auch unterhaltsrechtlich entlastet werden. Nur durch eine unterhaltsrechtliche Neuregelung könne sichergestellt werden, daû das Existenzminimum des Kindes nicht nur steuerrechtlich freigestellt, sondern auch Anknüpfungspunkt für die Verteilung bzw. Verwendung des Kindergeldes werde (Bericht des RA aaO S. 7). Eine Regelung, die das hälftige Kindergeld beim Barunterhaltspflichtigen belasse, selbst wenn dieser das Existenzminimum des Kindes noch nicht sichergestellt habe, sei kaum mehr zu rechtfertigen. Um die Unterhaltsberechnung nicht noch weiter zu erschweren, seien 135 % des Regelbetrages als Grenze anzusetzen. Mit diesem Prozentsatz werde an den Barunterhalt in Höhe des Existenzminimums in allen Altersstufen angeknüpft und eine bruchlose Umsetzung der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle gewährleistet (Bericht des RA aaO S. 8).
b) Dieser Ausgangspunkt des Gesetzgebers verdeutlicht die bereits im Gesetz angelegte Systematik. § 1612 b BGB regelt allein die Anrechnung staatlicher kindbezogener Leistungen auf den Kindesunterhalt.
Bereits vor Einführung des § 1612 b BGB betraf der Ausgleich des Kindergeldes nach der Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, nur das Verhältnis der Ehegatten zueinander und hatte für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes keine Bedeutung (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 808). Staatliches Kindergeld wird gewährt, um die Unterhaltslast der Eltern gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, daû sie - im Wege einer Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt (Senatsurteil BGHZ 70, 151, 153). Beim Ausgleichsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen handelt es sich um einen Unterfall des von der Rechtsprechung entwickelten besonderen familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 809), der nunmehr in § 1612 b BGB kodifiziert ist. Der Ausgleich vollzieht sich aus Vereinfachungsgründen zwar meist über die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils für das Kind. Das ändert jedoch nichts daran, daû es um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen daher auch unmittelbar auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes in Anspruch nehmen kann (Senatsurteile vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607, 609, und vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834, m.N.). Grundsätzlich ordnet § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB den hälftigen Ausgleich des Kindergeldes an, der im Wege der Anrechnung auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt. Bereits § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Kindesunterhaltsgesetzes sah eine Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeit vor, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht den vollen Regelbetrag als Unterhalt leisten konnte. Im Ergebnis wurde der bar-unterhaltspflichtige Elternteil dadurch so gestellt, als habe er das Kinder-
geld in Höhe des nicht angerechneten Teils erhalten und für den Kindesunterhalt verwenden müssen (RegE zum KindUG aaO S. 30).
c) In Kenntnis dieser Rechtsprechung und der Gesetzesgeschichte des Kindesunterhaltsgesetzes hat der Gesetzgeber nur den Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten geändert. Er hat - wie sich aus der Begründung ergibt - mit der Bezugnahme auf das verfassungsrechtliche Existenzminimum das rechtspolitische Anliegen verfolgt, unterhaltsrechtlich den betreuenden Elternteil zu entlasten (Graba NJW 2001 aaO S. 251). Es ging dem Gesetzgeber nicht um die Festlegung eines Mindestunterhalts der Kinder, auch wenn deren Existenzminimum möglichst gesichert werden soll. Vielmehr hat er eine Frage der Familienleistungsförderung geregelt, indem dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugemutet wird, notfalls seinen Kindergeldanteil zur Unterhaltssicherung einzusetzen. Das Kindergeld soll der Entlastung für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen und nicht der Unterstützung weniger zahlungsfähiger Elternteile dienen (Heger aaO S. 1413). Eine Leistung des Staates wird daher in diesen Fällen dem Leistungsempfänger indirekt wieder entzogen. Mit dem zivilrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil hat dies unmittelbar nichts zu tun (so auch Heger aaO S. 1412; Soyka aaO 740; Scholz aaO S. 1545). Es kann dahinstehen, ob § 1612 b Abs. 5 verfassungsgemäû ist (vgl. zur Problematik nur Vorlagebeschluû des AG Kamenz FamRZ 2001, 1090 ff.; Scholz aaO 1543 f.; weitere Nachweise bei Heger aaO 1409). Das Anliegen des Gesetzgebers, den Barunterhalt des Kindes in Höhe des Existenzminimums möglichst sicherzustellen (vgl. auch BVerfG FamRZ 2001, 541), kann der Anrechnungsbestimmung entnommen werden. Der Festlegung eines entsprechenden Mindestunterhalts bedarf es dazu nicht. § 1612 b Abs. 5 BGB wäre dazu auch systematisch nicht der richtige Ort. Vielmehr würde eine solche Regelung - wie vor Inkrafttreten des Kindesunterhalts-
gesetzes - in den § 1610 BGB gehören. Die Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB spiegelt dagegen nur die verfassungsrechtlich gebotene, auf einheitlichen Pauschalbeträgen beruhende Entlastung der unterhaltspflichtigen Eltern wider und regelt den zivilrechtlichen Ausgleich dieses Vorteils zwischen ihnen. In einem Spannungsverhältnis dazu steht der nach § 1610 Abs. 1 BGB am individuellen Einkommen der Eltern ausgerichtete Unterhaltsanspruch des Kindes. Durch das Unterbleiben der Anrechung wird eine Brücke zwischen diesen Polen geschlagen, aber nicht der Individualanspruch zugunsten eines allgemeinen Pauschalbetrages aufgegeben (Heger, aaO S. 1412). Danach durfte das Oberlandesgericht nicht unabhängig vom Einkommen des Beklagten und dessen Verbindlichkeiten ohne weiteres von einem Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle ausgehen, sondern hätte den Bedarf nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen ermitteln müssen. Bei vollständiger Berücksichtigung der - für die Revision als ehebedingt unterstellten - Verbindlichkeiten des Beklagten ergäbe sich ein Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle.

B.

Der Senat kann in der Sache nicht abschlieûend entscheiden. Verbindlichkeiten können aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Zweck, Art und Umfang der Verbindlichkeit sowie Zeitpunkt und Umstände ihrer Entstehung, teilweise oder vollständig bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sein. Auf Seiten der Klägerin ist zu bedenken, daû minderjährige Kinder keine Möglichkeit haben,
durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995, aaO S. 161). Es hat ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unterhaltsgläubigers, des Unterhaltsschuldners und der Drittgläubiger zu erfolgen, gegebenenfalls auch durch eine Streckung der Tilgung (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985, aaO S. 257). Da für die Interessenabwägung von entscheidender Bedeutung ist, ob die Verbindlichkeiten ehebedingt sind oder - wie die Klägerin behauptet - allein der Befriedigung der persönlichen Bedürfnissen des Beklagten dienten, hat das Oberlandesgericht zunächst diese Feststellungen zu treffen und sodann die erforderliche Abwägung vorzunehmen. Sollte sich dabei ergeben, daû der Beklagte zur Unterhaltsleistung in einer Höhe verpflichtet ist, die es nicht erlaubt, den angemessenen Selbstbehalt zu wahren, wird bei der Beurteilung, ob die Klägerin anteiligen Barunterhalt zu leisten hat, zu berücksichtigen sein, daû sie unstreitig überwiegend die Finanzierung des Hauses sicherstellt und damit bereits zur Deckung des Wohnbedarfs der Kinder beiträgt. Bei der neuen Entscheidung wird das Gericht auch das zum 1. Januar 2000 auf monatlich 270 DM erhöhte staatliche Kindergeld zu berücksichtigen haben. Hahne Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

(3) Eine Geldrente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 56/02 Verkündet am:
23. Februar 2005
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1603 Abs. 2, 1612 b Abs. 5, 1684 Abs. 1
Die angemessenen Kosten des Umgangs eines barunterhaltspflichtigen Elternteils
mit seinem Kind können dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts
oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens
führen, wenn dem Unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld gem.
§ 1612 b Abs. 5 BGB ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten
nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt
hinaus verbleiben (im Anschluß an Senatsurteil vom 29. Januar 2003
- XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445 ff.).
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - OLG Bamberg
AG Bamberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 7. Februar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger nehmen den Beklagten, ihren Vater, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Die am 18. April 1990 und am 4. April 1992 geborenen Kinder stammen aus der geschiedenen Ehe des Beklagten und ihrer Mutter, bei der sie leben und der auch die elterliche Sorge zusteht. Mit ihrer Klage haben sie Kindesunterhalt ab 1. Januar 2001 nach Gruppe 1, 2. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1999) in Höhe von monatlich jeweils 431 DM verlangt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und dabei ausgesprochen, daß der Unterhalt abzüglich des anrechenbaren Kindergeldes für ein erstes und zweites Kind (derzeit 431 DM abzüglich 0 DM) zu zahlen sei, der Kindergeldanteil in der Höhe, in der der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages unterschreite, aber nicht anrechenbar sei. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten, mit der er eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes, also eine Herabsetzung des Unterhalts um 135 DM auf monatlich jeweils 296 DM erstrebt hat, blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt er dieses Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Beklagte zur Leistung des den Klägern zuerkannten Unterhalts von monatlich jeweils 431 DM in der Lage sei. Dazu hat es im wesentlichen ausgeführt: Nach den für das Jahr 2001 vorgelegten Verdienstbescheinigungen habe der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen von 2.394,57 DM erzielt, von dem nach Abzug der 5 %igen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen 2.274,84 DM verblieben. Hinzuzurechnen sei 1/3 der dem Beklagten von seinem Arbeitgeber steuerfrei gezahlten Auslösung von insgesamt 9.718 DM im Jahr, monatlich also (9.718 DM : 12 : 3) 269,94 DM, so daß sich das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen auf insgesamt 2.544,78 DM belaufe. Nach Abzug des ab 1. Juli 2001 maßgeblichen notwendigen Selbstbehalts von 1.640 DM verblieben für
den Unterhalt der Kinder noch 904,78 DM, also mehr als vom Amtsgericht mit insgesamt 862 DM zuerkannt. Von einer Anrechnung des hälftigen, für die Kläger gezahlten Kindergeldes habe das Amtsgericht nach § 1612 b Abs. 5 BGB zutreffend abgesehen. Nach der genannten Bestimmung, die verfassungsgemäß und deshalb zu Recht angewandt worden sei, finde im vorliegenden Fall im Hinblick auf die lediglich nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle geltend gemachten Unterhaltsbeträge eine Kindergeldanrechnung nicht statt. 2. Soweit die Revision hiergegen einwendet, § 1612 b Abs. 5 BGB sei bei strikter Anwendung und ohne anderweitige Entlastung des Unterhaltspflichtigen mit Art. 3 und Art. 6 GG nicht vereinbar, kann ihr nicht gefolgt werden. Wie der Senat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden hat, dient die Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung, nach der eine Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, der Sicherstellung des sächlichen Existenzminimums eines Kindes. Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung hat der Senat die Bestimmung für mit dem Grundgesetz vereinbar gehalten (Senatsurteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 289/01 - FamRZ 2003, 445, 447 ff.). Auch das Bundesverfassungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, daß § 1612 b Abs. 5 BGB nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit er zur Sicherung des Existenzminimums des unterhaltsberechtigten Kindes die Anrechnung des Kindergeldes auf den Kindesunterhalt von der Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils abhängig macht und diesen vor dem betreuenden Elternteil verpflichtet, seinen Kindergeldanteil zur Deckung eines Defizits beim Kindesunterhalt einzusetzen (BVerfG FamRZ 2003, 1370, 1372 ff.). Ob die Sicherstellung des Existenzminimums durch die Regelung dauerhaft erreicht werden kann, erscheint zwar ungewiß. Denn § 1612 b Abs. 5 BGB er-
möglicht es dem Verordnungsgeber, gemäß § 1612 a Abs. 4 BGB über die einkommensorientierte Veränderung der Regelbeträge maßgeblich Einfluß auf die Größe zu nehmen, die prozentual, nämlich mit 135 %, als Maßstab für die Bestimmung des Existenzminimums angesetzt worden ist. Wenn sich mithin die Regelbeträge entsprechend der Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts ändern und nicht entsprechend dem existenzsichernden Bedarf eines Kindes, erscheint es zweifelhaft, ob auch in Zukunft 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung dem Barexistenzminimum eines Kindes entsprechen werden. § 1612 b Abs. 5 BGB bietet aufgrund seiner Konstruktion insofern keinen geeigneten Maßstab, der dauerhaft gewährleistet, daß das mit der Norm verfolgte Ziel, das die Differenzierung bei der Kindergeldanrechnung rechtfertigt, nicht verfehlt wird. Mit Rücksicht darauf ist der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehalten, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob die von ihm unter Zuhilfenahme von Bezugsgrößen mit prozentualen Aufschlägen in § 1612 b Abs. 5 BGB gewählte Bemessung des Existenzminimums eines Kindes noch tauglich ist, dieses richtig zu bestimmen (BVerfG aaO S. 1374 f.). Für die Geltungsdauer der derzeitigen Regelbetrag -Verordnung kann dies aber nicht bezweifelt werden, denn eine solche Entwicklung kann sich allenfalls längerfristig ergeben. Deshalb bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1612 b Abs. 5 BGB weiterhin keine Bedenken. Daraus folgt, daß von einer Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Barunterhalt der Kläger zu Recht abgesehen worden ist. Dieses wird benötigt , um das mit 582 DM (431 DM + 35 %) anzusetzende Existenzminimum der Kläger möglichst weitgehend sicherzustellen (431 DM + 135 DM hälftiges Kindergeld = 566 DM). 3. Die Revision macht weiter geltend, ein höherer Kindesunterhalt als monatlich jeweils 296 DM werde jedenfalls deshalb nicht geschuldet, weil der
dem Beklagten zuzubilligende Selbstbehalt um die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts mit den Klägern zu erhöhen sei. Die betreffenden Aufwendungen beliefen sich nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vortrag des Beklagten auf monatlich mindestens 270 DM. Diesem Einwand ist ein Erfolg nicht zu versagen.
a) Nach der bisherigen - auf dem Rechtszustand vor dem Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes zum 1. Juli 1998 beruhenden - Rechtsprechung des Senats hat der Umgangsberechtigte die üblichen Kosten, die ihm bei der Ausübung des Umgangsrechts entstehen, wie Fahrt-, Übernachtungs -, Verpflegungskosten und ähnliches, allerdings grundsätzlich selbst zu tragen; er kann sie deshalb weder unmittelbar im Wege der Erstattung noch mittelbar im Wege einer Einkommensminderung geltend machen, und zwar weder gegenüber dem unterhaltsberechtigten Kind noch gegenüber einem unterhaltsberechtigten Ehegatten (Senatsurteile vom 9. November 1994 - XII ZR 206/93 - FamRZ 1995, 215, 216 mit ablehnender Anmerkung Weychardt FamRZ 1995, 539, 540 und vom 19. Juni 2002 - XII ZR 173/00 - FamRZ 2002, 1099, 1100). Dabei hat der Senat maßgebend darauf abgestellt, daß die Wahrnehmung des persönlichen Kontakts mit seinem Kind unmittelbar Ausfluß der Verantwortung eines Elternteils und seines höchstpersönlichen Rechts aus § 1634 BGB a.F. ist. Bei den dadurch anfallenden Belastungen handle es sich um Kosten, die er im eigenen und im Interesse des Kindes selbst aufzubringen habe. Zur Entlastung dienten staatliche Vergünstigungen wie das Kindergeld, das ihm im Verhältnis zu dem anderen sorgeberechtigten Elternteil hälftig zustehe. Eine Abweichung von diesen Grundsätzen habe sich in engen Grenzen zu halten, um letztlich die Lebenshaltung des Kindes nicht zu beeinträchtigen. So könne eine einkommensmindernde Berücksichtigung der Kosten des Umgangsrechts etwa dann in Betracht kommen, wenn der andere Elternteil mit den Kindern in einer solchen Entfernung wohne, daß angesichts ohnehin beengter
wirtschaftlicher Verhältnisse die Kostenbelastung für den Umgangsberechtigten schlechthin unzumutbar sei und dazu führe, daß dieser sein Umgangsrecht nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang ausüben könne (Senatsurteil vom 9. November 1994 aaO S. 215 f.).
b) An dieser Rechtsprechung kann im Hinblick auf die zwischenzeitlich veränderte Rechtslage nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Nach § 1684 BGB, der inzwischen - anstelle des weggefallenen § 1634 BGB - den Umgang des Kindes mit den Eltern regelt, hat einerseits das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; andererseits ist aber auch jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet (§ 1684 Abs. 1 BGB). Beides ist Ausfluß seiner Verantwortung für dessen Wohl (§§ 1618 a, 1626, 1631 BGB). Die in § 1684 Abs. 1 BGB geregelten Rechte und Pflichten stehen - ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils - unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG FamRZ 2002, 809). § 1612 b Abs. 5 BGB greift in dieses Recht zwar nicht unmittelbar ein. Seine Anwendung hat allerdings zur Folge, daß dem barunterhaltspflichtigen Elternteil das anteilige Kindergeld ganz oder teilweise nicht mehr zugute kommt, er hierdurch mithin auch keine finanzielle Entlastung hinsichtlich der durch die Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten zu erlangen vermag. Er muß deshalb die Umgangskosten mit seinem nach Abzug des Unterhalts verbleibenden Einkommen bestreiten. Wenn und soweit die über den notwendigen Selbstbehalt hinaus noch vorhandenen Mittel hierfür aber nicht ausreichen, kann dies einen Elternteil zu einer Einschränkung der Umgangskontakte veranlassen und damit auch den Interessen des Kindes zuwiderlaufen. Mit Rücksicht auf diese Konstellation hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 (aaO S. 449) darauf hingewiesen, daß zu erwägen
sein wird, ob und in welchem Umfang Umgangskosten eines Barunterhaltspflichtigen , dem sein Kindergeldanteil infolge der Vorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB (teilweise) nicht zugute kommt, mit Blick auf die Neuregelung zu einer angemessenen Minderung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens oder einer angemessenen Erhöhung des Selbstbehalts des Unterhaltsverpflichteten führen können. Auch das Bundesverfassungsgericht hält die vorgenannten unterhaltsrechtlichen Möglichkeiten für das geeignete Mittel, um sicherzustellen , daß Umgangskontakte zwischen dem Kind und dem Unterhaltspflichtigen nicht an den Kosten scheitern, nachdem dieser insoweit nicht mehr bzw. nicht mehr uneingeschränkt auf den Einsatz des Kindergeldes verwiesen werden kann (BVerfG FamRZ 2003 aaO 1377). Da das Unterhaltsrecht dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit nehmen darf, sein Umgangsrecht zur Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung auszuüben , sind die damit verbundenen Kosten konsequenterweise unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, wenn und soweit sie nicht anderweitig, insbesondere nicht aus dem anteiligen Kindergeld, bestritten werden können (ebenso Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 169; Luthin/Margraf Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 1341 a; vgl. auch OLG Frankfurt FPR 2004, 398, 399). Andernfalls müßte der Unterhaltspflichtige wegen der betreffenden Kosten Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen (vgl. zu dieser Möglichkeit nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage: BVerfG FamRZ 1995, 86, 87; BVerwG FamRZ 1996, 105, 106; zur Rechtslage seit dem 1. Januar 2005: vgl. Müller Kind-Prax 2005, 3, 4); er darf aber durch die Gewährung von Unterhalt nicht selbst sozialhilfebedürftig werden (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - XII ZR 121/95 - FamRZ 1996, 1272, 1273).
Welcher Umgang mit dem Kind angemessen ist und welche Kosten demgemäß zu berücksichtigen sind, richtet sich maßgeblich nach dessen Wohl (§ 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB). Wegen der betreffenden Kosten, die in der Regel das anteilige Kindergeld nicht übersteigen dürften, wird in den Fällen, in denen § 1612 b Abs. 5 BGB eingreift, in erster Linie eine maßvolle Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen in Betracht kommen, soweit er diese Kosten andernfalls nur unter Gefährdung seines Selbstbehalts aufbringen könnte. 4. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte hat in dem von der Revision in Bezug genommenen Schriftsatz vorgetragen , das Umgangsrecht mit den Klägern alle zwei Wochen am Wochenende auszuüben. Dazu habe er die Kinder mit dem Auto an ihrem Wohnort abzuholen und wieder dorthin zurückzubringen, wobei die einfache Fahrtstrecke 15 km betrage. Er müsse ferner Wohnraum für die Übernachtungen bereithalten und die Verpflegung der Kinder am Wochenende sicherstellen. Dieser Vortrag ist mangels gegenteiliger Feststellungen für das Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Da dem Beklagten nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts kein Kindergeldanteil zugute kommt und ihm jedenfalls für die Zeit ab 1. Juli 2001 über den notwendigen Selbstbehalt von - seinerzeit - monatlich 1.640 DM hinaus nur rund 40 DM monatlich an Mitteln zur Verfügung standen, spricht alles für die Annahme, daß er die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts nicht aufzubringen vermag, ohne daß sein notwendiger Selbstbehalt gefährdet wird. Das gilt selbst dann, wenn für das Bereithalten von Wohnraum für die Übernachtungen der Kinder keine zusätzlichen Kosten anzusetzen sind, weil es - von Ausnahmefällen abgesehen - angemessen und ausreichend sein dürfte, die Kinder in den dem Wohnraumbedarf des Unterhaltspflichtigen entsprechenden Räumlichkeiten mit unterzubringen.
Der dem Beklagten zu belassende Selbstbehalt wird deshalb so zu bemessen sein, daß er in die Lage versetzt wird, hiervon neben seinem eigenen notwendigen Bedarf auch die Kosten des Umgangs mit seinen Kindern zu bestreiten. Die dazu erforderlichen Feststellungen wird das Oberlandesgericht in dem weiteren Verfahren nachzuholen haben.
Hahne Bundesrichter Sprick ist Weber-Monecke wegen einer Dienstreise an der Unterschrift verhindert. Hahne Wagenitz Dose