Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2007 - XII ZR 139/05

bei uns veröffentlicht am18.04.2007
vorgehend
Amtsgericht Waldshut-Tiengen, 3 C 407/04, 06.04.2005
Landgericht Waldshut-Tiengen, 2 S 20/05, 15.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 139/05 Verkündet am:
18. April 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Mieter kann den Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB auch
dann noch geltend machen, wenn eine Minderung nach § 536 b BGB ausgeschlossen
ist.
Erfüllungsansprüche sind nur dann ausgeschlossen, wenn die Mietvertragsparteien
einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen (schlechten) Zustand
der Mietsache als vertragsgemäß vereinbart haben.
BGH, Urteil vom 18. April 2007 - XII ZR 139/05 - LG Waldshut-Tiengen
AG Waldshut-Tiengen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2007 durch die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 15. Juli 2005 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt Räumung von Geschäftsräumen nach außerordentlicher Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges.
2
Er vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 20. Mai 2003 an die Beklagte im Anwesen K. straße 22 in W. ein "Ladengeschäft im Erdgeschoss , Gewölbekeller und Lagerraum im Untergeschoss" auf die Dauer von fünf Jahren zu einem monatlichen Mietzins von 600 € zuzüglich 70 € Nebenkostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer.
3
In der "Anlage Nr. 1 zum Mietvertrag" heißt es: "Der Mieter hat das Mietobjekt besichtigt und übernimmt es im derzeit vorhandenen Zustand. Er anerkennt ausdrücklich, dass es für die von ihm vorgesehenen Vertragszwecke in der vorliegenden Form geeignet ist."
4
Vor Abschluss des Mietvertrages hatte sich die Beklagte am 29. April 2003 nach Besichtigung des Mietobjektes in einem Schreiben an den Kläger mit der Überschrift "Einrichtungsskizze Ladenobjekt" unter anderem wie folgt geäußert : "Die gegebenen Örtlichkeiten entsprechen vom Boden, Kellerraum und der Holzvertäfelung nebst Säulen und den Säulenaufsätzen bereits den Vorgaben. …"
5
Beim Gewölbekeller handelt es sich um einen Kellerraum, dessen Wände und Decke gemauert, aber nicht verputzt sind. Aus den Zwischenräumen rieselt Sand.
6
Ab April 2004 zahlte die Beklagte anstelle von ursprünglich 777,20 € nur noch 291,95 € Miete im Monat mit der Begründung, dass der Gewölbekeller wegen Absandens nicht genutzt werden könne, und der Lastenaufzug defekt sei. Dies rechtfertige einen Mietabzug von 62,5 %. Der Kläger erklärte daraufhin wiederholt die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges , zuletzt mit Schreiben vom 9. August 2004, 8. Oktober 2004 und 5. März 2005.
7
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
9
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe festgestellt, die Beklagte habe bei Vertragsschluss um das Absanden des Gewölbekellers gewusst. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, die dieser Feststellung zugrunde liege, lasse keinen Fehler erkennen. Sie sei nicht widersprüchlich, laufe nicht den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider und lasse auch nicht Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt. Deshalb sei die Kammer an die Feststellungen des Amtsgerichts gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
10
Selbst wenn die Beklagte über das Absanden des Gewölbekellers nicht unterrichtet gewesen sein sollte, so sei ihr dieser Umstand jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben mit der Folge des Gewährleistungsausschlusses. Der Augenschein habe ergeben, dass Wände und Decken dieses alten Kellerraumes grob gemauert seien und die Fugen mit Mörtel und Sand und nur zum kleinen Teil mit Beton ausgefüllt seien. Das Fugenbild sei auffällig uneben, ungleichmäßig, porös und lückenhaft. Es springe ins Auge, dass sich immer wieder Fugenmaterial aus dem alten Gemäuer löse.
11
Im Übrigen sei dieser Punkt nicht geeignet, eine Minderung von mehr als 10 % zu rechtfertigen. Der Keller habe nicht als Verkaufsraum dienen sollen. Eine Kürzung der Miete um nahezu 2/3 lasse sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen. Von einem entschuldbaren Irrtum könne keine Rede sein. Die Kürzung um ein Vielfaches dessen, was sich bestenfalls rechtfertigen lasse, sei in augenfälliger Weise unverhältnismäßig und willkürlich. Mit der konkreten Nutzungsbeeinträchtigung , die mit dem Versanden des Gewölbekellers einherge- he, habe eine solche Kürzung der Miete nichts mehr zu tun. Deshalb sei die Beklagte mit der Zahlung schuldhaft in Verzug geraten. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen des entgegen § 6 des Mietvertrages nicht auf ihren Namen angelegten Kautionsbetrages lasse sich nicht erkennen. Der Kläger habe durch Bankbestätigung nachgewiesen, dass er den Betrag auf einem gesonderten Sparkonto angelegt habe.
12
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht Stand.
13
a) Entgegen seiner Auffassung war das Berufungsgericht an die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht gebunden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 162, 313, 315 ff.) hat das Berufungsgericht auch nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Reform des Rechtsmittelrechts die erstinstanzliche Beweiswürdigung darauf zu überprüfen, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind. Anders als im Revisionsverfahren (§ 559 Abs. 2 ZPO) ist es dabei nicht auf Verfahrensfehler und Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze beschränkt.
14
Mit Erfolg macht die Revision geltend, dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts an Mängeln leide, die Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
15
aa) Das Amtsgericht hat ausgeführt: "Wenn die Beklagte mit Schreiben vom 29. April 2003 erklärte, die gegebenen Örtlichkeiten würden vom Boden, Kellerraum und Holzvertäfelung der Vorgabe entsprechen, kann dies zumindest ein Indiz dafür sein, dass das Versanden der Beklagten bei Besichtigung der Räumlichkeiten auffallen musste und von ihr nicht als störend empfunden wurde."
16
Die vom Amtsgericht angenommene Indizwirkung kommt dem Schreiben aber nicht zu. Aus ihm ergibt sich nämlich weder, dass zum Zeitpunkt der Besichtigung Sand auf dem Boden lag, noch dass die Beklagte erkannt hat, dass Sand aus den Wänden rieselte. Das erkennt auch das Amtsgericht, wenn es im nächsten Satz ausführt: "Zuzugeben ist allerdings, dass der Kläger auch durch Säuberung des Kellerraumes, vor einer Besichtigung, die Möglichkeit gehabt hätte, den Keller in einen sandfreien Zustand zu bringen." Dennoch wertet das Amtsgericht das Schreiben der Beklagten vom 29. April 2003 als Indiz für die Kenntnis der Beklagten vom Absanden des Gewölbekellers.
17
bb) Das Amtsgericht hat den Satz in der Anlage 1 zum Mietvertrag: "Der Mieter hat das Objekt besichtigt und übernimmt es im derzeit vorhandenen Zustand" wegen der Wortwahl "derzeit vorhandenen Zustand" als Indiz dafür angesehen , dass der Beklagten das Versanden des Kellers bei Vertragsschluss bekannt war. Der Ausdruck "im derzeit vorhandenen Zustand" deute darauf hin, dass irgendein Mangel vorgelegen haben müsse; nachdem das Versanden der einzige gerügte Mangel des Mietobjektes sei, deute auch dies darauf hin, dass das Versanden bereits bei Vertragsabschluss bekannt gewesen sei.
18
Damit hat das Amtsgericht die Grenzen zulässiger Auslegung überschritten. Der gewählten Formulierung kommt die vom Amtsgericht angenommene Indizwirkung nicht zu. Die Formulierung findet sich in vielen Mietverträgen und dient der Beschreibung des Mietobjektes. Ein Hinweis auf verborgene Mängel oder gar darauf, dass dem Mieter solche bekannt gewesen seien, kann ihr nicht entnommen werden.
19
cc) Das Amtsgericht hat die Aussage des Zeugen B. , "nicht als glaubhaft" beurteilt, weil der Zeuge lediglich von einem Gespräch zwischen ihm und dem Kläger, nicht aber von sich aus von einem weiteren Gespräch zwi- schen den Parteien berichtet habe; danach habe er, auf das weitere Gespräch angesprochen, erklärt, die behauptete Äußerung sei nicht gefallen, ohne dass er über weitere Einzelheiten des Gesprächs berichtet habe.
20
Zu Recht rügt die Revision, dass dieses weitere Gespräch nicht Gegenstand des Beweisthemas war und nicht ersichtlich ist, dass das Gericht den Zeugen B. überhaupt nach weiteren Einzelheiten dieses Gesprächs gefragt hat. Wenn der Zeuge - ungefragt - zusätzliche, nicht zum Beweisthema gehörende Angaben unterlassen hat, dann spricht das allein nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Es kommt hinzu, dass das Amtsgericht ein wesentliches Indiz für die Glaubhaftigkeit der Aussage übersehen hat. Nach der Rüge der Beklagten, dass der Keller absande, kam es zu einer umfangreichen Korrespondenz zwischen den Parteien. Dabei hat der Kläger in keinem Schreiben erwähnt, dass er die Beklagte vor Vertragsschluss auf diesen Mangel hingewiesen habe. Erstmals in der Klageschrift macht der Kläger geltend, er habe die Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf die Absandung hingewiesen. Im Übrigen widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Mieter Räume anmietet, in denen Sand von Wänden und Decken rieselt, ohne auf der Beseitigung dieses Mangels zu bestehen oder sich seine Rechte vorzubehalten.
21
b) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Hilfsbegründung des Landgerichts, dass der Beklagten, wenn sie nicht über das Absanden des Gewölbekellers unterrichtet worden sei, dieser Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei. In der Regel trifft den Mieter keine Erkundungs - und Untersuchungspflicht (BGH, Urteil vom 4. April 1977 - VIII ZR 143/75 - NJW 1977, 1236). Grob fahrlässig handelt er, wenn er die erforderliche Sorgfalt bei Vertragsschluss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 28. November 1979 - VIII ZR 302/78 - NJW 1980, 777). Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 536b Satz 2 BGB ist anzunehmen, wenn die Umstände, die auf bestimmte Unzulänglichkeiten hindeuten, den Verdacht eines dadurch begründeten Mangels besonders nahelegen, der Mieter aber gleichwohl weitere zumutbare Nachforschungen unterlassen hat (SchmidtFutterer /Eisenschmid Mietrecht 9. Aufl. § 536b Rdn. 16). Dass bei der Besichtigung des Gewölbekellers Sand auf dem Boden lag, hat die Klägerin nicht behauptet und das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dann bestand aber für die Beklagte kein Anlass, das Gewölbe daraufhin zu untersuchen, ob Sand aus Mauern und Decken rieseln könnte.
22
Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass Gewährleistungsansprüche der Beklagten selbst dann nicht ausgeschlossen wären, wenn der Beklagten die Absandung infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben wäre, nämlich dann nicht, wenn der Kläger sie arglistig verschwiegen haben sollte. Denn unstreitig hatte der Kläger von dem Mangel Kenntnis. Das Verschweigen des die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume beeinträchtigenden Absandens könnte arglistig sein (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1993 - III ZR 156/92 - NJW 1994, 253 f.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid aaO § 536d Rdn. 4) und würde dann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts Gewährleistungsrechte der Beklagten nicht ausschließen (§ 536b Satz 2, 2. Halbs. BGB).
23
c) Zu Recht wendet sich die Revision auch gegen die weitere Hilfsbegründung des Landgerichts, ein Einbehalt von nahezu 2/3 der Miete lasse sich unter keinem Gesichtspunkt rechtfertigen; schon deshalb sei die Beklagte mit einem die fristlose Kündigung rechtfertigenden Teil der Miete in Verzug. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass sich die Beklagte wegen der Mängel neben der Minderung auch auf ein Leistungsverweigerungsrecht beru- fen hat. Sie hat vorgetragen, dass die Beseitigung der bestehenden Mängel einen Aufwand von mehr als 10.000 € erfordere.
24
Der Anspruch des Mieters auf Erfüllung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) besteht neben der Minderung und kann dem Vermieter nach § 320 BGB entgegengehalten werden (Senatsurteil vom 26. Februar 2003 - XII ZR 66/01 - NJW-RR 2003, 727 f.; Schmidt-Futterer/Eisenschmid aaO § 536b Rdn. 53, 54). Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages hindert den Eintritt des Verzugs mit der Folge, dass eine außerordentliche Kündigung wegen Verzugs nicht möglich ist (BGHZ 84, 42, 44).
25
d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Beklagte auch nicht wegen § 12 des Mietvertrages gehindert, sich gegenüber dem Mietzinsanspruch auf ein Zurückbehaltungsrecht zu berufen. Nach § 12 Abs. 1 des Mietvertrages war die Beklagte nur verpflichtet, die Absicht der Zurückbehaltung einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses anzuzeigen, wenn sie ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Schadenersatzanspruchs nach § 536a BGB geltend macht. Das ist hier nicht der Fall.
26
3. Der Senat ist nicht in der Lage abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muss an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Feststellungen verfahrensfehlerfrei nachholt.
27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
28
Sollte die Beweisaufnahme ergeben, dass die Beklagte den Mangel bei Abschluss des Vertrages gekannt hat, so wäre sie dadurch nicht gehindert, die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu erheben. Der Mieter kann den Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB nämlich auch dann noch geltend machen, wenn die Minderung nach § 536b BGB ausgeschlossen ist (Emme- rich/Sonnenschein Miete 8. Aufl. § 536b Rdn. 2). Erfüllungsansprüche sind nur dann ausgeschlossen, wenn die Mietvertragsparteien einen bestimmten, bei Überlassung vorhandenen (schlechten) Zustand der Mietsache konkret als vertragsgemäß vereinbart haben (BGH, Urteil vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 22/92 - NJW-RR 1993, 522 f.; Blank/Börstinghaus Miete 2. Aufl. § 536b BGB Rdn. 10). Dieser Schluss wird allerdings häufig gerechtfertigt sein, wenn der Mieter den Mietvertrag in positiver Kenntnis eines bestimmten Mangels abschließt , d.h. die Mietsache so, wie sie ist, akzeptiert (Emmerich/Sonnenschein aaO).
29
Grundsätzlich gewährt § 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem gesamten Mietzinsanspruch. Allerdings kann der Mieter gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB), wenn er einen unangemessen hohen Teil der Miete einbehält. Was als angemessen zu gelten hat, ist in erster Linie eine Frage des tatrichterlichen Ermessens und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BGH, Senatsurteil vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NZM 2003, 437). Dabei kann der Rechtsgedanke des § 536b BGB539 BGB a.F.) bei der Anwendung des § 320 Abs. 2 BGB herangezogen werden (BGH, Urteil vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88 - NJW 1989, 3222).
Sprick Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 06.04.2005 - 3 C 407/04 -
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 15.07.2005 - 2 S 20/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2007 - XII ZR 139/05

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 559 Beschränkte Nachprüfung tatsächlicher Feststellungen


(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2007 - XII ZR 139/05 zitiert 11 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags


(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

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(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags


(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzel

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 536a Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels


(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mi

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(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. (2) Der Mieter ist berechtigt, eine

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juni 2015 - VIII ZR 19/14

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Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 17. Juni 2015 - VIII ZR 19/14

bei uns veröffentlicht am 17.06.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 12. Dezember 2013 aufgehoben.

Referenzen

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu. Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 66/01 Verkündet am:
26. Februar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Februar 2003 durch die Richter Gerber, Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Februar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht Miete und Nebenkosten für ein gewerbliches Mietobjekt geltend. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 7. Dezember 1992 Büroräume an eine Bürogemeinschaft, an der der Beklagte beteiligt war, für die Zeit vom 15. April 1993 bis 15. April 2003. Die Miete samt Nebenkostenpauschale betrug monatlich zunächst 4.708,20 DM, ab Dezember 1993 4.801,25 DM.
§ 12 des Mietvertrages lautet: "1. Der Mieter kann gegen Mietzinsforderungen mit Schadensersatzforderungen nach § 538 BGB nur aufrechnen oder diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. 2. Mit sonstigen Gegenforderungen kann der Mieter nur aufrechnen, soweit sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Zurückbehaltungsrechte stehen dem Mieter unbeschadet von Ziffer 1. nur wegen Gegenforderungen zu, die auf dem Mietverhältnis beruhen." Im Juli/August 1993 bezog der Beklagte, der nach dem Ausscheiden der übrigen Mieter aus der Bürogemeinschaft den Mietvertrag als alleiniger Mieter weiterführte, das Mietobjekt. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies er erstmals die Klägerin auf "unerträgliche Temperaturen infolge der Sonneneinstrahlung" hin. Seit August 1995 minderte er deshalb die Miete um 50 %, seit September 1999 zahlte der Beklagte nur noch 1 DM Nettomiete. Mit Schreiben vom 21. August 1995 erklärte sich die Klägerin mit einer Minderung um 4 DM/qm auf 21 DM/qm einverstanden. Die Minderung sollte ab dem 1. September 1995 beginnen und "vorerst für den Zeitraum von einem Jahr" gelten. Darüber hinaus teilte sie dem Beklagten mit, "daß mit Nachdruck an der Installation von Außenjalousien gearbeitet wird". Sie versprach, die Außenjalousien innerhalb der nächsten acht Wochen zu installieren. Mit Schreiben vom 12. September 1995 stellte die Klägerin klar, daß sie die Minderung in der vorgenommenen Höhe nicht akzeptiere. Der Beklagte zahlte weiterhin nur eine um 50 % geminderte Nettomiete. Erstmals mit Schreiben vom 15. Februar 1998 wies die neue Verwalterin der Klägerin auf Rück-
stände hin, erklärte, daß ihr die Mängelanzeigen bekannt seien und schlug ein persönliches Gespräch mit dem Ziel einer Einigung vor. Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 125.920,52 DM sowie Zinsen in Höhe von 14.355,58 DM sowie 6 % Zinsen aus 125.920,52 DM seit dem 25. Dezember 1999 zu bezahlen. Die Widerklage, mit der der Beklagte Schadensersatz in Höhe von 395.214,22 DM geltend gemacht hat, hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 106.179,59 DM nebst 6 % Zinsen, monatlich gestaffelt, verurteilt. Hinsichtlich der abgewiesenen Widerklage ist das Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, die der Senat insoweit angenommen hat, als der Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Miete sei nicht gemindert. Da der Beklagte vom Zeitpunkt seines Einzuges im Juli/August 1993 bis einschließlich Juli 1995 die Miete vorbehaltlos bezahlt habe, sei sein Minderungsrecht entsprechend § 539 BGB für die Vergangenheit und die Zukunft verwirkt. Ein Zeitraum von sechs Monaten reiche in diesem Zusammenhang in der Regel aus, Gewährleistungsrechte des Mieters auch für die Zukunft auszuschließen.
Eine längere Frist komme in Betracht, wenn sich der Mangel erst langsam entwickle und der Mieter daher Zeit zur Prüfung benötige, ob ihm ein Minderungsrecht zustehe. Der Beklagte trage selbst vor, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die Mieträume bemerkt habe. Selbst bei Einräumung einer Prüfungsfrist bis Ende 1994 sei durch die vorbehaltslose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 das Minderungsrecht verwirkt. Auf die Mängelbeseitigungszusage könne sich der Beklagte nicht berufen. Das Versprechen , innerhalb der nächsten acht Wochen Außenjalousien anzubringen, sei erst nach Ablauf der dem Beklagten einzuräumenden Prüfungsfrist erfolgt. Sie lasse die bereits eingetretene Verwirkung des Minderungsrechts nicht mehr entfallen. Die Berufung der Vermieterin auf § 539 BGB sei nicht rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB), zumal der Mieter seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch aus § 536 BGB behalte. Der Anspruch auf Miete sei nicht deshalb verwirkt , weil die Klägerin seit 1995 nichts gegen die Kürzungen der Miete durch den Beklagten unternommen habe. Dem Vermieter dürfe es nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Die Nebenansprüche seien nicht verjährt, die Gesamtforderung betrage 225,869,79 DM. Abzüglich der insgesamt gezahlten 119.690,20 DM verbleibe eine Restforderung in Höhe von 106.179,59 DM. Die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch aus § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB bzw. § 823 Abs. 1 BGB sowie die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes sei bereits durch § 12 Ziffer 1 des Mietvertrages ausgeschlossen, weil sie nicht mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete angezeigt worden seien. Die zulässige Widerklage sei unbegründet. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Ohne Rechtsfehler durfte das Oberlandesgericht davon ausgehen, daß der Beklagte aufgrund analoger Anwendung des § 539 BGB a.F. mit Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen sei, weil er die Miete seit seinem Einzug Juli/August 1993 bis Juli 1995 vorbehaltlos bezahlt habe. Das Berufungsgericht stützte sich dabei auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98 - NJW 2000, 2663, 2664; Urteil vom 11. Dezember 1991 - XII ZR 63/90 - NJW-RR 1992, 267, 269; ebenso bereits das Reichsgericht mit Urteil vom 15. Juni 1936 - IV 132/36 - JW 1936, 2706). Der Senat hat die - nicht neuen - Argumente der Revision geprüft. Sie geben keinen Anlaß, die bisherige Rechtsprechung aufzugeben.
b) Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, der Beklagte habe den Mangel beim Einzug 1993 nicht sofort bemerkt; erst mit fortschreitender Mietdauer habe er festgestellt, daß eine erhebliche Mietbeeinträchtigung vorliege. Nach den bindenden Feststellungen (§ 561 ZPO a.F.) des Berufungsurteils hat der Beklagte selbst vorgetragen, daß er die zu hohen Temperaturen alsbald nach dem Einzug in die gemieteten Räume bemerkt habe. Das Oberlandesgericht konnte deshalb ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß der Beklagte selbst bei Einräumung einer großzügigen Prüfungsfrist bis Ende 1994 das Minderungsrecht durch die vorbehaltlose Zahlung der Miete bis einschließlich Juli 1995 in entsprechender Anwendung des § 539 BGB a.F. verloren habe. Der Einwand der Revision, die Anwendung des § 539 BGB a.F. scheitere schon an der Zusage der Mangelbeseitigung seitens des Klägers, verkennt, daß die Zusage der Mangelbeseitigung erst mit Schreiben vom 21. August 1995, somit zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Beklagte seine Gewährleistungsrechte bereits verloren hatte.
c) Zu Recht macht die Revision aber geltend, auch der Mieter müsse sich darauf verlassen können, daß der Vermieter, der eine Minderung über ei-
nen längeren Zeitraum rügelos hinnehme, die vertraglich vereinbarte Miete nicht rückwirkend verlangen werde. Ob insoweit die - gleichsam spiegelbildliche - entsprechende Anwendung des § 539 BGB a.F. in Betracht kommt (bejahend OLG Hamburg ZMR 99, 328; a.A. Wiechert ZMR 2000, 65, 68; Palandt /Weidenkaff BGB 60. Aufl. § 539 Rdn. 5) kann dahinstehen, da § 539 BGB ein Unterfall der Verwirkung ist und jedenfalls die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Die Revision rügt zutreffend, daß die Gründe, mit denen das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Verwirkung abgelehnt hat, seine Entscheidung nicht tragen. Das Oberlandesgericht hat die Verwirkung unter Hinweis auf ein Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 310/82 - NJW 1984, 1684) verneint, weil es dem Vermieter nicht ohne weiteres zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er mit der Geltendmachung seiner Ansprüche aus Bequemlichkeit oder Sorglosigkeit zuwarte. Damit hat es ein Argument dieser Entscheidung in unzulässiger Weide verallgemeinert. Das Berufungsgericht hat zwar insoweit recht, als zur Annahme der Verwirkung allein der Ablauf eines längeren Zeitraums im allgemeinen nicht genügt (vgl. auch BGH aaO). Der Verstoß gegen Treu und Glauben, der den Verwirkungstatbestand begründet, besteht nämlich in der Illoyalität der verspäteten Geltendmachung des Anspruchs, die darin zu sehen ist, daß eine Forderung verfolgt wird, obwohl der Vertragspartner bereits darauf vertrauen durfte, daß keine Forderungen mehr geltend gemacht werden, und er sich hierauf auch bereits eingerichtet hat. Über den bloßen Zeitablauf hinaus müssen somit besondere Umstände vorliegen, die die Feststellung rechtfertigen, der Schuldner habe bereits darauf vertrauen können, daß der Gläubiger die Forderung nicht mehr geltend mache. Solche Umstände lagen hier aber vor. Die Klägerin hatte sich bereits mit einer Minderung - wenn auch nicht in der vom Beklagten vorgenommenen Höhe - einverstanden erklärt. Sie hat Beseitigung des Mangels innerhalb von
acht Wochen durch Einbau von Außenjalousien zugesagt, diese Zusage aber nicht eingehalten. Wenn die Klägerin unter diesen Umständen die Minderung über Jahre hinweg hinnimmt, so konnte die Beklagte darauf vertrauen, daß die Klägerin keine Nachzahlung der einbehaltenen Miete verlangen werde. Es ist auch naheliegend, daß der Beklagte im Vertrauen darauf von einer Kündigung abgesehen hat. An einer eigenen Entscheidung ist der Senat aber schon deshalb gehindert , weil nicht feststeht, wie lange der Vertrauenstatbestand gegeben war. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 hat die neue Verwalterin - erstmals seit September 1995 - auf Rückstände hingewiesen, aber keineswegs zur Nachzahlung der vollen Miete aufgefordert, sondern Vergleichsverhandlungen vorgeschlagen. Feststellungen dazu, wann der Beklagte nicht mehr mit der Duldung der Minderung rechnen durfte, hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht zu Recht - nicht getroffen (vgl. auch nachfolgend unter 4.).
d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Nebenforderungen für 1994 seien verjährt, diejenigen für 1995 bis 1998 durch Aufrechnungen erloschen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nicht zur Zahlung von Nebenkosten verurteilt. Im Berufungsurteil ist lediglich eine Abrechnung vorgenommen, welche Nebenkosten der Beklagte - neben der Miete - insgesamt schuldete und wieviel er insgesamt bezahlte. Die Nebenforderungen waren durch die Vorauszahlungen in vollem Umfang getilgt. 3. Der Senat ist nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es, gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag, die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
4. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf folgendes hin: Sollte das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangen, daß der geltend gemachte Anspruch nicht in vollem Umfang verwirkt ist, so muß die Frage geklärt werden, ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen. Zu Recht macht die Revision nämlich geltend, daß dem Beklagten bei Vorliegen der behaupteten Mängel ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Ist das Mietobjekt mangelhaft und kann der Mieter Gewährleistungsansprüche nicht mehr geltend machen, so bleibt ihm der Erfüllungsanspruch erhalten; er kann Herstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache geeigneten Zustandes verlangen (BGHZ 84, 42, 45). Darüber hinaus ist der Mieter berechtigt, die Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB zu erheben (aaO 46). Diese Einrede ist in § 12 Abs. 1 des Mietvertrages nicht ausgeschlossen und deren Geltendmachung auch nicht davon abhängig gemacht, daß sie der Mieter einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich anzeigt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Mietvertrages). Der Beklagte hat die Einrede erhoben. Sie führt - bei Vorliegen des Herstellungsanspruches - zur Verurteilung Zug um Zug und schließt darüber hinaus den Verzug des Beklagten aus (BGH aaO).
Gerber Sprick Fuchs
Ahlt Bundesrichterin Dr. Vézina hat Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben. Gerber

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.
der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder
2.
die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu. Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 167/01 Verkündet am:
26. März 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 537 a.F., 320
Zur Berücksichtigung eines Leistungsverweigerungsrechts des Mieters bei Mängeln
der Mietsache.
BGH, Urteil vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. März 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Gerber, Sprick, Weber-Monecke und Fuchs

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. Mai 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte, eine Gesellschaft bürglichen Rechts, macht widerklagend die Räumung eines gewerblichen Mietobjektes sowie Zahlung von rückständiger Miete geltend. Mit schriftlichem Vertrag vom 3. Dezember 1996 vermietete sie an die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 1. Januar 2002 eine Freihalle sowie Büroräume. Die Miete samt Nebenkosten betrug monatlich 4.761 DM. § 7 Abs. 3 des Mietvertrages lautet:
"Die Brandschutzwand zur anschließenden Halle wird vom Vermieter hergestellt." § 8 Nr. 4 lautet: "Der Mieter kann gegenüber dem Mietzins mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn die Gegenforderung auf unbestrittenen, rechtskräftig festgestellten oder entscheidungsreifen Ansprüchen beruht. ..." Die Beklagte errichtete die Brandschutzwand nicht. Deshalb und wegen angeblicher weiterer Mängel entrichtete die Klägerin die Miete ab Februar 1997 nur noch teilweise, ab Juli 1997 überhaupt nicht mehr. Die Beklagte erklärte danach mehrfach, zuletzt am 30. Juli 1999, die außerordentliche Kündigung und räumte Mitte September die Halle. Die Klägerin hat Klage auf Wiedereinräumung der aus der Halle entfernten Gegenstände, die Beklagte hat Widerklage auf Räumung sowie Zahlung von 16.360 DM nebst Zinsen erhoben. Hinsichtlich der Klage haben die Parteien nach Wiedereinräumung der entfernten Gegenstände den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Auf die Widerklage der Beklagten hat das Landgericht die Klägerin zur Räumung der Freihalle sowie zur Zahlung von 16.360 DM nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat angenommenen Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 556 Abs. 1 BGB zur Herausgabe der Freihalle verpflichtet, weil das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. Juli 1999 beendet worden sei. Die auf Zahlungsverzug gestützte Kündigung sei nach § 554 Abs. 1 BGB berechtigt. Die Klägerin sei in Verzug geraten. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, daß neben dem Fehlen der Brandmauer die weiter geltend gemachten - zum Teil streitigen Mängel - vorgelegen hätten. Den gravierendsten Mangel stelle die fehlende Brandschutzmauer dar. Dieser Mangel sei aber keineswegs so schwerwiegend, wie ihn die Klägerin darstelle. Sinn und Zweck der Mauer sei es nicht gewesen, die Freihalle diebstahlsicher abzuschließen. Die Halle sei konstruktionsbedingt nach den Seiten hin offen. Die Beklagten hätten sich nicht verpflichtet, die Halle abzuschließen. Es sei lediglich darum gegangen, mit der Brandschutzwand eine Abschirmung zum Nachbarmieter gegen Holzstaub herzustellen. Die teilweise fehlende Ausstattung (Briefkasten , Außenwerbeflächen, Ausschilderung, separate Stromversorgung) beeinträchtigten den Gebrauch der Mietsache allenfalls geringfügig. Das gleiche gelte für die behauptete Undichtigkeit des Daches. Ob die behauptete Entfernung von Lichtkuppeln einen Mangel darstelle, könne ohne nähere Darlegung nicht festgestellt werden. Die Minderung betrage maximal 50%. Damit ergebe sich ein Gesamtrückstand zum Zeitpunkt der Kündigung in Höhe von 61.804 DM. Die Errichtung der Brandmauer erfordere allenfalls einen Kostenaufwand von 15.000 DM. Bei Annahme eines Zurückbehaltungsrechts in Höhe des dreifachen Betrages des Kostenaufwandes habe die Klägerin somit nur 45.000 DM zurückbehalten dürfen. Selbst ein wegen der weiteren Mängel er-
höhtes Zurückbehaltungsrecht übersteige den Betrag von 60.000 DM nicht. Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Kündigung das kündigungsunschädliche Maß an Rückständen überschritten. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch stehe den Beklagten ungekürzt zu. Die Beklagten machten ohnehin nur die Hälfte des Mietzinses geltend. Ein weitergehendes Recht aus § 320 Abs. 1 BGB bestehe nach der wirksamen Kündigung des Mietvertrages nicht mehr. 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Oberlandesgerichts , die behaupteten Mängel führten allenfalls zu einer Minderung um 50%. Das Oberlandesgericht hat seine Feststellung, Sinn der Mauer sei es nicht gewesen, die Halle diebstahlsicher abzuschließen, sondern eine Abschirmung zum Nachbarmieter herzustellen, unter Verstoß gegen das Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) getroffen. Die Klägerin hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, bereits bei Vertragsschluß sei zwischen den Parteien vereinbart worden , daß die Brandmauer eine Abgeschlossenheit der Halle habe herbeiführen sollen. Absprachegemäß hätten die Beklagten die Brandschutzmauer an der Nordseite der Halle auf eigene Kosten errichten sollen, während es Aufgabe der Klägerin gewesen sei, die Südwand zu verkleiden und die Öffnungen an den Giebelseiten Ost und West durch Rolltore zu verschließen. Die Klägerin habe von Anfang an klargemacht, daß die Halle diebstahlsicher gemacht werden müsse, weil sie dort wertvolle Baumaschinen habe lagern wollen. Die Revision rügt zu recht, daß das Oberlandesgericht den angebotenen Zeugen hätte vernehmen müssen. Sollte die Mauer dazu dienen, die Halle diebstahlsicher zu machen, so wäre die Halle ohne Mauer für den vereinbarten
Zweck unbrauchbar, zumindest aber nur sehr eingeschränkt brauchbar. Die Annahme, es komme nur eine 50 %ige Minderung in Frage, wäre nicht haltbar. 3. Der Senat ist nicht in der Lage abschließend zu entscheiden. Der Rechtsstreit muß an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es die erforderlichen Feststellungen verfahrensfehlerfrei nachholt. 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin: Sollte die Beweisaufnahme ergeben, daß die Halle zum vertragsgemäßen Gebrauch völlig unbrauchbar ist, entfällt der Zahlungsanspruch. Auch der Räumungsanspruch ist dann - mangels wirksamer Kündigung - nicht gegeben. Verbleibt ein Mietrückstand, könnte das die Kündigung nach § 554 BGB a.F. rechtfertigen. Dann käme es auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB an. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts erstreckt sich der Ausschluß von Zurückbehaltungsrechten in § 8 Nr. 4 des Mietvertrages zwar auch auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - XII ZR 141/91 - NJW-RR 1993, 515, 520; BGH, Urteil vom 15. März 1972 - VII ZR 12/71 - DB 1972, 868). Die Klausel des Mietvertrages läßt ein Zurückbehaltungsrecht wegen unbestrittener Forderungen aber unberührt. Da der Anspruch auf Herstellung der Brandmauer hier unstreitig ist, hat das Berufungsgericht die Anwendbarkeit des § 320 BGB im Ergebnis zutreffend bejaht. Grundsätzlich gewährt § 320 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem gesamten Mietzinsanspruch. Allerdings kann der Mieter gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er es in vollem Umfang geltend macht. Was als angemessen zu gelten hat, ist in erster Linie eine Frage des tatrichterlichen Ermessens und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. In der Literatur wird zum Teil auf das Drei- bis Fünffache des Minderungsbetrages oder des jeweils zur Reparatur erforderlichen Betrages abgestellt (vgl. hierzu Staudin-
ger/Emmerich BGB 13. Bearb. § 537 Rdn. 81; Joachim DB 1986, 2649 f.). Ein Zurückbehaltungsrecht nur in dieser Höhe mag im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn dem Mieter zuzumuten ist, die Reparatur - nach erfolgloser Fristsetzung - selbst auszuführen. Die Annahme eines Zurückbehaltungsrechts in dreifacher Höhe der Herstellungskosten ist in einem Fall wie hier, in dem sich der Vermieter zur Erstellung einer Mauer verpflichtet hat, jedenfalls nicht übersetzt und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat die Kosten für die Errichtung der Mauer gemäß § 287 ZPO geschätzt. Eine solche Schätzung unterliegt in der Revision nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Zur Ermöglichung der Überprüfung muß der Tatrichter aber die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung und ihrer Auswertung darlegen (BGHZ 6, 62, 63). Das Berufungsgericht hat nicht zu erkennen gegeben, wie es auf Baukosten in Höhe von 15.000 DM gekommen ist. Vorsitzende Richterin am BGH Gerber Sprick Dr. Hahne hat Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Gerber
Weber-Monecke Fuchs

Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu. Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält.

(1) Der Mieter kann vom Vermieter Aufwendungen auf die Mietsache, die der Vermieter ihm nicht nach § 536a Abs. 2 zu ersetzen hat, nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen.

(2) Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.