Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - XII ZR 142/12

bei uns veröffentlicht am13.11.2013
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 11 O 153/10, 29.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 142/12
Verkündet am:
13. November 2013
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Durch das Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes am 14. September 2007 wurden
Wertsicherungsklauseln, die bis dahin weder genehmigungsfrei noch genehmigt
waren und für die bis dahin keine Genehmigung beantragt war, mit
Wirkung für die Zukunft auflösend bedingt wirksam.
BGH, Urteil vom 13. November 2013 - XII ZR 142/12 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Oktober 2012 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Nebenkostennachzahlung in Höhe von insgesamt 134.030,33 € nebst Zinsen sowie gegen die Abweisung der Klage auf Zahlung einer Differenz der ursprünglichen Pacht zu einer auf Grundlage der Wertsicherungsklausel erhöhten Pacht für die Zeit bis zum 13. September 2007 einschließlich des insoweit hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Vertragsanpassung richtet. Im Übrigen (Pachterhöhung ab dem 14. September 2007) wird das vorbezeichnete Urteil, soweit darin zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, auf ihre Revision aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: bis 390.000 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel sowie den Inhalt der Nebenkostenabrede eines Pachtvertrages über ein Grundstück , auf dem die Beklagte ein Alten- und Pflegeheim betrieb.
2
Das Pachtobjekt stand unter Zwangsverwaltung und wurde durch die Klägerin mit Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 im Rahmen der Zwangsversteigerung erworben. Mit Beschluss vom 29. Juli 2008 wurden die Zwangsverwaltung aufgehoben und der Zwangsverwalter ermächtigt, die Pachtrückstände aus der Zeit bis zum 22. Juni 2008 einzutreiben. Die bis dahin entstandenen und noch offenen Ansprüche aus Pachterhöhungen trat der Zwangsverwalter an die Klägerin ab.
3
Die Wertsicherungsklausel des auf fünf Jahre mit Verlängerungsoption über weitere fünf Jahre geschlossenen Pachtvertrages vom 7. Oktober 1999, in den beide Parteien als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vertragsparteien eingetreten sind, lautet: "Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden festgelegte Index der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet (Basis 1985 = 100) im Verhältnis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder zu dem bei der letzten Mietänderung festgestellten Index um mehr als fünf Prozent nach oben oder unten, so ändert sich der jeweilige Mietzins im gleichen Verhältnis. Der neue Mietzins ist mit Beginn des nächsten, auf die Überschreitung des der Fünf-Prozent-Grenze folgenden Kalendermonats an zu zahlen. (…) Sollte die Wertsicherungsklausel von der Landeszentralbank nicht genehmigt werden, so verpflichten sich die Vertragsparteien, eine Vereinbarung in den Vertrag aufzunehmen , die den in diesem Vertrag vereinbarten Bestimmungen am nächsten kommt und genehmigungsfähig ist."
4
Die Nebenkostenabrede in § 4 des schriftlichen Pachtvertrages lautet: "1. Die Pächterin übernimmt sämtliche mit dem Pachtobjekt in Zusammenhang stehenden Betriebskosten. Diese werden, soweit möglich, von ihr unmittelbar gezahlt, (...). 2. Die Leitungswasser-, Sturm-, Feuer- und Gebäudehaftpflichtversicherung sowie die Grundsteuer werden zunächst unmittelbar vom Verpächter gezahlt und der Pächterin in Rechnung gestellt, die diese dann binnen einer Frist von vier Wochen der Verpächterin zu erstatten hat."
5
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine direkte Abrechnung mit den Versorgungsunternehmen nicht möglich war, vereinbarten die Vertragsparteien am 6. Juni 2001 mündlich, dass anstelle des vorher Vereinbarten die Beklagte einen monatlichen Betrag von 5.113 € an die Klägerin für die Nebenkosten entrichten solle, welcher fortan auch gezahlt wurde. Während die Klägerin behauptet, der Betrag sei als eine abzurechnende Nebenkostenvorauszahlung vereinbart gewesen, geht die Beklagte von einer vereinbarten Nebenkostenpauschale aus.
6
Mit der Klage verlangt die Klägerin die Differenz der ursprünglichen Pacht zu einer auf Grundlage der Wertsicherungsklausel erhöhten Pacht in Höhe von 133.012,12 € für Dezember 2004 bis Mai 2008, hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung, die Wertsicherungsklausel des Pachtver- trages durch eine andere, näher bezeichnete Klausel zu ersetzen. Ferner verlangt sie Nachzahlung - inzwischen abgerechneter - Nebenkosten für die Jahre 2005 bis 2007 in Höhe von insgesamt 134.030,33 €. Die Beklagte hat Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel erhoben.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Die Berufung der Klägerin hatte lediglich im Hinblick auf die Widerklage Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihre Ansprüche weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat teilweise Erfolg.

I.

9
Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2013, 184 veröffentlichte Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
10
Die Klägerin sei auch hinsichtlich derjenigen Pachtansprüche aktivlegitimiert , die bereits vor der Zwangsversteigerung am 23. Juni 2008 entstanden seien, da der Zwangsverwalter diese Ansprüche an die Klägerin in zulässiger Weise abgetreten habe.
11
Die Wertsicherungsklausel, die nach dem bei Vertragsschluss geltenden Recht zunächst genehmigungsfrei wirksam gewesen sei, sei nunmehr nach dem am 14. September 2007 in Kraft getretenen und auch nicht verfassungswidrigen Preisklauselgesetz zu beurteilen. Die Übergangsregelung des § 9 Abs. 1 PrKG regele zwar die Fortgeltung bereits erteilter Genehmigungen, nicht aber die Fortgeltung von Genehmigungsfiktionen nach früherem Recht. Es handle sich auch nicht um einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt.
12
Die Wertsicherungsklausel sei wegen Verstoßes gegen die Schriftform unwirksam geworden. Die Genehmigung einer automatischen Wertsicherungsvereinbarung in einem Immobilienpachtvertag werde nicht fingiert, wenn die von den Parteien erstrebte langfristige Bindung wegen Nichteinhaltung der gesetzlich gebotenen Schriftform (§ 550 BGB) scheitere und der Vertrag deshalb mit gesetzlicher Frist kündbar sei.
13
Der Verstoß gegen die Schriftform nach § 550 BGB sei jedenfalls dadurch gegeben, dass der Pachtvertrag nachträglich hinsichtlich eines wesentlichen Vertragsinhalts mündlich geändert worden sei, indem die Nebenkosten nicht mehr wie ursprünglich vereinbart soweit möglich unmittelbar von der Beklagten zu begleichen gewesen seien, sondern nunmehr durch monatliche Zahlungen von 5.113 € an die Klägerin, wobei insoweit dahin stehen könne, ob dies als abzurechnende Vorauszahlung oder als Pauschale zu verstehen sei. Die Änderung sei wesentlich, weil die Nebenkostenvorauszahlung oder -pauschale als Teil der Pacht anzusehen sei und deshalb Auswirkungen auf die außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten wegen zweimonatigen Pachtverzuges habe. Mit insgesamt knapp 15 % der Grundpacht handle es sich bei den Nebenkosten auch nicht um einen nur unwesentlichen Teil der Gesamtzahlungspflicht.
14
Die Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel greife von dem Zeitpunkt an, in dem der Schriftformverstoß eingetreten sei. Die gesetzliche Regelung, wonach vereinbarte Wertsicherungsklauseln bis zum Zeitpunkt einer gerichtlichen Feststellung schwebend wirksam seien (§ 8 PrKG), gelte nur für die nach diesem Gesetz zu beurteilenden Wertsicherungsklauseln, nicht jedoch für die schon nach früherem Recht unwirksamen Klauseln.
15
Zwar könne die Klägerin von der Beklagten grundsätzlich verlangen, einer Änderung der vereinbarten Klausel in eine solche mit genehmigungsfähigem oder nicht genehmigungsbedürftigem Inhalt zuzustimmen. Die Klägerin habe jedoch nicht dargelegt, dass die von ihr verlangte Vertragsänderung der Billigkeit entspräche. Denn die verlangte Anpassung berücksichtige nur die allgemeine Preisentwicklung, ohne auch der Pachtzinsentwicklung für vergleichbare Objekte angemessen Rechnung zu tragen.
16
Auch die verlangte Nebenkostennachzahlung stehe der Klägerin nicht zu, da sie nicht bewiesen habe, dass zwischen den Vertragschließenden abzurechnende Nebenkostenvorauszahlungen und nicht eine Betriebskostenpauschale vereinbart worden seien.

II.

17
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
18
1. Zutreffend hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen, dass die Klägerin auch zur Geltendmachung der von Dezember 2004 bis Mai 2008 entstandenen Pachtansprüche aktivlegitimiert ist. Zwar stand das Pachtobjekt in der Zeit bis 22. Juni 2008 unter Zwangsverwaltung. Der Zwangsverwalter war jedoch befugt, die in dieser Zeit entstandenen Ansprüche an die Klägerin, die das Pachtobjekt durch Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 erwarb, abzutreten.
19
Zuständig für die Einziehung der bis 22. Juni 2008 entstandenen Ansprüche blieb zwar der Zwangsverwalter, dessen Befugnisse insoweit mit dem Zuschlagsbeschluss vom 23. Juni 2008 ausdrücklich nicht endeten (vgl. BGHZ 155, 38 = NJW-RR 2003, 1419). Er war somit weiterhin zur ordnungsgemäßen Abwicklung, auch zur Einziehung rückständiger Pachten, berechtigt und verpflichtet (Senatsbeschluss vom 18. Februar 2004 - XII ZR 196/99 - ZInsO 2004, 340; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 187, 10 = NJW 2010, 3033).
20
Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Zwangsverwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks zu sorgen, schließt die Befugnis ein, über die zur Verwaltungsmasse gehörenden Rechtsansprüche zu verfügen, insbesondere auch sie abzutreten (vgl. Böttcher ZVG 5. Aufl. § 152 Rn. 37; Haarmeyer Rpfleger 2000, 30, 32; Vonnemann Rpfleger 2002, 415, 418 f.; offengelassen in BGH Urteil vom 29. Juni 2006 - IX ZR 119/04 - NZM 2006, 677). Denn das Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters reicht weiter als etwa nur die Überweisung einer Forderung zur Einziehung im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung. Der Verwalter tritt in die Abwicklung der gesamten grundstücksbezogenen Rechtsbeziehungen einschließlich der Befugnis zur Ausübung bestehender Gestaltungsrechte und der Begründung neuer Rechtsverhältnisse ein. Das umfasst auch die Befugnis zur Verfügung über bestehende Pacht- und Mietforderungen. Ob die Verfügung pflichtgemäß erfolgt, ist keine Frage ihrer Wirksamkeit, sondern einer eventuellen Haftung des Verwalters.
21
2. Zu Unrecht ist das Oberlandesgericht hingegen von der vollständigen Unwirksamkeit der vereinbarten Wertsicherungsklausel ausgegangen.
22
a) Zutreffend ist allerdings die Annahme des Oberlandesgerichts, dass der ursprünglich abgeschlossene Pachtvertrag spätestens seit der mündlich vereinbarten Vertragsänderung vom 6. Juni 2001 nicht mehr diejenigen Voraussetzungen erfüllte, unter denen die enthaltene Preisklausel gemäß § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 4 PrKV als genehmigt galt. Denn Voraussetzung hierfür war gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 PrKV, dass der Verpächter für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet oder der Pächter das Recht hatte, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern. Zwar war im schriftlichen Pachtvertrag eine Vertragsdauer von fünf Jahren mit einer Verlängerungsoption für den Pächter um weitere fünf Jahre vereinbart. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Vertragsbindung für länger als ein Jahr ist jedoch gemäß § 550 BGB die Einhaltung der Schriftform. Diese war zumindest ab dem Zeitpunkt der durch mündliche Vereinbarung abgeänderten Nebenkostenabrede nicht mehr gewahrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Schriftform des § 550 BGB nämlich nur gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Durch die Einführung einer an die Verpächterin zu entrichtenden Nebenkostenpauschale oder -vorauszahlung von monatlich 5.113 € anstelle der ursprünglich vereinbarten Direktabrechnung mit den Versorgungsunternehmen wurden die Zahlungspflichten der Pächterin gegenüber der Verpächterin erheblich erweitert mit der Folge, dass auch die Bedingungen , unter denen bei Zahlungsverzug eine Kündigung hätte ausgesprochen werden können, erheblich verändert wurden. Denn Pacht im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist die Grundpacht zuzüglich der geschuldeten Nebenkostenzahlung (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 307/98 - BGHReport 2002, 225 und vom 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06 - NJW 2008, 3210). Um den Voraussetzungen des § 550 BGB - weiterhin - zu genügen , hätte die Nachtragsvereinbarung vom 6. Juni 2001 ebenfalls unter Wah- rung der Schriftform (vgl. dazu Senatsurteil vom 30. Januar 2013 - XII ZR 38/12 - NJW 2013, 1083 Rn. 22 f.) geschlossen werden müssen. Da die Vertragsparteien dieses nicht beachtet haben, war die Schriftform des § 550 BGB von dem Zeitpunkt an insgesamt nicht mehr gewahrt. Der Pachtvertrag galt damit als auf unbestimmte Zeit geschlossen und war somit für die Vertragsparteien auch vor Ablauf der ursprünglichen Bindungsfrist kündbar.
23
Auf diesen Vertrag geänderten Inhalts wirkt die Genehmigungsfiktion des § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 4 PrKV auch nicht fort, die für den ursprünglichen Vertrag gegolten haben mag, soweit deren Voraussetzungen erfüllt waren. Denn der mündlich abgeänderte Vertrag stellt einen anderen, eigenständig zu prüfenden Genehmigungsgegenstand dar.
24
b) Seit dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes am 14. September 2007 richtet sich die Wirksamkeit der Klausel allerdings nach diesem Gesetz. Das folgt aus der Übergangsvorschrift des § 9 PrKG, wonach nur für solche Preisklauseln, die nach früherem Recht schon genehmigt waren oder deren Genehmigung nach früherem Recht bereits beantragt war, die Genehmigung fortgilt bzw. die bislang geltenden Vorschriften weiter anzuwenden sind. Andere Preisklauseln, deren schwebende Unwirksamkeit sich bis zum 13. September 2007 aus dem Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 3 PrKV ergab, können seit dem 14. September 2007 nicht mehr durch ein Genehmigungsverfahren , sondern nur noch nach den Vorschriften des Preisklauselgesetzes Wirksamkeit erlangen (ebenso Neuhaus MDR 2010, 848; Heller /Rousseau NZM 2009, 301, 303; Aufderhaar/Jaeger NZM 2009, 564, 566; vgl. auch OLG Celle NJW-RR 2008, 896, 897; BT-Drucks. 16/4391 S. 29).
25
Dass die Rechtsänderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf bereits endgültig abgeschlossene Sachverhalte wirkt (vgl.
BGH Urteile vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 189/08 - NJW-RR 2011, 309 und BGHZ 168, 96, 98 = NJW 2006, 2978), kann dahinstehen. Denn das Pachtverhältnis ist noch nicht endgültig abgewickelt.
26
c) Nach § 8 PrKG tritt die Unwirksamkeit einer Preisklausel zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen dieses Gesetz ein, soweit nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart ist. Die Rechtswirkungen der Preisklausel bleiben bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt. Damit gelten Preisklauseln - abweichend von der früheren Rechtslage - als auflösend bedingt wirksam (vgl. Neuhaus MDR 2010, 848).
27
Das Oberlandesgericht sieht sich an der Anwendung dieser Vorschrift gehindert, weil es meint, die Regelung betreffe nur die Unwirksamkeit von Preisklauseln nach den Bestimmungen des Preisklauselgesetzes, nicht jedoch die schon nach früherem Recht unwirksamen Klauseln. Das folge aus dem allgemeinen Grundsatz, wonach, wenn ein Verbotsgesetz aufgehoben werde, es bei der Nichtigkeit der Geschäfte bleibe, die gegen dieses Gesetz verstoßen haben.
28
Dabei verkennt jedoch das Oberlandesgericht zum einen, dass sich die Unwirksamkeit der streitigen Klausel seit dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes nach diesem Gesetz und nicht mehr nach früherem Recht richtet, zum anderen, dass die vereinbarte Wertsicherungsklausel keineswegs von vornherein nichtig war, sondern - jedenfalls seit der mündlichen Abänderung der Nebenkostenabrede - unter einem Erlaubnisvorbehalt nach § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 3 PrKV stand.
29
Lediglich die Folgen des Schwebezustandes hat das Gesetz geändert, indem es Klauseln, die nach früherem Recht bis zur Erteilung der Genehmigung als schwebend unwirksam galten, nunmehr als anfänglich wirksam behandelt, auflösend bedingt durch die gerichtliche Feststellung des Verstoßes. Dass daran auch die vor dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes vereinbarten Wertsicherungsklauseln teilhaben, ist schon deshalb geboten, weil es bei dem alten Zustand der schwebenden Unwirksamkeit nicht bleiben könnte. Denn das neue Recht kennt kein Genehmigungsverfahren mehr, welches einer schwebend unwirksamen Klausel noch zur Wirksamkeit verhelfen könnte (im Ergebnis ebenso Heller/Rousseau NZM 2009, 301, 303; Schulz NZM 2008, 425, 427; Aufderhaar/Jaeger NZM 2009, 564, 567; Neuhaus MDR 2010, 848, 850; vgl. auch Gerber NZM 2008, 152). Die Geltung des neuen Preisklauselgesetzes für alle Preisklauseln, die unter der Geltung des § 2 PaPkG oder des § 3 WährG vereinbart worden waren und für die bis zum Tag der Verkündung des neuen Gesetzes kein Genehmigungsantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt war, entspricht erkennbar auch der Vorstellung des Regierungsentwurfs (BT-Drucks. 16/4391 S. 29).
30
Darin liegt keine unangemessene Benachteiligung der Vertragsparteien, weil die Folge der – zumindest auflösend bedingten – Wirksamkeit der Klausel dem zwischen ihnen Vereinbarten entspricht.
31
Da ein Verstoß der vereinbarten Wertsicherungsklausel gegen das Preisklauselgesetz bisher nicht gerichtlich festgestellt ist, stehen die Vorschriften dieses Gesetzes einer Anwendung der vereinbarten Klausel nicht entgegen. Daher kommt es auf die verschiedentlich unter dem Blickwinkel der Gesetzgebungskompetenz angezweifelte Vereinbarkeit des Preisklauselgesetzes mit dem Grundgesetz (vgl. Schultz NZM 2008, 425, 426; Hellner/Rousseau NZM 2009, 301, 302; MünchKommBGB/Grundmann 6. Aufl. § 245 Rn. 71; ferner Kirchhof Wertsicherungsklauseln für Euro-Verbindlichkeiten S. 159 ff.) im Ergebnis nicht an.
32
d) Die durch das Preisklauselgesetz eingeführte, auflösend bedingte Wirksamkeit vereinbarter Preisklauseln greift allerdings nur ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit Wirkung für die Zukunft. Eine Rückwirkung auf Zeiträume vor seinem Inkrafttreten ordnet das Preisklauselgesetz nicht an. Gegen eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprechen auch Vertrauensgesichtspunkte , weil Vertragsparteien sonst rückwirkenden Zahlungspflichten auch aus solchen Preisklauseln ausgesetzt sein könnten, welche nach früherem Recht nicht genehmigungsfähig waren. Für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes richtet sich die Wirksamkeit der vereinbarten Klausel daher weiterhin nach dem bis 13. September 2007 geltenden Recht, wobei ab Inkrafttreten des Preisklauselgesetzes kein Genemigungsantrag mehr möglich ist.
33
e) Für den Zeitraum bis 13. September 2007 kann die Klägerin auch nicht die mit dem Hilfsantrag verfolgte Vertragsanpassung verlangen. Dem steht zum einen entgegen, dass vorrangig vor der Vertragsanpassung um eine Genehmigung der Preisklausel gemäß § 2 Abs. 2 PaPkG iVm § 3 PrKV hätte nachgesucht werden müssen; erst wenn diese endgültig gescheitert wäre, hätte eine Verpflichtung der Vertragsparteien auf Zustimmung zu einer Vertragsanpassung begründet sein können. Zum anderen steht dem Anspruch auf Vertragsanpassung entgegen, dass die vereinbarte automatische Pachtanpassung ihre innere Berechtigung in der vom Verpächter eingegangenen zehnjährigen Vertragsbindung hatte. Nachdem diese Vertragsbindung als Folge der mündlichen Nachtragsabrede vom 6. Juni 2001 entfallen war, hätte die Klägerin den Vertrag jederzeit mit der gesetzlichen Frist kündigen können, sofern ihr die vereinbarte Pacht nicht mehr auskömmlich erschien. Damit war schon die innere Rechtfertigung für eine automatische, an Preisindizes gekoppelte Pachtanpassung entfallen, was auch der hilfsweise vereinbarten Vertragsanpassung die Grundlage entzieht. Schließlich ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die von der Klägerin herangezogene allgemeine Preisentwicklung von Gewerbeimmobilien nicht als einen geeigneten Maßstab für eine Pachtanpassung der hier vorliegenden Sonderimmobilie eines Altenund Pflegeheims angesehen hat, so dass es insgesamt an einer hinreichenden Substanziierung des vermeintlichen Anspruchs der Klägerin auf Zustimmung zu der konkret verlangten Vertragsanpassung fehlt.
34
3. Erfolglos bleiben auch diejenigen Angriffe der Revision, die sich gegen die Abweisung der auf Nachzahlung inzwischen abgerechneter Nebenkosten zielenden Klage richten. Der im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme behauptete Verfahrensfehler liegt nicht vor. Die von beiden Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25. März 2011 abgegebene Erklärung , anstelle einer erneuten Vorladung des erkrankungsbedingt nicht erschienenen Zeugen B. solle das Protokoll seiner früheren Vernehmung aus einem anderen Verfahren verwertet werden, durfte von den Instanzgerichten dahin ausgelegt werden, dass auf eine Einvernahme des Zeugen in diesem Verfahren und somit auf die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks von dem Zeugen übereinstimmend verzichtet werde (§ 399 ZPO). Von diesem Verzicht konnte die Klägerin nicht einseitig wieder abrücken, indem sie in dem - ihr zwar nachgelassenen - Schriftsatz vom 18. April 2011 erneut auf die persönliche Vernehmung der Zeugen antrug. Denn der Schriftsatznachlass war nicht dazu gewährt, den Zeugenverzicht nachträglich zu revidieren, sondern um rechtliches Gehör zu dem von der Beklagten im Termin neu vorgebrachten Streitstoff zu gewähren. Dass sich ausgerechnet aus diesem Veranlassung ergeben habe, nun doch auf einer persönlichen Vernehmung des Zeugen zu bestehen, hat die Klägerin weder im nachgelassenen Schriftsatz noch mit ihrer Revision aufgezeigt. Im Gegenteil rekurriert auch der nachgelassene Schriftsatz bezüglich der hier bedeutsamen Frage eines vereinbarten Nebenkostenvorschusses oder einer Nebenkostenpauschale im Wesentlichen auf die früher bereits protokollierte Aussage des Zeugen. Zu Recht ist daher das Landgericht nicht wieder in die mündliche Verhandlung eingetreten und hat das Oberlandesgericht die erneute Benennung des Zeugen in der Berufungsinstanz nach den Maßstäben des § 531 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH Beschluss vom 22. Februar 2007 - III ZR 114/06 - NJW-RR 2007, 774) zurückgewiesen.
35
4. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers hinsichtlich der Wirksamkeit der Preisklausel für die Zeit ab dem 14. September 2007 kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch keine endgültigen Feststellungen bezüglich einer möglichen Verwirkung des Anspruchs getroffen hat. Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 29.04.2011 - 11 O 153/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 17.10.2012 - 3 U 75/11 -

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bei uns veröffentlicht am 23.07.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 134/06 Verkündet am: 23. Juli 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: j

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Dez. 2010 - VII ZR 189/08

bei uns veröffentlicht am 09.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 189/08 Verkündet am: 9. Dezember 2010 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 13. Nov. 2013 - XII ZR 142/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2014 - XII ZR 68/10

bei uns veröffentlicht am 22.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 68/10 Verkündet am: 22. Januar 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2014 - XII ZR 65/13

bei uns veröffentlicht am 05.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 65/13 Verkündet am: 5. Februar 2014 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - VIII ZR 116/13

bei uns veröffentlicht am 14.05.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 116/13 Verkündet am: 14. Mai 2014 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landgericht Kleve Urteil, 27. Juli 2016 - 1 O 45/16

bei uns veröffentlicht am 27.07.2016

Tenor ie Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 41.627,60 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 2.273,60 € seit dem 15.11.2014, auf weitere 2.273,60 € seit dem 04.12.2014, auf weitere 2.648,60

Referenzen

Die Unwirksamkeit der Preisklausel tritt zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen dieses Gesetz ein, soweit nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart ist. Die Rechtswirkungen der Preisklausel bleiben bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt.

(1) Nach § 2 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes in der bis zum 13. September 2007 geltenden Fassung erteilte Genehmigungen gelten fort.

(2) Auf Preisklauseln, die bis zum 13. September 2007 vereinbart worden sind und deren Genehmigung bis dahin beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beantragt worden ist, sind die bislang geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

Die Unwirksamkeit der Preisklausel tritt zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen dieses Gesetz ein, soweit nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart ist. Die Rechtswirkungen der Preisklausel bleiben bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 196/99
vom
18. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2004 durch die
Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
1. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 59 % und die Beklagte 41 %. 2. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 32 % und der Beklagten zu 68 % auferlegt. Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt bis zur Erledigterklärung 43.043 DM); danach 21.827 (42.689,62 DM).

Gründe:


I.

Der Kläger machte in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter gegen die Beklagte Mietzinsansprüche für die Zeit von Januar 1996 bis einschließlich Juli 1997 in Höhe von (19 x 4.519,50 DM =) 85.870,50 DM sowie die Räumung und Herausgabe des Mietobjekts geltend. Am 8. Juni 1995 schlossen die Beklagte und Frau P. als Vermieterin (fortan: Schuldnerin) zwei Mietverträge über den vorderen und hinteren Teil einer der Schuldnerin gehörenden Halle. Die Monatsmiete für den vorderen Teil der Halle betrug 2.719,50 DM und für den hinteren Teil 1.800 DM. Die Pflicht
zur Entrichtung der Mieten sollte für den vorderen Teil der Halle "mit der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten frei von jeglichen beweglichen Gegenständen" beginnen. Im hinteren Teil sollte diese Pflicht "mit der Eröffnung des Betriebes" beginnen, wobei dieser Hallenteil "zwecks Betreibung eines Spielothek -Betriebes, und zur Untervermietung" erfolgte. Diesen Teil hat die Beklagte seit 1. Dezember 1995 untervermietet. Mit Zusatzvereinbarung vom 8. Juni 1995 einigten sich die Mietvertragsparteien darauf, daß die Schuldnerin die Kosten für noch zu errichtende Parkplätze dergestalt tragen sollte, daß diese mit der laufenden Miete verrechnet werden können. Am 24. August 1995 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der bestellte Gesamtvollstreckungsverwalter hat mit schriftlicher Erklärung vom 24. April 1996 das Mietgrundstück freigegeben. Am 19. Juni 1996 schlossen die Schuldnerin und die Beklagte eine weitere Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, wonach die Beklagte u.a. die Kosten für eine Dachreparatur mit der Miete verrechnen durfte. Am 6. November 1996 wurde die Zwangsverwaltung über das Mietgrundstück angeordnet und Rechtsanwalt H. (vormaliger Kläger) zum Zwangsverwalter bestellt. Die Beschlagnahme wurde der Schuldnerin am 11. Dezember 1996 bekannt gemacht. Das Landgericht wies die Räumungsklage ab und gab der Zahlungsklage - unter Abweisung im übrigen - in Höhe von 84.185,17 DM statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht zurück. Hiergegen richtete sich die
vom Senat angenommene Revision der Beklagten, mit der sie nach wie vor vollständige Klagabweisung erstrebte. Mit rechtskräftigem Beschluß des Amtsgerichts vom 10. September 1999 - als die Sache bereits in der Revisionsinstanz anhängig war - wurde der bisherige Kläger (Rechtsanwalt H.) als Zwangsverwalter entlassen. Gleichzeitig wurde der jetzige Kläger zum neuen Zwangsverwalter bestellt. Mit Beschluß vom 10. März 2000 hob das Amtsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren auf, weil die einzige betreibende Gläubigerin den Antrag auf Zwangsverwaltung zurückgenommen hatte. Mit Rücksicht hierauf erklärten die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

II.

Aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts vom 10. September 1999 über die Entlassung des bisherigen Klägers als Zwangsverwalter und Bestellung von Rechtsanwalt Dr. F. zum neuen Zwangsverwalter ist letzterer entsprechend §§ 241, 246 ZPO anstelle des bisherigen Klägers in den Rechtsstreit eingetreten (vgl. Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. § 241 Rdn. 1, § 246 Rdn. 2 b; Musielak/Stadler ZPO 3. Aufl. § 241 Rdn. 2). Das Rubrum war daher entsprechend zu berichtigen. Nachdem die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluß zu entscheiden.
Es entspricht regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 91 a ZPO, wenn diejenige Partei die Kosten zu tragen hat, der sie bei Fortgang des Verfahrens hätten auferlegt werden müssen. Dies beurteilt sich nach dem mutmaßlichen Ausgang des Revisionsverfahrens und dessen Auswirkungen auf die Kostenentscheidungen aller Instanzen (BGH, Beschluß vom 29. Januar 1985 - VI ZR 59/84 - VersR 1985, 441). Somit trifft die Kostenlast insgesamt oder anteilig grundsätzlich die Partei, die ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich ganz oder teilweise unterlegen wäre (§§ 91, 92 ZPO). Danach waren die Kosten des Rechtsstreits in der aus der Beschlußformel ersichtlichen Weise zu verteilen. 1. Die Revision hätte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 29.951,17 DM verurteilt worden ist. Im übrigen wäre die Revision zurückgewiesen worden.
a) Zutreffend hat allerdings das Berufungsgericht die Prozeßführungsbefugnis des Klägers bejaht. Der (vormalige) Kläger war ursprünglich gemäß § 152 Abs. 1, 2. Halbs. ZVG zur Einziehung der eingeklagten Mieten berechtigt und damit prozeßführungsbefugt. Dem stand die Bestimmung des § 7 Abs. 3 Satz 1 GesO, wonach vor der Eröffnung der Gesamtvollstreckung gegen den Schuldner eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen zugunsten einzelner Gläubiger ihre Wirksamkeit verlieren , nicht entgegen. Diese Bestimmung findet entsprechend § 47 KO keine Anwendung auf Vollstreckungsmaßnahmen von dinglich gesicherten Gläubigern (vgl. BGH, Nichtannahmebeschluß vom 12. Juli 2001 - IX ZR 284/98 - unveröffentlicht = OLG Brandenburg OLGR 2001, 429 ff.; vgl. auch BGHZ 139, 319,
323). Die Zwangsverwaltung erfolgte auf Betreiben einer Grundpfandgläubigerin. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung infolge Antragsrücknahme erlosch zwar die Prozeßführungsbefugnis des Klägers (BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 - IX ZR 385/00 - BGHZ 155, 38, 43 ff.). Der Kläger hat diesem Umstand aber Rechnung getragen, indem er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat.
b) Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht ferner der Ansicht, daß die Pflicht zur Entrichtung der Mieten jeweils spätestens ab Januar 1996 begann. Nach der Vereinbarung der Parteien sollten die Mieten für den vorderen Teil der Halle "mit der Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten frei von jeglichen beweglichen Gegenständen" zur Zahlung fällig sein. Das Berufungsgericht hat diese Voraussetzung bejaht. Die gegen diese Feststellung erhobene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und letztlich nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO a.F.). Für den hinteren Teil der Halle sollte die Pflicht zur Entrichtung der Miete "mit der Eröffnung des Betriebes" beginnen. Das Berufungsgericht hat in Auslegung des Mietvertrages insoweit auf die ab Dezember 1995 erfolgte Untervermietung durch die Beklagte abgestellt und somit auch diese Fälligkeitsvoraussetzung ab spätestens Januar 1996 bejaht. Ohne Erfolg macht die Revision hiergegen geltend, nach dem eindeutigen Wortlaut der Fälligkeitsregelung komme es auf die Eröffnung des Betriebes in den Mieträumen an. Die Untermieterin habe die Spielhalle erst im November 1996 eröffnet. Die Auslegung einzelvertraglicher Regelungen durch das Beru-
fungsgericht kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (st. Rspr. vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. September 2001 - V ZR 14/01 - FamRZ 2002, 1178). Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die Pflicht zur Entrichtung der Miete beginnt, sobald die Mieterin die Räume vertragsgemäß nutzt, ist jedenfalls möglich. Die Revision stellt nicht in Abrede, daß die Beklagte die Halle auch zur Untervermietung nutzen durfte.
c) Der Senat folgt dem Berufungsgericht auch in der Annahme, die Vereinbarung vom 8. Juni 1995 über die Erstellung der Parkplätze sei als Aufrechnungsabrede zu begreifen, aufgrund derer die Beklagte frühestens gegen die Mietzinsforderungen aufrechnen kann, sobald die fraglichen Arbeiten ausgeführt und auch bezahlt seien. Dies war erst nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gegen die Schuldnerin der Fall. Die hierzu erhobenen Rügen der Revision sind nicht durchgreifend.
d) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Forderungen bestehen. Zuletzt hat die Beklagte noch mit behaupteten Forderungen in Höhe von 120.000 DM (für die Errichtung von Parkplätzen) und 6.900 DM (für eine Dachreparatur) die Aufrechnung erklärt. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, die Beklagte könne ihre etwaigen - auf die Vereinbarungen vom 8. Juni 1995 und 19. Juni 1996 gestützten - Gegenforderungen nicht wirksam gegen die Klagforderung aufrechnen. Soweit es um die behauptete Forderung aus der Vereinbarung vom 8. Juni 1995 gehe, stehe das Aufrechnungsverbot nach § 7 Abs. 5 GesO entgegen. Zum Abschluß der Vereinbarung vom 19. Juni 1996 sei die Schuldnerin nicht befugt gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits das Gesamtvollstreckungsverfahren gegen sie eröffnet gewesen sei.
Das hält der rechtlichen Prüfung im Ergebnis nur insoweit stand, als es um die Mieten ab einschließlich Januar 1997 geht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts standen der erklärten Aufrechnung der Beklagten insolvenzrechtliche Bestimmungen nicht entgegen, zumindest soweit es um die eingeklagten Mieten ab einschließlich Mai 1996 geht. aa) Dies folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht bereits aus § 54 KO analog. Denn diese Bestimmung ist im Gesamtvollstreckungsverfahren nicht entsprechend anwendbar (BGHZ 137, 267, 290 f). Auch der Umstand, daß der Kläger hier Mietzinsansprüche außerhalb des Gesamtvollstreckungsverfahrens geltend macht, führt nicht zur Unanwendbarkeit des § 7 Abs. 5 GesO, wie die Revision meint. Durch die Zwangsverwaltung wurden weder das Grundstück noch die streitigen Mietzinsansprüche (§ 148 Abs. 1, 21 Abs. 2 ZVG) "massefremd". Sie bilden vielmehr eine Sondermasse innerhalb der Gesamtvollstreckung , die ausschließlich der Verwaltung des Zwangsverwalters unterliegt und vorab der Befriedigung der Kosten der Zwangsverwaltung und der diese betreibenden Gläubigerin dient (vgl. Mohrbutter, Handbuch der Konkurs - und Vergleichsverwaltung, 6. Aufl. Rdn. 739). Die Bestimmungen der Gesamtvollstreckungsordnung bleiben daher trotz der später angeordneten Zwangsverwaltung anwendbar. Im Verhältnis zum Zwangsversteigerungsgesetz gehen die einschlägigen insolvenzrechtlichen Bestimmungen (hier: § 7 Abs. 5 GesO) vor (vgl. Zeller/Stöber ZVG 16. Aufl. § 152 Rdn. 3.17; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1984 - VII ZR 216/83 - ZIP 1984, 1504, 1506 für das Verhältnis von § 149 Abs. 1 ZVG zu §§ 129, 132 KO). bb) Soweit der Gesamtvollstreckungsverwalter durch die Freigabe des Mietgrundstücks Ende April 1996 auf die hier eingeklagten Mieten verzichtet hat, konnten der erklärten Aufrechnung hiergegen insolvenzrechtliche Bestimmungen mangels Massezugehörigkeit nicht mehr entgegenstehen.
Die Freigabe eines Gegenstandes durch den Gesamtvollstreckungsver- walter löst diesen Gegenstand aus der Insolvenzmasse. Dies bedeutet regelmäßig auch den Verzicht auf die künftigen Früchte dieser Sache, insbesondere den Mietzins (§ 99 Abs. 2 BGB). Die von einem solchen Verzicht nicht umfassten Mieten kommen dagegen der Masse (hier: Sondermasse) zu. Demnach konnten der erklärten Aufrechnung gegen die hier eingeklagten Mieten zumindest für die Monate ab einschließlich Mai 1996 insolvenzrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen. Das Berufungsgericht hat die mögliche und gebotene Auslegung (vgl. RGZ 138, 69, 71 f; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 21 Rdn. 3), ob die Freigabeerklärung auch einen Verzicht auf die Mieten vor der Freigabe (Januar bis April 1996) enthält, unterlassen. Immerhin hat der Gesamtvollstreckungsverwalter die Freigabe ausdrücklich mit der Undurchsetzbarkeit der Mietzinsansprüche begründet. Der Senat hätte diese Auslegung nicht selbst vornehmen können, denn die Parteien hatten keine Gelegenheit hierzu vorzutragen, weil dieser Gesichtspunkt in den Tatsacheninstanzen nicht gesehen wurde. cc) Soweit das Aufrechnungsverbot des § 7 Abs. 5 GesO nicht greift (zumindest ab einschließlich Mai 1996) war die Aufrechnung der Beklagten in den Grenzen der §§ 1124, 1125 BGB wirksam. Die Aufrechnung - sowie die dieser gleichkommenden Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (BGH, Urteil vom 20. September 1978 - VIII ZR 2/78 - Rechtspfleger 1979, 53 f.) - ist danach unwirksam, soweit sie sich auf eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat bezieht (bzw. den Folgemonat, falls die Beschlagnahme erst nach dem 15. des Monats erfolgte). Hier wurde der Beklagten die Anordnung der Zwangsverwaltung am 11. Dezember 1996 bekannt gemacht (§ 22 Abs. 2 ZVG). Demnach war die Aufrechnung gegen die
geltend gemachten Mieten für den Zeitraum ab einschließlich Januar 1997 unwirksam.
e) Die Revision hätte nach allem zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt, soweit eine wirksame Aufrechnung gegen die Klagforderung in Betracht gekommen wäre (Mieten von Januar 1996 bis einschließlich Dezember 1996). Das Berufungsgericht hätte dann - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - darüber befinden müssen, ob der Gesamtvollstreckungsverwalter mit der obengenannten Freigabeerklärung auch die eingeklagten Mieten von Januar 1996 bis einschließlich April 1996 freigegeben hat. Des weiteren hätte es die notwendigen Feststellungen zu Grund und Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten treffen müssen. Im übrigen (Mieten von Januar 1997 bis einschließlich Juli 1997, abzüglich vom Landgericht bereits rechtskräftig abgewiesener 1.685,33 DM, also in Höhe von [7 x 4.519,50 DM - 1.685.33 DM =] 29.951,17 DM ), wäre die Revision zurückgewiesen worden. 2. Bei Fortgang des Verfahrens wären die Kosten des Rechtsstreits den Parteien grundsätzlich in dem Verhältnis aufzuerlegen gewesen, der ihrem Unterliegen , gemessen am Gebührenstreitwert, entsprochen hätte.
a) Wäre die Revision durchgeführt bzw. der Rechtsstreit - ohne das erledigende Ereignis - fortgesetzt worden, wäre die Beklagte mit einem Betrag in Höhe von zunächst 29.951,17 DM unterlegen (siehe oben). Was die Zahlungsklage im übrigen - nämlich die Mieten von Januar 1996 bis einschließlich Dezember 1996 in Höhe von (12 x 4.519,50 DM =) 54.234 DM - betrifft, bleibt infolge der Erledigung des Rechtsstreits und der deshalb unterbleibenden Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht ungewiß, ob dieser Teil der Klagforderung ganz oder teilweise durch die er-
klärte Aufrechnung erloschen ist. Es ist daher angemessen, diesen Betrag zur Hälfte, also in Höhe von weiteren 27.117 DM zu Lasten der Beklagten für die Berechnung der Kostenquoten in Ansatz zu bringen. Für die hier zu treffende Kostenentscheidung ist somit von einem voraussichtlichen Teilunterliegen der Beklagten in Gesamthöhe von (29.951,17 DM + 27.117 DM =) 57.068,17 DM auszugehen.
b) Der Streitwert erster Instanz beträgt insgesamt 140.104,50 DM (Räumungsklage : 54.234 DM, § 16 GKG; Zahlungsklage: 85.870,50 DM). Das Verhältnis des Teilunterliegens zu diesem Streitwert ergibt eine Kostenquote von 41 % zu Lasten der Beklagten bzw. 59. % zu Lasten des Klägers. In zweiter Instanz und im Revisionsverfahren (bis zur übereinstimmenden Erledigung) beträgt der Streitwert jeweils 84.185,17 DM. Somit waren der Beklagten von den Kosten dieser Instanzen 68 % und dem Kläger 32 % aufzuerlegen.
Sprick Fuchs Ahlt Vézina Dose

(1) Der Verwalter hat das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsmäßig zu benutzen; er hat die Ansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt, geltend zu machen und die für die Verwaltung entbehrlichen Nutzungen in Geld umzusetzen.

(2) Ist das Grundstück vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassen, so ist der Miet- oder Pachtvertrag auch dem Verwalter gegenüber wirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 119/04
Verkündet am:
29. Juni 2006
Bürk,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Anspruch auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen unterfällt nicht
der Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung.

b) Die Befugnis des Zwangsverwalters, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die
sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden
Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben, erlischt, wenn
die Zwangsverwaltung nach Erteilung des Zuschlags im Wege der Zwangsversteigerung
aufgehoben wird.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - IX ZR 119/04 - OLG Dresden
LG Dresden
vom 29. Juni 2006 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Vill, Cierniak und die
Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 8. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Konkursverwalter der Sch. GmbH (i.F.: Schuldnerin). Die Klägerin geht aus abgetretenem Recht des Zwangsverwalters in dem Zwangsverwaltungsverfahren betreffend ein Grundstück in D. (Grundbuch von R. Bl. … Flst-Nr. …) vor.
2
Der Schuldner des späteren Zwangsverwaltungsverfahrens hatte dieses Grundstück an die M. GmbH verpachtet, über deren Vermögen später das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Der Gesamtvollstreckungsverwalter jenes Verfahrens schloss mit der Schuldnerin einen Unterpachtvertrag über das Grundstück. Auf Antrag der Klägerin, die aus einer Grundschuld vollstreckte , ordnete das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 19. März 1999 die Zwangsverwaltung des Grundstücks an. Nachdem auch über das Vermögen der Schuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden war, verpachtete der Beklagte als Konkursverwalter das Grundstück in einem weiteren Unterpachtvertrag vom 26. März 1999 an die S. GmbH.
3
Das zwischen der M. GmbH und dem Schuldner des Zwangsverwaltungsverfahrens bestehende Hauptpachtverhältnis endete am 31. Dezember 1999, der Unterpachtvertrag zwischen dem Beklagten und der S. GmbH am 31. Dezember 2000. Die S. GmbH nutzte das Grundstück in der Folgezeit jedoch weiter.
4
Am 16. März 2001 wurde das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung veräußert. Die Zwangsverwaltung wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 2. Mai 2001 uneingeschränkt aufgehoben.
5
Aufgrund einer Abtretung vom 22. Januar 2003 verlangt die Klägerin von dem Beklagten für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 Herausgabe der Pachtzahlungen der S. GmbH in Höhe von monatlich 5.400 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Zeit vom 1. Januar bis 16. März 2001 verlangt sie Nutzungsersatz in derselben Höhe.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
8
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB auf Zahlung der vereinnahmten Pacht für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 zu. Der Zwangsverwalter habe die Forderung wirksam an die Klägerin abgetreten. Auch Forderungen aus Untermietoder Unterpachtverhältnissen seien von der hypothekarischen Haftung und damit von der Beschlagnahme durch die Anordnung der Zwangsverwaltung erfasst. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung folge aus § 987 Abs. 2 in Verbindung mit § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dieser Anspruch unterliege als ein mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenes Recht auf wiederkehrende Leistung der Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung.
9
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
a) Durch den Abtretungsvertrag vom 22. Januar 2003 konnte die Klägerin einen Anspruch des Zwangsverwalters aus § 816 Abs. 2 BGB auf Herausgabe der vom Beklagten vereinnahmten Pachtzahlungen der S. GmbH für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 nicht erwerben. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit der Zwangsverwalter befugt ist, beschlagnahmte Forderungen abzutreten (vgl. Böttcher, ZVG 4. Aufl. § 152 Rn. 37; Dassler/Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG 12. Aufl. § 152 Rn. 30; Depré/Mayer, Die Praxis der Zwangsverwaltung 2. Aufl. Rn. 376; Haarmeyer Rpfleger 2000, 30, 32; Vonnemann Rpfleger 2002, 415, 418 f). Denn der Zwangsverwalter hatte gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Herausgabe der Pachtzahlungen gemäß § 816 Abs. 2 BGB (zur Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts vgl.
BGH, Urt. v. 28. Juni 1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197; Staudinger/Gursky, BGB Neubearbeitung 2006 Vorbem. zu §§ 987-993 Rn. 21 ff m.w.N.). Er war insoweit nicht Berechtigter im Sinne der Vorschrift. Der Anspruch des Beklagten aus dem Unterpachtvertrag mit der S. GmbH ist von der Zwangsverwaltung nicht erfasst worden.
11
aa) Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden, die Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsvollstreckung erfasse Forderungen aus einem Untermiet- oder Unterpachtverhältnis grundsätzlich nicht, es sei denn, der Hauptmiet- oder Hauptpachtvertrag sei wegen Vereitelung der Gläubigerrechte nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGH, Urt. v. 4. Februar 2005 – V ZR 294/03, WM 2005, 610, 612). Anhaltspunkte dafür, dass die genannte Bedingung in dem hier gegebenen Fall erfüllt sein könnte, bestehen nicht. Somit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass die Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsverwaltung nur die Forderungen aus dem Hauptpachtvertrag erfasst (§ 148 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 ZVG). Denn Gläubiger des Eigentümers haben keinen Anspruch darauf, sich aus schuldnerfremdem Vermögen zu befriedigen. Dass das Hauptpachtverhältnis am 31. Dezember 1999 endete, ist dem vom V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (aaO) entschiedenen Fall, in dem der Unterverpächter nur formell die Stellung als Forderungsinhaber einnahm, nicht gleich zu achten. Hier wurden die Erträge nicht auf den Unterverpächter verlagert, um sie dem Zugriff der Gläubiger des Eigentümers zu entziehen. Diesem verblieb der Anspruch auf Nutzungsentschädigung (§ 584b BGB), auf den dessen Gläubiger zugreifen konnten. Auf diesen Anspruch erstreckt sich auch die Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung (Stöber, ZVG 18. Aufl. § 148 Anm. 2.3 Buchst. g; vgl. auch BGH, Urt. v. 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, NJW-RR 2003, 1308 zu § 557 Abs. 1 BGB a.F.). Damit ist der Zweck sowohl des § 148 ZVG als auch des § 1123 Abs. 1 BGB erfüllt; der Gläubiger erhält dafür, dass der Grundstückseigentümer das ihm zustehende Benutzungs- und Fruchtziehungsrecht wirksam auf den Pächter übertragen hat (§ 152 Abs. 2 ZVG), den Zugriff auf die diese Einbuße ausgleichende Pachtzinsforderung (vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2002] § 1123 Rn. 1; Stöber, aaO § 148 Anm. 2.3. Buchst. a). Zwar ist der Hauptpächter hier insolvent geworden; doch ist dies lediglich ein äußerlicher, die haftungsrechtliche Zuordnung der Ansprüche nicht beeinflussender Umstand.
12
bb) Sofern die Revisionserwiderung dahin zu verstehen sein sollte, dem Grundstückseigentümer stehe auch für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000 ein Anspruch aus § 987 Abs. 2, § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB zu, könnte dem nicht gefolgt werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) hatte der Beklagte Kenntnis von seinem fehlenden Besitzrecht (erst) nach dem 31. Dezember 2000 erlangt.
13
b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 16. März 2001. Auch insoweit ging die Abtretung durch den ehemaligen Zwangsverwalter ins Leere. Ob der Grundstückseigentümer, wie das Berufungsgericht meint, für den genannten Zeitraum gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 987 Abs. 2, § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB erworben hatte, kann daher dahinstehen.
14
aa) Ein solcher - neben § 584b BGB bestehender (vgl. BGH, Urt. v. 28. Juni 1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197 zu § 597 BGB) - Anspruch unterfällt nicht der Beschlagnahme nach §§ 146, 148 ZVG (offen gelassen in BGHZ 71, 216, 220). Mit der Anordnung der Zwangsverwaltung werden im Wesentli- chen die Miet- und Pachtzinsforderungen beschlagnahmt (§ 148 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 2, 21 Abs. 2 ZVG, § 1123 BGB; vgl. BGHZ 109, 171, 173), wozu der Anspruch aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen (§ 987 Abs. 2, § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht gehört. Zwar ist in der Rechtsprechung eine aus der gesetzlichen Systematik hergeleitete Erstreckung der Beschlagnahme der Pachtzinsforderung auf einen Schadensersatzanspruch nach § 19 Satz 3 KO oder eine entsprechende Surrogation angenommen worden (OLG Frankfurt am Main NJW 1981, 235, 236; LG Frankfurt am Main NJW 1979, 934 f). Dem kann hier aber schon deshalb keine Bedeutung zukommen, weil, wie sich aus den Ausführungen zu Ziff. 2a aa ergibt, der Anspruch aus § 990 Abs. 1 Satz 2, § 987 Abs. 2 BGB nicht einen gegen den Beklagten gerichteten, beschlagnahmten Pachtzinsanspruch ersetzt. Die Annahme der Revisionserwiderung, der Nutzungsersatzanspruch zähle zu den Erzeugnissen des Grundstücks, geht fehl.
15
Bei diesem Anspruch handelt es sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht um einen Anspruch aus einem mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Recht auf wiederkehrende Leistungen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ergreift die Beschlagnahme jenen Anspruch nicht (§ 148 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 ZVG, § 1126 BGB). Hiervon erfasst werden wiederkehrende Leistungen aus subjektiv-dinglichen Rechten, die nach § 96 BGB als Bestandteile des Grundstücks gelten (vgl. Böttcher, aaO § 148 Rn. 13; Staudinger/Wolfsteiner, aaO § 1126 Rn. 1). Dazu gehört der auf eine grundsätzlich einmalige Ersatzleistung gerichtete schuldrechtliche Anspruch aus § 987 Abs. 2 BGB nicht.
16
bb) Allerdings ist der Verwalter nicht darauf beschränkt, nur die mit der Anordnung der Zwangsverwaltung beschlagnahmten Ansprüche geltend zu machen. Die nach § 152 Abs. 1 ZVG bestehende Aufgabe des Verwalters, für eine ordnungsgemäße Nutzung und Verwaltung des Grundstücks zu sorgen, schließt die Befugnis ein, auch solche Ansprüche zu verfolgen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache sowie der Verletzung von Besitzrechten ergeben. Die Durchsetzung dieser Rechte dient dazu, eine Schmälerung der nach § 155 ZVG zu verteilenden Nutzungen abzuwenden (BGHZ 109, 171, 173 f; BGH, Urt. v. 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91, NJW 1992, 2487; v. 23. Juli 2003 - XII ZR 16/00, NJW-RR 2003, 1308).
17
Diese Befugnis erlischt jedoch, wenn die Zwangsverwaltung - wie hier - aufgehoben wird. Dabei kommt es nicht auf die Frage an, ob und welche Befugnisse der Verwalter nach der Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Erteilung des Zuschlags hat, etwa, ob er noch neue Prozesse anhängig machen kann (so beiläufig BGHZ 71, 216, 220; BAG AP § 613a BGB Nr. 19 unter I. 3. Buchst. b; ebenso OLG Stuttgart NJW 1975, 265, 266; offen gelassen in BGH, Urt. v. 25. Mai 2005 - VIII ZR 301/03, NJW-RR 2006, 138, 139; a.A. LG Frankfurt am Main Rpfleger 2000, 30 mit zust. Anm. Haarmeyer; Wrobel KTS 1995, 19, 35 ff). Etwa verbleibende Befugnisse des Verwalters werden aus seiner Aufgabe abgeleitet, die Verwaltung der Zwangsverwaltungsmasse, zu der die Nutzungen aus der Zeit vor der Wirksamkeit des Zuschlags zählen, ordnungsgemäß abzuwickeln (vgl. BGHZ 155, 38, 42; BGH, Beschl. v. 7. Februar 1990 - VIII ZR 98/89, WM 1990, 742 f; Urt. v. 21. Oktober 1992 - XII ZR 125/91, NJW-RR 1993, 442 f; Stöber, aaO § 161 Anm. 3.11). Ansprüche, die nicht beschlagnahmt sind, unterfallen jedoch nach Aufhebung der Beschlagnahme nicht mehr einer gegebenenfalls fortdauernden Verfügungsbefugnis des ehemaligen Zwangsverwalters. Mit dem Wirksamwerden des Aufhebungsbeschlusses verliert der Zwangsverwalter seine ihm kraft hoheitlichen Amtes übertragenen Befugnisse. Offene Forderungen kann er weder einziehen noch einklagen (BGH, Urt. v. 25. Mai 2005 - VIII ZR 301/03, NJW-RR 2006, 138, 139). Seine Befugnisse beziehen sich nur noch auf diejenigen Miet- oder Pachtansprüche, auf welche sich die Beschlagnahme erstreckt; zur Geltendmachung nicht von der Beschlagnahme erfasster Gegenstände ist er nicht berechtigt (BGH, Urt. v. 27. Januar 1954 - VI ZR 257/52, ZMR 1954, 172, 173). Sein Amt gründet sich allein auf die Bestellung durch das Vollstreckungsgericht (BGHZ 96, 61, 68). Ob sich etwas anderes ergibt, wenn das Vollstreckungsgericht dem früheren Verwalter die Einziehung nicht beschlagnahmter Forderungen in dem Aufhebungsbeschluss vorbehält, bedarf hier keiner Entscheidung; einen solcher Vorbehalt enthält der Beschluss vom 2. Mai 2001 nicht. Der einzige in den Beschluss aufgenommene Zusatz - "Die Beschlagnahme ist weggefallen" - macht vielmehr deutlich, dass das Vollstreckungsgericht dem Verwalter keine auf unbestimmte Zeit fortwirkenden Verwaltungsbefugnisse einräumen wollte; eine gegenteilige Auslegung verbietet sich auch aus Gründen der Rechtssicherheit.
18
3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, hat der Senat selbst eine Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO) und das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.
Ganter Raebel Vill
Cierniak Lohmann

Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 08.10.2003 - 8 O 850/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.05.2004 - 5 U 1913/03 -

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 134/06 Verkündet am:
23. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete i.S. des § 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB liegt bei vereinbarter monatlicher Mietzahlung auch bei
der Geschäftsraummiete jedenfalls dann vor, wenn der Rückstand den Betrag von
einer Monatsmiete übersteigt.

b) Ein solcher Rückstand reicht für eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß
§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB nur aus, wenn er aus zwei aufeinanderfolgenden
Zahlungszeiträumen (hier: Monaten) resultiert.

c) Ein Rückstand, der diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil er (auch) aus anderen
Zahlungszeiträumen herrührt, rechtfertigt die außerordentliche fristlose Kündigung
lediglich, wenn seine Höhe zwei Monatsmieten erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
b BGB).
BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - XII ZR 134/06 - OLG Jena
LG Meiningen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Juli 2008 durch den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke, den
Richter Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 27. Juli 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien verlangen mit der Klage und der Widerklage Feststellung, dass der zwischen ihnen bestehende Mietvertrag über Gewerberäume durch ihre wechselseitigen außerordentlichen Kündigungen beendet worden ist, und begehren Ersatz des ihnen daraus entstandenen Schadens. Der Beklagte verlangt weiter Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde, die er dem Kläger zur Abwendung des Vermieterpfandrechts übergeben hat.
2
Der Kläger vermietete an den Beklagten mit Vertrag vom 15. Oktober 2002 noch nicht fertig gestellte Räume in einem Neubau zum Betrieb eines "Ca- fes und Backshops (Bäckercafe)" für die Zeit vom 1. Dezember 2002 bis 30. November 2012 mit Verlängerungsoption zu einem im Voraus bis spätestens zum 3. Werktag eines jeden Monats an den Vermieter zu zahlenden monatlichen Mietzins von 7.779,54 € einschließlich Nebenkostenvorauszahlung und 16 % MwSt. Dieser Mietzins setzt sich im Einzelnen zusammen aus einer "Netto-Kaltmiete" von 6.370 € für eine Mietfläche von 130 m², einer Nebenkostenvorauszahlung für 130 m² von 260 €, einer "Netto-Kaltmiete" für einen Technikraum von 9 m² von 67,50 € und einer Nebenkostenvorauszahlung für diesen Raum von 9 €, jeweils zuzüglich MwSt. Die exakte Miethöhe sollte gemäß § 20 Ziff. 5 des Mietvertrages nach Aufmass festgelegt und bei einer Fläche von weniger als 130 m² entsprechend korrigiert werden.
3
Nach § 2 Nr. 6 des Mietvertrages sollte der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund kündigen können,
a) wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit einem Betrag rückständig ist, der eine Monatsmiete übersteigt, oder
b) wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten rückständig ist.
4
Zum Konkurrenzschutz enthält § 18 des Mietvertrages die Zusicherung des Vermieters, dass im selben Gebäude kein (weiteres) Bäckercafé vermietet wird.
5
Am 31. Dezember 2002 oder 2. Januar 2003 eröffnete in dem Gebäude, in dem sich die Mieträume befinden, die "Bar und Café Ü. ". Der Beklagte erhielt am 17. Dezember 2002 die Schlüssel für die Mieträume, in denen er am 10. Januar 2003 einen Backshop mit Café eröffnete. Er zahlte für Dezember 2002 keine und für den Zeitraum von Januar bis Mai 2003 eine wegen behaupteter Mängel und eines behaupteten Verstoßes gegen das Konkurrenzschutzgebot geminderte Miete und zwar am 6. März 2003: 12.898,62 €, am 3. April 2003: 6.909,54 € und am 5. Mai 2003: 6.039,54 €, somit insgesamt 25.847,70 €. Für Januar und Februar 2003 minderte er die Miete um jeweils 3000 € netto, für März 2003 um 2.250 € netto und für April und Mai 2003 um jeweils 1.500 € netto, wovon der Betrag von jeweils 1.500 € netto auf die behauptete Verletzung der Konkurrenzschutzklausel und der jeweilige Restbetrag auf die Mängel entfiel.
6
Mit Anwaltschreiben vom 7. Mai 2003 kündigte der Kläger den Mietvertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs mit einem Mietzins in Höhe von insgesamt 15.643,18 €. Bei der Berechnung dieses Rückstands legte er eine wegen verspäteter Übergabe auf ein Drittel = 2.593,18 € reduzierte Dezembermiete und für die Monate Januar bis Mai 2003 die vertraglich vereinbarte Miete von monatlich 7.779,54 €, somit eine geschuldete Miete für die Zeit von Dezember 2002 bis Mai 2003 in Höhe von insgesamt 41.490,88 €, zugrunde.
7
Der Beklagte widersprach der Kündigung und erklärte seinerseits mit Schreiben vom 22. Mai 2003, abgeändert durch Schreiben vom 25. Juni 2003, wegen Verstoßes gegen die Konkurrenzschutzklausel die fristlose Kündigung des Mietvertrages zum 31. August 2003.
8
Nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen räumte der Beklagte das Mietobjekt Ende September 2003.
9
Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

10
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

11
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Die fristlose Kündigung des Klägers sei gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB wirksam. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete, von dem bei einem Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete auszugehen sei, in Verzug gewesen. Der Gesamtrückstand an Miete und Nebenkosten habe 15.643,18 € betragen und damit den monatlich vereinbarten Betrag von 7.779,54 € überstiegen.
12
Der im Mietvertrag vereinbarte Mietzins sei nicht wegen Wuchers sittenwidrig. Zwar liege bei gewerblichen Mietverträgen ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn die vereinbarte Miete knapp 100 % höher sei als die Marktmiete. Hier überschreite der vereinbarte Mietzins den ortsüblichen Mietzins schon nicht um 100 %. Ausgehend von der von dem Sachverständigen ermittelten, für die Berechnung des Mietzinses maßgeblichen Fläche von 138 m2 ergebe sich unter Berücksichtigung der vereinbarten Netto- miete von 6.437,50 € ein Nettomietzins von 46,65 €/m2. Dieser Mietzins überschreite den von dem Sachverständigen ermittelten ortsüblichen Mietzins von 23,60 €/m2 nicht um 100 %. Im Übrigen fehle es an der für eine Sittenwidrigkeit der Miete neben dem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung erforderlichen verwerflichen Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Die vom Kläger vorgelegte Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler weise für 1 a-Lagen Gewerberaummieten zwischen 37,50 €/m² im 1. Halbjahr 2003 und 40 €/m² im 1. Halbjahr 2002 aus. Dagegen beliefen sich die Quadratmeterpreise für Ladenlokale in der 1 b-Lage lediglich auf 10 €/m² bis 13 €/m². Da es oft schwierig sei zu entscheiden, ob ein in guter Geschäftslage liegendes Objekt der 1 a-Lage oder der 1 b-Lage zuzuordnen sei, ergebe sich eine Preisspanne von 10 € bis 40 €. Einem privaten Vermieter, der einen Mietpreis im Bereich der dargelegten Schwankungsbreite durchgesetzt habe, könne man angesichts der kurzfristig möglichen Mietzinsveränderungen bei der Gewerberaummiete nicht ohne weiteres ein unredliches Verhalten vorwerfen, wenn ein Sachverständiger später zu dem Ergebnis gelange, dass innerhalb der Schwankungsbreite ein um die Hälfte niedrigerer Mietzins marktüblich gewesen wäre. Es müssten dann weitere Umstände für eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners sprechen. Solche Umstände lägen hier nicht vor. Vielmehr sei der Beklagte, der im Zeitpunkt der Anmietung des Mietobjekts bereits mehrere Backshops in der Region unterhalten habe, unternehmerisch nicht derart unerfahren gewesen, dass er bei der Vereinbarung des Mietzinses dem Kläger unterlegen gewesen sei und dieser seine Unerfahrenheit ausgenutzt habe.
13
Ein Verzug mit der Entrichtung von mehr als einer Monatsmiete scheitere auch nicht an der von dem Beklagten geltend gemachten Minderung. Selbst wenn der Beklagte die von dem Kläger in Höhe von 2.593,18 € verlangte Miete für Dezember 2002 wegen der behaupteten Nichtgewährung des Gebrauchs nicht geschuldet hätte und die von ihm für die Zeit von Januar bis März 2003 angenommene Minderung wegen angeblicher Mängel in Höhe von insgesamt 3.750 € netto berechtigt gewesen wäre, somit der Minderungsbetrag insgesamt 6.343,18 € betragen hätte, verbliebe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung des Klägers ein Mietzinsrückstand, der eine Monatsmiete übersteige.
14
Gegenüber diesem Anspruch habe dem Beklagten auch kein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 1.500 € monatlich wegen der behaupteten Verletzung des vereinbarten Konkurrenzschutzes zugestanden.
15
Die in § 18 des Mietvertrages vereinbarte Konkurrenzschutzklausel sei bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Kläger dem Beklagten Konkurrenzschutz lediglich in Bezug auf künftig abzuschließende weitere Mietverträge zugesagt habe. Aus den nicht angegriffenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils ergebe sich aber, dass bereits zu Vertragsbeginn im Obergeschoss des Anwesens das Café Ü. als gastronomische Einrichtung existiert habe. Diese Feststellungen stünden im Einklang mit dem klägerischen Vortrag, wonach der mit dem Konkurrenten bestehende Mietvertrag bereits im März 2003 (richtig: 2002) geschlossen worden sei. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, dem Beklagten den Umfang des von dem Café Ü. angebotenen Warensortiments zu offenbaren. Vielmehr habe der Beklagte, dem bei Vertragsschluss die Vermietung der Räume an das Café Ü. bekannt gewesen sei, selbst Erkundigungen über die dort angebotenen Waren einholen müssen. Im Übrigen habe der Beklagte nicht ausreichend dargelegt, dass der vereinbarte Konkurrenzschutz verletzt sei. Grundsätzlich erstrecke sich der Konkurrenzschutz nur auf die Fernhaltung solcher Konkurrenten, welche die von dem Beklagten als Hauptartikel seines Geschäfts vertriebenen Waren oder Leistungen ebenfalls als Hauptartikel vertrieben und damit dieselbe Verbrauchergruppe ansprächen. Einen die Ertragslage in der Regel nicht we- sentlich beeinträchtigenden Wettbewerb in bloßen Nebenartikeln müsse der Mieter dagegen hinnehmen. Der Beklagte habe aber nicht dargetan, dass das Café Ü. vom Schwerpunkt her auf bäckerspezifische Angebote ausgerichtet und damit einem Backshop vergleichbar sei. Dem Beklagten sei es bei Vertragsschluss ersichtlich darauf angekommen, vor dem Betrieb eines Bäckereigeschäftes geschützt zu werden, das in der näheren Umgebung die gleichen Kunden anspreche wie sein eigenes Unternehmen.
16
Da der Beklagte den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 7. Mai 2003 auch zu vertreten habe, sei er dem Kläger dem Grunde nach verpflichtet , den aus der Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen.
17
Im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 7. Mai 2003 habe die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003 bzw. 25. Juni 2003 nicht mehr zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führen können, weshalb die Widerklage abzuweisen sei.

II.

18
Die Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
19
1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, der im Mietvertrag vereinbarte Mietzins sei nicht sittenwidrig überhöht.
20
a) Zwar beanstandet die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Annahme, der vereinbarte Mietzins übersteige den ortsüblichen Mietzins nicht um 100 %, sondern liege knapp darunter, unzutreffend von der im Sachverständigengutachten mit 138 m2 festgestellten Gesamtmietfläche ausgegangen ist. Das Berufungsgericht hätte vielmehr die für die Berechnung des im Mietvertrag mit 6.370 € netto vereinbarten Mietzinses maßgebliche Hauptnutzungs - und Verkehrsfläche zugrunde legen müssen, die nach den Feststellungen des Sachverständigen lediglich 130,52 m2 beträgt.
21
Dieser Fehler wirkt sich jedoch auf die Entscheidung nicht aus. Denn das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bereits dann vorliegt, wenn die vereinbarte Miete - wie hier - knapp 100 % höher ist als die ortsübliche Miete (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 - NJW 2004, 3553, 3554 und BGHZ 141, 257, 262; BGHZ 146, 298, 302).
22
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei der Annahme, es fehle an einer verwerflichen Gesinnung des Klägers, keine Ausführungen und Beweisanträge des Beklagten übergangen.
23
Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Senats, nach der bei gewerblichen Mietverträgen allein aus einem auffälligen Missverhältnis zwischen der vereinbarten und der marktüblichen Miete noch nicht auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen werden kann, geprüft, ob das bestehende auffällige Missverhältnis für den Kläger erkennbar war (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 - NJW 2004, 3553, 3555, vom 13. Juni 2001 - XII ZR 49/99 - NJW 2002, 55, 57 und vom 31. Oktober 2001 - XII ZR 159/99 - BGH-Report 2002, 224). Dabei ist es unter Berücksichtigung der von dem Kläger vorgelegten Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler davon ausgegangen, dass dem Kläger angesichts der erheblichen Unterschiede der Mietpreise für Objekte in der 1 a- und der 1 b-Lage und der Schwierigkeit zu entscheiden, welcher genauen Lage das Objekt zuzuordnen sei, nicht ohne Weiteres ein unredliches Verhalten vorgeworfen werden könne. Andere Umstände, die eine verwerfliche Gesinnung des Klägers begründen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht.
24
Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dadurch, dass es nicht ausdrücklich auf die von dem Beklagten behauptete Überrumpelung durch den Kläger bei Abschluss des Mietvertrages und dessen Tätigkeit auf dem Gebiet der Immobilienerrichtung, -verwertung, sowie -verwaltung eingegangen ist, nicht gegen Art. 103 GG verstoßen.
25
Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen , dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 86, 133, 145 f.).
26
Solche besonderen Umstände sind hier nicht gegeben. Vielmehr hat das Berufungsgericht der von dem Beklagten behaupteten Überrumpelung im Hinblick darauf, dass dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bereits mehrere Backshops in der Region betrieb und deshalb unternehmerisch nicht derart unerfahren war, dass er bei der Vereinbarung des Mietzinses dem Kläger unterlegen gewesen wäre und dieser seine Unerfahrenheit ausgenutzt hätte, zu Recht kein entscheidendes Gewicht beigemessen. Angesichts der besonderen Erfahrung des Beklagten und der sich aus der Halbjahresanalyse der ortsansässigen Makler ergebenden Mietpreise kam auch der Tätigkeit des Klägers auf dem Immobiliensektor für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit keine eigenständige Bedeutung zu.
27
2. Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 103 GG ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten wegen Verletzung der vereinbarten Konkurrenzschutzklausel verneint.
28
a) Das Berufungsgericht hat die in § 18 des Mietvertrages getroffene Vereinbarung der Parteien, in der sich der Kläger gegenüber dem Beklagten verpflichtet hat, im selben Gebäude kein Bäckercafé zu vermieten, in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass der Kläger nur vor der Konkurrenz eines vom Konzept her einem Backshop mit Café gleichenden , vom Schwerpunkt auf bäckereispezifische Angebote ausgerichteten Betriebs geschützt werden sollte, nicht aber generell vor gastronomischen Einrichtungen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, liegt der Schwerpunkt des auf einen Barbetrieb ausgerichteten Café Ü. nicht in der Versorgung von Gästen mit Kaffeespezialitäten und Backwaren. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht dabei den Vortrag des Beklagten berücksichtigt, wonach das Café Ü. auch Kaffeespezialitäten mit backspezifischen Waren anbietet.
29
3. Das Berufungsgericht hat jedoch - wie die Revision zu Recht rügt - rechtsfehlerhaft angenommen, die dem Beklagten am 9. Mai 2003 zugegangene Kündigung des Klägers vom 7. Mai 2003 sei gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB wirksam, weil der Gesamtrückstand der Miete einschließlich Nebenkosten für die Zeit von Januar bis Mai 2003 zum Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung den Mietzins für einen Monat überstiegen habe.
30
a) Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages, der die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung regelt, nicht ausdrücklich erwähnt und ausschließlich auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB abstellt. Denn § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages stimmt weitgehend mit § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB überein, nach dem für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund der Verzug mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete für zwei aufeinander folgende Termine ausreicht. § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages konkretisiert lediglich den nicht unerheblichen Teil dahin, dass der Verzug mit einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt, ausreicht. Ein Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete ist auch gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB als nicht unerheblich anzusehen. Das ergibt sich aus § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB, der dies für die Wohnraummiete ausdrücklich regelt. Da § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine Schutzvorschrift zugunsten des Wohnraummieters ist, ist nach einhelliger Auffassung ein Mietrückstand von einer Monatsmiete bei gewerblichen Mietverhältnissen erst recht erheblich (BGH Urteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903, 905 zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F.; Palandt/Weidenkaff 67. Aufl. § 543 BGB Rdn. 24; Both NJW 1970, 2197). Im Hinblick auf die Übereinstimmung mit § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages durfte das Berufungsgericht allein auf die gesetzliche Regelung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB abstellen.
31
b) Zutreffend ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte sei bei Zugang der Kündigung mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug gewesen. Miete im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB und damit gemäß § 2 Nr. 6 des Mietvertrages ist die Grundmiete zuzüglich der Nebenkostenvorauszahlung (Senatsurteil vom 10. Oktober 2001 - XII ZR 307/98 - BGHReport 2002, 225 m.w.N.; Sternel Mietrecht 3. Aufl. IV Rdn. 402), hier somit ein Betrag von monatlich insgesamt 7.779,54 €.
32
Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, dass dieser die von dem Kläger für Dezember 2002 in Höhe von 2.593,18 € verlangte Miete wegen Nichtgewährung des Gebrauchs und die Miete für die Zeit von Januar bis März 2003 wegen verschiedener Mängel in Höhe von 3.750 € (richtig : 3.750 € zzgl. 16 % MwSt. = 4.350 €), folglich in Höhe von insgesamt 6.343,18 € (richtig: 6.943,18 €), nicht geschuldet habe. Davon ist im Revisionsverfahren auszugehen. Der Betrag von 6.943,18 € ist somit bei der Berechnung des Rückstandes von dem für die Zeit von Dezember 2002 bis Mai 2003 vertraglich noch geschuldeten Mietzins von 15.643,18 € in Abzug zu bringen. Danach bestand zur Zeit des Zugangs der Kündigung des Klägers ein Mietzinsrückstand von 8.700 €, der sich aus den wegen der behaupteten Verletzung des Konkurrenzschutzgebots von den Mieten für Januar bis Mai 2003 monatlich jeweils einbehaltenen 1.500 € zuzüglich 16 % MwSt. zusammensetzt. Einer anderen Verrechnung der geleisteten Zahlungen steht die ausdrückliche Leistungsbestimmung des Beklagten entgegen (§ 366 Abs. 1 BGB).
33
Mit diesem die monatliche Miete von 7.779,54 € übersteigenden Gesamtbetrag befand sich der Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 9. Mai 2003 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug, da die Miete gemäß § 4 des Mietvertrages monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag des Monats zur Zahlung fällig war.
34
c) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht jedoch davon aus, dass dieser Rückstand die weitere Voraussetzung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erfüllt, indem er für zwei aufeinander folgende Termine angefallen ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt hierfür nicht, dass sich der Rückstand in Höhe von mehr als einer Monatsmiete aus Einzelbeträgen zusammensetzt , die für einen Zeitraum von mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen angefallen sind (wie das Berufungsgericht: OLG Düsseldorf DWW 2006, 240; Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. § 543 BGB Rdn. 109). § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB setzt vielmehr voraus, dass der Gesamtrückstand von mehr als einer Monatsmiete aus zwei aufeinander folgenden Monatsmieten resultiert (BGH Urteil vom 15. April 1987 - VIII ZR 126/86 - NJW-RR 1987, 903; MünchKomm/Bieber 5. Aufl. § 543 Rdn. 46; Staudinger /Emmerich [2006] § 543 BGB Rdn. 52; Bub/Treier/Grapentin Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. IV Rdn. 178; Lindner-Figura/ Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 15 Rdn. 210; Gramlich Mietrecht § 553 Rdn. 10; Both NJW 1970, 2197). Diese Auslegung von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB ergibt sich aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
35
Schon der Wortlaut: "wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete (§ 2 Nr. 6 des Mietvertrages: mit einem Betrag, der eine Monatsmiete übersteigt) in Verzug ist", spricht dafür, dass der Rückstand aus zwei aufeinander folgenden Monaten herrühren muss.
36
Zudem lassen die beiden Regelungen in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und b (§ 2 Nr. 6 a und b des Mietvertrages) erkennen, dass der Fall, in dem der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Mietzahlung in Verzug ist, abweichend von dem Fall, in dem der Verzug sich über eine Zeitraum von mehr als zwei Terminen erstreckt, dahin geregelt werden soll, dass im ersten Fall ein Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete ausreicht, während im zweiten Fall ein Rückstand in Höhe von zwei Monatsmieten erforderlich ist. Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch den Gesetzesmaterialien zu § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB a.F. (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a und Nr. 3 b BGB) zu entnehmen. Danach sollten in § 554 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB a.F. zwei selbständige Tatbestände geregelt werden, nämlich der des Verzugs für zwei aufeinander folgende Termine, bei dem der Rückstand mit mehr als einer Monatsmiete für die außerordentliche fristlose Kündigung ausreicht, und der des Verzugs in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, bei dem aber ein Rückstand von zwei Monatsmieten erforderlich ist (Materialien zum Ersten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 1963, Bundestag 4. Wahlperiode 12. Ausschuss Stenografisches Protokoll 56. Sitzung des Rechtsausschusses vom 12. Juni 1963 S. 10, 11). § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB erfasst folglich nur die Fälle, in denen Rückstände, die eine Monatsmiete übersteigen, aus zwei aufeinander folgenden Terminen entstanden sind, wohingegen § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB die Fälle abdeckt, in denen sich die Rückstände aus mehr als zwei aufeinander folgenden Terminen ergeben. Da sich der Gesamtrückstand des Beklagten über einen Zeitraum von Januar bis Mai 2003 und damit über mehr als zwei Termine erstreckte, ohne die Höhe von zwei Monatsmieten zu erreichen, liegen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a Alt. 2 BGB bzw. § 2 Nr. 6 a des Mietvertrages nicht vor.
37
4. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von dem Beklagten geltend gemachte Minderung wegen behaupteter Mängel in der Zeit von Januar bis März 2003 und wegen Nichtgewährung des Gebrauchs im Dezember 2002 berechtigt ist. Andernfalls hätte der Mietzinsrückstand zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung des Klägers, am 9. Mai 2003, zwei Monatsmieten erreicht, so dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1Nr. 3 b BGB wirksam wäre. Ist dies nicht der Fall, wäre die Kündigung des Klägers unwirksam und zu prüfen, ob die Kündigung des Beklagten vom 22. Mai 2003 den Mietvertrag beendet hat und der Kläger zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet ist. Der Rechtsstreit war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sprick Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose
Vorinstanzen:
LG Meiningen, Entscheidung vom 23.08.2005 - 2 O 596/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 27.07.2006 - 1 U 911/05 -

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

(1) Nach § 2 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes in der bis zum 13. September 2007 geltenden Fassung erteilte Genehmigungen gelten fort.

(2) Auf Preisklauseln, die bis zum 13. September 2007 vereinbart worden sind und deren Genehmigung bis dahin beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beantragt worden ist, sind die bislang geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 189/08 Verkündet am:
9. Dezember 2010
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 C, 157 Ge
Zur Auslegung einer Lohngleitklausel, die auf einen nicht existenten "Gesamttarifstundenlohn
eines Spezialbaufacharbeiters gemäß der Berufsgruppe III 2" Bezug
nimmt.
BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - VII ZR 189/08 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und
die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Prof. Leupertz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. September 2008 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 2. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Rückzahlung angeblich überzahlten Werklohns in Höhe von 823.510,46 €.
2
Die Beklagte erhielt von der Klägerin als Mitglied einer Bietergemeinschaft (nachfolgend: ARGE) den Zuschlag für die Errichtung des Kreuzungsbauwerks der BAB 4 bei D. in Sachsen. Nach Vorgabe der Klägerin enthielt der Vertrag eine Lohngleitklausel nach Muster StB-Lohngleitklausel Ausgabe 1988, deren Regelungen auszugsweise wie folgt lauten: "(2) Mehr- oder Minderaufwendungen des Auftragnehmers für Löhne und Gehälter werden nur erstattet, wenn sich der maßgebende Lohn durch Änderung der Tarife … erhöht oder vermindert hat. Maßgebender Lohn ist der Gesamttarifstundenlohn (Tarifstundenlohn und Bauzuschlag) des Spezialbaufacharbeiters gemäß Berufsgruppe III 2, wenn der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung nichts anderes angegeben hat … (3) Bei Änderung des maßgebenden Lohns um jeweils einen Pfennig/Stunde wird die Vergütung für die nach Wirksamwerden der Änderung zu erbringenden Leistungen um den in der Leistungsbeschreibung vereinbarten Änderungssatz erhöht oder vermindert … (6) Von dem nach Nrn. (3) bis (5) ermittelten Mehr- oder Minderbetrag wird nur der über 0,5 v.H. der Abrechnungssumme (Vergütung für die insgesamt erbrachte Leistung) hinausgehende Teilbetrag erstattet (Bagatell- und Selbstbeteiligungsklausel) …"
3
Die Parteien vereinbarten als Änderungssatz für die Lohngleitklausel 0,39 ‰. Diesen hatte die ARGE mit ihrem Angebot, das aufgrund der vorgelegten Schlusskalkulation vom 20. März 1991 erfolgte, angegeben.
4
Unter Zugrundelegung dieses Änderungswertes und der Lohnentwicklung nach dem Tarif "Ost" für den Spezialbaufacharbeiter der Berufsgruppe III und nach Abzug des 0,5 %-igen Selbstbehaltes hat die Beklagte der Klägerin mit ihrer Schlussrechnung vom 16. Januar 1998 einen auf die Lohngleitung entfallenden Nettobetrag in Höhe von 1.582.313,01 DM in Rechnung gestellt, den die Klägerin geprüft und zuzüglich Umsatzsteuer bezahlt hat.
5
Nach Erhalt einer Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes zur Abrechnung dieser Baumaßnahme vertritt die Klägerin die Auffassung, es liege eine Überzahlung vor, weil die Lohngleitklausel mit dem vereinbarten Änderungssatz in Höhe von 0,39 ‰ eine nach § 3 Satz 2 WährG unzulässige Wertsicherungsklausel darstelle. Daher sei dieser Änderungssatz auf 0,11 ‰ zu re- duzieren. Die Beklagte habe die Lohnentwicklung nach dem Tariflohn "West" für den Spezialbaufacharbeiter der Berufsgruppe III zugrunde zu legen. Deshalb könne die Beklagte eine Lohngleitung lediglich in Höhe von 181.750,87 DM netto verlangen; die Differenz habe die Beklagte zurückzuzahlen.
6
Das Landgericht hat die Klage auf Rückerstattung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

8
Das Berufungsgericht hält die Klägerin für berechtigt, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Rückzahlung von ungerechtfertigt geleistetem Werklohn in der zuerkannten Höhe zu fordern. Die vereinbarte Lohngleitklausel sei wegen Verstoßes gegen § 3 Satz 2 WährG nach § 134 BGB nichtig, weil sie eine genehmigungspflichtige Wertsicherungsklausel darstelle, für die die erforderliche Genehmigung nicht vorliege.
9
Auf die Vereinbarung aus dem Jahr 1991 sei das 1998 aufgehobene Währungsgesetz noch anwendbar. Die Lohngleitklausel unterfalle dem Anwendungsbereich des § 3 Satz 2 WährG; ihre Genehmigungsbedürftigkeit hänge davon ab, ob sie als sog. "Kostenelementeklausel" die bei dem Kostenelement "Lohn" auftretenden Kostenveränderungen lediglich in effektiver Höhe und in richtiger Gewichtung auf den Auftraggeber abwälze (Bezug auf BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 - VII ZR 13/05, BGHZ 168, 96). Das sei in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht der Fall, weil sich die Entwicklung der Lohnkosten überproportional auf die Anpassung der Endkosten auswirke, denn der Veränderungsschlüssel sei mit 0,39 ‰ zu hoch angesetzt. Bei einem ermittelten Personalkostenanteil von 46,37 % ergebe sich für die vereinbarte Lohngleitklausel ein anzusetzender Änderungssatz von lediglich 0,24 ‰. Dabei legt das Berufungsgericht als maßgebenden Lohn zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe den Gesamttarifstundenlohn eines Spezialbaufacharbeiters der Berufsgruppe III des Tarifgebietes "West" mit 19,56 DM/Stunde und nicht des Tarifgebietes "Ost" mit 11,37 DM /Stunde zugrunde. Diese Auslegung ergebe sich zum einen aus der auf der Lohngleitklausel angebrachten Bezeichnung "StB-Lohngleitklausel Ausgabe 1988" in Zusammenhang mit der Tatsache, dass es 1988 noch kein Tarifgebiet "Ost" gegeben habe. Dafür spreche auch, dass der zur Zeit der Ausschreibung geltende Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe die "Berufsgruppe III 2 des Spezialbaufacharbeiters" erwähne, während der zu dieser Zeit geltende Tarifvertrag zur Überleitung dieses Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe auf dem Gebiet der fünf neuen Bundesländer lediglich den "Spezialbaufacharbeiter Gruppe III" kenne. Aus der Sicht eines objektiven Betrachters stelle sich die Regelung daher eher als dem Tarifgebiet "West" zugeordnet dar. Auch das Verhalten der Parteien im Rahmen des Vertragsvollzugs und bei der Abrechnung biete keinen sicheren Anhaltspunkt für eine anderslau- tende Auslegung der Vereinbarung. Ebenso wenig habe die Beklagte eine nachträgliche Verständigung auf den Tariflohn "Ost" bewiesen.
10
Die Lohngleitklausel stelle sich folglich als genehmigungsbedürftige Kostenelementeklausel dar, die wegen Verstoßes gegen § 3 WährG nach § 134 BGB nichtig sei. Das führe aber nicht zu ihrem vollständigen Wegfall, sondern im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zur Ersetzung durch eine genehmigungsfreie Regelung. Diese sieht das Berufungsgericht im von ihm errechneten Änderungssatz in Höhe von 0,24 ‰. Nach Abzug des vereinbarten Selbstbehaltes in Höhe von 0,5 % ergebe sich daher ein Mehrvergütungsbetrag zugunsten der Beklagten in Höhe von 455.462,43 DM netto. Dementsprechend belaufe sich die Überzahlung der Beklagten auf 1.126.850,58 DM (1.582.313,01 DM - 455.462,43 DM) = 576.149,55 € netto bzw. 662.571,98 € brutto.

II.

11
Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
12
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückerstattung gezahlten Werklohns aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Sie hat aufgrund des Bauvertrages keine Überzahlung geleistet, da die vereinbarte Lohngleitklausel nach § 3 Satz 2 WährG wirksam ist. Die Revision wendet sich erfolgreich gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Lohngleitklausel im Bauvertrag zwischen den Parteien.
13
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit der Lohngleitklausel anhand von § 3 Satz 2 WährG geprüft. Der Vertrag wurde in einem Zeitraum abgeschlossen und erfüllt, als noch § 3 Satz 2 WährG galt. Dieser bleibt auf früher geschlossene Verträge anwendbar, wenn ein endgültig abgeschlossener Sachverhalt zu beurteilen ist. Das ist der Fall, wenn eine Partei nach dem 31. Dezember 1998 wegen der Unwirksamkeit einer Preisgleitklausel in einem zuvor geschlossenen und abgewickelten Vertrag auf Rückzahlung in Anspruch genommen wird, ohne dass bis zur letzten mündlichen Verhandlung ein Genehmigungsantrag gestellt worden ist (BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 - VII ZR 13/05, BGHZ 168, 96, 98).
14
2. Im Ansatz korrekt hat das Berufungsgericht die vereinbarte Lohngleitklausel als Kostenelementeklausel beurteilt und dahin überprüft, ob sie genehmigungsfrei ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2006 - VII ZR 13/05, aaO)
15
3. Die Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit der Lohngleitklausel durch das Berufungsgericht begegnet jedoch durchgreifenden Bedenken. Die vereinbarte Klausel "StB-Lohngleitklausel Ausgabe 1988" ist die vorformulierte Lohngleitklausel für Bauverträge im Straßen- und Brückenbau nach dem Vergabehandbuch des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und findet als solche allgemeine Verwendung. Ihre Auslegung ist deshalb in der Revisionsinstanz frei nachprüfbar. Die Auslegung ergibt, dass auf den Gesamttarifstundenlohn eines Spezialbaufacharbeiters gemäß der Berufsgruppe III im Tarifgebiet "Ost" abzustellen ist.
16
a) Die von der Klägerin bereits in der Ausschreibung verwendete Lohngleitklausel stellt auf den "Gesamttarifstundenlohn (Tarifstundenlohn und Bauzuschlag ) des Spezialbaufacharbeiters gemäß der Berufsgruppe III 2" ab. Einen solchen gab es seinerzeit weder im Tarifgebiet "West" noch "Ost". Beide für diese Tarifgebiete geltenden Tarifbestimmungen nannten zwar den "Gesamttarifstundenlohn (Tarifstundenlohn und Bauzuschlag) des Spezialbaufacharbei- ters gemäß der Berufsgruppe III", eine weitergehende Untergliederung dieser Berufsgruppe existierte jedoch in beiden Tarifverträgen nicht (vgl. dazu auch OLG Brandenburg, BauR 2009, 825). Da auch eine ausdrückliche Festlegung auf einen der unterschiedlich hohen Lohntarife des Tarifgebietes "West" oder "Ost" in der streitgegenständlichen Lohngleitklausel nicht erfolgt ist, ist die Vereinbarung in diesem Punkt mehrdeutig und auszulegen.
17
b) Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280; vom 5. Oktober 1961 - VII ZR 207/60, BGHZ 36, 30, 33). Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände herangezogen werden, die bei Zugang der Erklärung dem Empfänger bekannt waren oder für ihn erkennbar waren (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2009 - VII ZR 172/08, BauR 2010, 622 = NZBau 2010, 309 = ZfBR 2010, 259). Abzustellen ist auf den Horizont und die Verständnismöglichkeiten des Empfängers. Entscheidend ist der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden.
18
aa) Der Tatsache, dass die gestellte "StB-Lohngleitklausel Ausgabe 1988" aus einer Zeit stammt, wo es die Unterscheidung von Tarifgebiet "Ost" und "West" in Deutschland noch nicht gab und lediglich das jetzige Tarifgebiet "West" als einheitliches Tarifgebiet existierte, kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine erhebliche Bedeutung zu. Die Klausel hat im Jahr 1991 Verwendung gefunden und die Erwähnung der "Ausgabe 1988" im Vertrag kann eher als die Angabe der Quelle dieser Klausel verstanden werden. Zudem gab es 1991 auch im Tarifgebiet "West" den in der Klausel angesprochenen "Gesamttarifstundenlohn des Spezialbaufacharbeiters gemäß Berufsgruppe III 2" nicht.
19
bb) Auch die Formulierungen der zur Zeit der Ausschreibung geltenden sonstigen Tarifbestimmungen in Deutschland sprechen nicht für die Anwendung des Tariflohns "West". Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe erwähnt zwar die Berufsgruppe III 2 des Spezialbaufacharbeiters als Ecklohn, während der Tarifvertrag zur Überleitung des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe auf dem Gebiet der neuen Bundesländer nur von einer (einheitlichen ) Spezialbaufacharbeitergruppe III spricht. Die vereinbarte Lohngleitklausel stellt aber ihrem eindeutigen Wortlaut nach nicht auf den Ecklohn nach dem Bundesrahmentarif ab, sondern auf den "Gesamttarifstundenlohn", also auf den Tariflohn nach dem Lohntarifvertrag, der die tatsächliche Lohnhöhe regelt. Der Verweis des Berufungsgerichts auf den Bundesrahmentarif ist daher irreführend.
20
cc) Nicht zielführend ist der Hinweis der Klägerin darauf, dass auch die Beklagte zunächst vorgetragen habe, dass 1991 im Beitrittsgebiet für Spezialbaufacharbeiter ein Gesamttariflohn für eine Berufsgruppe III 2 nicht existiert habe. Diese Ansicht hat die Beklagte bis jetzt nicht aufgegeben. Sie ist auch korrekt. Hieraus ist für die entscheidende Frage, ob der Tariflohn aus dem Tarifgebiet "West" oder "Ost" zu entnehmen ist, nichts abzuleiten, da es den genannten Gesamttarifstundenlohn 1991 weder im Tarifgebiet "West" noch im Tarifgebiet "Ost" gab.
21
dd) Maßgeblich ist daher, wie sich die von der Klägerin im Rahmen der Ausschreibung vorgegebene Lohngleitklausel hinsichtlich des Bezugslohns den Bietern von deren objektiviertem Empfängerhorizont aus darstellte.
22
(1) Bezugspunkt ist ein Tariflohn für eine Lohngruppe, den es damals weder im Tarifgebiet "West" noch im Tarifgebiet "Ost" gab. Vielmehr gab es jeweils nur einen einheitlichen Tarifstundenlohn der Gruppe III ohne weitere Un- terdifferenzierung, allerdings in unterschiedlicher Höhe im Tarifgebiet "West" und "Ost".
23
(2) Abzustellen ist daher auf die weiteren Umstände des Vertragsschlusses , soweit sie für die Bieter erkennbar waren. In dieser Situation kommt der Tatsache besonderes Gewicht zu, dass das gesamte Bauwerk im Tarifgebiet "Ost", nämlich im Bundesland Sachsen, zu errichten war. Für die Klägerin als auftraggebende Stelle nahm das Autobahnamt Sachsen mit Sitz in Dresden die Funktionen des Auftraggebers wahr. Damit haben die vertragliche Vereinbarung und ihre Abwicklung einen starken sachlichen und personellen Bezug zum Beitrittsgebiet. Zudem können wirtschaftliche Bezüge eine Rolle spielen, soweit Arbeitnehmer und Nachunternehmer aus diesem Tarifgebiet zum Einsatz kommen.
24
4. Auszugehen ist daher mangels weitergehender Anhaltspunkte davon, dass mit dem in der streitgegenständlichen Lohngleitklausel als Bezugslohn genannten "Gesamttarifstundenlohn des Spezialbaufacharbeiters gemäß Berufsgruppe III 2" der Tariflohn des Spezialbaufacharbeiters gemäß Berufsgruppe III des Tarifgebietes "Ost" gemeint ist. Dieser Tariflohn "Ost" betrug zum Zeitpunkt des Zuschlages am 2. Mai 1991 11,73 DM. Dieser Betrag ist in die vom Berufungsgericht verwendeten Formeln zur Berechnung des Änderungssatzes für die Lohngleitklausel statt des Betrages von 19,56 DM (Tariflohn "West") einzusetzen. Diese Formeln haben in der Revision nicht im Streit gestanden. Der tatsächliche Änderungssatz beträgt somit unter Einsatz des ansonsten vom Berufungsgericht verwendeten und in der Revision nicht angegriffenen Zahlenmaterials 0,3953 ‰, abgerundet 0,39 ‰, und entspricht damit dem vereinbarten Satz.
25
Damit ist belegt, dass lediglich die effektiv entstehenden Kostenveränderungen des Lohns sich anteilig auf den Preis des Vertragswerks auswirken und der vereinbarte Änderungssatz nicht zu einer unangemessenen Kostenumlage auf die Klägerin führt. Mangels Störung des Äquivalenzverhältnisses stellt sich die streitgegenständliche Kostenelementeklausel im Ergebnis als genehmigungsfreie Wertsicherungsklausel im Sinne des § 3 Satz 2 WährG dar und entfaltet Wirksamkeit. Der hierauf gestützte Anspruch auf Werklohnmehrvergütung der Beklagten ist begründet und die Klägerin hat mit seiner Begleichung keine Überzahlung geleistet, die sie nunmehr nach § 812 BGB zurückfordern könnte.
26
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

III.

27
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.
Kniffka Bauner Eick
Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 02.05.2006 - 5 O 2695/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.09.2008 - 6 U 1209/06 -

Die Unwirksamkeit der Preisklausel tritt zum Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen dieses Gesetz ein, soweit nicht eine frühere Unwirksamkeit vereinbart ist. Die Rechtswirkungen der Preisklausel bleiben bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit unberührt.

Die Partei kann auf einen Zeugen, den sie vorgeschlagen hat, verzichten; der Gegner kann aber verlangen, dass der erschienene Zeuge vernommen und, wenn die Vernehmung bereits begonnen hat, dass sie fortgesetzt werde.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 114/06
vom
22. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hatte eine Partei im Verlauf eines erstinstanzlichen Beweisaufnahmetermins im
Hinblick darauf auf einen geladenen und erschienenen (Gegen-)Zeugen verzichtet
, dass es nach der Art der Prozessleitung des Gerichts und nach dem
bisherigen Beweisergebnis auf dessen Aussage nicht (mehr) ankam, so darf
das Berufungsgericht, das die Rechts- und Beweislage anders sieht als die Vorinstanz
, den betreffenden, in der Berufungserwiderung erneuerten, Beweisantritt
nicht zurückweisen.
BGH, Beschluss vom 22. Februar 2007 - III ZR 114/06 - OLG München
LG Kempten (Allgäu)
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Streck, Dr. Kapsa und
Dr. Herrmann

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. März 2006 und das Ergänzungsurteil vom 22. Juni 2006 - 14 U 352/05 - zugelassen.
Auf die Revision der Beklagten werden die vorbezeichneten Urteile aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 187.876,18 €

Gründe:


I.


1
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, die sich mit der Führung von Kliniken befasst, verlangt von der Beklagten die Bezahlung des Honorars für die Führung der Geschäfte einer Klinik (W. ) der Beklagten. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diesbezüglich ein Vertrag zwischen den Parteien oder, wie die Beklagte behauptet, ein Vertrag zwischen der Beklagten und dem Streithelfer der Klägerin - einem ihrer Vorstände - persönlich zustande gekommen ist. Das Landgericht hat die Klage unter Verneinung der Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage, unter gleichzeitiger Zurückweisung einer Hilfsaufrechnung der Beklagten, stattgegeben.

II.


2
Die angefochtene Entscheidung beruht, wie die Beschwerde mit Recht geltend macht, auf einer Verletzung des Grundrechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), so dass der Senat nach § 544 Abs. 7 ZPO verfährt.
3
1. Das Berufungsgericht hat aufgrund einer Gesamtwürdigung der maßgeblichen Vorgänge (§ 286 ZPO) angenommen, zwischen der Klägerin und der Beklagten sei (zumindest konkludent) eine Vereinbarung darüber zustande gekommen , dass die Klägerin die Geschäfte der Klinik W. führe; dass die Parteien vereinbart haben könnten, der Streithelfer solle persönlich die Geschäfte der Klinik führen, hat es für ausgeschlossen gehalten. Diese entgegen den Beanstandungen der Beschwerde für sich genommen tatrichterlich mögliche und revisionsrechtlich hinzunehmende Würdigung wäre jedoch, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, möglicherweise durch eine Aussage des Zeugen C. , auf den die Beklagte sich für einen gegenteiligen Inhalt des maßgeblichen Gesprächs berufen hat, zu entkräften.
4
2. Die Zurückweisung dieses Beweisangebots der Beklagten für ihre Behauptung , es habe in der Besprechung vom 23. Februar 2000 zwischen dem Streithelfer der Klägerin und dem für die Beklagte verhandelnden Zeugen C. Einverständnis bestanden, dass der Streithelfer die Geschäftsführung für die Betriebsstätte in W. "in Person" übernehme, durch das Berufungsgericht war verfahrensfehlerhaft, auch im Sinne eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
5
a) Da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Verlauf des Termins zur Beweisaufnahme vor dem Landgericht auf den ursprünglich benannten, aufgrund des Beweisbeschlusses des Landgerichts vom 17. Februar 2005 geladenen und auch erschienenen Zeugen C. verzichtet hatte, unterlag, wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig gesehen hat, das erneute Beweisangebot in der Berufungserwiderung der Beklagten den Regeln über neues Parteivorbringen in der Berufungsinstanz. Es war also nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 zuzulassen.
6
b) Zwar lag der Tatbestand des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ersichtlich nicht vor, und auch der Tatbestand der Nr. 3 dieses Absatzes ist entgegen den Beanstandungen der Beschwerde vom Berufungsgericht mit Recht abgelehnt worden. Die Begründung des Berufungsgerichts für die Verneinung des Zulassungsgrundes aus § 531 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die Beklagte trage nicht vor, dass das Erstgericht dieses Beweisangebot für unerheblich gehalten habe, lässt sich jedoch nicht halten. Die Beklagte brauchte in dieser Richtung angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles nichts weiter vorzutragen. Es liegt nach dem Verfahrensablauf - insbesondere auch ausweislich der schriftlichen Begründung des nach der Beendigung der Beweisaufnahme am Schluss der Sitzung verkündeten klageabweisenden Urteils - auf der Hand, dass das Landgericht es für unerheblich gehalten hat, ob ein Zeuge die von der Beklagten behauptete Einigung zwischen dem Streithelfer der Klägerin persönlich und Herrn C. am 23. Februar 2000 bestätigte oder nicht. Für den Erstrichter reichte es aus, dass er - anders, als es das Berufungsgericht in seinem Berufungsurteil gesehen hat - die Version der Klägerin (das Zustandekommen eines Geschäftsversorgungsvertrages der Beklagten mit der vom Streithelfer vertretenen Klägerin) nicht für bewiesen ansah.
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Die Anwendung des § 531 Abs. 1 Nr. 1 ZPO setzt allerdings nach dem Verständnis des Bundesgerichtshofs voraus, dass die betreffende - von der Berufungsinstanz dann nicht geteilte - Rechtsansicht des Erstgerichts den erstinstanzlichen Vortrag der Partei auch beeinflusst haben und (mit-)ursächlich dafür geworden sein muss, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (unter anderem Senatsurteil vom 19. Februar 2004 - III ZR 47/03 - NJW-RR 2004, 927, 928). Ein solcher Ursachenzusammenhang ist im Streitfall aber ohne weiteres anzunehmen. Zwar lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen , dass das Landgericht nach der Vernehmung des anderen geladenen Zeugen (S. ) - die im Sinne des Vortrags der Klägerin unergiebig war - noch irgendwelche Erklärungen abgegeben hat, die den Prozessbevollmächtigten der Beklagten dazu brachten, auf den (Gegen-)Zeugen C. zu verzichten. Die prozessuale Situation - auf der Grundlage des Beweisbeschlusses des Landgerichts - war aber für die Beteiligten eindeutig: Es war abzusehen, dass ein klageabweisendes Urteil ergehen würde; auf den (Gegen-)Zeugen C. kam es nach normalem Lauf der Dinge nicht mehr an.
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Hätte das Landgericht dagegen in der gegebenen Situation die Rechtsund Beweislage so gesehen wie später das Berufungsgericht, so hätte der Schwerpunkt einer erforderlichen Beweisaufnahme in dem - von der Beklagten behaupteten - Einvernehmen über einen Vertragsschluss der Beklagten mit dem Streithelfer gelegen; es wäre danach entscheidend auf die Aussage des Zeugen C. im Sinne des ursprünglichen Beweisantritts der Beklagten angekommen. Bei einer solchen Sicht der materiellen Rechtslage hätte das Landgericht , bevor der Beklagtenanwalt auf "seinen" Zeugen verzichtete, einen Hinweis nach § 139 ZPO geben müssen; auf einen solchen Hinweis hin wäre es, wie anzunehmen ist, nicht zu dem Verzicht der Beklagtenseite auf den - erschienenen - Zeugen gekommen.
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Diese (hypothetische) Verknüpfung ist mithin geeignet, eine (Mit-)Ursächlichkeit der - vom Berufungsgericht angenommenen - objektiv fehlerhaften Rechtsansicht des ersten Gerichts im Sinne des Senatsurteils vom 19. Februar 2004 (aaO) zu begründen.
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3. Durch die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen C. ist der Beklagten zugleich das gebotene rechtliche Gehör (Art. 103 GG) im Berufungsverfahren abgeschnitten worden. Dies wird nachzuholen sein.
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Das Berufungsgericht hat in dem neuen Verfahren auch Gelegenheit, sich mit den weiteren Rügen der Beschwerde - auch zu dem Erfordernis, dass der ein schwebend unwirksames Geschäft (konkludent) Genehmigende die schwebende Unwirksamkeit gekannt oder zumindest damit gerechnet haben muss - auseinanderzusetzen.
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4. Infolge der Aufhebung des Endurteils vom 30. März 2006 kann auch das Ergänzungsurteil vom 12. Juni 2006 keinen Bestand haben, durch das die Kostenentscheidung , wonach die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, dahin ergänzt worden ist, dass dies auch hinsichtlich der Kosten des Streithelfers der Klägerin zu gelten habe (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1984 - VIII ZR 313/82 - ZIP 1984, 1107, 1113).
Schlick Wurm Streck
Kapsa Herrmann
Vorinstanzen:
LG Kempten, Entscheidung vom 11.04.2005 - 1 HK O 1650/04 -
OLG München, Entscheidung vom 30.03.2006 - 14 U 352/05 -