Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2009 - XII ZR 54/06

bei uns veröffentlicht am21.01.2009
vorgehend
Amtsgericht Fürstenwalde/Spree, 9 F 44/03, 12.01.2005
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 10 UF 17/05, 03.11.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 54/06 Verkündet am:
21. Januar 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Student, der im Haushalt eines Elternteils lebt, kann im Verhältnis zu dem
anderen, auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteil darauf verwiesen
werden, am Studienort zu wohnen. Das kommt in Betracht, wenn hohe
Fahrtkosten zum Studienort anfallen und dem Interesse des anderen Elternteils
, die Unterhaltsbelastung in Grenzen zu halten, keine gewichtigen, gegen
einen Umzug sprechenden Belange des Studenten gegenüberstehen.

b) Zur Berechnung der anteiligen Haftung von Eltern für den Unterhalt eines
volljährigen Kindes, wenn ein Elternteil seinem Ehegatten Familienunterhalt
schuldet.

c) Die für ein minderjähriges Kind gezahlte Halbwaisenrente ist auf seinen Barunterhaltsanspruch
gegen den Elternteil, bei dem es lebt, nur zur Hälfte anzurechnen
(im Anschluss an Senatsurteil vom 17. September 1980 - IVb ZR
552/80 - FamRZ 1980, 1109, 1111).

d) Unterhaltsrechtlich anzuerkennende berufsbedingte Aufwendungen können
nicht ohne nähere Prüfung mit den steuerlich anerkannten Werbungskosten
gleichgesetzt werden.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2009 - XII ZR 54/06 - OLG Brandenburg
AG Fürstenwalde
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Januar 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. November 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenwalde vom 12. Januar 2005 auf die Berufung des Beklagten abgeändert worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Die am 15. Oktober 1981 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus geschiedener Ehe. Sie absolvierte nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung als staatlich geprüfte Sozialassistentin, die sie im Juli 2000 erfolgreich beendete. Von August 2000 bis Juli 2001 besuchte sie die Fachoberschu- le und erlangte die Fachhochschulreife. Ab September 2001 war die Klägerin arbeitslos gemeldet, da ihre Bemühungen um einen Studienplatz zunächst vergeblich blieben. Von November 2001 bis Oktober 2002 machte sie ein Praktikum bei einem örtlichen Fernsehsender. Seit September 2002 studiert sie an der Fachhochschule E. Sozialwesen und absolvierte in der Zeit vom 3. Mai bis 15. Oktober 2004 ein weiteres Praktikum.
3
Die Klägerin wohnte zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht im September 2005 bei ihrer Mutter, in deren Haushalt außerdem die Kinder aus deren zweiter Ehe, nämlich die Tochter S., geboren am 5. März 1986, und der Sohn A., geboren am 23. Februar 1989, lebten. Der Vater dieser Kinder ist verstorben; beide beziehen eine Halbwaisenrente. S. befand sich bis zum Ende des Schuljahres 2004/2005 in der allgemeinen Schulausbildung. Seit 1. Oktober 2005 absolviert sie eine Ausbildung als medizinisch -technische Assistentin. A. besucht seit August 2005 die zweijährige Fachoberschule - Fachrichtung Wirtschaft. Die Mutter der Klägerin, die ein eigenes Haus bewohnt, ist bei der Stadt G. beschäftigt.
4
Der Beklagte ist Lehrer. Er ist in zweiter Ehe verheiratet, aus der die am 1. Juli 1988 geborene Tochter T. hervorgegangen ist. Seine Ehefrau erzielt seit 2002 kein Erwerbseinkommen mehr; seit 1. Januar 2005 bezieht sie Altersrente für Frauen. Der Beklagte lebt mit seiner Familie in einem seiner Ehefrau gehörenden Haus.
5
Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenwalde vom 23. März 1999 wurde der Beklagte verurteilt, der Klägerin statt seinerzeit durch Jugendamtsurkunde titulierte 110 DM monatlich ab Januar 1999 552 DM (282,23 €) monatlichen Kindesunterhalt zu zahlen. Durch einen vor dem Amtsgericht Gera am 11. August 2000 geschlossenen Vergleich wurde dieses Urteil abgeändert und der Beklagte verpflichtet, ab Juli 2000 monatlichen Unterhalt von 414 DM (= 211,67 €) an die Klägerin zu entrichten. Grundlage des Vergleichs waren Nettoeinkünfte des Beklagten von 3.100 DM und der Mutter der Klägerin von 2.800 DM. Auf die am 16. April 2002 eingereichte Abänderungsstufenklage des Beklagten, der den Wegfall der Unterhaltspflicht ab 29. April 2002 begehrte, änderte das Amtsgericht Gera durch Urteil vom 1. November 2002 den Vergleich dahin ab, dass der Beklagte der Klägerin für die Zeit von April bis September 2002 keinen Unterhalt schulde. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück.
6
Im vorliegenden Rechtsstreit hat sie Abänderung des Vergleichs mit der Begründung begehrt, der Beklagte sei aufgrund seines gestiegenen Einkommens sowie unter Berücksichtigung der ihr entstehenden Fahrtkosten zur Fachhochschule in E. zu höheren Unterhaltsleistungen verpflichtet. Sie hat für die Zeit von Februar 2002 bis November 2003 rückständigen Unterhalt von 3.317,28 € sowie ab Dezember 2003 monatlichen Unterhalt in Höhe von (insgesamt ) 419 € begehrt.
7
Der Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, den Vergleich dahin abzuändern, dass er ab Dezember 2003 nicht mehr zu Unterhaltsleistungen an die Klägerin verpflichtet sei. Ein Unterhaltsanspruch für das Studium an der Fachhochschule, das eine Zweitausbildung darstelle, bestehe bereits dem Grunde nach nicht. Aber auch der Höhe nach schulde er angesichts seines zurückgegangenen Einkommens keinen Unterhalt mehr.
8
Das Amtsgericht hat den Beklagten in Abänderung des Vergleichs zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 368,45 € ab Januar 2004 sowie zur Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit von Oktober 2002 bis (richtig) Dezember 2003 von 2.109,96 € verurteilt. Die weitergehende Klage und die Wi- derklage hat es abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten, mit der die Widerklage nur in eingeschränktem Umfang weiterverfolgt worden ist, hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil teilweise abgeändert, die Abänderungsklage für die Zeit bis Dezember 2003 und ab Januar 2005 insgesamt und für 2004 in weitergehendem Umfang abgewiesen sowie der Abänderungswiderklage - außer für das Jahr 2004 - teilweise stattgegeben. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

A.

10
Das Oberlandesgericht hat Klage und Widerklage für zulässig gehalten und in der Sache zur Begründung ausgeführt: Der Bedarf der Klägerin sei mit dem Betrag anzunehmen, der für eine Volljährige mit eigenem Hausstand zugrunde zu legen sei, auch wenn sie tatsächlich im Haushalt ihrer Mutter lebe. Die mit Rücksicht auf die Entfernung zwischen Wohn- und Studienort geltend gemachten hohen Fahrtkosten würden zu einem höheren Unterhaltsbedarf führen als er bei Begründung eines Wohnsitzes am Studienort bestehe. Die Klägerin müsse sich deshalb im Verhältnis zum Beklagten darauf verweisen lassen, in E. zu wohnen, zumal sie einem Wohnungswechsel allein entgegengehalten habe, die ohnehin knappen Studentenzimmer in E. kosteten inklusive Heizkosten mindestens 250 € monatlich. Bemühungen um ein geeignetes Zimmer habe sie nicht dargetan. Für den danach zunächst mit 575 € und ab 1. Juli 2005 mit 590 € zu bemessenden Bedarf hätten die Eltern der Klägerin anteilig aufzukommen.
11
Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen sei von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Beklagten auszugehen, das sich für 2000 auf 2.128 €, für 2003 auf 2.099 € und ab 2004 auf 2.174 € belaufen habe. Hiervon seien die berufsbedingten Aufwendungen, die in Form von Fahrt- und Arbeitsmittelkosten angefallen seien, in Abzug zu bringen. Dass der Beklagte von seinem Wohnort aus die Schule, in der er tätig sei, nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen könne, habe die Klägerin nicht bestritten. Die Kosten der deshalb zugrunde zu legenden Pkw-Nutzung seien ausgehend von einer (einfachen) Entfernung von 50 km zu errechnen, da dem Beklagten zuzubilligen sei, nicht die kürzeste, sondern die schnellste Strecke zu nutzen. Unter Berücksichtigung der Schulferien einerseits und der Notwendigkeit zusätzlicher Fahrten andererseits ergäben sich 173 Fahrten pro Jahr, so dass die Kosten zunächst mit 317 € (50 km x 2 x 0,22 € x 173 : 12) und ab Juli 2005 mit 360 € (bei einer Kilometerpauschale von 0,25 €) anzusetzen seien. Die weiteren berufsbedingten Aufwendungen könnten - mit Ausnahme derjenigen für das nicht anzuerkennende häusliche Arbeitszimmer - jedenfalls in dem vom Finanzamt akzeptierten Umfang berücksichtigt werden. Der Beklagte habe durch Schreiben seines Arbeitgebers belegt, dass ihm seitens der Schule keine Arbeitsmittel , wie aktuelle Fachliteratur, Fachzeitschriften und Fachsoftware, zur Vorbereitung auf den Unterricht in den aufgeführten Fachgebieten zur Verfügung gestellt würden. Aus den zu den Akten gereichten Steuerbescheiden für die Jahre 2002 und 2003 ergäben sich neben den Fahrtkosten Aufwendungen von 4.071 € bzw. 4.494 €. In Abzug zu bringen seien deshalb für 2002 weitere 339 € monatlich und für 2003 weitere 375 € monatlich. Von dem zuletzt genannten Betrag sei auch für die Jahre 2004 und 2005 auszugehen.
12
Dem Einkommen hinzuzurechnen seien die erfolgten Steuererstattungen , nämlich in 2002 (für 2001) ein Betrag von 3.484,47 € (monatlich gerundet 290 €), der sich aus der Aufteilung des Gesamterstattungsbetrages auf die Ehegatten nach dem Verhältnis ihrer zu versteuernden Einkünfte zu den Gesamteinkünften ergebe, und in 2004 (für 2002 und 2003) von 7.305,82 € (monatlich gerundet 609 €) und 6.968,87 € (monatlich gerundet 581 €), zusammen monatlich 1.190 €. Für 2004 sei von einer Steuererstattung wie für 2003 (monatlich 581 €) auszugehen. Ein Wohnvorteil sei dagegen nicht zu berücksichtigen ; die Feststellung des Amtsgerichts, dass die Kosten über den tatsächlichen Wohnwert lägen, sei nicht angegriffen worden. Verbindlichkeiten seien nicht abzusetzen: Dem Hauskredit stehe der Wohnvorteil gegenüber; die Kreditkosten für den Pkw seien, soweit berufsbedingt, in der Kilometerpauschale enthalten.
13
Da die minderjährige Tochter T. des Beklagten der Klägerin im Rang vorgehe, sei der für sie geschuldete Unterhalt vorweg abzuziehen. Barunterhaltspflichtig sei allein der Beklagte, da die Mutter nicht erwerbstätig sei und ihre Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, durch dessen Pflege und Erziehung erfülle. Abzusetzen sei der Tabellenunterhalt der dritten Altersstufe , der sich nach dem jeweiligen Einkommen des Beklagten ergebe. Auch gegenüber dessen Ehefrau sei die Klägerin als volljähriges, nicht privilegiertes Kind nachrangig. Der Anspruch der Ehefrau auf Familienunterhalt, der deshalb ebenfalls vorweg in Abzug zu bringen sei, errechne sich als Quote von 1/2 der Differenz zu dem (auch um den Unterhalt für T.) bereinigten Einkommen des Beklagten und ihrem aus Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe bzw. Altersrente bestehenden Einkommen. Auch wenn Arbeitslosenhilfe grundsätzlich subsidiär sei, müsse die Leistung vorliegend als unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen behandelt werden. Denn es sei davon auszugehen, dass bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe das Einkommen des Beklagten gemäß § 194 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. berücksichtigt worden sei. Da das Einkommen der Ehefrau sich 2002 auf 849 €, 2003 auf 718 €, 2004 auf 675 € und 2005 auf 738 € (jeweils monatlich) belaufen habe, ergebe sich ein Unterhaltsanspruch, der zwischen Beträgen von 191 € und 784 € monatlich liege.
14
Zur Berechnung der Haftungsanteile beider Elternteile der Klägerin sei nur das über dem jeweiligen angemessenen Selbstbehalt liegende Einkommen zu berücksichtigen. Der angemessene Selbstbehalt betrage für die Zeit von Oktober 2002 bis Juni 2005 jeweils 925 €; ab Juli 2005 sei von einem angemessenen Selbstbehalt von 1.010 € auszugehen (jeweils nach den maßgeblichen Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts). Eine Herabsetzung dieses Selbstbehalts sei unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsersparnis angezeigt. Denn durch die gemeinsame Haushaltsführung mit einem Ehegatten würden Aufwendungen erspart, so dass sich der Bedarf des Unterhaltsschuldners verringere. Die Haushaltsersparnis setze der Senat grundsätzlich mit 25 % an, wobei eine gleichmäßige Aufteilung auf die beiden den gemeinsamen Haushalt führenden Partner gerechtfertigt sei, so dass auf jeden von ihnen 12,5 % entfielen. Für den Beklagten sei daher von einem angemessenen Selbstbehalt von 809 € (925 € x 87,5 %) bis einschließlich Juni 2005 und von 884 € (1.010 € x 87,5 %) ab Juli 2005 auszugehen. Das über diesem angemessenen Selbstbehalt liegende Einkommen des Beklagten belaufe sich dann auf 331 € für 2002, 107 € für Januar bis Juni 2003, 99 € für Juli bis Dezember 2003, 649 € für 2004, 407 € für Januar bis Juni 2005 und 306 € ab Juli 2005 (jeweils monatlich).
15
Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Mutter der Klägerin habe im Jahr 2002 1.976 €, 2003 2.018 € und 2004 1.979 € (jeweils gerundet ) betragen. Von dem zuletzt genannten Betrag sei auch für 2005 auszugehen. An berufsbedingten Aufwendungen seien Fahrtkosten mit dem Pkw zur Arbeitsstelle in Abzug zu bringen, die bei einer einfachen Strecke von rund 9 km und 220 Arbeitstagen einen Betrag von monatlich 73 € bzw. ab Juli 2005 von monatlich 83 € ausmachten. Hinzuzurechnen seien die Steuererstattungen, die im Jahr 2002 (für 2000 und 2001) monatlich 69 €, 2003 (für 2002) monatlich 22 € und 2004 (für 2003) monatlich 44 € (jeweils gerundet) betragen hätten. Von einer Erstattung von monatlich 44 € sei auch für das Jahr 2005 auszugehen. Ein Wohnvorteil sei auf Seiten der Mutter der Klägerin ebenfalls nicht anzusetzen.
16
Von dem Einkommen der Mutter abzuziehen sei der Unterhalt für die beiden weiteren bei ihr lebenden Kinder, solange diese minderjährig seien und der Klägerin im Rang vorgingen. Dies treffe auf den am 23. Februar 1989 geborenen Sohn A., der ab Oktober 2002 durchgängig der dritten Altersstufe angehöre , für den gesamten Unterhaltszeitraum zu. Die am 5. März 1986 geborene Tochter S. sei im März 2004 volljährig geworden. Sie habe im Sommer 2005 die Schule mit dem Fachabitur verlassen. Unter Berücksichtigung der ihr danach zustehenden Erholungsphase könne die allgemeine Schulausbildung als im August 2005 abgeschlossen angesehen werden. Seit September 2005 sei S. deshalb nicht mehr vorrangig unterhaltsberechtigt, sondern stehe der Klägerin im Rang gleich. Ein Vorwegabzug ihres Unterhalts scheide von da an aus. Die Mutter sei den Kindern S. und A. allein barunterhaltspflichtig, da der Vater verstorben sei. Beide Kinder erhielten eine Halbwaisenrente von jeweils gerundet 102 €, die bedarfsmindernd zu berücksichtigen sei. Auszugehen sei von einem Bedarf der Kinder in Höhe des sich aufgrund des Einkommens der Mutter ergebenden Tabellenunterhalts. Die Heranziehung des doppelten Tabellensatzes wegen der Erbringung von Bar- und Betreuungsunterhalt komme nicht in Betracht. Wenn nur der allein unterhaltspflichtige überlebende Elternteil vorhanden sei, komme die Halbwaisenrente allein diesem zugute. Vor diesem Hintergrund müsse die Rente auch als Eigeneinkommen der Kinder in vollem Umfang und nicht zur Hälfte berücksichtigt werden. Der für die Kinder anzusetzende einfache Tabellenunterhalt sei somit erst nach Abzug der hälftigen Halbwaisenrente vom Einkommen der Mutter abzusetzen. Auf der Grundlage ihres bereinigten Einkommens schulde sie den Kindern durchgängig Unterhalt nach Einkommensgruppe 5 der jeweiligen Unterhaltstabelle. Unter Berücksichtigung des der Mutter zuzubilligenden Selbstbehalts von 925 € bzw. (ab Juli 2005) von 1.010 € belaufe sich deren in die Anteilsberechnung einzustellendes Einkommen auf Beträge, die für die Zeit von 2002 bis Juni 2005 zwischen 446 € und 561 € lägen ; für Juli bis August 2005 belaufe sich der Betrag auf 332 € und ab September 2005 auf 659 €.
17
Der sich aus den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern ergebende Bedarf der Klägerin liege, wenn die tatsächlichen Fahrtkosten zum Erreichen des Studienorts bedarfserhöhend angesetzt würden, über dem festen Bedarfsbetrag für im eigenen Haushalt lebende volljährige Kinder. Das addierte Einkommen beider Eltern habe sich - beispielsweise - für Oktober bis Dezember 2002 auf 2.626 € belaufen und der Einkommensgruppe 8 der ab 1. Januar 2002 geltenden Unterhaltstabelle entsprochen. Der Unterhaltsbedarf für die vierte Altersstufe ergebe sich danach mit 467 €. Die Fahrtkosten beliefen sich, da die Klägerin von ihrem Wohnort 35 km mit dem Auto zum Bahnhof fahre und von dort als Inhaberin eines Studententickets ohne weitere Kosten mit der Bahn nach E. fahren könne, auf rund 154 € monatlich, selbst wenn nur 120 Fahrten im Jahr veranschlagt würden. Dieser Betrag liege deutlich über dem Bedarf für ein volljähriges Kind mit eigenem Haushalt.
18
Die vorzunehmende Anteilsberechnung führe zu den folgenden, auf den Beklagten entfallenden Beträgen: 213 € für 2002, 93 € für Januar bis Juni 2003, 92 € für Juli bis Dezember 2003, 325 € für Januar bis Februar 2004, 341 € für März bis Dezember 2004, 275 € für Januar bis Juni 2005, 283 € für Juli bis August 2005 und 187 € ab September 2005. Hiervon sei das Kindergeld zu 1/2, also in Höhe von 77 € monatlich, abzusetzen. Dementsprechend sei der Vergleich auch auf die Widerklage - unter Berücksichtigung des teilweise dahinter zurückbleibenden Widerklageantrags - abzuändern.
19
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

B.

I.

20
Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit von Klage und Widerklage ausgegangen.
21
1. Der Abänderung unterliegt der gerichtliche Vergleich vom 11. August 2000, nicht dagegen das Urteil des Amtsgerichts Gera vom 1. November 2002, denn dieses hat die Verpflichtung aus dem Vergleich für die Zeit ab Oktober 2002 unberührt gelassen.
22
2. Die Klägerin hat mit ihrem Vorbringen, der Beklagte verfüge inzwischen über ein höheres Einkommen, darüber hinaus sei ihr Bedarf angesichts der ihr entstehenden Fahrtkosten zum Studienort gestiegen, wesentliche Änderungen der Geschäftsgrundlage des Vergleichs geltend gemacht (§ 323 Abs. 1, 4 ZPO). Die Richtigkeit ihres Vorbringens unterstellt, ist der Beklagte ihr zu höheren Unterhaltsleistungen verpflichtet.
23
3. a) Auch der Beklagte hat sich auf einen erheblichen Abänderungsgrund berufen. Dabei kann dahinstehen, ob sein Einwand, er schulde schon dem Grunde nach keinen weiteren Unterhalt für das Studium als Zweitausbildung , mit Rücksicht auf die Regelungen des Vergleichs als schlüssiger Abänderungsgrund zu beurteilen ist. Denn der Beklagte hat außerdem geltend gemacht , sein Einkommen habe sich seit dem Jahr 2003 erheblich reduziert. Dieser Umstand ist, wenn er sich als zutreffend erweist, geeignet, eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung zu begründen.
24
Der Geltendmachung dieser Änderung steht die Abänderungsklage, die der Beklagte vor dem Amtsgericht G. erhoben hat, nicht entgegen. Denn in jenem Verfahren hat die letzte mündliche Verhandlung am 1. November 2002 stattgefunden. Gemäß § 323 Abs. 2 ZPO sind aber nur solche Tatsachen präkludiert, die in einem vorausgegangenen Abänderungsverfahren bereits eingetreten waren und deshalb hätten geltend gemacht werden können (Senatsurteile vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499, 1500 und vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223). Das war hinsichtlich der erst im Jahre 2003 zu verzeichnenden Einkommensentwicklung nicht der Fall.
25
b) Da es um die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs geht, kann diese auch rückwirkend für die Zeit vor Rechtshängigkeit der betreffenden Abänderungsklage erfolgen. Der Schuldner, der eine Herabsetzung seiner in einem Prozessvergleich vereinbarten Unterhaltspflicht begehrt, ist an die Beschränkungen des § 323 Abs. 3 ZPO nicht gebunden. Denn der Abänderung steht insoweit - im Unterschied zur Abänderung eines Urteils - keine Rechtskraft entgegen, die den Bestand der Entscheidung bis zur Erhebung einer Abänderungsklage gewährleistet (Senatsurteile vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1913 und vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989 m.w.N.).

II.

26
1. Dass der Beklagte der Klägerin dem Grunde nach gemäß §§ 1601 ff. BGB zu Unterhaltsleistungen verpflichtet ist, hat er im Berufungsverfahren nicht mehr in Abrede gestellt. Er hat nicht länger auf Wegfall des titulierten Unterhalts angetragen, sondern nur noch auf dessen Reduzierung. Damit hat er die zutreffende Schlussfolgerung aus der vergleichsweise getroffenen Regelung gezogen , durch die es der Klägerin ermöglicht werden sollte, das Fachabitur zu erlangen , um anschließend ein Studium zu absolvieren.
27
2. Den Bedarf der Klägerin hat das Berufungsgericht nicht nach dem Einkommen der Eltern bemessen. Vielmehr ist es davon ausgegangen, sie müsse sich wegen der andernfalls zu berücksichtigenden hohen Fahrtkosten von monatlich mindestens 154 € im Verhältnis zum Beklagten darauf verweisen lassen, am Studienort zu wohnen, weshalb vom Bedarf eines nicht im Haushalt eines Elternteils lebenden Volljährigen auszugehen sei. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
28
Zwar ist im Grundsatz davon auszugehen, dass auch einem volljährigen Kind, das noch keine eigenständige Lebensstellung erlangt hat, Lebensgestaltungsautonomie zusteht. Andererseits sind Eltern und Kinder einander zu Beistand und Rücksicht verpflichtet (§ 1618 a BGB). In dem sich daraus im Einzelfall ergebenden Spannungsverhältnis der jeweiligen Positionen kommt es maß- gebend darauf an, wessen Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände gewichtiger erscheinen. Je anerkennenswerter die Belange der einen Seite sind, umso eher wird es der anderen in der Regel zumutbar sein, sich hierauf einzulassen.
29
Die Klägerin hat - auch in dem von der Revision in Bezug genommenen Schriftsatz - im Wesentlichen geltend gemacht, das Zimmerangebot am Studienort sei nicht groß, außerdem falle eine Warmmiete von mindestens 250 € an. Dieses Vorbringen hat das Amtsgericht zu Recht mit der Begründung nicht ausreichen lassen, die Klägerin habe Bemühungen um ein geeignetes Zimmer zu annehmbaren Konditionen nicht dargetan. Sie hat sich auf den Einwand beschränkt , es sei schwierig, ein Zimmer in einem Studentenwohnheim zu erhalten. Allein daraus folgt aber nicht, dass der Klägerin eine Übersiedlung nach E. zu einem akzeptablen Mietzins nicht möglich gewesen wäre. Soweit sie außerdem vorgetragen hat, sie müsse immer wieder Praktika absolvieren, die regelmäßig nicht in E. stattfänden, lässt sich auch hieraus kein gewichtiges Argument gegen eine Wohnungsnahme am Studienort herleiten. Zum einen ergibt sich aus dem Vortrag bereits nicht, dass ein Praktikum in E. ausgeschlossen ist; zum anderen wird nicht erkennbar, ob das auch für die nähere Umgebung von E. gilt. Letztlich fehlt auch Sachvortrag zur zeitlichen Inanspruchnahme durch erforderliche Praktika - etwa: tägliche Präsenzpflicht; die Klägerin räumt selbst ein, sich während eines Praktikums wöchentlich zur Praktikumbegleitung zum Studienort begeben zu müssen. Danach kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin durch ein Wohnen am Studienort in nennenswerter Weise beeinträchtigt würde.
30
Demgegenüber ist auf Seiten des Beklagten ein erhebliches Interesse gegeben, die finanzielle Belastung durch die zusätzliche Ausbildung der Klägerin in Grenzen zu halten. Der Beklagte lebt nicht in großzügigen wirtschaftlichen Verhältnissen; er muss neben der Klägerin seine Ehefrau, die ihre Arbeitsstelle verloren hat, und die gemeinsame Tochter unterhalten und hat jedenfalls erhebliche Fahrtkosten zur Arbeitsstelle aufzubringen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Zumutbarkeit einer Ausbildungsfinanzierung nicht nur durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt wird. Wesentliche Gesichtspunkte sind auch, wie lange eine Ausbildung dauert und inwieweit die Eltern hierfür aufzukommen hatten (Senatsurteile vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - FamRZ 2006, 1100, 1103 und vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671). Insofern ergibt sich hier, dass der Beklagte - abgesehen von dem Zeitraum von April bis September 2002, für den seine Abänderungsklage vor dem Amtsgericht G. Erfolg hatte - durchgehend Unterhalt für die Klägerin geleistet hat, z.B. auch für einen mehrmonatigen Zeitraum zwischen Beendigung des Schulbesuchs und Beginn des Studiums. Bei dieser Sachlage ist die tatrichterliche Würdigung, der Klägerin sei im Verhältnis zum Beklagten eine Übersiedlung nach E. zuzumuten, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Bei Abwägung der wechselseitigen Interessen überwiegen die des Beklagten diejenigen der Klägerin deutlich.
31
Danach ist mit dem Berufungsgericht von einem Bedarf der Klägerin von zunächst 575 € und ab 1. Juli 2005 von 590 € auszugehen. Diese Beträge liegen - entgegen der Auffassung der Revision - über dem Tabellenunterhalt, den die Klägerin aus dem zusammengerechneten Einkommen ihrer Eltern beanspruchen könnte. Selbst wenn - wie noch auszuführen sein wird - von einem höheren unterhaltsrelevanten Einkommen des Beklagten auszugehen sein sollte , ist andererseits ein geringeres unterhaltsrelevantes Einkommen der Mutter zu berücksichtigen, so dass sich allenfalls ein Gesamteinkommen der Eltern ergibt, das der Einkommensgruppe 8 der Anlage I zu den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts für die Zeit ab 1. Januar 2002 entspricht. Danach beträgt der Unterhalt über die 4. Altersstufe z.B. für die Zeit bis Juni 2003 monatlich 498 €. Unter Hinzurechnung der Fahrtkosten ergäbe sich deshalb ein höherer Betrag als der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Bedarf.
32
3. Auf diesen Bedarf ist das staatliche Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Anrechnung nicht erst auf den jeweiligen Anteil zu erfolgen, der sich aus der Aufteilung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB ergibt.
33
Da die Eltern ihren volljährigen Kindern in der Regel unterschiedliche Anteile am Barunterhalt schulden, kommt eine Aufteilung des Kindergeldes nur im Verhältnis des anteilig geschuldeten Barunterhalts in Betracht. Um den unterschiedlichen Beiträgen der Eltern zum Barunterhaltsbedarf des volljährigen Kindes gerecht zu werden, ist das Kindergeld deswegen vorab bedarfsdeckend auf den gesamten (Bar-)Unterhaltsbedarf anzurechnen. Das führt dazu, dass beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet werden (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101 ff. m.w.N. = BGHZ 164, 375, 383). Der Bedarf der Klägerin hätte deshalb mit dem um das volle Kindergeld von 154 € reduzierten Betrag in die Anteilsberechnung eingestellt werden müssen.

III.

34
Für den so bemessenen Bedarf haften die Eltern anteilig nach ihren Erwerbs - und Vermögensverhältnissen (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB).
35
1. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Beklagten einschließlich der ihm zugeflossenen Steuererstattungen hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei ermittelt. Auch die Revision erinnert hiergegen nichts.
36
2. Soweit die Revision sich gegen die Anerkennung von Fahrtkosten in Höhe von (richtig) 317 € bzw. ab 1. Juli 2005 von 360 € wendet, bleibt sie damit ohne Erfolg. Nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin nicht bestritten, dass der Beklagte für die Fahrt zur Arbeitsstelle keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen kann. Ihm ist auch weder anzusinnen, ein Zimmer am Schulort zu mieten noch dorthin umzuziehen. Eine doppelte Haushaltsführung ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Neben den eigentlichen Wohnkosten fallen zumindest einmal pro Woche Fahrtkosten zum Hauptwohnsitz an. Diese belaufen sich jedenfalls auf 80 € bzw. ab Juli 2005 auf 90 € monatlich (161 Arbeitstage : 5 Wochentage = 32 Tage + 12 zusätzliche Einzelfahrten = 44 Fahrten x 100 km x 0,2 € : 12). Wenn für das Zimmer eine Warmmiete von 200 € unterstellt wird, ergibt sich eine Ersparnis von 37 €. Schon diese geringe Höhe lässt die weiteren Nachteile, nämlich die Trennung des Beklagten von seiner Familie während der Woche, als unzumutbar erscheinen. Ein Umzug kann von ihm ebenfalls nicht erwartet werden. Das ergibt sich schon daraus, dass der Beklagte mit seiner Familie in dem Elternhaus seiner Ehefrau lebt. Diese Immobilie aufgeben zu müssen, allein um einen finanziellen Engpass während der restlichen Ausbildungsdauer der Klägerin zu überbrücken, wäre unangemessen.
37
Auch die Höhe der Fahrtkosten hat das Berufungsgericht beanstandungsfrei unter Heranziehung der Kilometerpauschale ermittelt (BGH Urteil vom 21. Juni 2006 - XII ZR 147/04 - FamRZ 2006, 1182, 1183; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 99). Insbesondere begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass nicht die kürzeste Strecke, sondern diejenige zugrunde gelegt worden ist, die ohne Staugefahr genutzt werden kann.
38
3. Die Revision beanstandet weiter, die Berücksichtigung von Aufwendungen für Arbeitsmittel und übrige Werbungskosten in Höhe von insgesamt 339 € bzw. 375 € sei rechtlich nicht haltbar. Sie vertritt die Auffassung, das Berufungsgericht hätte den berufsbedingten Aufwand nicht mit den in den Steuerbescheiden berücksichtigten Werbungskosten gleichsetzen dürfen, sondern die vom Beklagten geltend gemachten Kosten im Einzelnen darauf überprüfen müssen, ob diese unterhaltsrechtlich abzugsfähig seien.
39
Die Rüge ist gerechtfertigt. Der Abzug berufsbedingter Aufwendungen setzt voraus, dass die betreffenden Kosten notwendigerweise mit der Ausübung der Erwerbstätigkeit verbunden sind und sich eindeutig von denjenigen der privaten Lebensführung abgrenzen lassen (Senatsurteil vom 22. Oktober 2006 - XII ZR 24/04 - FamRZ 2007, 193, Tz. 14). Dass bestimmte Aufwendungen steuerlich als Werbungskosten anerkannt werden, hat unterhaltsrechtlich nicht die entsprechende Bewertung zur Folge (Senatsurteil vom 23. April 1980 - IVb ZR 410/80 - FamRZ 1980, 770). Für die steuerliche Anerkennung reicht es regelmäßig aus, dass Kosten durch die Berufsausübung veranlasst sind. Dieses Kriterium ist unterhaltsrechtlich indessen nicht ausreichend; insofern ist zu fordern, dass die Kosten notwendig durch die Berufsausübung entstehen.
40
Konkreter Sachvortrag des Beklagten zur Erforderlichkeit der im Rahmen seiner Steuererklärungen aufgelisteten Werbungskosten fehlt; auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Vorbringens ist er auch nicht hingewiesen worden. Aus dem Berufungsurteil ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die geltend gemachten Positionen im Einzelnen auf ihre unterhaltsrechtliche Relevanz überprüft worden wären. Als von den allgemeinen Lebenshaltungskosten nicht abgrenzbar fallen ohne weiteres die von der Revision monierten Punkte - Telefonkosten, Postwertzeichen, Kontoführungskosten - auf. Dasselbe gilt - jedenfalls ohne Erläuterung - für Batterien, CD-Rohlinge, Doppelstecker, "Fachzeitschriften", Druckerpapier u.ä. Auch die Notwendigkeit zur Anschaffung von vielfältigem Computerzubehör erschließt sich aus der kurz gefassten Auflistung nicht, auch wenn berücksichtigt wird, dass der Beklagte als Lehrer in diesem Bereich tätig ist. Unter solchen Umständen kann die Prüfung der Abzugsfähigkeit nicht durch Bezugnahme auf steuerliche Unterlagen ersetzt werden.
41
Hinzu kommt ein Weiteres: Steuerbescheide und -erklärungen liegen für den seinerzeit maßgebenden Unterhaltszeitraum allein für die Jahre 2002 und 2003 vor; die Unterlagen für 2003 weisen höhere Kosten aus. Aus welchen Erwägungen geschlussfolgert werden kann, in dem höheren Umfang fielen auch für die Folgezeit Aufwendungen an, ist nicht erkennbar. Aus diesen Gründen kann der Abzug weiterer berufsbedingter Aufwendungen keinen Bestand haben. Die Angaben sind so wenig aussagekräftig, dass sie sich auch als Schätzungsgrundlage nicht eignen.
42
4. Dass das Berufungsgericht den Kindesunterhalt für T. vorweg von dem Einkommen des Beklagten in Abzug gebracht hat, entspricht dem Vorrang dieses Kindes vor der Klägerin (§ 1609 Abs. 1 BGB a.F.; seit 1. Januar 2008: § 1609 Nr. 1 BGB). Auch gegen die Unterhaltsbemessung anhand der damaligen Unterhaltstabellen bestehen keine Bedenken. Abzuziehen war nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage der Tabellenunterhalt (vgl. für die Zeit ab 1. Januar 2008: § 1612 b Abs. 1 Satz 1 BGB).
43
5. Die Revision rügt allerdings, dass das Berufungsgericht auch den Anspruch auf Familienunterhalt, der der Ehefrau des Beklagten gegen diesen zusteht , vorweg abgezogen hat. Damit hat die Revision ebenfalls Erfolg.
44
a) Der Beklagte schuldet seiner Ehefrau nach den §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt, da sie nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Dieser Unterhaltsanspruch lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den Anspruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen (Senatsurteile vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - FamRZ 2008, 1911, 1914; vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081, 1083 und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 864).
45
b) Der Anspruch ist nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen , die aber ihrerseits durch anderweitige, auch nachrangige Unterhaltspflichten eingeschränkt sein können. Von einer solchen Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse durch anderweitige Unterhaltspflichten ist auch in dem Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern auszugehen (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 865). Nach diesem methodischen Ansatz ist bei der Bemessung des Unterhalts der zweiten Ehefrau grundsätzlich der auf den Beklagten entfallende Anteil des Unterhalts für die (volljährige) Klägerin vorweg vom Einkommen des Beklagten abzuziehen.
46
Bei der hier vorzunehmenden Anteilsberechnung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB besteht allerdings die Besonderheit, dass ein bestimmter Kindesunterhalt der Klägerin, der vorweg abgezogen werden könnte, noch nicht feststeht. Er soll durch die Anteilsberechnung erst ermittelt werden. Weder der Abzug des vollen, noch des hälftigen oder eines anderen Anteils des Bedarfs könnte für sich in Anspruch nehmen, exakt das widerzuspiegeln, was die Ehefrau sich bei ausreichender finanzieller Leistungsfähigkeit des Beklagten als ihren Unterhaltsanspruch einschränkend vorgehen lassen müsste. Andererseits wäre es auch nicht angemessen, für die Ehefrau von vornherein nur einen Mindestbedarf anzusetzen, denn ihr Anspruch kann auch darüber hinausgehen und würde dann zugunsten des anderen Elternteils geschmälert.
47
c) Bei dieser Sachlage erscheint es gerechtfertigt, zur Bestimmung des Anspruchs auf Familienunterhalt den durch Vergleich titulierten und vom Beklagten auch gezahlten Unterhalt von monatlich 211,67 € heranzuziehen, zumal diese Mittel für den Lebensunterhalt des Beklagten und seiner Ehefrau tatsächlich nicht zur Verfügung standen, ihre Verhältnisse also durch einen entsprechenden Mittelabfluss geprägt waren. Hinsichtlich anderer, tatrichterlich ebenfalls in Betracht kommender Berechnungsmöglichkeiten ist danach zu unterscheiden , ob sich der Bedarf des volljährigen Kindes abhängig oder unabhängig vom Einkommen der Eltern bemisst. Wird für ein volljähriges Kind der dem Einkommen entsprechende Tabellenunterhalt geschuldet, so ist dieser zunächst allein nach dem Einkommen desjenigen Elternteils zu bemessen, der zugleich Familienunterhalt aufzubringen hat. Der sich ergebende Tabellenbetrag ist - nach Abzug des vollen Kindergeldes - vom Einkommen dieses Elternteils abzuziehen und sodann der Anspruch des Ehegatten auf Familienunterhalt zu ermitteln. Ist dagegen von einem festen Bedarf auszugehen, kommt - jeweils wiederum nach Abzug des Kindergeldes - eine Berechnung mit dem hälftigen Anteil oder einem anderen Näherungswert in Betracht, der bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen der Eltern realistisch erscheint.
48
Das gewonnene Ergebnis ist darauf zu überprüfen, ob sich ein Missverhältnis hinsichtlich des wechselseitigen Bedarfs ergibt. Das ist dann anzunehmen , wenn der der jeweiligen Lebenssituation entsprechende angemessene Eigenbedarf der Ehefrau - unter Berücksichtigung der durch das Zusammenleben der Ehegatten eintretenden häuslichen Ersparnis (vgl. unter B III 7) - durch die verbleibenden Mittel nicht gewährleistet werden kann (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 865; so auch Wendl/ Scholz aaO § 3 Rdn. 79). In diesem Fall haben dem unterhaltspflichtigen Elternteil vorweg diejenigen Mittel zu verbleiben, die er zur Deckung des angemessenen Bedarfs seines Ehegatten benötigt. Deshalb ist insoweit - vor der Anteilsberechnung nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB - der Fehlbetrag (d.h. der um die häusliche Ersparnis reduzierte angemessene Eigenbedarf abzüglich eines eventuellen eigenen Einkommens des Ehegatten) von dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils in Abzug zu bringen.
49
d) Dem entspricht die Berechnung des Berufungsgerichts nicht, da es unabhängig von den vorstehenden Erwägungen den Anspruch der Ehefrau auf Familienunterhalt vorweg vom Einkommen des Beklagten abgezogen hat und damit nicht berücksichtigt hat, dass die Lebensverhältnisse des Beklagten und seiner Ehefrau durch die Unterhaltspflicht für die Klägerin mitbestimmt worden sind.
50
6. Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei der Bemessung des Unterhalts der Ehefrau des Beklagten nicht berücksichtigt, dass diese grundsätzlich verpflichtet sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, bleibt der Einwand allerdings ohne Erfolg.
51
Gemäß § 1360 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, die Familie durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte ausführen zu lassen (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - FamRZ 2004, 366, 369). Da die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung frei bestimmen können, steht es ihnen grundsätzlich auch frei, Vereinbarungen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung zu treffen, die die Kinderbetreuung und Haushaltsführung durch einen Ehegatten selbst dann vorsehen, wenn es sich nicht um gemeinsame Kinder handelt. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung kann einem Ehegatten allenfalls im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern aus einer früheren Ehe nach Treu und Glauben unter Umständen verwehrt sein (Senatsurteil vom 25. April 2007, FamRZ 2007, 1081, 1082 f.).
52
Im Verhältnis zu der volljährigen Klägerin muss es indes bei der uneingeschränkten Dispositionsfreiheit im Rahmen der Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse bleiben. Die Ehefrau ist nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, damit der Beklagte ihr weniger Unterhalt zu leisten hat, um an die Klägerin weitergehende Unterhaltszahlungen erbringen zu können.
53
7. Das Berufungsgericht hat allerdings nicht konsequent beachtet, dass eine Herabsetzung unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsersparnis nicht nur hinsichtlich des Selbstbehalts des Beklagten in Betracht kommt, sondern ebenfalls bezüglich des Bedarfs seiner Ehefrau. Es hat zwar ausgeführt, die Haushaltsersparnis setze der Senat grundsätzlich mit 25 % an, wobei eine gleichmäßige Aufteilung auf die beiden den gemeinsamen Haushalt führenden Part- ner gerechtfertigt sei, so dass auf jeden von ihnen 12,5 % entfielen. Umgesetzt hat es diese Erwägung jedoch nur zum Teil, nämlich in Form einer Reduzierung des Selbstbehalts des Beklagten um 12,5 %. Die weitere tatrichterlich für angemessen erachtete Ersparnis wirkt sich zu Lasten des Bedarfs der Ehefrau des Beklagten aus, der entsprechend zu kürzen ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Tz. 34; Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 73, 77; OLG Hamm FamRZ 2005, 53).

IV.

54
1. Gegen die Feststellung der Einkommensverhältnisse der Mutter wendet die Revision allein ein, das Berufungsgericht habe den Bedarf ihrer minderjährigen Kinder fehlerhaft berechnet. Da die Kinder Halbwaisen seien und die Mutter deshalb sowohl den Bar- als auch den Betreuungsunterhalt erbringe, richte sich der Unterhaltsanspruch in Höhe des vollen Bedarfs gegen den überlebenden Elternteil. Der volle Bedarf der Halbwaisen sei aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nach dem doppelten Tabellensatz zu berechnen.
55
Auch damit hat die Revision im Ergebnis Erfolg. Die Mutter schuldet ihren Kindern A. und S. (letzterer bis einschließlich August 2005) Bar- und Betreuungsunterhalt. Da der Vater der Kinder verstorben ist, hat der überlebende Elternteil für den vollen Bedarf der Kinder, d.h. für den Bar- und den Betreuungsunterhalt , aufzukommen. Anders als in den Fällen, in denen der überlebende Elternteil das Kind nicht selbst betreut (vgl. hierzu Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - FamRZ 2006, 1597, 1598), bedarf es zur Berücksichtigung der Halbwaisenrente bei der vorliegenden Fallgestaltung keiner Bewertung der Betreuungsleistung. Der Unterhaltsanspruch richtet sich in Höhe des vollen Bedarfs gegen den überlebenden Elternteil, so dass diesem auch die Minderung der Unterhaltsbedürftigkeit durch die Waisenrente in voller Höhe zugute kommt (Senatsurteil vom 17. September 1980 - IVb ZR 552/80 - FamRZ 1980, 1109, 1111). Da Betreuung und Barunterhalt in der Regel als gleichwertig anzusehen sind (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), mindert die Rente jeden Unterhaltsteil zu ½. Sie ist deshalb für die Zeit der Minderjährigkeit der Kinder nicht in voller Höhe, sondern lediglich zur Hälfte auf den Barunterhalt und mit der anderen Hälfte auf den Betreuungsunterhalt anzurechnen. Der Unterhalt für A. und S. ist deshalb insoweit mit einem höheren Betrag als vom Berufungsgericht angesetzt vom Einkommen der Mutter abzuziehen (Tabellenunterhalt ./. 51 €). Im Übrigen gibt die Feststellung ihres Einkommens nicht zu rechtlichen Bedenken Anlass.
56
2. Bezüglich der Tochter S., die im März 2004 volljährig geworden ist, hat das Berufungsgericht weiterhin den Tabellenunterhalt in Abzug gebracht. Auch das steht mit der Rechtsprechung des Senats nicht in Einklang.
57
Vom Eintritt der Volljährigkeit an ist das Kindergeld auf den Bedarf eines Kindes in voller Höhe anzurechnen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Kind bis zum 21. Lebensjahr noch eine allgemeine Schulausbildung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert ist (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 166/04 - FamRZ 2007, 542, 543).
58
Das Kindergeld für S. hätte deshalb ab Eintritt der Volljährigkeit - ebenso wie sodann die Halbwaisenrente - in vollem Umfang vom Tabellenunterhalt abgezogen werden müssen und nur der Zahlbetrag des Unterhalts berücksichtigt werden dürfen.

V.

59
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen zum Einkommen des Beklagten bedarf. Die Sache ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

VI.

60
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
61
1. Die Klägerin hat vorgetragen, inzwischen Mutter eines nichtehelichen Kindes geworden zu sein. Die mögliche Unterhaltspflicht nach § 1615 l BGB geht derjenigen gegen den Beklagten vor (§ 1615 l Abs. 3 Satz 2 BGB).
62
2. Das Berufungsgericht wird abschließend eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen haben (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492 und vom 13. Oktober 1999 - XII ZR 16/98 - FamRZ 2000, 358; Wendl/Klinkhammer aaO § 2 Rdn. 450). Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Mutter auch gegenüber der Tochter S. unterhaltspflichtig ist, die mit der Klägerin seit Beendigung der allgemeinen Schulausbildung im Rang gleich stand und die nach dem in Bezug genommenen Parteivorbringen eine mit nicht unerheblichen Kosten verbundene Ausbildung absolviert.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Fürstenwalde, Entscheidung vom 12.01.2005 - 9 F 44/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 03.11.2005 - 10 UF 17/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2009 - XII ZR 54/06

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(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. (2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens

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Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie b

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2011 - XII ZR 44/09

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 44/09 Verkündet am: 2. März 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 28. Nov. 2012 - 3 A 368/11

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. August 2011 - 3 K 409/09 - wird zurückgewiesen.Die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens trägt der Kläger. Gründe

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(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 88/98 Verkündet am:
17. Mai 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner im Wege
einer erneuten Abänderungsklage geltend macht, der Unterhaltsanspruch sei nach
Maßgabe der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begrenzen.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - OLG Frankfurt am Main
AG Bensheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 19. März 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten in einem Abänderungsverfahren um nachehelichen Unterhalt. Die erste 1967 geschlossene Ehe der Parteien wurde 1970 geschieden. Am 30. Juli 1975 heirateten sie erneut, trennten sich aber am 14. Oktober 1978 wieder. Auf den am 2. März 1984 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 21. Juni 1984 rechtskräftig geschieden. Beide Ehen blieben kinderlos. Der 1943 geborene Kläger ist Leiter der Abteilung für Anästhesie an einer Klinik. Er ist mit der Mutter seiner 1981 und 1983 geborenen Söhne verheiratet, lebt aber seit Oktober 1997 von dieser getrennt. Die 1945 geborene Beklagte ist ausgebildete Arzthelferin. Sie erhielt aufgrund von Bescheiden der Bundesversiche-
rungsanstalt für Angestellte vom 9. Dezember 1983 und vom 4. Juli 1988 zunächst bis zum 31. Dezember 1988 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit. Durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 16. März 1989 wurde der Rentenanspruch - unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt - auf unbestimmte Zeit anerkannt. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 16. Februar 1984 wurde der Beklagten Trennungsunterhalt von monatlich 1.151,70 DM zuerkannt. Der Kläger nahm die hiergegen eingelegte Berufung zurück. Nach dem am 8. November 1984 ergangenen Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - hatte der Kläger nachehelichen Unterhalt ebenfalls in Höhe von 1.151,70 DM zu zahlen. Mit Schlußurteil vom 28. August 1986 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - die Erledigung des Rechtsstreits wegen des weitergehenden Unterhaltsantrags fest, nachdem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Weiterzahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau bewilligt hatte, und wies die zuletzt erhobene auf Abänderung des Teilanerkenntnisurteils gerichtete Widerklage des Ehemannes ab. Im Jahre 1988 erhob der Kläger Abänderungsklage mit dem Ziel des Wegfalls des nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab 1. Januar 1989. Er machte unter anderem geltend, die Beklagte sei nach Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente wieder arbeitsfähig; ein eventueller Unterhaltsanspruch nach § 1573 BGB sei nach § 1573 Abs. 5 BGB ausgeschlossen. Durch Urteil vom 1. März 1990 wies das Amtsgericht - Familiengericht - die Klage ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beklagten stehe - selbst wenn sie trotz der fortdauernden Rentenbewilligung und entgegen dem eingeholten Sachverständigengutachten erwerbsfähig sei - jedenfalls ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 1 und 2 BGB zu; für eine zeitliche Begrenzung des
Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB bestehe kein Anlaß, weil die Unterhaltspflicht den Beklagten nicht tiefgreifend in seinen finanziellen Dispositionsmöglichkeiten beeinträchtige, während die Beklagte ohne Unterhaltsleistungen an den Rand des Sozialhilfeniveaus geriete. Seine hiergegen gerichtete Berufung, mit der auch die Ausführungen zu § 1573 Abs. 5 BGB angegriffen wurden, nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zurück. Im Jahre 1994 erhob die Beklagte Abänderungsklage. Sie begehrte eine Erhöhung ihres Unterhalts um monatlich 865,63 DM wegen der Steigerung der Lebenshaltungskosten. Der Kläger beantragte widerklagend die Abänderung des Teilanerkenntnisurteils dahin, daß er keinen Ehegattenunterhalt mehr schulde. Das Amtsgericht gab der Klage statt und wies die Widerklage als unzulässig ab. Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger - unter dem Vorbehalt der Erweiterung des Rechtsmittels hinsichtlich der Widerklage - den Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage der Ehefrau weiter. In der Berufungsbegründung wurde unter anderem ausgeführt, daß es an der Zeit sei, den Unterhaltsanspruch nach den §§ 1573, 1578 BGB zu begrenzen. Durch Urteil vom 22. November 1995 änderte das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil und das Teilanerkenntnisurteil dahin ab, daß der Kläger zeitlich gestaffelt zu unterschiedlichen Unterhaltszahlungen in etwas geringerer Höhe verurteilt wurde, für die Zeit ab 1. Juli 1995 zur Zahlung von monatlich insgesamt 1.936 DM. Dabei ging das Oberlandesgericht von der vollen Erwerbsfähigkeit der Beklagten sowie davon aus, daß ihr unter Berücksichtigung eines fiktiven Erwerbseinkommens sowie ihrer Rente ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zustehe. Die Voraussetzungen für eine Befristung oder eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf lagen nach Auffassung des Oberlandesgerichts seinerzeit noch
nicht vor; die erforderliche Billigkeitsprüfung scheitere bereits daran, daß der Kläger zur Höhe seines Einkommens in dem maßgeblichen Zeitraum nichts vorgetragen habe, weshalb es derzeit noch bei den ermittelten Unterhaltsansprüchen verbleiben müsse. Im Dezember 1996 erhob der Kläger die vorliegende Klage, mit der er den Wegfall des titulierten Unterhaltsanspruchs für die Zeit ab 1. Januar 1997 erstrebt. Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend, daß eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse unbillig sei, und vertrat die Auffassung, daß der Beklagten, die keine ehebedingten Nachteile erlitten habe, inzwischen eine hinreichend lange Übergangszeit zur Verfügung gestanden habe, um sich auf den Wegfall des Unterhalts einzustellen. Das Amtsgericht - Familiengericht - wies die Klage als unzulässig ab, weil der Rechtsverfolgung § 323 Abs. 2 ZPO entgegenstehe. Hiergegen legte der Kläger Berufung und gegen deren Zurückweisung - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision ein.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Auffassung des Oberlandesgerichts , daß der Zulässigkeit der Klage § 323 Abs. 2 ZPO entgegenstehe, ist nicht zu beanstanden. 1. Nach der vorgenannten Vorschrift ist die Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder
die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind. Insbesondere zur Absicherung der Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen ist danach eine Zeitschranke für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen errichtet, denn der Möglichkeit einer Abänderung bedarf es nicht, wenn die veränderten Verhältnisse schon im Ausgangsprozeß zur Geltung gebracht werden konnten. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluß der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz, also auch der Berufungsinstanz, wenn eine solche stattgefunden hat. Das gilt gleichermaßen für das Erstklage- wie für das Abänderungsverfahren. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Abänderungsprozessen, die zu einer Abänderung geführt haben, ist für die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO demgemäß auf den Schluß der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens abzustellen. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung des Vorprozesses an, was daraus folgt, daß der Wortlaut des Gesetzes nicht nur auf die Erweiterung des Klageantrags, sondern auch auf die Geltendmachung von Einwendungen abstellt und damit beide Parteien dazu anhält, ihren Standpunkt bereits im Ausgangsprozeß zur Geltung zu bringen (Senatsurteile BGHZ 136, 374, 375 f.; 96, 205, 207 ff. und vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. 2. Die Revision vertritt die Auffassung, daß sich hieraus für den Kläger insoweit keine Präklusionswirkung ergebe, als er Abänderung wegen des der Beklagten im Vorprozeß zugesprochenen Erhöhungsbetrages begehre. Nach der Rechtsprechung des Senats lasse sich der Vorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO nur entnehmen, daß sie eine zeitliche Schranke für den Abänderungskläger errichte, nicht dagegen, daß sie außerdem eine Einschränkung der Rechtsverteidigung des Beklagten bezwecke. Die letztgenannte Fallgestaltung
sei hier gegeben, soweit der Kläger sich in dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren gegen das Höherverlangen der Beklagten verteidigt habe. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Richtig ist allerdings ihr Ausgangspunkt. § 323 Abs. 2 ZPO regelt seinem Wortlaut nach allein die Berücksichtigung klagebegründender Tatsachen und errichtet insoweit eine zeitliche Schranke für den Abänderungskläger. Daß die Vorschrift außerdem die Einschränkung der Rechtsverteidigung des Beklagten zum Inhalt hätte, läßt sich ihr nicht entnehmen. Vorbringen, mit dem sich die beklagte Partei gegen die Abänderungsklage verteidigt, ist in dem betreffenden Rechtsstreit schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil damit nicht eine Abweichung von der früher festgestellten Rechtsfolge erstrebt, sondern gerade an jener Entscheidung festgehalten wird (Senatsurteil BGHZ 98, 353, 360). Die Revision verkennt indessen, daß es für die Präklusionswirkung nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung im vorangegangenen Verfahren, sondern auf diejenige im vorliegenden Verfahren ankommt. Hat es demgemäß der Gegner des früheren, auf Unterhaltserhöhung gerichteten Abänderungsprozesses versäumt, die bereits bestehenden, für eine Herabsetzung sprechenden Gründe geltend zu machen, kann er auf diese Gründe keine neue Abänderungsklage stützen. § 323 Abs. 2 ZPO stellt damit sicher, daß nicht gesonderte Abänderungsverfahren für Erhöhungs- und Herabsetzungsverlangen zur Verfügung stehen, sondern daß der Einfluß veränderter Umstände auf den titulierten Unterhaltsanspruch in einem einheitlichen Verfahren nach beiden Seiten hin geklärt werden muß. Bei aufeinanderfolgenden Abänderungsverfahren mit entgegengesetzter Zielrichtung wird dadurch vermieden, daß in jedem Prozeß eine andere Zeitschranke für die Berücksichtigung von Tatsachen gilt und daß es zu einer Verdoppelung von Prozessen über den gleichen Lebenssachver-
halt kommt mit der damit verbundenen Gefahr einander widersprechender gerichtlicher Entscheidungen (Senatsurteil BGHZ 136 aaO, 377). Das Berufungsgericht hat deshalb die Zulässigkeit der Klage zu Recht insgesamt nach § 323 Abs. 2 ZPO beurteilt. 3. Die Gründe, auf die die Abänderungsklage gestützt wird, sind jedenfalls bereits vor dem Schluß der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz des im Jahre 1994 anhängig gemachten Vorprozesses entstanden, so daß es auf die - vom Berufungsgericht bejahte - Frage, ob der Kläger gehalten war, die Abänderungsgründe auch gegenüber dem Teilanerkenntnisurteil durch Erweiterung seines Berufungsantrags und Weiterverfolgung der insoweit erhobenen Widerklage im Vorprozeß geltend zu machen, nicht ankommt (vgl. zu diesem Problemkreis Senatsurteile BGHZ 136 aaO, 378 f.; 96 aaO 209 f.). Daß der Unterhaltsanspruch bzw. seine Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen sei, hat der Kläger nicht erst im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits, sondern bereits in den beiden vorausgegangenen Abänderungsverfahren geltend gemacht und zu den insoweit maßgebenden Kriterien - Ehedauer, erlittene ehebedingte Nachteile, Alter, Gesundheitszustand usw. (vgl. hierzu im einzelnen Brudermüller FamRZ 1998, 649, 652 ff.; Hahne FamRZ 1986, 305, 306 ff.) - vorgetragen. Eine Veränderung dieser Verhältnisse hat er nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, nicht geltend gemacht. Die Entscheidung, daß der Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aus Billigkeitsgründen zu begrenzen ist, setzt nicht voraus, daß dieser Zeitpunkt bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe bereits eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen sind, kann die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung
wegen § 323 Abs. 2 ZPO deshalb grundsätzlich nicht einer Abänderungsklage überlassen bleiben, sondern ist bereits im Ausgangsverfahren über den Unterhalt zu treffen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888; Brudermüller aaO S. 659; Hahne aaO S. 310; Johannsen/Henrich/ Büttner Eherecht 3. Aufl. § 1573 Rdn. 48; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 4 Rdn. 595 a). Ist der Unterhaltsschuldner dagegen aus tatsächlichen oder - etwa wenn der Unterhaltstitel aus der Zeit vor dem 1. April 1986 stammt - aus rechtlichen Gründen darauf angewiesen , eine Unterhaltsbegrenzung im Wege der Abänderungsklage zu erreichen , so ist ihm diese Möglichkeit erst eröffnet, wenn die in Frage stehenden Verhältnisse bereits eingetreten sind. Denn für die Abänderung der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen reicht es nicht aus, daß die Prognose der künftigen Verhältnisse, die der Verurteilung zugrunde liegt, aus nachträglicher Sicht anders zu treffen wäre (Senatsurteil BGHZ 80, 389, 397). Hieran scheiterte die erfolgreiche Geltendmachung einer Unterhaltsbegrenzung in dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren indessen nicht. Vielmehr lagen die maßgeblichen Voraussetzungen zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz jenes Verfahrens schon lange vor und hätten die anzustellenden Erwägungen bereits ermöglicht. Auch das Oberlandesgericht hat sich in seinem Urteil vom 22. November 1995 an einer Billigkeitsprüfung nicht deshalb gehindert gesehen, weil der Zeitpunkt einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Bedarf oder einer zeitlichen Begrenzung noch nicht erreicht war und deren Voraussetzungen aus diesem Grund noch nicht hätten beurteilt werden können, sondern weil der Kläger zur Höhe seines Einkommens in der maßgeblichen Zeit nichts vorgetragen hatte.
Der Notwendigkeit, hinreichenden Sachvortrag zu den Voraussetzungen der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB bereits in der ersten Instanz des vorausgegangenen Abänderungsverfahrens zu halten, wäre der Kläger auch nicht enthoben gewesen, wenn die Rechtsgrundlage des Unterhaltsanspruchs vor dem letzten Abänderungsverfahren nicht festgelegt worden wäre. Ob dies der Fall war, kann deshalb dahinstehen. Die Anwendung des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB war von der Anspruchsgrundlage ohnehin unabhängig. Die Frage, ob eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kam, wäre zwar offen gewesen. Diese Situation ist aber auch in einem Erstverfahren über den Unterhalt regelmäßig gegeben. Gleichwohl ist bereits dort im Hinblick auf eine in Betracht kommende zeitliche Unterhaltbegrenzung vorsorglich Sachvortrag zu halten, wenn der Unterhaltsschuldner nicht mit den betreffenden Umständen gemäß § 323 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen werden will (siehe oben). Tatsächlich hat sich auch der Kläger nicht davon abhalten lassen, zu den Voraussetzungen einer Unterhaltsbegrenzung vorzutragen und geltend zu machen, ein Unterhaltsanspruch ergebe sich allein aus § 1573 BGB. Dem Kläger konnte eine erneute Abänderungsklage schließlich auch nicht dadurch eröffnet werden, daß das Oberlandesgericht in dem Urteil vom 22. November 1995 ausgeführt hat, die Voraussetzungen für eine zeitliche Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs lägen "derzeit noch nicht vor". Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung hat das Oberlandesgericht damit die Abänderungswiderklage des Klägers nicht als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Die Abänderungswiderklage war in der Berufungsinstanz nicht angefallen, da der Kläger mit seinem Rechtsmittel lediglich den Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage der Beklagten weiterverfolgt hatte. Die Abweisung der Widerklage ist nur deshalb im Tenor der Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgeführt, weil die-
ses das teilweise abgeänderte Urteil des Familiengerichts insgesamt neu gefaßt hat. Die genannte Formulierung, die im Rahmen der Rechtsverteidigung des Beklagten veranlaßt war, läßt sich damit erklären, daß der Kläger nicht endgültig mit seinem Vorbringen zu einer Unterhaltsbegrenzung ausgeschlossen ist. Soweit die Beklagte erneut eine Abänderung begehren sollte, kann der Kläger sich im Rahmen der Rechtsverteidigung hiergegen weiterhin auf eine Unterhaltsbegrenzung berufen (Senatsurteil BGHZ 98 aaO). 4. Die Revision meint, soweit der Kläger sich gegen die weitere Unterhaltsverpflichtung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 8. November 1984 wende , sei richtigerweise eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO zu erheben gewesen, da die Rechtsfolge einer zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB das Erlöschen des Anspruchs nach Ablauf einer Übergangsfrist sei; der Kläger habe demgemäß eine rechtsvernichtende Einwendung erhoben, die nicht mit der Abänderungs-, sondern mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen sei. Das Berufungsgericht habe deshalb prüfen müssen, ob nach dem in der Klage zum Ausdruck gekommenen Willen des Klägers, seine Inanspruchnahme aus dem Teilanerkenntnisurteil zu bekämpfen, nicht Vollstreckungsgegenklage habe erhoben werden müssen und ob das Gericht den Kläger nicht gemäß § 139 ZPO auf Bedenken gegen die Sachdienlichkeit seines Antrags habe hinweisen und ihm Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag zu ändern. Der Kläger hätte sodann seinen Antrag in bezug auf den "Sockelbetrag" entsprechend umgestellt. Auch dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Die Annahme , eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1573 Abs. 5 BGB sei im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen, trifft nicht zu. Die Vorschrift des § 1573 Abs. 5 BGB ist durch das Gesetz zur
Ä nderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften (UÄ ndG) vom 20. Februar 1986 (BGBl. I 301) eingefügt worden. Der in Artikel 6 Nr. 1 Satz 2 UÄ ndG getroffenen Übergangsregelung ist für den Regelfall, daß die Unterhaltszahlungspflicht in einem Urteil ausgesprochen worden ist, die klare Entscheidung des Gesetzgebers zu entnehmen, daß der Unterhaltsschuldner eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO erheben muß, damit das bisherige Unterhaltsurteil an die neue Rechtslage angepaßt werden kann (so auch ausdrücklich die Entwurfsbegründung der Bundesregierung BT-Drucks. 10/2888, S. 38). Der Gesetzgeber hat sich damit gegen die Anwendung der Vollstreckungsgegenklage entschieden, was hinsichtlich der Ä nderungen der §§ 1573, 1578 Abs. 1 BGB, die dem Bereich der Bedürftigkeit und der Höhe des Unterhaltsbedarfs, also den ohnehin dem wirtschaftlichen Wandel unterliegenden Voraussetzungen zuzuordnen sind, auch nahelag (Jaeger, FamRZ 1986, 737, 741). Auch nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Unterhaltsbegrenzung gemäß § 1573 Abs. 5 BGB im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen (vgl. Senatsurteil vom 15. März 1995 - XII ZR 257/93 - FamRZ 1995, 665, 666). Das ergibt sich im übrigen auch aus einem weiteren Gesichtspunkt: Die Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB können alternativ oder kumulativ zur Anwendung gelangen (Brudermüller aaO S. 651; Hahne aaO S. 310). So ist zum Beispiel denkbar, daß der Unterhalt nach einer Übergangszeit zunächst nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB verringert und nach einer weiteren Zeit gemäß § 1573 Abs. 5 BGB völlig gestrichen wird (siehe die Beispiele bei Hahne aaO). Da das Zusammenspiel der beiden Vorschriften ein einheitliches Verfahren voraussetzt, ergibt sich auch hieraus die Notwendigkeit der Geltendmachung durch Erhebung einer Abänderungsklage, denn die Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB betrifft,
was ersichtlich auch die Revision nicht anders sieht, zweifelsfrei die wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse. Da somit eine Vollstreckungsgegenklage - bereits ungeachtet der Zeitschranke des § 767 Abs. 2 ZPO - nicht in Betracht zu ziehen war, bedurfte es eines entsprechenden Hinweises des Oberlandesgerichts nicht. Aus diesem Grund bleibt auch der mit der Revision verfolgte Hilfsantrag, die Zwangsvollstreckung für die Zeit ab 1. Januar 1997 in dem im einzelnen bezeichneten Umfang für unzulässig zu erklären, ohne Erfolg. 5. Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe die Klage auch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen, ohne dies zu begründen (§ 551 Nr. 7 ZPO), ist ihre Rüge nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei den auf Herabsetzung des Unterhalts auf
den angemessenen Lebensbedarf nach einer Übergangszeit und auf völlige Versagung nach einer weiteren Übergangszeit bzw. auf bloße Herabsetzung des Unterhalts gerichteten Hilfsanträgen handele es sich um bloße Einschränkungen des Berufungsantrags. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Einer gesonderten Begründung für die Abweisung der Hilfsanträge bedurfte es daher nicht. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 54/04 Verkündet am:
17. Mai 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
a) Die Rechtsprechung zum Ausbildungsunterhalt in den so genannten Abitur-LehreStudium
-Fällen ist nicht auf Ausbildungsabläufe übertragbar, in denen nach einem
Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die
Fachhochschule absolviert wird. In solchen Fällen ist nur dann von einer einheitlichen
, von den Eltern zu finanzierenden Berufsausbildung auszugehen, wenn schon
bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich
des späteren Studiums angestrebt wurde (im Anschluss an die Senatsurteile vom
10. Oktober 1990 - XII ZR 111/89 - FamRZ 1991, 320, 321 und vom 30. November
1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416, 417 f.).
b) Die Eltern schulden ihrem Kind aber jedenfalls Unterhalt für eine Berufsausbildung,
die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten
Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält. Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert
deswegen auch dann fort, wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung
der Begabung des Kindes beruht (Fortführung des Senatsurteils vom
12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1058 f.).
c) Im Einzelfall kann der Unterhaltsschuldner auch eine nicht unerhebliche Verzögerung
in der Ausbildung des Kindes hinnehmen müssen, wenn diese unter Berücksichtigung
aller Umstände nur auf ein leichteres, vorübergehendes Versagen des
Kindes zurückzuführen ist.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2006 - XII ZR 54/04 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2006 durch die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz
, Fuchs und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 17. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der am 21. Oktober 1976 geborene Kläger nimmt den Beklagten, seinen Vater, auf Zahlung von Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab November 2002 in Anspruch.
2
Der Beklagte hat nach der Scheidung der Ehe mit der Mutter des Klägers wieder geheiratet; seine zweite Ehefrau ist während des Revisionsverfahrens am 23. April 2005 verstorben. Aus dieser Ehe ist der am 3. März 1992 geborene Sohn S. hervorgegangen.
3
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts erzielte der Beklagte im Jahre 2002 Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 1.962 €, die Mutter des Beklagten ein Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 1.136 €.
4
Der Kläger schloss seine Schulausbildung im Sommer 1993 mit dem Realschulabschluss ab. Danach absolvierte er in der Zeit von 1993 bis 1995 eine Maurerlehre. Sodann besuchte er bis 1998 die Fachoberschule, die er mit der Fachhochschulreife abschloss. Obwohl er bereits in dieser Zeit dahin tendierte , sich auf eine Anwärterstelle im gehobenen Polizeidienst zu bewerben, absolvierte er zunächst bis 1999 seinen Zivildienst. Im gleichen Jahr bestand er die Aufnahmeprüfung für den gehobenen Polizeidienst. Diese Ausbildung gab er zum Jahreswechsel 2001/2002 auf, nachdem er die Zwischenprüfung zweimal nicht bestanden hatte. In der Folgezeit war er bis September 2002 arbeitslos und bezog Leistungen des Arbeitsamts. Seit Oktober 2002 studiert er Architektur ; das Studium wird er voraussichtlich noch im Jahre 2006 abschließen.
5
Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Berücksichtigung seiner Zahlungen für die Zeit von November 2002 bis Januar 2003 zu rückständigem Unterhalt sowie zur Zahlung monatlichen Unterhalts für die Zeit ab Februar 2003 in Höhe von 323 € verurteilt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Beklagten, mit der er weiterhin Klagabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Nach Auffassung des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger Ausbildungsunterhalt bis zum Abschluss seines Architekturstudiums. Allerdings komme ein Unterhaltsanspruch nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "wohl nicht in Betracht". Indes begegne diese Rechtsprechung erheblicher Kritik, die letztlich dazu führe, dass ihr jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zu folgen sei.
8
Angesichts des komplexen Bildungssystems in Deutschland, das auch vorzeitigen Schulabbrechern vielfältige Möglichkeiten eröffne, das Versäumte später nachzuholen, erscheine das starre Festhalten an einer vorgegebenen Ausbildungsreihenfolge auch im Hinblick auf § 1610 Abs. 2 BGB nicht mehr vertretbar und sei jedenfalls nicht mehr mit den Realitäten vereinbar. Insbesondere könne vom Unterhaltsberechtigten nicht verlangt werden, dass er schon mit Verlassen der Schule feste Vorstellungen über seinen künftigen Bildungsweg habe und diese den Eltern bekannt gebe. Den sich stetig ändernden Anforderungen des aktuellen Arbeitsmarktes könne nur derjenige gerecht werden, der "flexibel bleibe und sich von den überkommenen Ausbildungsvorstellungen löse". Vor diesem Hintergrund erscheine auch die Forderung, zwischen den einzelnen Bildungsmaßnahmen müsse ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen, als anachronistisch. Wegen der sich aus § 1610 Abs. 2 BGB ergebenden Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, welche finanzielle Belastung der Eltern mit der Ausbildung ihrer Kinder bislang verbunden gewesen sei. Dem komme hier besondere Bedeutung zu, weil der Beklagte seit dem Jahre 1994 nicht mehr zum Ausbildungsunterhalt herangezogen worden sei. Vor diesem Hintergrund müsse dem Kläger "die Chance des Irrtums gegeben werden". Indem der Kläger das Fachabitur abgelegt, die Aufnahmeprüfung zum Polizeidienst bestanden und das Architekturstudium bislang mit großem Erfolg betrieben habe, habe er gezeigt, dass seine Fähigkeiten durch die Maurerlehre nicht hinreichend gefordert seien.
9
Dem Beklagten sei allerdings ein gewisser Vertrauensschutz zuzubilligen , soweit er durch den Erwerb seiner Eigentumswohnung weitere Verpflichtungen eingegangen sei. Deswegen sei von seinem Nettoeinkommen der hälftige Betrag der den Mietwert seiner Eigentumswohnung übersteigenden Hausbelastungen mit 125 € monatlich abzusetzen. Weiter hat das Oberlandesgericht den vorrangigen Unterhalt des minderjährigen Sohnes S. - gestaffelt nach Alter des Kindes - mit 135 % des Regelbetrags der Düsseldorfer Tabelle berücksichtigt und dem Kläger das hälftige Kindergeld unabhängig von der Befristung nach § 2 Abs. 2 BKGG dauerhaft angerechnet.
10
Auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse beider Eltern ergebe sich deswegen ein Unterhaltsanspruch des Klägers, der den vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag jedenfalls nicht unterschreite.

II.

11
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nur teilweise stand.
12
1. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass dem Kläger kein vertraglicher Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten zusteht. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
13
2. Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der Beklagte dem Kläger dem Grunde nach gesetzlichen Ausbildungsunterhalt schuldet.
14
a) Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Eltern, die ihrem Kind eine solche Berufsausbildung gewährt haben, sind daher nicht mehr verpflichtet, Kosten einer weiteren Ausbildung zu tragen.
15
Ausnahmen hat der Senat nur unter besonderen Umständen angenommen , etwa wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann. Ferner kommt eine fortdauernde Unterhaltspflicht in Betracht, wenn die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war, oder während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich wurde (Senatsurteil vom 30. November 1994 - XII ZR 215/93 - FamRZ 1995, 416 f. m.w.N.; BGHZ 69, 190, 194 = FamRZ 1977, 629 f.).
16
b) Diese Grundsätze hat der Senat für die Fälle modifiziert, in denen ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Grund für die Modifizierung war das zunehmend geänderte Ausbildungsverhalten der Studienberechtigten, die sich durch eine praktische Berufsausbildung eine si- chere Lebensgrundlage schaffen, ein anschließendes Studium aber nicht von vornherein ausschließen wollen. Dabei hat der Senat allerdings wegen des aus § 1610 Abs. 2 BGB abzuleitenden Merkmals der Einheitlichkeit des Ausbildungsganges daran festgehalten, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und die praktische Ausbildung und das Studium sich jedenfalls sinnvoll ergänzen müssen. Er hat es jedoch genügen lassen, dass der Studienabschluss nicht von vornherein, sondern erst nach Beendigung der Lehre gefasst wird, weil es gerade der Eigenart des vom herkömmlichen Bild abweichenden Ausbildungsverhaltens entspricht , dass sich der Abiturient bei Aufnahme der praktischen Ausbildung vielfach noch nicht über ein anschließendes Studium schlüssig ist (Senatsurteile BGHZ 107, 376, 381 ff. = FamRZ 1989, 853, 854 f. und vom 23. Mai 2001 - XII ZR 148/99 - FamRZ 2001, 1601 f.).
17
c) Eine Übertragung dieser für die so genannten Abitur-Lehre-StudiumFälle entwickelten Grundsätze auf Ausbildungsabläufe, in denen nach einem Realschulabschluss zunächst eine Lehre, dann die Fachoberschule und später die Fachhochschule absolviert wird, hat der Senat stets abgelehnt. In solchen Fällen hat er die einzelnen Ausbildungsabschnitte nur dann als einheitliche, von den Eltern zu finanzierende Berufsausbildung angesehen, wenn schon bei Beginn der praktischen Ausbildung erkennbar eine Weiterbildung einschließlich des späteren Studiums angestrebt wurde (Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 111/89 - FamRZ 1991, 320, 321). Denn auch insoweit können die Eltern nicht für die Kosten einer zweiten oder weiteren Ausbildung herangezogen werden, wenn sie ihre Unterhaltspflicht durch Finanzierung einer begabungsgerechten abgeschlossenen Berufsausbildung in rechter Weise erfüllt haben. Dahinter steht der Gedanke, dass die Unterhaltspflicht der Eltern von der Frage mitbestimmt wird, inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind nach einem Schulabschluss und einer zu Ende geführten, in sich geschlossenen Be- rufsausbildung noch eine berufsqualifizierende Ausbildung - gegebenenfalls über weitere Ausbildungsstufen hinweg - anstrebt. Denn die Belange der Unterhaltspflichtigen dürfen insoweit nicht unberücksichtigt bleiben. Die Eltern müssen sich in ihrer eigenen Lebensplanung in etwa darauf einstellen können, wie lange sie mit einer Unterhaltslast zu rechnen haben. Das Ausbildungsunterhaltsverhältnis zwischen Eltern und Kindern ist auch insoweit von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt, als einerseits die Eltern leichtere Verzögerungen oder ein zeitweiliges Versagen hinnehmen müssen, andererseits das Kind seine Ausbildung mit Fleiß und Zielstrebigkeit anzugehen hat.
18
Vor diesem Hintergrund ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsvarianten nach Abschluss des Abiturs einerseits oder der Realschule andererseits, die es rechtfertigen, jeweils auf andere Kriterien abzustellen. Während der Abiturient insbesondere in der Oberstufe mehr an das theoretische Denken herangeführt und damit auf das Hochschulstudium vorbereitet wird, gewährt der Realschulabschluss dem Absolventen eine Vorbildung , die Grundlage für eine praxisorientierte Berufsausbildung sein soll. Hat ein Kind auf dem herkömmlichen schulischen Weg das Abitur und damit die allgemeine Zugangsberechtigung zum Studium erlangt, müssen die Eltern regelmäßig von vornherein mit einer Hochschulausbildung rechnen. Aufgrund der allgemeinen Entwicklung des Ausbildungsverhaltens von Abiturienten müssen sie dabei allerdings gewärtigen, dass eine praktische Ausbildung vorgeschaltet und der Entschluss zu dem fachlich darauf aufbauenden Studium erst anschließend gefasst wird. Eine solche Vorhersehbarkeit ergibt sich demgegenüber nicht ohne weiteres in den Fällen, in denen ein Kind, nachdem es aufgrund seiner Fähigkeiten und seines Leistungswillens einen Haupt- oder Realschulabschluss erreicht hat, im Anschluss an eine Lehre zunächst durch Wiederaufnahme der schulischen Ausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen sucht, um sodann ein Fachhochschulstudium anzuschließen (Senatsurteil vom 30. November 1994 aaO, 417 f. m.w.N.).
19
Das spricht dafür, in den letztgenannten Fällen die Einheitlichkeit der Ausbildung jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Kind nicht von vornherein die Absicht geäußert hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren und die Eltern mit einem derartigen beruflichen Werdegang des Kindes auch nicht aufgrund sonstiger besonderer Anhaltspunkte zu rechnen brauchten. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus der bisherigen schulischen Entwicklung ergeben oder auch in der anschließenden Lehre zeigen, indem sie eine deutliche Begabung, insbesondere in theoretischer Hinsicht, für einen Fachbereich und für eine Weiterbildung auf diesem Gebiet erkennen lassen. Auch wenn sich ein allgemein geändertes Ausbildungsverhalten feststellen ließe, wonach Kinder mit Realschulabschluss in zunehmendem Maße nach einer praktischen Ausbildung die Fachoberschule besuchen und alsdann studieren, kann nichts anderes gelten. Denn wenn sich die schulische Ausbildung (zunächst) auf den Realschulabschluss beschränkt und beim Eintritt in die praktische Ausbildung weder die Absicht besteht, nach deren Abschluss die Fachoberschule zu besuchen und zu studieren, noch sonst nach der erkennbar gewordenen Begabung oder nach der Leistungsbereitschaft und dem Leistungsverhalten des Kindes eine entsprechende Weiterbildung nach Abschluss der Lehre zu erwarten ist, braucht der Unterhaltspflichtige nicht damit zu rechnen, nach dem Abschluss der berufsqualifizierenden praktischen Ausbildung des Kindes zu weiteren Unterhaltsleistungen herangezogen zu werden (Senatsurteil vom 30. November 1994 aaO, 418).
20
3. Auch in anderen Fällen als einer gestuften Ausbildung hat der Senat stets betont, dass die Eltern ihrem Kind jedenfalls Unterhalt für eine Berufsausbildung schulden, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich dabei in den Grenzen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hält (Senatsurteil vom 23. Mai 2001 aaO, 1601).
21
a) Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass die Eltern ihrem Kind ausnahmsweise auch eine zweite Ausbildung finanzieren müssen, wenn sie es in einen unbefriedigenden, seinen Begabungen nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt haben (Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 - XII ZR 124/89 - FamRZ 1991, 322 f. und vom 24. September 1980 - IVb ZR 506/80 - FamRZ 1980, 1115 f.). Dem hat der Senat Fälle gleichgestellt, in denen dem Kind eine angemessene Ausbildung verweigert worden ist und es sich aus diesem Grund zunächst für einen Beruf entschieden hat, der seiner Begabung und seinen Neigungen nicht entspricht. Dabei hat der Senat ausdrücklich ausgeführt , dass die in der bisherigen Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen von dem Grundsatz der Verpflichtung zur Finanzierung nur einer Ausbildung keineswegs als abschließender, andere Fallgruppen ausschließender Katalog verstanden werden können (Senatsurteil vom 24. Oktober 1990 aaO, 323).
22
Eine fortdauernde Unterhaltspflicht der Eltern hat der Senat deswegen auch für die Fälle angenommen, in denen die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht. Auch in solchen Fällen haben die Eltern ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer angemessenen Berufsausbildung noch nicht in rechter Weise erfüllt und sind im Einzelfall verpflichtet , dem Kind ausnahmsweise eine angemessene zweite Ausbildung zu finanzieren (Senatsurteile vom 14. Juli 1999 - XII ZR 230/97 - FamRZ 2000, 420 und vom 12. Mai 1993 - XII ZR 18/92 - FamRZ 1993, 1057, 1058 f.).
23
b) Dabei begegnet es nach ständiger Rechtsprechung des Senats keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Frage, ob der Erstausbildung des Kindes eine Fehleinschätzung seiner Begabung zugrunde lag, nach den Verhältnissen beurteilt wird, die sich erst nach Beendigung dieser Ausbildung ergeben haben. Zwar ist die Frage der beruflichen Eignung eines Kindes grundsätzlich aus der Sicht bei Beginn der Ausbildung und den zu dieser Zeit zutage getretenen persönlichen Anlagen und Neigungen zu beantworten (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 - IVb ZR 547/80 - FamRZ 1981, 437, 438). Um eine unangemessene Benachteiligung von so genannten Spätentwicklern zu vermeiden, gilt dies aber schon dann nicht, wenn sich später herausgestellt hat, dass die zunächst getroffene Entscheidung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht (Senatsurteile vom 24. Oktober 1990 aaO und vom 14. Juli 1999 aaO). Nur auf diese Weise lässt sich eine unangemessene Benachteiligung des im Rahmen der späteren Ausbildung besonders erfolgreichen Kindes vermeiden.
24
c) Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsberechtigten eine Berufsausbildung zu ermöglichen, steht zwar dessen Obliegenheit gegenüber , die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kann der Unterhaltsschuldner jedoch Verzögerungen in der Ausbildung des Kindes hinnehmen müssen, die auf ein leichteres, nur vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen sind (Senatsurteile vom 12. Mai 1993 aaO, 1059 und vom 14. Juli 1999 aaO, 421). Deswegen steht der Verpflichtung der Eltern zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt nicht entgegen, dass ein Kind die später zu finanzierende Ausbildung ohne gewichtiges Verschulden nicht sogleich nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts begonnen und zielstrebig fortgeführt hat. In solchen Fällen hat eine Obliegenheitsverletzung des Kindes jedenfalls kein solches Gewicht, dass sie die schwerwiegende Folge eines Verlustes des Unterhaltsanspruchs nach sich ziehen muss.
25
d) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer begabungsgerechten Ausbildung jedoch auch dann nicht schrankenlos gewährleistet.
26
Je älter ein Kind bei Aufnahme einer Ausbildung ist und je eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet, desto mehr tritt die Elternverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg zurück. Die hinsichtlich der Angemessenheit der weiteren Ausbildung zu stellenden Anforderungen bedürfen deshalb mit zunehmendem Alter des Kindes der besonders sorgfältigen Prüfung (Senatsurteil vom 14. Juli 1999 aaO, 421 f.).
27
Auch wenn das Kind noch keine oder keine angemessene Berufsausbildung erfahren hat, kann eine besonders lange Verzögerung dazu führen, dass sein Ausbildungsanspruch entfällt und es sich daher seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Tätigkeiten oder aufgrund sonstiger Begabungen und Fertigkeiten verdienen muss (Senatsurteil vom 4. März 1998 - XII ZR 173/96 - FamRZ 1998, 671, 672).
28
4. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberlandesgericht dem Grunde nach eine fortdauernde Unterhaltspflicht des Beklagten angenommen, ohne dass dies der Rechtsprechung des Senats widerspricht.
29
a) Das Studium der Architektur bildet allerdings auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausbildungsabschnitte des Klägers keine einheitliche Berufsausbildung mit der zuvor abgeschlossenen Maurerlehre. Dabei kann dahinstehen , ob der im Interesse des Vertrauensschutzes des Unterhaltspflichtigen von der Rechtsprechung des Senats verlangte sachliche Zusammenhang beider Ausbildungen gegeben ist. Der unmittelbar an die Lehre anschließende Besuch der Fachoberschule bis zur Fachhochschulreife ist als Voraussetzung des aufbauenden Ausbildungsgangs unverzichtbarer Bestandteil einer einheitlichen Ausbildung. Auch der im Anschluss daran absolvierte Zivildienst hat die Ausbildung zwar unterbrochen, steht ihrer Einheitlichkeit aber nicht entgegen, weil der Kläger damit lediglich seine gesetzliche Verpflichtung erfüllt hat, wenngleich er dieser Pflicht mit einem früheren Eintritt in den Polizeidienst hätte entgehen können.
30
Um einen einheitlichen Ausbildungsgang im Sinne der Rechtsprechung des Senats handelt es sich hier aber deswegen nicht, weil der Kläger eine derart gestufte Ausbildung mit einem Studium der Architektur als Abschluss nicht seit Beginn der praktischen Ausbildung bis zum Beginn des Studiums kontinuierlich verfolgt hat. Dabei kann ebenfalls dahinstehen, ob der Kläger bei Beginn seiner Maurerlehre eine solch gestufte Ausbildung einschließlich des späteren Studiums der Architektur oder jedenfalls des - artverwandten - Studiums zum Bauingenieur angestrebt hatte und ob dieses auch erkennbar geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 10. Oktober 1990 aaO). Denn spätestens mit Aufnahme der Ausbildung zum gehobenen Polizeidienst im Jahre 1999 hat der Kläger eine solche Absicht aufgegeben und eine andersartige Ausbildung begonnen, für die er wegen der im Polizeidienst erzielten eigenen Einkünfte keiner Unterhaltsleistungen des Beklagten mehr bedurfte.
31
b) Das Oberlandesgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass es eine Fehleinschätzung war, die Maurerlehre würde für den Kläger eine angemessene Berufsausbildung im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB darstellen. Zum einen berücksichtigte diese Ausbildung seine Begabung und Fähigkeiten nicht hinreichend. Auch der Beklagte hatte ihm ursprünglich selbst empfohlen, später noch ein Studium aufzunehmen. Andererseits hat auch die hier ausnahmsweise zu berücksichtigende weitere Entwicklung unzweifelhaft gezeigt, dass der Kläger mit seiner Maurerlehre und einer Berufstätigkeit auf dieser Grundlage unterfordert gewesen wäre. Er hat in der Folgezeit erfolgreich die Fachoberschule besucht und die Fachhochschulreife erworben. Außerdem hat er die Einstellungsprüfung zum gehobenen Polizeidienst bestanden. Dass der Kläger die Zwischenprüfung in diesem Dienst zweimal nicht bestanden hat, steht dem nicht entgegen, weil er unstreitig intellektuell dazu in der Lage gewesen wäre und mit den Prüfungsergebnissen lediglich eine freiwillige Beendigung des Polizeidienstes mit der Folge einer Rückzahlung des Ausbildungsentgeltes vermeiden wollte. Für seine besonderen Fähigkeiten und seinen Einsatzwillen, denen der Abschluss einer Maurerlehre nicht annähernd gerecht wird, spricht aber insbesondere der Umstand, dass der Kläger sein Architekturstudium nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jetzt "mit großem Erfolg" betreibt.
32
c) Einer Fortdauer der Unterhaltspflicht des Beklagten steht auch nicht entgegen, dass der Kläger vor Beginn des Studiums für mehr als zwei Jahre im gehobenen Polizeidienst tätig war, bevor er diesen Berufsweg nach den nicht bestandenen Zwischenprüfungen beendete. Wie schon ausgeführt, steht der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung auf Seiten des Unterhaltsberechtigten zwar die Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu absolvieren. Abhängig von Alter und Einsichtsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten muss der Unterhaltspflichtige aber Verzögerungen der Ausbildung hinnehmen, die nur auf einem vorübergehenden leichten Versagen des Kindes beruhen. So liegt der Fall hier:
33
Der Kläger, der im Alter von 16 Jahren nach dem Realschulabschluss zunächst eine Maurerlehre durchgeführt hatte, sah nach Erreichen der Fachhochschulreife den gehobenen Polizeidienst als den seinen Neigungen am Besten entsprechenden Ausbildungsgang an. Wenn er sich dabei mangels hinreichender Kenntnisse von diesem Berufsbild geirrt hat, liegt darin kein so gravierendes Verschulden, dass es den vollständigen Wegfall seines Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt rechtfertigen könnte. Insbesondere ist dem Kläger unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar, dass er den Dienst nicht früher abgebrochen, sondern erst nach den nicht bestandenen Zwischenprüfungen beendet hat (vgl. auch Senatsurteil vom 15. Juni 1994 - XII ZR 38/93 - NJW 1994, 2362, 2363). Bei der Bewertung dieser Fehleinschätzung seiner Neigungen kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Vergangenheit stets bemüht hatte, den Beklagten nicht übermäßig finanziell zu belasten. Der Kläger hat lediglich im ersten Jahr seiner Maurerlehre bei dem Beklagten gewohnt und ihn in der Folgezeit bis zum Beginn des Studiums nicht mehr auf Unterhalt in Anspruch genommen. Zwar kann ein Kind, das eine seinen Anlagen entsprechende Ausbildung erhalten hatte, von seinen Eltern nicht deswegen die Kosten für eine weitere, bessere Ausbildung beanspruchen, weil die Eltern für die erste Ausbildung keine finanziellen Beiträge geleistet haben (Senatsurteil vom 25. Februar 1981 aaO). Die Verpflichtung zur Gewährung von Ausbildungsunterhalt ist deshalb grundsätzlich unabhängig von der Höhe der Kosten einer vorangegangenen Ausbildung oder eines vorangegangenen Ausbildungsabschnitts. Die fehlende Unterhaltsbedürftigkeit in der Vergangenheit spricht aber gegen ein grobes Verschulden des Klägers im Rahmen seiner Fehleinschätzung beim Eintritt in den gehobenen Polizeidienst.
34
Hinzu kommt hier, dass der Beklagte mit dem Kläger und seiner Mutter über Unterhaltszahlungen für die weitere Ausbildung verhandelt hat. Dabei ist nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts zwar keine Einigung über die Höhe des Unterhalts zustande gekommen. Der Beklagte hat die weitere Ausbildung des Klägers durch Aufnahme eines Studiums aber auch nicht abgelehnt. Daran muss er sich jetzt festhalten lassen, was einer Obliegenheitsverletzung durch den Kläger entgegensteht.
35
Dem Grunde nach schuldet der Beklagte dem Kläger deswegen noch eine angemessene Berufsausbildung im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB, die seiner Begabung, seinen Fähigkeiten, seinem Leistungswillen und seinen beachtenswerten Neigungen entspricht.
36
5. Das Berufungsurteil kann aber keinen Bestand haben, weil es zur Höhe des Unterhaltsanspruchs des Klägers von der Rechtsprechung des Senats abweicht.
37
Das Oberlandesgericht hat den entsprechend seinen Leitlinien nach einem festen Satz bemessenen Unterhaltsbedarf des studierenden Klägers anteilig nach den Einkommensverhältnissen auf den Beklagten und die Mutter des Klägers verteilt. Von der sich daraus ergebenden Unterhaltslast des Beklagten hat es das für den Kläger gezahlte hälftige Kindergeld abgesetzt. Diese Berechnung widerspricht der neueren Rechtsprechung des Senats zur Anrechnung des staatlichen Kindergelds auf den Unterhaltsbedarf volljähriger Kinder.
38
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings von einem festen Unterhaltsbedarf des volljährigen Klägers aus, für den die Eltern anteilig einzustehen haben (Leitlinien der Oberlandesgerichte Ziff. 13.1.1 und 13.1.2; vgl. auch Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 368 ff., 383 ff.; zur anteiligen Haftung vgl. auch Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 816 f.).
39
b) Auf diesen Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist nach der neueren Rechtsprechung des Senats das staatliche Kindergeld allerdings in voller Höhe anzurechnen (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 aaO, 101 ff.). Das Kindergeld entlastet damit den unterhaltspflichtigen Beklagten nicht lediglich hälftig , sondern entsprechend seines sich aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Eltern ergebenden Anteils an der Unterhaltslast. Der un- gedeckte Unterhaltsbedarf des Klägers, für den der Beklagte und die Mutter des Klägers nach ihren Einkommensverhältnissen anteilig haften, betrug während der Zeit des Bezugs von Kindergeld bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres (§ 2 Abs. 2 BKGG) mithin nur noch 446 € monatlich (600 € - 154 €).
40
6. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die notwendig gewordene Neuermittlung des vom Beklagten geschuldeten Unterhalts weitere tatsächliche Feststellungen erfordert. Weil mit der Unterhaltsklage ein auch in die Zukunft fortwirkender Unterhaltstitel begehrt wird, beruht die Festsetzung des geschuldeten Unterhalts auf einer Prognose der künftigen Einkommensverhältnisse (vgl. insoweit Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Dem Unterhaltsanspruch des Klägers für die Zeit ab Februar 2003 bis zum voraussichtlichen Abschluss seines Studiums im Jahre 2006 tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2004 nicht hinreichend Rechnung, weil es noch auf die Einkommensverhältnisse im Jahre 2002 abstellt. Soweit das Einkommen des Beklagten und der Mutter des Klägers konkret feststeht, ist dieses der Einkommensberechnung zugrunde zu legen, was eine Prognoseentscheidung ausschließt.
41
Im Übrigen fehlen Feststellungen des Oberlandesgerichts zu dem wirklichen Wohnwert der Eigentumswohnung des Beklagten, zumal dieser nicht mit dem im angemessenen Selbstbehalt enthaltenen Wohnvorteil übereinstimmen muss. Auch den vom Beklagten vor dem Tod seiner zweiten Ehefrau im Rahmen des Familienunterhalts zu tragenden Anteil an der durch den Kauf der Wohnung übernommenen monatlichen Belastung hat das Oberlandesgericht nicht individuell festgestellt.
42
7. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht folgendes zu beachten haben:
43
Das Kindergeld kann den Unterhaltsbedarf des Klägers nur für den Zeitraum decken, in dem es auch tatsächlich gezahlt wird. Eine fiktive Anrechnung kommt hingegen nicht in Betracht. Weil der Kläger im Oktober 2003 das 27. Lebensjahr vollendet hat, dürfte sein Anspruch auf Kindergeld in diesem Monat erloschen sein.
44
Der Beklagte hat nachgewiesen, dass seine zweite Ehefrau am 23. April 2005 verstorben ist. Seit diesem Zeitpunkt muss der Beklagte die unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Kosten für die Finanzierung der Eigentumswohnung allein aufbringen und sich im Gegenzug den vollen Mietwert der Wohnung anrechnen lassen.
45
Ebenfalls seit dieser Zeit muss der Beklagte einerseits die Erziehung und Beaufsichtigung und andererseits den Barunterhalt seines vorrangigen minderjährigen Kindes S. sicherstellen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Denn ab dem Tod seiner zweiten Ehefrau haftet der Beklagte seinem minderjährigen Kind im Wege der Ausfallhaftung sowohl für den Betreuungsunterhalt als auch für den Barunterhalt , was im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (vgl.
insoweit Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1606 Rdn. 17 ff.). Auch das wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Fuchs Dose
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 27.08.2003 - 511 F 291/03 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 17.03.2004 - 2 UF 309/03 -

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 34/03 Verkündet am:
26. Oktober 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das staatliche Kindergeld ist in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen
Kindes anzurechnen.

b) Auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes ist seine - um eine Ausbildungspauschale
verminderte - Ausbildungsvergütung ebenfalls in vollem Umfang bedarfsdeckend
anzurechnen.

c) Beides gilt auch dann, wenn das Kind noch im Haushalt eines Elternteils lebt, der
mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03 - OLG Zweibrücken
AG Kandel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 25. Juli 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers auch für die Zeit ab 1. September 2001 zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Kandel vom 14. November 2001 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten keinen höheren Unterhalt schuldet, als monatlich 307,58 DM für die Zeit von Juli bis August 2001, monatlich 37,50 DM für die Zeit von September bis Dezember 2001 und monatlich 15,55 € für die Zeit ab Januar

2002.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz hat der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen der Kläger zu 1/14 und die Beklagte zu 13/14. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Wege der negativen Feststellungsklage um die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten, seiner volljährigen Tochter.
2
Im Scheidungsverfahren des Klägers und der Mutter der Beklagten wurde dem Kläger durch einstweilige Anordnung aufgegeben, an die drei gemeinsamen Töchter Kindesunterhalt in Höhe von jeweils monatlich 365,75 DM sowie an den Sohn Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 212,75 DM zu zahlen. Die Unterhaltspflicht für die älteste Tochter und den Sohn ist inzwischen entfallen. Neben der Beklagten ist noch ihre am 23. Oktober 1984 geborene Schwester unterhaltsberechtigt.
3
Die Beklagte lebt im Haushalt ihrer wieder verheirateten Mutter. Seit September 2001 befindet sie sich in einer vom Arbeitsamt geförderten und finanzierten Berufsausbildung. Die Ausbildungsvergütung beläuft sich auf monatlich 550 DM (= 281,20 €). Zusätzlich erhält die Beklagte Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von monatlich 43,50 DM (= 22,25 €).
4
Die Mutter der Beklagten ist seit September 2001 selbständig tätig und erzielt keine Einkünfte, die ihren angemessenen Selbstbehalt übersteigen.
5
Der Kläger erzielt ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von monatlich 3.322,20 DM (= 1.698,61 €).
6
In erster Instanz hat der Kläger vollständigen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit ab (richtig) Juli 2001 begehrt. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass er ab diesem Zeitpunkt keinen höheren Unterhalt als monatlich 307,58 DM schuldet, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er die Feststellung begehrt, der Beklagten keinen höheren Unterhalt mehr zu schulden als monatlich 207,58 DM für die Monate Juli und August 2001, monatlich 37,50 DM für die Zeit von September bis Dezember 2001 und monatlich 15,55 € für die Zeit ab Januar 2002, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge für die Zeit ab September 2001 weiter verfolgt.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Feststellung der verminderten Unterhaltspflicht des Klägers.

A.

8
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen, weil der Beklagten auch für die Zeit ab Juli 2001 ein monatlicher Unterhaltsanspruch jedenfalls in Höhe des vom Amtsgericht festgestellten Betrages zustehe. Zwar schulde allein der Kläger Barunterhalt für die Beklagte, weil deren Mutter keine Einkünfte erziele, die den angemessenen Selbstbehalt überstiegen. Gleichwohl sei das von der Mutter bezogene Kindergeld gemäß § 1612 b Abs. 2 BGB nur hälftig auf den Barunterhaltsanspruch der Beklagten anzurechnen. Das gelte auch in Fällen, in denen - wie hier - das volljährige Kind im Haushalt eines Elternteils lebe, der wegen Leistungsunfähigkeit nicht barunterhaltspflichtig sei. Dessen Unterhaltsanteil liege darin, dass er dem Kind entsprechend seiner Leistungsfähigkeit Naturalunterhalt leiste, wie die Gewährung der Wohnung und die Mitversorgung. Weil die Mutter den Gesamtbedarf der Beklagten teilweise durch Gewährung von Naturalunterhalt abdecke, erscheine es nur konsequent, auch die Ausbildungsvergütung der Beklagten anteilig auf den von der Mutter geleisteten Naturalunterhalt und den vom Kläger geschuldeten Barunterhalt anzurechnen. Hier erscheine eine Quotelung der Ausbildungsvergütung mit 2/5 zu 3/5 zugunsten des barunterhaltspflichtigen Klägers angemessen.
9
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

B.

I.

10
Die negative Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger ist durch eine einstweilige Anordnung im Scheidungsverbund nach § 620 Nr. 2 ZPO zu Unterhaltsleistungen an die Beklagte verurteilt worden, die wegen der Identität des Unterhaltsanspruchs volljähriger Kinder mit dem Minderjährigenunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1984 - IVb ZR 72/82 - FamRZ 1984, 682) fortgilt. Nach Rechtskraft des Scheidungsurteils ist eine Abänderung der einstweiligen Anordnung nach § 620 b ZPO nicht mehr zulässig, so dass der Unterhaltsschuldner auf eine negative Feststellungsklage verwiesen ist (Senatsurteil vom 9. Februar 1983 - IVb ZR 343/81 - FamRZ 1983, 355, 356). Dem neuen Unterhaltsverfahren steht auch nicht die Existenz der einstweiligen Anordnung entgegen , weil diese nur in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 42, 75 f. m.w.N.).

II.

11
Die Feststellungsklage ist auch begründet, weil der Kläger der Beklagten jedenfalls keinen höheren Unterhalt schuldet, als er mit seiner Klage noch festzustellen begehrt.
12
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings den Unterhaltsbedarf der Beklagten auf der Grundlage der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle allein nach den Einkünften des Klägers bemessen.
13
Zwar endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit die elterliche Sorge im Rechtssinne und als Teil hiervon die - insbesondere die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes umfassende - Personensorge (§§ 1626, 1631 BGB). Zugleich tritt an die Stelle des entfallenen Betreuungsbedarfs ein erhöhter Barunterhaltsbedarf. Damit entfällt nach dem Gesetz die Grundlage für eine Gleichbewertung von Betreuungs- und Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall etwa ein volljähriges Kind weiter im Haushalt eines Elternteils lebt und von diesem noch gewisse Betreuungsleistungen erhält. Vom Eintritt der Volljährigkeit an besteht nach dem Gesetz kein rechtfertigender Grund, weiterhin nur den bisher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil mit dem nunmehr insgesamt in Form einer Geldrente zu entrichtenden Unterhalt zu belasten, wenn auch der andere Elternteil über Einkünfte verfügt, die ihm die Zahlung von Unterhalt ermöglichen (Senatsurteil vom 9. Januar 2002 - XII ZR 34/00 - FamRZ 2002, 815, 816 f.). Zugleich bestimmt sich damit die Lebensstellung der Beklagten, also ihr angemessener Unterhaltsbedarf, nicht mehr allein nach dem Einkommen des früher allein barunterhaltspflichtigen Klägers, sondern nach den zusammengerechneten Einkünften beider Elternteile , die anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen für den Unterhalt aufzukommen haben (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB; Senatsurteil vom 2. März 1994 - XII ZR 215/92 - FamRZ 1994, 696, 698). Dabei schuldet nach ständiger Rechtsprechung ein Elternteil allerdings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines Einkommens aus der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ergibt (vgl. auch Leitlinien der Oberlandesgerichte Ziff. 13.1.1).
14
Im Einklang mit dieser ständigen Rechtsprechung - und von der Revision auch nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten zu Recht mit 734 DM für die Zeit bis Dezember 2001 und mit 377 € für die Zeit ab Januar 2002 bemessen.
15
2. Auch soweit das Berufungsgericht die Ausbildungsvergütung der Beklagten um die zusätzlich gezahlten Fahrtkosten erhöht und davon den - höheren - pauschalen ausbildungsbedingten Mehrbedarf abgesetzt hat (vgl. Anm. 8 zur Düsseldorfer Tabelle), bestehen dagegen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken. Daraus ergibt sich ein unterhaltsrelevanter Anteil der Ausbildungsvergütung für die Zeit bis Dezember 2001 in Höhe von 433,50 DM (550 DM Ausbildungsvergütung + 43,50 DM Fahrtkosten - 160 DM ausbildungsbedingter Mehrbedarf) und für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von 218,45 € (281,20 € Ausbildungsvergütung + 22,25 € Fahrtkosten - 85 € ausbildungsbedingter Mehrbedarf).
16
Soweit das Berufungsgericht auf den Unterhaltsbedarf der Beklagten allerdings nur einen Teil dieser Ausbildungsvergütung angerechnet hat, widerspricht dieses der Rechtsprechung des Senats.
17
Die Ausbildungsvergütung, die ein volljähriges Kind erhält, ist als Einkommen zu berücksichtigen und deswegen - nach Abzug berufsbedingten Mehrbedarfs - in voller Höhe bedarfsmindernd anzurechnen (Senatsurteil vom 8. April 1981 - IVb ZR 559/80 - FamRZ 1981, 541, 542 f.). Damit verringert die Ausbildungsvergütung die Bedürftigkeit des mit Volljährigkeit nur noch barunterhaltsberechtigten Kindes in vollem Umfang.
18
Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist ab Eintritt der Volljährigkeit auch kein Grund dafür ersichtlich, zu Lasten des allein barunterhaltspflichtigen Klägers der nicht leistungsfähigen Mutter der Beklagten Anteile der Ausbildungsvergütung zuzurechnen. Seit der Volljährigkeit der Beklagten schuldet die Mutter ihr auch keinen Betreuungsunterhalt mehr. Soweit sie ihr gleichwohl Betreuungsleistungen erbringt, stellen diese sich als freiwillige Leistungen dar, die unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleiben müssen. Die Beklagte kann mit ihrem eigenen Einkommen und mit dem vom Kläger geschuldeten Barunterhalt ihren gesamten Unterhaltsbedarf einschließlich des Wohnungsbedarfs abdecken. Denn die von ihm geschuldeten Unterhaltsbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle schließen nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch den Wohnbedarf des Kindes mit ein (Senatsurteile vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423, 424 [unter 4 a] und vom 12. Juli 1989 - IVb ZR 66/88 - FamRZ 1989, 1160, 1163; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 214). Zusammen mit den Unterhaltsleistungen des Klägers in Höhe des ungedeckten Barbedarfs nach der vierten Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle ist die Beklagte deswegen in der Lage, ihrer Mutter Ersatz für eventuelle Naturalleistungen durch Wohnungsgewährung oder Verköstigung zu leisten.
19
3. Auch die hälftige Teilung des Kindergeldes zwischen dem barunterhaltspflichtigen Kläger und der nicht leistungsfähigen Mutter der Beklagten hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Allerdings ist die Frage, in welchem Umfang das an die nicht leistungsfähige Mutter eines volljährigen Kindes gezahlte Kindergeld auf den Barunterhalt anzurechnen ist, in Rechtsprechung und Literatur seit langem umstritten.
20
a) Teilweise wird die Auffassung vertreten, das Kindergeld sei in Anwendung des § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB zwischen den Eltern hälftig aufzuteilen, auch wenn nur ein Elternteil Barunterhalt schulde, während der andere Elternteil , bei dem das volljährige Kind wohne, nicht leistungsfähig sei. In solchen Fällen würden dem Kind in aller Regel Naturalleistungen durch die gemeinsame Haushaltsführung erbracht, auch wenn sie nicht geschuldet seien. Die Vorschrift des § 1612 b Abs. 3 BGB sei auf solche Fälle nicht anwendbar, weil nicht nur der barunterhaltspflichtige Elternteil, sondern auch der Elternteil, bei dem das Kind wohne, Anspruch auf Kindergeld habe (OLG Celle - 21. Zivilsenat - FamRZ 2003, 1408 f.; OLG Celle - 17. Zivilsenat - FamRZ 2001, 47, 48; OLG Nürnberg FamRZ 2000, 687, 688; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1106 f. [differenzierend ]; Soyka FuR 2005, 97, 99 ff.; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 515; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3251; Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 3388; AnwKBGB /Saathoff BGB § 1612 b Rdn. 10; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. Kap. VI Rdn. 157 a).
21
b) Überwiegend wird in Rechtsprechung und Literatur allerdings die Auffassung vertreten, dass § 1612 b Abs. 3 BGB entsprechend anwendbar sei, wenn nur ein Elternteil Barunterhalt zu leisten in der Lage sei, während der andere Elternteil das Kindergeld ausgezahlt erhalte, weil das volljährige Kind noch bei ihm wohne. Die hälftige Aufteilung des Kindergeldes nach § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB beruhe auf dem Grundgedanken, dass beide Eltern für ein minderjähriges Kind in gleichem Umfang Unterhalt erbringen, der eine in Form des Naturalunterhalts, der andere in Form von Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Weil es in solchen Fällen nach dem Halbteilungsgrundsatz geboten sei, das Kindergeld je zur Hälfte auf die beiden Eltern aufzuteilen, ermögliche § 1612 b Abs. 1 BGB eine entsprechende Verrechnung auf den geschuldeten Unterhalt. Weil aber dem volljährigen Kind kein - grundsätzlich gleichwertiger - Betreuungsunterhalt mehr geschuldet sei, passe die Regelung des § 1612 b Abs. 1 BGB nicht als Verrechnungsanordnung. Die Argumentation der Gegenmeinung , die darauf abstelle, dass der nicht barleistungsfähige Elternteil dem Kind gleichwohl noch Naturalleistungen erbringe, berücksichtige nicht, dass solche Leistungen dem volljährigen Kind nicht mehr geschuldet seien. Eine zusätzliche Naturalleistung mindere einerseits den Bedarf des Kindes, werde andererseits aber nicht zur Entlastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils erbracht , weshalb dieser gleichwohl den vollen Barunterhalt schulde. Damit erhalte das volljährige Kind mehr, als ihm nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien als voller Unterhaltsbedarf zustehe (OLG Koblenz NJW-RR 2005, 586, 587 f.; OLG Koblenz FamRZ 2004, 562, 563; OLG Stuttgart FamRZ 2004, 219 f.; OLG Celle - 15. Zivilsenat - FamRZ 2004, 218 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 553 f.; OLG Braunschweig FamRZ 2000, 1246 f.; OLG Schleswig - 5. Familiensenat - FamRZ 2000, 1245 f.; OLG Schleswig - 4. Familiensenat - FamRZ 2000, 1245; Schwonberg JAmt 2001, 310, 311; Palandt/Diederichsen BGB 64. Aufl. § 1612 b Rdn. 6; MünchKomm/Born BGB 4. Aufl. § 1612 b Rdn. 53, 57; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil V Rdn. 188 [für Unterhalt über dem Existenzminimum]; Göppinger/Wax/Häußermann Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 789; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 831; Juris PK/Viefhues BGB § 1612 b Rdn. 12; Hoppenz/Hülsmann Familiensachen 8. Aufl. § 1612 b Rdn. 8; Weinreich /Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1612 b Rdn. 34).
22
c) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
23
aa) Das staatliche Kindergeld nach den Vorschriften des BKGG und den §§ 62 ff. EStG dient dem allgemeinen Familienlastenausgleich. Es ist eine öffentliche Sozialleistung, die den Eltern gewährt wird, um ihnen die Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern. Nach dem Grundgedanken der glei- chen Beteiligung beider Eltern an der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) steht grundsätzlich auch das Kindergeld beiden Eltern zu gleichen Teilen zu. Lediglich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wird das Kindergeld gemäß § 64 Abs. 1 EStG nur an einen Berechtigten ausgezahlt. Den internen Ausgleich unter den Eltern hat die Praxis stets im Rahmen des Kindesunterhalts oder, sofern ein solcher nicht geschuldet ist, mittels eines familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs durchgeführt (Senatsurteil BGHZ 161, 124, 135 f. = FamRZ 2005, 347, 350).
24
Da mit dem Kindergeld die Unterhaltslast im Ganzen, also die Unterhaltslast aller Unterhaltspflichtigen erleichtert werden soll, muss das Kindergeld unterhaltsrechtlich , wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, ohne Rücksicht darauf, wer öffentlich-rechtlich als Empfangsberechtigter bestimmt ist und wem das Kindergeld ausbezahlt wird, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen. Deswegen musste schon nach der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Rechtslage, wenn das Kindergeld an einen von mehreren Berechtigten gezahlt wird, unter mehreren Unterhaltspflichtigen ein Ausgleich stattfinden, wobei es der Senat im allgemeinen für angemessen erachtet hat, den Ausgleich entsprechend den Anteilen der Unterhaltspflichtigen an der Erfüllung der Unterhaltspflicht vorzunehmen (BGHZ 70, 151, 154 = FamRZ 1978, 177, 178 f.; Senatsurteile vom 8. Oktober 1980 - IVb ZR 533/80 - FamRZ 1981, 26; vom 26. Mai 1982 - IVb ZR 715/80 - FamRZ 1982, 887, 889 und vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607, 609).
25
Wenn ein minderjähriges unverheiratetes Kind von seinen Eltern in der Weise unterhalten wird, dass der eine Elternteil das Kind pflegt und erzieht und der andere für den Barunterhalt aufkommt, so ist darin regelmäßig eine Unterhaltsleistung der Eltern zu gleichen Anteilen zu erblicken (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) mit der Folge, dass ihnen das Kindergeld je zur Hälfte zusteht. Entspre- chend sieht § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB für solche Fälle jetzt auch ausdrücklich einen hälftigen Ausgleich des Kindergeldes vor.
26
Ist hingegen nur ein Elternteil einem volljährigen Kind (bar-)unterhaltspflichtig , widerspräche es dem Zweck des Kindergeldes als einer Erleichterung der Unterhaltslast im Ganzen, wenn das Kindergeld ihm - jedenfalls bis zur Höhe seiner Unterhaltsleistungen - nicht allein zugerechnet würde. Denn er haftet mit Eintritt der Volljährigkeit für den erhöhten Barunterhalt allein, während der Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegen den anderen Elternteil entfallen ist (Senatsurteil vom 2. März 1994 aaO). Eine Aufteilung des Kindergeldes kommt nach dessen Zweck dann nur noch insoweit in Betracht, als die Eltern den noch geschuldeten Barunterhalt anteilig erbringen. Eine solche Aufteilung lässt sich am einfachsten dadurch erreichen, dass das Kindergeld bedarfsdeckend auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes angerechnet wird und damit beide Elternteile entsprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet. Dabei ist unerheblich, welcher Elternteil hinsichtlich des Kindergeldes bezugsberechtigt ist, weil das volljährige Kind gegen diesen - vorbehaltlich eines eigenen Bezugsrechts nach § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG - im Innenverhältnis einen Anspruch auf Auskehr oder Verrechnung mit erbrachten Naturalleistungen hat.
27
bb) Daran hat sich durch die zum 1. Juli 1998 neu geschaffene Vorschrift des § 1612 b BGB nichts geändert. Denn diese Vorschrift regelt den häufig vorkommenden Fall nicht, dass ein Elternteil, bei dem das volljährige Kind wohnt und der deswegen das Kindergeld bezieht, nicht leistungsfähig und daher nicht barunterhaltspflichtig ist (vgl. insoweit auch Wendl/Scholz aaO Rdn. 515; Soyka aaO S. 100).
28
§ 1612 b Abs. 1 BGB, der nur eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes vorsieht, wenn das Kindergeld nicht an den barunterhaltspflichtigen Elternteil ausbezahlt wird, knüpft an die Gleichwertigkeit des Barunterhalts mit dem Betreuungsunterhalt für minderjährige Kinder nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB an. In solchen Fällen entspricht es dem Sinn des Kindergeldes als Familienlastenausgleich und der gleichen Beteiligung beider Eltern an der Unterhaltspflicht, wenn zur Entlastung auch das Kindergeld hälftig zwischen ihnen aufgeteilt wird. Eine solche Verrechnung ist aber dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn nur ein Elternteil Unterhaltsleistungen für das gemeinsame Kind erbringt, während der andere dazu nicht in der Lage ist. Zwar sieht § 1612 b Abs. 2 BGB auch für den Fall einer Barunterhaltspflicht beider Elternteile grundsätzlich einen hälftigen Ausgleich des Kindergeldes vor. Voraussetzung dafür ist aber, dass beide Eltern überhaupt unterhaltspflichtig sind und Unterhaltsleistungen erbringen. Außerdem ist der hälftige Ausgleich bei einer Unterhaltspflicht gegenüber - evtl. fremd untergebrachten - minderjährigen Kindern auch deshalb geboten, weil von beiden Elternteilen neben dem Barunterhalt in gewissem Umfang Betreuungsunterhalt geschuldet wird. Erbringt hingegen nur ein Elternteil Unterhaltsleistungen , während der andere dazu nicht in der Lage ist, handelt es sich schon nicht um einen Fall eines gebotenen Ausgleichs. In solchen Fällen ist nach dem Zweck des Kindergeldes als Familienlastenausgleich dem allein Unterhaltspflichtigen auch die volle Entlastung zuzubilligen. Umgekehrt wäre es auch nicht verständlich, einem Elternteil die Hälfte des Kindergelds zu belassen , obwohl er dem Kind keinerlei Unterhaltsleistungen schuldet.
29
Soweit die Gegenmeinung darauf abstellt, dass auch volljährige Kinder durch das Zusammenleben mit dem nicht barunterhaltspflichtigen Elternteil Naturalleistungen erhielten, überzeugt dieses nicht. Denn jedenfalls wenn mit der Unterhaltsleistung eines Elternteils der gesamte Unterhaltsbedarf des Kindes gedeckt ist, bleibt für weitere Unterhaltsansprüche des Kindes kein Raum.
Vielmehr ist es ihm zumutbar, an den nicht leistungsfähigen Elternteil für dessen Naturalleistungen wie Gewährung der Wohnung, Verpflegung und ähnliches Anteile des vom anderen Ehegatten erhaltenen vollen Barunterhalts abzuführen. Dann handelt es sich bei den Leistungen des die Wohnung gewährenden Ehegatten um entgeltliche Leistungen und nicht um Unterhaltsleistungen. Gewährt der nicht leistungsfähige Elternteil solche Naturalleistungen hingegen unentgeltlich, handelt es sich dabei um freiwillige Leistungen, die den barunterhaltspflichtigen Ehegatten nicht entlasten und für die ein Ausgleich durch das Kindergeld deshalb nicht vorgesehen ist.
30
Somit macht es auch keinen Unterschied, ob ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr noch eine allgemeine Schulausbildung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert ist, oder ob ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind während der Ausbildung eine eigene Wohnung unterhält. Denn auch in diesen Fällen soll das Kindergeld nur den allein barunterhaltspflichtigen Elternteil entlasten.
31
Auch aus Sicht des nicht leistungsfähigen Elternteils und des volljährigen Kindes ist eine vollständige Entlastung des dem Kind allein barunterhaltspflichtigen Elternteils um das volle Kindergeld geboten. Soweit der nicht (bar-) leistungsfähige Elternteil gleichwohl Naturalleistungen durch Wohnungsgewährung und im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung erbringt, kann er dafür zwar das erhaltene Kindergeld einsetzen. Im Unterschied zur Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind erfüllt er damit aber keine zusätzliche eigene Unterhaltspflicht, sondern entlastet im Umfang seiner Leistungen den allein (bar-)unterhaltspflichtigen Elternteil. In diesem Umfang wird das Kindergeld also ebenfalls - in Form von Naturalleistungen - bedarfsdeckend eingesetzt und entlastet deswegen den allein für den Barbedarf unterhaltspflichtigen Elternteil. Erbringt der nicht (bar-)leistungsfähige Elternteil hingegen keine Natu- ralleistungen oder nur solche in einem Umfang, der die Höhe des vollen Kindergeldes nicht erreicht, steht dem Kind im Übrigen unterhaltsrechtlich ein Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes zu, weil es sonst beim nicht leistungsfähigen (und auch nicht leistenden) Elternteil verbliebe und es deswegen den Zweck einer Entlastung von der Unterhaltspflicht nicht erreichen könnte. In beiden Fällen wird die dem allein unterhaltspflichtigen Elternteil zustehende Entlastung durch bedarfsdeckende Naturalleistungen oder eine ebenfalls bedarfsdeckende Auskehr des Kindergeldes erreicht. Für die volle bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergeldes kommt es deswegen nicht darauf an, ob das volljährige Kind bei dem nicht (bar-) leistungsfähigen Elternteil wohnt und von diesem Naturalleistungen erhält, oder ob es sich (z.B. als auswärts wohnender Student) in vollem Umfang selbst unterhält und deswegen das Kindergeld zur eigenen Verfügung hat.
32
Dabei kommt es letztlich auch nicht darauf an, ob das volljährige Kind in solchen Fällen nach § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG berechtigt wäre, die Auszahlung des Kindergeldes unmittelbar an sich selbst zu verlangen (vgl. Soyka aaO S. 101 m.w.N. und Hinweis auf die Dienstanweisung des BMF an alle Kindergeldzahlstellen , BStBl. I 2002, 369). Denn unterhaltsrechtlich ist nicht auf die Bezugsberechtigung, sondern auf den Zweck des Kindergeldes als Familienlastenausgleich abzustellen. Die Vorschrift des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG spricht sogar zusätzlich für eine bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergeldes, weil sich aus ihr entnehmen lässt, dass die Eltern volljähriger Kinder durch das Kindergeld nur bis zum Umfang ihrer Unterhaltsleistungen entlastet werden sollen und das Kindergeld im Übrigen dem volljährigen Kind selbst zusteht.
33
cc) Für den Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder bleibt es deswegen bei der anteiligen Entlastung durch das Kindergeld in dem Umfang, in dem beide Eltern zu dem noch geschuldeten Barunterhalt beitragen. Für den Fall der Leistungsunfähigkeit eines Elternteils sieht § 1612 b Abs. 3 BGB die alleinige Entlastung des barunterhaltspflichtigen anderen Elternteils vor. Deshalb ist das Kindergeld nach dieser Vorschrift in voller Höhe auf seine Unterhaltsverpflichtung anzurechnen. Solches muss auch dann gelten, wenn der nicht leistungsfähige Elternteil zwar formell bezugsberechtigt ist, er dem Kind aber keine Unterhaltsleistungen erbringen kann. Im Innenverhältnis steht ihm das Kindergeld dann nicht zu, weil ihn keine Unterhaltspflicht trifft, von der es ihn entlasten könnte.
34
d) Bei der Prüfung der Bedürftigkeit volljähriger Kinder hält der Senat deswegen daran fest, das Kindergeld in vollem Umfang bedarfsdeckend zu berücksichtigen. Wenn die Eltern nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen in unterschiedlichem Umfang leistungsfähig sind, ergibt sich daraus eine Entlastung, die dem Verhältnis der Unterhaltsleistungen beider Eltern entspricht.
35
Zwar ist das staatliche Kindergeld nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Senats nicht als Einkommen der unterhaltspflichtigen Eltern zu behandeln (Senatsurteile vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 809; BGHZ 161 aaO). Denn es wird den Eltern gewährt, um ihre Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern und kann deswegen nicht bei der Bemessung anderer Unterhaltspflichten als Einkommen berücksichtigt werden. Das schließt allerdings eine Berücksichtigung des Kindergeldes als bedarfsdeckendes Einkommen des volljährigen Kindes nicht aus, wenn das Kind dieses Kindergeld unmittelbar oder über den bezugsberechtigten Elternteil erhält oder wenn ihm im Gegenzug dafür bedarfsdeckende Naturalleistungen zufließen. Dann ist der Unterhaltsbedarf in diesem Umfang gedeckt und das Kind ist nur noch hinsichtlich des restlichen Betrages bedürftig.
36
4. Die negative Feststellungsklage des Klägers hat deswegen - soweit Gegenstand der Revision - in vollem Umfang Erfolg.
37
Auf den vom Berufungsgericht angenommenen Unterhaltsbedarf in Höhe von 734 DM (für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von 377 €) sind als bedarfsdeckender Anteil der Ausbildungsvergütung 433,50 DM (für die Zeit ab Januar 2002 218,45 €) voll anzurechnen. Ebenso ist das für die volljährige Beklagte gezahlte Kindergeld in Höhe von 270 DM (ab Januar 2002 154 €) in vollem Umfang auf ihren Unterhaltsbedarf anzurechnen. Nur für den dann noch verbleibenden Bedarf haftet der Kläger ihr als allein leistungsfähiger Elternteil.
38
Nach Abzug der anrechenbaren Ausbildungsvergütung und des Kindergeldes ist die Beklagte für die hier noch relevante Zeit ab September 2001 somit nur noch in einem Umfang bedürftig, der den Feststellungsantrag des Klägers jedenfalls nicht übersteigt. Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose
Vorinstanzen:
AG Kandel, Entscheidung vom 14.11.2001 - 1 F 134/01 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 25.07.2002 - 6 UF 193/01 -

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 147/04 Verkündet am:
21. Juni 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1603 Abs. 2; BErzGG § 9 Satz 1 und 2
Das an die zweite Ehefrau des seinen Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtigen
Schuldners ausgezahlte Erziehungsgeld berührt dessen Unterhaltspflicht
auch dann nicht, wenn der Anspruch der zweiten Ehefrau auf Familienunterhalt
mit dem Kindesunterhalt gleichrangig ist und sich im absoluten Mangelfall deshalb
auf die Quote des geschuldeten Kindesunterhalts auswirkt (im Anschluss
an das Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - zur Veröffentlichung in
BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 21. Juni 2006 - XII ZR 147/04 - OLG Düsseldorf
AG Geldern
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatznachlass bis zum 30. Mai 2006 durch den Richter Sprick, die Richterin
Weber-Monecke, den Richter Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina
und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2004 - unter Verwerfung der Revision im Übrigen - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger zu 1) und
2) in Abänderung der Urkunden des Kreisjugendamts Wesel vom 23. Januar 1996 - UR-Nr. 31/1996 und 30/1996 - und des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Geldern vom 11. November 2003 mehr als die folgenden Unterhaltsbeträge zu leisten:
a) an die Klägerin zu 1) für Dezember 2000 132,36 €, für Januar bis Juni 2001 monatlich 145,96 €, für Juli bis August 2001 monatlich 126,55 €, für September bis Oktober 2001 monatlich 143,84 €, für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 monatlich 128,00 € und für die Zeit ab dem 22. September 2003 monatlich 112,00 €;
b) an den Kläger zu 2) für Dezember 2000 132,36 €, für Januar bis Juni 2001 monatlich 145,96 €, für Juli bis August 2001 monatlich 126,55 €, für September bis Oktober 2001 monatlich 121,73 €, für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 monatlich 108,21 € und für die Zeit ab dem 22. September 2003 monatlich 112,00 €.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Abänderung zweier Jugendamtsurkunden zum Kindesunterhalt.
2
Die am 25. September 1989 geborene Klägerin zu 1 und der am 15. Juni 1991 geborene Kläger zu 2 sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Mit Jugendamtsurkunden vom 23. Januar 1996 verpflichtete sich der Beklagte, monatlichen Unterhalt an die Klägerin zu 1 in Höhe von 425 DM (= 217,30 €) und an den Kläger zu 2 in Höhe von 335 DM (= 171,28 €) zu zahlen. Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehefrau des Beklagten hat das Berufungsgericht - inzwischen rechtskräftig - abgewiesen.
3
Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind seine Kinder H., geboren am 27. November 1999, und A., geboren am 22. September 2003, hervorgegangen. Die zweite Ehefrau des Beklagten erhielt in der hier relevanten Zeit ab Dezember 2000 eine anteilige Steuererstattung im Jahre 2000 und Erziehungsgeld nach der Geburt des Sohnes H. bis einschließlich Oktober 2001 in Höhe von monatlich 306,78 € (600 DM) sowie nach der Geburt der Tochter A. in der Zeit ab September 2003 in Höhe von monatlich 307 €.
4
Der Beklagte erzielte aus seiner vollschichtigen Berufstätigkeit als Schlosser ein bereinigtes Einkommen in unterschiedlicher Höhe, zuletzt für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 1.358,83 €.
5
Das Amtsgericht hat den Beklagten auf die Klage und dessen Widerklage zur Zahlung restlichen Unterhalts an den Kläger zu 2 für die Zeit von Dezember 2000 bis Oktober 2001 in Höhe von insgesamt 487,26 € nebst Zinsen verurteilt. Ferner hat es den beiden Kindern geschuldeten laufenden Unterhalt teils herauf-, im Wesentlichen aber herabgesetzt, zuletzt auf jeweils monatlich 151 € für die Zeit ab September 2003. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - den geschuldeten Unterhalt weiter herabgesetzt, zuletzt auf jeweils monatlich 129,88 € für die Zeit ab September 2003. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte eine weitergehende Herabsetzung des Kindesunterhalts für die Zeit von Dezember 2000 bis Oktober 2001 sowie ab September 2003 in gestaffelter Höhe, zuletzt für die Zeit ab September 2003 auf jeweils monatlich 108,21 €.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist unzulässig, soweit der Beklagte Herabsetzung des geschuldeten Unterhalts für die Klägerin zu 1 auf monatlich unter 128 € für die Zeit vom 1. bis 21. September 2003 und für beide Kläger auf monatlich unter 112 € für die Zeit ab dem 22. September 2003 verlangt. Denn insoweit ist der Beklagte durch das Berufungsurteil nicht beschwert, weil sein Revisionsantrag in diesem Umfang über den eigenen Berufungsantrag hinausgeht. Im Umfang der weiteren Anfechtung führt die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten, seiner berufsbedingten Fahrtkosten und der Höhe der Tilgungsraten für die zum Um- und Ausbau der selbst genutzten Wohnung aufgenommenen Darlehen den Kindesunterhalt der Kläger im Wege der Mangelfallberechnung ermittelt. Bis auf die Berücksichtigung des von seiner zweiten Ehefrau bezogenen Erziehungsgeldes begegnet die Entscheidung keinen revisionsrechtlichen Bedenken; insoweit wird sie auch von der Revision nicht angegriffen.
8
1. Die im Jahre 2000 an den Beklagten und seine zweite Ehefrau erstattete Steuer für das Jahr 1999 in Höhe von insgesamt 3.727,47 € hat das Berufungsgericht entsprechend den anteiligen Steuerzahlungen nur in Höhe von 581,24 € dem Einkommen des Beklagten zugerechnet und im Übrigen als eigenes Einkommen seiner zweiten Ehefrau für das Jahr 2000 berücksichtigt. Dagegen bestehen aus revisionsrechtlicher Sicht keine Bedenken (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105).
9
2. Auch soweit das Berufungsgericht die Fahrtkosten des Beklagten zu seiner 15 Kilometer entfernten Arbeitsstelle entsprechend seinen unterhaltsrechtlichen Leitlinien (zum Stand 1. Juli 2003 siehe FamRZ 2003, 1250, 1252 Ziff. 10.2.2; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 97 ff.) mit einer Kilometerpauschale entsprechend § 9 Abs. 3 Nr. 2 ZSEG (für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG) bemessen hat, bestehen dagegen keine Bedenken. Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass darin regelmäßig sämtliche Pkw-Kosten einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzierungsaufwand enthalten sind (Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - zur Veröffentlichung bestimmt).
10
3. Ebenfalls zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat das Berufungsgericht dem Beklagten keinen Wohnvorteil hinzugerechnet , weil die monatlichen Tilgungsleistungen für die Darlehen, die er zum Umund Ausbau der selbst genutzten Wohnung aufgenommenen hatte, jedenfalls deren objektiven Wohnwert erreichen (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161). Darauf, ob die Wohnung noch im Eigentum seiner Schwiegereltern steht und dem Beklagten der Wohnwert als freiwillige Leistung zur Verfügung gestellt wird oder ob seine zweite Ehefrau Eigentümerin ist, kommt es deswegen nicht an.
11
4. Auch die hier notwendige Mangelfallberechung hat das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats durchgeführt. Die zweite Ehefrau steht hier sämtlichen minderjährigen Kindern aus den beiden Ehen des Beklagten im Rang gleich, nachdem das Berufungsgericht Unterhaltsansprüche der sonst mit den Kindern gleichrangigen ersten Ehefrau des Klägers rechtskräftig abgewiesen hat (vgl. insoweit Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1155 f.).
12
Im Rahmen der gebotenen Mangelfallberechnung hat das Berufungsgericht entsprechend der Rechtsprechung des Senats für die minderjährigen Kläger und die ebenfalls minderjährigen Kinder aus zweiter Ehe Einsatzbeträge in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetragverordnung zugrun- de gelegt. Für die zweite Ehefrau des Beklagten hat es entsprechend der konkreten Lebenssituation den notwendigen Eigenbedarf als Einsatzbetrag in die Mangelverteilung eingestellt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.) und dabei die durch die gemeinsame Haushaltsführung der Ehegatten erfahrungsgemäß eintretende Ersparnis berücksichtigt (Senatsurteil vom 14. Januar 2004 - XII ZR 149/01 - FamRZ 2004, 792, 793).

II.

13
Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der nach § 1609 Abs. 2 BGB mit den minderjährigen Kindern ranggleichen zweiten Ehefrau des Beklagten (Senatsurteil vom 13. April 2005 aaO), der im Rahmen der Mangelfallberechnung zu berücksichtigen ist, hat das Berufungsgericht das an die zweite Ehefrau gezahlte Erziehungsgeld bedarfsmindernd berücksichtigt.
14
Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Grundsatz, wonach Erziehungsgeld kein unterhaltsrechtlich erhebliches Einkommen darstelle, erfahre gemäß § 9 Satz 2 BErzGG u.a. eine Ausnahme bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern. In diesem Rahmen sei das für Kinder aus der neuen Ehe bezogene Erziehungsgeld auch für den Unterhalt minderjähriger Kinder aus einer früheren Ehe einzusetzen, selbst wenn dies auf Kosten der Kinder aus der neuen Ehe gehe. Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau könne § 9 Satz 2 BErzGG nicht dahingehend verstanden werden, dass sich die erziehungsgeldberechtigte Ehefrau das Erziehungsgeld nur ihren eigenen Kindern gegenüber als Einkommen anrechnen lassen müsse, nicht aber auf den eigenen Unterhaltsanspruch gegen den beklagten Ehemann im Rahmen der Mangelverteilung mit dessen Kindern aus einer früheren Ehe. Eine andere Wertung würde mit Blick auf die Möglichkeit zur Bestimmung des Bezugsberechtigten dazu führen, dass die Eltern willkürlich über die unterhaltsrechtliche Anrechenbarkeit dieser staatlichen Unterstützung entscheiden dürften. Die elterliche Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit, die sich im Familienbudget weder positiv noch negativ auswirke, dürfe aber nicht zu Lasten von minderjährigen, gesteigert unterhaltsberechtigten Kindern aus erster Ehe führen.
15
Insoweit hält die Entscheidung des Berufungsgerichts den Angriffen der Revision nicht stand.

III.

16
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Erziehungsgeld der zweiten Ehefrau des Beklagten nicht im Rahmen ihres Anspruchs auf Familienunterhalt bedarfsmindernd anzurechnen (§ 9 Satz 1 BErzGG).
17
1. Das Erziehungsgeld hat keine Lohnersatzfunktion, sondern wird auch an Eltern gezahlt, die zuvor nicht erwerbstätig waren. Weil das Erziehungsgeld weder tatsächliche Einkommenseinbußen ausgleichen noch für den tatsächlichen Betreuungsaufwand entschädigen soll, wird durch den Bezug die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht oder nicht voll erwerbstätige, sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein gefördert (BVerfG FamRZ 1994, 363). Es ermöglicht und erleichtert es somit den Eltern, im Anschluss an die Mutterschutzfrist ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten. Damit dient es sozialpolitischen Zielen und schafft zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung (BT-Drucks. 10/3729 S. 13; Senatsurteil vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - zur Veröffentlichung bestimmt

).

18
Dieses sozialpolitische Ziel wird dadurch unterstützt, dass nach § 9 Satz 1 BErzGG Unterhaltsverpflichtungen nicht durch die Zahlung des Erziehungsgeldes und anderer vergleichbarer Leistungen der Länder berührt werden. Der Barunterhaltspflichtige soll durch die Zahlung des Erziehungsgeldes an den Unterhaltsberechtigten von seiner Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich nicht entlastet werden. Die Leistung nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz soll dem Erziehungsgeldberechtigten also regelmäßig ungeschmälert zugute kommen. Nach übereinstimmender Auffassung ist das Erziehungsgeld deswegen im Regelfall nicht als anrechenbares Einkommen bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen (BVerfG FamRZ 2000, 1149).
19
Dies gilt nach § 9 Satz 2 BErzGG allerdings nicht in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 BGB. In diesen Fällen steht die Unterhaltsgewährung in besonderem Maße unter dem Gebot der Billigkeit, und es könnte zu groben Ungerechtigkeiten führen, wenn das Erziehungsgeld bei der Bemessung des Unterhalts unberücksichtigt bliebe (BT-Drucks. 10/3792 S. 18).
20
2. Ob das Erziehungsgeld nach § 9 Satz 2 BErzGG auch im Rahmen des Anspruchs auf Familienunterhalt zu berücksichtigen ist, wenn es nicht von dem - auch von seinen minderjährigen Kindern aus erster Ehe in Anspruch genommenen - Unterhaltspflichtigen, sondern von seinem (ebenfalls) unterhaltsberechtigten zweiten Ehegatten bezogen wird und wenn wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ein absoluter Mangelfall vorliegt , ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
21
Teilweise wird vertreten, dass es dem Bezug des Erziehungsgeldes durch den Unterhaltspflichtigen gleichstehe, wenn dessen Ehegatte das Erziehungsgeld bezieht und im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind der Anspruch auf Familienunterhalt zu prüfen ist (FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. Kap. 6 Rdn. 51). Überwiegend wird in Rechtsprechung und Literatur jedoch die Auffassung vertreten, dass sich ein Ehegatte sein Erziehungsgeld nur gegenüber den Unterhaltsansprüchen seiner Kinder als Einkommen anrechnen lassen müsse, nicht hingegen bei der Bemessung des eigenen Unterhaltsanspruchs im Rahmen einer Mangelverteilung mit Kindern des unterhaltspflichtigen Ehegatten aus seiner ersten Ehe (vgl. etwa OLG Hamm FamRZ 2003, 1962, 1963; Eschenbruch/Mitteldorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6398).
22
Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, weil nur sie dem Willen des Gesetzgebers entspricht, das Erziehungsgeld grundsätzlich unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu lassen. Die Auslegung der in § 9 Satz 2 BErzGG vorgesehenen Ausnahmen darf diese Zielrichtung des Gesetzes, nämlich eine zusätzliche Förderung im Interesse der Kindererziehung zu schaffen, nicht aus den Augen verlieren.
23
a) Im Rahmen der Auslegung des § 9 Satz 2 BErzGG ist zwischen zwei Fallgestaltungen mit unterschiedlichem Regelungsinhalt zu unterscheiden.
24
aa) Soweit die Vorschrift des § 9 Satz 2 BErzGG auf § 1579 BGB (ggf. i.V. mit § 1361 Abs. 3 BGB) und auf § 1611 Abs. 1 BGB abstellt, lassen sich die Billigkeitskriterien zur Vermeidung grober Ungerechtigkeiten (vgl. BT-Drucks. 10/3792 S. 18) unmittelbar aus diesen Bestimmungen entnehmen. Wenn wegen eines sittlichen Verschuldens des Unterhaltsberechtigten eine Herabsetzung , zeitliche Begrenzung oder, bei grober Unbilligkeit, sogar eine vollständige Versagung des Unterhalts in Betracht kommt, liegt es nahe, ihm auch sein Erziehungsgeld nicht anrechnungsfrei zu belassen. Denn diesen Bestimmungen ist gemein, dass sie - bis auf § 1579 Nr. 1 BGB - auf ein sittliches Verschulden des Unterhaltsberechtigten abstellen. In solchen Fällen würde es zu groben Ungerechtigkeiten führen, wenn das Erziehungsgeld - wie im Regelfall nach § 9 Abs. 1 BErzGG - nicht bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt, sondern dem Unterhaltsberechtigten in voller Höhe zusätzlich belassen würde. Im Ergebnis gilt aber auch nichts anderes in Fällen kurzer Ehedauer nach § 1579 Nr. 1 BGB, der den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit beider Ehegatten nach § 1569 BGB betont. Auch in solchen Fällen wäre es mit der Möglichkeit einer Begrenzung, Herabsetzung oder vollständigen Versagung des Unterhalts nicht vereinbar, wenn dem Unterhaltsberechtigten das von ihm bezogene Erziehungsgeld stets anrechnungsfrei verbliebe.
25
Die in § 9 Satz 2 BErzGG aus Gründen der Billigkeit geregelten Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtanrechnung des Erziehungsgeldes, nämlich in den Fällen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 und 1611 Abs. 1 BGB, greifen daher nur ein, wenn der Unterhaltsberechtigte das Erziehungsgeld erhält. Bezieht hingegen der unterhaltspflichtige Ehegatte das Erziehungsgeld, ist kein Grund dafür ersichtlich, den geschuldeten Unterhalt wegen eines sittlichen Verschuldens des Unterhaltsberechtigten sogar zu erhöhen. Dann bleibt es für den Unterhaltsberechtigten bei dem Grundsatz des § 9 Satz 1 BErzGG, wonach die Unterhaltspflicht durch das Erziehungsgeld nicht berührt wird. Anderenfalls würde das sittliche Verschulden des Unterhaltsberechtigten bzw. die ihm auferlegte Eigenverantwortlichkeit indirekt zu seinem Vorteil geraten, weil das unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Einkommen des Unterhaltspflichtigen um das diesem gezahlte Erziehungsgeld erhöht würde.
26
bb) Nicht vergleichbar ist hingegen der weitere von § 9 Satz 2 BErzGG erfasste Fall der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern (vgl. insoweit Krause FamRZ 2002, 1452 f.). In einem solchen Fall sind grobe Ungerechtigkeiten denkbar, wenn das Erziehungsgeld dem Berechtigten anrechnungsfrei (neben sonstigen Einkünften) verbleibt, während gleichrangige minderjährige Kinder, die ihren Unterhalt naturgemäß nicht selbst decken können, im Mangelfall nicht ihren vollen Unterhalt erhalten.
27
Gleichwohl erfasst der Regelungsgehalt dieses Ausnahmetatbestands des § 9 Satz 2 BErzGG lediglich die Fälle, in denen der nach § 1603 Abs. 2 BGB Unterhaltspflichtige das Erziehungsgeld bezieht (OLG Hamm FamRZ 1995, 805, 806; für Ansprüche nach § 1615 l Abs. 2 BGB BVerfG FamRZ 2000, 1149). Nur dann entspricht es dem Gebot der Billigkeit, den Unterhaltspflichtigen wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern auch auf das Erziehungsgeld zurückgreifen zu lassen (Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. vor § 1360 Rdn. 72; Eschenbruch/Mittendorf aaO). Erhält hingegen der unterhaltsberechtigte Ehegatte das Erziehungsgeld, rückt der Zweck des Erziehungsgeldes als einkommensunabhängige Sozialleistung mit sozialpolitischen Zielen in den Vordergrund. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Unterhaltspflichtige durch den Bezug des Erziehungsgeldes auf Seiten des Berechtigten gerade nicht entlastet werden, auch wenn dies dazu führt, dass konkurrierende Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder nicht voll befriedigt werden können (BVerfG FamRZ 2000, 1149).
28
b) Im vorliegenden Fall wird das Erziehungsgeld nicht an den Beklagten als Unterhaltsschuldner, sondern an seine zweite Ehefrau ausgezahlt, die den Klägern nicht unterhaltspflichtig ist. Deswegen kommt hier zum Tragen, dass das Erziehungsgeld keine Lohnersatzfunktion hat, sondern sozialpolitischen Zielen dient und zugleich einen finanziellen Anreiz für die Kindererziehung schaffen soll. Dieser Anreiz steht wegen der Kindererziehung der zweiten Ehefrau des Beklagten, nicht aber diesem als Unterhaltsschuldner zu.
29
In solchen Fällen könnten sich unbillige Ergebnisse allenfalls dann ergeben , wenn die zweite Ehefrau mit der Summe ihres im Mangelfall auf eine Quote reduzierten Unterhalts und des anrechnungsfrei gebliebenen Erziehungsgeldes insgesamt über ihren Bedarf hinausgehende Einkünfte erzielen würde, während der Beklagte den Unterhaltsbedarf der gleichrangigen Kläger nicht decken könnte. Nur dann könnte die zweite Ehefrau im Einzelfall ihren eigenen Kindern zusätzlich barunterhaltspflichtig sein (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB), was sich über den Gleichrang aller Kinder des Beklagten - wie im Rahmen der sog. Hausmannrechtsprechung entschieden (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO) - nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB auch zu Gunsten des Unterhaltsanspruchs der minderjährigen Kinder des Beklagten aus erster Ehe auswirken könnte. Allerdings scheiden solche Fälle im absoluten Mangelfall regelmäßig schon deswegen aus, weil die erziehungsgeldberechtigte zweite Ehefrau auch ihren eigenen Kindern nur in dem Umfang barunterhaltspflichtig ist, in dem ihr Gesamteinkommen den eigenen notwendigen Selbstbehalt übersteigt (Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO).
30
Die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten nach § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB darf aber nicht so weit gehen, dass sie einer Unterhaltspflicht der zweiten Ehefrau des Beklagten gegenüber dessen Kindern aus erster Ehe gleich käme, die nach dem Gesetz nicht besteht. Die Verpflichtung des neuen Ehegatten beschränkt sich vielmehr darauf, dem Unterhalt schuldenden Ehegatten die Erzielung ausreichender Einkünfte durch Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Nur insoweit müssen die beiderseits bekannten Unterhaltslasten gegenüber Kindern aus früheren Ehen bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066). Hier ist der Beklagte aber schon vollschichtig berufstätig, was seine zweite Ehefrau ihm durch die Kindererziehung ermöglicht. Auch unter Berücksichtigung des Gleichrangs aller minderjährigen Kinder ist das von der zweiten Ehefrau des Beklagten bezogene Erziehungsgeld deswegen auch nicht bei der Ermittlung ihres Anspruchs auf Familienunterhalt bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers , mit der Zahlung des Erziehungsgeldes den Eltern die Erziehung ihrer Kleinkinder zu ermöglichen, ohne auf eine eigene Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein.
31
Wegen einer gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB) kommt eine Anrechnung des Erziehungsgeldes nach § 9 Satz 2 BErzGG folglich nur dann in Betracht, wenn das Erziehungsgeld dem Unterhaltsschuldner selbst zusteht.
32
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte und seine zweite Ehefrau den Erziehungsgeldberechtigten nach § 3 Abs. 2 BErzGG bestimmen können. Denn dieses Wahlrecht setzt die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen durch jeden der beiden Elternteile voraus. Berechtigt ist also nur derjenige Elternteil, der u.a. das Kind selbst betreut und erzieht und allenfalls eine Erwerbstätigkeit bis zu 30 Wochenstunden ausübt (§§ 1 Abs. 1, 2 BErzGG). Insoweit sind einer Manipulation durch die Ehegatten aber schon durch die sog. Hausmannrechtsprechung des Senats Grenzen gesetzt, durch welche die Rollenwahl der neuen Ehegatten im Interesse des Gleichrangs der Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder unterhaltsrechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen hinzunehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2006 aaO).

IV.

33
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil die notwendige Neuermittlung des vom Beklagten geschuldeten Unterhalts weitere tatsächliche Feststellungen erfordert. Schon im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Juni 2004 durfte das Berufungsgericht seine - dem laufenden Unterhalt zu Grunde liegende - Prognose der Einkommensverhältnisse des Beklagten nicht mehr allein auf dessen Einkommen in den Jahren 2001 und 2002 stützen. Denn mit der Klage wird Unterhalt auch für die Zukunft begehrt, weswegen für die Festsetzung des laufenden Unterhalts eine Prognose der künftigen Einkommensverhältnisse unverzichtbar ist. Den Anforderungen an eine möglichst realitätsnahe Prognose tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit nicht hinreichend Rechnung, weil sie lediglich die Einkünfte in den Jahren 2000 bis 2002 berücksichtigen und das zeitnähere Jahr 2003 ausklammern. Soweit das Einkommen des Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung schon konkret feststand, was hier jedenfalls für das Jahr 2003 gilt, hätte dieses der Einkommensberechnung und der Prognoseentscheidung für die Folgezeit zu Grunde gelegt werden müssen.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Geldern, Entscheidung vom 11.11.2003 - 11 F 200/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.07.2004 - II-3 UF 228/03 -

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 177/06 Verkündet am:
30. Juli 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem
neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen
(§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege
der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider
Unterhaltsberechtigter zu ermitteln.

b) Ausnahmen von dieser Dreiteilung ergeben sich bei unterschiedlicher Rangfolge
der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn
ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB).

c) Ist der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten durch den hinzu gekommenen
Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten herabgesetzt, ist im Rahmen der
dann gebotenen Dreiteilung das Gesamteinkommen einschließlich des Splitting-
vorteils aus der neuen Ehe zugrunde zu legen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung
BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).

d) Das gilt ebenso für einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG
(Aufgabe der Senatsrechtsprechung BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793,
797 f.).

e) Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach geschiedener Ehe ist nur dann mit
dem Anspruch eines neuen Ehegatten auf Betreuungsunterhalt gleichrangig, wenn
nach langer Ehedauer auch ehebedingte Nachteile i.S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2
und 3 BGB vorliegen (§ 1609 Nr. 2 BGB). Auch insoweit ist darauf abzustellen, inwieweit
durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind,
für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
BGH, Urteil vom 30. Juli 2008 - XII ZR 177/06 - OLG Oldenburg
AG Meppen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Juli 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose und
Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26. September 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der 1949 geborene Kläger und die 1948 geborene Beklagte hatten 1978 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Nachdem die Parteien sich im Mai 2002 getrennt hatten, wurde die Ehe mit Urteil vom 12. April 2005 rechtskräftig geschieden.
2
Zuvor hatten die Parteien im Verbundverfahren einen Vergleich geschlossen , in dem sich der Kläger verpflichtet hatte, an die Beklagte nacheheli- chen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 600 € zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem Einkommen des Klägers aus, das sich nach Abzug seiner Krankenversicherungsbeiträge und berufsbedingter Ausgaben auf 2.583 € monatlich belief. Ein Wohnvorteil in Höhe von 450 € monatlich wurde durch Zinsbelastungen in gleicher Höhe neutralisiert. Hinsichtlich der Beklagten gingen die Parteien von Einkünften aus, die sich abzüglich berufsbedingter Kosten auf 1.075 € beliefen. Zuzüglich einer erzielbaren Miete für eine Eigentumswohnung in Polen in Höhe von 100 € ergaben sich anrechenbare Einkünfte in Höhe von 1.175 € monatlich. Daraus ergab sich eine Einkommensdifferenz in Höhe von 1.408 € und der im Wege der Differenzmethode (3/7) errechnete Unterhaltsbetrag in Höhe von ca. 600 €.
3
Der Kläger ist nach wie vor als Lehrer berufstätig und erzielt Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 12. Auch die Einkünfte der Beklagten, die seit 1992 durchgehend vollschichtig als Verkäuferin tätig ist, belaufen sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen nach wie vor auf 1.075 € monatlich.
4
Der Kläger hat am 15. Oktober 2005 erneut geheiratet. Außerdem erbringt er seit dem Einzug in die Ehewohnung am 17. Oktober 2005 auch Unterhaltsleistungen für die bereits am 1. Dezember 2003 in Polen geborene Tochter S. Auf diese zusätzlichen Unterhaltspflichten stützt der Kläger nunmehr seinen Antrag auf Wegfall der Unterhaltspflicht für die Zeit ab Oktober 2005 und auf Rückzahlung der seit Rechtshängigkeit der Abänderungsklage gezahlten Unterhaltsbeträge.
5
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage teilweise stattgegeben; es hat die Unterhaltsverpflichtung des Klägers auf zuletzt 200 € monatlich herabgesetzt und die Beklagte verurteilt, an den Kläger insgesamt 2.800 € überzahlten Un- terhalt zurückzuzahlen. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2006, 1842 veröffentlicht ist, ist die Abänderungsklage ohne die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO auch rückwirkend zulässig. Die Klage sei teilweise begründet, weil nach Abschluss des Vergleichs weitere vor- oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte hinzugekommen seien. Der Vergleich sei deswegen nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage an die veränderten Umstände anzupassen.
8
Die Frage nach einer Befristung oder Kürzung des Unterhaltsanspruchs gemäß den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stelle sich nicht. Denn die Parteien hätten sich in Kenntnis aller Umstände auf eine unbefristete Unterhaltszahlung geeinigt, was unverändert Bestand habe.
9
Allerdings seien nunmehr die hinzu gekommenen Unterhaltspflichten des Beklagten gegenüber seinem Kind und seiner neuen Ehefrau zu berücksichtigen. Weil das Unterhaltsrecht keine dauernde Lebensstandardgarantie gewährleiste , wirke sich ein sinkendes Einkommen des Unterhaltspflichtigen unmittel- bar auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus. Das sei auf alle sonstigen Veränderungen übertragbar, die das Einkommen des Unterhaltsschuldners beeinflussten, wie das Hinzutreten weiterer vor- oder gleichrangiger Unterhaltsberechtigter. Weil solche weiteren Ansprüche das Einkommen in gleicher Weise beeinflussten wie andere unumgängliche Verbindlichkeiten , berührten sie nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern wirkten sich direkt auf den Unterhaltsbedarf der Beklagten aus.
10
Dies treffe zweifelsfrei auf den nunmehr zu zahlenden Kindesunterhalt zu, weil die Tochter S. ausweislich der Geburtsurkunde vom Kläger abstamme. Unerheblich sei, dass das Kind bereits vor Abschluss des Vergleichs geboren sei und damals schon ein materiell-rechtlicher Anspruch bestanden habe. Entscheidend sei vielmehr die unstreitige Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses noch nicht auf Unterhalt in Anspruch genommen worden sei und auch keine Leistungen erbracht habe. Nach ständiger Rechtsprechung bleibe ein bestehender Anspruch so lange unberücksichtigt, wie er nicht geltend gemacht werde. Es sei dem Kläger nicht anzulasten, wenn er einen nur potentiellen Anspruch nicht in das ursprüngliche Verfahren eingeführt habe. Dadurch sei er nicht gehindert, diesen Anspruch dem Unterhaltsanspruch der Beklagten noch nachträglich entgegenzuhalten.
11
Dies gelte im Ergebnis auch für den Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Deren Unterhaltsbedarf trete gleichrangig neben den Anspruch der Beklagten aus § 1573 Abs. 2 BGB. Im Hinblick auf das Alter des Kindes von weniger als drei Jahren bestehe kein Zweifel, dass der Mutter ein Anspruch aus § 1570 BGB zustünde. Der sich aus § 1582 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. ergebende Gleichrang der Ansprüche werde nicht dadurch beseitigt, dass die bis zur Zustellung des Scheidungsantrags mehr als 24 Jahre andauernde Ehe als lang im Sinne des § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. zu beurteilen sei. Ein solches Normenverständnis würde dem auf Art. 6 GG beruhenden Schutz von Ehe und Familie nicht gerecht und hätte die Verfassungswidrigkeit der Norm zur Folge. Es sei nicht gerechtfertigt, jedem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt allein aufgrund des Zeitablaufs und unabhängig von dessen Stellenwert den Vorrang vor jedem nachfolgenden Anspruch zuzubilligen. Mit dem durch Art. 6 GG gewährleisteten Schutz der neuen Familie sei es unvereinbar, wenn § 1582 Abs. 1 BGB a.F. in dem Sinne anzuwenden wäre, dass bei einer nur nach dem Zeitablauf langen Ehe jeder Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten einen auf Kinderbetreuung gestützten Anspruch verdränge. Dies entspreche nicht dem Stellenwert, der dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB sachlich zukomme. Dieser Unterhaltsanspruch eines Kinder betreuenden Elternteils werde in erster Linie von dem Bedarf des Kindes auf Pflege und Erziehung getragen und sei aus diesem Grunde in jeder Hinsicht privilegiert. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gehöre dieser Anspruch in den Kernbereich des unverzichtbaren Scheidungsfolgenrechts. Demgegenüber komme einem Anspruch auf Aufstockungsunterhalt der geringste Stellenwert zu. Er solle dem Ehegatten den sogenannten vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen sichern. Eine daraus folgende Lebensstandardgarantie stehe allerdings im Gegensatz zu dem sonst das Unterhaltsrecht beherrschenden Prinzip der Eigenverantwortung. Um diesem Grundsatz ein stärkeres Gewicht zu verleihen , habe der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Befristung dieses Anspruchs eingeführt, was auch nach mehr als 20-jähriger Ehe möglich sei. Auch dies zeige, dass es sich bei dem Anspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB um ein gegenüber allen anderen Anspruchsgrundlagen deutlich schwächer ausgestaltetes Recht handele. Die Ehedauer allein könne kein schützenswertes Vertrauen auf den unveränderten Bestand dieses Anspruchs begründen und sei deswegen kein geeignetes Kriterium, um den Stellenwert des Betreuungsunterhalts in Zweifel zu ziehen. Der Stellenwert der verschiedenen Unterhaltsansprüche spreche auch dagegen, dass der Ehegatte aus einer nachfolgenden Ehe eher als der frühere Ehegatte auf die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen verwiesen werden könne. Im Falle des Aufstockungsunterhalts laufe dies sonst darauf hinaus, dem geschiedenen Ehegatten dauerhaft ein zusätzliches Einkommen zur Verfügung zu stellen, das ihm eine bessere Lebensstellung sichere, als er aus eigener Kraft je hätte erreichen können, während der Betreuungsunterhalt deutlich stärkeres Gewicht habe.
12
Dem stehe auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen, weil sie sich mit zwei konkurrierenden Ansprüchen auf Betreuungsunterhalt befasst habe. Auch eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sei nicht geboten, weil das Gesetz eine Möglichkeit zur verfassungskonformen Auslegung des § 1582 BGB a.F. eröffne. Eine verfassungsgemäße Auslegung sei in der Weise möglich, dass die lange Ehedauer im Sinne des § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. nicht im Sinne einer absoluten Zeitgrenze verstanden werde, sondern auch die durch die Ehe entstandenen wirtschaftlichen Abhängigkeiten und Verflechtungen einzubeziehen seien. Zwar habe der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bereits mit Ablauf von 15 Jahren eine den Vorrang sichernde lange Ehedauer angenommen. Seitdem habe sich das Verständnis vom Stellenwert verschiedener Unterhaltsansprüche und des der bestehenden Ehe zukommenden Schutzes aber erheblich gewandelt. Die geschiedene und die bestehende Ehe seien grundsätzlich gleichwertig. Der den Anspruch auf Betreuungsunterhalt aus § 1570 BGB rechtfertigende Betreuungsbedarf minderjähriger Kinder sei nicht geringer zu bewerten, als das Vertrauen eines geschiedenen Ehegatten in die Sicherung seines Lebensbedarfs. Danach sei im vorliegenden Fall nicht von einer langen Ehedauer im Sinne des § 1582 BGB a.F. auszugehen. Weil die Ehe der Parteien kinderlos geblieben und die Beklagte seit 1992 durchgehend vollschichtig erwerbstätig gewesen sei, sei es der bei Zustellung des Scheidungsantrags knapp 55 Jahre alten Beklag- ten zumutbar, sich in ihrer Lebensstellung an den ohne Eheschließung erreichten Lebensstandard anzupassen. Im Verhältnis dazu habe der Anspruch der neuen Ehefrau auf Betreuungsunterhalt ein so erhebliches Gewicht, dass beiden Ansprüchen derselbe Rang zukomme.
13
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs der neuen Ehefrau des Klägers bemesse sich nach denselben Grundsätzen wie für einen geschiedenen Ehegatten. Es sei nur konsequent, wenn der Bundesgerichtshof den Anspruch eines im gleichen Rang hinzutretenden Unterhaltsberechtigten als bedarfsprägend ansehe. Das Verhältnis mehrerer Ansprüche untereinander folge ausschließlich aus dem ihnen zugewiesenen Rang. Da die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau bedarfsprägend seien, beeinflussten sie sich wechselseitig in ihrer Höhe. Allerdings lasse sich die Höhe des Bedarfs nicht im Wege der Dreiteilung ermitteln. Denn dadurch würden die beiderseitigen Unterhaltsinteressen dann nicht ausreichend gewährleistet, wenn das Einkommen eines Berechtigten mehr als die Hälfte des unterhaltsrelevanten Einkommens betrage. Es sei deswegen geboten, die Ansprüche beider Unterhaltsberechtigter zunächst gesondert festzustellen. Auch dabei sei trotz des Gleichrangs beider Ansprüche der Splittingvorteil nur für Unterhaltsansprüche in der neuen Ehe zu berücksichtigen. Zur Wahrung eines angemessenen Verhältnisses sei auch im Rahmen des Familienunterhalts von einer fiktiven Trennung auszugehen und ein monetärer Unterhaltsanspruch nach Abzug eines Erwerbstätigenbonus zu errechnen.
14
Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten für das Jahr 2005 sei von dem Einkommen des Klägers einschließlich seines Verheiratetenzuschlags auszugehen. Daraus errechne sich ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen , das sich nach Abzug des Kindesunterhalts und des Erwerbstätigenbonus auf 1.975 € monatlich belaufe. Ein Vorteil mietfreien Wohnens sei dem nicht hinzuzurechnen, weil der Nutzungsvorteil mit jedenfalls gleich hohen Belastungen verbunden sei. Auf Seiten der Beklagten sei nach wie vor von einem Erwerbseinkommen (nach Abzug berufsbedingter Kosten) in Höhe von 1.075 € und einem zusätzlichen fiktiven Mietertrag in Höhe von 100 € auszugehen. Daraus errechne sich ein Unterhaltsbedarf der Beklagten von 480 € monatlich. Der Bedarf der neuen Ehefrau des Klägers belaufe sich unter Berücksichtigung der zusätzlichen Krankenversicherungskosten auf rund 900 € monatlich. Bei einem Gesamtbedarf von (480 € + 900 € =) 1.380 € entfalle auf den Bedarf der Beklagten ein Anteil von (480 € x 100 : 1380 € =) 34 %, so dass sie (480 € x 34 % =) rund 165 € als Unterhalt beanspruchen könne. Dieses Ergebnis führe in einer Gesamtschau zu einer angemessenen Verteilung des verfügbaren Einkommens, zumal der Beklagten - zusammen mit ihrem eigenen Einkommen - 1.340 € zur Verfügung stünden, während der neuen Familie 1.930 € verblieben.
15
Ab dem Jahr 2006 sei das Einkommen des Klägers wegen des Kinderzuschlags und der Sonderzahlung angestiegen und belaufe sich abzüglich berufsbedingter Kosten auf monatlich rund 2.480 € netto. Bei unverändertem Einkommen der Beklagten errechne sich daraus ein Bedarf in Höhe von 550 € und im Verhältnis zum Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau von monatlich 960 € ein Prozentsatz von 36 %, der einen angemessenen Unterhaltsanspruch von 200 € monatlich ergebe.
16
Soweit der Kläger in der Vergangenheit einen höheren Unterhalt gezahlt habe, als er der Beklagten schulde, stehe ihm gemäß § 812 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung zu. Infolge der monatlichen Zahlungen von 600 € und der Unterhaltsschuld von lediglich 200 € ergebe sich für die Zeit von März bis September 2006 ein Rückzahlungsanspruch von (7 x 400 € =) 2.800 €.
17
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten in wesentlichen Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

18
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
19
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Abänderungsklage allerdings für zulässig erachtet.
20
a) Der Kläger hat mit dem Hinzutreten der Unterhaltspflicht für seine neue Ehefrau und für sein Kind wesentliche Änderungen der dem Prozessvergleich zugrunde liegenden Geschäftsgrundlage vorgetragen (§ 323 Abs. 1 und 4 ZPO). Seine neue Ehefrau hat der Kläger am 15. Oktober 2005, also nach Abschluss des abzuändernden Vergleichs, geheiratet. Auch die Unterhaltsleistungen für sein Kind hat er erst nach diesem Zeitpunkt aufgenommen. Zwar war die Tochter bereits am 1. Dezember 2003 geboren. Sie hielt sich zunächst aber noch mit ihrer Mutter in Polen auf und hatte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts noch keine Unterhaltsansprüche geltend gemacht. Weil die Klage damit auf Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse nach Abschluss des Prozessvergleichs und somit auf eine geänderte Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB gestützt ist, hat das Berufungsgericht sie zu Recht als zulässig erachtet.
21
b) In zulässiger Weise hat das Berufungsgericht den Prozessvergleich auch rückwirkend für die Zeit ab Änderung der maßgeblichen Umstände abgeändert.
22
Bei dem Prozessvergleich vom 22. März 2005 handelt es sich um eine Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, in der Leistungen der in § 323 Abs. 1 ZPO bezeichneten Art übernommen worden sind. Der Schuldner, der eine Herabsetzung seiner in einem Prozessvergleich vereinbarten Unterhaltspflicht begehrt, ist an die Beschränkungen des § 323 Abs. 3 ZPO nicht gebunden (vgl. Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989 m.w.N.). Denn der Abänderung steht insoweit - im Unterschied zur Abänderung eines Urteils - keine Rechtskraft entgegen, die den Bestand der Entscheidung bis zur Erhebung einer Abänderungsklage oder jedenfalls bis zum Verzugseintritt gewährleistet.
23
Eine rückwirkende Abänderung des Prozessvergleichs ist - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - auch nicht aus Gründen eines Vertrauensschutzes ausgeschlossen. Denn einem schutzwürdigen Vertrauen des Titelgläubigers wird durch die Regelung des § 818 Abs. 3 BGB hinreichend Rechnung getragen (vgl. Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 10 Rdn. 165d). Danach kann er gegenüber einem Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts die Einrede des Wegfalls der Bereicherung erheben. Weil diese Einrede nach § 818 Abs. 4 BGB erst für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage entfällt, kann der Unterhaltsschuldner regelmäßig nur den in der Folgezeit überzahlten Unterhalt erstattet verlangen. Einer darüber hinausgehenden Einschränkung in dem Sinne, dass auch die Abänderung des Prozessvergleichs erst ab Rechtshängigkeit der Klage oder ab Verzug geltend gemacht werden kann, bedarf es nicht. Denn selbst wenn nach Erfolg einer Abänderungsklage schon für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Rückforderungsklage Unterhalt ohne Rechtsgrund gezahlt worden wäre, bliebe es dabei, dass der überzahlte Unterhalt regelmäßig erst für die Zeit ab Rechtshängigkeit zurückverlangt werden kann (Senatsurteil vom 11. April 1990 - XII ZR 42/89 - FamRZ 1990, 989, 990).
24
2. Unzulässig ist allerdings der Gegenantrag des Klägers im Revisionsverfahren , das Berufungsurteil in analoger Anwendung des § 36 Nr. 5 und 6 EGZPO aufzuheben und die Sache unter Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
25
Der Kläger hatte gegen das ihm am 11. Oktober 2006 zugestellte Berufungsurteil innerhalb der Revisionsfrist kein Rechtsmittel eingelegt. Auch nach Zustellung der Revisionsbegründung der Beklagten am 7. März 2007 hat er sich nicht innerhalb der Monatsfrist des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO dem Rechtsmittel angeschlossen. Damit ist der Kläger im Revisionsverfahren darauf verwiesen, die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels zu beantragen.
26
Dem steht auch die Übergangsregelung zu dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetz in § 36 EGZPO nicht entgegen. Nach § 36 Nr. 1 EGZPO können Umstände, die in einem Titel vor dem 1. Januar 2008 nicht berücksichtigt worden sind, später nur berücksichtigt werden , wenn sie durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, zu einer wesentlichen Änderung der Unterhaltspflicht führen und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Entsprechend können solche Umstände nach § 36 Nr. 5 EGZPO noch in der Revisionsinstanz vorgetragen werden und bei Erheblichkeit zu einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht führen. Eine vor dem 1. Januar 2008 geschlossene mündliche Verhandlung ist unter den gleichen Voraussetzungen nach § 36 Nr. 6 EGZPO wieder zu eröffnen.
27
Die Übergangsregelung zum Unterhaltsrechtsänderungsgesetz stellt dabei allerdings stets auf Tatsachen ab, die erst durch das neue Unterhaltsrecht erheblich geworden sind. Nur in solchen Fällen ist eine vor dem 1. Januar 2008 geschlossene mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen oder das Verfahren auf entsprechenden Vortrag in der Revisionsinstanz an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Soweit der Kläger die Feststellung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Beklagten und insbesondere die Nichtberücksichtigung eines Personalrabatts rügt, sind dies keine Tatsachen, die nach neuem Unterhaltsrecht anders zu bewerten sind, als nach dem bis Ende 2007 geltenden Unterhaltsrecht. Schon deswegen scheidet eine Berücksichtigung dieser im Berufungsverfahren nicht rechtzeitig vorgebrachten Tatsachen aus.
28
Im Übrigen enthält § 36 EGZPO lediglich eine Überleitungsvorschrift zum neuen materiellen Unterhaltsrecht. Sowohl § 36 Nr. 1 als auch § 36 Nr. 5 und 6 EGZPO schränken die Präklusionswirkung wegen verspäteten Sachvortrags ein, sofern dieser Sachverhalt erst durch das neue Unterhaltsrecht relevant geworden ist. Auf den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens, der sich aus den rechtzeitig gestellten Anträgen ergibt, hat dies keine Auswirkung. Insoweit enthält die gesetzliche Vorschrift entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Regelungslücke, zumal er neuen Sachvortrag, der nach allgemeinen Regelungen oder der Übergangsregelung nicht präkludiert ist, in einem Abänderungsverfahren nach § 323 ZPO geltend machen kann.
29
3. Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Denn das Berufungsgericht hat schon ihren Unterhaltsbedarf nicht zutreffend ermittelt.
30
Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass der Unterhaltsbedarf der Beklagten durch später hinzugekommene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens grundsätzlich bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, wann sie eingetreten sind, ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt oder ob die Veränderung auf Seiten des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten eingetreten ist. Die Berücksichtigung einer nachehelichen Verringerung des verfügbaren Einkommens findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität. Nur bei unterhaltsrechtlich vorwerfbarem Verhalten ist deswegen von einem fiktiven Einkommen auszugehen. Im Hinblick auf diese Betrachtungsweise sind auch sonstige Veränderungen der maßgeblichen Verhältnisse zu berücksichtigen, wenn sie Einfluss auf das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen haben (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972).
31
Treten weitere Unterhaltsberechtigte hinzu, wirkt sich auch das auf den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten aus, ohne dass es insoweit auf den Rang der Unterhaltsansprüche ankommt (Fortführung des Senatsurteils vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 306). Die Berücksichtigung einer dadurch bedingten Einkommensminderung findet ihre Grenze ebenfalls erst in einem vorwerfbaren Verhalten, das - ähnlich wie bei der fiktiven Anrechnung vorwerfbar nicht erzielten Einkommens - unterhaltsbezogen sein muss. Das ist nicht der Fall, wenn ein geschiedener Unterhaltsschuldner eine neue Familie gründet. Auch in solchen Fällen wäre es verfehlt, die Unterhaltspflicht für ein neu hinzugekommenes Kind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines früheren Ehegatten unberücksichtigt zu lassen. Das gilt in gleicher Weise für einen neuen Ehegatten (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 166, 351, 362 = FamRZ 2006, 683, 686). Denn das würde dazu führen, dass der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten das dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung seiner weiteren Unterhaltspflicht für den eigenen Unterhalt verbleibende Einkommen übersteigen würde, was nur im Rahmen des Selbstbehalts korrigiert werden könnte. Eine weitere Unterhaltspflicht, die den Unterhaltsbedarf eines vorrangig Unterhaltsberechtigten nicht beeinflussen würde, würde zwangsläufig gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351, 362 f. = FamRZ 2006, 683, 686).
32
a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts leistet der Kläger seit dem Einzug in eine gemeinsame Wohnung am 17. Oktober 2005 auch seinem Kind Unterhalt. Die seit diesem Zeitpunkt im gemeinsamen Zusammenleben tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen wirken sich deswegen auch auf den Unterhaltsbedarf der Beklagten nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus und zwar unabhängig davon, dass die Unterhaltspflicht erst nach Rechtskraft der Ehescheidung begonnen hat (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972). Vor der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten ist deswegen der sich aus der Düsseldorfer Tabelle ergebende Unterhaltsanspruch des Kindes vom Einkommen des Klägers abzusetzen.
33
b) Im Ansatz ist das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend davon ausgegangen , dass der Kläger seit dem 15. Oktober 2005 seiner neuen Ehefrau Familienunterhalt schuldet. Auch dieser neu hinzugekommene Anspruch auf Familienunterhalt beeinflusst nach den vorstehenden Ausführungen den Unterhaltsbedarf der Beklagten nach den fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen. Denn auch dadurch wird das dem Kläger verbleibende Einkommen ohne unterhaltsbezogenes Verschulden gemindert. Ließe man dies unberücksichtigt , erhielte die Beklagte höheren Unterhalt, als dem Kläger selbst von seinem Einkommen verbliebe, was mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht vereinbar wäre (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 351, 360 ff. = FamRZ 2006, 683, 685 f.).
34
Der Anspruch auf Familienunterhalt lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber ebenfalls nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den Anspruch auf Familienunterhalt im Falle der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen. Daher kann der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden (Senatsurteile vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - FamRZ 2007, 1081, 1083 und vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 864).
35
aa) Weil deswegen grundsätzlich sowohl eine schon bestehende als auch eine neu hinzu gekommene Unterhaltspflicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) zu berücksichtigen ist, beeinflussen sich die verschiedenen Unterhaltsansprüche wechselseitig.
36
Zwar ist im Rahmen der Unterhaltsansprüche eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten im Ansatz ein unterschiedlicher Bedarf nach den jeweiligen ehelichen Lebensverhältnissen denkbar. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen gleicht sich der höhere Bedarf eines früheren Ehegatten aber zwangsläufig dem unter Berücksichtigung mehrerer Unterhaltspflichten geringeren Bedarf eines neuen Ehegatten an. Denn der ursprünglich höhere Bedarf eines geschiedenen Ehegatten verringert sich schon deswegen, weil mit einem neuen Ehegatten ein weiterer Unterhaltsberechtigter hinzukommt, der das verfügbare Einkommen und damit auch den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen vermindert (Senatsurteile BGHZ 166, 351, 361 f. = FamRZ 2006, 683, 685 f. und vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 972 f.). Auf diese Weise gleicht sich der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten zwangsläufig an denjenigen eines neuen Ehegatten an.
37
bb) Außerdem ist bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs einer geschiedenen und einer neuen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen stets der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Dieser Grundsatz gebietet es bei der Bedarfsermittlung nur eines unterhaltsberechtigten Ehegatten, dem Unterhaltspflichtigen einen die Hälfte seines verteilungsfähigen Einkommens sogar maßvoll übersteigenden Betrag anrechnungsfrei zu belassen (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 362 f. = FamRZ 2006, 683, 686).
38
Ist der Unterhaltspflichtige - wie hier - neben einem geschiedenen Ehegatten auch einem neuen Ehegatten unterhaltspflichtig, kann dem Grundsatz der Halbteilung aber nicht entnommen werden, dass ihm stets die Hälfte seines eigenen Einkommens verbleiben muss, während sich die beiden Unterhaltsberechtigten die weitere Hälfte teilen müssten. Halbteilung im Sinne einer gegenseitigen Solidarität der jeweiligen Ehegatten bedeutet nicht, dass dem Unterhaltsschuldner stets und unabhängig von der Anzahl der Unterhaltsberechtigten die Hälfte seines eigenen unterhaltsrelevanten Einkommens verbleiben muss. Dies ist lediglich dann die Folge des Halbteilungsgrundsatzes, wenn das unterhaltsrelevante Einkommen nach Abzug des Kindesunterhalts auf den Unterhaltspflichtigen und einen geschiedenen Ehegatten aufzuteilen ist. Grund für die Halbteilung ist vielmehr der Gedanke, dass der Unterhaltsbedarf eines Unterhaltsberechtigten den Betrag nicht überschreiten darf, der dem Unterhaltspflichtigen verbleibt.
39
Ist nach Abzug des Kindesunterhalts neben einem früheren Ehegatten auch ein neuer Ehegatte unterhaltsberechtigt, führt der so verstandene "Halbteilungsgrundsatz" deswegen dazu, dass dem Unterhaltspflichtigen ein Drittel seines unterhaltsrelevanten Einkommens verbleiben muss, während sich der Unterhaltsbedarf eines jeden unterhaltsberechtigten Ehegatten ebenfalls mit 1/3 bemisst (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 390 ff.; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 305 ff.; Gutdeutsch FamRZ 2006, 1072 ff.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2007, 778, 779; Gutdeutsch FamRZ 2008, 661, 663; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 298, 301; s. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254, 1255 und Nr. 15.5 der am 19. Mai 2008 neu gefassten Leitlinien des Oberlandesgerichts Frankfurt FamRZ 2008, 1504).
40
cc) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist die Dreiteilung des verfügbaren Einkommens auch dann geboten, wenn - wie hier - einer oder beide unterhaltsberechtigte Ehegatten eigene Einkünfte erzielen und damit ihren Unterhaltsbedarf teilweise selbst decken. Auch dann kann das eigene Einkommen eines Unterhaltsberechtigten nicht ohne Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz unberücksichtigt bleiben. Sonst erhielte der Unterhaltsberechtigte mehr, als dem Unterhaltspflichtigen nach seinen Unterhaltsleistungen an den geschiedenen und den neuen Ehegatten verbliebe.
41
Der den beiden unterhaltsberechtigten (früheren) Ehegatten zustehende Unterhaltsbedarf bemisst sich in diesem Fall - ebenso wie der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Anteil seines eigenen Einkommens - aus einem Drit- tel aller verfügbaren Mittel (vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254, 1255 f.). Diese Berechnung schließt einen Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz aus, weil dem Unterhaltspflichtigen stets ein Betrag verbleibt, der dem Bedarf jedes Unterhaltsberechtigten entspricht. Die Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte führt andererseits auch nicht etwa dazu, den Unterhaltsbedarf eines einkommenslosen Ehegatten zu Lasten der Einkünfte eines früheren Ehegatten auf unzulässige Weise zu erhöhen. Zwar lässt das eigene Einkommen eines unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten mittelbar auch den Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten anwachsen, wie sich aus der folgenden Vergleichsberechnung ergibt: Bedarfsbemessung ohne Einkommen der Unterhaltsberechtigten: Unterhaltsrelevantes Einkommen des Pflichtigen: 3.000 € Bedarf des früheren und des neuen Ehegatten (je 1/3): 1.000 € Bedarfsbemessung mit Einkommen eines Unterhaltsberechtigten: Unterhaltsrelevantes Einkommen des Pflichtigen: 3.000 € Eigenes Einkommen eines Unterhaltsberechtigten: 600 € Unterhaltsrelevantes Gesamteinkommen: 3.600 € Bedarf des früheren und des neuen Ehegatten (je 1/3): 1.200 €
42
Diese Erhöhung des Unterhaltsbedarfs auch des nicht erwerbstätigen Ehegatten ergibt sich in solchen Fällen allerdings nur vordergründig aus dem eigenen Einkommen des anderen Unterhaltsberechtigten. Denn isoliert würde sich der Unterhaltsbedarf jedes unterhaltsberechtigten Ehegatten aus der Summe seines eigenen Einkommens und des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unterhaltspflichtigen ergeben. In dem oben angegebenen Fall betrüge er also für den erwerbslosen Ehegatten (3.000 € : 2 =) 1.500 € und für den teilweise erwerbstätigen Ehegatten (3.600 € : 2 =) 1.800 €. Nur weil der Unterhaltspflichtige einem weiteren (geschiedenen) Ehegatten unterhaltspflichtig ist, geht die Höhe dieses Unterhaltsbedarfs bis auf ein Drittel des verfügbaren Gesamteinkommens zurück. Ist der Bedarf eines unterhaltsberechtigten Ehegatten aber wegen seiner eigenen Einkünfte teilweise gedeckt, kann sein ungedeckter Unterhaltsbedarf den Unterhaltsbedarf des nicht erwerbstätigen Ehegatten auch nur in diesem geringeren Umfang mindern. Das beim Unterhaltspflichtigen noch verfügbare Einkommen kann dann bis zur Grenze der Halbteilung für eine Erhöhung des Unterhaltsanspruchs des weiteren Ehegatten verwendet werden. Das eigene Einkommen eines (früheren) Ehegatten erhöht deswegen nicht etwa den Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten, sondern es führt dazu, dass der Unterhaltsbedarf nach dem Halbteilungsgrundsatz nur in geringerem Umfang bis zur Dreiteilung des gesamten verfügbaren Einkommens herabgesetzt wird (so auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254, 1255).
43
dd) Die Gründe, mit denen das Oberlandesgericht eine Dreiteilung des verfügbaren Gesamteinkommens abgelehnt hat, vermögen auch sonst nicht zu überzeugen. Das Verhältnis des Unterhaltspflichtigen zu zwei unterhaltsberechtigten (früheren) Ehefrauen ließe es zwar im Ansatz auch zu, das Einkommen einer der Ehefrauen nur isoliert im Verhältnis zu dieser Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Würde man die Unterhaltsansprüche der geschiedenen und der zweiten Ehefrau in solchen Fällen getrennt berechnen, ergäbe sich im Verhältnis des Unterhaltspflichtigen zu der Ehefrau mit dem eigenen Einkommen - wie schon ausgeführt - zwar ein höherer Unterhaltsbedarf, der aber teilweise durch das eigene Einkommen gedeckt wäre. Dem Ehemann verbliebe dann von seinem Einkommen mehr als 1/3, weil er der Ehefrau mit eigenem Einkommen lediglich die Differenz bis zu ihrem Unterhaltsbedarf erstatten müsste. Das zeigt folgendes Berechnungsbeispiel mit einem - um den Erwerbstätigkeitsbonus bereinigten - Einkommen des Unterhaltspflichtigen in Höhe von 3.900 € und einem ebensolchen Einkommen einer Unterhaltsberechtigten in Höhe von 600 €. Würde die Unterhaltspflicht gegenüber dem anderen unterhaltsberechtigten Ehegat- ten lediglich als pauschale Unterhaltslast mit 1/3 des Einkommens des Unterhaltspflichtigen berücksichtigt, wäre der Unterhaltsbedarf jedes Ehegatten wie folgt zu errechnen: Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau: Unterhaltsrelevantes Einkommen des Unterhaltspflichtigen: 3.900 € Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen unter Berücksichtigung 1/3 als weitere Unterhaltspflicht ([3.900 € x 2/3 =] 2.600 € + 600 € eigenes Einkommen): 3.200 € Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau (3.200 € x 1/2): 1.600 € abzüglich des eigenen Einkommens - 600 € verbleibender Unterhaltsbedarf der geschiedenen Ehefrau: 1.000 € Unterhaltsbedarf der zweiten Ehefrau: Unterhaltsrelevantes Einkommen des Unterhaltspflichtigen: 3.900 € Unterhaltsbedarf der zweiten Ehefrau neben einer geschiedenen Ehefrau (3.900 € x 1/3) 1.300 €
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Diese isolierte Betrachtung würde also dazu führen, dass dem Unterhaltspflichtigen von seinen unterhaltsrelevanten 3.900 € (- 1.000 € - 1.300 €) 1.600 € verblieben, während auch die teilerwerbstätige geschiedene Ehefrau einen Bedarf von (600 € + 1.000 € =) 1.600 € hätte. Der Bedarf der nicht erwerbstätigen zweiten Ehefrau wäre hingegen bei getrennter Berechnung und nur pauschaler Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für die geschiedene Ehefrau auf 1.300 € begrenzt. Diese Lösung ließe unberücksichtigt, dass der Unterhaltspflichtige dem geschiedenen erwerbstätigen Ehegatten nicht in Höhe des vollen Bedarfs, sondern nur in Höhe des ungedeckten Unterhaltsbedarfs von monatlich 1.000 € unterhaltspflichtig wäre. Die isolierte Berechnung des Unterhaltsbedarfs einer geschiedenen und einer neuen Ehefrau würde also zu einer ungerechtfertigten Entlastung des Unterhaltspflichtigen führen. Denn diese Lösung liefe darauf hinaus, die Unterhaltspflicht gegenüber einem geschie- denen Ehegatten unabhängig davon zu berücksichtigen, in welcher Höhe überhaupt Unterhalt an ihn gezahlt wird. Wie beim Vorwegabzug des Kindesunterhalts (vgl. insoweit Senatsurteil vom 5. März 2008 - XII ZR 22/06 - FamRZ 2008, 963, 967) entspricht die Bedarfsbemessung aber nur dann dem Halbteilungsgrundsatz , wenn nicht die abstrakte Unterhaltspflicht, sondern der Betrag berücksichtigt wird, der tatsächlich als Unterhalt geschuldet ist.
45
ee) Ausnahmen von dieser Dreiteilung sind bei unterschiedlicher Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nicht schon im Rahmen der Bedarfsbemessung , sondern erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit geboten und wirken sich nur dann aus, wenn ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB; vgl. auch Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 4 Rdn. 400). Denn auch wenn das unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Kindesunterhalts - wie hier - weniger als 3.000 € beträgt, muss ihm als Ehegattenselbstbehalt stets mindestens ein Betrag verbleiben, der zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt und den die Oberlandesgerichte zurzeit mit 1.000 € bemessen (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684; zur Ersparnis infolge gemeinsamer Haushaltsführung vgl. auch Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 597 f.). Während der Unterhaltsbedarf eines vorrangig unterhaltsberechtigten Ehegatten (§ 1609 Nr. 2 BGB) in Höhe eines Drittels des unterhaltsrelevanten Einkommens dann vorab zu befriedigen ist, ist der Unterhaltsanspruch des nachrangigen Ehegatten bis zu dem Betrag zu kürzen, der dem Unterhaltspflichtigen seinen Selbstbehalt belässt (Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 5 Rdn. 122 ff., 131; Gutdeutsch FamRZ 2008, 661, 662). Erzielt ein unterhaltspflichtiger Ehegatte beispielsweise unterhaltsrelevante Einkünfte, die sich auf monatlich 2.400 € belaufen, ergeben sich im Mangelfall für eine nach- rangige frühere Ehefrau (§ 1609 Nr. 3 BGB) und eine wegen Kindererziehung vorrangige neue Ehefrau (§ 1609 Nr. 2 BGB) folgende Unterhaltsansprüche: Unterhaltsrelevante Einkünfte des Unterhaltspflichtigen: 2.400 € Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen: 1.000 € Unterhaltsanspruch des vorrangigen Ehegatten (2.400 € : 3 =) 800 € Unterhaltsanspruch des nachrangigen Ehegatten (2.400 € - 1.000 € - 800 € =) 600 €
46
4. Auch soweit das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten ohne Berücksichtigung des Splittingvorteils des Klägers aus seiner neuen Ehe errechnet hat, hält dies unter Berücksichtigung der - nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen - neueren Rechtsprechung des Senats der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
47
a) Allerdings hatte der Senat zuletzt in ständiger Rechtsprechung entschieden , dass bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten der Splittingvorteil eines wieder verheirateten Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen und eine fiktive Steuerberechnung anhand der Grundtabelle vorzunehmen ist (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819). An dieser Rechtsprechung, die auf der isolierten Betrachtung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten beruhte, hält der Senat nicht fest.
48
b) Der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist grundsätzlich auf der Grundlage des konkret verfügbaren Einkommens zu bemessen (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2008 - XII ZR 14/06 - FamRZ 2008, 968, 971 f.). Nacheheliche Entwicklungen bleiben nur dann unberücksichtigt, wenn sie nicht in der Ehe angelegt waren oder, im Falle eines Rückgangs des verfügbaren Einkommens, unterhaltsrechtlich vorwerfbar sind. Damit wirkt sich auch das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten unabhängig von dessen Rangstellung auf den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten aus. Die sich daraus unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes ergebende Dreiteilung des Gesamteinkommens führt dazu, dass künftig nicht mehr ein ungekürzter Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten einem geringeren Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten gegenübersteht. Die Unterhaltsansprüche beeinflussen sich vielmehr wechselseitig und gleichen sich somit einander an.
49
Die Berücksichtigung des Splittingvorteils der neuen Ehe im Rahmen des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten führt auf dieser Grundlage nicht mehr zu verfassungsrechtlich unzulässigen Ergebnissen (vgl. dazu BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1823 f.). Insbesondere wird dadurch der neuen Ehe nicht der ihr zustehende steuerrechtliche Vorteil entzogen. Denn mit der neuen Ehe steigt zwar in Folge des Splittingvorteils das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen an; zugleich führt der hinzu gekommene Unterhaltsbedarf aber zu einer Kürzung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten. Der im Verhältnis zum neuen Ehegatten zu berücksichtigende Splittingvorteil nimmt deswegen im Ergebnis lediglich die Kürzung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten teilweise zurück (vgl. auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2007, 778, 779 und Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 1 Rdn. 592b [für gleichrangige Ansprüche]). Soweit dem geschiedenen Ehegatten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein höherer Unterhaltsanspruch zustehen darf, als er ohne die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen hätte (BVerfG FamRZ 2003, 1821, 1823 f.), ist dies in besonders gelagerten Fällen, in denen der neue Ehegatte wegen eigener Einkünfte keinen oder nur einen sehr geringen Unterhaltsbedarf hat, durch eine Kontrollberechnung sicherzustellen (vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1254, 1256). Einem geschiedenen Ehegatten steht danach Unterhalt allenfalls in der Höhe zu, wie er sich ergäbe, wenn der Unterhaltspflichtige nicht neu ge- heiratet hätte und deswegen weder ein Splittingvorteil noch ein neuer unterhaltsberechtigter Ehegatte vorhanden wären.
50
Schließlich kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass im Falle einer Unterhaltspflicht für einen geschiedenen und einen neuen Ehegatten dem Splittingvorteil aus der neuen Ehe nach den §§ 26, 32 a Abs. 5 EStG der steuerliche Vorteil des begrenzten Realsplittings aus den Unterhaltszahlungen an den früheren Ehegatten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder der Vorteil des § 66 a EStG im Rahmen einer Unterhaltszahlung nach § 1615 l Abs. 2 BGB gegenübersteht (vgl. auch Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 f. und vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - zur Veröffentlichung bestimmt

).

51
Für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten im Wege der Dreiteilung wird das Berufungsgericht deswegen hier von dem unterhaltsrelevanten Einkommen des Klägers unter Einschluss seines Splittingvorteils ausgehen müssen.
52
c) Wenn schon der Splittingvorteil aus der neuen Ehe bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der neuen und der geschiedenen Ehefrau zu berücksichtigen ist, gilt dies erst recht für den Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht diesen Einkommensbestandteil des Klägers deswegen bei der Unterhaltsbemessung in voller Höhe berücksichtigt.
53
Einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG erhalten Beamte, Richter oder Soldaten u.a., wenn sie verheiratet oder wenn sie geschieden und aus der geschiedenen Ehe mindestens in Höhe des Familienzuschlags zum Unterhalt verpflichtet sind. Der Familienzuschlag ist deswegen - anders als der Splittingvorteil in der neuen Ehe - schon nicht stets der neuen Ehe vorbehalten und soll auch nicht nur deren Belastung mildern. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG wird er vielmehr auch bewilligt, um die Unterhaltslasten aus einer geschiedenen Ehe abzumildern. In solchen Fällen entsteht durch die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen keine finanzielle Veränderung. Der Familienzuschlag wird dann nicht erst durch die neue Ehe ausgelöst, weil er schon zuvor wegen der fortdauernden Unterhaltspflicht aus erster Ehe gewährt wurde. Einem unterhaltsberechtigten ersten Ehegatten kann der Anteil des Familienzuschlags deswegen nicht nachträglich durch Eingehung der zweiten Ehe vollständig entzogen werden. Andererseits ergibt sich aus der Begründung des Gesetzes zur Reform des öffentlichen Dienstrechts, mit dem der bis Juni 1997 geltende Ortszuschlag durch den neuen Familienzuschlag ersetzt wurde, dass damit die Funktion des "familienbezogenen Bezahlungsbestandteils" verdeutlicht werden sollte. Sinn und Zweck des Familienzuschlags ist es danach, den unterschiedlichen Belastungen des Familienstands Rechnung zu tragen.
54
Diesen Funktionen des Familienzuschlags ist durch die neue Rechtsprechung des Senats zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs einer geschiedenen und einer neuen Ehefrau in vollem Umfang genügt. Schon die wechselseitige Angleichung dieser Unterhaltsansprüche im Wege der Dreiteilung sorgt dafür, dass der Einkommensvorteil beiden Ehegatten in gleichem Umfang zugute kommt. An der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung (vgl. Senatsurteil BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793, 797 f.) hält der Senat deswegen nicht mehr fest.
55
5. Auch soweit das Berufungsgericht einen Gleichrang der Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers angenommen hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
56
Dabei ist wegen der Änderung der gesetzlichen Grundlagen allerdings zwischen der nach § 36 Nr. 7 EGZPO für Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 anwendbaren früheren Rechtslage und dem durch das Unterhaltsänderungsgesetz für Unterhaltsansprüche ab dem 1. Januar 2008 geschaffenen neuen Unterhaltsrecht zu unterscheiden.
57
a) Die bis Ende 2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche der Beklagten sind nach § 36 Nr. 7 EGZPO noch nach dem früheren Unterhaltsrecht zu bemessen. Der Kläger schuldet der Beklagten Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB und daneben seiner neuen Ehefrau Betreuungsunterhalt nach § 1360 BGB i.V.m. § 1570 BGB a.F.
58
Nach § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ging dem Unterhaltsanspruch eines neuen Ehegatten der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten stets vor, wenn dieser auf § 1570 oder § 1576 BGB gestützt war oder die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Diesen grundsätzlichen Vorrang des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten hatte das Bundesverfassungsgericht für Fälle, in denen auch der neue Ehegatte durch die Pflege und Erziehung eines Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert war, als mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar erachtet (BVerfG FamRZ 1984, 346, 349 f.). Ebenso hatte es auch der Gesetzgeber für unbedenklich erachtet, den Ehegatten aus einer nachfolgenden Ehe eher als den früheren Ehegatten auf die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfen zu verweisen, selbst wenn aus der neuen Ehe Kinder hervorgegangen sind (BT-Drucks. 6/650 S. 143). Der Senat hat die für den Vorrang des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau nach § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ausschlaggebende "lange Ehezeit" in ständiger Rechtsprechung mit mehr als 15 Jahren bemessen (Senatsurteil vom 1. Juni 1983 - IVb ZR 389/81 - FamRZ 1983, 886, 888). Daran hält der Senat entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fest, zumal die Vorschrift des § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. schon vom Wortlaut her lediglich auf die Dauer der Ehe abstellt und den Vorrang nicht, wie die frühere Regelung zur Befristung des Aufstockungsunterhalts in § 1573 Abs. 5 BGB a.F., zusätzlich von einer umfassenden Billigkeitsabwägung abhängig macht.
59
aa) Es kann dahinstehen, ob über diesen eindeutigen Wortlaut des § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. eine verfassungskonforme Auslegung möglich und notwendig war, wie das Berufungsgericht meint. Denn mit dem Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2008 ist der Rang mehrerer unterhaltsberechtigter (früherer) Ehegatten neu geregelt (§ 1609 Nr. 2 und 3 BGB). Dabei haben auch die vom Berufungsgericht aus Art. 6 GG hergeleiteten Umstände Berücksichtigung gefunden, insbesondere die Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder. Der Betreuungsunterhalt steht deswegen stets nach dem Unterhalt der minderjährigen und privilegierten volljährigen Kinder im zweiten Rang.
60
Im Hinblick auf diese gesetzliche Neuregelung ist die vom Wortlaut eindeutige Regelung in § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. für Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 hinzunehmen. Insoweit ist keine andere Beurteilung geboten, als es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den Betreuungsunterhalt nach gescheiterter Ehe einerseits und den Betreuungsunterhalt des Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes andererseits wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 5 GG für verfassungswidrig erachtet hat, für die Fortgeltung dieser gesetzlichen Regelungen der Fall ist. Denn auch jener verfassungswidrige Zustand war nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bis zum Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Januar 2008 (Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 BGBl. I S. 3189, 3193) hinzunehmen (vgl. BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 973).
61
bb) Entgegen der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts wäre eine verfassungsgemäße Auslegung des § 1582 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. für die Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 im vorliegenden Fall auch nicht erforderlich. Denn der Unterhaltsanspruch der Beklagten könnte - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - auch jetzt noch befristet werden, weil der Kläger mit den dafür ausschlaggebenden Umständen bislang nicht präkludiert ist (§ 1573 Abs. 5 BGB a.F. und § 1578 b BGB).
62
Der Unterhaltsvergleich vom 22. März 2005 wurde abgeschlossen, als die Frage der Befristung des Aufstockungsunterhalts noch nicht den Stellenwert hatte, den sie nach der neueren Rechtsprechung des Senats hat. Erst infolge der geänderten Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung, die zu einer späteren Bedarfsdeckung durch eigenes Einkommen führt, hat der Senat dem Umstand der zeitlichen Befristung des Aufstockungsunterhalts größere Bedeutung beigemessen und dabei seine frühere Rechtsprechung geändert (vgl. Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007 f. und vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 f.). Diese neuere Rechtsprechung des Senats kommt einer wesentlichen Änderung der den früheren Unterhaltstiteln zugrunde liegenden Verhältnisse gleich (vgl. Senatsurteile vom 5. September 2001 - XII ZR 108/00 - FamRZ 2001, 1687, 1690 [für die Abänderung eines Vergleichs nach geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung] und vom 5. Februar 2003 - XII ZR 29/00 - FamRZ 2003, 848, 851 f. [für die Abänderung eines Urteils nach geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung]). Weil die frühere Rechtsprechung des Senats zur Befristung des Aufstockungsunterhalts vornehmlich auf die Dauer der Ehe abgestellt hatte und danach wegen der deutlich mehr als 20-jährigen Ehe keine Befristung in Betracht gekommen wäre, steht diese Änderung der Rechtsprechung des Senats einer Präklusion der jetzt für eine Befristung sprechenden Umstände nicht entgegen (vgl. Dose FamRZ 2007, 1289, 1294 ff.). Erst durch die neuere Senatsrechtsprechung und die gesetzliche Neuregelung des § 1578 b BGB sind die weiteren Umstände, insbesondere das Fehlen ehebedingter Nachteile, überhaupt relevant geworden, was eine Präklusion ausschließt (vgl. Senatsurteile BGHZ 171, 206, 227 f. = FamRZ 2007, 793, 798 f. und vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1008).
63
b) Unterhaltsansprüche, die ab Januar 2008 fällig geworden sind, richten sich hingegen nach der durch das Unterhaltsrechtsreformgesetz in § 1609 BGB neu geregelten Rangfolge.
64
aa) Danach stehen als Unterhaltsberechtigte stets allein die minderjährigen , unverheirateten und die privilegierten volljährigen Kinder im ersten Rang. Im zweiten Rang stehen gemäß § 1609 Nr. 2 BGB alle Ansprüche auf Betreuungsunterhalt. Dazu zählt hier der Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Beklagten, weil sie ihr gemeinsames Kind betreut und erzieht, das im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht noch keine drei Jahre alt war.
65
Während des Gesetzgebungsverfahrens zum Unterhaltsrechtsreformgesetz ist § 1609 Nr. 2 BGB allerdings noch dadurch ergänzt worden, dass auch die Unterhaltsansprüche von Ehegatten oder geschiedenen Ehegatten nach einer Ehe von langer Dauer im zweiten Rang stehen. Allerdings ist dabei nach § 1609 Nr. 2 BGB nicht mehr allein auf die Dauer der Ehe abzustellen. Vielmehr sind "bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer ... auch Nachteile i.S. des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu berücksichtigen". Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Rangfolge deswegen insbesondere, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (BT-Drucks. 16/6980 S. 10).
66
bb) Im Verhältnis der Parteien ist hier zwar ebenfalls - wie oben zum früheren Recht ausgeführt - von einer langen Ehedauer auszugehen. Die gesetzliche Neuregelung in § 1609 Nr. 2 BGB stellt für den Vorrang gegenüber anderen (geschiedenen) Ehegatten allerdings - wie die Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nach § 1578 b BGB (vgl. insoweit BGHZ 174, 195 = FamRZ 2008, 134, 136) - zusätzlich darauf ab, ob ehebedingte Nachteile vorliegen (BTDrucks. 16/6980 S. 10; vgl. auch Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 5 Rdn. 114 ff.; FAKomm-FamR/Klein 3. Aufl. § 1609 Rdn. 17; Schnitzler/Grandel Münchener Anwaltshandbuch 2. Aufl. § 8 Rdn. 125). Der Anspruch der Beklagten auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und will somit nicht nur ehebedingte Nachteile ausgleichen. Dieser Unterhaltsanspruch steht deswegen nur dann im zweiten Rang, wenn solche ehebedingten Nachteile positiv festgestellt werden können. Die Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die über eine gleichrangige weitere Unterhaltspflicht zu einer Leistungsunfähigkeit führen können, trägt zwar der Unterhaltspflichtige (Senatsurteil vom 27. April 1988 - IVb ZR 58/87 - FamRZ 1988, 930, 931; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 712). Hat dieser allerdings Tatsachen vorgetragen, die einen Wegfall ehebedingter Nachteile nahe legen, wie hier den Umstand, dass die Beklagte seit 1992 in ihrem erlernten Beruf als Verkäuferin vollschichtig arbeitet, obliegt es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände darzulegen und zu beweisen, die für fortdauernde ehebedingte Nachteile und somit für einen Rang des Unterhaltsanspruchs nach § 1609 Nr. 2 BGB sprechen (zum ehebedingten Nachteil im Rahmen der Befristung des nachehelichen Unterhalts vgl. Senatsurteil vom 14. November 2007 - XII ZR 16/07 - FamRZ 2008, 134, 136). Nach den Fest- stellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien - auf der Grundlage des früheren Rechts - solches nicht vorgetragen. Die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag, soweit es im Rahmen der Rangvorschriften darauf ankommt.
67
cc) Wenn das Berufungsgericht auch nach ergänzendem Vortrag der Parteien keine ehebedingten Nachteile der Beklagten feststellen kann, wären ihre Unterhaltsansprüche für die Zeit ab Januar 2008 auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung in § 1609 Nr. 2 und 3 BGB gegenüber dem Anspruch der neuen Ehefrau des Beklagten auf Betreuungsunterhalt also nachrangig. Sollte das Einkommen des Klägers dann nicht ausreichen, neben dem vorrangigen Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes unter Wahrung des Ehegattenselbstbehalts (vgl. insoweit BGHZ 166, 351, 356 ff. = FamRZ 2006, 683, 684 f.) die im Wege der "Drittelmethode" errechneten Unterhaltsansprüche der neuen Ehefrau des Klägers und der Beklagten abzudecken, würde sich der Anspruch der Beklagten bis auf die verbleibende Leistungsfähigkeit reduzieren, wenn nicht schon eine Befristung dieses Anspruchs nach § 1578 b BGB in Betracht kommt.
68
6. Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Rückzahlungsanspruch des Klägers entspricht nicht in allen Punkten der Rechtsprechung des Senats.
69
Zwar steht dem Kläger nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung geleisteten Unterhalts zu, soweit seine Abänderungsklage zu einem geringen Unterhalt führt, als er in der Vergangenheit bereits gezahlt hat. Das wäre hier dann der Fall, wenn der Kläger an die Beklagte für die Zeit von März bis September 2006 geringeren Unterhalt zahlen müsste als die monatlich gezahlten 600 €.
70
Dem Rückzahlungsanspruch für den Monat März 2006 steht allerdings die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB entgegen. Diese Vorschrift dient dem Schutz des gutgläubig Bereicherten, der das rechtsgrundlos Empfangene im Vertrauen auf das Fortbestehen des Rechtsgrundes verbraucht hat und daher nicht über den Betrag der bestehen gebliebenen Bereicherung hinaus zur Herausgabe oder zum Wertersatz verpflichtet werden soll. Bei einer Überzahlung von Unterhalt kommt es daher darauf an, ob der Empfänger die Beträge restlos für seinen Lebensbedarf verbraucht oder sich noch in seinem Vermögen vorhandene Werte - auch in Form anderweitiger Ersparnisse, Anschaffungen oder Tilgung eigener Schulden - verschafft hat. Für den Berechtigten, der den Wegfall der Bereicherung zu beweisen hat, hat die Rechtsprechung hierbei allerdings Beweiserleichterungen geschaffen, wenn aus der Überzahlung in der fraglichen Zeit keine besonderen Rücklagen oder Vermögensvorteile gebildet wurden. Insbesondere bei unteren und mittleren Einkommen spricht dann nach der Lebenserfahrung eine Vermutung dafür, dass das Erhaltene für die Verbesserung des Lebensstandards ausgegeben wurde, ohne dass der Bereicherte einen besonderen Verwendungsnachweis erbringen müsste (Senatsurteil BGHZ 143, 65, 69 = FamRZ 2000, 751).
71
Eine verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners nach § 818 Abs. 4, 819 BGB, die einem Wegfall der Bereicherung entgegenstehen könnte, tritt nach der Rechtsprechung des Senats nicht bereits mit Rechtshängigkeit einer Abänderungsklage oder einer Klage auf Feststellung der entfallenen Unterhaltspflicht ein. Vielmehr knüpft die verschärfte Haftung gemäß § 818 Abs. 4 BGB konkret an die Rechtshängigkeit der Klage auf Herausgabe des Erlangten (§ 812 BGB) oder auf Leistung von Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) an; für eine erweiternde Auslegung dieser Ausnahmevorschrift ist kein Raum (Senatsurteil vom 7. Mai 1986 - IVb ZR 49/85 - FamRZ 1986, 793). Seinen Rückzahlungsantrag hat der Kläger hier erst mit einem am 30. März 2006 eingegangenen Schriftsatz erhoben, weswegen dadurch hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs für März 2006 keine verschärfte Haftung mehr eintreten konnte. Eine Rückzahlung kommt deswegen allenfalls für überzahlte Unterhaltsleistungen in der Zeit von April bis September 2006 in Betracht.
72
7. Das Berufungsurteil ist deswegen auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Vorliegen ehebedingter Nachteile getroffen hat. Die Zurückverweisung gibt den Parteien Gelegenheit, insoweit mit Blick auf den Rang des Unterhaltsanspruchs der Beklagten und auf die Möglichkeit zur Befristung des Aufstockungsunterhalts ergänzend vorzutragen. Das Berufungsgericht wird sodann über das Abänderungsbegehren und den Rückzahlungsanspruch des Klägers unter Berücksichtigung der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung und der neuen Rechtsprechung des Senats erneut zu entscheiden haben.
Hahne Wagenitz Vézina Dose Klinkhammer

Vorinstanzen:
AG Lingen (Ems), Entscheidung vom 21.06.2006 - 19 F 133/06 UE -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 26.09.2006 - 12 UF 74/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 189/04 Verkündet am:
25. April 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1603, 1609 Abs. 2 Satz 1, 1360, 1360 a
Entspricht es dem berechtigten Interesse in der neuen Ehe eines Unterhaltspflichtigen
, dass seine Ehefrau zugunsten der Haushaltsführung und der
Betreuung ihrer Kinder aus einer früheren Beziehung auf eine Erwerbstätigkeit
verzichtet, so ist der Anspruch der Ehefrau auf Familienunterhalt im Rahmen
einer Mangelverteilung neben den gleichrangigen Unterhaltsansprüchen der
Kinder des Unterhaltspflichtigen aus der früheren Ehe zu berücksichtigen, wenn
deren Mutter infolge Wiederheirat nicht mehr unterhaltsberechtigt ist.
BGH, Urteil vom 25. April 2007 - XII ZR 189/04 - OLG Hamm
AG Lüdenscheid
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. August 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen im Wege der Abänderungsklage vom Beklagten höheren Kindesunterhalt.
2
Die Mutter der Kläger und der Beklagte sind geschiedene Ehegatten. Aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das älteste Kind D. nicht mehr unterhaltsberechtigt ist. Beide Elternteile sind wieder verheiratet, der Beklagte seit November 2002. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Sie betreut zwei am 3. Oktober 1990 bzw. 9. Dezember 1991 geborene Kinder aus einer früheren Beziehung und versorgt den Haushalt. Die am 26. Juni 1995 und am 5. Oktober 1996 geborenen Kläger leben bei ihrer Mutter; diese verfügt über keine Einkünfte. In dem vorausgegangenen Rechtsstreit war der Beklagte u.a. verurteilt worden, an das Kind J. monatlichen Unterhalt von 153 € und an das Kind F. einen solchen von monatlich 118 € zu zahlen.
3
Mit ihrer Abänderungsklage haben die Kläger geltend gemacht, der Beklagte schulde ihnen höheren Unterhalt, weil dessen Unterhaltspflicht für den (älteren) Sohn D. entfallen und die Unterhaltsbeträge der Düsseldorfer Tabelle gestiegen seien. Sie haben Zahlung von monatlich (insgesamt) 231 € bzw. 177 € für die Zeit ab März 2003 verlangt. Bei einem unterhaltsrelevanten Einkommen von monatlich 1.500 € sei der Beklagte entsprechend leistungsfähig.
4
Der Beklagte ist dem Abänderungsbegehren entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, dass er unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner zweiten Ehefrau nicht in weitergehendem Umfang zu Unterhaltsleistungen in der Lage sei.
5
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht dem Abänderungsbegehren nur in geringerem Umfang entsprochen und - unter Klageabweisung im Übrigen - folgenden Unterhalt zuerkannt: für die Klägerin zu 1 von März bis Juni 2003 auf monatlich 176 € und ab Juli 2003 auf monatlich 183 €; für den Kläger zu 2 von März bis Juni 2003 auf monatlich 176 € und ab Juli 2003 auf monatlich 177 €. Mit der zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.
7
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Ausgangsentscheidung abzuändern sei, weil die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber dem Kind D. entfallen sei und sich zudem der Bedarf der Kläger seit dem 1. Juli 2003 nach der geänderten Düsseldorfer Tabelle bestimme. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
8
Zugrunde zu legen sei ein unterhaltsrelevantes Einkommen des Beklagten in Höhe von monatlich 1.500 €. Dieser Betrag sei in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig gewesen. Soweit die Kläger im Berufungsverfahren erstmals behauptet hätten, der Beklagte habe mindestens 1.600 € verdient, sei dies ins Blaue hinein erfolgt und deshalb unbeachtlich. Von dem zu berücksichtigenden Einkommen von 1.500 € verbleibe nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts in Höhe von 840 € eine Verteilungsmasse von 660 €. Dieser stehe bis Juni 2003 ein Bedarf von 1.150 € (richtig: 1.151 €) der Unterhaltsberechtigten gegenüber (je 308 € für die beiden Kläger und 535 € für die jetzige Ehefrau des Beklagten) und ab Juli 2003 von 1.187 € (je 326 € für die Kläger und 535 € für die jetzige Ehefrau). Entgegen der Auffassung der Kläger gehöre auch die Ehefrau des Beklagten zu den Unterhaltsberechtigten, die diesen nach § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB im Rang gleichstünden. Der jetzigen Ehefrau des Beklagten stehe ein Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB zu. Dem Grundgedanken dieser Bestimmung entspreche es, dass die Last des Familienunterhalts von beiden Ehegatten gemeinsam getragen werde. Auf welche Weise dabei jeder Ehegatte die ihm obliegende Unterhaltsverpflichtung zu erfüllen habe, bestimme sich nach der konkreten Aufgabenverteilung in der Ehe, d.h. nach dem hinsichtlich Haushaltsführung und Berufsausübung erzielten Einvernehmen. Insofern könnten die Ehegatten sowohl die Rollenverteilung in der Ehe als auch die Beschaffung und Verteilung des Unterhalts weitgehend frei gestalten. Diese Gestaltungsfreiheit gelte zwar grundsätzlich nur im Verhältnis der neuen Ehegatten zueinander und dürfe nicht zu Lasten minderjähriger Kinder aus einer früheren Ehe gehen. Allerdings finde die sogenannte Hausmann-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil innerhalb der neuen Ehe kein Rollenwechsel vorgenommen worden sei. Die Pflicht aus § 1356 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach die Ehegatten bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit jeweils auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen hätten, gehe nicht so weit, dass der zweite Ehegatte seinerseits zugunsten der minderjährigen Kinder aus erster Ehe einer Erwerbstätigkeit nachgehen müsse, um seinen eigenen Barunterhaltsbedarf zu decken. Denn dann könne er seinen Beitrag zum Familienunterhalt durch die Haushaltsführung nicht mehr in vollem Umfang erfüllen. Ebenso wie es mit dem Prinzip des Gleichrangs der minderjährigen Kinder aus erster Ehe und der neuen Ehefrau nicht vereinbar sei, dass der Unterhaltspflichtige sich nach der Wiederheirat darauf beschränke, nur noch den Unterhalt der neuen Familie zu decken und die minderjährigen Kinder aus erster Ehe deswegen leer ausgingen, würde es gegen § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB und letztlich auch gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, wenn man in einer Konstellation wie der vorliegenden eine Verpflichtung der zweiten Ehefrau zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit begründen würde. Insofern komme es nicht auf die Frage an, ob und inwieweit der jetzigen Ehefrau im Hinblick auf die Betreuung ihrer beiden Kinder unter 14 Jahren überhaupt eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden könne. Die deshalb durchzuführende Mangelverteilung führe dazu, dass der Beklagte nur Kindesunterhalt in Höhe der ausgeurteilten Beträge schulde.
9
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
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2. Das Oberlandesgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gemäß § 323 Abs. 1 ZPO der Abänderung unterliegt, da die insofern maßgeblichen Verhältnisse eine wesentliche Änderung erfahren haben. Der Beklagte ist einerseits seinem Sohn D. gegenüber nicht mehr unterhaltspflichtig, andererseits hat sich der Bedarf der Kläger - entsprechend der zum 1. Juli 2003 geänderten Düsseldorfer Tabelle - erhöht.
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3. Die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber den Klägern ergibt sich aus den §§ 1601 ff. BGB; sie steht zwischen den Parteien dem Grunde nach auch nicht im Streit. Der Bedarf der minderjährigen Kläger, die noch keine eigenständige Lebensstellung erlangt haben, leitet sich von derjenigen des ihnen barunterhaltspflichtigen Beklagten ab (§ 1610 Abs. 1 BGB). Maßgebend sind deshalb dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ein unterhaltsrelevantes Einkommen des Beklagten von monatlich 1.500 € zugrunde zu legen. Soweit die Revision geltend macht, die Kläger hätten ein Einkommen von monatlich 1.600 € behauptet, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Revision verkennt zum einen, dass das Berufungsgericht keinen Abzug für berufsbedingte Aufwendungen mehr vorgenommen, den Betrag von 1.500 € monatlich mithin für unterhaltsrechtlich maßgebend erachtet hat. Nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen, wie sie möglicherweise schon im Ausgangsverfahren mit dem üblichen Satz von 5 % des Nettoeinkommens berücksichtigt worden sind, verbliebe bei einem Einkommen von monatlich 1.600 € aber kein wesentlich höherer unterhaltsrelevanter Betrag. Zum anderen führt die Revision nicht aus, aufgrund welcher Umstände die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts , der Klägervortrag sei insoweit unbeachtlich, unzutreffend sein soll.
13
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch den Splittingvorteil, der dem Beklagten aufgrund seiner Wiederverheiratung zugute kommt, nicht außer Betracht gelassen. Dieser ist Bestandteil des zur Bemessung des Kindesunter- halts maßgeblichen Einkommens (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 91, 101 und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
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b) Die Leistungsfähigkeit des Beklagten bestimmt sich nach § 1603 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach ist unterhaltspflichtig nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Zu den zu berücksichtigenden Verpflichtungen des Beklagten gehört die Unterhaltspflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau, da diese nicht über eigenes Einkommen verfügt. Der Beklagte schuldet ihr deshalb gemäß §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt.
15
Die betreffende Unterhaltspflicht besteht gemäß § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB gleichrangig neben derjenigen gegenüber den Klägern. Eine teleologische Reduktion dieser Bestimmung ist nur in solchen Fällen geboten, in denen Unterhaltsansprüche der geschiedenen und der jetzigen Ehefrau nebeneinander bestehen und deswegen geklärt werden muss, welcher dieser Ansprüche gleichrangig mit den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder ist. Nur in solchen Fällen ist es nach dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften geboten, den sich aus § 1582 BGB ergebenden (relativen) Nachrang der jetzigen Ehefrau gegenüber der geschiedenen Ehefrau auch auf das Rangverhältnis gegenüber den minderjährigen (oder den privilegierten volljährigen) Kindern zu übertragen (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1155). Eine solche Fallgestaltung liegt hier indessen nicht vor, denn die Mutter der Kläger ist nach ihrer Wiederheirat nicht mehr unterhaltsberechtigt (§ 1586 Abs. 1 BGB). Auch wenn der Vorrang der geschiedenen Ehefrau nicht davon abhängt, ob sie tatsächlich Unterhaltsansprüche geltend macht oder hierauf im finanziellen Interesse der Kinder verzichtet, ist aber das Entfallen ihres Unterhaltsanspruchs ein im Rahmen des Rangverhältnisses maßgeblicher Umstand.
Dann setzt sich nämlich der Gleichrang der jetzigen Ehefrau und der Kläger uneingeschränkt durch.
16
Dem steht abweichend von der Auffassung der Revision nicht entgegen, dass sich eine geschiedene Mutter infolge der Auswirkungen des Erlöschens ihres Unterhaltsanspruchs auf den sodann mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau gleichrangigen Unterhaltsanspruch der Kinder veranlasst sehen könnte, auf eine erneute Heirat zu verzichten. Ihre Eheschließungsfreiheit wird dadurch nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar berührt. Diese bloß mittelbare Auswirkung hat hinter dem Schutz, den auch die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen nach Art. 6 Abs. 1 GG genießt (vgl. BVerfGE 108, 351, 364), zurückzustehen. Abgesehen davon müssen die Kinder aus erster Ehe auch sonst mit dem Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter rechnen, etwa wenn aus der neuen Ehe wiederum Kinder hervorgehen.
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c) Der deshalb gleichrangig zu berücksichtigende Anspruch der Ehefrau des Beklagten auf Familienunterhalt lässt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, dass jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so dass § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den Anspruch auf Familienunterhalt im Falle der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen. Daher kann der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 864).
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Im vorliegenden Fall ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Ehefrau des Beklagten sei in vollem Umfang unterhaltsbedürftig, rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 1360 BGB sind beide Ehegatten verpflichtet, die Familie durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte ausführen zu lassen (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - FamRZ 2004, 366, 368). Da die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung frei bestimmen können (vgl. BVerfG FamRZ 2002, 527, 528), steht es ihnen grundsätzlich auch frei, Vereinbarungen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung zu treffen, die die Kinderbetreuung und Haushaltsführung durch einen Ehegatten auch dann vorsehen, wenn es sich nicht um gemeinsame Kinder handelt (zum Schutz auch der aus Ehegatten und Stiefkindern bestehenden Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG vgl. BVerfGE 18, 97, 105 f.). Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung ist einem Ehegatten im Verhältnis zu seinen unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern aus einer früheren Ehe nach Treu und Glauben nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich erscheint. Das ist indessen so lange zu verneinen, wie es den berechtigten Interessen innerhalb der neuen Familie entspricht, dass ein Ehegatte zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Angesichts des Alters der von der Ehefrau des Beklagten betreuten Kinder aus ihrer früheren Beziehung, die zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht 12 und 13 Jahre alt waren, ist das der Fall. Denn insoweit gelten für die Gestaltungsfreiheit der Ehegatten untereinander andere Beurteilungsmaßstäbe als etwa im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1570 BGB. Die Grundsätze, die der Senat zur Behandlung der sogenannten Hausmann-Fälle aufgestellt hat (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - XII ZR 197/02 - FamRZ 2006, 1827 ff.), sind im vorliegenden Fall schon deshalb nicht heranzuziehen, weil der Beklagte in der neuen Ehe keinen Rollentausch vorgenommen hat, sondern ebenso wie in der vorausgegangenen Ehe einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
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4. Da der Beklagte nicht in der Lage ist, alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche zu erfüllen, hat das Berufungsgericht zu Recht eine Mangelverteilung durchgeführt. Dabei entspricht es der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.), dass für die Ehefrau der ihrer jeweiligen Lebenssituation entsprechende Eigenbedarf und für die Kinder jeweils 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag -Verordnung in die Mangelverteilung eingestellt werden. Das hat das Berufungsgericht beachtet. Seine Unterhaltsbemessung ist auch sonst nicht zu beanstanden.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Lüdenscheid, Entscheidung vom 11.11.2003 - 17 F 293/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.08.2004 - 5 UF 565/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 67/00 Verkündet am:
19. Februar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zum Unterhaltsbedarf eines - noch einen eigenen Haushalt führenden - Elternteils
gegenüber seinem unterhaltspflichtigen Kind.

b) Einem nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten Unterhaltspflichtigen ist bei
der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich zuzubilligen, einen Anteil
von rund 20 % seines Bruttoeinkommens für seine (primäre) Altersversorgung
einzusetzen; dabei steht ihm grundsätzlich frei, in welcher Weise er Vorsorge für
sein Alter trifft.

c) Für den Ehegatten des auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen
ist nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag anzusetzen,
sondern der nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse bemessene (höhere
) Unterhalt.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - OLG Düsseldorf
AG Duisburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Sie gewährte der am 1. Januar 1931 geborenen Mutter der Beklagten seit dem 1. Februar 1987 Sozialhilfe. Hiervon setzte sie die Beklagten mit Rechtswahrungsanzeigen vom 5. März 1987 in Kenntnis. Die verwitwete Mutter der Beklagten, die eine eigene Wohnung bewohnt, bezieht außerdem Wohngeld sowie - seit Januar 1996 - Altersrente. Bis März 1997 war sie teilschichtig erwerbstätig.
Mit der am 28. Dezember 1998 bei dem Amtsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 31. Dezember 1998 rückständigen Unterhalt und ab 1. Januar 1999 laufenden Unterhalt beansprucht. Dabei hat sie von dem Beklagten zu 1 einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 16.502,12 DM zuzüglich Zinsen sowie laufenden Unterhalt von monatlich 507,30 DM bis zum 30. April 1999 und von monatlich 471,29 DM für die Zeit ab 1. Mai 1999 verlangt. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat die Klägerin den begehrten Unterhaltsrückstand mit insgesamt 15.912,76 DM zuzüglich Zinsen und den laufenden Unterhalt mit 653,58 DM monatlich bzw. ab 1. Mai 1999 mit 607,18 DM monatlich beziffert. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten im Verhältnis ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit anteilig für den nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Unterhaltsbedarf ihrer Mutter aufzukommen. Deren Unterhaltsansprüche, die in Höhe der geleisteten Sozialhilfe bestünden, seien deshalb auf sie übergegangen. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagten zur Zahlung rückständigen Unterhalts ab April 1997 verurteilt, und zwar den Beklagten zu 1 in Höhe von 4.003,32 DM und den Beklagten zu 2 in Höhe von 5.157,54 DM, jeweils zuzüglich Zinsen. Den Anspruch auf laufenden Unterhalt hat es in Höhe von monatlich 201,35 DM gegenüber dem Beklagten zu 1 und in Höhe von monatlich 259,40 DM gegenüber dem Beklagten zu 2 zuerkannt. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, daß der Unterhaltsbedarf der Mutter ebenso zu bemessen sei wie derjenige eines volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt. Diesen Bedarf habe die Mutter bis März 1997 durch ihre eigenen Einkünfte decken können, so daß Unterhalt erst für die Folgezeit zuzuerkennen sei. Auf die Berufung der Klägerin, mit der diese ihren Klageantrag weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht die Beklagten - unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im übrigen - zu weitergehenden Leistungen verurteilt, und zwar - für die Zeit bis einschließlich Dezember 1999 - den Beklagten zu 1 zu weiteren 7.385,14 DM und den Beklagten zu 2 zu weiteren 9.499,56 DM, jeweils zuzüglich Zinsen, und für die Zeit ab 1. Januar 2000 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von (insgesamt) 301,18 DM (Beklagter zu 1) und von (insgesamt) monatlich 607,18 DM (Beklagter zu 2). Hiergegen hat nur der Beklagte zu 2 - zugelassene - Revision eingelegt, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen; sie begehrt von dem Beklagten zu 2 die Zahlung rückständigen Unterhalts in Höhe von weiteren 4.599,25 DM zuzüglich Zinsen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin den Rechtsstreit für die Zeit ab 1. Juni 2001 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte zu 2 hat der Erledigungserklärung widersprochen.

Entscheidungsgründe:

Revision und Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es den Beklagten zu 2 betrifft, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Rechtlich zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , daß die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt für eine vor der Klageerhebung (bezüglich des Beklagten zu 2: 4. Januar 1999) liegende Zeit geltend gemacht werden kann, erfüllt sind. Nach § 1613 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung kann zwar ein Berechtigter Unterhalt für einen vor der Rechtshängigkeit des Anspruchs liegenden Zeitraum nur fordern, wenn
der Verpflichtete in Verzug gekommen war, dessen Voraussetzungen hier nicht festgestellt worden sind. Für Unterhaltsansprüche, die nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet worden sind oder nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 (BGBl. I 944) kraft Gesetzes auf diesen übergegangen sind, eröffnete jedoch eine Rechtswahrungsanzeige , wie sie den Beklagten zugestellt worden ist, die Möglichkeit der rückwirkenden Inanspruchnahme bereits ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids über die Gewährung von Sozialhilfe (§ 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG i.d.F. vom 23. Juni 1993; Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 796). Insoweit begegnet es deshalb keinen Bedenken, daß der Beklagte zu 2 (im folgenden: Beklagter) für die Zeit ab 1. September 1994 auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen wird. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen. 2. a) Die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter steht dem Grunde nach nicht im Streit. Zur Höhe des den Unterhaltsanspruch u.a. bestimmenden Bedarfs der Mutter hat das Berufungsgericht ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei deren Gleichstellung mit einem volljährigen Kind mit eigenem Haushalt nicht gerechtfertigt. Vielmehr bestimme sich das Maß des geschuldeten Unterhalts in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem weder Heim- noch Pflegekosten anfielen und der Bedarf von daher nicht vorgegeben werde, gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Was als angemessener Unterhalt im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden müsse, sei trotz der subjektiven Fassung des Gesetzes weitgehend objektivierbar und pauschalierbar. Bei der Konkretisierung könnten insbesondere die von der Rechtsprechung entwickelten Unterhaltstabellen und Leitlinien herangezogen werden. Wenn Eltern, wie im vorliegenden Fall, vor ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben in einfachen Verhältnissen gelebt hätten, so bestimme sich ihr Bedarf im Verhältnis zu ihren
Kindern danach, was zur Bestreitung des Existenzminimums notwendig sei. Insofern erscheine es auch im Bereich des Verwandtenunterhalts sachgerecht, den Bedarf an den in den Unterhaltstabellen für den Ehegattenunterhalt angesetzten Beträgen zu orientieren. Auf der Grundlage der im Anspruchszeitraum jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle (Anm. B V) sei der Unterhaltsbedarf der bis einschließlich März 1997 erwerbstätigen Mutter wie folgt zu bemessen: bis Dezember 1995 mit monatlich 1.300 DM, von Januar 1996 bis März 1997 mit monatlich 1.500 DM und ab April 1997 mit monatlich 1.300 DM. Da in diesen Beträgen die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung noch nicht enthalten seien, könnten die hierfür erforderlichen Aufwendungen zusätzlich verlangt werden.
b) Gegen den so ermittelten Grundbedarf wendet die Revision ein: Bei der Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber Eltern müsse berücksichtigt werden, daß eine andere Situation als gegenüber einem Kind vorliege. Auf eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern könnten sich Eltern von vornherein einstellen, während der Unterhaltsbedarf der Eltern für sie nicht kalkulierbar sei. Das spreche dafür, den Unterhaltsbedarf der Eltern an einer festen Größe auszurichten. Werde demgegenüber der Argumentation des Berufungsgerichts gefolgt, so könne - je nach der Lebensstellung des Elternteils - der Bedarf beliebig hoch sein. Eine Korrektur der Unterhaltslast allein über die Leistungsfähigkeit des Kindes erscheine in diesen Fällen nicht ausreichend.
c) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die tatrichterliche Bedarfsbemessung aus Rechtsgründen in Zweifel zu ziehen. Das Berufungsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach dessen Lebensstellung bestimmt. Diese leitet sich - anders als bei volljährigen, noch in einer Berufsausbildung befindlichen Kindern - nicht von derjenigen des Unterhaltspflich-
tigen ab, sondern ist eigenständig und beurteilt sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden Elternteils. Nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, wie sie in der Regel etwa mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden sind, haben - eventuell nach einer Übergangszeit - deshalb auch eine Änderung der Lebensstellung zur Folge. Mit Rücksicht darauf können die Eltern von ihren Kindern dann keinen Unterhalt entsprechend ihrem früheren Lebensstandard beanspruchen. Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind (ebenso Eschenbruch Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 2004 f.; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 11 ff.; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 22; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5050 f.; Scholz/Stein/Erdrich Praxishandbuch Familienrecht Teil J Rdn. 24; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 9 Rdn. 635; Diederichsen FF 1999 Sonderheft S. 13 f.; OLG Koblenz FamRZ 2002, 1212, 1213). Insofern ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn zur Ermittlung des so bemessenen Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen, am sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichteten Eigenbedarfssätze eines unterhaltsberechtigten Ehegatten zurückgegriffen und derjenige Betrag als Bedarf angesetzt wird, der der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Elternteils entspricht. Hiervon ausgehend ist die Bedarfsberechnung des Berufungsgerichts insgesamt nicht zu beanstanden, insbesondere ist es zutreffend, daß die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung zusätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. auch Günther aaO Rdn. 12; Eschenbruch aaO Rdn. 2006; Luthin/Seidel aaO Rdn. 5052). Unter Einschluß dieser Aufwendungen (für die Zeit ab Beendigung der Erwerbstätigkeit zum 1. April 1997) beläuft sich der für die Mutter des
Beklagten anzusetzende Bedarf auf Beträge, die zwischen monatlich 1.300 DM und rund 1.780 DM liegen. 3. Bedürftigkeitsmindernd hat das Berufungsgericht die Einkünfte der Mutter in Form von Altersruhegeld, Wohngeld und Arbeitseinkommen (bis einschließlich März 1997) berücksichtigt, letzteres nach Abzug einer Pauschale von 5 % zum Ausgleich berufsbedingter Aufwendungen.
a) Insofern rügt die Revision: Nach dem unwidersprochenen und unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten habe seine Mutter keine berufsbedingten Aufwendungen gehabt und würde sich ihren Söhnen gegenüber auch nicht auf pauschale Ansprüche berufen. Deshalb habe hierfür kein Abzug vorgenommen werden dürfen. Dieser Rüge ist der Erfolg nicht zu versagen. Die Klägerin, die mit ihrer Berufung geltend gemacht hatte, das Amtsgericht sei mit monatlich 922,87 DM von einem zu hohen verfügbaren Nettoeinkommen der Mutter ausgegangen, deren Nettoeinkommen sei nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen deutlich geringer anzusetzen, nämlich mit Beträgen zwischen 700,40 DM und 663,10 DM monatlich, wie sie im ersten Rechtszug nach Abzug einer Arbeitsmittelpauschale von monatlich 10 DM und dem Mehrbedarf gemäß § 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG in Höhe von rund 250 DM angegeben worden seien, hat damit keinen konkreten Anhaltspunkt dafür dargelegt, daß der Mutter überhaupt berufsbedingte Aufwendungen entstanden sind. Die sozialhilferechtlich in Abzug gebrachten Pauschalen vermögen derartigen Sachvortrag nicht zu ersetzen. Unter solchen Umständen bestand indessen kein Anlaß, in Anwendung von Anmerkung 3 der Düsseldorfer Tabelle einen pauschalen Abzug von 5 % vorzunehmen.

b) Auch die Klägerin hat mit ihrer Anschlußrevision Einwendungen gegen die Ermittlung des offenen Bedarfs der Mutter erhoben. Sie hat geltend gemacht , das Berufungsgericht habe das Wohngeld, das die Mutter durchgehend bezogen habe, zu Unrecht in voller Höhe bedürftigkeitsmindernd in Ansatz gebracht. Richtigerweise habe das Wohngeld nur insoweit als Einkommen berücksichtigt werden dürfen, als es nicht Aufwendungen ausgleiche, die über das der Mutter unterhaltsrechtlich zumutbare Maß von Wohnkosten für "normalen" Wohnbedarf hinausgingen. Auch diese Rüge ist gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist Wohngeld zunächst auf einen erhöhten Wohnkostenbedarf anzurechnen. Dabei wird im allgemeinen angenommen werden können, daß den Wohngeldempfänger Wohnkosten treffen, die auch unterhaltsrechtlich als erhöht zu bezeichnen sind. Soweit das der Fall ist, dient das Wohngeld dem Ausgleich eines unvermeidbar erhöhten Aufwands mit der Folge, daß der Bedarf des Berechtigten auf das unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen "normale" Maß zurückgeführt wird. Nur mit einem dafür nicht verbrauchten Teilbetrag ist das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 17. März 1982 - IVb ZR 646/80 - FamRZ 1982, 587, 589 f. und vom 18. April 1984 - IVb ZR 59/82 - FamRZ 1984, 772, 774). Danach durfte das Wohngeld nicht in voller Höhe auf den Bedarf der Mutter angerechnet werden. Die Klägerin hat, wie die Revision zutreffend geltend macht, im einzelnen dargelegt, daß dem Wohngeld ein erhöhter Wohnbedarf gegenüberstehe. Die Wohnkosten beliefen sich auf Beträge, die (einschließlich Heizkosten) zwischen monatlich 722 DM und monatlich 762 DM lagen. In den für die Mutter zugrundegelegten Bedarfssätzen ist dagegen für die Zeit ab Januar 1996 lediglich eine Warmmiete bis zu 650 DM monatlich enthalten (vgl. Anmerkung 5 der Düsseldorfer Tabelle). Für die davor liegende Zeit
weist die Düsseldorfer Tabelle noch keinen Wohnkostenanteil aus. Insofern kann - unter Zugrundelegung der Relation, die sich aus den für die Folgezeit herangezogenen Beträgen von 1.500 DM einerseits und 650 DM andererseits ergibt (ca. 43 %) - von einem Wohnkostenanteil von rund 560 DM (rund 43 % von 1.300 DM) ausgegangen werden. Daraus folgt, daß das Wohngeld, das in Höhe von monatlich 317 DM, 327 DM und 338 DM gewährt worden ist, insoweit nicht als Einkommen der Mutter angesetzt werden durfte, als es dafür verwandt werden konnte, den über monatlich 560 DM bzw. monatlich 650 DM liegenden Wohnkostenanteil auszugleichen. Daß die in der genannten Höhe angefallenen Wohnkosten für die Mutter unvermeidbar waren, hat der Beklagte letztlich nicht in Abrede gestellt. Denn er hat selbst geltend gemacht, die Mutter sei aus finanziellen Gründen nicht zu einem Umzug in der Lage gewesen. Ob durch einen Umzug im übrigen eine geringere finanzielle Belastung zu erreichen gewesen wäre, ist seinem Vortrag nicht im einzelnen zu entnehmen.
c) Nach dem - zutreffend erfolgten - Abzug des von der Mutter bezogenen Altersruhegeldes errechnet sich ein höherer ungedeckter Bedarf als vom Berufungsgericht zugrunde gelegt. Denn der Ermäßigung des Bedarfs durch die ungekürzte Anrechnung des Erwerbseinkommens steht eine - diese übersteigende - Erhöhung des Bedarfs infolge der nur teilweise vorzunehmenden Anrechnung des Wohngeldes gegenüber. Insofern ergibt sich für den Zeitraum vom 1. September 1994 bis 31. Dezember 1994 - beispielhaft - folgende Berechnung: Bedarf: 1.300 DM abzüglich Erwerbseinkommen: 922,87 DM abzüglich anteiliges Wohngeld: 155 DM (nämlich 317 DM abzüglich der Differenz zwischen 722 DM und 560 DM = 317 DM - 162 DM), insgesamt also 222,13 DM (anstatt: 106,27 DM).
4. a) Zur unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht ausgeführt: Nach Auswertung der vorgelegten Verdienstabrechnungen und Steuerbescheide sei nach Abzug einer Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen von durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkünften von 3.188,94 DM für 1994, 3.209 DM für 1995, 4.652,58 DM für 1996, 4.927,49 DM für 1997, 5.362,27 DM für 1998 und von 6.769,38 DM für 1999 auszugehen. Bei dem für 1999 zugrundegelegten Betrag seien monatliche Beitragszahlungen von insgesamt 994,50 DM zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt worden. Dagegen seien weder Abzüge für eine Altersversorgung noch solche für den Fall der Arbeitslosigkeit berücksichtigungsfähig. In Abzug gebracht werden könnten nur diejenigen Aufwendungen, die tatsächlich erfolgten. Ein fiktiver Abzug vom Bruttoeinkommen komme nicht in Betracht. Anrechnungsfähige Vorsorgeaufwendungen habe der Beklagte weder schlüssig vorgetragen noch nachgewiesen. In die Einkommensberechnung sei die im Jahre 1999 erfolgte Steuererstattung einzubeziehen, soweit sie auf den Beklagten - und nicht auf seine Ehefrau - entfalle. Da er den im Jahre 1999 ergangenen und durch gerichtliche Auflage angeforderten Steuerbescheid nicht vorgelegt und dazu auch keine Erklärung abgegeben habe, werde die anteilig auf ihn entfallende Steuererstattung auf die entsprechende Höhe des Vorjahresbetrages (= 3.177,63 DM) geschätzt. Das für 1999 ermittelte Einkommen werde auch für das Jahr 2000 fortgeschrieben. Auch insoweit könnten keine weitergehenden Abzüge anerkannt werden. Aufwendungen zur Altersversorgung und für den Fall der Arbeitslosigkeit würden weiterhin nicht erbracht, und es sei auch nicht absehbar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang solche in Zukunft erfolgen würden. Da es sich um freiwillige Leistungen handele, deren Umfang allein von dem Willen des Beklagten abhänge, lasse sich die weitere Entwicklung nicht voraussehen. Deshalb müsse sich der Beklagte für den Fall, daß sich
hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen eine Änderung ergebe, auf eine Abänderungsklage verweisen lassen.
b) Auch diese Ausführungen greift die Revision an. Sie macht zum einen geltend, das Berufungsgericht habe für die Zeit ab Januar 1999 rechtsfehlerhaft weder Abzüge für eine Altersvorsorge noch für den Fall der Arbeitslosigkeit berücksichtigt. Der Beklagte sei ab Januar 1999 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma W. GmbH nicht mehr sozialversicherungspflichtig. Deshalb seien nach § 287 ZPO zu schätzende Kosten der Altersversorgung anzusetzen gewesen. Der Beklagte habe vorgetragen, für seine Absicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit bilde er seit Januar 1999 Rücklagen auf einem Sparkonto. Diese müßten in Höhe von 20,3 % seines monatlichen Bruttogehalts von 9.700 DM für seine Alterssicherung und in Höhe von 6,5 % für eine Arbeitslosigkeit zuerkannt werden. Da es dem Beklagten überlassen werden müsse, auf welche Weise er für sein Alter vorsorge, müsse auch die - von der Klägerin nicht bestrittene - Bildung von Rücklagen auf einem Sparkonto ausreichen. Für 1998 habe der Beklagte nicht im Jahr 1999, sondern erst im Jahr 2000 eine Steuererstattung erhalten, und zwar aufgrund Bescheids vom 2. März 2000 in Höhe von insgesamt 878,20 DM. Der nach der letzten mündlichen Verhandlung in der zweiten Instanz ergangene Steuerbescheid sei im Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht mit seiner Berechnung gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen. Die Klägerin habe in ihren eigenen Berechnungen abzugsfähige Fahrtkosten des Beklagten für die Zeit von März 1995 bis Dezember 1997 in Höhe von 885,50 DM sowie Zahlungen auf eine Lebensversicherung in Höhe von 190,19 DM anerkannt.
c) Diese Rügen erweisen sich nur hinsichtlich des unterbliebenen Abzugs für Aufwendungen zur Altersvorsorge als gerechtfertigt.
aa) Das Gesetz erlaubt bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit eines auf Verwandtenunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen ausdrücklich die Berücksichtigung sonstiger Verpflichtungen (§ 1603 Abs. 1 BGB). Im Gegensatz zu dem unterhaltsberechtigten Elternteil besteht bei ihm in der Regel noch länger die Notwendigkeit, sich und seine Familie gegen Unwägbarkeiten abzusichern und für die Zukunft vorzusorgen. Mit Rücksicht darauf muß dem Unterhaltspflichtigen ermöglicht werden, eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Bei Nichtselbständigen erfolgt die (primäre) Altersversorgung im Regelfall durch die gesetzliche Rentenversicherung, bei Beamten wird sie durch die Beamtenversorgung gewährleistet. Wenn für den Unterhaltspflichtigen indessen keine Sozialversicherungspflicht als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer mehr besteht, ist ihm eine seinen Einkommensverhältnissen entsprechende Altersversorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr möglich. In einem solchen Fall ist ihm wie einem Selbständigen zuzubilligen, anderweit für sein Alter in angemessener Weise Vorsorge zu treffen. Dabei kann die Angemessenheit von Vorsorgeaufwendungen grundsätzlich bejaht werden, soweit sie sich im Verhältnis zu den erzielten Einkünften nach Beitragshöhe oder Anspruchshöhe orientiert. Als Richtmaß kann deshalb in Anlehnung an die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung (bis März 1999: 20,3 %, von April bis Dezember 1999: 19,5 %, von Januar bis Dezember 2000: 19,3 % und ab Januar 2001: 19,1 %) ein Anteil von etwa 20 % des Bruttoeinkommens als für die primäre Altersversorgung angemessen angesehen werden (Wendl/Gerhardt aaO § 1 Rdn. 497 a, 498; Weinreich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1578 Rdn. 236; Büttner Festschrift für Dieter Henrich zum 70. Geburtstag S. 54; vgl. auch Göppinger/Strohal Unterhaltsrecht 7. Aufl. Rdn. 664).
Der Beklagte ist, wie er unwidersprochen vorgetragen hat, seit dem 1. Januar 1999 als Gesellschafter-Geschäftsführer der W. GmbH nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Da für ihn deshalb keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr abgeführt werden, ist ihm zuzubilligen, auf andere Weise Vorsorge für sein Alter zu treffen. Voraussetzung für eine Absetzbarkeit von Vorsorgeaufwendungen ist indessen , wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, daß derartige Aufwendungen tatsächlich geleistet werden. Fiktive Abzüge kommen insoweit nicht in Betracht (Wendl/Gerhardt aaO Rdn. 498). Der Beklagte hat allerdings, worauf die Revision zu Recht hinweist, ausdrücklich geltend gemacht, u.a. in Höhe der früheren gesetzlichen Abzüge für die Rentenversicherung Rücklagen auf einem Sparkonto zu bilden, um auf diese Weise nach dem Wegfall der Sozialversicherungspflicht weiterhin Altersvorsorge zu betreiben. Auch diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Es stellt sich deshalb die Frage, ob derartige vermögensbildende Aufwendungen , wie sie etwa auch der Erwerb von Immobilien, Wertpapieren oder Fondsbeteiligungen darstellen, ebenfalls als angemessene Art der Altersvorsorge anzuerkennen sind. Dabei muß Ausgangspunkt der Überlegung sein, daß es dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich freisteht, in welcher Weise er - etwa jenseits der gesetzlichen Rentenversicherung - Vorsorge für sein Alter trifft. Wenn er sich angesichts der unsicheren Entwicklung der herkömmlichen Altersversorgungen für den Abschluß von Lebensversicherungen entscheidet, muß dieser Entschluß unterhaltsrechtlich im allgemeinen akzeptiert werden. Nach Auffassung des Senats kann der Abschluß von Lebensversicherungen aber nicht die einzige Alternative für eine private Altersversorgung sein. Vielmehr müssen grundsätzlich auch sonstige vermögensbildende Investitionen als angemessene Art der Altersversorgung gebilligt werden (ebenso
Wendl/Gerhardt aaO Rdn. 498), soweit sie geeignet erscheinen, diesen Zweck zu erreichen. Da insoweit der Erwerb etwa von Wertpapieren oder Fondsbeteiligungen wegen der damit teilweise verbundenen Risiken nicht zwingend in Be- tracht zu ziehen ist, kann im Einzelfall auch die Anlage eines bloßen Sparvermögens als anzuerkennende Art der Altersvorsorge bewertet werden. Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Dem Beklagten ist es zuzubilligen, in Höhe von rund 20 % seines Bruttoeinkommens Rücklagen für seine primäre Altersversorgung zu bilden. Insoweit können seine Zahlungen auf ein Sparkonto als angemessene Vorsorgeaufwendungen anerkannt werden. Soweit der Beklagte geltend macht, er bilde auf dem Sparkonto auch Rücklagen zur Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit, und zwar in Höhe der früheren Abzüge von 6,5 % für die Arbeitslosenversicherung, können die betreffenden Aufwendungen dagegen nicht als abzugsfähig angesehen werden. Den eigenen Angaben des Beklagten zufolge beruht seine Sozialversicherungsfreiheit darauf, daß er als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr abhängig beschäftigt ist. Daraus folgt, daß seine Tätigkeit in der W. GmbH als von Selbständigkeit geprägt beurteilt worden sein muß (vgl. Niesel SGB III 2. Aufl. § 25 Rdn. 15 ff.). Unter diesen Umständen kann indessen nicht angenommen werden, der Beklagte sei - ebenso wie ein abhängig Beschäftigter - dem Risiko ausgesetzt, seine Anstellung durch Kündigung zu verlieren. Vielmehr ist davon auszugehen, daß er selbst maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidung der Gesellschaft und damit auch auf die Fortdauer seiner Anstellung besitzt. Daß dem Beklagten gleichwohl aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Eintritt von Arbeitslosigkeit drohen könnte, ist nicht dargelegt worden.
bb) Was die vom Berufungsgericht für das Jahr 1998 geschätzte und für das Jahr 1999 als Einkommen berücksichtigte anteilige Steuererstattung des Beklagten anbelangt, erweist sich die Rüge der Revision indessen als unbegründet. Die u.a. dem Beklagten erteilte Auflage des Berufungsgerichts vom 10. November 1999, sämtliche Verdienstabrechnungen für sich und seine Ehefrau für die Zeit von Januar 1994 bis November 1999 sowie alle in den Jahren 1994 bis 1999 ihm zugegangenen Steuerbescheide vorzulegen, zielte ersichtlich darauf ab, das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau in dem genannten Zeitraum unter Einschluß eventueller Steuererstattungen ermitteln zu können. Nachdem dem Beklagten für das Jahr 1998 noch kein Steuerbescheid zugegangen war, wäre von ihm deshalb - auch ohne Nachfrage - zu erwarten gewesen, daß er auf die Besonderheit einer zeitlichen Verzögerung des Steuerbescheids für 1998 hingewiesen und statt dessen etwa seine Steuererklärung vorgelegt hätte. Ohne eine derartige Klarstellung durfte das Berufungsgericht die zu erwartende Steuererstattung gemäß § 287 ZPO in tatrichterlicher Verantwortung schätzen. Anhaltspunkte dafür, daß die Steuererstattung deutlich geringer ausfallen würde als in den Vorjahren, ergaben sich nicht. Eine Berücksichtigung des dem Senat vorgelegten Steuerbescheids für 1998 kommt im Revisionsverfahren schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die Bestandskraft des Bescheids bestritten hat. cc) Hinsichtlich der unterbliebenen Berücksichtigung von Fahrtkosten des Beklagten für die Zeit von März 1995 bis Dezember 1997 liegt ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Beibringungsgrundsatz nicht vor, denn die Klägerin hat im Ergebnis ein höheres unterhaltsrelevantes Einkommen des Beklagten behauptet als dieser selbst. Daß die jetzt angeführten Fahrtkosten abzusetzen seien, ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin im übrigen nicht. Auch dem Vortrag des für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit darlegungsund beweispflichtigen Beklagten sind insofern Einzelheiten, die eine tatrichterli-
che Beurteilung der Abzugsfähigkeit ermöglicht hätten, nicht zu entnehmen. Deshalb liegt insgesamt keine verfahrensfehlerhafte Behandlung der betreffenden Position vor. dd) Abzüge für eine Lebensversicherung hat weder der Beklagte in den von der Revision bezeichneten Schriftsätzen nebst Anlagen geltend gemacht noch die Klägerin bei ihrer Einkommensberechnung für ihn berücksichtigt. Zahlungen auf eine Lebensversicherung sind vielmehr nur von dem Einkommen des Bruders des Beklagten abgezogen worden. Ein Verfahrensfehler ist dem Berufungsgericht deshalb auch in dieser Hinsicht nicht unterlaufen.
d) Nach alledem ist die Einkommensberechnung des Berufungsgerichts für den Beklagten lediglich für die Zeit ab Januar 1999 hinsichtlich der Aufwendungen zur Altersvorsorge zu korrigieren, und zwar in Höhe eines Abzugs von rund 20 % seines Bruttoeinkommens. Im übrigen geben die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu Beanstandungen keinen Anlaß. 5. a) Zu der Ermittlung der Haftungsanteile des Beklagten und seines Bruders hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Beklagte und sein Bruder seien verpflichtet, ihrer Mutter anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen Unterhalt zu gewähren. Zur Erfüllung der Unterhaltspflicht stehe dabei jeweils nur derjenige Anteil an ihrem Gesamteinkommen zu Verfügung , der den angemessenen Lebensbedarf ihrer Familien übersteige. Von den Einkünften der Brüder und ihrer Ehefrauen sei deshalb zunächst der für ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt benötigte Betrag abzusetzen. Insofern sei für die Unterhaltspflichtigen selbst der seit dem 1. Juli 1998 in der Düsseldorfer Tabelle (Anmerkung B 1) bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorgesehene Selbstbehaltsatz von monatlich 2.250 DM zu berücksichtigen, der diese infolge des darin enthaltenen Zuschlags auf den in anderen Unterhalts-
rechtsverhältnissen angemessenen Selbstbehalt maßvoll, aber doch spürbar entlaste. Der angemessene Selbstbehalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten sei mit monatlich 1.750 DM anzunehmen. Daraus folge, daß einem Ehepaar seit dem 1. Juli 1998 monatlich 4.000 DM zu verbleiben hätten, bevor einer der Ehegatten für den Unterhalt eines Elternteils in Anspruch genommen werden könne. Für die Zeit vor dem 1. Juli 1998 sei zur Bestimmung des angemessenen Selbstbehalts gegenüber der Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt ebenfalls auf einen Zuschlag von 25 % auf den gegenüber einem volljährigen Kind anzuerkennenden Selbstbehalt zurückzugreifen. Dann ergebe sich für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1998 ebenfalls ein Betrag von 2.250 DM (1.800 DM + 25 %). Für die Zeit davor sei - aufgrund des in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1992) ausgewiesenen Selbstbehalts gegenüber einem volljährigen Kind von 1.600 DM - von einem angemessenen Selbstbehalt gegenüber einem Elternteil von 2.000 DM (1.600 DM + 25 %) auszugehen. Für den Ehegatten des Unterhaltspflichtigen ergebe sich - unter Zugrundelegung des Verhältnisses von 2.250 DM zu 1.750 DM - für die Zeit vor dem 1. Januar 1996 ein angemessener Selbstbehalt von 1.560 DM (2.250 DM = 56,25 % von 4.000 DM; 2.000 DM : 56,25 % x 43,75 % = rund 1.560 DM). Deshalb müsse den beiden Brüdern für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 31. Dezember 1995 jeweils ein Betrag von insgesamt 3.560 DM monatlich als angemessener Selbstbehalt für sich und ihre Ehefrauen verbleiben. Für den Beklagten als Alleinstehenden betrage der angemessene Selbstbehalt 2.000 DM bzw. 2.250 DM. Da der Beklagte keine ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Kinder habe , sei von seinem Einkommen auch kein Kindesunterhalt vorweg abzuziehen. Allerdings dürfe unterhaltsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß seine Ehefrau die Kinder S. und M. in die am 13. Oktober 1995 geschlossene Ehe mitgebracht habe. Zwar sei die Ehefrau des Beklagten für die Kinder
nicht barunterhaltspflichtig, da deren Vater monatlichen Kindesunterhalt von insgesamt 1.020 DM zahle. Sie leiste aber Betreuungsunterhalt, der dem Barunterhalt des anderen Elternteils gleichwertig sei. Bei dieser Sachlage sei ei- nerseits zu berücksichtigen, daß die Ehefrau des Beklagten dessen Mutter gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei, und andererseits, daß sich die von ersterer ausgeübte Erwerbstätigkeit im Hinblick auf das Alter der 1984 und 1986 geborenen Kinder zumindest teilweise als überobligationsmäßig darstelle. Deshalb sei es im vorliegenden Fall angemessen, der Ehefrau für die Dauer ihrer Erwerbstätigkeit nicht nur einen Betreuungsbonus gutzubringen. Vielmehr seien von ihrem Arbeitseinkommen die Tabellenbeträge abzüglich des hälftigen Kindergeldes , die sie als Barunterhaltspflichtige schulden würde, in Abzug zu bringen. Durch einen solchen Vorwegabzug würden die mit den Betreuungsleistungen neben der Erwerbstätigkeit verbundenen erhöhten Belastungen angemessen aufgefangen. Mit Rücksicht darauf sei das im Jahr 1996 erzielte durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau von 339,57 DM in vollem Umfang außer Betracht zu lassen. Für die Zeit ab Januar 1997, in der sich das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau auf Beträge zwischen rund 1.100 DM und rund 1.300 DM belaufen habe, verblieben anzusetzende Einkünfte, die zwischen monatlich rund 400 DM und rund 565 DM lägen. Das danach die Selbstbehaltsätze übersteigende Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau sei mit den in entsprechender Weise mit dem für seinen Bruder und dessen Ehefrau ermittelten Beträgen ins Verhältnis zu setzen, um die jeweiligen Haftungsquoten der beiden Brüder festzustellen. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
b) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , daß der Beklagte und sein Bruder als (gleich nahe) Verwandte verpflichtet
sind, anteilig für den Unterhalt ihrer Mutter aufzukommen (§§ 1601, 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Es ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß beide nur insoweit unterhaltspflichtig sind, als sie bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen imstande sind, ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB). Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten entspricht diesen Anforderungen indessen nicht und begegnet deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken. aa) Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen des Beklagten gehört, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, da diese nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Der Beklagte schuldet ihr deshalb gemäß §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt. Dieser Unterhaltsanspruch läßt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfaßt der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537 und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - unter 5. a) aa) zur Veröffentlichung vorgesehen ). Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den - hier maßgeblichen - An-
spruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsan- sprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066, vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 22. Januar 2003 aaO). Daher kann der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden. bb) Welcher Betrag bei dem auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt seines Ehegatten anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Nachdem die Düsseldorfer Tabelle für diesen Fall bei gemeinsamer Haushaltsführung einen Selbstbehalt für den Ehegatten von mindestens 1.750 DM (ab 1. Juli 1998) bzw. von mindestens 1.860 DM (ab 1. Juli 2001) und von mindestens 950 Euro (ab 1. Januar 2002) vorsieht, werden vielfach die entsprechenden Beträge herangezogen (OLG Hamm FamRZ 2002, 125, 126; OLG Köln FamRZ 2002, 572, 573; Duderstadt Erwachsenenunterhalt 3. Aufl. S. 186; Scholz/Stein/Erdrich aaO Teil J Rdn. 48; Heiß/Hußmann aaO Rdn. 54). Diese Handhabung ist indessen nicht damit zu vereinbaren , daß der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht auf einen Mindestbetrag beschränkt ist, sondern nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommensund Vermögensverhältnissen, die den ehelichen Lebensstandard bestimmen, zu bemessen ist (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da die Ehefrau zudem der Schwiegermutter gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist, braucht sie mit Rücksicht auf deren - gemäß § 1609 BGB nachrangige - Unterhaltsansprüche keine Schmälerung ihres angemessenen Anteils am Familienunterhalt hinzunehmen. Für sie ist deshalb nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag anzusetzen , sondern der nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse bemessene Unterhalt (ebenso: Eschenbruch aaO Rdn. 2027; Günther aaO § 12 Rdn. 73;
Luthin/Seidel aaO Rdn. 5081). Dem steht nicht die Erwägung entgegen, daß dem Unterhaltsverpflichteten bei einem so ermittelten Unterhaltsanspruch möglicherweise weniger zur Verfügung steht als seinem Ehegatten (so aber OLG Köln aaO 573). Dieses - bei günstigen Einkommensverhältnissen mögliche - Ergebnis folgt daraus, daß der Unterhaltspflichtige seinem Ehegatten den eheangemessenen Unterhalt schuldet, seinen Eltern gegenüber aber nicht diesen als Selbstbehalt verteidigen kann, sondern ihm insofern nur die Mittel zu verbleiben haben, die er zur Deckung seines eigenen angemessenen Unterhalts benötigt. Der angeführte Gesichtspunkt ist deshalb nicht geeignet, die individuelle Bemessung des Unterhaltsanspruchs des Ehegatten in Frage zu stellen. Der Senat sieht sich mit seiner Auffassung auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der zu den Voraussetzungen, unter denen ein Beschenkter wegen Gefährdung seines standesgemäßen Unterhalts oder der Erfüllung der ihm obliegenden gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 529 Abs. 2 BGB die Rückgabe eines Geschenks verweigern kann, entschieden hat, es erscheine sachgerecht, den - unterhaltsrechtlich zu würdigenden - Bedarf des Ehegatten des Beschenkten von dem für letzteren anzusetzenden Selbstbehalt abzuleiten (BGH Urteil vom 11. Juli 2000 - X ZR 126/98 - FamRZ 2001, 21, 22). Denn in jenem Fall kam von den Einkommensverhältnissen des Beschenkten her von vornherein ein über dem Mindestbedarfssatz liegender Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht in Betracht. cc) Wenn danach der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen ist, so stellt sich allerdings die Frage, ob diese bereits durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Denn der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten kann auch durch Unterhaltsansprüche
nachrangig Berechtigter eingeschränkt werden, soweit die sich aus einem entsprechenden Vorwegabzug ergebende Verteilung der zum Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nicht zu einem Mißverhältnis hinsichtlich des wechselseitigen Bedarfs der Beteiligten führt (Senatsurteile vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 980 und vom 10. Juli 1991 - XII ZR 166/90 - FamRZ 1991, 1163, 1164 f.). Eine solche Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse durch anderweitige Unterhaltspflichten ist nicht nur in dem Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern denkbar, sondern etwa auch dann, wenn ein Ehegatte während des Zusammenlebens seinem Kind aus einer früheren Ehe aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung Unterhaltsleistungen erbracht hat (Senatsurteil vom 10. Juli 1991 aaO). In gleicher Weise kann aber auch der aufgrund einer Verpflichtung gezahlte Elternunterhalt die ehelichen Lebensverhältnisse prägen. Dem Umstand, daß der Ehegatte dem Unterhaltsberechtigten gegenüber nicht seinerseits unterhaltspflichtig ist, kommt insofern keine Bedeutung zu (ebenso: Günther aaO § 12 Rdn. 73 f.; a.A. Luthin/Seidel aaO Rdn. 5081; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 76 a). Der zu beachtende Vorrang des Ehegatten hat allein zur Folge, daß der Vorwegabzug nicht zu einem Mißverhältnis des sich für ihn ergebenden Unterhaltsanspruchs führen darf, ihm also in einem Fall wie dem vorliegenden in jedem Fall der Mindestbedarf zu verbleiben hat. Danach kommt es in erster Linie darauf an, ob der Beklagte - nicht nur vorübergehend - bereits Unterhaltsleistungen für seine Eltern erbracht hat, als er im Oktober 1995 heiratete. Ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Beiakten (... ) hat der Beklagte eine Unterhaltszahlung von 10.000 DM geleistet, die die Klägerin - bis auf einen Betrag von 1.610,49 DM - auf die für die Zeit von Februar 1992 bis August 1994 gegen ihn erhobenen Ansprüche verrechnet hat. Wann die genannte Zahlung erfolgt ist und welche Zahlungsbestimmung der Beklagte gegebenenfalls getroffen hat,
ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Davon hängt indessen zunächst ab, ob die Lebensverhältnisse in der späteren Ehe schon von Unterhaltszahlungen für die Mutter geprägt waren. Abgesehen davon erscheint es in einem Fall wie dem vorliegenden aber auch nicht ausgeschlossen, daß schon die latente Unterhaltslast für die Mutter die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt hat. Denn anders als in den Fällen , in denen sich der Unterhaltsbedarf von Eltern - meist unvorhersehbar - dadurch ergibt, daß sie im Alter pflegebedürftig werden, die Kosten einer Heimunterbringung aus eigenen Mitteln aber nicht oder nicht vollständig aufbringen können, zeichnete sich hier bereits längerfristig ab, daß die Mutter des Beklagten angesichts ihrer geringen Rente in nicht unerheblichem Umfang unterhaltsbedürftig sein würde, jedenfalls nachdem sie aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war, weil sie bei weitem nicht über die zur Bestreitung ihres Existenzminimums erforderlichen Mittel verfügte. Insofern kommt es für die Beurteilung etwa darauf an, inwieweit gegenüber dem Beklagten wegen der ab 1987 geleisteten Sozialhilfe in der Vergangenheit bereits Unterhaltsforderungen erhoben worden waren. Für die Zeit, für die aufgrund des Einkommens des Beklagten und seiner Ehefrau ein höherer Unterhaltsbedarf für letztere in Betracht kommt als der vom Berufungsgericht berücksichtigte Mindestbedarf, kann die Entscheidung danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, insoweit abschließend zu befinden. Denn hierzu bedarf es weiterer Feststellungen hinsichtlich der Frage , ob und gegebenenfalls inwieweit die ehelichen Lebensverhältnisse des Beklagten und seiner Ehefrau durch für die Mutter aufgebrachten Unterhalt oder geltend gemachte Unterhaltsforderungen bestimmt worden sind.
dd) Für die Zeit, für die nach dem zusammengerechneten Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau ohnehin nur der Mindestbedarf für letztere in Betracht kommt, begegnet die vorgenommene Berechnung aus einem anderen Grund rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht ist aufgrund des Alters der von der Ehefrau betreuten Kinder, die allerdings nicht 1984 und 1986, sondern 1986 und 1988 geboren sind, davon ausgegangen, diese arbeite zumindest teilweise überobligationsmäßig. Allein dieser - im Grundsatz zutreffende - Gesichtspunkt rechtfertigt es indessen, wie die Anschlußrevision zu Recht geltend macht, nicht, ihr den deutlich überwiegenden Teil ihres Erwerbseinkommens anrechnungsfrei zu belassen. Wäre die Ehefrau nicht wieder verheiratet, sondern würde ihren geschiedenen Ehemann auf Unterhalt in Anspruch nehmen, so würde die Ermittlung des ihr nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils ihres Einkommens etwa davon abhängen, wie die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrtzeiten zu vereinbaren ist und zu welchen Zeiten die Kinder die Schule besuchen und von daher zeitweise jedenfalls nicht der Betreuung bedürfen. Diese Beurteilung führt in der gerichtlichen Praxis allerdings häufig zu einer hälftigen Anrechnung des aus überobligationsmäßiger Tätigkeit erzielten Einkommens. In der Situation einer alleinerziehenden Mutter befindet sich die Ehefrau des Beklagten indessen nicht, vielmehr kann sie von diesem unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Rücksichtnahme (§ 1356 Abs. 2 BGB) Hilfe und Unterstützung erwarten. Dieser Umstand legt es nahe, die Erwerbstätigkeit in weitergehendem Umfang als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1577 Abs. 2 BGB für zumutbar zu erachten. Deshalb ist es rechtsfehlerhaft, das erzielte Erwerbseinkommen in Höhe der abgesetzten Beträge nicht als Einkommen der Ehefrau zu berücksichtigen und diese damit so zu behandeln, als würde sie Barunterhalt entsprechend Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes leisten. Der Barunterhalt für die Kinder wird unstreitig
von deren Vater erbracht. Die Ehefrau erfüllt ihre Unterhaltspflicht durch die Betreuung der Kinder (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dafür steht ihr keine Vergütung zu. ee) Das angefochtene Urteil kann deshalb auch für die weitere Zeit nicht bestehen bleiben. Auch insoweit ist dem Senat eine Entscheidung nicht möglich. Inwieweit die von der Ehefrau des Beklagten ausgeübte Erwerbstätigkeit als zumutbar angesehen werden kann, unterliegt - nach Feststellung der hierfür maßgebenden Umstände - der tatrichterlichen Beurteilung, die sich an dem Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB zu orientieren haben wird. Die Sache ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen sowie über die Frage einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache zu befinden haben wird. In dem weiteren Verfahren wird der Beklagte im übrigen Gelegenheit haben, auf die Steuererstattung für das Jahr 1998 zurückzukommen. 6. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Familienunterhalt steht der Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte des beiderseitigen Einkommens der Ehegatten zu (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO), soweit dieses die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und nicht zur Vermögensbildung verwandt worden ist (vgl. etwa Staudinger /Hübner/Vogel BGB 13. Bearb. 2000 § 1360 a Rdn. 7). Dabei ist ein mit Rücksicht auf die überobligationsmäßige Tätigkeit evtl. anrechnungsfrei zu belassender Teilbetrag insgesamt außer Betracht zu lassen (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen ). Wenn die erneute Beurteilung zu einem Betrag führen sollte, der - zusammen mit dem anrechenbaren Einkommen der Ehefrau - unter dem jeweiligen Mindestbedarfssatz liegt, so ist von letzterem auszugehen.

b) Einkommenserhöhend wird, soweit nicht ein Mindestbedarfssatz heranzuziehen ist, die durch die gemeinsame Haushaltsführung erfahrungsgemäß eintretende Ersparnis anzusetzen sein, die zu schätzen ist (§ 287 ZPO).
c) Hinsichtlich der Bemessung des angemessenen Selbstbehalts des Beklagten wird auf das Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 (aaO S. 1700 ff.) hingewiesen. Insofern obliegt es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters , auf welche Weise er erforderlichenfalls dem Umstand Rechnung trägt, daß die Mindestbedarfssätze auf durchschnittliche Einkommensverhältnisse bezogen sind und es deshalb geboten sein kann, den für den Unterhaltspflichtigen angemessenen Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
d) Das für den Unterhalt der Mutter einsetzbare Einkommen des Beklagten wird (erneut) mit dem - in entsprechender Weise ermittelten - Einkommen seines Bruders ins Verhältnis zu setzen sein, um den Haftungsanteil des Beklagten festzustellen.
e) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der - von ihm verneinten - Verwirkung der Unterhaltsansprüche sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat selbst nicht geltend gemacht, mit einer Inanspruchnahme auf Unterhaltszahlungen für die Mutter überhaupt nicht mehr gerechnet zu haben. Soweit er sich darauf beruft, daß in dem von der Klägerin gegen seinen Bruder geführten Rechtsstreit der Bedarf der Mutter mit demjenigen eines volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt gleichgesetzt worden sei, bot allein dieser Umstand nach Treu und Glauben keinen Anlaß, darauf zu vertrauen, etwa geltend gemachte Ansprüche würden eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Denn der Bedarf war nur ein Faktor für die Höhe der Forderungen; die weiteren, nämlich das anzurechnende Einkommen der Mutter sowie das des anteilig haften-
den Bruders, blieben unwägbar. Bereits eine in dieser Hinsicht eintretende Veränderung hätten aber - für den Beklagten erkennbar - eine Erhöhung der gegen ihn geltend gemachten Unterhaltsforderung zur Folge haben können.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 67/00 Verkündet am:
19. Februar 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zum Unterhaltsbedarf eines - noch einen eigenen Haushalt führenden - Elternteils
gegenüber seinem unterhaltspflichtigen Kind.

b) Einem nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten Unterhaltspflichtigen ist bei
der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt grundsätzlich zuzubilligen, einen Anteil
von rund 20 % seines Bruttoeinkommens für seine (primäre) Altersversorgung
einzusetzen; dabei steht ihm grundsätzlich frei, in welcher Weise er Vorsorge für
sein Alter trifft.

c) Für den Ehegatten des auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen
ist nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag anzusetzen,
sondern der nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse bemessene (höhere
) Unterhalt.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - OLG Düsseldorf
AG Duisburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Sie gewährte der am 1. Januar 1931 geborenen Mutter der Beklagten seit dem 1. Februar 1987 Sozialhilfe. Hiervon setzte sie die Beklagten mit Rechtswahrungsanzeigen vom 5. März 1987 in Kenntnis. Die verwitwete Mutter der Beklagten, die eine eigene Wohnung bewohnt, bezieht außerdem Wohngeld sowie - seit Januar 1996 - Altersrente. Bis März 1997 war sie teilschichtig erwerbstätig.
Mit der am 28. Dezember 1998 bei dem Amtsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 31. Dezember 1998 rückständigen Unterhalt und ab 1. Januar 1999 laufenden Unterhalt beansprucht. Dabei hat sie von dem Beklagten zu 1 einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 16.502,12 DM zuzüglich Zinsen sowie laufenden Unterhalt von monatlich 507,30 DM bis zum 30. April 1999 und von monatlich 471,29 DM für die Zeit ab 1. Mai 1999 verlangt. Gegenüber dem Beklagten zu 2 hat die Klägerin den begehrten Unterhaltsrückstand mit insgesamt 15.912,76 DM zuzüglich Zinsen und den laufenden Unterhalt mit 653,58 DM monatlich bzw. ab 1. Mai 1999 mit 607,18 DM monatlich beziffert. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hätten im Verhältnis ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit anteilig für den nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Unterhaltsbedarf ihrer Mutter aufzukommen. Deren Unterhaltsansprüche, die in Höhe der geleisteten Sozialhilfe bestünden, seien deshalb auf sie übergegangen. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagten zur Zahlung rückständigen Unterhalts ab April 1997 verurteilt, und zwar den Beklagten zu 1 in Höhe von 4.003,32 DM und den Beklagten zu 2 in Höhe von 5.157,54 DM, jeweils zuzüglich Zinsen. Den Anspruch auf laufenden Unterhalt hat es in Höhe von monatlich 201,35 DM gegenüber dem Beklagten zu 1 und in Höhe von monatlich 259,40 DM gegenüber dem Beklagten zu 2 zuerkannt. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, daß der Unterhaltsbedarf der Mutter ebenso zu bemessen sei wie derjenige eines volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt. Diesen Bedarf habe die Mutter bis März 1997 durch ihre eigenen Einkünfte decken können, so daß Unterhalt erst für die Folgezeit zuzuerkennen sei. Auf die Berufung der Klägerin, mit der diese ihren Klageantrag weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht die Beklagten - unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im übrigen - zu weitergehenden Leistungen verurteilt, und zwar - für die Zeit bis einschließlich Dezember 1999 - den Beklagten zu 1 zu weiteren 7.385,14 DM und den Beklagten zu 2 zu weiteren 9.499,56 DM, jeweils zuzüglich Zinsen, und für die Zeit ab 1. Januar 2000 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von (insgesamt) 301,18 DM (Beklagter zu 1) und von (insgesamt) monatlich 607,18 DM (Beklagter zu 2). Hiergegen hat nur der Beklagte zu 2 - zugelassene - Revision eingelegt, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen; sie begehrt von dem Beklagten zu 2 die Zahlung rückständigen Unterhalts in Höhe von weiteren 4.599,25 DM zuzüglich Zinsen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin den Rechtsstreit für die Zeit ab 1. Juni 2001 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte zu 2 hat der Erledigungserklärung widersprochen.

Entscheidungsgründe:

Revision und Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es den Beklagten zu 2 betrifft, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Rechtlich zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , daß die Voraussetzungen, unter denen Unterhalt für eine vor der Klageerhebung (bezüglich des Beklagten zu 2: 4. Januar 1999) liegende Zeit geltend gemacht werden kann, erfüllt sind. Nach § 1613 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung kann zwar ein Berechtigter Unterhalt für einen vor der Rechtshängigkeit des Anspruchs liegenden Zeitraum nur fordern, wenn
der Verpflichtete in Verzug gekommen war, dessen Voraussetzungen hier nicht festgestellt worden sind. Für Unterhaltsansprüche, die nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BSHG a.F. auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet worden sind oder nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 (BGBl. I 944) kraft Gesetzes auf diesen übergegangen sind, eröffnete jedoch eine Rechtswahrungsanzeige , wie sie den Beklagten zugestellt worden ist, die Möglichkeit der rückwirkenden Inanspruchnahme bereits ab dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids über die Gewährung von Sozialhilfe (§ 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG i.d.F. vom 23. Juni 1993; Senatsurteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 796). Insoweit begegnet es deshalb keinen Bedenken, daß der Beklagte zu 2 (im folgenden: Beklagter) für die Zeit ab 1. September 1994 auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen wird. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwendungen. 2. a) Die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter steht dem Grunde nach nicht im Streit. Zur Höhe des den Unterhaltsanspruch u.a. bestimmenden Bedarfs der Mutter hat das Berufungsgericht ausgeführt: Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei deren Gleichstellung mit einem volljährigen Kind mit eigenem Haushalt nicht gerechtfertigt. Vielmehr bestimme sich das Maß des geschuldeten Unterhalts in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem weder Heim- noch Pflegekosten anfielen und der Bedarf von daher nicht vorgegeben werde, gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Was als angemessener Unterhalt im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden müsse, sei trotz der subjektiven Fassung des Gesetzes weitgehend objektivierbar und pauschalierbar. Bei der Konkretisierung könnten insbesondere die von der Rechtsprechung entwickelten Unterhaltstabellen und Leitlinien herangezogen werden. Wenn Eltern, wie im vorliegenden Fall, vor ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben in einfachen Verhältnissen gelebt hätten, so bestimme sich ihr Bedarf im Verhältnis zu ihren
Kindern danach, was zur Bestreitung des Existenzminimums notwendig sei. Insofern erscheine es auch im Bereich des Verwandtenunterhalts sachgerecht, den Bedarf an den in den Unterhaltstabellen für den Ehegattenunterhalt angesetzten Beträgen zu orientieren. Auf der Grundlage der im Anspruchszeitraum jeweils geltenden Düsseldorfer Tabelle (Anm. B V) sei der Unterhaltsbedarf der bis einschließlich März 1997 erwerbstätigen Mutter wie folgt zu bemessen: bis Dezember 1995 mit monatlich 1.300 DM, von Januar 1996 bis März 1997 mit monatlich 1.500 DM und ab April 1997 mit monatlich 1.300 DM. Da in diesen Beträgen die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung noch nicht enthalten seien, könnten die hierfür erforderlichen Aufwendungen zusätzlich verlangt werden.
b) Gegen den so ermittelten Grundbedarf wendet die Revision ein: Bei der Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber Eltern müsse berücksichtigt werden, daß eine andere Situation als gegenüber einem Kind vorliege. Auf eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern könnten sich Eltern von vornherein einstellen, während der Unterhaltsbedarf der Eltern für sie nicht kalkulierbar sei. Das spreche dafür, den Unterhaltsbedarf der Eltern an einer festen Größe auszurichten. Werde demgegenüber der Argumentation des Berufungsgerichts gefolgt, so könne - je nach der Lebensstellung des Elternteils - der Bedarf beliebig hoch sein. Eine Korrektur der Unterhaltslast allein über die Leistungsfähigkeit des Kindes erscheine in diesen Fällen nicht ausreichend.
c) Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die tatrichterliche Bedarfsbemessung aus Rechtsgründen in Zweifel zu ziehen. Das Berufungsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach dessen Lebensstellung bestimmt. Diese leitet sich - anders als bei volljährigen, noch in einer Berufsausbildung befindlichen Kindern - nicht von derjenigen des Unterhaltspflich-
tigen ab, sondern ist eigenständig und beurteilt sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden Elternteils. Nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, wie sie in der Regel etwa mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden sind, haben - eventuell nach einer Übergangszeit - deshalb auch eine Änderung der Lebensstellung zur Folge. Mit Rücksicht darauf können die Eltern von ihren Kindern dann keinen Unterhalt entsprechend ihrem früheren Lebensstandard beanspruchen. Als angemessener Unterhalt müssen aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum der Eltern sichergestellt werden kann und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sind (ebenso Eschenbruch Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 2004 f.; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 11 ff.; Heiß/Born/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 22; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5050 f.; Scholz/Stein/Erdrich Praxishandbuch Familienrecht Teil J Rdn. 24; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 9 Rdn. 635; Diederichsen FF 1999 Sonderheft S. 13 f.; OLG Koblenz FamRZ 2002, 1212, 1213). Insofern ist es auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn zur Ermittlung des so bemessenen Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen, am sozialhilferechtlichen Existenzminimum ausgerichteten Eigenbedarfssätze eines unterhaltsberechtigten Ehegatten zurückgegriffen und derjenige Betrag als Bedarf angesetzt wird, der der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Elternteils entspricht. Hiervon ausgehend ist die Bedarfsberechnung des Berufungsgerichts insgesamt nicht zu beanstanden, insbesondere ist es zutreffend, daß die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung zusätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. auch Günther aaO Rdn. 12; Eschenbruch aaO Rdn. 2006; Luthin/Seidel aaO Rdn. 5052). Unter Einschluß dieser Aufwendungen (für die Zeit ab Beendigung der Erwerbstätigkeit zum 1. April 1997) beläuft sich der für die Mutter des
Beklagten anzusetzende Bedarf auf Beträge, die zwischen monatlich 1.300 DM und rund 1.780 DM liegen. 3. Bedürftigkeitsmindernd hat das Berufungsgericht die Einkünfte der Mutter in Form von Altersruhegeld, Wohngeld und Arbeitseinkommen (bis einschließlich März 1997) berücksichtigt, letzteres nach Abzug einer Pauschale von 5 % zum Ausgleich berufsbedingter Aufwendungen.
a) Insofern rügt die Revision: Nach dem unwidersprochenen und unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten habe seine Mutter keine berufsbedingten Aufwendungen gehabt und würde sich ihren Söhnen gegenüber auch nicht auf pauschale Ansprüche berufen. Deshalb habe hierfür kein Abzug vorgenommen werden dürfen. Dieser Rüge ist der Erfolg nicht zu versagen. Die Klägerin, die mit ihrer Berufung geltend gemacht hatte, das Amtsgericht sei mit monatlich 922,87 DM von einem zu hohen verfügbaren Nettoeinkommen der Mutter ausgegangen, deren Nettoeinkommen sei nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen deutlich geringer anzusetzen, nämlich mit Beträgen zwischen 700,40 DM und 663,10 DM monatlich, wie sie im ersten Rechtszug nach Abzug einer Arbeitsmittelpauschale von monatlich 10 DM und dem Mehrbedarf gemäß § 76 Abs. 2 a Nr. 1 BSHG in Höhe von rund 250 DM angegeben worden seien, hat damit keinen konkreten Anhaltspunkt dafür dargelegt, daß der Mutter überhaupt berufsbedingte Aufwendungen entstanden sind. Die sozialhilferechtlich in Abzug gebrachten Pauschalen vermögen derartigen Sachvortrag nicht zu ersetzen. Unter solchen Umständen bestand indessen kein Anlaß, in Anwendung von Anmerkung 3 der Düsseldorfer Tabelle einen pauschalen Abzug von 5 % vorzunehmen.

b) Auch die Klägerin hat mit ihrer Anschlußrevision Einwendungen gegen die Ermittlung des offenen Bedarfs der Mutter erhoben. Sie hat geltend gemacht , das Berufungsgericht habe das Wohngeld, das die Mutter durchgehend bezogen habe, zu Unrecht in voller Höhe bedürftigkeitsmindernd in Ansatz gebracht. Richtigerweise habe das Wohngeld nur insoweit als Einkommen berücksichtigt werden dürfen, als es nicht Aufwendungen ausgleiche, die über das der Mutter unterhaltsrechtlich zumutbare Maß von Wohnkosten für "normalen" Wohnbedarf hinausgingen. Auch diese Rüge ist gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist Wohngeld zunächst auf einen erhöhten Wohnkostenbedarf anzurechnen. Dabei wird im allgemeinen angenommen werden können, daß den Wohngeldempfänger Wohnkosten treffen, die auch unterhaltsrechtlich als erhöht zu bezeichnen sind. Soweit das der Fall ist, dient das Wohngeld dem Ausgleich eines unvermeidbar erhöhten Aufwands mit der Folge, daß der Bedarf des Berechtigten auf das unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen "normale" Maß zurückgeführt wird. Nur mit einem dafür nicht verbrauchten Teilbetrag ist das Wohngeld als Einkommen zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 17. März 1982 - IVb ZR 646/80 - FamRZ 1982, 587, 589 f. und vom 18. April 1984 - IVb ZR 59/82 - FamRZ 1984, 772, 774). Danach durfte das Wohngeld nicht in voller Höhe auf den Bedarf der Mutter angerechnet werden. Die Klägerin hat, wie die Revision zutreffend geltend macht, im einzelnen dargelegt, daß dem Wohngeld ein erhöhter Wohnbedarf gegenüberstehe. Die Wohnkosten beliefen sich auf Beträge, die (einschließlich Heizkosten) zwischen monatlich 722 DM und monatlich 762 DM lagen. In den für die Mutter zugrundegelegten Bedarfssätzen ist dagegen für die Zeit ab Januar 1996 lediglich eine Warmmiete bis zu 650 DM monatlich enthalten (vgl. Anmerkung 5 der Düsseldorfer Tabelle). Für die davor liegende Zeit
weist die Düsseldorfer Tabelle noch keinen Wohnkostenanteil aus. Insofern kann - unter Zugrundelegung der Relation, die sich aus den für die Folgezeit herangezogenen Beträgen von 1.500 DM einerseits und 650 DM andererseits ergibt (ca. 43 %) - von einem Wohnkostenanteil von rund 560 DM (rund 43 % von 1.300 DM) ausgegangen werden. Daraus folgt, daß das Wohngeld, das in Höhe von monatlich 317 DM, 327 DM und 338 DM gewährt worden ist, insoweit nicht als Einkommen der Mutter angesetzt werden durfte, als es dafür verwandt werden konnte, den über monatlich 560 DM bzw. monatlich 650 DM liegenden Wohnkostenanteil auszugleichen. Daß die in der genannten Höhe angefallenen Wohnkosten für die Mutter unvermeidbar waren, hat der Beklagte letztlich nicht in Abrede gestellt. Denn er hat selbst geltend gemacht, die Mutter sei aus finanziellen Gründen nicht zu einem Umzug in der Lage gewesen. Ob durch einen Umzug im übrigen eine geringere finanzielle Belastung zu erreichen gewesen wäre, ist seinem Vortrag nicht im einzelnen zu entnehmen.
c) Nach dem - zutreffend erfolgten - Abzug des von der Mutter bezogenen Altersruhegeldes errechnet sich ein höherer ungedeckter Bedarf als vom Berufungsgericht zugrunde gelegt. Denn der Ermäßigung des Bedarfs durch die ungekürzte Anrechnung des Erwerbseinkommens steht eine - diese übersteigende - Erhöhung des Bedarfs infolge der nur teilweise vorzunehmenden Anrechnung des Wohngeldes gegenüber. Insofern ergibt sich für den Zeitraum vom 1. September 1994 bis 31. Dezember 1994 - beispielhaft - folgende Berechnung: Bedarf: 1.300 DM abzüglich Erwerbseinkommen: 922,87 DM abzüglich anteiliges Wohngeld: 155 DM (nämlich 317 DM abzüglich der Differenz zwischen 722 DM und 560 DM = 317 DM - 162 DM), insgesamt also 222,13 DM (anstatt: 106,27 DM).
4. a) Zur unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten hat das Berufungsgericht ausgeführt: Nach Auswertung der vorgelegten Verdienstabrechnungen und Steuerbescheide sei nach Abzug einer Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen von durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkünften von 3.188,94 DM für 1994, 3.209 DM für 1995, 4.652,58 DM für 1996, 4.927,49 DM für 1997, 5.362,27 DM für 1998 und von 6.769,38 DM für 1999 auszugehen. Bei dem für 1999 zugrundegelegten Betrag seien monatliche Beitragszahlungen von insgesamt 994,50 DM zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt worden. Dagegen seien weder Abzüge für eine Altersversorgung noch solche für den Fall der Arbeitslosigkeit berücksichtigungsfähig. In Abzug gebracht werden könnten nur diejenigen Aufwendungen, die tatsächlich erfolgten. Ein fiktiver Abzug vom Bruttoeinkommen komme nicht in Betracht. Anrechnungsfähige Vorsorgeaufwendungen habe der Beklagte weder schlüssig vorgetragen noch nachgewiesen. In die Einkommensberechnung sei die im Jahre 1999 erfolgte Steuererstattung einzubeziehen, soweit sie auf den Beklagten - und nicht auf seine Ehefrau - entfalle. Da er den im Jahre 1999 ergangenen und durch gerichtliche Auflage angeforderten Steuerbescheid nicht vorgelegt und dazu auch keine Erklärung abgegeben habe, werde die anteilig auf ihn entfallende Steuererstattung auf die entsprechende Höhe des Vorjahresbetrages (= 3.177,63 DM) geschätzt. Das für 1999 ermittelte Einkommen werde auch für das Jahr 2000 fortgeschrieben. Auch insoweit könnten keine weitergehenden Abzüge anerkannt werden. Aufwendungen zur Altersversorgung und für den Fall der Arbeitslosigkeit würden weiterhin nicht erbracht, und es sei auch nicht absehbar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang solche in Zukunft erfolgen würden. Da es sich um freiwillige Leistungen handele, deren Umfang allein von dem Willen des Beklagten abhänge, lasse sich die weitere Entwicklung nicht voraussehen. Deshalb müsse sich der Beklagte für den Fall, daß sich
hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen eine Änderung ergebe, auf eine Abänderungsklage verweisen lassen.
b) Auch diese Ausführungen greift die Revision an. Sie macht zum einen geltend, das Berufungsgericht habe für die Zeit ab Januar 1999 rechtsfehlerhaft weder Abzüge für eine Altersvorsorge noch für den Fall der Arbeitslosigkeit berücksichtigt. Der Beklagte sei ab Januar 1999 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma W. GmbH nicht mehr sozialversicherungspflichtig. Deshalb seien nach § 287 ZPO zu schätzende Kosten der Altersversorgung anzusetzen gewesen. Der Beklagte habe vorgetragen, für seine Absicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit bilde er seit Januar 1999 Rücklagen auf einem Sparkonto. Diese müßten in Höhe von 20,3 % seines monatlichen Bruttogehalts von 9.700 DM für seine Alterssicherung und in Höhe von 6,5 % für eine Arbeitslosigkeit zuerkannt werden. Da es dem Beklagten überlassen werden müsse, auf welche Weise er für sein Alter vorsorge, müsse auch die - von der Klägerin nicht bestrittene - Bildung von Rücklagen auf einem Sparkonto ausreichen. Für 1998 habe der Beklagte nicht im Jahr 1999, sondern erst im Jahr 2000 eine Steuererstattung erhalten, und zwar aufgrund Bescheids vom 2. März 2000 in Höhe von insgesamt 878,20 DM. Der nach der letzten mündlichen Verhandlung in der zweiten Instanz ergangene Steuerbescheid sei im Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht mit seiner Berechnung gegen den Beibringungsgrundsatz verstoßen. Die Klägerin habe in ihren eigenen Berechnungen abzugsfähige Fahrtkosten des Beklagten für die Zeit von März 1995 bis Dezember 1997 in Höhe von 885,50 DM sowie Zahlungen auf eine Lebensversicherung in Höhe von 190,19 DM anerkannt.
c) Diese Rügen erweisen sich nur hinsichtlich des unterbliebenen Abzugs für Aufwendungen zur Altersvorsorge als gerechtfertigt.
aa) Das Gesetz erlaubt bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit eines auf Verwandtenunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen ausdrücklich die Berücksichtigung sonstiger Verpflichtungen (§ 1603 Abs. 1 BGB). Im Gegensatz zu dem unterhaltsberechtigten Elternteil besteht bei ihm in der Regel noch länger die Notwendigkeit, sich und seine Familie gegen Unwägbarkeiten abzusichern und für die Zukunft vorzusorgen. Mit Rücksicht darauf muß dem Unterhaltspflichtigen ermöglicht werden, eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Bei Nichtselbständigen erfolgt die (primäre) Altersversorgung im Regelfall durch die gesetzliche Rentenversicherung, bei Beamten wird sie durch die Beamtenversorgung gewährleistet. Wenn für den Unterhaltspflichtigen indessen keine Sozialversicherungspflicht als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer mehr besteht, ist ihm eine seinen Einkommensverhältnissen entsprechende Altersversorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr möglich. In einem solchen Fall ist ihm wie einem Selbständigen zuzubilligen, anderweit für sein Alter in angemessener Weise Vorsorge zu treffen. Dabei kann die Angemessenheit von Vorsorgeaufwendungen grundsätzlich bejaht werden, soweit sie sich im Verhältnis zu den erzielten Einkünften nach Beitragshöhe oder Anspruchshöhe orientiert. Als Richtmaß kann deshalb in Anlehnung an die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung (bis März 1999: 20,3 %, von April bis Dezember 1999: 19,5 %, von Januar bis Dezember 2000: 19,3 % und ab Januar 2001: 19,1 %) ein Anteil von etwa 20 % des Bruttoeinkommens als für die primäre Altersversorgung angemessen angesehen werden (Wendl/Gerhardt aaO § 1 Rdn. 497 a, 498; Weinreich/Klein Kompaktkommentar Familienrecht § 1578 Rdn. 236; Büttner Festschrift für Dieter Henrich zum 70. Geburtstag S. 54; vgl. auch Göppinger/Strohal Unterhaltsrecht 7. Aufl. Rdn. 664).
Der Beklagte ist, wie er unwidersprochen vorgetragen hat, seit dem 1. Januar 1999 als Gesellschafter-Geschäftsführer der W. GmbH nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Da für ihn deshalb keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr abgeführt werden, ist ihm zuzubilligen, auf andere Weise Vorsorge für sein Alter zu treffen. Voraussetzung für eine Absetzbarkeit von Vorsorgeaufwendungen ist indessen , wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, daß derartige Aufwendungen tatsächlich geleistet werden. Fiktive Abzüge kommen insoweit nicht in Betracht (Wendl/Gerhardt aaO Rdn. 498). Der Beklagte hat allerdings, worauf die Revision zu Recht hinweist, ausdrücklich geltend gemacht, u.a. in Höhe der früheren gesetzlichen Abzüge für die Rentenversicherung Rücklagen auf einem Sparkonto zu bilden, um auf diese Weise nach dem Wegfall der Sozialversicherungspflicht weiterhin Altersvorsorge zu betreiben. Auch diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Es stellt sich deshalb die Frage, ob derartige vermögensbildende Aufwendungen , wie sie etwa auch der Erwerb von Immobilien, Wertpapieren oder Fondsbeteiligungen darstellen, ebenfalls als angemessene Art der Altersvorsorge anzuerkennen sind. Dabei muß Ausgangspunkt der Überlegung sein, daß es dem Unterhaltspflichtigen grundsätzlich freisteht, in welcher Weise er - etwa jenseits der gesetzlichen Rentenversicherung - Vorsorge für sein Alter trifft. Wenn er sich angesichts der unsicheren Entwicklung der herkömmlichen Altersversorgungen für den Abschluß von Lebensversicherungen entscheidet, muß dieser Entschluß unterhaltsrechtlich im allgemeinen akzeptiert werden. Nach Auffassung des Senats kann der Abschluß von Lebensversicherungen aber nicht die einzige Alternative für eine private Altersversorgung sein. Vielmehr müssen grundsätzlich auch sonstige vermögensbildende Investitionen als angemessene Art der Altersversorgung gebilligt werden (ebenso
Wendl/Gerhardt aaO Rdn. 498), soweit sie geeignet erscheinen, diesen Zweck zu erreichen. Da insoweit der Erwerb etwa von Wertpapieren oder Fondsbeteiligungen wegen der damit teilweise verbundenen Risiken nicht zwingend in Be- tracht zu ziehen ist, kann im Einzelfall auch die Anlage eines bloßen Sparvermögens als anzuerkennende Art der Altersvorsorge bewertet werden. Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Dem Beklagten ist es zuzubilligen, in Höhe von rund 20 % seines Bruttoeinkommens Rücklagen für seine primäre Altersversorgung zu bilden. Insoweit können seine Zahlungen auf ein Sparkonto als angemessene Vorsorgeaufwendungen anerkannt werden. Soweit der Beklagte geltend macht, er bilde auf dem Sparkonto auch Rücklagen zur Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit, und zwar in Höhe der früheren Abzüge von 6,5 % für die Arbeitslosenversicherung, können die betreffenden Aufwendungen dagegen nicht als abzugsfähig angesehen werden. Den eigenen Angaben des Beklagten zufolge beruht seine Sozialversicherungsfreiheit darauf, daß er als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr abhängig beschäftigt ist. Daraus folgt, daß seine Tätigkeit in der W. GmbH als von Selbständigkeit geprägt beurteilt worden sein muß (vgl. Niesel SGB III 2. Aufl. § 25 Rdn. 15 ff.). Unter diesen Umständen kann indessen nicht angenommen werden, der Beklagte sei - ebenso wie ein abhängig Beschäftigter - dem Risiko ausgesetzt, seine Anstellung durch Kündigung zu verlieren. Vielmehr ist davon auszugehen, daß er selbst maßgeblichen Einfluß auf die Entscheidung der Gesellschaft und damit auch auf die Fortdauer seiner Anstellung besitzt. Daß dem Beklagten gleichwohl aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Eintritt von Arbeitslosigkeit drohen könnte, ist nicht dargelegt worden.
bb) Was die vom Berufungsgericht für das Jahr 1998 geschätzte und für das Jahr 1999 als Einkommen berücksichtigte anteilige Steuererstattung des Beklagten anbelangt, erweist sich die Rüge der Revision indessen als unbegründet. Die u.a. dem Beklagten erteilte Auflage des Berufungsgerichts vom 10. November 1999, sämtliche Verdienstabrechnungen für sich und seine Ehefrau für die Zeit von Januar 1994 bis November 1999 sowie alle in den Jahren 1994 bis 1999 ihm zugegangenen Steuerbescheide vorzulegen, zielte ersichtlich darauf ab, das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau in dem genannten Zeitraum unter Einschluß eventueller Steuererstattungen ermitteln zu können. Nachdem dem Beklagten für das Jahr 1998 noch kein Steuerbescheid zugegangen war, wäre von ihm deshalb - auch ohne Nachfrage - zu erwarten gewesen, daß er auf die Besonderheit einer zeitlichen Verzögerung des Steuerbescheids für 1998 hingewiesen und statt dessen etwa seine Steuererklärung vorgelegt hätte. Ohne eine derartige Klarstellung durfte das Berufungsgericht die zu erwartende Steuererstattung gemäß § 287 ZPO in tatrichterlicher Verantwortung schätzen. Anhaltspunkte dafür, daß die Steuererstattung deutlich geringer ausfallen würde als in den Vorjahren, ergaben sich nicht. Eine Berücksichtigung des dem Senat vorgelegten Steuerbescheids für 1998 kommt im Revisionsverfahren schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die Bestandskraft des Bescheids bestritten hat. cc) Hinsichtlich der unterbliebenen Berücksichtigung von Fahrtkosten des Beklagten für die Zeit von März 1995 bis Dezember 1997 liegt ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Beibringungsgrundsatz nicht vor, denn die Klägerin hat im Ergebnis ein höheres unterhaltsrelevantes Einkommen des Beklagten behauptet als dieser selbst. Daß die jetzt angeführten Fahrtkosten abzusetzen seien, ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin im übrigen nicht. Auch dem Vortrag des für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit darlegungsund beweispflichtigen Beklagten sind insofern Einzelheiten, die eine tatrichterli-
che Beurteilung der Abzugsfähigkeit ermöglicht hätten, nicht zu entnehmen. Deshalb liegt insgesamt keine verfahrensfehlerhafte Behandlung der betreffenden Position vor. dd) Abzüge für eine Lebensversicherung hat weder der Beklagte in den von der Revision bezeichneten Schriftsätzen nebst Anlagen geltend gemacht noch die Klägerin bei ihrer Einkommensberechnung für ihn berücksichtigt. Zahlungen auf eine Lebensversicherung sind vielmehr nur von dem Einkommen des Bruders des Beklagten abgezogen worden. Ein Verfahrensfehler ist dem Berufungsgericht deshalb auch in dieser Hinsicht nicht unterlaufen.
d) Nach alledem ist die Einkommensberechnung des Berufungsgerichts für den Beklagten lediglich für die Zeit ab Januar 1999 hinsichtlich der Aufwendungen zur Altersvorsorge zu korrigieren, und zwar in Höhe eines Abzugs von rund 20 % seines Bruttoeinkommens. Im übrigen geben die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu Beanstandungen keinen Anlaß. 5. a) Zu der Ermittlung der Haftungsanteile des Beklagten und seines Bruders hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Beklagte und sein Bruder seien verpflichtet, ihrer Mutter anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen Unterhalt zu gewähren. Zur Erfüllung der Unterhaltspflicht stehe dabei jeweils nur derjenige Anteil an ihrem Gesamteinkommen zu Verfügung , der den angemessenen Lebensbedarf ihrer Familien übersteige. Von den Einkünften der Brüder und ihrer Ehefrauen sei deshalb zunächst der für ihren eigenen angemessenen Lebensunterhalt benötigte Betrag abzusetzen. Insofern sei für die Unterhaltspflichtigen selbst der seit dem 1. Juli 1998 in der Düsseldorfer Tabelle (Anmerkung B 1) bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorgesehene Selbstbehaltsatz von monatlich 2.250 DM zu berücksichtigen, der diese infolge des darin enthaltenen Zuschlags auf den in anderen Unterhalts-
rechtsverhältnissen angemessenen Selbstbehalt maßvoll, aber doch spürbar entlaste. Der angemessene Selbstbehalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten sei mit monatlich 1.750 DM anzunehmen. Daraus folge, daß einem Ehepaar seit dem 1. Juli 1998 monatlich 4.000 DM zu verbleiben hätten, bevor einer der Ehegatten für den Unterhalt eines Elternteils in Anspruch genommen werden könne. Für die Zeit vor dem 1. Juli 1998 sei zur Bestimmung des angemessenen Selbstbehalts gegenüber der Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt ebenfalls auf einen Zuschlag von 25 % auf den gegenüber einem volljährigen Kind anzuerkennenden Selbstbehalt zurückzugreifen. Dann ergebe sich für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1998 ebenfalls ein Betrag von 2.250 DM (1.800 DM + 25 %). Für die Zeit davor sei - aufgrund des in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1992) ausgewiesenen Selbstbehalts gegenüber einem volljährigen Kind von 1.600 DM - von einem angemessenen Selbstbehalt gegenüber einem Elternteil von 2.000 DM (1.600 DM + 25 %) auszugehen. Für den Ehegatten des Unterhaltspflichtigen ergebe sich - unter Zugrundelegung des Verhältnisses von 2.250 DM zu 1.750 DM - für die Zeit vor dem 1. Januar 1996 ein angemessener Selbstbehalt von 1.560 DM (2.250 DM = 56,25 % von 4.000 DM; 2.000 DM : 56,25 % x 43,75 % = rund 1.560 DM). Deshalb müsse den beiden Brüdern für die Zeit vom 1. September 1994 bis zum 31. Dezember 1995 jeweils ein Betrag von insgesamt 3.560 DM monatlich als angemessener Selbstbehalt für sich und ihre Ehefrauen verbleiben. Für den Beklagten als Alleinstehenden betrage der angemessene Selbstbehalt 2.000 DM bzw. 2.250 DM. Da der Beklagte keine ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Kinder habe , sei von seinem Einkommen auch kein Kindesunterhalt vorweg abzuziehen. Allerdings dürfe unterhaltsrechtlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß seine Ehefrau die Kinder S. und M. in die am 13. Oktober 1995 geschlossene Ehe mitgebracht habe. Zwar sei die Ehefrau des Beklagten für die Kinder
nicht barunterhaltspflichtig, da deren Vater monatlichen Kindesunterhalt von insgesamt 1.020 DM zahle. Sie leiste aber Betreuungsunterhalt, der dem Barunterhalt des anderen Elternteils gleichwertig sei. Bei dieser Sachlage sei ei- nerseits zu berücksichtigen, daß die Ehefrau des Beklagten dessen Mutter gegenüber nicht unterhaltspflichtig sei, und andererseits, daß sich die von ersterer ausgeübte Erwerbstätigkeit im Hinblick auf das Alter der 1984 und 1986 geborenen Kinder zumindest teilweise als überobligationsmäßig darstelle. Deshalb sei es im vorliegenden Fall angemessen, der Ehefrau für die Dauer ihrer Erwerbstätigkeit nicht nur einen Betreuungsbonus gutzubringen. Vielmehr seien von ihrem Arbeitseinkommen die Tabellenbeträge abzüglich des hälftigen Kindergeldes , die sie als Barunterhaltspflichtige schulden würde, in Abzug zu bringen. Durch einen solchen Vorwegabzug würden die mit den Betreuungsleistungen neben der Erwerbstätigkeit verbundenen erhöhten Belastungen angemessen aufgefangen. Mit Rücksicht darauf sei das im Jahr 1996 erzielte durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau von 339,57 DM in vollem Umfang außer Betracht zu lassen. Für die Zeit ab Januar 1997, in der sich das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Ehefrau auf Beträge zwischen rund 1.100 DM und rund 1.300 DM belaufen habe, verblieben anzusetzende Einkünfte, die zwischen monatlich rund 400 DM und rund 565 DM lägen. Das danach die Selbstbehaltsätze übersteigende Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau sei mit den in entsprechender Weise mit dem für seinen Bruder und dessen Ehefrau ermittelten Beträgen ins Verhältnis zu setzen, um die jeweiligen Haftungsquoten der beiden Brüder festzustellen. Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
b) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen , daß der Beklagte und sein Bruder als (gleich nahe) Verwandte verpflichtet
sind, anteilig für den Unterhalt ihrer Mutter aufzukommen (§§ 1601, 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Es ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß beide nur insoweit unterhaltspflichtig sind, als sie bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen imstande sind, ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB). Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten entspricht diesen Anforderungen indessen nicht und begegnet deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken. aa) Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen des Beklagten gehört, wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, da diese nicht über ausreichendes eigenes Einkommen verfügt. Der Beklagte schuldet ihr deshalb gemäß §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt. Dieser Unterhaltsanspruch läßt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt nach Trennung oder Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern vielmehr als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Seinem Umfang nach umfaßt der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360 a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und eventueller Kinder erforderlich ist. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537 und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - unter 5. a) aa) zur Veröffentlichung vorgesehen ). Es begegnet deshalb keinen Bedenken, den - hier maßgeblichen - An-
spruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsan- sprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066, vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 22. Januar 2003 aaO). Daher kann der anzusetzende Betrag insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden. bb) Welcher Betrag bei dem auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt seines Ehegatten anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Nachdem die Düsseldorfer Tabelle für diesen Fall bei gemeinsamer Haushaltsführung einen Selbstbehalt für den Ehegatten von mindestens 1.750 DM (ab 1. Juli 1998) bzw. von mindestens 1.860 DM (ab 1. Juli 2001) und von mindestens 950 Euro (ab 1. Januar 2002) vorsieht, werden vielfach die entsprechenden Beträge herangezogen (OLG Hamm FamRZ 2002, 125, 126; OLG Köln FamRZ 2002, 572, 573; Duderstadt Erwachsenenunterhalt 3. Aufl. S. 186; Scholz/Stein/Erdrich aaO Teil J Rdn. 48; Heiß/Hußmann aaO Rdn. 54). Diese Handhabung ist indessen nicht damit zu vereinbaren , daß der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht auf einen Mindestbetrag beschränkt ist, sondern nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommensund Vermögensverhältnissen, die den ehelichen Lebensstandard bestimmen, zu bemessen ist (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB). Da die Ehefrau zudem der Schwiegermutter gegenüber nicht unterhaltspflichtig ist, braucht sie mit Rücksicht auf deren - gemäß § 1609 BGB nachrangige - Unterhaltsansprüche keine Schmälerung ihres angemessenen Anteils am Familienunterhalt hinzunehmen. Für sie ist deshalb nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag anzusetzen , sondern der nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse bemessene Unterhalt (ebenso: Eschenbruch aaO Rdn. 2027; Günther aaO § 12 Rdn. 73;
Luthin/Seidel aaO Rdn. 5081). Dem steht nicht die Erwägung entgegen, daß dem Unterhaltsverpflichteten bei einem so ermittelten Unterhaltsanspruch möglicherweise weniger zur Verfügung steht als seinem Ehegatten (so aber OLG Köln aaO 573). Dieses - bei günstigen Einkommensverhältnissen mögliche - Ergebnis folgt daraus, daß der Unterhaltspflichtige seinem Ehegatten den eheangemessenen Unterhalt schuldet, seinen Eltern gegenüber aber nicht diesen als Selbstbehalt verteidigen kann, sondern ihm insofern nur die Mittel zu verbleiben haben, die er zur Deckung seines eigenen angemessenen Unterhalts benötigt. Der angeführte Gesichtspunkt ist deshalb nicht geeignet, die individuelle Bemessung des Unterhaltsanspruchs des Ehegatten in Frage zu stellen. Der Senat sieht sich mit seiner Auffassung auch nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der zu den Voraussetzungen, unter denen ein Beschenkter wegen Gefährdung seines standesgemäßen Unterhalts oder der Erfüllung der ihm obliegenden gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 529 Abs. 2 BGB die Rückgabe eines Geschenks verweigern kann, entschieden hat, es erscheine sachgerecht, den - unterhaltsrechtlich zu würdigenden - Bedarf des Ehegatten des Beschenkten von dem für letzteren anzusetzenden Selbstbehalt abzuleiten (BGH Urteil vom 11. Juli 2000 - X ZR 126/98 - FamRZ 2001, 21, 22). Denn in jenem Fall kam von den Einkommensverhältnissen des Beschenkten her von vornherein ein über dem Mindestbedarfssatz liegender Unterhaltsanspruch der Ehefrau nicht in Betracht. cc) Wenn danach der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen ist, so stellt sich allerdings die Frage, ob diese bereits durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Denn der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten kann auch durch Unterhaltsansprüche
nachrangig Berechtigter eingeschränkt werden, soweit die sich aus einem entsprechenden Vorwegabzug ergebende Verteilung der zum Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nicht zu einem Mißverhältnis hinsichtlich des wechselseitigen Bedarfs der Beteiligten führt (Senatsurteile vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 980 und vom 10. Juli 1991 - XII ZR 166/90 - FamRZ 1991, 1163, 1164 f.). Eine solche Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse durch anderweitige Unterhaltspflichten ist nicht nur in dem Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern denkbar, sondern etwa auch dann, wenn ein Ehegatte während des Zusammenlebens seinem Kind aus einer früheren Ehe aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung Unterhaltsleistungen erbracht hat (Senatsurteil vom 10. Juli 1991 aaO). In gleicher Weise kann aber auch der aufgrund einer Verpflichtung gezahlte Elternunterhalt die ehelichen Lebensverhältnisse prägen. Dem Umstand, daß der Ehegatte dem Unterhaltsberechtigten gegenüber nicht seinerseits unterhaltspflichtig ist, kommt insofern keine Bedeutung zu (ebenso: Günther aaO § 12 Rdn. 73 f.; a.A. Luthin/Seidel aaO Rdn. 5081; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 76 a). Der zu beachtende Vorrang des Ehegatten hat allein zur Folge, daß der Vorwegabzug nicht zu einem Mißverhältnis des sich für ihn ergebenden Unterhaltsanspruchs führen darf, ihm also in einem Fall wie dem vorliegenden in jedem Fall der Mindestbedarf zu verbleiben hat. Danach kommt es in erster Linie darauf an, ob der Beklagte - nicht nur vorübergehend - bereits Unterhaltsleistungen für seine Eltern erbracht hat, als er im Oktober 1995 heiratete. Ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Beiakten (... ) hat der Beklagte eine Unterhaltszahlung von 10.000 DM geleistet, die die Klägerin - bis auf einen Betrag von 1.610,49 DM - auf die für die Zeit von Februar 1992 bis August 1994 gegen ihn erhobenen Ansprüche verrechnet hat. Wann die genannte Zahlung erfolgt ist und welche Zahlungsbestimmung der Beklagte gegebenenfalls getroffen hat,
ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Davon hängt indessen zunächst ab, ob die Lebensverhältnisse in der späteren Ehe schon von Unterhaltszahlungen für die Mutter geprägt waren. Abgesehen davon erscheint es in einem Fall wie dem vorliegenden aber auch nicht ausgeschlossen, daß schon die latente Unterhaltslast für die Mutter die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt hat. Denn anders als in den Fällen , in denen sich der Unterhaltsbedarf von Eltern - meist unvorhersehbar - dadurch ergibt, daß sie im Alter pflegebedürftig werden, die Kosten einer Heimunterbringung aus eigenen Mitteln aber nicht oder nicht vollständig aufbringen können, zeichnete sich hier bereits längerfristig ab, daß die Mutter des Beklagten angesichts ihrer geringen Rente in nicht unerheblichem Umfang unterhaltsbedürftig sein würde, jedenfalls nachdem sie aus dem Erwerbsleben ausgeschieden war, weil sie bei weitem nicht über die zur Bestreitung ihres Existenzminimums erforderlichen Mittel verfügte. Insofern kommt es für die Beurteilung etwa darauf an, inwieweit gegenüber dem Beklagten wegen der ab 1987 geleisteten Sozialhilfe in der Vergangenheit bereits Unterhaltsforderungen erhoben worden waren. Für die Zeit, für die aufgrund des Einkommens des Beklagten und seiner Ehefrau ein höherer Unterhaltsbedarf für letztere in Betracht kommt als der vom Berufungsgericht berücksichtigte Mindestbedarf, kann die Entscheidung danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, insoweit abschließend zu befinden. Denn hierzu bedarf es weiterer Feststellungen hinsichtlich der Frage , ob und gegebenenfalls inwieweit die ehelichen Lebensverhältnisse des Beklagten und seiner Ehefrau durch für die Mutter aufgebrachten Unterhalt oder geltend gemachte Unterhaltsforderungen bestimmt worden sind.
dd) Für die Zeit, für die nach dem zusammengerechneten Einkommen des Beklagten und seiner Ehefrau ohnehin nur der Mindestbedarf für letztere in Betracht kommt, begegnet die vorgenommene Berechnung aus einem anderen Grund rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht ist aufgrund des Alters der von der Ehefrau betreuten Kinder, die allerdings nicht 1984 und 1986, sondern 1986 und 1988 geboren sind, davon ausgegangen, diese arbeite zumindest teilweise überobligationsmäßig. Allein dieser - im Grundsatz zutreffende - Gesichtspunkt rechtfertigt es indessen, wie die Anschlußrevision zu Recht geltend macht, nicht, ihr den deutlich überwiegenden Teil ihres Erwerbseinkommens anrechnungsfrei zu belassen. Wäre die Ehefrau nicht wieder verheiratet, sondern würde ihren geschiedenen Ehemann auf Unterhalt in Anspruch nehmen, so würde die Ermittlung des ihr nach § 1577 Abs. 2 BGB anrechnungsfrei zu belassenden Teils ihres Einkommens etwa davon abhängen, wie die Kinderbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrtzeiten zu vereinbaren ist und zu welchen Zeiten die Kinder die Schule besuchen und von daher zeitweise jedenfalls nicht der Betreuung bedürfen. Diese Beurteilung führt in der gerichtlichen Praxis allerdings häufig zu einer hälftigen Anrechnung des aus überobligationsmäßiger Tätigkeit erzielten Einkommens. In der Situation einer alleinerziehenden Mutter befindet sich die Ehefrau des Beklagten indessen nicht, vielmehr kann sie von diesem unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Rücksichtnahme (§ 1356 Abs. 2 BGB) Hilfe und Unterstützung erwarten. Dieser Umstand legt es nahe, die Erwerbstätigkeit in weitergehendem Umfang als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 1577 Abs. 2 BGB für zumutbar zu erachten. Deshalb ist es rechtsfehlerhaft, das erzielte Erwerbseinkommen in Höhe der abgesetzten Beträge nicht als Einkommen der Ehefrau zu berücksichtigen und diese damit so zu behandeln, als würde sie Barunterhalt entsprechend Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes leisten. Der Barunterhalt für die Kinder wird unstreitig
von deren Vater erbracht. Die Ehefrau erfüllt ihre Unterhaltspflicht durch die Betreuung der Kinder (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dafür steht ihr keine Vergütung zu. ee) Das angefochtene Urteil kann deshalb auch für die weitere Zeit nicht bestehen bleiben. Auch insoweit ist dem Senat eine Entscheidung nicht möglich. Inwieweit die von der Ehefrau des Beklagten ausgeübte Erwerbstätigkeit als zumutbar angesehen werden kann, unterliegt - nach Feststellung der hierfür maßgebenden Umstände - der tatrichterlichen Beurteilung, die sich an dem Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB zu orientieren haben wird. Die Sache ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen nachzuholen sowie über die Frage einer teilweisen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache zu befinden haben wird. In dem weiteren Verfahren wird der Beklagte im übrigen Gelegenheit haben, auf die Steuererstattung für das Jahr 1998 zurückzukommen. 6. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Familienunterhalt steht der Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte des beiderseitigen Einkommens der Ehegatten zu (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO), soweit dieses die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und nicht zur Vermögensbildung verwandt worden ist (vgl. etwa Staudinger /Hübner/Vogel BGB 13. Bearb. 2000 § 1360 a Rdn. 7). Dabei ist ein mit Rücksicht auf die überobligationsmäßige Tätigkeit evtl. anrechnungsfrei zu belassender Teilbetrag insgesamt außer Betracht zu lassen (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen ). Wenn die erneute Beurteilung zu einem Betrag führen sollte, der - zusammen mit dem anrechenbaren Einkommen der Ehefrau - unter dem jeweiligen Mindestbedarfssatz liegt, so ist von letzterem auszugehen.

b) Einkommenserhöhend wird, soweit nicht ein Mindestbedarfssatz heranzuziehen ist, die durch die gemeinsame Haushaltsführung erfahrungsgemäß eintretende Ersparnis anzusetzen sein, die zu schätzen ist (§ 287 ZPO).
c) Hinsichtlich der Bemessung des angemessenen Selbstbehalts des Beklagten wird auf das Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 (aaO S. 1700 ff.) hingewiesen. Insofern obliegt es der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters , auf welche Weise er erforderlichenfalls dem Umstand Rechnung trägt, daß die Mindestbedarfssätze auf durchschnittliche Einkommensverhältnisse bezogen sind und es deshalb geboten sein kann, den für den Unterhaltspflichtigen angemessenen Eigenbedarf anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
d) Das für den Unterhalt der Mutter einsetzbare Einkommen des Beklagten wird (erneut) mit dem - in entsprechender Weise ermittelten - Einkommen seines Bruders ins Verhältnis zu setzen sein, um den Haftungsanteil des Beklagten festzustellen.
e) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der - von ihm verneinten - Verwirkung der Unterhaltsansprüche sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat selbst nicht geltend gemacht, mit einer Inanspruchnahme auf Unterhaltszahlungen für die Mutter überhaupt nicht mehr gerechnet zu haben. Soweit er sich darauf beruft, daß in dem von der Klägerin gegen seinen Bruder geführten Rechtsstreit der Bedarf der Mutter mit demjenigen eines volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt gleichgesetzt worden sei, bot allein dieser Umstand nach Treu und Glauben keinen Anlaß, darauf zu vertrauen, etwa geltend gemachte Ansprüche würden eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Denn der Bedarf war nur ein Faktor für die Höhe der Forderungen; die weiteren, nämlich das anzurechnende Einkommen der Mutter sowie das des anteilig haften-
den Bruders, blieben unwägbar. Bereits eine in dieser Hinsicht eintretende Veränderung hätten aber - für den Beklagten erkennbar - eine Erhöhung der gegen ihn geltend gemachten Unterhaltsforderung zur Folge haben können.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 122/00
Verkündet am:
15. Oktober 2003
Küpferle
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zur Leistungsfähigkeit einer auf Zahlung von Elternunterhalt in Anspruch
genommenen Ehefrau mit Einkünften unter dem Mindestselbstbehalt, wenn
sie sich infolge eines erheblich höheren Einkommens ihres Ehemannes nur
mit einem geringeren Anteil am Barbedarf der Familie beteiligen muß und
ihr angemessener Unterhalt durch den Familienunterhalt gedeckt ist.

b) Zur Verpflichtung eines - im übrigen einkommenslosen - Ehegatten, das
ihm zustehende Taschengeld für den Elternunterhalt einzusetzen.
BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - XII ZR 122/00 - OLG Stuttgart
AG Backnang
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. März 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 23. November 1913 geborene Mutter der Beklagten lebt seit August 1995 in einem Altenheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihren Renteneinkünften und ihrem Vermögen sowie den Leistungen der Pflegeversicherung nur teilweise aufbringen konnte, gewährte ihr der Kläger Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG. In dem streitigen Unterhaltszeitraum betrugen die monatlichen Aufwendungen des Klägers durchschnittlich 1.562 DM. Durch Rechtswahrungsanzeigen vom 20. Oktober 1995 und 27. August 1998 wurde die Beklagte von der Hilfeleistung unterrichtet und darauf hingewiesen , daß sie ihrer Mutter dem Grunde nach unterhaltspflichtig sei.
Die Beklagte ist verheiratet; unterhaltsberechtigte Kinder hat sie nicht. Im Herbst 1998 war die Beklagte bereits seit zwei Jahren arbeitslos. Sie bezog bis 31. Oktober 1998 Arbeitslosengeld in Höhe von 2.087 DM monatlich und im November 1998 letztmalig in Höhe von 963 DM. Der Ehemann der Beklagten verfügt über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 11.469 DM. Die Eheleute bewohnten bis Ende Februar 1999 eine Eigentumswohnung , die in ihrem jeweils hälftigen Miteigentum stand und deren Wohnwert sich auf monatlich 1.150 DM belief. Seit 1. März 1999 bewohnen sie ein neu errichtetes - ebenfalls in ihrem Miteigentum stehendes - Einfamilienhaus. Die Eigentumswohnung war durch notariellen Kaufvertrag vom 20. Februar 1998 veräußert worden. Die beiden Schwestern der Beklagten werden von dem Kläger in Höhe von monatlich 100 DM bzw. 60 DM zu Unterhaltsleistungen für die Mutter herangezogen. Von der Beklagten verlangt der Kläger Zahlung von insgesamt 3.040 DM zuzüglich Zinsen, und zwar monatlich 810 DM für September und Oktober 1998, 380 DM für November 1998 und monatlich 260 DM für Dezember 1998 bis März 1999. Er hat die Auffassung vertreten, bis November 1998 sei die Beklagte in Höhe der geltend gemachten Beträge aufgrund des bezogenen Arbeitslosengeldes leistungsfähig, da sie dieses nur teilweise zur Deckung des Familienbedarfs einzusetzen habe. Für die Folgezeit könne sie aus ihrem Taschengeld , das sie von ihrem Ehemann beanspruchen könne, die verlangten Unterhaltszahlungen erbringen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hält sich für nicht leistungsfähig , weil der ihr zuzubilligende Selbstbehalt höher sei als das bezogene
Arbeitslosengeld und das Taschengeld für den Unterhalt der Mutter nicht einzusetzen sei. Das Amtsgericht hat der Klage nur in Höhe von monatlich 637 DM für September und Oktober 1998 - zuzüglich Zinsen - stattgegeben. Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt. Die Beklagte hat die Zurückweisung der Berufung beantragt und im Wege der Anschlußberufung Klageabweisung begehrt, soweit sie zu höheren Unterhaltsleistungen als monatlich 337 DM (monatliches Arbeitslosengeld von 2.087 DM abzüglich Selbstbehalt von 1.750 DM) verurteilt worden ist. Das Oberlandesgericht hat das angefochtene Urteil auf die Berufung teilweise abgeändert und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung rückständigen Unterhalts von 3.040 DM zuzüglich Zinsen verurteilt; die Anschlußberufung hat es zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in OLG-Report 2000, 245 ff. veröffentlicht ist, hat die Beklagte im Umfang der Klageforderung für unterhaltspflichtig gehalten. Es ist davon ausgegangen, daß der Unterhaltsbedarf der Mutter ebensowenig wie die dem Grunde nach bestehende Unterhaltspflicht der Beklagten für diese zwischen den Parteien im Streit sei. Unterschiedlich beurteilt werde von ihnen allein die Leistungsfähigkeit der Beklagten. Diese sei in Höhe der geltend gemachten Beträge gegeben. Hierzu hat das Oberlandesge-
richt für den Zeitraum von September bis November 1998 ausgeführt: Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit komme es allein auf die eigenen Einkünfte der Beklagten an, da ihr Ehemann nicht verpflichtet sei, eigene Geldmittel für den Unterhalt der Schwiegermutter zur Verfügung zu stellen. Ob und gegebenenfalls inwieweit die Beklagte unterhaltspflichtig sei, hänge zunächst davon ab, in welcher Höhe ihr ein Selbstbehalt zustehe. Insofern sei im Grundsatz von dem in der Düsseldorfer Tabelle gegenüber unterhaltsberechtigten Eltern vorgesehenen erhöhten Selbstbehalt auszugehen, der sich auf 2.250 DM für den Unterhaltspflichtigen selbst und auf 1.750 DM für den mit diesem zusammenlebenden Ehegatten belaufe. Eine Unterhaltspflicht komme danach erst in Betracht , wenn das bereinigte Familieneinkommen den Betrag von 4.000 DM monatlich übersteige. Diese Selbstbehaltsätze seien allerdings nur bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen heranzuziehen. Bei den gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen die Beklagte und ihr Ehemann lebten, entspreche ein Familienbedarf von nur 4.000 DM nicht der Lebenserfahrung. Auch ohne konkrete Darlegung der Beklagten sei es geboten, einen angemessenen Unterhaltsbedarf der Familie von 6.000 DM, zuzüglich einem eventuellen Vorteil aus mietfreiem Wohnen, zugrunde zu legen. Wenn die Beklagte ihren anteiligen Bedarf von 3.000 DM zunächst voll aus ihrem Einkommen decken müsse, stünde ihr für Unterhaltszahlungen nichts mehr zur Verfügung. Diese Betrachtungsweise sei aber nicht gerechtfertigt. Wie der Bundesgerichtshof zu einer Fallgestaltung, in der es um den Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes gegangen sei, ausgeführt habe, müsse der Unterhaltspflichtige die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel vielmehr für den Unterhalt einsetzen, wenn und soweit er sie zum Bestreiten des eigenen angemessenen Lebensunterhalts nicht benötige. Das komme in Betracht, wenn der von seinem Ehegatten zu leistende Familienunterhalt so auskömmlich sei, daß der Unterhaltspflichtige hieraus angemessen unterhalten werde. Diese Grundsätze seien auch im vor-
liegenden Fall heranzuziehen und führten zu der Annahme, daß das Einkommen der Beklagten nur anteilig für den - im übrigen von ihrem Ehemann aufzubringenden - Familienunterhalt benötigt werde, und deshalb teilweise für Unterhaltszwecke einzusetzen sei. Bei einem Einkommen der Klägerin von 2.087 DM monatlich im September und Oktober 1998 und ihres Ehemannes von 11.469 DM monatlich belaufe sich ihr Anteil am Gesamteinkommen auf 15,4 %. Zu dem Gesamtbedarf der Familie von 6.000 DM habe sie deshalb nur mit 924 DM (15,4 % von 2.087 DM) beitragen müssen, so daß ihr monatlich 1.163 DM zur freien Verfügung verblieben seien. Im November 1998 habe der Anteil der Beklagten am Gesamteinkommen mit Rücksicht auf ihr Arbeitslosengeld von 963 DM nur noch 7,75 % betragen. Sie habe mithin 465 DM zum Familienunterhalt beisteuern müssen, während ihr 498 DM verblieben seien. Die Beträge von 1.163 DM und 498 DM lägen über der von dem Kläger insoweit geltend gemachten Unterhaltsforderung von 810 DM bzw. 380 DM. Selbst wenn der Kläger, der nach seinen Richtlinien jeweils nur 50 % des freien Einkommens für den Unterhalt beanspruche, hieran nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden sei, ergebe sich mit Rücksicht darauf im vorliegenden Fall keine Einschränkung. Die Beklagte habe sich nämlich überhaupt nicht oder jedenfalls in weit geringerem Maße am Barbedarf der Familie beteiligen müssen. Sie habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, in dem hier maßgeblichen Zeitraum die Haushaltsführung übernommen zu haben. Dazu sei sie aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit auch uneingeschränkt in der Lage gewesen. Damit habe sie aber ihre Verpflichtung, zum Familienunterhalt beizutragen, erfüllt. Für Unterhaltszwecke habe von ihrem Einkommen deshalb auch unter Berücksichtigung der Richtlinien des Klägers jedenfalls ein ausreichender Betrag zur Verfügung gestanden. 2. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

a) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten für die Zeit von September 1998 an bejaht. Mit Rücksicht auf die Rechtswahrungsanzeigen des Klägers, zuletzt vom 27. August 1998, kann nach § 91 Abs. 3 Satz 1 BSHG Unterhalt für die Vergangenheit gefordert werden.
b) Die Unterhaltspflicht der Beklagten gegenüber ihrer Mutter steht dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht im Streit. Sie ergibt sich aus § 1601 BGB. Gegen den vom Kläger in Höhe der ungedeckten Heimkosten zugrunde gelegten Unterhaltsbedarf hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Das Berufungsgericht hatte deshalb, auch aus sonstigen Erwägungen, keinen Anlaß , von dieser Beurteilung abzuweichen.
c) Was die Leistungsfähigkeit der Beklagten anbelangt, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß sich diese nur aus deren eigenen Einkünften ergeben kann. Ihr Ehemann steht außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses zwischen der Beklagten und ihrer Mutter und ist rechtlich weder verpflichtet, zu deren Unterhalt beizutragen noch sich zu deren Gunsten in seiner eigenen Lebensführung einzuschränken.
d) Rechtlich nicht zu beanstanden sind ferner die Ausführungen zu dem der Beklagten nach § 1603 Abs. 1 BGB zu belassenden angemessenen Selbstbehalt. Wie der Senat inzwischen entschieden hat, kann dieser nicht losgelöst von der im Einzelfall vorliegenden Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht, bestimmt und deshalb nicht durchgehend mit einem festen Betrag angesetzt werden. Vielmehr ist er aufgrund der konkreten Umstände und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt als einem rechtlich vergleichsweise schwach ausgestalteten Anspruch vorliegen,
zu ermitteln. Diesem Gesichtspunkt tragen inzwischen die meisten Tabellen und Leitlinien der Oberlandesgerichte insoweit Rechnung, als sie als Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen nur einen Mindestbetrag angeben. Ob und unter welchen Voraussetzungen diese Mindestbeträge zu erhöhen sind, unterliegt letztlich der verantwortlichen Beurteilung des Tatrichters (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1668, 1700 ff.). Mit diesen Grundsätzen steht es in Einklang, wenn der Familienbedarf der Beklagten und ihres Ehemannes - auch ohne konkreten Vortrag hierzu - unter Berücksichtigung der gehobenen Gesamteinkünfte, die sich nach der Lebenserfahrung in einer aufwendigeren Lebensführung niederschlagen, mit einem deutlich über den Mindestsätzen liegenden Betrag angesetzt wird, wie ihn das Berufungsgericht mit monatlich 6.000 DM, zuzüglich einem eventuellen Wohnvorteil, angenommen hat. Von dem Familienbedarf von 6.000 DM entfällt auf die Beklagte ein Anteil von 3.000 DM.
e) Die Revision erhebt gegen diesen Ansatz auch keine Einwendungen. Sie macht aber geltend, wegen des mit 3.000 DM bemessenen Anteils der Beklagten an dem Familienbedarf scheide ein Unterhaltsanspruch aus, weil ihr Arbeitslosengeld niedriger sei. Soweit das Berufungsgericht gleichwohl zu einem anderen Ergebnis gelangt sei, habe es verkannt, daß die bei dem Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes gegenüber einem Elternteil geltenden Grundsätze nicht auf einen Fall der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zu übertragen seien. Dies folge aus der grundlegend verschiedenen Lebenssituation des jeweils herangezogenen Unterhaltsschuldners. Die Auffassung des Berufungsgerichts müsse auch dazu führen, daß der Ehemann der Beklagten mittelbar zum Unterhalt herangezogen würde. Diese Rüge hat keinen Erfolg.
aa) Die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber Eltern besteht, wenn der Unterhaltspflichtige über eigenes Einkommen verfügt, das unter seinem Selbstbehalt liegt, sein Ehegatte aber wesentlich höhere Einkünfte hat, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird vertreten, daß auch in solchen Fällen eine Heranziehung zu Unterhaltsleistungen möglich sei, wenn nämlich nach dem gemeinsamen Familieneinkommen der Ehegatten davon auszugehen sei, daß der besser verdienende Ehegatte einen so großen Anteil am Familienbedarf aufzubringen habe, daß der andere Ehegatte einen Teil seines geringeren Einkommens nicht einzusetzen brauche und deshalb für Unterhaltsleistungen zur Verfügung habe (so etwa OLG Hamm FamRZ 2002, 125, 126 ff.; LG Bielefeld FamRZ 1992, 589, 590 mit Anm. Henrich aaO 590; LG Essen FamRZ 1993, 731, 732; vgl. im übrigen die Zusammenstellungen von Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 91 ff. und Menter FamRZ 1997, 919, 923 f.). Nach anderer Meinung begegnet diese Auffassung Bedenken, weil sie letztlich dazu führe, daß der Ehepartner des Unterhaltspflichtigen zumindest indirekt den Unterhalt der Schwiegereltern auf Kosten seines eigenen Lebenszuschnitts zu finanzieren habe. Im Bereich von nicht erheblich über dem Durchschnitt liegenden Einkünften der Ehegatten entspreche es nämlich in der Regel der Lebensgestaltung der Familie, daß beide Ehegatten ihre jeweiligen Einkünfte , mit Ausnahme kleiner Beträge für ihren persönlichen Bedarf, voll für den Familienunterhalt zur Verfügung stellten und die Familie einen entsprechend hohen Lebensstandard genieße. Dieser Lebensstandard werde jedoch beeinträchtigt , wenn der Unterhaltspflichtige einen Teil seiner Einkünfte abzweigen solle und jener daher für den Familienbedarf nicht mehr zur Verfügung stehe. Dies habe zur Folge, daß auch der Lebenszuschnitt des Partners, der die Lücke nicht schließen könne, beschnitten werde (OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1391,
1392; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1663, 1664; vgl. im übrigen die Zusammenstellungen von Günther und Menter, jeweils aaO). bb) Die Frage, wie die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners in derartigen Fällen grundsätzlich zu beurteilen ist, bedarf im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung. Denn nach den getroffenen Feststellungen brauchten die Eheleute ihre jeweiligen Einkünfte nicht in vollem Umfang zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts einzusetzen, so daß der Beklagten von ihrem eigenen Einkommen Mittel verblieben, die für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehen. Der Senat hat in einer Fallgestaltung, bei der es um das Unterhaltsbegehren eines volljährigen Kindes gegen seinen den Haushalt in einer neuen Ehe führenden und nur stundenweise erwerbstätigen Vater ging, zwar die Auffassung vertreten, dessen Unterhaltspflicht setze nach § 1603 Abs. 1 BGB erst ein, wenn der eigene angemessene Unterhalt nicht gefährdet werde, in der Regel also erst bei Einkünften oberhalb des sogenannten Selbstbehalts. Bis zu dieser Höhe benötigte der Unterhaltsschuldner die Einkünfte zur Deckung seines eigenen Lebensbedarfs. Ein rechtlicher Ansatzpunkt, seinen Ehegatten für seinen Unterhalt auch insoweit heranzuziehen, als er selbst verdiene, damit er sein Einkommen an das - unterhaltsrechtlich nachrangige - volljährige Kind aus der früheren Ehe weitergeben könne, bestehe nicht. Er sei auch durch Billigkeitserwägungen nicht zu ersetzen. Gleichwohl ist es nach Auffassung des Senats nicht ausgeschlossen, daß der Unterhaltsschuldner die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel zum Unterhalt einzusetzen hat, soweit er sie zur Bestreitung des eigenen angemessenen Lebensstandards nicht benötigt. Derartiges kommt in Betracht, wenn der von dem erwerbstätigen neuen Ehegatten nach den §§ 1360, 1360 a BGB zu leistende Familienunterhalt so auskömmlich ist, daß der gegenüber den Kindern aus der früheren Ehe barunterhaltspflichtige
Elternteil daraus im Sinne des § 1603 Abs. 1 BGB angemessen unterhalten wird. Soweit er des Ertrages seiner Nebentätigkeit zum angemessenen Unterhalt in der neuen Familie nicht bedarf, steht dieser - sowie unter Umständen ein Teil solcher Barmittel, die ihm von seinem neuen Ehegatten im Rahmen des Familienunterhalts zur Erfüllung von persönlichen Bedürfnissen zufließen - für Unterhaltszwecke zur Verfügung (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 81/85 - FamRZ 1987, 472, 473 f.). Diese Grundsätze sind auch zur Beurteilung der hier vorliegenden Fallgestaltung heranzuziehen (ebenso: Heiß/Hußmann Unterhaltsrecht 13. Kap. Rdn. 41; Luthin/Seidel Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 5079; Gerhardt Handbuch des Fachanwalts Familienrecht 4. Aufl. Rdn. 207b; Scholz/ Erdrich Praxishandbuch Familienrecht Teil J Rdn. 57; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 645; Günther aaO Rdn. 92 f.; vgl. auch OLG Frankfurt aaO S. 1392). Der Senat hat zwar schon in seiner Entscheidung vom 26. Februar 1992 (XII ZR 93/91 - FamRZ 1992, 795, 797) darauf abgehoben, der Inanspruchnahme auf Unterhalt für ein volljähriges Kind einerseits und auf Elternunterhalt andererseits lägen unterschiedliche Lebensverhältnisse zugrunde, weil Unterhaltspflichtige zwar regelmäßig damit rechnen müßten, ihrem Kind auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch Unterhalt gewähren zu müssen, bis es eine Berufsausbildung abgeschlossen habe, während eine Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt allenfalls bei einer unerwarteten Hilfsbedürftigkeit der Eltern in Betracht komme. Damit hat der Senat indessen nur begründet, daß es nicht rechtsfehlerhaft sei, den in den Unterhaltstabellen angesetzten Selbstbehalt bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen um einen maßvollen Zuschlag zu erhöhen , wenn das Unterhaltsbegehren anderer Verwandter als volljähriger Kinder - hier der Eltern - zu beurteilen sei. Demgemäß ist allein die rechtliche Möglichkeit aufgezeigt worden, Unterhaltsansprüche von Eltern gegenüber ihren Kin-
dern der Höhe nach anders zu beurteilen, und zwar insoweit als der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende angemessene Selbstbehalt abweichend von demjenigen, der gegenüber volljährigen Kindern anzusetzen ist, höher bemessen werden kann. An der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern dem Grunde nach konnte sich dadurch nichts ändern. Sie ergibt sich aus § 1601 BGB, der allgemein den Verwandtenunterhalt regelt und bestimmt, daß dem (nicht gesteigert) Unterhaltspflichtigen der angemessene Selbstbehalt zu verbleiben hat. Letzterer kann aber sowohl beim Deszendenten- als auch beim Aszendentenunterhalt dadurch gewahrt sein, daß der Unterhaltspflichtige durch den ihm von seinem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalt angemessen unterhalten wird, weil dieser Unterhalt entsprechend auskömmlich bemessen ist. cc) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind beide Ehegatten nach § 1360 BGB verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Dabei steht es den Ehegatten frei, ihre Ehe so zu führen, daß ein Partner allein einer Berufstätigkeit nachgeht und der andere sich der Familienarbeit widmet, ebenso wie sie sich dafür entscheiden können, beide einen Beruf ganz oder teilweise auszuüben und sich die Hausarbeit und Kinderbetreuung zu teilen oder diese durch Dritte ausführen zu lassen. Da den Ehegatten insofern gleiches Recht und gleiche Verantwortung bei der Ausgestaltung ihres Ehe- und Familienlebens zukommt, sind auch die Leistungen , die sie im Rahmen der vereinbarten Arbeits- und Aufgabenzuweisung erbringen , als gleichwertig anzusehen. Mit Rücksicht darauf haben sie auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten, soweit dieses den ehelichen Lebensstandard prägt (Senatsurteil vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742; BVerfG FamRZ 2002, 527, 528 f.). Die Höhe des von jedem Ehegatten zu leistenden Familienunterhalts richtet sich nach dem Verhältnis der beiderseitigen unterhaltsrechtlich relevanten Nettoeinkommen
(BGH Urteil vom 2. April 1974 - VI ZR 130 und 155/73 - FamRZ 1974, 366; Göppinger/Bäumel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 864; Wendl/Scholz aaO § 3 Rdn. 37 f.). Soweit das Einkommen eines Ehegatten zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts nicht benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung (vgl. Wendl/Pauling aaO § 2 Rdn. 645; Henrich FamRZ 1992, 590). Das hat zur Folge, daß der betreffende Einkommensteil für Unterhaltszwecke eingesetzt werden kann, sofern auch der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen nach § 1603 Abs. 1 BGB gewahrt ist. Der nicht unterhaltspflichtige Ehegatte wird in solchen Fällen nicht mittelbar zum Unterhalt herangezogen, denn sein eigener angemessener Familienunterhalt ist gedeckt; die durch Unterhaltsleistungen bedingte Schmälerung des Einkommens seines Ehegatten braucht er nicht zu kompensieren, da auch dessen angemessener Unterhalt gewahrt ist (vgl. auch Heiß/Hußmann aaO Kap. 13 Rdn. 42). dd) Ausgehend hiervon ist die Verurteilung der Beklagten für die Zeit von September bis November 1998 rechtlich nicht zu beanstanden: Durch den ihr zustehenden anteiligen Familienunterhalt von 3.000 DM wird sie angemessen unterhalten, so daß zugleich ihr Eigenbedarf gewahrt ist und sie ihr eigenes, nicht für den Familienunterhalt benötigtes Einkommen für den Unterhalt ihrer Mutter einsetzen kann. Auch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine mögliche Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung verneint hat, erweisen sich als rechtsbedenkenfrei. 3. Für die Zeit von Dezember 1998 bis März 1999, in der die Beklagte nicht mehr über Einkommen aus Arbeitslosengeld verfügte, hat das Berufungsgericht ihre Leistungsfähigkeit im Umfang des Unterhaltsbegehrens mit folgender Begründung für gegeben erachtet: Der Anspruch auf Familienunterhalt umfasse auch einen Anspruch auf Taschengeld, soweit ausreichende Mittel vorhanden seien. Für den Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes ha-
be der Bundesgerichtshof bereits entschieden, daß grundsätzlich für den Barunterhalt auch das Taschengeld einzusetzen sei; das Bundesverfassungsgericht habe diese Auffassung ausdrücklich gebilligt. Taschengeld sei aber nicht nur im Rahmen einer gesteigerten Unterhaltspflicht, sondern allgemein unterhaltspflichtiges Einkommen, soweit es den notwendigen bzw. angemessenen Selbstbehalt übersteige. Die gesetzlichen Vorschriften behandelten den Unterhalt zwischen Verwandten in gerader Linie gleich - bis auf die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen und diesen gleichgestellten volljährigen Kindern -. Daran ändere auch die Rangvorschrift des § 1609 BGB nichts, die nur für den Mangelfall Bedeutung habe. Dem Gesichtspunkt des geringeren Rangs eines solchen Unterhaltsanspruchs könne dadurch Rechnung getragen werden, daß das Taschengeld nur teilweise für den Unterhalt herangezogen werde. Da der allgemeine Bedarf der Beklagten aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse gedeckt sei und damit auch ihr erhöhter Selbstbehalt nicht berührt werde, erscheine es angemessen, daß etwa der hälftige Taschengeldbetrag für Unterhaltszahlungen eingesetzt werde. Als Bemessungsgrundlage für den Taschengeldanspruch könne nur das bereinigte Nettoeinkommen des Ehegatten dienen. Hiervon seien für die Zeit ab 1. Januar 1999 die Darlehensraten abzuziehen, soweit sie den Wohnvorteil überstiegen. Die Beklagte habe für das erste Halbjahr 1999 monatliche Verbindlichkeiten von 2.245 DM für das neu errichtete Haus geltend gemacht. Diese Belastung werde durch einen Wohnvorteil in mindestens gleicher Höhe ausgeglichen, was die Beklagte auch nicht in Abrede gestellt habe. Lege man einen Taschengeldanspruch in Höhe von etwa 5 % des Nettoeinkommens des erwerbstätigen Ehemannes der Beklagten zugrunde, betrage dieser Anspruch jedenfalls rund 550 DM monatlich. Da der vom Kläger geltend gemachte monatliche Unterhaltsbetrag von 260 DM unter dem hälftigen Taschengeldanspruch liege, sei auch insoweit der Klage in vollem Umfang stattzugeben. Das gelte auch für die
Monate Januar und Februar 1999, obwohl die Eheleute erst am 1. März 1999 ihr neu erstelltes Haus bezogen und erst von da an in den Genuß des höheren Wohnvorteils gekommen seien. Denn die Berücksichtigung des geringeren Wohnvorteils für die Eigentumswohnung führe immer noch zu einem Taschengeldanspruch von 518,70 DM, also rund 520 DM (Nettoeinkommen des Ehemannes : 11.469 DM abzüglich monatliche Belastung: 2.245 DM zuzüglich Wohnwert 1.150 DM = 10.374 DM, davon 5 %). Die Hälfte hiervon, also rund 260 DM, entspreche dem vom Kläger geltend gemachten Unterhaltsbetrag. Es könne deshalb dahinstehen, ob die monatliche Belastung aus dem Hausbau tatsächlich 2.245 DM betragen habe oder durch Kapitalerträge gemindert worden sei. 4. Die Revision hält es für rechtsfehlerhaft, bei der Bemessung des Anspruchs auf Elternunterhalt ein der Beklagten gezahltes Taschengeld zu berücksichtigen. Das Taschengeld gehöre zum angemessenen Familienunterhalt und übersteige mit monatlich 550 DM auch nicht den im Rahmen des nach § 1603 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalts für persönliche Bedürfnisse anzusetzenden Betrag. Das Taschengeld müsse der Beklagten deshalb als angemessener Eigenbedarf verbleiben. Auch dieser Einwand verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
a) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, daß der Anspruch auf Taschengeld Bestandteil des Familienunterhalts nach §§ 1360, 1360a BGB ist. Zu dem angemessenen Familienunterhalt gehören unter anderem Kosten für Wohnung, Nahrung, Kleidung, medizinische Versorgung, kulturelle Bedürfnisse, Kranken- und Altersvorsorge, Urlaub usw., die in der Regel in Form des Naturalunterhalts gewährt werden. Außerdem hat jeder der Ehegatten Anspruch auf einen angemessenen Teil des Gesamteinkommens als Taschengeld, d.h. auf
einen Geldbetrag, der ihm die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse nach eigenem Gutdünken und freier Wahl unabhängig von einer Mitsprache des anderen Ehegatten ermöglichen soll (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 - XII ZR 140/96 - FamRZ 1998, 608, 609 m.w.N.; kritisch Braun NJW 2000, 97 ff.; Haumer FamRZ 1996, 193 ff.). Als Bestandteil des Familienunterhalts richtet sich der Taschengeldanspruch - ebenso wie ersterer - hinsichtlich seiner Höhe nach den im Einzelfall bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen , dem Lebensstil und der Zukunftsplanung der Parteien. In der Rechtsprechung wird üblicherweise eine Quote von 5-7 % des zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens angenommen (Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aa0).
b) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Taschengeld eines Ehegatten nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur für den Unterhalt minderjähriger Kinder einzusetzen, sondern ebenfalls für den Volljährigenunterhalt (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 1987 aaO S. 473). Umstände, die dafür sprechen würden, das Taschengeld nicht gleichermaßen im Rahmen der Unterhaltspflicht gegenüber Eltern als unterhaltsrelevantes Einkommen zu behandeln , liegen nach Ansicht des Senats nicht vor. Taschengeld ist grundsätzlich unterhaltspflichtiges Einkommen und deshalb für Unterhaltszwecke einzusetzen , soweit der angemessene oder notwendige Selbstbehalt des Pflichtigen gewahrt bleibt (Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 723; Günther aaO § 12 Rdn. 98; Heiß/Hußmann aaO 13. Kap. Rdn. 38; Wendl/Pauling aaO § 2 Rdn. 645; Scholz/Stein/Erdrich aaO Teil J Rdn. 56; Staudinger/Kappe/Engler BGB 13. Bearb. 1997 § 1603 Rdn. 103, 106; Stollenwerk Praxishandbuch Unterhaltsrecht 2. Aufl. Stichwort: Elternunterhalt Anm. 6; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 2000, 810, 811). Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht des nicht unterhaltspflichtigen Ehegatten aus Art. 6 Abs. 1 GG bestehen nach Auffassung des Se-
nats nicht, da dieser ohnehin keinen Einfluß auf die Verwendung des Taschengeldes durch seine Ehefrau hat (vgl. BVerfG FamRZ 1985, 143, 146).
c) Die Einsatzpflicht besteht allerdings nur insoweit, als das Taschengeld nicht zur Deckung des angemessenen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen benötigt wird. Das hat auch das Berufungsgericht gesehen; es hat den etwa hälftigen Einsatz des Taschengeldbetrages für angemessen gehalten, weil der allgemeine Bedarf der Beklagten aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Verhältnisse gedeckt sei und daher auch ihr - gegenüber dem Mindestbetrag erhöhter - Selbstbehalt nicht berührt werde. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bestimmung des angemessenen Selbstbehalts obliegt dem Tatrichter und kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob sie den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist (vgl. Senatsurteile vom 20. März 2002 aaO S. 742 und vom 23. Oktober 2002 aaO S. 1700). Das ist hier der Fall. Dabei verkennt der Senat nicht, daß die Auffassung vertreten wird, dem Unterhaltspflichtigen sei jedenfalls ein Taschengeld in Höhe des Barbetrages nach § 21 Abs. 3 BSHG zu belassen sowie, daß dieser für Sozialhilfeempfänger geltende Satz noch angemessen zu erhöhen sei (vgl. Heiß/Hußmann aaO Kap. 13 Rdn. 38, die als möglichen angemessenen Taschengeldbetrag einen ! " # solchen von - zur Zeit - 220 t- ' &(& *)+ # , -. 0/ 1 2/& 3 546( nis des erhöhten Selbstbehalts von 1.250 $&% 3 ,& 6 & 893 "/ : 2 3 ,; 3 =<
730
%67 $ 21 Abs. 3 BSHG - von zur Zeit - 129 > ebenso Günther aaO § 12 Rdn. 98, vgl. auch die Empfehlung des 13. DGFT - Arbeitskreis 1 -, Taschengeld des nicht verdienenden unterhaltspflichtigen Ehegatten nur insoweit heranzuziehen, soweit ein Betrag von 400 DM über- schritten wird). Das vermag die Beurteilung des Berufungsgericht jedoch nicht in Frage zu stellen. Der Senat hält es nicht für rechtsfehlerhaft, daß das Berufungsgericht keinen Vergleich des der Beklagten belassenen Taschengeldanteils mit dem Barbetrag nach § 21 Abs. 3 BSHG angestellt hat. Es spricht bereits einiges dafür , daß mit diesem Barbetrag teilweise anders gearteter Bedarf zu bestreiten ist als mit dem Taschengeld. Da der Barbetrag Hilfeempfängern gewährt wird, die in einer Anstalt oder einem Heim leben und häufig keine anderen baren Mittel zur Verfügung haben, sind sie darauf angewiesen, hiervon etwa Aufwendungen für Zeitungen, Schreibmaterial, Porti, Nahverkehrsmittel, Fuß-, Haarund Kleiderpflege zu bestreiten sowie sonstige Kleinigkeiten des täglichen Lebens zu finanzieren (vgl. Schoch in LPK-BSHG 6. Aufl. § 21 Rdn. 77; Mergler/Zink BSHG § 21 Rdn. 28; Oestreicher/Schelter/Kunz BSHG § 21 Rdn. 11). Jedenfalls ein Teil dieses Bedarfs wird bei einem Ehegatten indessen bereits von dem in Form des Naturalunterhalts zu leistenden Familienunterhalt umfaßt (s.o. unter 4 a; vgl. auch Röwekamp Der Taschengeldanspruch unter Ehegatten und seine Pfändbarkeit S. 9 f.). Das gilt umso mehr, je auskömmlicher dieser bemessen ist. Abgesehen davon kommt der zusätzliche Barbetrag ? 3 @ A 1 " B nach § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG, der in dem Betrag von 129 % Hilfeempfängern zugute, die einen Teil der Kosten des Heimaufenthalts selbst tragen; insofern erscheint es zweifelhaft, ob der betreffende Teilbetrag überhaupt bedarfsbezogen ist (vgl. Mergler/Zink aaO § 21 Rdn. 26; Schoch aa0 § 21 Rdn. 82). Mit Rücksicht auf diese Gesichtspunkte ist die Beurteilung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden.
d) Die weiteren Überlegungen des Berufungsgerichts sind ebenfalls frei von Rechtsfehlern, die Berechnungen treffen zu. Auch die Revision erinnert insofern nichts. Eine mittelbare Haftung des Ehemannes der Beklagten für den Unterhalt der Schwiegermutter scheidet ebenso wie für den vorausgegangenen Zeitraum aus. Er hat auf die Verwendung des Taschengeldes keinen Einfluß und braucht dieses in Höhe der hiervon zu bestreitenden Unterhaltsleistungen auch nicht aufzustocken. Nach alledem erweist sich auch die Verurteilung zu Unterhaltszahlungen für die Zeit ab Dezember 1998 als gerechtfertigt.
e) Daß die Beklagte und ihre Schwestern als (gleich nahe) Verwandte für den Unterhalt ihrer Mutter nur anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufzukommen haben (§§ 1601, 1606 Abs. 3 BGB), vermag diese Beurteilung nicht in Frage zu stellen. Da die Anteile der Geschwister insgesamt nicht ausreichen, um den offenen Unterhaltsbedarf der Mutter zu dekken , bedurfte es keiner Berechnung der jeweiligen Haftungsanteile, zumal die Beklagte nicht geltend gemacht hat, ihre Schwestern seien in zu geringem Umfang in Anspruch genommen worden.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 170/05 Verkündet am:
9. Januar 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann um die durch eine gemeinsame
Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein
Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - OLG Karlsruhe
AG Bruchsal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. September 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
2
Der am 5. Mai 1991 geborene Kläger und sein am 18. August 1998 geborener Bruder sind aus der geschiedenen Ehe des Beklagten mit ihrer Mutter hervorgegangen. Seit der Trennung der Eltern leben sie bei ihrer Mutter. Ihre Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten sind durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss tituliert, der Anspruch des Klägers allerdings lediglich für die Zeit bis einschließlich 4. Mai 2003. Der Bruder des Klägers erhält Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Mit Schreiben vom 5. August 2003 wurde der Be- klagte aufgefordert, an den Kläger Kindesunterhalt in Höhe des Regelbetrags nach der Regelbetragverordnung zu zahlen.
3
Der Beklagte war seit Juni 2003 als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.137 €. In den Monaten Januar und Februar 2004 wurde er jeweils nur für weniger als 100 Stunden beschäftigt und erhielt monatlich 1.020 € netto. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 15. März 2004 bezog der Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 € (wöchentlich 188,02 € sowie weitere 28,14 €, die auf den Unterhaltsanspruch des Bruders des Klägers an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt wurden). In der Zeit vom 30. April 2004 bis zum 29. Oktober 2004 war er erneut als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte Einkünfte in Höhe von monatlich 1.145 €. Nach erneuter Kündigung durch den Arbeitgeber erhält der Beklagte seit Oktober 2004 wieder Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 € (wöchentlich 178,29 € sowie weitere 37,87 €, die an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt werden).
4
Auf einen während der Ehezeit aufgenommenen Kredit zur Anschaffung eines Pkw hat der Beklagte im Jahre 2004 noch einen Restbetrag von 1.050 € gezahlt. Auf einen weiteren Kredit für die Anschaffung von Hausrat mit einer vereinbarten Rückzahlungsrate von monatlich 127,34 € leistet der Beklagte weder Zins noch Tilgung.
5
Der Beklagte wohnt mit seiner neuen Lebensgefährtin und deren beiden Kindern im Alter von 15 und 19 Jahren zusammen. Das älteste Kind ist in der Berufsausbildung. Die Lebensgefährtin ist vollschichtig berufstätig und erzielt monatliche Nettoeinkünfte zwischen 1.200 € und 1.400 €. An den Mietkosten beteiligt sich der Beklagte mit monatlich 360 €.
6
Für die Zeit von August bis einschließlich Oktober 2003 zahlte der Beklagte an den Kläger monatlich 135 €. Seitdem hat er keinen Unterhalt mehr gezahlt.
7
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von insgesamt 3.091 € sowie laufenden Unterhalts für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 247 € verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht ihn lediglich zu einem Unterhaltsrückstand für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von 1.660 € sowie laufendem Unterhalt für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 137 € und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von monatlich 110 € verurteilt. Dagegen richtet sich die - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision des Klägers, mit der er Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils verlangt.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 2091 veröffentlicht ist, hat die Leistungsfähigkeit des Beklagten - getrennt nach Zeitabschnitten - auf der Grundlage der Erwerbseinkünfte bzw. des Arbeitslosengeldes des Beklagten ermittelt. Für die Zeiten der Arbeitslosigkeit und für die Monate Januar und Februar 2004 sei ihm ein weiteres fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 150 € zuzurechnen, das er aus einer Nebentätigkeit erzielen könne. Eine solche Tätigkeit sei ihm während der Arbeitslosigkeit neben den Bemühungen um Wiedererlangung einer Erwerbstätigkeit und auch neben der eingeschränkten Erwerbstätigkeit in den Monaten Januar und Februar 2004 zumutbar gewesen. Der Beklagte habe keine ausreichenden Bemühungen um Aufnahme einer entsprechenden Nebentätigkeit dargelegt und hätte trotz seiner schwierigen Vermittelbarkeit daraus Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 150 € erzielen können.
10
Ob der Beklagte seiner Obliegenheit zur Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit genügt habe, könne dahinstehen. Denn auf der Grundlage seiner Sprachschwierigkeiten, seiner Erwerbsbiografie und seines sehr geringen Stundenlohns als Zeitarbeiter könne er monatlich ohnehin nur Nettoeinkünfte von rund 1.092 € erzielen, was sein verfügbares Einkommen aus Arbeitslosengeld (937 €) und dem fiktiven Nebenerwerb (150 €) nur unwesentlich übersteige.
11
Die Darlehenskosten des Beklagten seien zu berücksichtigen, soweit sie tatsächlich gezahlt seien. Auf die Einleitung einer Verbraucherinsolvenz könne der Beklagte nicht verwiesen werden, zumal eine völlige Überschuldung nicht erkennbar und das Pkw-Darlehen bereits Ende 2004 abgezahlt gewesen sei.
12
Während der Arbeitslosigkeit sei einem Unterhaltsschuldner zwar lediglich der Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen (730 € bzw. 770 €) zu belassen. Weil dem Beklagten hier jedoch Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zuzurechnen seien, sei es gerechtfertigt, die Leistungsfähigkeit auf der Grundlage eines Selbstbehalts für einen Erwerbstätigen (840 € bzw. 890 €) zu bemessen.
13
Dieser Selbstbehalt des Klägers sei nicht wegen des Zusammenlebens mit seiner Lebenspartnerin herabzusetzen. Zwar sei in der Rechtsprechung umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob der Selbstbehalt beim Zusammenleben in nichtehelicher Gemeinschaft abzusenken sei. Solches sei hier aber nicht geboten. Dabei sei in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren. Lebe der Unterhaltspflichtige in einer neuen Ehe, könne sein Selbstbehalt durch den Beitrag des neuen Ehegatten zum Familienunterhalt ganz oder teilweise gedeckt sein. Ein solcher Anspruch komme allerdings nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige - wie hier - mit dem neuen Lebenspartner nicht verheiratet sei. Damit scheide aber auch in solchen Fällen eine Herabsetzung des Selbstbehalts noch nicht zwingend aus, zumal in Teilen der Rechtsprechung auf ersparte Kosten für die Unterkunft, die Haushaltsführung und die allgemeine Lebensführung abgestellt werde. Dem Bundesgerichtshof sei zuzustimmen, soweit er es für den Elternunterhalt abgelehnt habe, den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners herabzusetzen, weil dieser mit einem neuen Partner zusammenlebe. Mit dem gegenüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder belassenen notwendigen Selbstbehalt müsse der Unterhaltsschuldner erst recht besonders sorgfältig und sparsam wirtschaften, um damit auskommen zu können. Gerade in diesem Unterhaltsrechtsverhältnis sei er deswegen auf die freie Disposition über seine Mittel angewiesen. Auch die Grenze der nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht sei erreicht, wenn das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners gefährdet sei. Dann sei der Beklagte auch nicht zu einem Konsumverzicht verpflichtet, wenn er sich entweder durch besonders bescheidenen Wohnraum oder Eintritt in eine Wohngemeinschaft in der Befriedigung seines Wohnbedarfs beschränke. Hier komme eine Kürzung wegen ersparten Wohnbedarfs aber schon deswegen nicht in Betracht, weil der Beklagte sich an den Kosten der gemeinsamen Wohnung mit monatlich 360 € beteilige, wovon die Leitlinien der Oberlandesgerichte bei der Bemessung des notwendigen Selbstbehalts ausgingen.
14
Der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt sei auch nicht wegen einer Ersparnis bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten herabzusetzen. Soweit der Bundesgerichtshof und andere Oberlandesgerichte eine Kostenersparnis im gemeinsamen Wirtschaften oder einen Synergieeffekt darin sähen, dass eine Vielzahl von täglichen Bedürfnissen in Mehrpersonenhaushalten insgesamt den gleichen oder einen nur geringfügig höheren finanziellen Aufwand verursachten als in einem Einpersonenhaushalt, fehle eine Rechtfertigung dafür, warum der Unterhaltsschuldner einen solchen Vorteil an den Unterhaltsgläubiger weitergeben müsse. Wie bei der Befriedigung des Wohnbedarfs sei dieser Vorteil mit selbst auferlegten Beschränkungen verbunden und müsse deswegen dem Unterhaltsschuldner verbleiben. Dieser schulde dem Unterhaltsgläubiger auch keine Rechenschaft, wie er mit dem belassenen Selbstbehalt verfahre. Ein wirtschaftlicher Vorteil könne aus der gemeinsamen Lebensführung ohnehin nur entstehen, wenn der Lebenspartner entsprechend ausreichende Mittel einbringe. Deswegen müsse nach der Gegenmeinung stets der Beitrag des neuen Partners für die Lebensgemeinschaft festgestellt werden, worauf der Unterhaltsgläubiger keinen Anspruch habe. Schließlich beruhe die Wirtschaftsgemeinschaft auch auf einem freiwilligen Verhalten des Dritten. Nach allgemeinen Grundsätzen könne der Unterhaltsgläubiger daraus nur dann Vorteile ziehen, wenn der Dritte damit auch ihn begünstigen wolle. Das könne regelmäßig nicht angenommen werden, weil eine höhere Unterhaltslast des Unterhaltsschuldners mittelbar das gemeinsame Budget der neuen Lebensge- meinschaft schmälere und somit auch den neuen Lebensgefährten treffe. Daran ändere sich auch im Mangelfall nichts. Sonst bestehe die Gefahr, dass der neue Lebenspartner seine Leistungen einstelle oder die Gemeinschaft mit dem Unterhaltsschuldner aufgebe.
15
Der Selbstbehalt des Beklagten sei allerdings auch nicht wegen der behaupteten Umgangskosten mit seinen beiden ehelichen Kindern zu erhöhen. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die angemessenen Kosten des Umgangs mit einem Kind des Unterhaltspflichtigen zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts führen könnten, wenn dem Unterhaltspflichtigen nicht das anteilige Kindergeld verbleibe. Hier seien allerdings lediglich Kosten für Zugfahrten von ca. 15 € monatlich zu berücksichtigen, die wegen ihrer geringen Höhe eine Heraufsetzung des notwendigen Selbstbehalts nicht rechtfertigen könnten.
16
Das hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.

17
Das Berufungsgericht hat schon das unterhaltsrelevante Einkommen des Beklagten nicht zutreffend ermittelt. Außerdem hat es einen zu hohen Selbstbehalt gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines minderjährigen Sohnes zugrunde gelegt.
18
1. Im Ansatz zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass eine zeitlich gestufte Berechnung geboten sein kann, wenn sich - wie hier - Zeiten der Erwerbstätigkeit mit Zeiten der Arbeitslosigkeit abwech- seln. Soweit das Berufungsgericht deswegen auch für die in der Vergangenheit liegenden Zeiten kein durchschnittliches Einkommen ermittelt, sondern den Unterhaltsanspruch des Klägers für verschiedene Zeitabschnitte getrennt bemessen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
19
a) Für die Zeiten der Erwerbstätigkeit des Beklagten ist das Oberlandesgericht ebenfalls zutreffend von dem erzielten Arbeitseinkommen als Zeitarbeiter ausgegangen. Die von ihm ermittelte Höhe von monatlich 1.137 € für die Zeit von August bis Dezember 2003, monatlich 1.020 € für die Zeit von Januar bis Februar 2004 und monatlich 1.145 € für die Zeit von Mai bis Juli 2004 wird von der Revision nicht angegriffen und ist auch sonst nicht zu beanstanden.
20
b) Für die Zeiten der Arbeitslosigkeit ist das Berufungsgericht ebenfalls im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beklagten jedenfalls das von ihm bezogene Arbeitslosengeld I wegen seiner Lohnersatzfunktion als Einkommen zuzurechnen ist (Senatsurteil vom 15. Mai 1996 - XII ZR 21/95 - FamRZ 1996, 1067, 1069; vgl. auch Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 81).
21
Das Berufungsgericht durfte es allerdings nicht dahinstehen lassen, ob der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit durch ausreichende Bemühungen um Aufnahme einer neuen Vollzeittätigkeit nachgekommen ist oder ihm andernfalls fiktiv ein daraus erzielbares Einkommen zugerechnet werden kann. Denn nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts könnte der Beklagte jedenfalls höhere Einkünfte erzielen, als er aus seinem Arbeitslosengeld in Höhe von 937 € monatlich und einer Nebentätigkeit mit 150 € netto monatlich hätte. Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld I für Arbeitslose, die - wie der Beklagte - mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) und für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemei- ner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts, das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, welches der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Weil der Beklagte hier Arbeitslosengeld in Höhe von 937 € erhält, muss auch unter Berücksichtigung des hier relevanten erhöhten Leistungssatzes von 67 % von einem nicht unerheblich höheren Nettoeinkommen ausgegangen worden sein, als es das Berufungsgericht in seiner Berechnung mit rund 1.092 € monatlich zugrunde legt. Für höhere erzielbare Einkünfte spricht auch der Umstand, dass der Beklagte nach den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit von August bis Dezember 2003 jedenfalls 1.137 € monatlich und in der Zeit von Mai bis Juli 2004 jedenfalls 1.145 € monatlich erzielt hat. Selbst in den Monaten Januar und Februar 2004, in denen der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts monatlich weniger als 100 Stunden gearbeitet hatte, hat er ein durchschnittliches Monatseinkommen in Höhe von 1.020 € erzielt.
22
Ist der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit nicht durch hinreichende Bemühungen um Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgekommen , wird das Berufungsgericht deswegen erneut zu prüfen haben, in welchem Umfang ihm unter Berücksichtigung seiner Erwerbsbiografie Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung fiktiv zugerechnet werden können (vgl. Wendl/Dose aaO § 1 Rdn. 536 f. m.w.N.).
23
2. Das Berufungsgericht ist aber auch von einem zu hohen notwendigen Selbstbehalt des Beklagten gegenüber dem Unterhaltsanspruch seines minderjährigen Sohnes ausgegangen.
24
a) Nach § 1603 Abs. 1 BGB entfällt die Verpflichtung zur Zahlung des Verwandtenunterhalts, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, den Unterhalt ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu gewähren. Dabei trifft die Eltern minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder allerdings eine gesteigerte Unterhaltspflicht, da sie nach § 1603 Abs. 2 BGB verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Die Bemessung des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar Aufgabe des Tatrichters. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, sich an Erfahrungs- und Richtwerte anzulehnen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände eine Abweichung gebieten (Senatsurteil BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684). Der Tatrichter muss aber die gesetzlichen Wertungen und die Bedeutung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs berücksichtigen.
25
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Eine Unterhaltspflicht besteht also nicht, soweit der Unterhaltsschuldner infolge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684; vgl. dazu auch den Sechsten Existenzminimumbericht der Bundesregierung BT-Drucks. 16/3265). Ob und in welchem Umfang der dem Unterhaltsschuldner zu belassende Selbstbehalt über den jeweils regional maßgeblichen sozialhilferechtlichen Mindestbedarf hinausgehen kann, haben die Gerichte unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zu bestimmen, die sich insbesondere aus der Bedeutung und Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und seiner Rangfolge im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen ergeben. Bei dem Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder ist somit die gesteigerte Unterhaltspflicht (§ 1603 Abs. 2 BGB) zu berücksichtigen. Hinzu kommt für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 der durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts (vom 21. Dezember 2007, BGBl 2007 I S. 3189) geschaffene Vorrang dieses Unterhalts gegenüber allen übrigen Unterhaltsansprüchen (§ 1609 BGB). Dies gebietet es, den notwendigen Selbstbehalt gegenüber den Unterhaltsansprüchen minderjähriger oder privilegierter volljähriger Kinder mit Beträgen zu bemessen , die dem sozialhilferechtlichen Bedarf entsprechen oder allenfalls geringfügig darüber hinausgehen.
26
Zu Recht gehen die Leitlinien der Oberlandesgerichte (FamRZ 2007, 1373 ff. jeweils unter Ziffer 21.2) weiter davon aus, dass zusätzlich zwischen dem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners und demjenigen eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners zu differenzieren ist. Insoweit weist die Revision zutreffend darauf hin, dass ein nicht erwerbstätiger Unterhaltsschuldner regelmäßig mehr Zeit zur Verfügung hat, seine Ausgaben durch sparsame Lebensführung zu reduzieren. Daneben dient ein so differenzierter Selbstbehalt auch dem gebotenen Erwerbsanreiz für den Unterhaltsschuldner , wie es beim Ehegattenunterhalt schon bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs durch Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus der Fall ist (vgl. Klinkhammer FamRZ 2007, 85, 92).
27
b) Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Berufungsgericht bei der Bemessung des Selbstbehalts verkannt.
28
Nach den eigenen Leitlinien des Berufungsgerichts wäre der notwendige Selbstbehalt des Beklagten während dessen Arbeitslosigkeit für die Zeit bis einschließlich Juni 2005 mit 730 € (FamRZ 2003, 910, 912) und für die Zeit ab Juli 2005 mit 770 € (FamRZ 2005, 1376, 1379) zu bemessen gewesen. Stattdessen hat es den nach seinen Leitlinien einem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen regelmäßig zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von 840 € (bis Juni 2005) bzw. 890 € (ab Juli 2005) zugrunde gelegt. Allein wegen der Anrechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens aus Nebentätigkeit in Höhe von 150 € hat das Berufungsgericht den dem Beklagten zu belassenden notwendigen Selbstbehalt also um 110 € (840 € - 730 € für die Zeit bis Juni 2005) bzw. um 120 € (890 € - 770 € für die Zeit ab Juli 2005) erhöht. Damit wird dem Unterhaltsberechtigten fast der gesamte Vorteil aus der Hinzurechnung eines fiktiven Einkommens aus Nebentätigkeit wieder genommen.
29
Wenn das Berufungsgericht nicht ohnehin zur Zurechnung eines höheren fiktiven Einkommens aus einer Vollzeittätigkeit des Beklagten gelangt, wird es bei der Bemessung des diesem zu belassenden notwendigen Selbstbehalts zu berücksichtigen haben, dass die wesentlichen Einkünfte des Beklagten aus seinem Arbeitslosengeld herrühren. Die geringen Nebeneinkünfte können es unter Berücksichtigung der für eine Differenzierung des notwendigen Selbstbehalts sprechenden Gründe, insbesondere des Erwerbsanreizes, kaum rechtfertigen, dem Beklagten einen gleich hohen Selbstbehalt zu belassen, wie er einem vollschichtigen Erwerbstätigen verbliebe. Denn nach dem Sinn der Differenzierung muss der (höhere) notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen Fällen vorbehalten bleiben, in denen der Unterhaltspflichtige einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit nachgeht oder ihm ein fiktives Einkommen auf der Grundlage einer solchen Tätigkeit zugerechnet wird. Beruht das unterhaltsrelevante Einkommen hingegen überwiegend nicht auf einer Erwerbstätigkeit, kann im Einzelfall allenfalls in Betracht kommen, dem Unterhaltspflichtigen einen Selbstbehalt zu belassen, der sich zwischen dem ihm im Regelfall zu belassenden Selbstbehalt für Nichterwerbstätige und dem Selbstbehalt für Erwerbstätige bewegt.
30
c) Unabhängig davon hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision auch deswegen nicht stand, weil es trotz der neuen Lebensgemeinschaft des Unterhaltspflichtigen eine weitere Herabsetzung des Selbstbehalts bis an die Grenze des sozialhilferechtlichen Bedarfs grundsätzlich abgelehnt hat.
31
Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende notwendige Selbstbehalt wegen eines Zusammenlebens mit einem neuen Partner weiter reduziert werden kann.
32
aa) Mit dem Berufungsgericht sind die Oberlandesgerichte Oldenburg (FamRZ 2000, 1177 und FamRZ 2004, 1669) und Hamm - 9. Senat für Familiensachen - (FamRZ 2003, 1214) der Auffassung, das Zusammenleben mit einem neuen Lebensgefährten könne nicht zu einer Reduzierung des Selbstbehalts führen, wenn keine neue Ehe geschlossen sei. Nur wenn der Unterhaltsschuldner mit dem neuen Partner verheiratet sei, könne sein Selbstbehalt durch dessen Beitrag zum Familienunterhalt ganz oder teilweise gedeckt sein. Ein Anspruch auf Familienunterhalt scheide hingegen aus, wenn der Unterhaltspflichtige nicht mit dem neuen Lebenspartner verheiratet sei. Auch wegen ersparter Aufwendungen komme eine Reduzierung des Selbstbehalts dann nicht in Betracht, denn es unterliege grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen , wie er die ihm belassenen Mittel nutze. Zwar sei der Unterhaltsschuldner einem Minderjährigen oder privilegiert volljährigen Kind gesteigert unterhaltspflichtig und müsse alle verfügbaren Mittel mit ihm gleichmäßig teilen. Die Grenze dieser Pflicht sei aber erreicht, wenn das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen gefährdet sei. Zu einem Konsumverzicht sei der Unterhaltsschuldner im Rahmen dieses Existenzminimums nicht verpflichtet. Einen solchen betreibe er indessen, wenn er sich durch die Wahl eines besonders bescheidenen Wohnraums oder den Eintritt in eine Wohngemeinschaft in der Befriedigung seines Wohnbedarfs beschränke. Soweit durch das Zusammenleben eine Kostenersparnis oder ein Synergieeffekt eintrete, sei nicht ersichtlich, warum ein solcher Vorteil nicht dem Unterhaltsschuldner verbleibe. Von einem Vorteil könne auch nur dann die Rede sein, wenn der neue Partner über ausreichende eigene Einkünfte verfüge, was Feststellungen des Gerichts zu dem Beitrag des neuen Partners für die gemeinsame Haushaltsführung voraussetzen würde. Schließlich beruhe ein Vorteil durch die neue Wirtschaftsgemeinschaft auf einem freiwilligen Verhalten des Dritten, der regelmäßig nicht den Unterhaltsberechtigten begünstigen wolle.
33
bb) Demgegenüber wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertreten, dass eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts im Einzelfall in Betracht komme, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen einer neuen Lebensgemeinschaft Lebenshaltungskosten erspare (OLG Hamm - 8. Senat für Familiensachen - FamRZ 2002, 1708 und 2003, 1210 und - 11. Senat für Familiensachen - FamRZ 2005, 53; OLG Nürnberg FamRZ 2004, 300; OLG München , FamRZ 2004, 485; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 54 und OLG Köln OLGR 2004, 330; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 270). Auch der Senat hat bereits in seiner früheren Rechtsprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass sich durch die gemeinsame Haushaltsführung mit einem neuen Partner eine Ersparnis ergeben kann, die eine Herabsetzung des Selbstbehalts rechtfertigt (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24).
34
cc) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts bis auf den notwendigen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in Betracht kommt, wenn der Unterhaltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft - geringeren Bedarf verweisen lassen muss.
35
Dabei hat das Berufungsgericht allerdings zu Recht danach differenziert, ob der Unterhaltsschuldner mit dem Partner verheiratet ist oder mit ihm in nichtehelicher Lebensgemeinschaft wohnt.
36
Ist der Unterhaltsschuldner verheiratet, stellt sich zwar auch die Frage, ob seine Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebenshaltung durch die gemeinsame Haushaltsführung reduziert werden. In solchen Fällen ist allerdings entscheidend darauf abzustellen, dass der Unterhaltsschuldner gegen seinen neuen Ehegatten nach § 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt hat, der - im Falle der Leistungsfähigkeit des neuen Ehegatten - seinen Selbstbehalt ganz oder teilweise deckt. Darauf hat der Senat insbesondere im Rahmen seiner Hausmannrechtsprechung (Senatsurteile vom 12. April 2006 - XII ZR 31/04 - FamRZ 2006, 1010, 1013 f. und BGHZ 169, 200, 206 = FamRZ 2006, 1827, 1828) und seiner Rechtsprechung zum Elternunterhalt (Senatsurteil vom 17. Dezember 2003 - XII ZR 224/00 - FamRZ 2004, 370, 372) abgestellt. Weil der Beklagte nicht wieder verheiratet ist, kommt ein solcher Anspruch auf Familienunterhalt hier nicht in Betracht.
37
Steht dem Unterhaltspflichtigen weder ein Anspruch auf Familienunterhalt noch ein Anspruch für Versorgungsleistungen zu, schließt dies eine Herabsetzung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts wegen ersparter Kosten durch die gemeinsame Haushaltsführung aber nicht aus. Das gilt in gleichem Maße für die Kosten der Wohnung wie für die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Denn eine gemeinsame Haushaltsführung führt regelmäßig zu einer Kostenersparnis oder zu Synergieeffekten, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 - XII ZR 1/96 - FamRZ 1998, 286, 288; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 29. Oktober 2003 - XII ZR 115/01 - FamRZ 2004, 24). Exemplarisch ist insoweit auf Heizkosten hinzuweisen, die sich nicht dadurch erhöhen, dass sich mehrere Personen in einem Raum befinden. Selbst wenn der Raumbedarf durch die Anzahl der dort lebenden Personen regelmäßig steigt, erreichen die Wohnkosten der Gemeinschaft jedenfalls nicht die Summe der Wohnkosten mehrerer Einzelhaushalte.
38
Soweit das Berufungsgericht eine Rechtfertigung dafür vermisst, warum ein solcher Vorteil nicht dem Unterhaltsschuldner verbleibe, sondern er diesen an den Unterhaltsgläubiger weiterreichen müsse, verkennt es den Zweck des Selbstbehalts. Grundsätzlich ist der Unterhaltspflichtige nach § 1603 Abs. 2 BGB gehalten, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der minderjährigen Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Der notwendige Selbstbehalt dient lediglich dazu, ihm einen Anteil seines Einkommens zu belassen, der jedenfalls den eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf sichert und auf der Grundlage des jeweiligen Unterhaltsanspruchs und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles angemessen darüber hinausgeht. Kann der Unterhaltspflichtige also nicht den vollen Unterhaltsbedarf des Berechtigten erfüllen, ist keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, ihm mehr zu belassen, als er in seiner konkreten Situation für den notwendigen eigenen Bedarf benötigt.
39
Zwar weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass eine gemeinsame Haushaltsführung dem Unterhaltspflichtigen nur dann Kosten ersparen kann, wenn auch der Lebensgefährte über ausreichende Einkünfte, und sei es nur aus eigenem Sozialhilfebezug, verfügt, um sich an den Kosten der Lebensführung zu beteiligen. Das steht einer Berücksichtigung dieser Einsparung aber nicht generell entgegen. Da die Darlegungs- und Beweislast für seine Leistungsunfähigkeit ohnehin den Unterhaltspflichtigen trifft, dürfte es ihm regelmäßig möglich und zumutbar sein, substantiiert vorzutragen, dass sein neuer Lebensgefährte sich nicht ausreichend an den Kosten der gemeinsamen Lebensführung beteiligen kann.
40
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts tritt die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung auch nicht infolge einer freiwilligen Leistung des neuen Lebensgefährten ein. Denn sie beruht darauf, dass die Ausgaben infolge eines Synergieeffekts regelmäßig geringer sind, als sie es wären, wenn jeder Partner der Lebensgemeinschaft einen eigenen Haushalt führen würde. Deswegen werden beide Partner der Lebensgemeinschaft durch die gemeinsame Haushaltsführung entlastet, ohne dafür eine eigene Leistung erbringen zu müssen. Darauf, dass freiwillige Leistungen Dritter grundsätzlich bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt bleiben, weil sie dem Unterhaltsberechtigten lediglich zu dessen eigener Entlastung und nicht zur Erweiterung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit gewährt werden (Senatsurteil BGHZ 162, 384, 391 = FamRZ 2005, 1154, 1156), kommt es mithin nicht an.
41
Einer Berücksichtigung der Kostenersparnis in einer neuen Lebensgemeinschaft steht auch nicht entgegen, dass der Senat dem Unterhaltsschuldner die freie Disposition eingeräumt hat, wie er einen ihm zu belassenden Selbsthalt im Einzelfall verwendet. Danach ist es dem Unterhaltsschuldner nicht verwehrt , seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen einsetzen zu können (Senatsurteile vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04 - FamRZ 2006, 1664, 1666 und vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 - FamRZ 2004, 186, 189). Denn bei der Herabsetzung des Selbstbehalts wegen Aufnahme einer neuen Lebensgemeinschaft geht es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um die Frage, ob dem Unterhaltsschuldner ein nur geringerer Selbstbehalt belassen werden darf, weil er sich in seinen Bedürfnissen teilweise (z.B. beim Wohnbedarf) bescheidet und dagegen auf andere Bedürfnisse mehr Wert legt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Unterhalts- schuldner wegen des Synergieeffekts ohne Einbußen günstiger lebt und seinen Lebensstandard mit geringeren Mitteln aufrechterhalten kann als ein allein lebender Unterhaltsschuldner.
42
Gleichwohl hat das Berufungsgericht hier eine Ersparnis hinsichtlich der Wohnkosten im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil der Beklagte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit monatlich 360 € an den Wohnkosten beteiligt, was exakt dem nach den Leitlinien der Oberlandesgerichte im notwendigen Selbstbehalt enthaltenen Wohnbedarf entspricht. Einer Einsparung bei den sonstigen Kosten der Haushaltsführung steht das aber nicht entgegen. Entsprechend geht auch das Sozialgesetzbuch für das Arbeitslosengeld II (§ 20 Abs. 3 SGB II) und für die Sozialhilfe (§§ 28, 40 SGB XII) von einer Einsparung der Haushaltsführungskosten durch Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft aus. Das Berufungsgericht wird deswegen feststellen müssen, ob und in welchem Umfang die über den Wohnbedarf hinausgehenden Kosten der Haushaltsführung durch das Zusammenleben des Beklagten mit seiner neuen Lebensgefährtin reduziert sind.

III.

43
Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu einem eventuell zugrunde zu legenden fiktiven Einkommen des Beklagten und zu einer Ersparnis der Haushaltsführungskosten durch das Zusammenleben mit seiner neuen Lebensgefährtin getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

IV.

44
Falls das Berufungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Senats zu einem höheren Unterhaltsanspruch des Klägers gelangt, wird es auch zu prüfen haben, ob sich aus anderen Gründen das Einkommen des Beklagten als zu hoch darstellt oder ob andere Umstände gegen eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts sprechen.
45
1. Soweit das Berufungsgericht dem Beklagten für die Zeit von Januar bis Februar 2004 ein fiktives Einkommen aus einer Nebentätigkeit hinzugerechnet hat (vgl. insoweit BVerfG FamRZ 2003, 661 f.), rügt die Revisionserwiderung zu Recht, dass die Begründung des angefochtenen Urteils dies nicht trägt. Denn der Beklagte war als Zeitarbeiter bis einschließlich Dezember 2003 vollschichtig eingesetzt und hatte deswegen keinen Anlass, sich - wie das Berufungsgericht meint - frühzeitig um eine Nebentätigkeit zu bemühen. Bemühungen des Beklagten um einen häufigeren Einsatz als Zeitarbeiter scheinen schon deswegen erfolglos, weil er seinen Arbeitsplatz schuldlos wegen schlechter Auftragslage bereits Mitte März 2004 wieder verloren hatte.
46
2. Soweit das Berufungsgericht schließlich eine - gegenläufige - Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts wegen der vom Beklagten behaupteten Kosten des Umgangs mit dem Kläger abgelehnt hat, wird auch dies durch die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht getragen. Denn auch nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt beschränken sich die Umgangskosten nicht auf die vom Oberlandesgericht berücksichtigten 15 € monatlich. Der Beklagte muss bei der Ausübung des 14-tätigen Umgangsrechts nicht nur die vom Berufungsgericht berücksichtigten Kosten öffentlicher Verkehrsmittel aufwenden. Vielmehr entstehen jedenfalls zusätzliche Kosten durch die Benutzung des Fahrzeugs seiner Lebensgefährtin, mit dem er von dort zu dem ca. 15 km entfernten Wohnort der Kinder weiterfährt. Auch wenn der Beklagte für die Nutzung des Fahrzeugs kein Entgelt an seine Lebensgefährtin zahlen muss, durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass auch keine Betriebskosten entstehen, für die der Beklagte aufkommen muss. Selbst wenn seine Lebensgefährtin diese Kosten trüge, lägen darin freiwillige Leistungen eines Dritten, die dem Kläger nicht zugute kommen sollen. Das Berufungsgericht wird deswegen erneut prüfen müssen, ob es auch angesichts höherer Umgangskosten eine Anpassung des dem Beklagten zu belassenden notwendigen Selbstbehalts ablehnt. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, dass dem Beklagten hier kein Anteil des Kindergeldes anrechnungsfrei verblieb, mit dem er die Kosten der Ausübung seines Umgangsrechts finanzieren könnte.
Der Senat hat bereits entschieden, dass dann bei nicht unerheblichen Umgangskosten , die der Unterhaltsschuldner nicht aus den Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben, eine maßvolle Erhöhung des Selbstbehalts in Betracht kommt (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 56/02 - FamRZ 2005, 706, 708). Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Bruchsal, Entscheidung vom 24.02.2005 - 2 F 145/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.09.2005 - 16(20) UF 76/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 138/04 Verkündet am:
30. August 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Schuldet ein Elternteil nach dem Tod des anderen Elternteils seinem auswärts
untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch
Betreuungsunterhalt, so ist der Betreuungsunterhalt grundsätzlich pauschal
in Höhe des Barunterhalts zu bemessen. Für einen davon abweichenden
Betreuungsbedarf trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich
darauf beruft.

b) Von dem dann insgesamt geschuldeten Bar- und Betreuungsunterhalt sind
die Halbwaisenrente und das Kindergeld in voller Höhe als bedarfsdeckend
abzuziehen.
BGH, Urteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 - OLG Hamm
AG Hamm
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
Schriftsatznachlass bis zum 26. Juli 2006 durch die Vorsitzende Richterin
Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 11. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wird das vorgenannte Urteil aufgehoben und das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hamm vom 15. Oktober 2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003 monatlichen Unterhalt in Höhe von 181 € zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Streitwert: 3.772 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt für die Zeit von August 2001 bis Juli 2003.
2
Der Beklagte ist der Vater der am 24. Mai 1988 geborenen Klägerin. Nach dem Tod der Mutter wohnte die Klägerin zunächst mit ihren beiden Geschwistern M., geboren am 7. April 1984, und J., geboren am 1. August 1990, im Haushalt ihres Vaters. In der Zeit von August 2000 bis Juli 2003 wohnte die Klägerin mit Einverständnis des Beklagten im Haushalt ihrer Großeltern, von denen sie auch betreut wurde. Ende Januar 2003 zog auch die Schwester J. bei dem Beklagten aus.
3
Die Klägerin erhält seit dem Tod ihrer Mutter eine Halbwaisenrente in Höhe von monatlich 175,61 €. Diese und das volle Kindergeld leitete der Beklagte in der hier relevanten Zeit von August 2001 bis Juli 2003 an die Großeltern weiter.
4
Der Beklagte verfügt über ein bereinigtes Nettoeinkommen, von dem ihm nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts 490,25 € monatlich verbleiben.
5
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Unterhalt in Höhe von monatlich 181 €, wovon dieser einen Teilbetrag in Höhe von monatlich 34,38 € anerkannt hat. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung des anerkannten Betrages verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Klage und Berufung verurteilt, an sie für die Zeit von August 2001 bis Juni 2003 Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 90 € zu zahlen. Dagegen richten sich die - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revisionen beider Parteien.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Verurteilung des Beklagten in dem von der Klägerin beantragten Umfang.


I.

7
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 535 veröffentlicht ist, hat der Klage in Höhe eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 90 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte schulde der Klägerin Barunterhalt jedenfalls in Höhe des Regelbetrages, der sich auf monatlich 269 € belaufe. Daneben schulde er der Klägerin weiteren Betreuungsunterhalt , der mit monatlich 150 € zu bemessen sei. Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass ein geschuldeter Betreuungsunterhalt pauschal in gleicher Höhe wie der Barunterhalt zu monetarisieren sei. Richtig sei es aber, den Betreuungsunterhalt konkret beziffern zu lassen, zumal ein Unterhaltspflichtiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Betreuung eines bei ihm lebenden Kindes einen Betreuungsbonus in Anspruch nehmen könne, wenn die Betreuung nur unter besonderen Erschwernissen zu bewerkstelligen sei. Der Betreuungsaufwand für die Klägerin sei nach dem erstmals in der Berufungsinstanz konkretisierten Vortrag mit einem Mindestbetrag von 150 € pro Monat zu bemessen. Denn die Klägerin sei in der hier relevanten Zeit 13 bis 15 Jahre alt gewesen, und die Großeltern hätten ihren Wohnbedarf gedeckt, den Haushalt versorgt, ihre Wäsche gewaschen, sie mit allem ausgestattet, was sie für die Schule und ihre sonstigen Bedürfnisse benö- tigt habe, sie bei den Hausaufgaben unterstützt und ihr als vertraute Person zur Seite gestanden. Der Betrag entspreche dem Betreuungsbonus, der regelmäßig einem Barunterhaltspflichtigen gewährt werde, der selbst Kinder dieses Alters betreue, auch wenn keine Besonderheiten in der Betreuungssituation vorliegen.
8
Auf den Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 419 € (269 € + 150 €) seien die Halbwaisenrente und das volle Kindergeld anzurechnen. § 1612 b BGB sei auf den vorliegenden Fall anzuwenden, weil die Vorschrift die unterhaltsrechtlichen Auswirkungen der Zahlung von Kindergeld abschließend regele. Die Grenze des § 1612 b Abs. 5 BGB für eine Anrechnung des Kindergeldes sei nicht erreicht, zumal der Beklagte einschließlich des Betreuungsunterhalts einen einheitlichen Barunterhalt in Höhe von 419 € monatlich schulde, der 135 % des Regelbedarfs übersteige. § 1612 b Abs. 5 BGB könne nicht dahin ausgelegt werden, dass wegen der Verpflichtung zur Zahlung von Bar- und Betreuungsunterhalt zweimal 135 % des Regelbetrages gesichert sein müssten.
9
Der Beklagte sei in Höhe des verbleibenden Unterhaltsbedarfs von gerundet 90 € monatlich (419 € - 175,61 € - 154 €) leistungsfähig. Das gelte auch dann, wenn man ihm für die Zeit der Betreuung der Schwester J. einen Betreuungsbonus in Höhe von 150 € zurechne.

II.

10
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision des Beklagten zwar stand. Die Revision der Klägerin hat hingegen in vollem Umfang Erfolg.
11
1. Der Beklagte schuldete der Klägerin für die hier relevante Zeit sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt. Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung. Zwar erfüllt ein Elternteil mit der Betreuung eines minderjährigen unverheirateten Kindes seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Hat der Unterhaltspflichtige - wie hier - das Kind aber nicht selbst erzogen, bleibt es bei seiner Unterhaltspflicht für den gesamten Lebensbedarf des Kindes. Nach §§ 1601, 1610 BGB haftet zwar regelmäßig auch der andere Elternteil für den Unterhalt des Kindes, was nach § 1606 Abs. 3 BGB wegen der anteiligen Haftung bzw. der Übernahme der Betreuung des Kindes zu einer Entlastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils führt. Ist der andere Elternteil aber verstorben, bleibt es grundsätzlich bei der alleinigen Haftung des überlebenden Elternteils.
12
2. Streitig ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings, wie der neben dem Barunterhalt geschuldete Betreuungsunterhalt zu bemessen ist, wenn das Kind nicht im Haushalt des Unterhaltsschuldners wohnt, sondern anderweit untergebracht ist.
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a) Teilweise wird vertreten, dass der geschuldete Betreuungsunterhalt wegen der Gleichwertigkeit mit dem Barunterhalt pauschal in dessen Höhe zu monetarisieren sei (OLG Hamm [12. Senat für Familiensachen] FamRZ 2001, 1023; OLG Köln FamRZ 1992, 1219, 1220; OLG Hamm [8. Senat für Familiensachen ] FamRZ 1991, 107; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 11, 13, 287 f.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 903; ähnlich Kuhnick, FamRZ 2002, 923, 927, der den gesamten Unterhaltsbedarf nach den Höchstbeträgen der Düsseldorfer Tabelle bemessen will, was bei der aktuellen Düsseldorfer Tabelle (FamRZ 2005, 1300) exakt dem doppelten Regelbetrag entspricht).
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b) Andere Stimmen in Literatur und Rechtsprechung vertreten die Auffassung , dass der Betreuungsunterhalt grundsätzlich konkret darzulegen und zu beziffern sei (so wie das Berufungsgericht OLG Stuttgart FamRZ 2001, 1241; OLG Hamm [11. Senat für Familiensachen] NJW-RR 2004, 152; Duderstadt FamRZ 2003, 70, 73 f.; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 1561; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3172 a).
15
c) Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an, denn nur diese trägt der vom Gesetz vorgegebenen Gleichwertigkeit des Barunterhalts mit dem Betreuungsunterhalt Rechnung.
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aa) Nach § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt der Elternteil eines minderjährigen unverheirateten Kindes, bei dem dieses lebt, seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Die Vorschrift stellt klar, dass diese Betreuungsleistungen und die Barleistungen des anderen Elternteils grundsätzlich gleichwertig sind. Damit wird das Gesetz nicht nur der gerade für das Unterhaltsrecht unabweisbaren Notwendigkeit gerecht, die Bemessung der anteilig zu erbringenden Leistungen zu erleichtern. Es trägt auch der Tatsache Rechnung, dass eine auf den Einzelfall abstellende rechnerische Bewertung des Betreuungsaufwands zumindest unzulänglich bliebe. Insbesondere bestehen Bedenken, den Geldwert der Betreuung, ähnlich wie im Schadensersatzrecht beim Ausfall von Leistungen der Hausfrau und Mutter, durch den Ansatz der Aufwendungen, die für die Besorgung vergleichbarer Dienste durch Hilfskräfte erforderlich sind, oder durch ähnliche Schätzungen zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 75/86 - FamRZ 1988, 159, 161).
Denn gerade im Unterhaltsrecht ist eine Pauschalierung dringender erforderlich als im Schadensersatzrecht, weil es sich hier um ein Massenphänomen handelt und deswegen schon aus Gründen der Praktikabilität erleichterte Berechnungsregeln für die gerichtliche Praxis notwendig sind. Die aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB abgeleitete Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt gilt dabei für jedes Kindesalter bis hin zum Erreichen der Volljährigkeit.
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Letztlich hat sich auch das Berufungsgericht der von ihm verlangten konkreten Bemessung des Betreuungsunterhalts verschlossen. Denn die Schätzungsgrundlagen sind aus mehreren Gründen für eine konkrete Bemessung des Betreuungsunterhalts ungeeignet. Zum einen stellt das Berufungsgericht zu Unrecht darauf ab, dass die Großeltern den Wohnbedarf der Klägerin gedeckt haben. Darauf durfte es bei der Bemessung des Betreuungsunterhalts schon deswegen nicht abstellen, weil der Wohnbedarf des Kindes nach ständiger Rechtsprechung des Senats von dem Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle abgedeckt ist (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101 m.w.N.). Außerdem hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen zum Umfang der weiteren Betreuungsleistungen der Großeltern getroffen , die eine konkrete Bewertung dieser Leistungen ermöglichen könnten. Stattdessen hat auch das Berufungsgericht letztlich einen pauschalen Ansatz gewählt, indem es von einem in seinen Leitlinien festgelegten Mindestbetrag für einen Betreuungsbonus ausgegangen ist.
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bb) Wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt entlasten eigene Einkünfte des minderjährigen Kindes, z.B. durch Ausbildungsvergütung , grundsätzlich beide Eltern zur Hälfte. Die Einkünfte des minderjährigen Kindes sind also - nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs - nur zur Hälfte auf den Barunterhalt zu verrechnen, während die andere Hälfte als Ausgleich für die Betreuungsleistungen des anderen Elternteils dient (Senatsurteil vom 4. November 1987 aaO, 162; Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 96 ff.).
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cc) Im Einklang damit sieht § 1612 b Abs. 1 BGB bei minderjährigen Kindern eine hälftige Aufteilung des Kindergeldes auf den barunterhaltspflichtigen und den betreuenden Elternteil vor. Das staatliche Kindergeld nach den Vorschriften des BKGG und den §§ 62 ff. EStG dient dem allgemeinen Familienleistungsausgleich. Es ist eine öffentliche Sozialleistung, die den Eltern gewährt wird, um ihnen die Unterhaltslast gegenüber den Kindern zu erleichtern. Da mit dem Kindergeld die Unterhaltslast im Ganzen, also die Unterhaltslast aller Unterhaltspflichtigen , erleichtert werden soll, muss es unterhaltsrechtlich, wenn mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, ohne Rücksicht darauf, wer öffentlich-rechtlich als Empfangsberechtigter bestimmt ist und wem das Kindergeld ausbezahlt wird, allen Unterhaltspflichtigen zugute kommen. Deswegen muss, wenn das Kindergeld an einen von mehreren Berechtigten gezahlt wird, unter mehreren Unterhaltspflichtigen ein Ausgleich stattfinden, wobei dieser entsprechend den Anteilen der Unterhaltspflichtigen an der Erfüllung der Unterhaltspflicht vorzunehmen ist (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - XII ZR 34/03 - FamRZ 2006, 99, 101). Soweit das Gesetz in § 1612 b Abs. 1 BGB für minderjährige Kinder einen pauschal hälftigen Ausgleich des Kindergeldes vorgesehen hat, geht es ebenfalls von einer Gleichwertigkeit des Barunterhalts mit dem Betreuungsunterhalt aus.
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dd) Zwar sind auch in Fällen auswärtiger Unterbringung Ausnahmen von der Gleichwertigkeit des Barunterhalts und des Betreuungsunterhalts denkbar, etwa wenn persönlichkeitsbedingt ein besonders hoher Betreuungsbedarf besteht oder wenn der Betreuungsbedarf im Einzelfall durch die Höhe der Betreuungskosten konkret feststeht. Dafür trägt aber derjenige Elternteil die Darlegungs - und Beweislast, der sich auf einen solchen Ausnahmefall beruft (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 22; Kalthoener/Büttner aaO Rdn. 903; Göppinger /Wax/Kodal aaO Rdn. 1546 ff., 1563).
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3. Auf den gesamten Unterhaltsbedarf der Klägerin sind ihre Halbwaisenrente und das Kindergeld in vollem Umfang anzurechnen.
22
a) Der Anspruch auf Verwandtenunterhalt setzt nach § 1602 Abs. 1 BGB die Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten voraus. Dieser Grundsatz ist für minderjährige unverheiratete Kinder durch § 1602 Abs. 2 BGB dahin eingeschränkt , dass sie den Stamm ihres Vermögens nicht anzugreifen brauchen. Eigenes Einkommen des Kindes mindert jedoch dessen Unterhaltsbedürftigkeit und damit auch seinen Unterhaltsanspruch. Das gilt grundsätzlich für Einkommen jeder Art, einschließlich der nicht subsidiären Sozialleistungen. Entsprechend ist auch die der Klägerin zustehende Halbwaisenrente in vollem Umfang auf ihren gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen (Senatsurteil vom 17. September 1980 - IVb ZR 552/80 - FamRZ 1980, 1109, 1111; Wendl/ Dose aaO § 1 Rdn. 440).
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b) Daneben ist auf den vollen Unterhaltsbedarf der Klägerin auch ihr gesamtes Kindergeld anrechenbar. Denn das Kindergeld wird als öffentliche Sozialleistung gewährt, um den Eltern die Unterhaltslast gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Ist nach dem Tode eines Elternteils der andere in vollem Umfang unterhaltspflichtig, dient das Kindergeld folglich allein seiner Entlastung, so dass es dann grundsätzlich in vollem Umfang auf den geschuldeten gesamten Unterhaltsbedarf anzurechnen ist.
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Darauf, ob § 1612 b Abs. 5 BGB hier einer vollen Anrechnung des Kindergeldes entgegensteht, soweit der Beklagte nicht in der Lage ist, 135 % des Regelbetrages zu leisten, kommt es nicht an. Denn selbst nach Abzug des vollen Kindergeldes verbleibt ein Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe von 208,39 € (538 € - 175,61 € - 154 €), der den beantragten monatlichen Unterhalt von 181 € sogar übersteigt.
25
4. Der Beklagte ist in Höhe des von der Klägerin begehrten Unterhalts von monatlich 181 € auch leistungsfähig. Denn sein bereinigtes Einkommen belief sich nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts auf 490,25 € monatlich und reichte damit aus, um alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche zu erfüllen.
26
a) Von diesem verteilungsfähigen Einkommen sind im Rahmen des hier geschuldeten Kindesunterhalts neben den gleichrangigen Ansprüchen auf Barunterhalt nur die Beträge abzuziehen, die der Beklagte zusätzlich in monetärer Form schuldet. Das gilt allein für den Betreuungsunterhalt der Klägerin, den der Beklagte - wie ausgeführt - neben dem Barunterhalt und in gleicher Höhe schuldet. Die persönliche Betreuung der Tochter J. wirkt sich auf die Berechnung des Kindesunterhalts hingegen nicht aus, weil sie nicht in monetärer Form geschuldet ist. Insoweit wäre auch der Ansatz eines Betreuungsbonus verfehlt, zumal der Beklagte im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet ist, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Soweit einem Unterhaltspflichtigen nach der Rechtsprechung des Senats wegen einer überobligationsmäßigen Erwerbstätigkeit neben der Kindeserziehung zusätzlich zu seinem Selbstbehalt ein bestimmter Bonus belassen werden kann (Senatsurteil vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156), beschränkt sich dieses auf die Bemessung des Ehegattenunterhalts.
27
b) Von dem verfügbaren Betrag in Höhe von monatlich 490,25 € schuldete der Beklagte neben der Klägerin auch der weiteren Tochter J. und dem Sohn M. Unterhalt. Der (Bar-)Unterhaltsbedarf des Sohnes M. belief sich wegen dessen eigener Einkünfte allerdings lediglich auf 22,50 € monatlich. Weil der Sohn außerdem im April 2002 volljährig geworden ist, war dieser Anspruch fortan nach § 1609 Abs. 1 BGB nachrangig und nicht mehr im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber der Klägerin zu berücksichtigen. Der (Bar-)Unterhaltsbedarf der weiteren minderjährigen Tochter J. belief sich zunächst auf monatlich 151 € (Regelbetrag von 228 € abzüglich hälftigen Kindergeldes von 77 €) und ist erst zum August 2002 auf monatlich 192 € (Regelbetrag von 269 € abzüglich 77 €) angestiegen.
28
Unter Berücksichtigung des von der Klägerin begehrten monatlichen Unterhalts in Höhe von 181 € verblieben dem Beklagten nach Abzug des Selbstbehalts und aller finanziell zu erbringenden Unterhaltsleistungen sogar monatlich für die Zeit bis April 2002 135,75 € (490,25 € - 22,50 € - 151 € - 181 €), für die Zeit von Mai bis Juli 2002 158,25 € (490,25 € - 151 € - 181 €) und für die Zeit ab August 2002 117,25 € (490,25 € - 192 € - 181 €). Damit reicht das verteilungsfähige Einkommen des Beklagten aus, um den Barunterhalt aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten und den zusätzlich monetär geschuldeten Betreuungsunterhalt für die Klägerin zu erfüllen.
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5. Entgegen der Auffassung des Beklagten belastet der pauschal nach der Höhe des Barunterhalts bemessene Betreuungsunterhalt ihn auch nicht in unzumutbarer Weise. Seit dem Tod seiner Ehefrau schuldete der Beklagte der Klägerin zwar zusätzlich Betreuungsunterhalt, der hier – wie der Barunterhalt - in Höhe des Regelbetrages von 269 € monatlich zu bemessen ist. Auf diesen zusätzlichen Unterhaltsbedarf ist aber die Halbwaisenrente von monatlich 175,61 € anrechenbar, die der Klägerin seit dem Tod ihrer Mutter zusteht (Senatsurteil vom 17. September 1980 aaO). Zieht man von dem Bedarf auf Betreuungsunterhalt zusätzlich das hälftige Kindergeld mit monatlich 77 € ab, verbleibt eine zusätzliche Unterhaltspflicht des Beklagten von lediglich 16,39 € (269 € - 175,61 € - 77 €) monatlich. Nur diesen Betrag hat der Beklagte infolge des Todes seiner geschiedenen Ehefrau zusätzlich zu dem von ihm geschuldeten und um das hälftige Kindergeld geminderten Barunterhalt aufzubringen.
Hahne Weber-Monecke Bundesrichter Dr. Ahlt ist urlaubsbedingt an der Unterschrift verhindert. Hahne Vézina Dose

Vorinstanzen:
AG Hamm, Entscheidung vom 15.10.2003 - 33 F 7/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 26.05.2004 - 11 UF 183/03 -

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 161/98 Verkündet am:
19. Juli 2000
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der beim unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten für ein weiteres nicht gemeinsames
Kind anfallende sogenannte Zählkindvorteil beim Kindergeld ist auch
dann nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen in die Bedarfsberechnung für den
anderen Ehegatten einzubeziehen, wenn das Kind noch vor Rechtskraft der
Scheidung geboren wurde (im Anschluß an Senatsurteil vom 16. April 1997
- XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806 f.).

b) Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe bei der Ermittlung
des Kindesunterhalts nach Tabellenwerten unterliegt dem tatrichterlichen Ermessen
im Rahmen der Angemessenheitskontrolle.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - OLG München/Augsburg
AG Neu-Ulm
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Antragsgegners und die Berufung der Antragstellerin werden das Urteil des 4. Zivilsenats, zugleich Familiensenat , des Oberlandesgerichts München mit Sitz in Augsburg vom 5. Mai 1998 in Ziffer I und III des Entscheidungssatzes aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Neu-Ulm vom 4. November 1997 in Ziffer 1 und 3 des Entscheidungssatzes abgeändert: Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin folgenden Unterhalt zu zahlen: Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 monatlich 894 DM, für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1998 monatlich 670 DM, ab dem 1. März 1998 monatlich 176 DM. Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Antragstellerin 5/8, der Antragsgegner 3/8, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Antragstellerin 4/5, der Antragsgegner 1/5. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Antragstellerin zu 2/5 und dem Antragsgegner zu 3/5 zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt. Die am 29. September 1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 2. September 1997, rechtskräftig seit 10. Oktober 1997, geschieden. Die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder Julian, geboren am 29. Juli 1990 und Laura-Marie, geboren am 15. August 1993, wurde der Antragstellerin übertragen. Der Antragsgegner ist Vater eines dritten Kindes Rouven, geboren am 16. Mai 1997, dessen Mutter er inzwischen geheiratet hat. Für das Kind bezieht er erhöhtes Kindergeld in Höhe von 300 DM. Er war während der Ehe Außendienstmitarbeiter einer GmbH und hat seit September 1997 die höher bezahlte Stelle eines Bezirksleiters mit einem Nettogehalt von rund 4.152 DM monatlich inne. Er zahlt aufgrund einer Vereinbarung für die beiden gemeinsamen Kinder insgesamt 700 DM monatlich. Die Antragstellerin hat während der Trennungszeit zunächst von Februar bis August 1997 stundenweise in einer Arztpraxis ausgeholfen, diese Tätigkeit aber wegen Schwierigkeiten bei der Betreuung der Tochter aufgegeben. Seit März 1998 ist sie wieder als Arzthelferin teilzeitbeschäftigt mit einem mo-
natlichen Bruttolohn von 1.600 DM. Sie lebt seit Januar 1998 zusammen mit ihrem Lebensgefährten in der Wohnung seiner Eltern, für die sie anteilige Miete zahlt. Bis Februar 1998 bezog sie ergänzende Sozialhilfe. Die auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Unterhaltsansprüche wurden ihr durch Vereinbarung vom 15. Oktober 1996 rückübertragen. Das Amtsgericht hat die Folgesache Unterhalt abgetrennt und den Antragsgegner zur Zahlung eines monatlichen Betreuungsunterhalts an die Antragstellerin in Höhe von 391 DM für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 und von 127 DM ab dem 1. Januar 1998 verurteilt. Dabei ist es noch von dem geringeren Monatsgehalt des Antragsgegners als Außendienstmitarbeiter in Höhe von netto (bereinigt) 2.616 DM ausgegangen. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Antragsgegner auf der Basis des höheren Gehaltes und unter Einbezug des Zählkindvorteils zu folgenden monatlichen Unterhaltszahlungen verurteilt: Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 894 DM, vom 1. Januar bis 28. Februar 1998 670 DM und ab 1. März 1998 258 DM. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dagegen wehrt sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:

1. Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche aktivlegitimiert. Die zwischen ihr und dem Sozialhilfeträger am 15. Oktober 1996 vereinbarte Rückübertragung entspricht den Vorgaben des durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996, in Kraft seit 1. August 1996 (BGBl. I 1088), geänderten §§ 91 Abs. 4 BSHG. Danach ist nunmehr im Einvernehmen mit dem Hilfeempfänger eine Rückübertragung der Unterhaltsansprüche zur gerichtlichen Geltendmachung zulässig. 2. Das Oberlandesgericht hat rechtlich bedenkenfrei der Berechnung des nachehelichen Betreuungsanspruches der Antragstellerin aus § 1570 i.V. mit § 1578 BGB das vom Antragsgegner nach der Trennung erzielte höhere Einkommen als Bezirksleiter zugrunde gelegt. Einkommenssteigerungen, die während der Trennung erzielt werden, sind für die Unterhaltsbemessung nur dann außer Betracht zu lassen, wenn sie auf einer außergewöhnlichen, vom Normalverlauf erheblich abweichenden beruflichen Entwicklung beruhen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 20. Juli 1990 - XII ZR 74/89 - FamRZ 1990, 1090 ff.; vom 10. Oktober 1990 - XII ZR 99/89 - FamRZ 1991, 307 ff., vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 16/87 - FamRZ 1988, 927, jeweils m.w.N.). Die Beförderung des Antragsgegners vom Außendienstmitarbeiter zum Bezirksleiter stellt schon für sich gesehen keinen außergewöhnlichen beruflichen Karriereanstieg dar. Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht festgestellt , daß dem Antragsgegner auch schon während des Zusammenlebens ähnliche Optionen angeboten worden seien, die er jedoch aus verschiedenen Gründen, u.a. wegen eines damit verbundenen Umzugs in die neuen Bundesländer , abgelehnt habe.
Die Rüge der Revision, das Oberlandesgericht habe hierbei verfahrensfehlerhaft Vortrag und Beweisangebote des Antragsgegners nicht berücksichtigt , geht ins Leere. Denn der Antragsgegner hat lediglich pauschal vorgebracht , daß es ihm während des Zusammenlebens mit der Antragstellerin durch deren Verhalten unmöglich gewesen sei, eine solche Position zu bekleiden , ohne dies näher zu konkretisieren, und hat den Vortrag der Antragstellerin (Schriftsatz vom 31. März 1998), daß er selbst die vorliegenden Angebote abgelehnt habe, weil ihm verschiedene Bezirke nicht zugesagt hätten und er nicht habe wegziehen wollen, unwidersprochen gelassen. Damit ist auch die Rüge der Revision aus § 1579 Nr. 4 und 7 BGB, die Antragstellerin habe höhere Einkünfte durch ihre Verweigerungshaltung verhindert und könne sich daher jetzt nicht auf diese zur Verbesserung ihres Unterhalts berufen, gegenstandslos. 3. Das Oberlandesgericht ist von einem monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners vom 4.152 DM unter Berücksichtigung der durch seine Wiederheirat bedingten tatsächlichen Steuerbelastung nach Steuerklasse III ausgegangen. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 24. Januar 1990 - XII ZR 2/89 - FamRZ 1990, 499 ff. m.w.N.) und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Der Abzug von 5 % pauschalen berufsbedingten Aufwendungen liegt im Rahmen des zulässigen tatrichterlichen Ermessens. Es hat danach zutreffend ein bereinigtes Nettoeinkommen von rund 3.945 DM zugrunde gelegt. Nicht zu beanstanden ist auch, daß es hiervon monatliche Kreditverpflichtungen des Antragsgegners gegenüber seinen Eltern in Höhe von 200 DM nur noch für den Zeitraum vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 abgezogen hat und für die Folgezeit mangels substantiierten Vortrags des Antragsgegners davon ausgegangen ist, daß das Darlehen zurückgezahlt war. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge des Antragsgegners hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 565 a ZPO).
4. Vom Einkommen des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht neben dem von den Parteien vereinbarten Unterhalt für die gemeinsamen Kinder in Höhe von insgesamt 700 DM auch den Unterhalt für das während der Trennungszeit geborene dritte Kind des Antragsgegners vorweg abgesetzt. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats, da die ehelichen Lebensverhältnisse auch von der Unterhaltslast gegenüber einem während der Trennungszeit geborenen nicht gemeinsamen Kind mitgeprägt werden (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367 ff. m.w.N.). Den Unterhalt hat es unter Beachtung des Bedarfskontrollbetrages der Düsseldorfer Tabelle und unter Berücksichtigung der Belastung des Antragsgegners mit den Unterhaltsansprüchen der gemeinsamen Kinder der Parteien, der Antragstellerin und seiner jetzigen Ehefrau mit dem untersten Tabellenbetrag von 349 DM bemessen, um den notwendigen Selbstbehalt des Antragsgegners von 1.500 DM zu wahren. Die Revision meint demgegenüber, der Unterhalt des dritten Kindes müsse mit dem Tabellenunterhalt der Düsseldorfer Tabelle angesetzt werden, der dem Gehalt des Antragsgegners in Höhe von 3.945 DM entspreche, nämlich mit monatlich 471 DM ab dem 1. Juli 1998 und für die Zeit davor mit monatlich 410 DM. Sie sieht in der Berechnung des Oberlandesgerichts eine Abweichung von der Senatsrechtsprechung, insbesondere zu den Grundsätzen der Mangelfallberechnung im Urteil vom 16. April 1997 (XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806 ff.). Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Einstufung des Unterhalts für das dritte Kind ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Die Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf allgemeiner Erfahrung beruhende Richtsätze, die dem Rechtsanwender die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des "angemessenen Unterhalts" er-
leichtern sollen. Der Höhe nach sind sie auf den Durchschnittsfall zugeschnitten , daß der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Da die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung sind, ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen sogenannten Mangelfall handelt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 - XII ZR 239/90 - FamRZ 1992, 539, 541 und zuletzt Senatsurteil vom 16. April 1997 aaO S. 811) oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IVb ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 459). Hierzu hält die Düsseldorfer Tabelle die Institute der Herauf- oder Herabstufung und des Bedarfskontrollbetrages bereit (Wendl/Scholz Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 124, 208). Liegt eine über- oder unterdurchschnittliche Unterhaltsbelastung mit mehr oder weniger Unterhaltsberechtigten vor, soll durch eine Höheroder Niedrigergruppierung in den Gehaltsstufen oder durch Bildung von individuell geschätzten Zu- oder Abschlägen eine den Besonderheiten des Falles angemessene Unterhaltsbemessung erreicht werden (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 231 ff., 234). Als weiteres, mehr schematisiertes Hilfsmittel wird die - allerdings nicht von allen Oberlandesgerichten übernommene - Ausrichtung an einem sogenannten Bedarfskontrollbetrag vorgeschlagen, der ebenfalls zu einer Herauf- oder Herabstufung führen kann. Dieser - ab Gehaltsgruppe 2 nicht mit dem Eigenbedarf identische - Betrag soll nach den Vorstellungen der Düsseldorfer Tabelle eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung auch des Ehegattenunterhalts unterschritten , soll der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, oder ein Zwischenbetrag ange-
setzt werden (Düsseldorfer Tabelle Anmerkung A 6 in FamRZ-Buch Band 1, Daten und Tabellen zum Familienrecht 3. Aufl. S. 44; zur Handhabung vgl. Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 239 ff.). Die Einstufung in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe der Tabelle je nach der Zahl der Unterhaltsberechtigten und der damit verbundenen Unterhaltslast hat der Senat stets gebilligt, weil sie im tatrichterlichen Ermessen liegt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 29. Januar 1992 aaO S. 540). Entsprechendes gilt, wenn der Tatrichter die Einstufung mit Hilfe eines Bedarfskontrollbetrages vornimmt, weil es sich auch insoweit um eine der denkbaren Kontrollen handelt, die dem Tatrichter bei der Überprüfung einer Unterhaltsbemessung auf ihre Angemessenheit und Ausgewogenheit nach den Umständen des Einzelfalles stets obliegt. Denkbar wäre auch, die Angemessenheitskontrolle im Rahmen einer Ergebnisprüfung erst in einer letzten Stufe und ohne die von der Tabelle vorgegebenen festen Kontrollbeträge vorzunehmen. Welche der Methoden der Tatrichter wählt, bleibt seinem Ermessen überlassen. Soweit das Oberlandesgericht hier unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber drei Kindern, einer Ehefrau und der Antragstellerin eine Herabstufung auf den untersten Tabellenwert vorgenommen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Soweit der Antragsgegner demgegenüber meint, es müsse nach der Berechnungsmethode, die der Senat in einem Mangelfall angewendet hat (Senatsurteil vom 19. April 1997 aaO S. 808), der volle Tabellenunterhalt entsprechend dem bereinigten Nettoeinkommen des Antragsgegners (hier 3.945 DM bzw. 3.745 DM bei Abzug der Kreditverpflichtung) eingesetzt werden, verhilft dies seiner Revision im Ergebnis nicht zum Erfolg.
Zwar ist im Rahmen einer mehrstufigen Mangelfallberechnung zunächst als Einsatzbetrag der jeweilige volle Tabellenunterhalt der Kinder (ebenso wie der eheangemessene Bedarf der Ehefrau) in die Berechnung einzustellen, um die Kürzungsquote für die dann folgende proportionale Kürzung aller Unterhaltsbeträge im Verhältnis der zur Verfügung stehenden Verteilungsmasse zum Gesamtbedarf aller Unterhaltsberechtigten feststellen zu können. Der Ansatz bloßer Mindestbeträge würde andernfalls zu verzerrten Ergebnissen führen (Senatsurteil vom 19. April 1997 aaO S. 808). Indessen bedarf es hier einer solchen Berechnung nicht, weil es sich für die Zeit ab 1. Januar 1998 wegen des dann gegebenen anzurechnenden Eigenverdienstes der Antragstellerin (zunächst in Höhe von 550 DM) nicht um einen Mangelfall handelt. Daher verstößt die Handhabung des Oberlandesgerichts insoweit nicht gegen Rechtsprechungsgrundsätze des Senats. Für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997, in der der Antragsgegner noch eine Kreditverpflichtung von 200 DM hatte und die Antragstellerin über keine anrechenbaren Eigeneinkünfte verfügte, liegt zwar ein Mangelfall vor. Eine Verringerung des Unterhalts der Antragstellerin ergibt sich jedoch auch bei der dann vorzunehmenden Mangelfallberechnung nicht. Das bereinigte Nettoeinkommen des Antragsgegners beträgt unter Vorwegabzug der Kreditrate, des Tabellenunterhalts für das dritte Kind und des vereinbarten und tatsächlich gezahlten Unterhalts von zusammen 700 DM für die beiden gemeinsamen Kinder (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Juli 1990 - XII ZR 85/89 - FamRZ 1990, 1091, 1094/95 und vom 31. Januar 1990 - XII ZR 21/89 - FamRZ 1990, 979, 980; 2.570 DM (3.945 DM - 200 DM - 700 DM - 475 DM). Davon stehen der Ehefrau 3/7, also rund 1.100 DM zu, so daß der notwendige Selbstbehalt des Antragsgegners von 1.500 DM nicht gewahrt ist und eine Kürzung des Unterhalts nach dem Verhältnis der Verteilungsmasse (3.945 DM -
200 DM - 1.500 DM Selbstbehalt = 2.245 DM) zum Gesamtbedarf der vorrangigen Unterhaltsberechtigten (1.100 DM + 700 DM + 475 DM = 2.275 DM) vorzunehmen ist. Die Kürzungsquote beträgt 0,9868, der danach gekürzte Unterhalt der Ehefrau 1.085 DM. Er liegt damit immer noch über den verlangten 894 DM. 5. Das Oberlandesgericht hat das vom Antragsgegner für sein drittes Kind bezogene Kindergeld in Höhe des auf ihn entfallenden sogenannten Zählkindvorteils von 190 DM (300 DM Kindergeld für das dritte Kind abzüglich 110 DM Kindergeldanteil der Mutter, für die Rouven als erstes Kind zählt) seinem Einkommen hinzugerechnet und daraus einen entsprechend erhöhten Unterhaltsbedarf der Antragstellerin errechnet. Es hält es für unbillig, daß sich die Antragstellerin die Unterhaltslast für das noch während der Trennungszeit geborene außereheliche Kind des Antragsgegners als die ehelichen Lebensverhältnisse prägend bei der Berechnung ihres Unterhalts bedarfsmindernd entgegenhalten lassen müsse, aber von der zugleich gegebenen Erleichterung der Unterhaltslast ausgeschlossen sei, während der Antragsgegner die Kindesunterhaltslast durch seinen Kindergeldanteil ganz oder teilweise wieder ausgleichen könne. Das ließe sich auch mit dem Zweck des Kindergelds, die Unterhaltslast des Elternteils zu erleichtern, nicht rechtfertigen (vgl. auch Graba Anm. FamRZ 1992, 541, 544). Das Oberlandesgericht hat dementsprechend für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1997 einen Unterhaltsbedarf von (3.945 DM - 200 DM Kredit - 700 DM Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder - 349 DM Unterhalt für das dritte Kind + 190 DM Zählkindvorteil = 2.886 x 3/7 =) 1.237 DM ermittelt, und für die Zeit ab 1. Januar 1998 nach Wegfall der Kreditverpflichtung einen solchen von 1.323 DM. Dagegen wendet sich die Revision zu Recht.
Die Berechnungsmethode des Oberlandesgerichts läuft darauf hinaus, Kindergeld bzw. Teile hiervon zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu zählen und daraus den eheangemessenen Bedarf des Berechtigten zu ermitteln. Der Senat hat sich mit dieser Problematik in seiner Entscheidung vom 16. April 1997 (aaO S. 809 ff.) bereits ausführlich befaßt. Sie betraf einen ähnlich gelagerten Fall, in dem der Unterhaltspflichtige für ein während der Trennungszeit geborenes außereheliches Kind, dessen Unterhaltsanspruch sich die geschiedene Ehefrau entgegenhalten lassen mußte, erhöhtes Kindergeld bezog. Der Senat hat entschieden, daß Kindergeld nicht wie sonstiges Einkommen zur Bedarfsberechnung nach § 1578 BGB herangezogen werden kann, da seine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden darf, daß sie - im Wege der Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt. Auch soweit einem Ehegatten bei einem weiteren nicht gemeinsamen Kind wegen der Berücksichtigung gemeinsamer Kinder ein sogenannter Zählkindvorteil erwächst, ist dieser nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen in die Bedarfsberechnung einzubeziehen, sondern kommt dem betreffenden Elternteil allein zugute. Darin liegt keine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung dieses Ehegatten. Wie der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt hat, entspricht es dem Regelungszweck des erhöhten Kindergeldes, die Mehrbelastung aufzufangen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil dadurch erwächst, daß er nicht nur die gemeinsamen, sondern noch ein oder mehrere weitere Kinder zu unterhalten hat (ständige Rechtsprechung vgl. Senatsurteile vom 8. Oktober 1980 - IVb ZR 533/80 - FamRZ 1981, 26; vom 29. April 1981 - IVb ZR 582/80 - FamRZ 1981, 650; vom 11. Juli 1984 - IVb ZR 24/83 - FamRZ 1984, 1000). Nach der Berechnungsweise des Oberlandesgerichts müßte sich im übrigen folgerichtig bei einer Zu-
rechnung des Zählkindvorteils zum unterhaltsrelevanten Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht nur der Unterhaltsbedarf des Ehegatten nach § 1578 BGB, sondern auch der der Kinder erhöhen. Eine Beschränkung nur auf den Unterhaltsbedarf des Ehegatten wäre nicht zu begründen. Das aber liefe der oben angesprochenen generellen Zwecksetzung des Kindergeldes zuwider. Angesichts der Bandbreite an Variationsmöglichkeiten, in denen sich für den einen oder anderen Ehegatten oder für beide ein Zählkindvorteil ergeben kann, hat der Senat auch aus Gründen der Praktikabilität am Grundsatz des Nichteinbezugs dieses Kindergeldes festgehalten (Urteil vom 16. April 1997 aaO S. 811). Daß dem unterhaltspflichtigen Elternteil im Ergebnis mehr verbleibt, liegt in der gesetzgeberischen Entscheidung begründet, Kindergeld für mehrere Kinder, gleichgültig, ob sie aus einer oder aus verschiedenen Verbindungen stammen, nicht in gleichbleibender, sondern in gestaffelter Höhe zu zahlen. Mit der durch Art. 1 Nr. 11 KindUG vom 6. April 1998 (BGBl. I 666) eingeführten Neuregelung des § 1612 b Abs. 4 BGB für den Kindergeldausgleich zwischen den Eltern hat der Gesetzgeber im übrigen unter Übernahme der vom Senat entwickelten Grundsätze bestimmt, daß Kindergeld, welches unter Berücksichtigung eines nicht gemeinsamen Kindes erhöht ist, im Umfang der Erhöhung nicht anzurechnen ist. Wenn es in der Begründung (BT-Drucks. 13/7338 S. 30) heißt, der Zählkindvorteil wirke sich unterhaltsrechtlich generell nur noch insofern aus, als er das Einkommen des betreffenden Elternteils erhöhe, so erlaubt das noch keinen Rückschluß darauf, daß der Zählkindvorteil nach dem Willen des Gesetzgebers bedarfserhöhend in die Ermittlung des Unterhalts einfließen und damit letztlich doch zu einem Ausgleich zwischen den Ehegatten führen solle. Der Senat sieht daher auch insoweit keinen Anlaß, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.
6. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Berechnung des von der Antragstellerin ab März 1998 bezogenen Nettolohns aus der Teilzeitbeschäftigung , den das Oberlandesgericht unter Berücksichtigung der üblichen gesetzlichen Abzüge mit 1.264 DM ermittelt und hiervon 5 % für berufsbedingten Aufwand und 1/7 als Erwerbstätigenbonus abgezogen hat, so daß rund 1.029 DM verbleiben. Auch die angesichts des Alters der beiden betreuungsbedürftigen Kinder gemäß § 1577 Abs. 2 BGB vorgenommene lediglich hälftige Anrechnung ihres Verdienstes (in Höhe von 515 DM) ist nicht zu beanstanden (vgl. z.B. Senatsurteil vom 4. November 1987 - IVb ZR 81/86 - FamRZ 1988, 145, 148). 7. Danach ergeben sich für die Antragstellerin folgende monatliche Unterhaltsansprüche : Zeitraum 10. Oktober bis 31. Dezember 1997: Nettoeinkommen des Antragsgegners 3.945 DM Kreditbelastung - 200 DM Unterhalt für die gemeinsamen Kinder - 700 DM Unterhalt für das dritte Kind - 349 DM = 2.696 DM x 3/7 = rund 1.155 DM.
Da die Antragstellerin in dieser Zeit über kein anrechenbares Einkommen verfügte, ist ihr verlangter Unterhalt in Höhe von 894 DM gerechtfertigt.
Zeitraum Januar und Februar 1998: Der Unterhalt hat sich wegen Wegfalls der Kreditverpflichtung und Anrechnung von Haushaltsleistungen für den Partner (550 DM) wie folgt geändert : Nettoeinkommen des Antragsgegners 3.945 DM Unterhalt für die gemeinsamen Kinder - 700 DM Unterhalt für das dritte Kind - 349 DM = 2.896 DM x 3/7 = rund 1.241 DM - 550 DM = 691 DM Es verbleibt bei den verlangten 670 DM.
Zeitraum ab März 1998: Wegen Aufnahme der Teilzeitbeschäftigung sind auf den Bedarf von 1.241 DM nunmehr 550 DM und 515 DM anrechenbar, so daß sich der Anspruch auf 176 DM verringert. Nur insoweit hat die Revision Erfolg. 8. Der Antragsgegner wird hierdurch nicht unangemessen belastet, zumal ihn die höhere Unterhaltspflicht ohnehin nur für knapp fünf Monate trifft und sodann wegen des anrechenbaren Eigenverdienstes der Antragstellerin auf einen geringen Betrag absinkt. Nach Abzug des Kindesunterhalts und des höchsten Unterhaltsbetrages für die Antragstellerin in Höhe von 894 DM verbleiben ihm von seinem um die Kreditlasten bereinigten Einkommen von 3.745 DM rund 1.800 DM zuzüglich des erhöhten Kindergeldes von 300 DM, so daß ihm und seiner jetzigen Ehefrau 2.100 DM zur Verfügung stehen. Das ist ausreichend und nötigt, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat,
auch nicht dazu, den infolge der Wiederheirat erzielten steuerlichen Splittingvorteil zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit für seine jetzige Ehefrau zu reservieren. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz