Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 92/06

bei uns veröffentlicht am25.11.2009
vorgehend
Landgericht Koblenz, 1 O 447/01, 23.01.2003
Oberlandesgericht Koblenz, 2 U 105/03, 04.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
XII ZR 92/06 Verkündet am:
25. November 2009
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Hat der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
die Vorstellung oder Erwartung zugrunde gelegen, die Lebensgemeinschaft
, deren Ausgestaltung sie allein gedient hat, werde Bestand haben
, entfällt die Geschäftsgrundlage nicht dadurch, dass die Lebensgemeinschaft
durch den Tod des Zuwendenden ein natürliches Ende gefunden hat.
Hat der Zuwendende das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt, an
dem erworbenen Gegenstand im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
langfristig partizipieren zu können, schließt der Tod des Zuwendenden
eine Zweckverfehlung i.S. des § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB regelmäßig aus.
BGH, Urteil vom 25. November 2009 - XII ZR 92/06 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2009 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne sowie die
Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Grupp und Schilling

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Mai 2006 aufgehoben. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz - 1. Zivilkammer - vom 23. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger machen u.a. im Wege der Rechtsnachfolge Ausgleichsansprüche wegen Zuwendungen im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geltend.
2
Die Kläger sind alleinige Erben ihres am 14. April 1999 verstorbenen Vaters (im Folgenden: Erblasser), nachdem sie ihre während dieses Prozesses verstorbene Mutter zu gleichen Teilen beerbt haben. Der Erblasser war bei seinem Tode mit der Mutter der Kläger verheiratet, lebte aber schon längere Zeit mit der Beklagten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Der Erblasser und die Beklagte erwarben im Jahr 1993 ein Hausgrundstück zu gleichen Teilen. Auf den Kaufpreis von 275.000 DM zuzüglich Nebenkosten wurden 120.000 DM in bar gezahlt. Den restlichen Kaufpreis finanzierte der Erblasser mit einem von ihm allein aufgenommenen Darlehen in Höhe von 160.678 DM. Nachdem zunächst beide Partner als Miteigentümer zu je ½ ins Grundbuch eingetragen worden waren, erwarb die Beklagte 1994 auf der Grundlage des notariellen Vertrages vom 10. Mai 1994 im Folgenden: Vertrag) den ½-Miteigentumsanteil des Erblassers und wurde anschließend im Januar 1995 als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. In dem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, anstelle des Erblassers in seine Darlehensverpflichtung einzutreten (§ 2 Ziffer 1 des Vertrages), nicht ohne Zustimmung des Erblassers zu seinen Lebzeiten über den erworbenen Grundbesitzanteil zu verfügen (§ 2 Ziffer 2 des Vertrages) sowie - für den Fall der Beendigung der Lebensgemeinschaft und des Auszuges des Erblassers - ihm einen ½-Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz zu übereignen (§ 3 des Vertrages). Daneben vereinbarten die Partner, dass der - im Fall des Verstoßes gegen das vorgenannte Verfügungsverbot entstehende - Rückübertragungsanspruch des Erblassers nicht vererblich sei. Ferner wurde dem Erblasser ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht in dem betreffenden Wohnhaus eingeräumt (§ 2 Ziffer 3 des Vertrages

).

3
Das Landgericht hat die Klage, welche die Kläger zunächst maßgeblich auf Pflichtteilsergänzungsansprüche gestützt hatten, abgewiesen. Von einer Schenkung, die Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch sei, könne nicht ausgegangen werden.
4
Zweitinstanzlich haben die Kläger ihre Klage zudem auf ererbte Ausgleichsansprüche gestützt, die dem Erblasser wegen seiner Barzahlung von insgesamt 120.000 DM auf den Kaufpreis der Immobilie und wegen gezahlter Darlehensraten auf das Hausdarlehen von zusammen 71.443,75 DM zugestanden hätten und die er der Beklagten erlassen habe. Hinzu kämen Zuwendungen im Zusammenhang mit einer dem Erblasser 1996 ausgezahlten und von ihr vereinnahmten Lebensversicherung in Höhe von mindestens 22.000 DM.
5
Das Berufungsgericht hat in seinem - ersten - Urteil vom 29. Januar 2004, mit dem es die Berufung zurückgewiesen hat, die Auffassung des Landgerichts im Wesentlichen geteilt. Soweit die Kläger nunmehr ihre Klage auf Ausgleichsansprüche gegründet haben, hat das Berufungsgericht den entsprechenden Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.
6
Mit Urteil vom 13. Juli 2005 hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (IV ZR 47/04) das Berufungsurteil auf die Revision der Kläger aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zwar sei die Feststellung des Berufungsgerichts, der Erblasser habe der Beklagten etwaige Ausgleichsansprüche nicht schenkweise erlassen , nicht zu beanstanden. Jedoch habe das Berufungsgericht den neuen unstreitigen Sachvortrag der Kläger zu den vom Erblasser erbrachten Leistungen nicht unbeachtet lassen dürfen.
7
Nach der Zurückverweisung der Sache hat das Berufungsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Kläger jeweils 15.338,75 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Bekanntgabe des Termins nicht vertreten waren, ist über die Revision der Beklagten antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, §§ 557, 331 ZPO. Das Urteil beruht jedoch inhaltlich nicht auf einer Säumnisfolge, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f.).
9
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung.

I.

10
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe gegen die Beklagte ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB zu. Der Erblasser habe auf den Kaufpreis des im Jahr 1993 erworbenen Hauses 120.000 DM gezahlt. Da er und die Beklagte je zur Hälfte Eigentümer des Anwesens geworden seien, habe dem Erblasser ein Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Betrages gegen die Beklagte zugestanden, der auf die Kläger übergegangen sei.
11
Diesem Ausgleichsanspruch stehe nicht entgegen, dass der Erblasser und die Beklagte in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt hätten und in dieser Gemeinschaft im Zweifel davon auszugehen sei, dass jeder dem anderen gegenüber Leistungen erbringe, ohne dass diese wechselseitig auszugleichen seien. Bei dem Kauf eines Hauses mit einem Kaufpreis von 275.000 DM, der Erbringung einer Barzahlung von 120.000 DM als Eigenleistung und der Eingehung von Darlehensverbindlichkeiten von ca. 155.000 DM ohne etwaige weitere Verbindlichkeiten handele es sich nicht mehr um ein Geschäft des täglichen Lebens, bei dem im Zweifel davon auszugehen sei, dass jeder seine Leis- tungen erbringe, ohne einen Ausgleich von dem anderen verlangen zu können. Es handele sich vorliegend um eine weit reichende, risikobehaftete Entscheidung der Beteiligten, die geeignet gewesen sei, tief in die Lebensführung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einzugreifen und für beide Teile angesichts der eingegangenen Darlehensverpflichtungen risikobehaftet gewesen sei. Es handele sich hierbei nicht um regelmäßig wiederkehrende Leistungen innerhalb der Lebensgemeinschaft, die aus einem "gemeinsamen Topf" erbracht und deshalb nicht nachträglich aufgesplittet und wechselseitig zum Ausgleich gebracht werden könnten. Dementsprechend sei bei grundlegenden, außergewöhnlichen Geschäften innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich von einer Ausgleichspflicht auszugehen, es sei denn, es lägen Anhaltspunkte für einen schenkweisen Erlass dieses Ausgleichanspruchs vor. Dass der Ausgleichsanspruch nicht schenkweise erlassen worden sei, habe der Senat in seinem Urteil vom 29. Januar 2004 festgestellt, dessen Ausführungen der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Juli 2005 nicht beanstandet habe.
12
Dem Ausgleichsanspruch der Kläger stünden nach Treu und Glauben keine Billigkeitserwägungen entgegen. Auch wenn die Beklagte mit dem Erblasser einen längeren Zeitraum in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe, habe sie nicht darauf vertrauen können, dass sie gegenüber den Erben von allen Verpflichtungen freigestellt werde.
13
Soweit die Kläger ihre Argumentation auf Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit gezahlten Darlehensraten von insgesamt 71.443,75 DM gestützt hätten, stehe ihnen allerdings kein Ausgleichsanspruch zu. Das Berufungsgericht sei zur Überzeugung gelangt, dass der Erblasser und die Beklagte insoweit keine Ausgleichspflicht gewollt hätten. Entsprechendes gelte für vermeintliche Ausgleichsansprüche im Zusammenhang mit behaupteten Einnah- men der Beklagten aus einer dem Erblasser zustehenden Lebensversicherung in Höhe von angeblich mindestens 22.000 DM. Soweit der Anspruch erstinstanzlich auf einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2329 BGB gestützt worden sei, komme ein Anspruch hieraus mangels Schenkung nicht in Betracht.

II.

14
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Revision in wesentlichen Punkten nicht stand.
15
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hatte der Erblasser gegen die Beklagte wegen der Zahlung des Betrages von 120.000 DM auf den Grundstückskaufvertrag von 1993, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Partner vorsah, gemäß § 426 Abs. 1 BGB keinen Ausgleichsanspruch in Höhe von 60.000 DM, der auf die Kläger als Erben übergegangen sein könnte.
16
Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung im Sinne dieser Vorschrift braucht sich nicht notwendig aus einer besonderen Vereinbarung der Beteiligten, sondern kann sich auch aus der Natur der Sache oder aus dem Inhalt und Zweck des infrage stehenden Rechtsverhältnisses ergeben (BGHZ 77, 55, 58). Bei der Beurteilung der Frage, ob im Verhältnis zwischen dem Erblasser und der Beklagten aus der Zeit ihres Zusammenlebens noch etwas auszugleichen war, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Erblasser die Zahlung mit Rücksicht auf die Partnerschaft geleistet hat, um das Wohngrundstück für sich und die Beklagte als Mittelpunkt für ihre gemeinschaftliche Lebensführung vorzuhalten. http://www.juris.de/jportal/portal/t/f17/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE041902377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 -
17
Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen. Eine Ausgleichspflicht nach Kopfteilen, wie sie § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB vorsieht, wird daher den tatsächlichen Verhältnissen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht gerecht; durch deren Eigenart ist vielmehr "ein anderes" dahin "bestimmt" , dass die Leistung, die ein Partner im gemeinsamen Interesse erbracht hat, jedenfalls dann, wenn - wie hier - darüber nichts vereinbart worden ist, von dem anderen Teil nicht nach § 426 Abs. 2 BGB auszugleichen ist (BGHZ 77, 55, 59). Das Gesamtschuldverhältnis wird mithin durch die nichteheliche Lebensgemeinschaft überlagert (so schon für den Fall der ehelichen Lebensgemeinschaft Senatsurteil vom 30. November 1994 - XII ZR 59/93 - FamRZ 1995, 216, 217). Dass es sich vorliegend um ein grundlegendes, außergewöhnliches Geschäft gehandelt hat, ändert an dieser Bewertung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts.
18
2. Der Sache nach ist die vom Erblasser zugunsten der Beklagten erbrachte Leistung als gemeinschaftsbezogene Zuwendung zu qualifizieren. Solche Zuwendungen unter Partnern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind - wenn die Partner nichts Besonderes geregelt haben - nur unter bestimmten Voraussetzungen auszugleichen. So kann etwa ein Ausgleich nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft in Betracht kommen. Zudem sind nach der geänderten Rechtsprechung des Senats Ansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und aus ungerechtfertigter Bereicherung möglich. Aber auch insoweit liegen die Voraussetzungen für eine Ausgleichspflicht nicht vor.
19
Nach früher ständiger Rechtsprechung waren gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner - auch jenseits eines Anspruches auf Gesamt- schuldnerausgleich - grundsätzlich nicht auszugleichen. Dabei wurde darauf abgestellt, bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stünden die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Partner bestimmten und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft bestehe. Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt hätten, würden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet. Beiträge würden geleistet , sofern Bedürfnisse aufträten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage sei. Gemeinschaften dieser Art sei - ähnlich wie einer Ehe - die Vorstellung grundsätzlich fremd, für Leistungen im gemeinsamen Interesse könnten ohne besondere Vereinbarung "Gegenleistung" , "Wertersatz", "Ausgleich" oder "Entschädigung" verlangt werden (BGHZ 177, 193, 199 Tz. 17 m.w.N. zur früheren Rechtsprechung). Allerdings war auch schon nach der bisherigen Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch möglich (vgl. BGH Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 249/01 - FamRZ 2003, 1542, 1543; Senatsurteil BGHZ 165, 1, 9 f.).
20
Diese Rechtsprechung hat der Senat in seinen Urteilen vom 9. Juli 2008 (BGHZ 177, 193 und - XII ZR 39/06 - FamRZ 2008, 1828) dahin geändert, dass die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch einen Anspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und aus ungerechtfertigter Bereicherung haben können.
21
3. Die Gründe des Berufungsurteils vermögen einen Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft nicht zu rechtfertigen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/11q3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304669900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11q3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304669900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 10 -
22
Danach kommt ein Ausgleich nur in Betracht, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Voraussetzung hierfür ist ein entsprechender Rechtsbindungswille (Senatsurteil BGHZ 165, 1, 10; 177, 193, 199 Tz. 18). Ein Ausgleich nach den Regeln der bürgerlich -rechtlichen Gesellschaft kann in Betracht kommen, wenn die Partner die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, etwa einer Immobilie, einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch wirtschaftlich gemeinsam gehören sollte. Dabei wird im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht vorausgesetzt, dass sie einen über den typischen Rahmen dieser Gemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen (Senatsurteil BGHZ 142, 137, 146; 177, 193, 200 Tz. 20). Geht der Zweck hierüber nicht hinaus, kann allerdings nicht ohne weiteres von einem für das Vorliegen einer Innengesellschaft erforderlichen Rechtsbindungswillen ausgegangen werden (Senatsurteil BGHZ 177, 193, 201 Tz. 22).
23
Feststellungen, die hiernach einen Auseinandersetzungsanspruch rechtfertigen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Allein aus dem Umstand , dass es sich vorliegend um "eine weit reichende, risikobehaftete Entscheidung der Beteiligten" handelte, "die geeignet war, tief in die Lebensführung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einzugreifen und für beide Teile angesichts der eingegangenen Darlehensverpflichtung risikobehaftet war", kann nicht auf den Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrags geschlossen werden. Die Tatsache, dass der Erblasser mit dem notariellen Vertrag vom 10. Mai 1994 der Beklagten zusätzlich noch seinen ½-Miteigentumsanteil an dem Grundstück übertragen hat und ihm im Gegenzug das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht eingeräumt worden ist, spricht vielmehr gegen das Vorlie- gen eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages (vgl. BGHZ 84, 361, 367 zur Auseinandersetzung von Ehegatten bei Gütertrennung; von Proff NJW 2008, 3266, 3267).
24
4. Die Ausführungen des Berufungsgerichts vermögen ferner auch keine Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu begründen.
25
a) Soweit der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben, kommt nach der neuen Rechtsprechung des Senats auch ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht (§ 313 BGB). Die Rückabwicklung erfasst etwa Fälle, in denen kein gemeinschaftlicher Vermögenswert geschaffen worden und es damit nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 193, 208). Die Rückabwicklung hat allerdings nicht zur Folge, dass bei Scheitern der Beziehung sämtliche Zuwendungen auszugleichen wären. Auszuscheiden sind die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen.
26
Hat der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung des verstorbenen Partners die Vorstellung oder Erwartung zugrunde gelegen, die Lebensgemeinschaft , deren Ausgestaltung sie allein gedient hat, werde Bestand haben - wofür hier die Regelungen des notariellen Vertrages vom 10. Mai 1994 sprechen -, führt der Tod des Zuwendenden allerdings nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (ebenso M. Schwab ZJS 2009, 115, 122; siehe auch Coester JZ 2008, 315, 316). Denn die Lebensgemeinschaft hatte - aus Sicht des Zuwendenden - solange Bestand, bis sie durch seinen Tod ein natürliches Ende gefunden hat (vgl. BGHZ 77, 55, 60). Die Gemeinschaft ist also nicht gescheitert.
Es erschließt sich nicht, wieso mit dem Ableben des Zuwendenden sein (früherer ) Partner zu einem Ausgleich verpflichtet sein sollte, auf den der Zuwendende zu Lebzeiten selbst keinen Anspruch gehabt hätte.
27
Ein Anspruch aus § 313 BGB wäre hingegen denkbar, wenn die Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendungsempfängers beendet worden ist. Denn in diesem Fall kann der Zuwendende nicht mehr an dem Vermögensgegenstand partizipieren.
28
b) Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt in den Fällen, in denen - wie hier - die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendenden beendet worden ist, allenfalls dann in Betracht, wenn die Geschäftsgrundlage über den oben dargestellten Rahmen hinausgehen sollte. Dies wird allerdings nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Jedenfalls in den Fällen, in denen sich der Zuwendende von seiner Ehefrau abgewandt und dauerhaft einer neuen Partnerin zugewandt hat, der er - sukzessive - das Alleineigentum an einem gemeinsam bewohnten Hausgrundstück übertragen hat, wird er mit seiner Zuwendung in aller Regel auch die Vorstellung verbunden haben, die betreffenden Vermögenswerte der Ehefrau auch für den Erbfall zu entziehen (vgl. von Proff NJW 2008, 3266, 3269; Coester JZ 2008, 315, 316).
29
Dass dies auch im vorliegenden Fall so gewesen ist, ergibt sich aus den Regelungen des notariellen Vertrages vom 10. Mai 1994.
30
Der Vertrag hat ausdrücklich zwar nur die spätere Übertragung des zunächst noch beim Erblasser verbliebenen ½-Miteigentumsanteils auf die Beklagte zum Gegenstand. Aus dieser Vereinbarung, auf die das Berufungsgericht nicht näher eingegangen ist und die deshalb vom Senat selbst auszulegen ist, lassen sich indes auch Rückschlüsse auf die erste Zuwendung (Zahlung des Kaufpreises) ziehen. Denn der Vertrag stellt sich ersichtlich als Schlusspunkt einer sich konsequent abzeichnenden Entwicklung dar: Zunächst war beabsichtigt , dass der Erblasser Alleineigentümer der Immobilie wird, dann wurde die Beklagte Miteigentümerin und schließlich Alleineigentümerin.
31
Den in dem Vertrag getroffenen Vereinbarungen ist zu entnehmen, dass die Partner für den Fall des Todes des Erblassers keinen, seinen Erben zugute kommenden, Ausgleichsanspruch wollten. Vielmehr sollte durch den Vertrag nur sichergestellt werden, dass der Erblasser die Immobilie zu Lebzeiten nutzen konnte. Dies geschah in Form des lebenslangen Wohnrechts (§ 2 Ziffer 3 des Vertrages) und für den Fall des Scheiterns der Beziehung und des Auszuges des Erblassers mittels eines dann entstehenden Rückübereignungsanspruches (§ 3 des Vertrages). Demgegenüber sollte die Beklagte nach dem Tod des Erblassers über die Immobilie frei verfügen können (vgl. § 2 Ziffer 2 des Vertrages); einer irgendwie gearteten Ausgleichsverpflichtung sollte sie nicht unterliegen. Vielmehr sollte selbst ein bereits zugunsten des Erblassers entstandener Rückübereignungsanspruch nicht vererblich sein (§ 2 Ziffer 2 des Vertrages).
32
5. Nach der geänderten Senatsrechtsprechung ist bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, wie etwa die Erfüllung der laufenden Unterhaltsbedürfnisse oder die Entrichtung der Miete für die gemeinsam genutzte Wohnung, nunmehr im Einzelfall auch zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung bei Zweckverfehlung begründet ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 193, 206 Tz. 33). Die Feststellungen des Berufungsurteils vermögen aber auch einen Anspruch aus § 812 BGB nicht zu rechtfertigen.
33
a) Nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB besteht für den Empfänger einer Leistung die Pflicht zur Herausgabe der Zuwendung, sofern der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt voraus, dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist; einseitige Vorstellungen genügen nicht. Eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne kann aber angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt, der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen (Senatsurteile BGHZ 115, 261, 262 f. m.w.N.; 177, 193, 206 Tz. 34).
34
Die danach erforderliche finale Ausrichtung der Leistung auf einen nicht erzwingbaren Erfolg wird sich innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder einer anderen auf Dauer angelegten Partnerschaft nur bezüglich solcher Zuwendungen oder Arbeitsleistungen feststellen lassen, die deutlich über das hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt. Voraussetzung ist eine konkrete Zweckabrede, wie sie etwa dann vorliegen kann, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können (Senatsurteil BGHZ 177, 193, 206 f. Tz. 35).
35
b) Zwar ergibt sich aus den im notariellen Vertrag vom 10. Mai 1994 getroffenen Vereinbarungen, mit denen sich der Erblasser die Nutzung des Objekts gesichert hat, dass er an der Immobilie partizipieren wollte. Es fehlt indes an einer Zweckverfehlung. Denn der mit dieser Zweckabrede einhergehende, von dem Zuwendenden verfolgte Zweck, zu Lebzeiten an dem Vermögensgegenstand partizipieren zu können, ist erreicht worden. Dass die Partner eine über den oben dargestellten Zweck hinausgehende Abrede getroffen haben, die einen Ausgleichsanspruch auch für den Fall des Todes des Erblassers begründen könnte, kann weder den getroffenen Feststellungen noch dem notariellen Vertrag vom 10. Mai 1994 entnommen werden. Auf das in diesem Kontext oben zum Wegfall der Geschäftsgrundlage Gesagte, das entsprechend gilt, wird verwiesen (s. oben 4.).
36
6. Soweit die Kläger auf - über die Barzahlung von 120.000 DM hinausgehende - weitere Zuwendungen abgestellt haben, die sich nicht nur auf das der Beklagten übertragene Grundstück beziehen, ergibt sich ebenfalls kein Ausgleichsanspruch.
37
a) Hinsichtlich der vom Erblasser auf das Hausdarlehen gezahlten Raten und bezüglich behaupteter Einnahmen der Beklagten aus einer dem Erblasser zustehenden Lebensversicherung gilt das oben Gesagte entsprechend. Auch insoweit handelt es sich um gemeinschaftsbezogene Zuwendungen. Ein Ausgleichsanspruch scheitert daran, dass die Partner auch insoweit nicht als bürgerlich -rechtliche Gesellschaft zu betrachten sind und dass es am Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. an einer Zweckverfehlung fehlt.
38
b) Hinsichtlich der übrigen Zuwendungen des Erblassers an die Beklagte , welche die Kläger zur weiteren Begründung ihrer Klage behauptet haben, scheidet ein Ausgleich ebenfalls aus.
39
Hierbei handelt es sich u.a. um Zahlungen des Erblassers auf gemeinsame Darlehen, die die Partner ausweislich der zur Akte gereichten Anlagen namentlich zur Anschaffung eines Pkw und für den Ausbau des Dachgeschosses aufgenommen haben. Daneben hat der Erblasser dem Vortrag der Kläger zufolge Versicherungs- sowie Gewinnsparbeiträge geleistet.
40
Dabei handelt es sich um Leistungen, die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbracht werden, und die deshalb im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weder nach § 313 BGB noch nach § 812 BGB auszugleichen sind (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 193, 206 f. Tz. 35 und 208 Tz. 40).

III.

41
Die Klage hat auch keinen Erfolg, soweit die Kläger Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2329 BGB geltend machen.
42
1. Die hilfsweise gestellten Anträge auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück scheitern daran, dass der Erblasser der Beklagten seinen Miteigentumsanteil an der Immobilie nicht geschenkt hat. Dies wäre aber Voraussetzung für die Herausgabe zum Zwecke der Befriedigung im Sinne von § 2329 Abs. 1 BGB.
43
a) Zunächst hatten die Kläger ihren Antrag, die Beklagte möge die Zwangsvollstreckung in die betreffende Immobilie dulden, damit begründet, der Erblasser habe der Beklagten sowohl den ersten als auch den zweiten ½-Miteigentumsanteil geschenkt. Das Landgericht hat in seinem Urteil vom 23. Januar 2003 festgestellt, dass der Erblasser der Beklagten ihren ersten ½-Miteigentumsanteil an dem Grundstück nicht geschenkt habe. Dem sind die Kläger im weiteren Verfahren nicht entgegengetreten. Vielmehr haben sie ihren Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück nur noch darauf gestützt, dass der Erblasser der Beklagten seinen ½-Miteigentumsanteil übertragen habe, also auf den Erwerb der zweiten Miteigentumshälfte.
44
b) In seinem - von ihm zumindest konkludent in Bezug genommenen - Urteil vom 29. Januar 2004 hat das Berufungsgericht ebenso wie zuvor das Landgericht ausgeführt, dass der Erblasser den zweiten ½-Miteigentumsanteil der Beklagten nicht geschenkt habe. http://www.juris.de/jportal/portal/t/x9g/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE307249100&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 17 -
45
aa) Das Berufungsgericht ist unter Anwendung des Niederstwertprinzips von einem indexierten Wert des übertragenen ½-Miteigentumsanteils von 150.000 DM ausgegangen. Dem hat es den - ebenfalls indexierten - Kapitalwert der lebenslangen Nutzung durch den Erblasser mit 63.967 DM und die Übernahme der Darlehensverbindlichkeit mit 80.500 DM (161.000 DM/2) gegenübergestellt. Ferner hat es die von der Beklagten übernommene Verpflichtung, das Grundstück zu Lebzeiten des Erblassers nicht zu veräußern, berücksichtigt und ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das eine Schenkung begründen könnte, verneint.
46
bb) Das ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
47
Unentbehrlich für die Annahme einer Schenkung im Sinne von § 516 BGB ist eine Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung (BGHZ 116, 178, 181; BGH Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - FamRZ 2002, 883, 884). Der notarielle Vertrag vom 10. Mai 1994 bietet dafür keinen Anhalt. Dieser ist vielmehr mit "Kaufvertrag" überschrieben. Zudem haben die Partner vereinbart, dass die Beklagte für die Übertragung des Miteigentumsanteils Gegenleistungen zu erbringen habe.
48
Die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit im Sinne einer gemischten Schenkung wird jedoch vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Missverhältnis besteht, das den Vertragsschließenden nicht verborgen geblieben sein kann (BGH Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - FamRZ 2002, 883, 884).
49
Das Vorliegen eines solchen Missverhältnisses hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
50
Allerdings hätte das Berufungsgericht zur Bewertung von Leistung und Gegenleistung nicht das in § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Niederstwertprinzip heranziehen dürfen. Denn dieses dient der Bewertung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs (vgl. BGH Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04 - FamRZ 2006, 777, 778), verhält sich aber nicht zu der Frage, ob überhaupt eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliegt. Insoweit kommt es vielmehr auf die Wertverhältnisse beim Vollzug des Vertrages an (vgl. BGH Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - FamRZ 2002, 883, 884; Palandt/Weidenkaff BGB 68. Aufl. § 516 Rdn. 13).
51
Stellt man auf die Wertverhältnisse bei Vollzug des Vertrages ab, unterlässt man also die Indexierung, ändert sich an dem vom Berufungsgericht gefundenen Ergebnis, wonach es an einem objektiven Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt, nichts. Zu korrigieren ist lediglich der Wert des ½-Eigentumsanteils auf 140.000 DM und des Wohnrechts auf 59.880 DM. Den Wert der von der Beklagten übernommenen Darlehensverpflichtung hatte das Berufungsgericht demgegenüber nicht indexiert.
52
Selbst wenn wegen der Einwendungen der Kläger davon auszugehen wäre, dass der Kapitalwert für die lebenslängliche Nutzung durch den Erblasser in die Vergleichsberechnung mit einem überhöhten Betrag eingestellt worden sei, würde die dadurch bedingte Verschiebung aufgrund eines weiteren, vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Umstandes zumindest kompensiert werden. Ausweislich des notariellen Vertrages vom 10. Mai 1994 war die Beklagte für den Fall der Beendigung der Lebensgemeinschaft und des Auszuges des Erblassers verpflichtet, ihm einen ½-Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz zu übereignen (§ 3 des Vertrages). Damit konnte sie auf den Bestand des ihr vom Erblasser übertragenen Miteigentumsanteils nicht vertrauen, was dessen Wert ebenfalls reduziert. Sofern die Kläger schließlich behauptet haben, der Erblasser habe trotz der Darlehensübernahme durch die Beklagte weiterhin auf das Darlehen gezahlt, ändert das nichts daran, dass sich die Beklagte durch die notarielle Vereinbarung verpflichtet hat, die Darlehen allein abzutragen.
53
2. Soweit die Kläger - zum Teil hilfsweise - Zahlungsanträge gestellt haben , um ihre Ansprüche aus § 2329 Abs. 1 BGB zu begründen, sind diese verjährt.
54
a) Gemäß § 2332 Abs. 2 BGB verjährt der nach § 2329 BGB dem Pflichtteilsberechtigten gegen den Beschenkten zustehende Anspruch in drei Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an.
55
Der Erbfall ist am 14. April 1999 eingetreten. Nachdem die Kläger mit ihrer Klage zunächst Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück begehrt hatten, haben sie erstmals mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2002, also nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist, einen Zahlungsantrag gestellt. Ihre Zahlungsanträge haben die Kläger im Wesentlichen damit begründet, der Erblasser habe der Beklagten verschiedene Ausgleichsansprüche erlassen.
56
Damit greift die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 12. Januar 2006 erhobene Verjährungseinrede durch.
57
b) Die Verjährung ist nicht durch den - rechtzeitig gestellten - Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung gehemmt bzw. nach früherem Recht unterbrochen worden. Denn insoweit handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand.
58
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend , der durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt wird (BGH Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07 - NJW 2009, 1950, 1951 Tz. 12; siehe auch BGHZ 132, 240, 243; BGH Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - NJW 2007, 2560, 2561). Anhand der inhaltlichen Angaben in der Klage muss es möglich sein, den Anspruch, dessen Verjährung unterbrochen werden soll, zweifelsfrei zu identifizieren.
59
Vorliegend beziehen sich der Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung einerseits und der Zahlungsantrag andererseits auf unterschiedliche Streitgegenstände. Sowohl die Klageanträge als auch die zu ihrer Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalte unterscheiden sich deutlich. Während die Kläger den Duldungsantrag damit begründet haben, der Erblasser habe der Beklagten den Miteigentumsanteil an dem Grundstück geschenkt, liegt dem Zahlungsantrag ein Erlass von Ausgleichsforderungen zugrunde. Zwar gibt es insoweit Überschneidungen, als die Zahlungen jedenfalls teilweise auf den Kaufpreis der Immobilie bzw. auf das zu ihrer Finanzierung aufgenommene Darlehen geleistet wurden. Das allein genügt indessen nicht, um eine Hemmungs - bzw. Unterbrechungswirkung zu bejahen.
Hahne Dose Klinkhammer Grupp Schilling

Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 23.01.2003 - 1 O 447/01 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 04.05.2006 - 2 U 105/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2009 - XII ZR 92/06

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(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den

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(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ih

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(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. (2) Für die Beendig

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 263/04 Verkündetam: 8.März2006 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ______

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 249/01 Verkündet am: 21. Juli 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: j
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(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die Gesellschaft wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern nicht aus dem Gesellschaftsvertrag sich ein anderes ergibt.

(2) Im Falle der Auflösung hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend.

(1) Nach der Auflösung der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist.

(2) Für die Beendigung der schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zustehende Befugnis zur Geschäftsführung erlischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrag sich ein anderes ergibt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 47/04 Verkündet am:
13. Juli 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 29. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger sind alleinige Erben ihres 1999 verstor benen Vaters, nachdem sie ihre während des Prozesses 2003 verstorbene Mutter (frühere Ehefrau des Erblassers und vormals Klägerin zu 1)) zu gleichen Teilen beerbt haben. Sie erheben Ansprüche im Zusammenhang mit einem Hausgrundstück, das die Beklagte mit dem Erblasser 1993 zu gleichen Anteilen und nach Übertragung des Erblasseranteils 1994 zu Alleineigentum erworben hat. Aus dem Nachlaß haben die Kläger bislang nichts erhalten.

Der Kaufpreis von 275.000 DM zuzüglich Nebenkosten wurde über ein vom Erblasser genommenes Darlehen in Höhe von 160.678 DM finanziert und in Höhe von 120.000 DM bar gezahlt. Die von der Beklagten bei Erwerb des Erblasseranteils übernommenen Darlehensverbindlichkeiten beliefen sich zur Zeit des Erbfalles auf circa 245.000 DM. Über die von den Klägern begehrte Freistellung von den Darlehenspflichten ist durch Anerkenntnisurteil entschieden worden.
Die Kläger stützen ihre mehrfach geänderten Haupt- und Hilfsanträge - gerichtet auf Zahlung bzw. Duldung der Zwangsvollstreckung - in erster Linie auf Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2329 BGB. Erstinstanzlich haben sie diese mit 39.625,12 € (77.500 DM) beziffert. Die Beklagte habe über die beiden Grundstücksanteile bzw. durch die Kaufpreiszahlungen des Erblassers unentgeltliche Zuwendungen im Werte von 155.000 DM (400.000 DM Grundstückswert zur Zeit des Erbfalls abzüglich 245.000 DM übernommenes Darlehen) erhalten.
Zweitinstanzlich stellen die Kläger hauptsächlich auf Ausgleichsansprüche ab, die dem Erblasser wegen Zahlungen von jeweils 60.000 DM auf den Kaufpreis im Zusammenhang mit den beiden Grundstückshälften und wegen gezahlter Darlehensraten von 12.075 DM bis zur Übertragung seines Grundstücksanteils und von 59.368,75 DM danach zugestanden hätten und die er der Beklagten erlassen habe; hinzu kämen Zuwendungen im Zusammenhang mit einer dem Erblasser 1996 ausgezahlten und von ihr vereinnahmten Lebensversicherung in Höhe von mindestens 22.000 DM. Daraus ergebe sich eine Pflichtteilsergänzung von jedenfalls 30.677,50 € (60.000 DM). Für den Fall, daß der Be-

klagten Ausgleichsansprüche nicht erlassen worden seien, beziehen sie sich hilfsweise auf ererbte Ausgleichsansprüche unter vorsorglicher Teilbetragserklärung zur Klageforderung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den K lägern die Kosten insgesamt auferlegt. Es hat im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eine unentgeltliche Zuwendung nicht zu erkennen vermocht. Die erste Hälfte habe die Beklagte von den Veräußerern erworben , denen sie mit dem Erblasser gesamtschuldnerisch verpflichtet gewesen sei, und für die zweite Hälfte habe sie entsprechende Gegenleistungen erbracht. Etwaige Ausgleichsansprüche seien ohne Bezifferung der vom Erblasser erbrachten Tilgungsleistungen unschlüssig bzw. im Rahmen der Bewertung der Gegenleistung für die zweite Grundstückshälfte unsubstantiiert dargetan. Die Kosten in bezug auf das Anerkenntnisurteil hätten die Kläger gem. § 93 ZPO zu tragen.
Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. M it der Revision verfolgen sie ihre vorinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung d es Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat den für den Hauptzahlu ngsantrag geltend gemachten schenkweisen Erlaß von Ausgleichsforderungen nicht

feststellen können. Es fehle an einem unzweideutigen Verhalten des Erblassers , das von der Beklagten als Verzicht im Sinne einer Aufgabe dieses Rechts habe verstanden werden können. Das gelte für die seitens des Erblassers beim Erwerb des Hauses geleisteten Zahlungen wie für die von ihm gezahlten Darlehensraten.
Der hilfsweise auf ererbte Ausgleichsansprüche ges tützte Zahlungsantrag sei zwar wegen der im Berufungsrechtszug substantiiert vorgetragenen Barzahlungen des Erblassers von 120.000 DM und der Darlehensraten in Höhe von 12.075 DM bis 1994 und weiteren 59 Darlehensraten danach in Höhe von 59.368,75 DM schlüssig. Dieser neue Vortrag sei jedoch gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO nicht zuzulassen. Daß diese Beträge jetzt unstreitig geworden seien, stehe dem nicht entgegen, weil dies eine Beweisaufnahme dazu erfordert hätte, aus welchem Vermögen - das des Erblassers oder das der Beklagten - die Zahlungen letztendlich stammten.
Die hilfsweise gestellten Duldungsanträge hat das Berufungsgericht abgewiesen, weil in der Übertragung der zweiten Grundstückshälfte keine ergänzungspflichtige Schenkung liege. Die vereinbarten Gegenleistungen (Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht, Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten ) stünden nicht in einem objektiven Mißverhältnis zur Leistung. Der Vortrag zu den vom Erblasser getragenen Darlehensraten sei - wie der zu der Lebensversicherung - neu und aus denselben Gründen wie bei den Zahlungsanträgen nicht zuzulassen. Damit seien auch die weiteren in der Berufungsinstanz gestellten Anträge unbegründet. Das gelte auch hinsichtlich der Kostenentscheidung des Landge-

richts, weil die Beklagte für die Erhebung der Freistellungsklage keine Veranlassung gegeben habe.
II. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht durfte das nunmehr substantiierte und unstreitig gewordene Vorbringen zu den Zahlungsvorgängen nicht zurückweisen. Bereits der dadurch gegebene Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gebietet die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung; auf weiteres kommt es nicht mehr an.
1. Die Kläger waren entgegen der Ansicht des Beruf ungsgerichts nicht schon dadurch im Berufungsverfahren an einem substantiierten Vortrag zu Geldleistungen des Erblassers gehindert, weil sie in dem erstinstanzlichen nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Dezember 2002 ausdrücklich erklärt hätten, der Zahlungsantrag werde nicht mehr auf eventuelle Ausgleichsansprüche gestützt. Einer Zulassung neuen Vorbringens steht das nicht entgegen. Abgesehen davon, daß in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz abgegebene Erklärungen, die über bloße Rechtsausführungen hinausgehen, grundsätzlich unbeachtlich sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 132 Rdn. 4), ist dem Schriftsatz nicht zu entnehmen, daß die Kläger solche Ansprüche endgültig nicht mehr erheben , also auf ihre gerichtliche Durchsetzung verzichten wollten. Sie räumen darin nur ein, "daß ein Anspruch gemäß § 426 BGB einer näheren Bezifferung bedürfe, was ohne Einsicht in Kontounterlagen nicht als möglich erscheine", und dann "gegebenenfalls einem gesonderten Verfahren vorbehalten bleiben" müsse. Damit geben sie unmißverständlich zu erkennen, daß sie nur bezogen auf den genannten Zeitpunkt bzw.

diese Instanz die Darlegung eines solchen Anspruchs fallen gelassen haben. Die Möglichkeit, ihn später - also gegebenenfalls auch in der Berufungsinstanz - noch durchzusetzen, wollten sie sich mit dieser Erklärung erkennbar nicht nehmen.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Zulassung des neuen Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO abgelehnt.
Die Annahme des Berufungsgerichts, in der Rechtsmi ttelbegründung sei nicht dargetan, was die Kläger auf einen entsprechenden Hinweis - sein Unterbleiben unterstellt - vorgetragen hätten, begegnet allerdings Bedenken. Es trifft nicht zu, daß sie insoweit nur pauschale Behauptungen vorgebracht hätten. Sie haben vielmehr im Anschluß an die unter "1." vorangestellten Hinweisrügen und den ergänzenden Vortrag zu den Umständen des Grundstückserwerbs und seiner Finanzierung unter "2." substantiiert die vom Erblasser dafür erbrachten Geldleistungen dargelegt. Insoweit ist den Anforderungen an eine Verfahrensrüge gemäß § 139 ZPO genügt.
Es fehlt hingegen bereits an einem von diesem Zula ssungsgrund vorausgesetzten Verfahrensmangel im ersten Rechtszug. Das Landgericht hat den vom Berufungsgericht und von der Revision vermißten Hinweis auf die fehlende Schlüssigkeit der schließlich von den Klägern auch in Betracht gezogenen ererbten Ausgleichsansprüche erteilt. Ausweislich des Protokolls über die letzte mündliche Verhandlung ist im Anschluß an die § 426 BGB einschließende Antragstellung die Sach- und Rechtslage erörtert worden. Daß dabei auch die Schlüssigkeitsfrage angesprochen , mithin ein entsprechender deutlicher Hinweis gegeben worden ist,

wird letztlich durch den bereits erwähnten anschließenden Schriftsatz der Kläger zweifelsfrei belegt.
3. Ob eine Zulassung des neuen Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausscheidet, weil es auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht, daß die in der Berufungsbegründung erstmals genannten Zahlen nicht in der Instanz vorgetragen worden sind, wie das Berufungsgericht meint und wofür einiges spricht, kann letztlich offenbleiben.

a) Inzwischen ist höchstrichterlich geklärt, daß ü ber die Fälle des § 531 Abs. 2 ZPO hinaus neuer, unstreitiger Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist, selbst wenn dadurch eine Beweisaufnahme erforderlich wird (BGHZ 161, 138 ff. = NJW 2005, 291 unter II 2; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Dezember 2004 - II ZR 394/02 - NJW-RR 2005, 437 unter II 1 b, wonach unstreitige neue Tatsachen Grundlage einer im Berufungsrechtszug erstmalig erhobenen Widerklage bilden können ). Es überzeugt, wenn dabei insbesondere darauf abgestellt wird, daß dem Berufungsgericht in erster Linie die richtige, d.h. sachgerechte Entscheidung des Einzelfalles obliegt. Die Parteien dürfen nicht daran gehindert werden, im Interesse einer materiell richtigen Entscheidung übereinstimmend erstinstanzliche Feststellungen zu ergänzen, und zwar unabhängig, ob dies eine Erhebung von weiteren Beweisen erforderlich macht. Eine auch nur beschränkte Berücksichtigung unstreitiger neuer Tatsachen bedeutete eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und muß daher ausscheiden.


b) Das betrifft hier nicht nur die genannten vom E rblasser gezahlten Darlehensraten, sondern auch dessen Barzahlungen von zweimal 60.000 DM bei Erwerb des Grundstücks. Streitig war und ist nur, ob die Beklagte - wie sie schließlich behauptet hat - im Hinblick auf die Darlehensraten vereinbarungsgemäß dem Erblasser regelmäßig monatlich 1.000 DM auf sein Konto gezahlt und ob sie für den Grundstückskaufpreis eine einmalige Zahlung von 30.000 DM erbracht hat, die dann den vom Erblasser übernommenen Barbetrag auf 90.000 DM vermindert hätte.
Dem wird das Berufungsgericht nachzugehen haben.

c) Zwar fehlt es nach wie vor an einer in sich sti mmigen Berechnung der Erblasserleistungen, aus der sich unter Berücksichtigung von Leistungen bzw. Gegenleistungen der Beklagten ein den gestellten Anträgen entsprechender genauer Forderungsbetrag ergibt. Haupt- und erster Hilfsantrag orientieren sich insoweit eher zusammenhanglos an einer Bezugsgröße von "60.000 DM". Die dadurch geweckten Schlüssigkeitszweifel stellen aber die Erheblichkeit des Vortrages zu den genannten Zahlungsbeträgen nicht insgesamt in Frage. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich bei einer - erstmaligen - genauen Bewertung der Leistungen und Gegenleistungen auf der noch festzustellenden Beurteilungsgrundlage ein Betrag in dem geltend gemachten Antragsrahmen ergibt.

Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß di e Feststellung des Berufungsgerichts, der Erblasser habe der Beklagten etwaige Ausgleichsansprüche nicht schenkweise erlassen, nicht zu bestanden sind.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

(1) Beantragt der Kläger gegen den im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen. Dies gilt nicht für Vorbringen zur Zuständigkeit des Gerichts nach § 29 Abs. 2, § 38.

(2) Soweit es den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.

(3) Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 nicht rechtzeitig angezeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übermittelt ist. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist auch insoweit zulässig, als das Vorbringen des Klägers den Klageantrag in einer Nebenforderung nicht rechtfertigt, sofern der Kläger vor der Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.

(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 249/01 Verkündet am:
21. Juli 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein wesentlicher Beitrag, den ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
für einen im Alleineigentum des anderen Partners stehenden
Vermögensgegenstand geleistet hat, kann die - für die Anwendung gesellschaftsrechtlicher
Grundsätze nach der ständigen Rechtsprechung des Senats
erforderliche - Absicht gemeinschaftlicher Wertschöpfung nicht ersetzen
, sondern nur im Einzelfall einen Anhaltspunkt für das Bestehen einer
solchen Absicht bilden.

b) Der Schluß, daß wesentliche Beiträge eines Partners die Annahme einer
gemeinschaftlichen Wertschöpfungsabsicht beider Partner rechtfertigen,
setzt eine Gesamtwürdigung aller Umstände voraus, die insbesondere die
Art des geschaffenen Vermögenswertes, die von beiden Seiten erbrachten
Leistungen und die finanziellen Verhältnisse der Partner in der konkreten Lebensgemeinschaft
zu berücksichtigen hat.
BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 249/01 - OLG Köln
LG Aachen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Kraemer, Münke, Dr. Graf und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. August 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien lebten zwischen Ende 1981 und 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft auf einem der Klägerin gehörenden Grundstück zusammen. Der Beklagte ist auf Antrag der Klägerin durch Teilurteil des Landgerichts vom 9. Dezember 1997 rechtskräftig zur Räumung des Grundstücks verurteilt worden. Die Parteien streiten nunmehr noch über die vom Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachte Abfindungsforderung in Geld. Das Landgericht hat die Widerklage durch Schlußurteil abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klägerin unter Abweisung der weiterge-
henden Widerklage zur Zahlung von 50.775,31 DM an den Beklagten verurteilt, wobei es die Widerklage in Höhe von 52.206,37 DM für begründet angesehen und die Hilfsaufrechnung der Klägerin hinsichtlich eines Betrages von 1.431,06 DM hat durchgreifen lassen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze auf das Verhältnis der Parteien im Hinblick auf das Hausgrundstück der Klägerin erfüllt seien. Gesellschaftsrechtliche Grundsätze könnten angewendet werden, wenn die Partner in bezug auf einen bestimmten Vermögensgegenstand die Absicht verfolgt hätten, einen gemeinschaftlichen Wert zu schöpfen, der nicht nur von ihnen gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen gemeinsam gehören sollte. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setze das nicht mehr eine ausdrückliche oder konkludente Absprache der Partner voraus. Es reiche vielmehr aus, daß der Partner einen wesentlichen Beitrag in bezug auf einen im Alleineigentum des anderen stehenden Vermögensgegenstand geleistet habe. Als solcher könne es nicht gewertet werden, daß der Beklagte sich jedenfalls seit 1980/1981 hälftig an der Tilgung der zur Finanzierung von Erwerb und Sanierung des Anwesens aufgenommenen Kredite beteiligt habe, weil diese Beiträge eher den laufenden, bis zum Auszug des Beklagten abgewohnten Wohnkosten zuzurechnen seien. Der Beklagte habe jedoch weitere Einlagen erbracht, indem
er sich an den Materialkosten und Handwerkerlöhnen für die Renovierung und den Ausbau des Hauses und der Außenanlage beteiligt und hierbei auch persönlich mitgearbeitet habe. Auf den zwischen den Parteien streitigen Umfang dieser Arbeits- und Geldleistungen des Beklagten und die dazu angetretenen Beweise komme es nicht an, da diesen Umständen keine entscheidende Bedeutung für die Höhe des Abfindungsanspruchs des Beklagten beizumessen sei. Aus dem Gutachten des Sachverständigen B. zum Verkehrswert des Grundstücks im Jahre 1978 und Anfang 1998 lasse sich aber die Wertsteigerung , die Gebäude und Außenanlagen des Grundstücks in jenem Zeitraum erfahren hätten, mit 104.412,73 DM errechnen. Hiervon könne der Beklagte die Hälfte, also 52.206,37 DM, als Ausgleich verlangen.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen, unter denen Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft , die keinen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben, sich nach der Rechtsprechung des Senats ausnahmsweise auf gesellschaftsrechtliche Grundsätze stützen können, verkannt und den wesentlichen Beitrag, den der Beklagte für das Hausgrundstück der Klägerin geleistet hat, nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei der Beurteilung der zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche der Klägerin stützt es sich auf Vortrag des Beklagten, zu dem Stellung zu nehmen die Klägerin keine Gelegenheit hatte.
II. 1. Das Berufungsgericht verkennt zunächst, daß auch nach der neueren Rechtsprechung des Senats ein wesentlicher Beitrag eines Partners für einen im Alleineigentum des anderen stehenden Vermögensgegenstand nicht die Absicht gemeinschaftlicher Wertschöpfung ersetzen, sondern lediglich im Einzelfall einen Anhaltspunkt für das Bestehen einer solchen Absicht bilden kann.
Da das Berufungsgericht eine ausdrückliche Absprache der Parteien in bezug auf die Schaffung eines gemeinschaftlichen Wertes nicht festzustellen vermochte, kam der Frage nach der Leistung eines wesentlichen Beitrags des Beklagten zum Ausbau des Anwesens der Klägerin entscheidende Bedeutung zu. Eben diese für den Ausgang des Rechtsstreits wesentliche und zwischen den Parteien streitige Frage läßt das Berufungsgericht ungeklärt, indem es den Umfang der von dem Beklagten für die Renovierung und den Ausbau des Hauses der Klägerin und seiner Außenanlagen geleisteten Beiträge für unerheblich erklärt, deshalb trotz umfangreichen und unter Beweis gestellten Vortrags des Beklagten hierzu unter vorweggenommener Beweiswürdigung von einer Beweisaufnahme absieht und statt dessen allein auf den objektiv seit 1978 eingetretenen Wertzuwachs des Anwesens abstellt. Der zwischen 1978 und 1998 eingetretene Wertzuwachs ist aber als Anhaltspunkt für die Absicht der Parteien zu einer gemeinsamen Wertschöpfung von vornherein ungeeignet, wenn er nicht auf wesentlichen Beiträgen gerade des Beklagten, sondern im wesentlichen etwa auf Aufwendungen der Klägerin und Alleineigentümerin beruht. Schon aus diesem Grunde kann das Urteil keinen Bestand haben.
2. Zudem setzt der Schluß, daß wesentliche Beiträge eines Partners die Annahme einer gemeinschaftlichen Wertschöpfung rechtfertigen, nach der Rechtsprechung des Senats eine Gesamtwürdigung der in Betracht zu ziehenden Umstände voraus. Auch an einer solchen Gesamtwürdigung, bei der insbesondere die Art des geschaffenen Vermögenswertes, die Gesamtheit der von den Parteien erbrachten Leistungen und die finanziellen Verhältnisse der Partner in der konkreten Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen sind, hat das Berufungsgericht es bisher fehlen lassen. Es hat nicht einmal Feststellungen zu der finanziellen Situation der Parteien getroffen.
3. Von einem Rechtsfehler beeinflußt sind schließlich auch die Ausfüh- rungen des Berufungsgerichts, soweit es der Klägerin den im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten Anspruch auf eine über die von dem Beklagten monatlich gezahlten 600,00 DM hinausgehende Nutzungsentschädigung für die Zeit von Mai 1997 bis Januar 1998 abspricht. Die Feststellung, die Klägerin habe das Haus auch in jener Zeit unbestritten noch mitbenutzt, beruht auf Vorbringen des Beklagten in einem ihm in der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2001 zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18. Mai 2001 nachgelassenen Schriftsatz, zu dem die Klägerin nicht mehr Stellung nehmen konnte. Mit der Revision macht die Klägerin geltend, sie hätte den Vortrag des Beklagten bestritten und zu ihren gelegentlichen Besuchen dargelegt, daß eine Nutzung des Hauses nicht vorgelegen habe.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es nach Anhörung der Parteien und Durchführung der Beweisaufnahme die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Röhricht Kraemer Münke
Graf Strohn

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 259/01 Verkündet am:
17. April 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ob die Übertragung eines Grundstücks in der ehemaligen DDR durch einen erst
nach dem 3. Oktober 1990 verstorbenen Erblasser im Hinblick auf Pflichtteilsergänzungsansprüche
als Schenkung zu beurteilen ist, richtet sich nach den Wertverhältnissen
bei Vollzug des Vertrages. Lag damals ein entgeltliches Geschäft
vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen
Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
BGH, Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Ambrosius und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Schwester, die Ermittlung des Wertes eines Grundstücks. Es war der Beklagten von der Mutter der Parteien aufgrund eines vor dem Staatlichen Notariat am 28. März 1985 geschlossenen Vertrages übertragen worden. Die Mutter ist am 4. Dezember 1994 in W. bei C. gestorben. Die Beklagte war im gemeinschaftlichen Testament der Eltern als Alleinerbin nach dem Längstlebenden eingesetzt worden; der Vater ist vorverstorben.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger im Hinblick auf das der Beklagten 1985 übertragene Grundstück in W. kein Pflichtteilsrecht und damit auch keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Zwar sei gemäß Art. 235 § 1 EGBGB für die erbrechtlichen Verhältnisse das Bürgerliche Gesetzbuch maßgebend. § 2325 BGB schütze aber nur denjenigen, der im Zeitpunkt der Schenkung schon pflichtteilsberechtigt war. Das treffe auf den Kläger nicht zu, weil für ihn im Jahre 1985 § 396 Abs. 1 Nr. 2 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) gegolten habe, wonach Kinder des Erblassers nur dann einen Pflichtteilsanspruch hatten, wenn sie unterhaltsberechtigt gegenüber dem Erblasser waren. Damals sei der Kläger aber wirtschaftlich schon von seiner Mutter unabhängig gewesen.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht. Wie der Senat in BGHZ 147, 95, 96 ff. = NJW 2001, 2398; ZEV 2001, 238 m. Anm. Klingelhöffer ; BGH-Report 2001, 417 m. Anm. Pentz; JZ 2001, 1088 m. Anm. Kuchinke) entschieden hat, kommt es auch für die Pflichtteilsberechti-

gung gemäû Art. 235 § 1 EGBGB nicht auf das ZGB, sondern auf § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Daû der Kläger 1985 nicht unterhaltsberechtigt gegenüber seiner Mutter war, ist daher ohne Bedeutung. Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung wird auch im Internationalen Privatrecht nach dem Erbstatut beurteilt (Soergel/Schurig, EGBGB 12. Aufl. Art. 25 Rdn. 44; MünchKomm/Birk, EGBGB 3. Aufl. Art. 25 Rdn. 228; Staudinger /Dörner, Stand Januar 2000 Art. 25 EGBGB Rdn. 186, 188).
3. Das Landgericht hatte die Klage mit anderer Begründung abgewiesen : Bei der Übertragung des Grundstücks habe es sich nicht um eine Schenkung gehandelt. Nach der notariellen Urkunde gewährte die Beklagte der Mutter "als Entgelt" ein lebenslanges, unentgeltliches Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht, dessen Jahreswert mit ca. 1.200 Mark der DDR angegeben wurde; als Zeitwert des Grundstücks nennt die Urkunde einen Betrag von ca. 15.000 Mark der DDR. Das Landgericht hat allein das Wohn- und Mitbenutzungsrecht der Mutter, die bei Vertragsschluû 61 Jahre alt war, im Hinblick auf eine Lebenserwartung von damals noch 15 Jahren auf einen Wert von 18.000 Mark geschätzt. Daû der Zeitwert des Objekts 1985 tatsächlich höher gelegen habe, sei nicht dargetan. Damit übersteige die Gegenleistung den Zeitwert des übertragenen Anwesens.
Mit den dagegen gerichteten Angriffen des Klägers hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht befaût. Das wird nach Zurückverweisung der Sache nachzuholen sein. Dazu gibt der Senat folgende Hinweise:


a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daû der vom Kläger geltend gemachte Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich nur ein Pflichtteilsrecht voraussetzt, nicht aber schon das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs, zu dessen Beurteilung die Auskunft dienen soll (BGHZ 28, 177, 179 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 46/80 - NJW 1981, 2051, 2052 unter 1). Allerdings reicht auch der Wertermittlungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben nicht so weit, daû allein der begründete Verdacht einer unter § 2325 BGB fallenden Schenkung genügen würde, um eine Wertermittlung durch Sachverständigen auf Kosten des Nachlasses zu erreichen; vielmehr muû der Pflichtteilsberechtigte schon für den Wertermittlungsanspruch darlegen und beweisen, daû unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung eine zumindest gemischte Schenkung vorliegt (BGHZ 89, 24, 29 f., 32; BGH, Urteil vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986, 127 unter I 3; MünchKomm/Frank § 2314 Rdn. 12 m.w.N.; wenn der Pflichtteilsberechtigte die Kosten dagegen selbst übernimmt, genügen greifbare Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung: BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - IV ZR 259/92 - NJW 1993, 2737 unter I 1).

b) Für die Frage, ob das Grundstück, das die Erblasserin der Beklagten übertragen hat, als eine zumindest gemischte Schenkung zum fiktiven, der Pflichtteilsergänzung unterliegenden Nachlaû gehört, kommt es auf die Wertverhältnisse beim Vollzug des Vertrages an (BGHZ 147, 95, 98; Senatsbeschluû vom 14. Dezember 1994 - IV ZA 3/94 - ZEV 1995, 335 = FamRZ 1995, 420). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt , daû die am 28. März 1985 vor dem Staatlichen Notariat beurkun-

dete Übertragung des Grundstücks am 6. August 1985 durch Eintragung im Grundbuch vollzogen worden sei. Das hat das Berufungsgericht den Grundakten entnommen, die in der mündlichen Verhandlung zusammen mit den Vertretern der Parteien eingesehen wurden (GA II 251). Dabei hat das Berufungsgericht berücksichtigt, daû das Grundbuchblatt im Zuge der Neufassung des Grundbuchs im Jahre 1993 durch eine kreuzförmige Durchstreichung unbrauchbar gemacht worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich jedoch nicht um eine Rötung, wie sie in der Grundbuchverfügung in Fällen der Löschung von Rechten (zusätzlich neben dem nach § 46 GBO erforderlichen Löschungsvermerk ) vorgesehen ist.
Das läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte hatte zwar den Vortrag in der Berufungsbegründung des Klägers, sie sei erst am 12. Juli 1993 ins Grundbuch eingetragen worden, in ihrer Berufungserwiderung nicht ausdrücklich bestritten. In einem Vermerk des Liegenschaftsdienstes auf der vom Kläger in erster Instanz vorgelegten Urkunde des notariellen Übertragungsvertrages wird als Datum der Eintragung ins Grundbuch aber der 6. August 1985 angegeben. Das Berufungsgericht hat daher die Grundakten mit Recht beigezogen und mit den Parteien erörtert (§ 139 ZPO). Daraufhin hat der Kläger seinen Antrag geändert und den 6. August 1985 als Datum des Vollzugs der Schenkung übernommen.
Danach kommt es für das Vorliegen einer Schenkung auf die Wertverhältnisse im Jahre 1985 an.


c) Lag damals ein entgeltliches Geschäft vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
Um dagegen eine ergänzungspflichtige Schenkung im Sinne von §§ 2325 ff. BGB annehmen zu können, bedarf es zunächst objektiv einer Bereicherung des einen Vertragspartners (zu übernommenen Lasten und Gegenleistungen vgl. BGHZ 107, 156, 159 ff.; BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 - X ZR 42/97 - NJW 1999, 1626 unter I 2 b). Dabei sind sowohl das Grundstück als auch das Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht der Erblasserin nach den Verhältnissen in der DDR im Jahre 1985 zu bewerten. Daû eine Schenkung schon deshalb ausscheide, weil ein solches Rechtsgeschäft nach § 282 Abs. 2 ZGB nicht von einer Bedingung oder einer Auflage abhängig gemacht werden konnte, ist entgegen der Ansicht des Landgerichts für die hier in Rede stehende Anwendung von § 2325 BGB nicht entscheidend. Auch wenn ein Rechtsgeschäft keine Gegenleistung im Rechtssinne vorsieht, die Zuwendung aber Geschäftsgrundlage für gleichwertige Leistungen des Empfängers ist, kann Entgeltlichkeit vorliegen (sog. kausale Verknüpfung, vgl. MünchKomm/Kollhosser, BGB 3. Aufl. § 516 Rdn. 16).
Unentbehrlich für die Annahme einer Schenkung ist eine dahingehende Einigung der Parteien (BGHZ 116, 178, 181). Wie das Landgericht mit Recht feststellt, bietet die notarielle Urkunde vom 28. März 1985 dafür keinen Anhalt. Die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit wird jedoch vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Miûverhältnis

besteht, das den Vertragsschlieûenden nicht verborgen geblieben sein kann; dabei ist allerdings unter Verwandten zu berücksichtigen, daû sie den ohnehin nur abzuschätzenden Wert ihrer Leistungen kaum je exakt kalkulieren; deshalb ist für die einzelnen Leistungen von Werten auszugehen , die bei verständiger, die konkreten Umstände berücksichtigender Beurteilung noch als vertretbar gelten können (BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVa ZR 132/80 - NJW 1981, 2458 unter I; Urteil vom 15. März 1989 - IVa ZR 338/87 - LM BGB § 2325 Nr. 23 unter 2 und 3; Urteil vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94 - NJW 1995, 1349 unter 3 b). Obwohl der Kläger grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für eine der Pflichtteilsergänzung unterliegende Schenkung trägt, hat die an dem Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligte Beklagte zunächst die seinerzeit für die Bewertung maûgebenden Vorstellungen der Beteiligten vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - ZEV 1996, 186 unter 2 b bb m.w.N.).

d) Falls das Geschäft schon damals jedenfalls zum Teil unentgeltlich war, weil der Beklagten voraussichtlich auch nach dem Tod der Mutter noch etwas von dem zugewandten Wert übrig blieb, kommt es für § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB nur auf diesen, aus der Sicht des Jahres 1985 und nach den damals in der DDR maûgebenden Verhältnissen zu bewertenden Anteil an (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395, 397).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Ambrosius Felsch

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 263/04 Verkündetam:
8.März2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________

a) Zur Beschränkung einer Revisionszulassung "hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs".

b) Kommt es gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BGB auf den Grundstückswert
im Zeitpunkt des Erbfalls an, bleibt der Wert des dem Erblasser bei vorheriger
Grundstücksübertragung vorbehaltenen Wohnrechts unberücksichtigt (Bestätigung
von BGHZ 118, 49).
BGH, Urteil vom 8. März 2006 - IV ZR 263/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 8. März 2006

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Oktober 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen ihre Halbschwester geltend nach der 1999 verstorbenen Mutter der Parteien.
2
1993 setzte die Erblasserin die Beklagte durch notarielles Testament zur Alleinerbin ein. Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 28. September 1995 übertrug sie dieser "im Wege vorweggenommener Erbfolge" (§ 1) "unentgeltlich" (§ 2) ihren mit einem Vierfamilienhaus be- bauten Grundbesitz unter Vorbehalt eines unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrechts gemäß § 1090 BGB (§ 6). Zur Begründung heißt es in § 1: "Die Schenkung erfolgt (in Anwendung des § 2330 BGB) als Ausgleich und als belohnende Zuwendung für die 12-jährige aufopferungsvolle Pflege und Versorgung durch die Erschienene zu 2) [Beklagte] in der Zeit der Schwerbehinderung der Erschienenen zu 1) [Erblasserin] bis zum heutigen Tage. Die Erschienene zu 2) hat überdies noch den Haushalt versorgt, obwohl sie selbst berufstätig ist. Für alle diese Leistungen ist niemals ein Entgelt geleistet worden."
3
Am 9. November 1995 wurde die Beklagte als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen.
4
Nach Erteilung der im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunft über den Nachlass bezifferte die Klägerin ihr Leistungsbegehren auf insgesamt 108.875,91 €.
5
Das Landgericht hat ihr einen Pflichtteil von 21.098,41 € und eine Pflichtteilsergänzung von 72.471,53 € zugesprochen. Etwaige Pflegeleistungen hat es nicht berücksichtigt. Eine Ausgleichung gemäß §§ 2316, 2057a BGB sei mit Blick auf kostenfreies Wohnen der Beklagten im Haus der Erblasserin unbillig; für die Erblasserin habe insoweit auch keine sittliche Verpflichtung gemäß § 2330 BGB bestanden, der Beklagten mit dem Hausgrundstück mehr als zwei Drittel ihres gesamten Vermögens zu vermachen.

6
Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihr erstinstanzliches Leistungsbegehren insgesamt weiterverfolgt. Die Beklagte hat Klageabweisung begehrt, soweit sie verurteilt worden ist, mehr als 70.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat den Pflichtteilsanspruch - weil nicht angefochten - in der vom Landgericht zuerkannten Höhe bestätigt und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 70.306,95 € zugesprochen.
7
Die Klägerin möchte mit ihrer Revision eine weitere Zahlung von 4.485,36 € erreichen, weil bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzung der Wert des vorbehaltenen Wohnungsrechts der Erblasserin nicht habe in Abzug gebracht werden dürfen.
8
Beklagte Die verfolgt mit ihrer Revision ihr Berufungsbegehren weiter, weil von ihr erbrachte Pflegeleistungen insoweit hätten berücksichtigt werden müssen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Beide Revisionen sind uneingeschränkt zulässig.
10
Das Berufungsgericht hat zu der im Urteilstenor "hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs" zugelassenen Revision in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass seine Entscheidung zum Abzug des Wohnungsrechts von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 118, 49) abweiche. Der Bundesgerichtshof habe zwar die Revision gegen die seiner Auffassung ebenfalls widersprechende Entschei- dung des Oberlandesgerichts Celle (OLGR 2002, 110 f.) nicht angenommen (Beschluss vom 29. Januar 2003 - IV ZR 75/02), später aber an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten (Beschluss vom 16. Juli 2003 - IV ZR 73/03 - FamRZ 2003, 1552 unter II 1).
11
Damit ist - wie die Revision der Beklagten zu Recht geltend macht - die Nachprüfung des angefochtenen Urteils nicht auf diese Frage beschränkt.
12
Nach 1. anerkannter Rechtsauffassung kann die Zulassung der Revision auf einen Teil des Streitstoffes beschränkt werden. Dies soll der Entlastung des Revisionsgerichts dienen und von ihm alle nicht unbedingt im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsfortbildung notwendige Arbeit fernhalten (so bereits BGHZ 9, 357, 358). Voraussetzung ist dafür, dass sich die Beschränkung klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergibt und zudem rechtlich zulässig ist (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - VersR 1984, 38 unter I; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. § 546 Rdn. 53 jeweils m.w.N.).
13
2. Es mag auf sich beruhen, ob das Berufungsgericht mit der gebotenen Klarheit ausgesprochen hat, dass die Zulassung auf die eingangs beschriebene Frage und gegebenenfalls sogar auf die dadurch allein beschwerte Partei beschränkt sein soll, oder ob es nicht lediglich das Motiv für seine Zulassungsentscheidung bezeichnet hat (vgl. BGHZ 90, 318, 320). Jedenfalls ist eine derartige Beschränkung auf die Frage, ob ein vorbehaltenes Wohnungsrecht im Rahmen des § 2325 BGB stets abzuziehen ist, unzulässig und damit wirkungslos.

14
Eine a) bei mehreren selbstständigen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) grundsätzlich mögliche Begrenzung der Zulassung auf einen Anspruch (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 272/94 - NJW 1995, 1955 unter I 1; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 543 Rdn. 22) scheidet aus, wenn die Entscheidung über diesen Anspruch von der über den anderen ebenfalls vom Berufungsgericht entschiedenen Anspruch abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 1968 - VI ZR 27/68 - NJW 1968, 1476 unter II 1). Eine solche Abhängigkeit zwischen dem Pflichtteilsanspruch einerseits und dem ihm gegenüber an sich selbstständigen Pflichtteilsergänzungsanspruch (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1973 - IV ZR 157/71 - NJW 1973, 995 unter 1; MünchKomm/Lange, BGB 4. Aufl. § 2325 Rdn. 4) andererseits, ist jedenfalls hier gegeben.
15
b) Die von der Beklagten behaupteten Leistungen (Pflege, Wohnungsausbau ) können den Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) gemäß §§ 2316, 2057a BGB und den Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) gemäß § 2330 BGB mindern. Die Ansprüche können auch insofern gegenseitig Einfluss aufeinander haben, als der Ergänzungsanspruch an den Pflichtteil anknüpft. Deswegen kann über sie nur einheitlich entschieden werden; eine beschränkte Zulassung kommt dann nicht in Betracht (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO Rdn. 54).
16
Gleiches gilt für eine etwaig angestrebte weitergehende Einschränkung der Zulassung nur für die Behandlung des Wohnungsrechts. Eine Zulassung auf einen Teil eines Streitgegenstandes ist an sich grundsätzlich möglich (vgl. BGHZ 101, 276, 278 f.; 48, 134, 136). Die Begrenzung auf das Wohnungsrecht, die sich allein auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch bezieht und den gesamten, den Pflichtteilsanspruch ebenfalls berührenden Pflegebereich ausschlösse, beträfe indes nur einen unselbstständigen, nicht abtrennbaren Teil des Ergänzungsanspruchs bei der Ermittlung des Schenkungswertes. Derartige Beschränkungen der Revisionszulassung auf einzelne rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, bestimmte Rechtsfragen oder einzelne Urteilselemente sind nicht zulässig (vgl. MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO Rdn. 59 m.w.N.).
17
DaeineZulassungsbeschränkun g hier demzufolge insgesamt ausscheidet , ist das angefochtene Urteil in vollem Umfang zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 aaO).
18
II. Beide Revisionen haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
19
1. Revision der Klägerin
20
a)DasBerufungsgericht hat dazu ausgeführt:
21
Bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs sei nach seiner Rechtsprechung (OLG Celle aaO), wenn - wie hier - der niedrigere Schenkwert bei Eintritt des Erbfalles (585.124,20 DM) gegenüber dem höheren beim Schenkungsvollzug (601.927,56 DM) zugrunde zu legen sei, der Wert des vorbehaltenen Wohnungsrechts (35.090,77 DM) abzuziehen. Die dem entgegenstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs BGHZ 118, 49, die einen solchen Abzug nur vorsehe, wenn der Wert des Geschenkes beim Erwerb durch den Beschenkten maßgebend sei, widerspreche Wortlaut und Sinn der Regelung des § 2325 BGB.
22
b)DieseRechtsauffa ssung trifft nicht zu.
23
aa) In ständiger, seit langem gefestigter Rechtsprechung geht der Senat davon aus, dass unter Beachtung des Niederstwertprinzips in § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB die Schenkung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt lediglich in dem Umfang ergänzungspflichtig ist, in dem der Grundstückswert den Wert des dem Erblasser verbliebenen Nießbrauchs übersteigt. Kommt es danach auf den Stichtag der Grundstücksübertragung an, weil der für den Zeitpunkt des Schenkungsvollzuges (zunächst ohne Berücksichtigung des Wohnrechts) ermittelte Wert des Grundstücks unter dessen Wert im Zeitpunkt des Erbfalls liegt, ist der Wert des Wohnungsrechts bei der Ermittlung des ergänzungspflichtigen Schenkungswertes (jetzt) in Abzug zu bringen. Ist dagegen der Grundstückswert im Zeitpunkt des Erbfalls der maßgebliche Wert, kommt ein Abzug nicht mehr in Betracht; in diesem Zeitpunkt ist das Wohnungsrecht nicht mehr werthaltig, es ist erloschen (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395, 397, 399; Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 254/88 - WM 1990, 1637 unter I 1; 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - NJW-RR 1996, 705 unter 3 b und c; Senatsbeschluss vom 16. Juli 2003 aaO; vgl. ferner MünchKomm/Lange, aaO § 2325 Rdn. 23 f., 31 ff., 34 m.w.N. auch zu den kritischen Stimmen in der Literatur).
24
Dem vom Berufungsgericht herangezogenen Nichtannahmebeschluss (vgl. vorstehend I.) lassen sich Zweifel an dieser Senatsrechtsprechung nicht einmal ansatzweise entnehmen. Es werden darin viel- mehr lediglich die Grundsatzbedeutung der höchstrichterlich längst entschiedenen Rechtsfrage und ihre Entscheidungserheblichkeit für das Endergebnis verneint, das nach revisionsrechtlicher Überprüfung aus anderen Gründen Bestand hatte.
25
bb) Davon abweichend will das Berufungsgericht das Wohnungsrecht stets in Abzug bringen, weil nach § 2325 BGB der Pflichtteilsberechtigte so dastehen solle, als befände sich der verschenkte Gegenstand noch genauso in dem Nachlass, wie der Erblasser ihn weggeschenkt habe. Mit diesem von Reiff (FamRZ 1991, 553) übernommenen Ansatz hat sich der Senat schon in der vom Berufungsgericht herangezogenen Grundsatzentscheidung umfassend auseinandergesetzt und ihn als nicht durchgreifend zurückgewiesen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung im Rahmen der Bewertungsvorschrift des § 2325 Abs. 2 BGB (BGHZ 125, 395, 397; zustimmend MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 34) muss der Pflichtteilsberechtigte vielmehr so stehen, als sei der Gegenstand zur Zeit der dinglichen Vollziehung der Schenkung - als dem maßgeblichen Stichtag - in Geld umgesetzt worden; nur der dabei hypothetisch erzielte Erlös (= Wert) ist dem Nachlass gemäß § 2325 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BGB hinzuzurechnen (BGHZ 118, 49, 52). Dass das vorbehaltene Wohnungsrecht zu diesem Zeitpunkt für den Erblasser einen Wert hat und daher den Wert der Schenkung mindert, liegt - vor allem wirtschaftlich betrachtet - ebenso auf der Hand wie der im Falle des Erbfallstichtages gegebene vollständige Wertverlust des Nutzungsrechts mit dem Tod des Erblassers. Dem ist im Rahmen der gesetzlichen Regelung nach den vorgegebenen Bewertungsstichtagen - unbeschadet etwaiger Härten im Einzelfall - Rechnung zu tragen (vgl. MünchKomm/Lange, aaO Rdn. 33). Zutreffend weist insofern die Revision zu den weiteren Erwä- gungen des Berufungsgerichts auf Ungereimtheiten hin, die sich nach seinem Ansatz ergeben. Der Pflichtteilsberechtigte würde danach mit später eingetretenen Wertverlusten des Grundstücks und zusätzlich mit einer nicht mehr vorhandenen Wertminderung durch das untergegangene Nutzungsrecht belastet. Dem Gesetz ist dafür ebenso wenig eine überzeugende Rechtfertigung zu entnehmen wie für die Annahme des Berufungsgerichts , der fortlaufenden wertmäßigen Abnahme der Belastung des übertragenen Gegenstandes werde durch die Kapitalisierung Rechnung getragen. Einen vom Senat bei seiner Beurteilung bislang nicht einbezogenen und gewichteten Gesichtspunkt vermag es auch insoweit nicht aufzuzeigen.
26
An der Rechtsprechung des Senats ist daher insgesamt uneingeschränkt festzuhalten. Ein Abzug des Wohnungsrechts beim Stichtag "Erbfall" scheidet aus.
27
2. Revision der Beklagten
28
a) Das Berufungsgericht hat seine Ablehnung, der Beklagten einen Ausgleich für die von ihr behaupteten Pflegeleistungen zu gewähren, folgendermaßen begründet:
29
Zu Recht habe das Landgericht etwaige Pflegeleistungen der Beklagten nicht berücksichtigt. Es habe fehlerfrei festgestellt, dass sie bis zur Grundstücksübertragung kostenfrei im Haus der Erblasserin gewohnt habe. Die Beklagte habe diesen bereits in der Klageschrift im Zusammenhang mit § 2330 BGB enthaltenen Vortrag nicht bestritten. Darauf habe das Landgericht auch nicht besonders hinweisen müssen. Das wei- tere Vorbringen zu den Mietzahlungen sei - wie das ohnehin substanzlose zum Ausbau der Wohnungen aus eigenen Mitteln - aus Nachlässigkeit erst in der Berufungsinstanz erfolgt und habe deswegen gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden dürfen.
30
Im Übrigen rechtfertigten die behaupteten Pflegeleistungen sowohl im Rahmen der Entscheidung zu §§ 2316, 2057a BGB als auch zu § 2330 BGB keine vom Landgericht abweichende Beurteilung. Dafür seien besondere Umstände erforderlich - wie schwerwiegende persönliche Opfer oder eine durch die Pflegetätigkeit hervorgerufene Notlage des Pflegenden -, die nicht vorgetragen oder ersichtlich seien.
31
Diese b) Ausführungen halten bereits im Ausgangspunkt einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
32
aa) Das Landgericht hätte ohne vorherigen Hinweis (§ 139 ZPO) nicht als unbestritten und damit zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO) zugrunde legen dürfen, die Beklagte habe ohne jegliche Gegenleistung (Miete, Wohnungsausbau) im Haus ihrer Mutter gewohnt. Dabei konnte sich das Gericht lediglich auf einen Satz in der Klageschrift stützen, in der die Klägerin die 12-jährige Pflege und Versorgung in Frage zieht, die die Erblasserin mit der Grundstücksübertragung laut notariellem Übertragungsvertrag ausgleichen und belohnen wollte. In diesem Zusammenhang vertritt die Klägerin ohne jede weitere Angabe lediglich die Auffassung , dass eine gelegentliche Hilfe im Haushalt durch unentgeltliches Wohnen ausgeglichen sei. Diese von der Revision der Beklagten zutreffend als beiläufige und substanzlose Anmerkung bezeichnete Einschätzung ist von den Parteien nicht wieder aufgegriffen oder gar näher erhär- tet bzw. entkräftet worden. Im Rahmen der Auskunftsklage bestand dafür auch keine Veranlassung, weil dies dafür nicht erheblich war. Es ist offensichtlich - auch darin ist der Revision zuzustimmen -, dass jedenfalls die Beklagte dieses Vorbringen für unerheblich gehalten oder sogar übersehen hatte. Dann mussten ihr gemäß § 139 Abs. 2 ZPO ein entsprechender Hinweis und Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, um eine Überraschungsentscheidung zu vermeiden und dem Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör zu genügen (vgl. Zöller/Greger, aaO § 139 Rdn. 4 ff.). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof schon vor der Neufassung des § 139 Abs. 2 ZPO, die gegenüber § 278 Abs. 3 ZPO a.F. klarstellt, dass der maßgebliche Gesichtspunkt auch tatsächlicher Natur sein kann (MünchKomm-ZPO/Peters, aaO Aktualisierungsband § 139 Rdn. 3), in ständiger Rechtsprechung verlangt, dass auf Bedenken gegen die Schlüssigkeit und Substantiierung von Angriffs- und Verteidigungsvorbringen und insoweit fehlenden Sachvortrag grundsätzlich selbst eine anwaltlich vertretene Partei unmissverständlich hinzuweisen ist, es sei denn, darüber wurde bereits zuvor gestritten (vgl. nur BGH, Urteile vom 4. Juli 1989 - XI ZR 45/88 -, 2. Februar 1993 - XI ZR 58/92 -, 22. April 1999 - I ZR 37/97 - und 7. Dezember 2000 - I ZR 179/98 - BGHR ZPO § 139 Abs. 1 Anwaltsprozess 3, Überraschungsentscheidung 2, Hinweispflicht 1 und BGHR ZPO § 139 Hinweispflicht 7).
33
Diesen Prozessleitungsanforderungen hat das Landgericht nicht mit dem schließlich erfolgten Hinweis genügt, die Pflegeleistungen seien noch nicht hinreichend substantiiert. Im Gegenteil konnte die Beklagte danach erst recht nicht damit rechnen, dass das Gericht, bei dem inzwischen auch noch ein Richterwechsel stattgefunden hatte, nach ihrem ergänzenden Sachvortrag die Pflegeleistung ohne jede Bewertung mit den ebenfalls nicht bewerteten Mietersparungen als ausgeglichen ansehen könnte.
34
bb) Damit erweist sich auch die weitere Behandlung durch das Berufungsgericht als verfahrensfehlerhaft. Das gesamte erst- und zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten zu dem Komplex anrechenbare Pflegeleistungen einschließlich etwaiger Mietzinszahlungen und Wohnungsausbaukosten ist zu berücksichtigen (§ 531 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Das wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien - nachzuholen und auf der Grundlage der dazu getroffenen Feststellungen erstmalig eine entsprechende Leistungsbewertung vorzunehmen haben.
35
Dem stehen auch seine Erwägungen nicht entgegen, es fehle an Vortrag zu den besonderen Umständen, die für eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen erforderlich seien. Dies trifft bereits angesichts behaupteter 16-jähriger, mit den Jahren wegen des Gesundheitszustandes der Erblasserin gesteigerter Pflege und Versorgung bei mindestens ebenso langen Mietzinszahlungen nicht zu. Eine solche Versorgung kann bereits der Intensität nach, so sich die behaupteten Umstände als zutreffend erweisen sollten, eine Ausgleichung gemäß § 2057a BGB bedingen (vgl. MünchKomm/Heldrich, aaO § 2057a Rdn. 23 ff.). Das Berufungsgericht lässt insoweit ferner unbeachtet, dass dem Übertragungsvertrag auch eine gemischte Schenkung zugrunde liegen kann, der die Beklagte mit ihrem Berufungsantrag Rechnung getragen hätte (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1973 aaO unter 2). Übernommene Pflegeverpflichtungen und Pflegeleistungen können zudem - auch nachträglich - in Form echter Gegenleistungen bei gemischten Schenkungen als Abzugsposten in Be- tracht kommen (vgl. nur OLG Oldenburg NJW-RR 1997, 263 f.; Palandt /Edenhofer, BGB 65. Aufl. § 2325 Rdn. 19). Schließlich sind im Rahmen des § 2330 BGB die Grundsätze anzuwenden, die für die gemischte Schenkung gelten. Danach besteht eine Ergänzungspflicht nur insoweit, als die Zuwendung das gebotene Maß überschreitet (vgl. Senatsurteil vom 26. April 1978 - IV ZR 26/77 - WM 1978, 905 f.).
36
die Da behaupteten Leistungen der Beklagten die Höhe des Pflichtteils- und des Pflichtteilsergänzungsanspruchs beeinflussen können , ist die Sache insgesamt an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 18.02.2004 - 12 O 87/02 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.10.2004 - 6 U 63/04 -

(1) Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

(2) Ist die Zuwendung ohne den Willen des anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der andere sie vorher abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 259/01 Verkündet am:
17. April 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ob die Übertragung eines Grundstücks in der ehemaligen DDR durch einen erst
nach dem 3. Oktober 1990 verstorbenen Erblasser im Hinblick auf Pflichtteilsergänzungsansprüche
als Schenkung zu beurteilen ist, richtet sich nach den Wertverhältnissen
bei Vollzug des Vertrages. Lag damals ein entgeltliches Geschäft
vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen
Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
BGH, Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Ambrosius und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Schwester, die Ermittlung des Wertes eines Grundstücks. Es war der Beklagten von der Mutter der Parteien aufgrund eines vor dem Staatlichen Notariat am 28. März 1985 geschlossenen Vertrages übertragen worden. Die Mutter ist am 4. Dezember 1994 in W. bei C. gestorben. Die Beklagte war im gemeinschaftlichen Testament der Eltern als Alleinerbin nach dem Längstlebenden eingesetzt worden; der Vater ist vorverstorben.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger im Hinblick auf das der Beklagten 1985 übertragene Grundstück in W. kein Pflichtteilsrecht und damit auch keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Zwar sei gemäß Art. 235 § 1 EGBGB für die erbrechtlichen Verhältnisse das Bürgerliche Gesetzbuch maßgebend. § 2325 BGB schütze aber nur denjenigen, der im Zeitpunkt der Schenkung schon pflichtteilsberechtigt war. Das treffe auf den Kläger nicht zu, weil für ihn im Jahre 1985 § 396 Abs. 1 Nr. 2 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) gegolten habe, wonach Kinder des Erblassers nur dann einen Pflichtteilsanspruch hatten, wenn sie unterhaltsberechtigt gegenüber dem Erblasser waren. Damals sei der Kläger aber wirtschaftlich schon von seiner Mutter unabhängig gewesen.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht. Wie der Senat in BGHZ 147, 95, 96 ff. = NJW 2001, 2398; ZEV 2001, 238 m. Anm. Klingelhöffer ; BGH-Report 2001, 417 m. Anm. Pentz; JZ 2001, 1088 m. Anm. Kuchinke) entschieden hat, kommt es auch für die Pflichtteilsberechti-

gung gemäû Art. 235 § 1 EGBGB nicht auf das ZGB, sondern auf § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Daû der Kläger 1985 nicht unterhaltsberechtigt gegenüber seiner Mutter war, ist daher ohne Bedeutung. Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung wird auch im Internationalen Privatrecht nach dem Erbstatut beurteilt (Soergel/Schurig, EGBGB 12. Aufl. Art. 25 Rdn. 44; MünchKomm/Birk, EGBGB 3. Aufl. Art. 25 Rdn. 228; Staudinger /Dörner, Stand Januar 2000 Art. 25 EGBGB Rdn. 186, 188).
3. Das Landgericht hatte die Klage mit anderer Begründung abgewiesen : Bei der Übertragung des Grundstücks habe es sich nicht um eine Schenkung gehandelt. Nach der notariellen Urkunde gewährte die Beklagte der Mutter "als Entgelt" ein lebenslanges, unentgeltliches Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht, dessen Jahreswert mit ca. 1.200 Mark der DDR angegeben wurde; als Zeitwert des Grundstücks nennt die Urkunde einen Betrag von ca. 15.000 Mark der DDR. Das Landgericht hat allein das Wohn- und Mitbenutzungsrecht der Mutter, die bei Vertragsschluû 61 Jahre alt war, im Hinblick auf eine Lebenserwartung von damals noch 15 Jahren auf einen Wert von 18.000 Mark geschätzt. Daû der Zeitwert des Objekts 1985 tatsächlich höher gelegen habe, sei nicht dargetan. Damit übersteige die Gegenleistung den Zeitwert des übertragenen Anwesens.
Mit den dagegen gerichteten Angriffen des Klägers hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht befaût. Das wird nach Zurückverweisung der Sache nachzuholen sein. Dazu gibt der Senat folgende Hinweise:


a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daû der vom Kläger geltend gemachte Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich nur ein Pflichtteilsrecht voraussetzt, nicht aber schon das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs, zu dessen Beurteilung die Auskunft dienen soll (BGHZ 28, 177, 179 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 46/80 - NJW 1981, 2051, 2052 unter 1). Allerdings reicht auch der Wertermittlungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben nicht so weit, daû allein der begründete Verdacht einer unter § 2325 BGB fallenden Schenkung genügen würde, um eine Wertermittlung durch Sachverständigen auf Kosten des Nachlasses zu erreichen; vielmehr muû der Pflichtteilsberechtigte schon für den Wertermittlungsanspruch darlegen und beweisen, daû unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung eine zumindest gemischte Schenkung vorliegt (BGHZ 89, 24, 29 f., 32; BGH, Urteil vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986, 127 unter I 3; MünchKomm/Frank § 2314 Rdn. 12 m.w.N.; wenn der Pflichtteilsberechtigte die Kosten dagegen selbst übernimmt, genügen greifbare Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung: BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - IV ZR 259/92 - NJW 1993, 2737 unter I 1).

b) Für die Frage, ob das Grundstück, das die Erblasserin der Beklagten übertragen hat, als eine zumindest gemischte Schenkung zum fiktiven, der Pflichtteilsergänzung unterliegenden Nachlaû gehört, kommt es auf die Wertverhältnisse beim Vollzug des Vertrages an (BGHZ 147, 95, 98; Senatsbeschluû vom 14. Dezember 1994 - IV ZA 3/94 - ZEV 1995, 335 = FamRZ 1995, 420). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt , daû die am 28. März 1985 vor dem Staatlichen Notariat beurkun-

dete Übertragung des Grundstücks am 6. August 1985 durch Eintragung im Grundbuch vollzogen worden sei. Das hat das Berufungsgericht den Grundakten entnommen, die in der mündlichen Verhandlung zusammen mit den Vertretern der Parteien eingesehen wurden (GA II 251). Dabei hat das Berufungsgericht berücksichtigt, daû das Grundbuchblatt im Zuge der Neufassung des Grundbuchs im Jahre 1993 durch eine kreuzförmige Durchstreichung unbrauchbar gemacht worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich jedoch nicht um eine Rötung, wie sie in der Grundbuchverfügung in Fällen der Löschung von Rechten (zusätzlich neben dem nach § 46 GBO erforderlichen Löschungsvermerk ) vorgesehen ist.
Das läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte hatte zwar den Vortrag in der Berufungsbegründung des Klägers, sie sei erst am 12. Juli 1993 ins Grundbuch eingetragen worden, in ihrer Berufungserwiderung nicht ausdrücklich bestritten. In einem Vermerk des Liegenschaftsdienstes auf der vom Kläger in erster Instanz vorgelegten Urkunde des notariellen Übertragungsvertrages wird als Datum der Eintragung ins Grundbuch aber der 6. August 1985 angegeben. Das Berufungsgericht hat daher die Grundakten mit Recht beigezogen und mit den Parteien erörtert (§ 139 ZPO). Daraufhin hat der Kläger seinen Antrag geändert und den 6. August 1985 als Datum des Vollzugs der Schenkung übernommen.
Danach kommt es für das Vorliegen einer Schenkung auf die Wertverhältnisse im Jahre 1985 an.


c) Lag damals ein entgeltliches Geschäft vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
Um dagegen eine ergänzungspflichtige Schenkung im Sinne von §§ 2325 ff. BGB annehmen zu können, bedarf es zunächst objektiv einer Bereicherung des einen Vertragspartners (zu übernommenen Lasten und Gegenleistungen vgl. BGHZ 107, 156, 159 ff.; BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 - X ZR 42/97 - NJW 1999, 1626 unter I 2 b). Dabei sind sowohl das Grundstück als auch das Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht der Erblasserin nach den Verhältnissen in der DDR im Jahre 1985 zu bewerten. Daû eine Schenkung schon deshalb ausscheide, weil ein solches Rechtsgeschäft nach § 282 Abs. 2 ZGB nicht von einer Bedingung oder einer Auflage abhängig gemacht werden konnte, ist entgegen der Ansicht des Landgerichts für die hier in Rede stehende Anwendung von § 2325 BGB nicht entscheidend. Auch wenn ein Rechtsgeschäft keine Gegenleistung im Rechtssinne vorsieht, die Zuwendung aber Geschäftsgrundlage für gleichwertige Leistungen des Empfängers ist, kann Entgeltlichkeit vorliegen (sog. kausale Verknüpfung, vgl. MünchKomm/Kollhosser, BGB 3. Aufl. § 516 Rdn. 16).
Unentbehrlich für die Annahme einer Schenkung ist eine dahingehende Einigung der Parteien (BGHZ 116, 178, 181). Wie das Landgericht mit Recht feststellt, bietet die notarielle Urkunde vom 28. März 1985 dafür keinen Anhalt. Die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit wird jedoch vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Miûverhältnis

besteht, das den Vertragsschlieûenden nicht verborgen geblieben sein kann; dabei ist allerdings unter Verwandten zu berücksichtigen, daû sie den ohnehin nur abzuschätzenden Wert ihrer Leistungen kaum je exakt kalkulieren; deshalb ist für die einzelnen Leistungen von Werten auszugehen , die bei verständiger, die konkreten Umstände berücksichtigender Beurteilung noch als vertretbar gelten können (BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVa ZR 132/80 - NJW 1981, 2458 unter I; Urteil vom 15. März 1989 - IVa ZR 338/87 - LM BGB § 2325 Nr. 23 unter 2 und 3; Urteil vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94 - NJW 1995, 1349 unter 3 b). Obwohl der Kläger grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für eine der Pflichtteilsergänzung unterliegende Schenkung trägt, hat die an dem Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligte Beklagte zunächst die seinerzeit für die Bewertung maûgebenden Vorstellungen der Beteiligten vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - ZEV 1996, 186 unter 2 b bb m.w.N.).

d) Falls das Geschäft schon damals jedenfalls zum Teil unentgeltlich war, weil der Beklagten voraussichtlich auch nach dem Tod der Mutter noch etwas von dem zugewandten Wert übrig blieb, kommt es für § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB nur auf diesen, aus der Sicht des Jahres 1985 und nach den damals in der DDR maûgebenden Verhältnissen zu bewertenden Anteil an (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395, 397).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Ambrosius Felsch

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

(1) Die Verjährungsfrist des dem Pflichtteilsberechtigten nach § 2329 gegen den Beschenkten zustehenden Anspruchs beginnt mit dem Erbfall.

(2) Die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs und des Anspruchs nach § 2329 wird nicht dadurch gehemmt, dass die Ansprüche erst nach der Ausschlagung der Erbschaft oder eines Vermächtnisses geltend gemacht werden können.

(1) Soweit der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der Pflichtteilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.

(2) Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.

(3) Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 224/07 Verkündetam:
11.März2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In der Unfallversicherung wird die Verjährung des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung
durch Erhebung einer Leistungsklage nur im Umfang des bezifferten
Antrags gehemmt; dass sich nach Ablauf der Verjährungsfrist ein höherer
als der mit der Klage geltend gemachten Invaliditätsgrad etwa aufgrund
einer Beweisaufnahme ergibt, ändert daran nichts.
BGH, Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt auf die mündliche Verhandlung vom
11. März 2009

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Aufgrund eines Verkehrsunfalls am 18. Juli 1999, bei dem der vom Kläger gesteuerte PKW seitlich angefahren wurde, erlitt der Kläger eine Prellung des linken Brustkorbs mit Rippenserienfraktur. Er macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Unfallversicherung geltend, der die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 94) zugrunde liegen; die Versicherungssumme betrug zum Unfallzeitpunkt 300.128,33 €.
2
Die Beklagte holte eine ärztliche Stellungnahme ein, in der eine dauernde Invalidität des Klägers von 20% attestiert wurde, und leistete eine Vorauszahlung. Eine weitere von der Beklagten in Auftrag gegebene Begutachtung gelangte dagegen zu dem Ergebnis, die Bewegungseinschränkungen des Brustkorbs und der Wirbelsäule seien nicht unfallbedingt. Darauf lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. August 2002 weitere Leistungen ab und forderte die bereits geleistete Vorauszahlung zurück. Einen Vergleichsvorschlag der Beklagten wies der Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2003 zurück.
3
Mit der am 12. Februar 2003 im Vorprozess eingegangenen Klage machte der Kläger den ihm bei einer Invalidität von 20% zustehenden Betrag abzüglich der erhaltenen Vorauszahlung geltend. Mit Urteil vom 17. September 2004 ging das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens von einer Invalidität des Klägers von 30% aus, die aber nur zu 10% unfallbedingt sei; es wies die Klage daher überwiegend ab. Ein weiteres, im Berufungsverfahren eingeholtes Gutachten vom 19. Oktober 2005 gelangte dagegen zu dem Ergebnis, der Grad unfallbedingter Invalidität des Klägers sei mit mindestens 50% zu veranschlagen , da es bei dem Verkehrsunfall nicht nur zu einer Rippenserienfraktur und Pneumohämatothorax gekommen sei, sondern auch zu einer Lungenkontusion. Das Oberlandesgericht legte dieses Gutachten seinem Urteil vom 23. März 2006 zugrunde, ging danach von einer Invalidität von jedenfalls 20% aus und gab dem Antrag des Klägers statt. Das Urteil wurde rechtskräftig.
4
Nach Ablehnung weiterer Leistungen durch die Beklagte fordert der Kläger im vorliegenden Verfahren den restlichen Betrag, der ihm an 50% der Versicherungssumme noch fehlt. Die Beklagte beruft sich u.a. auf die Einrede der Verjährung.
5
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Restanspruch verjährt sei. Dagegen wendet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


6
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht ist von §§ 11, 12 des Versicherungsvertragsgesetzes in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden: VVG a.F.) ausgegangen, die gemäß Artt. 1, 3 Abs. 2 EGVVG hier weiterhin anzuwenden sind. Die aus dem Versicherungsvertrag geschuldete Leistung sei gemäß § 11 Abs. 1 VVG a.F. spätestens mit dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 19. August 2002 fällig geworden. Die zweijährige Verjährungsfrist habe mithin am 31. Dezember 2002 begonnen (§ 12 Abs. 1 VVG a.F.). Sie sei durch die Vergleichsverhandlungen der Parteien gemäß § 12 Abs. 2 a.F. noch bis zur Ablehnung der Vorschläge der Beklagten durch den Kläger am 28. Januar 2003 gehemmt gewesen und mithin am 28. Januar 2005 abgelaufen. Die Klage im vorliegenden Verfahren sei indessen erst am 29. September 2006 eingegangen. Durch die Klageerhebung im Vorprozess sei die Verjährung nicht in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte zusätzliche Invaliditätsleistung gehemmt worden.
8
Vielmehr beschränke sich die verjährungshemmende Wirkung der Ursprungsklage auf den mit ihr geltend gemachten bezifferten Betrag. Infolgedessen sei der Kläger durch die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess zwar nicht gehindert, nachträglich Mehrforderungen geltend zu machen , auch wenn er sie sich nicht vorbehalten habe. Er müsse aber hinnehmen , dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchs selbständig beurteilt werde.
9
Soweit in der Rechtsprechung Ausnahmen von diesen Grundsätzen anerkannt worden seien, lägen deren Voraussetzungen hier nicht vor. Dem Klagebegehren im Ursprungsprozess sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei der geltend gemachten Invaliditätsleistung nur um einen "gegriffenen", nicht endgültigen Betrag habe handeln sollen, zumal der für den Gesundheitszustand nach § 11 Abs. 4 AUB 94 maßgebliche Zeitpunkt von drei Jahren seit dem Unfall überschritten gewesen sei. Die unfallbedingten Gesundheitsschäden des Klägers hätten mit dem Unfall vorgelegen. Insofern hätten sich die für die Ermittlung des Invaliditätsgrades maßgebenden Faktoren nicht im Laufe des Verfahrens geändert und - bei objektiver Betrachtung - auch der Umfang und die Ausprägung des dem Klageanspruch zugrunde liegenden Sachverhalts nicht. Die Einholung gerichtlicher Sachverständigengutachten habe nicht den Zweck, dem Kläger eine Bezifferung seiner Klage zu ermöglichen. Wenn der Sachverständige einen höheren Invaliditätsgrad annehme als der Klageforderung zugrunde liege, gehe dies zu Lasten des Klägers als Anspruchsteller.
10
Eine Übertragung der in der Rechtsprechung zu § 12 Abs. 3 VVG a.F. entwickelten Grundsätze auf § 12 Abs. 1 VVG a.F. sei abzulehnen.
11
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (vgl. § 209 Abs. 1 BGB a.F.) als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend, der durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt wird; die Grenzen ei- ner Hemmung der Verjährung sind grundsätzlich mit denen der Rechtskraft kongruent (vgl. BGHZ 132, 240, 243; 151, 1, 2; BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 33/06 - FamRZ 2008, 675 Tz. 15 ff.). Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag. Dies gilt auch, wenn für die Beteiligten nicht erkennbar war, dass nur ein Teil eingeklagt wurde (vgl. BGHZ 135, 178, 181). Ein Kläger, der - mit Absicht oder unbewusst - nur einen Teilbetrag eingeklagt hat, kann nachträglich Mehrforderungen geltend machen, auch wenn er sie sich nicht vorbehalten hat; er muss es jedoch hinnehmen , dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbständig beurteilt wird (BGHZ 151, 1, 3).
13
b) Von diesen Grundsätzen sind in der Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen worden (vgl. BGHZ 151, 1, 3 f.; BGH, Urteile vom 9. Januar 2008 aaO Tz. 16; vom 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93 - NJW 1994, 3165 unter I 2 a). Sie betreffen bestimmte Ansprüche, deren Höhe sich nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB richtet. Streitgegenstand sei in einem derartigen Fall der zur Wiederherstellung einer beschädigten Sache erforderliche Betrag; dessen Bezifferung im Klageantrag habe demgegenüber nur vorläufigen Charakter (vgl. RGZ 102, 143, 144 f.). Ähnlich soll es liegen, wenn bei einem auf die volle Höhe gerichteten Schadensersatzanspruch sich nach Klageerhebung infolge einer Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse die für die Wertermittlung maßgeblichen Faktoren ändern; dann könne dem Kläger das Risiko einer unzutreffenden Zukunftsprognose abgenommen werden (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juni 1984 - VI ZR 232/82 - VersR 1984, 868 unter II 2 b bb; vom 19. Februar 1982 - V ZR 251/80 - NJW 1982, 1809 unter 2).
14
Allein die Ungewissheit des Ausgangs einer Beweisaufnahme rechtfertigt es indessen nicht, die Verpflichtung des Klägers zu lockern, den Streitgegenstand einer Leistungsklage gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch einen zu beziffernden Klageantrag zu bestimmen (vgl. BGHZ 151, 1, 4 f.). Dass der Kläger die bestrittene Höhe seiner Forderung unter Beweis stellt, kann schon nicht dahin verstanden werden, Streitgegenstand sei nicht mehr der geltend gemachte Anspruch in seiner im Klageantrag bezifferten Höhe, sondern der sich aufgrund der gerichtlichen Beweisaufnahme letzten Endes ergebende Betrag, jedenfalls sofern er den bezifferten Klageantrag übersteige. Vielmehr müssen sich Gericht und Gegner im Hinblick auf die Verjährung ebenso wie für den Umfang der Rechtskraft auf die Bezifferung im Klageantrag verlassen können, auch wenn deutlich ist, dass der Kläger den ihm dem Grunde nach zustehenden Anspruch mit der im Klageantrag vorgenommenen Bezifferung in voller Höhe geltend machen will. Dass ein Kläger die Höhe seiner Forderung nicht überschaut und den Ausgang einer sachverständigen Begutachtung nicht sicher einschätzen kann, geht grundsätzlich zu seinen Lasten (BGHZ 151, 1, 4 f.; Staudinger/Peters, BGB [2004] § 204 Rdn. 18; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. § 204 Rdn. 15; a.A. Zeuner, JR 2003, 247; Meyer, NJW 2002, 3067, 3068).
15
gilt Dies jedenfalls für Leistungsansprüche wie die hier geltend gemachte Forderung auf Erfüllung der im Versicherungsvertrag vereinbarten Invaliditätsentschädigung gemäß § 7 AUB 94. Dafür hat der Kläger nicht nur unfallbedingte Invalidität, sondern auch deren Ausmaß zu beweisen (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2004 - IV ZR 233/03 - VersR 2004, 1449 unter 3; vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - VersR 2001, 1547 unter II 1). Er muss es hinnehmen, wenn ein ihm in Wahrheit zustehender Anspruch vom Gericht abgewiesen wird, weil er dessen Voraussetzungen nicht beweisen konnte. Es geht auch zu Lasten des Klä- gers, wenn er unverschuldet von einem ihm zustehenden Anspruch erst erfährt, nachdem dieser bereits verjährt ist. Nicht anders liegt es, wenn der Kläger einen weitergehenden Anspruchsteil nicht geltend macht, weil ihm insoweit geeignete Beweismittel oder überhaupt Anhaltspunkte für eine zusätzliche Forderung fehlen und er die nötigen Kenntnisse erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erlangt. Mit Recht weist die Revisionserwiderung auf den Fall hin, dass ein Pflichtteilsberechtigter von weiterem Nachlass erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB erfährt. Wollte man anders entscheiden, würde dem Gläubiger einer Forderung die Möglichkeit eröffnet, die mit der Verjährung bezweckte Rechtssicherheit für den Schuldner und den damit angestrebten Rechtsfrieden durch Erhebung einer kostengünstigen Klage über einen geringen Anspruchsteil zu unterlaufen, ohne damit zugleich eigene Risiken für die künftige rechtliche Realisierbarkeit eines weitergehenden Anspruchs in Kauf zu nehmen; das kann nicht richtig sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 aaO Tz. 18).
16
c) Die Anwendung der vom Senat zur Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. entwickelten Grundsätze, wonach eine Teilklage diese Frist auch bezüglich des gesamten, weitergehenden Anspruchs wahrt, kommt für die hier zu entscheidende Frage einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 BGB nicht in Betracht (Senatsurteil vom 27. Juni 2001 - IV ZR 130/00 - VersR 2001, 1013 unter II 2 b; a.A. OLG Nürnberg VersR 2003, 846, 848; dagegen mit Recht schon OLG Hamm VersR 2006, 1527).
17
2. Das Berufungsgericht hat diese Maßstäbe nicht verkannt.
18
a) Es mag sein, wie der Kläger schon in den Vorinstanzen betont hat, dass er bereits im Vorprozess ungeachtet des ziffernmäßig be- schränkten Klageantrags seinen Anspruch erkennbar insgesamt, also in voller, auch über diese Bezifferung hinausgehender Höhe geltend machen wollte und ihn nur deshalb nicht höher beziffert hat, weil er noch keine Anhaltspunkte für einen etwa höheren Invaliditätsgrad hatte. Ebenso mag zutreffen, dass die der Klageforderung zugrunde liegende Annahme einer Invalidität von 20% auf den vor Klageerhebung vorliegenden ärztlichen Gutachten beruhte und insofern "gegriffen", also für alle Beteiligten einschließlich des Klägers offensichtlich war, dass erst die gerichtliche Beweisaufnahme den Grad der unfallbedingten Invalidität näher klären werde. Alles das ändert nichts daran, dass sich Gericht und Gegner hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang durch Erhebung der Klage die Verjährung gehemmt worden war, auf den gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu beziffernden Antrag verlassen mussten und konnten. Darin lag zugleich eine Begrenzung des Prozesskostenrisikos auf ein nach Maßgabe der bei Klageerhebung vorliegenden Gutachten dem Kläger vernünftig erscheinendes Maß. Die Entscheidung, dem Leistungsantrag die Behauptung eines bestimmten Invaliditätsgrads zugrunde zu legen, auf einen zusätzlichen Antrag auf Feststellung einer darüber hinausgehenden Leistungspflicht der Beklagten aber zu verzichten, lag allein beim Kläger. Dass die Gerichte im Vorprozess insoweit ihre Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) verletzt hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei Eingang des vom Berufungsgericht im Vorprozess eingeholten Gutachtens vom 19. Oktober 2005 war bereits Verjährung eingetreten, nämlich nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts schon am 28. Januar 2005. Zu diesem Zeitpunkt hätte dem Kläger eine Erweiterung seiner Klage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nichts mehr genützt.
19
b) Die Revision hebt ferner darauf ab, dass das im Berufungsverfahren des Vorprozesses eingeholte gerichtliche Gutachten als weitere, anfangs nicht diagnostizierte Unfallfolge eine Lungenkontusion aufge- deckt habe. Damit liege ein Ausnahmefall vor: Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hätten sich die für die Wertermittlung maßgeblichen Faktoren und damit Umfang und Ausprägung des von Anfang an geltend gemachten , dem Grunde nach identischen Anspruchs geändert. In einem solchen Fall könne der Kläger jedenfalls im Hinblick auf den Umfang der durch die Klageerhebung eingetretenen Hemmung der Verjährung nicht an der ursprünglichen Bezifferung seines Anspruchs festgehalten werden. Das Risiko einer derartigen, erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zu Tage getretenen Änderung der für die Anspruchshöhe maßgebenden Verhältnisse hat indessen der für die Höhe des Anspruchs beweispflichtige Kläger zu tragen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 15.02.2007 - 3 O 361/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 26.07.2007 - 7 U 52/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 278/06 Verkündet am:
8. Mai 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Der Streitgegenstand ändert sich nicht, wenn der Kläger seine Aktivlegitimation
zunächst aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und
später aus einer Abtretung der Klageforderung herleitet (im Anschluss an
BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
vom 8. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens , mit Ausnahme der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, die die Streithelferin der Beklagten trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem und gepfändetem Recht als Prozessbürgin in Anspruch.
2
Die I. GmbH (im Folgenden: I. ) wurde durch - inzwischen rechtskräftiges - Vorbehaltsurteil des Landgerichts E. vom 23. Dezember 1998 verurteilt, 90.943 DM nebst Zinsen an die IM. GmbH (im Folgenden: IM. ) zu zahlen. Der I. wurde nachgelassen, die Vollstreckung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105.000 DM abzuwenden. Nach dem Beschluss des Landgerichts E. vom 28. Januar 1999 konnte die Sicherheitsleistung auch durch eine Bankbürgschaft erbracht werden.
3
Am 29. Juli 1999 verbürgte sich die Beklagte gegenüber der IM. für die von der I. zu leistende Sicherheit in Höhe von 52.600,95 DM. Die IM. trat der Klägerin am 10. September 1999 ihre Forderungen aus dem Rechtsstreit gegen die I. und aus der Bürgschaft sicherungshalber ab. Am selben Tag erklärte sie in einem notariell beurkundeten Schuldanerkenntnis, der Klägerin 260.000 DM zu schulden, und unterwarf sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abgelehnt worden war, wurde die IM. im Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht. Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 wurden die Forderungen der IM. gegen die I. und gegen die Beklagte gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.
4
Klage Die auf Zahlung von 26.894,44 € (= 52.600,95 DM) nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin sei aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 aktivlegitimiert. Außerdem habe sie, auch wenn sie als Zessionarin bereits materielle Rechtsinhaberin gewesen sei, die Forderung der IM. pfänden können, um Inhaberin der formell titulierten Rechtsposition zu werden. Die Pfändungen seien nicht aus formellen Gründen nichtig. Die gepfändete Forderung sei in dem Beschluss vom 11. Februar 2003 ausreichend genau bezeichnet. Dass die IM. als Vollstreckungsschuldnerin bereits seit dem Jahre 2002 im Handelsregister gelöscht gewesen sei, stehe der Wirksamkeit der Pfändung nicht entgegen.
8
Die Klageforderung sei nicht verjährt. Ein Anspruch aus einer Prozessbürgschaft verjähre wie die titulierte Hauptforderung in 30 Jahren. Aus § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergebe sich eine Gleichwertigkeit von Bürgschaft und Hinterlegung. Der Anspruch auf Herausgabe hinterlegter Gegenstände erlösche gemäß § 21 Abs. 1 HinterlO grundsätzlich nach 30 Jahren.
9
Auch bei Zugrundelegung einer nur dreijährigen Verjährungsfrist sei keine Verjährung eingetreten. Die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bis zum 31. Dezember 2004 laufende Verjährungsfrist sei durch die Zustellung der Klage am 15. Dezember 2004 gehemmt worden. Dies gelte nicht nur, wenn die Klägerin die Bürgschaftsforderung durch die Pfändung erworben habe, auf die die Klage von Anfang an gestützt worden sei, sondern auch bei einem Erwerb durch die Abtretung, auf die die Klägerin sich erstmals im Schriftsatz vom 1. Juni 2005 bezogen habe. Streitgegenstand sei immer die Bürgschaftsforderung gewesen, die die Klägerin aus fremdem Recht geltend gemacht habe. Ob die Klägerin durch Abtretung oder durch Pfändung Rechtsinhaberin geworden sei, habe auf den Streitgegenstand der Bürgschaftsklage keinen Einfluss.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen festgestellt, dass die Klägerin aufgrund der Abtretung vom 10. September 1999 Inhaberin der Forderung gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte in Höhe der Klagesumme geworden ist. Deshalb braucht nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin auch aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 aktivlegitimiert ist, d.h. ob die Klägerin die Forderung, deren Inhaberin sie bereits durch die Abtretung geworden war, noch wirksam pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen konnte (bejahend: OLG Köln WM 1978, 383, 385; Stein/Jonas/Brehm, ZPO 22. Aufl. § 829 Rdn. 21, 67; Musielak/Becker, ZPO 5. Aufl. § 829 Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 829 Rdn. 11; HK-ZPO/Kemper, § 829 Rdn. 9; vgl. auch RGZ 86, 135, 137; verneinend: Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 10. Aufl. § 54 S. 636; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 2. Aufl. § 829 Rdn. 18).
12
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klageforderung sei nicht verjährt, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
13
a) Dies gilt auch dann, wenn für den Anspruch aus der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 die kürzeste in Betracht kommende, nämlich die dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt, die nach der rechtsfehlerfreien und von der Revision unangegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts am 31. Dezember 2004 endete. Deshalb kann dahinstehen, ob aufgrund einer längeren Verjährungsfrist, eines späteren Fristbeginns, etwa erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen, oder einer Ablaufhemmung , z.B. bis zur Verjährung der Hauptschuld (vgl. Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 765 Rdn. 26 m.w.Nachw.), von einem späteren Ende der Verjährungsfrist auszugehen ist.
14
b) Die Verjährungsfrist ist durch die Zustellung der Klageschrift am 15. Dezember 2004 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Aktivlegitimation in der Klageschrift nur mit den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen vom 11. und 17. Februar 2003 begründet und erst nach Ablauf der Verjäh- rungsfrist in einem Schriftsatz vom 1. Juni 2005 auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt worden ist.
15
Die Erhebung der Klage hemmt die Verjährung nur für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, also nur für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 m.w.Nachw.). Hingegen erstreckt sich die Verjährungshemmung nicht auf Ansprüche, die nicht Gegenstand der Klageerhebung waren (vgl. BGHZ 104, 268, 271 ff.; BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066). Der auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und der auf die Abtretung gestützte Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision derselbe prozessuale Anspruch.
16
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits ist vielmehr der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (BGHZ 117, 1, 5 f.; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, NJW 1999, 3126, 3127 m.w.Nachw.).
17
Nach diesen Grundsätzen liegt im Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts grundsätzlich ein Wechsel des Streitgegenstandes im Sinne einer Klageänderung gemäß § 263 ZPO (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005). Hingegen ändert sich der Streitgegenstand nicht, wenn bei einer stillen Sicherungszession der Zedent die abgetretene Forderung zunächst aufgrund der ihm eingeräumten Einziehungsermächtigung geltend macht und später aufgrund einer Rückabtretung des Sicherungsnehmers weiterverfolgt. Dasselbe gilt für eine Umstellung des Klageantrages auf Zahlung an den Sicherungsnehmer nach Offenlegung der Sicherungsabtretung. Bei einer stillen Zession macht der Zedent nämlich aufgrund der Einziehungsermächtigung, auch wenn er Zahlung an sich verlangt, grundsätzlich die an den Sicherungsnehmer abgetretene Forderung geltend (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066).
18
bb) Gemessen hieran hat sich der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht dadurch geändert, dass die Klägerin den Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 765 Abs. 1 BGB aufgrund der Prozessbürgschaft vom 29. Juli 1999 zunächst auf die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11. und 17. Februar 2003 und später auf die Abtretung vom 10. September 1999 gestützt hat. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, unabhängig von der Begründung ihrer Aktivlegitimation, immer die in der Person der IM. entstan- dene Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte geltend gemacht. Die Revision wendet hiergegen ohne Erfolg ein, die Klägerin sei aufgrund der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus fremdem Recht, aufgrund der Abtretung hingegen aus eigenem Recht vorgegangen. Die Überweisung einer Forderung zur Einziehung bewirkt zwar keinen Forderungsübergang (BGHZ 114, 138, 141) und steht deshalb einer Forderungsabtretung nicht gleich (Stöber, Forderungspfändung 14. Aufl. Rdn. 589). Sie verschafft dem Vollstreckungsgläubiger aber ein eigenes Einziehungsrecht und ermächtigt ihn, die Forderung in eigenem Namen einzuziehen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1981 - VII ZR 319/80, WM 1981, 1338). Deshalb tritt - ebenso wie bei Geltendmachung einer abgetretenen Forderung aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Einziehungsermächtigung und später aufgrund einer Rückabtretung (BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065, 1066) - keine Änderung des Streitgegenstandes ein, wenn - wie hier - eine Forderung zunächst aufgrund des durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlangten Einziehungsrechts und später aufgrund einer Abtretung geltend gemacht wird. Der zeitliche Abstand zwischen der Abtretung und dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der Revision für die Bestimmung des Streitgegenstandes unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1999 - VI ZR 101/98, WM 1999, 1065).

III.


19
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.10.2005 - 21 O 530/04 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 13.07.2006 - 13 U 226/05 -