Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2016 - V ZR 11/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:070716BVZR11.16.0
bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 22. Dezember 2015 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien sind Nachbarn; ihre Grundstücke befinden sich in der Altstadt eines Ostseebades. Das von der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft verwaltete Grundstück grenzt in voller Länge an eine öffentliche Straße. Das Grundstück des Klägers hat keine Verbindung zu einem öffentlichen Weg. Es ist mit einem Fußweg von 27 m Länge und 1,5 m Breite mit der Straße verbunden, der mittels Treppenstufen einen Höhenunterschied von 4 m überwindet. Die Ausübung eines fußläufigen Notwegerechts wird von der Beklagten gewährt.

2

Der Kläger will sein Ende des 19. Jahrhunderts erbautes Wohnhaus mit drei Wohneinheiten modernisieren. Er verlangt von der Beklagten die Duldung eines auf seine Kosten auszubauenden Notweges, so dass dieser mit Personenkraftwagen und Versorgungsfahrzeugen befahren werden kann, und die Gewährung eines Notleitungsrechts mit dem Ziel, die im Nachbargrundstück verlegten Wasser- und Abwasserleitungen auf seine Kosten zu erneuen. Die Beklagte ist dazu nicht bereit.

3

Das Landgericht hat der Klage auf Duldung einer Zufahrt über das Nachbargrundstück zum Erreichen des Grundstücks und auf Duldung der Nutzung zur Neuverlegung der Wasser- und Abwasserleitungen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Mit dieser trägt er unter Vorlage eines Gutachtens vor, dass der Wert der Beschwer nicht dem in den Vorinstanzen festgesetzten Gegenstandswert von 14.000 € entspreche, sondern 64.000 € betrage.

II.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend gemachten Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

5

1. Die Beschwer des Klägers bemisst sich nach dem Streitwert der abgewiesenen Klage auf Gewährung des beantragten Notwege- und Notleitungsrechts. Dieser Wert ist in den Tatsacheninstanzen fehlerhaft nach den Angaben des Klägers über die Kosten des Ausbaus des Weges (10.000 €) und der Erneuerung der Wasser- und Abwasserleitung (4.000 €) auf 14.000 € festgesetzt worden. Der Gegenstandswert einer Klage auf Gewährung eines Notweges und eines Notleitungsrechts bemisst sich nämlich nicht nach den Herstellungskosten und/oder der Notwegrente, sondern gemäß §§ 3, 7 ZPO nach dem Wert, den diese Rechte für das herrschende Grundstück haben (vgl. Senat,  Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 29/12, juris Rn. 3; Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13, NZM 2015, 99 Rn. 6, 8).

6

2. Der Kläger hat mit dem von ihm vorgelegten Gutachten jedoch nicht  - wie geboten (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 29/12, juris Rn. 2; Beschluss vom 18. Juni 2015 - V ZR 234/14, AUR 2016, 25 Rn. 4 ff.) - dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Beschwer durch die Abweisung der Klage den Wert von 20.000 € übersteigt.

7

a) In dem Gutachten ist die Wertminderung des Grundstücks des Klägers „für ein fehlendes befahrbares“ Notwegerecht allerdings mit einem Betrag von 64.000 € angegeben. Grundlage für die Ermittlung ist die Differenz aus einem Vergleich des Werts des Hausgrundstücks mit drei Wohnungen mit und ohne drei Kraftfahrzeug-Stellplätzen. Der Sachverständige hat zu diesem Zweck die Vergleichswerte nach den Kaufpreisen für Wohnungen mit und ohne Fahrzeugstellplätze gegenübergestellt und bei der Berechnung der jeweiligen Ertragswerte Mietmindererträge aus der fehlenden PKW-Abstellmöglichkeit auf dem Grundstück in Ansatz gebracht.

8

b) Dass die Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers bei der Anlage von drei über das Nachbargrundstück anzufahrenden Parkplätzen diesen Mehrwert hätten, sieht der Senat als glaubhaft an. Nicht glaubhaft gemacht ist jedoch, dass diese Wertminderung dem für die Beschwer des Klägers maßgeblichen wirtschaftlichen Interesse an einem befahrbaren Notweg entspricht.

9

aa) Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist nämlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 2008  - VI ZR 78/07, VersR 2009, 279; Beschluss vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3). Dem Kläger ist es verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die von ihm gemachten Angaben zu korrigieren, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (BGH, Beschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5; Beschluss vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, aaO). So läge es hier, wenn die Vorlage des Gutachtens dahin zu verstehen sein sollte, dass mit der Klage auf den Notweg die Anlage von drei Parkplätzen auf dem Grundstück des Klägers bezweckt wird. Dabei handelte es sich um neues Vorbringen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde, das bei der Bemessung des Werts der Beschwer keine Berücksichtigung finden kann (vgl. auch Senat, Beschluss vom 30. Juni 2016  - V ZB 260/15, juris Rn. 9).

10

bb) Nach dem in der Nichtzulassungsbeschwerde wiedergegebenen Vortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen benötigt er die Zufahrt über das Nachbargrundstück um sicherzustellen, dass er selbst, aber auch Handwerker, Versorgungsfahrzeuge und Rettungsfahrzeuge im Bedarfsfall bis zu seinem Anwesen fahren können. Die Wertsteigerung eines Grundstücks durch die Möglichkeit des Anfahrens bei Bedarf (zum Be- und Entladen) entspricht jedoch nicht annähernd dem von dem Gutachter ermittelten Mehrwert, den ein Hausgrundstück mit drei Wohnungen in einem Ferienort an der Ostsee dadurch erfährt, dass drei nutzbare Parkplätze auf ihm vorhanden sind oder angelegt werden können, wenn in dessen Nähe keine Parkmöglichkeiten bestehen. Vortrag des Klägers in den Tatsacheninstanzen, dass er mit seiner Klage auf Gewährung eines Notweges das Ziel verfolgt, eine Zufahrt für drei über das Nachbargrundstück anzufahrende Parkplätze auf seinem Grundstück zu erhalten, sowie dazu, dass deren Anlage nach Größe, Lage und Zuschnitt seines Grundstücks tatsächlich möglich und nach dem Bauordnungsrecht und der Ortssatzung auch rechtlich zulässig wäre, zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf.

11

c) Welchen wirtschaftlichen Wert das Interesse hat, das Grundstück des Klägers bei Bedarf mit einem Fahrzeug anzufahren, ist dagegen auch mit dem Gutachten nicht dargelegt und glaubhaft gemacht worden. Der Senat schätzt wegen fehlender Angaben dazu die Werte eines Notwegerechtes für ein Anfahren bei Bedarf und eines Notleitungsrechts zur Neuverlegung der vorhandenen Leitungen auf jeweils 5.000 €.

III.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann    

    

    Czub

    

Weinland

    

RiBGH Dr. Kazele ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
verhindert.
Karlsruhe, den 24. August 2016

    

    

    

    

Die Vorsitzende
Stresemann

    

    Haberkamp    

    

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 7 Grunddienstbarkeit


Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.
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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Der Wert einer Grunddienstbarkeit wird durch den Wert, den sie für das herrschende Grundstück hat, und wenn der Betrag, um den sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, größer ist, durch diesen Betrag bestimmt.

6
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist sein Interesse an der Beseitigung der Duldungsverurteilung nicht gleich hoch zu bewerten wie das Inte- resse des Klägers an der Verurteilung. Dieses - und damit der Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren bei einer Abweisung der Klage - bemisst sich nach dem Wert, den das Notwegrecht für sein Grundstück hat (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 29/12, juris Rn. 3). Von diesem Interesse ist das Interesse des Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung unabhängig. Beide Interessen stimmen nicht überein.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 29/12
vom
12. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Januar 2012 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe:


I.

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des jeweiligen Eigentümers ihres Grundstücks, lastend auf einem Grundstück des Beklagten, hilfsweise die Gewährung eines Notwegrechts. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit einem Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde; die Klägerin will in dem angestrebten Revisionsverfahren ihre Klageanträge weiterverfolgen. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

2
Die nach § 522 Abs. 3 ZPO statthafte Beschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
3
1. Will - wie hier - die klagende Partei ihre abgewiesenen Anträge auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit , hilfsweise auf Duldung eines Notwegrechts, in einem Revisionsverfahren weiterverfolgen, bemisst sich der Wert der Beschwer in diesem Verfahren gemäß §§ 3, 7 ZPO höchstens nach dem Wert, den die Dienstbarkeit und das Notwegrecht für das herrschende Grundstück haben. Dass er größer als 20.000 € ist, muss der Nichtzulassungsbeschwerdeführer innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist darlegen.
4
2. Daran fehlt es hier. In der Beschwerdebegründung heißt es lediglich: "Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer: 25.000 €." Damit hat die Klägerin die Streitwertfestsetzungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts übernommen. Diese beruhen auf den Angaben der Klägerin in der Klageschrift, in der es heißt: "Die sachliche Zuständigkeit [des Landgerichts] ist an dem Streitwert zu orientieren, der bei Belastungen eines Grundstückes mit dem Nennwert in Ansatz zu bringen ist. Dieser wird von der Klagepartei vorläufig geschätzt mit 25.000 € angegeben."
5
Bei ihrer Schätzung hat die Klägerin somit nicht den Wert zugrunde gelegt , den die Eintragung der - nach ihrer Ansicht bestehenden - Grunddienstbarkeit in das Grundbuch und den das Notwegrecht für ihr Grundstück haben. Sie ist vielmehr von einem - nicht vorhandenen - Nennwert und damit allenfalls von dem Wert ausgegangen, um den sich der Wert des Grundstücks des Beklagten mindert. Dieser ist jedoch, wie ausgeführt, nicht maßgeblich.

III.

6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Den Gegenstandswert hat der Senat anhand der von den Parteien in den Tatsacheninstanzen vorgelegten Lagepläne und Lichtbilder geschätzt und festgesetzt (§ 45 Abs. 1 Satz 2, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 7 ZPO).
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 16.08.2011 - 1 O 170/11 -
OLG München, Entscheidung vom 09.01.2012 - 8 U 3801/11 -
4
2. Dass das Grundstück der Beklagten durch die vom Berufungsgericht bestätigte Verurteilung eine Wertminderung von mehr als 20.000 € erleidet, haben sie in der Beschwerdebegründung nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 78/07
vom
27. August 2008
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2008 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Der Wert der Beschwer des Beklagten durch das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. Februar 2007 - 1 U 166/05 - wird auf 14.000 € festgesetzt (9.000 € Schmerzensgeld ; 5.000 € Feststellung).

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 1. September 2005 den Streitwert der Klage auf 20.000 € (15.000 € Schmerzensgeldforderung und 5.000 € Feststellungsantrag) festgesetzt. Es folgte dabei den Angaben des Klägers in der Klageschrift. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert, dem Kläger 9.000 € Schmerzensgeld zugesprochen und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, alle dem Kläger zukünftig noch entstehenden immateriellen Schäden , soweit diese vom Klageantrag zu 1 nicht erfasst und noch nicht vorhersehbar sind, sowie alle zukünftig noch entstehenden materiellen Schäden aus der Behandlung im Jahr 2000 zu ersetzen, soweit die materiellen Ansprüche nicht auf Träger der Sozialversicherung oder Sozialhilfe übergegangen sind oder übergehen werden. Im Übrigen hat es die Klageabweisung aufrechterhal- ten. Eine Änderung des Streitwerts erfolgte in zweiter Instanz nicht. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er beantragt , den Wert der Beschwer auf mindestens 230.954,80 € festzusetzen und begründet dies damit, dass der Kläger bei Vergleichsverhandlungen nach Erlass des Berufungsurteils seinen materiellen Schaden für den Zeitraum von 2000 bis 2007 auf insgesamt 214.318,80 € beziffert habe und seinen künftigen materiellen Schaden mit 340.568,20 € berechne. Auf der Grundlage des Berufungsurteils ergebe sich unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 50 % deshalb ein Schadensbetrag in Höhe von 277.443,50 €, weshalb unter Beachtung eines Abschlages für die positive Feststellung der Ersatzpflicht von 20 % und unter Berücksichtigung der bereits zuerkannten 9.000 € Schmerzensgeld eine Beschwer für den Beklagten von 230.954,80 € gegeben sei.

II.

2
Das Vorbringen des Beklagten rechtfertigt keine Heraufsetzung des Wertes der Beschwer.
3
Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - VersR 2000, 869 und vom 10. Juni 2008 - VI ZR 316/07 - juris; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1977 - II ZR 4/77 - MDR 1978, 210; Beschlüsse vom 25. April 1989 - XI ZR 18/89 - NJW 1989, 2755; vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 und vom 3. Mai 2001 - III ZR 9/01 - juris). Es besteht kein Unterschied zur Bewertung der Beschwer für die bis zur ZPO-Reform 2002 gegebene Annahmerevision. Neue Tatsachen können für die Wertbemessung nur so- weit von Bedeutung sein, als sie bereits zu diesem Zeitpunkt relevant sind. Beim Feststellungsbegehren mit einer Schadensersatzklage ist das das Schadensbild , das der Kläger dem Tatsachengericht als Grundlage der festzustellenden Ersatzansprüche und damit der Ermessensausübung bei der Festsetzung der Beschwer gemäß den §§ 2 und 3 ZPO unterbreitet. Außer Betracht zu bleiben haben hingegen solche neuen Tatsachen, die erst nach Erlass des Berufungsurteils zu einer Wertveränderung führen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 - VI ZR 283/99 - NJW 2000, 1343). In Fällen, in denen das Berufungsgericht bei der Festsetzung der Beschwer einen weiten Beurteilungsspielraum hat, beschränkt sich außerdem die Überprüfung auf die Frage, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Diese Beschränkung begrenzt auch die Möglichkeit des Revisionsgerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals nach Abschluss der Berufungsinstanz geltend gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652). Vorliegend sind die Parteien in der Berufungsinstanz davon ausgegangen, dass die Bewertung der Beschwer durch die mit der Berufung weiterverfolgten Klageanträge mit insgesamt 20.000 € an sich nicht zu beanstanden ist. Dafür spricht auch, dass das Berufungsgericht am 24. November 2006 eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits durch Zahlung von 10.000 € zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche vorgeschlagen hat. Auch wenn nach Erlass des Berufungsurteils wesentlich höhere Forderungen durch den Kläger gestellt worden sind, rechtfertigt dies nicht die Anhebung der Beschwer, handelt es sich doch hierbei um eine als bloße Möglichkeit in den Raum gestellte Anspruchshöhe, für deren Berechtigung tatsächliche Anhaltspunkte fehlen. Der behauptete Schadensumfang, der im Übrigen nicht glaubhaft gemacht ist, hat in dem Vortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden und war deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand des Feststellungsbegehrens. Das hat zur Fol- ge, dass die nunmehrige Bezifferung des Schadens durch den Kläger bei der Bewertung der Beschwer des Beklagten nicht berücksichtigt werden kann. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.09.2005 - 323 O 333/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.02.2007 - 1 U 166/05 -
3
Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11 Rn. 3, juris - Rügelose Wertfestsetzung II). Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschluss vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, VersR 2009, 279). Bestimmend sind insoweit die dem Klageantrag zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert. Dem Kläger ist es verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die von ihm gemachten Angaben zu korrigieren, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (BGH, Beschluss vom 26. November 2009 - III ZR 116/09, NJW 2010, 681 Rn. 5). Hat er insoweit keine verlässlichen oder vollständigen Angaben gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert deshalb vom Kläger unangefochten unter Zugrundelegung seiner unvollständigen Angaben geschätzt, so ist er ebenfalls gehindert, die diesem Streitwertbeschluss zugrunde gelegten Annahmen mit neuem Vortrag in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - I ZR 160/11, juris - Rügelose Wertfestsetzung I). Insbesondere ist er gehindert , neue Angaben zu einem Schadensumfang zu machen, wenn dieser Vortrag in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat und deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand des Feststellungsbegehrens war (BGH, Beschluss vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, aaO).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)