Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2013 - V ZR 52/13

bei uns veröffentlicht am12.12.2013
vorgehend
Landgericht Stade, 4 O 287/11, 23.02.2012
Oberlandesgericht Celle, 4 U 44/12, 30.01.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 52/13
vom
12. Dezember 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Streitwert einer Klage auf Duldung der Benutzung von Nachbargrund-stücken
zur Herstellung der erforderlichen Verbindung mit einem öffentlichen Weg (Notweg)
bestimmt sich in entsprechender Anwendung von § 7 Alt. 1 ZPO nach dem gemäß
§ 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Klägers an der Duldungspflicht des Nachbarn.
Der Wert dieses Interesses entspricht der Wertsteigerung, welche das Grundstück
des Klägers durch die Gewährung des Notwegrechts erfährt.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - V ZR 52/13 - OLG Celle
LG Stade
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2013 durch die
Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Czub, die Richterin
Dr. Brückner und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 30. Januar 2013 wird auf Kosten des Beklagten zu 1, der auch die durch die Streithilfe auf Seiten des Klägers verursachten Kosten zu tragen hat, als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 30.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, welches über keine Anbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt. Er nutzte seit Jahrzehnten eine über das benachbarte Grundstück des Beklagten zu 1 (fortan: Beklagter) führende Zuwegung. Diese hat der Beklagte Anfang des Jahres 2011 umgepflügt.
2
Soweit hier von Interesse, hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, die Nutzung eines näher bezeichneten Teils seines Grundstücks zur Herstellung der notwendigen Verbindung des Grundstücks des Klägers mit einem öffentlichen Weg als Notweg zu dulden. Die Berufung des Beklagten ist nur inso- weit erfolgreich gewesen, als das Oberlandesgericht die Duldungspflicht von der Zahlung einer jährlichen Notwegrente von 500 € abhängig gemacht hat.
3
Mit der Beschwerde will der Beklagte die Zulassung der Revision gegen das zweitinstanzliche Urteil erreichen, damit er in dem angestrebten Revisionsverfahren seinen Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen kann. Der Kläger beantragt die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig, hilfsweise dessen Zurückweisung.

II.

4
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Beklagte nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 26 Nr. 8 ZPO).
5
1. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 19/12, Grundeigentum 2012, 1314 f.). Danach bemisst sich die Beschwer des Beklagten, welche er in dem angestrebten Revisionsverfahren geltend machen könnte, nach der Wertminderung, die sein Grundstück durch die Pflicht zur Duldung des Notwegs erleidet (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Juni 2011 - V ZB 293/10, Grundeigentum 2011, 1080). Die ausgeurteilte Gegenleistung in Form der Notwegrente bleibt unberücksichtigt. Insoweit gilt nichts anderes als für die Wertbemessung im Fall der Verurteilung zur Bestellung einer Wegegrunddienstbarkeit (dazu Senat , Beschluss vom 26. März 2009 - V ZR 209/08, Grundeigentum 2009, 715 f.; Beschluss vom 2. Oktober 2003 - V ZB 18/03, VIZ 2004, 134 - jeweils mwN).
6
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist sein Interesse an der Beseitigung der Duldungsverurteilung nicht gleich hoch zu bewerten wie das Inte- resse des Klägers an der Verurteilung. Dieses - und damit der Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren bei einer Abweisung der Klage - bemisst sich nach dem Wert, den das Notwegrecht für sein Grundstück hat (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juli 2012 - V ZR 29/12, juris Rn. 3). Von diesem Interesse ist das Interesse des Beklagten an der Beseitigung der Verurteilung unabhängig. Beide Interessen stimmen nicht überein.
7
3. Zu der maßgebenden Wertminderung, die sein Grundstück bei einer Aufrechterhaltung der Verurteilung erleidet, trägt der Beklagte nichts Konkretes vor. Er beruft sich lediglich darauf, dass die landwirtschaftliche Nutzung seiner Ackerflächen durch den Notweg erheblich erschwert würde. Welche Auswirkungen dies auf den Grundstückswert hat, legt er nicht dar. Er trägt auch keine Anhaltspunkte vor, die eine Schätzung der Wertminderung ermöglichen.

III.

8
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Grundlage in § 3, § 7 Alt. 1 ZPO analog. Anders als für die Bemessung der Beschwer des Beklagten ist insoweit maßgebend das Interesse des Klägers an der Duldungspflicht des Nachbarn. Der Wert dieses Interesse entspricht der Wertsteigerung, welche das Grundstück des Klägers durch die Gewährung des Notwegrechts erfährt (OLG Jena, JurBüro 1999, 196 f.). Diese Wertsteigerung hat der Kläger mit 30.000 € dargelegt. Entgegen einer in der obergerichtlichen Rechtsprechung verbreiteten Ansicht (OLG Rostock, Grundeigentum 2013, 1002; OLG Köln, JurBüro 2011, 262 f.; OLG Koblenz, JurBüro 2010, 199 f.; OLG Dresden, Beschluss vom 24. Februar 2002 - 11 W 149/02, juris; ebenso Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 „Notweg“) ist die Wertsteigerung nicht gleich der Summe der Herstellungs - und Unterhaltungskosten des Weges zuzüglich der dreieinhalbfachen Notwegrente. Ein Kläger, der von dem benachbarten Grundstückseigentümer die Duldung der Überwegung dessen Grundstücks aufgrund eines Notwegrechts erreichen will, hat kein Interesse daran, Kosten für die Herstellung und Unterhaltung des Weges aufzuwenden; auch hat er kein Interesse an der Zahlung einer Rente als Gegenleistung für die Duldungsverpflichtung. Der Wert seines Grundstücks ändert sich nicht durch das Aufbringen dieser Geldmittel, sondern allein durch das Notwegrecht. Die mit dessen Ausübung verbundenen Kosten sind deshalb keine geeignete Grundlage für die Streitwertbemessung. Lemke Schmidt-Räntsch Czub Brückner Kazele
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 23.02.2012 - 4 O 287/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 30.01.2013 - 4 U 44/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 26 Dinglicher Gerichtsstand für persönliche Klagen


In dem dinglichen Gerichtsstand können persönliche Klagen, die gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache als solche gerichtet werden, sowie Klagen wegen Beschädigung eines Grundstücks oder hinsichtlich der Entschädigung wegen Entei
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2013 - V ZR 52/13 zitiert 5 §§.

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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 118/02
vom
25. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGZPO § 26 Nr. 8

a) Zur Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde reicht es hin, daß der Beschwerdeführer
glaubhaft macht, der Wert der mit der Revision geltend zu machenden
Beschwer übersteige zwanzigtausend Euro; einer Wertermittlung nach
§ 3, 2. Halbsatz ZPO bedarf es nicht.

b) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden,
kann, wenn mit ihr zugleich ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör
dargelegt ist, Anlaß sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daß nach den Darlegungen
des Beschwerdeführers der Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht
klar zutage tritt, also offenkundig ist (im Anschluß an Senatsbeschl. v. 4. Juli
2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
BGH, Beschl. v. 25. Juli 2002 - V ZR 118/02 - Hans. OLG Hamburg
LG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 4. März 2002 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 50.788 ?.

Gründe:

I.


Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung, Zug um Zug gegen Zahlung von 1.000 DM die Zustimmung zur Löschung einer Auflassungsvormerkung zu erteilen, zurückgewiesen. Es hat, sachverständig beraten, festgestellt, das von dem Beklagten für 1.000 DM gekaufte Grundstück sei 298.000 DM wert gewesen. Die daraus folgende "Vermutung für seine verwerfliche Gesinnung" habe der Beklagte "nicht widerlegt".
Der Kauf sei deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, der die Kläger entgegentreten.

II.


Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes, nämlich der Revisionsanträge, die die Nichtzulassungsbeschwerde ermöglichen soll (Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, V ZR 148/02, zur Veröffentl. best.), übersteigt 20.000 ?. Dies ergibt sich, ohne daû es weiterer Darlegungen bedarf, daraus, daû die Verpflichtung , die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung zu erklären , gegenständlich nicht teilbar ist und den Beklagten mit 99.333 DM, nunmehr 50.788 ?, beschwert. Bei der Bemessung der Beschwer 2, (§§ 3, erster Halbsatz ZPO) geht der Senat von 1/3 des Wertes des Grundstücks aus, das Gegenstand des durch die Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruchs ist (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rdn. 16, Stichwort Löschung m.w.N.). Den Verkehrswert des Grundstücks bemiût der Senat für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde im Anschluû an die mit gutachterlicher Hilfe getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 298.000 DM. Der Umstand, daû der Beklagte selbst zufolge der erforderlichen Gebäudesanierung einen Restwert des Grundstücks in Höhe des Kaufpreises, mithin 1.000 DM, behauptet , ist nicht maûgeblich. Denn die Beschwer, die er mit der beabsichtigten Revision bekämpft, unterscheidet sich notwendigerweise vom Ziel der Rechtsverteidigung , der Abweisung des Grundbuchberichtigungsanspruchs auf der Grundlage eines (niedrigen) Verkehrswertes, der ein Unwerturteil nach § 138 Abs. 1 BGB nicht erlaubt. Allerdings ist die Wertfeststellung des Berufungsgerichts voraussichtlich Gegenstand der Rügen in der Revision, deren Zulassung
die Beschwerde dient; die Nichtzulassungsbeschwerde selbst sucht einen Zulassungsgrund daraus herzuleiten, daû das Gutachten unvollständig und ein Antrag auf weiteren Sachverständigenbeweis übergangen worden ist. Dies hindert es aber nicht, die Feststellungen des Berufungsgerichts als Schätzgrundlage heranzuziehen. Wie bei der Festsetzung der Beschwer durch das Revisionsgericht nach § 546 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. gilt auch für die Ermittlung des Beschwerdegegenstandes nach § 26 Nr. 8 EGZPO ein gegenüber § 3 zweiter Halbsatz ZPO vereinfachtes Verfahren, das sich mit der Glaubhaftmachung des Wertes begnügt. Dies hatte das Revisionsrecht in der Fassung des Gesetzes über die Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. I 455) ausdrücklich vorgesehen (§ 546 Abs. 3 ZPO damaliger Fassung). Die Revisionsnovelle vom 15. September 1975 (BGBl. I 1863) hatte im Hinblick auf den Umstand, daû das Berufungsgericht die Beschwer von Amts wegen festzusetzen hatte (§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.), von einer entsprechenden Regelung abgesehen; gleichwohl ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, daû Glaubhaftmachung genüge (BGH, Beschl. v. 9. März 1988, IVa ZR 250/87, BGHR ZPO § 546 Abs. 2, Neue Tatsachen 1). Der als Überleitungsvorschrift zur neuerlichen Novelle vom 27.07.2001 (BGBl. I 1887, geänd. 3138) geschaffene § 26 Nr. 8 EGZPO enthält sich einer Bestimmung, auf welche Weise (bei unbezifferten Anträgen) "der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer" zu ermitteln ist. Da das reformierte Revisionsrecht indessen insoweit zu den Grundsätzen des Jahres 1950 zurückkehrt, als sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes richtet, besteht kein innerer Grund, von der seinerzeit durch § 543 Abs. 3 ZPO geschaffenen Erleichterung der Wertermittlung abzusehen. Aus dem Umstand, daû der Gesetzgeber des Jahres 2001 im Gegensatz zu jenem des Jahres 1950 die Frage nicht anspricht, ist kein Argument dafür herzuleiten,
er wolle das Revisionsgericht nunmehr mit den unter Umständen langwierigen Ermittlungen nach § 3, zweiter Halbsatz ZPO belasten, die im Streitfalle zur Erhebung eines Verkehrswertgutachtens allein zur Klärung der Frage führen würden, ob die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft ist. Im Streitfalle sind die zur Darlegung eines Zulassungsgrundes geführten Angriffe auf das Beweisergebnis des Berufungsgerichts nicht geeignet, diesem die Tauglichkeit zur Glaubhaftmachung der Beschwer zu entziehen (im einzelnen unten zu III 2). Die Kläger haben sich zu der Frage nicht geäuûert, mithin der Glaubhaftigkeit der Beschwer nichts entgegengesetzt.

III.


In der Sache hat die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg. Einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) hat der Beklagte nicht dargetan (§ 554 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
1. Die in Aussicht genommene Sachrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO) macht eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO) oder aus sonstigen Gründen nicht erforderlich.

a) Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist nicht dargetan. Das Berufungsurteil stellt nicht den, von der Senatsrechtsprechung (BGHZ 146, 298; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, WM 2002, 600) abweichenden, Rechtssatz auf, bei einem besonders groben Äquivalenzverstoû im Austauschverhältnis bestehe eine Vermutung für eine verwerfliche Ge-
sinnung des Begünstigten in dem Sinne, daû diesen, wie in den Fällen des § 292 ZPO, die Beweislast für seine Redlichkeit träfe. In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist zwar davon die Rede, daû der Beklagte die aus dem Miûverhältnis zwischen Kaufpreis und Grundstückswert folgende Vermutung nicht widerlegt habe. Die des näheren in Bezug genommene Entscheidung des Landgerichts macht aber deutlich, daû sich das Berufungsgericht nicht von einem die Beweislast umkehrenden Begriff der Vermutung leiten lieû. Das Landgericht kommt als Ergebnis seiner Beweiserwägungen dazu, daû die Vermutung für die verwerfliche Gesinnung des Beklagten nicht entkräftet sei. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, der von einer beweiserleichternden tatsächlichen Vermutung ausgeht, die vom Tatrichter bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist.

b) Die gerügten Rechtsanwendungsfehler, insbesondere eine etwa unzureichende Würdigung der Bewertungsschwierigkeiten (vgl. Senatsurt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155 f) bei der Beurteilung der verwerflichen Gesinnung, begründen ein öffentliches Interesse an einer Revisionsentscheidung unter keinem der gesetzlichen Zulassungsgründe. Sie lassen einen über den Einzelfall hinauswirkenden Rechtsverstoû nicht erkennen (vgl. Senatsbeschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, für BGHZ bestimmt).
2. Auch die in Aussicht genommene Verfahrensrüge (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 b ZPO) begründet die Beschwerde nicht.

a) Die Rüge, ein entscheidungserheblicher Beweisantrag sei übergangen worden, auf die sich die Beschwerde stützt, kann zwar, wenn mit ihr zugleich ein Verstoû gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1
GG) dargelegt ist (zur verfassungsrechtlichen Pflicht der Gerichte, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen, und deren Grenzen vgl. BVerfGE 60, 247, 249; 60, 250, 252; 69, 145, 158; BVerfG-K, NVwZ 95, 1097), Anlaû sein, die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen; dies setzt in der Regel voraus, daû nach den Darlegungen des Beschwerdeführers der Verstoû gegen das Verfahrensgrundrecht im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist (Senat Beschl. v. 4. Juli 2002 aaO; vgl. auch Beschl. v. gleichen Tage, V ZR 75/02, zur Veröffentl. best.). In diesem Falle geht das Individualinteresse des Beschwerdeführers an der Durchsetzung seines Grundrechts, dem eine sonst eröffnete Verfassungsbeschwerde vornehmlich zu dienen hätte (BVerfGE 85, 109, 113; 98, 218, 242, 243), mit dem öffentlichen Interesse an der Wahrung der Grundrechtsordnung, auf das das Revisionsrecht auch abstellt , einher (zur Aufgabe der Zulassungsrevision, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen, vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Novelle v. 27.07.2001, BR-Drucks. 536/00, S. 265 f).
Im Falle des Beklagten bedarf es der Zulassung der Revision nicht, denn ein offensichtlicher Grundrechtsverstoû liegt nicht vor. Das Berufungsurteil befaût sich zwar mit dem Antrag des Beklagten, zum Gesamtausmaû des Schwammbefalls, der für die Aufzehrung des Grundstückswertes maûgeblich sei, ergänzenden Sachverständigenbeweis zu erheben, nicht. Auch trifft es zu, daû der im selbständigen Beweisverfahren herangezogene Sachverständige sein Gutachten unter dem Vorbehalt erstattet hat, daû die Verkehrswertermittlung nicht mit einem Bausubstanzgutachten identisch ist. Anlaû hierzu hatte die Bekundung eines anderen Sachverständigen über seiner Ansicht nach erforderliche Freilegungen bestimmter Bauteile gegeben. Andererseits hat der Gutachter , jedenfalls hinsichtlich beachtlicher Teile der Baumasse, aus eigener
Erkenntnis Befundtatsachen ermittelt ("Hausschwamm in einem kaum vorstellbaren Maûe"), die Schlüsse auf den Verkehrswert erlauben konnten. In dem Schweigen der Entscheidungsgründe tritt unter diesen Umständen nicht klar und offenkundig ein Grundrechtsverstoû zutage, denn Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 217).

b) Ein etwaiger Verstoû gegen das einfache Verfahrensrecht (§ 286 ZPO) rechtfertigt die Zulassung aus den zu III 1 b genannten Gründen nicht.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Lemke Gaier

In dem dinglichen Gerichtsstand können persönliche Klagen, die gegen den Eigentümer oder Besitzer einer unbeweglichen Sache als solche gerichtet werden, sowie Klagen wegen Beschädigung eines Grundstücks oder hinsichtlich der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstücks erhoben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 19/12
vom
12. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. Dezember 2011 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin ist Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks, welches keine eigene Anbindung an eine öffentliche Straße hat. Zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers ist zu Lasten des dem Beklagten gehörenden Grundstücks ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen (Grunddienstbarkeit). Die Parteien streiten über die Ausübungsstelle des Rechts.
2
Die Klägerin hat die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung wesentlicher Beeinträchtigungen der Dienstbarkeit durch Bau-, Bepflanzungs-, Park- und Lagerungsmaßnahmen sowie zur Beseitigung der Beeinträchtigun- gen (Holzstapel, Holzschuppen, Terrasse, parkende Fahrzeuge, Bepflanzungen mit Bäumen, Zaunpfosten, gelagerte Torbauteile) beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, allerdings den Ausübungsbereich des Rechts gegenüber dem von der Klägerin beanspruchten Bereich eingeschränkt. Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

3
Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
4
1. Bei einer Klage auf Unterlassung der Beeinträchtigung einer Grunddienstbarkeit bestimmt sich der Wert des Rechts nach § 7 ZPO; er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Für den Wert einer Beseitigungsklage ist das Interesse des Klägers an der Beseitigung des beanstandeten Zustands maßgeblich; auch er ist nach § 3 ZPO zu schätzen. Beide Werte sind zusammenzurechnen. Maßgebend für den Wert der Beschwer im Rechtsmittelverfahren ist das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung (Senat , Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZR 152/08, Grundeigentum 2009, 514, 515).
5
2. Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer der Klägerin, welche sie in dem angestrebten Revisionsverfahren geltend machen könnte, allenfalls nach dem Wert, den die Grunddienstbarkeit mit dem von ihr beanspruchten Ausübungsbereich abzüglich des Werts mit dem von dem Berufungsgericht festgelegten Ausübungsbereich für das Grundstück der Klägerin hat zuzüglich des Werts des Interesses der Klägerin an der Beseitigung der Anlagen und Gegenstände, welche von dem Urteilsausspruch des Berufungsgerichts nicht erfasst werden, durch den Beklagten.
6
3. Dass diese Werte zusammen 20.000 € überschreiten, hat die Klägerin nicht - wie geboten (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Juli 2002 - V ZR 118/02, NJW 2002, 3180) - dargelegt und glaubhaft gemacht.
7
a) Sie hat schon nicht aufgezeigt, in welchem Umfang sie das Berufungsurteil angreifen will. Gesicherte Feststellungen zu dem Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer lassen sich deshalb nicht treffen. Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Klägerin die in erster Instanz gestellten Klageanträge in dem abgewiesenen Umfang weiterverfolgen will.
8
b) Es fehlt an der Glaubhaftmachung des Werts, den die Grunddienstbarkeit mit dem von der Klägerin beanspruchten Ausübungsbereich und mit dem von dem Berufungsgericht festgelegten Ausübungsbereich für das Grundstück der Klägerin hat. Die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Kostenvoranschläge betreffend Pflaster- und Tiefbauarbeiten an einer Auffahrt, "Umbauarbeiten" sowie Kabel- und Leitungsverlegungen sind dafür unergiebig. Es ist auch nicht dargelegt und deshalb nicht ersichtlich, weshalb diese Arbeiten notwendig sind, falls das Berufungsurteil Bestand hat.
9
c) Eine für die Beschwer maßgebliche Wertminderung des Grundstücks der Klägerin durch die Festlegung des Ausübungsbereichs der Grunddienstbarkeit in dem Berufungsurteil und durch die beanstandeten Maßnahmen des Beklagten , welche die Klägerin noch beseitigt haben will, behauptet sie schlicht, ohne einen Minderungsbetrag anzugeben und glaubhaft zu machen.
10
d) Weil die Klägerin die Notwendigkeit der in den Kostenvoranschlägen aufgeführten Arbeiten nicht dargelegt hat, können Feststellungen zu dem Wert ihres Interesses an der Beseitigung der weiteren Anlagen und Gegenstände durch den Beklagten ebenfalls nicht getroffen werden.

III.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts ist der Senat - mangels anderer Anhaltspunkte - von der Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts ausgegangen.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Chemnitz, Entscheidung vom 27.06.2011 - 2 O 1403/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.12.2011 - 9 U 1214/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 209/08
vom
26. März 2009
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. März 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 29. September 2008 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da die mit der Revision geltend zu machende Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.
2
Die Beklagten sind durch die Entscheidung, die sie mit der Revision anfechten möchten, zur Bewilligung eines Geh- und Fahrtrechts auf ihren Grundstücken als Grunddienstbarkeit verurteilt worden. Die Beschwer richtet sich nach der Wertminderung, die die Grundstücke erleiden, wenn es bei der Verurteilung bliebe (Senat, BGHZ 23, 205; Beschl. v. 2. Oktober 2003, V ZB 18/03, MDR 2004, 296, std. Rspr.). Sie haben nicht dargelegt (dazu: Senat, Beschl. v. 27. Juni 2002, NJW 2002, 2720, 2721), dass diese Wertminderung die Zulässigkeitsgrenze übersteigt.
3
Allerdings haben die Beklagten das Gutachten eines Sachverständigen vorgelegt, der eine Wertminderung von 21.090 € bescheinigt hat. Diese Angabe ist jedoch ohne Aussagekraft. Der Sachverständige hat sein Ergebnis nicht begründet , sondern die Minderung mit einem „Erfahrungswert“ von 30% angesetzt. Als Beeinträchtigungen, die den Wert mindern sollen, sind Geruchs- und Lärmimmissionen, eine verringerte bauliche und sonstige Ausnutzbarkeit, subjektive oder objektive Bedrohung der Sicherheit des Eigentümers und Minderung des Wiederverkaufswertes genannt. Abgesehen davon, dass der letzte Punkt keinen eigenständigen Grund für die Wertminderung darstellt, sondern lediglich eine Auswirkung des geminderten Wertes beschreibt, sind die Gründe zum Teil (Bedrohung) von vornherein substanzlos und im Übrigen in ihrer Bedeutung nicht näher erläutert. Es fehlt damit an einer Grundlage für eine verlässliche Bewertung.
4
Auszugehen ist allenfalls von der Ermittlung des Grundstückswertes durch den Sachverständigen. Danach beträgt der Wert des 380 qm großen Grundbesitzes der Beklagten - ohne Berücksichtigung der Belastung - 70.300 €. Bei einer Größe der von dem Wegerecht in Anspruch genommenen Fläche von 84 qm entfällt darauf ein Betrag von rund 15.500 €, der als Wertminderung in Betracht kommt. Zwar ist es möglich, dass dieser Wert überschritten wird, wenn nämlich der verbleibende, nicht belastete Teil des Grundstücks durch die Grunddienstbarkeit weitere Nachteile erleidet. Ob das der Fall ist, ist aber we- der dem Gutachten des Sachverständigen noch den Ausführungen der Beklagten in der Nichtzulassungsbeschwerde, die sich in einer Verweisung auf das Gutachten erschöpfen, zu entnehmen.
Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth

Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 14.08.2007 - 2 O 439/06 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 29.09.2008 - 7 U 9/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 18/03
vom
2. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Wert des Beschwerdegegenstandes kann bei der Verurteilung zur Bestellung
einer Dienstbarkeit nicht nach dem fiktiven Erbbauzins für die Ausübungsfläche
bemessen werden.

b) Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemißt sich auch dann nach der vollen
Wertminderung des dienenden Grundstücks, wenn die Verurteilung zur Bestellung
einer Dienstbarkeit auf § 116 SachenRBerG beruht.
BGH, Beschl. v. 2. Oktober 2003 - V ZB 18/03 - LG Stralsund
AG Bergen/Rügen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 2. Oktober 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf,
Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 4. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 1.533,88

Gründe:

I.


Die Beklagte ist vom Amtsgericht verurteilt worden, zum Zwecke des Befahrens und Belieferns durch den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks der Kläger eine Grunddienstbarkeit zu bestellen. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


Das Berufungsgericht bewertet den Beschwerdegegenstand mit 44,80 womit den Anforderungen des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dem Überschreiten der ! " $# &%' () # * Grenze von 600 eschwerdegegenstandes trotz Aufforderung nicht glaubhaft gemacht. Er sei daher nach freiem Ermessen zu schätzen. Das Interesse der Beklagten an der Abänderung der Entscheidung entspreche der Beschwer, die durch die Verurteilung zur Bestellung eines inhaltgleichen Notwegerechts begründet werde. Die maßgebliche Notwegrente bemesse sich nach den Vorschriften über die Überbaurente, ein angemessener Maßstab hierfür sei der Erbbauzins. Er belaufe sich für den von der Dienstbarkeit betroffenen Grundstücksteil von #1 2 2 65;: 5 128 qm bei einem Bodenwert von 2,50 +-, .0/ .43 / 718 9 8 =<> / (@%' () A#B 1 DCE (F# B D ) # G" 5F H G 5I# jährlich 12,80 ? / / Dreieinhalbfache.
Dies hält der Rechtsbeschwerde nicht stand.

III.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO unbeschadet des Umstandes, daß der Wert der geltend zu ma- J " (F D ) K chenden Beschwer 20.000 8 ML 26 Nr. 8 EGZPO; BGH, Beschl. v. 4. September 2002, VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783; Senat, Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, BGH-Report 2002, 1112), statthaft. Sie ist auch sonst zulässig, denn die Beklagte legt dar (nachstehend zu 2), daß das
Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat und was sie bei Gewährung des Gehörs vorgetragen hätte (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO; st. Rechtspr. des Senats, zuletzt Beschl. v. 27. März 2003, V ZR 291/02, für BGHZ bestimmt).
2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die Verwerfung der Berufung wegen fehlender Glaubhaftmachung, daß der Wert des Beschwerdegegen- " (F D ) (N =O P# RQI P# (S T ) U WVX() standes 600 18 / 103 Abs. 1 GG.

a) Das Berufungsgericht hat die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung mit der Begründung verfügt, daß Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestünden. Zugleich hat es der Beklagten aufgegeben, binnen zwei Wochen den Wert des Beschwerdegegenstandes glaubhaft zu machen ; eine Bezugnahme auf die Streitwertangabe (Kläger: 10.000 DM) bzw. die Streitwertfestsetzung genüge nicht, vielmehr sei die Beschwer aus der Sicht des dienenden Grundstücks zu beziffern. Die Verfügung hat das Berufungsgericht der Beklagten nur insoweit bekannt gegeben, als sie die Terminsaufhebung und den Hinweis auf Zulässigkeitsbedenken zum Inhalt hat. Die an die Beklagte gerichtete Auflage wurde nicht dieser, sondern den Klägern mitgeteilt. Das Berufungsgericht durfte danach nicht davon ausgehen, die Beklagte habe die Auflage nicht erfüllt. Die der Beklagten bruchstückhaft zugegangene Mitteilung , die lediglich nicht näher bezeichnete Bedenken zum Inhalt hatte, gab hierfür keine Grundlage.

b) Die Beklagte legt dar, bei Kenntnis der Auflage hätte sie vorgetragen, die Ausübungsfläche der Dienstbarkeit betrage mindestens 500 qm. Über die
eigentliche Wegefläche, von der das Berufungsgericht ausgehe, hinaus werde die Fläche zwischen Garagen und Lagerhalle und der Wegespur sowie eine weitere, zum Wenden von Lkw erforderliche Fläche in Anspruch genommen. Die Ausübungsfläche werde jeder weiteren Nutzung entzogen. Ihr Wert liege # (Y Z [ $%' ( \ ] B 4# (^ " ( als Gartenland bereits bei 1.533,88 denn sie sei in den Entwurf eines Bebauungsplanes einbezogen.

c) Die Darlegungen der Beklagten, von denen für die Rechtsbeschwerde auszugehen ist, sind entscheidungserheblich. Maßgeblich für den Wert des Beschwerdegegenstandes ist für die beklagte Seite, die sich gegen die Verurteilung zur Bestellung einer Dienstbarkeit wehrt, die Wertminderung, die ihr Grundstück durch die Belastung erleidet (§ 7, 2. Alt. ZPO; Senat BGHZ 23, 205; Urt. v. 18. Mai 1990, V ZR 291/89; BGH, Beschl. v. 11. Juli 1994, II ZB 13/93). Die Beklagte braucht sich, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , nicht auf eine fiktive Gegenleistung in Rentenform verweisen lassen, deren Kapitalisierung die Obergrenze des § 9 Satz 1 ZPO, der dreieinhalbfache Jahresbetrag, entgegensteht. Das Berufungsgericht wird im Verfahren der Glaubhaftmachung (§ 511 Abs. 3 ZPO) zu klären haben, ob es die Angaben der Beklagten rechtfertigen, von einer Wertminderung ihres Grundstücks aus- B" (F D _ zugehen, die 600.
Hierbei wird das Berufungsgericht, entgegen der Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts (OLG - NL 2001, 263) die Wertminderung nicht im Hinblick auf den Umstand begrenzen können, daß dem Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG, der Grundlage der Verurteilung durch das Amtsgericht ist, Verhältnisse zugrunde liegen, die nach der Rechtswirklichkeit in der DDR schon bestanden haben. Beim Streit zwischen
Nutzer und Eigentümer um die Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG geht es gerade darum, ob ein aus der Zeit der DDR überkommenes Nutzungsverhältnis besteht, das in eine Dienstbarkeit übergeleitet werden kann. Der Wert der Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück, bzw. die Wertminderung des dienenden Grundstücks nach § 7 ZPO ist in solchen Fällen ungekürzt anzusetzen. Entsprechend hat der Senat auch bei der Bewertung des Bereinigungsanspruchs auf Ankauf eines Grundstücks dessen Verkehrswert, nicht den geringeren Ankaufspreis, dem die Rechtsverhältnisse aus der Zeit der DDR (mit) zugrunde liegen, als maßgeblich angesehen (Beschl. v. 15. April 1999, V ZR 391/98, WM 1999, 1734; vgl. auch Beschl. v. 7. Dezember 2000, V ZR 335/99, WM 2001, 479).
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch
3
1. Will - wie hier - die klagende Partei ihre abgewiesenen Anträge auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit , hilfsweise auf Duldung eines Notwegrechts, in einem Revisionsverfahren weiterverfolgen, bemisst sich der Wert der Beschwer in diesem Verfahren gemäß §§ 3, 7 ZPO höchstens nach dem Wert, den die Dienstbarkeit und das Notwegrecht für das herrschende Grundstück haben. Dass er größer als 20.000 € ist, muss der Nichtzulassungsbeschwerdeführer innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist darlegen.