Bundessozialgericht Urteil, 12. Apr. 2017 - B 13 R 15/15 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:120417UB13R1515R0
bei uns veröffentlicht am12.04.2017

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. März 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

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Der am 1950 geborene Kläger mit deutscher Staatsangehörigkeit lebt seit Mai 1998 in Paraguay. Während seiner Ausbildung zum Industrieschmied erlitt er am 7.1.1969 einen Arbeitsunfall, bei dem er sämtliche Finger der rechten Hand verlor. Aufgrund dessen erhält er von der zuständigen Unfallkasse eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 45 vH. Im Jahr 1983 erwarb er die Qualifikation als Meister in der Fachrichtung Maschinen- und Anlageninstandhaltung. Mit Bescheid vom 12.3.1992 stellte das zuständige Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest. Eine Aufhebung bzw Änderung des Bescheids ist seitdem nicht erfolgt. Der Schwerbehindertenausweis des Klägers wurde zuletzt im Jahr 1999 bis Ende Dezember 2014 verlängert.

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Der beklagte RV-Träger gewährte dem Kläger nach Vollendung des 63. Lebensjahrs ab 1.1.2014 eine Altersrente für langjährig Versicherte und zahlte diese nach Paraguay aus. Den zuvor am 30.8.2010 gestellten Antrag auf Rente für schwerbehinderte Menschen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.1.2011 ab. Der Kläger sei wegen seines Wohnsitzes in Paraguay nicht schwerbehindert iS des § 2 Abs 2 SGB IX; er sei auch nicht berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2.11.2011 zurück.

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Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1.1.2011 Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu gewähren (Urteil vom 6.6.2012). Es hat sich an die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft durch das Versorgungsamt gebunden gesehen.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.3.2015). Die Feststellung der Schwerbehinderung in einem Bescheid des Versorgungsamts sei für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 236a SGB VI nicht ausreichend. Diese habe lediglich deklaratorische Wirkung. Die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch ende kraft Gesetzes mit dem Wegfall einer sie begründenden Voraussetzung. Dies sei der Fall, wenn - wie hier - der in § 2 Abs 2 SGB IX geforderte gewöhnliche Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes entfalle. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Wortlaut "anerkannt" in § 236a SGB VI. Die Anerkennung stelle vielmehr ein zusätzliches Erfordernis zum Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des § 2 Abs 2 SGB IX dar. Zur Begründung seines Anspruchs könne sich der Kläger auch nicht auf die von ihm herangezogenen Entscheidungen des BSG vom 5.7.2007 (B 9/9a SB 2/06 R und B 9/9a SB 2/07 R) berufen. In den dort entschiedenen Fällen habe der Auslandswohnsitz der Kläger in Ländern (Italien bzw Schweiz) gelegen, die aufgrund des Rechts der Europäischen Union einer Gebietsgleichstellung unterfielen. Auch von einem Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG wegen der Ungleichbehandlung des Klägers mit schwerbehinderten Menschen, die im Geltungsbereich des SGB bzw in einem gleichgestellten Gebiet wohnen, konnte sich das LSG nicht überzeugen. Es sei ein verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln. Ebenso wenig seien die Voraussetzungen des § 236a Abs 3 SGB VI erfüllt. Der Verlust der fünf Finger, der noch vor Abschluss der Berufsausbildung eingetreten sei, habe nicht zu einer Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit des Klägers nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht geführt.

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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 236a SGB VI iVm § 2 Abs 2 SGB IX. Das LSG habe den Begriff "anerkannt" in § 236a SGB VI in Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgelegt. Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft sei zu keinem Zeitpunkt aufgehoben oder nichtig geworden und binde daher die Beklagte. Die Altersrente wegen Schwerbehinderung müsse aus Gleichbehandlungsgründen auch bei einem Auslandsaufenthalt gewährt werden.

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Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. März 2015 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 6. Juni 2012 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Rechtsprechung des BSG zur Gebietsgleichstellung lasse sich auf das vertragslose Ausland nicht übertragen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

Das LSG hat das angefochtene Urteil des SG zu Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen.

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Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1.1.2011, den die Beklagte mit Bescheid vom 27.1.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.11.2011 abgelehnt hat. Diesen Anspruch verfolgt der Kläger zulässig mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG).

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Der Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen richtet sich hier nach der Übergangsregelung des § 236a SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 (BGBl I 554). Nach § 236a Abs 1 S 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1.1.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben (Nr 1), bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs 2 SGB IX) anerkannt sind (Nr 2) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Nr 3). Für Versicherte, die vor dem 1.1.1952 geboren sind, ist die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente nach § 236a Abs 2 S 1 Halbs 2 iVm Abs 1 S 2 SGB VI bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Versicherte, die vor dem 1.1.1951 geboren sind, haben nach § 236a Abs 3 SGB VI unter den Voraussetzungen nach Abs 1 S 1 Nr 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind.

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Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

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1. Der Kläger kann sein Begehren nicht auf § 236a Abs 3 SGB VI stützen. Zwar ist er vor dem 1.1.1951 geboren. Doch war er nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bei dem beantragten Altersrentenbeginn am 1.1.2011 nicht erwerbs- oder berufsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht. Die einzige vom LSG festgestellte, über sechs Monate andauernde Gesundheitsstörung des Klägers ist der Verlust aller Finger der rechten Hand. Trotzdem schloss er seine Ausbildung ab, war jahrelang erwerbstätig und erwarb sogar eine Qualifikation als Meister. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, dass der Kläger diese Berufe weiter ausüben könne, ist auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zudem hatte der Kläger zum 1.1.2011 noch nicht das 63. Lebensjahr vollendet (§ 236a Abs 3 iVm Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI).

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2. Da der vor dem 1.1.1952 geborene Kläger das 60. Lebensjahr mit Ablauf des 17.12.2010 vollendet hat (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 2 S 2, § 188 Abs 2 BGB), kommt hier zwar nach § 236a Abs 1 S 2 iVm Abs 2 S 1 Halbs 2 SGB VI die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits ab 1.1.2011, dem Beginn des nächsten Kalendermonats (§ 99 Abs 1 S 1 SGB VI), in Betracht. Zu diesem Zeitpunkt ist die nach § 236a Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VI erforderliche Wartezeit von 35 Jahren (420 Monate), auf die nach § 51 Abs 3 SGB VI alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet werden, erfüllt. Der Kläger ist aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr schwerbehindert iS von § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI iVm § 2 Abs 2 SGB IX. Beim Kläger ist zwar die gesundheitliche Voraussetzung der Schwerbehinderung mit der Feststellung eines GdB von 50 von der Versorgungsverwaltung für den RV-Träger bindend anerkannt worden (a). § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI fordert jedoch durch den Verweis auf § 2 Abs 2 SGB IX zusätzlich einen "Inlandsbezug", an dem es hier zum möglichen Altersrentenbeginn mangelt(b). Insoweit liegen - anders als für die gesundheitliche Voraussetzung der Schwerbehinderung - keine den RV-Träger bindenden Feststellungen der Versorgungsverwaltung vor (c). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger herangezogenen Urteilen des 9. Senats des BSG vom 5.7.2007 (B 9/9a SB 2/06 R und B 9/9a SB 2/07 R) (d). Es verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, dass § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI einen Inlandsbezug fordert(e).

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a) Das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzung der von § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI iVm § 2 Abs 2 SGB IX geforderten Schwerbehinderteneigenschaft hat die Versorgungsverwaltung mit Bescheid vom 12.3.1992 beim Kläger anerkannt, indem sie bei ihm einen GdB von 50 festgestellt hat. Denn nach § 2 Abs 2 Halbs 1 SGB IX ist derjenige in gesundheitlicher Hinsicht schwerbehindert, bei dem ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Diese Anerkennung ist für den RV-Träger bindend (insoweit unproblematisch s unter c) cc); vgl ua Senatsurteil vom 29.11.2007 - B 13 R 44/07 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 2, Juris RdNr 18; BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5, Juris RdNr 27).

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b) Die Schwerbehinderteneigenschaft setzt neben der gesundheitlichen Voraussetzung eines GdB von wenigstens 50 aber zusätzlich noch einen "Inlandsbezug" voraus. § 2 Abs 2 SGB IX fordert, dass der behinderte Mensch seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX bzw in einem nach Europarecht oder Abkommensrecht gleichgestellten Gebiet hat(vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 SB 2/09 R - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, Juris RdNr 25; BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5, Juris RdNr 30).

19

Ein solcher Inlandsbezug ist hier nicht gegeben. Denn zum möglichen Beginn der Altersrente (hier 1.1.2011, s oben II.) hatte der Kläger seinen Wohnsitz in Paraguay.

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Der Kläger kann nicht damit gehört werden, dass es für den Anspruch auf eine Rente für schwerbehinderte Menschen lediglich auf die Feststellung eines GdB von mindestens 50 ankomme, also ausschließlich auf die Erfüllung der Voraussetzung des § 2 Abs 2 Halbs 1 SGB IX. Soweit er sich dazu auf das Senatsurteil vom 29.11.2007 beruft (B 13 R 44/07 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 2 RdNr 18), war dort allein die Frage entscheidungserheblich, ob bereits im Zeitpunkt des Rentenbeginns eine bescheidmäßige Anerkennung über einen GdB von mindestens 50 vorliegen müsse oder - wie der Senat entschieden hat - auch eine rückwirkende Feststellung ausreiche. Aussagen zum Inlandsbezug waren im dortigen Fall nicht veranlasst.

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Die Notwendigkeit eines Inlandsbezugs folgt aus dem Wortlaut des § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI(aa), der Gesetzeshistorie (bb) sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift über die Rente für schwerbehinderte Menschen (cc). Dem steht auch nicht die Vorschrift des § 110 SGB VI entgegen(dd).

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(aa) Der Wortlaut des § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI ist insoweit eindeutig. Er verweist hinsichtlich der Schwerbehinderung auf § 2 Abs 2 SGB IX(früher § 1 SchwbG), der - wie dargestellt - eine Legaldefinition mit zweigliedriger Begriffsbestimmung ("… und…") enthält. Dieses Argument verliert auch nicht deshalb seine Bedeutung, weil mit der gewählten Formulierung zugleich geklärt wird, dass die den Schwerbehinderten Gleichgestellten (§ 2 SchwbG bzw § 2 Abs 3 SGB IX) mit einem GdB von wenigstens 30, aber weniger als 50 nicht anspruchsberechtigt sind (vgl BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 56/10 R - Juris RdNr 23 aE).

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(bb) Das Erfordernis eines Inlandsbezugs für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird durch die gesetzliche Entwicklung bestätigt. Bei Einführung der vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung mit dem Rentenreformgesetz vom 16.10.1972 - RRG 1972 - (BGBl I 1965) hat zwar insbesondere die Herabsetzung der individuellen Leistungsfähigkeit des betroffenen Personenkreises im Vordergrund gestanden (vgl Gürtner in Kasseler Kommentar, § 37 SGB VI RdNr 6, Stand: Einzelkommentierung September 2016). Nach der Begründung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks VI/3767 S 6), auf dessen Vorschlag die Fassung des § 1248 Abs 1 RVO (= § 25 Abs 1 AVG) zum "Altersruhegeld" im RRG 1972 zurückging, sollte neben den Erwerbs- und Berufsunfähigen auch den anerkannten Schwerbeschädigten die Möglichkeit zum vorzeitigen Altersruhegeldbezug gegeben werden. Bezweckt war, "den berechtigten Anliegen dieser Personengruppen, die durch ein persönliches Lebensschicksal betroffen unter erheblich schwierigen Bedingungen im Alter arbeiten müssen, Rechnung zu tragen". Der Ausschuss sah sowohl bei den Schwerbeschädigten als auch bei den Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrentnern eine "messbare und festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigung", die gerade im Alter "zu einer besonderen Herabsetzung der individuellen Leistungsfähigkeit" führe (BT-Drucks VI/3767 S 6). Gleichwohl ist im Gesetzeswortlaut nicht allein auf eine bestimmte messbare Einschränkung der individuellen Leistungsfähigkeit abgestellt, sondern stets auf die Ausgestaltung der "Schwerbehinderung" durch das einschlägige Gesetz verwiesen worden.

24

Während das Schwerbeschädigtengesetz vom 14.8.1961 (BGBl I 1233), das zunächst als Kriegsfolgengesetz konzipiert worden war, die Schwerbeschädigung in seinem § 1 noch von der Art der Schädigung abhängig machte und zwischen Deutschen und Nichtdeutschen unterschied, wurden seit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24.4.1974 (BGBl I 981) als Schwerbehinderte nach § 1 SchwbG alle Personen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 50 vH - unabhängig von Art und Ursache der Behinderung - einbezogen; dies jedoch nur, sofern sie rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzes wohnten, sich dort gewöhnlich aufhielten oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausübten. Die Erstreckung auf den Geltungsbereich des Gesetzes entsprach insoweit dem Gegenstand und Zweck des Gesetzes, nämlich die Eingliederung der besonders betroffenen behinderten Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft durch besondere Maßnahmen zu sichern (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 10.5.1973, BT-Drucks 7/656 S 23 - zu Nr 1). Auch in der Nachfolgeregelung des § 2 Abs 2 SGB IX wird - wie dargestellt - dieser Inlandsbezug für die Schwerbehinderung gefordert.

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Wäre es dem Gesetzgeber nur um die Anerkennung der gesundheitlichen Voraussetzung gegangen, so hätte ein Verweis auf die Feststellung der MdE bzw später des GdB in bestimmter Höhe genügt. Alle Normfassungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen - § 1248 Abs 1 RVO, § 25 Abs 1 AVG, § 48 Abs 1 Nr 1 RKG, § 37 SGB VI, § 236a SGB VI - knüpfen jedoch ausdrücklich an die umfassendere Definition der Schwerbehinderung in § 1 SchwbG bzw § 2 Abs 2 SGB IX an. Dass dies nicht allein deshalb erfolgte, weil darin ein GdB von mindestens 50 genannt wird, verdeutlicht der ursprüngliche Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum Rentenreformgesetz 1999. Darin wurde eine Anhebung des für § 37 SGB VI maßgeblichen GdB auf 60 vorgeschlagen und dennoch wie folgt formuliert: "Versicherte haben Anspruch auf Altersrente, wenn sie … 2. bei Beginn der Altersrente als Schwerbehinderte (§ 1 Schwerbehindertengesetz) mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 60 anerkannt sind … "(BT-Drucks 13/8011 S 8 - § 37 SGB VI).

26

(cc) Das Erfordernis eines Inlandsbezugs für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ergibt sich auch aus deren Zweckbestimmung.

27

Der Gesetzgeber hat mit dem Verweis auf § 2 Abs 2 SGB IX an das Regelungsziel des Schwerbehindertenrechts angeknüpft, den darin genannten Personenkreis durch einen möglichst weitgehenden Ausgleich der Behinderung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu integrieren(vgl BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 SB 2/09 R - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, RdNr 31; BSG Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253, 256 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 2 ff - Juris RdNr 17). Schwerbehinderten Menschen stehen als Teilhaberechte besondere Hilfen insbesondere bei der Eingliederung und Sicherung eines den Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechenden Arbeitsplatzes zur Verfügung.

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Diese Arbeitsmarktbezogenheit, die auch für die vorgezogenen Altersrenten gilt, erklärt, dass der Verweis in § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI auf § 2 Abs 2 SGB IX nicht allein die Höhe des GdB betrifft. Die vorgezogene Altersrente für diesen Personenkreis geht wegen der Schwerbehinderung von der Vermutung eines eingeschränkten Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus (vgl BT-Drucks VI/3767 S 6), ohne dafür aber die strengeren Maßstäbe der verminderten Erwerbsfähigkeit heranzuziehen. Auch wenn § 236a SGB VI an den Versicherungsfall des Alters anknüpft, wird den Versicherten nur deshalb ein früherer Renteneintritt ermöglicht, weil eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit bei Hinzutreten der in der Vorschrift genannten typischen Belastungen (Schwerbehinderung, Erwerbsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit) im Einzelfall unzumutbar sein kann. Mit der flexiblen Altersgrenze sollte den Versicherten die Möglichkeit des vorzeitigen Altersruhegeldbezugs gegeben werden, deren individuelle Leistungsfähigkeit so beeinträchtigt ist, "dass sie sich den Anforderungen am Arbeitsplatz nicht mehr gewachsen fühlen" (BT-Drucks VI/3767 S 6). Das Wahlrecht, vorzeitig, aber endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu wollen, gründet also gerade auf diesen besonderen Belastungen und ist somit ua - wie vorliegend - "wegen Schwerbehinderung" eingeräumt worden (vgl BSG Urteil vom 22.2.1995 - 4 RA 31/94 - SozR 3-2200 § 1248 Nr 10, Juris RdNr 22). Insoweit kann die Altersrente für schwerbehinderte Menschen als eine Art "typisierte Erwerbsminderungsrente" verstanden werden (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 37 RdNr 5, Stand: Einzelkommentierung Juli 2009; O'Sullivan, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 236a RdNr 4). Auch wenn der Gesetzgeber es bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 236a SGB VI der Entscheidung des Versicherten überlässt, selbst den Eintritt des Versicherungsfalls des Alters zu bestimmen, so besteht durch die Anknüpfung an die Begriffsbestimmung der Schwerbehinderung in § 2 Abs 2 SGB IX ein zumindest abstrakt und typisiert zu vermutender Zusammenhang zwischen der Behinderung und der mangelnden Verwertbarkeit des Restleistungsvermögens trotz aller Eingliederungsbemühung und Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt. Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen fügt sich insoweit gewissermaßen als "ultima ratio" in das System der Rechte des schwerbehinderten Menschen ein. Erst mit dem Inlandsbezug wird sichergestellt, dass dem Versicherten bei Beginn der Altersrente noch alle für Schwerbehinderte vorgesehenen Hilfen und Eingliederungsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden haben. Bei Personen, die das Bundesgebiet bzw ein nach Abkommensrecht gleichgestelltes Gebiet bereits verlassen haben, wird das Ziel, die Eingliederung von behinderten Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft mit dem SGB IX durch besondere Maßnahmen zu fördern, von vornherein verfehlt.

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Hinzu kommt, dass im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung der Status des Versicherten nicht unwesentlich durch seine Einbindung in den inländischen wirtschaftlichen und sozialen Ordnungsrahmen geprägt ist (vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 110 RdNr 11, Stand: Einzelkommentierung August 2008). Der Gesetzgeber orientiert sich insbesondere bei der Festlegung von Altersgrenzen und den Bedingungen für die Inanspruchnahme von vorgezogenen Altersrenten auch an arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten. So wurde das Rentenrecht in den 1970er Jahren ua als "Instrument der Frühverrentung" eingesetzt, mit dem die Arbeitslosigkeit bekämpft werden sollte. Die Bundesregierung erwartete sich etwa von der Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze für Schwerbehinderte auf das vollendete 60. Lebensjahr mit dem Fünften Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (5. RVÄndG) auch eine günstige Beeinflussung der Beschäftigungssituation. Sie ging davon aus, dass die frei werdenden Arbeitsplätze zu einem erheblichen Teil insbesondere von arbeitslosen Schwerbehinderten wieder besetzt würden (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 5. RVÄndG vom 22.9.1978, BT-Drucks 8/2119 S 7 - zu A.).

30

dd) Gegen die Forderung nach einem Inlandsbezug spricht schließlich auch nicht die Regelung des § 110 SGB VI. Danach erhalten Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Leistungen wie Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, soweit nicht in §§ 111 ff SGB VI etwas anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift setzt aber bereits eine "Berechtigung" voraus; hier geht es jedoch gerade um die Frage der Anspruchsentstehung (vgl BSG Urteil vom 29.9.1998 - B 4 RA 91/97 R - Juris RdNr 12), für die grundsätzlich das Territorialitätsprinzip in § 30 Abs 1 SGB I bzw dessen spezielle Ausprägung nach § 37 SGB I iVm § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI, § 2 Abs 2 SGB IX gilt.

31

c) Über das Vorliegen des Inlandsbezugs im konkreten Fall ist - entgegen der klägerischen Auffassung und der des SG - durch die Versorgungsverwaltung keine den RV-Träger bindende positive Feststellung getroffen worden.

32

Der Kläger kann sich zur Erfüllung des weiteren Tatbestandsmerkmals des § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI iVm § 2 Abs 2 Halbs 2 SGB IX auch nicht auf seinen Schwerbehindertenausweis berufen, den das zuständige Versorgungsamt im Jahr 1999 bis Ende Dezember 2014 verlängert hatte.

33

Für den RV-Träger entfaltet der Schwerbehindertenausweis nur im Hinblick auf die gesundheitliche Voraussetzung, nicht aber auf den "Inlandsbezug" Drittbindungswirkung (vgl zur Drittbindungswirkung allg BSG Urteil vom 26.7.1979 - 8b RK 5/78 - SozR 2200 § 176c Nr 3 - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 17.6.2009 - B 6 KA 14/08 R - Juris RdNr 44; zur Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten Maurer, Allg VerwR, 18. Aufl 2011, § 11 S 293 RdNr 8). Dafür sprechen Wortlaut und Systematik (aa). Zudem findet eine unterschiedliche Bindungswirkung hinsichtlich der gesundheitlichen Voraussetzung und des Inlandsbezugs ihre Entsprechung in der Regelung des § 116 Abs 1 SGB IX(bb). Auch aus einer am Sinn der § 69 Abs 5 SGB IX und § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI orientierten Auslegung folgt die mangelnde Bindung des RV-Trägers bezüglich des Inlandsbezugs(cc). Dies ist schließlich auch aus Sicht des RV-Trägers zweckmäßig (dd).

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aa) Zwar spricht § 69 Abs 5 S 1 SGB IX von einem Ausweis "über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch". Nach Wortlaut und Systematik ist jedoch nicht zwingend auch von einer bindenden Feststellung aller in § 2 Abs 2 SGB IX genannten Voraussetzungen (insbesondere auch des Inlandsbezugs der Schwerbehinderteneigenschaft) auszugehen(vgl Christians in Großmann/Schimanski/Spiolek , GK SGB IX, Stand Dezember 2009, § 2 RdNr 102). Der Bescheid vom 12.3.1992 enthält lediglich eine Entscheidung (§ 31 S 1 SGB X) über die Feststellung eines GdB von 50. Die Feststellung des GdB 50 nach § 69 Abs 1 SGB IX ist nicht mit der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gleichzusetzen(vgl BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9-15 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, Juris RdNr 21). Letztere erfordert - wie bereits dargelegt - auch einen Inlandsbezug, der sich allein in der Höhe des GdB nicht ausdrückt.

35

Nach dem Wortlaut des § 69 Abs 5 S 1 SGB IX stellt die zuständige Behörde auf entsprechenden Antrag des behinderten Menschen "auf Grund einer Feststellung der Behinderung" einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB(nach Abs 1 oder ggf Abs 2) sowie im Falle des Abs 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. Bescheinigt wird somit nur, was zuvor bereits hoheitlich entschieden worden ist (vgl BSG Urteil vom 30.1.1980 - 9 RVs 11/78 - SozR 3870 § 3 Nr 7, Juris RdNr 10). Der Schwerbehindertenausweis hat damit den Charakter einer öffentlichen Urkunde iS des § 415 ZPO (vgl BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 56/10 R - Juris RdNr 25), die selbst keine konstitutive Bedeutung hat, sondern lediglich gesondert getroffene Feststellungen der Versorgungsverwaltung (oder einer anderen hoheitlichen Verwaltung) nachweist (vgl BSG Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/15 R - SozR 4-1300 § 48 Nr 31, Juris RdNr 26 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 26.2.1986 - 9a RVs 4/83 - BSGE 60, 11, 16 = SozR 3870 § 33 Nr 21; BVerwG Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 11/81 - BVerwGE 66, 315, Juris RdNr 17). Erst durch die Bindungswirkung der zuvor bereits getroffenen Feststellungen gewinnt der Ausweis damit die ihm vom Gesetz beigelegte Funktion, gegenüber jedermann den ausgewiesenen Inhalt als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen nachzuweisen (BVerwG Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 11/81 - BVerwGE 66, 315, Juris RdNr 17). Insoweit ist es folgerichtig, wenn § 69 Abs 5 SGB IX zur Aufhebung nicht auf die Vorschriften der §§ 44 ff SGB X verweist, sondern bestimmt, dass der Ausweis einzuziehen ist, wenn der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist, was durch Aufhebung oder Auslaufen des Feststellungsbescheids über den GdB geregelt wird.

36

bb) Unabhängig davon kommt eine unterschiedliche Bindungswirkung hinsichtlich der gesundheitlichen Feststellungen einerseits und des Inlandsbezugs andererseits auch in § 116 Abs 1 SGB IX zum Ausdruck. Nach § 116 Abs 1 Halbs 2 SGB IX werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen bei einer Verringerung des GdB auf weniger als 50 erst "am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides" nicht mehr angewendet. Nach einem Wegfall der weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs 2 SGB IX ist der Nichtanwendungsbefehl hingegen übergangslos(§ 116 Abs 1 Halbs 1 SGB IX).

37

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 116 Abs 1 SGB IX wie seine Vorgängervorschrift(§ 38 Abs 1 SchwbG) bezüglich der verlängerten Schonfrist im Rentenrecht Anwendung findet (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 56/10 R - Juris). Jedenfalls zeigt diese Vorschrift, dass das SGB IX selbst den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen der Schwerbehinderteneigenschaft unterschiedliche Bedeutung hinsichtlich ihrer Bindungswirkung beimisst. Diese Regelung ist mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes vom 24.7.1986 (BGBl I 1110) in § 35 SchwbG eingeführt worden. Der Gesetzesbegründung zu Halbs 1 ist zu entnehmen, dass bei einem Wegfall der übrigen Voraussetzungen nach § 1 SchwbG(Vorgängervorschrift zu § 2 Abs 2 SGB IX), "die insbesondere mit dem Wegzug aus dem Geltungsbereich des Gesetzes gegeben sind", eine Schonfrist nicht erforderlich erschien. "Die Vorschrift sieht für diesen bisher nicht geregelten Fall vor, dass mit dem Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft zugleich auch der gesetzliche Schutz als Schwerbehinderter erlischt." (BT-Drucks 10/3138 S 25 - zu Nr 27 - § 35 - Buchst a).

38

cc) Auch nach Sinn und Zweck der hier anzuwendenden Vorschriften kommt dem Schwerbehindertenausweis - zumindest für den RV-Träger - keine Drittbindungswirkung hinsichtlich des Inlandsbezugs zu. Eine solche lässt sich vielmehr nur für die gesundheitlichen Feststellungen aus der besonderen Kompetenz der Versorgungsverwaltung ableiten.

39

Der Schwerbehindertenausweis dient nach § 69 Abs 5 S 2 SGB IX dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach Teil 2 oder nach anderen Vorschriften zustehen. Der Gesetzgeber will mit diesem Hinweis auf andere Vorschriften außerhalb des SGB IX auch Dritte an den Inhalt des Schwerbehindertenausweises binden. Die Feststellungen sollen in einer Vielzahl von Lebensbereichen die Inanspruchnahme von sozial-, steuer-, arbeits-, und straßenverkehrsrechtlichen sowie anderen Vorteilen ermöglichen (vgl dazu BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27; BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 8/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 8 RdNr 16; BSG Urteil vom 7.4.2011 - B 9 SB 3/10 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 13 RdNr 21). Es ist daher anerkannt, dass die Statusfeststellungen der Versorgungsverwaltung für die Gerichte und andere Behörden, die über die Zuerkennung von Rechten an schwerbehinderte Menschen entscheiden, grundsätzlich verbindlich sind (vgl BSG Urteil vom 6.10.1981 - 9 RVs 3/81 - BSGE 52, 168, 173 f = SozR 3870 § 3 Nr 13 S 31 - Juris RdNr 33; BSG Urteil vom 29.5.1991 - 9a/9 RVs 11/89 -BSGE 69, 14, 17 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 S 9 - Juris RdNr 19; BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27; BVerwGE 66, 315, 318 - Juris RdNr 15; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 37 RdNr 19, Stand: Einzelkommentierung Juli 2009; Kreikebohm/Jassat in BeckOK SozR, § 37 SGB VI RdNr 6; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 37 RdNr 27; Oppermann in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNr 17, 38, Stand: Einzelkommentierung März 2017; Stähler/Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti, SGB IX, 3. Aufl 2009, § 69 RdNr 20; Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Aufl 2010, § 69 RdNr 36).

40

Die Bindungswirkung der Feststellungen gründet ihrem Sinn und Zweck nach aber lediglich auf der speziellen Kompetenz und Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung für die Bewertung der medizinischen Sachverhalte. Sie stellt stellvertretend für andere Verwaltungen nach einheitlichen Maßstäben gesundheitliche Voraussetzungen fest, die außerhalb ihrer Zuständigkeiten verschiedenartige Berechtigungen auslösen (vgl BSG Urteil vom 6.10.1981 - 9 RVs 3/81 - BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13 - Juris RdNr 33 - zu § 1 Abs 1 und 4 SchwbG; BSG Urteil vom 16.3.1982 - 9a/9 RVs 8/81 - SozR 3870 § 3 Nr 14 - Juris RdNr 16 f; BSG Urteil vom 7.5.1986 - 9a RVs 54/85 - SozR 3100 § 35 Nr 16, Juris RdNr 14; BVerwG Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 11/81 - BVerwGE 66, 315, Juris RdNr 16 f; BFH Urteil vom 22.9.1989 - III R 167/86 - BFHE 158, 375, Juris RdNr 11). Dem behinderten Menschen soll es erspart werden, bei der Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen stets wieder aufs Neue seine Behinderteneigenschaft, den Grad der MdE, des GdS oder des GdB und das Vorliegen weiterer gesundheitlicher Merkmale beweisen zu müssen (vgl BVerwG Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 11/81 - BVerwGE 66, 315, Juris RdNr 17). Hieraus folgt, dass der Schwerbehindertenausweis gerade dem Nachweis der gesundheitlichen Einschränkungen, nicht jedoch sonstiger Lebensumstände dient.

41

dd) Eine eigene Prüfung des Inlandsbezugs durch den RV-Träger ist schließlich auch zweckmäßig. Für diesen ist nur eine punktuelle Betrachtung erforderlich - die Schwerbehinderteneigenschaft muss nach § 236a SGB VI nur zu Beginn der Rente vorliegen, ob sie später durch einen Umzug ins Ausland entfällt, ist unerheblich(vgl Jassat, GK-SGB VI, § 37 RdNr 19, Stand: Einzelkommentierung Juli 2015; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der RV, § 37 SGB VI RdNr 9).

42

Anders als im Hinblick auf die gesundheitliche Voraussetzung der Schwerbehinderteneigenschaft hat der RV-Träger die Kompetenz, den Inlandsbezug und die hierfür relevanten Sozialversicherungsabkommen auf eine eventuelle Gebietsgleichstellung selbst zu überprüfen. Dem entspricht, dass es nach einhelliger Auffassung für die in §§ 37, 236a SGB VI geforderte "Anerkennung" grundsätzlich auch genügt, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen durch Feststellungen nach § 69 Abs 2 S 2 SGB IX zB in einem Leistungsbescheid eines Unfallversicherungsträgers nachgewiesen werden(zB Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 37 RdNr 21 Stand: Einzelkommentierung Juli 2009; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 37 SGB VI RdNr 5, Stand: Einzelkommentierung September 2016; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 37 RdNr 25; Dankelmann in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl 2013, § 37 RdNr 5; Löschau, SGB VI, § 37 RdNr 26, Stand Einzelkommentierung Mai 2013; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der RV, § 37 SGB VI RdNr 8; Jassat in GK-SGB VI, Stand Juli 2014, § 236a RdNr 9, § 37 RdNr 15; Brettschneider in Jahn, SGB VI, § 236a RdNr 16; Wingerter in Reinhardt , LPK-SGB VI, 3. Aufl 2014, § 236a RdNr 8). In einem solchen Fall obliegt es von vornherein dem RV-Träger, den nach § 236a Abs 1 Nr 2 SGB VI erforderlichen Inlandsbezug selbst zu prüfen, weil der UV-Träger keine Entscheidung zur Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2 Abs 2 SGB IX trifft(vgl Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 37 RdNr 21, Stand: Einzelkommentierung Juli 2009).

43

d) Zur Begründung seiner Auffassung kann sich der Kläger nicht auf die Entscheidungen des BSG vom 5.7.2007 (B 9/9a SB 2/06 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 5 und B 9/9a SB 2/07 R - BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6) stützen. Darin wird ausgeführt, dass auch von einem im Ausland wohnenden Behinderten trotz des Territorialitätsprinzips (§ 30 SGB I) verfahrensrechtliche Feststellungen nach § 69 SGB IX beantragt werden könnten, wenn der behinderte Mensch eine Vergünstigung mit Inlandsbezug gelten machen könne. Darunter kann zwar grundsätzlich auch eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 37 Nr 2 SGB VI verstanden werden; diese setzt aber wiederum selbst einen Inlandsbezug nach § 2 Abs 2 SGB IX voraus(s oben zu b). Das BSG geht in den genannten Entscheidungen insoweit davon aus, dass der fehlende Inlandsbezug einer Altersrente dann nicht entgegensteht, wenn nach vorrangigem EU-Recht ein Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU (im Fall B 9/9a SB 2/07 R: in Italien) bzw nach dem Abkommen vom 21.6.1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits ein Wohnsitz in der Schweiz (im Fall B 9/9a SB 2/06 R) einem Wohnsitz im Inland gleichzustellen ist (BSG Urteil vom 5.7.2007 - B 9/9a SB 2/07 R - Juris RdNr 25). Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Kläger ist in ein außereuropäisches Land umgezogen, mit dem kein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen wurde, dem ggf eine Gebietsgleichstellung entnommen werden könnte.

44

e) Der nach § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI geforderte Inlandsbezug iS des § 2 Abs 2 SGB IX verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

45

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt sowohl für Belastungen als auch für Begünstigungen (vgl BVerfG Beschluss vom 8.6.2004 - 2 BvL 5/00 - BVerfGE 110, 412, 431 - Juris RdNr 62; BVerfG Urteil vom 9.12.2008 - 2 BvL 1/07 - BVerfGE 122, 210, 230 - Juris RdNr 56; BVerfG Beschluss vom 17.11.2009 - 1 BvR 2192/05 - BVerfGE 125, 1, 17 - Juris RdNr 45). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl BVerfG Beschluss vom 17.4.2008 - 2 BvL 4/05 - BVerfGE 121, 108, 119 - Juris RdNr 41; BVerfG Urteil vom 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 - BVerfGE 121, 317, 370 - Juris RdNr 151). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl BVerfG Urteil vom 20.4.2004 - 1 BvR 905/00 - BVerfGE 110, 274, 291 - Juris RdNr 56; BVerfG Beschluss vom 7.11.2006 - 1 BvL 10/02 - BVerfGE 117, 1, 30 - Juris RdNr 93; BVerfG Beschluss vom 17.11.2009 - 1 BvR 2192/05 - BVerfGE 125, 1, 17 - Juris RdNr 45).

46

Die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen sind unterschiedlich, je nachdem, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft (vgl BVerfG Beschluss vom 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 - BVerfGE 98, 365, 389 - Juris RdNr 74; BVerfG Urteil vom 30.7.2008 - 1 BvR 3262/07 - BVerfGE 121, 317, 369 - Juris RdNr 153). Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfGE 98, 365, 389). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers geht dann besonders weit, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt, von denen sich die Betroffenen durch eigenes Verhalten auf die unterschiedliche Regelung einstellen können. Die Grenze bildet dann allein das Willkürverbot (vgl BVerfG Beschluss vom 18.2.1998 - 1 BvR 1318/86 - BVerfGE 97, 271, 291 - Juris RdNr 82).

47

Soweit der Kläger meint, die Forderung nach einem Inlandsbezug verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG, weil er damit gegenüber Versicherten mit Wohnsitz im Inland bzw in der EU, deren individuelle Leistungsfähigkeit in demselben Grad herabgesetzt sei, ungerechtfertigt ungleich behandelt werde, trifft dies nicht zu. Prüfungsmaßstab ist hier allein das Willkürverbot. Denn die Unterscheidungsmerkmale, die der Kläger beanstandet, sind nicht personenbezogen. Es wird nicht auf die Herkunft oder Staatsangehörigkeit und - wie der Kläger zutreffend ausführt - gerade nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit abgestellt. Vielmehr knüpft der Gesetzgeber mit dem Inlandsbezug an Lebenssachverhalte an, auf die sich die Versicherten grundsätzlich einstellen können.

48

Die Differenzierung nach dem Territorialitätsprinzip (vgl §§ 30, 37 SGB I) stellt eine sachgerechte Unterscheidung dar. Es ist ein verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandendes Ziel nationaler Sozialpolitik, sozial relevante Tatbestände im eigenen Staatsgebiet zu formen und zu regeln (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 17.3.2008 - 1 BvR 96/06 - Juris RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 30.12.1999 - 1 BvR 809/95 - Juris RdNr 11; BVerfG Beschluss vom 2.7.1998 - 1 BvR 810/90 - Juris RdNr 61). An welche räumlichen, persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen der Gesetzgeber eine öffentlich-rechtliche Norm anknüpft, liegt grundsätzlich in seinem Gestaltungsermessen (vgl auch BAG Urteil vom 30.4.1987 - 2 AZR 192/86 - BAGE 55, 236 - Juris RdNr 34).

49

Der Ausschluss eines Leistungsanspruchs widerspricht insbesondere nicht der Rechtsprechung des BVerfG, wonach es dem Gesetzgeber nicht erlaubt ist, ohne gewichtige sachliche Gründe den Anknüpfungspunkt zwischen Beitragserhebung und Leistungsberechtigung zu wechseln. Steht das Wohnsitzprinzip dem Eingriff durch Auferlegung von Beiträgen nicht entgegen, so können territoriale Gründe nicht erstmals gegen die Einlösung des mit Beiträgen erworbenen Versicherungsschutzes ins Feld geführt werden (so BVerfG Beschluss vom 30.12.1999 - 1 BvR 809/95 - SozR 3-1200 § 30 Nr 20 - Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 7.10.2009 - B 11 AL 25/08 R - BSGE 104, 280 = SozR 4-1200 § 30 Nr 5 - Juris RdNr 11). Die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Fallgestaltungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung, die vor allem Personen mit zeitweiligem grenznahen Auslandswohnsitz betreffen, sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. In einem Fall wie dem des Klägers, der während der Versicherungspflicht im Inland gewohnt und danach den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt in das außereuropäische Ausland verlegt hat, ist der Gesetzgeber grundsätzlich nicht gehindert, den Leistungsanspruch zumindest für eine auch auf gesundheitlichen Gründen beruhende vorgezogene Altersrente von einem fortbestehenden Bezug zum Inland abhängig zu machen (vgl BSG Urteil vom 6.3.2013 - B 11 AL 5/12 R - SozR 4-1200 § 30 Nr 8 RdNr 20).

50

Mit dieser Ausformung des Territorialitätsprinzips beschränkt sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner aus dem Sozialstaatsgebot folgenden Einstandspflicht gegenüber Menschen mit Behinderung (BSG Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253, 256 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 2 ff - Juris RdNr 17) zulässig auf sozial relevante Tatbestände im Inland. Es wird insoweit auf die Ausführungen unter b) zu den Gründen des erforderlichen Inlandsbezugs verwiesen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht nur an die gesundheitliche Einschränkung anknüpft, sondern zusätzlich einen Inlandsbezug verlangt.

51

Aus den bereits dargelegten Gründen stellt die Regelung nach § 236a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VI auch eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG dar. Dem Kläger wird keine Position entzogen, die er zuvor innehatte.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 12. Apr. 2017 - B 13 R 15/15 R

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 12. Apr. 2017 - B 13 R 15/15 R

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Bundessozialgericht Urteil, 29. Apr. 2010 - B 9 SB 2/09 R

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

Tatbestand 1 Streitig ist die Aufhebung eines Feststellungsbescheides nach dem Schwerbehindertenrecht bei einem Ausländer, dessen Aufenthalt in Deutschland zunächst gest

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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 32 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet.

(2) Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden Kalendermonate mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage angerechnet. Kalendermonate nach § 52 werden nicht angerechnet.

(3) Auf die Wartezeit von 35 Jahren werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet.

(3a) Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden Kalendermonate angerechnet mit

1.
Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten des Bezugs von
a)
Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung,
b)
Leistungen bei Krankheit und
c)
Übergangsgeld,
soweit sie Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten sind; dabei werden Zeiten nach Buchstabe a in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, es sei denn, der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt, und
4.
freiwilligen Beiträgen, wenn mindestens 18 Jahre mit Zeiten nach Nummer 1 vorhanden sind; dabei werden Zeiten freiwilliger Beitragszahlung in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nicht berücksichtigt, wenn gleichzeitig Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit vorliegen.
Kalendermonate, die durch Versorgungsausgleich oder Rentensplitting ermittelt werden, werden nicht angerechnet.

(4) Auf die Wartezeiten werden auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten (Fünftes Kapitel) angerechnet; auf die Wartezeit von 25 Jahren jedoch nur, wenn sie der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Als Reisekosten werden die erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen, die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben stehen. Zu den Reisekosten gehören auch die Kosten

1.
für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen der Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist,
2.
für eine wegen der Behinderung erforderliche Begleitperson einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls,
3.
für Kinder, deren Mitnahme an den Rehabilitationsort erforderlich ist, weil ihre anderweitige Betreuung nicht sichergestellt ist sowie
4.
für den erforderlichen Gepäcktransport.

(2) Während der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden im Regelfall auch Reisekosten für zwei Familienheimfahrten je Monat übernommen. Anstelle der Kosten für die Familienheimfahrten können für Fahrten von Angehörigen vom Wohnort zum Aufenthaltsort der Leistungsempfänger und zurück Reisekosten übernommen werden.

(3) Reisekosten nach Absatz 2 werden auch im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übernommen, wenn die Leistungen länger als acht Wochen erbracht werden.

(4) Fahrkosten werden in Höhe des Betrages zugrunde gelegt, der bei Benutzung eines regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels der niedrigsten Beförderungsklasse des zweckmäßigsten öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen ist, bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel in Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes. Bei Fahrpreiserhöhungen, die nicht geringfügig sind, hat auf Antrag des Leistungsempfängers eine Anpassung der Fahrkostenentschädigung zu erfolgen, wenn die Maßnahme noch mindestens zwei weitere Monate andauert. Kosten für Pendelfahrten können nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung bei einer zumutbaren auswärtigen Unterbringung für Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre.

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung eines Feststellungsbescheides nach dem Schwerbehindertenrecht bei einem Ausländer, dessen Aufenthalt in Deutschland zunächst gestattet war und seit Juni 2007 nur geduldet ist.

2

Der 1957 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er hält sich seit März 2003 in Deutschland auf. Sein Aufenthalt wurde während des letztlich erfolglosen Asylverfahrens gestattet. Unter dem 15.6.2007 wurde dem Kläger eine bis zum 17.9.2007 befristete aufenthaltsrechtliche Duldung erteilt, die in der Folgezeit verlängert wurde.

3

Auf den Antrag des Klägers vom 6.5.2004 stellte das beklagte Land durch Bescheid vom 16.8.2004 wegen verschiedener Gesundheitsstörungen einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie die Schwerbehinderteneigenschaft fest. Einen Antrag auf Änderung/Erhöhung des GdB lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.12.2005 ab.

4

Nach Bekanntwerden der aufenthaltsrechtlichen Duldung hörte der Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 5.7.2007 an und hob mit Bescheid vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 gemäß § 48 SGB X den Bescheid vom 16.8.2004 auf, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 SGB IX nicht mehr erfüllt seien. Die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne dieser Vorschrift liege nicht mehr vor, weil der Kläger sich lediglich im Rahmen einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in Deutschland aufhalte und damit nicht mehr von einem rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen sei. Solche Personen hätten keinen Anspruch auf Feststellungen nach dem SGB IX.

5

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) abgewiesen (Urteil vom 20.5.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs 2 SGB IX iVm § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I seien nicht erfüllt, weil der Kläger im Rahmen der Duldung seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX habe. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - auch bei einem nur geduldeten Ausländer wegen der besonderen Ziele des Schwerbehindertenrechts dessen nicht nur vorübergehendes Verweilen in Deutschland bejaht, wenn sich aus anderen Umständen ergebe, dass der Ausländer sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werde. Wegen der seitdem stattgefundenen Veränderungen im Schwerbehindertenrecht und insbesondere auch im Ausländerrecht ließen sich die vom BSG getroffenen Wertungen heute nicht mehr für Sachverhalte wie den vorliegenden heranziehen.

6

Zwar heiße es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu § 2 SGB IX(BT-Drucks 14/5074, S 99), auf den der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.3.2001 (BT-Drucks 14/5531, S 5) verweise, es bleibe auch bei der Klarstellung der Rechtsprechung, dass gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Absatzes 2 auch bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern vorliege, wenn besondere Umstände ergäben, dass sie sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten würden. Angesichts der weiteren gesetzgeberischen Aktivitäten ließen sich diese besonderen Umstände jedoch nur für geduldete Personen mit einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX begründen(§ 2 Abs 2 SGB IX). Eine weitere Ausdehnung auf den Kreis der geduldeten Personen ohne Arbeitsplatz sei nicht mehr möglich.

7

Mit der gesetzlichen Neuregelung der Duldung im Rahmen der Reform des Zuwanderungsrechts zum 1.1.2005 und den darin zum Ausdruck gekommenen Intentionen des Gesetzgebers lasse sich für den Fall einer bloßen Duldung weder mit Blick auf den Begriff der Rechtmäßigkeit noch auf denjenigen des gewöhnlichen Aufenthalts allgemein eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB IX herleiten. Die Rechtsfigur der Duldung gemäß § 60a AufenthG lasse sich trotz gleicher Begrifflichkeit letztlich nicht mehr mit derjenigen in der Entscheidung des BSG von 1999 gleichsetzen. Soweit das BSG von "Vergünstigungen des Schwerbehindertengesetzes" spreche, entspreche dieser Begriff nicht mehr dem der Nachteilsausgleiche nach dem SGB IX. Die konzeptionellen Vergünstigungen, die das Schwerbehindertenrecht für andere Rechtsbereiche, etwa das Steuerrecht oder das Arbeitsrecht, mit sich bringe, spielten für lediglich geduldete Ausländer regelmäßig keine Rolle.

8

Die Rechtsmittelbelehrung - nach der das Urteil mit der Berufung oder mit der Revision angefochten werden kann - folge aus §§ 143, 144, 161 Abs 1 SGG. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger einen entsprechenden Antrag stellen lassen, dem der Beklagte zugestimmt habe. Nach Ansicht der 13. Kammer habe die vorliegende Rechtssache aufgrund der zu klärenden Fragestellung grundsätzliche Bedeutung. Zudem weiche das Gericht mit der Entscheidung von dem Urteil des BSG aus dem Jahre 1999 ab.

9

Der Kläger hat unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beklagten beim BSG "Sprungrevision" eingelegt. Er macht die Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Auffassung des angefochtenen Urteils, er - der Kläger - befinde sich als Inhaber einer Duldung rechtswidrig im Bundesgebiet, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei festzustellen, dass er sich zwar ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte, dass sein Aufenthalt aber von der Ausländerbehörde wissentlich hingenommen werde und es sich nicht um einen strafbaren Aufenthalt handele. Vor allem spreche sein Krankheitsbild (behandlungsbedürftige Epilepsie nach der Operation eines Hirntumors und chronifizierte depressive Störung bei Verdacht auf organische Persönlichkeitsveränderung und auf posttraumatische Belastungsstörung) dafür, dass er sich den Rest seines Lebens im Bundesgebiet aufhalten werde. Klarer könne ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nicht begründet werden. Das SG verkenne, dass die Duldung kein neues Rechtsinstrument sei, sondern entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf ins AufenthG wieder aufgenommen worden sei. Das Fortbestehen des Rechtsinstituts der Duldung spreche gegen einen Bedeutungswandel. Schon aus diesem Grund würden die vom BSG in seinem Urteil vom 1.9.1999 angestellten Erwägungen fortgelten.

10

Wie die Praxis zeige, sei die Duldung unverändert mit der Möglichkeit eines im Extremfall sogar lebenslänglichen Inlandsaufenthalts ohne Aufenthaltstitel verbunden. Die Versuche des Gesetzgebers, zB in §§ 104a, 104b AufenthG einem großen Teil der Betroffenen zu einem besseren Status zu helfen, seien von der Praxis der Exekutive nicht gestützt worden. Schon das zeige, dass es sachwidrig sei, auf unabsehbare Dauer in Deutschland lebende Behinderte von den Vergünstigungen des Schwerbehindertenrechts auszuschließen. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die Vergünstigungen für geduldete Ausländer bedeutungslos wären. So könnten Eingliederungshilfen gewährt werden. Der Schwerbehindertenausweis erleichtere und beschleunige das gesamte Verwaltungsverfahren für die Eingliederung seelisch wesentlich behinderter Menschen.

11

Soweit das SG einwende, es könne nicht Aufgabe der Versorgungsämter sein, eine Vielzahl von ausländerrechtlichen Erwägungen bei der Erteilung eines Bescheids nach SGB IX zu berücksichtigen, sei zwar einzuräumen, dass sich ein gewisser zusätzlicher Arbeitsaufwand für die Versorgungsverwaltung ergäbe. Insoweit verhalte es sich jedoch ebenso wie mit ärztlichen Befunden, die der Verwaltung auch nicht automatisch vorlägen, sondern beigezogen und eventuell sogar eigenständig erhoben werden müssten.

12

Soweit das SG schließlich bei unveränderter Rechtslage eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Behauptung verlange, diese Rechtsprechung missachte die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, übersehe das Gericht die vom europäischen Gesetzgeber selbst geschaffene Verpflichtung, Behinderte nicht zu diskriminieren.

13

Der Kläger beantragt,

 das Urteil des SG Stuttgart vom 20.5.2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 aufzuheben.

14

Der Beklagte beantragt,

 die Revision zurückzuweisen.

15

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an.

16

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist zulässig.

18

Obwohl das SG die Zulassung der Revision nicht im Tenor des Urteils ausgesprochen hat, ergibt sie sich mit noch hinreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. § 161 Abs 1 Satz 1 SGG, wonach den Beteiligten gegen das Urteil eines SG die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zusteht, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird, verlangt für den Fall der Zulassung im Urteil nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht, dass die Zulassung im Tenor des sozialgerichtlichen Urteils zu erfolgen hat. Die Zulassung im Rahmen der Entscheidungsgründe reicht aus, wenn sie eindeutig durch das Gericht und nicht nur durch dessen Vorsitzenden allein ausgesprochen wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 161 RdNr 6 und § 144 RdNr 39 mit zahlreichen Nachweisen).

19

Ein eindeutiger Ausspruch in diesem Sinne liegt vor, wenn etwa die Aussage "das Gericht lässt die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu" in die Entscheidungsgründe aufgenommen wird. Demgegenüber stellt es keinen eindeutigen Ausspruch der Zulassung der Revision dar, wenn das SG allein auf eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung, dass die Revision zulässig sei, verweist (BSG SozR 1500 § 161 Nr 16). Im vorliegenden Fall hat das SG zwar nicht ausdrücklich die Formulierung von der Zulassung der Revision verwendet. Durch den erfolgten gesonderten Hinweis auf die Rechtsmittelbelehrung, in der auf die Möglichkeit der Anfechtung des Urteils durch Berufung oder Revision hingewiesen wird, die Nennung des § 161 Abs 1 SGG sowie die Beschreibung, dass der Kläger "einen entsprechenden Antrag" - iS des § 161 Abs 1 Satz 1 SGG - habe stellen lassen, dem der Beklagte zugestimmt habe, wird indes noch hinreichend deutlich, dass das SG die sogenannte Sprungrevision zugelassen hat. Zudem ist das SG in seiner Begründung ausdrücklich auf das Vorliegen der Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung und Abweichung eingegangen und hat erklärt, dass die Revision zum BSG daher mögliches Rechtsmittel sei. Dies reicht insgesamt zur Dokumentation der Revisionszulassung durch die erkennende Kammer des SG aus. Im Übrigen bleibt es - wie der vorliegende Fall zeigt - zur Vermeidung von Unklarheiten und entsprechenden Prozessrisiken für den Revisionskläger nach wie vor tunlich, die Zulassung der Revision im Tenor des Urteils auszusprechen.

20

Der Kläger hat die Revision form- und fristgerecht unter Vorlage der schriftlichen Zustimmungserklärung des Beklagten eingelegt und innerhalb der gesetzlichen Frist eine ausreichende Begründung vorgelegt (§ 164 SGG).

21

Die Revision des Klägers ist auch begründet.

22

Der Gegenstand des Revisionsverfahrens deckt sich, da das Urteil des SG in vollem Umfang angegriffen ist, mit dem des Klageverfahrens. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007, mit dem der Bescheid vom 16.8.2004 über die Feststellung eines GdB von 50 sowie der Schwerbehinderteneigenschaft aufgehoben worden ist. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Diese ist zulässig und begründet. Das die Klage abweisende Urteil des SG und der angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten sind aufzuheben, denn beide vom Beklagten getroffenen Entscheidungen sind rechtswidrig.

23

Der Bescheid vom 25.7.2007 ist nicht durch die allein in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine Änderung ist wesentlich, wenn der Verwaltungsakt so, wie er ursprünglich nach der damaligen Sach- und Rechtslage zu Recht erlassen wurde, nach der neuen Sach- oder Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte. Maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (stRspr; BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19; zuletzt BSGE 95, 57 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; Steinwedel in: Kasseler Komm, Stand Januar 2009, § 48 SGB X, RdNr 13; Schütze in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 48 RdNr 5, 6).

24

Der Bescheid vom 25.7.2007 ist allerdings nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er der Regelung des Bescheides vom 29.12.2005 über die Ablehnung der Feststellung eines höheren GdB als 50 widerspräche. Es kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 29.12.2005 unausgesprochen auch die Aussage enthält, dass bis dahin keinerlei wesentliche Änderungen in den für den Bescheid vom 16.8.2004 maßgeblichen Verhältnissen eingetreten seien. Dann würde der Bescheid vom 29.12.2005 allerdings einem nach § 48 Abs 1 SGB X ergangenen Aufhebungsbescheid entgegenstehen, der sich auf Änderungen der Sach- oder Rechtslage bis zum 29.12.2005 bezöge. Indes hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 25.7.2007 allein auf eine Änderung der Rechtslage im Jahre 2007 gestützt, so dass es einer etwaigen vorherigen Zurücknahme des Bescheides vom 29.12.2005 nach § 45 Abs 1 SGB X jedenfalls nicht bedurfte.

25

Der durch den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehobene Bescheid vom 16.8.2004 enthält zwei Verfügungssätze, nämlich einerseits die Feststellung des GdB mit 50 und andererseits die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. § 2 SGB IX unterscheidet in den in seinen Absätzen 1 und 2 enthaltenen Definitionen die Begriffe Behinderung und Schwerbehinderung. Während nach § 2 Abs 1 SGB IX Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, bestimmt § 2 Abs 2 SGB IX Menschen als schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben.

26

Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen in § 69 SGB IX übernehmen diese rechtsbegriffliche Trennung zwischen Behinderung und Schwerbehinderung. Während nach § 69 Abs 1 SGB IX die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB von wenigstens 20(s § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX) feststellen, bestimmt § 69 Abs 5 Satz 1 SGB IX, dass die zuständigen Behörden auf entsprechenden Antrag des behinderten Menschen "aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale" ausstellen.

27

Dadurch dass der Beklagte den Bescheid vom 16.8.2004 vollständig aufgehoben hat, hat er beide darin enthaltene Verfügungssätze (Regelungen iS des § 31 SGB X), nämlich sowohl den über die Feststellung des GdB mit 50 als auch den über die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beseitigt. Dazu war er nicht befugt. Denn entgegen der Auffassung des Beklagten und des SG ist in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Feststellungsbescheides vom 16.8.2004 vorgelegen haben, hinsichtlich beider Verfügungssätze keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.

28

Die Aufhebung der Feststellung des GdB mit 50 lässt sich von vornherein nicht mit einem Wegfall des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers begründen. Denn dieses Merkmal ist nicht konstitutiv für die Feststellung eines GdB. Der Anspruch eines behinderten Menschen auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 2 Abs 1, § 69 SGB IX. Zwar regelt § 30 Abs 1 SGB I, dass die Vorschriften dieses Gesetzbuchs, also aller Bücher des SGB einschließlich der nach § 68 SGB I einbezogenen besonderen Gesetze, für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). § 37 Abs 1 SGB I schränkt dieses Prinzip jedoch dadurch ein, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Letzteres ist für das Schwerbehindertenrecht hinsichtlich der für Dritte verbindlichen Statusfeststellung nach § 69 SGB IX wegen deren dienender Funktion der Fall(BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 21).

29

Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es aus, dass dem behinderten Menschen aus der Feststellung des GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen können (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 22 f). Demgegenüber ist § 2 Abs 2 SGB IX - entgegen der Ansicht des SG - hier nicht einschlägig, weil er sich nur auf die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bezieht(vgl dazu auch § 69 Abs 5 SGB IX). Für den Anspruch auf Feststellung eines GdB genügt danach ein sog Inlandsbezug in dem Sinne, dass der behinderte Mensch wegen seines GdB Nachteilsausgleiche im Inland in Anspruch nehmen kann. Dazu bedarf es hier keiner besonderen Tatsachenfeststellungen. Ein ausreichender Inlandsbezug ist für den Kläger allein wegen seines tatsächlichen langjährigen Aufenthalts in Deutschland ohne Weiteres anzunehmen. Eine Feststellung dazu, welche konkreten Nachteilsausgleiche, Vergünstigungen oder sonstigen Vorteile für den Kläger dabei in Betracht kommen, ist nicht erforderlich (s dazu BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8).

30

Sonstige Änderungen, die eine Aufhebung der Feststellung des GdB mit 50 rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere in Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers und die bei ihm festgestellten Funktionsstörungen. Entsprechende Tatsachen sind vom Beklagten zur Begründung des angefochtenen Bescheides nicht angeführt worden und werden von ihm bis heute nicht geltend gemacht. Auch wenn tatsächliche Feststellungen des SG zur Höhe des GdB des Klägers vollständig fehlen, erübrigt sich daher eine Zurückverweisung der Sache zur ergänzenden Aufklärung des Sachverhalts.

31

Hinsichtlich der mit Bescheid vom 16.8.2004 erfolgten Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers fehlt es - bezogen auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 3 mwN) - ebenfalls an einer wesentlichen Änderung. Insbesondere ist durch die im Jahre 2007 nach Abschluss des Asylverfahrens erfolgte Änderung des aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers, der seitdem nur noch im Besitz einer aufenthaltsrechtlichen Duldung ist, dessen Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch iS des § 2 Abs 2 SGB IX nicht entfallen. Nach dieser Vorschrift sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Damit umschreibt § 2 Abs 2 SGB IX den begünstigten Personenkreis in einer Weise, die von dem in § 30 Abs 1 SGB I verankerten Territorialitätsprinzip abweicht(vgl § 37 Abs 1 SGB I). Dies zeigt sich schon daran, dass er neben Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt auch einen Arbeitsplatz im Inland ausreichen lässt, wobei das Merkmal "rechtmäßig" eine zusätzliche Besonderheit darstellt. Insgesamt wird diese Bestimmung vom Sinn und Zweck des Schwerbehindertenrechts geprägt. Der allgemeinen Aufgabenstellung der §§ 10 und 29 SGB I folgend hat sich der Staat nach § 1 SGB IX die Pflicht auferlegt, alle Menschen mit Behinderungen - grundsätzlich unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status - durch einen möglichst weitgehenden Ausgleich ihrer Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren.

32

Nach der allgemeinen Regelung des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei ist entscheidend, ob ein an den objektiven Verhältnissen zu messender realisierbarer Wille vorhanden ist, an einem bestimmten Ort zu wohnen (vgl hierzu Irmen in Hambüchen, Kindergeld/Erziehungsgeld/Elternzeit, Stand April 2007, § 1 BErzGG, RdNr 29). Den gewöhnlichen Aufenthalt hat demgegenüber jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Rechtsprechung des BSG beantwortet die Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, allein nach den tatsächlichen Umständen, ohne, wie etwa die §§ 7 bis 11 BGB, die Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person zu berücksichtigen. Zudem bezieht die Rechtsprechung des BSG auch ein prognostisches Element ein. Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt danach von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab(vgl hierzu Schlegel in juris PK-SGB I, 1. Aufl 2005, § 30 RdNr 55; Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 30 RdNr 14 ff, jeweils mwN). Bestimmte Zeiträume, die die Annahme des Beibehaltens und Benutzens der Wohnung bzw des nicht nur vorübergehenden Verweilens an einem Ort begründen oder stützen, sind nicht normiert und auch von der Rechtsprechung nicht hergeleitet worden. Der gewöhnliche Aufenthalt kann danach schon am Tag des Zuzugs begründet werden (s Mrozynski, aaO, § 30 RdNr 19 mwN).

33

Regelmäßig wird bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern, deren Aufenthalt in Deutschland von einer staatlichen Entscheidung über die Art und die Dauer ihres Verbleibens abhängt, der aufenthaltsrechtliche Status auch Einfluss auf die tatsächliche Prognose im Rahmen des § 30 Abs 3 SGB I haben. Insbesondere die aufenthaltsrechtliche Duldung nach § 60a Abs 1 AufenthG, der eine Aussetzung der Abschiebung des nicht aufenthaltsberechtigten Ausländers grundsätzlich für längstens sechs Monate vorsieht, kann der Annahme eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I entgegenstehen. Diese Verbindung zwischen tatsächlicher Aufenthaltsprognose und aufenthaltsrechtlichem Status eines Ausländers, wie sie zu § 30 Abs 3 SGB I entwickelt worden ist, löst § 2 Abs 2 SGB IX, indem er besonders und eigenständig verlangt, dass der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt "rechtmäßig" sein muss, wobei diese Begriffe durch den Sinn und Zweck des SGB IX geprägt werden.

34

Eine Abweichung von den allgemeinen Begriffen des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts in Bezug auf den aufenthaltsrechtlichen Status eines Ausländers hat das BSG nach Maßgabe des § 37 Satz 1 SGB I zB hinsichtlich des Anspruchs auf Bundeserziehungsgeld nach § 1 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) angenommen, weil § 1 Abs 6 BErzGG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer besondere Bestimmungen über den notwendigen aufenthaltsrechtlichen Status der anspruchsberechtigten Person enthält(s BSG, Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der nach wie vor in § 1 Abs 1 BErzGG verwendete Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist deswegen nur noch danach zu beurteilen, ob der Ausländer in Bezug auf seinen Lebensmittelpunkt ein reales Verhalten im Sinne eines erkennbaren Willens, sich an einem bestimmten Ort in Deutschland aufhalten zu wollen, gezeigt hat(BSG, aaO). Entsprechende Modifizierungen der Begriffe des "rechtmäßigen" Wohnsitzes und des "rechtmäßigen" gewöhnlichen Aufenthalts sind wegen der Besonderheiten des Schwerbehindertenrechts auch im Rahmen des § 2 Abs 2 SGB IX geboten.

35

Zunächst ist die Rechtmäßigkeit des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts iS des § 2 Abs 2 SGB IX nicht anhand des Aufenthaltsrechts zu beurteilen. Vielmehr bezeichnet sie entsprechend der Zielsetzung des SGB IX die Befugnis des ausländischen behinderten Menschen, am Leben in der deutschen (inländischen) Gesellschaft teilzunehmen. In diesem Sinne ist auch der Aufenthalt von geduldeten Ausländern als rechtmäßig anzusehen. Denn sie sind zwar ausreisepflichtig, aber rechtlich nicht gehindert, sich weiterhin in Deutschland aufzuhalten, solange ihre Abschiebung ausgesetzt ist (vgl § 60a AufenthG). Anders ist es selbstverständlich mit Ausländern, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Die bei der Prüfung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts anzustellende Prognose hat sich dementsprechend an den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles zu orientieren.

36

Das BSG hat schon zum Rechtszustand nach § 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), der für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ebenfalls einen rechtmäßigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet verlangte, entschieden, dass das SchwbG behinderte Ausländer auch dann schützt, wenn sie sich nur geduldet seit Jahren in Deutschland aufhalten, ein Ende dieses Aufenthalts unabsehbar ist und die Ausländerbehörde gleichwohl keine Aufenthaltsbefugnis erteilt(BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts kann danach nur unter Berücksichtigung des Zwecks des jeweiligen Gesetzes hinreichend bestimmt werden, in welchem der Begriff gebraucht ist. Angesichts der Ziele des Schwerbehindertenrechts, nämlich der durch unverzügliche, umfassende und dauernde Maßnahmen zu bewältigenden gesellschaftlichen Integration von behinderten Menschen, liegt, wie das BSG in seiner Entscheidung vom 1.9.1999 zum Ausdruck gebracht hat, auch bei nur geduldeten Ausländern ein nicht nur vorübergehendes Verweilen - und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt - vor, wenn andere Umstände ergeben, dass sie sich gleichwohl auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werden. Auch ein nur geduldeter und damit ausländerrechtlich nicht rechtmäßiger Aufenthalt ist danach rechtmäßig im Sinne des SchwbG. Dies ergibt sich im Übrigen aus der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden Verpflichtung der staatlichen Gemeinschaft, körperlich oder geistig behinderte Menschen soweit wie möglich in die Gesellschaft einzugliedern (BSGE 84, 253, 254 ff = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 2 ff).

37

An dieser Rechtsprechung ist auch für den Rechtszustand nach dem SGB IX im Grundsatz festzuhalten. Sie hat instanzgerichtlich auch in jüngerer Zeit Zustimmung gefunden (SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 2.5.2006 - S 3 SB 138/04 -; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.9.2006 - L 10 B 10/06 SB -; SG Lüneburg, Urteil vom 28.3.2007 - S 15 SB 54/05 -; SG Duisburg, Urteil vom 15.6.2007 - S 30 SB 140/04 -; SG Münster, Urteil vom 20.10.2008 - S 2 SB 244/07 -; SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 13.8.2009 - S 19 SB 3/09 -; Hessisches LSG, Urteil vom 23.9.2009 - L 4 SB 57/08 -; LSG Nordrhein-Westfalen, angefochtenes Urteil vom 28.10.2009 - L 10 SB 45/08 -; SG Köln, Urteil vom 3.12.2009 - S 31 SB 163/08 -). Entgegen der Auffassung des SG haben die seit 1999 ergangenen gesetzlichen Änderungen im Schwerbehindertenrecht und im Ausländerrecht die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs nur geduldet in Deutschland lebender behinderter Ausländer auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung nicht verändert.

38

Durch die Eingliederung des Schwerbehindertenrechts in das SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - durch das Gesetz vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) zum 1.7.2001 hat sich in Bezug auf die Schwerbehinderteneigenschaft materiell-rechtlich nichts geändert. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SGB IX (BT-Drucks 14/5531) betont in seiner Anlage 1, dass der Text des Gesetzentwurfs und der Begründung gleichlautend mit dem Text auf den Seiten 3 bis 136 der BT-Drucks 14/5074 sei. Die genannte Drucksache 14/5074 betrifft den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.1.2001. Darin wird zu § 2 des Gesetzentwurfs (Behinderung) angemerkt, dass die Abs 2 und 3 inhaltsgleich die bisherigen Regelungen der §§ 1 und 2 Abs 1 SchwbG übertrügen. Infolgedessen blieben die Feststellungsbescheide der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden unbeschadet terminologischer Änderungen weiterhin wirksam. Ferner ist ausgeführt, dass es auch bei der Klarstellung der Rechtsprechung bleibe, dass gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Abs 2 auch bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern vorliege, wenn besondere Umstände ergäben, dass sie sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten würden (s BT-Drucks 14/5074, S 99). Abgesehen von dem wortlautgleichen Inhalt der alten und neuen Vorschriften belegt diese klarstellende Begründung des Gesetzentwurfs, dass es insbesondere bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern bei der bisherigen durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtslage verbleiben soll. Gemeint ist damit zweifellos das Urteil des BSG vom 1.9.1999 (B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1).

39

Da § 2 Abs 2 SGB IX nicht an das Ausländer- bzw Aufenthaltsrecht anknüpft, sondern einen eigenständigen Begriff des rechtmäßigen Wohnsitzes oder Aufenthalts geprägt hat, wirken sich Änderungen des Ausländerrechts von vornherein nicht unmittelbar auf die Auslegung des § 2 Abs 2 SGB IX aus. Dies gilt insbesondere für die Reform des Ausländerrechts durch das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) vom 30.7.2004 (BGBl I 1950). Gerade die Neuregelung der sog Duldung (§ 60a AufenthG) beinhaltet nach wie vor die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers. Die Duldung wurde abweichend vom ursprünglichen Gesetzentwurf nicht abgeschafft, ihre Anwendung wurde jedoch zugunsten der humanitären Aufenthaltserlaubnis (§ 25 AufenthG) eingeschränkt. Duldungsgründe im Sinne der früheren Vorschrift des § 55 Ausländergesetz sollten leichter und eher zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen(HK-AuslR/Fränkel, § 25 RdNr 3). Aufenthaltsrechtlich befindet sich der geduldete Ausländer aber nach wie vor in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn über mehrere Jahre hinweg die Duldung immer wieder verlängert worden ist (sog Kettenduldungen), sich der Ausländer also mittlerweile faktisch seit langem in Deutschland aufhält. Nach wie vor ist sein Aufenthalt aufgrund der gemäß § 60a Abs 3 AufenthG fortbestehenden Ausreisepflicht aufenthaltsrechtlich rechtswidrig, wenn auch nicht strafbar. Letztlich ist die ausländer- bzw aufenthaltsrechtliche Duldung grundsätzlich unverändert geblieben. Auswirkungen auf das Schwerbehindertenrecht sind daher nicht ohne Weiteres und unabhängig von den Umständen des Einzelfalles herleitbar.

40

Die bisherige Rechtsprechung des BSG (BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1) hat allerdings zur Beurteilung der Frage, ob der geduldete Ausländer nicht nur vorübergehend rechtmäßig in Deutschland verweilt, auf bestimmte Anknüpfungstatsachen abgestellt, die die Annahme stützen, dass er sich auch in Anbetracht einer bloßen Duldung gleichwohl auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werde. Genannt wurden das Bestehen von Abschiebungshindernissen sowie die bisherige jahrelange Duldung des Ausländers. Eine Eingrenzung des Begriffs "jahrelang" wurde nicht vorgenommen, indes für einen mehr als dreieinhalbjährigen geduldeten Aufenthalt bejaht (BSGE 84, 253, 257 f = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 6).

41

Diese Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 1999 hat der Gesetzgeber des SGB IX zwar nicht zum Anlass genommen, den Begriff des rechtmäßigen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Rahmen des § 2 Abs 2 SGB IX selbst näher zu konkretisieren. Andererseits hat er es aber - im Sinne einer Einengung der vom BSG entwickelten allgemeinen Kriterien - unterlassen, die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch - ähnlich der Regelung des § 1 Abs 6 BErzGG - nur denjenigen zuzuerkennen, die im Besitz bestimmter Aufenthaltstitel sind, und so die geduldeten Ausländer ausdrücklich auszunehmen. Bei dieser Gesetzeslage ist aus den dem SGB IX immanenten Grundsätzen herzuleiten, dass ein aufenthaltsrechtlich nur geduldeter Ausländer, dessen GdB mindestens 50 beträgt, Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderung hat, wenn sein Aufenthalt in Deutschland voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird. Diese Beurteilung kann als Prognose schon vor Ablauf einer sechsmonatigen Aufenthaltszeit in Deutschland getroffen werden.

42

Die Orientierung an einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist der Definition der Behinderung in § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX zu entnehmen. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die … zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Das Zusammenspiel dieser Vorschriften lässt erkennen, dass das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass Funktionsbeeinträchtigungen oder Störungen, die länger als sechs Monate andauern, als die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigend anzusehen sind. Sie lösen Ansprüche auf die in § 1 SGB IX allgemein beschriebenen Leistungen, insbesondere auf Ausgleich und Eingliederung aus. Entsprechendes muss für die Teilhabe von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern am Leben in der Gesellschaft gelten. Auch sie haben daher Anspruch auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung, sobald erkennbar ist, dass bei ihnen die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX erfüllt sind und die Prognose eines über sechsmonatigen Aufenthalts in Deutschland gestellt werden kann(vgl Welti in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX,3. Aufl 2010, § 2 RdNr 48).

43

Die Annahme einer Anspruchsberechtigung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern auf Feststellung ihrer Schwerbehinderteneigenschaft, sobald anzunehmen ist, dass sie sich aufenthaltsrechtlich geduldet mehr als sechs Monate in Deutschland aufhalten werden, wird durch das am 1.1.2009 in Kraft getretene Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem fakultativen Protokoll vom 13.12.2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21.12.2008 (BGBl II 1419) untermauert. Damit hat dieses Übereinkommen in Deutschland Gesetzeskraft erlangt (zur Rechtsnatur von durch den Deutschen Bundestag ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen s Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl 2009, Art 59 RdNr 17 und 19, jeweils mwN). Nach Art 1 des Übereinkommens ist es sein Zweck, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Diese Generalklausel wird durch zahlreiche folgende Artikel konkretisiert, und zwar hinsichtlich der Rechte und Grundfreiheiten der Menschen mit Behinderungen und der daraus erwachsenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten. Bereits aus Art 1 Abs 1 des Übereinkommens wird deutlich, dass die Vertragsstaaten die Menschenrechte und Grundfreiheiten allen Menschen mit Behinderungen garantieren ("fördern, schützen und gewährleisten"), ohne dass nach deren Staatsangehörigkeit und/oder Aufenthaltsrecht in dem jeweiligen Vertragsstaat differenziert wird.

44

Nach alledem ist auch bei einem aufenthaltsrechtlich nur geduldeten Ausländer, der sich voraussichtlich länger als sechs Monate in Deutschland aufhalten wird, anzunehmen, dass er iS des § 2 Abs 2 SGB IX seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzes hat. Das trifft für geduldete Ausländer nicht zu, bei denen aufgrund besonderer Umstände ersichtlich ist, dass die Abschiebung gerade erfolgt oder unmittelbar bevorsteht. Für sie kann eine positive Bleibeprognose nicht gestellt werden. Für die Annahme dieser speziellen Situation einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung bedarf es indes der Feststellung konkreter Umstände. Außerdem scheiden danach auch diejenigen Ausländer aus, die sich im Rahmen eines Visums für Touristen, Geschäftsreisende oder für andere kurzfristige Aufenthalte in Deutschland aufhalten (s § 6 Abs 1 bis 3 AufenthG).

45

Gemessen an diesen Kriterien hat der Kläger zur Zeit des angefochtenen Verwaltungsakts trotz der aufenthaltsrechtlichen Duldung seinen rechtmäßigen Wohnsitz iS des § 2 Abs 2 SGB X weiter in Deutschland gehabt, denn er hat erkennbar seinen Willen gezeigt, auch in Zukunft diese Wohnung im Inland beibehalten und benutzen zu wollen. Dies hat er dadurch hinreichend dokumentiert, dass er entgegen seiner aufenthaltsrechtlichen Verpflichtung zur Ausreise weiterhin in Deutschland verweilt. Nach den Gesamtumständen eines schon im Juli 2007 weit mehr als vier Jahre andauernden Aufenthalts in Deutschland und der Abwesenheit von Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Abschiebung war im Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 weiterhin eine positive Aufenthaltsprognose für mehr als sechs Monate zu stellen.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Berechtigte, die sich nur vorübergehend im Ausland aufhalten, erhalten für diese Zeit Leistungen wie Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

(2) Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten diese Leistungen, soweit nicht die folgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland etwas anderes bestimmen.

(3) Die Vorschriften dieses Abschnitts sind nur anzuwenden, soweit nicht nach über- oder zwischenstaatlichem Recht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 wie folgt gefasst wird:

"Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29. April 2008 verurteilt, der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Mai 2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren. … "

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei mit dem Zugangsfaktor 1,0 gewähren muss.

2

Die 1948 geborene Klägerin war an Brustkrebs erkrankt. Das Versorgungsamt H. stellte als Behinderung die "Entfernung einer Brustdrüsengeschwulst links" mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest (Bescheid vom 18.11.1994). Diesen Bescheid hob das Versorgungsamt nach Ablauf der Heilungsbewährung auf, veranschlagte den GdB ab dem 20.7.2000 auf weniger als 20 und führte aus, der Klägerin stehe ein Ausweis als Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft noch bis zum Ablauf des Schwerbehindertenschutzes Ende November 2000 zu (Bescheid vom 17.7.2000). Entsprechendes vermerkte das Versorgungsamt im Schwerbehindertenausweis der Klägerin. Mit Bescheid vom 18.2.2003 änderte das Versorgungsamt den Bescheid vom 17.7.2000 und stellte ab dem 19.11.2002 wieder einen GdB von 50 fest.

3

In der Rentenauskunft vom 31.3.2003 teilte die Beklagte mit, die Klägerin könne eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 mit Abschlägen und ab dem 1.5.2011 abschlagsfrei beanspruchen. Die Klägerin machte daraufhin nachwirkenden Vertrauensschutz geltend und legte Schreiben des Versorgungsamts H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes B. vom 16.9.2003 vor, wonach ihr der Status einer Schwerbehinderten bis zum 30.11.2000 zustehe.

4

Mit Bescheid vom 26.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" ab, weil der Aufhebungsbescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000 vor dem Stichtag bindend geworden sei. Damit habe am 16.11.2000 keine Schwerbehinderteneigenschaft iS des § 236a Satz 5 SGB VI(in der Altfassung von Art 6 Nr 34 b SGB IX) vorgelegen. Bei der Schutzfrist des § 116 Abs 1 SGB IX, auf die sich die Klägerin berufe, handele es sich lediglich um eine Nachwirkungszeit aller Rechte und Pflichten, die sich aus dem SGB IX ergäben.

5

Während des anhängigen Klageverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wobei sie den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 verminderte (Rentenbescheid vom 29.4.2008). Diesen Rentenbescheid hat das SG Heilbronn in entsprechender Anwendung des § 96 SGG in das anhängige Klageverfahren einbezogen und die Klage abgewiesen(Urteil vom 25.3.2009).

6

Das LSG Baden-Württemberg hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Rentenbescheid vom 29.4.2008 zu ändern und der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu zahlen (Urteil vom 8.10.2010): Der Rentenbescheid vom 29.4.2008 sei gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den ursprünglich angefochtenen und nunmehr erledigten (Alt-)Bescheid vom 26.9.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 in vollem Umfang ersetzt habe. Die Klägerin erfülle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Abs 4 SGB VI in der Neufassung (nF) des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 (BGBl I 554). Denn sie sei vor dem 17.11.1950 geboren sowie am 1.5.2008 schwerbehindert gewesen und habe im 2008 das 60. Lebensjahr vollendet sowie die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Darüber hinaus sei sie auch am 16.11.2000 schwerbehindert gewesen, weil sie an diesem Tag im Besitz eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises gewesen sei, der auch die Beklagte binde. Hierauf habe die Klägerin vertrauen dürfen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000, der frühestens im August 2000 unanfechtbar geworden sei. Denn nach § 38 Abs 1 Halbs 2 Schwerbehindertengesetz(SchwbG 1986) idF vom 26.8.1986 (BGBl I 1421), der damals gegolten habe, ende der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter, wenn sich der Grad der Behinderung - wie hier - auf weniger als 50 verringere, erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides, hier also Ende November 2000. Dies habe das Versorgungsamt H. im Bescheid vom 17.7.2000 mit Bindungswirkung festgestellt. Bis zum Ablauf dieser dreimonatigen Schonfrist habe der Klägerin der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zugestanden. Denn der Wortlaut des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 beschränke den nachgehenden Schutz nicht nur auf die Rechte nach dem SchwbG, sondern spreche allgemein vom gesetzlichen Schutz. Insoweit unterscheide sich der Wortlaut dieser Vorschrift von ihrer Nachfolgebestimmung des § 116 Abs 1 SGB IX, der den Schutz des schwerbehinderten Menschen nach Herabsetzung des GdB auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen begrenze. Die Schonfrist solle den Betroffenen die Umstellung auf den neuen, schutzlosen Zustand erleichtern, was auch für die Möglichkeit eines Renteneintritts als Schwerbehinderter gelten müsse. Dabei sei belanglos, dass der BFH (Urteil vom 22.9.1989 - III R 167/86 - SGb 1991, 78 ff) entschieden habe, dass § 33b Einkommenssteuergesetz (EStG) keine Schutzvorschrift iS des § 38 SchwbG 1986 sei.

7

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung des § 236a Abs 4 SGB VI nF: Diese Vorschrift setze voraus, dass der Versicherte am 16.11.2000 gemäß § 2 Abs 2 SGB IX tatsächlich schwerbehindert gewesen sei und nicht lediglich- wie die Klägerin - vom (nachwirkenden) Schwerbehindertenschutz erfasst werde. Das LSG wende § 38 SchwbG 1986 systemwidrig an, weil § 236a Abs 4 SGB VI nF eine Rechtsgrundverweisung auf das SGB IX enthalte, das seinerseits die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Schwerbehinderung allein bestimme. Einschlägig sei deshalb ausschließlich § 116 Abs 1 SGB IX, der- ebenso wie früher § 38 Abs 1 SchwbG 1986- eine dreimonatige Nachwirkungszeit normiere. Indem der Gesetzgeber diese Vorschrift in den zweiten Teil des SGB IX aufgenommen habe, stelle er gesetzessystematisch klar, dass sich die Schutzfrist nur auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen und damit auf die §§ 68 ff SGB IX bezögen, nicht aber auf das SGB VI. Die Schutzfrist solle einen bereits bestehenden Status für eine Übergangszeit bewahren, nicht jedoch künftige Begünstigungen (Rentengewährung) trotz fehlender Schwerbehinderteneigenschaft ermöglichen. Im Übrigen bestehe - auch nach einer Literaturmeinung - kein Anspruch nach § 236a SGB VI, wenn der GdB bei Beginn der Altersrente bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgelegt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schutzfrist liege. Das Versorgungsamt H. habe schließlich auch nicht bescheidmäßig mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger festgestellt, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst Ende November 2000 ende. Vielmehr lasse sich der rechtskräftigen Entscheidung des Versorgungsamtes lediglich entnehmen, dass der für die Rentenversicherung entscheidende GdB am Stichtag des 16.11.2000 weniger als 20 betragen und somit keine Schwerbehinderung vorgelegen habe.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 zurückzuweisen.

9

           

Die Klägerin, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Zu Unrecht nehme die Beklagte an, § 116 Abs 1 SGB IX sei anstelle von § 38 Abs 1 SchwbG 1986 einschlägig. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 4.7.1989 - 9 RVs 3/88 - BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57) enthalte § 38 SchwbG 1986 eine "Schonfrist" und unterscheide im Übrigen nicht zwischen der dem schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von weniger als 50 vermittelten Schonung durch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen Neufeststellungsbescheid mit einem GdB von weniger als 50 und der sich gemäß Abs 1 anschließenden Schonfrist. Nach dem Wortlaut des § 236a Abs 4 SGB VI sei es gleichgültig, weshalb der Versicherte "schwerbehindert" sei. Der Hinweis auf die Legaldefinition des § 2 Abs 2 SGB IX sage lediglich, dass der frühere Rentenzugang für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 50 gelte. Für Gleichgestellte gelte er nicht. § 236a Abs 4 SGB VI nF differenziere nicht danach, ob der schwerbehinderte Mensch noch einen GdB von 50 habe oder ob die Fortdauer der Auswirkungen eines GdB von 50 fingiert werde. Jedenfalls § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 sei zu entnehmen, dass sich der GdB von 50 im Falle des Eintritts der Rechtskraft eines Neufeststellungsbescheids "erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheids" reduziere.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Zu Recht hat das LSG das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 neu festzustellen und der Klägerin ab dem 1.5.2008 einen entsprechend höheren Rentenmonatsbetrag zu zahlen. Soweit es den Rentenbescheid vom 29.4.2008 nicht selbst geändert, sondern die Beklagte hierzu lediglich "verurteilt" hat, war der Urteilsausspruch wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 138 Satz 1 SGG) zu korrigieren (zur Korrekturbefugnis des Rechtsmittelgerichts vgl BSGE 11, 146, 148; 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr 3). Aus den Entscheidungsgründen geht eindeutig hervor, dass das LSG den angefochtenen Bescheid selbst beseitigen wollte. Da der Senat lediglich klarstellt, was das Berufungsgericht wollte, liegt keine Verböserung zu Lasten der Beklagten und Revisionsklägerin vor (sog Verbot der reformatio in peius).

13

Mit dem Rentenbescheid vom 29.4.2008 hat die Beklagte über Rentenart, -beginn, -dauer und -höhe jeweils durch Verwaltungsakt (iS des § 31 Satz 1 SGB X) entschieden. Die Klägerin hat mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Regelung 2 SGG)zuletzt noch den (wertfeststellenden) Verwaltungsakt über die Rentenhöhe angegriffen und mit der Leistungsklage die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung eines höheren Rentenwerts unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 geltend gemacht sowie deren Verurteilung zur Zahlung eines höheren monatlichen Rentenbetrags begehrt. Diese sog unechte Leistungsklage hat die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG konsumiert(BSGE 96, 209, 210 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3 RdNr 11).

14

A. Diese Klagen sind zulässig. Das gilt auch für die Anfechtungsklage, obwohl vor Klageerhebung entgegen § 78 Abs 1 Satz 1 SGG weder Recht- noch Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes über die Rentenhöhe in einem Vorverfahren nachgeprüft worden sind. Denn das obligatorische Vorverfahren, dessen ordnungsgemäße Durchführung grundsätzlich Sachurteilsvoraussetzung ist (BSG SozR 3-1500 § 78 Nr 3 S 5 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 78 RdNr 2), war gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG iVm § 96 Abs 1 SGG ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 96 Abs 1 SGG, der hier schon idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) gilt (vgl dazu BSG Beschluss vom 16.12.2009 - B 7 AL 146/09 B - Juris RdNr 8), wird ein nach Klageerhebung ergehender neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des (Klage-)Verfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

15

I. Ursprünglich hat die Klägerin den Bescheid vom 26.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 angefochten (§ 95 SGG). Darin hatte die Beklagte allerdings noch nicht über ein Recht auf Rente entschieden, sondern mit der Ablehnung einer "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" (iS des § 236a Satz 5 Nr 1 SGB VI aF) lediglich ein Tatbestandselement der Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorab verneint: Diese Vorabentscheidung über einen isolierten Teil des Rentenanspruchs erfüllt sämtliche Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts (§ 31 Satz 1 SGB X), weil die Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts das Ergebnis einer normativen Bewertung, nämlich die Unterordnung von Einzelfallumständen unter gesetzliche Tatbestandsmerkmale, mit unmittelbarer Außenwirkung verbindlich festlegen wollte. Derartige Vorbescheide, mit denen einzelne mit einer Verwaltungsentscheidung verbundene Rechtsfragen vorab geklärt werden, sind grundsätzlich möglich (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 und BSG vom 17.6.2008 - B 8 AY 13/07 R - Juris RdNr 11). Für sie besteht gerade im Übergang vom Erwerbsleben zur Rente ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig disponieren und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl BSG aaO und SozR 4100 § 75 Nr 6; BVerwGE 57, 158, 161). Deshalb normiert das Gesetz vorgezogene Regelungen teilweise selbst (vgl etwa § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI; § 147a Abs 6 Satz 2 SGB III). Sie sind ansonsten aber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis - letztlich als von der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des endgültigen Verwaltungsaktes umfasstes "weniger" - zulässig (BSGE 42, 178 = SozR 3850 § 51 Nr 3), soweit sich aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nichts anders ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 f). Der Klägerin, die 2003 bereits zu den rentennahen Jahrgängen zählte, genügte in ihrer damaligen Situation keine unverbindliche Rentenauskunft (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI in der hier noch maßgeblichen Ursprungsfassung), weil diese - auch angesichts der gegenteiligen Auffassung des Versorgungsamtes H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 16.9.2003 zum nachwirkenden Schwerbehindertenschutz - keine Rechtssicherheit hätte schaffen können. Andererseits enthielt § 109 SGB VI aF kein Vorabentscheidungsverbot, und es sind auch keine anderen gesetzlichen Bestimmungen ersichtlich, die eine Vorabentscheidung über die Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000 ausgeschlossen hätten.

16

II. Lag damit ursprünglich ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor, so ist dieser durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 29.4.2008, der sowohl nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 als auch nach Klageerhebung ergangen ist, ersetzt worden. In Anlage 6 dieses Rentenbescheids hat die Beklagte den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 vermindert. Damit hat sie die vertrauensschutzregelnde Übergangsvorschrift des § 236a Abs 4 SGB VI nF nicht angewendet und der Klägerin zugleich den Vertrauensschutz für schwerbehinderte Menschen zum Stichtag am 16.11.2000 versagt. Hierdurch verlor die im Vorbescheid vom 26.9.2003 enthaltene Regelung gleichzeitig ihre präjudizielle Funktion und damit jegliche rechtliche Bedeutung; der vorabentscheidende Verwaltungsakt erledigte sich gemäß § 39 Abs 2 SGB X wegen Wegfalls des Regelungsobjekts "auf andere Weise"(vgl BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7). An seine Stelle trat während des anhängigen Klageverfahrens der wertfeststellende Verwaltungsakt im Rentenbescheid, der die Regelung im Vorbescheid vollständig ersetzte (§ 96 Abs 1 SGG). Dabei ist unerheblich, dass sich beide Verwaltungsakte auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen (§ 236a Satz 5 SGB VI aF einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits)stützen (BSG Beschluss vom 28.10.2009 - B 6 KA 56/08 B - Juris RdNr 13).

17

B. Die Klagen sind auch begründet. Der Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) ist rechnerisch das Produkt aus der Summe der EP und Zugangsfaktor (beide zusammen bilden die persönlichen EP), Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert. Die Klägerin hat den wertfeststellenden Verwaltungsakt nur insoweit angefochten, als die Beklagte den Zugangsfaktor wegen der angeblich vorzeitigen Inanspruchnahme (§ 236a Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 1 SGB VI nF) der Rente um 36 Monate von 1,0 um 0,108 auf 0,892 gekürzt (§ 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI) und damit anstelle von 38,5085 persönlichen EP, die sich bei einem Zugangsfaktor von 1,0 ergeben hätten, nur 34,3496 persönliche EP in die Rentenformel eingestellt hat. Diese Wertfeststellung ist rechtswidrig.

18
Denn die Klägerin hat die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs 4 SGB VI in der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen neuen Fassung durch Art 1 Nr 58 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres und damit nicht vorzeitig in Anspruch genommen, sodass die Voraussetzungen einer Kürzung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI nicht vorlagen. Gemäß § 236a Abs 4 SGB VI nF, der hier wegen des Rentenbeginns am 1.5.2008 anwendbar ist, haben Versicherte, die vor dem 17.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert (§ 2 Abs 2 SGB IX), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.    

das 60. Lebensjahr vollendet haben,

2.    

bei Beginn der Altersrente
a) als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs 2 SGB IX) anerkannt oder
b) berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind

        

und     

3.    

die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

19

Das LSG hat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Klägerin vor dem 17.11.1950 (am 1948) geboren ist, im 2008 und damit vor Rentenbeginn am 1.5.2008 das 60. Lebensjahr vollendet hatte, bei Rentenbeginn als schwerbehinderter Mensch anerkannt war (Bescheid des Versorgungsamts H. vom 18.2.2003) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hatte.

20

Sie war am Stichtag 16.11.2000 auch schwerbehindert. § 236a SGB VI ist eine übergangsrechtliche Vertrauensschutzregelung für einen besonders schutzwürdigen Kreis von Schwerbehinderten, der zum Zeitpunkt der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag darauf vertrauen konnte, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Einschränkungen die Altersrente für Schwerbehinderte mit dem 60. Lebensjahr beziehen zu können (vgl etwa O´Sullivan in jurisPK-SGB VI, Stand 6.10.2008, § 236a SGB VI RdNr 43). In dieser Funktion stellt die Norm umfassend auf den durch den Status als Schwerbehinderter vermittelten Schutz und nicht etwa nur begrenzt auf bestimmte Schwerbehinderte als Inhaber dieses Schutzes ab. Zum begünstigten Personenkreis gehören damit auch diejenigen, die - wie die Klägerin - am Stichtag 16.11.2000 aufgrund einer besonderen gesetzlichen Anordnung als Schwerbehinderte anzusehen sind.

21

Diesem Ergebnis steht auch der Wortlaut von § 236a SGB VI nicht entgegen, obwohl der Klammer-Hinweis auf "§ 2 Abs 2 Neuntes Buch" den Anschein erwecken könnte, die Übergangsregelung sei nur auf diejenigen Schwerbehinderten beschränkt, die am Stichtag auch die in dieser Norm genannten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 2 Abs 2 SGB IX erst zum 1.7.2001 in Kraft getreten ist und damit am Stichtag 16.11.2000 noch nicht anwendbar war. Da die Vorschrift jedoch inhaltlich dem bis zum 30.6.2001 geltenden Recht entspricht (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 SB 5/01 B - Juris und BSGE 106, 101 ff = SozR 4-3250 § 2 Nr 2), handelt es sich insofern für die Zeit ab dem 1.7.2001 um eine bloße Textänderung ohne Änderung des hierdurch verkörperten Rechts und entspricht damit umgekehrt der Verweis in § 236a Abs 4 SGB VI auf das aktuell in § 2 Abs 2 SGB IX verkörperte Recht der Sache nach einem Hinweis auf den am Stichtag 16.11.2000 tatsächlich geltenden § 1 SchwbG; auf diese Norm war in der bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung von § 236a SGB VI auch ausdrücklich verwiesen worden.

22

Das LSG durfte offen lassen, ob die Klägerin am 16.11.2000 die tatbestandlichen Voraussetzungen des damit einschlägigen § 1 SchwbG erfüllte, dh ob sie noch oder wieder über einen GdB von 50 verfügte und (rechtmäßig) im Inland wohnte, sich dort aufhielt oder beschäftigt war. Vom im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Schutz als schwerbehinderte Menschen sind nämlich auch diejenigen erfasst, die am Stichtag nach der allgemeinen Regelung in § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 dem gesetzlichen Schutz als Schwerbehinderte unterfallen und die deshalb ihre Schwerbehinderteneigenschaft zu diesem Zeitpunkt noch mit einem gültigen Schwerbehindertenausweis nachweisen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist am 16.11.2000 noch diese Norm, die erst am 30.6.2001 außer Kraft getreten ist (Art 63 iVm Art 68 Abs 1 SGB IX), anwendbar, während der erst am 1.7.2001 ohne Rückwirkung in Kraft getretene (Art 68 Abs 1 SGB IX) § 116 SGB IX insofern nicht in Betracht kommt. Das Schwerbehindertenrecht sieht auch diesen Personenkreis noch vorübergehend (fiktiv) als schwerbehinderte Menschen an.

23

§ 38 Abs 1 Halbs 1 SchwbG 1986 setzt zunächst als unausgesprochene Grundregel voraus, dass der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter besteht, solange - unabhängig von deren Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG für die Schwerbehinderteneigenschaft vorliegen. Umgekehrt erlischt dieser Schutz nach der aaO ausdrücklich getroffenen Regelung, wenn - wiederum unabhängig von einer entsprechenden Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG entfallen. Wird schließlich die Verringerung des GdB auf weniger als 50 durch Bescheid festgestellt, erlischt nach § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheides. Da auch im letztgenannten Fall trotz der tatbestandsmäßig vorausgesetzten bestandskräftigen Feststellung einer Verringerung des GdB auf weniger als 50 für die Dauer der dreimonatigen Schonfrist ausdrücklich ein zeitlich begrenzt fortbestehender "gesetzlicher Schutz" als "Schwerbehinderter" angeordnet wird, setzt das Gesetz auch dort die Eigenschaft als Schwerbehinderter weiter voraus und fingiert damit den Status, der sich sonst bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG ergibt. Die Gesamtheit der so unmittelbar aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG oder fiktiv auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 als Schwerbehinderte anzusehenden Personen genießt damit den durch diesen Status vermittelten Schutz und ist folglich auch von der Schutznorm des § 236a Abs 4 SGB VI erfasst. Soweit diese auf § 1 SchwbG ("§ 2 Abs 2 des Neunten Buchs") verweist, beschränkt sich diese Inbezugnahme daher auf die Rechtsfolge dieser Norm und die nur exemplarische Benennung ihres Tatbestandes als eines von mehreren Wegen, die zum Status als Schwerbehinderter führen können. Die Materialien zu § 236a Abs 4 SGB VI und seinen Vorgängernormen, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Sie enthalten keinen Hinweis darauf, dass die vorliegende Konstellation von den Entwurfsverfassern oder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bedacht worden wäre. Erkennen lässt sich dort lediglich, dass mit der gewählten Formulierung dem - im Laufe des Verfahrens auch erörterten - Ausschluss der den Schwerbehinderten Gleichgestellten (§ 2 SchwbG) mit einem GdB von wenigstens 30, aber weniger als 50, Rechnung getragen werden sollte.

24

Auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 hat die Versorgungsverwaltung vorliegend durch den Bescheid vom 17.7.2000 neben der Aufhebung/Änderung der Verwaltungsakte aus dem Bescheid vom 18.11.1994 (Feststellung des GdB von 50 und Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft) als weiteren Verwaltungsakt verlautbart, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst mit Ende November 2000 - und damit erst nach dem 16.11.2000 - erlischt. Diese die Klägerin begünstigende Regelung ist zusammen mit den im Bescheid vom 17.7.2000 getroffenen anderen Regelungen wirksam und nach den Feststellungen des LSG auch bestandskräftig geworden. Es handelt sich dabei nach der Rechtsprechung des BSG um einen Verwaltungsakt, der konkret für den jeweiligen Einzelfall das Ende der Schwerbehinderteneigenschaft regelt und der damit zahlreiche Rechtsverhältnisse - unter anderem gegenüber Sozialversicherungsträgern - beeinflusst (BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57).

25

Das einheitliche Schutzkonzept des Schwerbehindertenrechts, an das § 236a Abs 4 SGB VI anknüpft, wird durch die Regelungen über den Schwerbehindertenausweis im hier noch anzuwendenden § 4 Abs 5 SchwbG 1986 bestätigt. Nach Abs 2 aaO dient der Ausweis dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen, die Schwerbehinderten nach dem SchwbG oder nach anderen Vorschriften zustehen. Mit dem Hinweis auf andere Vorschriften außerhalb des SchwbG bindet der Gesetzgeber auch Dritte an den Inhalt des Schwerbehindertenausweises, der damit zur öffentlichen Urkunde (§ 415 ZPO) wird, die eine Behörde (das Versorgungsamt) innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse (Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.7.1991, BGBl I 1739) ausstellt und eine behördliche Erklärung iS von § 417 ZPO enthält. Als öffentliche Urkunde erbringt der Schwerbehindertenausweis den vollen Beweis seines Inhalts gegenüber jedem Dritten (vgl Ausschussbericht, BT-Drucks 7/4960 S 5 f; BSGE 60, 11, 16 = BSG SozR 3870 § 3 Nr 21; BSGE 60, 284, 285 = SozR 3870 § 3 Nr 23; SozR 3-3870 § 4 Nr 4 S 20; BVerwGE 66, 315, 320; Dau in Dau/Düwell/Joussen, LPK-SGB IX, 3. Aufl 2011, § 69 RdNr 39; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl 2009, § 69 RdNr 51; Oppermann in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNrn 36, 38, Stand IV/11; Schorn in Müller-Wenner/Schorn, SGB IX Teil 2, 2003, § 69 RdNr 113; Stähler/Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 69 RdNr 20; Voelzke, SGb 1991, 80) und beweist, dass das Versorgungsamt die im Ausweis gekennzeichneten Entscheidungen getroffen hat. Diese (drittwirkende) Beweisfunktion des Schwerbehindertenausweises ist schon deshalb notwendig, weil die Versorgungsverwaltung oftmals nicht selbst über soziale Leistungen und Vergünstigungen entscheidet. Stattdessen stellt sie nach einheitlichen Maßstäben für andere Behörden (zB Sozialversicherungsträger, Finanzämter, Hauptfürsorgestelle) und sonstige Dritte (zB Arbeitgeber, öffentliche Einrichtungen, GEZ) Beginn, Dauer und Ende der Schwerbehinderteneigenschaft, des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale fest, die außerhalb der originär versorgungsbehördlichen Zuständigkeit verschiedenartige Berechtigungen auslösen (BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; Voelzke, SGb 1991, 80, 81). Die Bindungswirkung und Beweisfunktion erstreckt sich auf die gesamte Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises; er ist erst einzuziehen, wenn eine Neufeststellung unanfechtbar geworden und der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erloschen ist (§ 4 Abs 5 Satz 4 SchwbG 1986). Dies belegt, dass das Schwerbehindertenrecht auch den Personenkreis, der während der Schonfrist noch von der nachwirkenden Schutzwirkung erfasst wird, weiterhin unverändert als schwerbehinderte Menschen ansieht. Während der nachwirkenden dreimonatigen Schutzfrist des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 müssen Behörden deshalb die Eintragungen im Schwerbehindertenausweis ungeprüft zugrunde legen und davon abweichende Feststellungen in Änderungsbescheiden ignorieren. Die Beklagte ist daher an die Festschreibung des Versorgungsamts H. im Schwerbehindertenausweis der Klägerin gebunden, dass deren Schwerbehindertenschutz erst "Ende Nov. 2000" abläuft (§ 4 Abs 5 Satz 2 SchwbG 1986).

26

Dass sich der auf diese Weise vermittelte gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch auf die abschlagsfreie Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Satz 5 SGB VI aF bzw § 236a Abs 4 SGB VI nF erstreckt, ergibt sich, wenn man den Begriff des "gesetzlichen Schutzes Schwerbehinderter" nach seinem Wortsinn (a), der Entstehungsgeschichte (b), seiner systematischen Stellung (c) sowie nach Sinn und Zweck (d) auslegt.

27

a) Der Bedeutungsumfang des Ausdrucks "der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter" ist weit und enthält keine Einschränkungen seines Schutzbereichs. Er erfasst damit nicht nur Schutzvorschriften des SchwbG, sondern auch alle anderen (materiellen) Gesetze, die Schwerbehinderte begünstigen, indem sie ihnen Rechte, Nachteilsausgleiche oder sonstige Leistungen gewähren oder einräumen. Zu diesen (Schutz-)Gesetzen zählt damit auch § 236a Abs 4 SGB VI nF, der es gerade schwerbehinderten Menschen ermöglicht, eine Altersrente vorzeitig und abschlagsfrei in Anspruch zu nehmen.

28

b) Die historische Interpretation bestätigt das weite Wortverständnis. Entwicklungshistorisch ist der sachliche Schutzbereich der Nachwirkung bis zum Inkrafttreten des SGB IX immer weiter ausgedehnt worden und erfasst auch nach überwiegender Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI nF).

29
  Die nachwirkende Schutzfrist geht auf das "Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter" (SchwbeschG 1920) zurück, das in seiner Ursprungsfassung vom 6.4.1920 (RGBl 458) den Fortfall des gesetzlichen Schutzes Schwerbeschädigter allerdings (noch) nicht speziell regelte. Wer nicht mehr schwerbeschädigt war, weil die MdE unter 50 vH sank, verlor danach den Schutz des Gesetzes sofort (Weigert-Wölz, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1921, Anm 8 zu § 3; Schimanski in GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 4). Allerdings führte der Gesetzgeber schon mit der Novellierung des SchwbeschG vom 23.12.1922 (RGBl I 972) in der Fassung vom 12.1.1923 (RGBl I 57) mit § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 einen vorübergehenden Schutz für Personen ein, die nicht mehr schwerbeschädigt waren. Schwerbeschädigten, die bei der Neufestsetzung ihrer Rente die Schwerbeschädigteneigenschaft einbüßten, sollte der Schutz des SchwbeschG noch für eine gewisse Zeit erhalten bleiben, um zu verhindern, dass sie von ihrem Arbeitgeber sofort gekündigt wurden (Schneider/Günther, Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1928, Vorbem b) zu § 20). Ihnen sollte der Übergang in ein von den Vorschriften des SchwbeschG nicht mehr geschütztes Arbeitsverhältnis erleichtert werden (Richter, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 2. Aufl 1931, Vorbem zu § 20). § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 bestimmte:

 "Schwerbeschädigte (§ 3), deren Rente bei erneuter Festsetzung auf weniger als 50 vom Hundert herabgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr von der Rechtskraft der neuen Entscheidung den Schutz dieses Gesetzes."       
30
   Hieran knüpfte § 24 Satz 1 des Schwerbeschädigtengesetzes (SchwbeschG 1953) vom 16.6.1953 (BGBl I 389) an und stellte in Satz 2 klar, dass die Betroffenen während der Schutzfrist auf die Pflichtquote des Arbeitgebers anzurechnen waren. Satz 1 der Vorschrift lautete:     

"Schwerbeschädigte, bei denen der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert festgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft des Festsetzungsbescheides den Schutz des Gesetzes."

31
§ 35 Abs 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG 1974) vom 29.4.1974 (BGBl I 1006) erweiterte den Schutzbereich über die Grenzen "dieses" bzw "des Gesetzes" hinaus auf jedes Schutzgesetz und verlängerte die Nachwirkungsfrist bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides folgte, der die MdE verringert hatte. Er lautete:    
        

"Der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erlischt, wenn sich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert verringert, dies jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides folgt."

32

Zusammenfassend ergibt sich aus der Vorgeschichte, dass der Nachwirkungsschutz ursprünglich auf die Vorteile beschränkt war, die das SchwbeschG 1923 vorsah ("Schutz dieses Gesetzes"), im weiteren Verlauf durch eine offenere Formulierung auch auf andere Gesetze ("Schutz des Gesetzes") erstreckt (Wechsel vom Demonstrativpronomen "dieses" zum bestimmten Artikel "des") und schließlich ohne Bezug auf bestimmten Rechtsquellen einschränkungslos auf jede gesetzliche Schutznorm erweitert wurde ("der gesetzliche Schutz"). Mit dem SchwbG 1986 vereinheitlichte und verkürzte der Gesetzgeber den zeitlichen Schutzbereich (dh die Schonfrist) der Nachwirkungsnorm zum 1.8.1986 auf drei Kalendermonate, ohne jedoch ihren sachlichen Schutzbereich einzuengen.

33

Auch die Literatur bestimmte die Reichweite der Nachwirkung des § 38 Abs 1 Satz 1 SchwbG 1986 und seiner Vorgängerregelungen weit. Im Rahmen von § 24 SchwbeschG 1953 und § 25 SchwbeschG 1961 in der Fassung vom 14.8.1961 (BGBl I 1233) bestand weitgehend Einigkeit, dass der Schwerbeschädigte während der Nachwirkungsfrist noch in vollen Umfang als solcher zu behandeln sei (Becker, SchwbeschG, 2. Aufl 1962, § 25 RdNr 6; Gröninger, SchwbeschG, Stand Juni 1962, § 25<= § 24 aF> Anm 4; Monjau, SchwbeschG, 1954, Anm zu § 24; Rohwer-Kahlmann/ Schroeder-Prinzten, SchwbeschG, Kommentar, Stand 1957, § 24 RdNr 11; Sellmann, Kommentar zum SchwbeschG, 1954, § 24 RdNr 6; Wilrodt-Gotzen, SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 7; Zigan, Kommentar zum SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 4; aA nur Rewolle, SchwbeschG, 6. Aufl 1973, Anm V 2 zu § 25). Nach Ritzer (Kommentar zum SchwbG, 1974, § 35 Anm 1), Wilrodt/Neumann (Kommentar zum SchwbG, 4. Aufl 1976, § 35 RdNr 2) und Neubert/Becke (SchwbG, 1974, § 35 Anm 6) bezweckte § 35 SchwbG 1974, dass der Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Schonfrist im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG bleiben solle. Zu § 38 SchwbG 1986 präzisierte Pahlen(in Neuman/Pahlen, SchwbG, 9. Aufl 1999, § 38 RdNr 13), dass der Schwerbehinderte im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG und sonstiger Schutzbestimmungen bleibe. Schimanski (GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 80)legte ausdrücklich dar, dass Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Nachwirkungszeit alle Rechte und Pflichten besäßen, die ihnen die Gesetze gäben (ähnlich auch Voelzke, SGb 1991, 80 f). Hierzu zähle auch der Anspruch auf flexibles Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Gouder (in Wiegand, Kommentar zum SchwbG, Stand Januar 2001, § 38 RdNr 16) führte aus, den Betroffenen stehe bis zum Ablauf der Schonfrist der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zu. Nur Cramer (SchwbG, 5. Aufl 1998, § 38 RdNr 2a) verneinte einen Anspruch nach § 37 SGB VI, wenn der GdB - bezogen auf den Rentenbeginn(hier: 1.5.2008) - bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgestellt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schonfrist liege (ähnlich Weber, SchwbG, Stand Mai 2000, § 38 Anm 3; so jetzt auch zu § 116 SGB IX Kossens, aaO, § 116 RdNr 5). Ob sich diese Ausführungen auch auf den hier maßgeblichen Stichtag (16.11.2000) beziehen, lassen Cramer (aaO) und Weber (aaO) allerdings offen. Die rentenversicherungsrechtliche Literatur beschäftigt sich - soweit ersichtlich - nicht mit dem Nachwirkungsschutz des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 und seinen Folgen für die Vertrauensschutzregelungen des § 236a SGB VI.

34

c) Die logisch-systematische Interpretation spricht ebenfalls für eine große Reichweite der Nachwirkung. Denn § 38 SchwbG 1986 sprach allgemein und gesetzesübergreifend vom "gesetzlichen Schutz", während § 39 SchwbG 1986 einschränkend und gesetzesimmanent auf "die Vorteile dieses Gesetzes" rekurrierte. Unterscheidet der Gesetzgeber in dieser Weise in aufeinanderfolgenden Bestimmungen zwischen verschiedenen Schutzbereichen, so muss man zum "gesetzlichen Schutz" auch die Rechte, Nachteilsausgleiche und Begünstigungen zählen, die schwerbehinderten Menschen nach Vorschriften außerhalb des SchwbG zustehen (vgl dazu auch Cramer, aaO). Dabei bestimmt sich das Zusammenspiel der beiden ranggleichen Bundesnormen (§ 38 SchwbG 1986 einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits) nach dem Leitgedanken von der Einheit der Rechtsordnung: § 236a Abs 4 SGB VI nF ist eine Schutznorm zugunsten Schwerbehinderter; wer (noch) schwerbehindert ist, regelt ua § 38 SchwbG 1986.

35

d) Wie sich bereits aus der Entstehungsgeschichte ergibt, bestand der Zweck der Schonfrist ursprünglich darin, ehemals Schwerbeschädigten bzw Schwerbehinderten einen nachwirkenden Kündigungsschutz zu verschaffen und ihnen in der Umstellungsphase den Übergang in ein Arbeitsverhältnis zu erleichtern, das vom SchwbeschG bzw SchwbG nicht mehr geschützt war (Gouder, aaO, § 38 RdNr 7). In der Folgezeit blieb dieser Schutz jedoch nicht auf das Arbeits- und Berufsleben beschränkt (vgl dazu Franz, Schwerbehindertengesetz mit Praxiskommentar, 4. Aufl 1995, § 38 RdNr 350), sondern wurde auf eine nahezu unübersehbare Vielzahl weiterer Vorteile und Vergünstigungen ausgedehnt, wenngleich der besondere Kündigungsschutz des Schwerbehindertenrechts weiterhin zu den zentralen und wichtigsten Anwendungsfeldern der Schonfrist zählte. Der Gedanke, Schwerbehinderten die Umstellung auf eine neue Erwerbsquelle zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erleichtern, trägt aber auch und gerade im Übergang vom Arbeitsleben in die Rente. Denn hier wie da kann der Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft großen Einfluss auf die zukünftige Lebensplanung haben (Aufhebungsvertrag, Kündigung, Arbeitslosigkeit, Altersteilzeitvereinbarung) und umfangreiche Vermögensdispositionen im Hinblick auf die Alterssicherung oder eine längere Erwerbsphase erfordern. Zudem besteht beim Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft auch heute noch ein erhöhtes Kündigungsrisiko mit der Gefahr anschließender Arbeitslosigkeit, die durch die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen gerade reduziert werden sollte (vgl dazu Künzler in Eichenhofer/Rische/Schmähl, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, 2011, Kap 12 RdNr 33). In diesem Kontext erscheint die Nachwirkung der Schwerbehinderteneigenschaft besonders dringlich, so dass auch unter teleologischen Gesichtspunkten die weite Auslegung vorzugswürdig ist.

36

Dass die Klägerin unter diesen Umständen aufgrund des befristeten Schutzes als Schwerbehinderte einen dauerhaften rentenrechtlichen Vorteil erhält, ist Resultat der vom Gesetzgeber verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl zuletzt etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - ZFSH/SGB 2011, 337 ff) und in sachgerechter Anknüpfung an den Tag der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag gewählten Stichtagsregelung. Diese bringt - ohne dass sich hieraus Bedenken gegen ihre Verfassungsmäßigkeit ergäben - durch ihr punktuelles Vorgehen "im Guten wie im Bösen" stets unvermeidbar Unwägbarkeiten mit sich, die bei einer zeitlichen Längsschnittbetrachtung ggf vermieden werden könnten. So bliebe etwa auch unberücksichtigt, wenn ein tatsächlich einen GdB von 50 rechtfertigender körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand unmittelbar vor dem Stichtag entfiele oder bereits am Stichtag feststünde, dass er demnächst mit der Folge eines GdB unter 50 entfallen werde. Für den Umstand, dass der Stichtag in die von vorneherein begrenzte Schonfrist fällt oder nicht, gilt nichts anderes.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Tatbestand

1

Streitig ist die Aufhebung eines Feststellungsbescheides nach dem Schwerbehindertenrecht bei einem Ausländer, dessen Aufenthalt in Deutschland zunächst gestattet war und seit Juni 2007 nur geduldet ist.

2

Der 1957 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er hält sich seit März 2003 in Deutschland auf. Sein Aufenthalt wurde während des letztlich erfolglosen Asylverfahrens gestattet. Unter dem 15.6.2007 wurde dem Kläger eine bis zum 17.9.2007 befristete aufenthaltsrechtliche Duldung erteilt, die in der Folgezeit verlängert wurde.

3

Auf den Antrag des Klägers vom 6.5.2004 stellte das beklagte Land durch Bescheid vom 16.8.2004 wegen verschiedener Gesundheitsstörungen einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie die Schwerbehinderteneigenschaft fest. Einen Antrag auf Änderung/Erhöhung des GdB lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.12.2005 ab.

4

Nach Bekanntwerden der aufenthaltsrechtlichen Duldung hörte der Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 5.7.2007 an und hob mit Bescheid vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 gemäß § 48 SGB X den Bescheid vom 16.8.2004 auf, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 SGB IX nicht mehr erfüllt seien. Die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne dieser Vorschrift liege nicht mehr vor, weil der Kläger sich lediglich im Rahmen einer Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in Deutschland aufhalte und damit nicht mehr von einem rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen sei. Solche Personen hätten keinen Anspruch auf Feststellungen nach dem SGB IX.

5

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) abgewiesen (Urteil vom 20.5.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs 2 SGB IX iVm § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I seien nicht erfüllt, weil der Kläger im Rahmen der Duldung seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX habe. Zwar habe das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - auch bei einem nur geduldeten Ausländer wegen der besonderen Ziele des Schwerbehindertenrechts dessen nicht nur vorübergehendes Verweilen in Deutschland bejaht, wenn sich aus anderen Umständen ergebe, dass der Ausländer sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werde. Wegen der seitdem stattgefundenen Veränderungen im Schwerbehindertenrecht und insbesondere auch im Ausländerrecht ließen sich die vom BSG getroffenen Wertungen heute nicht mehr für Sachverhalte wie den vorliegenden heranziehen.

6

Zwar heiße es in der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu § 2 SGB IX(BT-Drucks 14/5074, S 99), auf den der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.3.2001 (BT-Drucks 14/5531, S 5) verweise, es bleibe auch bei der Klarstellung der Rechtsprechung, dass gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Absatzes 2 auch bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern vorliege, wenn besondere Umstände ergäben, dass sie sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten würden. Angesichts der weiteren gesetzgeberischen Aktivitäten ließen sich diese besonderen Umstände jedoch nur für geduldete Personen mit einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX begründen(§ 2 Abs 2 SGB IX). Eine weitere Ausdehnung auf den Kreis der geduldeten Personen ohne Arbeitsplatz sei nicht mehr möglich.

7

Mit der gesetzlichen Neuregelung der Duldung im Rahmen der Reform des Zuwanderungsrechts zum 1.1.2005 und den darin zum Ausdruck gekommenen Intentionen des Gesetzgebers lasse sich für den Fall einer bloßen Duldung weder mit Blick auf den Begriff der Rechtmäßigkeit noch auf denjenigen des gewöhnlichen Aufenthalts allgemein eine Anspruchsberechtigung nach dem SGB IX herleiten. Die Rechtsfigur der Duldung gemäß § 60a AufenthG lasse sich trotz gleicher Begrifflichkeit letztlich nicht mehr mit derjenigen in der Entscheidung des BSG von 1999 gleichsetzen. Soweit das BSG von "Vergünstigungen des Schwerbehindertengesetzes" spreche, entspreche dieser Begriff nicht mehr dem der Nachteilsausgleiche nach dem SGB IX. Die konzeptionellen Vergünstigungen, die das Schwerbehindertenrecht für andere Rechtsbereiche, etwa das Steuerrecht oder das Arbeitsrecht, mit sich bringe, spielten für lediglich geduldete Ausländer regelmäßig keine Rolle.

8

Die Rechtsmittelbelehrung - nach der das Urteil mit der Berufung oder mit der Revision angefochten werden kann - folge aus §§ 143, 144, 161 Abs 1 SGG. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger einen entsprechenden Antrag stellen lassen, dem der Beklagte zugestimmt habe. Nach Ansicht der 13. Kammer habe die vorliegende Rechtssache aufgrund der zu klärenden Fragestellung grundsätzliche Bedeutung. Zudem weiche das Gericht mit der Entscheidung von dem Urteil des BSG aus dem Jahre 1999 ab.

9

Der Kläger hat unter Vorlage einer Zustimmungserklärung des Beklagten beim BSG "Sprungrevision" eingelegt. Er macht die Verletzung materiellen Rechts geltend. Der Auffassung des angefochtenen Urteils, er - der Kläger - befinde sich als Inhaber einer Duldung rechtswidrig im Bundesgebiet, könne nicht gefolgt werden. Vielmehr sei festzustellen, dass er sich zwar ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte, dass sein Aufenthalt aber von der Ausländerbehörde wissentlich hingenommen werde und es sich nicht um einen strafbaren Aufenthalt handele. Vor allem spreche sein Krankheitsbild (behandlungsbedürftige Epilepsie nach der Operation eines Hirntumors und chronifizierte depressive Störung bei Verdacht auf organische Persönlichkeitsveränderung und auf posttraumatische Belastungsstörung) dafür, dass er sich den Rest seines Lebens im Bundesgebiet aufhalten werde. Klarer könne ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nicht begründet werden. Das SG verkenne, dass die Duldung kein neues Rechtsinstrument sei, sondern entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf ins AufenthG wieder aufgenommen worden sei. Das Fortbestehen des Rechtsinstituts der Duldung spreche gegen einen Bedeutungswandel. Schon aus diesem Grund würden die vom BSG in seinem Urteil vom 1.9.1999 angestellten Erwägungen fortgelten.

10

Wie die Praxis zeige, sei die Duldung unverändert mit der Möglichkeit eines im Extremfall sogar lebenslänglichen Inlandsaufenthalts ohne Aufenthaltstitel verbunden. Die Versuche des Gesetzgebers, zB in §§ 104a, 104b AufenthG einem großen Teil der Betroffenen zu einem besseren Status zu helfen, seien von der Praxis der Exekutive nicht gestützt worden. Schon das zeige, dass es sachwidrig sei, auf unabsehbare Dauer in Deutschland lebende Behinderte von den Vergünstigungen des Schwerbehindertenrechts auszuschließen. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die Vergünstigungen für geduldete Ausländer bedeutungslos wären. So könnten Eingliederungshilfen gewährt werden. Der Schwerbehindertenausweis erleichtere und beschleunige das gesamte Verwaltungsverfahren für die Eingliederung seelisch wesentlich behinderter Menschen.

11

Soweit das SG einwende, es könne nicht Aufgabe der Versorgungsämter sein, eine Vielzahl von ausländerrechtlichen Erwägungen bei der Erteilung eines Bescheids nach SGB IX zu berücksichtigen, sei zwar einzuräumen, dass sich ein gewisser zusätzlicher Arbeitsaufwand für die Versorgungsverwaltung ergäbe. Insoweit verhalte es sich jedoch ebenso wie mit ärztlichen Befunden, die der Verwaltung auch nicht automatisch vorlägen, sondern beigezogen und eventuell sogar eigenständig erhoben werden müssten.

12

Soweit das SG schließlich bei unveränderter Rechtslage eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Behauptung verlange, diese Rechtsprechung missachte die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, übersehe das Gericht die vom europäischen Gesetzgeber selbst geschaffene Verpflichtung, Behinderte nicht zu diskriminieren.

13

Der Kläger beantragt,

 das Urteil des SG Stuttgart vom 20.5.2009 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 aufzuheben.

14

Der Beklagte beantragt,

 die Revision zurückzuweisen.

15

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an.

16

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist zulässig.

18

Obwohl das SG die Zulassung der Revision nicht im Tenor des Urteils ausgesprochen hat, ergibt sie sich mit noch hinreichender Deutlichkeit aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils. § 161 Abs 1 Satz 1 SGG, wonach den Beteiligten gegen das Urteil eines SG die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zusteht, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird, verlangt für den Fall der Zulassung im Urteil nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht, dass die Zulassung im Tenor des sozialgerichtlichen Urteils zu erfolgen hat. Die Zulassung im Rahmen der Entscheidungsgründe reicht aus, wenn sie eindeutig durch das Gericht und nicht nur durch dessen Vorsitzenden allein ausgesprochen wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 161 RdNr 6 und § 144 RdNr 39 mit zahlreichen Nachweisen).

19

Ein eindeutiger Ausspruch in diesem Sinne liegt vor, wenn etwa die Aussage "das Gericht lässt die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu" in die Entscheidungsgründe aufgenommen wird. Demgegenüber stellt es keinen eindeutigen Ausspruch der Zulassung der Revision dar, wenn das SG allein auf eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung, dass die Revision zulässig sei, verweist (BSG SozR 1500 § 161 Nr 16). Im vorliegenden Fall hat das SG zwar nicht ausdrücklich die Formulierung von der Zulassung der Revision verwendet. Durch den erfolgten gesonderten Hinweis auf die Rechtsmittelbelehrung, in der auf die Möglichkeit der Anfechtung des Urteils durch Berufung oder Revision hingewiesen wird, die Nennung des § 161 Abs 1 SGG sowie die Beschreibung, dass der Kläger "einen entsprechenden Antrag" - iS des § 161 Abs 1 Satz 1 SGG - habe stellen lassen, dem der Beklagte zugestimmt habe, wird indes noch hinreichend deutlich, dass das SG die sogenannte Sprungrevision zugelassen hat. Zudem ist das SG in seiner Begründung ausdrücklich auf das Vorliegen der Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung und Abweichung eingegangen und hat erklärt, dass die Revision zum BSG daher mögliches Rechtsmittel sei. Dies reicht insgesamt zur Dokumentation der Revisionszulassung durch die erkennende Kammer des SG aus. Im Übrigen bleibt es - wie der vorliegende Fall zeigt - zur Vermeidung von Unklarheiten und entsprechenden Prozessrisiken für den Revisionskläger nach wie vor tunlich, die Zulassung der Revision im Tenor des Urteils auszusprechen.

20

Der Kläger hat die Revision form- und fristgerecht unter Vorlage der schriftlichen Zustimmungserklärung des Beklagten eingelegt und innerhalb der gesetzlichen Frist eine ausreichende Begründung vorgelegt (§ 164 SGG).

21

Die Revision des Klägers ist auch begründet.

22

Der Gegenstand des Revisionsverfahrens deckt sich, da das Urteil des SG in vollem Umfang angegriffen ist, mit dem des Klageverfahrens. Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007, mit dem der Bescheid vom 16.8.2004 über die Feststellung eines GdB von 50 sowie der Schwerbehinderteneigenschaft aufgehoben worden ist. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Diese ist zulässig und begründet. Das die Klage abweisende Urteil des SG und der angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten sind aufzuheben, denn beide vom Beklagten getroffenen Entscheidungen sind rechtswidrig.

23

Der Bescheid vom 25.7.2007 ist nicht durch die allein in Betracht kommende Ermächtigungsgrundlage des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gedeckt. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine Änderung ist wesentlich, wenn der Verwaltungsakt so, wie er ursprünglich nach der damaligen Sach- und Rechtslage zu Recht erlassen wurde, nach der neuen Sach- oder Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte. Maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (stRspr; BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300 § 48 Nr 19; zuletzt BSGE 95, 57 = SozR 4-1300 § 48 Nr 6; Steinwedel in: Kasseler Komm, Stand Januar 2009, § 48 SGB X, RdNr 13; Schütze in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 48 RdNr 5, 6).

24

Der Bescheid vom 25.7.2007 ist allerdings nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er der Regelung des Bescheides vom 29.12.2005 über die Ablehnung der Feststellung eines höheren GdB als 50 widerspräche. Es kann dahinstehen, ob der Bescheid vom 29.12.2005 unausgesprochen auch die Aussage enthält, dass bis dahin keinerlei wesentliche Änderungen in den für den Bescheid vom 16.8.2004 maßgeblichen Verhältnissen eingetreten seien. Dann würde der Bescheid vom 29.12.2005 allerdings einem nach § 48 Abs 1 SGB X ergangenen Aufhebungsbescheid entgegenstehen, der sich auf Änderungen der Sach- oder Rechtslage bis zum 29.12.2005 bezöge. Indes hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 25.7.2007 allein auf eine Änderung der Rechtslage im Jahre 2007 gestützt, so dass es einer etwaigen vorherigen Zurücknahme des Bescheides vom 29.12.2005 nach § 45 Abs 1 SGB X jedenfalls nicht bedurfte.

25

Der durch den angefochtenen Verwaltungsakt aufgehobene Bescheid vom 16.8.2004 enthält zwei Verfügungssätze, nämlich einerseits die Feststellung des GdB mit 50 und andererseits die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. § 2 SGB IX unterscheidet in den in seinen Absätzen 1 und 2 enthaltenen Definitionen die Begriffe Behinderung und Schwerbehinderung. Während nach § 2 Abs 1 SGB IX Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, bestimmt § 2 Abs 2 SGB IX Menschen als schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs haben.

26

Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen in § 69 SGB IX übernehmen diese rechtsbegriffliche Trennung zwischen Behinderung und Schwerbehinderung. Während nach § 69 Abs 1 SGB IX die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB von wenigstens 20(s § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX) feststellen, bestimmt § 69 Abs 5 Satz 1 SGB IX, dass die zuständigen Behörden auf entsprechenden Antrag des behinderten Menschen "aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale" ausstellen.

27

Dadurch dass der Beklagte den Bescheid vom 16.8.2004 vollständig aufgehoben hat, hat er beide darin enthaltene Verfügungssätze (Regelungen iS des § 31 SGB X), nämlich sowohl den über die Feststellung des GdB mit 50 als auch den über die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beseitigt. Dazu war er nicht befugt. Denn entgegen der Auffassung des Beklagten und des SG ist in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Feststellungsbescheides vom 16.8.2004 vorgelegen haben, hinsichtlich beider Verfügungssätze keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.

28

Die Aufhebung der Feststellung des GdB mit 50 lässt sich von vornherein nicht mit einem Wegfall des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers begründen. Denn dieses Merkmal ist nicht konstitutiv für die Feststellung eines GdB. Der Anspruch eines behinderten Menschen auf Feststellung des GdB richtet sich nach § 2 Abs 1, § 69 SGB IX. Zwar regelt § 30 Abs 1 SGB I, dass die Vorschriften dieses Gesetzbuchs, also aller Bücher des SGB einschließlich der nach § 68 SGB I einbezogenen besonderen Gesetze, für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). § 37 Abs 1 SGB I schränkt dieses Prinzip jedoch dadurch ein, dass er die Geltung des Ersten und Zehnten Buchs für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs nur insoweit anordnet, als sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Letzteres ist für das Schwerbehindertenrecht hinsichtlich der für Dritte verbindlichen Statusfeststellung nach § 69 SGB IX wegen deren dienender Funktion der Fall(BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6, jeweils RdNr 21).

29

Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es aus, dass dem behinderten Menschen aus der Feststellung des GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen können (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5 RdNr 27 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 6 RdNr 22 f). Demgegenüber ist § 2 Abs 2 SGB IX - entgegen der Ansicht des SG - hier nicht einschlägig, weil er sich nur auf die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bezieht(vgl dazu auch § 69 Abs 5 SGB IX). Für den Anspruch auf Feststellung eines GdB genügt danach ein sog Inlandsbezug in dem Sinne, dass der behinderte Mensch wegen seines GdB Nachteilsausgleiche im Inland in Anspruch nehmen kann. Dazu bedarf es hier keiner besonderen Tatsachenfeststellungen. Ein ausreichender Inlandsbezug ist für den Kläger allein wegen seines tatsächlichen langjährigen Aufenthalts in Deutschland ohne Weiteres anzunehmen. Eine Feststellung dazu, welche konkreten Nachteilsausgleiche, Vergünstigungen oder sonstigen Vorteile für den Kläger dabei in Betracht kommen, ist nicht erforderlich (s dazu BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8).

30

Sonstige Änderungen, die eine Aufhebung der Feststellung des GdB mit 50 rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere in Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers und die bei ihm festgestellten Funktionsstörungen. Entsprechende Tatsachen sind vom Beklagten zur Begründung des angefochtenen Bescheides nicht angeführt worden und werden von ihm bis heute nicht geltend gemacht. Auch wenn tatsächliche Feststellungen des SG zur Höhe des GdB des Klägers vollständig fehlen, erübrigt sich daher eine Zurückverweisung der Sache zur ergänzenden Aufklärung des Sachverhalts.

31

Hinsichtlich der mit Bescheid vom 16.8.2004 erfolgten Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers fehlt es - bezogen auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 54 RdNr 3 mwN) - ebenfalls an einer wesentlichen Änderung. Insbesondere ist durch die im Jahre 2007 nach Abschluss des Asylverfahrens erfolgte Änderung des aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers, der seitdem nur noch im Besitz einer aufenthaltsrechtlichen Duldung ist, dessen Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch iS des § 2 Abs 2 SGB IX nicht entfallen. Nach dieser Vorschrift sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Damit umschreibt § 2 Abs 2 SGB IX den begünstigten Personenkreis in einer Weise, die von dem in § 30 Abs 1 SGB I verankerten Territorialitätsprinzip abweicht(vgl § 37 Abs 1 SGB I). Dies zeigt sich schon daran, dass er neben Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt auch einen Arbeitsplatz im Inland ausreichen lässt, wobei das Merkmal "rechtmäßig" eine zusätzliche Besonderheit darstellt. Insgesamt wird diese Bestimmung vom Sinn und Zweck des Schwerbehindertenrechts geprägt. Der allgemeinen Aufgabenstellung der §§ 10 und 29 SGB I folgend hat sich der Staat nach § 1 SGB IX die Pflicht auferlegt, alle Menschen mit Behinderungen - grundsätzlich unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status - durch einen möglichst weitgehenden Ausgleich ihrer Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren.

32

Nach der allgemeinen Regelung des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei ist entscheidend, ob ein an den objektiven Verhältnissen zu messender realisierbarer Wille vorhanden ist, an einem bestimmten Ort zu wohnen (vgl hierzu Irmen in Hambüchen, Kindergeld/Erziehungsgeld/Elternzeit, Stand April 2007, § 1 BErzGG, RdNr 29). Den gewöhnlichen Aufenthalt hat demgegenüber jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I). Die Rechtsprechung des BSG beantwortet die Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, allein nach den tatsächlichen Umständen, ohne, wie etwa die §§ 7 bis 11 BGB, die Geschäftsfähigkeit der betroffenen Person zu berücksichtigen. Zudem bezieht die Rechtsprechung des BSG auch ein prognostisches Element ein. Die Bejahung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland nach § 30 Abs 3 SGB I hängt danach von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland ab(vgl hierzu Schlegel in juris PK-SGB I, 1. Aufl 2005, § 30 RdNr 55; Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 30 RdNr 14 ff, jeweils mwN). Bestimmte Zeiträume, die die Annahme des Beibehaltens und Benutzens der Wohnung bzw des nicht nur vorübergehenden Verweilens an einem Ort begründen oder stützen, sind nicht normiert und auch von der Rechtsprechung nicht hergeleitet worden. Der gewöhnliche Aufenthalt kann danach schon am Tag des Zuzugs begründet werden (s Mrozynski, aaO, § 30 RdNr 19 mwN).

33

Regelmäßig wird bei nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern, deren Aufenthalt in Deutschland von einer staatlichen Entscheidung über die Art und die Dauer ihres Verbleibens abhängt, der aufenthaltsrechtliche Status auch Einfluss auf die tatsächliche Prognose im Rahmen des § 30 Abs 3 SGB I haben. Insbesondere die aufenthaltsrechtliche Duldung nach § 60a Abs 1 AufenthG, der eine Aussetzung der Abschiebung des nicht aufenthaltsberechtigten Ausländers grundsätzlich für längstens sechs Monate vorsieht, kann der Annahme eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs 3 Satz 2 SGB I entgegenstehen. Diese Verbindung zwischen tatsächlicher Aufenthaltsprognose und aufenthaltsrechtlichem Status eines Ausländers, wie sie zu § 30 Abs 3 SGB I entwickelt worden ist, löst § 2 Abs 2 SGB IX, indem er besonders und eigenständig verlangt, dass der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt "rechtmäßig" sein muss, wobei diese Begriffe durch den Sinn und Zweck des SGB IX geprägt werden.

34

Eine Abweichung von den allgemeinen Begriffen des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts in Bezug auf den aufenthaltsrechtlichen Status eines Ausländers hat das BSG nach Maßgabe des § 37 Satz 1 SGB I zB hinsichtlich des Anspruchs auf Bundeserziehungsgeld nach § 1 Abs 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) angenommen, weil § 1 Abs 6 BErzGG für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer besondere Bestimmungen über den notwendigen aufenthaltsrechtlichen Status der anspruchsberechtigten Person enthält(s BSG, Urteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Der nach wie vor in § 1 Abs 1 BErzGG verwendete Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist deswegen nur noch danach zu beurteilen, ob der Ausländer in Bezug auf seinen Lebensmittelpunkt ein reales Verhalten im Sinne eines erkennbaren Willens, sich an einem bestimmten Ort in Deutschland aufhalten zu wollen, gezeigt hat(BSG, aaO). Entsprechende Modifizierungen der Begriffe des "rechtmäßigen" Wohnsitzes und des "rechtmäßigen" gewöhnlichen Aufenthalts sind wegen der Besonderheiten des Schwerbehindertenrechts auch im Rahmen des § 2 Abs 2 SGB IX geboten.

35

Zunächst ist die Rechtmäßigkeit des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts iS des § 2 Abs 2 SGB IX nicht anhand des Aufenthaltsrechts zu beurteilen. Vielmehr bezeichnet sie entsprechend der Zielsetzung des SGB IX die Befugnis des ausländischen behinderten Menschen, am Leben in der deutschen (inländischen) Gesellschaft teilzunehmen. In diesem Sinne ist auch der Aufenthalt von geduldeten Ausländern als rechtmäßig anzusehen. Denn sie sind zwar ausreisepflichtig, aber rechtlich nicht gehindert, sich weiterhin in Deutschland aufzuhalten, solange ihre Abschiebung ausgesetzt ist (vgl § 60a AufenthG). Anders ist es selbstverständlich mit Ausländern, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Die bei der Prüfung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts anzustellende Prognose hat sich dementsprechend an den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles zu orientieren.

36

Das BSG hat schon zum Rechtszustand nach § 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), der für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ebenfalls einen rechtmäßigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet verlangte, entschieden, dass das SchwbG behinderte Ausländer auch dann schützt, wenn sie sich nur geduldet seit Jahren in Deutschland aufhalten, ein Ende dieses Aufenthalts unabsehbar ist und die Ausländerbehörde gleichwohl keine Aufenthaltsbefugnis erteilt(BSG, Urteil vom 1.9.1999 - B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts kann danach nur unter Berücksichtigung des Zwecks des jeweiligen Gesetzes hinreichend bestimmt werden, in welchem der Begriff gebraucht ist. Angesichts der Ziele des Schwerbehindertenrechts, nämlich der durch unverzügliche, umfassende und dauernde Maßnahmen zu bewältigenden gesellschaftlichen Integration von behinderten Menschen, liegt, wie das BSG in seiner Entscheidung vom 1.9.1999 zum Ausdruck gebracht hat, auch bei nur geduldeten Ausländern ein nicht nur vorübergehendes Verweilen - und damit ein gewöhnlicher Aufenthalt - vor, wenn andere Umstände ergeben, dass sie sich gleichwohl auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werden. Auch ein nur geduldeter und damit ausländerrechtlich nicht rechtmäßiger Aufenthalt ist danach rechtmäßig im Sinne des SchwbG. Dies ergibt sich im Übrigen aus der aus dem Sozialstaatsprinzip folgenden Verpflichtung der staatlichen Gemeinschaft, körperlich oder geistig behinderte Menschen soweit wie möglich in die Gesellschaft einzugliedern (BSGE 84, 253, 254 ff = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 2 ff).

37

An dieser Rechtsprechung ist auch für den Rechtszustand nach dem SGB IX im Grundsatz festzuhalten. Sie hat instanzgerichtlich auch in jüngerer Zeit Zustimmung gefunden (SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 2.5.2006 - S 3 SB 138/04 -; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.9.2006 - L 10 B 10/06 SB -; SG Lüneburg, Urteil vom 28.3.2007 - S 15 SB 54/05 -; SG Duisburg, Urteil vom 15.6.2007 - S 30 SB 140/04 -; SG Münster, Urteil vom 20.10.2008 - S 2 SB 244/07 -; SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 13.8.2009 - S 19 SB 3/09 -; Hessisches LSG, Urteil vom 23.9.2009 - L 4 SB 57/08 -; LSG Nordrhein-Westfalen, angefochtenes Urteil vom 28.10.2009 - L 10 SB 45/08 -; SG Köln, Urteil vom 3.12.2009 - S 31 SB 163/08 -). Entgegen der Auffassung des SG haben die seit 1999 ergangenen gesetzlichen Änderungen im Schwerbehindertenrecht und im Ausländerrecht die rechtlichen Grundlagen des Anspruchs nur geduldet in Deutschland lebender behinderter Ausländer auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung nicht verändert.

38

Durch die Eingliederung des Schwerbehindertenrechts in das SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - durch das Gesetz vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) zum 1.7.2001 hat sich in Bezug auf die Schwerbehinderteneigenschaft materiell-rechtlich nichts geändert. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SGB IX (BT-Drucks 14/5531) betont in seiner Anlage 1, dass der Text des Gesetzentwurfs und der Begründung gleichlautend mit dem Text auf den Seiten 3 bis 136 der BT-Drucks 14/5074 sei. Die genannte Drucksache 14/5074 betrifft den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.1.2001. Darin wird zu § 2 des Gesetzentwurfs (Behinderung) angemerkt, dass die Abs 2 und 3 inhaltsgleich die bisherigen Regelungen der §§ 1 und 2 Abs 1 SchwbG übertrügen. Infolgedessen blieben die Feststellungsbescheide der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden unbeschadet terminologischer Änderungen weiterhin wirksam. Ferner ist ausgeführt, dass es auch bei der Klarstellung der Rechtsprechung bleibe, dass gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des Abs 2 auch bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern vorliege, wenn besondere Umstände ergäben, dass sie sich auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten würden (s BT-Drucks 14/5074, S 99). Abgesehen von dem wortlautgleichen Inhalt der alten und neuen Vorschriften belegt diese klarstellende Begründung des Gesetzentwurfs, dass es insbesondere bei Asylbewerbern und geduldeten Ausländern bei der bisherigen durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtslage verbleiben soll. Gemeint ist damit zweifellos das Urteil des BSG vom 1.9.1999 (B 9 SB 1/99 R - BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1).

39

Da § 2 Abs 2 SGB IX nicht an das Ausländer- bzw Aufenthaltsrecht anknüpft, sondern einen eigenständigen Begriff des rechtmäßigen Wohnsitzes oder Aufenthalts geprägt hat, wirken sich Änderungen des Ausländerrechts von vornherein nicht unmittelbar auf die Auslegung des § 2 Abs 2 SGB IX aus. Dies gilt insbesondere für die Reform des Ausländerrechts durch das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) vom 30.7.2004 (BGBl I 1950). Gerade die Neuregelung der sog Duldung (§ 60a AufenthG) beinhaltet nach wie vor die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers. Die Duldung wurde abweichend vom ursprünglichen Gesetzentwurf nicht abgeschafft, ihre Anwendung wurde jedoch zugunsten der humanitären Aufenthaltserlaubnis (§ 25 AufenthG) eingeschränkt. Duldungsgründe im Sinne der früheren Vorschrift des § 55 Ausländergesetz sollten leichter und eher zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen(HK-AuslR/Fränkel, § 25 RdNr 3). Aufenthaltsrechtlich befindet sich der geduldete Ausländer aber nach wie vor in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss. An dieser Beurteilung ändert sich auch dann nichts, wenn über mehrere Jahre hinweg die Duldung immer wieder verlängert worden ist (sog Kettenduldungen), sich der Ausländer also mittlerweile faktisch seit langem in Deutschland aufhält. Nach wie vor ist sein Aufenthalt aufgrund der gemäß § 60a Abs 3 AufenthG fortbestehenden Ausreisepflicht aufenthaltsrechtlich rechtswidrig, wenn auch nicht strafbar. Letztlich ist die ausländer- bzw aufenthaltsrechtliche Duldung grundsätzlich unverändert geblieben. Auswirkungen auf das Schwerbehindertenrecht sind daher nicht ohne Weiteres und unabhängig von den Umständen des Einzelfalles herleitbar.

40

Die bisherige Rechtsprechung des BSG (BSGE 84, 253 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1) hat allerdings zur Beurteilung der Frage, ob der geduldete Ausländer nicht nur vorübergehend rechtmäßig in Deutschland verweilt, auf bestimmte Anknüpfungstatsachen abgestellt, die die Annahme stützen, dass er sich auch in Anbetracht einer bloßen Duldung gleichwohl auf unbestimmte Zeit in Deutschland aufhalten werde. Genannt wurden das Bestehen von Abschiebungshindernissen sowie die bisherige jahrelange Duldung des Ausländers. Eine Eingrenzung des Begriffs "jahrelang" wurde nicht vorgenommen, indes für einen mehr als dreieinhalbjährigen geduldeten Aufenthalt bejaht (BSGE 84, 253, 257 f = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 6).

41

Diese Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 1999 hat der Gesetzgeber des SGB IX zwar nicht zum Anlass genommen, den Begriff des rechtmäßigen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Rahmen des § 2 Abs 2 SGB IX selbst näher zu konkretisieren. Andererseits hat er es aber - im Sinne einer Einengung der vom BSG entwickelten allgemeinen Kriterien - unterlassen, die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch - ähnlich der Regelung des § 1 Abs 6 BErzGG - nur denjenigen zuzuerkennen, die im Besitz bestimmter Aufenthaltstitel sind, und so die geduldeten Ausländer ausdrücklich auszunehmen. Bei dieser Gesetzeslage ist aus den dem SGB IX immanenten Grundsätzen herzuleiten, dass ein aufenthaltsrechtlich nur geduldeter Ausländer, dessen GdB mindestens 50 beträgt, Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderung hat, wenn sein Aufenthalt in Deutschland voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird. Diese Beurteilung kann als Prognose schon vor Ablauf einer sechsmonatigen Aufenthaltszeit in Deutschland getroffen werden.

42

Die Orientierung an einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist der Definition der Behinderung in § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX zu entnehmen. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellen auf Antrag des behinderten Menschen die … zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Das Zusammenspiel dieser Vorschriften lässt erkennen, dass das Gesetz typisierend davon ausgeht, dass Funktionsbeeinträchtigungen oder Störungen, die länger als sechs Monate andauern, als die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigend anzusehen sind. Sie lösen Ansprüche auf die in § 1 SGB IX allgemein beschriebenen Leistungen, insbesondere auf Ausgleich und Eingliederung aus. Entsprechendes muss für die Teilhabe von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern am Leben in der Gesellschaft gelten. Auch sie haben daher Anspruch auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung, sobald erkennbar ist, dass bei ihnen die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX erfüllt sind und die Prognose eines über sechsmonatigen Aufenthalts in Deutschland gestellt werden kann(vgl Welti in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX,3. Aufl 2010, § 2 RdNr 48).

43

Die Annahme einer Anspruchsberechtigung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern auf Feststellung ihrer Schwerbehinderteneigenschaft, sobald anzunehmen ist, dass sie sich aufenthaltsrechtlich geduldet mehr als sechs Monate in Deutschland aufhalten werden, wird durch das am 1.1.2009 in Kraft getretene Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem fakultativen Protokoll vom 13.12.2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21.12.2008 (BGBl II 1419) untermauert. Damit hat dieses Übereinkommen in Deutschland Gesetzeskraft erlangt (zur Rechtsnatur von durch den Deutschen Bundestag ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen s Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl 2009, Art 59 RdNr 17 und 19, jeweils mwN). Nach Art 1 des Übereinkommens ist es sein Zweck, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Diese Generalklausel wird durch zahlreiche folgende Artikel konkretisiert, und zwar hinsichtlich der Rechte und Grundfreiheiten der Menschen mit Behinderungen und der daraus erwachsenden Verpflichtungen der Vertragsstaaten. Bereits aus Art 1 Abs 1 des Übereinkommens wird deutlich, dass die Vertragsstaaten die Menschenrechte und Grundfreiheiten allen Menschen mit Behinderungen garantieren ("fördern, schützen und gewährleisten"), ohne dass nach deren Staatsangehörigkeit und/oder Aufenthaltsrecht in dem jeweiligen Vertragsstaat differenziert wird.

44

Nach alledem ist auch bei einem aufenthaltsrechtlich nur geduldeten Ausländer, der sich voraussichtlich länger als sechs Monate in Deutschland aufhalten wird, anzunehmen, dass er iS des § 2 Abs 2 SGB IX seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt rechtmäßig im Geltungsbereich des Gesetzes hat. Das trifft für geduldete Ausländer nicht zu, bei denen aufgrund besonderer Umstände ersichtlich ist, dass die Abschiebung gerade erfolgt oder unmittelbar bevorsteht. Für sie kann eine positive Bleibeprognose nicht gestellt werden. Für die Annahme dieser speziellen Situation einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung bedarf es indes der Feststellung konkreter Umstände. Außerdem scheiden danach auch diejenigen Ausländer aus, die sich im Rahmen eines Visums für Touristen, Geschäftsreisende oder für andere kurzfristige Aufenthalte in Deutschland aufhalten (s § 6 Abs 1 bis 3 AufenthG).

45

Gemessen an diesen Kriterien hat der Kläger zur Zeit des angefochtenen Verwaltungsakts trotz der aufenthaltsrechtlichen Duldung seinen rechtmäßigen Wohnsitz iS des § 2 Abs 2 SGB X weiter in Deutschland gehabt, denn er hat erkennbar seinen Willen gezeigt, auch in Zukunft diese Wohnung im Inland beibehalten und benutzen zu wollen. Dies hat er dadurch hinreichend dokumentiert, dass er entgegen seiner aufenthaltsrechtlichen Verpflichtung zur Ausreise weiterhin in Deutschland verweilt. Nach den Gesamtumständen eines schon im Juli 2007 weit mehr als vier Jahre andauernden Aufenthalts in Deutschland und der Abwesenheit von Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Abschiebung war im Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides vom 25.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 weiterhin eine positive Aufenthaltsprognose für mehr als sechs Monate zu stellen.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Berechtigte, die sich nur vorübergehend im Ausland aufhalten, erhalten für diese Zeit Leistungen wie Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.

(2) Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, erhalten diese Leistungen, soweit nicht die folgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland etwas anderes bestimmen.

(3) Die Vorschriften dieses Abschnitts sind nur anzuwenden, soweit nicht nach über- oder zwischenstaatlichem Recht etwas anderes bestimmt ist.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Leistungen

1.
zur Assistenz zur Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung der Leistungsberechtigten (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 5),
2.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6) und
3.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1)
können mit Zustimmung der Leistungsberechtigten als pauschale Geldleistungen nach § 105 Absatz 3 erbracht werden. Die zuständigen Träger der Eingliederungshilfe regeln das Nähere zur Höhe und Ausgestaltung der pauschalen Geldleistungen sowie zur Leistungserbringung.

(2) Die Leistungen

1.
zur Assistenz (§ 113 Absatz 2 Nummer 2),
2.
zur Heilpädagogik (§ 113 Absatz 2 Nummer 3),
3.
zum Erwerb und Erhalt praktischer Fähigkeiten und Kenntnisse (§ 113 Absatz 2 Nummer 5),
4.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6),
5.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1) und
6.
zur Erreichbarkeit einer Ansprechperson unabhängig von einer konkreten Inanspruchnahme (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 6)
können an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden, soweit dies nach § 104 für die Leistungsberechtigten zumutbar ist und mit Leistungserbringern entsprechende Vereinbarungen bestehen. Maßgeblich sind die Ermittlungen und Feststellungen im Rahmen der Gesamtplanung nach Kapitel 7.

(3) Die Leistungen nach Absatz 2 sind auf Wunsch der Leistungsberechtigten gemeinsam zu erbringen, soweit die Teilhabeziele erreicht werden können.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 wie folgt gefasst wird:

"Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29. April 2008 verurteilt, der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Mai 2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren. … "

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei mit dem Zugangsfaktor 1,0 gewähren muss.

2

Die 1948 geborene Klägerin war an Brustkrebs erkrankt. Das Versorgungsamt H. stellte als Behinderung die "Entfernung einer Brustdrüsengeschwulst links" mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest (Bescheid vom 18.11.1994). Diesen Bescheid hob das Versorgungsamt nach Ablauf der Heilungsbewährung auf, veranschlagte den GdB ab dem 20.7.2000 auf weniger als 20 und führte aus, der Klägerin stehe ein Ausweis als Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft noch bis zum Ablauf des Schwerbehindertenschutzes Ende November 2000 zu (Bescheid vom 17.7.2000). Entsprechendes vermerkte das Versorgungsamt im Schwerbehindertenausweis der Klägerin. Mit Bescheid vom 18.2.2003 änderte das Versorgungsamt den Bescheid vom 17.7.2000 und stellte ab dem 19.11.2002 wieder einen GdB von 50 fest.

3

In der Rentenauskunft vom 31.3.2003 teilte die Beklagte mit, die Klägerin könne eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 mit Abschlägen und ab dem 1.5.2011 abschlagsfrei beanspruchen. Die Klägerin machte daraufhin nachwirkenden Vertrauensschutz geltend und legte Schreiben des Versorgungsamts H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes B. vom 16.9.2003 vor, wonach ihr der Status einer Schwerbehinderten bis zum 30.11.2000 zustehe.

4

Mit Bescheid vom 26.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" ab, weil der Aufhebungsbescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000 vor dem Stichtag bindend geworden sei. Damit habe am 16.11.2000 keine Schwerbehinderteneigenschaft iS des § 236a Satz 5 SGB VI(in der Altfassung von Art 6 Nr 34 b SGB IX) vorgelegen. Bei der Schutzfrist des § 116 Abs 1 SGB IX, auf die sich die Klägerin berufe, handele es sich lediglich um eine Nachwirkungszeit aller Rechte und Pflichten, die sich aus dem SGB IX ergäben.

5

Während des anhängigen Klageverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wobei sie den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 verminderte (Rentenbescheid vom 29.4.2008). Diesen Rentenbescheid hat das SG Heilbronn in entsprechender Anwendung des § 96 SGG in das anhängige Klageverfahren einbezogen und die Klage abgewiesen(Urteil vom 25.3.2009).

6

Das LSG Baden-Württemberg hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Rentenbescheid vom 29.4.2008 zu ändern und der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu zahlen (Urteil vom 8.10.2010): Der Rentenbescheid vom 29.4.2008 sei gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den ursprünglich angefochtenen und nunmehr erledigten (Alt-)Bescheid vom 26.9.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 in vollem Umfang ersetzt habe. Die Klägerin erfülle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Abs 4 SGB VI in der Neufassung (nF) des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 (BGBl I 554). Denn sie sei vor dem 17.11.1950 geboren sowie am 1.5.2008 schwerbehindert gewesen und habe im 2008 das 60. Lebensjahr vollendet sowie die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Darüber hinaus sei sie auch am 16.11.2000 schwerbehindert gewesen, weil sie an diesem Tag im Besitz eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises gewesen sei, der auch die Beklagte binde. Hierauf habe die Klägerin vertrauen dürfen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000, der frühestens im August 2000 unanfechtbar geworden sei. Denn nach § 38 Abs 1 Halbs 2 Schwerbehindertengesetz(SchwbG 1986) idF vom 26.8.1986 (BGBl I 1421), der damals gegolten habe, ende der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter, wenn sich der Grad der Behinderung - wie hier - auf weniger als 50 verringere, erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides, hier also Ende November 2000. Dies habe das Versorgungsamt H. im Bescheid vom 17.7.2000 mit Bindungswirkung festgestellt. Bis zum Ablauf dieser dreimonatigen Schonfrist habe der Klägerin der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zugestanden. Denn der Wortlaut des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 beschränke den nachgehenden Schutz nicht nur auf die Rechte nach dem SchwbG, sondern spreche allgemein vom gesetzlichen Schutz. Insoweit unterscheide sich der Wortlaut dieser Vorschrift von ihrer Nachfolgebestimmung des § 116 Abs 1 SGB IX, der den Schutz des schwerbehinderten Menschen nach Herabsetzung des GdB auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen begrenze. Die Schonfrist solle den Betroffenen die Umstellung auf den neuen, schutzlosen Zustand erleichtern, was auch für die Möglichkeit eines Renteneintritts als Schwerbehinderter gelten müsse. Dabei sei belanglos, dass der BFH (Urteil vom 22.9.1989 - III R 167/86 - SGb 1991, 78 ff) entschieden habe, dass § 33b Einkommenssteuergesetz (EStG) keine Schutzvorschrift iS des § 38 SchwbG 1986 sei.

7

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung des § 236a Abs 4 SGB VI nF: Diese Vorschrift setze voraus, dass der Versicherte am 16.11.2000 gemäß § 2 Abs 2 SGB IX tatsächlich schwerbehindert gewesen sei und nicht lediglich- wie die Klägerin - vom (nachwirkenden) Schwerbehindertenschutz erfasst werde. Das LSG wende § 38 SchwbG 1986 systemwidrig an, weil § 236a Abs 4 SGB VI nF eine Rechtsgrundverweisung auf das SGB IX enthalte, das seinerseits die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Schwerbehinderung allein bestimme. Einschlägig sei deshalb ausschließlich § 116 Abs 1 SGB IX, der- ebenso wie früher § 38 Abs 1 SchwbG 1986- eine dreimonatige Nachwirkungszeit normiere. Indem der Gesetzgeber diese Vorschrift in den zweiten Teil des SGB IX aufgenommen habe, stelle er gesetzessystematisch klar, dass sich die Schutzfrist nur auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen und damit auf die §§ 68 ff SGB IX bezögen, nicht aber auf das SGB VI. Die Schutzfrist solle einen bereits bestehenden Status für eine Übergangszeit bewahren, nicht jedoch künftige Begünstigungen (Rentengewährung) trotz fehlender Schwerbehinderteneigenschaft ermöglichen. Im Übrigen bestehe - auch nach einer Literaturmeinung - kein Anspruch nach § 236a SGB VI, wenn der GdB bei Beginn der Altersrente bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgelegt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schutzfrist liege. Das Versorgungsamt H. habe schließlich auch nicht bescheidmäßig mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger festgestellt, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst Ende November 2000 ende. Vielmehr lasse sich der rechtskräftigen Entscheidung des Versorgungsamtes lediglich entnehmen, dass der für die Rentenversicherung entscheidende GdB am Stichtag des 16.11.2000 weniger als 20 betragen und somit keine Schwerbehinderung vorgelegen habe.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 zurückzuweisen.

9

           

Die Klägerin, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Zu Unrecht nehme die Beklagte an, § 116 Abs 1 SGB IX sei anstelle von § 38 Abs 1 SchwbG 1986 einschlägig. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 4.7.1989 - 9 RVs 3/88 - BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57) enthalte § 38 SchwbG 1986 eine "Schonfrist" und unterscheide im Übrigen nicht zwischen der dem schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von weniger als 50 vermittelten Schonung durch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen Neufeststellungsbescheid mit einem GdB von weniger als 50 und der sich gemäß Abs 1 anschließenden Schonfrist. Nach dem Wortlaut des § 236a Abs 4 SGB VI sei es gleichgültig, weshalb der Versicherte "schwerbehindert" sei. Der Hinweis auf die Legaldefinition des § 2 Abs 2 SGB IX sage lediglich, dass der frühere Rentenzugang für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 50 gelte. Für Gleichgestellte gelte er nicht. § 236a Abs 4 SGB VI nF differenziere nicht danach, ob der schwerbehinderte Mensch noch einen GdB von 50 habe oder ob die Fortdauer der Auswirkungen eines GdB von 50 fingiert werde. Jedenfalls § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 sei zu entnehmen, dass sich der GdB von 50 im Falle des Eintritts der Rechtskraft eines Neufeststellungsbescheids "erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheids" reduziere.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Zu Recht hat das LSG das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 neu festzustellen und der Klägerin ab dem 1.5.2008 einen entsprechend höheren Rentenmonatsbetrag zu zahlen. Soweit es den Rentenbescheid vom 29.4.2008 nicht selbst geändert, sondern die Beklagte hierzu lediglich "verurteilt" hat, war der Urteilsausspruch wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 138 Satz 1 SGG) zu korrigieren (zur Korrekturbefugnis des Rechtsmittelgerichts vgl BSGE 11, 146, 148; 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr 3). Aus den Entscheidungsgründen geht eindeutig hervor, dass das LSG den angefochtenen Bescheid selbst beseitigen wollte. Da der Senat lediglich klarstellt, was das Berufungsgericht wollte, liegt keine Verböserung zu Lasten der Beklagten und Revisionsklägerin vor (sog Verbot der reformatio in peius).

13

Mit dem Rentenbescheid vom 29.4.2008 hat die Beklagte über Rentenart, -beginn, -dauer und -höhe jeweils durch Verwaltungsakt (iS des § 31 Satz 1 SGB X) entschieden. Die Klägerin hat mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Regelung 2 SGG)zuletzt noch den (wertfeststellenden) Verwaltungsakt über die Rentenhöhe angegriffen und mit der Leistungsklage die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung eines höheren Rentenwerts unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 geltend gemacht sowie deren Verurteilung zur Zahlung eines höheren monatlichen Rentenbetrags begehrt. Diese sog unechte Leistungsklage hat die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG konsumiert(BSGE 96, 209, 210 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3 RdNr 11).

14

A. Diese Klagen sind zulässig. Das gilt auch für die Anfechtungsklage, obwohl vor Klageerhebung entgegen § 78 Abs 1 Satz 1 SGG weder Recht- noch Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes über die Rentenhöhe in einem Vorverfahren nachgeprüft worden sind. Denn das obligatorische Vorverfahren, dessen ordnungsgemäße Durchführung grundsätzlich Sachurteilsvoraussetzung ist (BSG SozR 3-1500 § 78 Nr 3 S 5 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 78 RdNr 2), war gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG iVm § 96 Abs 1 SGG ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 96 Abs 1 SGG, der hier schon idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) gilt (vgl dazu BSG Beschluss vom 16.12.2009 - B 7 AL 146/09 B - Juris RdNr 8), wird ein nach Klageerhebung ergehender neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des (Klage-)Verfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

15

I. Ursprünglich hat die Klägerin den Bescheid vom 26.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 angefochten (§ 95 SGG). Darin hatte die Beklagte allerdings noch nicht über ein Recht auf Rente entschieden, sondern mit der Ablehnung einer "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" (iS des § 236a Satz 5 Nr 1 SGB VI aF) lediglich ein Tatbestandselement der Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorab verneint: Diese Vorabentscheidung über einen isolierten Teil des Rentenanspruchs erfüllt sämtliche Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts (§ 31 Satz 1 SGB X), weil die Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts das Ergebnis einer normativen Bewertung, nämlich die Unterordnung von Einzelfallumständen unter gesetzliche Tatbestandsmerkmale, mit unmittelbarer Außenwirkung verbindlich festlegen wollte. Derartige Vorbescheide, mit denen einzelne mit einer Verwaltungsentscheidung verbundene Rechtsfragen vorab geklärt werden, sind grundsätzlich möglich (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 und BSG vom 17.6.2008 - B 8 AY 13/07 R - Juris RdNr 11). Für sie besteht gerade im Übergang vom Erwerbsleben zur Rente ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig disponieren und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl BSG aaO und SozR 4100 § 75 Nr 6; BVerwGE 57, 158, 161). Deshalb normiert das Gesetz vorgezogene Regelungen teilweise selbst (vgl etwa § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI; § 147a Abs 6 Satz 2 SGB III). Sie sind ansonsten aber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis - letztlich als von der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des endgültigen Verwaltungsaktes umfasstes "weniger" - zulässig (BSGE 42, 178 = SozR 3850 § 51 Nr 3), soweit sich aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nichts anders ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 f). Der Klägerin, die 2003 bereits zu den rentennahen Jahrgängen zählte, genügte in ihrer damaligen Situation keine unverbindliche Rentenauskunft (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI in der hier noch maßgeblichen Ursprungsfassung), weil diese - auch angesichts der gegenteiligen Auffassung des Versorgungsamtes H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 16.9.2003 zum nachwirkenden Schwerbehindertenschutz - keine Rechtssicherheit hätte schaffen können. Andererseits enthielt § 109 SGB VI aF kein Vorabentscheidungsverbot, und es sind auch keine anderen gesetzlichen Bestimmungen ersichtlich, die eine Vorabentscheidung über die Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000 ausgeschlossen hätten.

16

II. Lag damit ursprünglich ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor, so ist dieser durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 29.4.2008, der sowohl nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 als auch nach Klageerhebung ergangen ist, ersetzt worden. In Anlage 6 dieses Rentenbescheids hat die Beklagte den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 vermindert. Damit hat sie die vertrauensschutzregelnde Übergangsvorschrift des § 236a Abs 4 SGB VI nF nicht angewendet und der Klägerin zugleich den Vertrauensschutz für schwerbehinderte Menschen zum Stichtag am 16.11.2000 versagt. Hierdurch verlor die im Vorbescheid vom 26.9.2003 enthaltene Regelung gleichzeitig ihre präjudizielle Funktion und damit jegliche rechtliche Bedeutung; der vorabentscheidende Verwaltungsakt erledigte sich gemäß § 39 Abs 2 SGB X wegen Wegfalls des Regelungsobjekts "auf andere Weise"(vgl BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7). An seine Stelle trat während des anhängigen Klageverfahrens der wertfeststellende Verwaltungsakt im Rentenbescheid, der die Regelung im Vorbescheid vollständig ersetzte (§ 96 Abs 1 SGG). Dabei ist unerheblich, dass sich beide Verwaltungsakte auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen (§ 236a Satz 5 SGB VI aF einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits)stützen (BSG Beschluss vom 28.10.2009 - B 6 KA 56/08 B - Juris RdNr 13).

17

B. Die Klagen sind auch begründet. Der Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) ist rechnerisch das Produkt aus der Summe der EP und Zugangsfaktor (beide zusammen bilden die persönlichen EP), Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert. Die Klägerin hat den wertfeststellenden Verwaltungsakt nur insoweit angefochten, als die Beklagte den Zugangsfaktor wegen der angeblich vorzeitigen Inanspruchnahme (§ 236a Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 1 SGB VI nF) der Rente um 36 Monate von 1,0 um 0,108 auf 0,892 gekürzt (§ 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI) und damit anstelle von 38,5085 persönlichen EP, die sich bei einem Zugangsfaktor von 1,0 ergeben hätten, nur 34,3496 persönliche EP in die Rentenformel eingestellt hat. Diese Wertfeststellung ist rechtswidrig.

18
Denn die Klägerin hat die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs 4 SGB VI in der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen neuen Fassung durch Art 1 Nr 58 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres und damit nicht vorzeitig in Anspruch genommen, sodass die Voraussetzungen einer Kürzung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI nicht vorlagen. Gemäß § 236a Abs 4 SGB VI nF, der hier wegen des Rentenbeginns am 1.5.2008 anwendbar ist, haben Versicherte, die vor dem 17.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert (§ 2 Abs 2 SGB IX), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.    

das 60. Lebensjahr vollendet haben,

2.    

bei Beginn der Altersrente
a) als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs 2 SGB IX) anerkannt oder
b) berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind

        

und     

3.    

die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

19

Das LSG hat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Klägerin vor dem 17.11.1950 (am 1948) geboren ist, im 2008 und damit vor Rentenbeginn am 1.5.2008 das 60. Lebensjahr vollendet hatte, bei Rentenbeginn als schwerbehinderter Mensch anerkannt war (Bescheid des Versorgungsamts H. vom 18.2.2003) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hatte.

20

Sie war am Stichtag 16.11.2000 auch schwerbehindert. § 236a SGB VI ist eine übergangsrechtliche Vertrauensschutzregelung für einen besonders schutzwürdigen Kreis von Schwerbehinderten, der zum Zeitpunkt der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag darauf vertrauen konnte, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Einschränkungen die Altersrente für Schwerbehinderte mit dem 60. Lebensjahr beziehen zu können (vgl etwa O´Sullivan in jurisPK-SGB VI, Stand 6.10.2008, § 236a SGB VI RdNr 43). In dieser Funktion stellt die Norm umfassend auf den durch den Status als Schwerbehinderter vermittelten Schutz und nicht etwa nur begrenzt auf bestimmte Schwerbehinderte als Inhaber dieses Schutzes ab. Zum begünstigten Personenkreis gehören damit auch diejenigen, die - wie die Klägerin - am Stichtag 16.11.2000 aufgrund einer besonderen gesetzlichen Anordnung als Schwerbehinderte anzusehen sind.

21

Diesem Ergebnis steht auch der Wortlaut von § 236a SGB VI nicht entgegen, obwohl der Klammer-Hinweis auf "§ 2 Abs 2 Neuntes Buch" den Anschein erwecken könnte, die Übergangsregelung sei nur auf diejenigen Schwerbehinderten beschränkt, die am Stichtag auch die in dieser Norm genannten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 2 Abs 2 SGB IX erst zum 1.7.2001 in Kraft getreten ist und damit am Stichtag 16.11.2000 noch nicht anwendbar war. Da die Vorschrift jedoch inhaltlich dem bis zum 30.6.2001 geltenden Recht entspricht (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 SB 5/01 B - Juris und BSGE 106, 101 ff = SozR 4-3250 § 2 Nr 2), handelt es sich insofern für die Zeit ab dem 1.7.2001 um eine bloße Textänderung ohne Änderung des hierdurch verkörperten Rechts und entspricht damit umgekehrt der Verweis in § 236a Abs 4 SGB VI auf das aktuell in § 2 Abs 2 SGB IX verkörperte Recht der Sache nach einem Hinweis auf den am Stichtag 16.11.2000 tatsächlich geltenden § 1 SchwbG; auf diese Norm war in der bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung von § 236a SGB VI auch ausdrücklich verwiesen worden.

22

Das LSG durfte offen lassen, ob die Klägerin am 16.11.2000 die tatbestandlichen Voraussetzungen des damit einschlägigen § 1 SchwbG erfüllte, dh ob sie noch oder wieder über einen GdB von 50 verfügte und (rechtmäßig) im Inland wohnte, sich dort aufhielt oder beschäftigt war. Vom im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Schutz als schwerbehinderte Menschen sind nämlich auch diejenigen erfasst, die am Stichtag nach der allgemeinen Regelung in § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 dem gesetzlichen Schutz als Schwerbehinderte unterfallen und die deshalb ihre Schwerbehinderteneigenschaft zu diesem Zeitpunkt noch mit einem gültigen Schwerbehindertenausweis nachweisen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist am 16.11.2000 noch diese Norm, die erst am 30.6.2001 außer Kraft getreten ist (Art 63 iVm Art 68 Abs 1 SGB IX), anwendbar, während der erst am 1.7.2001 ohne Rückwirkung in Kraft getretene (Art 68 Abs 1 SGB IX) § 116 SGB IX insofern nicht in Betracht kommt. Das Schwerbehindertenrecht sieht auch diesen Personenkreis noch vorübergehend (fiktiv) als schwerbehinderte Menschen an.

23

§ 38 Abs 1 Halbs 1 SchwbG 1986 setzt zunächst als unausgesprochene Grundregel voraus, dass der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter besteht, solange - unabhängig von deren Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG für die Schwerbehinderteneigenschaft vorliegen. Umgekehrt erlischt dieser Schutz nach der aaO ausdrücklich getroffenen Regelung, wenn - wiederum unabhängig von einer entsprechenden Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG entfallen. Wird schließlich die Verringerung des GdB auf weniger als 50 durch Bescheid festgestellt, erlischt nach § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheides. Da auch im letztgenannten Fall trotz der tatbestandsmäßig vorausgesetzten bestandskräftigen Feststellung einer Verringerung des GdB auf weniger als 50 für die Dauer der dreimonatigen Schonfrist ausdrücklich ein zeitlich begrenzt fortbestehender "gesetzlicher Schutz" als "Schwerbehinderter" angeordnet wird, setzt das Gesetz auch dort die Eigenschaft als Schwerbehinderter weiter voraus und fingiert damit den Status, der sich sonst bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG ergibt. Die Gesamtheit der so unmittelbar aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG oder fiktiv auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 als Schwerbehinderte anzusehenden Personen genießt damit den durch diesen Status vermittelten Schutz und ist folglich auch von der Schutznorm des § 236a Abs 4 SGB VI erfasst. Soweit diese auf § 1 SchwbG ("§ 2 Abs 2 des Neunten Buchs") verweist, beschränkt sich diese Inbezugnahme daher auf die Rechtsfolge dieser Norm und die nur exemplarische Benennung ihres Tatbestandes als eines von mehreren Wegen, die zum Status als Schwerbehinderter führen können. Die Materialien zu § 236a Abs 4 SGB VI und seinen Vorgängernormen, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Sie enthalten keinen Hinweis darauf, dass die vorliegende Konstellation von den Entwurfsverfassern oder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bedacht worden wäre. Erkennen lässt sich dort lediglich, dass mit der gewählten Formulierung dem - im Laufe des Verfahrens auch erörterten - Ausschluss der den Schwerbehinderten Gleichgestellten (§ 2 SchwbG) mit einem GdB von wenigstens 30, aber weniger als 50, Rechnung getragen werden sollte.

24

Auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 hat die Versorgungsverwaltung vorliegend durch den Bescheid vom 17.7.2000 neben der Aufhebung/Änderung der Verwaltungsakte aus dem Bescheid vom 18.11.1994 (Feststellung des GdB von 50 und Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft) als weiteren Verwaltungsakt verlautbart, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst mit Ende November 2000 - und damit erst nach dem 16.11.2000 - erlischt. Diese die Klägerin begünstigende Regelung ist zusammen mit den im Bescheid vom 17.7.2000 getroffenen anderen Regelungen wirksam und nach den Feststellungen des LSG auch bestandskräftig geworden. Es handelt sich dabei nach der Rechtsprechung des BSG um einen Verwaltungsakt, der konkret für den jeweiligen Einzelfall das Ende der Schwerbehinderteneigenschaft regelt und der damit zahlreiche Rechtsverhältnisse - unter anderem gegenüber Sozialversicherungsträgern - beeinflusst (BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57).

25

Das einheitliche Schutzkonzept des Schwerbehindertenrechts, an das § 236a Abs 4 SGB VI anknüpft, wird durch die Regelungen über den Schwerbehindertenausweis im hier noch anzuwendenden § 4 Abs 5 SchwbG 1986 bestätigt. Nach Abs 2 aaO dient der Ausweis dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen, die Schwerbehinderten nach dem SchwbG oder nach anderen Vorschriften zustehen. Mit dem Hinweis auf andere Vorschriften außerhalb des SchwbG bindet der Gesetzgeber auch Dritte an den Inhalt des Schwerbehindertenausweises, der damit zur öffentlichen Urkunde (§ 415 ZPO) wird, die eine Behörde (das Versorgungsamt) innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse (Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.7.1991, BGBl I 1739) ausstellt und eine behördliche Erklärung iS von § 417 ZPO enthält. Als öffentliche Urkunde erbringt der Schwerbehindertenausweis den vollen Beweis seines Inhalts gegenüber jedem Dritten (vgl Ausschussbericht, BT-Drucks 7/4960 S 5 f; BSGE 60, 11, 16 = BSG SozR 3870 § 3 Nr 21; BSGE 60, 284, 285 = SozR 3870 § 3 Nr 23; SozR 3-3870 § 4 Nr 4 S 20; BVerwGE 66, 315, 320; Dau in Dau/Düwell/Joussen, LPK-SGB IX, 3. Aufl 2011, § 69 RdNr 39; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl 2009, § 69 RdNr 51; Oppermann in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNrn 36, 38, Stand IV/11; Schorn in Müller-Wenner/Schorn, SGB IX Teil 2, 2003, § 69 RdNr 113; Stähler/Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 69 RdNr 20; Voelzke, SGb 1991, 80) und beweist, dass das Versorgungsamt die im Ausweis gekennzeichneten Entscheidungen getroffen hat. Diese (drittwirkende) Beweisfunktion des Schwerbehindertenausweises ist schon deshalb notwendig, weil die Versorgungsverwaltung oftmals nicht selbst über soziale Leistungen und Vergünstigungen entscheidet. Stattdessen stellt sie nach einheitlichen Maßstäben für andere Behörden (zB Sozialversicherungsträger, Finanzämter, Hauptfürsorgestelle) und sonstige Dritte (zB Arbeitgeber, öffentliche Einrichtungen, GEZ) Beginn, Dauer und Ende der Schwerbehinderteneigenschaft, des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale fest, die außerhalb der originär versorgungsbehördlichen Zuständigkeit verschiedenartige Berechtigungen auslösen (BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; Voelzke, SGb 1991, 80, 81). Die Bindungswirkung und Beweisfunktion erstreckt sich auf die gesamte Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises; er ist erst einzuziehen, wenn eine Neufeststellung unanfechtbar geworden und der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erloschen ist (§ 4 Abs 5 Satz 4 SchwbG 1986). Dies belegt, dass das Schwerbehindertenrecht auch den Personenkreis, der während der Schonfrist noch von der nachwirkenden Schutzwirkung erfasst wird, weiterhin unverändert als schwerbehinderte Menschen ansieht. Während der nachwirkenden dreimonatigen Schutzfrist des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 müssen Behörden deshalb die Eintragungen im Schwerbehindertenausweis ungeprüft zugrunde legen und davon abweichende Feststellungen in Änderungsbescheiden ignorieren. Die Beklagte ist daher an die Festschreibung des Versorgungsamts H. im Schwerbehindertenausweis der Klägerin gebunden, dass deren Schwerbehindertenschutz erst "Ende Nov. 2000" abläuft (§ 4 Abs 5 Satz 2 SchwbG 1986).

26

Dass sich der auf diese Weise vermittelte gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch auf die abschlagsfreie Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Satz 5 SGB VI aF bzw § 236a Abs 4 SGB VI nF erstreckt, ergibt sich, wenn man den Begriff des "gesetzlichen Schutzes Schwerbehinderter" nach seinem Wortsinn (a), der Entstehungsgeschichte (b), seiner systematischen Stellung (c) sowie nach Sinn und Zweck (d) auslegt.

27

a) Der Bedeutungsumfang des Ausdrucks "der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter" ist weit und enthält keine Einschränkungen seines Schutzbereichs. Er erfasst damit nicht nur Schutzvorschriften des SchwbG, sondern auch alle anderen (materiellen) Gesetze, die Schwerbehinderte begünstigen, indem sie ihnen Rechte, Nachteilsausgleiche oder sonstige Leistungen gewähren oder einräumen. Zu diesen (Schutz-)Gesetzen zählt damit auch § 236a Abs 4 SGB VI nF, der es gerade schwerbehinderten Menschen ermöglicht, eine Altersrente vorzeitig und abschlagsfrei in Anspruch zu nehmen.

28

b) Die historische Interpretation bestätigt das weite Wortverständnis. Entwicklungshistorisch ist der sachliche Schutzbereich der Nachwirkung bis zum Inkrafttreten des SGB IX immer weiter ausgedehnt worden und erfasst auch nach überwiegender Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI nF).

29
  Die nachwirkende Schutzfrist geht auf das "Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter" (SchwbeschG 1920) zurück, das in seiner Ursprungsfassung vom 6.4.1920 (RGBl 458) den Fortfall des gesetzlichen Schutzes Schwerbeschädigter allerdings (noch) nicht speziell regelte. Wer nicht mehr schwerbeschädigt war, weil die MdE unter 50 vH sank, verlor danach den Schutz des Gesetzes sofort (Weigert-Wölz, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1921, Anm 8 zu § 3; Schimanski in GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 4). Allerdings führte der Gesetzgeber schon mit der Novellierung des SchwbeschG vom 23.12.1922 (RGBl I 972) in der Fassung vom 12.1.1923 (RGBl I 57) mit § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 einen vorübergehenden Schutz für Personen ein, die nicht mehr schwerbeschädigt waren. Schwerbeschädigten, die bei der Neufestsetzung ihrer Rente die Schwerbeschädigteneigenschaft einbüßten, sollte der Schutz des SchwbeschG noch für eine gewisse Zeit erhalten bleiben, um zu verhindern, dass sie von ihrem Arbeitgeber sofort gekündigt wurden (Schneider/Günther, Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1928, Vorbem b) zu § 20). Ihnen sollte der Übergang in ein von den Vorschriften des SchwbeschG nicht mehr geschütztes Arbeitsverhältnis erleichtert werden (Richter, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 2. Aufl 1931, Vorbem zu § 20). § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 bestimmte:

 "Schwerbeschädigte (§ 3), deren Rente bei erneuter Festsetzung auf weniger als 50 vom Hundert herabgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr von der Rechtskraft der neuen Entscheidung den Schutz dieses Gesetzes."       
30
   Hieran knüpfte § 24 Satz 1 des Schwerbeschädigtengesetzes (SchwbeschG 1953) vom 16.6.1953 (BGBl I 389) an und stellte in Satz 2 klar, dass die Betroffenen während der Schutzfrist auf die Pflichtquote des Arbeitgebers anzurechnen waren. Satz 1 der Vorschrift lautete:     

"Schwerbeschädigte, bei denen der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert festgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft des Festsetzungsbescheides den Schutz des Gesetzes."

31
§ 35 Abs 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG 1974) vom 29.4.1974 (BGBl I 1006) erweiterte den Schutzbereich über die Grenzen "dieses" bzw "des Gesetzes" hinaus auf jedes Schutzgesetz und verlängerte die Nachwirkungsfrist bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides folgte, der die MdE verringert hatte. Er lautete:    
        

"Der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erlischt, wenn sich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert verringert, dies jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides folgt."

32

Zusammenfassend ergibt sich aus der Vorgeschichte, dass der Nachwirkungsschutz ursprünglich auf die Vorteile beschränkt war, die das SchwbeschG 1923 vorsah ("Schutz dieses Gesetzes"), im weiteren Verlauf durch eine offenere Formulierung auch auf andere Gesetze ("Schutz des Gesetzes") erstreckt (Wechsel vom Demonstrativpronomen "dieses" zum bestimmten Artikel "des") und schließlich ohne Bezug auf bestimmten Rechtsquellen einschränkungslos auf jede gesetzliche Schutznorm erweitert wurde ("der gesetzliche Schutz"). Mit dem SchwbG 1986 vereinheitlichte und verkürzte der Gesetzgeber den zeitlichen Schutzbereich (dh die Schonfrist) der Nachwirkungsnorm zum 1.8.1986 auf drei Kalendermonate, ohne jedoch ihren sachlichen Schutzbereich einzuengen.

33

Auch die Literatur bestimmte die Reichweite der Nachwirkung des § 38 Abs 1 Satz 1 SchwbG 1986 und seiner Vorgängerregelungen weit. Im Rahmen von § 24 SchwbeschG 1953 und § 25 SchwbeschG 1961 in der Fassung vom 14.8.1961 (BGBl I 1233) bestand weitgehend Einigkeit, dass der Schwerbeschädigte während der Nachwirkungsfrist noch in vollen Umfang als solcher zu behandeln sei (Becker, SchwbeschG, 2. Aufl 1962, § 25 RdNr 6; Gröninger, SchwbeschG, Stand Juni 1962, § 25<= § 24 aF> Anm 4; Monjau, SchwbeschG, 1954, Anm zu § 24; Rohwer-Kahlmann/ Schroeder-Prinzten, SchwbeschG, Kommentar, Stand 1957, § 24 RdNr 11; Sellmann, Kommentar zum SchwbeschG, 1954, § 24 RdNr 6; Wilrodt-Gotzen, SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 7; Zigan, Kommentar zum SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 4; aA nur Rewolle, SchwbeschG, 6. Aufl 1973, Anm V 2 zu § 25). Nach Ritzer (Kommentar zum SchwbG, 1974, § 35 Anm 1), Wilrodt/Neumann (Kommentar zum SchwbG, 4. Aufl 1976, § 35 RdNr 2) und Neubert/Becke (SchwbG, 1974, § 35 Anm 6) bezweckte § 35 SchwbG 1974, dass der Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Schonfrist im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG bleiben solle. Zu § 38 SchwbG 1986 präzisierte Pahlen(in Neuman/Pahlen, SchwbG, 9. Aufl 1999, § 38 RdNr 13), dass der Schwerbehinderte im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG und sonstiger Schutzbestimmungen bleibe. Schimanski (GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 80)legte ausdrücklich dar, dass Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Nachwirkungszeit alle Rechte und Pflichten besäßen, die ihnen die Gesetze gäben (ähnlich auch Voelzke, SGb 1991, 80 f). Hierzu zähle auch der Anspruch auf flexibles Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Gouder (in Wiegand, Kommentar zum SchwbG, Stand Januar 2001, § 38 RdNr 16) führte aus, den Betroffenen stehe bis zum Ablauf der Schonfrist der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zu. Nur Cramer (SchwbG, 5. Aufl 1998, § 38 RdNr 2a) verneinte einen Anspruch nach § 37 SGB VI, wenn der GdB - bezogen auf den Rentenbeginn(hier: 1.5.2008) - bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgestellt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schonfrist liege (ähnlich Weber, SchwbG, Stand Mai 2000, § 38 Anm 3; so jetzt auch zu § 116 SGB IX Kossens, aaO, § 116 RdNr 5). Ob sich diese Ausführungen auch auf den hier maßgeblichen Stichtag (16.11.2000) beziehen, lassen Cramer (aaO) und Weber (aaO) allerdings offen. Die rentenversicherungsrechtliche Literatur beschäftigt sich - soweit ersichtlich - nicht mit dem Nachwirkungsschutz des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 und seinen Folgen für die Vertrauensschutzregelungen des § 236a SGB VI.

34

c) Die logisch-systematische Interpretation spricht ebenfalls für eine große Reichweite der Nachwirkung. Denn § 38 SchwbG 1986 sprach allgemein und gesetzesübergreifend vom "gesetzlichen Schutz", während § 39 SchwbG 1986 einschränkend und gesetzesimmanent auf "die Vorteile dieses Gesetzes" rekurrierte. Unterscheidet der Gesetzgeber in dieser Weise in aufeinanderfolgenden Bestimmungen zwischen verschiedenen Schutzbereichen, so muss man zum "gesetzlichen Schutz" auch die Rechte, Nachteilsausgleiche und Begünstigungen zählen, die schwerbehinderten Menschen nach Vorschriften außerhalb des SchwbG zustehen (vgl dazu auch Cramer, aaO). Dabei bestimmt sich das Zusammenspiel der beiden ranggleichen Bundesnormen (§ 38 SchwbG 1986 einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits) nach dem Leitgedanken von der Einheit der Rechtsordnung: § 236a Abs 4 SGB VI nF ist eine Schutznorm zugunsten Schwerbehinderter; wer (noch) schwerbehindert ist, regelt ua § 38 SchwbG 1986.

35

d) Wie sich bereits aus der Entstehungsgeschichte ergibt, bestand der Zweck der Schonfrist ursprünglich darin, ehemals Schwerbeschädigten bzw Schwerbehinderten einen nachwirkenden Kündigungsschutz zu verschaffen und ihnen in der Umstellungsphase den Übergang in ein Arbeitsverhältnis zu erleichtern, das vom SchwbeschG bzw SchwbG nicht mehr geschützt war (Gouder, aaO, § 38 RdNr 7). In der Folgezeit blieb dieser Schutz jedoch nicht auf das Arbeits- und Berufsleben beschränkt (vgl dazu Franz, Schwerbehindertengesetz mit Praxiskommentar, 4. Aufl 1995, § 38 RdNr 350), sondern wurde auf eine nahezu unübersehbare Vielzahl weiterer Vorteile und Vergünstigungen ausgedehnt, wenngleich der besondere Kündigungsschutz des Schwerbehindertenrechts weiterhin zu den zentralen und wichtigsten Anwendungsfeldern der Schonfrist zählte. Der Gedanke, Schwerbehinderten die Umstellung auf eine neue Erwerbsquelle zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erleichtern, trägt aber auch und gerade im Übergang vom Arbeitsleben in die Rente. Denn hier wie da kann der Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft großen Einfluss auf die zukünftige Lebensplanung haben (Aufhebungsvertrag, Kündigung, Arbeitslosigkeit, Altersteilzeitvereinbarung) und umfangreiche Vermögensdispositionen im Hinblick auf die Alterssicherung oder eine längere Erwerbsphase erfordern. Zudem besteht beim Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft auch heute noch ein erhöhtes Kündigungsrisiko mit der Gefahr anschließender Arbeitslosigkeit, die durch die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen gerade reduziert werden sollte (vgl dazu Künzler in Eichenhofer/Rische/Schmähl, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, 2011, Kap 12 RdNr 33). In diesem Kontext erscheint die Nachwirkung der Schwerbehinderteneigenschaft besonders dringlich, so dass auch unter teleologischen Gesichtspunkten die weite Auslegung vorzugswürdig ist.

36

Dass die Klägerin unter diesen Umständen aufgrund des befristeten Schutzes als Schwerbehinderte einen dauerhaften rentenrechtlichen Vorteil erhält, ist Resultat der vom Gesetzgeber verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl zuletzt etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - ZFSH/SGB 2011, 337 ff) und in sachgerechter Anknüpfung an den Tag der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag gewählten Stichtagsregelung. Diese bringt - ohne dass sich hieraus Bedenken gegen ihre Verfassungsmäßigkeit ergäben - durch ihr punktuelles Vorgehen "im Guten wie im Bösen" stets unvermeidbar Unwägbarkeiten mit sich, die bei einer zeitlichen Längsschnittbetrachtung ggf vermieden werden könnten. So bliebe etwa auch unberücksichtigt, wenn ein tatsächlich einen GdB von 50 rechtfertigender körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand unmittelbar vor dem Stichtag entfiele oder bereits am Stichtag feststünde, dass er demnächst mit der Folge eines GdB unter 50 entfallen werde. Für den Umstand, dass der Stichtag in die von vorneherein begrenzte Schonfrist fällt oder nicht, gilt nichts anderes.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

 Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte sein Recht verwirkt hat, die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers aufzuheben.

2

Beim Kläger wurde im Juni 1992 ein bösartiges Geschwür des rechten Hoden diagnostiziert, der ebenso wie die dazugehörigen Lymphknoten entfernt werden musste. Wegen dieser Krebserkrankung stellte das Versorgungsamt U. auf Antrag des Klägers dessen Grad der Behinderung (GdB) mit 50 seit dem 1.6.1992 fest (Bescheid vom 20.1.1993) und stellte dem Kläger einen bis zum 30.6.1997 befristen Schwerbehindertenausweis aus. Zugrunde lag eine versorgungsärztliche Stellungnahme die ua vermerkt hatte, im Juni 1997 sei eine Nachprüfung erforderlich.

3

Ein im Dezember 1994 wegen einer Knochenzyste gestellter Neufeststellungsantrag des Klägers blieb erfolglos (Bescheid vom 17.1.1995). Auch die in diesem Zusammenhang erstellte versorgungsärztliche Stellungnahme erinnerte daran, der GdB von 50 müsse im Juni 1997 wegen einer möglichen Heilungsbewährung überprüft werden. Trotzdem unterblieb die Nachprüfung. Stattdessen wurde der Schwerbehindertenausweis des Klägers jeweils am 18.6.1997 und am 3.7.2002 befristet und am 28.6.2007 unbefristet verlängert. Auf dem Formular der letzten internen Ausweisverfügung des Beklagten war "Nachprüfung nicht erforderlich" angekreuzt.

4

Am 21.12.2011 leitete das Landratsamt O. von Amts wegen eine Nachprüfung ein, hörte den Kläger dazu an und hob den Bescheid vom 20.1.1993 nach § 48 SGB X auf. Nach Heilungsbewährung liege seit dem 3.6.2012 kein GdB von mindestens 20 mehr vor (Bescheid vom 31.5.2012 idF des Widerspruchsbescheids vom 7.8.2012). Das SG hat medizinisch ermittelt und auf dieser Grundlage den Aufhebungsbescheid des Beklagten (Land Baden-Württemberg) seinerseits aufgehoben. Zwar sei der GdB an sich nur noch mit weniger als 20 zu bemessen, weil der Zeitraum der Heilungsbewährung abgelaufen und keine nennenswerten Gesundheitsstörungen hinzugetreten seien. Der Beklagte habe aber sein Aufhebungsrecht verwirkt und sei daher an die ursprüngliche höhere Feststellung gebunden (Urteil vom 28.2.2014).

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Klage gegen den Aufhebungsbescheid abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 1 SGB X lägen wegen der erfolgreichen Heilungsbewährung vor. § 48 Abs 4 S 1 SGB X iVm § 45 Abs 3 S 3 SGB X stehe der Aufhebung nicht entgegen, sondern schließe nach Ablauf von zehn Jahren lediglich eine rückwirkende Aufhebung aus. Der Senat folge insoweit der vom BSG (Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90) vertretenen Auffassung. Für sie spreche auch die inzwischen erfolgte Erweiterung des § 45 Abs 3 SGB X. Verwirkt habe der Beklagte das Aufhebungsrecht nicht; es fehle jedenfalls an der erforderlichen Vertrauensbetätigung des Klägers (Urteil vom 30.1.2015).

6

Mit seiner Revision macht der Kläger weiterhin geltend, der Beklagte habe sein Aufhebungsrecht verwirkt. Dieser habe in den Jahren 2002 und 2007 zweimal seine Schwerbehinderteneigenschaft bestätigt und danach den Schwerbehindertenausweis unbefristet verlängert. Er habe daher nicht mehr von einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ausgehen können, sondern auf das Fortbestehen seiner Eigenschaft als Schwerbehinderter vertrauen können. Sein Vertrauen verdiene Schutz, weil die Schwerbehinderteneigenschaft seinen Kündigungsschutz verstärkt, ihm einen steuerlichen Vorteil sowie die Option einer früheren Rente verschafft habe. Fehler habe allein der Beklagte begangen.

7

Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30. Januar 2015 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Ulm vom 28. Februar 2014 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er beruft sich auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§170 Abs 1 S 1 SGG), weil die vom Kläger nach § 54 Abs 1 Alt 1 SGG zulässig erhobene isolierte Anfechtungsklage gegen die Aufhebung seiner Schwerbehinderteneigenschaft unbegründet ist. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 31.5.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.8.2012 war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte durfte seinen Aufhebungsbescheid auf § 48 SGB X stützen(1.); seine Aufhebungsbefugnis ist nicht verwirkt (2.).

11

1. Der Beklagte hat den Ausgangsbescheid vom 20.1.1993 zu Recht gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X aufgehoben. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.

12

Die erforderlichen formellen Voraussetzungen der Aufhebung hat der Beklagte erfüllt, indem er den Kläger vorab ordnungsgemäß schriftlich angehört und seinen Bescheid ausreichend begründet hat, § 24 Abs 1 und § 35 Abs 1 SGB X.

13

Auch die materiellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 48 Abs 1 S 1 SGB X lagen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung(vgl Zeihe, SGG, Stand April 2015, § 54 RdNr 2d; BSG Urteil vom 27.10.1976 - 2 RU 127/74 - SozR 2200 § 690 Nr 4 = BSGE 43, 1-9 = SozR 1500 § 131 Nr 4) vor. Bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Bescheid vom 20.1.1993 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung iS von § 48 SGB X(vgl BSG Urteil vom 12.11.1996 - 9 RVs 5/95 - BSGE 79, 223, 225 = SozR 3-1300 § 48 Nr 57 S 128 f mwN). Seine tatsächlichen Grundlagen hatten sich durch den erfolgreichen Ablauf der Periode der Heilungsbewährung beim Kläger im Sinne dieser Vorschrift entscheidungserheblich geändert.

14

Gemäß Nr 26.1 Abs 3 Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) bzw jetzt Teil B Nr 1 c der Anlage "Versorgungsmedizinische-Grundsätze" zur Versorgungsmedizin-Verordnung (Anl VersMedV) ist nach Behandlung bestimmter Krankheiten, die zu Rezidiven neigen, insbesondere bei bösartigen Geschwulsterkrankungen, eine Heilungsbewährung abzuwarten. Der Zeitraum der Heilungsbewährung beträgt in der Regel fünf Jahre, und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem die Geschwulst durch Operation oder andere Primärtherapie als beseitigt angesehen werden kann. Die hinsichtlich der häufigsten und wichtigsten solcher Krankheiten angegebenen GdB/MdE/GdS-Anhaltswerte sind auf den "Zustand nach operativer oder anderweitiger Beseitigung der Geschwulst bezogen". Sie beziehen den "regelhaft verbleibenden Organ- oder Gliedmaßenschaden ein". Außergewöhnliche Folgen oder Begleiterscheinungen der Behandlung - zB langdauernde schwere Auswirkungen einer wiederholten Chemotherapie - sind gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 4/10 R - Juris RdNr 22). Wegen dieser Pflicht der Versorgungsbehörden, trotz der grundsätzlich vorgesehenen Pauschalierung besonders gelagerten Einzelfallkonstellationen zu Gunsten der Betroffenen Rechnung zu tragen (vgl BSG Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 4/10 R - Juris; BSG Urteil vom 30.9.2009 - B 9 SB 4/08 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 10), begegnen die Regeln über die Heilungsbewährung keinen grundsätzlichen gleichheitsrechtlichen Bedenken. Sie lassen den Versorgungsbehörden ausreichend Spielraum dafür, in jedem Einzelfall den Gleichheitsgrundsatz ausreichend zur Geltung zu bringen. Verfassungsrechtliche Erwägungen zwingen daher nicht dazu, das Modell der Heilungsbewährung zu überarbeiten.

15

Bestehen - wie beim Kläger - keine solchen außergewöhnlichen Folgen oder Begleiterscheinungen der Krebserkrankung, so legt die VersMedV die Höhe des GdB pauschal fest. Erst für die Zeit danach ist der GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (vgl dazu Teil A Nr 2 Anl VersMedV und BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - Juris RdNr 7). Beruht daher die Höhe des GdB auf einer Erkrankung, für welche die einschlägigen Normen einen erhöhten GdB-Wert während des Zeitraums der Heilungsbewährung ansetzen, ändert das Verstreichen dieses Zeitraums die wesentlichen, dh rechtserheblichen tatsächlichen Verhältnisse, die der Feststellung des GdB zugrunde lagen (vgl BSG Urteil vom 12.2.1997 - 9 RVs 12/95 - Juris RdNr 14 mwN).

16

So lag der Fall des Klägers. Der Beklagte hatte bei ihm wegen seiner durchlittenen Krebserkrankung (Hodentumor) nach Teil A Nr 26.13 AHP 1983 (vgl jetzt Teil B Nr 13.6., Teil B Nr 3.7 Anl VersMedV ) für die Zeit einer Heilungsbewährung von fünf Jahren einen pauschalen GdB von 50 angesetzt. Bereits 1997 war diese Zeitspanne abgelaufen. Die nunmehr anstelle pauschaler Bemessung zugrunde zu legenden tatsächlichen Umstände rechtfertigten beim Kläger nach den für den Senat bindenden Feststellungen der Instanzgerichte einen GdB-Wert von nur noch unter 20.

17

Die von § 48 Abs 4 S 1 SGB X angeordnete "entsprechende" Anwendung des § 45 Abs 3 S 3 SGB X steht einer Aufhebung der GdB-Feststellung wegen dieser Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht entgegen. Nach § 45 Abs 3 S 3 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt auch bei vorwerfbarem Verhalten des Begünstigten nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Das LSG hat unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats (BSG Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90 - SozR 3-1300 § 48 Nr 22 = BSGE 72, 1-7 = SozR 3-3100 § 61 Nr 1) zutreffend angenommen und im Einzelnen ausgeführt, dass die entsprechende Anwendung der Zehnjahresfrist nach Systematik sowie Sinn und Zweck nicht dazu dient, einer wesentlichen Änderung nach zehn Jahren jegliche Bedeutung abzusprechen. Vielmehr verbietet sie es lediglich nach Ablauf dieser Zeit, den Leistungsbescheid rückwirkend zu ändern und damit in abgeschlossene Lebensvorgänge einzugreifen. Andererseits besteht kein überzeugender Grund, die Aufhebung des Ausgangsbescheids für die Zukunft davon abhängig zu machen, wann die Änderung eingetreten ist. Unterbliebenen Verwaltungsakten, insbesondere dem Nichterlass eines Aufhebungsbescheides, kann - anders als den von § 45 SGB X geregelten, von Anfang an unrichtigen Bescheiden - keine Bestandskraft zukommen. Im Fall der Änderung der Verhältnisse fehlt es vielmehr hinsichtlich der neuen, nunmehr maßgebenden Sach- und Rechtslage an einer Verwaltungsentscheidung, die dem Betroffenen Anlass geben könnte, sich auf die Unerheblichkeit der eingetretenen Änderung zu verlassen. Sein Interesse wird dadurch nicht unzumutbar vernachlässigt. Bis der Aufhebungsbescheid wirksam wird, verbleibt ihm die Dauerleistung, die der Gesetzgeber ihm nach der materiellen Rechtslage nicht zugedacht hatte (BSG aaO).

18

Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, dieses vom Senat 1992 gefundene Ergebnis infrage zu stellen. Die vom LSG thematisierte Gesetzesänderung im Jahre 1998 (Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6.4.1998 - BGBl I 1998, 688) hat die entscheidungserhebliche Vorschrift des § 45 Abs 3 S 3 SGB X unberührt gelassen und ihr lediglich zwei weitere, hier nicht einschlägige Sätze angefügt. Seitdem kann nach § 45 Abs 3 S 4 SGB X in den Fällen des § 45 Abs 3 S 3 SGB X - also bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit bzw im Falle eines Widerrufsvorbehalts - ein rechtswidriger Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung selbst noch nach Ablauf der Zehnjahresfrist zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Zehnjahresfrist am 15.4.1998 bereits abgelaufen, ist die Aufhebung nach Satz 4 der Vorschrift nur noch für die Zukunft möglich. Mit der Neuregelung wollte der Gesetzgeber die Rücknahme von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung auch für die Vergangenheit insbesondere in Fällen ermöglichen, in denen sich der Leistungsempfänger der Unrechtmäßigkeit der Zahlung bewusst war. Die Regelung sollte ausdrücklich auf laufende Geldleistungen beschränkt sein (BT-Drucks 13/10033 S 20). Aus dieser Ausweitung der Rücknahmemöglichkeiten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Absicht des Gesetzgebers, die dem Gesetzgeber bekannte Rechtsprechung des BSG und ihre Auslegung des Verweises von § 48 Abs 4 S 1 SGB X auf § 45 Abs 3 S 3 SGB X zu beseitigen und damit in bestimmten Konstellationen die Befugnisse der Behörden umgekehrt wieder einzuschränken.

19

Auch die Rechtsprechung der Landessozialgerichte (LSG für das Land Brandenburg Urteil vom 23.10.2003 - L 2 RJ 110/02 - Juris RdNr 38; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 1.4.2003 - L 3 U 66/01 - Juris RdNr 44 entgegen und unter Aufhebung von SG Mainz Urteil vom 30.1.2001 - S 6 U 217/98 - Juris; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil vom 7.11.2001 - L 10 SB 50/01 - Juris; LSG Hamburg Urteil vom 1.9.1999 - L 3 U 50/98 - Juris) sowie die vom LSG zitierte Literatur folgen der Senatsrechtsprechung inzwischen nahezu einhellig (aA Gagel, SGb 1990, S 252, 255).

20

Der Aufhebung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte nach Ablauf der Heilungsbewährung noch erhebliche Zeit - mehr als ein Jahrzehnt - hat verstreichen lassen, bevor er daraus die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen und das Überprüfungsverfahren eingeleitet hat. Denn § 48 Abs 1 S 1 SGB X verpflichtete den Beklagten auch noch lange Zeit nach Änderung der wesentlichen Verhältnisse zur Aufhebung des begünstigenden Bescheides. Im Gegensatz zu § 48 Abs 1 S 2 SGB X bei atypischen Fällen ("soll") eröffnet § 48 Abs 1 S 1 SGB X nach seinem eindeutigen Wortlaut dem zuständigen Verwaltungsträger bei der Entscheidung über die Aufhebung des Verwaltungsakts für die Zukunft kein Ermessen ("ist"). Sind daher die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 1 SGB X erfüllt, so ist der Verwaltungsakt zwingend mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben(BSG Urteil vom 2.4.2014 - B 6 KA 15/13 R - SozR 4-1300 § 47 Nr 1 RdNr 32; Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2013, § 48 RdNr 113 mwN). Die Vorschrift räumt damit der Gesetzesbindung der Verwaltung Vorrang vor individuellem Vertrauensschutz ein. Gesichtspunkte wie zögerliches Handeln der Behörde oder Gutgläubigkeit des Empfängers spielen daher für die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung keine Rolle. Mit § 46 Abs 1 S 1 SGB X aF, der dem heutigen § 48 Abs 1 S 1 SGB X entspricht, wollte der Gesetzgeber - im Gegensatz zu der im allgemeinen Verwaltungsrecht geltenden Ermessensvorschrift des § 49 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - im leistungsrechtlich geprägten Sozialrecht bewusst eine Pflicht schaffen, den Verwaltungsakt für die Zukunft aufzuheben, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen(BT-Drucks 8/2034 S 35).

21

2. Der Beklagte hat seine Befugnis zur Korrektur der rechtswidrig gewordenen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht verwirkt.

22

Das richterrechtliche Institut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Sozialversicherungsrecht ebenso wie im allgemeinen Verwaltungsrecht und im Zivilrecht anerkannt (vgl BSGE 7, 199, 200; 34, 211, 213; 41, 275, 278; 59, 87, 94 = SozR 2200 § 245 Nr 4 S 22 f; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17 f). Eine solche Verwirkung setzt allgemein voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat, wie es der Beklagte über deutlich mehr als ein Jahrzehnt getan hat. Zum Zeitablauf müssen jedoch weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des einschlägigen Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (vgl BVerfGE 32, 305; BVerwGE 44, 339, 343; BFHE 129, 201, 202; BSGE 34, 211, 214; 35, 91, 95 mwN). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete - erstens - infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dieser werde das Recht nicht mehr geltend machen (Vertrauensgrundlage), - zweitens - der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, das Recht werde nicht mehr ausgeübt (Vertrauenstatbestand), und - drittens - er sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl BSGE 47, 194, 196 = SozR 2200 § 1399 Nr 11 S 15 mwN; BSGE 80, 41, 43 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 18; BVerwGE 44, 339, 343 f).

23

Allerdings enthalten die §§ 45 ff SGB X in ihrem Anwendungsbereich eine spezielle und abschließend gedachte Regelung des Vertrauensschutzes bei der Aufhebung von Verwaltungsakten. Der Gesetzgeber hat damit ein abgestuftes Vertrauensschutzkonzept geschaffen, mit dem er ua zwischen rückwirkender und allein zukunftsgerichteter Aufhebung unterscheidet sowie enge Handlungsfristen für die Aufhebung vorsieht, vgl § 45 Abs 4 SGB X. Diese passgenaue gesetzliche Interessenabwägung können die Sozialgerichte nicht pauschal durch allgemeine, aus der Generalklausel von Treu und Glauben abgeleitete Vertrauensschutzerwägungen ersetzen. Zumindest im Fall der gebundenen Aufhebung einer Statusentscheidung im Schwerbehindertenrecht wegen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse muss die Annahme einer Verwirkung daher auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen eine wortgetreue Anwendung der gesetzlichen Vorschriften dazu führen würde, insbesondere grundrechtlich geschützte Positionen zu verletzen (allg vgl Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, 2000, S 23 ff; vgl BVerwG Urteil vom 20.12.1999 - 7 C 42/98 - BVerwGE 110, 226 ff). Da die Verwirkungsvoraussetzungen hier deshalb eng auszulegen sind, hat der Beklagte sein Aufhebungsrecht trotz seiner langen Untätigkeit nicht verwirkt. Dafür fehlt es schon an einer ausreichenden Verwirkungshandlung des Beklagten und damit auch an der erforderlichen Vertrauensgrundlage (a) sowie unabhängig davon an einem schützenswerten Vertrauensverhalten des Klägers (b).

24

a) Die lange Säumnis des Beklagten bei der erforderlichen Überprüfung des Gesundheitszustands des Klägers stellt - selbst in Verbindung mit der Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises - keine ausreichende Verwirkungshandlung dar.

25

Wie der Senat speziell für den Fall der Aufhebung einer Feststellung der Schwerbehinderung nach erfolgreicher Heilungsbewährung bereits entschieden hat, können Sozialbehörden aus einer Änderung der Verhältnisse für die Zukunft jedenfalls grundsätzlich zeitlich unbeschränkt Gestaltungsrechte ableiten (BSG Urteil vom 12.2.1997 - 9 RVs 12/95 - Juris RdNr 16). Dies fordert maßgeblich der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit der Verwaltung, der die Wiederherstellung gesetzmäßiger Zustände und die Gleichbehandlung aller Antragsteller gebietet. Verwirken kann die zuständige Behörde ihr Recht, eine rechtswidrig gewordene Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft aufzuheben, allenfalls dann, wenn sie erkennbar auf das Verstreichen einer Phase der Heilungsbewährung Bezug nimmt und darauf hinweist, daraus auch in Zukunft keine Folgerungen mehr ziehen zu wollen (Verwirkungsverhalten, vgl BSG aaO). Bereits eine solche eindeutige Verwirkungshandlung des Beklagten hat das LSG indes nicht festgestellt. Sie liegt insbesondere nicht in der Verfügung vom 28.6.2007 über die unbefristete Verlängerung des Schwerbehindertenausweises mit dem fälschlicherweise angekreuzten Formularvermerk, eine Nachprüfung sei nicht erforderlich. Denn diese Verfügung ist nur ein behördeninterner Vorgang ohne Außenwirkung.

26

Die Umsetzung dieser Verfügung nach außen durch Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises an den Kläger stellt ebenfalls keine ausreichende Verwirkungshandlung des Beklagten dar; sie hat deshalb keine geeignete Vertrauensgrundlage für den Kläger geschaffen. Denn ein solcher Ausweis hat keine konstitutive Bedeutung für die darin verlautbarten Feststellungen (Oppermann in Hauck/Noftz, SGB IX, Stand 8/2014, K § 69 RdNr 38; Goebel in jurisPK-SGB IX, 2. Aufl 2015, § 69 RdNr 25: "deklaratorische Bedeutung"). Vielmehr weist er gemäß § 69 Abs 5 S 2 SGB IX lediglich als öffentliche Urkunde die gesondert im Ausgangsbescheid getroffene Feststellung der Schwerbehinderung gegenüber Dritten nach(vgl BSG Urteil vom 26.2.1986 - 9a RVs 4/83 - SozR 3870 § 3 Nr 21 = BSGE 60, 11-18; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 56/10 R - Juris RdNr 25 mwN; Goebel aaO RdNr 65). Demgegenüber nahm der dem Kläger ausgestellte Ausweis weder auf das Verstreichen der Heilungsbewährung Bezug, noch wies er darauf hin, daraus auch in Zukunft keine Folgerungen ziehen zu wollen. Zwar darf nach § 6 Abs 2 S 2 Schwerbehindertenausweisverordnung der Ausweis entgegen der Sollvorschrift des § 69 Abs 5 S 3 SGB IX, die regelmäßig nur eine befristete Ausstellung vorsieht, an sich nur dann unbefristet ausgestellt werden, wenn eine Neufeststellung wegen einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist. Insofern hat sich der Beklagte aber offenbar lediglich geirrt. Schützenswertes Vertrauen konnte der Kläger auf die Kundgabe dieses Irrtums nicht gründen, mag er sich auch in laienhafter Anschauung darauf verlassen haben, sich trotz der ihm bekannten Besserung seines Gesundheitszustands keiner Nachprüfung mehr stellen zu müssen. Denn nach § 69 Abs 5 S 4 SGB IX wird der Schwerbehindertenausweis eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises stand ebenso wie die zugrunde liegende Feststellung der Schwerbehinderung des Klägers von Anfang an unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bei Änderung der Verhältnisse. Dies gilt ohnehin für jede gesundheitliche Einschränkung, soweit sie einer Besserung zugänglich ist und erst recht für die Feststellung der Schwerbehinderung nach Ablauf der Zeitspanne der Heilungsbewährung.

27

b) Zudem hat der Kläger sein subjektiv möglicherweise gefasstes, aber objektiv nicht gerechtfertigtes Vertrauen nicht schützenswert betätigt (Vertrauensverhalten). Auch dies hat das LSG für den Senat bindend festgestellt. Die dem Kläger in der Vergangenheit gewährten Steuer- bzw Statusvorteile verbleiben ihm. Für die Zukunft hat der Kläger keine Vertrauensdispositionen getroffen, die er nicht mehr oder nur noch unter unzumutbaren Anstrengungen und Kosten rückgängig machen könnte. Die Aufhebung der rechtswidrig gewordenen Statusentscheidung berührt insbesondere keine grundrechtlich geschützten Positionen des Klägers.

28

Insgesamt erschließt sich nicht, warum die Aufhebung der Schwerbehinderteneigenschaft den Kläger für die Zukunft unzumutbar belasten sollte, obwohl sein gesundheitlicher Zustand diese Feststellung schon seit langem in keiner Weise mehr rechtfertigt und er gleichwohl während der langen Untätigkeit des Beklagten von den an den Schwerbehindertenstatus geknüpften Vorteilen und Erleichterungen profitiert hat.

29

Das LSG hat daher das stattgebende Urteil des SG zu Recht aufgehoben und die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Aufhebung der Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft abgewiesen.

30

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Leistungen

1.
zur Assistenz zur Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung der Leistungsberechtigten (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 5),
2.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6) und
3.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1)
können mit Zustimmung der Leistungsberechtigten als pauschale Geldleistungen nach § 105 Absatz 3 erbracht werden. Die zuständigen Träger der Eingliederungshilfe regeln das Nähere zur Höhe und Ausgestaltung der pauschalen Geldleistungen sowie zur Leistungserbringung.

(2) Die Leistungen

1.
zur Assistenz (§ 113 Absatz 2 Nummer 2),
2.
zur Heilpädagogik (§ 113 Absatz 2 Nummer 3),
3.
zum Erwerb und Erhalt praktischer Fähigkeiten und Kenntnisse (§ 113 Absatz 2 Nummer 5),
4.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6),
5.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1) und
6.
zur Erreichbarkeit einer Ansprechperson unabhängig von einer konkreten Inanspruchnahme (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 6)
können an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden, soweit dies nach § 104 für die Leistungsberechtigten zumutbar ist und mit Leistungserbringern entsprechende Vereinbarungen bestehen. Maßgeblich sind die Ermittlungen und Feststellungen im Rahmen der Gesamtplanung nach Kapitel 7.

(3) Die Leistungen nach Absatz 2 sind auf Wunsch der Leistungsberechtigten gemeinsam zu erbringen, soweit die Teilhabeziele erreicht werden können.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Leistungen

1.
zur Assistenz zur Übernahme von Handlungen zur Alltagsbewältigung sowie Begleitung der Leistungsberechtigten (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 5),
2.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6) und
3.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1)
können mit Zustimmung der Leistungsberechtigten als pauschale Geldleistungen nach § 105 Absatz 3 erbracht werden. Die zuständigen Träger der Eingliederungshilfe regeln das Nähere zur Höhe und Ausgestaltung der pauschalen Geldleistungen sowie zur Leistungserbringung.

(2) Die Leistungen

1.
zur Assistenz (§ 113 Absatz 2 Nummer 2),
2.
zur Heilpädagogik (§ 113 Absatz 2 Nummer 3),
3.
zum Erwerb und Erhalt praktischer Fähigkeiten und Kenntnisse (§ 113 Absatz 2 Nummer 5),
4.
zur Förderung der Verständigung (§ 113 Absatz 2 Nummer 6),
5.
zur Beförderung im Rahmen der Leistungen zur Mobilität (§ 113 Absatz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 83 Absatz 1 Nummer 1) und
6.
zur Erreichbarkeit einer Ansprechperson unabhängig von einer konkreten Inanspruchnahme (§ 113 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit § 78 Absatz 6)
können an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden, soweit dies nach § 104 für die Leistungsberechtigten zumutbar ist und mit Leistungserbringern entsprechende Vereinbarungen bestehen. Maßgeblich sind die Ermittlungen und Feststellungen im Rahmen der Gesamtplanung nach Kapitel 7.

(3) Die Leistungen nach Absatz 2 sind auf Wunsch der Leistungsberechtigten gemeinsam zu erbringen, soweit die Teilhabeziele erreicht werden können.

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 wie folgt gefasst wird:

"Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29. April 2008 verurteilt, der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Mai 2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu gewähren. … "

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Revisionsverfahren.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei mit dem Zugangsfaktor 1,0 gewähren muss.

2

Die 1948 geborene Klägerin war an Brustkrebs erkrankt. Das Versorgungsamt H. stellte als Behinderung die "Entfernung einer Brustdrüsengeschwulst links" mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 fest (Bescheid vom 18.11.1994). Diesen Bescheid hob das Versorgungsamt nach Ablauf der Heilungsbewährung auf, veranschlagte den GdB ab dem 20.7.2000 auf weniger als 20 und führte aus, der Klägerin stehe ein Ausweis als Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft noch bis zum Ablauf des Schwerbehindertenschutzes Ende November 2000 zu (Bescheid vom 17.7.2000). Entsprechendes vermerkte das Versorgungsamt im Schwerbehindertenausweis der Klägerin. Mit Bescheid vom 18.2.2003 änderte das Versorgungsamt den Bescheid vom 17.7.2000 und stellte ab dem 19.11.2002 wieder einen GdB von 50 fest.

3

In der Rentenauskunft vom 31.3.2003 teilte die Beklagte mit, die Klägerin könne eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 mit Abschlägen und ab dem 1.5.2011 abschlagsfrei beanspruchen. Die Klägerin machte daraufhin nachwirkenden Vertrauensschutz geltend und legte Schreiben des Versorgungsamts H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes B. vom 16.9.2003 vor, wonach ihr der Status einer Schwerbehinderten bis zum 30.11.2000 zustehe.

4

Mit Bescheid vom 26.9.2003 und Widerspruchsbescheid vom 19.12.2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" ab, weil der Aufhebungsbescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000 vor dem Stichtag bindend geworden sei. Damit habe am 16.11.2000 keine Schwerbehinderteneigenschaft iS des § 236a Satz 5 SGB VI(in der Altfassung von Art 6 Nr 34 b SGB IX) vorgelegen. Bei der Schutzfrist des § 116 Abs 1 SGB IX, auf die sich die Klägerin berufe, handele es sich lediglich um eine Nachwirkungszeit aller Rechte und Pflichten, die sich aus dem SGB IX ergäben.

5

Während des anhängigen Klageverfahrens gewährte die Beklagte der Klägerin ab dem 1.5.2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wobei sie den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 verminderte (Rentenbescheid vom 29.4.2008). Diesen Rentenbescheid hat das SG Heilbronn in entsprechender Anwendung des § 96 SGG in das anhängige Klageverfahren einbezogen und die Klage abgewiesen(Urteil vom 25.3.2009).

6

Das LSG Baden-Württemberg hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Rentenbescheid vom 29.4.2008 zu ändern und der Klägerin Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.5.2008 unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu zahlen (Urteil vom 8.10.2010): Der Rentenbescheid vom 29.4.2008 sei gemäß § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er den ursprünglich angefochtenen und nunmehr erledigten (Alt-)Bescheid vom 26.9.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 in vollem Umfang ersetzt habe. Die Klägerin erfülle sämtliche Anspruchsvoraussetzungen der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Abs 4 SGB VI in der Neufassung (nF) des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 (BGBl I 554). Denn sie sei vor dem 17.11.1950 geboren sowie am 1.5.2008 schwerbehindert gewesen und habe im 2008 das 60. Lebensjahr vollendet sowie die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt. Darüber hinaus sei sie auch am 16.11.2000 schwerbehindert gewesen, weil sie an diesem Tag im Besitz eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises gewesen sei, der auch die Beklagte binde. Hierauf habe die Klägerin vertrauen dürfen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Bescheid des Versorgungsamtes H. vom 17.7.2000, der frühestens im August 2000 unanfechtbar geworden sei. Denn nach § 38 Abs 1 Halbs 2 Schwerbehindertengesetz(SchwbG 1986) idF vom 26.8.1986 (BGBl I 1421), der damals gegolten habe, ende der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter, wenn sich der Grad der Behinderung - wie hier - auf weniger als 50 verringere, erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides, hier also Ende November 2000. Dies habe das Versorgungsamt H. im Bescheid vom 17.7.2000 mit Bindungswirkung festgestellt. Bis zum Ablauf dieser dreimonatigen Schonfrist habe der Klägerin der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zugestanden. Denn der Wortlaut des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 beschränke den nachgehenden Schutz nicht nur auf die Rechte nach dem SchwbG, sondern spreche allgemein vom gesetzlichen Schutz. Insoweit unterscheide sich der Wortlaut dieser Vorschrift von ihrer Nachfolgebestimmung des § 116 Abs 1 SGB IX, der den Schutz des schwerbehinderten Menschen nach Herabsetzung des GdB auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen begrenze. Die Schonfrist solle den Betroffenen die Umstellung auf den neuen, schutzlosen Zustand erleichtern, was auch für die Möglichkeit eines Renteneintritts als Schwerbehinderter gelten müsse. Dabei sei belanglos, dass der BFH (Urteil vom 22.9.1989 - III R 167/86 - SGb 1991, 78 ff) entschieden habe, dass § 33b Einkommenssteuergesetz (EStG) keine Schutzvorschrift iS des § 38 SchwbG 1986 sei.

7

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung des § 236a Abs 4 SGB VI nF: Diese Vorschrift setze voraus, dass der Versicherte am 16.11.2000 gemäß § 2 Abs 2 SGB IX tatsächlich schwerbehindert gewesen sei und nicht lediglich- wie die Klägerin - vom (nachwirkenden) Schwerbehindertenschutz erfasst werde. Das LSG wende § 38 SchwbG 1986 systemwidrig an, weil § 236a Abs 4 SGB VI nF eine Rechtsgrundverweisung auf das SGB IX enthalte, das seinerseits die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Schwerbehinderung allein bestimme. Einschlägig sei deshalb ausschließlich § 116 Abs 1 SGB IX, der- ebenso wie früher § 38 Abs 1 SchwbG 1986- eine dreimonatige Nachwirkungszeit normiere. Indem der Gesetzgeber diese Vorschrift in den zweiten Teil des SGB IX aufgenommen habe, stelle er gesetzessystematisch klar, dass sich die Schutzfrist nur auf die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen und damit auf die §§ 68 ff SGB IX bezögen, nicht aber auf das SGB VI. Die Schutzfrist solle einen bereits bestehenden Status für eine Übergangszeit bewahren, nicht jedoch künftige Begünstigungen (Rentengewährung) trotz fehlender Schwerbehinderteneigenschaft ermöglichen. Im Übrigen bestehe - auch nach einer Literaturmeinung - kein Anspruch nach § 236a SGB VI, wenn der GdB bei Beginn der Altersrente bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgelegt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schutzfrist liege. Das Versorgungsamt H. habe schließlich auch nicht bescheidmäßig mit Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger festgestellt, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst Ende November 2000 ende. Vielmehr lasse sich der rechtskräftigen Entscheidung des Versorgungsamtes lediglich entnehmen, dass der für die Rentenversicherung entscheidende GdB am Stichtag des 16.11.2000 weniger als 20 betragen und somit keine Schwerbehinderung vorgelegen habe.

8

           

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Oktober 2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. März 2009 zurückzuweisen.

9

           

Die Klägerin, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Zu Unrecht nehme die Beklagte an, § 116 Abs 1 SGB IX sei anstelle von § 38 Abs 1 SchwbG 1986 einschlägig. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 4.7.1989 - 9 RVs 3/88 - BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57) enthalte § 38 SchwbG 1986 eine "Schonfrist" und unterscheide im Übrigen nicht zwischen der dem schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von weniger als 50 vermittelten Schonung durch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen Neufeststellungsbescheid mit einem GdB von weniger als 50 und der sich gemäß Abs 1 anschließenden Schonfrist. Nach dem Wortlaut des § 236a Abs 4 SGB VI sei es gleichgültig, weshalb der Versicherte "schwerbehindert" sei. Der Hinweis auf die Legaldefinition des § 2 Abs 2 SGB IX sage lediglich, dass der frühere Rentenzugang für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 50 gelte. Für Gleichgestellte gelte er nicht. § 236a Abs 4 SGB VI nF differenziere nicht danach, ob der schwerbehinderte Mensch noch einen GdB von 50 habe oder ob die Fortdauer der Auswirkungen eines GdB von 50 fingiert werde. Jedenfalls § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 sei zu entnehmen, dass sich der GdB von 50 im Falle des Eintritts der Rechtskraft eines Neufeststellungsbescheids "erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheids" reduziere.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

12

Zu Recht hat das LSG das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 neu festzustellen und der Klägerin ab dem 1.5.2008 einen entsprechend höheren Rentenmonatsbetrag zu zahlen. Soweit es den Rentenbescheid vom 29.4.2008 nicht selbst geändert, sondern die Beklagte hierzu lediglich "verurteilt" hat, war der Urteilsausspruch wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 138 Satz 1 SGG) zu korrigieren (zur Korrekturbefugnis des Rechtsmittelgerichts vgl BSGE 11, 146, 148; 46, 34, 40 = SozR 1500 § 138 Nr 3). Aus den Entscheidungsgründen geht eindeutig hervor, dass das LSG den angefochtenen Bescheid selbst beseitigen wollte. Da der Senat lediglich klarstellt, was das Berufungsgericht wollte, liegt keine Verböserung zu Lasten der Beklagten und Revisionsklägerin vor (sog Verbot der reformatio in peius).

13

Mit dem Rentenbescheid vom 29.4.2008 hat die Beklagte über Rentenart, -beginn, -dauer und -höhe jeweils durch Verwaltungsakt (iS des § 31 Satz 1 SGB X) entschieden. Die Klägerin hat mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Regelung 2 SGG)zuletzt noch den (wertfeststellenden) Verwaltungsakt über die Rentenhöhe angegriffen und mit der Leistungsklage die Verpflichtung der Beklagten zur Festsetzung eines höheren Rentenwerts unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 geltend gemacht sowie deren Verurteilung zur Zahlung eines höheren monatlichen Rentenbetrags begehrt. Diese sog unechte Leistungsklage hat die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG konsumiert(BSGE 96, 209, 210 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3 RdNr 11).

14

A. Diese Klagen sind zulässig. Das gilt auch für die Anfechtungsklage, obwohl vor Klageerhebung entgegen § 78 Abs 1 Satz 1 SGG weder Recht- noch Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes über die Rentenhöhe in einem Vorverfahren nachgeprüft worden sind. Denn das obligatorische Vorverfahren, dessen ordnungsgemäße Durchführung grundsätzlich Sachurteilsvoraussetzung ist (BSG SozR 3-1500 § 78 Nr 3 S 5 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 78 RdNr 2), war gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG iVm § 96 Abs 1 SGG ausnahmsweise entbehrlich. Nach § 96 Abs 1 SGG, der hier schon idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) gilt (vgl dazu BSG Beschluss vom 16.12.2009 - B 7 AL 146/09 B - Juris RdNr 8), wird ein nach Klageerhebung ergehender neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des (Klage-)Verfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

15

I. Ursprünglich hat die Klägerin den Bescheid vom 26.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 angefochten (§ 95 SGG). Darin hatte die Beklagte allerdings noch nicht über ein Recht auf Rente entschieden, sondern mit der Ablehnung einer "Anerkennung der Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000" (iS des § 236a Satz 5 Nr 1 SGB VI aF) lediglich ein Tatbestandselement der Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorab verneint: Diese Vorabentscheidung über einen isolierten Teil des Rentenanspruchs erfüllt sämtliche Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts (§ 31 Satz 1 SGB X), weil die Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts das Ergebnis einer normativen Bewertung, nämlich die Unterordnung von Einzelfallumständen unter gesetzliche Tatbestandsmerkmale, mit unmittelbarer Außenwirkung verbindlich festlegen wollte. Derartige Vorbescheide, mit denen einzelne mit einer Verwaltungsentscheidung verbundene Rechtsfragen vorab geklärt werden, sind grundsätzlich möglich (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 und BSG vom 17.6.2008 - B 8 AY 13/07 R - Juris RdNr 11). Für sie besteht gerade im Übergang vom Erwerbsleben zur Rente ein Bedürfnis, weil die Betroffenen frühzeitig disponieren und dazu wissen müssen, auf welche Rechtslage sie sich einzustellen haben (vgl BSG aaO und SozR 4100 § 75 Nr 6; BVerwGE 57, 158, 161). Deshalb normiert das Gesetz vorgezogene Regelungen teilweise selbst (vgl etwa § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI; § 147a Abs 6 Satz 2 SGB III). Sie sind ansonsten aber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis - letztlich als von der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des endgültigen Verwaltungsaktes umfasstes "weniger" - zulässig (BSGE 42, 178 = SozR 3850 § 51 Nr 3), soweit sich aus den einschlägigen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nichts anders ergibt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 11 f). Der Klägerin, die 2003 bereits zu den rentennahen Jahrgängen zählte, genügte in ihrer damaligen Situation keine unverbindliche Rentenauskunft (§ 109 Abs 4 Satz 2 SGB VI in der hier noch maßgeblichen Ursprungsfassung), weil diese - auch angesichts der gegenteiligen Auffassung des Versorgungsamtes H. vom 31.7.2003 und des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 16.9.2003 zum nachwirkenden Schwerbehindertenschutz - keine Rechtssicherheit hätte schaffen können. Andererseits enthielt § 109 SGB VI aF kein Vorabentscheidungsverbot, und es sind auch keine anderen gesetzlichen Bestimmungen ersichtlich, die eine Vorabentscheidung über die Vertrauensschutzregelung für Schwerbehinderte zum Stichtag am 16.11.2000 ausgeschlossen hätten.

16

II. Lag damit ursprünglich ein anfechtbarer Verwaltungsakt vor, so ist dieser durch den wertfeststellenden Verwaltungsakt im Rentenbescheid vom 29.4.2008, der sowohl nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 19.12.2003 als auch nach Klageerhebung ergangen ist, ersetzt worden. In Anlage 6 dieses Rentenbescheids hat die Beklagte den Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für 36 Kalendermonate von 1,0 um 0,108 (= 36 Monate x 0,003) auf 0,892 vermindert. Damit hat sie die vertrauensschutzregelnde Übergangsvorschrift des § 236a Abs 4 SGB VI nF nicht angewendet und der Klägerin zugleich den Vertrauensschutz für schwerbehinderte Menschen zum Stichtag am 16.11.2000 versagt. Hierdurch verlor die im Vorbescheid vom 26.9.2003 enthaltene Regelung gleichzeitig ihre präjudizielle Funktion und damit jegliche rechtliche Bedeutung; der vorabentscheidende Verwaltungsakt erledigte sich gemäß § 39 Abs 2 SGB X wegen Wegfalls des Regelungsobjekts "auf andere Weise"(vgl BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7). An seine Stelle trat während des anhängigen Klageverfahrens der wertfeststellende Verwaltungsakt im Rentenbescheid, der die Regelung im Vorbescheid vollständig ersetzte (§ 96 Abs 1 SGG). Dabei ist unerheblich, dass sich beide Verwaltungsakte auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen (§ 236a Satz 5 SGB VI aF einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits)stützen (BSG Beschluss vom 28.10.2009 - B 6 KA 56/08 B - Juris RdNr 13).

17

B. Die Klagen sind auch begründet. Der Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) ist rechnerisch das Produkt aus der Summe der EP und Zugangsfaktor (beide zusammen bilden die persönlichen EP), Rentenartfaktor und aktuellem Rentenwert. Die Klägerin hat den wertfeststellenden Verwaltungsakt nur insoweit angefochten, als die Beklagte den Zugangsfaktor wegen der angeblich vorzeitigen Inanspruchnahme (§ 236a Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 1 SGB VI nF) der Rente um 36 Monate von 1,0 um 0,108 auf 0,892 gekürzt (§ 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI) und damit anstelle von 38,5085 persönlichen EP, die sich bei einem Zugangsfaktor von 1,0 ergeben hätten, nur 34,3496 persönliche EP in die Rentenformel eingestellt hat. Diese Wertfeststellung ist rechtswidrig.

18
Denn die Klägerin hat die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß § 236a Abs 4 SGB VI in der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen neuen Fassung durch Art 1 Nr 58 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres und damit nicht vorzeitig in Anspruch genommen, sodass die Voraussetzungen einer Kürzung des Zugangsfaktors nach § 77 Abs 2 Nr 2a SGB VI nicht vorlagen. Gemäß § 236a Abs 4 SGB VI nF, der hier wegen des Rentenbeginns am 1.5.2008 anwendbar ist, haben Versicherte, die vor dem 17.11.1950 geboren sind und am 16.11.2000 schwerbehindert (§ 2 Abs 2 SGB IX), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht waren, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.    

das 60. Lebensjahr vollendet haben,

2.    

bei Beginn der Altersrente
a) als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs 2 SGB IX) anerkannt oder
b) berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind

        

und     

3.    

die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

19

Das LSG hat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Klägerin vor dem 17.11.1950 (am 1948) geboren ist, im 2008 und damit vor Rentenbeginn am 1.5.2008 das 60. Lebensjahr vollendet hatte, bei Rentenbeginn als schwerbehinderter Mensch anerkannt war (Bescheid des Versorgungsamts H. vom 18.2.2003) und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hatte.

20

Sie war am Stichtag 16.11.2000 auch schwerbehindert. § 236a SGB VI ist eine übergangsrechtliche Vertrauensschutzregelung für einen besonders schutzwürdigen Kreis von Schwerbehinderten, der zum Zeitpunkt der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag darauf vertrauen konnte, aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Einschränkungen die Altersrente für Schwerbehinderte mit dem 60. Lebensjahr beziehen zu können (vgl etwa O´Sullivan in jurisPK-SGB VI, Stand 6.10.2008, § 236a SGB VI RdNr 43). In dieser Funktion stellt die Norm umfassend auf den durch den Status als Schwerbehinderter vermittelten Schutz und nicht etwa nur begrenzt auf bestimmte Schwerbehinderte als Inhaber dieses Schutzes ab. Zum begünstigten Personenkreis gehören damit auch diejenigen, die - wie die Klägerin - am Stichtag 16.11.2000 aufgrund einer besonderen gesetzlichen Anordnung als Schwerbehinderte anzusehen sind.

21

Diesem Ergebnis steht auch der Wortlaut von § 236a SGB VI nicht entgegen, obwohl der Klammer-Hinweis auf "§ 2 Abs 2 Neuntes Buch" den Anschein erwecken könnte, die Übergangsregelung sei nur auf diejenigen Schwerbehinderten beschränkt, die am Stichtag auch die in dieser Norm genannten tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen. Insofern ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 2 Abs 2 SGB IX erst zum 1.7.2001 in Kraft getreten ist und damit am Stichtag 16.11.2000 noch nicht anwendbar war. Da die Vorschrift jedoch inhaltlich dem bis zum 30.6.2001 geltenden Recht entspricht (vgl BSG Beschluss vom 8.8.2001 - B 9 SB 5/01 B - Juris und BSGE 106, 101 ff = SozR 4-3250 § 2 Nr 2), handelt es sich insofern für die Zeit ab dem 1.7.2001 um eine bloße Textänderung ohne Änderung des hierdurch verkörperten Rechts und entspricht damit umgekehrt der Verweis in § 236a Abs 4 SGB VI auf das aktuell in § 2 Abs 2 SGB IX verkörperte Recht der Sache nach einem Hinweis auf den am Stichtag 16.11.2000 tatsächlich geltenden § 1 SchwbG; auf diese Norm war in der bis zum 30.6.2001 geltenden Fassung von § 236a SGB VI auch ausdrücklich verwiesen worden.

22

Das LSG durfte offen lassen, ob die Klägerin am 16.11.2000 die tatbestandlichen Voraussetzungen des damit einschlägigen § 1 SchwbG erfüllte, dh ob sie noch oder wieder über einen GdB von 50 verfügte und (rechtmäßig) im Inland wohnte, sich dort aufhielt oder beschäftigt war. Vom im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Schutz als schwerbehinderte Menschen sind nämlich auch diejenigen erfasst, die am Stichtag nach der allgemeinen Regelung in § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 dem gesetzlichen Schutz als Schwerbehinderte unterfallen und die deshalb ihre Schwerbehinderteneigenschaft zu diesem Zeitpunkt noch mit einem gültigen Schwerbehindertenausweis nachweisen können. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist am 16.11.2000 noch diese Norm, die erst am 30.6.2001 außer Kraft getreten ist (Art 63 iVm Art 68 Abs 1 SGB IX), anwendbar, während der erst am 1.7.2001 ohne Rückwirkung in Kraft getretene (Art 68 Abs 1 SGB IX) § 116 SGB IX insofern nicht in Betracht kommt. Das Schwerbehindertenrecht sieht auch diesen Personenkreis noch vorübergehend (fiktiv) als schwerbehinderte Menschen an.

23

§ 38 Abs 1 Halbs 1 SchwbG 1986 setzt zunächst als unausgesprochene Grundregel voraus, dass der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter besteht, solange - unabhängig von deren Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG für die Schwerbehinderteneigenschaft vorliegen. Umgekehrt erlischt dieser Schutz nach der aaO ausdrücklich getroffenen Regelung, wenn - wiederum unabhängig von einer entsprechenden Feststellung - die Voraussetzungen nach § 1 SchwbG entfallen. Wird schließlich die Verringerung des GdB auf weniger als 50 durch Bescheid festgestellt, erlischt nach § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erst am Ende des dritten Kalendermonats nach Eintritt der Unanfechtbarkeit dieses Bescheides. Da auch im letztgenannten Fall trotz der tatbestandsmäßig vorausgesetzten bestandskräftigen Feststellung einer Verringerung des GdB auf weniger als 50 für die Dauer der dreimonatigen Schonfrist ausdrücklich ein zeitlich begrenzt fortbestehender "gesetzlicher Schutz" als "Schwerbehinderter" angeordnet wird, setzt das Gesetz auch dort die Eigenschaft als Schwerbehinderter weiter voraus und fingiert damit den Status, der sich sonst bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG ergibt. Die Gesamtheit der so unmittelbar aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 1 SchwbG oder fiktiv auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 als Schwerbehinderte anzusehenden Personen genießt damit den durch diesen Status vermittelten Schutz und ist folglich auch von der Schutznorm des § 236a Abs 4 SGB VI erfasst. Soweit diese auf § 1 SchwbG ("§ 2 Abs 2 des Neunten Buchs") verweist, beschränkt sich diese Inbezugnahme daher auf die Rechtsfolge dieser Norm und die nur exemplarische Benennung ihres Tatbestandes als eines von mehreren Wegen, die zum Status als Schwerbehinderter führen können. Die Materialien zu § 236a Abs 4 SGB VI und seinen Vorgängernormen, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Sie enthalten keinen Hinweis darauf, dass die vorliegende Konstellation von den Entwurfsverfassern oder im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bedacht worden wäre. Erkennen lässt sich dort lediglich, dass mit der gewählten Formulierung dem - im Laufe des Verfahrens auch erörterten - Ausschluss der den Schwerbehinderten Gleichgestellten (§ 2 SchwbG) mit einem GdB von wenigstens 30, aber weniger als 50, Rechnung getragen werden sollte.

24

Auf der Grundlage von § 38 Abs 1 Halbs 2 SchwbG 1986 hat die Versorgungsverwaltung vorliegend durch den Bescheid vom 17.7.2000 neben der Aufhebung/Änderung der Verwaltungsakte aus dem Bescheid vom 18.11.1994 (Feststellung des GdB von 50 und Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft) als weiteren Verwaltungsakt verlautbart, dass der gesetzliche Schutz der Klägerin als Schwerbehinderte erst mit Ende November 2000 - und damit erst nach dem 16.11.2000 - erlischt. Diese die Klägerin begünstigende Regelung ist zusammen mit den im Bescheid vom 17.7.2000 getroffenen anderen Regelungen wirksam und nach den Feststellungen des LSG auch bestandskräftig geworden. Es handelt sich dabei nach der Rechtsprechung des BSG um einen Verwaltungsakt, der konkret für den jeweiligen Einzelfall das Ende der Schwerbehinderteneigenschaft regelt und der damit zahlreiche Rechtsverhältnisse - unter anderem gegenüber Sozialversicherungsträgern - beeinflusst (BSGE 65, 185 = SozR 1300 § 48 Nr 57).

25

Das einheitliche Schutzkonzept des Schwerbehindertenrechts, an das § 236a Abs 4 SGB VI anknüpft, wird durch die Regelungen über den Schwerbehindertenausweis im hier noch anzuwendenden § 4 Abs 5 SchwbG 1986 bestätigt. Nach Abs 2 aaO dient der Ausweis dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Nachteilsausgleichen, die Schwerbehinderten nach dem SchwbG oder nach anderen Vorschriften zustehen. Mit dem Hinweis auf andere Vorschriften außerhalb des SchwbG bindet der Gesetzgeber auch Dritte an den Inhalt des Schwerbehindertenausweises, der damit zur öffentlichen Urkunde (§ 415 ZPO) wird, die eine Behörde (das Versorgungsamt) innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse (Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.7.1991, BGBl I 1739) ausstellt und eine behördliche Erklärung iS von § 417 ZPO enthält. Als öffentliche Urkunde erbringt der Schwerbehindertenausweis den vollen Beweis seines Inhalts gegenüber jedem Dritten (vgl Ausschussbericht, BT-Drucks 7/4960 S 5 f; BSGE 60, 11, 16 = BSG SozR 3870 § 3 Nr 21; BSGE 60, 284, 285 = SozR 3870 § 3 Nr 23; SozR 3-3870 § 4 Nr 4 S 20; BVerwGE 66, 315, 320; Dau in Dau/Düwell/Joussen, LPK-SGB IX, 3. Aufl 2011, § 69 RdNr 39; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl 2009, § 69 RdNr 51; Oppermann in Hauck/Noftz, SGB IX, K § 69 RdNrn 36, 38, Stand IV/11; Schorn in Müller-Wenner/Schorn, SGB IX Teil 2, 2003, § 69 RdNr 113; Stähler/Bieritz-Harder in Lachwitz/Schellhorn/Welti, HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 69 RdNr 20; Voelzke, SGb 1991, 80) und beweist, dass das Versorgungsamt die im Ausweis gekennzeichneten Entscheidungen getroffen hat. Diese (drittwirkende) Beweisfunktion des Schwerbehindertenausweises ist schon deshalb notwendig, weil die Versorgungsverwaltung oftmals nicht selbst über soziale Leistungen und Vergünstigungen entscheidet. Stattdessen stellt sie nach einheitlichen Maßstäben für andere Behörden (zB Sozialversicherungsträger, Finanzämter, Hauptfürsorgestelle) und sonstige Dritte (zB Arbeitgeber, öffentliche Einrichtungen, GEZ) Beginn, Dauer und Ende der Schwerbehinderteneigenschaft, des GdB und weiterer gesundheitlicher Merkmale fest, die außerhalb der originär versorgungsbehördlichen Zuständigkeit verschiedenartige Berechtigungen auslösen (BSGE 52, 168, 174 = SozR 3870 § 3 Nr 13; Voelzke, SGb 1991, 80, 81). Die Bindungswirkung und Beweisfunktion erstreckt sich auf die gesamte Gültigkeitsdauer des Schwerbehindertenausweises; er ist erst einzuziehen, wenn eine Neufeststellung unanfechtbar geworden und der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erloschen ist (§ 4 Abs 5 Satz 4 SchwbG 1986). Dies belegt, dass das Schwerbehindertenrecht auch den Personenkreis, der während der Schonfrist noch von der nachwirkenden Schutzwirkung erfasst wird, weiterhin unverändert als schwerbehinderte Menschen ansieht. Während der nachwirkenden dreimonatigen Schutzfrist des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 müssen Behörden deshalb die Eintragungen im Schwerbehindertenausweis ungeprüft zugrunde legen und davon abweichende Feststellungen in Änderungsbescheiden ignorieren. Die Beklagte ist daher an die Festschreibung des Versorgungsamts H. im Schwerbehindertenausweis der Klägerin gebunden, dass deren Schwerbehindertenschutz erst "Ende Nov. 2000" abläuft (§ 4 Abs 5 Satz 2 SchwbG 1986).

26

Dass sich der auf diese Weise vermittelte gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch auf die abschlagsfreie Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Satz 5 SGB VI aF bzw § 236a Abs 4 SGB VI nF erstreckt, ergibt sich, wenn man den Begriff des "gesetzlichen Schutzes Schwerbehinderter" nach seinem Wortsinn (a), der Entstehungsgeschichte (b), seiner systematischen Stellung (c) sowie nach Sinn und Zweck (d) auslegt.

27

a) Der Bedeutungsumfang des Ausdrucks "der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter" ist weit und enthält keine Einschränkungen seines Schutzbereichs. Er erfasst damit nicht nur Schutzvorschriften des SchwbG, sondern auch alle anderen (materiellen) Gesetze, die Schwerbehinderte begünstigen, indem sie ihnen Rechte, Nachteilsausgleiche oder sonstige Leistungen gewähren oder einräumen. Zu diesen (Schutz-)Gesetzen zählt damit auch § 236a Abs 4 SGB VI nF, der es gerade schwerbehinderten Menschen ermöglicht, eine Altersrente vorzeitig und abschlagsfrei in Anspruch zu nehmen.

28

b) Die historische Interpretation bestätigt das weite Wortverständnis. Entwicklungshistorisch ist der sachliche Schutzbereich der Nachwirkung bis zum Inkrafttreten des SGB IX immer weiter ausgedehnt worden und erfasst auch nach überwiegender Meinung in der rechtswissenschaftlichen Literatur die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§ 236a SGB VI nF).

29
  Die nachwirkende Schutzfrist geht auf das "Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter" (SchwbeschG 1920) zurück, das in seiner Ursprungsfassung vom 6.4.1920 (RGBl 458) den Fortfall des gesetzlichen Schutzes Schwerbeschädigter allerdings (noch) nicht speziell regelte. Wer nicht mehr schwerbeschädigt war, weil die MdE unter 50 vH sank, verlor danach den Schutz des Gesetzes sofort (Weigert-Wölz, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1921, Anm 8 zu § 3; Schimanski in GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 4). Allerdings führte der Gesetzgeber schon mit der Novellierung des SchwbeschG vom 23.12.1922 (RGBl I 972) in der Fassung vom 12.1.1923 (RGBl I 57) mit § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 einen vorübergehenden Schutz für Personen ein, die nicht mehr schwerbeschädigt waren. Schwerbeschädigten, die bei der Neufestsetzung ihrer Rente die Schwerbeschädigteneigenschaft einbüßten, sollte der Schutz des SchwbeschG noch für eine gewisse Zeit erhalten bleiben, um zu verhindern, dass sie von ihrem Arbeitgeber sofort gekündigt wurden (Schneider/Günther, Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 1928, Vorbem b) zu § 20). Ihnen sollte der Übergang in ein von den Vorschriften des SchwbeschG nicht mehr geschütztes Arbeitsverhältnis erleichtert werden (Richter, Das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter, 2. Aufl 1931, Vorbem zu § 20). § 20 Abs 2 SchwbeschG 1923 bestimmte:

 "Schwerbeschädigte (§ 3), deren Rente bei erneuter Festsetzung auf weniger als 50 vom Hundert herabgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr von der Rechtskraft der neuen Entscheidung den Schutz dieses Gesetzes."       
30
   Hieran knüpfte § 24 Satz 1 des Schwerbeschädigtengesetzes (SchwbeschG 1953) vom 16.6.1953 (BGBl I 389) an und stellte in Satz 2 klar, dass die Betroffenen während der Schutzfrist auf die Pflichtquote des Arbeitgebers anzurechnen waren. Satz 1 der Vorschrift lautete:     

"Schwerbeschädigte, bei denen der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert festgesetzt wird, genießen noch für ein Jahr nach Eintritt der Rechtskraft des Festsetzungsbescheides den Schutz des Gesetzes."

31
§ 35 Abs 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG 1974) vom 29.4.1974 (BGBl I 1006) erweiterte den Schutzbereich über die Grenzen "dieses" bzw "des Gesetzes" hinaus auf jedes Schutzgesetz und verlängerte die Nachwirkungsfrist bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides folgte, der die MdE verringert hatte. Er lautete:    
        

"Der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erlischt, wenn sich der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert verringert, dies jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides folgt."

32

Zusammenfassend ergibt sich aus der Vorgeschichte, dass der Nachwirkungsschutz ursprünglich auf die Vorteile beschränkt war, die das SchwbeschG 1923 vorsah ("Schutz dieses Gesetzes"), im weiteren Verlauf durch eine offenere Formulierung auch auf andere Gesetze ("Schutz des Gesetzes") erstreckt (Wechsel vom Demonstrativpronomen "dieses" zum bestimmten Artikel "des") und schließlich ohne Bezug auf bestimmten Rechtsquellen einschränkungslos auf jede gesetzliche Schutznorm erweitert wurde ("der gesetzliche Schutz"). Mit dem SchwbG 1986 vereinheitlichte und verkürzte der Gesetzgeber den zeitlichen Schutzbereich (dh die Schonfrist) der Nachwirkungsnorm zum 1.8.1986 auf drei Kalendermonate, ohne jedoch ihren sachlichen Schutzbereich einzuengen.

33

Auch die Literatur bestimmte die Reichweite der Nachwirkung des § 38 Abs 1 Satz 1 SchwbG 1986 und seiner Vorgängerregelungen weit. Im Rahmen von § 24 SchwbeschG 1953 und § 25 SchwbeschG 1961 in der Fassung vom 14.8.1961 (BGBl I 1233) bestand weitgehend Einigkeit, dass der Schwerbeschädigte während der Nachwirkungsfrist noch in vollen Umfang als solcher zu behandeln sei (Becker, SchwbeschG, 2. Aufl 1962, § 25 RdNr 6; Gröninger, SchwbeschG, Stand Juni 1962, § 25<= § 24 aF> Anm 4; Monjau, SchwbeschG, 1954, Anm zu § 24; Rohwer-Kahlmann/ Schroeder-Prinzten, SchwbeschG, Kommentar, Stand 1957, § 24 RdNr 11; Sellmann, Kommentar zum SchwbeschG, 1954, § 24 RdNr 6; Wilrodt-Gotzen, SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 7; Zigan, Kommentar zum SchwbeschG, 1953, § 24 RdNr 4; aA nur Rewolle, SchwbeschG, 6. Aufl 1973, Anm V 2 zu § 25). Nach Ritzer (Kommentar zum SchwbG, 1974, § 35 Anm 1), Wilrodt/Neumann (Kommentar zum SchwbG, 4. Aufl 1976, § 35 RdNr 2) und Neubert/Becke (SchwbG, 1974, § 35 Anm 6) bezweckte § 35 SchwbG 1974, dass der Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Schonfrist im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG bleiben solle. Zu § 38 SchwbG 1986 präzisierte Pahlen(in Neuman/Pahlen, SchwbG, 9. Aufl 1999, § 38 RdNr 13), dass der Schwerbehinderte im Genuss aller Rechte aus dem SchwbG und sonstiger Schutzbestimmungen bleibe. Schimanski (GK-SchwbG, 2. Aufl 1999, § 38 RdNr 80)legte ausdrücklich dar, dass Schwerbehinderte bis zum Ablauf der Nachwirkungszeit alle Rechte und Pflichten besäßen, die ihnen die Gesetze gäben (ähnlich auch Voelzke, SGb 1991, 80 f). Hierzu zähle auch der Anspruch auf flexibles Altersruhegeld ab Vollendung des 60. Lebensjahres. Gouder (in Wiegand, Kommentar zum SchwbG, Stand Januar 2001, § 38 RdNr 16) führte aus, den Betroffenen stehe bis zum Ablauf der Schonfrist der komplette gesetzliche Schutz Schwerbehinderter auch im Hinblick auf die Rentenversicherung zu. Nur Cramer (SchwbG, 5. Aufl 1998, § 38 RdNr 2a) verneinte einen Anspruch nach § 37 SGB VI, wenn der GdB - bezogen auf den Rentenbeginn(hier: 1.5.2008) - bereits unanfechtbar auf weniger als 50 festgestellt sei, auch wenn dieser Zeitpunkt noch innerhalb der dreimonatigen Schonfrist liege (ähnlich Weber, SchwbG, Stand Mai 2000, § 38 Anm 3; so jetzt auch zu § 116 SGB IX Kossens, aaO, § 116 RdNr 5). Ob sich diese Ausführungen auch auf den hier maßgeblichen Stichtag (16.11.2000) beziehen, lassen Cramer (aaO) und Weber (aaO) allerdings offen. Die rentenversicherungsrechtliche Literatur beschäftigt sich - soweit ersichtlich - nicht mit dem Nachwirkungsschutz des § 38 Abs 1 SchwbG 1986 und seinen Folgen für die Vertrauensschutzregelungen des § 236a SGB VI.

34

c) Die logisch-systematische Interpretation spricht ebenfalls für eine große Reichweite der Nachwirkung. Denn § 38 SchwbG 1986 sprach allgemein und gesetzesübergreifend vom "gesetzlichen Schutz", während § 39 SchwbG 1986 einschränkend und gesetzesimmanent auf "die Vorteile dieses Gesetzes" rekurrierte. Unterscheidet der Gesetzgeber in dieser Weise in aufeinanderfolgenden Bestimmungen zwischen verschiedenen Schutzbereichen, so muss man zum "gesetzlichen Schutz" auch die Rechte, Nachteilsausgleiche und Begünstigungen zählen, die schwerbehinderten Menschen nach Vorschriften außerhalb des SchwbG zustehen (vgl dazu auch Cramer, aaO). Dabei bestimmt sich das Zusammenspiel der beiden ranggleichen Bundesnormen (§ 38 SchwbG 1986 einerseits und § 236a Abs 4 SGB VI nF andererseits) nach dem Leitgedanken von der Einheit der Rechtsordnung: § 236a Abs 4 SGB VI nF ist eine Schutznorm zugunsten Schwerbehinderter; wer (noch) schwerbehindert ist, regelt ua § 38 SchwbG 1986.

35

d) Wie sich bereits aus der Entstehungsgeschichte ergibt, bestand der Zweck der Schonfrist ursprünglich darin, ehemals Schwerbeschädigten bzw Schwerbehinderten einen nachwirkenden Kündigungsschutz zu verschaffen und ihnen in der Umstellungsphase den Übergang in ein Arbeitsverhältnis zu erleichtern, das vom SchwbeschG bzw SchwbG nicht mehr geschützt war (Gouder, aaO, § 38 RdNr 7). In der Folgezeit blieb dieser Schutz jedoch nicht auf das Arbeits- und Berufsleben beschränkt (vgl dazu Franz, Schwerbehindertengesetz mit Praxiskommentar, 4. Aufl 1995, § 38 RdNr 350), sondern wurde auf eine nahezu unübersehbare Vielzahl weiterer Vorteile und Vergünstigungen ausgedehnt, wenngleich der besondere Kündigungsschutz des Schwerbehindertenrechts weiterhin zu den zentralen und wichtigsten Anwendungsfeldern der Schonfrist zählte. Der Gedanke, Schwerbehinderten die Umstellung auf eine neue Erwerbsquelle zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erleichtern, trägt aber auch und gerade im Übergang vom Arbeitsleben in die Rente. Denn hier wie da kann der Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft großen Einfluss auf die zukünftige Lebensplanung haben (Aufhebungsvertrag, Kündigung, Arbeitslosigkeit, Altersteilzeitvereinbarung) und umfangreiche Vermögensdispositionen im Hinblick auf die Alterssicherung oder eine längere Erwerbsphase erfordern. Zudem besteht beim Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft auch heute noch ein erhöhtes Kündigungsrisiko mit der Gefahr anschließender Arbeitslosigkeit, die durch die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen gerade reduziert werden sollte (vgl dazu Künzler in Eichenhofer/Rische/Schmähl, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung SGB VI, 2011, Kap 12 RdNr 33). In diesem Kontext erscheint die Nachwirkung der Schwerbehinderteneigenschaft besonders dringlich, so dass auch unter teleologischen Gesichtspunkten die weite Auslegung vorzugswürdig ist.

36

Dass die Klägerin unter diesen Umständen aufgrund des befristeten Schutzes als Schwerbehinderte einen dauerhaften rentenrechtlichen Vorteil erhält, ist Resultat der vom Gesetzgeber verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl zuletzt etwa BVerfG Kammerbeschluss vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - ZFSH/SGB 2011, 337 ff) und in sachgerechter Anknüpfung an den Tag der dritten Lesung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Bundestag gewählten Stichtagsregelung. Diese bringt - ohne dass sich hieraus Bedenken gegen ihre Verfassungsmäßigkeit ergäben - durch ihr punktuelles Vorgehen "im Guten wie im Bösen" stets unvermeidbar Unwägbarkeiten mit sich, die bei einer zeitlichen Längsschnittbetrachtung ggf vermieden werden könnten. So bliebe etwa auch unberücksichtigt, wenn ein tatsächlich einen GdB von 50 rechtfertigender körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand unmittelbar vor dem Stichtag entfiele oder bereits am Stichtag feststünde, dass er demnächst mit der Folge eines GdB unter 50 entfallen werde. Für den Umstand, dass der Stichtag in die von vorneherein begrenzte Schonfrist fällt oder nicht, gilt nichts anderes.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 für einen vor seinem Feststellungsantrag liegenden Zeitraum hat.

2

Der am 26.8.1945 geborene Kläger ist Arzt für Biochemie. Auf Veranlassung seiner behandelnden Ärztin wurde er am 4.4.2002 ins Krankenhaus aufgenommen. Dort wurde ein mindestens 10 x 10 cm großer gastrointestinaler Stromatumor (GIST) oberhalb des Blasendaches diagnostiziert und am 17.4.2002 operativ entfernt. In der Zeit danach wurden im Rahmen von Kontrolluntersuchungen Metastasen und Rezidive festgestellt, die zu weiteren operativen Eingriffen führten. Seit dem 1.1.2007 bezieht der Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Abschlägen.

3

Im Dezember 2006 beantragte der Kläger beim beklagten Land die Feststellung eines GdB ab November 2000. Nach entsprechenden medizinischen Ermittlungen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 26.3.2007 wegen einer Harnblasenerkrankung im Zustand der Heilungsbewährung einen GdB von 80 seit dem 1.4.2002 fest. Dem Widerspruch des Klägers half der Beklagte teilweise ab und stellte fest, dass der GdB nunmehr wegen einer Dünndarmerkrankung, bei der von einer Heilungsbewährung nicht mehr auszugehen sei, 100 betrage. Den auf Feststellung eines GdB für die Zeit vor dem 1.4.2002 gerichteten Widerspruch wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.8.2007).

4

Das vom Kläger daraufhin angerufene Sozialgericht Berlin (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19.11.2008). Bei der Feststellung des GdB handele es sich um eine Statusentscheidung, die generell nur in die Zukunft wirke. § 6 Abs 1 Satz 1 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) ordne eine rückwirkende Feststellung für die Zeit ab Antragstellung an. Eine weitergehende Rückwirkung sei nach Maßgabe des § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV auf offenkundige Fälle zu beschränken. Ein derartiger Fall liege hier erst ab April 2002 vor, weil die bösartige Tumorerkrankung erstmals in diesem Monat objektiv beweisbar diagnostiziert worden sei. Für die Zeit davor fehle es an aussagekräftigen medizinischen Unterlagen, so dass die vom Kläger behauptete Tatsache, er sei bereits im Mai 2000 wegen Teerstühlen und Schwächeanfällen schwerbehindert gewesen, nicht als offenkundig gelten könne.

5

           

Im Rahmen seiner Berufung hat der Kläger vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19.11.2008 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 26.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2007 zu verpflichten, bei ihm einen GdB von 100, hilfsweise 50, ab dem 1.5.2000 festzustellen,
hilfsweise
1. ihn als Arzt (Facharzt für Biochemie) und sachverständige Partei dazu zu vernehmen, dass er bereits seit Mai 2000 unter Teerstühlen, starken Symptomen einer Anämie und Kraftlosigkeit litt,
2. ein pathologisches Sachverständigengutachten durch Prof. Dr. R. B., Institut für Pathologie der Universität B., darüber einzuholen, dass sich sein Gesundheitszustand und seine Funktionseinschränkungen im Jahr 2002 nicht von dem Gesundheitszustand und den Funktionseinschränkungen im Mai 2000 aufgrund der Tumorart, seines Wachstums und der Begleitsymptome signifikant aus ärztlicher Sicht unterschied, so dass ein GdB von 100, mindestens jedoch 50, bereits seit Mai 2000, hilfsweise seit 1.11.2000 offenkundig bestand.

6

Das LSG hat unter Zulassung der Revision durch Urteil vom 19.1.2010 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es nach Darlegung der allgemeinen Grundlagen für die Feststellung des GdB (§ 69 SGB IX) ausgeführt: Es handele sich bei der Feststellung des GdB um eine Statusentscheidung, die prinzipiell in die Zukunft wirke und nach § 6 Abs 1 Satz 1 SchwbAwV lediglich deshalb auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückzubeziehen sei, um den schwerbehinderten Menschen für die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar zu belasten. Für eine weitergehende Rückwirkung sei nach Maßgabe des § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV nur dann Raum, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse für eine frühere Statusentscheidung glaubhaft machen könne. Eine solche Rückwirkung müsse jedoch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) überdies auf offenkundige Fälle beschränkt werden, um den Sinn und Zweck einer Statusentscheidung nicht zu konterkarieren. Offenkundigkeit sei hierbei anzunehmen, wenn die für die Feststellung erforderlichen Voraussetzungen aus der Sicht eines unbefangenen, sachkundigen Beobachters nach Prüfung der objektiv gegebenen Befundlage ohne Weiteres deutlich zu Tage träten.

7

Zwar habe der Kläger ein besonderes Interesse an einer früheren Feststellung des GdB insoweit glaubhaft gemacht, als ihm nach § 236a SGB VI eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen zustehen würde, wenn seine Schwerbehinderteneigenschaft bereits zum 16.11.2000 festgestellt würde. Es fehle jedoch an einem offenkundigen Fall, weil medizinische Befunde, aus denen sich die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Feststellung deutlich entnehmen ließen, für die Zeit vor April 2002 weder vorlägen noch ermittelbar seien. Letzteres ergäbe sich aus den Angaben des Klägers selbst sowie vor allem aus den Attesten der behandelnden Internistinnen Dr. P. und Dr. L. vom 25.4.2007. Danach seien hier entweder nur ganz pauschale Aussagen darüber möglich, dass der Kläger bereits ab Mai 2000 unter vereinzelt aufgetretenen Teerstühlen sowie unter starken Symptomen einer Anämie und unter Kraftlosigkeit gelitten habe, oder es könnten nur Rückschlüsse aus Befunden aus der Zeit ab April 2002 gezogen werden, was der Annahme eines offenkundigen Falles entgegenstehe.

8

Vor diesem Hintergrund müsse der Senat nicht in weitere Ermittlungen eintreten. Insbesondere müsse er den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nicht folgen, weil sie entweder nur vage Tatsachenbehauptungen zum Inhalt hätten oder auf die Einholung eines "Rückschlussgutachtens" zielten, auf das es bei der Prüfung der Frage, ob ein offenkundiger Fall gegeben sei, gerade nicht ankommen könne.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

10

Materielles Recht sei verletzt, weil der Status der Schwerbehinderteneigenschaft nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen beginne (BSGE 89, 79), und zwar ohne Beschränkung auf offensichtliche Fälle. Eine abweichende Entscheidung des BSG liege für Erstfeststellungen nicht vor. Das vom LSG herangezogene Urteil des BSG vom 29.5.1991 betreffe allein Überprüfungsanträge nach § 44 Abs 2 SGB X, bei denen es im Rahmen des Ermessens auf die "Offensichtlichkeit" ankomme. Demnach sei das rückwirkende Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft, wie im Sozialrecht generell üblich, mit sämtlichen Erkenntnismitteln zu erforschen. Eine Beschränkung auf Offensichtlichkeitsfälle oder kaum bestimmte "Ausnahmefälle" finde nicht statt.

11

Das angefochtene Urteil sei auch verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das LSG habe sein Recht auf rechtliches Gehör nach § 62 SGG verletzt, weil es seinen - des Klägers - Vortrag zum Schweregrad des Tumors und dessen Bewertung mit einem GdB von 100, hilfsweise 50, ab Mai 2000 unter Hinweis auf die fehlende Offenkundigkeit der Befunde übergangen habe. Zudem habe das LSG auch seine Amtsermittlungspflicht verletzt, weil es den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen zu Unrecht nicht gefolgt sei. Auf diesen Verfahrensfehlern beruhe das angefochtene Urteil.

12

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.1.2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 19.11.2008 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 26.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.8.2007 für ihn einen GdB von 100, hilfsweise von 50, ab 1.5.2000, hilfsweise ab 1.11.2000, festzustellen.

13

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Er schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Zwar beziehe sich die vom LSG zutreffend angewandte Entscheidung des BSG vom 29.5.1991 auf die Überprüfung bereits bestandskräftiger Bescheide iS des § 44 SGB X. Eine Unterscheidung für die rechtliche Bewertung bei den Voraussetzungen für die rückwirkende Feststellung im Schwerbehindertenrecht sei hingegen hinsichtlich der Erstfeststellungen nicht erforderlich. Es komme lediglich auf die Bewertung der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung als solche an. Diese sei und bleibe eine Statusentscheidung mit den bekannten Ausnahmen für die rückwirkende Feststellung nach der SchwbAwV. Der Kläger trage zwar vor, dass es dem Versorgungsträger und den Sozialgerichten zumutbar sei, durch Einholung von Befunden, Auskünften und ggf von Sachverständigengutachten den objektiven Eintrittspunkt der Schwerbehinderung von Amts wegen zu ermitteln. Dieser Rechtsgedanke sei indes nicht auf die rückwirkende Feststellung zu übertragen, wie bereits das BSG festgestellt habe. Hier gelte die Einschränkung der "Offenkundigkeit". Dieser Begriff lasse schon vom Wortsinn her eine aufwendige Ermittlung nicht zu.

15

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

17

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB mit 100, hilfsweise von wenigstens 50, schon ab Mai 2000. Diesen Anspruch verfolgt der Kläger mit seiner zulässigen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG). Entgegen der Auffassung des LSG ist der Anspruch des Klägers auf rückwirkende GdB-Feststellung nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Für die Entscheidung, ob der Anspruch begründet ist, bedarf es weiterer einzelfallbezogener Tatsachenfeststellungen, die das LSG noch zu treffen hat.

18

Der Anspruch des Klägers auf Feststellung eines GdB von mindestens 50 ab Mai 2000 und damit für Zeiten vor dem vom Beklagten angenommenen Zeitpunkt (1.4.2002) richtet sich nach dem Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz -SchwbG-) idF der Neubekanntmachung vom 26.8.1986 (BGBl I 1421, ber 1550) sowie nach den am 1.7.2001 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl I 1046), geändert durch das Gesetz vom 23.4.2004 (BGBl I 606).

19

Hinsichtlich der Maßstäbe für die Bestimmung des Begriffs der Behinderung ergeben sich durch die zum 1.7.2001 erfolgte Ablösung des SchwbG durch das SGB IX keine nennenswerten Unterschiede. Zwar sind die Begriffe der Behinderung und der des GdB im SGB IX anders umschrieben als zuvor in § 3 Abs 1 SchwbG, der seinem Wortlaut nach unter Behinderung die Auswirkungen einer nicht nur vorübergehenden Funktionsstörung verstand. Die nunmehr erfasste Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (s § 2 Abs 1, § 69 Abs 1 Satz 3 SGB IX bzw Satz 4 SGB IX) entspricht indes der schon nach altem Recht ergangenen Rechtsprechung des BSG (s insgesamt BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 2 RdNr 7). Entsprechendes gilt für den auf dem Behinderungsbegriff aufbauenden GdB (s §§ 2 Abs 1, 69 Abs 1 Satz 1 SGB IX).

20

Zwar beginnt der Status als schwerbehinderter Mensch grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (vgl BSGE 89, 79, 81 = SozR 3-3870 § 59 Nr 1 S 3). Zum Nachweis dieser Eigenschaft ist jedoch eine behördliche Feststellung erforderlich. Dementsprechend stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (vgl § 4 Abs 1 Satz 1 SchwbG, § 69 Abs 1 Satz 1 SGB IX). Von welchem Zeitpunkt an diese Feststellung zu treffen ist, wird weder im SchwbG noch im SGB IX ausdrücklich geregelt. Hinreichende Maßgaben zur Bestimmung des Wirksamkeitsbeginns einer GdB-Feststellung lassen sich jedoch aus dem Sinn und Zweck solcher Feststellungen und dem Erfordernis einer Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes herleiten.

21

Dabei ist davon auszugehen, dass es sich um Statusfeststellungen handelt, die in einer Vielzahl von Lebensbereichen die Inanspruchnahme von Vorteilen und Nachteilsausgleichen ermöglichen sollen (vgl dazu zB BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8 RdNr 16). Da eine derartige Inanspruchnahme regelmäßig nicht (für längere Zeit) rückwirkend möglich ist, reicht es grundsätzlich aus, wenn die GdB-Feststellung für die Zeit ab Antragstellung erfolgt (vgl dazu BSGE 69, 14, 17 f = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 S 9 f). Mit der Stellung des Antrags bringt nämlich der behinderte Mensch der Behörde gegenüber sein Interesse an einer verbindlichen Statusfeststellung erstmalig zum Ausdruck. Insofern ist es sachgerecht, von dem behinderten Menschen die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses zu verlangen, wenn er seinen GdB ausnahmsweise schon für einen vor der Antragstellung liegenden Zeitraum festgestellt haben möchte.

22

Diese aus dem SchwbG und dem SGB IX herzuleitenden rechtlichen Grundsätze haben ihren Niederschlag in den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften über die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises gefunden. Nach § 4 Abs 5 Satz 1 SchwbG/§ 69 Abs 5 Satz 1 SGB IX stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie ggf über weitere gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen aus. Die Einzelheiten der Ausweisausstellung sind in der nach den Vorgaben des § 4 Abs 5 SchwbG/§ 69 Abs 5 SGB IX auf der Grundlage des § 4 Abs 5 Satz 5 SchwbG/§ 70 SGB IX erlassenen SchwbAwV idF der Bekanntmachung vom 25.7.1991 (BGBl I 1739), mit späteren Änderungen zuletzt durch Art 20 Abs 8 Gesetz zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13.12.2007 (BGBl I 2904), geregelt. Nach deren § 6 Abs 1 Nr 1 ist auf der Rückseite des Ausweises als Beginn der Gültigkeit in den Fällen des § 69 Abs 1 und 4 SGB IX der Tag des Eingangs des Antrags auf Feststellung nach diesen Vorschriften einzutragen. § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV ermöglicht darüber hinaus auf Antrag des schwerbehinderten Menschen und nach Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses die Eintragung eines zusätzlichen, weiter zurückliegenden Datums.

23

Soweit § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV für die Eintragung des "zusätzlichen" vor dem Datum der Antragstellung liegenden Datums die "Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses" der antragstellenden Person verlangt, ist allerdings auch dort nicht weiter bestimmt, was ein "besonderes Interesse" iS dieser Vorschrift ist. Auch eine höchstrichterliche Definition des "besonderen Interesses" ist bisher nicht erfolgt. Einige (instanzgerichtliche) Entscheidungen haben ein besonderes Interesse für den Fall verneint, dass der Antragsteller aufgrund der vor die Antragstellung zurückreichenden schwerbehindertenrechtlichen Feststellung Steuervergünstigungen wahrnehmen (LSG für das Saarland Beschluss vom 5.11.2002 - L 5 B 12/01 SB -; SG Dortmund Urteil vom 29.3.2004 - S 43 SB 20/03 -; aA LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 27.5.1992 - L 4 Vs 3/91 -) oder rückwirkend Kindergeld beanspruchen wollte (SG Dresden Gerichtsbescheid vom 9.12.2004 - S 7 SB 340/02 -). Demgegenüber hat das LSG in dem hier angefochtenen Urteil das besondere Interesse bejaht, soweit der Kläger mit der rückwirkenden Feststellung des GdB von mehr als 50 gemäß § 236a SGB VI die Altersrente für schwerbehinderte Menschen abschlagsfrei beziehen könnte. Gleichsinnig hat das LSG Berlin-Brandenburg das besondere Interesse des dortigen Klägers im Urteil vom 18.2.2010 - 11 SB 351/08 - beurteilt.

24

Mangels normativer Maßgaben erscheint es auch angesichts der Bedeutung der Rückwirkung der entsprechenden Feststellungen angemessen, den Begriff des besonderen Interesses nach ähnlichen Maßstäben zu bestimmen wie den Anspruch eines im Ausland lebenden behinderten Menschen auf Feststellung seines GdB in Deutschland. Grundsätzlich hat ein in Deutschland lebender behinderter Mensch nach dem System des Schwerbehindertenrechts im SGB IX Anspruch auf Feststellung des für ihn maßgeblichen GdB unabhängig davon, ob sich seine rechtliche und/oder wirtschaftliche Situation dadurch unmittelbar verbessert. Ein besonderes Feststellungsinteresse (Rechtsschutzbedürfnis) für die Zeit ab Antragstellung ist nicht erforderlich (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 8). Etwas anderes gilt für einen im Ausland lebenden behinderten Menschen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist auf dessen Antrag der GdB festzustellen, wenn davon in Deutschland Vergünstigungen abhängen, die keinen Inlandswohnsitz voraussetzen (s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6; zuletzt BSG Urteil vom 29.4.2010 - B 9 SB 1/10 R - SozialVerw 2011, 11). Ein im Ausland lebender Behinderter kann das Feststellungsverfahren nach § 4 SchwbG bzw § 69 SGB IX nur zur Ermöglichung konkreter inländischer Rechtsvorteile in Anspruch nehmen. Die Durchbrechung des Territorialitätsprinzips (§ 30 Abs 1 iVm § 37 Satz 1 SGB I) ist gerechtfertigt, wenn ihm trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung seines GdB in Deutschland konkrete Vorteile erwachsen können (BSG aaO). Das BSG hat als entsprechenden Vorteil die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente für schwerbehinderte Menschen anerkannt (BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 5; BSGE 99, 9 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6).

25

Zu ähnlichen Ergebnissen würde eine in Anlehnung an den Begriff des Rechtsschutzinteresses bzw Rechtsschutzbedürfnisses im gerichtlichen, insbesondere sozialgerichtlichen Verfahren orientierte Definition des Begriffes des besonderen Interesses nach § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV führen. Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist für einen von einer behördlichen Maßnahme betroffenen oder eine solche Maßnahme erstrebenden Bürger grundsätzlich anzunehmen, wenn er das angestrebte Ergebnis nicht auf einfachere Weise erreichen und mit der gerichtlichen Entscheidung seine rechtliche oder wirtschaftliche Stellung verbessern kann (s nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, vor § 51 RdNr 16a mwN).

26

Aus Anlass des vorliegend zu entscheidenden Einzelfalls bedarf es letztlich keiner abschließenden Definition des Begriffs des besonderen Interesses, denn es bestehen keinerlei Bedenken gegen die Bejahung des besonderen Interesses des Klägers durch das LSG. Die Möglichkeit des Bezuges einer abschlagsfreien Altersrente (s dazu sowie zur Berücksichtigung der rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung BSG Urteil vom 29.11.2007 - B 13 R 44/07 R - SozR 4-2600 § 236a Nr 2) begründet zweifelsohne ein besonderes Interesse an der vor die Antragstellung zurückwirkenden Feststellung des GdB von 50 als Grundlage für die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (s § 2 Abs 2 SGB IX).

27

Entgegen der Auffassung des LSG ist indes für die Rückverlagerung des Zeitpunkts der Feststellung des GdB vor den Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu fordern, dass der betreffende GdB im beanspruchten Feststellungszeitpunkt offensichtlich bereits vorgelegen hat. Eine Rechtsnorm, die dies bestimmt, existiert nicht. Insbesondere enthält § 6 SchwbAwV keine entsprechende Einschränkung. Diese Einschränkung lässt sich auch, anders als das Erfordernis eines besonderen Interesses, nicht aus den gesetzlichen Grundlagen des Schwerbehindertenrechts herleiten. Für die behördliche Erstfeststellung, dass ein GdB von 50 bereits zu einem Zeitpunkt vor der Antragstellung vorgelegen hat, ist nur die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses erforderlich; eine solche rückwirkende Feststellung ist nicht auf offensichtliche Fälle beschränkt.

28

Eine Beschränkung der rückwirkenden Feststellung des GdB durch ein Erfordernis der Offensichtlichkeit hat das BSG allein für den Fall angenommen, dass nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X die Rücknahme einer unanfechtbar bindenden Feststellung des GdB mit Wirkung für die Vergangenheit zu prüfen ist(BSG Urteil vom 29.5.1991 - 9a/9 RVs 11/89 - BSGE 69, 14 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3). Diese Einschränkung folgt indes nicht aus § 4 SchwbG/§ 69 SGB IX oder § 6 Abs 1 Satz 2 SchwbAwV, sondern rechtfertigt sich, wie in der Literatur zutreffend erkannt worden ist(von Steinäcker, Behindertenrecht 2006, 98, 100), allein im Hinblick auf das nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X auszuübende Verwaltungsermessen. Da es bei der Feststellung des GdB nicht um Sozialleistungen geht und § 44 Abs 1 SGB X damit unanwendbar ist(BSGE 69, 14, 16 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 S 8 f), hat die für die Feststellungen zuständige Behörde oder Körperschaft im Falle des Vorliegens einer auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogenen bindenden Feststellung des GdB über den Antrag auf Rückverlagerung im Überprüfungswege nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X kann ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden. In dem Fall, in dem die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen offenkundig sind, könnte das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung der bindenden Feststellung gebieten (BSGE 69, 14, 18 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3 S 10).

29

Im Verfahren einer Erstfeststellung, um das es sich im vorliegenden Fall handelt, beanspruchen diese aus § 44 Abs 2 Satz 2 SGB X fließenden, allein auf das Verwaltungsermessen bezogenen Grundsätze keine Gültigkeit. Hier muss die Feststellungsbehörde - bei Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses durch den Antragsteller - uneingeschränkt prüfen und entscheiden, ob und seit wann die geltend gemachte Eigenschaft (hier: GdB von mindestens 50) schon vor der Antragstellung bestanden hat. Der entsprechende Zeitpunkt ist festzustellen.

30

Eines über die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses hinausgehenden besonderen Korrektivs etwa in Form der Offensichtlichkeit bedarf es auch aus anderen Gründen nicht. Entsprechende Anträge lassen sich nach Aufklärung des Sachverhalts mit den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast behandeln (s von Steinäcker, aaO, 100).

31

Da das LSG davon ausgegangen ist, dass die rückwirkende Feststellung des GdB für Zeiten vor der Antragstellung auf offensichtliche Fälle beschränkt ist, hat es folgerichtig unterlassen, den Gesundheitszustand des Klägers in dem streitigen Zeitraum unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel aufzuklären. Da der erkennende Senat die nach seiner Auffassung erforderlichen Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst durchführen kann (vgl § 163 SGG), ist eine Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz geboten.

32

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird ua auch zu prüfen sein, ob der Kläger ein besonderes GdB-Feststellungsinteresse nur ab November 2000 oder - seinem Antrag entsprechend - schon ab Mai 2000 glaubhaft machen kann.

33

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Versicherte haben Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 65. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist nach Vollendung des 62. Lebensjahres möglich.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Das Erste und Zehnte Buch gelten für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuchs, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt; § 68 bleibt unberührt. Der Vorbehalt gilt nicht für die §§ 1 bis 17 und 31 bis 36. Das Zweite Kapitel des Zehnten Buches geht dessen Erstem Kapitel vor, soweit sich die Ermittlung des Sachverhaltes auf Sozialdaten erstreckt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses (GZ) hat.

2

Der Kläger war bis 22.6.2008 als Ingenieur selbstständig tätig und stand seit 12.5.2006 in einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag gemäß § 28a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). In der Zeit vom 23.6.2008 bis zum 3.9.2008 bezog er Arbeitslosengeld. Seit dem 4.9.2008 übt der Kläger in Katar eine Tätigkeit als freiberuflicher Ingenieur aus.

3

Den am 1.9.2008 gestellten Antrag auf Gewährung eines GZ zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als international tätiger Ingenieur lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, es handle sich nicht um eine Neugründung iS des § 57 SGB III(Bescheid vom 17.9.2008). Nachdem der Kläger Widerspruch eingelegt hatte, ermittelte die Beklagte über eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt, dass der Kläger am 4.9.2008 seinen Wohnsitz nach Katar verlegt hatte. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und führte zur Begründung ua aus, die Voraussetzungen für die Gewährung eines GZ seien jedenfalls deshalb nicht erfüllt, weil die Tätigkeit nicht im Geltungsbereich des SGB III ausgeübt werde (Widerspruchsbescheid vom 10.10.2008).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.3.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 31.1.2012). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob der Kläger die Voraussetzungen für einen GZ gemäß § 57 SGB III erfülle. Denn aus § 30 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) folge, dass die Vorschriften des deutschen Sozialrechts einschließlich des § 57 SGB III nicht anwendbar seien. Der Kläger habe seit Beginn der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Er habe seinen Lebensmittelpunkt bereits mit Beginn der selbstständigen Tätigkeit nach Katar verlagert, um sich hier aufzuhalten und eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen. Eine Anwendbarkeit des § 57 SGB III ergebe sich nicht aus abweichenden Kollisionsnormen in den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs (SGB). Etwas anderes folge weder aus Sinn und Zweck des GZ noch aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 30 Abs 1 SGB I unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Bundessozialgerichts (BSG).

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 30 Abs 1 SGB I. Für die Gewährung eines GZ reiche es aus, dass die Beendigung der Arbeitslosigkeit in Deutschland erreicht werde (Hinweis auf Hessisches LSG, Urteil vom 23.9.2011 - L 7 AL 104/09). Selbst bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des LSG stehe ihm jedenfalls bis Februar 2009 ein GZ zu. Er habe nämlich seine Wohnung in Deutschland zunächst noch beibehalten, weil er bei der Einreise nach Katar hinsichtlich des Gelingens der Existenzgründung noch unsicher gewesen sei, und er habe die Wohnung erst zum Ende des Monats Februar 2009 gekündigt.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31. Januar 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15. März 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 4. September 2008 einen GZ zu gewähren.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend und trägt ergänzend vor, der territoriale Bezug zum Geltungsbereich des SGB müsse bei Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses (Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit) sowie während des gesamten Förderungszeitraums gegeben sein und könne nicht allein durch einen in der Vergangenheit liegenden Bezug zur Versichertengemeinschaft in Deutschland hergestellt werden.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf einen GZ hat.

10

1. Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt nur § 57 SGB III in der ab 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) in Betracht. Nach § 57 Abs 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen GZ, wenn sie die im Einzelnen in § 57 Abs 2 SGB III genannten Voraussetzungen erfüllen (ua Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bzw Ausübung einer als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderten Beschäftigung bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit, Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung). Dagegen kann § 421l SGB III idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze vom 22.12.2005 (BGBl I 3676) nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, weil nach dessen Abs 5 die Regelungen vom 1.7.2006 an nur noch Anwendung finden, wenn der Anspruch auf Förderung vor diesem Tag bestanden hat, was bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 4.9.2008 nicht der Fall sein kann.

11

2. Das LSG hat zu Recht offengelassen, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 57 SGB III erfüllt sind. Denn ein Anspruch des Klägers scheitert bereits an § 30 Abs 1 SGB I, der die Vorschriften des SGB auf Personen begrenzt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben (Territorialitätsprinzip). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hatte der Kläger in der streitgegenständlichen Zeit ab 4.9.2008 in Deutschland weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

12

a) Den Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass der Kläger ab 4.9.2008 seinen Wohnsitz in Katar hatte. Nach § 30 Abs 3 S 1 SGB I hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Entscheidend sind die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse; der Wohnsitz liegt dort, wo jemand den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse hat (vgl BSG SozR 3-5870 § 2 Nr 36 S 140 ff; BSG SozR 4-7837 § 12 Nr 1 RdNr 18; Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 30 SGB I, RdNr 15 ff, Stand Einzelkommentierung September 2007).

13

Das LSG hat ausgeführt, der Kläger habe seinen Lebensmittelpunkt bereits mit Beginn der selbstständigen Tätigkeit, also ab 4.9.2008, nach Katar verlagert, weil er sich dort in Zukunft habe aufhalten und sich eine wirtschaftliche Existenz habe aufbauen wollen. Bei diesen Ausführungen handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 Sozialgerichtsgesetz). Der Kläger hat gegen diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben.

14

Soweit der Kläger im Revisionsverfahren vorträgt, er habe zunächst noch seine Wohnung in Deutschland beibehalten, weil er hinsichtlich des Gelingens der Existenzgründung noch unsicher gewesen sei, handelt es sich um tatsächliches Vorbringen, das offen lässt, wo der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse gewesen ist. Die Tatsache der Zahlung von Miete für die bisherige Wohnung in Deutschland für eine Übergangszeit hat das LSG ohnehin berücksichtigt; es hat dazu ausgeführt, die Mietzahlung ändere nichts an der Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach Katar. Soweit der Sachvortrag des Klägers allerdings die genannten Feststellungen des LSG in Frage stellen will, ist er im Revisionsverfahren unbeachtlich (vgl nur BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24 mwN; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 24 RdNr 23).

15

b) Aus den Feststellungen des LSG zum Lebensmittelpunkt des Klägers folgt auch, dass der Kläger ab 4.9.2008 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Katar und damit nicht mehr im Geltungsbereich des SGB hatte. Denn den gewöhnlichen Aufenthalt hat gemäß § 30 Abs 3 S 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Das insoweit erforderliche subjektive Element, nämlich der Wille, auf längere Dauer an dem betreffenden Ort zu verweilen (vgl BSGE 60, 262, 263 = SozR 1200 § 30 Nr 10 mwN), der im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) festzustellen ist (vgl BSG SozR 4-1200 § 30 Nr 6 RdNr 25 mwN), war nach den im Revisionsverfahren maßgebenden Ausführungen des LSG gegeben.

16

3. Ebenfalls zu Recht hat das LSG angenommen, dass im vorliegenden Fall § 30 SGB I nicht durch abweichende Regelungen des deutschen Rechts(vgl § 37 S 1 SGB I) oder des über- und zwischenstaatlichen Rechts verdrängt wird. Insbesondere ist § 57 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung(s oben 1.) nicht zu entnehmen, es reiche bereits ein in der Vergangenheit liegender Bezug zur Versichertengemeinschaft aus.

17

Zwar trifft es zu, dass der GZ an Arbeitnehmer geleistet wird, die durch Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit in Deutschland beenden (§ 57 Abs 1 SGB III), die (ua) bis zur Aufnahme einen Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III haben und die bei Aufnahme noch über eine bestimmte Dauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld verfügen (§ 57 Abs 2 S 1 Nr 1 und 2 SGB III). Aus § 57 SGB III in der einschlägigen Fassung ergibt sich über die genannten Regelungen hinaus aber auch, dass die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachgewiesen sein muss(§ 57 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB III) und dass die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung erbracht wird (§ 57 Abs 1 SGB III, vgl auch § 58 SGB III). Insofern kann die zu § 421l SGB III idF des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621, ergangene Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 22/07 R - BSGE 101, 224 = SozR 4-4300 § 421l Nr 2) nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden, weil für den Existenzgründungszuschuss nach der vorgenannten Vorschrift weder die Prüfung einer Erfolgsaussicht noch eine Zweckbindung zur sozialen Sicherung vorgeschrieben war (vgl Urteil vom 27.8.2008 aaO RdNr 22, 29).

18

Durch die Gesamtregelung des § 57 iVm § 58 SGB III kommt somit zum Ausdruck, dass während des Leistungsbezugs auch die weitere Ausübung der selbstständigen Tätigkeit gegeben sein muss, weshalb ein territorialer Bezug auch für die Zeit ab Aufnahme dieser Tätigkeit als erforderlich anzusehen ist. Es kann folglich - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht angenommen werden, durch § 57 SGB III sei die allgemeine Regel des § 30 SGB I modifiziert worden. Dem Vorbringen der Revision, § 57 SGB III erfordere ausschließlich die Beendigung der Arbeitslosigkeit in Deutschland(so - nicht entscheidungserheblich - zu § 57 SGB III in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung: Hessisches LSG Urteil vom 23.9.2011 - L 7 AL 104/09), ist nicht zu folgen.

19

4. Dass der Kläger unter den gegebenen Umständen keinen Anspruch auf GZ hat, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist weder eine Verletzung des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) noch eine Verletzung des Art 14 GG ersichtlich.

20

Insbesondere steht dem Ausschluss eines Leistungsanspruchs nicht die Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entgegen, wonach es dem Gesetzgeber nicht frei steht, ohne gewichtige sachliche Gründe den Anknüpfungspunkt zwischen Beitragserhebung und Leistungsberechtigung zu wechseln (BVerfG Beschluss vom 30.12.1999 - 1 BvR 809/95 - SozR 3-1200 § 30 Nr 20; Urteile des Senats vom 27.8.2008 - B 11 AL 7/07 R - SozR 4-4300 § 119 Nr 7 und vom 7.10.2009 - B 11 AL 25/08 R - BSGE 104, 280 = SozR 4-1200 § 30 Nr 5). Denn die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Fallgestaltungen, die vor allem Personen mit zeitweiligem grenznahen Auslandswohnsitz betreffen, sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. In einem Fall wie dem des Klägers, der während der Versicherungspflicht gemäß § 28a SGB III im Inland gewohnt und danach den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt in das außereuropäische Ausland verlegt hat, ist der Gesetzgeber nicht gehindert, den Leistungsanspruch von einem fortbestehenden Bezug zum Inland abhängig zu machen. Insoweit stellt die gesetzliche Regelung nach § 57 SGB III iVm § 30 Abs 1 SGB I auch eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 2 S 1 GG dar.

21

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.