Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. Apr. 2016 - 1 BvR 3309/13

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2016:rs20160419.1bvr330913
bei uns veröffentlicht am19.04.2016

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob neben dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren nach § 1600d BGB, das auf die statusrechtliche Feststellung der Vaterschaft gerichtet ist, von Verfassungs wegen auch ein Verfahren zur isolierten, sogenannten rechtsfolgenlosen, Klärung der Abstammung von einem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater bereitstehen muss. Die Beschwerdeführerin strebt eine solche isolierte Klärung ihrer Abstammung an und wendet sich gegen gerichtliche Entscheidungen, die ihr dies verwehrt haben. Die statusrechtliche Feststellung der Vaterschaft verfolgt sie hingegen nicht.

I.

2

1. a) Nach derzeitiger Rechtslage kann die Vaterschaft im gerichtlichen Verfahren nach § 1600d BGB festgestellt werden.

3

§ 1600d BGB lautet:

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

4

§ 1600d BGB dient dazu, einem Kind, das keinen rechtlichen Vater hat, den Erzeuger - nach entsprechender Klärung der leiblichen Abstammung - auch statusrechtlich als Vater zuzuordnen. Das Kind kann bei dieser Gelegenheit Gewissheit darüber erhalten, ob es tatsächlich von dem Mann abstammt, den es für seinen leiblichen Vater hält. Eine isolierte Aufklärung der leiblichen Abstammung ohne entsprechende statusrechtliche Folge ist in dem Verfahren nach § 1600d BGB hingegen nicht möglich.

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b) Eine isolierte Abstammungsklärung ermöglicht in bestimmten Konstellationen § 1598a BGB.

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§ 1598a BGB lautet:

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1. der Vater jeweils von Mutter und Kind,

2. die Mutter jeweils von Vater und Kind und

3. das Kind jeweils von beiden Elternteilen

verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

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Die Vorschrift gibt dem Vater, der Mutter und dem Kind gegenüber den jeweils anderen beiden Familienmitgliedern zur isolierten Klärung der leiblichen Abstammung ohne statusrechtliche Folge einen Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Duldung der Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe. Der infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum heimlichen Vaterschaftstest vom 13. Februar 2007 (BVerfGE 117, 202) geschaffene Anspruch nach § 1598a BGB ist vom Gesetzgeber bewusst niederschwellig ausgestaltet und an keine weiteren Voraussetzungen als die dort genannten familiären Beziehungen gebunden (vgl. BTDrucks 16/6561, S. 12). Er gilt unbefristet und setzt nicht voraus, dass ein Anfangsverdacht dargelegt wird. Die Gerichte des Ausgangsverfahrens gehen aber in Übereinstimmung mit der sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 6. Mai 2009 - 1 UF 68/09 -, juris, Rn. 4; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Juli 2009 - 2 UF 49/09 -, juris, Rn. 14 ff.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 11 UF 551/13 -, juris, Rn. 16) und der nahezu einhelligen Meinung im Schrifttum davon aus, dass § 1598a BGB nur Abstammungsklärungen innerhalb der rechtlichen Familie ermöglicht, aus dieser Vorschrift hingegen kein Anspruch auf isolierte Abstammungsklärung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater folgt.

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2. Die im Jahr 1950 nichtehelich geborene Beschwerdeführerin nimmt an, dass der 1927 geborene Antragsgegner des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsgegner) ihr leiblicher Vater ist. Dieser hatte die Geburt der Beschwerdeführerin gegenüber dem Standesamt angezeigt, ohne sich selbst als Vater zu bezeichnen. Die im Jahr 1972 verstorbene Mutter der Beschwerdeführerin hatte dieser mitgeteilt, dass der Antragsgegner ihr leiblicher Vater sei. Dieser erkannte die Vaterschaft jedoch nicht an. Im Jahr 1954 nahm die Beschwerdeführerin den Antragsgegner nach damaligem Recht auf "Feststellung blutsmäßiger Abstammung" in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage im Jahr 1955 rechtskräftig ab. Zwar könne nach dem Gutachten des Professor Dr. B. aufgrund der Bluteigenschaften der Antragsgegner als Erzeuger der Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen werden. Das außerdem eingeholte Gutachten des Dr. P. gelange aber aufgrund der anthropologisch-erbbiologischen Untersuchung der Beschwerdeführerin, des Antragsgegners, der Mutter der Beschwerdeführerin und des Herrn H., der ebenfalls als Erzeuger der Beschwerdeführerin in Betracht komme und den diese im Jahr 1950 zunächst als ihren vermeintlichen Erzeuger auf Unterhalt in Anspruch genommen habe, zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner nicht der Erzeuger der Beschwerdeführerin sein könne.

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3. Im Jahr 2009 forderte die Beschwerdeführerin den Antragsgegner zur Einwilligung in die Durchführung eines DNA-Tests auf, um die Vaterschaft "abschließend zu klären". Der Antragsgegner lehnte dies unter Hinweis auf die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts ab.

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a) Daraufhin nahm die Beschwerdeführerin im vorliegenden Ausgangsverfahren den Antragsgegner auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und auf Duldung der Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe in Anspruch. Sie vertrat die Auffassung, dass die Nichteinbeziehung des mutmaßlich leiblichen Vaters in den Kreis der zur isolierten Klärung der Abstammungsverhältnisse nach § 1598a BGB verpflichteten Personen gegen ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verstoße sowie ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK verletze. Die Norm des § 1598a BGB sei, da schützenswerte Belange auf Seiten des Antragsgegners nicht bestünden, im vorliegenden Fall verfassungs- und menschenrechtskonform dahingehend auszulegen, dass auch der Antragsgegner als mutmaßlich leiblicher Vater auf Teilnahme an einer rechtsfolgenlosen Abstammungsklärung in Anspruch genommen werden können müsse. Die Beschwerdeführerin legte Stellungnahmen eines sie behandelnden Psychiaters und eines behandelnden Psychotherapeuten vor, wonach sie durch Missbrauchserlebnisse in der Kindheit, exzessive Gewalterfahrungen, Beziehungsabbrüche, Heimaufenthalte und dramatische Verlusterlebnisse und auch wegen der Unkenntnis ihrer Abstammung väterlicherseits psychisch erheblich belastet sei. Die Beschwerdeführerin leide aufgrund dieser Erlebnisse unter erheblichen körperlichen und psychischen Symptomen, die bisher trotz intensiver ambulanter und stationärer Behandlung noch nicht hätten überwunden werden können. Auch die immer wiederkehrende Erfahrung, dass ihr niemand glaube, wirke traumatisierend. In diesem Sinne wirke sich das offiziell ungeklärte Vaterschaftsverhältnis negativ auf den therapeutischen Prozess aus. Um eine weitere Verschlechterung zu vermeiden, sei es für die Beschwerdeführerin von zentraler Bedeutung, möglichst viele verlässliche Informationen zu erhalten, um möglichst umfassend sich und ihr Leben zu verstehen, das Unverstehbare zu akzeptieren, Orientierung und damit auch ein Stück Sicherheit zu erhalten.

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b) Das Amtsgericht wies den Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Es sei weder aus verfassungsrechtlichen noch aus konventionsrechtlichen Gründen geboten, der Beschwerdeführerin über den klaren Wortlaut des § 1598a BGB hinaus einen Anspruch auf Klärung ihrer Abstammung gegen den Antragsgegner zu eröffnen. Die Frage der Abstammung sei bereits in einem gerichtlichen Verfahren geprüft und rechtskräftig negativ beschieden worden. Der Gesetzgeber habe in § 1598a BGB die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Abstammungsklärung eindeutig geregelt. Im Wege der Auslegung sei es nicht möglich, aus der einfachgesetzlichen Norm eine Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsgegner herzuleiten. Die Voraussetzungen hierfür könne nur der Gesetzgeber schaffen.

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c) Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Der geltend gemachte Anspruch sei nach dem Wortlaut des § 1598a BGB unzweifelhaft nicht gegeben. Die Nichteinbeziehung des potenziell leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters verletze weder das Gleichheitsgrundrecht noch sei darin eine Verletzung "staatlicher Sorgfaltspflicht" zu sehen. Die gesetzliche Regelung sei vielmehr stimmig. Gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater sei die Möglichkeit einer Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB grundsätzlich ausreichend. Dass diese Möglichkeit hier wegen des klageabweisenden Urteils des Landgerichts aus dem Jahr 1955 nicht mehr bestehe, begründe keine verfassungsrechtlichen Bedenken, selbst wenn es möglicherweise vorzugswürdig gewesen wäre, auch den leiblichen Vater in die Regelung des § 1598a BGB miteinzubeziehen.

II.

13

Mit der Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass ihr mangels verfassungskonformer Auslegung des § 1598a BGB unter Verletzung ihrer Grundrechte die Möglichkeit einer rechtsfolgenlosen Klärung ihrer Abstammung versagt werde. Sie rügt eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 8 Abs. 1 EMRK wegen Nichtbeachtung des Menschenrechts auf Achtung des Privatlebens. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits entschieden, dass zu dem Recht des Mannes auf Kenntnis der Abstammung eines Kindes von ihm auch das Recht gehöre, die Abstammung in einem rechtsförmigen Verfahren klären zu lassen (Hinweis auf BVerfGE 117, 202 ff.). Dies müsse auch im umgekehrten Fall für das Kind gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater gelten. Den vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Schutzauftrag zur verfahrensmäßigen Verwirklichung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung habe der Gesetzgeber durch § 1598a BGB nur in Bezug auf bereits zur rechtlichen Familie gehörende Personen umgesetzt. Solange schützenswerte Belange auf Seiten des leiblichen Vaters, wie etwa der Schutz einer sozialen Familie, nicht betroffen seien, das bloße Interesse an der Klärung der Abstammung also keine Zweifel in eine funktionierende soziale Familie hineintragen würde, sei § 1598a BGB verfassungskonform zugunsten des Kindes erweiternd auszulegen und auch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater anzuwenden. Daher müsse der Beschwerdeführerin ein Anspruch gegen den Antragsgegner zustehen, damit sie ihr Recht auf Kenntnis der Abstammung durchsetzen könne.

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Schließlich sei § 1598a BGB auch im Lichte von Art. 8 Abs. 1 EMRK und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auszulegen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe bei einer Interessenabwägung zwischen dem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und dem Recht Dritter auf körperliche Unversehrtheit in einem konkreten Fall ersterem den Vorrang eingeräumt, da die Entnahme einer DNA-Probe einen relativ geringen Eingriff darstelle und das psychische Leid des unter den ungewissen Abstammungsverhältnissen leidenden Kindes überwiege (Hinweis auf EGMR, Urteil vom 13. Juli 2006 - 58757/00, Jäggi/Schweiz -, FamRZ 2006, S. 1354 f.).

III.

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1. Zu dem Verfahren hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Stellung genommen. § 1598a BGB sei auf das Abstammungsklärungsbegehren gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater nicht anwendbar. Der Gesetzgeber habe den Anwendungsbereich gezielt auf die Mitglieder der rechtlichen Familie beschränkt. Eine analoge Anwendung von § 1598a BGB auf den mutmaßlich leiblichen Vater sei auch problematisch, weil sich der Anspruch dann gegen jeden beliebigen Dritten richten könnte. Die derzeitige Rechtslage sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe ein mehrpoliges Grundrechtsverhältnis zu regeln. Dafür stehe ihm ein Ausgestaltungsspielraum zu, den er nicht überschritten habe. Der Gesetzgeber sei hier besonders auf Gestaltungsspielräume angewiesen, weil bei einer Ausweitung des Anspruchs auf isolierte Abstammungsklärung über die in § 1598a BGB geregelten Fälle hinaus zahlreiche andere Aspekte zu berücksichtigen seien, die weit über das vorliegende Verfahren hinausgingen.

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2. Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass eine analoge Anwendung von § 1598a BGB auf den potenziell leiblichen Vater nicht möglich sei. Im Übrigen sei bereits im Jahr 1955 rechtskräftig festgestellt worden, dass er nicht der leibliche Vater der Beschwerdeführerin sei. Würde heute noch seine leibliche Vaterschaft festgestellt, beeinträchtige dies sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Er habe annehmen dürfen, nicht leiblicher Vater der Beschwerdeführerin zu sein, sähe sich dann aber heute als hochbetagter Mann damit konfrontiert, sich über Jahrzehnte nicht um sein leibliches Kind gekümmert zu haben.

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3. Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dargelegt, § 1598a BGB erfasse nur den Anspruch des Kindes gegenüber dem rechtlichen Vater, wie er sich aus § 1592 BGB ergebe. Eine analoge Anwendung des § 1598a BGB auf den vorliegenden Fall überschreite wohl die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Es sei aber fraglich, ob überhaupt ein Bedürfnis für eine über den Wortlaut des § 1598a BGB hinaus gehende Auslegung bestehe, da das Kind gegenüber dem mutmaßlich biologischen Vater die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach § 1600d BGB beantragen könne, was die Klärung der leiblichen Vaterschaft beinhalte. Ein Recht des Kindes, nur die Vaterschaft klären zu lassen, ohne gleichzeitig den entsprechenden Status zu erlangen, sei nicht ersichtlich. Dass der Beschwerdeführerin der Weg über ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren wegen der Rechtskraft des ihre Vaterschaftsklage abweisenden Urteils aus dem Jahr 1955 im konkreten Fall verschlossen sei, ändere daran nichts (Hinweis auf BGHZ 156, 153).

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4. Als sachkundige Auskunftspersonen haben der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht, der Deutsche Juristinnenbund und der Deutsche Familiengerichtstag Stellung genommen.

19

a) Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen hat dargelegt, die Abstammung sei zentral für das Zusammenleben von Menschen. Sie strukturiere das "Ob" und das "Wie" von lebenslangen Beziehungen. Die Abstammung entwickle vor allem mit Beginn der Adoleszenz ihre strukturelle Bedeutung. Für die Entwicklung von Identität und Selbstbewusstsein sei das Wissen um den Beginn und damit den Ausgangspunkt der Existenz bedeutsam. Nähere Einblicke zu der Bedeutung der Kenntnis der eigenen Abstammung in der menschlichen Entwicklung liefere die Forschung rund um Adoptiv-, Pflege- oder Samenspenderkinder. Erwachsene Samenspenderkinder schilderten Misstrauen innerhalb der Familie, einen Mangel an genetischer Kontinuität und Frustration durch die Vereitelung der Suche nach ihrem biologischen Vater. Die Beteiligten berichteten durchgehend von dem Bedürfnis, ihre genetischen Ursprünge zu erfahren. Auch führten sie einen bedeutsamen Verlust von Kraft und Selbstvertrauen durch die Behinderung bei der Suche nach Informationen über ihre genetischen Ursprünge aus (Hinweis auf Turner/Coyle, Human Reproduction 2000, S. 2041 ff.). Auch wenn zu bedenken sei, dass verschiedene Forschungsergebnisse aufgrund des teilweise anderen Settings nicht ohne Weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragen werden könnten, so veranschaulichten sie doch die Bedeutung der Abstammung für die Entwicklung. Die eigene Abstammung nicht klären zu können, könne im Einzelfall unabhängig vom Alter erheblich belasten und verunsichern. Es sei aus psychologischer Sicht grundsätzlich zu befürworten, dass einem Kind eine gerichtlich durchsetzbare Möglichkeit eröffnet werde, in einem Verfahren seine Abstammung zu klären.

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b) Der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten hat ausgeführt, die Bedeutung des Nichtwissens um die biologische Vaterschaft könne insbesondere bei der Thematik der Reproduktionsmedizin und der anonymen heterologen Samenspende untersucht werden. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für den Identitätsprozess sei zum einen die Erfahrung, von den Eltern durch das Zurückhalten von Informationen getäuscht worden zu sein, zum anderen aufgrund fehlender Daten über den biologischen Vater ein nur relativ begrenztes, hypothetisches und unsicheres Wissen zur Verfügung zu haben (Hinweis auf Wehling, in: Peter/Funcke, Wissen an der Grenze, 2013, S. 43 ff.). Aus der Adoptionsforschung sei bekannt, dass das Aufwachsen in einer Täuschung (Nichtwissen über die Adoption) und die dann spätere Entdeckung/Mitteilung darüber oft zu einer gravierenden Erschütterung der eigenen Identität führten. Ähnliche Phänomene würden von jungen Menschen berichtet, die spät, oftmals zufällig, über ihre Art der Zeugung Kenntnis erhielten. Viele berichteten von einem "Bruch der Identität" (Hinweis auf Funcke, in: Peter/Funcke, Wissen an der Grenze, 2013, S. 413 <419>). Das Wissen um den biologischen Vater könne helfen, die Lücke des Nichtwissens um die eigene Herkunft zu schließen und könne nötig sein, um den gebrochenen Identitätsprozess zu heilen, sei freilich nur ein Mosaik-Stein in der Auseinandersetzung um die "Dramatik" des Beginns und den Verlauf des eigenen Lebens.

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c) Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Dem Gesetzgeber komme bei der Ausfüllung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Es bestehe keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, einem Kind ein Verfahren zur rechtsfolgenlosen Abstammungsklärung zur Verfügung zu stellen. Wissenschaftliche Erkenntnisse legten eine Diskrepanz nahe zwischen der im juristischen Diskurs angenommenen herausragenden Bedeutung der Kenntnis der eigenen Abstammung und der (entwicklungs)psychologisch feststellbaren Bedeutung dieser Kenntnis für die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung. So habe beispielsweise eine Untersuchung des Selbstkonzepts, der Befindlichkeit und der Kompetenzentwicklung von Jugendlichen keine Beeinträchtigung in der Entwicklung gezeigt, wenn sie mangels persönlicher Kenntnis keine eigenständigen Erinnerungen an ihren Vater hätten (Hinweis auf Walper/Wendt, in: Schwab/Vaskovics , Pluralisierung von Elternschaft und Kindschaft, 2011, S. 211 ff.). Mit dem Vaterschaftsanfechtungs- und dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren werde dem Schutz des Rechts des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater hinreichend Rechnung getragen. Anders als bei bestehenden Eltern-Kind-Verhältnissen berge eine rechtsfolgenlose biologische Abstammungsklärung gegenüber Personen außerhalb des engen Eltern-Kind-Verhältnisses zudem eine erhebliche Missbrauchsgefahr. Die Schwelle für ein Klärungsverlangen sei wegen der Rechtsfolgenlosigkeit deutlich gesenkt. Zugleich sei der Personenkreis derjenigen, die als vermeintliche Väter zur Mitwirkung verpflichtet werden sollten, nur bedingt eingrenzbar. Auch werde mit einer rechtsfolgenlos geklärten biologischen Abstammung ein Schwebezustand geschaffen, der die Frage offen lasse, ob von der einen oder anderen Seite nicht doch später rechtliche Konsequenzen aus den Erkenntnissen abgeleitet werden sollten.

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Dem Institut sei keine Rechtsordnung bekannt, in welcher das Familienrecht eine rechtsfolgenlose Abstammungsklärung vergleichbar der deutschen Regelung des § 1598a BGB vorsähe (Hinweis auf Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht, Umgangsrechte des biologischen Vaters - Europäische Staaten im Vergleich, 2010).

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Gleichwohl sei es verfassungswidrig, dass der Beschwerdeführerin jegliche rechtliche Möglichkeit versperrt sei, über die rechtskräftige Abweisung der Klage auf Feststellung der Vaterschaft hinwegzukommen. Der in § 185 FamFG vorgesehene Ausschluss einer Wiederaufnahmemöglichkeit ohne Vorliegen eines neuen Gutachtens gehe schon nach seinem Wortlaut davon aus, dass es bereits zuvor ein Gutachten gegeben habe, dessen Beweiskraft nunmehr durch ein neuerliches Gutachten erschüttert sein könnte. Wenn aber - wie im Fall der Beschwerdeführerin - niemals ein Gutachten eingeholt worden sei, weil seinerzeit die Blutgruppen- und später genetische Begutachtung noch nicht möglich gewesen sei oder keine verlässlichen Ergebnisse gebracht habe, könne der Ausschluss der Wiederaufnahme des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens keine sachlichen Gründe für sich beanspruchen, die dem Recht der Beschwerdeführerin auf Kenntnis der biologischen Abstammung entgegengehalten werden könnten. Allerdings habe die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Familiengericht keine Wiederaufnahme des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens betrieben, sondern allein eine rechtsfolgenlose Abstammungsklärung begehrt.

24

d) Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Es werde unverhältnismäßig in das Persönlichkeitsrecht des Kindes eingegriffen, wenn es seine Abstammung von einem potenziell leiblichen Vater nur im Rahmen eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens nach § 1600d BGB klären lassen könne. Der Gesetzgeber habe seine Schutzpflicht für das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung verletzt, indem er die Möglichkeit einer rechtsfolgenlosen Abstammungsklärung unter keinen Umständen vorgesehen habe. Insbesondere sei es einem unter rechtlicher Vaterschaft stehenden Kind nicht zumutbar, stets vorab eine (intakte) rechtliche Vaterschaft beseitigen zu müssen, um Gewissheit über eine vermutete leibliche Abstammung von einem Dritten zu erlangen. Das Fehlen eines Klärungsanspruchs sei weder aus den widerstreitenden Grundrechten der Mutter, des rechtlichen Vaters oder des (potenziellen) leiblichen Vaters noch generell aus dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Familie gerechtfertigt. Das Kind habe keinen Einfluss darauf, wer es zeuge und in welcher Familienkonstellation es aufwachse. Seine Eltern hingegen hätten die Existenz des Kindes zu vertreten und daher ihre abstammungsbezogenen Interessen grundsätzlich denen des Kindes unterzuordnen. Die Gefahr, im Rahmen eines Klärungsverfahrens zu Unrecht als potenzieller Vater in Anspruch genommen zu werden, sei - nicht anders als im Verfahren nach § 1600d Abs. 1 BGB - ebenfalls zumutbar. Zwar könne schon der Verdacht der Vaterschaft Details des Intimlebens zum Vorschein bringen. Das diesbezügliche Geheimhaltungsinteresse habe jedoch zurückzutreten. Die Gefahr, zu Unrecht zivil- oder strafrechtlich verfolgt oder verklagt zu werden, sei dem Rechtssystem immanent. Durch Klageabweisung, Klagerücknahme oder Freispruch könne der jeweilige Verdacht hinreichend geklärt oder vernichtet werden. Insoweit sei bei einer gesetzlichen Ausgestaltung des Klärungsanspruchs des Kindes allerdings darauf zu achten, dass der Geltendmachung des Anspruchs "ins Blaue hinein" Grenzen gesetzt würden. Zunächst müsse das Kind substantiiert darlegen, warum es gerade diesen Mann als leiblichen Vater in Betracht ziehe.

25

e) Der Deutsche Juristinnenbund hält den kategorischen Ausschluss des mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vaters aus dem Kreis der Anspruchsverpflichteten des § 1598a BGB ohne Möglichkeit einer Einzelfallprüfung angesichts der Vielgestaltigkeit der denkbaren Szenarien ebenfalls für verfassungswidrig. Es liege ein unverhältnismäßiger und damit nicht gerechtfertigter Eingriff in das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung vor. Das Recht des mutmaßlich leiblichen Vaters auf informationelle Selbstbestimmung müsse typischerweise gegenüber dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurücktreten. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung sei regelmäßig höher zu bewerten. Ein wichtiges Gegengewicht bilde hingegen der Schutz der gelebten familiären Beziehung. Eine solche sei im konkreten Fall jedoch nicht betroffen. Ein weiteres Gegengewicht könne das Recht der Mutter auf Wahrung ihrer Intimsphäre bilden. Auch dies stehe hier aber nicht im Raum. Die Verweisung auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren sei für das Kind in vielen Fällen unzumutbar. Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung besonderes Gewicht zu.

26

f) Auch der Deutsche Familiengerichtstag sieht die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Kenntnis der Abstammung verletzt, weil ihr Interesse an der statusunabhängigen Abstammungsklärung die Interessen der übrigen Beteiligten im konkreten Fall überwiege. Die Verweisung auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren reiche nicht aus, zumal auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung stets besonders hervorhebe. Zweifelhaft sei insbesondere, ob dem Kind zumutbar sei, zunächst eine bestehende rechtliche Vaterschaft zu beseitigen, um sodann eine Abstammungsklärung durch Vaterschaftsfeststellung anzustreben. Das Klärungsinteresse des Kindes überwiege hier in gleicher Weise die Interessen des Dritten wie bei einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Wenn das Recht des Antragsgegners auf informationelle Selbstbestimmung bei einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren zurücktreten müsse, obwohl ihn in einem solchen Verfahren erhebliche unterhalts- und erbrechtliche Konsequenzen treffen könnten, so müsse dieses Recht bei einem statusrechtlich folgenlosen Klärungsverfahren noch geringer gewichtet werden. Die Argumente des Gesetzgebers, den Zusammenhalt der sozialen Familiengemeinschaft und den Schutz Minderjähriger nicht gefährden zu wollen, gälten für Klärungswünsche eines volljährigen Kindes nicht. Es werde allerdings kein generelles schrankenloses Recht des Kindes auf Klärung der Abstammung, erst recht nicht derartig niederschwellig wie in § 1598a BGB befürwortet. Vielmehr sei es Aufgabe des Gesetzgebers, die Fallgruppen zu normieren, in denen anderweitige schützenswerte Interessen Dritter das Klärungsinteresse des Kindes überwögen.

B.

27

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten.

I.

28

Die Auslegung des § 1598a BGB durch Amtsgericht und Oberlandesgericht, wonach diese Regelung dem Kind keinen Anspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater darauf gewährt, dass dieser in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligt und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe duldet, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die von der Beschwerdeführerin angestrebte erweiternde verfassungskonforme Auslegung der Norm kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Eröffnung eines isolierten Abstammungsverfahrens nicht von Verfassungs wegen geboten ist.

II.

29

Die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegende Rechtslage, die weder in § 1598a BGB noch an anderer Stelle einen solchen isolierten Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater vorsieht, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Es verstößt insbesondere nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Kindes, dass es nach derzeitiger Rechtslage seine leibliche Abstammung von einem Mann, den es für seinen leiblichen Vater hält, der ihm jedoch rechtlich nicht als Vater zugeordnet ist, gegen den Willen dieses Mannes nur im Wege der Feststellung der rechtlichen Vaterschaft (§ 1600d BGB), nicht aber in einem isolierten Abstammungsuntersuchungsverfahren klären kann.

30

Die Frage der Aufklärbarkeit oder Unaufklärbarkeit der eigenen Abstammung vom vermeintlich leiblichen Vater betrifft den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der nach ihrer Abstammung suchenden Person (1). Dieser Schutz der Kenntnis der eigenen Abstammung ist nicht absolut, sondern muss mit widerstreitenden Grundrechten in Ausgleich gebracht werden, wofür der Gesetzgeber über einen Ausgestaltungsspielraum verfügt (2). Er kann und muss daher bei der Gestaltung der Abstammungsklärungsmöglichkeiten berücksichtigen, dass ein Abstammungsklärungsanspruch unterschiedliche gegenläufige Grundrechte betrifft (3). Der Gesetzgeber hat den Grundrechtskonflikt nicht vollständig zugunsten oder zulasten einer Seite gelöst (4). Die gewählte Lösung ist vom verfassungsrechtlichen Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers - auch im Lichte der Europäischen Konvention für Menschenrechte - gedeckt, obgleich auch eine andere gesetzliche Lösung verfassungsrechtlich denkbar wäre (5).

31

1. Die Frage der Aufklärbarkeit der eigenen Abstammung vom vermeintlich leiblichen Vater betrifft das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung schützt.

32

a) Art. 2 Abs. 1 GG gewährt jedem das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Dieses Grundrecht umfasst neben der allgemeinen Handlungsfreiheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Letzteres ergänzt als "unbenanntes" Freiheitsrecht die speziellen ("benannten") Freiheitsrechte, die ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen (vgl. BVerfGE 54, 148 <153>). Eine der Aufgaben des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist es dabei, Grundbedingungen dafür zu sichern, dass die einzelne Person ihre Individualität selbstbestimmt entwickeln und wahren kann (vgl. BVerfGE 35, 202 <220>; 79, 256 <268>; 90, 263 <270>; 117, 202 <225>). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt indessen nur solche Elemente der Persönlichkeitsentfaltung, die - ohne bereits Gegenstand der besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes zu sein - diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen (vgl. BVerfGE 79, 256 <268>; 99, 185 <193>; 120, 274 <303>; stRspr). Es verbürgt also nicht Schutz gegen alles, was die selbstbestimmte Persönlichkeitsentwicklung auf irgendeine Weise beeinträchtigen könnte; ohnehin vermag kein Mensch seine Individualität unabhängig von äußeren Gegebenheiten und Zugehörigkeiten zu entwickeln. Der lückenschließende Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts greift aber dann, wenn die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit spezifisch gefährdet ist (vgl. Degenhart, JuS 1992, S. 361 <361 und 368>; Eifert, Jura 2015, S. 1181 <1181 f. und 1182 f.>; Grimm, in: Karlsruher Forum - Schutz der Persönlichkeit, 1997, S. 3 <18>; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, 3. Aufl. 2009, § 148 Rn. 29; Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte, 31. Aufl. 2015, Rn. 409).

33

b) Spezifisch gefährdet werden kann die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit durch die Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene leibliche Abstammung (aa). Der Schutz der Kenntnis der eigenen Abstammung ist darum vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst, was nach ständiger Rechtsprechung zwar keinen Anspruch auf Verschaffung, wohl aber den Auftrag an den Staat enthält, vor der Vorenthaltung verfügbarer Abstammungsinformationen zu schützen (bb).

34

aa) Die Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene leibliche Abstammung kann die freie Entfaltung der Persönlichkeit spezifisch gefährden.

35

Die Kenntnis der eigenen Abstammung kann für die Entwicklung der Persönlichkeit von erheblicher Bedeutung sein. Die Möglichkeit, sich als Individuum nicht nur sozial, sondern auch genealogisch in eine Beziehung zu anderen zu setzen, kann im Bewusstsein der einzelnen Person eine Schlüsselstellung für ihre Individualitätsfindung wie für ihr Selbstverständnis und ihre langfristigen familiären Beziehungen zu anderen einnehmen. Umgekehrt kann die Unmöglichkeit, die eigene Abstammung zu klären, die einzelne Person erheblich belasten und verunsichern (vgl. BVerfGE 79, 256 <268 f.>; 90, 263 <270 f.>; 96, 56 <63>; 117, 202 <225 f.>).

36

Zwar lässt sich nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht mit Sicherheit feststellen, welche Bedeutung für die Entwicklung der Persönlichkeit gerade der hier zu beurteilende Umstand hat, dass sich der vermeintlich leibliche Vater weigert, zur Aufklärung der Abstammung beizutragen. Die in diesem Verfahren von den Fachverbänden angeführten Studien zur Situation von früh adoptierten Kindern, Pflegekindern und Kindern, die aus heterologer Samenspende hervorgegangen sind (oben A III 4 a, b), geben über diese Konstellation nicht unmittelbar Aufschluss. Die Vertreterin des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen hat ausgeführt, es gebe keine "punktgenaue" empirische Forschung zu der Frage, was die Unaufklärbarkeit der leiblichen Abstammung von einem Mann, dessen leibliche Vaterschaft vermutet wird, für die Persönlichkeitsentwicklung des mutmaßlichen Kindes bedeutet. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht hat geäußert, wissenschaftliche Erkenntnisse legten eine Diskrepanz nahe zwischen der im juristischen Diskurs der Kenntnis der eigenen Abstammung zugemessenen herausragenden Bedeutung und der (entwicklungs-)psychologisch feststellbaren Bedeutung dieser Kenntnis für die Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung (oben A III 4 c).

37

Jedoch haben die Vertreterinnen beider Fachverbände hier - auch vor dem Hintergrund ihrer praktischen Erfahrungen - ihre Einschätzung dargelegt, dass die Unaufklärbarkeit der eigenen Abstammung die Entfaltung der Persönlichkeit im Einzelfall stark belasten kann. Es erscheint plausibel, dass jedenfalls die Vorenthaltung von verfügbaren Abstammungsinformationen auch in der hier zu beurteilenden Konstellation die selbstbestimmte Entwicklung von Individualität spezifisch beeinträchtigen kann. Wenn der mutmaßlich leibliche Vater dem nach seiner Identität suchenden Kind die Mitwirkung an der Abstammungsklärung verweigert, findet sich das Kind in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis wie es etwa adoptierte Kinder erleben können, wenn sie sich durch ihre rechtlichen Eltern an der Aufklärung ihrer leiblichen Abstammung gehindert sehen. Dass die Vereitelung und Behinderung der Aufklärung der genetischen Ursprünge dann zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können, haben die Fachverbände unter Bezugnahme auf Ergebnisse von Forschung zu diesen Konstellationen dargelegt (oben A III 4 a, b).

38

bb) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gibt keinen Anspruch auf Verschaffung, schützt aber vor der Vorenthaltung verfügbarer Abstammungsinformationen (vgl. BVerfGE 79, 256 <268 f.>; 90, 263 <270 f.>; 96, 56 <63>). Im Vordergrund dieses Schutzes der Kenntnis der eigenen Abstammung steht die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates, der Schutzbedürftigkeit der Einzelnen vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung bei der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen. In aller Regel ist es nicht der allein unmittelbar grundrechtsgebundene Staat, der die Betroffenen an der Erlangung von Informationen zu ihrer leiblichen Herkunft hindert. Vielmehr verweigern Privatpersonen, wie im vorliegenden Fall der vermeintlich leibliche Vater der Beschwerdeführerin, die notwendige Mitwirkung an der Aufklärung eines vermuteten Abstammungszusammenhangs. Der Staat bleibt dann gleichwohl zum Schutz aufgerufen, weil sich die verweigerten Abstammungsinformationen nur mit seiner Hilfe erlangen lassen. Nötigenfalls muss ein Verfahren bereitstehen, in welchem die Klärung erfolgen kann (vgl. BVerfGE 117, 202 <227>).

39

2. Der Schutz der Kenntnis der eigenen Abstammung ist nicht absolut (vgl. Di Fabio, in: Maunz-Dürig, GG, Bd. 1, Stand 39. Lieferung 2001, Art. 2 Abs. 1 Rn. 212; Enders, NJW 1989, S. 881 <882>), vielmehr muss das zugrunde liegende allgemeine Persönlichkeitsrecht mit widerstreitenden Grundrechten (unten 3) in Ausgleich gebracht werden. Der Gesetzgeber verfügt dabei über Spielraum (a). Auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann nicht die konkrete Verpflichtung des Gesetzgebers entnommen werden, dem Kind einen isolierten Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater einzuräumen (b).

40

a) Die Verfassung schränkt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung privater Rechtsbeziehungen insoweit ein, als er die objektiv-rechtlichen Gehalte der Verfassung, wie sie namentlich in den Grundrechten zum Ausdruck kommen, beachten und zu deren Verwirklichung beitragen muss (vgl. BVerfGE 38, 241 <253>; stRspr). Bei der Ausgestaltung privater Rechtsbeziehungen kommen dem Gesetzgeber aber grundsätzlich weite Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielräume zu. Sie bestehen vor allem dort, wo es um die Berücksichtigung widerstreitender Grundrechte geht (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; stRspr). Der Gesetzgeber, der diese Interessen zu einem gerechten Ausgleich bringen will, hat die Interessenlage zu bewerten, muss also die einander entgegenstehenden Belange gewichten und ihre Schutzbedürftigkeit bestimmen (vgl. BVerfGE 97, 169 <176>). Nur ausnahmsweise lassen sich aus den Grundrechten des Grundgesetzes konkrete Regelungspflichten des Privatrechtsgesetzgebers ableiten (vgl. BVerfGE 96, 56 <64>; stRspr).

41

b) Zwar hat das Bundesverfassungsgericht gerade hinsichtlich der Kenntnis der Abstammung konkretere Regelungspflichten des Gesetzgebers festgestellt. Eine konkrete Verpflichtung des Gesetzgebers, dem Kind einen isolierten Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater einzuräumen, ist der Rechtsprechung jedoch nicht zu entnehmen.

42

aa) Wegen des grundrechtlichen Schutzes der Kenntnis der eigenen Abstammung hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1989 die damalige Rechtslage beanstandet, nach der die Realisierungsmöglichkeiten einer Ehelichkeitsanfechtung, über welche die Abstammungsklärung eines ehelich geborenen Kindes vom mutmaßlich leiblichen Vater im Wege der Vaterschaftsfeststellung (damals nach § 1600a BGB in der Fassung des Gesetzes vom 19. August 1969, BGBl I S. 1243) führen musste, zu eng bemessen waren (vgl. BVerfGE 79, 256 <274>). Dem hat der Gesetzgeber abgeholfen. Die Anfechtungsmöglichkeiten des Kindes sind heute in § 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB weit gefasst, so dass auch der Weg zur Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB leichter gangbar ist. Eine über die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB hinaus gehende Möglichkeit der isolierten Abstammungsklärung hat das Bundesverfassungsgericht nicht verlangt.

43

bb) Daran anschließend hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1994 die für die Ehelichkeitsanfechtung durch das Kind geltenden, kenntnisunabhängigen Anfechtungsfristen für zu streng befunden, weil auch hierdurch die von der vorausgehenden Ehelichkeitsanfechtung abhängige Möglichkeit der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung und damit die Möglichkeit der Abstammungsklärung unverhältnismäßig eingeschränkt wurde (vgl. BVerfGE 90, 263 <270 ff.>). Eine über die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB hinaus gehende Möglichkeit der isolierten Abstammungsklärung hat das Bundesverfassungsgericht auch hier nicht gefordert. Es hat dem Gesetzgeber aber die Möglichkeit aufgezeigt, seinem mit der beanstandeten Regelung verfolgten Anliegen, die Verwandtschaftsverhältnisse im Hinblick auf die an sie geknüpften Rechtsfolgen nicht unbegrenzt in der Schwebe zu lassen, alternativ dadurch Rechnung zu tragen, dass er dem volljährigen Kind die Klärung seiner Abstammung durch eine Feststellungsklage ohne Auswirkungen auf die Verwandtschaftsverhältnisse ermöglicht (vgl. BVerfGE 90, 263 <272>). Bereits damals hat das Bundesverfassungsgericht die Einführung einer isolierten Abstammungsklärung für verfassungsrechtlich möglich, aber nicht für verfassungsrechtlich geboten gehalten. Der Gesetzgeber hat den Verfassungsverstoß indessen dadurch behoben, dass er die Anfechtungsfrist kenntnisabhängig geregelt (§ 1600b Abs. 1 Satz 2 BGB) und auf diese Weise mittelbar die Möglichkeiten der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung (§ 1600d BGB) erweitert hat.

44

cc) Zu der inhaltlich verwandten Frage, ob das Kind einen Anspruch gegen seine Mutter auf Benennung des dem Kind bislang nicht bekannten Mannes hat, von dem es leiblich abstammt, hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1997 festgestellt, dass das Interesse des Kindes an einer solchen Auskunft durch sein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung geschützt ist, dass durch dieses Recht aber kein bestimmtes Ergebnis vorgegeben ist. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist vielmehr vom Gesetzgeber oder von den Gerichten bei der Ausgestaltung der privatrechtlichen Beziehungen im Lichte der Grundrechte zu entscheiden (vgl. BVerfGE 96, 56 <63>).

45

dd) Hingegen muss es dem rechtlichen Vater grundsätzlich möglich sein, die leibliche Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes überprüfen zu können. Für diesen Fall hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2007 die Bereitstellung eines isolierten Abstammungsklärungsverfahrens verlangt. Es hat festgestellt, dass zum Recht eines Mannes auf Kenntnis, ob ein Kind von ihm abstammt, auch die rechtliche Möglichkeit gehört, in einem Verfahren die Abstammung des Kindes von ihm klären und feststellen zu lassen, ohne dass daran zwingend weitere rechtliche Folgen geknüpft werden. Die gegenläufigen Interessen der anderen Beteiligten haben in dieser Konstellation hinter dem Anspruch des Vaters zurückzutreten. Dem Gesetzgeber verbleibt insofern ausnahmsweise kein Spielraum (vgl. BVerfGE 117, 202 <229 ff.>).

46

Dieser Verdichtung des verfassungsrechtlichen Schutzes der Abstammungskenntnis zu dem konkreten grundrechtlichen Anspruch auf Bereitstellung eines Klärungsverfahrens liegt - anders als in der hier zu beurteilenden Situation - eine Konstellation zugrunde, in der das Verfahren der Überprüfung einer bestehenden rechtlichen Vaterschaft dient. In diesem Fall ist die Ermöglichung der Abstammungsklärung einerseits wichtig, weil das geltende Recht die leibliche Vaterschaft in weiten Teilen vermutet (§ 1592 Nr. 1 und Nr. 2 BGB); dies erfordert ein Verfahren, in dem im Einzelfall Zweifel an der leiblichen Vaterschaft geklärt werden können (vgl. BVerfGE 117, 202 <231 f.>). Andererseits ist die Belastungswirkung der Abstammungsklärung für andere (unten 3) bei der Beschränkung auf bestehende rechtliche Zuordnungen regelmäßig geringer, weil dann von vornherein nur die rechtlichen Familienmitglieder in die Aufklärung der leiblichen Abstammungsverhältnisse einbezogen sind. Ein entsprechendes Klärungsverfahren kann damit weniger Personen in ihren Grundrechten treffen als die hier in Rede stehende Klärung zwischen Personen, die nicht einer rechtlichen Familie angehören. Insbesondere ist in diesen Fällen die Gefahr ausgeschlossen, außenstehende Personen ohne sachliche Anhaltspunkte und damit "ins Blaue hinein" mit einem Klärungsbegehren zu konfrontieren.

47

Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, dem rechtlichen Vater ein Verfahren zur isolierten Aufklärung seiner leiblichen Vaterschaft bereitzustellen, ist schließlich vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich hierfür ein besonderes Bedürfnis mit Rücksicht darauf ergeben hat, dass Kinder in dieser Konstellation wirksam davor zu schützen sind, durch mit Hilfe von genetischem Datenmaterial seitens rechtlicher Väter heimlich eingeholte Vaterschaftstests in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt zu werden (vgl. BVerfGE 117, 202 <228 f.>). Kinder sind hier als schwächste Glieder besonders auf den ihnen nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG gebührenden Schutz der staatlichen Gemeinschaft vor heimlicher Verletzung ihrer informationellen Privatsphäre durch einen Elternteil angewiesen.

48

ee) Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, dem Kind einen isolierten Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater einzuräumen, hat das Bundesverfassungsgericht hingegen nicht festgestellt. Insoweit bleibt es beim Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den er benötigt, um einen angemessenen Ausgleich der gegenläufigen Grundrechte herbeizuführen.

49

3. Der Regelungsspielraum, innerhalb dessen der Gesetzgeber im Wege der Abwägung eine Lösung suchen muss, ist neben dem bereits betrachteten Recht des Kindes (oben 1) durch gegenläufige Grundrechte der Personen bestimmt, die durch ein Abstammungsklärungsverfahren beeinträchtigt werden. Das können die Mutter des Kindes (unten b aa), der zur Abstammungsklärung verpflichtete Mann und die Mitglieder seiner rechtlichen oder sozialen Familie (unten b bb) wie auch die Mitglieder der rechtlichen oder sozialen Familie des Kindes (unten b cc), insbesondere der rechtliche Vater des Kindes (unten b dd) sein. Die vom Gesetzgeber zu treffende Abwägungsentscheidung ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass weder er noch im Einzelfall die Gerichte vorab das Gewicht der betroffenen Grundrechtspositionen sicher bestimmen können, weil streitige Abstammungsverhältnisse vor ihrer förmlichen Aufklärung stets ungewiss sind (unten a).

50

a) Welche und wessen Grundrechte von einer gegen den Willen des vermeintlich leiblichen Vaters durchgeführten Abstammungsklärung in welchem Maße betroffen sind, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Dabei wiegen die meisten Beeinträchtigungen weniger schwer, wenn der zur Abstammungsklärung gegen seinen Willen verpflichtete Mann tatsächlich der leibliche Vater des Kindes ist als wenn dies nicht der Fall ist. Auch sind hier der leibliche Vater und die Mutter des Kindes gegenüber den Interessen des Kindes von vornherein weniger schutzbedürftig als außenstehende Personen. Leibliche Eltern haben die Existenz des Kindes zu vertreten und haben daher grundsätzlich ihre Geheimhaltungsinteressen dem Aufklärungsinteresse des Kindes unterzuordnen. Für Außenstehende gilt das nicht.

51

Indessen begegnet der Gesetzgeber bei der Suche nach einem angemessenen Grundrechtsausgleich der Schwierigkeit, dass sich vor der Durchführung eines Abstammungsklärungsverfahrens in den hier allein interessierenden streitigen Fällen niemals mit Gewissheit sagen lässt, ob ein Mann tatsächlich der leibliche Vater des Kindes ist. Erst das Abstammungsklärungsverfahren soll gerade diese Ungewissheit beseitigen. Die Eröffnung eines isolierten Abstammungsklärungsverfahrens könnte daher weder durch gesetzliche Regelung noch im Einzelfall durch die Gerichte von vornherein auf jene Fälle beschränkt werden, in denen der mutmaßlich leibliche Vater das Kind tatsächlich gezeugt hat. Es muss vielmehr in Rechnung gestellt werden, dass es auch in jenen Konstellationen zur Durchführung eines Abstammungsverfahrens und den damit verbundenen Beeinträchtigungen kommt, in denen der verpflichtete Mann nicht leiblicher Vater des Kindes ist. Dies wäre für die Abwägung nicht von allzu großem Gewicht, wenn sich die Grundrechtsbeeinträchtigungen bei negativem Ausgang der Vaterschaftsklärung erübrigten. Die meisten der durch das Abstammungsklärungsverfahren bereits eingetretenen Grundrechtsbeeinträchtigungen lassen sich aber auch bei negativem Ausgang der Abstammungsuntersuchung nicht rückgängig machen und erledigen sich auch nicht von selbst (unten b aa und bb (1), (2), (3), (4)). Zwar ließe sich das Risiko unergiebiger Abstammungsuntersuchungen reduzieren, indem der Abstammungsklärungsanspruch an Voraussetzungen geknüpft würde, die dafür sprechen, dass der in Anspruch genommene Mann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit tatsächlich der Erzeuger des Kindes ist. In den hiernach zugelassenen Verfahren wäre die Grundrechtsbeeinträchtigung dadurch aber umso intensiver und könnte gleichwohl selbst dann nicht rückgängig gemacht werden, wenn das Verfahren am Ende einen negativen Befund erbrächte (unten b bb (5)). Dies schließt die gesetzliche Eröffnung eines solchen Verfahrens nicht von Verfassungs wegen aus, darf vom Gesetzgeber aber berücksichtigt werden.

52

b) Die Verpflichtung des mutmaßlich leiblichen Vaters zur Mitwirkung an der Abstammungsklärung kann je nach Fallkonstellation verschiedene Personen in ihren Grundrechten beeinträchtigen.

53

aa) Mittelbar berührt sein kann durch die Aufklärung der tatsächlichen leiblichen Vaterschaft das Persönlichkeitsrecht der Mutter aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, das ihr als Ausprägung des Schutzes der Privat- und Intimsphäre das Recht einräumt, geschlechtliche Beziehungen nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt (vgl. BVerfGE 96, 56 <61>; 117, 202 <233>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Februar 2015 - 1 BvR 472/14 -, juris, Rn. 29).

54

Durch die Aufklärung der leiblichen Vaterschaft eines Mannes, der nicht rechtlicher Vater des Kindes ist, werden unter Umständen eine bislang verschwiegene geschlechtliche Beziehung der Mutter zu diesem Mann und damit intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbar. Zwar wäre die Schutzwürdigkeit des Interesses der Mutter, diese Beziehung nicht offenbar werden zu lassen, von vornherein zugunsten des Interesses ihres Kindes reduziert, seine eigene Abstammung zu kennen, wenn das Kind tatsächlich aus dieser geschlechtlichen Beziehung hervorgegangen wäre. Gerade darüber besteht jedoch Ungewissheit, die mit dem angestrebten Verfahren erst noch beseitigt werden soll. Wenn die Abstammungsuntersuchung ergibt, dass der Mann nicht der leibliche Vater des Kindes ist, ist zwar die Möglichkeit der Zeugung durch diesen Mann ausgeräumt, nicht jedoch auch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung der Mutter zu diesem Mann, die gleichwohl bestanden haben könnte. Ist das Kind aber nicht aus dieser Beziehung hervorgegangen, steht der Mutter auch im Verhältnis zum rechtlichen Schutz des Kindesinteresses, seine leibliche Abstammung zu kennen, der Schutz ihres Interesses daran, die geschlechtliche Beziehung zu diesem Mann nicht offenbar werden zu lassen, ungemindert zu.

55

bb) Stets betroffen sind Grundrechte des Mannes, dessen leibliche Vaterschaft gegen seinen Willen geklärt werden soll.

56

(1) Durch einen Abstammungsklärungsanspruch betroffen ist dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Es schützt die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Zu diesen grundrechtlich geschützten Daten gehören auch solche, die Informationen über genetische Merkmale einer Person enthalten, aus denen sich in Abgleich mit den Daten einer anderen Person Rückschlüsse auf die Abstammung ziehen lassen (vgl. BVerfGE 117, 202 <228> m.w.N.). Diese Beeinträchtigung wäre nicht rückgängig zu machen und erledigte sich auch nicht von selbst, wenn sich herausstellte, dass der Mann nicht der leibliche Vater ist.

57

(2) Daneben geht mit der für die Abstammungsklärung erforderlichen Untersuchung ein ebenfalls nicht reversibler, allerdings geringfügiger Eingriff in das Recht des zur Mitwirkung verpflichteten Mannes auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) einher.

58

(3) Des Weiteren steht auch dem Mann, dessen leibliche Vaterschaft gegen seinen Willen festgestellt werden soll, das mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützte Recht zu, geschlechtliche Beziehungen nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (oben aa; vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Februar 2015 - 1 BvR 472/14 -, juris, Rn. 29). Dieses Recht ist durch die Erzwingung einer Abstammungsuntersuchung betroffen, weil bereits hierdurch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Mutter des Kindes letztlich unwiderlegbar in den Raum gestellt ist. Ergibt die Abstammungsuntersuchung, dass der Mann nicht der leibliche Vater des Kindes ist, ist damit nicht auch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Mutter des Kindes ausgeschlossen, die gleichwohl bestanden haben könnte. Wie die Mutter ist auch der Mann im Falle, dass er tatsächlich leiblicher Vater des Kindes ist, in seinem Geheimhaltungsinteresse angesichts des Aufklärungsinteresses seines Kindes weniger schutzwürdig. Wiederum lässt sich dies aber wegen der Ungewissheit der Vaterschaft erst mittels einer Abstammungsuntersuchung klären, deren grundrechtsbeeinträchtigende Wirkung indessen auch bei negativem Ausgang nicht rückgängig gemacht werden kann.

59

(4) Darüber hinaus kann die Abstammungsklärung den zur Mitwirkung verpflichteten Mann und seine Familie in ihrem durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Familienleben beeinträchtigen. Dieses bleibt nicht unberührt, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass der Mann ein weiteres Kind haben könnte. Das gilt unabhängig davon, ob sich der Verdacht durch die Abstammungsuntersuchung bestätigt oder nicht, und ist auch bei negativem Ausgang der Abstammungsklärung nicht vollständig reversibel. Die Belastung besteht aber erst recht, wenn sich eine weitere Vaterschaft im Abstammungsklärungsverfahren tatsächlich als gegeben erweist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. Februar 2015 - 1 BvR 472/14 -, juris, Rn. 45).

60

(5) Mit der Ermöglichung der isolierten Abstammungsklärung zwischen Personen, die nicht durch ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis verbunden sind, geht zudem die Gefahr einher, dass Abstammungsuntersuchungen "ins Blaue hinein" erfolgen (vgl. Rauscher, in: Staudinger, BGB, 2011, § 1598a Rn. 19); die genannten Grundrechtsbeeinträchtigungen könnten daher eine erhebliche personelle Streubreite entfalten. Bei der Klärung nach § 1598a BGB, also innerhalb der rechtlichen Familie, besteht diese Gefahr nicht, weil der Kreis der Berechtigten und Verpflichteten hier auf die Mitglieder der rechtlichen Familie beschränkt ist. Dieses Regulativ entfällt aber, wenn wie in der vorliegenden Konstellation zwangsläufig auch Außenstehende als Verpflichtete einbezogen werden.

61

Dem könnte der Gesetzgeber dadurch vorbeugen, dass er einen Klärungsanspruch gegenüber dem angeblich leiblichen Vater an besondere Voraussetzungen knüpft. Er könnte verlangen, dass Umstände erkennbar sind, die auf die Möglichkeit der leiblichen Vaterschaft des in Anspruch genommenen Mannes schließen lassen. Für den dadurch eingeengten Kreis der Betroffenen steigerte eine solche Regelung die Beeinträchtigung der Privat- und Intimsphäre allerdings noch. Denn die gerichtliche Verpflichtung zur Mitwirkung an der Abstammungsuntersuchung setzte dann voraus, dass - auch dem Gericht - die leibliche Vaterschaft aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte möglich erschiene. Das implizierte zwangsläufig, dass auch eine geschlechtliche Beziehung des Mannes zur Mutter des Kindes, aus der das Kind hervorgegangen sein könnte, möglich wäre. Aus Sicht der betroffenen potenziellen Elternteile wäre das wiederum auch deshalb problematisch, weil sich die damit verbundene Beeinträchtigung ihrer Privat- und Intimsphäre selbst dann nicht erledigte, wenn die Abstammungsuntersuchung ergäbe, dass der Mann das Kind nicht gezeugt hat. Denn damit wäre lediglich die leibliche Vaterschaft, nicht aber die zuvor in einem gerichtlichen Verfahren konstatierte Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zwischen dem vermeintlich leiblichen Vater und der Mutter des Kindes widerlegt.

62

(6) Selbst wenn der Umstand einer einstigen geschlechtlichen Beziehung des angeblichen Vaters zur Mutter des Kindes den Beteiligten und deren Familien ohnehin bekannt ist, kann - wie der Bevollmächtigte des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - ein Interesse des angeblichen Vaters bestehen, dass es nicht mehr zur weiteren Aufklärung der leiblichen Abstammung des Kindes von ihm kommt. Es mag ein Mann, dessen einstige geschlechtliche Beziehung zur Mutter offen liegt, in der berechtigten Annahme gelebt haben, nicht Vater des Kindes zu sein, insbesondere weil eine frühere Abstammungsbegutachtung, wie hier, zur Verneinung seiner Vaterschaft geführt hat. Auch die Annahme eines Mannes, nicht der leibliche Vater eines bestimmten Kindes zu sein, kann Einfluss auf sein Selbstverständnis haben (vgl. umgekehrt für die positive Annahme eines Vater-Kind-Verhältnisses BVerfGE 117, 202 <226>).

63

cc) Die Anordnung und Durchführung einer Abstammungsuntersuchung, durch welche die leibliche Vaterschaft geklärt wird, beeinträchtigen unter Umständen auch das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familienleben der Mitglieder der bestehenden rechtlichen Familie des Kindes. Die Familie ist bereits durch das Verfahren zur Abstammungsklärung mit dem Verdacht und einer Möglichkeit der Aufdeckung fehlender leiblicher Abstammung des Kindes vom rechtlichen Vater konfrontiert. Das nimmt den Beteiligten Gewissheit und Vertrauen in ihre familiären Beziehungen. Die Belastung tritt spiegelbildlich zu derjenigen Familie des angeblich leiblichen Vaters bereits dadurch ein, dass die Möglichkeit der leiblichen Abstammung von einem anderen Mann im Raum steht. Die Belastung des Familienlebens ist aber besonders groß, wenn sich bei der Abstammungsklärung herausstellte, dass der rechtliche Vater nicht leiblicher Vater des Kindes ist (vgl. BVerfGE 135, 48 <86 f. Rn. 105 ff.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. November 2014 - 1 BvR 2843/14 -, juris, Rn. 8). Dies wiegt schwerer, solange das Kind noch minderjährig und auf den Schutz seiner Familie besonders angewiesen ist.

64

Zwar vermag der Ausschluss der Abstammungsklärung weder zu verhindern, dass das Kind Verdacht über seine Abstammung von einem anderen Mann schöpft, noch dass es diesen Verdacht in der Familie zur Sprache bringt. Insoweit wird daher durch die Verwehrung der Möglichkeit der Abstammungsklärung das Familienleben nicht geschützt. Wohl aber verhindert dies, dass die Frage der leiblichen Vaterschaft aus der Familie hinausgetragen und vor einem staatlichen Gericht erörtert wird. Weil in dem Prozess eine selbständige, von dem vorangehenden Verhalten der Beteiligten unabhängige Gefahr für das Familienleben liegt, bietet die Verwehrung eines Abstammungsklärungsverfahrens dem Familienleben der rechtlichen Familie einen gewissen Schutz (vgl. BVerfGE 79, 256 <271>).

65

dd) Schließlich berührt die Abstammungsklärung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des rechtlichen Vaters, in dessen Selbstverständnis die Annahme, in genealogischer Beziehung zu seinem Kind zu stehen, eine Schlüsselstellung einnehmen kann (vgl. BVerfGE 117, 202 <225 f.>).

66

4. Der Gesetzgeber hat diesen nicht vollständig auflösbaren Grundrechtskonflikt im geltenden Recht nicht zugunsten oder zulasten allein einer Seite entschieden. Er hat zwar dem Kind gegenüber einem ihm rechtlich nicht als Vater zugeordneten Mann kein Verfahren zur isolierten Abstammungsklärung eröffnet. Er hat aber das Vaterschaftsfeststellungsverfahren nach § 1600d BGB bereitgestellt, welches die inzidente Klärung der leiblichen Abstammung vom mutmaßlich leiblichen Vater ermöglicht; bei positivem Ausgang führt es zur Begründung eines rechtlichen Vater-Kind-Verhältnisses einschließlich aller damit verbundenen wechselseitigen Rechte und Pflichten.

67

An der bis dahin verfolgten Linie, die Abstammungsklärung im Verhältnis zu einer rechtlich bislang nicht familiär verbundenen Person nur zu ermöglichen, wenn die Klärung auf die Begründung rechtlicher Eltern-Kind-Verantwortung zielt (§ 1600d BGB), hat der Gesetzgeber bewusst festgehalten, als er aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum heimlichen Vaterschaftstest vom 13. Februar 2007 (BVerfGE 117, 202) die isolierte Abstammungsklärung innerhalb der rechtlichen Familie durch § 1598a BGB ermöglicht hat (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 16/6561, S. 12; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 16/8219, S. 6 f.).

68

Auch mit der in Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 20578/07, Anayo/Deutschland -, juris; Urteil vom 15. September 2011 - 17080/07, Schneider/Deutschland -, juris; Urteil vom 22. März 2012 - 23338/09, Kautzor/Deutschland -, juris; Urteil vom 22. März 2012 - 45071/09, Ahrens/Deutschland -, juris) eingeführten Regelung in § 1686a BGB ist keine grundsätzliche Neuausrichtung erfolgt. Danach ist eine inzidente Klärung der Abstammung möglich (vgl. § 167a Abs. 2 FamFG), wenn der mutmaßlich leibliche Vater Umgang mit dem Kind oder Auskunft über das Kind begehrt, worin ebenfalls der Wunsch nach Übernahme einer gewissen tatsächlichen Pflege- und Erziehungsverantwortung gesehen werden kann.

69

5. Mit der Entscheidung, neben der Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB keine isolierte Abstammungsklärung gegenüber dem angeblich leiblichen Vater zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber den ihm hier zustehenden Ausgestaltungsspielraum nicht überschritten (a). Die Berücksichtigung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Auslegungshilfe führt zu keinem anderen Ergebnis (b).

70

a) Die Entscheidung des Gesetzgebers, neben der Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB keine isolierte Abstammungsklärung gegenüber dem angeblich leiblichen Vater zu ermöglichen, wahrt die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Ausgestaltung. Die Bereitstellung eines solchen Verfahrens wäre dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich möglich. Zwingend vorgegeben ist ihm dies durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes jedoch nicht. Ein solches Verfahren könnte - je nach Ausgestaltung unterschiedlich intensiv - zahlreiche Grundrechte der anderen Betroffenen beeinträchtigen (oben 3), die der Gesetzgeber gegen den grundrechtlich gebotenen Schutz der Abstammungskenntnis abzuwägen hat. Das Ergebnis der erforderlichen Abwägungen ist hier verfassungsrechtlich weder in die eine noch in die andere Richtung eindeutig vorgezeichnet.

71

aa) Der auf der einen Seite stehende Schutz gegen die Vorenthaltung verfügbarer Abstammungsinformationen kann schwer wiegen, weil die Unaufklärbarkeit der Abstammung vom mutmaßlich leiblichen Vater die betroffene Person im Einzelfall stark belasten kann (oben B II 1 b). Indessen bleibt ein Kind, das seine Abstammung von einem Mann klären will, den es für seinen leiblichen Vater hält, nach der aktuellen Gesetzeslage nicht rechtlos, weil es gemäß § 1600d BGB die Feststellung der Vaterschaft dieses Mannes beantragen und damit inzident dessen leibliche Vaterschaft klären kann. Hat das Kind einen rechtlichen Vater, ist ein solches Vaterschaftsfeststellungsverfahren gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater allerdings nur möglich, wenn es zunächst die Vaterschaft des rechtlichen Vaters erfolgreich anficht (§ 1600d Abs. 1 BGB). Dass die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren nicht von der Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB Gebrauch machen konnte, liegt hingegen nicht an einer entgegenstehenden rechtlichen Vaterschaft, sondern an den besonderen Umständen des konkreten Falls. Weil sie bereits einmal erfolglos im Wege der Vaterschaftsfeststellungsklage gegen den Antragsgegner vorgegangen ist, verstellt heute nach ihrer eigenen Einschätzung die Rechtskraft des damaligen abweisenden Urteils den Weg des § 1600d BGB. Der Bundesgerichtshof teilt diese Einschätzung in seiner Stellungnahme (vgl. auch BGHZ 156, 153). Im Fall der Beschwerdeführerin war die Möglichkeit der inzidenten Klärung der leiblichen Abstammung vom Antragsgegner im Wege der statusrechtlichen Vaterschaftsfeststellung danach nicht von Anfang an ausgeschlossen, sondern durch das frühere Verfahren verbraucht.

72

bb) Die auf der anderen Seite stehenden Grundrechte sind gegenüber dem Schutz der Abstammungskenntnis nicht generell als weniger gewichtig anzusehen. Die vom Gesetzgeber gewählte Lösung, kein isoliertes Abstammungsklärungsverfahren gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater zuzulassen, trägt dem für die Grundrechte der Betroffenen ungünstigsten und wegen der Ungewissheit der leiblichen Vaterschaft nicht ausschließbaren Fall Rechnung, dass ein Abstammungsklärungsverfahren zu negativem Ergebnis führt. Die Abstammungsuntersuchung würde dann auf der einen Seite dem Kind nicht die gewünschte Gewissheit über seine leibliche Abstammung verschaffen, beeinträchtigte aber auf der anderen Seite - weitgehend irreversibel - die Grundrechte der anderen. Weil die Eröffnung eines isolierten Abstammungsklärungsverfahrens weder durch gesetzliche Regelung noch im Einzelfall durch die Gerichte von vornherein auf jene Fälle beschränkt werden könnte, in denen der mutmaßlich leibliche Vater tatsächlich der Erzeuger des Kindes ist, durfte der Gesetzgeber - ohne dabei aber durch die Verfassung auf die gewählte Lösung festgelegt zu sein - seine Abwägung auch an der Konstellation ausrichten, dass der zur Mitwirkung an einer Abstammungsuntersuchung gezwungene vermeintlich leibliche Vater nicht der Erzeuger ist.

73

b) Die Berücksichtigung der als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten heranzuziehenden Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfGE 111, 307 <317>; 138, 296 <355 f., Rn. 149>) führt zu keinem anderen Ergebnis. Das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK schließt zwar nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte das Recht auf Identität ein, zu dem auch das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gehört (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Juli 2006 - 58757/00, Jäggi/Schweiz -, FamRZ 2006, S. 1354; Urteil vom 16. Juni 2011 - 19535/08, Pascaud/Frankreich -, NJW 2012, S. 2015 ff., insbes. S. 2016 f. Rn. 59). Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs lässt sich jedoch nicht ableiten, dass neben der rechtlichen Vaterschaftsfeststellung auch eine Möglichkeit der isolierten Abstammungsklärung bereitstehen müsste.

74

In der Rechtssache Mikulic (EGMR, Urteil vom 7. Februar 2002 - 53176/99, Mikulic/Kroatien -, insbes. Rn. 64) hat der Gerichtshof beanstandet, dass nach kroatischem Recht weder eine genetische Abstammungsklärung möglich war noch ein anderer Weg offen stand, die tatsächlichen Voraussetzungen für eine gerichtliche Anerkennung der rechtlichen Vaterschaft auf Betreiben des Kindes festzustellen. Das Verfahren betraf also nicht die isolierte Aufklärung der biologischen Vaterschaft, sondern die rechtliche Vaterschaftsfeststellung.

75

In der Rechtssache Odièvre hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 13. Februar 2003 - 42326/98, Odièvre/Frankreich -, NJW 2003, S. 2145 ff.) im Zusammenhang mit französischen Regelungen zur anonymen Geburt festgestellt, zur Entwicklung der Person gehöre das Recht, notwendige Informationen über wesentliche Aspekte ihrer eigenen Identität oder die ihrer Eltern zu erhalten. Dies betraf jedoch die Vorenthaltung von Personenstandsurkunden, die bei den Behörden lagen. Vor allem aber hat der Gerichtshof die Geheimhaltungsregelung im Ergebnis gebilligt, weil sie eine Möglichkeit vorsah, die Identität der Mutter offenzulegen, wenn die Mutter dem zustimmt. Entsprechend hat der Gerichtshof im Fall Godelli (EGMR, Urteil vom 25. September 2012 - 33783/09, Godelli/Italien -, juris) lediglich die absolute Weigerung der Behörden beanstandet, der dortigen Beschwerdeführerin Einblick in ihre persönliche Herkunft zu gewähren, ohne danach zu differenzieren, ob die Mutter an ihrem Wunsch, ihre Identität nicht preiszugeben, noch festhielt oder nicht. Vorliegend geht es aber gerade um die Ermöglichung der Abstammungsklärung gegen den Willen des mutmaßlichen Vaters.

76

Auch hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zwar, worauf die Beschwerdeführerin hinweist, festgestellt, dass das Interesse einer Person an der Feststellung ihrer Abstammung im Einzelfall dazu führen könne, dass der vermutete verstorbene Vater exhumiert werden müsse (vgl. EGMR, Urteil vom 13. Juli 2006 - 58757/00, Jäggi/Schweiz -, FamRZ 2006, S. 1354 f.). Die dortige Fallgestaltung unterscheidet sich jedoch von der hier für den Gesetzgeber maßgeblichen Abwägungssituation dadurch, dass dort der Abstammungsklärung nicht mehr gewichtige Persönlichkeitsinteressen des noch lebenden angeblichen Vaters entgegenstanden.

77

Auch die Entscheidung in der Rechtssache Pascaud (EGMR, Urteil vom 16. Juni 2011 - 19535/08, Pascaud/Frankreich -, NJW 2012, S. 2015 ff., insbes. S. 2017 Rn. 68) betrifft eine andere Rechtsfrage. Dort beanstandete der Gerichtshof, dass dem dortigen Beschwerdeführer eine rechtliche Anerkennung seiner Abstammung von einem zwischenzeitlich verstorbenen Mann verwehrt wurde, obwohl die biologische Abstammung aufgrund einer gerichtlich angeordneten DNA-Analyse mit 99,999%iger Sicherheit feststand und der Verstorbene keine Familie mehr hatte. Beanstandet wurde im Ergebnis die fehlende Möglichkeit der (erbrechtlich relevanten) rechtlichen Anerkennung der Vaterschaft, nicht das Fehlen der Möglichkeit einer isolierten Abstammungsklärung.

78

In Rechtsstreitigkeiten um Rechte eines mutmaßlich biologischen Vaters hat der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt, dass die Entscheidung, eine gesonderte statusunabhängige genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung eines Kindes nicht zu gestatten, innerhalb des staatlichen Ermessensspielraums liegt (vgl. EGMR, Urteil vom 22. März 2012 - 23338/09, Kautzor/Deutschland -, juris, Rn. 78 ff.).

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. Apr. 2016 - 1 BvR 3309/13

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Abstammung: Kein Anspruch auf Abstammungsklärung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen Vater

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Aus dem GG folgt kein Anspruch gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater, ein Verfahren zur rechtsfolgenlosen Klärung der Abstammung einleiten zu können.
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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Bundesverfassungsgericht Urteil, 19. Apr. 2016 - 1 BvR 3309/13 zitiert 17 §§.

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(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:1.der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,2.der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,3.die Mutter und4

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(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen. (2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit bei

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(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können1.der Vater jeweils von Mutter und Kind,2.die Mutter jeweils von Vater und Kind und3.das Kind jeweils von beiden Elternteilenverlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung e

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(1) Der Restitutionsantrag gegen einen rechtskräftigen Beschluss, in dem über die Abstammung entschieden ist, ist auch statthaft, wenn ein Beteiligter ein neues Gutachten über die Abstammung vorlegt, das allein oder in Verbindung mit den im früheren

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 167a Besondere Vorschriften für Verfahren nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs


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Tenor Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Verbleib der Urne mit den sterblichen Überresten des Heinz Georg Zielinski, verstorben am 24.03.2014 zu erteilen. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Ko

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(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Der Restitutionsantrag gegen einen rechtskräftigen Beschluss, in dem über die Abstammung entschieden ist, ist auch statthaft, wenn ein Beteiligter ein neues Gutachten über die Abstammung vorlegt, das allein oder in Verbindung mit den im früheren Verfahren erhobenen Beweisen eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme kann auch von dem Beteiligten erhoben werden, der in dem früheren Verfahren obsiegt hat.

(3) Für den Antrag ist das Gericht ausschließlich zuständig, das im ersten Rechtszug entschieden hat; ist der angefochtene Beschluss von dem Beschwerdegericht oder dem Rechtsbeschwerdegericht erlassen, ist das Beschwerdegericht zuständig. Wird der Antrag mit einem Nichtigkeitsantrag oder mit einem Restitutionsantrag nach § 580 der Zivilprozessordnung verbunden, ist § 584 der Zivilprozessordnung anzuwenden.

(4) § 586 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Anfechtung kann nicht durch einen Bevollmächtigten erfolgen.

(2) Die Anfechtungsberechtigten im Sinne von § 1600 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 können die Vaterschaft nur selbst anfechten. Dies gilt auch, wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind; sie bedürfen hierzu nicht der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Sind sie geschäftsunfähig, so kann nur ihr gesetzlicher Vertreter anfechten.

(3) Für ein geschäftsunfähiges oder in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind kann nur der gesetzliche Vertreter anfechten.

(4) Die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter ist nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Vertretenen dient.

(5) Ein geschäftsfähiger Betreuter kann die Vaterschaft nur selbst anfechten.

(1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind:

1.
der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593 besteht,
2.
der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
3.
die Mutter und
4.
das Kind.

(2) Die Anfechtung nach Absatz 1 Nr. 2 setzt voraus, dass zwischen dem Kind und seinem Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 keine sozial-familiäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat und dass der Anfechtende leiblicher Vater des Kindes ist.

(3) Eine sozial-familiäre Beziehung nach Absatz 2 besteht, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 zum maßgeblichen Zeitpunkt für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung liegt in der Regel vor, wenn der Vater im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist oder mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

(4) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Die Vaterschaft kann binnen zwei Jahren gerichtlich angefochten werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen; das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 2 erste Alternative hindert den Lauf der Frist nicht.

(1a) (weggefallen)

(2) Die Frist beginnt nicht vor der Geburt des Kindes und nicht, bevor die Anerkennung wirksam geworden ist. In den Fällen des § 1593 Satz 4 beginnt die Frist nicht vor der Rechtskraft der Entscheidung, durch die festgestellt wird, dass der neue Ehemann der Mutter nicht der Vater des Kindes ist.

(3) Hat der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind nach dem Eintritt der Volljährigkeit selbst anfechten. In diesem Falle beginnt die Frist nicht vor Eintritt der Volljährigkeit und nicht vor dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen.

(4) Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschäftsunfähigen die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann der Anfechtungsberechtigte nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit selbst anfechten. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Die Frist wird durch die Einleitung eines Verfahrens nach § 1598a Abs. 2 gehemmt; § 204 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Frist ist auch gehemmt, solange der Anfechtungsberechtigte widerrechtlich durch Drohung an der Anfechtung gehindert wird. Im Übrigen sind § 204 Absatz 1 Nummer 4, 8, 13, 14 und Absatz 2 sowie die §§ 206 und 210 entsprechend anzuwenden.

(6) Erlangt das Kind Kenntnis von Umständen, auf Grund derer die Folgen der Vaterschaft für es unzumutbar werden, so beginnt für das Kind mit diesem Zeitpunkt die Frist des Absatzes 1 Satz 1 erneut.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

Vater eines Kindes ist der Mann,

1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - wird aufgehoben und die Sache an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Gerichte die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB dazu verpflichtet haben, als Mutter eines Kindes dessen vormals rechtlichem Vater ("Scheinvater") nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen Vaters zu erteilen, damit der Scheinvater gegen den leiblichen Vater den Unterhaltsregressanspruch nach § 1607 Abs. 3 BGB durchsetzen kann.

I.

2

Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1599 ff. BGB) führt zu deren rückwirkender Beseitigung. Ebenfalls rückwirkend entfallen damit die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den rechtlichen Vater. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den ehemals rechtlichen Vater über (§ 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Einen Unterhaltsregressanspruch des Scheinvaters kennt das Bürgerliche Gesetzbuch bereits seit dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder von 1969 (§ 1615b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB a.F.).

3

Zur Geltendmachung des Regressanspruchs nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB ist der Scheinvater jedoch auf die Kenntnis der Person des leiblichen Vaters angewiesen. Fehlt ihm diese Kenntnis, stellt sich die Frage, ob er von der Mutter Auskunft darüber verlangen kann, wer als mutmaßlich leiblicher Vater in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch ist nicht ausdrücklich geregelt.

4

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259 ff.) dem Scheinvater einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch zuerkannt. Das durch die Auskunftspflicht berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege in Fällen, in denen sie den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst habe, regelmäßig nicht schwerer als der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz. In einem Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207 ff.) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die mit dem Scheinvater verheiratete Mutter nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zur Auskunft verpflichtet sein könne. In einem weiteren Beschluss hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Auskunftsanspruch stets die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung voraussetze und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter sowie der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander abzuwägen seien (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.).

II.

5

Die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin führte mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) - dem späteren Scheinvater - eine Beziehung, während derer sie schwanger wurde. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes wenige Monate altes Kind. Vor der Geburt dieses ersten Kindes hatten die Beschwerdeführerin und der Antragsteller bereits eine sexuelle Beziehung unterhalten, der das erste Kind aber nicht entstammt. Nachdem die Beschwerdeführerin und der Antragsteller infolge der zweiten Schwangerschaft geheiratet hatten, wurde die zweite Tochter der Beschwerdeführerin Anfang Oktober 1991 ehelich geboren, so dass der Antragsteller nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater dieses Kindes wurde. Die Beschwerdeführerin erwähnte gegenüber dem Antragsteller nicht, dass auch eine andere Person als Erzeuger des Kindes in Betracht kam, behauptete aber auch nicht ausdrücklich, dass der Antragsteller der leibliche Vater sei. Im Jahr 1994 eröffnete die Beschwerdeführerin dem Antragsteller in einem Brief die Möglichkeit, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden. Der Antragsteller beantragte das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Daraufhin lebte das Kind jedenfalls zeitweise bei ihm. Sowohl der Antragsteller als auch die Beschwerdeführerin zahlten zeitweise Kindesunterhalt.

6

Im Jahr 2010 focht der Antragsteller erfolgreich die Vaterschaft an. Im Oktober 2012 forderte er die Beschwerdeführerin zwecks Durchsetzung seines Unterhaltsregressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf mitzuteilen, wer der mutmaßlich leibliche Vater ihrer Tochter ist. Die Beschwerdeführerin verweigerte die Auskunft. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren auf Auskunft in Anspruch.

III.

7

1. Das Amtsgericht verpflichtete die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Beschluss, dem Antragsteller Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu geben. Der Anspruch folge aus § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB. Die für eine Auskunftsverpflichtung geforderte Sonderrechtsverbindung ergebe sich aus der Ehe der Beteiligten. Das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht vorrangig, da sie den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Nur sie habe über das Wissen verfügt, dass sie innerhalb der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

8

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfragen zu der aus § 242 BGB hergeleiteten Auskunftspflicht der Kindesmutter gegenüber dem Scheinvater seien durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259) grundsätzlich geklärt. Im Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207) habe der Bundesgerichtshof auch die Auskunftspflicht der - wie hier - geschiedenen Mutter nach der Anfechtung der ehelichen Vaterschaft gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bejaht.

9

Der Einwand, das dem Auskunftsanspruch vorausgegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen, sei angesichts der rechtskräftigen Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft unerheblich. Der weitere Einwand, auch der Regressanspruch gegen den biologischen Vater sei verjährt und verwirkt, stehe weder dem Rechtsschutzbedürfnis noch dem Auskunftsanspruch in der Sache entgegen.

10

Es könne dahinstehen, ob die Heirat vorwiegend auf Betreiben des Antragstellers oder der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Denn es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass ersterer, wie er dargelegt habe, die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt hätte, die bei ihm unstreitig frühestens 1994 aufgekommen sein könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Beschwerdeführerin seinerzeit selbst davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei der Vater. Weil sie in der Empfängniszeit Verkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, habe sie über ein Wissen verfügt, das ihre behauptete Sicherheit über die Vaterschaft des Antragstellers nicht gerechtfertigt habe.

11

Die Auskunftserteilung sei der Beschwerdeführerin zumutbar und die diesbezügliche Verpflichtung verletze nicht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dieses wiege auch in Fällen einer Eheschließung während der Schwangerschaft nicht stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die von der Mutter veranlasste Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses in nichtehelichen Beziehungen ihr Persönlichkeitsrecht zurücktreten lasse.

12

Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasse und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. "Ein solcher Eingriff" liege hier jedoch nicht vor. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Antragsteller stehe ohnehin fest, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Es gehe also nur noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Bei der gebotenen Interessenabwägung der beiderseitigen Rechte sei zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin durch das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz begrenzt sei. Ohne eine Auskunft der Beschwerdeführerin zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe, könne der Antragsteller den Anspruch auf Unterhaltsregress nicht durchsetzen.

IV.

13

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Sie habe zur Zeit der Zeugung des Kindes entsprechend dem Wunsch des Antragstellers mit diesem lediglich eine lockere Beziehung geführt, während derer sie lediglich einmal Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt, dies aber bei Feststellung der Schwangerschaft bereits wieder vergessen habe. Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers seien bei ihr erst aufgrund des Aussehens des Kindes aufgekommen, als dieses größer geworden sei. Sie habe jedoch niemals behauptet, dass nur der Antragsteller als Vater in Betracht gekommen sei und sie in der Empfängniszeit keinen anderen Sexualpartner gehabt habe. Dem Antragsteller sei es wichtig gewesen, "sich die Rechte an dem Kind zu sichern", weshalb er auch die Beschwerdeführerin aus freien Stücken geheiratet habe. Die Heiratspläne seien von ihm ausgegangen und von seinen Eltern forciert worden. Die Vaterschaft habe er erst angefochten, nachdem die Tochter ihn gebeten habe, für einen Antrag auf Ausbildungsförderung (BAföG) seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Bereits 1994 habe die Beschwerdeführerin dem Antragsteller jedoch in einem Brief die Möglichkeit eröffnet, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte.

15

Obwohl damit das Anfechtungsrecht verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen sei, habe das Vaterschaftsanfechtungsverfahren Erfolg gehabt, weil das anwaltlich nicht vertretene Kind dem Antrag letztlich nicht entgegengetreten sei. Auch der Regressanspruch sei wegen der bereits bei der Scheidung bestehenden Kenntnis der Möglichkeit, nicht der biologische Vater zu sein, verjährt und wegen des Verhaltens des Antragstellers verwirkt.

16

Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin dar. Der Antragsteller sei damals 27 Jahre alt gewesen, sei um einiges lebenserfahrener gewesen als die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin und habe gewusst, dass sie bereits ein Kind von einem anderen Mann gehabt habe. Sie habe ihn vor der Geburt nicht aufgefordert, ihn zu heiraten oder die Vaterschaft anzuerkennen. Beiden sei nach Feststellung der Schwangerschaft klar gewesen, dass er als Vater in Betracht komme. Da sie ihn nicht durch falsche Angaben zur Heirat veranlasst und zu diesem Zeitpunkt selbst keine Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers gehabt habe, begegne die Verpflichtung zur Auskunft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei ihr nicht zuzumuten, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen Vaters an der Beseitigung der dem Antragsteller entstandenen Nachteile mitzuwirken, zumal er diese bewusst in Kauf genommen habe, da er trotz des Wissens, wahrscheinlich nicht der Vater des Kindes zu sein, sowohl das Sorgerechtsverfahren angestrengt als auch Unterhaltsleistungen erbracht habe. Angesichts des Nichtbestehens einer Ehe, sondern einer nur lockeren Beziehung mit der Beschwerdeführerin und mangels entsprechender Aussagen ihrerseits, habe der Antragsteller auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keine weiteren sexuellen Kontakte gehabt habe. Es sei ihm unbenommen gewesen, vor der Heirat eine Aufklärung über seine Vaterschaft herbeizuführen oder die Eingehung der Ehe beziehungsweise eine Anerkennung der Vaterschaft von der Feststellung seiner biologischen Vaterschaft abhängig zu machen. Die Verpflichtung zur Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin mit dem Antragsteller weder verheiratet gewesen sei noch mit ihm in einer festen Beziehung gelebt habe, stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar.

17

Sollte ein Eingriff in diesen unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin zu verneinen sein, hätte zumindest die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht verhältnismäßig. Dieses wiege in der vorliegenden Situation, da die Beschwerdeführerin den Antragsteller nicht zur Eingehung der Ehe veranlasst habe, stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses.

V.

18

Zum Verfahren haben der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht Stellung genommen. Der Antragsteller verteidigt in der Erwiderung auf die Verfassungsbeschwerde die angegriffenen Entscheidungen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind beigezogen worden und liegen vor.

19

1. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf seine beiden in der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Entscheidungen hin (BGHZ 191, 259; 196, 207).

20

2. Der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht messen der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise einbezogen und abgewogen. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze nicht das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, weil es dieser aufgrund der Rechte des Kindes verwehrt sei, diesem gegenüber den Namen des mutmaßlich leiblichen Vaters dauerhaft geheim zu halten. Bei einem ohnehin schon offenbar gewordenen Mehrverkehr stelle es keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar, dem bisherigen rechtlichen Vater die gleichen Informationen zu geben.

21

3. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Fachgerichte hätten nicht die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im Einzelfall vorgenommen. Außerdem stelle die Nennung des konkreten Namens nicht "nur" eine geringfügige Mehrbelastung der Beschwerdeführerin dar, nachdem ohnehin schon feststehe, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Die Preisgabe der Information, wen sich die Beschwerdeführerin als Sexualpartner ausgesucht habe, sei ein empfindlicher Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Der vorliegende Fall unterscheide sich von der höchstrichterlich bereits entschiedenen Konstellation, in der die Mutter die zur rechtlichen Vaterschaft führende Vaterschaftsanerkennung aktiv herbeigeführt habe. Die Gerichte hätten unberücksichtigt gelassen, dass das Kind im vorliegenden Fall vor der Ehe gezeugt worden sei und damit aus einer Zeit stamme, als das Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, nicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsteller schon früh Zweifel an dessen Vaterschaft geäußert habe, habe sich der Antragsteller sehenden Auges in eine mögliche Regresssituation begeben. Das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz müsse zurücktreten, da er sich nach der Scheidung sogar noch aktiv um das Sorgerecht bemüht und er mit der Tochter emotional verbunden in einer sozial-familiären Beziehung gelebt habe. Rechtsvergleichend betrachtet sei der Scheinvaterregress ohnehin kein in Europa allgemein konsentierter Wert mehr.

B.

22

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

23

Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB, ihrem früheren Ehemann und vormaligen rechtlichen Vater ihres Kindes zur Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, ist verfassungswidrig.

24

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie die Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin verkennen. Die Zivilgerichte haben im Ausgangsverfahren den grundrechtlichen Einfluss unzutreffend eingeschätzt, worauf die angegriffenen Entscheidungen beruhen (I.).

25

Unabhängig von den Umständen des vorliegenden Falls überschreitet die trotz Fehlens einer eindeutigen Grundlage im geschriebenen Recht richterlich herbeigeführte Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung zudem die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, was die Beschwerdeführerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) (II.).

I.

26

Die Beschwerdeführerin ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Gerichte haben die Bedeutung, die diesem Grundrecht hier zukommt, unzutreffend eingeschätzt (1.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie dem Grundrecht der Beschwerdeführerin bei der Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse ihres früheren Ehemannes an der Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht beigemessen hätten (2.).

27

1. Die Gerichte haben die Bedeutung, die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin zukommt, unzutreffend eingeschätzt.

28

a) Die Beschwerdeführerin erleidet durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Verpflichtung, über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters Auskunft zu erteilen, wird sie gezwungen, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Damit muss sie intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbaren. Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen.

29

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre der Einzelnen auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, diese nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der Privat- und Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wäre die sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361 <382> m.w.N.). Mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützt ist das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (vgl. BVerfGE 117, 202 <233> m.w.N.).

30

b) Dem haben die Gerichte hier im Ansatz zutreffend das Interesse des Scheinvaters an der Durchsetzung seines einfachrechtlichen Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB gegenübergestellt. Obwohl das Interesse, selbst darüber zu befinden, ob und wem Einblick in das Geschlechtsleben gewährt wird, verfassungsrechtlich schwer wiegt, mag das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse eines Scheinvaters in bestimmten Konstellationen etwa wegen ihres früheren Verhaltens weniger schutzwürdig sein (vgl. für den Fall, dass der Scheinvater von der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung veranlasst worden war BGHZ 191, 259 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.). So mag insbesondere in solchen Konstellationen, in denen die Mutter aufgrund ihres Verhaltens dem Scheinvater wegen seiner dem Scheinkind erbrachten Leistungen nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig ist (vgl. BGHZ 196, 207 ff. m.w.N.), ihr auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Hinblick auf den Regressanspruch aus § 1607 Abs. 3 BGB verfassungsrechtlich zumutbar sein. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruchs auch gegen ihren Willen Auskunft über die Person des Vaters zu erteilen, ist darum verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.

31

c) Im vorliegenden Fall haben die Gerichte jedoch die Bedeutung des Rechts der Beschwerdeführerin, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt, unzutreffend eingeschätzt.

32

Das Amtsgericht hat dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin allein deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Beschwerdeführerin den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der leibliche Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Damit hat es den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebotenen Schutz der Beschwerdeführerin unzulässig verkürzt und hat es versäumt, deren Interesse, den Namen des mutmaßlichen Vaters nicht nennen zu müssen, anhand der konkreten Umstände des Falls gegen das finanzielle Regressinteresse des Antragstellers abzuwägen.

33

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes zu geben, deren Persönlichkeitsrecht berührt. Gleichwohl setzt sich auch das Oberlandesgericht im Anschluss aus unzutreffenden Erwägungen mit der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander und wägt deren Grundrecht damit nicht weiter mit den finanziellen Interessen des Antragstellers ab. So stellt das Gericht zunächst zwar zutreffend fest, das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Es nimmt dann aber an, "ein solcher Eingriff" liege hier nicht vor, weil aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung feststehe, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe; es gehe also "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Damit verkennt das Gericht, dass zur verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre der Mutter gerade auch die Frage gehört, mit welchem Partner oder welchen Partnern sie eine geschlechtliche Beziehung eingegangen ist. Die Offenbarung und Nennung von Partnern sexueller Kontakte ist mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Frau oftmals sogar noch von größerer Brisanz als der Umstand, dass es überhaupt zur außerehelichen Zeugung eines Kindes gekommen ist. Das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht spezifisch geschützte Recht der Beschwerdeführerin, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen, war mit der Offenlegung des Mehrverkehrs nicht verbraucht und hätte bei der von den Gerichten vorzunehmenden Interessenabwägung weiter Berücksichtigung finden müssen.

34

2. Die Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil die Gerichte gerade infolge dieser Verkennung die für und gegen die Schutzwürdigkeit der Beteiligten sprechenden konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht näher gewürdigt und nicht in die Entscheidung eingestellt haben. Insbesondere haben die Gerichte unberücksichtigt gelassen, dass das Kind vor der Ehe gezeugt wurde und damit aus einer Zeit stammt, in der ein Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres begründet war. In diesem Zusammenhang ist auch die Beschreibung der Qualität der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller zur Empfängniszeit von Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin lediglich als "locker" bezeichnet hat und zu der die Gerichte keine weiteren Feststellungen getroffen haben. Die Gerichte sind auch nicht näher darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin - vom Antragsteller unwidersprochen - dargelegt hat, dem Antragsteller gegenüber nie behauptet zu haben, das Kind könne nur von ihm abstammen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach der Scheidung im Jahr 1995 das Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter für sich erstritten hat, obwohl die Beschwerdeführerin ihm bereits 1994 in einem Brief die Möglichkeit eröffnet hatte, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte, wurde nicht gewürdigt. Möglicherweise wäre auch der vom Oberlandesgericht als nicht klärungsbedürftig angesehenen Frage Bedeutung beizumessen gewesen, ob die Darlegung der Beschwerdeführerin zutrifft, dass nicht sie den Antragsteller zur Eheschließung veranlasst und so in die rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB gedrängt habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte bei Würdigung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.

II.

35

Die gerichtliche Verpflichtung der Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet unabhängig von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihren Grundrechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

36

Auf die Generalklausel des § 242 BGB lässt sich ein Anspruch des Scheinvaters gegen die Mutter, diesem zur Durchsetzung seines gegen den leiblichen Vater des Kindes gerichteten Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters zu erteilen, nicht stützen. Dafür fehlen nähere Anknüpfungspunkte im einfachen Recht. Dieser bedürfte es aber, weil die Auskunftsverpflichtung auf der einen Seite das Persönlichkeitsrecht der Mutter erheblich beeinträchtigt (s.o., I.1.a), ohne dass auf der anderen Seite die zivilgerichtliche Stärkung des vom Gesetzgeber schwach ausgestalteten Regressanspruchs des Scheinvaters verfassungsrechtlich geboten wäre (sogleich unter 3.a).

37

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nicht ausdrücklich geregelt, obgleich das Gesetz mit § 1605 BGB eine Auskunftsregelung zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche kennt. Diese Vorschrift ist hier jedoch nicht anwendbar. § 1605 BGB bestimmt, dass Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, wenn dies zur Feststellung einer Unterhaltsregressverpflichtung erforderlich ist, ist dort hingegen nicht geregelt (vgl. BGHZ 191, 259 <265 f. Rn. 18>).

38

Die Zivilgerichte leiten den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ab (s.o., A.I.). Sie stützen sich dabei auf die ursprünglich zu anderen Rechtsverhältnissen begründete ständige Rechtsprechung, nach der Treu und Glauben grundsätzlich gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGHZ 191, 259 <266 Rn. 20> m.w.N.).

39

2. a) Gegen die gerichtliche Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz nichts einzuwenden. Schöpferische Rechtsfindung durch gerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung ist praktisch unentbehrlich und wird vom Bundesverfassungsgericht seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 <287 f.>; 49, 304 <318>; 65, 182 <190 f.>; 71, 354 <362>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 74>). Dass der Gesetzgeber den Zivilgerichten mit den Generalklauseln des Privatrechts besonders weite Möglichkeiten der Rechtsfortbildung verschafft, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bieten die privatrechtlichen Generalklauseln den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 169 <178>; stRspr) und so die gesetzgeberische Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge zu ergänzen; die Zivilgerichte verhelfen den Grundrechten so in einem Maße zur praktischen Wirkung, das zu leisten der Gesetzgeber im Hinblick auf die unübersehbare Vielfalt möglicher Fallgestaltungen (vgl. BVerfGE 102, 347 <361>) allein kaum in der Lage wäre (vgl. hierzu insbesondere Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 132, 232; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 324 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 90 ; Michael/Morlok, Grundrechte, 4. Aufl. 2014, Rn. 571 f.).

40

b) Die gerichtliche Rechtsfortbildung stößt jedoch an verfassungsrechtliche Grenzen. Solche ergeben sich auch aus den Grundrechten. Sie müssen von Fall zu Fall bestimmt werden und kommen auch bei richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund von Generalklauseln des Privatrechts zum Tragen.

41

Soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung weiter, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird (vgl. BVerfGE 34, 269 <284 ff., 291>; 65, 182 <194 f.>; 122, 248 <286> - abw. M.). Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt (vgl. BVerfGE 65, 182 <194 f.>; 71, 354 <362 f.>; 122, 248 <286, 301> - abw. M.); die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt.

42

Bei der gerichtlichen Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten, in denen überwiegend Interessenkonflikte zwischen Privaten zu lösen sind, trifft regelmäßig die Beeinträchtigung einer Rechtsposition auf der einen Seite mit der Förderung einer Rechtsposition auf der anderen Seite zusammen. Belastet ein Zivilgericht eine Person etwa mit einer im Wege der Rechtsfortbildung begründeten Pflicht, so erfolgt dies zumeist, um die Rechtsposition einer anderen Person zu stärken. Je schwerer der verfassungsrechtliche Gehalt der gestärkten Position wiegt, umso klarer ist eine entsprechende Lösung dem Gericht wie dem Gesetzgeber durch die Verfassung vorgezeichnet und umso weiter kann die Befugnis der Gerichte reichen, diese Position im Wege der Rechtsfortbildung - auch unter Belastung einer gegenläufigen, aber schwächeren Rechtsposition - durchzusetzen (so etwa BVerfGE 96, 56 <62 ff.>). Umgekehrt gilt jedoch genauso: Je schwerer die Belastung verfassungsrechtlich wiegt und je schwächer der verfassungsrechtliche Gehalt der damit durchzusetzenden Gegenposition ist, umso enger sind die Grenzen für die Rechtsfortbildung gesteckt, umso strikter muss sich also die zivilgerichtliche Rechtsfindung innerhalb der Grenzen des gesetzten Rechts halten. Die Grenzen richterlicher Rechtsfindung verlangen gerade dort besondere Beachtung, wo sich die rechtliche Situation des Bürgers verschlechtert, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dafür ins Feld geführt werden können (BVerfGE 122, 248 <301> - abw. M.). Auf eine privatrechtliche Generalklausel lässt sich eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung eines Beteiligten dann umso weniger stützen, je weniger sich im einfachgesetzlichen Umfeld Anknüpfungspunkte dafür finden lassen (vgl. Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 120 f.).

43

3. Danach sind die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hier durch die Grundrechte enger bemessen (a). Sie sind durch die angegriffenen Entscheidungen überschritten (b).

44

a) Die grundrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind hier enger gesteckt, weil die Auskunftsverpflichtung verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen in erheblichem Maße beeinträchtigt, die für die Auskunftspflicht ins Feld geführten Gründe hingegen verfassungsrechtlich gering wiegen.

45

Die mit der Auskunftsverpflichtung einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin wiegt schwer (s.o., B.I.1.a). Darüber hinaus beeinträchtigt die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung mittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Familienleben eines zu benennenden Mannes.

46

Dem steht hier allein das Interesse des Scheinvaters an einer Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit seines einfachgesetzlichen Regressanspruchs gegenüber. Dass der Gesetzgeber den Regressanspruch durchsetzungsschwach ausgestaltet hat, indem er es unterlassen hat, diesen durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu flankieren, bedarf von Verfassungs wegen nicht der Korrektur. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gezwungen, einen durchsetzungsstärkeren Regressanspruch zu schaffen. Wie das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens einerseits und das finanzielle Regressinteresse des Scheinvaters andererseits zum Ausgleich gebracht werden, liegt im Ausgestaltungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers (dazu generell BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 68 ff.>). Auch der Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet zwar Grenzen in den Grundrechten der Betroffenen. Dass der Gesetzgeber hier durch die Nichtregelung einer den Regressanspruch flankierenden Auskunftsverpflichtung grundrechtliche Mindeststandards zulasten des Scheinvaters unterschritten hätte, ist jedoch - zumal angesichts des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwerts des betroffenen Geheimhaltungsinteresses der Mutter - nicht ersichtlich. Auch im Rechtsvergleich erweist sich die uneingeschränkte Gewährung eines Regressanspruchs nicht als selbstverständlich (vgl. Helms, FamRZ 2013, S. 943 f. m.w.N.); die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt, die hier in Rede stehende Position des Scheinvaters sei nicht als in Europa allgemein konsentierter Wert anzusehen.

47

Zwar können die Zivilgerichte individuelle Rechtspositionen grundsätzlich auch über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß hinaus im Wege der Rechtsfortbildung stärken. Im Fall des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs ist der Spielraum für richterliche Rechtsfortbildung, die über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausginge, jedoch wegen des entgegenstehenden Grundrechts der Mutter enger bemessen.

48

b) Danach können die Gerichte die Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung des Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB Auskunft über frühere Geschlechtspartner zu erteilen, nicht allein auf die Generalklausel des § 242 BGB stützen. Vielmehr setzt die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter zur Preisgabe des Partners oder der Partner geschlechtlicher Beziehungen konkretere gesetzliche Anknüpfungspunkte voraus, aus denen sich ablesen lässt, dass eine Mutter zur Auskunftserteilung der fraglichen Art verpflichtet ist.

49

Solche Anknüpfungspunkte finden sich hier nicht. Die in § 1605 BGB getroffene Regelung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht deutet im Gegenteil darauf hin, dass zur Durchsetzung des Unterhaltsregressanspruchs keine Auskunftspflicht bestehen soll. In § 1605 BGB ist die Verpflichtung Verwandter geregelt, einander erforderlichenfalls über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung der Mutter, Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, findet sich hingegen nicht, obwohl dem Gesetzgeber nicht entgangen sein kann, dass zur Durchsetzung eines Regressanspruchs die Kenntnis des Erzeugers erforderlich ist und dass in vielen Fällen allein die Mutter Hinweise auf die Person des Erzeugers geben könnte.

50

Auch der Anspruchsregelung in § 1607 Abs. 3 BGB selbst kann der erforderliche Anknüpfungspunkt nicht entnommen werden. Die Norm begründet lediglich die materielle Rechtsposition, ohne deren Durchsetzbarkeit zu regeln. Ein Schluss von der gesetzlichen Einräumung eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die Ermächtigung zur Nutzung der notwendigen Mittel zu seiner Durchsetzung ist jedenfalls hier unzulässig, weil die Durchsetzung nur durch die gerichtliche Verpflichtung der Auskunftsverpflichteten zur Preisgabe intimer Daten aus der Privatsphäre erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass die auskunftsverpflichtete Person hier nicht einmal selbst Anspruchsgegnerin des durchzusetzenden materiellen Hauptanspruchs ist. Der gesetzliche Regressanspruch des Scheinvaters läuft ohne flankierenden Auskunftsanspruch auch nicht faktisch leer. Er bleibt, nicht nur in Ausnahmefällen, durchsetzbar, wenn etwa der Scheinvater ohnehin von der Person des tatsächlichen Vaters Kenntnis hat oder von ihm aufgrund einer freiwilligen Information durch die Kindesmutter erfährt.

51

Schließlich bietet auch die eherechtliche Generalklausel des § 1353 Abs. 1 BGB keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine Auskunftsverpflichtung der Mutter. Auch die angegriffenen Entscheidungen beziehen sich auf § 1353 Abs. 1 BGB lediglich, um die Existenz einer in § 242 BGB vorausgesetzten rechtlichen Sonderverbindung zwischen Beschwerdeführerin und Antragsteller zu begründen.

52

Mangels konkreten gesetzlichen Anknüpfungspunkts können die Gerichte also, unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, einen der Durchsetzung des Unterhaltsregresses dienenden Auskunftsanspruch eines Scheinvaters gegen die Mutter generell nicht aus § 242 BGB herleiten. Soll der Regressanspruch des Scheinvaters gestärkt werden, müsste der Gesetzgeber tätig werden. Der Gesetzgeber wäre nicht daran gehindert, eine Regelung zum Schutz des Scheinvaters einzuführen, obwohl er hierzu nicht durch das Eingreifen grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten ist. Er könnte einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch die Anwendung der bestehenden Generalklauseln gewähren können (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 70>), müsste dabei allerdings dem entgegenstehenden Persönlichkeitsrecht der Mutter Rechnung tragen, das in dieser Konstellation schwer wiegt.

III.

53

1. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts sowie des Oberlandesgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

54

Es ist angezeigt, nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), weil es im Interesse der Beschwerdeführerin liegt, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>).

55

2. Da die Verfassungsbeschwerde begründet ist, sind der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - wird aufgehoben und die Sache an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Gerichte die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB dazu verpflichtet haben, als Mutter eines Kindes dessen vormals rechtlichem Vater ("Scheinvater") nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen Vaters zu erteilen, damit der Scheinvater gegen den leiblichen Vater den Unterhaltsregressanspruch nach § 1607 Abs. 3 BGB durchsetzen kann.

I.

2

Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1599 ff. BGB) führt zu deren rückwirkender Beseitigung. Ebenfalls rückwirkend entfallen damit die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den rechtlichen Vater. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den ehemals rechtlichen Vater über (§ 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Einen Unterhaltsregressanspruch des Scheinvaters kennt das Bürgerliche Gesetzbuch bereits seit dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder von 1969 (§ 1615b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB a.F.).

3

Zur Geltendmachung des Regressanspruchs nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB ist der Scheinvater jedoch auf die Kenntnis der Person des leiblichen Vaters angewiesen. Fehlt ihm diese Kenntnis, stellt sich die Frage, ob er von der Mutter Auskunft darüber verlangen kann, wer als mutmaßlich leiblicher Vater in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch ist nicht ausdrücklich geregelt.

4

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259 ff.) dem Scheinvater einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch zuerkannt. Das durch die Auskunftspflicht berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege in Fällen, in denen sie den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst habe, regelmäßig nicht schwerer als der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz. In einem Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207 ff.) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die mit dem Scheinvater verheiratete Mutter nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zur Auskunft verpflichtet sein könne. In einem weiteren Beschluss hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Auskunftsanspruch stets die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung voraussetze und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter sowie der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander abzuwägen seien (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.).

II.

5

Die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin führte mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) - dem späteren Scheinvater - eine Beziehung, während derer sie schwanger wurde. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes wenige Monate altes Kind. Vor der Geburt dieses ersten Kindes hatten die Beschwerdeführerin und der Antragsteller bereits eine sexuelle Beziehung unterhalten, der das erste Kind aber nicht entstammt. Nachdem die Beschwerdeführerin und der Antragsteller infolge der zweiten Schwangerschaft geheiratet hatten, wurde die zweite Tochter der Beschwerdeführerin Anfang Oktober 1991 ehelich geboren, so dass der Antragsteller nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater dieses Kindes wurde. Die Beschwerdeführerin erwähnte gegenüber dem Antragsteller nicht, dass auch eine andere Person als Erzeuger des Kindes in Betracht kam, behauptete aber auch nicht ausdrücklich, dass der Antragsteller der leibliche Vater sei. Im Jahr 1994 eröffnete die Beschwerdeführerin dem Antragsteller in einem Brief die Möglichkeit, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden. Der Antragsteller beantragte das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Daraufhin lebte das Kind jedenfalls zeitweise bei ihm. Sowohl der Antragsteller als auch die Beschwerdeführerin zahlten zeitweise Kindesunterhalt.

6

Im Jahr 2010 focht der Antragsteller erfolgreich die Vaterschaft an. Im Oktober 2012 forderte er die Beschwerdeführerin zwecks Durchsetzung seines Unterhaltsregressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf mitzuteilen, wer der mutmaßlich leibliche Vater ihrer Tochter ist. Die Beschwerdeführerin verweigerte die Auskunft. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren auf Auskunft in Anspruch.

III.

7

1. Das Amtsgericht verpflichtete die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Beschluss, dem Antragsteller Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu geben. Der Anspruch folge aus § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB. Die für eine Auskunftsverpflichtung geforderte Sonderrechtsverbindung ergebe sich aus der Ehe der Beteiligten. Das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht vorrangig, da sie den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Nur sie habe über das Wissen verfügt, dass sie innerhalb der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

8

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfragen zu der aus § 242 BGB hergeleiteten Auskunftspflicht der Kindesmutter gegenüber dem Scheinvater seien durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259) grundsätzlich geklärt. Im Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207) habe der Bundesgerichtshof auch die Auskunftspflicht der - wie hier - geschiedenen Mutter nach der Anfechtung der ehelichen Vaterschaft gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bejaht.

9

Der Einwand, das dem Auskunftsanspruch vorausgegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen, sei angesichts der rechtskräftigen Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft unerheblich. Der weitere Einwand, auch der Regressanspruch gegen den biologischen Vater sei verjährt und verwirkt, stehe weder dem Rechtsschutzbedürfnis noch dem Auskunftsanspruch in der Sache entgegen.

10

Es könne dahinstehen, ob die Heirat vorwiegend auf Betreiben des Antragstellers oder der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Denn es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass ersterer, wie er dargelegt habe, die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt hätte, die bei ihm unstreitig frühestens 1994 aufgekommen sein könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Beschwerdeführerin seinerzeit selbst davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei der Vater. Weil sie in der Empfängniszeit Verkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, habe sie über ein Wissen verfügt, das ihre behauptete Sicherheit über die Vaterschaft des Antragstellers nicht gerechtfertigt habe.

11

Die Auskunftserteilung sei der Beschwerdeführerin zumutbar und die diesbezügliche Verpflichtung verletze nicht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dieses wiege auch in Fällen einer Eheschließung während der Schwangerschaft nicht stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die von der Mutter veranlasste Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses in nichtehelichen Beziehungen ihr Persönlichkeitsrecht zurücktreten lasse.

12

Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasse und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. "Ein solcher Eingriff" liege hier jedoch nicht vor. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Antragsteller stehe ohnehin fest, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Es gehe also nur noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Bei der gebotenen Interessenabwägung der beiderseitigen Rechte sei zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin durch das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz begrenzt sei. Ohne eine Auskunft der Beschwerdeführerin zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe, könne der Antragsteller den Anspruch auf Unterhaltsregress nicht durchsetzen.

IV.

13

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Sie habe zur Zeit der Zeugung des Kindes entsprechend dem Wunsch des Antragstellers mit diesem lediglich eine lockere Beziehung geführt, während derer sie lediglich einmal Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt, dies aber bei Feststellung der Schwangerschaft bereits wieder vergessen habe. Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers seien bei ihr erst aufgrund des Aussehens des Kindes aufgekommen, als dieses größer geworden sei. Sie habe jedoch niemals behauptet, dass nur der Antragsteller als Vater in Betracht gekommen sei und sie in der Empfängniszeit keinen anderen Sexualpartner gehabt habe. Dem Antragsteller sei es wichtig gewesen, "sich die Rechte an dem Kind zu sichern", weshalb er auch die Beschwerdeführerin aus freien Stücken geheiratet habe. Die Heiratspläne seien von ihm ausgegangen und von seinen Eltern forciert worden. Die Vaterschaft habe er erst angefochten, nachdem die Tochter ihn gebeten habe, für einen Antrag auf Ausbildungsförderung (BAföG) seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Bereits 1994 habe die Beschwerdeführerin dem Antragsteller jedoch in einem Brief die Möglichkeit eröffnet, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte.

15

Obwohl damit das Anfechtungsrecht verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen sei, habe das Vaterschaftsanfechtungsverfahren Erfolg gehabt, weil das anwaltlich nicht vertretene Kind dem Antrag letztlich nicht entgegengetreten sei. Auch der Regressanspruch sei wegen der bereits bei der Scheidung bestehenden Kenntnis der Möglichkeit, nicht der biologische Vater zu sein, verjährt und wegen des Verhaltens des Antragstellers verwirkt.

16

Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin dar. Der Antragsteller sei damals 27 Jahre alt gewesen, sei um einiges lebenserfahrener gewesen als die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin und habe gewusst, dass sie bereits ein Kind von einem anderen Mann gehabt habe. Sie habe ihn vor der Geburt nicht aufgefordert, ihn zu heiraten oder die Vaterschaft anzuerkennen. Beiden sei nach Feststellung der Schwangerschaft klar gewesen, dass er als Vater in Betracht komme. Da sie ihn nicht durch falsche Angaben zur Heirat veranlasst und zu diesem Zeitpunkt selbst keine Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers gehabt habe, begegne die Verpflichtung zur Auskunft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei ihr nicht zuzumuten, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen Vaters an der Beseitigung der dem Antragsteller entstandenen Nachteile mitzuwirken, zumal er diese bewusst in Kauf genommen habe, da er trotz des Wissens, wahrscheinlich nicht der Vater des Kindes zu sein, sowohl das Sorgerechtsverfahren angestrengt als auch Unterhaltsleistungen erbracht habe. Angesichts des Nichtbestehens einer Ehe, sondern einer nur lockeren Beziehung mit der Beschwerdeführerin und mangels entsprechender Aussagen ihrerseits, habe der Antragsteller auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keine weiteren sexuellen Kontakte gehabt habe. Es sei ihm unbenommen gewesen, vor der Heirat eine Aufklärung über seine Vaterschaft herbeizuführen oder die Eingehung der Ehe beziehungsweise eine Anerkennung der Vaterschaft von der Feststellung seiner biologischen Vaterschaft abhängig zu machen. Die Verpflichtung zur Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin mit dem Antragsteller weder verheiratet gewesen sei noch mit ihm in einer festen Beziehung gelebt habe, stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar.

17

Sollte ein Eingriff in diesen unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin zu verneinen sein, hätte zumindest die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht verhältnismäßig. Dieses wiege in der vorliegenden Situation, da die Beschwerdeführerin den Antragsteller nicht zur Eingehung der Ehe veranlasst habe, stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses.

V.

18

Zum Verfahren haben der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht Stellung genommen. Der Antragsteller verteidigt in der Erwiderung auf die Verfassungsbeschwerde die angegriffenen Entscheidungen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind beigezogen worden und liegen vor.

19

1. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf seine beiden in der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Entscheidungen hin (BGHZ 191, 259; 196, 207).

20

2. Der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht messen der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise einbezogen und abgewogen. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze nicht das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, weil es dieser aufgrund der Rechte des Kindes verwehrt sei, diesem gegenüber den Namen des mutmaßlich leiblichen Vaters dauerhaft geheim zu halten. Bei einem ohnehin schon offenbar gewordenen Mehrverkehr stelle es keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar, dem bisherigen rechtlichen Vater die gleichen Informationen zu geben.

21

3. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Fachgerichte hätten nicht die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im Einzelfall vorgenommen. Außerdem stelle die Nennung des konkreten Namens nicht "nur" eine geringfügige Mehrbelastung der Beschwerdeführerin dar, nachdem ohnehin schon feststehe, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Die Preisgabe der Information, wen sich die Beschwerdeführerin als Sexualpartner ausgesucht habe, sei ein empfindlicher Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Der vorliegende Fall unterscheide sich von der höchstrichterlich bereits entschiedenen Konstellation, in der die Mutter die zur rechtlichen Vaterschaft führende Vaterschaftsanerkennung aktiv herbeigeführt habe. Die Gerichte hätten unberücksichtigt gelassen, dass das Kind im vorliegenden Fall vor der Ehe gezeugt worden sei und damit aus einer Zeit stamme, als das Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, nicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsteller schon früh Zweifel an dessen Vaterschaft geäußert habe, habe sich der Antragsteller sehenden Auges in eine mögliche Regresssituation begeben. Das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz müsse zurücktreten, da er sich nach der Scheidung sogar noch aktiv um das Sorgerecht bemüht und er mit der Tochter emotional verbunden in einer sozial-familiären Beziehung gelebt habe. Rechtsvergleichend betrachtet sei der Scheinvaterregress ohnehin kein in Europa allgemein konsentierter Wert mehr.

B.

22

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

23

Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB, ihrem früheren Ehemann und vormaligen rechtlichen Vater ihres Kindes zur Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, ist verfassungswidrig.

24

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie die Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin verkennen. Die Zivilgerichte haben im Ausgangsverfahren den grundrechtlichen Einfluss unzutreffend eingeschätzt, worauf die angegriffenen Entscheidungen beruhen (I.).

25

Unabhängig von den Umständen des vorliegenden Falls überschreitet die trotz Fehlens einer eindeutigen Grundlage im geschriebenen Recht richterlich herbeigeführte Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung zudem die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, was die Beschwerdeführerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) (II.).

I.

26

Die Beschwerdeführerin ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Gerichte haben die Bedeutung, die diesem Grundrecht hier zukommt, unzutreffend eingeschätzt (1.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie dem Grundrecht der Beschwerdeführerin bei der Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse ihres früheren Ehemannes an der Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht beigemessen hätten (2.).

27

1. Die Gerichte haben die Bedeutung, die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin zukommt, unzutreffend eingeschätzt.

28

a) Die Beschwerdeführerin erleidet durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Verpflichtung, über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters Auskunft zu erteilen, wird sie gezwungen, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Damit muss sie intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbaren. Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen.

29

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre der Einzelnen auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, diese nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der Privat- und Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wäre die sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361 <382> m.w.N.). Mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützt ist das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (vgl. BVerfGE 117, 202 <233> m.w.N.).

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b) Dem haben die Gerichte hier im Ansatz zutreffend das Interesse des Scheinvaters an der Durchsetzung seines einfachrechtlichen Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB gegenübergestellt. Obwohl das Interesse, selbst darüber zu befinden, ob und wem Einblick in das Geschlechtsleben gewährt wird, verfassungsrechtlich schwer wiegt, mag das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse eines Scheinvaters in bestimmten Konstellationen etwa wegen ihres früheren Verhaltens weniger schutzwürdig sein (vgl. für den Fall, dass der Scheinvater von der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung veranlasst worden war BGHZ 191, 259 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.). So mag insbesondere in solchen Konstellationen, in denen die Mutter aufgrund ihres Verhaltens dem Scheinvater wegen seiner dem Scheinkind erbrachten Leistungen nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig ist (vgl. BGHZ 196, 207 ff. m.w.N.), ihr auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Hinblick auf den Regressanspruch aus § 1607 Abs. 3 BGB verfassungsrechtlich zumutbar sein. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruchs auch gegen ihren Willen Auskunft über die Person des Vaters zu erteilen, ist darum verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.

31

c) Im vorliegenden Fall haben die Gerichte jedoch die Bedeutung des Rechts der Beschwerdeführerin, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt, unzutreffend eingeschätzt.

32

Das Amtsgericht hat dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin allein deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Beschwerdeführerin den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der leibliche Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Damit hat es den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebotenen Schutz der Beschwerdeführerin unzulässig verkürzt und hat es versäumt, deren Interesse, den Namen des mutmaßlichen Vaters nicht nennen zu müssen, anhand der konkreten Umstände des Falls gegen das finanzielle Regressinteresse des Antragstellers abzuwägen.

33

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes zu geben, deren Persönlichkeitsrecht berührt. Gleichwohl setzt sich auch das Oberlandesgericht im Anschluss aus unzutreffenden Erwägungen mit der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander und wägt deren Grundrecht damit nicht weiter mit den finanziellen Interessen des Antragstellers ab. So stellt das Gericht zunächst zwar zutreffend fest, das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Es nimmt dann aber an, "ein solcher Eingriff" liege hier nicht vor, weil aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung feststehe, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe; es gehe also "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Damit verkennt das Gericht, dass zur verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre der Mutter gerade auch die Frage gehört, mit welchem Partner oder welchen Partnern sie eine geschlechtliche Beziehung eingegangen ist. Die Offenbarung und Nennung von Partnern sexueller Kontakte ist mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Frau oftmals sogar noch von größerer Brisanz als der Umstand, dass es überhaupt zur außerehelichen Zeugung eines Kindes gekommen ist. Das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht spezifisch geschützte Recht der Beschwerdeführerin, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen, war mit der Offenlegung des Mehrverkehrs nicht verbraucht und hätte bei der von den Gerichten vorzunehmenden Interessenabwägung weiter Berücksichtigung finden müssen.

34

2. Die Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil die Gerichte gerade infolge dieser Verkennung die für und gegen die Schutzwürdigkeit der Beteiligten sprechenden konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht näher gewürdigt und nicht in die Entscheidung eingestellt haben. Insbesondere haben die Gerichte unberücksichtigt gelassen, dass das Kind vor der Ehe gezeugt wurde und damit aus einer Zeit stammt, in der ein Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres begründet war. In diesem Zusammenhang ist auch die Beschreibung der Qualität der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller zur Empfängniszeit von Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin lediglich als "locker" bezeichnet hat und zu der die Gerichte keine weiteren Feststellungen getroffen haben. Die Gerichte sind auch nicht näher darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin - vom Antragsteller unwidersprochen - dargelegt hat, dem Antragsteller gegenüber nie behauptet zu haben, das Kind könne nur von ihm abstammen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach der Scheidung im Jahr 1995 das Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter für sich erstritten hat, obwohl die Beschwerdeführerin ihm bereits 1994 in einem Brief die Möglichkeit eröffnet hatte, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte, wurde nicht gewürdigt. Möglicherweise wäre auch der vom Oberlandesgericht als nicht klärungsbedürftig angesehenen Frage Bedeutung beizumessen gewesen, ob die Darlegung der Beschwerdeführerin zutrifft, dass nicht sie den Antragsteller zur Eheschließung veranlasst und so in die rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB gedrängt habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte bei Würdigung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.

II.

35

Die gerichtliche Verpflichtung der Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet unabhängig von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihren Grundrechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

36

Auf die Generalklausel des § 242 BGB lässt sich ein Anspruch des Scheinvaters gegen die Mutter, diesem zur Durchsetzung seines gegen den leiblichen Vater des Kindes gerichteten Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters zu erteilen, nicht stützen. Dafür fehlen nähere Anknüpfungspunkte im einfachen Recht. Dieser bedürfte es aber, weil die Auskunftsverpflichtung auf der einen Seite das Persönlichkeitsrecht der Mutter erheblich beeinträchtigt (s.o., I.1.a), ohne dass auf der anderen Seite die zivilgerichtliche Stärkung des vom Gesetzgeber schwach ausgestalteten Regressanspruchs des Scheinvaters verfassungsrechtlich geboten wäre (sogleich unter 3.a).

37

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nicht ausdrücklich geregelt, obgleich das Gesetz mit § 1605 BGB eine Auskunftsregelung zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche kennt. Diese Vorschrift ist hier jedoch nicht anwendbar. § 1605 BGB bestimmt, dass Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, wenn dies zur Feststellung einer Unterhaltsregressverpflichtung erforderlich ist, ist dort hingegen nicht geregelt (vgl. BGHZ 191, 259 <265 f. Rn. 18>).

38

Die Zivilgerichte leiten den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ab (s.o., A.I.). Sie stützen sich dabei auf die ursprünglich zu anderen Rechtsverhältnissen begründete ständige Rechtsprechung, nach der Treu und Glauben grundsätzlich gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGHZ 191, 259 <266 Rn. 20> m.w.N.).

39

2. a) Gegen die gerichtliche Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz nichts einzuwenden. Schöpferische Rechtsfindung durch gerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung ist praktisch unentbehrlich und wird vom Bundesverfassungsgericht seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 <287 f.>; 49, 304 <318>; 65, 182 <190 f.>; 71, 354 <362>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 74>). Dass der Gesetzgeber den Zivilgerichten mit den Generalklauseln des Privatrechts besonders weite Möglichkeiten der Rechtsfortbildung verschafft, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bieten die privatrechtlichen Generalklauseln den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 169 <178>; stRspr) und so die gesetzgeberische Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge zu ergänzen; die Zivilgerichte verhelfen den Grundrechten so in einem Maße zur praktischen Wirkung, das zu leisten der Gesetzgeber im Hinblick auf die unübersehbare Vielfalt möglicher Fallgestaltungen (vgl. BVerfGE 102, 347 <361>) allein kaum in der Lage wäre (vgl. hierzu insbesondere Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 132, 232; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 324 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 90 ; Michael/Morlok, Grundrechte, 4. Aufl. 2014, Rn. 571 f.).

40

b) Die gerichtliche Rechtsfortbildung stößt jedoch an verfassungsrechtliche Grenzen. Solche ergeben sich auch aus den Grundrechten. Sie müssen von Fall zu Fall bestimmt werden und kommen auch bei richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund von Generalklauseln des Privatrechts zum Tragen.

41

Soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung weiter, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird (vgl. BVerfGE 34, 269 <284 ff., 291>; 65, 182 <194 f.>; 122, 248 <286> - abw. M.). Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt (vgl. BVerfGE 65, 182 <194 f.>; 71, 354 <362 f.>; 122, 248 <286, 301> - abw. M.); die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt.

42

Bei der gerichtlichen Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten, in denen überwiegend Interessenkonflikte zwischen Privaten zu lösen sind, trifft regelmäßig die Beeinträchtigung einer Rechtsposition auf der einen Seite mit der Förderung einer Rechtsposition auf der anderen Seite zusammen. Belastet ein Zivilgericht eine Person etwa mit einer im Wege der Rechtsfortbildung begründeten Pflicht, so erfolgt dies zumeist, um die Rechtsposition einer anderen Person zu stärken. Je schwerer der verfassungsrechtliche Gehalt der gestärkten Position wiegt, umso klarer ist eine entsprechende Lösung dem Gericht wie dem Gesetzgeber durch die Verfassung vorgezeichnet und umso weiter kann die Befugnis der Gerichte reichen, diese Position im Wege der Rechtsfortbildung - auch unter Belastung einer gegenläufigen, aber schwächeren Rechtsposition - durchzusetzen (so etwa BVerfGE 96, 56 <62 ff.>). Umgekehrt gilt jedoch genauso: Je schwerer die Belastung verfassungsrechtlich wiegt und je schwächer der verfassungsrechtliche Gehalt der damit durchzusetzenden Gegenposition ist, umso enger sind die Grenzen für die Rechtsfortbildung gesteckt, umso strikter muss sich also die zivilgerichtliche Rechtsfindung innerhalb der Grenzen des gesetzten Rechts halten. Die Grenzen richterlicher Rechtsfindung verlangen gerade dort besondere Beachtung, wo sich die rechtliche Situation des Bürgers verschlechtert, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dafür ins Feld geführt werden können (BVerfGE 122, 248 <301> - abw. M.). Auf eine privatrechtliche Generalklausel lässt sich eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung eines Beteiligten dann umso weniger stützen, je weniger sich im einfachgesetzlichen Umfeld Anknüpfungspunkte dafür finden lassen (vgl. Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 120 f.).

43

3. Danach sind die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hier durch die Grundrechte enger bemessen (a). Sie sind durch die angegriffenen Entscheidungen überschritten (b).

44

a) Die grundrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind hier enger gesteckt, weil die Auskunftsverpflichtung verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen in erheblichem Maße beeinträchtigt, die für die Auskunftspflicht ins Feld geführten Gründe hingegen verfassungsrechtlich gering wiegen.

45

Die mit der Auskunftsverpflichtung einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin wiegt schwer (s.o., B.I.1.a). Darüber hinaus beeinträchtigt die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung mittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Familienleben eines zu benennenden Mannes.

46

Dem steht hier allein das Interesse des Scheinvaters an einer Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit seines einfachgesetzlichen Regressanspruchs gegenüber. Dass der Gesetzgeber den Regressanspruch durchsetzungsschwach ausgestaltet hat, indem er es unterlassen hat, diesen durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu flankieren, bedarf von Verfassungs wegen nicht der Korrektur. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gezwungen, einen durchsetzungsstärkeren Regressanspruch zu schaffen. Wie das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens einerseits und das finanzielle Regressinteresse des Scheinvaters andererseits zum Ausgleich gebracht werden, liegt im Ausgestaltungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers (dazu generell BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 68 ff.>). Auch der Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet zwar Grenzen in den Grundrechten der Betroffenen. Dass der Gesetzgeber hier durch die Nichtregelung einer den Regressanspruch flankierenden Auskunftsverpflichtung grundrechtliche Mindeststandards zulasten des Scheinvaters unterschritten hätte, ist jedoch - zumal angesichts des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwerts des betroffenen Geheimhaltungsinteresses der Mutter - nicht ersichtlich. Auch im Rechtsvergleich erweist sich die uneingeschränkte Gewährung eines Regressanspruchs nicht als selbstverständlich (vgl. Helms, FamRZ 2013, S. 943 f. m.w.N.); die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt, die hier in Rede stehende Position des Scheinvaters sei nicht als in Europa allgemein konsentierter Wert anzusehen.

47

Zwar können die Zivilgerichte individuelle Rechtspositionen grundsätzlich auch über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß hinaus im Wege der Rechtsfortbildung stärken. Im Fall des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs ist der Spielraum für richterliche Rechtsfortbildung, die über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausginge, jedoch wegen des entgegenstehenden Grundrechts der Mutter enger bemessen.

48

b) Danach können die Gerichte die Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung des Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB Auskunft über frühere Geschlechtspartner zu erteilen, nicht allein auf die Generalklausel des § 242 BGB stützen. Vielmehr setzt die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter zur Preisgabe des Partners oder der Partner geschlechtlicher Beziehungen konkretere gesetzliche Anknüpfungspunkte voraus, aus denen sich ablesen lässt, dass eine Mutter zur Auskunftserteilung der fraglichen Art verpflichtet ist.

49

Solche Anknüpfungspunkte finden sich hier nicht. Die in § 1605 BGB getroffene Regelung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht deutet im Gegenteil darauf hin, dass zur Durchsetzung des Unterhaltsregressanspruchs keine Auskunftspflicht bestehen soll. In § 1605 BGB ist die Verpflichtung Verwandter geregelt, einander erforderlichenfalls über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung der Mutter, Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, findet sich hingegen nicht, obwohl dem Gesetzgeber nicht entgangen sein kann, dass zur Durchsetzung eines Regressanspruchs die Kenntnis des Erzeugers erforderlich ist und dass in vielen Fällen allein die Mutter Hinweise auf die Person des Erzeugers geben könnte.

50

Auch der Anspruchsregelung in § 1607 Abs. 3 BGB selbst kann der erforderliche Anknüpfungspunkt nicht entnommen werden. Die Norm begründet lediglich die materielle Rechtsposition, ohne deren Durchsetzbarkeit zu regeln. Ein Schluss von der gesetzlichen Einräumung eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die Ermächtigung zur Nutzung der notwendigen Mittel zu seiner Durchsetzung ist jedenfalls hier unzulässig, weil die Durchsetzung nur durch die gerichtliche Verpflichtung der Auskunftsverpflichteten zur Preisgabe intimer Daten aus der Privatsphäre erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass die auskunftsverpflichtete Person hier nicht einmal selbst Anspruchsgegnerin des durchzusetzenden materiellen Hauptanspruchs ist. Der gesetzliche Regressanspruch des Scheinvaters läuft ohne flankierenden Auskunftsanspruch auch nicht faktisch leer. Er bleibt, nicht nur in Ausnahmefällen, durchsetzbar, wenn etwa der Scheinvater ohnehin von der Person des tatsächlichen Vaters Kenntnis hat oder von ihm aufgrund einer freiwilligen Information durch die Kindesmutter erfährt.

51

Schließlich bietet auch die eherechtliche Generalklausel des § 1353 Abs. 1 BGB keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine Auskunftsverpflichtung der Mutter. Auch die angegriffenen Entscheidungen beziehen sich auf § 1353 Abs. 1 BGB lediglich, um die Existenz einer in § 242 BGB vorausgesetzten rechtlichen Sonderverbindung zwischen Beschwerdeführerin und Antragsteller zu begründen.

52

Mangels konkreten gesetzlichen Anknüpfungspunkts können die Gerichte also, unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, einen der Durchsetzung des Unterhaltsregresses dienenden Auskunftsanspruch eines Scheinvaters gegen die Mutter generell nicht aus § 242 BGB herleiten. Soll der Regressanspruch des Scheinvaters gestärkt werden, müsste der Gesetzgeber tätig werden. Der Gesetzgeber wäre nicht daran gehindert, eine Regelung zum Schutz des Scheinvaters einzuführen, obwohl er hierzu nicht durch das Eingreifen grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten ist. Er könnte einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch die Anwendung der bestehenden Generalklauseln gewähren können (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 70>), müsste dabei allerdings dem entgegenstehenden Persönlichkeitsrecht der Mutter Rechnung tragen, das in dieser Konstellation schwer wiegt.

III.

53

1. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts sowie des Oberlandesgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

54

Es ist angezeigt, nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), weil es im Interesse der Beschwerdeführerin liegt, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>).

55

2. Da die Verfassungsbeschwerde begründet ist, sind der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - wird aufgehoben und die Sache an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Gerichte die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB dazu verpflichtet haben, als Mutter eines Kindes dessen vormals rechtlichem Vater ("Scheinvater") nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen Vaters zu erteilen, damit der Scheinvater gegen den leiblichen Vater den Unterhaltsregressanspruch nach § 1607 Abs. 3 BGB durchsetzen kann.

I.

2

Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1599 ff. BGB) führt zu deren rückwirkender Beseitigung. Ebenfalls rückwirkend entfallen damit die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den rechtlichen Vater. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den ehemals rechtlichen Vater über (§ 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Einen Unterhaltsregressanspruch des Scheinvaters kennt das Bürgerliche Gesetzbuch bereits seit dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder von 1969 (§ 1615b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB a.F.).

3

Zur Geltendmachung des Regressanspruchs nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB ist der Scheinvater jedoch auf die Kenntnis der Person des leiblichen Vaters angewiesen. Fehlt ihm diese Kenntnis, stellt sich die Frage, ob er von der Mutter Auskunft darüber verlangen kann, wer als mutmaßlich leiblicher Vater in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch ist nicht ausdrücklich geregelt.

4

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259 ff.) dem Scheinvater einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch zuerkannt. Das durch die Auskunftspflicht berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege in Fällen, in denen sie den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst habe, regelmäßig nicht schwerer als der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz. In einem Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207 ff.) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die mit dem Scheinvater verheiratete Mutter nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zur Auskunft verpflichtet sein könne. In einem weiteren Beschluss hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Auskunftsanspruch stets die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung voraussetze und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter sowie der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander abzuwägen seien (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.).

II.

5

Die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin führte mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) - dem späteren Scheinvater - eine Beziehung, während derer sie schwanger wurde. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes wenige Monate altes Kind. Vor der Geburt dieses ersten Kindes hatten die Beschwerdeführerin und der Antragsteller bereits eine sexuelle Beziehung unterhalten, der das erste Kind aber nicht entstammt. Nachdem die Beschwerdeführerin und der Antragsteller infolge der zweiten Schwangerschaft geheiratet hatten, wurde die zweite Tochter der Beschwerdeführerin Anfang Oktober 1991 ehelich geboren, so dass der Antragsteller nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater dieses Kindes wurde. Die Beschwerdeführerin erwähnte gegenüber dem Antragsteller nicht, dass auch eine andere Person als Erzeuger des Kindes in Betracht kam, behauptete aber auch nicht ausdrücklich, dass der Antragsteller der leibliche Vater sei. Im Jahr 1994 eröffnete die Beschwerdeführerin dem Antragsteller in einem Brief die Möglichkeit, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden. Der Antragsteller beantragte das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Daraufhin lebte das Kind jedenfalls zeitweise bei ihm. Sowohl der Antragsteller als auch die Beschwerdeführerin zahlten zeitweise Kindesunterhalt.

6

Im Jahr 2010 focht der Antragsteller erfolgreich die Vaterschaft an. Im Oktober 2012 forderte er die Beschwerdeführerin zwecks Durchsetzung seines Unterhaltsregressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf mitzuteilen, wer der mutmaßlich leibliche Vater ihrer Tochter ist. Die Beschwerdeführerin verweigerte die Auskunft. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren auf Auskunft in Anspruch.

III.

7

1. Das Amtsgericht verpflichtete die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Beschluss, dem Antragsteller Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu geben. Der Anspruch folge aus § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB. Die für eine Auskunftsverpflichtung geforderte Sonderrechtsverbindung ergebe sich aus der Ehe der Beteiligten. Das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht vorrangig, da sie den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Nur sie habe über das Wissen verfügt, dass sie innerhalb der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

8

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfragen zu der aus § 242 BGB hergeleiteten Auskunftspflicht der Kindesmutter gegenüber dem Scheinvater seien durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259) grundsätzlich geklärt. Im Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207) habe der Bundesgerichtshof auch die Auskunftspflicht der - wie hier - geschiedenen Mutter nach der Anfechtung der ehelichen Vaterschaft gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bejaht.

9

Der Einwand, das dem Auskunftsanspruch vorausgegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen, sei angesichts der rechtskräftigen Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft unerheblich. Der weitere Einwand, auch der Regressanspruch gegen den biologischen Vater sei verjährt und verwirkt, stehe weder dem Rechtsschutzbedürfnis noch dem Auskunftsanspruch in der Sache entgegen.

10

Es könne dahinstehen, ob die Heirat vorwiegend auf Betreiben des Antragstellers oder der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Denn es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass ersterer, wie er dargelegt habe, die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt hätte, die bei ihm unstreitig frühestens 1994 aufgekommen sein könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Beschwerdeführerin seinerzeit selbst davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei der Vater. Weil sie in der Empfängniszeit Verkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, habe sie über ein Wissen verfügt, das ihre behauptete Sicherheit über die Vaterschaft des Antragstellers nicht gerechtfertigt habe.

11

Die Auskunftserteilung sei der Beschwerdeführerin zumutbar und die diesbezügliche Verpflichtung verletze nicht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dieses wiege auch in Fällen einer Eheschließung während der Schwangerschaft nicht stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die von der Mutter veranlasste Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses in nichtehelichen Beziehungen ihr Persönlichkeitsrecht zurücktreten lasse.

12

Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasse und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. "Ein solcher Eingriff" liege hier jedoch nicht vor. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Antragsteller stehe ohnehin fest, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Es gehe also nur noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Bei der gebotenen Interessenabwägung der beiderseitigen Rechte sei zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin durch das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz begrenzt sei. Ohne eine Auskunft der Beschwerdeführerin zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe, könne der Antragsteller den Anspruch auf Unterhaltsregress nicht durchsetzen.

IV.

13

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Sie habe zur Zeit der Zeugung des Kindes entsprechend dem Wunsch des Antragstellers mit diesem lediglich eine lockere Beziehung geführt, während derer sie lediglich einmal Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt, dies aber bei Feststellung der Schwangerschaft bereits wieder vergessen habe. Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers seien bei ihr erst aufgrund des Aussehens des Kindes aufgekommen, als dieses größer geworden sei. Sie habe jedoch niemals behauptet, dass nur der Antragsteller als Vater in Betracht gekommen sei und sie in der Empfängniszeit keinen anderen Sexualpartner gehabt habe. Dem Antragsteller sei es wichtig gewesen, "sich die Rechte an dem Kind zu sichern", weshalb er auch die Beschwerdeführerin aus freien Stücken geheiratet habe. Die Heiratspläne seien von ihm ausgegangen und von seinen Eltern forciert worden. Die Vaterschaft habe er erst angefochten, nachdem die Tochter ihn gebeten habe, für einen Antrag auf Ausbildungsförderung (BAföG) seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Bereits 1994 habe die Beschwerdeführerin dem Antragsteller jedoch in einem Brief die Möglichkeit eröffnet, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte.

15

Obwohl damit das Anfechtungsrecht verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen sei, habe das Vaterschaftsanfechtungsverfahren Erfolg gehabt, weil das anwaltlich nicht vertretene Kind dem Antrag letztlich nicht entgegengetreten sei. Auch der Regressanspruch sei wegen der bereits bei der Scheidung bestehenden Kenntnis der Möglichkeit, nicht der biologische Vater zu sein, verjährt und wegen des Verhaltens des Antragstellers verwirkt.

16

Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin dar. Der Antragsteller sei damals 27 Jahre alt gewesen, sei um einiges lebenserfahrener gewesen als die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin und habe gewusst, dass sie bereits ein Kind von einem anderen Mann gehabt habe. Sie habe ihn vor der Geburt nicht aufgefordert, ihn zu heiraten oder die Vaterschaft anzuerkennen. Beiden sei nach Feststellung der Schwangerschaft klar gewesen, dass er als Vater in Betracht komme. Da sie ihn nicht durch falsche Angaben zur Heirat veranlasst und zu diesem Zeitpunkt selbst keine Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers gehabt habe, begegne die Verpflichtung zur Auskunft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei ihr nicht zuzumuten, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen Vaters an der Beseitigung der dem Antragsteller entstandenen Nachteile mitzuwirken, zumal er diese bewusst in Kauf genommen habe, da er trotz des Wissens, wahrscheinlich nicht der Vater des Kindes zu sein, sowohl das Sorgerechtsverfahren angestrengt als auch Unterhaltsleistungen erbracht habe. Angesichts des Nichtbestehens einer Ehe, sondern einer nur lockeren Beziehung mit der Beschwerdeführerin und mangels entsprechender Aussagen ihrerseits, habe der Antragsteller auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keine weiteren sexuellen Kontakte gehabt habe. Es sei ihm unbenommen gewesen, vor der Heirat eine Aufklärung über seine Vaterschaft herbeizuführen oder die Eingehung der Ehe beziehungsweise eine Anerkennung der Vaterschaft von der Feststellung seiner biologischen Vaterschaft abhängig zu machen. Die Verpflichtung zur Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin mit dem Antragsteller weder verheiratet gewesen sei noch mit ihm in einer festen Beziehung gelebt habe, stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar.

17

Sollte ein Eingriff in diesen unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin zu verneinen sein, hätte zumindest die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht verhältnismäßig. Dieses wiege in der vorliegenden Situation, da die Beschwerdeführerin den Antragsteller nicht zur Eingehung der Ehe veranlasst habe, stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses.

V.

18

Zum Verfahren haben der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht Stellung genommen. Der Antragsteller verteidigt in der Erwiderung auf die Verfassungsbeschwerde die angegriffenen Entscheidungen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind beigezogen worden und liegen vor.

19

1. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf seine beiden in der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Entscheidungen hin (BGHZ 191, 259; 196, 207).

20

2. Der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht messen der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise einbezogen und abgewogen. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze nicht das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, weil es dieser aufgrund der Rechte des Kindes verwehrt sei, diesem gegenüber den Namen des mutmaßlich leiblichen Vaters dauerhaft geheim zu halten. Bei einem ohnehin schon offenbar gewordenen Mehrverkehr stelle es keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar, dem bisherigen rechtlichen Vater die gleichen Informationen zu geben.

21

3. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Fachgerichte hätten nicht die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im Einzelfall vorgenommen. Außerdem stelle die Nennung des konkreten Namens nicht "nur" eine geringfügige Mehrbelastung der Beschwerdeführerin dar, nachdem ohnehin schon feststehe, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Die Preisgabe der Information, wen sich die Beschwerdeführerin als Sexualpartner ausgesucht habe, sei ein empfindlicher Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Der vorliegende Fall unterscheide sich von der höchstrichterlich bereits entschiedenen Konstellation, in der die Mutter die zur rechtlichen Vaterschaft führende Vaterschaftsanerkennung aktiv herbeigeführt habe. Die Gerichte hätten unberücksichtigt gelassen, dass das Kind im vorliegenden Fall vor der Ehe gezeugt worden sei und damit aus einer Zeit stamme, als das Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, nicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsteller schon früh Zweifel an dessen Vaterschaft geäußert habe, habe sich der Antragsteller sehenden Auges in eine mögliche Regresssituation begeben. Das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz müsse zurücktreten, da er sich nach der Scheidung sogar noch aktiv um das Sorgerecht bemüht und er mit der Tochter emotional verbunden in einer sozial-familiären Beziehung gelebt habe. Rechtsvergleichend betrachtet sei der Scheinvaterregress ohnehin kein in Europa allgemein konsentierter Wert mehr.

B.

22

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

23

Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB, ihrem früheren Ehemann und vormaligen rechtlichen Vater ihres Kindes zur Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, ist verfassungswidrig.

24

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie die Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin verkennen. Die Zivilgerichte haben im Ausgangsverfahren den grundrechtlichen Einfluss unzutreffend eingeschätzt, worauf die angegriffenen Entscheidungen beruhen (I.).

25

Unabhängig von den Umständen des vorliegenden Falls überschreitet die trotz Fehlens einer eindeutigen Grundlage im geschriebenen Recht richterlich herbeigeführte Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung zudem die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, was die Beschwerdeführerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) (II.).

I.

26

Die Beschwerdeführerin ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Gerichte haben die Bedeutung, die diesem Grundrecht hier zukommt, unzutreffend eingeschätzt (1.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie dem Grundrecht der Beschwerdeführerin bei der Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse ihres früheren Ehemannes an der Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht beigemessen hätten (2.).

27

1. Die Gerichte haben die Bedeutung, die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin zukommt, unzutreffend eingeschätzt.

28

a) Die Beschwerdeführerin erleidet durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Verpflichtung, über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters Auskunft zu erteilen, wird sie gezwungen, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Damit muss sie intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbaren. Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen.

29

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre der Einzelnen auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, diese nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der Privat- und Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wäre die sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361 <382> m.w.N.). Mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützt ist das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (vgl. BVerfGE 117, 202 <233> m.w.N.).

30

b) Dem haben die Gerichte hier im Ansatz zutreffend das Interesse des Scheinvaters an der Durchsetzung seines einfachrechtlichen Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB gegenübergestellt. Obwohl das Interesse, selbst darüber zu befinden, ob und wem Einblick in das Geschlechtsleben gewährt wird, verfassungsrechtlich schwer wiegt, mag das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse eines Scheinvaters in bestimmten Konstellationen etwa wegen ihres früheren Verhaltens weniger schutzwürdig sein (vgl. für den Fall, dass der Scheinvater von der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung veranlasst worden war BGHZ 191, 259 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.). So mag insbesondere in solchen Konstellationen, in denen die Mutter aufgrund ihres Verhaltens dem Scheinvater wegen seiner dem Scheinkind erbrachten Leistungen nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig ist (vgl. BGHZ 196, 207 ff. m.w.N.), ihr auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Hinblick auf den Regressanspruch aus § 1607 Abs. 3 BGB verfassungsrechtlich zumutbar sein. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruchs auch gegen ihren Willen Auskunft über die Person des Vaters zu erteilen, ist darum verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.

31

c) Im vorliegenden Fall haben die Gerichte jedoch die Bedeutung des Rechts der Beschwerdeführerin, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt, unzutreffend eingeschätzt.

32

Das Amtsgericht hat dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin allein deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Beschwerdeführerin den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der leibliche Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Damit hat es den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebotenen Schutz der Beschwerdeführerin unzulässig verkürzt und hat es versäumt, deren Interesse, den Namen des mutmaßlichen Vaters nicht nennen zu müssen, anhand der konkreten Umstände des Falls gegen das finanzielle Regressinteresse des Antragstellers abzuwägen.

33

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes zu geben, deren Persönlichkeitsrecht berührt. Gleichwohl setzt sich auch das Oberlandesgericht im Anschluss aus unzutreffenden Erwägungen mit der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander und wägt deren Grundrecht damit nicht weiter mit den finanziellen Interessen des Antragstellers ab. So stellt das Gericht zunächst zwar zutreffend fest, das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Es nimmt dann aber an, "ein solcher Eingriff" liege hier nicht vor, weil aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung feststehe, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe; es gehe also "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Damit verkennt das Gericht, dass zur verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre der Mutter gerade auch die Frage gehört, mit welchem Partner oder welchen Partnern sie eine geschlechtliche Beziehung eingegangen ist. Die Offenbarung und Nennung von Partnern sexueller Kontakte ist mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Frau oftmals sogar noch von größerer Brisanz als der Umstand, dass es überhaupt zur außerehelichen Zeugung eines Kindes gekommen ist. Das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht spezifisch geschützte Recht der Beschwerdeführerin, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen, war mit der Offenlegung des Mehrverkehrs nicht verbraucht und hätte bei der von den Gerichten vorzunehmenden Interessenabwägung weiter Berücksichtigung finden müssen.

34

2. Die Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil die Gerichte gerade infolge dieser Verkennung die für und gegen die Schutzwürdigkeit der Beteiligten sprechenden konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht näher gewürdigt und nicht in die Entscheidung eingestellt haben. Insbesondere haben die Gerichte unberücksichtigt gelassen, dass das Kind vor der Ehe gezeugt wurde und damit aus einer Zeit stammt, in der ein Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres begründet war. In diesem Zusammenhang ist auch die Beschreibung der Qualität der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller zur Empfängniszeit von Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin lediglich als "locker" bezeichnet hat und zu der die Gerichte keine weiteren Feststellungen getroffen haben. Die Gerichte sind auch nicht näher darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin - vom Antragsteller unwidersprochen - dargelegt hat, dem Antragsteller gegenüber nie behauptet zu haben, das Kind könne nur von ihm abstammen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach der Scheidung im Jahr 1995 das Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter für sich erstritten hat, obwohl die Beschwerdeführerin ihm bereits 1994 in einem Brief die Möglichkeit eröffnet hatte, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte, wurde nicht gewürdigt. Möglicherweise wäre auch der vom Oberlandesgericht als nicht klärungsbedürftig angesehenen Frage Bedeutung beizumessen gewesen, ob die Darlegung der Beschwerdeführerin zutrifft, dass nicht sie den Antragsteller zur Eheschließung veranlasst und so in die rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB gedrängt habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte bei Würdigung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.

II.

35

Die gerichtliche Verpflichtung der Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet unabhängig von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihren Grundrechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

36

Auf die Generalklausel des § 242 BGB lässt sich ein Anspruch des Scheinvaters gegen die Mutter, diesem zur Durchsetzung seines gegen den leiblichen Vater des Kindes gerichteten Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters zu erteilen, nicht stützen. Dafür fehlen nähere Anknüpfungspunkte im einfachen Recht. Dieser bedürfte es aber, weil die Auskunftsverpflichtung auf der einen Seite das Persönlichkeitsrecht der Mutter erheblich beeinträchtigt (s.o., I.1.a), ohne dass auf der anderen Seite die zivilgerichtliche Stärkung des vom Gesetzgeber schwach ausgestalteten Regressanspruchs des Scheinvaters verfassungsrechtlich geboten wäre (sogleich unter 3.a).

37

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nicht ausdrücklich geregelt, obgleich das Gesetz mit § 1605 BGB eine Auskunftsregelung zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche kennt. Diese Vorschrift ist hier jedoch nicht anwendbar. § 1605 BGB bestimmt, dass Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, wenn dies zur Feststellung einer Unterhaltsregressverpflichtung erforderlich ist, ist dort hingegen nicht geregelt (vgl. BGHZ 191, 259 <265 f. Rn. 18>).

38

Die Zivilgerichte leiten den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ab (s.o., A.I.). Sie stützen sich dabei auf die ursprünglich zu anderen Rechtsverhältnissen begründete ständige Rechtsprechung, nach der Treu und Glauben grundsätzlich gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGHZ 191, 259 <266 Rn. 20> m.w.N.).

39

2. a) Gegen die gerichtliche Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz nichts einzuwenden. Schöpferische Rechtsfindung durch gerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung ist praktisch unentbehrlich und wird vom Bundesverfassungsgericht seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 <287 f.>; 49, 304 <318>; 65, 182 <190 f.>; 71, 354 <362>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 74>). Dass der Gesetzgeber den Zivilgerichten mit den Generalklauseln des Privatrechts besonders weite Möglichkeiten der Rechtsfortbildung verschafft, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bieten die privatrechtlichen Generalklauseln den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 169 <178>; stRspr) und so die gesetzgeberische Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge zu ergänzen; die Zivilgerichte verhelfen den Grundrechten so in einem Maße zur praktischen Wirkung, das zu leisten der Gesetzgeber im Hinblick auf die unübersehbare Vielfalt möglicher Fallgestaltungen (vgl. BVerfGE 102, 347 <361>) allein kaum in der Lage wäre (vgl. hierzu insbesondere Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 132, 232; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 324 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 90 ; Michael/Morlok, Grundrechte, 4. Aufl. 2014, Rn. 571 f.).

40

b) Die gerichtliche Rechtsfortbildung stößt jedoch an verfassungsrechtliche Grenzen. Solche ergeben sich auch aus den Grundrechten. Sie müssen von Fall zu Fall bestimmt werden und kommen auch bei richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund von Generalklauseln des Privatrechts zum Tragen.

41

Soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung weiter, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird (vgl. BVerfGE 34, 269 <284 ff., 291>; 65, 182 <194 f.>; 122, 248 <286> - abw. M.). Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt (vgl. BVerfGE 65, 182 <194 f.>; 71, 354 <362 f.>; 122, 248 <286, 301> - abw. M.); die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt.

42

Bei der gerichtlichen Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten, in denen überwiegend Interessenkonflikte zwischen Privaten zu lösen sind, trifft regelmäßig die Beeinträchtigung einer Rechtsposition auf der einen Seite mit der Förderung einer Rechtsposition auf der anderen Seite zusammen. Belastet ein Zivilgericht eine Person etwa mit einer im Wege der Rechtsfortbildung begründeten Pflicht, so erfolgt dies zumeist, um die Rechtsposition einer anderen Person zu stärken. Je schwerer der verfassungsrechtliche Gehalt der gestärkten Position wiegt, umso klarer ist eine entsprechende Lösung dem Gericht wie dem Gesetzgeber durch die Verfassung vorgezeichnet und umso weiter kann die Befugnis der Gerichte reichen, diese Position im Wege der Rechtsfortbildung - auch unter Belastung einer gegenläufigen, aber schwächeren Rechtsposition - durchzusetzen (so etwa BVerfGE 96, 56 <62 ff.>). Umgekehrt gilt jedoch genauso: Je schwerer die Belastung verfassungsrechtlich wiegt und je schwächer der verfassungsrechtliche Gehalt der damit durchzusetzenden Gegenposition ist, umso enger sind die Grenzen für die Rechtsfortbildung gesteckt, umso strikter muss sich also die zivilgerichtliche Rechtsfindung innerhalb der Grenzen des gesetzten Rechts halten. Die Grenzen richterlicher Rechtsfindung verlangen gerade dort besondere Beachtung, wo sich die rechtliche Situation des Bürgers verschlechtert, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dafür ins Feld geführt werden können (BVerfGE 122, 248 <301> - abw. M.). Auf eine privatrechtliche Generalklausel lässt sich eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung eines Beteiligten dann umso weniger stützen, je weniger sich im einfachgesetzlichen Umfeld Anknüpfungspunkte dafür finden lassen (vgl. Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 120 f.).

43

3. Danach sind die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hier durch die Grundrechte enger bemessen (a). Sie sind durch die angegriffenen Entscheidungen überschritten (b).

44

a) Die grundrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind hier enger gesteckt, weil die Auskunftsverpflichtung verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen in erheblichem Maße beeinträchtigt, die für die Auskunftspflicht ins Feld geführten Gründe hingegen verfassungsrechtlich gering wiegen.

45

Die mit der Auskunftsverpflichtung einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin wiegt schwer (s.o., B.I.1.a). Darüber hinaus beeinträchtigt die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung mittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Familienleben eines zu benennenden Mannes.

46

Dem steht hier allein das Interesse des Scheinvaters an einer Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit seines einfachgesetzlichen Regressanspruchs gegenüber. Dass der Gesetzgeber den Regressanspruch durchsetzungsschwach ausgestaltet hat, indem er es unterlassen hat, diesen durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu flankieren, bedarf von Verfassungs wegen nicht der Korrektur. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gezwungen, einen durchsetzungsstärkeren Regressanspruch zu schaffen. Wie das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens einerseits und das finanzielle Regressinteresse des Scheinvaters andererseits zum Ausgleich gebracht werden, liegt im Ausgestaltungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers (dazu generell BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 68 ff.>). Auch der Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet zwar Grenzen in den Grundrechten der Betroffenen. Dass der Gesetzgeber hier durch die Nichtregelung einer den Regressanspruch flankierenden Auskunftsverpflichtung grundrechtliche Mindeststandards zulasten des Scheinvaters unterschritten hätte, ist jedoch - zumal angesichts des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwerts des betroffenen Geheimhaltungsinteresses der Mutter - nicht ersichtlich. Auch im Rechtsvergleich erweist sich die uneingeschränkte Gewährung eines Regressanspruchs nicht als selbstverständlich (vgl. Helms, FamRZ 2013, S. 943 f. m.w.N.); die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt, die hier in Rede stehende Position des Scheinvaters sei nicht als in Europa allgemein konsentierter Wert anzusehen.

47

Zwar können die Zivilgerichte individuelle Rechtspositionen grundsätzlich auch über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß hinaus im Wege der Rechtsfortbildung stärken. Im Fall des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs ist der Spielraum für richterliche Rechtsfortbildung, die über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausginge, jedoch wegen des entgegenstehenden Grundrechts der Mutter enger bemessen.

48

b) Danach können die Gerichte die Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung des Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB Auskunft über frühere Geschlechtspartner zu erteilen, nicht allein auf die Generalklausel des § 242 BGB stützen. Vielmehr setzt die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter zur Preisgabe des Partners oder der Partner geschlechtlicher Beziehungen konkretere gesetzliche Anknüpfungspunkte voraus, aus denen sich ablesen lässt, dass eine Mutter zur Auskunftserteilung der fraglichen Art verpflichtet ist.

49

Solche Anknüpfungspunkte finden sich hier nicht. Die in § 1605 BGB getroffene Regelung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht deutet im Gegenteil darauf hin, dass zur Durchsetzung des Unterhaltsregressanspruchs keine Auskunftspflicht bestehen soll. In § 1605 BGB ist die Verpflichtung Verwandter geregelt, einander erforderlichenfalls über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung der Mutter, Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, findet sich hingegen nicht, obwohl dem Gesetzgeber nicht entgangen sein kann, dass zur Durchsetzung eines Regressanspruchs die Kenntnis des Erzeugers erforderlich ist und dass in vielen Fällen allein die Mutter Hinweise auf die Person des Erzeugers geben könnte.

50

Auch der Anspruchsregelung in § 1607 Abs. 3 BGB selbst kann der erforderliche Anknüpfungspunkt nicht entnommen werden. Die Norm begründet lediglich die materielle Rechtsposition, ohne deren Durchsetzbarkeit zu regeln. Ein Schluss von der gesetzlichen Einräumung eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die Ermächtigung zur Nutzung der notwendigen Mittel zu seiner Durchsetzung ist jedenfalls hier unzulässig, weil die Durchsetzung nur durch die gerichtliche Verpflichtung der Auskunftsverpflichteten zur Preisgabe intimer Daten aus der Privatsphäre erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass die auskunftsverpflichtete Person hier nicht einmal selbst Anspruchsgegnerin des durchzusetzenden materiellen Hauptanspruchs ist. Der gesetzliche Regressanspruch des Scheinvaters läuft ohne flankierenden Auskunftsanspruch auch nicht faktisch leer. Er bleibt, nicht nur in Ausnahmefällen, durchsetzbar, wenn etwa der Scheinvater ohnehin von der Person des tatsächlichen Vaters Kenntnis hat oder von ihm aufgrund einer freiwilligen Information durch die Kindesmutter erfährt.

51

Schließlich bietet auch die eherechtliche Generalklausel des § 1353 Abs. 1 BGB keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine Auskunftsverpflichtung der Mutter. Auch die angegriffenen Entscheidungen beziehen sich auf § 1353 Abs. 1 BGB lediglich, um die Existenz einer in § 242 BGB vorausgesetzten rechtlichen Sonderverbindung zwischen Beschwerdeführerin und Antragsteller zu begründen.

52

Mangels konkreten gesetzlichen Anknüpfungspunkts können die Gerichte also, unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, einen der Durchsetzung des Unterhaltsregresses dienenden Auskunftsanspruch eines Scheinvaters gegen die Mutter generell nicht aus § 242 BGB herleiten. Soll der Regressanspruch des Scheinvaters gestärkt werden, müsste der Gesetzgeber tätig werden. Der Gesetzgeber wäre nicht daran gehindert, eine Regelung zum Schutz des Scheinvaters einzuführen, obwohl er hierzu nicht durch das Eingreifen grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten ist. Er könnte einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch die Anwendung der bestehenden Generalklauseln gewähren können (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 70>), müsste dabei allerdings dem entgegenstehenden Persönlichkeitsrecht der Mutter Rechnung tragen, das in dieser Konstellation schwer wiegt.

III.

53

1. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts sowie des Oberlandesgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

54

Es ist angezeigt, nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), weil es im Interesse der Beschwerdeführerin liegt, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>).

55

2. Da die Verfassungsbeschwerde begründet ist, sind der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können

1.
der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2.
die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3.
das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen werden.

(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.

(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberechtigten für das Kind unzumutbar wäre.

(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine genetische Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstammungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.

(1) Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat,

1.
ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient, und
2.
ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(2) Hinsichtlich des Rechts auf Umgang mit dem Kind nach Absatz 1 Nummer 1 gilt § 1684 Absatz 2 bis 4 entsprechend. Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Absatz 3 Satz 3 bis 5 kann das Familiengericht nur anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1666 Absatz 1 erfüllt sind.

(1) Anträge auf Erteilung des Umgangs- oder Auskunftsrechts nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nur zulässig, wenn der Antragsteller an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.

(2) Soweit es in einem Verfahren, das das Umgangs- oder Auskunftsrecht nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs betrifft, zur Klärung der leiblichen Vaterschaft erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.

(3) § 177 Absatz 2 Satz 2 und § 178 Absatz 2 gelten entsprechend.

(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.

(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.

(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.

(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.

(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.