Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Nov. 2017 - 2 C 25/17

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:171117U2C25.17.0
bei uns veröffentlicht am17.11.2017

Tatbestand

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Der Rechtsstreit betrifft ein Disziplinarklageverfahren; im Vordergrund steht ein angeschuldigter Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht.

2

Der 1974 geborene Beklagte steht als Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 LBesO) im Dienst des Landes Berlin. Im Jahr 2007 leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen den Beklagten ein. Ihm wurde vorgeworfen, an der Erstellung von CDs und Booklets mit volksverhetzenden Liedtexten beteiligt gewesen zu sein. Das Landgericht Berlin sprach den Beklagten im Jahr 2011 von diesem Vorwurf frei, weil nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit habe festgestellt werden können, dass sich das beanstandete Schmählied auf das Tagebuch der Anne Frank beziehe.

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Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung im o.g. Strafverfahren wurden Körpertätowierungen des Beklagten festgestellt und in Lichtbildaufnahmen dokumentiert, weil sie den Verdacht der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen begründeten. Das hierzu geführte Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Berlin im Jahr 2008 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beklagte die Kennzeichen öffentlich verwendet habe. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, dass der Beklagte am Polizeisport teilgenommen habe, ohne ein seine Körpertätowierungen verdeckendes langärmeliges Hemd getragen zu haben.

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Aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses wurde im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen auch die Wohnung des Beklagten durchsucht. Dort wurden zahlreiche Gegenstände mit Bezug zum Nationalsozialismus aufgefunden - etwa gerahmte Abbildungen von Adolf Hitler, Portraits von Rudolf Heß und Horst Wessel, ein Trinkbecher mit dem Aufdruck "Rudolf Heß 1894-1987 Forever in our hearts", Bücher und Zeitschriften mit nationalsozialistischem Inhalt sowie Kleidungsstücke und Gegenstände mit Aufdrucken verschiedener rechtsextremistischer Musikgruppen. Darüber hinaus wurden zahlreiche Fotos und Foto-CDs sichergestellt, auf denen u.a. auch der Beklagte bei der Ausführung des sog. Hitlergrußes abgebildet ist. Auch ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft Berlin ein. Da einige der Abbildungen offenbar anlässlich eines Konzerts in Großbritannien aufgenommen worden seien, lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Beklagte die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Inland verbreitet habe.

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Im Hinblick auf die strafrechtlichen Beschuldigungen und den Verdacht der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit leitete der Dienstherr bereits im August 2007 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein, das bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt wurde. Im September 2007 wurde der Beklagte unter ungekürzter Bezügezahlung vorläufig des Dienstes enthoben.

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Im Jahr 2012 hat der Kläger Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erhoben. Darin wird dem Beklagten vorgeworfen, er habe durch sein inner- und außerdienstliches Verhalten gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue, zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen verstoßen. Der Beklagte habe mehrmals den Hitlergruß gezeigt und sich die Symbole seiner offensichtlich nationalsozialistischen Gesinnung in die Haut "einbrennen" lassen. Er habe seine Wohnung mit zahlreichen Devotionalien und Bildern führender Vertreter des Nationalsozialismus ausgestattet und pflege intensiven Umgang mit Personen aus der rechtsextremistischen Szene. Selbst sein Autokennzeichen führe die Kombination B-HH, was in der rechtsextremistischen Szene die übliche Abkürzung für "Heil Hitler" darstelle. All dies belege, dass der Beklagte sich mit einem Gedankengut identifiziere, das den Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaats diametral entgegensetzt sei.

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Im Einzelnen stützt sich die Disziplinarklage auf fünf Anschuldigungskomplexe. Zum Ersten trage der Beklagte ausweislich der im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angefertigten Bildermappe 1 mehrere Körpertätowierungen mit Kennzeichen verbotener Organisationen und nationalsozialistischen Symbolen. Zum Zweiten habe der Beklagte ausweislich der bei ihm aufgefundenen Fotografien wiederholt den Hitlergruß gezeigt und sich auch mit einer Hakenkreuzfahne ablichten lassen. Zum Dritten verwahre der Beklagte nationalsozialistische Gegenstände, Symbole, Devotionalien und Literatur in seiner Wohnung, was nach Art und Menge des Materials nur den Schluss zulasse, dass der Beklagte dem Nationalsozialismus und seinen Protagonisten huldige. Zum Vierten pflege der Beklagte Umgang mit übelbeleumdeten Personen, indem er eine Partnerschaft zu Frau ... ... unterhalte, die rechtsextremistischen Aktivitäten für die NPD nachgehe und sog. "Frontfrau" der "Gemeinschaft deutscher Frauen" sei. Auch pflege er Kontakte zu den Brüdern ... und ... ..., die Mitglieder der Musikgruppe "Deutsch, Stolz, Treue" (D.S.T) seien. Zum Fünften betreibe der Beklagte als Mitgeschäftsführer ein Gewerbe (...), ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Nebentätigkeitsgenehmigung zu sein.

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Das Verwaltungsgericht hat gegen den Beklagten eine Geldbuße in Höhe von 300 € verhängt. Die vom Beklagten eingeräumte ungenehmigte Nebentätigkeit stelle ein Dienstvergehen dar. Hinsichtlich der übrigen Anschuldigungen hat das Verwaltungsgericht den Beklagten vom Disziplinarvorwurf freigestellt.

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Die hiergegen gerichtete Berufung des klagenden Landes hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, weder aus den Tätowierungen noch aus den angeschuldigten Verhaltensweisen könne ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht entnommen werden. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei einzelnen Motiven der vom Beklagten getragenen Tätowierungen um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen handle. Das Anbringen und das Unterlassen der Entfernung von Tätowierungen beinhalte allenfalls die Mitteilung, eine verfassungsfeindliche Überzeugung zu haben. Ein für die Annahme eines Dienstvergehens erforderliches verfassungsfeindliches Verhalten sei damit jedoch nicht verbunden. Auch das öffentliche Darbieten des Hitlergrußes reiche für die Annahme eines Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht nicht aus. Durch das aufgrund der vorliegenden Beweismittel feststellbare gemeinschaftliche Zeigen des Hitlergrußes auf dem Konzert einer rechtsextremen Musikgruppe möge der Beklagte eine rechtsextremistische Haltung in einer Gruppe von Gleichgesinnten mitgeteilt haben. Ein politisch werbendes Verhalten, das auf die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder auf die Veränderung der politischen Verhältnisse gerichtet sei, könne hieraus jedoch nicht abgeleitet werden. Soweit hierdurch eine Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten vorliege, weil der Beklagte in zurechenbarer Weise den Anschein gesetzt habe, sich mit dem Nationalsozialismus zu identifizieren oder mit ihm zu sympathisieren, scheide eine disziplinarische Ahndung infolge des Maßnahmeverbots wegen Zeitablaufs aus.

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Mit der vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision beantragt das klagende Land,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Mai 2017 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. April 2013 - soweit dieses noch nicht in Teilrechtskraft erwachsen ist (Anschuldigungspunkte 1 bis 4) - aufzuheben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

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Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des klagenden Landes ist begründet. Das angegriffene Berufungsurteil verletzt revisibles Recht. Die Auffassung des Berufungsgerichts, auch das Tragen einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichen Motiven könne als bloßes Haben und Mitteilen einer bestimmten Gesinnung nicht als Dienstvergehen bewertet werden, weil es nicht auf die wirksame Verbreitung eines verfassungsfeindlichen Standpunktes gerichtet sei, ist mit der in Art. 33 Abs. 5 GG und § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verankerten Verfassungstreuepflicht des Beamten nicht vereinbar (1.). Durch den Inhalt der getragenen Tätowierungen, das Zeigen des Hitlergrußes und sein weiteres Verhalten hat der Beklagte eine nationalsozialistisch geprägte Einstellung kundgetan, die mit seinem Diensteid auf das Grundgesetz und den Eignungsanforderungen für die Ausübung eines öffentlichen Amtes unvereinbar ist (2.). Der Beklagte muss daher aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden; zu diesem Ausspruch ist das Bundesverwaltungsgericht auch im Revisionsverfahren befugt (3.).

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1. Die Verpflichtung auf die Verfassung und ihre fundamentalen Prinzipien gehört zu den tragenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums (a). Diese Verfassungstreuepflicht kann auch durch das Tragen einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt verletzt werden, wenn dadurch eine Ablehnung der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck kommt (b). Dies gilt auch dann, wenn eine hinreichende gesetzliche Regelung über das zulässige Ausmaß von Tätowierungen bei Beamten fehlt (c).

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a) Beamte sind zur Verfassungstreue verpflichtet.

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aa) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse und die damit verbundenen Eingriffsrechte des Staates sind durch Art. 33 Abs. 4 GG einem Personenkreis vorbehalten, dessen Rechtsstellung in besonderer Weise Gewähr für Verlässlichkeit und Rechtsstaatlichkeit bietet. Beamte realisieren die Machtstellung des Staates (BVerfG, Urteil vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - BVerfGE 9, 268 <282>), sie haben als "Repräsentanten der Rechtsstaatsidee" dem ganzen Volk zu dienen und ihre Aufgaben im Interesse des Wohls der Allgemeinheit unparteiisch und gerecht zu erfüllen (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2014 - 2 C 51.13 - BVerwGE 151, 114 Rn. 26). Beamte stehen daher in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Aufgrund dieser Treuepflicht gehört es jedenfalls zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG, dass sich der Beamte zu der Verfassungsordnung, auf die er vereidigt ist, bekennt und für sie eintritt (BVerfG, Urteil vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - BVerfGE 9, 268 <286> sowie Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <346>; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 C 24.13 - BVerwGE 150, 366 Rn. 30).

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Der Beamte, der "sozusagen als Staat Befehle geben kann" (BVerfG, Urteil vom 27. April 1959 - 2 BvF 2/58 - BVerfGE 9, 268 <282>), muss sich mit den Prinzipien der verfassungsmäßigen Ordnung ohne innere Distanz identifizieren. Damit ist nicht eine Verpflichtung gemeint, sich die Ziele oder eine bestimmte Politik der jeweiligen Regierung zu eigen zu machen. Gefordert ist aber die Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlich-demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren und für sie einzutreten. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik zu üben und für Änderungen der bestehenden Verhältnisse mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln einzutreten, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. An einer "unkritischen" Beamtenschaft können Staat und Gesellschaft kein Interesse haben. Unverzichtbar ist aber, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Staat ist darauf angewiesen, dass seine Beamten für ihn einstehen und Partei für ihn ergreifen (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <347 f.>).

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Die Befugnis eines demokratischen Staates, von seinen Beamten die Treue zu den grundlegenden Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, ist auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt (EGMR, Urteil vom 26. September 1995 - 7/1994/454/535 "Vogt" - NJW 1996, 375 <377>). Die Verfassungstreue stellt damit auch eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) sowie Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) für Beamte dar (vgl. BAG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - ZTR 2013, 261 Rn. 34).

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Die Grundentscheidung des Grundgesetzes zur Konstituierung einer wehrhaften Demokratie lässt es nicht zu, dass Beamte im Staatsdienst tätig werden, die die freiheitlich-demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen. Diesen Personen fehlt die Eignung für die Ausübung eines öffentlichen Amtes (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 u.a. - BVerfGE 96, 171 <181>; BAG, Urteil vom 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - ZTR 2011, 739 Rn. 23; EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 - 39799/98 "Volkmer" - NJW 2002, 3087 <3088>). Ihnen kann von den Bürgern nicht das zur Wahrnehmung des öffentlichen Amtes berufserforderliche Vertrauen entgegengebracht werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 11 ff.).

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bb) Sind solche Personen bereits zu Beamten ernannt, können sie im Wege des Disziplinarverfahrens aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

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Disziplinarmaßnahmen setzen allerdings ein konkretes Dienstvergehen voraus. Dieses besteht nicht bereits in der "mangelnden Gewähr" dafür, dass der Beamte jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde, sondern erst in der nachgewiesenen Verletzung jener Amtspflicht (BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <350 f.> und vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - NJW 2008, 2568 Rn. 31).

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Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, reichen für die Annahme einer Verletzung der dem Beamten auferlegten Treuepflicht grundsätzlich nicht aus. Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (BVerfG, Beschlüsse vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <350 f.> und vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - BVerfGK 13, 531 <540>; vgl. zum Erfordernis eines durch entsprechende Aktivitäten deutlich gewordenen Loyalitätsmangels auch BAG, Urteil vom 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - ZTR 2013, 261 Rn. 21).

22

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine derartige Verletzung der Verfassungstreuepflicht nicht erst dann vor, wenn der Beamte ein Verhalten zeigt, das auf die wirksame Verbreitung eines verfassungsfeindlichen Standpunktes oder auf die Teilnahme am politischen Meinungskampf gerichtet ist. Entsprechendes folgt auch nicht aus den in Bezug genommenen Formulierungen des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 1 D 55.99 - BVerwGE 114, 37 <45>), die im Übrigen keine Maßstabsbildung, sondern lediglich Subsumtionserwägungen enthalten.

23

Das in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geforderte "Mehr" als das bloße Haben und Mitteilen ist nicht erst bei einem offensiven Werben erreicht. Zwischen dem "bloßen" Haben und Mitteilen einer Überzeugung und dem planmäßigen werbenden Agieren oder gar Agitieren liegen differenzierungsfähige und erhebliche Abstufungen.

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b) Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung kann ein Beamter auch durch plakative Kundgabe in Gestalt des Tragens einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt ziehen.

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aa) Die Betätigung einer verfassungsfeindlichen Gesinnung durch "bloße" Tätowierung ist möglich. Zwar stellt eine Tätowierung zunächst nur eine Körperdekorierung dar. Durch diese wird der Körper indes bewusst als Kommunikationsmedium eingesetzt (Lobstädt, Tätowierung, Narzissmus und Theatralität, 2011, S. 125 ff.; Schmidt, Das äußere Erscheinungsbild von Beamtenbewerbern, 2017, S. 161 f. m.w.N.). Mit dem Tragen einer Tätowierung ist eine plakative Kundgabe verbunden, durch die eine mit ihr verbundene Aussage das "forum internum" verlässt. Durch eine Tätowierung erfolgt eine nach außen gerichtete und dokumentierte Mitteilung durch deren Träger über sich selbst. Dieser kommt im Falle der Tätowierung sogar ein besonderer Stellenwert zu, weil das Motiv in die Haut eingestochen wird und der Träger sich damit dauerhaft und in besonders intensiver Weise bekennt.

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Ein Beamter, der sich mit einer Auffassung, die der Werteordnung des Grundgesetzes widerspricht, derart identifiziert, dass er sie sich in die Haut eintätowieren lässt, ist nicht tragbar. Er dokumentiert mit dem Tragen der Tätowierung sein dauerhaftes Bekenntnis zu dieser Anschauung und damit seine Abkehr von der Verfassungsordnung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15.01 - Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 S. 23). Eine hieran anknüpfende Disziplinarmaßnahme sanktioniert nicht die innere Haltung und Gesinnung des Beamten, sondern sein äußeres Handeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 1 D 114.85 - NJW 1987, 2691 <2692>).

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bb) Dass sich die Tätowierung in dem beim Tragen von Dienstkleidung sichtbaren Bereich des Körpers befindet, ist nicht erforderlich.

28

Entscheidungsmaßstab für die Frage, in welchem Umfang der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, ist die Annahme, dass das Dienstvergehen einschließlich aller be- und entlastenden Umstände bekannt würde (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260>; Beschluss vom 2. März 2012 - 2 B 8.11 - juris Rn. 16). Für die danach gebotene objektive Bewertung der Vertrauensbeeinträchtigung ist es unerheblich, inwieweit das Dienstvergehen im konkreten Einzelfall in der Öffentlichkeit tatsächlich bekannt geworden und inwieweit hierüber berichtet worden ist (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 19 Rn. 56; Beschluss vom 20. Juni 2017 - 2 B 84.16 - juris Rn. 36).

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Dies gilt auch für die Kundgabe politischer Überzeugungen. Auch wenn sich ein Anhänger verfassungsfeindlicher Ziele nur im Kreis Gleichgesinnter offenbart und betätigt, zieht er Folgerungen aus seiner Überzeugung für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Selbst wenn sich ein Beamter in einer verfassungsfeindlichen Organisation rein intern engagiert und seine Überzeugung nur dort offenlegt, liegt hierin eine gelebte Folgerung und Betätigung seiner politischen Auffassung. Die Überzeugung führt in diesen Fällen nicht zu einer bloß passiven Zugehörigkeit zu einer Organisation, sondern zu einer gelebten Identifizierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Juli 1981 - 2 BvR 321/81 - NJW 1981, 2683). Die Öffentlichkeit einer verfassungsfeindlichen Betätigung ist damit nicht Voraussetzung für einen Verstoß gegen die Treuepflicht des Beamten.

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Entsprechendes gilt für Tätowierungen. Diesen kommt vielfach eine gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen zu, die es Gleichgesinnten erlaubt, einander zu erkennen und sich als eine von den "anderen" abgrenzbare Gruppe zu identifizieren (Lobstädt, Tätowierung, Narzissmus und Theatralität, 2011, S. 138 f.; BGH, Beschlüsse vom 31. Juli 2002 - 3 StR 495/01 - BGHSt 47, 354 <359> und vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08 - BGHSt 52, 364 Rn. 26). Die in Tätowierungen enthaltenen Symbole werden so im Sinne einer Solidarisierung nutzbar gemacht (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98 - NJW 1999, 435 <436>). Soweit es sich dabei um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen mit nationalsozialistischem Hintergrund handelt, läuft dies auch dem Anliegen zuwider, die Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen infolge des Gebrauchs entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole zu hindern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08 - NJW 2009, 2805 Rn. 17).

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Allerdings muss bei einer derartigen und nur eingeschränkt sichtbaren Betätigung der Inhalt der gelebten Auffassung von besonderem Gewicht sein, damit die in der Bejahung einer Pflichtverletzung liegende Einschränkung der Meinungsfreiheit in einem angemessenen Verhältnis zur bezweckten Gewährleistung der Verfassungstreue des Beamten steht (EGMR, Urteil vom 26. September 1995 - 7/1994/454/535 "Vogt" - NJW 1996, 375 <376>). Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme setzt eine Gesamtwürdigung voraus, die nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu ergehen hat (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 35).

32

c) Unerheblich ist, dass im Land Berlin eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten weder bestand noch besteht.

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aa) Das Verbot des Tragens bestimmter Tätowierungen greift in das auch den Beamten durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Persönlichkeitsrecht ein. Es bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage.

34

Auch wenn die Reglementierung des Erscheinungsbildes von Beamten während ihrer Dienstausübung auf eine behördeninterne Wirkung gerichtet ist, nämlich auf die Art und Weise, in der der Beamte seinen Dienstpflichten nachzukommen hat, ist ihre Wirkung nicht auf die Zeiten der Dienstausübung beschränkt. Anders als die Vorgabe, eine bestimmte Dienstkleidung zu tragen oder während der Dienstzeit Schmuckstücke abzulegen, greift das Verbot bestimmter Tätowierungen zwangsläufig auch in die private Lebensführung und damit in subjektive Rechte der Beamten ein. Die Regelung bedarf daher einer hinreichend bestimmten Ermächtigung durch den Gesetzgeber (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 17; BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1991 - 2 BvR 550/90 - NJW 1991, 1477 f.).

35

In der Rechtsprechung ist hierfür auf die generelle Befugnis zur Regelung der Dienstkleidung (vgl. § 74 BBG) verwiesen worden. Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betrafen in der Sache zwar nur die Gestaltung der Haartracht; in ihnen ist aber ausdrücklich auch auf die Möglichkeit einer Vorgabe für Tätowierungen verwiesen worden (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 18; ebenso Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 WRB 2.12 u.a. - BVerwGE 149, 1 Rn. 48 für das Soldatenrecht). An dieser Auffassung hält der Senat nicht fest.

36

Wie bei der Einschätzung, welche rechtlichen Grundlagen für die Vorgabe von Einstellungshöchstaltersgrenzen erforderlich sind, stellt sich auch im Hinblick auf die Reglementierung des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei Beamten die Frage der Wesentlichkeit und damit der Ermächtigungsgrundlage unter dem zwischenzeitlich aktualisierten verfassungsrechtlichen Blickwinkel anders dar als noch vor einigen Jahren (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 57).

37

So sind Einstellungshöchstaltersgrenzen für Beamte traditionell durch Verwaltungsvorschrift bestimmt worden; dies hat die Rechtsprechung lange Zeit gebilligt (BVerwG, Urteile vom 31. Januar 1980 - 2 C 15.78 - Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 11 S. 5 und vom 23. Oktober 1980 - 2 C 22.79 - Buchholz 238.4 § 37 SG Nr. 2 S. 5). Erst im Jahr 2009 ist hierzu eine normative Ausgestaltung verlangt (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 Rn. 9), die Regelung durch Rechtsverordnung aber weiterhin für ausreichend erachtet worden (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 - 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 Rn. 26). 2015 hat das Bundesverfassungsgericht den Parlamentsvorbehalt im Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG weiter hervorgehoben und eine hinreichend bestimmte Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers selbst verlangt (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 52 ff.). Dem ist die Rechtsprechung des erkennenden Senats gefolgt (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2016 - 2 C 11.15 - BVerwGE 156, 180 Rn. 17 ff.).

38

Die vom Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Regelung von Einstellungshöchstaltersgrenzen gegebene Begründung trifft auch für die Reglementierung des Ausmaßes zulässiger Tätowierungen für Beamte zu. Grundrechte gelten auch im Beamtenverhältnis. Die Austarierung widerstreitender Grundrechte (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <310> in Bezug auf Kleidungsvorschriften für Lehrkräfte) oder kollidierender Verfassungspositionen ist dem Parlament vorbehalten. Wesentliche Inhalte des Beamtenverhältnisses sind daher durch Gesetz zu regeln. Dies gilt insbesondere für Regelungen mit statusbildendem oder statusberührenden Charakter, durch die Bedingungen der Einstellung oder Entlassung normiert werden (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 69).

39

Mit der Bestimmung unzulässiger Tätowierungen werden Eignungsanforderungen festgelegt, die zur zwingenden Ablehnung eines Einstellungsbegehrens führen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 14. Juli 2016 - 6 B 540/16 - juris Rn. 3 und 5). Für bereits ernannte Beamte bilden entsprechende Regelungen die Grundlage für Weisungen, keine derartige Tätowierung im Dienst zu tragen (VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 - 5 A 54/16 - juris Rn. 21 f.).

40

Insoweit ist neben dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG berührt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dessen Anwendungsbereich für das Schneiden der Kopfhaare zwar grundsätzlich verneint (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 16). Die Vorgabe, die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen, könne nicht zu einer Entstellung oder Verunstaltung führen. Angesichts des intensiven körperlichen Eingriffs und der damit verbundenen Schmerzen kann Entsprechendes für die Entfernung von Tätowierungen aber offenkundig nicht gelten. Die Aufforderung, großflächige Tätowierungen an Kopf, Hals, Händen oder Unterarmen zu beseitigen, greift daher auch in den Schutzbereich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein.

41

Anderes könnte nur angenommen werden, wenn man von der Möglichkeit einer Abdeckung der Tätowierungen im Dienst ausginge. Dies dürfte jedoch keinesfalls immer möglich oder praktikabel sein (vgl. zum "Störfaktor" eines Langarmhemds Schmidt, Das äußere Erscheinungsbild von Beamtenbewerbern, 2017, S. 218 ff.). Eine Einstellung betroffener Bewerber wird in der Praxis jedenfalls abgelehnt. Die Vorgabe bewirkt damit nicht nur eine Berufsausübungsregelung, sondern ein Berufswahl- und -ausübungsverbot.

42

Die Reglementierung zulässiger Tätowierungen im Beamtenverhältnis bedarf folglich einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung. Auch im Falle der Verordnungsermächtigung muss dabei schon aus der parlamentarischen Leitentscheidung der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 55).

43

bb) Diesen Anforderungen entspricht die Befugnis zum Erlass von Bestimmungen über die Dienstkleidung nicht.

44

Die Ermächtigung zum Erlass von "Bestimmungen über Dienstkleidung" (§ 74 BBG) oder zur Regelung von "Einzelheiten über die Dienstkleidung" (§ 70 LBG BE bzw. § 39 LBG BE a.F.) ist schon von ihrem Wortlaut her ersichtlich nicht auf die Reglementierung der Zulässigkeit von Tätowierungen gerichtet. Die Formulierung "Dienstkleidung" weist von Ausmaß und Intensität der Regelungsmöglichkeit eine gänzliche andere Zielrichtung und Intensität auf als eine Ermächtigung, die Dienstausübung für Beamte mit bestimmten Tätowierungen zu verbieten. Während die Dienstkleidung nur während der Dienstausübung getragen und anschließend wieder abgelegt werden kann, ist eine Tätowierung untrennbarer Bestandteil des Körpers.

45

Auch die Entstehungsmaterialien lassen keinen Hinweis darauf erkennen, dass der Gesetzgeber mit dieser Ermächtigung auch an Regelungen des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen gedacht haben könnte (vgl. zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz des Bundes BT-Drs. 16/7076 S. 117).

46

Die Ermächtigung weist schließlich keinen hinreichend bereichsspezifischen Bezug zum Verbot von Tätowierungen auf. Dem Gesetz sind keinerlei Maßstäbe für Inhalt, Art und Ausmaß einer derartigen Regelungsbefugnis zu entnehmen. Insbesondere fehlt es an einer erkennbaren parlamentarischen Leitentscheidung für die Grenzen einer zulässigen Reglementierung - etwa auf den bei Tragen einer Uniform noch "sichtbaren" Bereich.

47

Diese Anforderungen stellen auch nicht lediglich eine inhaltsleere Formalie dar. Die Regelung durch die Exekutive betrifft nicht eine technische Norm, deren Ausgestaltung maßgeblich durch die Nachführung veränderter wissenschaftlicher Erkenntnisse geprägt ist. Die Einschränkung von Tätowierungen für Beamte hängt vielmehr von gesellschaftspolitischen Fragestellungen ab, die "in öffentlicher Debatte zu klären" sind (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 53).

48

Mit der Dienstkleidung und insbesondere der von Polizeivollzugsbeamten zu tragenden Uniform soll, neben einer Kennzeichnung der Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen, die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck gebracht werden. Die Uniform soll sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates wahrgenommen werden. Die Zulässigkeit der Untersagung bestimmter äußerer Erscheinungsformen beim Tragen der Dienstkleidung setzt daher in materieller Hinsicht voraus, dass diese geeignet sind, die Neutralitätsfunktion der Uniform zu beeinträchtigen (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 25). Die Entscheidung über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dies bei Tätowierungen der Fall ist, wird maßgeblich von den allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen bestimmt.

49

Die Reglementierung macht überdies eine Beobachtung erforderlich, ob die Voraussetzungen eines Verbots in Ansehung möglicherweise gewandelter Anschauungen in der Bevölkerung zu dieser Frage noch gegeben sind (BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1991 - 2 BvR 550/90 - NJW 1991, 1477 <1478> für das Verbot von Ohrschmuck bei männlichen Beamten; BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 Rn. 27 für die Gestaltung der Haartracht).

50

Anhaltspunkte dafür, dass gewandelte gesellschaftliche Vorstellungen zwischenzeitlich auch hinsichtlich Tätowierungen vorliegen könnten, liegen durchaus vor (vgl. zur Einordnung als "Modephänomen" etwa Schmidt, Das äußere Erscheinungsbild von Beamtenbewerbern, 2017, S. 175 und 177 mit dem Hinweis, mittlerweile gebe es etwa 3000 Tattoostudios in Deutschland). Dies gilt nicht nur in Bezug auf das Verhalten prominenter Vorbilder in Sport, Musik und Showbusiness (vgl. Lobstädt, Tätowierung, Narzissmus und Theatralität, 2011, S. 115 ff.). Nach einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (Allensbacher Kurzbericht vom 8. Juli 2014) hat sich der Anteil der Tätowierten in Deutschland in den letzten zehn Jahren um über 40 % erhöht. 24 % der 16- bis 29-Jährigen - und damit fast jeder Vierte - hat zwischenzeitlich eine Tätowierung. Bei Frauen liegt der Anteil in dieser Altersgruppe sogar bei 30 %, in Ostdeutschland (geschlechterübergreifend) bei 41 %. Insbesondere bei jüngeren Menschen und in Ostdeutschland hat die Verbreitung von Tätowierungen daher offenbar den Bereich von Subkulturen verlassen und "die Mitte der Gesellschaft erreicht" (VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 - 5 A 54/16 - juris Rn. 31; hierzu auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. August 2017 - 2 L 3279/17 - juris Rn. 30). Die Frage, ob angesichts dieser Entwicklung weiterhin von einer allgemeinen Ablehnung oder Gefährdungen für die Repräsentations- oder Neutralitätsfunktion ausgegangen werden kann, bedarf daher einer aktualisierten Prüfung.

51

Dabei erscheint nicht ausgeschlossen, dass für die Tätowierung besonders exponierter und auch beim Tragen einer Uniform sichtbarer Bereiche, wie Kopf, Hals, Hände und vielleicht auch Unterarme weiterhin von einer ausreichenden Gefährdungslage ausgegangen werden kann. Präzise Aussagen hierzu sind den vorhandenen Erkenntnisquellen nicht zu entnehmen. Die normative Leitentscheidung hierzu muss jedoch durch das Parlament und aufgrund aktueller Erkenntnisgrundlagen erfolgen.

52

Das Haben von Tätowierungen an sich verstößt damit nicht gegen eine dem Beklagten wirksam auferlegte Pflicht. Auf die Fragen, ob der Beklagte Kenntnis von entsprechenden Verwaltungsvorschriften (insbesondere der Polizeidienstvorschrift 350) hatte oder hätte haben müssen und wann (insbesondere vor oder nach der Ernennung) welche Tätowierung am Körper des Beklagten vorgenommen wurde, kommt es damit nicht an.

53

cc) Das Tragen einer Tätowierung stellt gleichwohl eine Pflichtverletzung dar, wenn und soweit diese durch ihren Inhalt gegen andere beamtenrechtliche Pflichten verstößt.

54

Dies ist nicht nur der Fall, wenn sich aus dem Inhalt der Tätowierung eine Straftat ergibt - wie etwa im Falle der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Eine Tätowierung begründet vielmehr auch dann ein Dienstvergehen, wenn ihr Inhalt einen Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht des Beamten offenbart.

55

Der Annahme eines Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht steht nicht entgegen, wenn einzelne Tätowierungen für sich genommen weder strafrechtlich zu beanstanden sind noch einen unmittelbaren Bezug zum Dritten Reich aufweisen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - NJW 2008, 2568, Rn. 31 und 34).

56

Ebenso wenig ist von Belang, ob das Verbot entsprechender Tätowierungen durch eine wirksame (Verwaltungs-)Vorschrift konkretisiert worden ist. Soweit durch Tätowierungen die Verfassungstreuepflicht berührt ist, betrifft dies ein unmittelbar kraft gesetzlicher Anordnung und Verfassungsrecht geltendes Eignungsmerkmal (VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. August 2017 - 2 L 3279/17 - juris Rn. 15).

57

2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Seine Tätowierungen erfüllen zwar keinen Straftatbestand (a). Durch den Inhalt der Tätowierungen und sein weiteres Verhalten hat der Beklagte aber eine nationalsozialistisch geprägte Einstellung kundgetan, die mit der Verfassungstreuepflicht von Beamten unvereinbar ist (b).

58

a) Der Beklagte hat sich Runenzeichen und andere Motive eintätowieren lassen, denen ein nationalsozialistischer Bedeutungsgehalt zukommt. Es handelt sich indes nicht um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB.

59

Nach den tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Berufungsurteil ist der Beklagte an Rücken, Bauch, Oberkörper, Ober- und Unterarmen sowie an den Unterschenkeln großflächig mit verschiedenen Motiven tätowiert. Hinsichtlich der Einzelheiten hat das Berufungsgericht auf die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gefertigte Bildermappe 1 verwiesen. Von der Vorder- bis zur Rückseite des linken Oberarms sind mehrere Symbole zu einem Schriftzug aneinandergereiht, darunter eine so genannte Wolfsangel, eine Odalrune und eine Sigrune. Diese Symbole werden auch als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet.

60

Die Sigrune in ihrer doppelten Verwendung war Kennzeichen der Waffen-SS (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15.01 - Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 S. 25; OLG Bamberg, Urteil vom 18. September 2007 - 2 Ss 43/2007 - juris Rn. 9). Die Wolfsangel war von mehreren SS-Panzerdivisionen als Emblem verwendet worden (vgl. LG Berlin, Urteil vom 29. August 2002 - 544 StVK (Vollz) 490/02 - juris Rn. 20). Die Odalrune schließlich wurde im Dritten Reich u.a. als Symbol der Hitlerjugend, als Abzeichen des Rasse- und Siedlungsamts sowie als Emblem der 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division "Prinz Eugen" verwendet (vgl. VGH München, Beschluss vom 7. März 2007 - 16a CD 07.1 - juris Rn. 27; KG Berlin, Beschluss vom 18. Mai 2016 - (4) 161 Ss 54/16 (75/16) - juris Rn. 3). Die Odalrune stellte auch nachfolgend ein Kennzeichen verschiedener rechtsextremistischer Vereinigungen, wie etwa der Wiking-Jugend, dar (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98 - NJW 1999, 435); die Wiking-Jugend ist wegen ihrer Wesensverwandtschaft zur Hitlerjugend und ihrer rassistisch-antisemitischen Ausrichtung als verfassungswidrige Vereinigung verboten (BVerwG, Urteil vom 13. April 1999 - 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 5 und 9). All diese Symbole werden auch in der Gegenwart von rechtsextremistischen Organisationen eingesetzt (vgl. Ministerium für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern, Rituale und Symbole der rechtsextremistischen Szene, 2015, S. 14).

61

Die Runen werden jedoch auch in anderem Zusammenhang verwendet, etwa von Anhängern der Wikingerkultur sowie auf Schmuck und Kunstgewerbegegenständen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 18. Mai 2016 - (4) 161 Ss 54/16 (75/16) - juris Rn. 9). Die Wolfsangel findet sich in verschiedenen Stadt- und Gemeindewappen, die Odalrune gleicht dem Kopfwinkel auf dem Dienstgradabzeichen der Hauptfeldwebel und Oberfähnriche in der Bundeswehr (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 - 3 StR 370/98 - NJW 1999, 435; OLG Bamberg, Urteil vom 18. September 2007 - 2 Ss 43/2007 u.a. - juris Rn. 11).

62

Die Mehrdeutigkeit der Kennzeichen macht daher eine Ermittlung des mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundenen Aussagegehalts anhand aller maßgeblichen Umstände des Falls erforderlich (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 3 StR 164/08 - BGHSt 52, 364 Rn. 29). § 86a StGB dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen Organisation unter Strafe zu stellen, sondern tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln ähnliche Symbole (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09 - BGHSt 54, 61 Rn. 17). Als abstraktes Gefährdungsdelikt wehrt die Vorschrift nur Gefahren ab, die allein mit dem äußeren Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind. Der objektive Tatbestand der Strafnorm ist deshalb nur erfüllt, wenn sich aus den Gesamtumständen die Verwendung eines Symbols als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation ergibt.

63

Im Umgebungszusammenhang der Runen-Tätowierungen des Beklagten entsteht jedoch kein spezifisch nationalsozialistischer Eindruck. Im Vordergrund der Motivgebung stehen stilisierte Wikingerszenerien, die den kompletten Rücken bedecken. Hieran schließt sich zur linken Schulter ein im Halbkreis gehaltener Ring von Runenzeichen an, der einen Wikingerkopf und ein Wikingerschiff umschließt. Die Einbettung der Runen in diesen Zusammenhang lässt jedenfalls eine eindeutige Zuordnung der Symbole in einen nationalsozialistischen Kontext nicht zu.

64

Die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die Tätowierung keine Straftat nach § 86a StGB beinhalte, ist daher frei von Rechtsfehlern.

65

b) Durch den Inhalt der Tätowierungen und sein weiteres Verhalten hat der Beklagte bei einer Gesamtwürdigung aber eine nationalsozialistisch geprägte Einstellung kundgetan, die mit der Verfassungstreuepflicht von Beamten unvereinbar ist.

66

aa) Der Beklagte trägt neben den auf seiner linken Schulter tätowierten Runenzeichen - ausweislich der bei den Akten befindlichen Bildmappe 1 - eine Vielzahl weiterer eintätowierter Symbole:

67

Neben einer großflächigen Farbtätowierung des preußischen Königs Friedrich II. (am rechten Unterarm) hat sich der Beklagte eine Reihe von Totenköpfen, eisernen Kreuzen und anderen martialischen Motiven eintätowieren lassen. Es finden sich dabei auch zwei gekreuzte Hämmer (an der linken Wade). Zwar kann auch insoweit auf die Verwendung im Bergbau oder eine stilisierte Thor-Symbolik verwiesen werden. Das Motiv erinnert indes auch an das Logo der sog. Hammerskins, einer Sammelbewegung, die ein rassistisches Weltbild vertritt und sich selbst als Elite der "Naziskins" versteht (Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg, Rechtsextremismus in Stichworten, 2001, S. 55). Dieses Symbol hat in der rechtsextremistischen Szene einen klaren Erkennungswert (Bundesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, 2015, S. 65). Entsprechendes gilt für die Abbildung zweier sich kreuzender Stielhandgranaten (auf der linken Schulter), die im Nationalsozialismus von SS-Divisionen als Truppenkennzeichen verwendet worden ist.

68

Der Beklagte hat sich weiterhin ein Wappen mit der Aufschrift "Brutal Attack" tätowieren lassen. Diesen Namen trägt eine neonazistische Musikgruppe aus Großbritannien, die zu den Gründungsmitgliedern des Neonazi-Musiknetzwerks "Blood and Honour" gehört. Bei den beschlagnahmten Lichtbildern findet sich ausweislich der bei den Akten befindlichen Bildermappe 2 eine Aufnahme, bei der unter einem Banner, das noch den Schriftzug "od & Honour" (mit einer Triskele) erkennen lässt, eine Vielzahl stark tätowierter Männer abgebildet sind, die den gestreckten rechten Arm zum Hitlergruß erhoben haben. Die Division Deutschland von "Blood & Honour" ist verboten (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09 - BGHSt 54, 61 Rn. 4). Diese Gruppierung - deren Bezeichnung das ins Englische übersetzte Motto der Hitlerjugend ist - hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nationalsozialistische Weltanschauung auf dem musikalischen Sektor zu verbreiten, und tritt offen für rassistische Ziele ein (vgl. unter Bezugnahme auf die Verbotsverfügung des BMI vom 14. September 2000: Bundesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen, 2015, S. 29 sowie Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg, Rechtsextremismus in Stichworten, 2001, S. 22).

69

Weiterhin findet sich ein tätowierter Schriftzug "ultima thule" über dem Nabel des Beklagten. Diesen Namen trägt eine schwedische Vikingrock-Band, die wiederholt durch Kontakte zur rechtsextremen Szene aufgefallen ist. Der Beklagte hat sich auch das Logo der britischen Neonazi-Band "Skrewdriver" eintätowiert (an der linken Wade). Bei den beschlagnahmten Lichtbildern der Bildermappe 2 befindet sich schließlich ein Foto, auf dem der Beklagte ein T-Shirt mit diesem Symbol und dem Namenszug der Band trägt. An dem Zusammenhang des Symbols mit der Neonazi-Band besteht daher kein vernünftiger Zweifel.

70

Eine Gesamtschau der am Körper des Beklagten befindlichen Tätowierungen lässt daher jedenfalls den Schluss auf eine Identifikation mit rechtsextremistischen Musikgruppen zu.

71

Der Beklagte hat diese Symbole auch als Bekundungsmittel sowie zur Stärkung und Gemeinschaftsbildung Gleichgesinnter eingesetzt. Auf den in der Bildermappe 2 enthaltenden Fotografien ist er wiederholt mit nacktem Oberkörper im Kreise Gleichgesinnter abgebildet. Diese Betätigung seiner Überzeugung fand ausweislich der Lichtbilder auch öffentlich, weil für einen größeren und nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 88/14 - NStZ 2015, 81 Rn. 17), statt. Im Übrigen hat der Beklagte auch schon in der Klageerwiderung eingeräumt, dass die Tätowierungen seinen Dienstvorgesetzten und Kollegen bekannt gewesen seien.

72

Darüber hinaus findet sich unter den Tätowierungen eine Vielzahl weiterer Motive, deren Bedeutungsgehalt vom Gericht ohne sachverständige Begutachtung nicht abschließend ermittelt werden kann, sodass der Senat hierauf nicht entscheidungstragend abstellt. So dürfte es sich etwa bei dem um den Hals des Beklagten eintätowierten Notenband um die ersten Takte des Horst-Wessel-Liedes handeln. Die Einlassung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dies wäre ihm neu und er wisse nicht, um welches Musikstück es sich handele, ist unglaubhaft und steht dem nicht entgegen.

73

Eine weitere Aufklärung zum genauen Bedeutungsgehalt aller eintätowierten Symbole ist angesichts der Vielzahl weiterer und eindeutig nationalsozialistischer Betätigungen des Beklagten indes entbehrlich. Unbeschadet einer fehlenden Zuordnung zu einem bestimmten Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation kann aus der Gesamtschau mit hinreichender Sicherheit der Bezug zur nationalsozialistisch-rassistisch geprägten Einstellung des Beklagten abgeleitet werden. Das vom Beklagten in Anspruch genommene Interesse an der Wikingerkultur scheidet als plausible Erklärung seines Verhaltens aus.

74

bb) Nach den tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Berufungsurteil hat der Beklagte ausweislich der bei den Akten befindlichen Bildermappe 2 jedenfalls in zwei Fällen den Hitlergruß gezeigt. Auf dem ersten Foto zeige der Beklagte den Hitlergruß in einer Wohnung vor einem Plakat mit der Aufschrift "Kraft durch Freude". Auf den anderen beiden Fotografien sei abgebildet, wie der Beklagte und weitere männliche Personen den Hitlergruß zeigen. Das Geschehen habe in einem Saal in einer Gruppe von Männern stattgefunden, die nach ihrem Äußeren der rechten Szene zuzuordnen seien und auf eine Bühne blickten. Diese - nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden - Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils legt der Senat seiner Bewertung zugrunde (§ 137 Abs. 2 VwGO).

75

Die weiteren in der Disziplinarklage benannten Fotos sind nach Auffassung des Berufungsgerichts zum Beweis der vorgeworfenen Pflichtverletzungen nicht geeignet. Teilweise sei der Beklagte nicht eindeutig zu erkennen, zum Teil sei der ausgestreckte rechte Arm nicht vollständig abgebildet. Auf einem Bild schließlich sei nicht sicher auszumachen, ob es sich bei dem Stoff auf dem Schoß des Beklagten um eine Hakenkreuzfahne handle. Ob diese Einschätzung der Aktenlage entspricht oder der Beklagte auch auf weiteren Lichtbildern hinreichend sicher beim Zeigen des Hitlergrußes zu identifizieren ist, kann dahinstehen. Jedenfalls hat der Beklagte nicht nur in einem Einzelfall, sondern mehrfach den Hitlergruß dargeboten.

76

Dass ein Inlandsbezug dieser Handlungen nicht mit hinreichender Sicherheit nachgewiesen werden kann, hindert zwar eine Strafbarkeit nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB (BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 88/14 - NStZ 2015, 81 Rn. 7). Dieser Umstand steht jedoch der Annahme eines Verstoßes gegen die Verfassungstreuepflicht nicht entgegen. Die Verfassungstreuepflicht endet nicht an der Staatsgrenze.

77

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Beklagten auch das Posieren mit einer Hakenkreuzfahne zur Last gelegt werden. Die abweichende Feststellung im Berufungsurteil ist aktenwidrig.

78

Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Identifizierung müsse schon deshalb ausscheiden, weil die abgebildete Person nur von hinten zu sehen ist, ist offenkundig unzutreffend. Die ungewöhnliche und den gesamten Rücken bedeckende Tätowierung des Beklagten einschließlich der Farbgebung auf der linken Schulter lässt vielmehr eine Identifizierung zu, die sicherer ist als bei bloßer Betrachtung des Gesichts. Dabei können die Einzelgestaltungen angesichts der in der Bildermappe 1 befindlichen Fotografien von den auf dem Rücken des Beklagten befindlichen Tätowierungen präzise abgeglichen werden. Die Möglichkeit, dass eine andere Person genau dieselbe Tätowierung an genau denselben Körperstellen besitzen könnte, erscheint rein theoretisch.

79

Aufgrund der Aktenwidrigkeit der Feststellung im Berufungsurteil entfällt die in § 137 Abs. 2 VwGO angeordnete Bindungswirkung (BVerwG, Urteil vom 29. April 1988 - 9 C 54.87 - BVerwGE 79, 291 <297 f.> und vom 25. November 2008 - 10 C 25.07 - Buchholz 402.25 § 71 AsylVfG Nr. 15 Rn. 17). Da die Bildermappe Bestandteil der vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Verwaltungsvorgänge ist, kann das Revisionsgericht die Tatsache, dass es sich bei der mit einer Hakenkreuzfahne abgebildeten Person um den Beklagten handelt, selbst anhand der Akten feststellen und seiner Entscheidung zugrunde legen.

80

Der Beklagte hat weiterhin zahlreiche Gegenstände mit Bezug zum Nationalsozialismus in seiner Wohnung verwahrt, insbesondere eine gerahmte Abbildung von Adolf Hitler sowie Bilder von Rudolf Heß und Horst Wessel.

81

cc) Eine Gesamtschau dieser Pflichtverletzungen und des sich aus ihnen ergebenden Persönlichkeitsbilds des Beklagten lässt eine innere Abkehr von den Fundamentalprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eindeutig erkennen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15.01 - Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 S. 23).

82

Mit seinen Tätowierungen und dem Auftreten jedenfalls unter Gleichgesinnten, bei dem er wiederholt den Hitlergruß gezeigt und damit die Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes sichtbar verherrlicht hat (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 2; Urteil vom 23. März 2017 - 2 WD 16.16 - juris Rn. 67) und - mindestens einmal - auch eine Hakenkreuzflagge hochgehalten hat, sowie im Hinblick auf die bei ihm aufgefundenen Portraits herausgehobener Personen des Nationalsozialismus dokumentiert der Beklagte seine Identifizierung mit dem Nationalsozialismus und zieht hieraus Folgerungen für seine Einstellung zur verfassungsmäßigen Ordnung. Eine plausible anderweitige Deutung lässt sich insbesondere auch dem Vorbringen des Beklagten nicht entnehmen.

83

Auf die Frage, ob bereits der zurechenbare "böse Schein" einer verfassungsfeindlichen Einstellung als Pflichtverletzung gewertet werden könnte (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15.01 - Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 S. 26, vom 21. Dezember 2010 - 2 B 29.10 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 32 Rn. 8 und vom 7. September 2015 - 2 B 56.14 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Rn. 37 Rn. 5; hierzu auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71 I - BGHSt 25, 30 <32>) und der Beklagte damit jedenfalls zu einer Distanzierung verpflichtet gewesen wäre, kommt es damit nicht an. Der Beklagte hat außenwirksame Folgerungen aus seiner Überzeugung gezogen und gelebt.

84

Ebenso wenig steht der Annahme eines Dienstvergehens entgegen, dass die einzelnen Tätowierungen jeweils für sich genommen weder strafrechtlich zu beanstanden sind noch einen unmittelbaren Bezug zum Nationalsozialismus aufweisen. All dies schließt einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegende Verfassungstreuepflicht nicht aus (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 337/08 - NJW 2008, 2568, Rn. 31 und 34).

85

Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass die politische Überzeugung des Beklagten keinen (bekannten) Einfluss auf die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten im Übrigen hatte und es nicht zu konkreten Beanstandungen seiner Dienstausübung gekommen ist (BVerwG, Urteil vom 12. März 1986 - 1 D 103.84 - BVerwGE 83, 158 <161>). Die Treueverpflichtung des Beamten auf die Verfassungsordnung stellt ein personenbezogenes Eignungsmerkmal dar und betrifft das dienstliche wie das außerdienstliche Verhalten des Beamten gleichermaßen.

86

Die nationalsozialistischen Staatsvorstellungen indes standen und stehen "in schärfstem Widerspruch zum Begriff eines Berufsbeamtentums, das dem Staat und Volk als Ganzem verpflichtet ist" (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 1953 - 1 BvR 147/52 - BVerfGE 3, 58 <118>). Ein Beamter, der sich öffentlich als Anhänger des Nationalsozialismus zu erkennen gibt, widerspricht dem Vorstellungsbild des auf die Verfassungsordnung des Grundgesetzes verpflichteten Beamten in diametraler Weise. Er ist verpflichtet, bereits dem Anschein einer Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen entgegenzutreten und hat den Gebrauch entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole und Verhaltensweisen zu unterlassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08 - NJW 2009, 2805 Rn. 13 und 17; BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2001 - 1 DB 15.01 - Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 13 S. 23).

87

c) Keine Verletzung der ihm obliegenden Pflichten hat der Beklagte indes durch die ihm vorgeworfenen Kontakte zu seiner Partnerin und den Mitgliedern einer Musikgruppe verwirklicht. Insoweit ist er von den Disziplinarvorwürfen freizustellen.

88

Dem Beklagten ist nicht vorgeworfen worden, seine Partnerin oder andere Personen bei verfassungsfeindlichen Handlungen oder politischen Aktivitäten unterstützt oder auch nur bestärkt zu haben. Gegenstand des Disziplinarklagevorwurfs ist vielmehr allein die Aufrechterhaltung des persönlichen Kontakts.

89

In der Aufrechterhaltung freundschaftlicher Kontakte oder partnerschaftlicher Beziehungen liegt jedoch kein Dienstvergehen. Auch die Verfassungstreuepflicht eines Beamten verpflichtet diesen nicht dazu, rein persönliche und nicht auf die Verwirklichung politischer Ziele gerichtete Kontakte zu anderen, auch möglicherweise übelbeleumundeten Menschen zu unterlassen. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im Berufungsurteil verwiesen werden.

90

3. Der Beklagte ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

91

a) Nach der Schwere des von ihm begangenen Dienstvergehens (§ 13 Abs. 1 Satz 2 DiszG BE) und dem Persönlichkeitsbild des Beklagten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 DiszG BE) sowie im Hinblick auf die durch eine Verletzung der Verfassungstreuepflicht eingetretene Vertrauensverletzung (§ 13 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 1 DiszG BE) kann als angemessene Disziplinarmaßnahme nur auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden (§ 10 DiszG BE). Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung ablehnen.

92

Dies gilt auch in Ansehung der Dauer des Disziplinarverfahrens. Ergibt die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände, dass wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, so lässt sich der Verbleib im Beamtenverhältnis allein aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck des Disziplinarrechts vereinbaren, nämlich dem Schutz der Integrität des Berufsbeamtentums und der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen es aus, dass ein Beamter, der durch gravierendes Fehlverhalten im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist, weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn hoheitliche Befugnisse ausüben kann, weil das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat.

93

Aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgt nichts anderes. Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung nur Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind aber nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Im Disziplinarverfahren kann eine überlange Verfahrensdauer daher berücksichtigt werden, wenn der Betroffene im Beamtenverhältnis verbleiben kann. Hier kann das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis gemindert sein, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben. Unter dieser Voraussetzung kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden. Lässt das Dienstvergehen einen weiteren Verbleib im Beamtenverhältnis dagegen nicht zu, vermag eine überlange Verfahrensdauer an diesem Befund nichts zu ändern (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 44 ff. m.w.N.)

94

b) Zu der vorliegenden Disziplinarentscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht selbst befugt. Es kann auch im Rahmen des Revisionsverfahrens auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil und des Akteninhalts eine eigenständige Bemessungsentscheidung treffen (§ 41 DiszG BE i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 2, § 65 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 BDG und § 137 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 VwGO). Da die Revision vom Land eingelegt worden ist, gilt auch kein Verbot der reformatio in peius zugunsten des Beklagten (vgl. § 141 Satz 1 i.V.m. § 129 VwGO). Auf beides ist er vorab hingewiesen worden.

95

c) Aus der Verhängung der Höchstmaßnahme für das Dienstvergehen folgt, dass die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Geldbuße unter Durchbrechung der insoweit eingetretenen Teilrechtskraft aufgehoben werden muss.

96

Nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG) sind Pflichtverletzungen eines Beamten einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht primär um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern um die dienstrechtliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet. Der Beamte wird disziplinarisch nicht gemaßregelt, weil er bestimmte Pflichten verletzt hat, sondern weil er dadurch Persönlichkeitsmängel offenbart, die eine Pflichtenmahnung oder eine Beendigung des Beamtenstatus für geboten erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - NVwZ 2010, 713 Rn. 63).

97

Hieraus folgt jedoch kein verfahrensrechtliches Gebot der gleichzeitigen Entscheidung über mehrere Pflichtenverstöße. Vielmehr lässt das Bundesdisziplinargesetz auch eine Würdigung in aufeinanderfolgenden Verfahren zu. Der materiell-rechtliche Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens muss dann jeweils im letzten Disziplinarverfahren beachtet werden: Dort ist eine einheitliche Würdigung des gesamten Dienstvergehens vorzunehmen (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2007 - 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 Rn. 24 f.; Beschluss vom 29. Juli 2009 - 2 B 15.09 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 29 Rn. 7 f.). Da in diesem Disziplinarverfahren die früher abgeurteilten Pflichtverletzungen nicht Verfahrensgegenstand sind, kann diese Einbeziehung nur im Rahmen der Würdigung des Persönlichkeitsbildes erfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2014 - 2 B 37.12 - juris Rn. 21; zur Berücksichtigung nicht angeklagter Taten im Strafverfahren auch BGH, Beschluss vom 19. November 2013 - 4 StR 448/13 - NJW 2014, 645 Rn. 7 f.).

98

Soweit ein abgrenzbarer Teil des Streitgegenstandes vorliegt, kann daher auch eine Rechtsmittelbeschränkung erfolgen (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 13 ff.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Anschuldigungskomplexes der Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit hier grundsätzlich erfüllt.

99

Die insoweit eingetretene Teilrechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils muss in der vorliegenden Konstellation jedoch durchbrochen werden. Andernfalls würde gegen den Beklagten zusätzlich zur nunmehr ausgesprochenen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine Geldbuße verhängt. Derartiges ist für ein vom Dienstherrn einheitlich angeschuldigtes Dienstvergehen gesetzlich aber nicht vorgesehen. Die Gesamtwürdigung muss daher auch auf diesen Anschuldigungspunkt erstreckt und die hierfür isoliert ausgeworfene Disziplinarmaßnahme aufgehoben werden.

100

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 41 DiszG BE i.V.m. § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO.

101

5. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus dem gesetzlich bestimmten streitwertunabhängigen Gebührenbetrag ergibt (§ 41 DG BE i.V.m. Ziff. 10 und 30 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu § 78 BDG).

Urteilsbesprechung zu Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Nov. 2017 - 2 C 25/17

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 26. Januar 2011 - 19 Sa 67/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der 1982 geborene Kläger war seit August 2003 bei dem beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.

3

Seit dem Jahr 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuer- und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Abläufe ausgedruckt. Außerdem bearbeitet das Zentrum Druckaufträge von Kunden außerhalb der Finanzverwaltung. Der Kläger war ua. zuständig für die Planung, Steuerung und Überwachung der Druckabläufe.

4

Im August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz erstmals über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers. Mit Blick hierauf mahnte das beklagte Land den Kläger im Oktober 2007 ab. Nachdem ihm zugetragen worden war, dass der Kläger im November 2007 an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung teilgenommen hatte, kündigte es das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos. Die Kündigungsschutzklage des Klägers war erfolgreich (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 -).

5

Mit Schreiben vom 13. Juli 2009 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über weitere Aktivitäten des Klägers „in der rechtsextremistischen Szene“. Dabei handelt es sich ausnahmslos um „Newsletter“, die dieser in der ersten Hälfte des Jahres 2009 unter Absendeadressen des NPD-Kreisverbands K oder der JN mit Zusatz seines Namens über das Internet verbreitete. Unter anderem wies der Kläger mit „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 auf eine geplante Demonstration der JN am 17. Juni 2009 in H hin. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Betreff:

JN-Demonstration in H …

        

17. Juni - Ein Volk steht auf und kämpft sich frei - Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!

        
        

Man mag es kaum wahrnehmen oder verspüren, auch heute noch gibt es Leute, die sich gegen die Doktrin des Staates wehren, genau wie im Frühsommer 1953: Im Juni `53 nämlich entschloss sich die schaffende Bevölkerungsschicht, die von der eingesetzten DDR-Regierung stets und ständig erhöhten Arbeitsnormforderungen nicht länger zu ertragen. …

        
        

Auch heute wieder wehrt sich das Volk gegen Lohn- und Arbeitsdrückerbanden, nur sind es heute die des globalen Kapitalismus, die die schaffenden Menschen ausbeuten und unterdrücken. …

        
        

Wir wehren uns, vor allem als Deutsche, gegen die Meinungsdiktatur über den Freiheitsdrang nach Unabhängigkeit und Souveränität des Deutschen Volkes. …, auch heute noch gibt es mehr als genug Gesinnungsschnüffler, innerhalb des Regimes BRD, deren Tätigkeit heute genau die selbe ist, wie zu Zeiten der DDR: Sie sollen im Auftrag des Staates Oppositionelle und ‚Querdenker’ ausmachen und verraten. Dies geschieht vor allem deshalb, weil auch die BRD, …, Angst davor haben könnte, das Volk erhebt sich eines Tages erneut gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat und deren Handlanger. … Die fettgefressenen Bonzen haben Angst davor, das Volk könnte bei einem erneuten Volksaufstand erfolgreich sein und sich das Recht auf Selbstbestimmung erneut erobern wollen. In diesem Falle nämlich, wäre die bürgerliche Revolution erfolgreich, so könnte es gut möglich erscheinen, diesmal wären Tode nicht bei den Demonstranten, sondern vielmehr bei der etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen. - Dem Volk wär’s recht, - Hauptsache nur, das Volk erfährt den Willen des Volkes und nicht den der Oberen Zehntausend. - Hochmut kommt eben vor dem Fall, liebe Genossen der Bundesrepublikanischen Politikanstalten und Meinungsfabriken.

        
        

Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!

        
        

Daher: Werte Kameraden und Kameradinnen, Interessierte, Gegner von Unrecht und Unterdrückung, Verfolgte des BRD- und DDR Regimes, interessierte Bürger – Kommt zahlreich, setzt ein deutliches Zeichen gegen Unterdrückung und Meinungsmacherei. Gedenkt zugleich mit uns der Toten des Aufstandes in der DDR.

        
        

…“    

        
6

Daraufhin kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16. September 2009 ordentlich zum 31. Dezember 2009.

7

Dagegen erhob der Kläger fristgerecht die vorliegende Kündigungsschutzklage. Er hat die Auffassung vertreten, sein politisches Engagement rechtfertige die neuerliche Kündigung nicht. Er habe sich mehrfach ausdrücklich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekannt. Ebenso wenig habe er Aktivitäten entfaltet, die gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung gerichtet seien. Das gelte auch für den „Newsletter“ vom 11. Juni 2009. Der hierüber verbreitete Demonstrationsaufruf warne lediglich vor der Gefahr sich dynamisierender Demonstrationen, deren Folgen nicht mehr beherrschbar seien. Die Erklärungen seien insgesamt Ausdruck des politischen Meinungskampfs und unterstünden dem Schutz der Meinungsfreiheit. Überdies habe er den Demonstrationsaufruf nicht verfasst, sondern lediglich für dessen „technische“ Verbreitung gesorgt. Damit könne sein - überdies außerdienstliches - Verhalten kein Grund für eine Kündigung sein.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 16. September 2009 nicht aufgelöst worden ist.

9

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat geltend gemacht, die Kündigung sei zumindest aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt. Dessen politische Aktivitäten zeigten, dass er das nach § 3 Abs. 1 TV-L erforderliche Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringe. Unabhängig von seiner Mitgliedschaft in der NPD agiere er selbst verfassungsfeindlich. Deutlicher Beleg dafür sei sein Verhalten im Zusammenhang mit dem Demonstrationsaufruf für den 17. Juni 2009. Dessen Verfasser bekundeten ihre direkte Sympathie für einen Aufstand des Volkes zur Beseitigung des Staates unter Inkaufnahme von Toten. Diese Aussagen habe sich der Kläger zu eigen gemacht, indem er den Aufruf verbreitet habe. In Anbetracht dessen sei er für eine Tätigkeit im Druckzentrum der OFD ungeeignet.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 16. September 2009 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst.

12

I. Dem beklagten Land ist es trotz der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess nicht verwehrt, die Kündigung auf außerdienstliche Aktivitäten des Klägers für die NPD und/oder deren Jugendorganisation zu stützen. Das gilt auch, soweit es sich - wie schon im Vorprozess - darauf beruft, dem Kläger fehle es angesichts seiner unzureichenden Verfassungstreue an der für seine Tätigkeit erforderlichen Eignung.

13

1. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem ersten Kündigungsschutzprozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie die Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber dann ausgeschlossen (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 20 ff. mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 19). Eine Präklusionswirkung in diesem Sinne entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 19, BAGE 132, 299). Das gilt auch, wenn es sich um einen sog. Dauertatbestand handelt. Ein anderer Kündigungssachverhalt liegt auch in diesem Fall vor, wenn sich die tatsächlichen Umstände, aus denen der Arbeitgeber den Kündigungsgrund ableitet, wesentlich verändert haben.

14

2. Danach stellt die ordentliche Kündigung vom 16. September 2009 keine Wiederholung der früheren Kündigung dar. Das beklagte Land stützt sie maßgeblich auf ein Verhalten des Klägers nach der Kündigung vom 8. Mai 2008. Soweit es einzelne von dessen Aktivitäten bereits in den Vorprozess eingeführt hatte, unterlagen sie dort mit Blick auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keiner materiell-rechtlichen Überprüfung (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 65, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Die der OFD als kündigungsberechtigter Stelle erstmals durch Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 13. Juli 2009 bekanntgewordene Verbreitung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 war nicht Gegenstand des Vorprozesses.

15

II. Die Verbreitung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 zeigt, dass der Kläger das für seine Tätigkeit im Druck- und Versandzentrum der OFD unabdingbare Maß an Verfassungstreue nicht aufbringt. Die ordentliche Kündigung vom 16. September 2009 ist damit - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - jedenfalls aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

16

1. Nach der im Streitfall anwendbaren Tarifregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen. Die Regelung normiert für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine besondere politische Loyalitätspflicht (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 24 ff. mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Sie konkretisiert insoweit die allen Arbeitnehmern obliegende Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten betrieblichen Interessen des Arbeitgebers in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen(vgl. Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2013 § 3 Rn. 10).

17

2. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit seinen allgemein gehaltenen Formulierungen kann allerdings nicht so verstanden werden, dass alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einer beamtenähnlichen und damit gesteigerten Treuepflicht unterlägen(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Das Maß der einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuverlangenden Loyalität gegenüber der Verfassung bestimmt sich vielmehr - bei verfassungskonformer Auslegung der Tarifvorschrift - nach der Stellung und dem Aufgabenkreis, der dem Beschäftigten laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 29 mwN, aaO). Dieser schuldet lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unverzichtbar ist. Auch Arbeitnehmer, die nur eine „einfache“ politische Treuepflicht trifft, müssen aber ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als sie nicht darauf ausgehen dürfen, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 29, aaO; zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters in einem solchen Fall: OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - Rn. 42, PersR 2008, 324). Das gilt gleichermaßen für den dienstlichen wie den außerdienstlichen Bereich. Auch außerhalb ihrer Arbeitszeit sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes verpflichtet, sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal zu verhalten und auf dessen berechtigte Integritätsinteressen in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78).

18

3. Handelt ein Arbeitnehmer diesen Anforderungen zuwider, kann dies ein Grund für eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung sein, wenn durch den Loyalitätsverstoß eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; Preis/Stoffels RdA 1996, 210, 221). Ob eine verhaltensbedingte Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG schon dann gerechtfertigt sein kann, wenn konkrete Umstände den Eintritt einer derartigen Störung im personalen Vertrauensbereich zumindest wahrscheinlich machen (zur Problematik: Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 973; Preis/Stoffels RdA 1996, 210, 221) und ob sich hierfür aus dem Vortrag des beklagten Landes hinreichende Anhaltspunkte ergeben, kann dahinstehen. Die nach der ersten Kündigung entfalteten Aktivitäten des Klägers für die NPD und/oder deren Jugendorganisation begründen - unabhängig von einer möglichen Verfassungsfeindlichkeit der Organisationen - erhebliche und berechtigte Zweifel an seiner Verfassungstreue. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, angesichts dieser Zweifel fehle dem Kläger die für die vertraglich geschuldete Tätigkeit erforderliche Eignung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Damit ist die ausgesprochene Kündigung jedenfalls durch Gründe in der Person des Klägers iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG bedingt.

19

a) Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erfüllen (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07 - Rn. 44, AP BGB § 626 Nr. 218). Im öffentlichen Dienst kann sich ein - nicht behebbarer - Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L legt zwar in erster Linie Verhaltensanforderungen fest. Die Regelung beschreibt aber zugleich das notwendige Maß an Verfassungstreue, das ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mitbringen muss, um seine Arbeitsaufgaben vertragsgerecht zu erfüllen; mit diesen Anforderungen ist die Verfassungstreue Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 23, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - Rn. 20, BAGE 115, 296; siehe auch BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171).

20

b) Begründete Zweifel an der Verfassungstreue mit der Folge eines Eignungsmangels sind nicht schon dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Anhänger einer verfassungsfeindlichen Partei oder einer sonstigen verfassungsfeindlichen Organisation ist. Zwar können Mitgliedschaft in und aktives Eintreten für eine solche Partei Indizien für eine fehlende Bereitschaft zur Verfassungstreue sein - unbeschadet des Parteienprivilegs und der nach Art. 21 Abs. 2 GG allein dem Bundesverfassungsgericht zukommenden Kompetenz, sie für verfassungswidrig zu erklären und zu verbieten(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 28, 62). Derartige Umstände führen aber selbst bei Arbeitnehmern, die gesteigerten Loyalitätsanforderungen unterliegen, nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung (im Einzelnen: BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 23, aaO; 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256).

21

c) Unterliegt ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ohnehin keiner gesteigerten (politischen) Loyalitätspflicht, liegt ein Eignungsmangel regelmäßig noch nicht darin, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Partei oder Organisation für richtig hält. Die „einfache“ politische Loyalitätspflicht verlangt von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder aktiv zu unterstützen (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 61, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Es bedarf deshalb der genauen Prüfung, ob und ggf. mit welchen Mitteln der Arbeitnehmer selber verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern oder verwirklichen will (vgl. BAG 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 d der Gründe). Erst wenn entsprechende Aktivitäten deutlich machen, dass er sogar das auch bei nur „einfacher“ Loyalitätspflicht erforderliche Mindestmaß an Verfassungstreue dauerhaft nicht aufzubringen bereit oder in der Lage ist, kann eine Kündigung aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt sein.

22

d) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie rechtsfehlerfrei angewendet.

23

aa) Die Tätigkeit des Klägers erfordert nur ein einfaches Maß an Verfassungstreue. Der Senat hat dies in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2011 (- 2 AZR 479/09 - Rn. 59, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10)im Einzelnen dargelegt.

24

bb) Danach steht einer Eignung des Klägers nicht schon der Umstand entgegen, dass er sich im Anschluss an die Kündigung vom 8. Mai 2008 überhaupt weiterhin in der NPD und/oder deren Jugendorganisation engagiert hat; dabei kann deren Verfassungsfeindlichkeit unterstellt werden. Auch wenn er sich von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der NPD/JN und ihrer Vertreter nicht distanziert, diese vielmehr „innerlich gebilligt“ und sein Zugehörigkeitsgefühl zu den Organisationen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben sollte, lässt dies nicht erkennen, dass der Kläger sich selbst verfassungsfeindlich betätigt oder verfassungsfeindliche Bestrebungen aktiv gefördert hätte.

25

cc) Indiziert wird der Eignungsmangel des Klägers aber durch sein Verhalten im Zusammenhang mit dem „Newsletter“ vom 11. Juni 2009. Er hat mit diesem im Internet einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration der JN am 17. Juni 2009 verbreitet und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daraus gehe hervor, dass der Kläger die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht nur persönlich in Frage stelle, sondern bereit sei, ihrer aktiven Bekämpfung Vorschub zu leisten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

26

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der oder die Verfasser des Aufrufs träten für eine gewaltsame Ablösung der bestehenden, von ihnen verachteten politischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Die Würdigung entspricht, auch soweit das Gericht sich dabei die Gründe im arbeitsgerichtlichen Urteil zu eigen gemacht hat, dem objektiven Aussagegehalt der in dem Aufruf enthaltenen Äußerungen. Sie lässt keine möglichen Deutungsalternativen außer Acht, wie die Revision meint.

27

(a) Die zutreffende Sinndeutung der fraglichen, nicht an einen bestimmten Personenkreis gerichteten Erklärungen unterliegt in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung. Der objektive Sinngehalt ist nach Maßgabe des Verständnisses eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln (zu den Maßstäben für die Auslegung von Meinungsäußerungen: BVerfG 4. Februar 2010 - 1 BvR 369/04 ua. - Rn. 28, NJW 2010, 2193; BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - NJW 2004, 598). Auszugehen ist vom Wortlaut der Aussagen. Darüber hinaus sind der Kontext, in den sie gestellt sind, und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen sind, zu berücksichtigen, zumindest soweit diese für einen unbefangenen Leser erkennbar geworden sind (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - Rn. 124 ff., BVerfGE 93, 266; BGH 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - NJW 1997, 2513). In diesem Rahmen können auch Aussagen Bedeutung gewinnen, die im Gesamtzusammenhang offener Einzelaussagen „versteckt“ sind bzw. „zwischen den Zeilen“ stehen (vgl. BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO). Dies setzt voraus, dass sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt (zu den Anforderungen im Einzelnen: BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - aaO; BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).

28

(b) Dem Aufruf ist danach nicht nur eine zwar scharfe, aber hinzunehmende Kritik an bestehenden Zuständen zu entnehmen. Die Aussagen sind vielmehr, soweit sie sich auf die gegenwärtigen politischen Verhältnisse beziehen, darauf gerichtet, die Bundesrepublik Deutschland in einer Weise zu diffamieren, dass dies geeignet erscheint, den Bestand des Staates, die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen und/oder die Friedfertigkeit der Bevölkerung konkret zu gefährden. Zwar lassen einzelne Äußerungen - etwa die über den „Alles über Alles raffenden (…) Staat“ und seine „Handlanger“, über „fettgefressene Bonzen“ und „bundesrepublikanische Politikanstalten“ - bei isolierter Betrachtung noch den Schluss zu, es gehe den Verfassern um eine - wenn auch überspitzte - Missbilligung des Handelns der Regierung, ihrer Mitglieder oder anderer staatlicher Funktionsträger. Einer solchen Deutung widerspricht aber der Kontext, in dem die Äußerungen stehen. Durch das Prädikat „volksverratend“ wird der Staat als der Achtung seiner Bürger unwürdig dargestellt. Durch den Text, „auch die BRD (könnte) Angst davor haben … das Volk erhebt sich eines Tages“ und „das Volk könnte bei einem erneuten Volksaufstand erfolgreich sein und sich das Recht auf Selbstbestimmung erneut erobern wollen“, wird dem Leser zumindest zwischen den Zeilen die Änderung der bestehenden Ordnung auf anderem als demokratisch-parlamentarischem Weg als erwünschte Entwicklung vor Augen geführt. Durch die Ausführungen, es „könnte … gut möglich erscheinen, diesmal wären Tode nicht bei den Demonstranten, sondern vielmehr bei der etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen. - Dem Volk wär´s recht“, wird dazu der gewaltsame Umsturz als Option angesprochen und ersichtlich gebilligt. Dabei handelt es sich, anders als die Revision meint, nicht um eine „überspitzt formulierte Gefahrenanalyse“. Unter Einbeziehung des abschließenden Appells: „Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!“ liegt dies fern. Bei zusammenhängender Betrachtung können die Äußerungen nur als verbrämte Aufforderung zu einem gewaltsamen Umsturz verstanden werden.

29

(2) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass er den Demonstrationsaufruf nicht selbst verfasst sondern sich - mit seinen eigenen Worten gesprochen - auf dessen „technische“ Verbreitung beschränkt hat. Auch dann sind ihm die Aussagen zuzurechnen. Auf seine presserechtliche Verantwortlichkeit kommt es nicht an. Entscheidend für die kündigungsrechtliche Beurteilung ist, dass der Kläger den Aufruf unter Angabe eines auf ihn lautenden Internetabsenders und ohne inhaltliche Distanzierung Dritten zugänglich gemacht und sich damit nach außen hinter dessen Aussagen gestellt hat. Seine erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, er habe den Inhalt der „inkriminierten Mail“ seinerzeit nicht ausreichend beachtet, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Zum einen handelt es sich um neuen, zum anderen um unschlüssigen Sachvortrag. Der Kläger macht nicht deutlich, was im Einzelnen er nicht beachtet habe.

30

(3) Den Zweifeln an der zureichenden Verfassungstreue des Klägers steht nicht entgegen, dass dieser mit der Verbreitung des Aufrufs die Bundesrepublik Deutschland nicht unmittelbar in ihrem Bestand angegriffen hat oder unmittelbar zu einem solchen Angriff angesetzt hat. Das beklagte Land muss sich darauf verlassen können, dass sich seine Bediensteten selbst mittelbar nicht verfassungsfeindlich betätigen, dass sie ihr Handeln an den Grundprinzipien der Verfassung ausrichten und unter allen Umständen das Gewaltmonopol des Staates anerkennen. Dafür bietet der Kläger angesichts seines Verhaltens nicht die erforderliche Gewähr.

31

(4) Auf die Strafbarkeit des Vorgehens kommt es nicht an. Der von § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L iVm. § 241 Abs. 2 BGB, Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Verfassungstreue stehen nicht nur Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung entgegen, die einen Straftatbestand erfüllen.

32

e) Es liegt ein dauerhafter, nicht behebbarer Eignungsmangel vor. Das beklagte Land hat dem Kläger im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 vor Augen geführt, welche Anforderungen sich aus § 3 TV-L für eine vertragsgerechte Durchführung des Arbeitsverhältnisses ergeben. Das gilt unabhängig davon, ob der Kläger mit dem seinerzeit gerügten Verhalten seine Pflichten aus § 3 Abs. 1 TV-L tatsächlich verletzt hatte. Das objektive (Mindest-)Maß der von ihm aufzubringenden Loyalität ist dem Kläger überdies in mehreren, schon vor der Versendung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 ergangenen gerichtlichen Entscheidungen vor Augen geführt worden. Da es ihm gleichwohl nicht gelungen ist, sich hierauf einzustellen, steht nicht zu erwarten, dass ihm dies zukünftig gelingen könnte. Seine im Revisionsverfahren schriftsätzlich erklärte Bereitschaft, „fürderhin vom Verbreiten jeglicher Newsletter Abstand zu nehmen, wenn dies für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Auffassung des Revisionsgerichts erforderlich“ sei, genügt dafür nicht. Daraus wird nicht deutlich, dass er bereit und in der Lage ist, von sich aus das notwendige Maß an Verfassungstreue aufzubringen, und er sich von verfassungsfeindlichen Bestrebungen gänzlich fernhalten wird.

33

f) Das Grundrecht des Klägers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), das bei der Konkretisierung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme zu beachten ist (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13), ist nicht verletzt. Ihm sind durch die allgemeinen Gesetze Schranken gezogen. Zu diesen zählt die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte und durch § 3 TV-L näher ausgestaltete Verpflichtung des im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers, berechtigte Loyalitätsinteressen des Arbeitgebers zu wahren. Aus den Garantien in Art. 10 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten(EMRK) folgt nichts anderes. Es ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt, dass die Verpflichtung zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst der Verfolgung berechtigter Ziele iSd. Art. 10 Abs. 2 EMRK dient. Den innerstaatlichen Behörden und Gerichten steht ein gewisser Ermessensspielraum hinsichtlich der Frage zu, ob eine Maßnahme verhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft, wie von Art. 10 Abs. 2 EMRK gefordert, notwendig ist (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1 der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).

34

g) Durch die ausgesprochene Kündigung wird der Kläger nicht iSv. §§ 1, 2 Abs. 1, § 7 AGG benachteiligt. Dabei kann offenbleiben, ob politisches Engagement, soweit darin bestimmte Grundüberzeugungen zum Ausdruck kommen, das Merkmal der „Weltanschauung“ in § 1 AGG erfüllt(bejahend Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; verneinend für den Begriff der Weltanschauung iSd. Art. 4 Abs. 1 GG: BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Der Kläger ist nicht entlassen worden, weil er eine bestimmte politische Anschauung hat, sondern weil ihm die erforderliche Verfassungstreue für die vertraglich übernommene Tätigkeit fehlt. Auch stellen die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L ergebenden Anforderungen an die Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG dar(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verlangt kein anderes Verständnis. Das vermag der Senat selbst zu entscheiden.

35

h) Damit liegt ein Kündigungsgrund in der Person des Klägers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Die Pflicht zur Verfassungsloyalität in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L und die Gewähr ihrer Erfüllung sind Bestandteil der Eignung iSv. Art. 33 Abs. 2 GG. Der öffentliche Arbeitgeber muss keine Arbeitnehmer beschäftigen, die das ihnen abzuverlangende Maß an Verfassungstreue nicht jederzeit aufbringen. Dadurch wird die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gesichert. Des Nachweises weitergehender Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses bedarf es nicht.

36

i) Die abschließende Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf die vom Kläger vermisste Berücksichtigung der positiven Bewertung seiner Leistungen in einem Zwischenzeugnis kommt es nicht an. Es steht nicht seine fachliche Leistung, sondern seine Verfassungstreue zur Beurteilung.

37

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Berger    

        

        

        

    Kreft    

        

    Grimberg    

                 

Tenor

Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 2. Juni 2009 - 14 Sa 101/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Anfechtung ihres Arbeitsvertrags und über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

2

Der 1982 geborene Kläger war - nach seiner Ausbildung für den mittleren Verwaltungsdienst - befristet bis zum 31. Juli 2002 beim Landkreis K beschäftigt. Eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis unterblieb, nachdem der Landkreis von Aktivitäten des Klägers für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) Kenntnis erlangt hatte.

3

Seit August 2003 war der Kläger beim beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und anschließend der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.

4

Vor seiner Einstellung hatte das beklagte Land den Kläger schriftlich unter Bezugnahme auf § 8 BAT über seine Pflicht zur Verfassungstreue belehrt. Am 17. Juli 2003 unterzeichnete er eine sich an die Belehrung anschließende vorformulierte Erklärung mit folgendem Inhalt:

        

„Auf Grund dieser Belehrung erkläre ich hiermit ausdrücklich, dass ich die vorstehenden Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bejahe und dass ich bereit bin, mich jederzeit durch mein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten.

        

Ich versichere ausdrücklich, dass ich Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen eine ihrer obengenannten grundlegenden Prinzipien gerichtet sind, nicht unterstütze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten Organisation bin.

        

Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich bei einem Verstoß gegen diese Dienst- und Treuepflichten mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen muss.“

5

Seit 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort war er insbesondere für die Produktionsplanung, -steuerung und -überwachung zuständig. In dem Zentrum werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuerbescheide und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Druckabläufe erstellt.

6

Mit Schreiben vom 23. August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers, die wie folgt beschrieben und als solche unstreitig sind:

        

„…    

        
        

•       

Am 7. August 2007 lädt er mit ‚Newsletter’ vom gleichen Tag zum ‚Sommerfest’ der ‚Nationaldemokratischen Partei Deutschlands’ (NPD) und deren Jugendorganisation, den ‚Jungen Nationaldemokraten’ (JN) für den 11. August 2007 ein; einem Bericht auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes K zufolge ‚führte L in seiner unnachahmlichen Art eines souveränen Versammlungsleiters unterhaltsam durch das weitere Programm’.

        

•       

Mit ‚Newsletter’ vom 30. Juli 2007 weist L auf den ‚Nationalen Stammtisch’ des NPD-Kreisverbands K hin.

        

•       

Zum 17. Juni 2007 lädt er mittels ‚Newsletter’ zu einer Schulungsveranstaltung des NPD-Kreisverbands K nach B ein.

        

•       

Einer Meldung des Polizeipräsidiums K zufolge gab er sich als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN am 9. Juni 2007 in B zu erkennen.

                 

Über einen ‚Newsletter’ verbreitete er die Einladung zu der Veranstaltung.

        

•       

Am 8. Mai 2007 nahm L an einer Mahnwache: ‚Gegen das Vergessen - Zum Gedenken der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges’ in K teil. Hauptredner auf der Veranstaltung war der ehemalige NPD-Landesvorsitzende D. Dieser thematisierte unter anderem den Prozess in M gegen den Revisionisten Z und lobte den Revisionismusgedanken, der zur Selbstfindung des deutschen Volkes unerlässlich sei. (…).

        

•       

Über die Jahreshauptversammlung des NPD-Regionalverbandes K am 25. März 2007 verschickte L per ‚Newsletter’ im Vorfeld einen Hinweis.

        

…“    

        
7

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erteilte das beklagte Land dem Kläger nach vorheriger Anhörung eine Abmahnung. Es hielt ihm vor, die Erklärung zur Verfassungstreue unterschrieben zu haben, ohne auf die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Landkreis K und die dafür ursächlichen Aktivitäten hingewiesen zu haben. Durch diese „Fehlinformationen“ und sein öffentliches Auftreten für eine „als verfassungsfeindlich eingestufte Partei wie die NPD“ habe er grob gegen seine „tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue“ verstoßen. Für den Fall anhaltender Aktivitäten für verfassungsfeindliche Organisationen müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.

8

Am 18. November 2007, dem Volkstrauertag, nahm der Kläger an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung am Ehrenmal „P“ auf dem Gebiet der Gemeinde R teil. Dabei handelt es sich um ein von der Gemeinde errichtetes Steinkreuz zur Erinnerung an die dort beigesetzten deutschen und französischen Soldaten, die im April 1945 vor Ort gefallen sind. Mit Schreiben vom 17. April 2008, bei der OFD eingegangen am 25. April 2008, berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz auch über diese Aktivität.

9

Nach Beteiligung des Personalrats und mit dessen Zustimmung kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage. Mit Schriftsatz vom 23. September 2008 erklärte das beklagte Land die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung.

10

Der Kläger hat geltend gemacht, es fehle an Anfechtungs- und Kündigungsgründen. Er habe sich zu jeder Zeit und unmissverständlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt. Seine politischen Aktivitäten stünden auf dem Boden des Grundgesetzes, zumal weder die NPD noch ihre Jugendorganisation verboten seien. Sollten sich einzelne Parteimitglieder in verfassungsfeindlicher Weise geäußert haben, sei dies nicht der Partei als Ganzer zuzurechnen. Neonazistisches Gedankengut lehne er strikt ab.

11

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen, das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 4. November 2004 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen und tätig werden zu lassen.

12

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtung sei berechtigt. Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung fristlos und allemal fristgemäß aufgelöst worden. Der Kläger habe es durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrags bestimmt. Er sei, wie sich erst nach der Kündigung vom 8. Mai 2008 herausgestellt habe, aufgrund eines mit dem Personalverantwortlichen des Landkreises K geführten Gesprächs über die Gründe der Nichtverlängerung seines vorherigen Arbeitsverhältnisses genau informiert gewesen. Er habe somit bewusst eine unrichtige Erklärung zu seiner Verfassungstreue abgegeben. Jedenfalls habe er gegen seine Verpflichtung verstoßen, seine Aktivitäten für die vom Landesamt für Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestufte NPD bzw. JN zu offenbaren. Die Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach der Abmahnung erneut seine tarifvertragliche Pflicht zur Verfassungstreue verletzt und sich durch seine Aktivitäten für die NPD, deren Mitglied er sei, für die ihm übertragene Tätigkeit als ungeeignet erwiesen. Er habe sich die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD zu eigen gemacht, diffamiere den Staat und seine Organe in aller Öffentlichkeit und bringe seinen Willen zum Ausdruck, ihn zu bekämpfen. Nach der Kündigung habe er seine verfassungsfeindlichen Aktivitäten fortgesetzt. Am 25. Juli 2008 habe er - unstreitig - anlässlich des Todes eines Rechtsextremisten einen Gedenkbrief versandt. Am Volkstrauertag 2008 sei er erneut bei der Veranstaltung der NPD am Ehrenmal „P“ aufgetreten, nunmehr als verantwortlicher Versammlungsleiter. Sein Verhalten beschädige das Ansehen der Finanzverwaltung und beeinträchtige das Vertrauen der Bürger in deren rechtsstaatliches Handeln.

13

Das Arbeitsgericht hat die Anfechtung und die außerordentliche Kündigung für unwirksam erachtet und der Klage insoweit stattgegeben. Im Übrigen hat es sie abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auch hinsichtlich der ordentlichen Kündigung stattgegeben. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des beklagten Landes hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet.

15

A. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur der Kündigungsschutzantrag. Mit dem erstinstanzlich - als unzulässig - abgewiesenen allgemeinen Feststellungsantrag hat sich das Landesarbeitsgericht nicht befasst. Es hat die Berufung des Klägers, die sich mit der Abweisung dieses Antrags nicht auseinandersetzt, stillschweigend dahin ausgelegt, dass der Antrag nicht weiterverfolgt werde. Soweit es den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung abgewiesen hat, ist das Urteil rechtskräftig.

16

B. Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben. Seine Entscheidung, das Arbeitsverhältnis sei weder durch die Anfechtung vom 23. September 2008 noch durch die Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden, ist im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

I. Der Gegenstand der Kündigungsschutzklage umfasst zugleich die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der Anfechtung beendet worden ist.

18

1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG(iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die fragliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Die Klage kann daher nur Erfolg haben, wenn zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis noch bestand (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 26. Juni 2008 - 6 AZN 648/07 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 66 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 85). Dementsprechend ist Gegenstand der Kündigungsschutzklage auch die Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bzw. - im Fall der ordentlichen Kündigung - des Ablaufs der Kündigungsfrist bestand (BAG 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 16 f., BAGE 118, 95; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Ist dies nicht der Fall, kann ein der Klage stattgebendes Urteil nicht ergehen, vielmehr ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen.

19

2. Danach hängt hier der Erfolg der Kündigungsschutzklage (auch) von der Berechtigung der Anfechtung ab. Dem steht nicht entgegen, dass die Anfechtung erst mit Schriftsatz vom 23. September 2008 und damit nach Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung erklärt wurde. Zwar wirkt die Anfechtung eines in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrags nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung grundsätzlich nur „ex nunc“ (BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - BAGE 91, 349; 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV der Gründe, BAGE 41, 54). Im Streitfall wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien aber bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung faktisch außer Funktion gesetzt. Unter solchen Umständen besteht kein Grund, die Vorschrift des § 142 Abs. 1 BGB, die der wirksamen Anfechtung grundsätzlich rückwirkende Kraft beilegt, einschränkend anzuwenden. Die Anfechtung wirkt vielmehr auf den Zeitpunkt der faktischen „Außerfunktionssetzung“ zurück, selbst wenn diese ihrerseits auf einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung beruhen sollte (BAG 16. September 1982 - 2 AZR 228/80 - zu IV 3 a der Gründe, aaO).

20

II. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung über die Wirksamkeit von Anfechtung und Kündigung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur sog. funktionsbezogenen Treuepflicht der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und einem auf diese bezogenen Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung zugrunde gelegt.

21

1. Danach kommt bei politischer Betätigung eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für eine verfassungsfeindliche Partei oder Organisation, insbesondere bei einem Eintreten für deren verfassungsfeindliche Ziele eine Kündigung sowohl unter verhaltensbedingten als auch unter personenbedingten Gesichtspunkten in Betracht. Das gilt unabhängig davon, ob die Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG festgestellt wurde. Auch das politische Engagement für eine nicht verbotene, gleichwohl verfassungsfeindliche Organisation kann kündigungsrechtlich beachtlich sein. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen sind von dem zur Entscheidung berufenen Gericht eigenständig zu treffen (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu B II der Gründe, BVerfGE 39, 334; BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu IV der Gründe, BAGE 28, 62; zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD vgl. BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - NJW 2005, 85).

22

2. Eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei oder Organisation oder wegen deren aktiver Unterstützung setzt voraus, dass durch einen darin liegenden Verstoß gegen die Treuepflicht eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, sei es im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

23

3. Eine personenbedingte Kündigung kommt unabhängig davon in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Aktivitäten jedenfalls die Eignung für die Ausübung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit fehlt. Im öffentlichen Dienst kann sich ein Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. Diese ist Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171). Mitgliedschaft und aktives Eintreten des Arbeitnehmers für eine verfassungsfeindliche Organisation können entsprechende Zweifel erwecken. Sie führen aber nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Entscheidend ist, inwieweit die außerdienstlichen politischen Aktivitäten in die Dienststelle hineinwirken und entweder die allgemeine Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers oder das konkrete Aufgabengebiet des Arbeitnehmers berühren (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - mwN, aaO). Das wiederum hängt maßgeblich davon ab, welche staatlichen Aufgaben der Arbeitgeber wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten dem Arbeitnehmer obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er zu bearbeiten hat (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, aaO).

24

4. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sind ua. in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) festgelegt.

25

a) Nach dieser Regelung, die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt, sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der Kläger zudem im Zusammenhang mit seiner Einstellung abgegeben.

26

b) Allerdings können weder die auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT abgegebene Erklärung des Klägers vom 17. Juli 2003, noch die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT wörtlich übereinstimmende Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit ihren allgemein gehaltenen Formulierungen dahin verstanden werden, dass allen Beschäftigten des beklagten Landes ohne Bezug zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit - vergleichbar den Beamten - eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt(grundlegend BAG 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 1 d der Gründe, BAGE 28, 62; seither st. Rspr. 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

27

aa) Beamte unterliegen einer gesteigerten politischen Treuepflicht. Diese fordert ihre Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dh. seiner freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung, zu identifizieren und dafür aktiv einzutreten. Beamte haben sich deshalb von Gruppen und Bestrebungen zu distanzieren, die den Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 („Radikalenerlass“) - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 39, 334).

28

bb) Dieser - weite - Umfang der das Beamtenverhältnis prägenden Treuepflicht lässt sich nicht schematisch auf Beschäftigte übertragen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum öffentlichen Arbeitgeber stehen und denen in der Regel keine hoheitlichen Befugnisse übertragen sind (BVerfG 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - zu C I 7 b der Gründe, BVerfGE 39, 334). Bei der Fülle staatlicher Aufgaben gibt es durchaus Bereiche, bei denen es für die konkret geschuldete Arbeitsleistung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nicht auf die von Beamten verlangte besondere politische Loyalität ankommt. In diesen Bereichen können Arbeitnehmer auch dann beschäftigt werden, wenn sie nur ein geringeres Maß an politischer Treue erfüllen. Würde man für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßig und unabhängig von ihrer Funktion das Bestehen einer besonderen politischen Treuepflicht annehmen, so würden damit politische Grundrechte der Arbeitnehmer - die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und die Freiheit, sich in einer Partei politisch zu betätigen (Art. 21 Abs. 1 GG)- unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu II 4 a und III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1; 29. Juli 1982 - 2 AZR 1093/79 - zu B IV 2 c der Gründe, BAGE 39, 235).

29

cc) Das Maß der einem Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes obliegenden Treuepflicht ergibt sich aus seiner Stellung und dem Aufgabenkreis, der ihm laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, vgl. BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BAGE 62, 256). Er schuldet (nur) diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist.

30

Trifft den Arbeitnehmer nach der ihm übertragenen Funktion keine Pflicht zu gesteigerter Loyalität, ist er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, jederzeit und auch außerdienstlich aktiv für den Bestand der politischen Ordnung des Grundgesetzes einzutreten. Je nach Stellung und Aufgabenkreis kann er die Verfassung schon dadurch „wahren“, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung jedenfalls nicht aktiv bekämpft (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 62, 256; 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 c der Gründe, RzK I 1 Nr. 10).

31

Aber auch für Beschäftigte, an deren Verfassungstreue wegen ihrer Tätigkeit - etwa als Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter - die gleichen oder zumindest ähnliche Anforderungen zu stellen sind wie an die von in vergleichbarer Stellung beschäftigten Beamten, gilt, dass die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation oder ein Tätigwerden für diese zwar Indizien für das Fehlen der Bereitschaft zur Verfassungstreue sind, für sich genommen aber als Eignungsmangel regelmäßig noch nicht ausreichen. Anders als bei der Einstellung, für deren Unterbleiben es grundsätzlich genügt, dass allgemeine Zweifel an der Verfassungstreue begründet sind (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12), obliegt es dem öffentlichen Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess, derartige Zweifel durch bestimmte, auf den Arbeitnehmer und seinen Aufgabenbereich bezogene Umstände zu konkretisieren und so zu verstärken. Aufschlussreich kann insoweit das dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers sein, wenn es über die Verfolgung verfassungskonformer Ziele der betreffenden Organisation hinausgeht. Von Bedeutung kann auch das persönliche Verfassungsverständnis des Arbeitnehmers und das Fehlen der Bereitschaft sein, sich von verfassungsfeindlichen Zielen der Organisation, der er angehört oder für die er eintritt, zu distanzieren (BAG 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 4 c der Gründe, BAGE 63, 72).

32

5. Das Maß der politischen Treuepflicht hat zugleich Einfluss auf das Erkundigungs-/Fragerecht des Arbeitgebers bei der Einstellung.

33

a) Auszugehen ist dabei von dem Grundsatz, dass die falsche Beantwortung einer zulässigerweise gestellten Frage die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB begründen kann(zur Frage nach früherer MfS-Tätigkeit BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - BVerfGE 96, 171; BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341).

34

b) Auch wenn zu den Eignungskriterien im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG die Verfassungstreue zählt, sind darauf bezogene Fragen nur zulässig, soweit die vorgesehene Funktion dies erfordert und rechtfertigt(vgl. BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 b und 2 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - BAGE 28, 62; 1. Oktober 1986 - 7 AZR 383/85 - BAGE 53, 137; Conze Fragerecht des öffentlichen Arbeitgebers und Offenbarungspflicht des Bewerbers bei der Vertragsanbahnung ZTR 1991, 99, 106 mwN). Die Frage muss so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, wonach gefragt ist. Er muss die Zulässigkeit der Frage beurteilen können (BAG 13. Juni 2002 - 2 AZR 234/01 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 101, 341). Wenn politische Einstellungen den Arbeitnehmer bei funktionsbezogener Betrachtung nicht - auch für ihn erkennbar - an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Berufspflichten hindern, besteht keine Pflicht, die eigenen Überzeugungen und mögliche Parteimitgliedschaften oder Organisationszugehörigkeiten ungefragt zu offenbaren.

35

6. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.

36

a) Sie haben in der Literatur verbreitet Zustimmung erfahren (vgl. Sponer/Steinherr TV-L (2008) § 3 Rn. 55; Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 974 f.; jeweils mwN; mit Einschränkungen: Fleig DÖD 1999, 217) und stimmen mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte überein (vgl. BVerwG 19. Januar 1989 - 7 C 89/87 - BVerwGE 81, 212; OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - PersR 2008, 324).

37

b) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat anerkannt, dass ein demokratischer Staat das Recht hat, von seinen Bediensteten - jedenfalls in Abhängigkeit von ihrer Funktion - ein Bekenntnis zu zentralen Verfassungsgrundsätzen zu verlangen, auf denen der Staat beruht. Es seien - so der Gerichtshof - auch die Erfahrungen Deutschlands während der Weimarer Zeit und der anschließenden Phase bis zur Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahre 1949 sowie die Bestrebung zu berücksichtigen, die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage einer „wehrhaften Demokratie“ aufzubauen (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1. der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).

38

c) Die angeführten Grundsätze tragen den Diskriminierungsverboten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Rechnung (vgl. BAG 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - BAGE 128, 238). Dabei kann unterstellt werden, dass die Zugehörigkeit zu einer Partei oder das Eintreten für deren Ziele das in § 1 AGG genannte Diskriminierungsmerkmal der „Weltanschauung“ betrifft(dazu einerseits Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; andererseits BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17/03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Durch die funktionsbezogene Betrachtung ist hinreichend sichergestellt, dass ein Eignungsmangel des Bewerbers nur bejaht wird, wenn die von § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L geforderte Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG darstellt.

39

III. Ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen ist die Kündigungsschutzklage nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Anfechtung des beklagten Landes aufgelöst worden wäre. Ein Anfechtungsgrund liegt auch bei Verfassungsfeindlichkeit der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation nicht vor.

40

1. Die Anfechtung war trotz vorangegangener Kündigung nicht ausgeschlossen (vgl. dazu BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B II 1 a der Gründe , AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5 ). Das beklagte Land hat sein Anfechtungsrecht nicht durch die fristlose Kündigung „verbraucht“. Es stützt Anfechtung und Kündigung im Übrigen auf unterschiedliche Sachverhalte. Ausschließlich zur Begründung der Anfechtung macht es geltend, der Kläger habe im Zusammenhang mit seiner Einstellung über Aktivitäten für die als verfassungsfeindlich eingestufte NPD arglistig getäuscht, wobei es von den die Arglist begründenden Tatsachen erst nach der Kündigung hinreichend Kenntnis erlangt habe.

41

2. Der in Rede stehende Anfechtungstatbestand des § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Subjektive Werturteile genügen nicht (BAG 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe). Eine Täuschung kann auch in dem Verschweigen von Tatsachen bestehen, sofern der Erklärende zu deren Offenbarung verpflichtet war.

42

a) Wird der (spätere) Arbeitnehmer zulässigerweise nach bestimmten Tatsachen befragt, so ist er zu deren wahrheitsgemäßer Beantwortung verpflichtet. Das Verschweigen nicht nachgefragter Tatsachen stellt nur dann eine Täuschung dar, wenn hinsichtlich dieser Tatsachen eine Offenbarungspflicht bestand. Eine solche Pflicht ist an die Voraussetzung gebunden, dass die betreffenden Umstände dem Arbeitnehmer die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Leistungspflicht unmöglich machen oder aus sonstigen Gründen für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung sind (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 345/98 - zu B II 2 der Gründe; 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 a der Gründe).

43

b) Arglistig ist die Täuschung, wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) Dienstherrn entstehen oder aufrechterhalten werden; Fahrlässigkeit - auch grobe Fahrlässigkeit - genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der Arbeitgeber; dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen (vgl. BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 320/98 - zu B I 4 der Gründe, BAGE 91, 349).

44

3. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, im Streitfall fehle es jedenfalls an der erforderlichen Arglist des Klägers, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

45

a) Ist die - vorformulierte - Erklärung vom 17. Juli 2003 zugleich als Antwort auf Frage(n) zur Verfassungstreue des Bewerbers zu verstehen, bestehen Bedenken an deren rechtlicher Verbindlichkeit. Die der Erklärung vorangestellte Belehrung nimmt auf die in den Landesgesetzen normierte Pflicht zur Verfassungstreue für Beamte (§ 70 Abs. 2 LBG) und Richter (§ 8 LRiG) Bezug und verweist darauf, dass sich „die gleichen politischen Treuepflichten“ für Angestellte aus § 8 BAT ergäben. Der Belehrung folgt ein umfassendes Bekenntnis des Stellenbewerbers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und die Erklärung seiner Bereitschaft, für deren Erhaltung einzutreten. Dem Bewerber wird dagegen nicht verdeutlicht, dass funktionsbezogen durchaus geringere Anforderungen an die Verfassungstreue bestehen können.

46

b) Zudem verlangt das beklagte Land mit der erbetenen Erklärung von dem Bewerber, eine eigene Beurteilung dessen, was unter „Bestrebungen … gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu verstehen ist, wann von einem „Unterstützen“ solcher Bestrebungen die Rede sein und wann angenommen werden kann, dass sich eine Organisation gegen diese Grundordnung richtet. Eine ordnungsgemäße Befragung zwecks Feststellung der Verfassungstreue setzt demgegenüber voraus, dass der Bewerber nach konkreten Umständen befragt wird, die gemäß den Anforderungen der ins Auge gefassten Tätigkeit einstellungsrelevant sind. Die allgemeine Frage, ob der Bewerber einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört, ist unzulässig. Mit ihr würde vom Bewerber eine Wertung verlangt, die vorzunehmen Sache der einstellenden Behörde ist (BAG 28. Februar 1991 - 2 AZR 357/90 - zu II 1 b bb der Gründe).

47

c) Eine arglistige Täuschung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich der Kläger gleichwohl der Unvereinbarkeit seiner politischen Aktivitäten mit der Pflicht zur Verfassungstreue bewusst gewesen wäre. Dafür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.

48

aa) Das Fehlen einer Unterrichtung darüber, welche Parteien, Organisationen und Aktivitäten das beklagte Land als verfassungsfeindlich einstuft, kann - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - Einfluss auf den subjektiven Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB haben. Ein Arbeitnehmer, der sich für eine zwar objektiv verfassungsfeindlich, aber nicht verbotene Partei oder Organisation engagiert und aktiv für deren Ziele eintritt, kann subjektiv der Auffassung sein, er bewege sich (noch) auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und setze sich nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein.

49

bb) Davon ist das Landesarbeitsgericht im Streitfall ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe aus seiner subjektiven Sicht in seinen Aktivitäten für die NPD/JN keinen Widerspruch zu dem Inhalt seiner Erklärung vom 17. Juli 2003 erblickt. Er berufe sich gerade darauf, dass er sich stets in vollem Umfang zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt habe und weiterhin bekenne, auch nicht Mitglied oder Anhänger einer Partei sei, deren Ziele sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes richteten. Umstände, die den Schluss zuließen, dies habe nicht der wahren Überzeugung des Klägers entsprochen, lägen nicht vor.

50

cc) Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt der revisionsrechtlichen Kontrolle nur daraufhin, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände beachtet worden sind. Einen solchen Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf. Sie bringt lediglich vor, das Landesarbeitsgericht habe nicht ausreichend auf die Erfahrungen Bedacht genommen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nichtverlängerung seines vorhergehenden Arbeitsverhältnisses gesammelt habe. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des beklagten Landes, der Kläger habe gewusst, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner politischen Aktivitäten nicht verlängert worden sei, berücksichtigt. Daraus ergab sich aber weder, dass sich der Kläger wahrheitswidriger Angaben zu seiner Verfassungstreue bewusst gewesen wäre, noch dass er bewusst einer sich aufdrängenden Offenbarungspflicht zuwider gehandelt hätte. Zum einen ist nicht dargetan, dass der Kläger selbst von der Verfassungsfeindlichkeit der NPD oder ihrer Jugendorganisation überzeugt gewesen wäre oder dies zumindest billigend in Kauf genommen hätte. Zum anderen konnte er, selbst wenn er erkannt haben mag, dass zumindest das beklagte Land die NPD als verfassungsfeindlich einstuft, durchaus subjektiv der Auffassung sein, nicht selbst derartige Ziele zu unterstützen oder sonstwie auf ein aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes auszugehen und damit jedenfalls (noch) das für die angestrebte Tätigkeit erforderliche Maß an Verfassungstreue aufzubringen.

51

IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 8. Mai 2008 aufgelöst worden. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Es sind nach der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 keine zusätzlichen Umstände eingetreten oder dem beklagten Land erstmals bekannt geworden, die als Verstoß des Klägers gegen seine (einfache) Pflicht zur Verfassungstreue anzusehen wären.

52

1. Es kann dahinstehen, ob die mit Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 23. August 2007 mitgeteilten Aktivitäten des Klägers einen Kündigungsgrund darstellen. Das beklagte Land hat sie zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht. Es hat sich damit eines etwaigen Kündigungsrechts wegen dieser Sachverhalte begeben, solange nicht neue Verstöße hinzutreten.

53

a) Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen. Der Arbeitgeber gibt mit einer Abmahnung zu erkennen, er sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass er es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 13. Dezember 2007 - 6 AZR 145/07 - Rn. 24, BAGE 125, 208; 2. Februar 2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52).

54

b) Das beklagte Land hat dem Kläger mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 für den Fall „anhaltender Aktivitäten für die rechtsextremistische Szene“ eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat es stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der aktuell bekannt gewordenen Ereignisse nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung.

55

c) Der mit einer Abmahnung verbundene Verzicht auf ein Kündigungsrecht erfasst auch das Recht, aus einem Grund in der Person des Arbeitnehmers zu kündigen, der sich aus dem betreffenden Sachverhalt ergeben mag. Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen auf steuerbarem Verhalten beruhenden, also behebbaren Eignungsmangel vorhält und ihn insoweit abgemahnt hat, ist es ihm wie nach der Abmahnung pflichtwidrigen Verhaltens verwehrt, zur Rechtfertigung einer späteren Kündigung ausschließlich den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt heranzuziehen.

56

d) Der Verzicht wird hinfällig, wenn weitere Gründe zu den abgemahnten hinzutreten oder zwar bei Ausspruch der Abmahnung objektiv schon vorlagen, aber erst danach bekannt wurden. Diese können vom Arbeitgeber zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, die sowohl die neuen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen als auch unterstützend die bereits abgemahnten Gründe erfasst, sofern sich daraus ein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender Kündigungsgrund ergibt (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 10. November 1998 - 2 AZR 215/88 - zu II 2 d bb der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 18).

57

2. Danach ist die Kündigung nicht aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt.

58

a) Den Kläger trifft lediglich eine sog. einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.

59

aa) Eine Verpflichtung des Klägers, wie ein Beamter jederzeit aktiv für die Grundordnung der Verfassung einzutreten, ergibt sich nicht schon aus der Aufgabenstellung der Finanzverwaltung. Auch wenn diese als Eingriffsverwaltung (vgl. bspw. BVerwG 26. Juni 1980 - 2 C 37/78 - BVerwGE 60, 254) hohe Anforderungen an die Integrität und Loyalität der mit der Erhebung und Beitreibung von Steuern befassten Mitarbeiter stellen muss, bedeutet dies nicht, dass es nicht auch in ihrem Bereich Funktionen gäbe, die den Einsatz von Beschäftigten mit einem geringeren Maß an Verfassungstreue zuließen.

60

bb) Dem Vorbringen des beklagten Landes lässt sich nicht entnehmen, dass für die Wahrnehmung der dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben ein gesteigertes Maß an Verfassungstreue erforderlich wäre. Der Kläger trägt für die im Druckzentrum erstellten Steuer- oder Beihilfebescheide inhaltlich keine Verantwortung. Seine Aufgabe besteht vornehmlich in der Planung, Steuerung und Überwachung des Druck- und Versandverfahrens. Im Vordergrund steht die Gewährleistung eines technisch reibungslosen Ablaufs der (körperlichen) Herstellung der Bescheide und deren ordnungsgemäße Versendung. Der Umstand, dass der Kläger dabei Zugang zu personenbezogenen Daten der Steuerpflichtigen hat, vermag ein Verlangen nach gesteigerter Loyalität nicht zu begründen. Soweit das beklagte Land erstmals in der Revision vorgetragen hat, der Kläger habe „umfassende Zugriffsmöglichkeiten auf höchst sensible Daten und zwar sowohl im Bereich der Großrechner als auch der Produktionsserver“ und habe zudem die Möglichkeit, „Daten und Dokumente bei der Druckaufbereitung selbständig zu bearbeiten“, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem es in der Revision nicht mehr gehört werden kann. Auf die Schlüssigkeit des Vortrags kommt es nicht an.

61

b) Unterliegt der Kläger deshalb „nur“ einer sog. einfachen politischen Loyalitätspflicht, verlangt diese von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst aktiv verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder darauf auszugehen, den Staat, die Verfassung oder ihre Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Ein Verstoß gegen diese „einfache“ Treuepflicht kann nicht schon aus der Mitgliedschaft des Klägers in der NPD und Übernahme bestimmter Funktionen in der Partei abgeleitet werden, die dem beklagten Land nach eigenem Vorbringen erst nach der Abmahnung bekannt geworden sind. Dabei kann zugunsten des beklagten Landes erneut unterstellt werden, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.

62

aa) Ein Arbeitnehmer, dem eine „einfache“ Treuepflicht obliegt, verletzt diese nicht schon dadurch, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation für richtig hält und dies durch eine Mitgliedschaft oder andere Aktivitäten zum Ausdruck bringt. Diese Pflicht wird erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele der Organisation aktiv zu fördern oder zu verwirklichen (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12; 12. März 1986 - 7 AZR 469/81 -). Dazu bedarf es der Darlegung konkreter, auf den Arbeitnehmer bezogener Umstände, die geeignet sind, ein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei hinreichend zu individualisieren (vgl. BAG 15. Juli 1982 - 2 AZR 887/79 - zu C II 2 d aa der Gründe, BAGE 39, 180).

63

bb) Derartige Umstände hat das beklagte Land - unter Beachtung der sich aus der Abmahnung ergebenden Beschränkungen - nicht dargetan.

64

(1) Die Teilnahme des Klägers an der „Gedenkveranstaltung“ der NPD am 18. November 2007 lässt kein aktives Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele der Partei erkennen. Zwar sind derartige Gedenkveranstaltungen in der Tradition des nationalsozialistischen „Heldengedenkens“ zu sehen. Die schlichte Teilnahme lässt aber keinen weitergehenden Schluss zu als dass er sich in innerer Übereinstimmung damit befunden haben mag. Dies gilt auch für die Behauptung des beklagten Landes, auf der Versammlung sei die erste Strophe des Deutschlandlieds gesungen worden. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn es in einem solchen Verhalten keinen genügenden Anhaltspunkt dafür gesehen hat, der Kläger sei etwa nicht bereit, die deutschen Staatsgrenzen anzuerkennen, und sei bestrebt, diese Grenzen auf verfassungs- und völkerrechtswidrigem Wege zu beseitigen.

65

(2) Soweit sich das beklagte Land auf das Versenden eines „Newsletters“ vom 25. Juli 2008 und weitere, im Anschluss daran entfaltete Aktivitäten beruft, kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit in verfassungsfeindlicher Weise agiert hat. Es handelt sich um Vorgänge, die in die Zeit nach Ausspruch der Kündigung fallen und die zu deren Rechtfertigung nicht herangezogen werden können (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 52 mwN, AP BGB § 626 Nr. 229 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32).

66

(3) Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien verfasste Schreiben des Klägers vom 18. Dezember 2001.

67

(a) Das Landesarbeitsgericht ist, was die Einführung dieses Schreibens in den Rechtsstreit betrifft, von einem unzulässigen Nachschieben von Kündigungsgründen ausgegangen. Der Sachverhalt unterliege einem Verwertungsverbot, weil das beklagte Land nicht aufgezeigt habe, dass der Personalrat hierzu erneut beteiligt worden sei. Nicht erforderlich sei, dass der Arbeitnehmer die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt habe.

68

(b) Es kann dahinstehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob eine Berücksichtigung des Schreibens schon deshalb nicht möglich ist, weil Grundlage der Beurteilung bereits eingetretener oder noch zu erwartender Vertragsverletzungen in erster Linie das Verhalten des Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sein muss (BAG 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 a ee der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls deshalb zutreffend (§ 561 ZPO), weil sich aus dem nachträglich bekannt gewordenen Schreiben kein über das abgemahnte Verhalten hinausgehender, eigenständiger Kündigungsgrund ergibt.

69

Das beklagte Land hat den Kläger ua. deshalb abgemahnt, weil er sich am 9. Juni 2007 als Verantwortlicher für die Gründung des Stützpunkts K der JN zu erkennen gegeben hat. Bereits in diesem Verhalten kam zum Ausdruck, dass der Kläger hinter den Zielen der JN steht und diese fördern will. Ein damit verbundener Verstoß gegen die ihm obliegende Treuepflicht erhält nicht deshalb ein größeres oder anderes Gewicht, weil der Kläger bereits vor der Kündigung mit seinem Sprachgebrauch eine Identifikation mit verfassungsfeindlichen Zielen der NPD/JN zum Ausdruck gebracht haben mag.

70

3. Die Kündigung ist nicht aus Gründen im Verhalten des Klägers gerechtfertigt.

71

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine - sowohl von § 626 Abs. 1 BGB als auch § 1 Abs. 2 KSchG vorausgesetzte - konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses nicht schon darin liegt, dass der Arbeitsablauf oder der Betriebsfrieden durch das innerbetriebliche oder außerdienstliche politische Verhalten des Arbeitnehmers abstrakt oder konkret gefährdet ist. Erforderlich ist, dass eine konkrete Störung tatsächlich eingetreten ist (BAG 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 62, 256; 17. März 1988 - 2 AZR 576/87 - BAGE 58, 37; 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - zu II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 12).

72

b) Konkrete Beeinträchtigungen hat das beklagte Land nicht vorgetragen.

73

aa) Es behauptet nicht, der Kläger habe seine politische Einstellung innerhalb der Finanzverwaltung offen vertreten und dadurch die Arbeitsabläufe und/oder den Betriebsfrieden gestört.

74

bb) Ebenso wenig benennt es „greifbare“ Tatsachen, die erkennen ließen, das Verhalten des Klägers beeinträchtige unmittelbar berechtigte Sicherheitsinteressen. Soweit es vorbringt, der Kläger habe vor einem Sommerfest der JN, bei dem er „durch das Programm“ geführt habe, an einer von ihm - dem beklagten Land - angebotenen Fortbildungsveranstaltung teilgenommen und daraus Nutzen gezogen, waren ihm - dem beklagten Land - die maßgebenden Umstände bereits bei Ausspruch der Abmahnung bekannt.

75

cc) Eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich schließlich nicht aus einem möglichen Ansehensverlust oder einem Verlust des Vertrauens „redlicher Bürger“ in eine rechtsstaatliche Steuerverwaltung. Das beklagte Land hat nicht dargetan, dass die Aktivitäten des Klägers und dessen Stellung als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung bekannt geworden wären und konkrete Wirkungen gezeitigt hätten.

76

V. Das beklagte Land hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Baerbaum    

        

    Bartz    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 26. Januar 2011 - 19 Sa 67/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der 1982 geborene Kläger war seit August 2003 bei dem beklagten Land als Verwaltungsangestellter in der Oberfinanzdirektion K (OFD) tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme fand auf das Arbeitsverhältnis zuletzt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) Anwendung.

3

Seit dem Jahr 2004 war der Kläger im Druck- und Versandzentrum der OFD eingesetzt. Dort werden sämtliche im Zuständigkeitsbereich der OFD anfallenden Bescheide und Schreiben (etwa Steuer- und Beihilfebescheide sowie Lohn- und Gehaltsabrechnungen) mittels elektronisch gesteuerter Abläufe ausgedruckt. Außerdem bearbeitet das Zentrum Druckaufträge von Kunden außerhalb der Finanzverwaltung. Der Kläger war ua. zuständig für die Planung, Steuerung und Überwachung der Druckabläufe.

4

Im August 2007 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz erstmals über „rechtsextremistische Aktivitäten“ des Klägers. Mit Blick hierauf mahnte das beklagte Land den Kläger im Oktober 2007 ab. Nachdem ihm zugetragen worden war, dass der Kläger im November 2007 an einer von der NPD abgehaltenen Gedenkveranstaltung teilgenommen hatte, kündigte es das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 8. Mai 2008 außerordentlich fristlos. Die Kündigungsschutzklage des Klägers war erfolgreich (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 -).

5

Mit Schreiben vom 13. Juli 2009 berichtete das Landesamt für Verfassungsschutz der OFD über weitere Aktivitäten des Klägers „in der rechtsextremistischen Szene“. Dabei handelt es sich ausnahmslos um „Newsletter“, die dieser in der ersten Hälfte des Jahres 2009 unter Absendeadressen des NPD-Kreisverbands K oder der JN mit Zusatz seines Namens über das Internet verbreitete. Unter anderem wies der Kläger mit „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 auf eine geplante Demonstration der JN am 17. Juni 2009 in H hin. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Betreff:

JN-Demonstration in H …

        

17. Juni - Ein Volk steht auf und kämpft sich frei - Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!

        
        

Man mag es kaum wahrnehmen oder verspüren, auch heute noch gibt es Leute, die sich gegen die Doktrin des Staates wehren, genau wie im Frühsommer 1953: Im Juni `53 nämlich entschloss sich die schaffende Bevölkerungsschicht, die von der eingesetzten DDR-Regierung stets und ständig erhöhten Arbeitsnormforderungen nicht länger zu ertragen. …

        
        

Auch heute wieder wehrt sich das Volk gegen Lohn- und Arbeitsdrückerbanden, nur sind es heute die des globalen Kapitalismus, die die schaffenden Menschen ausbeuten und unterdrücken. …

        
        

Wir wehren uns, vor allem als Deutsche, gegen die Meinungsdiktatur über den Freiheitsdrang nach Unabhängigkeit und Souveränität des Deutschen Volkes. …, auch heute noch gibt es mehr als genug Gesinnungsschnüffler, innerhalb des Regimes BRD, deren Tätigkeit heute genau die selbe ist, wie zu Zeiten der DDR: Sie sollen im Auftrag des Staates Oppositionelle und ‚Querdenker’ ausmachen und verraten. Dies geschieht vor allem deshalb, weil auch die BRD, …, Angst davor haben könnte, das Volk erhebt sich eines Tages erneut gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat und deren Handlanger. … Die fettgefressenen Bonzen haben Angst davor, das Volk könnte bei einem erneuten Volksaufstand erfolgreich sein und sich das Recht auf Selbstbestimmung erneut erobern wollen. In diesem Falle nämlich, wäre die bürgerliche Revolution erfolgreich, so könnte es gut möglich erscheinen, diesmal wären Tode nicht bei den Demonstranten, sondern vielmehr bei der etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen. - Dem Volk wär’s recht, - Hauptsache nur, das Volk erfährt den Willen des Volkes und nicht den der Oberen Zehntausend. - Hochmut kommt eben vor dem Fall, liebe Genossen der Bundesrepublikanischen Politikanstalten und Meinungsfabriken.

        
        

Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!

        
        

Daher: Werte Kameraden und Kameradinnen, Interessierte, Gegner von Unrecht und Unterdrückung, Verfolgte des BRD- und DDR Regimes, interessierte Bürger – Kommt zahlreich, setzt ein deutliches Zeichen gegen Unterdrückung und Meinungsmacherei. Gedenkt zugleich mit uns der Toten des Aufstandes in der DDR.

        
        

…“    

        
6

Daraufhin kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16. September 2009 ordentlich zum 31. Dezember 2009.

7

Dagegen erhob der Kläger fristgerecht die vorliegende Kündigungsschutzklage. Er hat die Auffassung vertreten, sein politisches Engagement rechtfertige die neuerliche Kündigung nicht. Er habe sich mehrfach ausdrücklich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekannt. Ebenso wenig habe er Aktivitäten entfaltet, die gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung gerichtet seien. Das gelte auch für den „Newsletter“ vom 11. Juni 2009. Der hierüber verbreitete Demonstrationsaufruf warne lediglich vor der Gefahr sich dynamisierender Demonstrationen, deren Folgen nicht mehr beherrschbar seien. Die Erklärungen seien insgesamt Ausdruck des politischen Meinungskampfs und unterstünden dem Schutz der Meinungsfreiheit. Überdies habe er den Demonstrationsaufruf nicht verfasst, sondern lediglich für dessen „technische“ Verbreitung gesorgt. Damit könne sein - überdies außerdienstliches - Verhalten kein Grund für eine Kündigung sein.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 16. September 2009 nicht aufgelöst worden ist.

9

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat geltend gemacht, die Kündigung sei zumindest aus Gründen in der Person des Klägers gerechtfertigt. Dessen politische Aktivitäten zeigten, dass er das nach § 3 Abs. 1 TV-L erforderliche Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringe. Unabhängig von seiner Mitgliedschaft in der NPD agiere er selbst verfassungsfeindlich. Deutlicher Beleg dafür sei sein Verhalten im Zusammenhang mit dem Demonstrationsaufruf für den 17. Juni 2009. Dessen Verfasser bekundeten ihre direkte Sympathie für einen Aufstand des Volkes zur Beseitigung des Staates unter Inkaufnahme von Toten. Diese Aussagen habe sich der Kläger zu eigen gemacht, indem er den Aufruf verbreitet habe. In Anbetracht dessen sei er für eine Tätigkeit im Druckzentrum der OFD ungeeignet.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Kündigung vom 16. September 2009 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst.

12

I. Dem beklagten Land ist es trotz der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess nicht verwehrt, die Kündigung auf außerdienstliche Aktivitäten des Klägers für die NPD und/oder deren Jugendorganisation zu stützen. Das gilt auch, soweit es sich - wie schon im Vorprozess - darauf beruft, dem Kläger fehle es angesichts seiner unzureichenden Verfassungstreue an der für seine Tätigkeit erforderlichen Eignung.

13

1. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem ersten Kündigungsschutzprozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie die Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber dann ausgeschlossen (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 20 ff. mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 19). Eine Präklusionswirkung in diesem Sinne entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 19, BAGE 132, 299). Das gilt auch, wenn es sich um einen sog. Dauertatbestand handelt. Ein anderer Kündigungssachverhalt liegt auch in diesem Fall vor, wenn sich die tatsächlichen Umstände, aus denen der Arbeitgeber den Kündigungsgrund ableitet, wesentlich verändert haben.

14

2. Danach stellt die ordentliche Kündigung vom 16. September 2009 keine Wiederholung der früheren Kündigung dar. Das beklagte Land stützt sie maßgeblich auf ein Verhalten des Klägers nach der Kündigung vom 8. Mai 2008. Soweit es einzelne von dessen Aktivitäten bereits in den Vorprozess eingeführt hatte, unterlagen sie dort mit Blick auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt keiner materiell-rechtlichen Überprüfung (vgl. BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 65, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Die der OFD als kündigungsberechtigter Stelle erstmals durch Schreiben des Landesamts für Verfassungsschutz vom 13. Juli 2009 bekanntgewordene Verbreitung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 war nicht Gegenstand des Vorprozesses.

15

II. Die Verbreitung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 zeigt, dass der Kläger das für seine Tätigkeit im Druck- und Versandzentrum der OFD unabdingbare Maß an Verfassungstreue nicht aufbringt. Die ordentliche Kündigung vom 16. September 2009 ist damit - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - jedenfalls aus Gründen in der Person des Klägers sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

16

1. Nach der im Streitfall anwendbaren Tarifregelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L(zuvor: § 8 Abs. 1 Satz 2 BAT) sind die Beschäftigten des beklagten Landes verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen. Die Regelung normiert für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine besondere politische Loyalitätspflicht (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 24 ff. mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Sie konkretisiert insoweit die allen Arbeitnehmern obliegende Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, auf die berechtigten betrieblichen Interessen des Arbeitgebers in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen(vgl. Sponer/Steinherr TV-L Stand Januar 2013 § 3 Rn. 10).

17

2. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L mit seinen allgemein gehaltenen Formulierungen kann allerdings nicht so verstanden werden, dass alle Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einer beamtenähnlichen und damit gesteigerten Treuepflicht unterlägen(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Das Maß der einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuverlangenden Loyalität gegenüber der Verfassung bestimmt sich vielmehr - bei verfassungskonformer Auslegung der Tarifvorschrift - nach der Stellung und dem Aufgabenkreis, der dem Beschäftigten laut Arbeitsvertrag übertragen ist (sog. Funktionstheorie, BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 29 mwN, aaO). Dieser schuldet lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unverzichtbar ist. Auch Arbeitnehmer, die nur eine „einfache“ politische Treuepflicht trifft, müssen aber ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als sie nicht darauf ausgehen dürfen, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 29, aaO; zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters in einem solchen Fall: OVG Lüneburg 12. Dezember 2007 - 17 LP 4/06 - Rn. 42, PersR 2008, 324). Das gilt gleichermaßen für den dienstlichen wie den außerdienstlichen Bereich. Auch außerhalb ihrer Arbeitszeit sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes verpflichtet, sich ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal zu verhalten und auf dessen berechtigte Integritätsinteressen in zumutbarer Weise Rücksicht zu nehmen (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78).

18

3. Handelt ein Arbeitnehmer diesen Anforderungen zuwider, kann dies ein Grund für eine verhaltensbedingte - außerordentliche oder ordentliche - Kündigung sein, wenn durch den Loyalitätsverstoß eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist, sei es im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im behördlichen Aufgabenbereich (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 22 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; Preis/Stoffels RdA 1996, 210, 221). Ob eine verhaltensbedingte Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG schon dann gerechtfertigt sein kann, wenn konkrete Umstände den Eintritt einer derartigen Störung im personalen Vertrauensbereich zumindest wahrscheinlich machen (zur Problematik: Polzer/Powietzka NZA 2000, 970, 973; Preis/Stoffels RdA 1996, 210, 221) und ob sich hierfür aus dem Vortrag des beklagten Landes hinreichende Anhaltspunkte ergeben, kann dahinstehen. Die nach der ersten Kündigung entfalteten Aktivitäten des Klägers für die NPD und/oder deren Jugendorganisation begründen - unabhängig von einer möglichen Verfassungsfeindlichkeit der Organisationen - erhebliche und berechtigte Zweifel an seiner Verfassungstreue. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, angesichts dieser Zweifel fehle dem Kläger die für die vertraglich geschuldete Tätigkeit erforderliche Eignung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Damit ist die ausgesprochene Kündigung jedenfalls durch Gründe in der Person des Klägers iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG bedingt.

19

a) Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erfüllen (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, BAGE 132, 72; 23. Oktober 2008 - 2 AZR 483/07 - Rn. 44, AP BGB § 626 Nr. 218). Im öffentlichen Dienst kann sich ein - nicht behebbarer - Eignungsmangel aus begründeten Zweifeln an der Verfassungstreue des Arbeitnehmers ergeben. § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L legt zwar in erster Linie Verhaltensanforderungen fest. Die Regelung beschreibt aber zugleich das notwendige Maß an Verfassungstreue, das ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mitbringen muss, um seine Arbeitsaufgaben vertragsgerecht zu erfüllen; mit diesen Anforderungen ist die Verfassungstreue Bestandteil des Begriffs „Eignung“ in Art. 33 Abs. 2 GG(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 23, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 27. Juli 2005 - 7 AZR 508/04 - Rn. 20, BAGE 115, 296; siehe auch BVerfG 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94 ua. - zu C I 1 b der Gründe, BVerfGE 96, 171).

20

b) Begründete Zweifel an der Verfassungstreue mit der Folge eines Eignungsmangels sind nicht schon dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Anhänger einer verfassungsfeindlichen Partei oder einer sonstigen verfassungsfeindlichen Organisation ist. Zwar können Mitgliedschaft in und aktives Eintreten für eine solche Partei Indizien für eine fehlende Bereitschaft zur Verfassungstreue sein - unbeschadet des Parteienprivilegs und der nach Art. 21 Abs. 2 GG allein dem Bundesverfassungsgericht zukommenden Kompetenz, sie für verfassungswidrig zu erklären und zu verbieten(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 31. März 1976 - 5 AZR 104/74 - zu III 2 b der Gründe, BAGE 28, 62). Derartige Umstände führen aber selbst bei Arbeitnehmern, die gesteigerten Loyalitätsanforderungen unterliegen, nicht ohne Weiteres zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung (im Einzelnen: BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 23, aaO; 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 63, 72; 20. Juli 1989 - 2 AZR 114/87 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 62, 256).

21

c) Unterliegt ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes ohnehin keiner gesteigerten (politischen) Loyalitätspflicht, liegt ein Eignungsmangel regelmäßig noch nicht darin, dass er verfassungsfeindliche Ziele einer Partei oder Organisation für richtig hält. Die „einfache“ politische Loyalitätspflicht verlangt von ihm lediglich die Gewähr, nicht selbst verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen oder aktiv zu unterstützen (BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 61, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10; 5. August 1982 - 2 AZR 1136/79 - zu III 1 b der Gründe, BAGE 40, 1). Es bedarf deshalb der genauen Prüfung, ob und ggf. mit welchen Mitteln der Arbeitnehmer selber verfassungsfeindliche Bestrebungen fördern oder verwirklichen will (vgl. BAG 12. März 1986 - 7 AZR 468/81 - zu II 2 d der Gründe). Erst wenn entsprechende Aktivitäten deutlich machen, dass er sogar das auch bei nur „einfacher“ Loyalitätspflicht erforderliche Mindestmaß an Verfassungstreue dauerhaft nicht aufzubringen bereit oder in der Lage ist, kann eine Kündigung aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt sein.

22

d) Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie rechtsfehlerfrei angewendet.

23

aa) Die Tätigkeit des Klägers erfordert nur ein einfaches Maß an Verfassungstreue. Der Senat hat dies in seiner Entscheidung vom 12. Mai 2011 (- 2 AZR 479/09 - Rn. 59, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10)im Einzelnen dargelegt.

24

bb) Danach steht einer Eignung des Klägers nicht schon der Umstand entgegen, dass er sich im Anschluss an die Kündigung vom 8. Mai 2008 überhaupt weiterhin in der NPD und/oder deren Jugendorganisation engagiert hat; dabei kann deren Verfassungsfeindlichkeit unterstellt werden. Auch wenn er sich von verfassungsfeindlichen Bestrebungen der NPD/JN und ihrer Vertreter nicht distanziert, diese vielmehr „innerlich gebilligt“ und sein Zugehörigkeitsgefühl zu den Organisationen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht haben sollte, lässt dies nicht erkennen, dass der Kläger sich selbst verfassungsfeindlich betätigt oder verfassungsfeindliche Bestrebungen aktiv gefördert hätte.

25

cc) Indiziert wird der Eignungsmangel des Klägers aber durch sein Verhalten im Zusammenhang mit dem „Newsletter“ vom 11. Juni 2009. Er hat mit diesem im Internet einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration der JN am 17. Juni 2009 verbreitet und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daraus gehe hervor, dass der Kläger die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht nur persönlich in Frage stelle, sondern bereit sei, ihrer aktiven Bekämpfung Vorschub zu leisten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

26

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der oder die Verfasser des Aufrufs träten für eine gewaltsame Ablösung der bestehenden, von ihnen verachteten politischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Die Würdigung entspricht, auch soweit das Gericht sich dabei die Gründe im arbeitsgerichtlichen Urteil zu eigen gemacht hat, dem objektiven Aussagegehalt der in dem Aufruf enthaltenen Äußerungen. Sie lässt keine möglichen Deutungsalternativen außer Acht, wie die Revision meint.

27

(a) Die zutreffende Sinndeutung der fraglichen, nicht an einen bestimmten Personenkreis gerichteten Erklärungen unterliegt in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung. Der objektive Sinngehalt ist nach Maßgabe des Verständnisses eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums zu ermitteln (zu den Maßstäben für die Auslegung von Meinungsäußerungen: BVerfG 4. Februar 2010 - 1 BvR 369/04 ua. - Rn. 28, NJW 2010, 2193; BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 27, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13; BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - NJW 2004, 598). Auszugehen ist vom Wortlaut der Aussagen. Darüber hinaus sind der Kontext, in den sie gestellt sind, und die Begleitumstände, unter denen sie gefallen sind, zu berücksichtigen, zumindest soweit diese für einen unbefangenen Leser erkennbar geworden sind (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - Rn. 124 ff., BVerfGE 93, 266; BGH 25. März 1997 - VI ZR 102/96 - NJW 1997, 2513). In diesem Rahmen können auch Aussagen Bedeutung gewinnen, die im Gesamtzusammenhang offener Einzelaussagen „versteckt“ sind bzw. „zwischen den Zeilen“ stehen (vgl. BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO). Dies setzt voraus, dass sich die verdeckte Aussage dem angesprochenen Publikum als unabweisbare Schlussfolgerung aufdrängt (zu den Anforderungen im Einzelnen: BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - aaO; BGH 25. November 2003 - VI ZR 226/02 - aaO).

28

(b) Dem Aufruf ist danach nicht nur eine zwar scharfe, aber hinzunehmende Kritik an bestehenden Zuständen zu entnehmen. Die Aussagen sind vielmehr, soweit sie sich auf die gegenwärtigen politischen Verhältnisse beziehen, darauf gerichtet, die Bundesrepublik Deutschland in einer Weise zu diffamieren, dass dies geeignet erscheint, den Bestand des Staates, die Funktionsfähigkeit seiner Einrichtungen und/oder die Friedfertigkeit der Bevölkerung konkret zu gefährden. Zwar lassen einzelne Äußerungen - etwa die über den „Alles über Alles raffenden (…) Staat“ und seine „Handlanger“, über „fettgefressene Bonzen“ und „bundesrepublikanische Politikanstalten“ - bei isolierter Betrachtung noch den Schluss zu, es gehe den Verfassern um eine - wenn auch überspitzte - Missbilligung des Handelns der Regierung, ihrer Mitglieder oder anderer staatlicher Funktionsträger. Einer solchen Deutung widerspricht aber der Kontext, in dem die Äußerungen stehen. Durch das Prädikat „volksverratend“ wird der Staat als der Achtung seiner Bürger unwürdig dargestellt. Durch den Text, „auch die BRD (könnte) Angst davor haben … das Volk erhebt sich eines Tages“ und „das Volk könnte bei einem erneuten Volksaufstand erfolgreich sein und sich das Recht auf Selbstbestimmung erneut erobern wollen“, wird dem Leser zumindest zwischen den Zeilen die Änderung der bestehenden Ordnung auf anderem als demokratisch-parlamentarischem Weg als erwünschte Entwicklung vor Augen geführt. Durch die Ausführungen, es „könnte … gut möglich erscheinen, diesmal wären Tode nicht bei den Demonstranten, sondern vielmehr bei der etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen. - Dem Volk wär´s recht“, wird dazu der gewaltsame Umsturz als Option angesprochen und ersichtlich gebilligt. Dabei handelt es sich, anders als die Revision meint, nicht um eine „überspitzt formulierte Gefahrenanalyse“. Unter Einbeziehung des abschließenden Appells: „Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!“ liegt dies fern. Bei zusammenhängender Betrachtung können die Äußerungen nur als verbrämte Aufforderung zu einem gewaltsamen Umsturz verstanden werden.

29

(2) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass er den Demonstrationsaufruf nicht selbst verfasst sondern sich - mit seinen eigenen Worten gesprochen - auf dessen „technische“ Verbreitung beschränkt hat. Auch dann sind ihm die Aussagen zuzurechnen. Auf seine presserechtliche Verantwortlichkeit kommt es nicht an. Entscheidend für die kündigungsrechtliche Beurteilung ist, dass der Kläger den Aufruf unter Angabe eines auf ihn lautenden Internetabsenders und ohne inhaltliche Distanzierung Dritten zugänglich gemacht und sich damit nach außen hinter dessen Aussagen gestellt hat. Seine erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, er habe den Inhalt der „inkriminierten Mail“ seinerzeit nicht ausreichend beachtet, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Zum einen handelt es sich um neuen, zum anderen um unschlüssigen Sachvortrag. Der Kläger macht nicht deutlich, was im Einzelnen er nicht beachtet habe.

30

(3) Den Zweifeln an der zureichenden Verfassungstreue des Klägers steht nicht entgegen, dass dieser mit der Verbreitung des Aufrufs die Bundesrepublik Deutschland nicht unmittelbar in ihrem Bestand angegriffen hat oder unmittelbar zu einem solchen Angriff angesetzt hat. Das beklagte Land muss sich darauf verlassen können, dass sich seine Bediensteten selbst mittelbar nicht verfassungsfeindlich betätigen, dass sie ihr Handeln an den Grundprinzipien der Verfassung ausrichten und unter allen Umständen das Gewaltmonopol des Staates anerkennen. Dafür bietet der Kläger angesichts seines Verhaltens nicht die erforderliche Gewähr.

31

(4) Auf die Strafbarkeit des Vorgehens kommt es nicht an. Der von § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L iVm. § 241 Abs. 2 BGB, Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Verfassungstreue stehen nicht nur Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung entgegen, die einen Straftatbestand erfüllen.

32

e) Es liegt ein dauerhafter, nicht behebbarer Eignungsmangel vor. Das beklagte Land hat dem Kläger im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 4. Oktober 2007 vor Augen geführt, welche Anforderungen sich aus § 3 TV-L für eine vertragsgerechte Durchführung des Arbeitsverhältnisses ergeben. Das gilt unabhängig davon, ob der Kläger mit dem seinerzeit gerügten Verhalten seine Pflichten aus § 3 Abs. 1 TV-L tatsächlich verletzt hatte. Das objektive (Mindest-)Maß der von ihm aufzubringenden Loyalität ist dem Kläger überdies in mehreren, schon vor der Versendung des „Newsletter“ vom 11. Juni 2009 ergangenen gerichtlichen Entscheidungen vor Augen geführt worden. Da es ihm gleichwohl nicht gelungen ist, sich hierauf einzustellen, steht nicht zu erwarten, dass ihm dies zukünftig gelingen könnte. Seine im Revisionsverfahren schriftsätzlich erklärte Bereitschaft, „fürderhin vom Verbreiten jeglicher Newsletter Abstand zu nehmen, wenn dies für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Auffassung des Revisionsgerichts erforderlich“ sei, genügt dafür nicht. Daraus wird nicht deutlich, dass er bereit und in der Lage ist, von sich aus das notwendige Maß an Verfassungstreue aufzubringen, und er sich von verfassungsfeindlichen Bestrebungen gänzlich fernhalten wird.

33

f) Das Grundrecht des Klägers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG), das bei der Konkretisierung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme zu beachten ist (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 584/04 - Rn. 23, AP BGB § 626 Nr. 198 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 13), ist nicht verletzt. Ihm sind durch die allgemeinen Gesetze Schranken gezogen. Zu diesen zählt die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte und durch § 3 TV-L näher ausgestaltete Verpflichtung des im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers, berechtigte Loyalitätsinteressen des Arbeitgebers zu wahren. Aus den Garantien in Art. 10 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten(EMRK) folgt nichts anderes. Es ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkannt, dass die Verpflichtung zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst der Verfolgung berechtigter Ziele iSd. Art. 10 Abs. 2 EMRK dient. Den innerstaatlichen Behörden und Gerichten steht ein gewisser Ermessensspielraum hinsichtlich der Frage zu, ob eine Maßnahme verhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft, wie von Art. 10 Abs. 2 EMRK gefordert, notwendig ist (EGMR 22. November 2001 - 39799/98 [Volkmer/Deutschland] - zu 1 der Gründe, NJW 2002, 3087; 26. September 1993 - 7/1994/454/535 [Vogt/Deutschland] - Rn. 51, 59 ff., NJW 1996, 375).

34

g) Durch die ausgesprochene Kündigung wird der Kläger nicht iSv. §§ 1, 2 Abs. 1, § 7 AGG benachteiligt. Dabei kann offenbleiben, ob politisches Engagement, soweit darin bestimmte Grundüberzeugungen zum Ausdruck kommen, das Merkmal der „Weltanschauung“ in § 1 AGG erfüllt(bejahend Annuß BB 2005, 1629, 1631; Wisskirchen/Bissels NZA 2007, 169, 172 f.; verneinend für den Begriff der Weltanschauung iSd. Art. 4 Abs. 1 GG: BVerwG 7. Juli 2004 - 6 C 17.03 - zu 3 c ee der Gründe, NJW 2005, 85). Der Kläger ist nicht entlassen worden, weil er eine bestimmte politische Anschauung hat, sondern weil ihm die erforderliche Verfassungstreue für die vertraglich übernommene Tätigkeit fehlt. Auch stellen die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L ergebenden Anforderungen an die Verfassungstreue eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung iSv. § 8 Abs. 1 AGG dar(BAG 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 38, AP BGB § 123 Nr. 69 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 10). Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verlangt kein anderes Verständnis. Das vermag der Senat selbst zu entscheiden.

35

h) Damit liegt ein Kündigungsgrund in der Person des Klägers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Die Pflicht zur Verfassungsloyalität in § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L und die Gewähr ihrer Erfüllung sind Bestandteil der Eignung iSv. Art. 33 Abs. 2 GG. Der öffentliche Arbeitgeber muss keine Arbeitnehmer beschäftigen, die das ihnen abzuverlangende Maß an Verfassungstreue nicht jederzeit aufbringen. Dadurch wird die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gesichert. Des Nachweises weitergehender Beeinträchtigungen des Arbeitsverhältnisses bedarf es nicht.

36

i) Die abschließende Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf die vom Kläger vermisste Berücksichtigung der positiven Bewertung seiner Leistungen in einem Zwischenzeugnis kommt es nicht an. Es steht nicht seine fachliche Leistung, sondern seine Verfassungstreue zur Beurteilung.

37

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Berger    

        

        

        

    Kreft    

        

    Grimberg    

                 

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
sie das 62. Lebensjahr vollendet haben und
2.
schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind.

(2) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben. Für Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
Altersgrenze
JahrMonat
1952
Januar1601
Februar2602
März3603
April4604
Mai5605
Juni-Dezember6606
19537607
19548608
19559609
1956106010
1957116011
195812610
195914612
196016614
196118616
196220618
1963226110

(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

26
bb) Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht und in der Literatur vertretene Auffassung würde jedoch vor allem nicht dem Zweck des § 86 a StGB gerecht, die von der Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation ausgehende gruppeninterne Wirkung zu unterbinden. Neben der werbenden Wirkung nach außen erfüllen Kennzeichen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Ihre Verwendung erlaubt es Gleichgesinnten, einander zu erkennen und sich als eine von den "anderen" abgrenzbare Gruppe zu definieren (BGHSt 47, 354, 359; Hörnle NStZ 2002, 113, 114). Der Gefahr einer gruppeninternen Verwendung des Kennzeichens und einer damit einhergehenden Verfestigung der Bindungen von Gleichgesinnten kann durch eine Auslegung des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die die Verwendung des von der VSBD/PdA gebrauchten stilisierten Keltenkreuzes nur dann unter den Tatbestand subsumiert, wenn ein auch für außenstehende Dritte erkennbarer Bezug des Symbols zu dieser Organisation hergestellt wird, nicht wirksam entgegengetreten werden. Vielmehr liegt es nahe, dass sich gerade Anhänger der verbotenen Organisation die nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Literatur bestehende Möglichkeit, das Kennzeichen auch straflos gebrauchen zu können, für ihre Zwecke zu Nutze machen würden und sich auf diese Weise das verbotene Kennzeichen im politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland wieder als Symbol der VSBD/PdA Organisation etablieren könnte.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident oder die von ihr oder ihm bestimmte Stelle erlässt die Bestimmungen über Dienstkleidung, die bei Wahrnehmung des Amtes üblich oder erforderlich ist.

Ist die erstmalige Ernennung nichtig oder zurückgenommen worden, hat die oder der Dienstvorgesetzte jede weitere Wahrnehmung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Bei Nichtigkeit ist das Verbot erst dann auszusprechen, wenn die sachlich zuständige Behörde es abgelehnt hat, die Ernennung zu bestätigen, oder die Ausnahme nach § 7 Abs. 3 nicht nachträglich zugelassen wird. Die bis zu dem Verbot oder bis zur Zustellung der Erklärung der Rücknahme vorgenommenen Amtshandlungen sind in gleicher Weise gültig, wie wenn eine Beamtin oder ein Beamter sie ausgeführt hätte. Die gezahlte Besoldung kann belassen werden.

(1) In das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit darf nur berufen werden, wer

1.
Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist,
2.
Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt,
3.
die charakterliche, geistige und körperliche Eignung besitzt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat erforderlich ist,
4.
keine unveränderlichen Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit den Vorgaben der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 4 nicht vereinbar sind.

(2) Das Bundesministerium der Verteidigung kann in Einzelfällen Ausnahmen von Absatz 1 Nr. 1 zulassen, wenn dafür ein dienstliches Bedürfnis besteht.

(3) Für Personen, deren erstmalige Berufung in ein Dienstverhältnis als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit beabsichtigt ist, ist eine einfache Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten, das Bewerbungsverfahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt fortzusetzen und die Beklagte zu verpflichten, sie einzustellen.

2

Die Klägerin bewarb sich für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt. Sie absolvierte die Tests und erhielt unter dem 12. Oktober 2015 eine vorläufige Einstellungszusage zum 1. März 2016. Diese vorläufige Einstellungszusage stand unter dem Vorbehalt, dass die Klägerin sämtliche Einstellungsvoraussetzungen erfülle, wozu insbesondere die noch zu prüfende Frage der Polizeidiensttauglichkeit und die der Tätowierungen gehörten.

3

Ausweislich eines Schreibens vom 8. Januar 2016 kam das Polizeiärztliche Zentrum, ärztlicher Gutachterdienst der Landesverwaltung, zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe Polizeidiensttauglichkeit. Unter Bemerkungen ist aufgeführt, Tattoo, siehe medizinische Unterlagen.

4

Die Beklagte beteiligte das Ministerium für Inneres und Sport. In dem am 11. Januar 2016 gesendeten Mail-Schreiben ist ausgeführt, bei der Klägerin seien Tätowierungen im Rahmen der Untersuchung im Polizeiärztlichen Zentrum festgestellt worden. Die Klägerin befinde sich im Moment auf Platz 4 für die LG 2. Welche Unterlagen dem Ministerium für Inneres und Sport zur Verfügung gestellt wurden, ergibt sich nicht aus den Verwaltungsvorgängen.

5

Mit Mail-Schreiben vom 19. Januar 2016 teilte das Ministerium für Inneres und Sport mit, eine Einstellung der Klägerin in den Vorbereitungsdienst der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt werde von Seiten des Ministeriums nicht befürwortet. Die Klägerin verfüge über insgesamt 4 Tätowierungen, wobei 3 durch Tragen der Dienstkleidung verdeckt würden, so dass sie nicht wahrnehmbar seien. Bei der 4. Tätowierung handele es sich um eine Tätowierung, die sich in den beim vorschriftsmäßigen Tragen der Uniform sichtbaren Bereich (Nacken und Hals) erstrecke. Diese Tätowierung im sichtbaren Bereich stehe im Widerspruch zu den Anforderungen an das Erscheinungsbild und die Neutralität eines Polizeivollzugsbeamten, insbesondere der durch die Uniform vorgegebenen und bezweckten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes der Polizeivollzugsbeamten und könne durch das vorschriftsmäßige Tragen der Uniformteile auch nicht verdeckt werden. Die Klägerin werde als persönlich ungeeignet für den Polizeivollzugsdienst und damit ihre Einstellung in den Vorbereitungsdienst als nicht vertretbar erachtet.

6

Mit Bescheid vom 19. Januar 2016 stellte die Beklagte das Bewerbungsverfahren der Klägerin endgültig ein. Zur Begründung verwies sie auf die Tätowierungen.

7

Die Klägerin erhob Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 4. Februar 2016 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das äußere Erscheinungsbild sei Bestandteil der persönlichen Eignung und damit Kriterium bei der Entscheidung über die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. In Sachsen-Anhalt sei im Rahmen des Auswahlverfahrens bei Bewerberinnen, die sichtbare oder verdeckte, aber inhaltlich bedenkliche Tätowierungen tragen würden, im Einzelfall das MI zu beteiligen. Im Polizeibereich würden Tätowierungen akzeptiert, die nicht sichtbar seien oder durch das vorschriftsmäßige Tragen der Uniformteile verdeckt werden könnten. Vorhandene, auch nicht sichtbare, Tätowierungen dürften generell nicht gegen die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuelle, diskriminierende, gewaltverherrlichende oder ähnliche Motive darstellen. Dabei sei schon im Einstellungsverfahren für den Polizeivollzugsdienst zu berücksichtigen, dass Polizeivollzugsbeamte Uniform tragen und dabei ein angemessenes Erscheinungsbild zu wahren hätten. Denn die Uniform sei ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Individualität des Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktrete. Dieser durch die Uniform vermittelte Eindruck der Neutralität könne durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebe und aus dem Rahmen des Üblichen falle. Die Klägerin verfüge über insgesamt vier Tätowierungen, wovon drei durch das Tragen der Dienstkleidung verdeckt würden. Bei der 4. Tätowierung handelte es sich um eine Tätowierung, die sich in den auch beim vorschriftsmäßigen Tragen der Uniform sichtbaren Bereich erstrecke. Es handele sich um den oberen Teil eines Katzengesichts. Diese Tätowierung könne beim vorschriftsmäßigen Tragen der Dienstkleidung nicht vollständig verdeckt werden. Bei einer hinter der Klägerin stehenden Person mit Blickrichtung in Nackenhöhe entstehe zwangsläufig der – bei dieser Tätowierung wohl auch gewünschte Effekt – von einer Katze betrachtet zu werden. Die Tätowierung sei keinesfalls als dezenter und unauffälliger Körperschmuck anzusehen und stehe damit im Widerspruch zu den Anforderungen an das Erscheinungsbild und die Neutralität eines Polizeivollzugsbeamten. Auch der Vortrag, die Tätowierung werde durch die langen Haare der Klägerin verdeckt, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Immer dann, wenn aus Sicherheitsgründen die Haare hochzustecken seien, werde die Tätowierung im Nackenbereich auch sichtbar sein. Im Übrigen könnte die Klägerin jederzeit ihre Haare auch kürzer tragen. Bei der Betrachtung sei daher allein darauf abzustellen, in welchem Umfang Tätowierungen durch die Dienstkleidung verdeckt werden können. Da diese Tätowierung im sichtbaren Bereich sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Wirkung in Kontrast zu der durch die Uniform vorgegebenen bezweckten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes der Polizeivollzugsbeamten stehe, biete sie schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte für entsprechende Nachfragen oder zumindest für Diskussionen, die im Ergebnis dazu führen könnten, die betreffende Polizeivollzugsbeamtin wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder ihr zumindest mit Misstrauen zu begegnen. Folglich sei die Voraussetzung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis gemäß § 4 Nr. 5 PolLVO LSA nicht erfüllt.

8

Die Klägerin hat am 12. Februar 2016 beim erkennenden Gericht Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

9

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie erfülle die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 PolLVO LSA; insbesondere erscheine sie für die angestrebte Laufbahn geeignet. Dem stehe die im Nackenbereich vorhandene Tätowierung nicht entgegen. Die Tätowierung sei – wie auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede stelle – inhaltlich nicht bedenklich. Ihr könne wegen dieser Tätowierung nicht die Eignung abgesprochen werden. Das greife in ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Das sei nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und könne die Ablehnung der Einstellung nur rechtfertigen, wenn die gestellten Anforderungen geeignet und aus dienstlichen Gründen erforderlich seien. Insbesondere müsste die mit der Uniformpflicht verfolgte Zielsetzung gefördert und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen gewahrt werden. Hieran fehle es, wenn das Erscheinungsbild den Rahmen des Üblichen in der pluralistischen Gesellschaft nicht überschreite. Dabei dürfe sich der Dienstherr auch einem Wandel der Anschauungen über die Äußerlichkeiten nicht verschließen. Lege man das zugrunde, so könne ihre Tätowierung nicht beanstandet werden.

10

Die Klägerin beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Bewerbungsverfahren fortzusetzen und sie einzustellen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid. Regelungen über das äußere Erscheinungsbild seien allgemein durch einen nicht veröffentlichten Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016 geregelt worden. Nach diesem Erlass, der überschrieben ist mit „Persönliches Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten des Landes Sachsen-Anhalt im Dienst“, sei die Tätowierung der Klägerin unzulässig. Die dementsprechende Regelung finde sich unter Nr. 4, wonach Körperschmuck, wozu Tätowierungen gehörten, im Bereich des Halses im Dienst nicht sichtbar sein dürften. Zudem müsste großflächiger Körperschmuck von der Uniform oder von ziviler Kleidung - außer im Dienstsport - vollständig verdeckt sein.

15

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Tätowierung der Klägerin in Augenschein genommen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet.

18

Die Klägerin verfügt über einen Anspruch auf Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens. Die Ablehnung, sie einzustellen und die Beendigung des Bewerbungsverfahrens, hält gerichtlicher Prüfung nicht stand (dazu nachstehend 1.). Das Gericht ist aber noch nicht in der Lage, die Beklagte zur Einstellung zu verpflichten, weil noch nicht feststeht, dass alle Einstellungsvoraussetzungen zum Einstellungstermin gegeben sind (dazu nachstehend 2.).

19

1. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist Art. 33 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Zugang zu jedem öffentlichen Amt. An dieser Regelung ist auch die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst zu messen. Näher geregelt sind die Einstellungsvoraussetzungen in § 4 der Verordnung über die Laufbahnen im Polizeivollzugsdienst für das Land Sachsen-Anhalt vom 25. August 2010 (GVBl. LSA S. 468), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. März 2016 (GVBl. LSA S. 164) – PolLVO LSA -. Streitig zwischen den Beteiligten ist hier ausschließlich, ob die Klägerin § 4 Nr. 5 PolLVO LSA erfüllt, wonach in das Beamtenverhältnis eingestellt werden kann, wer nach der Gesamtpersönlichkeit für die angestrebte Laufbahn geeignet erscheint. Dieses Merkmal wird von der Beklagten allein aufgrund der im Nackenbereich der Klägerin vorhandenen Tätowierung verneint. Diese Beurteilung der Beklagten hält gerichtlicher Überprüfung nicht stand.

20

a. Zwar besitzt der Dienstherr eine Beurteilungsermächtigung nach dem ihm und nicht den Verwaltungsgerichten die Eignungseinschätzung, d. h. die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt obliegt. Die Eignungseinschätzung kann von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Zur Ablehnung der Einstellung genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn daran, ob der Beamte die Eignung besitzt, die für die Ernennung notwendig ist (vgl. hierzu und zum Vorigen VGH Mannheim, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 4 S 1914/15 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Zweifel dürfen aber nicht auf Umstände gestützt werden, die einem bereits im Dienst befindlichen Beamten nicht zum Nachteil gereichen dürfen. Das bedeutet auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen, die Einstellung der Klägerin darf nicht aufgrund einer Tätowierung abgelehnt werden, die bei einem bereits ernannten Beamten vom Dienstherrn hingenommen würde oder hinzunehmen wäre.

21

Zu den beamtenrechtlichen Kernpflichten gehört die Pflicht, dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Auf diese Norm kann allerdings die Beklagte die Beendigung des Bewerbungsverfahrens nicht stützen. Die Kammer muss dabei nicht der von der Klägerin aufgeworfenen Frage nachgehen, ob die Anforderungen aus der von der Beklagten angeführten Richtlinie vom 1. Februar 2016 auf die Klägerin tatsächlich anwendbar sind. Das ist durchaus zweifelhaft. Diese - während des Bewerbungsverfahrens erlassene - Richtlinie stellt erstmals Anforderungen an Tätowierungen von Polizeibeamten des Landes Sachsen-Anhalt. Aus ihr können Anforderungen folgen, die strenger sind als diejenigen, die zuvor gestellt wurden. Änderungen der Auswahlkriterien sind aber innerhalb eines Auswahlverfahrens grundsätzlich unzulässig. Welche Anforderungen der Dienstherr an ein ausgeschriebenes Amt stellt, hat er in der Ausschreibung zu konkretisieren. Dasselbe gilt auch, wenn eine Ausschreibung nicht erfolgt, aber Bewerbungen erbeten werden. Jedenfalls verpflichtet die Gehorsamspflicht einen Beamten nur dazu, bereits ergangene Weisungen zu beachten. Der Dienstherr darf umgekehrt keine Weisungen erlassen, die nur einzuhalten sind, wenn der Beamte ein bestimmtes - damals aber nicht durch eine Weisung gebotenes - Verhalten in der Vergangenheit an den Tag gelegt hat.

22

Jedenfalls vermag die – angenommene – Weisung, kein Tattoo wie das der Klägerin zu tragen, gegenüber Polizeibeamten keine Bindungswirkung zu erzeugen. Eine solche Anordnung des Ministeriums für Inneres und Sport als vorgesetzte Behörde verletzt Beamte in ihrem Persönlichkeitsrecht und ist deshalb auch nicht bindend.

23

b. Das Verbot des Tragens im Dienst sichtbarer Tätowierungen im Bereich des Halses in Nr. 4.1 und 4.2 des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016, Zeichen 23/25-01512, greift in das Recht der betroffenen Beamten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ein. Es beschränkt deren von Art. 2 Abs. 1 GG umfasstes Recht, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – BVerwG 2 C 3.05 – juris Rn. 15 m.w.N.). Das Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Daher kann es aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das den Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes entspricht und inhaltlich hinreichend bestimmt ist, wenn der Eingriff auf Gründe des Gemeinwohls gestützt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 17).

24

An einer solchen Rechtsgrundlage fehlt es hier. Das Beamtengesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2015 (GVBl. LSA S. 314), – LBG LSA – enthält keine Ermächtigung an das Ministerium für Inneres und Sport, das äußere Erscheinungsbild der Polizeibeamten zu regeln. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Dienstkleidung. Mit der Dienstkleidung beschäftigten sich § 60, § 109 und § 110 LBG LSA. Keine dieser Vorschriften verschafft dem Ministerium für Inneres und Sport eine Regelungsbefugnis. § 60 LBG LSA, der mit Dienstkleidungsvorschriften überschrieben ist, sieht lediglich vor, dass Beamtinnen und Beamte verpflichtet sind, Dienstkleidung zu tragen, wenn dies bei der Ausübung des Dienstes üblich oder erforderlich ist. § 109 LBG LSA setzt die Pflicht, Dienstkleidung zu tragen, für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte voraus und verpflichtet sie zudem, eine Dienstausrüstung zu tragen. Nach § 110 Abs. 1 LBG LSA erhalten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte die Bekleidung und die Ausrüstung, die die besondere Art ihres Dienstes erfordert. Aus letzterer Vorschrift kann zwar noch abgeleitet werden, dass die von dem Dienstherrn zur Verfügung gestellte Dienstkleidung nach § 60 LBG LSA auch von einer Polizeivollzugsbeamtin zu tragen ist. Darüber hinausgehende Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild ergeben sich hieraus aber nicht. Eine Regelungsbefugnis des Ministeriums für Inneres und Sport oder einer anderen Behörde hinsichtlich der Gestaltung der Dienstkleidung oder einer Uniformpflicht ist im Gesetz nicht enthalten. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage in Sachsen-Anhalt von der in anderen Bundesländern. Die Rechtsprechung zu diesen anderen Beamtengesetzen ist daher auch nicht auf das Land Sachsen-Anhalt übertragbar. In anderen Landesrechten ist eine ausdrückliche Ermächtigung enthalten, dass eine bestimmte Behörde nähere Vorschriften über die Dienstkleidung erlässt.

25

Nach § 55 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg vom 9. November 2010 (GBl. S. 793), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2015 (GBl. S. 1210), sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, nach näherer Bestimmung ihrer obersten Dienstbehörde Dienstkleidung und Dienstrangabzeichen zu tragen, wenn es ihr Amt erfordert. Für Beamtinnen und Beamte des Landes erlässt die jeweilige oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium diese Bestimmungen. Nach § 45 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009 (GV.NRW. S. 244), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2015 (GV.NRW. S. 938), - LBG NRW - erlässt die Landesregierung die Bestimmungen über Dienstkleidung, die bei Ausübung des Amtes üblich oder erforderlich ist. Sie kann die Ausübung dieser Befugnis auf andere Stellen übertragen. § 113 Abs. 1 LBG NRW sieht vor, dass Polizeivollzugsbeamte Anspruch auf unentgeltliche Ausstattung mit der Bekleidung und Ausrüstung, die die besondere Art des Dienstes erfordert, haben. Das Nähere regelt das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium. § 59 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Februar 2016 (GVBl. S. 37), verpflichtet Beamtinnen und Beamte, Dienstkleidung zu tragen, wenn es ihr Amt erfordert. Die näheren Vorschriften hierzu erlässt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die oberste Dienstbehörde. Dasselbe galt nach § 84 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 14. Juli 1970, das mittlerweile aufgehoben ist.

26

Die Regelungen durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016 können - so wie erlassen - auch auf keine andere Vorschrift des Beamtengesetzes gestützt werden. Das gilt jedenfalls soweit ihr das hier streitige Verbot der Tätowierung der Klägerin entnommen wird. Diese Tätowierung hat keinen Inhalt, der für sich bedenklich wäre. Zwar lässt sich das Verbot von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt, die Zweifel an der Verfassungstreue eines (zukünftigen) Beamten erwecken würden, oder gewaltverherrlichender Abbildungen, die im deutlichen Gegensatz zu den Aufgaben eines Polizeibeamten stehen, durch andere Regelungen rechtfertigen. Das gilt aber nicht für die hier streitige Abbildung eines Katzengesichts. Dieser Abbildung schreibt auch die Beklagte keinen bedenklichen Inhalt zu.

27

Die allgemeine Gehorsamspflicht ist nicht geeignet, als Rechtsgrundlage für den Erlass von Regelungen über Tätowierungen zu dienen. Das ergibt sich schon aus der Doppelnatur der Regelungen, die sich insoweit nicht darauf beschränkt, den Polizeibeamten Vorschriften für den Dienst zu machen, sondern auch in das Privatleben und die dort geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit übergreift. Das Verbot des Tragens von Körperschmuck, insbesondere einer Tätowierung, ist nicht nur auf den Dienst beschränkt. Eine Tätowierung ist dauerhaft; sie kann nicht während des Dienstes entfernt werden. Insofern unterscheiden sich Regelungen über Tätowierungen z.B. von einer Weisung, bestimmte Schmuckstücke während des Dienstes nicht zu tragen. Die Gehorsamspflicht des Beamten ist aber auf seine dienstliche Tätigkeit begrenzt. Außerdienstlich hat er nur die für alle geltenden allgemeinen Gesetze und solche spezifischen beamtenrechtlichen Regeln zu beachten, die gerade oder zumindest auch Pflichten im außerdienstlichen Bereich begründen.

28

Im Übrigen wäre die gesetzliche Regelung der beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht auch nicht in der Lage, den inhaltlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts zu genügen. Nach dem Gesetzesvorbehalt ist der parlamentarische Gesetzgeber im Hinblick auf Rechtstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichtet, in grundlegenden, insbesondere grundrechtlich relevanten Bereichen, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Vor diesem Maßstab lässt sich der Gehorsamspflicht kein Inhalt entnehmen, was ein Beamter zu tun oder zu lassen hat. Die Gehorsamspflicht wird aufgefüllt durch die Weisung des Vorgesetzten, deren Inhalt sich aber nicht selbst auf die Gehorsamspflicht, sondern auf dienstliche Notwendigkeiten oder andere Vorschriften zurückführen lässt. Die Entscheidung trifft damit der Vorgesetzte und nicht der Gesetzgeber.

29

c. Selbst wenn man, entgegen dem vorher ausgeführten, eine Rechtsgrundlage für den Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2015 annehmen würde, wäre die Regelung, die zum Ausschluss der Klägerin im Bewerbungsverfahren führen würde, nicht wirksam. Eine Beschränkung des Erscheinungsbildes uniformierter Polizeibeamter ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgte Zielsetzung zu fördern und die Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt. Auch bei dieser Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht der obersten Dienstbehörde ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 21). Beschränkt sich die Vorgabe auf die Dienstzeit und hat sie keine Rückwirkungen auf das Erscheinungsbild außerhalb des Dienstes, ist der Eingriffsgehalt gering und die Einschätzung der obersten Dienstbehörde kann dann nur noch auf offensichtliche Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Anders ist es bei Regelungen, die auch die private Lebensführung beeinflussen. Hierzu gehört eine Regelung über den Körperschmuck, insbesondere über das Aussehen und die Lage von Tätowierungen. Sie nehmen den Beamten damit die Möglichkeit, eigenverantwortlich darüber zu bestimmen, wie sie als Privatperson wahrgenommen werden wollen. Der Zwang zu einem unerwünschten, vielleicht sogar innerlich abgelehnten Aussehen, kann das psychische und soziale Wohlbefinden beeinträchtigen. Zudem kann eine Tätowierung so getragen werden, dass sie anderen sofort ins Auge springt. Sie kann den Eindruck Dritter prägen und ihr Verhalten bestimmen, auch wenn das bei der hier zu prüfenden Tätowierung nicht in gleicher Weise zwangsläufig ist, wie bei der Haar- und Barttracht. In solchen Fällen muss die Einschätzung der obersten Dienstbehörde, Vorgaben für den Körperschmuck seien aus dienstlichen Gründen geeignet und erforderlich, auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein (vgl. zur Haar- und Barttracht BVerwG a.a.O., Rn. 22). Nach diesem Maßstab hat das Ministerium für Inneres und Sport durch die Einführung der allgemeinen Regelung in 4.1 und 4.2 in dem Erlass vom 1. Februar 2016 die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten. Diese Regelung geht in dieser Allgemeinheit zu weit, um noch durch dienstliche Erfordernisse gerechtfertigt zu sein. Es liegt fern anzunehmen, das Verbot jeglicher Tätowierung im Bereich des Halses sei unabhängig von der jeweiligen Erscheinungsform als flankierende Maßnahme geboten, um die Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen sowie das Ansehen und das Vertrauen, das die Polizei in der Bevölkerung genießt, zu unterstützen. Tatsächlich ist von folgendem auszugehen:

30

Die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Dienstkleidung (Uniform) zu tragen, ist vor allem durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Die Uniform ist insoweit sichtbares Zeichen für die Eigenschaft als Polizeivollzugsbeamter und für die damit verbundenen hoheitlichen Befugnisse. Dieser Zweck wird aber regelmäßig bereits vollumfänglich durch das Tragen der Uniform erreicht. Ein Verbot von Tätowierungen am Hals ist für sich genommen weder geeignet noch erforderlich, um diese Legitimationsfunktion der Uniform zu gewährleisten oder aufrechtzuerhalten. Zudem soll die Uniform die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen. Sie soll sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeibeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Solche Erscheinungsformen, die geeignet sind, die Neutralitätsfunktion der Uniform in Frage zu stellen, kann vom Dienstherrn – bei Vorliegen einer geeigneten Ermächtigungsgrundlage – durch generelle und einheitliche Vorgaben untersagt werden. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 25). Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen durch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernstgenommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Nur unter diesen Voraussetzungen können uniformierte Polizeibeamte verpflichtet werden, auf ein bestimmtes Erscheinungsbild zu verzichten (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 26).

31

Es entspricht nicht allgemeinem Konsens, aus dem Vorhandensein von Tätowierungen Rückschlüsse auf gesellschaftliche Haltungen und Einstellungen schließen zu können. Tätowierungen haben sich in neuerer Zeit in allen Gesellschaftskreisen verbreitet. Während in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg Tätowierungen auf bestimmte Bevölkerungskreise, insbesondere auf Seeleute und (ehemalige) Strafgefangene, begrenzt waren, ist die Tätowierung mittlerweile eine Modeerscheinung geworden. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder bestimmte Einstellungen werden insofern – wenn überhaupt – nicht mehr durch eine Tätowierung oder eine Tätowierung an bestimmten Stellen, sondern nur noch durch die gewählten Motive ausgedrückt. Der Bevölkerungsanteil der Tätowierten ist zwar je nach Altersgruppe unterschiedlich, die Zahl ist mittlerweile aber so groß, dass damit längst die "Mitte" der Gesellschaft erreicht ist. In der Altersgruppe der Klägerin (16 bis 29-jährige) sind etwa 24 % tätowiert, in Ostdeutschland beträgt der Anteil 41 % (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbacher Kurzbericht - 8. Juli 2014 „Tattoos und Piercings gefallen vor allem Jüngeren“ http://www.ifd-allensbach.de/uploads/tx_reportsndocs/PD_2014_12.pdf). Zu dieser Verbreitung haben auch Prominente wie Pop-Stars und Sportler beigetragen, die Tattoos nicht nur in den einschlägigen Zeitschriften vorführen, sondern auch so haben stechen lassen, dass diese bei der sportlichen oder künstlerischen Aktivität zur Geltung kommen. Eine allgemeine Ablehnung der Träger solcher Tattoos in der Bevölkerung ist nicht festzustellen, mit Ausnahme von solchen Tätowierungen, die das Gesicht oder den oberen Teil des Kopfes bedecken. Dass ein Großteil der älteren Bevölkerung für sich eine Tätowierung ablehnt, vermag an dem Befund nichts zu ändern. Die Häufigkeit von Tätowierungen korreliert mit dem Alter, wobei jüngere Personen typischerweise häufiger tätowiert sind (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach a.aO.). Das Ergebnis des Instituts für Demoskopie Allensbach entspricht auch der Lebenserfahrung der Mitglieder der Kammer. Der Erstellung einer repräsentativen Studie unter Darlegung der Methodik bedarf es deshalb nicht. Aufgrund dieses Befundes muss die Kammer auch nicht mehr der Frage nachgehen, ob der Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport eine mittelbare Altersdiskriminierung bewirkt, weil Ältere weniger häufig tätowiert sind und deshalb auch deutlich weniger Probleme mit bereits vorhandenen Tätowierungen haben können.

32

d. Die Ablehnung der Klägerin beruht zudem noch auf einer Interpretation des Erlasses vom 1. Februar 2016, die im Wortlaut keine Stütze findet. Obwohl es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt und auch eine Auslegung durch die erlassende Behörde, das Ministerium für Inneres und Sport vorgenommen worden ist, hat das Gericht das Ergebnis hier anhand der Verwaltungsvorschrift zu prüfen. Zwar unterliegen Verwaltungsvorschriften im Regelfall nicht der gerichtlichen Auslegung. Das Gericht hat vielmehr nur zu beurteilen, ob die Auslegung, die die letztlich entscheidende Verwaltungsbehörde gefunden hat, mit dem Gesetz vereinbar ist. Dieser Grundsatz gilt aber nur für ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, bei denen das Gericht letztlich nach dem Maßstab des § 114 VwGO das Ermessensergebnis zu überprüfen hat. Anders ist es schon in Fällen der norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, weil die Kompetenz zur bindenden Auslegung von Gesetzen den Gerichten und nicht der Verwaltung zugewiesen ist. In Fällen, in denen eine Verwaltungsvorschrift weder das Ermessen lenkt noch eine Norm interpretiert, sondern von einer durch Gesetz geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, Regelungen selbst zu schaffen, unterliegt die Verwaltungsvorschrift der gerichtlichen Interpretation. Denn in solchen Fällen wird schon der Maßstab des Verwaltungshandelns von ihr selbst bestimmt. Sie und nicht der Gesetzgeber regeln die Rechte und Pflichten sowohl der handelnden Behörde als auch des Betroffenen. Solche Regeln, die vom Gesetz abweichen oder eine Rechtsnorm ersetzen, müssen sich dann auch an den Grundsätzen für Rechtsnormen messen lassen. Der durch eine solche Verwaltungsvorschrift Betroffene muss aus ihr selbst entnehmen können, was gelten soll. Nur so kann er sein Verhalten darauf einrichten. Nr. 4.2 des Erlasses vom 1. Februar 2016 fordert nur, dass im Bereich des Halses Körperschmuck, wozu nach Nr. 4.1 des Erlasses vom 1. Februar 2016 auch Tätowierungen gehören, im Dienst nicht sichtbar sein darf. Eine Verdeckung durch die Uniform wird - anders als z.B. in Nr. 4.5 des Erlasses vom 1. Februar 2016 - dagegen nicht gefordert. Wie sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung überzeugt hat, ist die Tätowierung der Klägerin aus keinem Blickwinkel sichtbar, wenn sie ihre Haare offen trägt. Das genügt zu einer vollständigen Bedeckung. Werden die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, ist von der Seite erkennbar, dass sich eine Tätowierung am Hals befindet, jedenfalls wenn die Klägerin sich nicht bewegt und der Betrachter Kenntnis von der Tätowierung hat. Das Motiv ist nicht erkennbar und vermag auch keinen Effekt – wie den im Bescheid beschriebenen – zu erzeugen.

33

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Tätowierung sichtbar werde, wenn die Klägerin entweder die Haare hochstecken oder sehr kurz schneiden lassen würde, kann sie sich nicht auf den Erlass vom 1. Februar 2016 berufen. Denn dieser stellt auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf Möglichkeiten ab. Bei Wirksamkeit des Erlasses läge es nämlich näher anzunehmen, der Klägerin wäre es im Dienst untersagt, die Haare hochzustecken und – soweit eine solche Einschränkung vor Art. 2 GG Bestand hätte – ihr wäre auch untersagt, die Haare so kurz zu tragen, dass sie keine Verdeckungswirkung mehr haben. Die Verdeckungswirkung der Polizeiuniform ist in Nr. 4.2 des Erlasses vom 1. Februar 2016 nicht angesprochen. Die Beklagte vermag auch nicht aufzuzeigen, welche Uniform für die Beurteilung der Frage heranzuziehen sein soll und warum das die maßgebliche für die Frage der Einstellung sein soll, zumal im Falle einer Einstellung bei einer unterstellten Dienstzeit der Klägerin bis zur Altersgrenze mit Änderungen der Uniform zu rechnen wäre.

34

Auch wenn die Frage in der mündlichen Verhandlung nicht vollständig geklärt werden konnte, vermochte die Beklagte zudem kein realistisches Szenario aufzuzeigen, bei dem die Autorität einer Polizeibeamtin durch das Nackentattoo gefährdet wäre. Die Klägerin könnte zwar gezwungen sein, die Haare aufzustecken, um einen Schutzhelm zu tragen. Das ist eine besondere Situation, weil Polizeibeamte eine solche Ausrüstung voraussichtlich nur in geschlossenen Einsätzen benötigen. Die Schutzausrüstung wird benötigt, weil die Autorität der Polizei ohnehin schon stark in Zweifel gezogen wird, weshalb es entweder der Androhung oder dem Einsatz von unmittelbarem Zwang in erheblichem Umfang bedarf. Zudem spricht sehr wenig für eine Situation, in der aufgrund der Bedrohungslage ein Schutzhelm für die eingesetzten Polizeibeamten erforderlich ist, ein Nackenschutz dagegen nicht erforderlich erscheint. Das dementsprechende Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erscheint eher ein theoretisches Szenario zu sein, mit dessen Eintreten aber ernstlich nicht gerechnet werden kann.

35

2. Das Gericht vermochte eine Verpflichtung zur Einstellung der Klägerin nicht auszusprechen. Sie kann aufgrund des bisherigen Zeitablaufs – wie auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – nicht unmittelbar eingestellt und der Ausbildungskohorte März 2016 zugeteilt werden. Für diesen Einstellungstermin ist zwar noch mindestens eine Stelle für einen Widerrufsbeamten vorhanden. Die Beklagte hat nicht alle Stellen besetzt und musste deshalb auch kein Konkurrentenverfahren ermöglichen. Eine Einstellung zum jetzigen Zeitpunkt scheidet aber aus, weil der Zweck des Vorbereitungsdienstes – die ordnungsgemäße Ausbildung – nicht mehr erreichbar erscheint. Die Ausbildung ist nämlich mittlerweile zu weit fortgeschritten, um den Ausbildungsvorsprung der übrigen Anwärter noch einholen zu können und letztlich die Laufbahnprüfung zu bestehen.

36

Bei Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens kann die Klägerin aber zum nächsten Einstellungstermin, voraussichtlich dem 1. September 2016, eingestellt werden. Da die am 1. März 2016 ausgeschriebenen Stellen noch nicht vollständig besetzt sind, kann die Klägerin auf einer dieser Stellen eingestellt werden. Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung, welche Rechtsfolgen aus der rechtswidrigen Ablehnung sich im Übrigen ergeben würden und ob die Klägerin im nächsten Einstellungstermin im Rahmen der dort zu erstellenden Rangliste einen Platz erreichen würde, der zur Einstellung führt. Die Sache ist aber noch nicht spruchreif, weil zumindest theoretisch denkbar die bereits geprüften Einstellungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 1 bis 3 PolLVO LSA bis zum Einstellungszeitpunkt entfallen könnten.

37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Unterliegen der Klägerin ist so geringfügig, dass sich eine Kostenauferlegung in vollem Umfang auf die Beklagte rechtfertigt. Der Anspruch auf Einstellung ist nur deshalb durch das Gericht abgelehnt worden, weil theoretisch bis zum nächsten Einstellungstermin geprüfte und bejahte Einstellungsvoraussetzungen noch wegfallen könnten. Für eine solche Situation gibt es aber bisher noch keine Anhaltspunkte.

38

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident oder die von ihr oder ihm bestimmte Stelle erlässt die Bestimmungen über Dienstkleidung, die bei Wahrnehmung des Amtes üblich oder erforderlich ist.

Verlangt der Eigentümer nach § 10 Abs. 2 des Bundesleistungsgesetzes vom 19. Oktober 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 815) oder nach § 15 Abs. 1 des Schutzbereichgesetzes vom 7. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 899) die Entziehung des Eigentums oder ein anderer Berechtigter nach § 15 Abs. 2 des Schutzbereichgesetzes die Entziehung des Rechts, so gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Enteignung und Entschädigung mit der Maßgabe entsprechend, daß an Stelle des Antrags nach § 11 dieses Gesetzes das Verlangen des Eigentümers oder des in § 15 Abs. 2 des Schutzbereichgesetzes bezeichneten Berechtigten tritt.

(1) Der Besitzeinweisungsbeschluß muß enthalten

1.
die Bezeichnung der durch die Besitzeinweisung Betroffenen, des Bundes als Antragsteller und des Eingewiesenen sowie des Zweckes, für den die Enteignung vorgesehen ist;
2.
die Bezeichnung des Gegenstands der Besitzeinweisung; hierbei soll
a)
das von der Enteignung betroffene Grundstück nach Größe, grundbuchmäßiger, katastermäßiger oder sonst üblicher Bezeichnung angegeben werden; im Fall der Enteignung eines Grundstücksteils ist bei der Besitzeinweisung die Begrenzung dieses Teiles zu beschreiben;
b)
soweit ein Recht an einem Grundstück (§ 12 Abs. 1) Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach Inhalt und grundbuchmäßiger Bezeichnung angegeben werden;
c)
soweit ein sonstiges Recht im Sinne des § 12 Abs. 1 Buchstabe b Gegenstand einer selbständigen Enteignung sein soll, dieses nach seinem Inhalt und dem Grund seines Bestehens angegeben werden;
3.
die Entscheidung über die gegen den Besitzeinweisungsbeschluß erhobenen Einwendungen der durch die Besitzeinweisung Betroffenen;
4.
die Festsetzung einer Besitzeinweisungsentschädigung;
5.
den Zeitpunkt, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird.

(2) Der Besitzeinweisungsbeschluß ist dem Betroffenen, dem Bund als Antragsteller und dem Eingewiesenen zuzustellen. Er ist mit einer Rechtsmittelbelehrung und einer Belehrung über das Antragsrecht nach § 41 zu versehen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten, das Bewerbungsverfahren für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt fortzusetzen und die Beklagte zu verpflichten, sie einzustellen.

2

Die Klägerin bewarb sich für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst 2. Laufbahngruppe, 1. Einstiegsamt. Sie absolvierte die Tests und erhielt unter dem 12. Oktober 2015 eine vorläufige Einstellungszusage zum 1. März 2016. Diese vorläufige Einstellungszusage stand unter dem Vorbehalt, dass die Klägerin sämtliche Einstellungsvoraussetzungen erfülle, wozu insbesondere die noch zu prüfende Frage der Polizeidiensttauglichkeit und die der Tätowierungen gehörten.

3

Ausweislich eines Schreibens vom 8. Januar 2016 kam das Polizeiärztliche Zentrum, ärztlicher Gutachterdienst der Landesverwaltung, zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestehe Polizeidiensttauglichkeit. Unter Bemerkungen ist aufgeführt, Tattoo, siehe medizinische Unterlagen.

4

Die Beklagte beteiligte das Ministerium für Inneres und Sport. In dem am 11. Januar 2016 gesendeten Mail-Schreiben ist ausgeführt, bei der Klägerin seien Tätowierungen im Rahmen der Untersuchung im Polizeiärztlichen Zentrum festgestellt worden. Die Klägerin befinde sich im Moment auf Platz 4 für die LG 2. Welche Unterlagen dem Ministerium für Inneres und Sport zur Verfügung gestellt wurden, ergibt sich nicht aus den Verwaltungsvorgängen.

5

Mit Mail-Schreiben vom 19. Januar 2016 teilte das Ministerium für Inneres und Sport mit, eine Einstellung der Klägerin in den Vorbereitungsdienst der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt werde von Seiten des Ministeriums nicht befürwortet. Die Klägerin verfüge über insgesamt 4 Tätowierungen, wobei 3 durch Tragen der Dienstkleidung verdeckt würden, so dass sie nicht wahrnehmbar seien. Bei der 4. Tätowierung handele es sich um eine Tätowierung, die sich in den beim vorschriftsmäßigen Tragen der Uniform sichtbaren Bereich (Nacken und Hals) erstrecke. Diese Tätowierung im sichtbaren Bereich stehe im Widerspruch zu den Anforderungen an das Erscheinungsbild und die Neutralität eines Polizeivollzugsbeamten, insbesondere der durch die Uniform vorgegebenen und bezweckten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes der Polizeivollzugsbeamten und könne durch das vorschriftsmäßige Tragen der Uniformteile auch nicht verdeckt werden. Die Klägerin werde als persönlich ungeeignet für den Polizeivollzugsdienst und damit ihre Einstellung in den Vorbereitungsdienst als nicht vertretbar erachtet.

6

Mit Bescheid vom 19. Januar 2016 stellte die Beklagte das Bewerbungsverfahren der Klägerin endgültig ein. Zur Begründung verwies sie auf die Tätowierungen.

7

Die Klägerin erhob Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 4. Februar 2016 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, das äußere Erscheinungsbild sei Bestandteil der persönlichen Eignung und damit Kriterium bei der Entscheidung über die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. In Sachsen-Anhalt sei im Rahmen des Auswahlverfahrens bei Bewerberinnen, die sichtbare oder verdeckte, aber inhaltlich bedenkliche Tätowierungen tragen würden, im Einzelfall das MI zu beteiligen. Im Polizeibereich würden Tätowierungen akzeptiert, die nicht sichtbar seien oder durch das vorschriftsmäßige Tragen der Uniformteile verdeckt werden könnten. Vorhandene, auch nicht sichtbare, Tätowierungen dürften generell nicht gegen die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuelle, diskriminierende, gewaltverherrlichende oder ähnliche Motive darstellen. Dabei sei schon im Einstellungsverfahren für den Polizeivollzugsdienst zu berücksichtigen, dass Polizeivollzugsbeamte Uniform tragen und dabei ein angemessenes Erscheinungsbild zu wahren hätten. Denn die Uniform sei ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Individualität des Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktrete. Dieser durch die Uniform vermittelte Eindruck der Neutralität könne durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebe und aus dem Rahmen des Üblichen falle. Die Klägerin verfüge über insgesamt vier Tätowierungen, wovon drei durch das Tragen der Dienstkleidung verdeckt würden. Bei der 4. Tätowierung handelte es sich um eine Tätowierung, die sich in den auch beim vorschriftsmäßigen Tragen der Uniform sichtbaren Bereich erstrecke. Es handele sich um den oberen Teil eines Katzengesichts. Diese Tätowierung könne beim vorschriftsmäßigen Tragen der Dienstkleidung nicht vollständig verdeckt werden. Bei einer hinter der Klägerin stehenden Person mit Blickrichtung in Nackenhöhe entstehe zwangsläufig der – bei dieser Tätowierung wohl auch gewünschte Effekt – von einer Katze betrachtet zu werden. Die Tätowierung sei keinesfalls als dezenter und unauffälliger Körperschmuck anzusehen und stehe damit im Widerspruch zu den Anforderungen an das Erscheinungsbild und die Neutralität eines Polizeivollzugsbeamten. Auch der Vortrag, die Tätowierung werde durch die langen Haare der Klägerin verdeckt, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Immer dann, wenn aus Sicherheitsgründen die Haare hochzustecken seien, werde die Tätowierung im Nackenbereich auch sichtbar sein. Im Übrigen könnte die Klägerin jederzeit ihre Haare auch kürzer tragen. Bei der Betrachtung sei daher allein darauf abzustellen, in welchem Umfang Tätowierungen durch die Dienstkleidung verdeckt werden können. Da diese Tätowierung im sichtbaren Bereich sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Wirkung in Kontrast zu der durch die Uniform vorgegebenen bezweckten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes der Polizeivollzugsbeamten stehe, biete sie schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte für entsprechende Nachfragen oder zumindest für Diskussionen, die im Ergebnis dazu führen könnten, die betreffende Polizeivollzugsbeamtin wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder ihr zumindest mit Misstrauen zu begegnen. Folglich sei die Voraussetzung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis gemäß § 4 Nr. 5 PolLVO LSA nicht erfüllt.

8

Die Klägerin hat am 12. Februar 2016 beim erkennenden Gericht Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

9

Sie trägt im Wesentlichen vor, sie erfülle die Voraussetzungen des § 4 Nr. 5 PolLVO LSA; insbesondere erscheine sie für die angestrebte Laufbahn geeignet. Dem stehe die im Nackenbereich vorhandene Tätowierung nicht entgegen. Die Tätowierung sei – wie auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede stelle – inhaltlich nicht bedenklich. Ihr könne wegen dieser Tätowierung nicht die Eignung abgesprochen werden. Das greife in ihr Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ein. Das sei nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und könne die Ablehnung der Einstellung nur rechtfertigen, wenn die gestellten Anforderungen geeignet und aus dienstlichen Gründen erforderlich seien. Insbesondere müsste die mit der Uniformpflicht verfolgte Zielsetzung gefördert und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen gewahrt werden. Hieran fehle es, wenn das Erscheinungsbild den Rahmen des Üblichen in der pluralistischen Gesellschaft nicht überschreite. Dabei dürfe sich der Dienstherr auch einem Wandel der Anschauungen über die Äußerlichkeiten nicht verschließen. Lege man das zugrunde, so könne ihre Tätowierung nicht beanstandet werden.

10

Die Klägerin beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Bewerbungsverfahren fortzusetzen und sie einzustellen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und den Widerspruchsbescheid. Regelungen über das äußere Erscheinungsbild seien allgemein durch einen nicht veröffentlichten Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016 geregelt worden. Nach diesem Erlass, der überschrieben ist mit „Persönliches Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamten des Landes Sachsen-Anhalt im Dienst“, sei die Tätowierung der Klägerin unzulässig. Die dementsprechende Regelung finde sich unter Nr. 4, wonach Körperschmuck, wozu Tätowierungen gehörten, im Bereich des Halses im Dienst nicht sichtbar sein dürften. Zudem müsste großflächiger Körperschmuck von der Uniform oder von ziviler Kleidung - außer im Dienstsport - vollständig verdeckt sein.

15

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Tätowierung der Klägerin in Augenschein genommen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet.

18

Die Klägerin verfügt über einen Anspruch auf Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens. Die Ablehnung, sie einzustellen und die Beendigung des Bewerbungsverfahrens, hält gerichtlicher Prüfung nicht stand (dazu nachstehend 1.). Das Gericht ist aber noch nicht in der Lage, die Beklagte zur Einstellung zu verpflichten, weil noch nicht feststeht, dass alle Einstellungsvoraussetzungen zum Einstellungstermin gegeben sind (dazu nachstehend 2.).

19

1. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist Art. 33 Abs. 2 GG. Nach dieser Vorschrift hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Zugang zu jedem öffentlichen Amt. An dieser Regelung ist auch die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für den Polizeivollzugsdienst zu messen. Näher geregelt sind die Einstellungsvoraussetzungen in § 4 der Verordnung über die Laufbahnen im Polizeivollzugsdienst für das Land Sachsen-Anhalt vom 25. August 2010 (GVBl. LSA S. 468), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. März 2016 (GVBl. LSA S. 164) – PolLVO LSA -. Streitig zwischen den Beteiligten ist hier ausschließlich, ob die Klägerin § 4 Nr. 5 PolLVO LSA erfüllt, wonach in das Beamtenverhältnis eingestellt werden kann, wer nach der Gesamtpersönlichkeit für die angestrebte Laufbahn geeignet erscheint. Dieses Merkmal wird von der Beklagten allein aufgrund der im Nackenbereich der Klägerin vorhandenen Tätowierung verneint. Diese Beurteilung der Beklagten hält gerichtlicher Überprüfung nicht stand.

20

a. Zwar besitzt der Dienstherr eine Beurteilungsermächtigung nach dem ihm und nicht den Verwaltungsgerichten die Eignungseinschätzung, d. h. die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt obliegt. Die Eignungseinschätzung kann von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Zur Ablehnung der Einstellung genügen bereits berechtigte Zweifel des Dienstherrn daran, ob der Beamte die Eignung besitzt, die für die Ernennung notwendig ist (vgl. hierzu und zum Vorigen VGH Mannheim, Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 4 S 1914/15 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Zweifel dürfen aber nicht auf Umstände gestützt werden, die einem bereits im Dienst befindlichen Beamten nicht zum Nachteil gereichen dürfen. Das bedeutet auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen, die Einstellung der Klägerin darf nicht aufgrund einer Tätowierung abgelehnt werden, die bei einem bereits ernannten Beamten vom Dienstherrn hingenommen würde oder hinzunehmen wäre.

21

Zu den beamtenrechtlichen Kernpflichten gehört die Pflicht, dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Auf diese Norm kann allerdings die Beklagte die Beendigung des Bewerbungsverfahrens nicht stützen. Die Kammer muss dabei nicht der von der Klägerin aufgeworfenen Frage nachgehen, ob die Anforderungen aus der von der Beklagten angeführten Richtlinie vom 1. Februar 2016 auf die Klägerin tatsächlich anwendbar sind. Das ist durchaus zweifelhaft. Diese - während des Bewerbungsverfahrens erlassene - Richtlinie stellt erstmals Anforderungen an Tätowierungen von Polizeibeamten des Landes Sachsen-Anhalt. Aus ihr können Anforderungen folgen, die strenger sind als diejenigen, die zuvor gestellt wurden. Änderungen der Auswahlkriterien sind aber innerhalb eines Auswahlverfahrens grundsätzlich unzulässig. Welche Anforderungen der Dienstherr an ein ausgeschriebenes Amt stellt, hat er in der Ausschreibung zu konkretisieren. Dasselbe gilt auch, wenn eine Ausschreibung nicht erfolgt, aber Bewerbungen erbeten werden. Jedenfalls verpflichtet die Gehorsamspflicht einen Beamten nur dazu, bereits ergangene Weisungen zu beachten. Der Dienstherr darf umgekehrt keine Weisungen erlassen, die nur einzuhalten sind, wenn der Beamte ein bestimmtes - damals aber nicht durch eine Weisung gebotenes - Verhalten in der Vergangenheit an den Tag gelegt hat.

22

Jedenfalls vermag die – angenommene – Weisung, kein Tattoo wie das der Klägerin zu tragen, gegenüber Polizeibeamten keine Bindungswirkung zu erzeugen. Eine solche Anordnung des Ministeriums für Inneres und Sport als vorgesetzte Behörde verletzt Beamte in ihrem Persönlichkeitsrecht und ist deshalb auch nicht bindend.

23

b. Das Verbot des Tragens im Dienst sichtbarer Tätowierungen im Bereich des Halses in Nr. 4.1 und 4.2 des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016, Zeichen 23/25-01512, greift in das Recht der betroffenen Beamten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ein. Es beschränkt deren von Art. 2 Abs. 1 GG umfasstes Recht, über die Gestaltung der äußeren Erscheinung auch im Dienst eigenverantwortlich zu bestimmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 – BVerwG 2 C 3.05 – juris Rn. 15 m.w.N.). Das Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Daher kann es aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden, das den Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes entspricht und inhaltlich hinreichend bestimmt ist, wenn der Eingriff auf Gründe des Gemeinwohls gestützt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 17).

24

An einer solchen Rechtsgrundlage fehlt es hier. Das Beamtengesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. Dezember 2009 (GVBl. LSA S. 648), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2015 (GVBl. LSA S. 314), – LBG LSA – enthält keine Ermächtigung an das Ministerium für Inneres und Sport, das äußere Erscheinungsbild der Polizeibeamten zu regeln. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Dienstkleidung. Mit der Dienstkleidung beschäftigten sich § 60, § 109 und § 110 LBG LSA. Keine dieser Vorschriften verschafft dem Ministerium für Inneres und Sport eine Regelungsbefugnis. § 60 LBG LSA, der mit Dienstkleidungsvorschriften überschrieben ist, sieht lediglich vor, dass Beamtinnen und Beamte verpflichtet sind, Dienstkleidung zu tragen, wenn dies bei der Ausübung des Dienstes üblich oder erforderlich ist. § 109 LBG LSA setzt die Pflicht, Dienstkleidung zu tragen, für Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte voraus und verpflichtet sie zudem, eine Dienstausrüstung zu tragen. Nach § 110 Abs. 1 LBG LSA erhalten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte die Bekleidung und die Ausrüstung, die die besondere Art ihres Dienstes erfordert. Aus letzterer Vorschrift kann zwar noch abgeleitet werden, dass die von dem Dienstherrn zur Verfügung gestellte Dienstkleidung nach § 60 LBG LSA auch von einer Polizeivollzugsbeamtin zu tragen ist. Darüber hinausgehende Anforderungen an das äußere Erscheinungsbild ergeben sich hieraus aber nicht. Eine Regelungsbefugnis des Ministeriums für Inneres und Sport oder einer anderen Behörde hinsichtlich der Gestaltung der Dienstkleidung oder einer Uniformpflicht ist im Gesetz nicht enthalten. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage in Sachsen-Anhalt von der in anderen Bundesländern. Die Rechtsprechung zu diesen anderen Beamtengesetzen ist daher auch nicht auf das Land Sachsen-Anhalt übertragbar. In anderen Landesrechten ist eine ausdrückliche Ermächtigung enthalten, dass eine bestimmte Behörde nähere Vorschriften über die Dienstkleidung erlässt.

25

Nach § 55 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg vom 9. November 2010 (GBl. S. 793), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2015 (GBl. S. 1210), sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, nach näherer Bestimmung ihrer obersten Dienstbehörde Dienstkleidung und Dienstrangabzeichen zu tragen, wenn es ihr Amt erfordert. Für Beamtinnen und Beamte des Landes erlässt die jeweilige oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit dem Finanz- und Wirtschaftsministerium diese Bestimmungen. Nach § 45 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009 (GV.NRW. S. 244), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2015 (GV.NRW. S. 938), - LBG NRW - erlässt die Landesregierung die Bestimmungen über Dienstkleidung, die bei Ausübung des Amtes üblich oder erforderlich ist. Sie kann die Ausübung dieser Befugnis auf andere Stellen übertragen. § 113 Abs. 1 LBG NRW sieht vor, dass Polizeivollzugsbeamte Anspruch auf unentgeltliche Ausstattung mit der Bekleidung und Ausrüstung, die die besondere Art des Dienstes erfordert, haben. Das Nähere regelt das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium. § 59 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Februar 2016 (GVBl. S. 37), verpflichtet Beamtinnen und Beamte, Dienstkleidung zu tragen, wenn es ihr Amt erfordert. Die näheren Vorschriften hierzu erlässt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die oberste Dienstbehörde. Dasselbe galt nach § 84 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 14. Juli 1970, das mittlerweile aufgehoben ist.

26

Die Regelungen durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2016 können - so wie erlassen - auch auf keine andere Vorschrift des Beamtengesetzes gestützt werden. Das gilt jedenfalls soweit ihr das hier streitige Verbot der Tätowierung der Klägerin entnommen wird. Diese Tätowierung hat keinen Inhalt, der für sich bedenklich wäre. Zwar lässt sich das Verbot von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt, die Zweifel an der Verfassungstreue eines (zukünftigen) Beamten erwecken würden, oder gewaltverherrlichender Abbildungen, die im deutlichen Gegensatz zu den Aufgaben eines Polizeibeamten stehen, durch andere Regelungen rechtfertigen. Das gilt aber nicht für die hier streitige Abbildung eines Katzengesichts. Dieser Abbildung schreibt auch die Beklagte keinen bedenklichen Inhalt zu.

27

Die allgemeine Gehorsamspflicht ist nicht geeignet, als Rechtsgrundlage für den Erlass von Regelungen über Tätowierungen zu dienen. Das ergibt sich schon aus der Doppelnatur der Regelungen, die sich insoweit nicht darauf beschränkt, den Polizeibeamten Vorschriften für den Dienst zu machen, sondern auch in das Privatleben und die dort geschützte freie Entfaltung der Persönlichkeit übergreift. Das Verbot des Tragens von Körperschmuck, insbesondere einer Tätowierung, ist nicht nur auf den Dienst beschränkt. Eine Tätowierung ist dauerhaft; sie kann nicht während des Dienstes entfernt werden. Insofern unterscheiden sich Regelungen über Tätowierungen z.B. von einer Weisung, bestimmte Schmuckstücke während des Dienstes nicht zu tragen. Die Gehorsamspflicht des Beamten ist aber auf seine dienstliche Tätigkeit begrenzt. Außerdienstlich hat er nur die für alle geltenden allgemeinen Gesetze und solche spezifischen beamtenrechtlichen Regeln zu beachten, die gerade oder zumindest auch Pflichten im außerdienstlichen Bereich begründen.

28

Im Übrigen wäre die gesetzliche Regelung der beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht auch nicht in der Lage, den inhaltlichen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts zu genügen. Nach dem Gesetzesvorbehalt ist der parlamentarische Gesetzgeber im Hinblick auf Rechtstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichtet, in grundlegenden, insbesondere grundrechtlich relevanten Bereichen, die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen. Vor diesem Maßstab lässt sich der Gehorsamspflicht kein Inhalt entnehmen, was ein Beamter zu tun oder zu lassen hat. Die Gehorsamspflicht wird aufgefüllt durch die Weisung des Vorgesetzten, deren Inhalt sich aber nicht selbst auf die Gehorsamspflicht, sondern auf dienstliche Notwendigkeiten oder andere Vorschriften zurückführen lässt. Die Entscheidung trifft damit der Vorgesetzte und nicht der Gesetzgeber.

29

c. Selbst wenn man, entgegen dem vorher ausgeführten, eine Rechtsgrundlage für den Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 1. Februar 2015 annehmen würde, wäre die Regelung, die zum Ausschluss der Klägerin im Bewerbungsverfahren führen würde, nicht wirksam. Eine Beschränkung des Erscheinungsbildes uniformierter Polizeibeamter ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, wenn sie geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgte Zielsetzung zu fördern und die Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt. Auch bei dieser Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht der obersten Dienstbehörde ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 21). Beschränkt sich die Vorgabe auf die Dienstzeit und hat sie keine Rückwirkungen auf das Erscheinungsbild außerhalb des Dienstes, ist der Eingriffsgehalt gering und die Einschätzung der obersten Dienstbehörde kann dann nur noch auf offensichtliche Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Anders ist es bei Regelungen, die auch die private Lebensführung beeinflussen. Hierzu gehört eine Regelung über den Körperschmuck, insbesondere über das Aussehen und die Lage von Tätowierungen. Sie nehmen den Beamten damit die Möglichkeit, eigenverantwortlich darüber zu bestimmen, wie sie als Privatperson wahrgenommen werden wollen. Der Zwang zu einem unerwünschten, vielleicht sogar innerlich abgelehnten Aussehen, kann das psychische und soziale Wohlbefinden beeinträchtigen. Zudem kann eine Tätowierung so getragen werden, dass sie anderen sofort ins Auge springt. Sie kann den Eindruck Dritter prägen und ihr Verhalten bestimmen, auch wenn das bei der hier zu prüfenden Tätowierung nicht in gleicher Weise zwangsläufig ist, wie bei der Haar- und Barttracht. In solchen Fällen muss die Einschätzung der obersten Dienstbehörde, Vorgaben für den Körperschmuck seien aus dienstlichen Gründen geeignet und erforderlich, auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein (vgl. zur Haar- und Barttracht BVerwG a.a.O., Rn. 22). Nach diesem Maßstab hat das Ministerium für Inneres und Sport durch die Einführung der allgemeinen Regelung in 4.1 und 4.2 in dem Erlass vom 1. Februar 2016 die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten. Diese Regelung geht in dieser Allgemeinheit zu weit, um noch durch dienstliche Erfordernisse gerechtfertigt zu sein. Es liegt fern anzunehmen, das Verbot jeglicher Tätowierung im Bereich des Halses sei unabhängig von der jeweiligen Erscheinungsform als flankierende Maßnahme geboten, um die Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen sowie das Ansehen und das Vertrauen, das die Polizei in der Bevölkerung genießt, zu unterstützen. Tatsächlich ist von folgendem auszugehen:

30

Die Verpflichtung von Polizeivollzugsbeamten, im Dienst die vorgeschriebene Dienstkleidung (Uniform) zu tragen, ist vor allem durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Legitimation der Beamten für polizeiliche Maßnahmen äußerlich kundzutun. Die Uniform ist insoweit sichtbares Zeichen für die Eigenschaft als Polizeivollzugsbeamter und für die damit verbundenen hoheitlichen Befugnisse. Dieser Zweck wird aber regelmäßig bereits vollumfänglich durch das Tragen der Uniform erreicht. Ein Verbot von Tätowierungen am Hals ist für sich genommen weder geeignet noch erforderlich, um diese Legitimationsfunktion der Uniform zu gewährleisten oder aufrechtzuerhalten. Zudem soll die Uniform die Neutralität ihrer Träger zum Ausdruck bringen. Sie soll sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeibeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Anschein der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Solche Erscheinungsformen, die geeignet sind, die Neutralitätsfunktion der Uniform in Frage zu stellen, kann vom Dienstherrn – bei Vorliegen einer geeigneten Ermächtigungsgrundlage – durch generelle und einheitliche Vorgaben untersagt werden. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 25). Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen durch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernstgenommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. Nur unter diesen Voraussetzungen können uniformierte Polizeibeamte verpflichtet werden, auf ein bestimmtes Erscheinungsbild zu verzichten (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 26).

31

Es entspricht nicht allgemeinem Konsens, aus dem Vorhandensein von Tätowierungen Rückschlüsse auf gesellschaftliche Haltungen und Einstellungen schließen zu können. Tätowierungen haben sich in neuerer Zeit in allen Gesellschaftskreisen verbreitet. Während in den ersten Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg Tätowierungen auf bestimmte Bevölkerungskreise, insbesondere auf Seeleute und (ehemalige) Strafgefangene, begrenzt waren, ist die Tätowierung mittlerweile eine Modeerscheinung geworden. Die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder bestimmte Einstellungen werden insofern – wenn überhaupt – nicht mehr durch eine Tätowierung oder eine Tätowierung an bestimmten Stellen, sondern nur noch durch die gewählten Motive ausgedrückt. Der Bevölkerungsanteil der Tätowierten ist zwar je nach Altersgruppe unterschiedlich, die Zahl ist mittlerweile aber so groß, dass damit längst die "Mitte" der Gesellschaft erreicht ist. In der Altersgruppe der Klägerin (16 bis 29-jährige) sind etwa 24 % tätowiert, in Ostdeutschland beträgt der Anteil 41 % (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Allensbacher Kurzbericht - 8. Juli 2014 „Tattoos und Piercings gefallen vor allem Jüngeren“ http://www.ifd-allensbach.de/uploads/tx_reportsndocs/PD_2014_12.pdf). Zu dieser Verbreitung haben auch Prominente wie Pop-Stars und Sportler beigetragen, die Tattoos nicht nur in den einschlägigen Zeitschriften vorführen, sondern auch so haben stechen lassen, dass diese bei der sportlichen oder künstlerischen Aktivität zur Geltung kommen. Eine allgemeine Ablehnung der Träger solcher Tattoos in der Bevölkerung ist nicht festzustellen, mit Ausnahme von solchen Tätowierungen, die das Gesicht oder den oberen Teil des Kopfes bedecken. Dass ein Großteil der älteren Bevölkerung für sich eine Tätowierung ablehnt, vermag an dem Befund nichts zu ändern. Die Häufigkeit von Tätowierungen korreliert mit dem Alter, wobei jüngere Personen typischerweise häufiger tätowiert sind (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach a.aO.). Das Ergebnis des Instituts für Demoskopie Allensbach entspricht auch der Lebenserfahrung der Mitglieder der Kammer. Der Erstellung einer repräsentativen Studie unter Darlegung der Methodik bedarf es deshalb nicht. Aufgrund dieses Befundes muss die Kammer auch nicht mehr der Frage nachgehen, ob der Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport eine mittelbare Altersdiskriminierung bewirkt, weil Ältere weniger häufig tätowiert sind und deshalb auch deutlich weniger Probleme mit bereits vorhandenen Tätowierungen haben können.

32

d. Die Ablehnung der Klägerin beruht zudem noch auf einer Interpretation des Erlasses vom 1. Februar 2016, die im Wortlaut keine Stütze findet. Obwohl es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt und auch eine Auslegung durch die erlassende Behörde, das Ministerium für Inneres und Sport vorgenommen worden ist, hat das Gericht das Ergebnis hier anhand der Verwaltungsvorschrift zu prüfen. Zwar unterliegen Verwaltungsvorschriften im Regelfall nicht der gerichtlichen Auslegung. Das Gericht hat vielmehr nur zu beurteilen, ob die Auslegung, die die letztlich entscheidende Verwaltungsbehörde gefunden hat, mit dem Gesetz vereinbar ist. Dieser Grundsatz gilt aber nur für ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, bei denen das Gericht letztlich nach dem Maßstab des § 114 VwGO das Ermessensergebnis zu überprüfen hat. Anders ist es schon in Fällen der norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, weil die Kompetenz zur bindenden Auslegung von Gesetzen den Gerichten und nicht der Verwaltung zugewiesen ist. In Fällen, in denen eine Verwaltungsvorschrift weder das Ermessen lenkt noch eine Norm interpretiert, sondern von einer durch Gesetz geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, Regelungen selbst zu schaffen, unterliegt die Verwaltungsvorschrift der gerichtlichen Interpretation. Denn in solchen Fällen wird schon der Maßstab des Verwaltungshandelns von ihr selbst bestimmt. Sie und nicht der Gesetzgeber regeln die Rechte und Pflichten sowohl der handelnden Behörde als auch des Betroffenen. Solche Regeln, die vom Gesetz abweichen oder eine Rechtsnorm ersetzen, müssen sich dann auch an den Grundsätzen für Rechtsnormen messen lassen. Der durch eine solche Verwaltungsvorschrift Betroffene muss aus ihr selbst entnehmen können, was gelten soll. Nur so kann er sein Verhalten darauf einrichten. Nr. 4.2 des Erlasses vom 1. Februar 2016 fordert nur, dass im Bereich des Halses Körperschmuck, wozu nach Nr. 4.1 des Erlasses vom 1. Februar 2016 auch Tätowierungen gehören, im Dienst nicht sichtbar sein darf. Eine Verdeckung durch die Uniform wird - anders als z.B. in Nr. 4.5 des Erlasses vom 1. Februar 2016 - dagegen nicht gefordert. Wie sich die Kammer in der mündlichen Verhandlung überzeugt hat, ist die Tätowierung der Klägerin aus keinem Blickwinkel sichtbar, wenn sie ihre Haare offen trägt. Das genügt zu einer vollständigen Bedeckung. Werden die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, ist von der Seite erkennbar, dass sich eine Tätowierung am Hals befindet, jedenfalls wenn die Klägerin sich nicht bewegt und der Betrachter Kenntnis von der Tätowierung hat. Das Motiv ist nicht erkennbar und vermag auch keinen Effekt – wie den im Bescheid beschriebenen – zu erzeugen.

33

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass die Tätowierung sichtbar werde, wenn die Klägerin entweder die Haare hochstecken oder sehr kurz schneiden lassen würde, kann sie sich nicht auf den Erlass vom 1. Februar 2016 berufen. Denn dieser stellt auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf Möglichkeiten ab. Bei Wirksamkeit des Erlasses läge es nämlich näher anzunehmen, der Klägerin wäre es im Dienst untersagt, die Haare hochzustecken und – soweit eine solche Einschränkung vor Art. 2 GG Bestand hätte – ihr wäre auch untersagt, die Haare so kurz zu tragen, dass sie keine Verdeckungswirkung mehr haben. Die Verdeckungswirkung der Polizeiuniform ist in Nr. 4.2 des Erlasses vom 1. Februar 2016 nicht angesprochen. Die Beklagte vermag auch nicht aufzuzeigen, welche Uniform für die Beurteilung der Frage heranzuziehen sein soll und warum das die maßgebliche für die Frage der Einstellung sein soll, zumal im Falle einer Einstellung bei einer unterstellten Dienstzeit der Klägerin bis zur Altersgrenze mit Änderungen der Uniform zu rechnen wäre.

34

Auch wenn die Frage in der mündlichen Verhandlung nicht vollständig geklärt werden konnte, vermochte die Beklagte zudem kein realistisches Szenario aufzuzeigen, bei dem die Autorität einer Polizeibeamtin durch das Nackentattoo gefährdet wäre. Die Klägerin könnte zwar gezwungen sein, die Haare aufzustecken, um einen Schutzhelm zu tragen. Das ist eine besondere Situation, weil Polizeibeamte eine solche Ausrüstung voraussichtlich nur in geschlossenen Einsätzen benötigen. Die Schutzausrüstung wird benötigt, weil die Autorität der Polizei ohnehin schon stark in Zweifel gezogen wird, weshalb es entweder der Androhung oder dem Einsatz von unmittelbarem Zwang in erheblichem Umfang bedarf. Zudem spricht sehr wenig für eine Situation, in der aufgrund der Bedrohungslage ein Schutzhelm für die eingesetzten Polizeibeamten erforderlich ist, ein Nackenschutz dagegen nicht erforderlich erscheint. Das dementsprechende Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erscheint eher ein theoretisches Szenario zu sein, mit dessen Eintreten aber ernstlich nicht gerechnet werden kann.

35

2. Das Gericht vermochte eine Verpflichtung zur Einstellung der Klägerin nicht auszusprechen. Sie kann aufgrund des bisherigen Zeitablaufs – wie auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – nicht unmittelbar eingestellt und der Ausbildungskohorte März 2016 zugeteilt werden. Für diesen Einstellungstermin ist zwar noch mindestens eine Stelle für einen Widerrufsbeamten vorhanden. Die Beklagte hat nicht alle Stellen besetzt und musste deshalb auch kein Konkurrentenverfahren ermöglichen. Eine Einstellung zum jetzigen Zeitpunkt scheidet aber aus, weil der Zweck des Vorbereitungsdienstes – die ordnungsgemäße Ausbildung – nicht mehr erreichbar erscheint. Die Ausbildung ist nämlich mittlerweile zu weit fortgeschritten, um den Ausbildungsvorsprung der übrigen Anwärter noch einholen zu können und letztlich die Laufbahnprüfung zu bestehen.

36

Bei Fortsetzung des Bewerbungsverfahrens kann die Klägerin aber zum nächsten Einstellungstermin, voraussichtlich dem 1. September 2016, eingestellt werden. Da die am 1. März 2016 ausgeschriebenen Stellen noch nicht vollständig besetzt sind, kann die Klägerin auf einer dieser Stellen eingestellt werden. Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung, welche Rechtsfolgen aus der rechtswidrigen Ablehnung sich im Übrigen ergeben würden und ob die Klägerin im nächsten Einstellungstermin im Rahmen der dort zu erstellenden Rangliste einen Platz erreichen würde, der zur Einstellung führt. Die Sache ist aber noch nicht spruchreif, weil zumindest theoretisch denkbar die bereits geprüften Einstellungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 1 bis 3 PolLVO LSA bis zum Einstellungszeitpunkt entfallen könnten.

37

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Das Unterliegen der Klägerin ist so geringfügig, dass sich eine Kostenauferlegung in vollem Umfang auf die Beklagte rechtfertigt. Der Anspruch auf Einstellung ist nur deshalb durch das Gericht abgelehnt worden, weil theoretisch bis zum nächsten Einstellungstermin geprüfte und bejahte Einstellungsvoraussetzungen noch wegfallen könnten. Für eine solche Situation gibt es aber bisher noch keine Anhaltspunkte.

38

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
sie das 62. Lebensjahr vollendet haben und
2.
schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind.

(2) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben. Für Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
Altersgrenze
JahrMonat
1952
Januar1601
Februar2602
März3603
April4604
Mai5605
Juni-Dezember6606
19537607
19548608
19559609
1956106010
1957116011
195812610
195914612
196016614
196118616
196220618
1963226110

(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.

26
bb) Die vom Bayerischen Obersten Landesgericht und in der Literatur vertretene Auffassung würde jedoch vor allem nicht dem Zweck des § 86 a StGB gerecht, die von der Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation ausgehende gruppeninterne Wirkung zu unterbinden. Neben der werbenden Wirkung nach außen erfüllen Kennzeichen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Ihre Verwendung erlaubt es Gleichgesinnten, einander zu erkennen und sich als eine von den "anderen" abgrenzbare Gruppe zu definieren (BGHSt 47, 354, 359; Hörnle NStZ 2002, 113, 114). Der Gefahr einer gruppeninternen Verwendung des Kennzeichens und einer damit einhergehenden Verfestigung der Bindungen von Gleichgesinnten kann durch eine Auslegung des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB, die die Verwendung des von der VSBD/PdA gebrauchten stilisierten Keltenkreuzes nur dann unter den Tatbestand subsumiert, wenn ein auch für außenstehende Dritte erkennbarer Bezug des Symbols zu dieser Organisation hergestellt wird, nicht wirksam entgegengetreten werden. Vielmehr liegt es nahe, dass sich gerade Anhänger der verbotenen Organisation die nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Literatur bestehende Möglichkeit, das Kennzeichen auch straflos gebrauchen zu können, für ihre Zwecke zu Nutze machen würden und sich auf diese Weise das verbotene Kennzeichen im politischen Leben der Bundesrepublik Deutschland wieder als Symbol der VSBD/PdA Organisation etablieren könnte.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

17
Derart umgestaltete Symbole unterfallen jedoch nicht dem Schutzzweck des § 86 a StGB. Die Vorschrift dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen Organisation unter Strafe zu stellen (vgl. Reuter aaO S. 151), sondern tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln ähnliche Symbole dieser Organisationen. Dafür reicht es nicht aus, dass das neue Kennzeichen lediglich einen Bezug zu dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr dessen typischen Symbol- charakter vermittelt. Auf der Grundlage der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung kommt deshalb eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 86 a StGB nicht in Betracht.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

17
Derart umgestaltete Symbole unterfallen jedoch nicht dem Schutzzweck des § 86 a StGB. Die Vorschrift dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen Organisation unter Strafe zu stellen (vgl. Reuter aaO S. 151), sondern tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln ähnliche Symbole dieser Organisationen. Dafür reicht es nicht aus, dass das neue Kennzeichen lediglich einen Bezug zu dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr dessen typischen Symbol- charakter vermittelt. Auf der Grundlage der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung kommt deshalb eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 86 a StGB nicht in Betracht.
17
2. Auch die Verurteilung im Fall B. II. 1. der Urteilsgründe hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Die Fahne sowie das Kennzeichen des Hitlergrußes (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71, BGHSt 25, 30) verwendete der Angeklagte öffentlich, indem er das ihn und S. in entsprechender Pose zeigende Foto in ihre Facebook-Profile einstellte. Unter Verwenden ist jeder Gebrauch zu verstehen, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht (BGH, Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, BGHSt 23, 267, 268 f.). Dies geschieht öffentlich, wenn das Kennzeichen durch die Art seiner Verwendung für einen größeren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar ist (OLG Celle, Urteil vom 10. Mai 1994 - 1 Ss 71/94, NStZ 1994, 440; MüKoStGB/Steinmetz aaO, Rn. 26). Zwar besteht zwischen den als "Freunden" gespeicherten Nutzern und dem Inhaber eines Facebook-Profils jeweils eine Beziehung derart, dass die entsprechende Anfrage des einen zur Aufnahme in den Kreis der "Freunde" durch den anderen bestätigt werden muss, die Verlinkung mithin auf einer kongruenten Willensbildung beruht. Damit ist über die persönliche Ebene dieser Beziehung jedoch noch nichts Hinreichendes ausgesagt. Das Landgericht hat keine weiteren Feststellungen dazu getroffen, welcher Art die Beziehungen des Angeklagten bzw. des S. zu den mit ihnen verlinkten Personen war. Dies gefährdet den Schuldspruch hier indessen nicht, denn bei 844 sogenannten Freunden des S. kann der Senat ausschließen, dass zu mehr als einem Bruchteil von diesen eine Verbindung bestand, die über eine zufällige, mitunter sogar nur virtuelle Bekanntschaft hinausging.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
2.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

17
2. Auch die Verurteilung im Fall B. II. 1. der Urteilsgründe hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Die Fahne sowie das Kennzeichen des Hitlergrußes (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71, BGHSt 25, 30) verwendete der Angeklagte öffentlich, indem er das ihn und S. in entsprechender Pose zeigende Foto in ihre Facebook-Profile einstellte. Unter Verwenden ist jeder Gebrauch zu verstehen, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht (BGH, Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, BGHSt 23, 267, 268 f.). Dies geschieht öffentlich, wenn das Kennzeichen durch die Art seiner Verwendung für einen größeren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar ist (OLG Celle, Urteil vom 10. Mai 1994 - 1 Ss 71/94, NStZ 1994, 440; MüKoStGB/Steinmetz aaO, Rn. 26). Zwar besteht zwischen den als "Freunden" gespeicherten Nutzern und dem Inhaber eines Facebook-Profils jeweils eine Beziehung derart, dass die entsprechende Anfrage des einen zur Aufnahme in den Kreis der "Freunde" durch den anderen bestätigt werden muss, die Verlinkung mithin auf einer kongruenten Willensbildung beruht. Damit ist über die persönliche Ebene dieser Beziehung jedoch noch nichts Hinreichendes ausgesagt. Das Landgericht hat keine weiteren Feststellungen dazu getroffen, welcher Art die Beziehungen des Angeklagten bzw. des S. zu den mit ihnen verlinkten Personen war. Dies gefährdet den Schuldspruch hier indessen nicht, denn bei 844 sogenannten Freunden des S. kann der Senat ausschließen, dass zu mehr als einem Bruchteil von diesen eine Verbindung bestand, die über eine zufällige, mitunter sogar nur virtuelle Bekanntschaft hinausging.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
sie das 62. Lebensjahr vollendet haben und
2.
schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind.

(2) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben. Für Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
Altersgrenze
JahrMonat
1952
Januar1601
Februar2602
März3603
April4604
Mai5605
Juni-Dezember6606
19537607
19548608
19559609
1956106010
1957116011
195812610
195914612
196016614
196118616
196220618
1963226110

(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
sie das 62. Lebensjahr vollendet haben und
2.
schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind.

(2) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben. Für Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
Altersgrenze
JahrMonat
1952
Januar1601
Februar2602
März3603
April4604
Mai5605
Juni-Dezember6606
19537607
19548608
19559609
1956106010
1957116011
195812610
195914612
196016614
196118616
196220618
1963226110

(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn

1.
sie das 62. Lebensjahr vollendet haben und
2.
schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind.

(2) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben. Für Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit, die schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch sind und nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

Geburtsjahr
Geburtsmonat
Anhebung
um Monate
Altersgrenze
JahrMonat
1952
Januar1601
Februar2602
März3603
April4604
Mai5605
Juni-Dezember6606
19537607
19548608
19559609
1956106010
1957116011
195812610
195914612
196016614
196118616
196220618
1963226110

(3) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit können auf ihren Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt.

(2) Bei einer Disziplinarklage dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Das Gericht kann in dem Urteil

1.
auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5) erkennen oder
2.
die Disziplinarklage abweisen.

(3) Bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Die §§ 53 und 54 werden nicht angewandt.

(2) Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens, die nach § 55 Abs. 2 unberücksichtigt bleiben durften, bleiben auch im Berufungsverfahren unberücksichtigt.

(3) Ein Beweisantrag, der vor dem Verwaltungsgericht nicht innerhalb der Frist des § 58 Abs. 2 gestellt worden ist, kann abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte im ersten Rechtszug über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden. Beweisanträge, die das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt hat, bleiben auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen.

(4) Die durch das Verwaltungsgericht erhobenen Beweise können der Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde gelegt werden.

(1) Für das Revisionsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht entsprechend.

(2) Für die Entscheidung über die Revision gelten die §§ 143 und 144 der Verwaltungsgerichtsordnung.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung

1.
von Bundesrecht oder
2.
einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt,
beruht.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im übrigen ist das Bundesverwaltungsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts darf nur soweit geändert werden, als eine Änderung beantragt ist.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

7
1. a) Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die für und gegen den Täter sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen und dabei namentlich auch sein Vorleben zu berücksichtigen. Dies umfasst die im Urteil festgestellten Vorstrafen. Es ist in der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber auch anerkannt, dass der Tatrichter bei der Feststellung und Bewertung von Strafzumessungstatsachen durch den Anklagegrundsatz (§§ 155, 264 StPO) nicht beschränkt ist und daher auch strafbare Handlungen ermitteln und würdigen kann, die nicht Gegenstand der Anklage sind, soweit diese für die Beurteilung der Persönlichkeit des Angeklagten bedeutsam sein können und Rückschlüsse auf die Tatschuld des Angeklagten gestatten, sofern sie prozessordnungsgemäß und damit hinreichend bestimmt festgestellt werden (BGH, Urteil vom 7. Mai 1974 – 1 StR 42/75, MDR 1975, 195 f.; BGH, Urteil vom 6. März 1992 – 2 StR 581/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19; Beschluss vom 22. Mai 2013 – 2 StR 68/13; Beschluss vom 2. Juli 2009 – 3 StR 251/09, NStZ-RR 2009, 306; Beschluss vom 5. Februar 1998 – 4 StR 16/98, NStZ 1998, 404; Beschluss vom 9. Oktober 2003 – 4 StR 359/03, NStZ-RR 2004, 359 mwN).

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

In gerichtlichen Disziplinarverfahren werden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu diesem Gesetz erhoben. Im Übrigen sind die für Kosten in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Vorschriften des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.