Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12

bei uns veröffentlicht am15.11.2013

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist, inwieweit der Kl im Streitjahr 2010 aus Altgoldlieferungen ein Vorsteuerabzug zusteht.
I.
Die Kl ist eine Gesellschaft, die Gold an- und verkauft.
Ab 2008 wurde ihr und weiteren Unternehmen ihrer Branche zunehmend Altgold, vor allem in Gestalt von Schmuck, von Personen angeboten, die dort zuvor noch nicht in Erscheinung getreten waren. Sie nahm das Material entgegen, analysierte es, ließ es bei einer Scheideanstalt scheiden und verkaufte das gewonnene Edelmetall an eine Bank. Ihren Lieferanten zahlte sie ein Entgelt, das sich nach den Tagespreisen richtete.
2. a) Ende 2008 erhielt die Steuerfahndung X einen Hinweis, dass bei einer ortsansässigen Bank regelmäßig und in kurzen Zeitabständen von der Kl ausgestellte Barschecks mit hohen sechsstelligen Beträgen vorgelegt würden. Nach dem Eindruck der Bank handelte sich bei den Scheckvorlegern vornehmlich um Personen ausländischer Abstammung, denen oft deutsche Sprachkenntnisse fehlten. Den Bankangestellten fiel auf, dass die genannten Personen häufig von offensichtlich ebenfalls aus dem Ausland stammenden Personen begleitet wurden, die angeblich als Dolmetscher oder Beauftragte fungierten. Das ihr für Edelmetallhändler ungewohnt vorkommende Erscheinungsbild der Scheckvorleger ließ die Bank den Verdacht der Geldwäsche schöpfen.
Bei ihren Ermittlungen stellte die Steuerfahndung X fest, dass die so in Erscheinung getretenen Lieferanten der Kl ihre Unternehmen regelmäßig neu gegründet hatten. Vor diesem Hintergrund erschienen ihr die bei der Kl erfolgten Edelmetallanlieferungen branchenunüblich hoch.
b) Die Steuerfahndung X suchte am 14. November 2008 die Geschäftsräume der Kl auf, um dort in einem gegen deren Lieferanten L geführten Steuerstrafverfahren zu ermitteln. L, im Ausland geboren und unter einer Adresse in Y gemeldet, war arbeitslos. Der deutschen Sprache selbst nicht mächtig, war er regelmäßig von einem Ausländer namens T begleitet worden, der sich gegenüber der Kl als Dolmetscher ausgegeben und die Goldgeschäfte abgewickelt hatte. L hatte eine am 9. September 2008 ausgestellte Gewerbeanmeldung vorgelegt, in der als Geschäftszweck Einzel- und Großhandel mit Textilien und Haushaltswaren sowie An- und Verkauf von Edelmetallen angegeben war. Im Zeitraum zwischen 14. Oktober 2008 und 14. November 2008 hatte er der Kl alle zwei bis drei Tage Altgold im Nettowert von insgesamt x,x Mio. EUR geliefert. Da der Kl die stetig steigenden Mengen zu groß geworden waren, hatte der Geschäftsführer der Kl dem L den Rat erteilt, einen Teil des Altgoldes an ein anderes Unternehmen zu liefern. Dieses hatte L bei der Steuerfahndung X angezeigt.
In einem Gespräch am 14. November 2008 wies die Steuerfahndung X den Geschäftsführer der Kl auf die Verdachtsmerkmale hin, die nach ihren bis dahin geführten Ermittlungen für Umsatzsteuerbetrügereien im Goldhandel typisch waren:
- Unternehmen, die von Branchenfremden neu gegründet wurden
- als Unternehmer auftretende Personen mit ausländischem Hintergrund, die der deutschen Sprache nicht mächtig waren und von Dritten begleitet wurden, die sich als Dolmetscher oder Bevollmächtigte ausgaben
- Verhandlungen beim Goldankauf, die von Dritten geführt wurden
- regelmäßige, in rascher Zeitfolge erfolgte Lieferungen in zunehmenden Mengen
- Lieferanten, die nicht über Preise verhandelten
- Wunsch nach schnellstmöglicher Bezahlung der Goldlieferungen.
Bei Durchsicht der klägerischen Buchführung fielen der Steuerfahndung weitere Lieferanten auf. Zwischen 8. und 14. November 2008 hatte eine A GmbH Altgold im Nettowert von x,x Mio. EUR angeliefert. Frau A ist eine Ausländerin, die unter einer Adresse in Z auftrat. Als sich die Kl die Steuernummer der A GmbH bestätigen lassen wollte, erhielt sie von deren angeblicher Steuerberatung eine Steuernummer, die auf eine Bau GmbH lautete. Als die Steuerfahndung am 24. November 2008 das Firmengelände der Kl observierte, stellte sie fest, dass Frau A von zwei Ausländern namens Ü und N begleitet wurde und sich selbst völlig passiv verhielt. Bei ihrer Festnahme durch die Kriminalpolizei konnte A keinen festen Wohnsitz in Deutschland nachweisen. Zu den Goldlieferungen befragt, machte sie keine Angaben. Das Wort führte ihr Begleiter, ein Ausländer namens Ü. Er gab sich als Angestellter der A GmbH aus und führte die entsprechenden Geschäftspapiere mit sich. Die Kl wurde am 24. November 2008 darüber informiert, dass Frau A der Umsatzsteuerhinterziehung verdächtig sei.
10 
c) Auf Verlangen ihrer Hausbank stellte die Kl Anfang 2009 von der Zahlung durch Barschecks auf Überweisungen um. Gleichzeitig verlegte sie den Beginn ihrer Annahmezeiten von 7.00 Uhr auf 6.00 Uhr vor und ermöglichte damit, dass die Überweisungen an ihre Lieferanten noch am frühen Nachmittag des Einlieferungstages per Blitzgiro erfolgen konnten. Lieferanten warteten manchmal schon um 2 Uhr nachts vor dem Grundstück der Kl auf die Annahme ihrer Ware, darunter Personen, die Altgold im Wert von mehr als x Mio. EUR in Plastiktüten transportierten. Die Tatsache, dass die Kl als einziges Unternehmen der Branche den Ankaufspreis noch am Ankaufstag zu 100 % auszahlte, sprach sich im Kreis der Lieferanten herum. Später hinzugekommene Neukunden erklärten, dass dies der Grund gewesen sei, bei der Kl anzuliefern.
11 
3. a) Im Oktober 2009 erfuhr die Steuerfahndung, dass auch ein andernorts durch Anlagegoldverkäufe aufgefallener F e.V. zum Kundenkreis der Kl zählte. Bei der Kl hatte sich der Verein telefonisch durch seinen gesetzlichen Vertreter angemeldet. Sämtliche Anlieferungen waren durch eine Frau F erfolgt, die eine Vollmacht vorgelegt hatte. Bei den zunächst angelieferten Tranchen stellte der Geschäftsführer der Kl einen für Altschmuck ungewöhnlich hohen Feingehalt an Gold fest. Auf sein Verlangen hin wurde der Altschmuck später nur noch in seinem Originalzustand geliefert. Von 3. September 2009 bis 25. Januar 2010 bot der F e.V. der Kl Altgold zum Nettopreis von rund x Mio. EUR an. Bei seiner am 15. Februar 2010 durchgeführten Zeugenvernehmung räumte der Geschäftsführer der Kl ein, dass ihm in seiner langjährigen Berufstätigkeit noch kein eingetragener Verein Altgold angeboten habe.
12 
b) Eine Firma Ö lieferte der Kl von 7. Dezember 2009 bis 6. Mai 2010 Altgold im Wert von ca. ... Mio. EUR. Sie legte der Kl eine am 19. Oktober 2009 ausgestellte Gewerbeanmeldung vor, die als Geschäftszweck neben dem An- und Verkauf von Gold- und Edelmetallen auch Großhandel mit Holzwaren, Verlegung von Bodenbelägen, Bautenschutz und Gebäudereinigung, Im- und Export von Kraftfahrzeugen, An- und Verkauf von Non-Food-Artikeln sowie An- und Verkauf von Antiquitäten auswies. Im Gegensatz zur Kl stellte ein Konkurrent die Ankäufe von der Firma Ö nach wenigen Lieferungen ein. Dort wurde festgestellt, dass es den von der Firma Ö angegebenen Firmensitz „... Straße x“ in M nicht gab. Als es bei einigen ihm von der Firma Ö als Vorlieferanten genannten Juwelieren Nachforschungen angestellt hatte, war ihm mitgeteilt worden, dass man dort die Firma Ö nicht kenne.
13 
c) Die Firma D lieferte der Kl von 30. März 2010 bis 3. Juni 2010 Altgold im Nettowert von ca. ... Mio. EUR. D ist ein Ausländer, der kaum deutsch spricht und keinen Wohnsitz in Deutschland hatte. Er wurde bei der Kl von einem Ausländer namens M eingeführt, der zuvor auch schon für die Firma Ö Altgold angeliefert hatte. Als sich die Firma D als Neukunde anmeldete, sprach der Geschäftsführer ausschließlich mit M. D, der dem Gespräch nur beigewohnt hatte, trat bei der Kl danach nicht mehr in Erscheinung. Die Anlieferungen für die Firma D wurden ausschließlich von M vorgenommen. Eine Vollmacht des M ließ sich die Kl nicht vorlegen.
14 
4. Wegen der hohen Umsatzzuwächse der Kl seit 2008 fand in ihrem Hause am 9. Juli 2010 eine Besprechung zwischen Vertretern der Finanzverwaltung und ihrer Geschäftsführung statt. Dabei erklärten die Beamten der Finanzverwaltung, es sei ihnen aufgefallen, dass bei der Kl besonders viele Altgoldlieferanten verkehrten, gegen die steuerstrafrechtlich ermittelt werde. Sie teilten dem Geschäftsführer der Kl mit, dass sie die Methoden, mit denen diese die Zuverlässigkeit ihrer Lieferanten prüfe, nicht für ausreichend hielten. Es sei erforderlich, dass sich die Kl von der Identität ihrer Lieferanten überzeuge, indem sie sich deren Ausweispapiere persönlich vorlegen lasse. Die Bitte der Kl, ihr die Namen verdächtiger Lieferanten mitzuteilen, lehnten die Finanzbeamten ab. Sie wiesen die Verantwortlichen der Kl darauf hin, dass die Steuerfahndung X beim größten Teil des angebotenen Altgoldes von einem umsatzsteuerbetrügerischen Hintergrund ausgehe. Die Ermittlungsergebnisse belegten, dass die Altgoldlieferanten ihre Ware teilweise zu über den Tageskursen liegenden Preisen kauften. Es sei zu vermuten, dass die „Handelsspanne“ bzw. der daraus resultierende Gewinn in der beim Goldankauf ausbezahlten Umsatzsteuer bestehe. Es sei zu beobachten, dass erhebliche Beträge der von den Ankäufern auf inländische Konten überwiesenen Gutschriftbeträge sofort bar abgehoben und ins EU-Ausland verbracht würden. Zunehmend fielen auch Ankäufe aus Mitgliedstaaten auf, die dort zu „Nettopreisen“ erfolgten und unter Umgehung der Erwerbsbesteuerung in die Bundesrepublik verbracht würden.
15 
Die von den Finanzbehörden ausgestellten Bescheinigungen seien nicht geeignet, eine Aussage über die Unternehmereigenschaft der Lieferanten zu treffen. Von einer Kenntnis oder einem Kennenmüssen unlauterer Absichten des Lieferanten sei insbesondere dann auszugehen, wenn der Goldankäufer einen Preis gutschreibe, der unter dem marktüblichen Preis liege. Wenn die Kl den Vorsteuerabzug vornehmen und behalten wolle, müsse sie die Unternehmereigenschaft ihres Altgoldlieferanten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns überprüfen. Die Sorgfaltspflicht könne sich an § 4 Geldwäschegesetz orientieren. Die Kl und ihre Mitarbeiter hätten ihre Branchenerfahrung und ihre speziellen Material- und Marktkenntnisse einzusetzen und ggf. auch Recherchen vorzunehmen. Unerlässlich sei eine saubere und zweifelsfreie Überprüfung der Identität der Geschäftspartner und ihrer Bevollmächtigten. Erhöhte Sorgfalt sei geboten, wenn die Kl von strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihre Lieferanten erfahre. Die Auswahl und der Umfang der jeweils zu klärenden Kriterien richteten sich im Einzelfall nach dem Gesamtbild des anbietenden Geschäftspartners. Entscheidend sei letztlich der Eindruck, welchen der Lieferer oder sein Vertreter in einem persönlichen Gespräch hinterlasse.
16 
Als Orientierungshilfe übergab der Bekl der Kl ein Merkblatt mit Merkmalen, die sich nach den Erfahrungen der Steuerfahndung als für Straftaten im Altgoldhandel typisch herausgestellt hatten. Bei den Lieferanten handle es sich meist um Personen, die gemessen an dem avisierten Geschäftsumfang weder über ausreichende Branchen- oder Materialkenntnisse noch über kaufmännische Kenntnisse verfügten. Dies lasse sich durch branchenbezogene Testfragen, durch Fragen zu bisherigen Tätigkeiten und nach den Gründen für den Einstieg in den Edelmetallhandel feststellen. Verdächtig seien als Lieferer auftretende Personen, die aufgrund nicht ausreichender deutscher Sprachkenntnisse von angeblichen Dolmetschern oder Beratern begleitet würden. In solchen Fällen sei darauf zu achten, ob diese die Gesprächsführung übernähmen und über die Modalitäten der Geschäfte entschieden, ohne die als Lieferanten vorgeschobenen Personen ernsthaft zu fragen. Da Umsatzsteuerbetrüger ihren Wohnsitz häufig erst kurze Zeit vor Beginn ihrer gewerblichen Tätigkeit im Inland begründet hätten, solle eine Meldebescheinigung gefordert werden, aus der hervorgehe, wann und von welchem Wohnsitz aus die Anmeldung an der aktuellen Adresse erfolgte. Häufig entsprächen das Auftreten und das Erscheinungsbild der verdächtigen Personen nicht der Seriosität, die man im Edelmetallgeschäft gewohnt sei. Goldankäufer sollten deshalb prüfen, ob sie solchen Personen Wertsachen anvertrauen würden oder ob sie diese früher in ihren Kundenstamm aufgenommen hätten. Bezogen auf die Unternehmen krimineller Lieferanten falle auf, dass diese oft neu gegründet worden seien oder eine Änderung von einem zuvor branchenfremden Geschäftszweck in einen Edelmetallhandel erfahren hätten. Dementsprechend seien nicht nur die aktuelle Gewerbeanmeldung und ggf. ein Handelsregisterauszug, sondern auch Erkundigungen über bisherige oder aktuelle weitere Tätigkeiten beim Gewerbeamt einzuholen. Oft bestehe eine unüblich große Distanz zwischen Geschäftssitz und Wohnort des Unternehmers, des gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten oder der Geschäftssitz befinde sich bei einem sog. Büroserviceunternehmen, Business Center oder Telefonservice. Insoweit sei eine Internetrecherche unter Eingabe der Geschäftsadresse in Suchmaschinen und Branchenbüchern hilfreich. Dies gelte auch, wenn der Wohnsitz die Geschäftsanschrift sei. Bei großen Liefermengen sei verdächtig, wenn das Unternehmen weder im Internet noch in Branchenbüchern zu finden sei. Auch ein fehlender Festnetz- und Faxanschluss müsse misstrauisch machen. Verdächtig sei es auch, wenn bei der Geschäftsanbahnung oder im Laufe der Geschäftsbeziehung tägliche bzw. wöchentliche Liefermengen avisiert würden. Dies gelte insbesondere dann, wenn bei der Frage nach der Herkunft des Goldes nur wenige, ausschließlich gewerbliche Vorlieferanten genannt würden. Auch erhebliche Steigerungen der Liefermengen müssten misstrauisch machen. Hinweise für eine beabsichtigte Umsatzsteuerhinterziehung könnten ferner die Anlieferung des Materials durch wechselnde Personen, das Fehlen ernsthafter Preisverhandlungen, der Wunsch nach Zahlungen auf Konten eines Dritten, wechselnde Bankverbindungen oder Bankverbindungen außerhalb des Geschäfts- oder Wohnsitzes sein.
II.
17 
Die streitgegenständlichen Ankäufe:
18 
1. Anfang April 2010 trat die ausländische Staatsangehörige U an die Kl heran. Auf Verlangen des Geschäftsführers der Kl legte sie eine Bescheinigung des Finanzamtes H vom 12. Januar 2010, ihren ausländischen Personalausweis, ihre Gewerbeanmeldung vom 6. November 2009 und ein Musterexemplar von ihr verwendeter Rechnungsvordrucke vor, auf dem unter der Firma „U Schmuck“ die Anschrift „... Weg x, Plz H“, eine Mobiltelefonnummer, ihre inländische Bankkontonummer und ihre Steuernummer abgedruckt waren. Nachdem die Kl hiervon Kopien gefertigt und U ihre Umsatzsteuerpflichtigkeit versichert hatte, vereinbarten die Parteien, über die Altgoldlieferungen im Gutschriftverfahren abzurechnen. U unterschrieb die Vereinbarung und versah sie mit einem Stempelabdruck mit ihrem Namen und der Anschrift „... Weg x, Plz H“.
19 
Zwischen 15. und 30. April 2010 lieferte U an 10 Tagen knapp ... Kilogramm Altgold bei der Kl an. Die Kl erteilte darüber Gutschriften über Entgelte im Gesamtbetrag von ...,... EUR und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ...,... EUR. Die Gutschriften sandte sie an die ihr von U genannte Anschrift im ... Weg x in H, die gutgeschriebenen Beträge überwies sie per Blitzgiro an U. In ihrer am 24. Juni 2010 beim Bekl eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für April 2010 zog sie Vorsteuer in Höhe von ...,... EUR ab.
20 
U hatte sich am 3. November 2009 unter Vorlage ihres Passes und eines auf den 1. November 2009 datierten Mietvertrages beim Einwohnermeldeamt der Stadt H unter der Anschrift „... Weg x, Plz H“ mit Hauptwohnsitz angemeldet. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Umsatzsteuer-Sonderprüfer Fe vom Finanzamt H suchte das genannte Gebäude am 11. Mai 2010 auf. Den Namen „U“ fand er weder auf den Briefkästen noch auf den Haustürklingeln. Die von ihm befragte Frau M, die --wären die Angaben von Frau U richtig gewesen-- deren unmittelbare Wohnungsnachbarin hätte sein müssen, konnte sich an eine Frau U nicht erinnern. Es sei ihr aber aufgefallen, dass hin und wieder Post im Flur gelegen habe. Eine vom Zeugen Fe eingeholte Auskunft bei der Vermietungsgesellschaft Immo GmbH in D ergab, dass dort keine Mieterin „Frau U“ bekannt war. Der Mietvertrag stamme nicht von der Immo GmbH, es habe auch keinen Herrn „Ö.“ gegeben, der befugt gewesen sei, für die Vermieterin Mietverträge zu unterschreiben.
21 
Gegenüber dem Gewerbeamt der Stadt H hatte U am 6. November 2009 behauptet, im ... Weg x in H ein Gewerbe für den Verkauf von Schmuck zu betreiben. Nach Vorlage der Gewerbeanmeldung und eines Fragebogens zu ihrer steuerlichen Erfassung hatte das Finanzamt H der U eine Steuernummer erteilt. Mit Schreiben vom 12. Januar 2010 hatte es ihr bescheinigt, dass sie unter dieser Steuernummer für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer geführt werde und dass die vom Finanzamt festgesetzten und fälligen Steuern entrichtet worden seien.
22 
U hat für ihre Altgoldlieferungen an die Kl keine Umsatzsteuer angemeldet. Sie ist spurlos verschwunden.
23 
2. In einem Lokal erfuhr der damals in R wohnhafte ausländische Staatsangehörige P im April 2010, dass mit dem Handel mit Altgold Geld zu verdienen sei. Ein sich als S vorstellender Mann erklärte ihm, er müsse dazu nur ein Bargeldkonto eröffnen, seinen vorhandenen Gewerbebetrieb erweitern und sich eine Bescheinigung seines Finanzamts beschaffen, wonach er seinen steuerlichen Pflichten nachkomme. Mit den genannten Unterlagen solle P dann ein Kundenkonto bei einem Goldankäufer eröffnen. S begleitete P zur Bank, wo letzterer ein Bargeldkonto eröffnete. Am 3. Mai 2010 erklärte P gegenüber der Stadt R, dass er seinen Betrieb für Raumausstattung, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegen, Garten- und Landschaftsbau, Abbruch und Demontage, Kleintransporte und Trockenbau um den Handel mit Metallwaren erweitere.
24 
Das Gespräch zur Neuaufnahme des Kunden P im Mai 2010 führte der Geschäftsführer der Kl nicht mit diesem, sondern mit S. Die von S übergebene Vollmachtsurkunde erhielt die Erklärung, dass P in den nächsten Tagen persönlich bei der Kl vorbeikommen wolle; eine Unterschrift P‘s und ein Datum fehlten. Die Kl ließ sich eine Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU vorlegen, wonach P Staatsbürger der EU und zum freien Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei, eine Kopie der Gewerbeummeldung vom 3. Mai 2010, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer P’s und eine Bescheinigung des Finanzamts E, wonach dieser seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern dürfe. Da die Kl im Gutschriftverfahren abrechnen wollte, nahm sie eine „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ zu ihren Akten, wonach sie für die abgeschlossenen Geschäfte die Abrechnungslast trägt. Darin wird erklärt, P sei umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt und werde beim Finanzamt E unter der Steuernummer .../... geführt. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass P der KL eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Die „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ trägt die Unterschrift „P“ sowie das Datum 11. Mai 2010. P bestreitet, diese Unterschrift geleistet zu haben.
25 
Für P wurden zwischen 12. Mai 2010 und 29. Juli 2010 in insgesamt ... Fällen rund ... Kilogramm Altgold bei der Kl angeliefert. Die Anlieferungen erfolgten durch S; P bestreitet, jemals selbst im Hause der Kl gewesen zu sein. Für das gelieferte Gold berechnete der KL Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ...,... EUR. Über sämtliche Lieferungen erteilte sie Gutschriften, die sie an P sandte; S erhielt Mehrfertigungen. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die gutgeschriebenen Beträge überwies die Kl auf die Konten P‘s.
26 
Für seine Bankkonten hatte P dem S und dessen Mitarbeiter N Vollmachten erteilt. Diese hoben die dorthin von der Kl überwiesenen Beträge ab. P erhielt für seine Mitwirkung an den Goldlieferungen lediglich insgesamt ... EUR. Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Kl meldete er nicht an.
27 
3. Am 1. Juli 2010 erschien im Hause der Kl der Ku. Er legte ihrem Geschäftsführer eine mit „29.06.2010“ datierte Vollmacht vor, wonach er bevollmächtigt sei, im Namen der in Z ansässigen Telefon GmbH Erklärungen und Unterschriften zu leisten und mit der Kl einen Kooperationsvertrag für die Abgabe von Edelmetallen zu vereinbaren. Die am 18. Mai 2010 gegründete Telefon GmbH hatte am 29. Juni 2010 eine Gewerbe-Ummeldung vorgenommen, weil sie über den Handel und Vertrieb von Telekommunikationsdienstleistungen sowie die Erbringung von Serviceleistungen im Geschäftsfeld Telekommunikation hinaus künftig auch den Groß- und Einzelhandel mit Edelmetallen betreiben wollte. Die Kl nahm neben der Gewerbe-Ummeldung vom 29. Juni 2010, eine Kopie des ausländischen Personalausweises des Telefon GmbH-Geschäftsführers K, eine Kopie des in H ausgestellten deutschen Personalausweises des Ku, eine am 29. Juni 2010 vom Finanzamt für Körperschaften Z ausgestellte Bescheinigung, wonach die Telefon GmbH dort unter der Steuernummer .../... geführt werde und einen am 10. Juni 2010 erstellten Handelsregisterauszug der Telefon GmbH zu ihren Akten. Die Kl ließ Ku eine „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ unterzeichnen, wonach die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei ihr liege. In der Vereinbarung wird erklärt, dass die Telefon GmbH umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt Z unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass die Telefon GmbH der Kl. eine Änderung ihrer umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile.
28 
Zwischen 2. Juli 2010 und 8. Oktober 2010 lieferte Ku in insgesamt x Fällen rund ... Kilogramm Altgold an die Kl. Das Material wurde von der Firma FM zur Kl gebracht, die dort für mindestens fünf weitere Lieferanten als Botin und Inkassobevollmächtigte auftrat. Über sämtliche Lieferungen erteilte die Kl Gutschriften, die sie an die ihr genannte Firmenanschrift der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z sandte. Ein Postrücklauf war nicht zu verzeichnen. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR überwies sie auf das Bankkonto der Gesellschaft.
29 
Die der Kl gegenüber genannte Geschäftsadresse der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z war die Anschrift eines Büroserviceunternehmens, das lediglich mit der Postannahme beauftragt war. Dessen Inhaberin erklärte der Umsatzsteuerprüferin In vom Finanzamt für Körperschaften in Z gegenüber, dass der Geschäftsführer der Telefon GmbH dort lediglich in regelmäßigen Abständen die Post abgeholt, aber keine wirtschaftlichen Tätigkeiten für die Gesellschaft entfaltet habe. Dementsprechend habe die Vergütung auch nur monatlich 38 EUR zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Ergänzend wird auf den Aktenvermerk der Prüferin In vom 15. Dezember 2010 Bezug genommen. Umsatzsteuer aus den Lieferungen an die Kl meldete die Telefon GmbH nicht an.
30 
4. Am 23. Juli 2010 unterzeichnete der türkische Staatsangehörige Ya aus D das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Sein dazu verwendeter Stempel weist ihn als Inhaber eines Gewerbebetriebes für Kleintransporte und Kurierdienste sowie den An- und Verkauf von Edelmetallen aus. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung erklärt Ya, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt W unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner der Kl eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Die Kl kopierte den Pass Ya‘s, dessen am 2. Juni 2010 bei der Stadt D erfolgte Gewerbeanmeldung, eine Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010, dass Ya unter der Steuernummer .../... für die Einkommensteuer geführt werde und dessen VR-BankCard.
31 
Am 26. Juli 2010, am 8. September 2010 und am 15. September 2010 lieferte Ya insgesamt rund x Kilogramm Altgold an die Kl. Vereinbarungsgemäß rechnete die Kl mit ihm über Gutschriften ab, die sie an die von ihm genannte Firmenanschrift sandte. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge im Gesamtbetrag von ...,... EUR überwies die Kl auf das Bankkonto Ya‘s.
32 
Ya hatte dem Finanzamt W anlässlich seiner Betriebseröffnung am 15. Juni 2010 einen ausgefüllten Fragebogen vorgelegt, wonach er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen wolle. Mit Schreiben vom 2. August 2010 hatte sein Steuerberater dem Finanzamt mitgeteilt, dass sein Mandant rückwirkend zum 1. Juni 2010 die Istversteuerung beantrage. Beim Finanzamt W ließ Ya von seinem Steuerberater auf elektronischem Wege Umsatzsteuervoranmeldungen für Juli und September 2010 einreichen und am 20. Juni 2012 die Umsatzsteuererklärung für 2010. Darin war die Umsatzsteuer aus den drei Lieferungen an Kl erklärt. Allerdings standen der Umsatzsteuerschuld Vorsteuerbeträge gegenüber, die aus Rechnungen einer H. GmbH in O und aus den von der Kl in Rechnung gestellten Scheidekosten in Höhe von brutto ...,... EUR stammten. Eine Gegenüberstellung der Rechnungen der H. GmbH an Ya und der Gutschriften der Kl ergibt folgendes Bild:
33 
Einkauf bei H. GmbH
Verkauf an Kl
Rechnungsdatum
Menge in g
Entgelt
Umsatzsteuer
Gutschriftsdatum
Menge in g
Entgelt
Umsatzsteuer
27.07.2010
...     
...,...EUR
...,...EUR
27.07.2010
...     
...,... EUR
 ...,...EUR
08.09.2010
...     
...,...EUR
...,...EUR
09.09.2010
...     
...,...EUR
...,...EUR
13.09.2010
...     
 ...,...EUR
...,...EUR
15.09.2010
...     
...,...EUR
 ...,...EUR
34 
Die Firma H. GmbH war im Bereich Hoch- und Tiefbau, Gerüstbau und Rohrleitungsarbeiten, Trockenbau, Schweißarbeiten sowie Einbau genormter Fertigteile, Gebäudereinigung und Durchführung von Kleintransporten tätig. Sie gab letztmals für April 2010 Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung erklärte Ya den Steuerfahndern, er habe das in X abgelieferte Gold von einem „Herrn H.“ bekommen, an den er auch den bei der Kl erzielten Erlös weitergegeben habe. Einen „Herrn H.“ gibt es indes nicht. Geschäftsführer der H. GmbH war ab 1. April 2010 ein gewisser Herr Ka, der seit dem Herbst 2010 verschwunden ist.
35 
Der Senat hat Ya in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Befragt, wie er zum Goldgeschäft und an das von ihm an die Kl gelieferte Gold gekommen sei, erklärte er, bei einem Aufenthalt in einem Lokal in O habe ihm ein in einem benachbarten Lokal beschäftigter Landsmann erzählt, dass man mit der Lieferung von Altgold Geld verdienen könne. Er habe angenommen, dass ihm sein Landsmann mit seiner Einbeziehung in das Goldgeschäft etwas Gutes habe antun wollen. In O sei ihm zwar gesagt worden, er solle das ihm übergebene Gold zu einem Händler bringen, der Name der Kl sei aber nicht gefallen. Die Kl habe er durch Zufall im Internet entdeckt. Mit dem dortigen Chef habe er nicht gesprochen, auch beim Aufnahmegespräch nicht. Eine Unterhaltung habe nicht stattgefunden, er sei nicht gefragt worden, woher er sein Altgold beziehe. Befragt, wie die Kl zu den Kopien seines Passes, seiner am 2. Juni 2010 erfolgten Gewerbeanmeldung, der Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010 und der VR-BankCard gekommen sei, erklärte Ya, er habe diese Papiere immer in der Tasche gehabt. Er habe zwar das Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ bei der Kl unterschrieben, wisse aber nicht, was es bedeutete. Die von der Kl erhaltenen Briefe habe er nicht verstanden und sie an seinen Steuerberater weitergegeben. Hinsichtlich der Herkunft der Mittel für an ihn erfolgte Goldlieferungen verstrickte sich der Zeuge Ya in Widersprüche. Im Laufe der Vernehmung erstreckten sich die Erklärungsbemühungen von Darlehen Verwandter bis zur vorweggenommenen Erbschaft vom Schwiegervater. Mit dem Goldgeschäft habe er, Ya, wieder aufgehört, weil „Spiele gespielt“ worden seien, die ihm nicht gefallen hätten. Letztlich habe er Verluste gemacht.
36 
5. Der ausländische Staatsangehörige Me lieferte im Zeitraum zwischen 1. September bis 28. Dezember 2010 ... Mal Altgold an die Kl, insgesamt rund ... Kilogramm. Bei der Neuaufnahme des Kunden kopierte der Geschäftsführer der Kl dessen Ausweis und nahm die Kopie zu den Akten. Darüber hinaus ließ er sich die Bankkarten Me‘s vorlegen. Aus der vorgelegten Gewerbeummeldung ist ersichtlich, dass Me am 22. Juli 2010 seinen Tischlerbetrieb in L um den Kauf und Verkauf von Edelmetall (Gold, Silber) erweitert hatte. Am 31. August 2010 unterzeichnete Me das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung erklärt Me, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt U unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteilen werde. Me übergab der Kl auch eine am 10. August 2010 vom Finanzamt T –Verwaltungsstelle U- gefertigte Mitteilung, wonach die Steuernummer .../... –.../... für seinen Betrieb „An- und Verkauf von Edelmetallen“ gelte: Die Steuernummer umfasse die Anlage EÜR. Dazu ist ausgeführt: „Wird der Gewinn für Ihren o.g. Betrieb/Ihre o.g. Tätigkeit nach § 4 Abs. 3 EStG durch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt, ist eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Anlage EÜR) abzugeben. Von dieser Verpflichtung kann nur abgesehen werden, wenn die Summe der Betriebseinnahmen weniger als 17.500 EUR beträgt. In diesen Fällen kann an Stelle des amtlichen Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden.“ Im Abschnitt „Die Steuernummer umfasst folgende Steuerarten bzw. Besteuerungsvorgänge“ ist das Feld für die Umsatzsteuer nicht angekreuzt.
37 
Wie vereinbart, rechnete die Kl mit Me über Gutschriften ab. Die gutgeschriebenen Beträge einschließlich Umsatzsteuer in der Gesamtsumme in Höhe von ...,... EUR überwies sie auf die von Me angegebenen Bankkonten.
38 
Me hatte seinen Handwerkbetrieb am 10. März 2009 begonnen und im Fragebogen zu seiner steuerlichen Erfassung angegeben, als Kleinunternehmer handeln zu wollen. Die nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG mögliche Option zur Regelbesteuerung hat er nicht erklärt. Für das Jahr 2009 reichte Me weder eine Gewinnermittlung noch eine Umsatzsteuererklärung ein. Auch seine Umsätze aus den Goldanlieferungen bei der Kl im Jahr 2010 erklärte Me nicht.
39 
6. Am 23. September 2010 suchte der unter dem Falschnamen „K. Maker“ auftretende deutsche Staatsangehörige Ä geschäftlichen Kontakt zur Kl. Ein Ausländer namens „Reza“ hatte Ä im Frühsommer 2010 versprochen, er könne „eine Stange Geld verdienen“, wenn er von ihm, Reza, beschafftes Altgold bei der Kl anliefere. Daraufhin hatte sich Ä im Juli 2010 einen gefälschten ausländischen Pass auf den Namen „K. Maker“ besorgt. Unter dessen Vorlage hatte er bei der Stadt N zunächst unter der Anschrift „Ka ... Straße 7“ und wenig später unter der Anschrift „Ka ... Straße 5“ einen Wohnsitz angemeldet. Am 15. Juli 2010 hatte Ä beim Gewerbeamt der Stadt N unter dem Namen „K. Maker“ und unter der Anschrift „Ka ... Straße 7“ ein Gewerbe für den Handel mit Gold- und Edelmetallen angezeigt. Wenig später hatte er ebenfalls unter seinem Falschnamen mehrere Bankkonten eröffnet und sich EC-Karten ausstellen lassen. Ebenfalls unter Verwendung seines Falschnamens und der Anschrift „Ka ... Straße 5“ hatte er sich beim Finanzamt N steuerlich registrieren und eine Steuernummer zuteilen lassen. Das Finanzamt hatte ihm mit Schreiben vom 9. September 2010 bescheinigt, dass er unter dieser Steuernummer für die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer geführt werde und dass die vom Finanzamt festgesetzten und fälligen Steuern entrichtet worden seien.
40 
Auf Verlangen des Geschäftsführers der Kl legte Ä die Bescheinigung des Finanzamtes N vom 9. September 2010, seinen gefälschten Reisepass, seine Gewerbeanmeldung vom 15. Juli 2010, eine Bestätigung des Bundesamts für Steuern über die erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und seine von der N Bank ausgestellte EC-Karte vor. Daneben gab er eine Mobilfunktelefonnummer und eine inländische Festnetznummer an. Nachdem die Kl hiervon Kopien gefertigt und Ä die Umsatzsteuerpflichtigkeit des angeblichen Unternehmers „K. Maker“ versichert hatte, vereinbarten die Parteien, dass über die Altgoldlieferungen im Gutschriftverfahren abgerechnet werden solle. Wenige Tage später fragte die bei der Kl angestellte A bei der Steuerfahndung an, ob dort ein „K. Maker“ bekannt sei, was verneint wurde. Hätten die Finanzbehörden auf einen Hinterziehungsverdacht hingewiesen, wäre die Geschäftsbeziehung abgebrochen worden. Dies war im Hause der Kl so üblich und wurde in anderen Fällen praktiziert.
41 
Zwischen 28. September 2010 und 1. Dezember 2010 lieferte Ä alias „K. Maker“ ...-mal Altgold bei der Kl an, insgesamt rund ... Kilogramm. Diese erteilte darüber Gutschriften, die wie folgt betrugen:
42 
Im September 2010 
 ...,... EUR zuzüglich 
 ...,... EUR Umsatzsteuer,
im Oktober 2010
 ...,... EUR zuzüglich
 ...,... EUR Umsatzsteuer,
im November 2010
 ...,... EUR zuzüglich
...,... EUR Umsatzsteuer.
43 
Die Kl sandte die Gutschriften in die Ka ... Straße 5 in N. Keiner der Briefe kam zurück. Die gutgeschriebenen Beträge überwies sie auf die beiden vom vermeintlichen „Maker“ angegebenen Bankkonten. Die genannten Umsatzsteuerbeträge zog sie in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für September, Oktober und November 2010 als Vorsteuer ab.
44 
Am 28. November 2010 legte Ä alias „Maker“ der Kl eine ihm von dem Werttransunternehmen WERT erteilte Anlieferungsvollmacht vor und forderte sie auf, für die zukünftig geplanten Anlieferungen von Altgold die Überweisungen auf das Konto der Firma WERT vorzunehmen. Für eine Lieferung am 29. November 2010 geschah dies so; am Morgen des 30. November 2010 überwies die Kl ...,... EUR auf das Bankkonto der WERT. Als Ä der Kl am 1. Dezember 2010 erneut Material liefern wollte, wurde er von der Kriminalpolizei festgenommen. Der Kl war nicht bekannt, dass „K. Maker“ ein Falschname war. Umsätze aus seinen Goldanlieferungen bei der Kl erklärte Ä alias „Maker“ nicht.
45 
7. Ed hatte bei der Stadt K am 2. August 2010 einen Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand neben Kleintransporten, Kurierdiensten und Abbrucharbeiten der Handel mit Edelmetallen sein sollte. Als er sich bei der Kl als Neukunde bewarb, fertigte ihr Geschäftsführer Kopien der Gewerbeanmeldung und seines Ausweises und nahm sie zu den Akten. Darüber hinaus überprüfte er die Bankkarte Ed‘s. Am 22. Oktober 2010 unterzeichnete Ed das von der Kl für Altgoldlieferanten verwendete Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. Ed erklärte, dass er umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt K unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile. Ed übergab der Kl auch eine vom Finanzamt K gefertigte Mitteilung, wonach er die Steuernummer .../... erhalte, ferner eine Bescheinigung des Finanzamtes K vom 22. Oktober 2010, dass er unter der genannten Steuernummer auch für Umsatzsteuerzwecke geführt werde.
46 
Zwischen 26. Oktober 2010 und 17. Dezember 2010 lieferte Ed in ... Fällen insgesamt rund x Kilogramm Altgold bei der Kl an. Wie vereinbart, rechnete die Kl mit ihm über Gutschriften ab, worin Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR gesondert ausgewiesen war. Die Kl überwies die gutgeschriebenen Beträge auf Ed’s Bankkonto.
47 
Beim Finanzamt K ließ Ed seine Steuerberaterin Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Oktober bis Dezember 2010 abgeben. Der Umsatzsteuer aus seinen Goldlieferungen waren Vorsteuerbeträge aus Rechnungen gegenüber-gestellt, die auf eine „Fa Itali Donna Gr... Straße x - Plz R ausgestellt waren. Weil die Firma Itali für Oktober bis Dezember 2010 keine Voranmeldungen abgegeben hatte, ermittelte die Steuerfahndung des Finanzamtes W. Dabei erhielt sie vom Bundeskriminalamt die Mitteilung, dass es sich bei der von der angeblichen Donna Itali verwendeten italienischen Identitätskarte um eine Fälschung handelte. Im Schriftverkehr mit dem Finanzamt, auf den Rechnungen und auf dem Firmenstempel wurden Telefon- und Faxnummern verwendet, bei denen es sich um Anschlüsse eines in R ansässigen Internet-Cafés handelte.
48 
Der Senat hat Ed in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen. Dieser erklärte, ein gewisser He habe ihn in den Goldhandel eingeführt. Dieser habe wohl Geschäftsbeziehungen zur Kl gehabt und ihn zum Aufnahmegespräch begleitet. In X seien sie vom Geschäftsführer der Kl empfangen worden. Das Gespräch habe zwischen 10 und 15 Minuten gedauert. Der Geschäftsführer habe gefragt, ob er ein Goldgeschäft habe. Er, Ed, habe dies verneint und erklärt, dass er sein Gold von Goldgeschäften beziehe. An den weiteren Inhalt des Gesprächs könne er sich nicht erinnern. In seiner Vernehmung vor Gericht erklärte Ed, er habe weder einschlägige Erfahrungen noch Geld besessen. He habe ihm aber gesagt, das mache nichts, die Goldankäufe würden auf Kommissionsbasis abgewickelt. Einmal habe er das bei der Kl anzuliefernde Gold von He bekommen, später von einem Ausländer, dessen Namen er nicht kenne. Bei dem Gold habe es sich um alten Schmuck gehandelt, der ihm in Mengen zwischen einem halben und einem Kilo in Plastiktüten übergeben worden sei. Befragt, warum sein Lieferant nicht selbst zur Kl gefahren sei, meinte Ed, dieser sei wohl zu sehr anderweitig beschäftigt gewesen. Man sei sehr früh morgens zur Kl gefahren, schon um 6 Uhr hätten auf dem Parkplatz der Kl viele Fahrzeuge gestanden. Dort habe er andere Goldlieferanten getroffen, denen er selbst niemals Gold anvertraut hätte. Diese Personen hätten einen ungepflegten Eindruck gemacht, Schuhe für 5 EUR getragen, aber zwei Taschen voll Gold mit sich geführt. Für ihn, Ed, habe der Goldhandel kein Risiko bedeutet, denn er habe das Geld ja immer bekommen, bevor er es an seinen Lieferanten weiterreichte. Mit dem Goldhandel habe er aufgehört, als sich keiner mehr bei ihm gemeldet habe. Im Januar 2011 seien seine Geschäftspartner verschwunden. Obwohl er selbst beim Goldhandel wohl keinen Verlust gemacht habe, fühle er sich im Nachhinein ausgenutzt und betrogen.
49 
8. Bei der Stadt C wurde unter dem Namen Öz am 26. August 2010 zum 1. Juli 2010 ein Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand der Handel mit Schmuck und Gold sein sollte. Der Betriebsinhaber wohnte angeblich in der „Su...Straße x, Plz C“, was tatsächlich aber nicht der Fall war. Geschäftsadresse sollte die X-Allee in D sein. Unter der Geschäftsanschrift ist ein Büroservice-Unternehmen ansässig, dass im Falle „Öz“ mit der Annahme und Weiterleitung von Post beauftragt war. Bevor sich die Kl am 4. November 2010 vom angeblichen „Öz“ zum ersten Mal Altgold und Altsilber liefern ließ, forderte ihr Geschäftsführer die Vorlage einer Kopie der Gewerbeanmeldung vom 26. August 2010, des --was er nicht wusste: gefälschten-- ausländischen Passes des „Öz“ und einer an diesen adressierten Mitteilung des Finanzamtes C vom 7. September 2010, wonach „Öz“ für Zwecke der Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer unter der Steuernummer .../... geführt werde. Darüber hinaus überprüfte er die Bankverbindung der ihm gegenüber als „Öz“ auftretenden Person, indem er sich die Eröffnung des Geschäftskontos bei der Bank bestätigen ließ. Am 3. November 2010 ließ sich die Kl ihr für Altgoldlieferanten verwendetes Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ von „Öz“ unterzeichnen. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liege. In der Vereinbarung wird erklärt, dass der mit Steuernummer, Geschäftsadresse und Telefonnummer bezeichnete Lieferant umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt C unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile.
50 
Zwischen 4. und 12. November 2010 lieferte die als „Öz“ auftretende Person x-mal Altgold bei der Kl an, insgesamt rund ... Kilogramm. Wie vereinbart, rechnete die Kl über Gutschriften ab, die an die Anschrift in der „X-Allee“ in D versandt wurden. Ein Postrücklauf erfolgte nicht. Die Kl überwies die Gutschriftbeträge einschließlich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR auf das Bankkonto des „Öz“. Umsatzsteuer aus den Goldanlieferungen bei der Kl wurde nicht angemeldet.
51 
9. Bei der Stadt C wurde am 26. August 2010 unter dem Namen Ba ein Gewerbebetrieb angemeldet, dessen Gegenstand der Handel mit Altgold sein sollte. Der Betriebsinhaber, der in Wahrheit Gü hieß, wohnte angeblich in der „Su...Straße x, Plz C“, Geschäftsadresse sollte die X-Allee in D sein. Unter der Geschäftsanschrift ist ein Büroservice-Unternehmen ansässig, dass lediglich mit der Annahme und Weiterleitung von Post beauftragt war. Bevor Gü alias Ba bei der Kl am 8. November 2010 zum ersten Mal Altgold anlieferte, ließ sich deren Geschäftsführer eine Kopie der Gewerbeanmeldung vom 26. August 2010 vorlegen, ferner den ausländischen Pass des angeblichen Ba sowie an diesen adressierte Bescheinigungen des Finanzamtes C vom 8. September 2010, wonach Ba für Zwecke der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer unter der Steuernummer .../... geführt werde, alle festgesetzten Steuern bezahlt seien und er zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten berechtigt sei. Am 8. November 2010 ließ sich die Kl ihr für Altgoldlieferanten verwendetes Formular „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ von der als Ba auftretenden Person unterzeichnen. Es wurde vereinbart, dass die Abrechnungslast für die abgeschlossenen Geschäfte bei der Kl liegen solle. In der Vereinbarung wird erklärt, dass der mit Steuernummer, Geschäftsadresse und Telefonnummer bezeichnete Lieferant umsatzsteuerpflichtig und zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigt sei und beim Finanzamt C unter der Steuernummer .../... geführt werde. Die Vereinbarung enthält ferner die Versicherung, dass der Unterzeichner eine Änderung seiner umsatzsteuerlichen Verhältnisse umgehend mitteile.
52 
Zwischen 8. und 17. November 2010 lieferte Gü alias Ba der Kl x-mal Altgold, insgesamt rund x Kilogramm. Über drei Lieferungen wurde vereinbarungsgemäß mit Gutschriften abgerechnet. Diese wurden an die Geschäftsanschrift des vermeintlichen Ba versandt und kamen von dort nicht zurück. Die Kl überwies die Gutschriftbeträge einschließlich der gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von ...,... EUR auf das ihr für Ba genannte Bankkonto. Umsatzsteuer aus den Goldanlieferungen bei der Kl wurde nicht angemeldet.
III.
53 
1. Nachdem U Ende Mai 2010 bei der vom Finanzamt H durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung an der von ihr verwendeten Anschrift im ... Weg x in H nicht angetroffen wurde und eine Kontaktaufnahme mit ihr auch sonst nicht möglich war, wertete das Finanzamt die Abrechnungen zwischen der Kl und U als „Scheinrechnungen“.
54 
2. Gegen P ermittelte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes VI. P machte dort am 19. Mai 2011 umfangreiche Angaben. Die Steuerfahndung kam zu dem Ergebnis, dass P selbst keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt habe. Unternehmer seien vielmehr Hintermänner gewesen, welche P vorgeschoben hätten.
55 
3. Die Altgoldlieferungen an die Kl waren Gegenstand einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, welche das Finanzamt für Körperschaften Z bei der Telefon GmbH durchführte. Da sich diese der Anschrift eines Büroserviceunternehmens bediente, gelangte das Finanzamt für Körperschaften Z zu der Auffassung, dass der GmbH ein tatsächlicher Geschäftssitz und damit die Unternehmereigenschaft fehle.
56 
4. Gegen den zuvor jahrelang als Lagerarbeiter eines Gemüsehandels tätigen Ya ermittelte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W. Nach der Vernehmung ging das Finanzamtes W davon aus, dass dieser nicht auf eigene Verantwortung und Rechnung gehandelt und kein Unternehmerrisiko getragen habe. Es stelle sich vielmehr so dar, dass er lediglich gegen einen Lohn in Höhe von ... EUR als Bote für andere gehandelt habe. Ya sei deshalb kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts.
57 
5. Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W war Me aufgrund seiner Angaben im Fragebogen zur Gewerbeanmeldung beim zuständigen Finanzamt T als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG erfasst. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Me bereits im Januar 2010 die Absicht hatte, mit Gold zu handeln und dementsprechend einen Umsatz von mehr als 50.000 EUR zu erzielen. Me habe gegenüber dem Finanzamt auf die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung nicht verzichtet. Der Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung bzw. einer Gutschrift stelle keine Option zur Regelbesteuerung dar. Me sei als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG zu behandeln.
58 
6. Nachdem die Ermittlungen gegen „K. Maker“ zu dem Ergebnis geführt hatten, dass es sich dabei um einen von Ä verwendeten Falschnamen handelte und Ä nach seinen Angaben für Hintermänner handelte, sprach der Bekl „K. Maker“ die Unternehmereigenschaft ab. Die Kl könne deshalb aus den Gutschriften keine Vorsteuer abziehen.
59 
7 Bei seiner Vernehmung durch die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes W hatte Ed angegeben, das bei der Kl angelieferte Altgold von verschiedenen Personen erhalten und als deren Gehilfe zur Kl gebracht zu haben. Die von der Kl an ihn überwiesenen Erlöse habe er bis auf Beträge von jeweils ... EUR bis ... EUR an die Hintermänner weitergegeben. Die Steuerfahndungsstelle zog daraus den Schluss, dass Ed bei den Altgoldgeschäften kein Unternehmer gewesen sei.
60 
8. Da es sich bei Öz um einen Falschnamen gehandelt habe, er nie in der Su...Straße x in C ansässig gewesen sei und am angegebenen Betriebssitz „X-Allee“ in D auch kein Unternehmen betrieben habe, sprach die ermittelnde Steuerfahndung des Finanzamtes C „Öz“ die Unternehmereigenschaft ab.
61 
9. Der verwendete Falschname und die Tatsachen, dass er weder in der Su...Straße x in C ansässig war noch am angegebenen Betriebssitz „X-Allee “ in D ein Unternehmen betrieb, ließen die ermittelnde Steuerfahndung des Finanzamtes C zu der Schlussfolgerung gelangen, dass Ba kein Unternehmer sei.
IV.
62 
1. a) Auf der Grundlage des Prüfungsberichts betreffend U erließ der Bekl am 4. Februar 2011 einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für April 2010, worin er den Vorsteuerabzug um ...,... EUR kürzte. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 2012 als unbegründet zurück.
63 
b) Aufgrund seiner aus der Aussage Ä‘s alias „K. Maker“ erlangten Erkenntnisse erließ der Bekl am 17. März 2011 Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für September 2010, Oktober 2010 und November 2010. Darin kürzte er den Vorsteuerabzug im September 2010 um ...,... EUR, im Oktober 2010 um ...,... EUR und im November 2010 um ...,... EUR. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies er mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2012 als unbegründet zurück.
64 
2. Am 8. März 2012 reichte die Kl ihre Umsatzsteuererklärung für 2010 beim Bekl ein. Sie machte Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von ...,... EUR geltend. In diesem Betrag sind alle Vorsteuerbeträge aus den Geschäften mit den unter II. genannten Personen enthalten.
65 
3. a) Am 23. Mai 2012 hat die Kl wegen der Umsatzsteuervorauszahlungen für April 2010, September 2010, Oktober 2010 und November 2010 Klage erhoben.
66 
Am 16. August 2012 erließ der Bekl den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2010. Darin versagte er nicht nur den Vorsteuerabzug aus Edelmetallankäufen von U und Maker, sondern auch noch von den oben unter II. genannten sieben weiteren Lieferanten. Die Vorsteuerkürzungen betragen wie folgt:
67 
U       
...,... EUR
P       
...,... EUR
Telefon GmbH    
...,... EUR
Ya    
...,... EUR
Me    
...,... EUR
K. Maker
...,... EUR
Ed    
...,... EUR
Öz    
...,... EUR
Ba    
...,... EUR
Summe 
...,... EUR
68 
Der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2010 ist gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
69 
b) Nach Ansicht der Kl liegen sämtliche für ihren Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) erforderlichen Voraussetzungen vor. Alle ihr gegenüber als Lieferanten aufgetretenen Personen seien als Unternehmer im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. Dies folge aus der „Strohmann-Rechtsprechung“ des Bundesfinanzhofs (BFH), die z.B. in dessen Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 (Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 198, 208; Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2004, 622) veröffentlicht sei. Die Eigenschaft des Leistenden bestimme sich allein nach der zivilrechtlichen Rechtslage. Entscheidend sei, wer aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet werde. Leistender könne auch ein sog. „Strohmann“ sein. Trete jemand im Rechtsverkehr als „Strohmann“ im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der --aus welchen Gründen auch immer-- nicht selbst als Vertragspartner in Erscheinung treten wolle (sog. „Hintermann“), sei grundsätzlich nur der „Strohmann“ aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend seien dem „Strohmann“ Leistungen zuzurechnen, die der „Hintermann“ berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt habe. In Anwendung der Grundsätze der „Strohmann-Rechtsprechung“ sei selbst derjenige Lieferant als Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu betrachten, welcher wie Ä (K. Maker) einen falschen Namen benutzt habe. Zivilrechtlich betrachtet habe Ä unter fremdem Namen gehandelt.
70 
Bei dem Lieferanten Me handle es sich auch dann um einen zum gesonderten Ausweis der Steuer berechtigten Unternehmer, wenn dieser beim Finanzamt als Kleinunternehmer registriert gewesen sein sollte. Dies folge z.B. aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. September 2012 Rs. C-324/11 - Gábor Tóth. Selbst wenn der Leistungserbringer nicht für mehrwertsteuerliche Zwecke registriert sei, stehe dem Leistungsempfänger das Recht zum Vorsteuerabzug zu, wenn die Rechnungen über die erbrachten Dienstleistungen alle nach Art. 226 der Richtlinie 2006/112 vorgeschriebenen Angaben enthielten, insbesondere diejenigen, die zur Bestimmung des Ausstellers der Rechnung und der Art der Dienstleistungen erforderlich seien.
71 
Der Kl könne nicht entgegengehalten werden, dass an den von der Telefon GmbH und von Öz angegebenen Geschäftsanschriften keine Gewerbebetriebe bestanden hätten. Ob dies der Fall war, habe nicht die Kl, sondern das Finanzamt prüfen müssen, als es der Telefon GmbH eine Steuernummer erteilt habe. Dies folge aus dem EuGH-Urteil vom 6. September 2012 Rs C-273/11 – Mecsek-Gabona Kft – (Umsatzsteuer-Rundschau --UR--2012, 796) das zwar zur Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ergangen sei, aber für die Erteilung einer Steuernummer gleichermaßen gelte.
72 
Der Vorsteuerabzug stehe der Kl auch aus Gründen des Gutglaubensschutzes zu. Nach der Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, Deutsches Steuerrecht --DStR--2006, 133 - Optigen; vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04, DStR 2006, 1274 - Kittel und Recolta; vom 21. Februar 2008 Rs. C-271/06, DStR 2008, 450 - Netto-Supermarkt) ergebe sich das Recht auf Vorsteuerabzug unmittelbar aus Art 167 MwStSystRL und damit unmittelbar aus § 15 UStG. Die Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 19. April 2007 V R 48/04, UR 2007, 693 und vom 30. April 2009 V R 15/07, UR 2009, 816), wonach die Vollständigkeit und Richtigkeit der Rechnungsangaben als materiell-rechtliche Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug eingestuft werden, verstoße eindeutig gegen die EuGH-Rechtsprechung zum Vertrauensschutz im Rahmen des Vorsteuerabzugs und verletze die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der steuerlichen Neutralität, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Die Auffassung des BFH, wonach Vertrauensschutz nur im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens gewährt werden könne, verstoße ebenfalls gegen diese Grundsätze. Faktisch führe sie dazu, dass die vom EuGH aufgestellten Grundsätze des Gutglaubensschutzes in einer Vielzahl von Fällen leerliefen. Auf der gleichen Linie liege die Kritik von Stadie, in: Rau/Dürrwächter UStG §15, Rn. 150 und 568, Englisch, UR 2009, 184, Drüen, Der Betrieb --DB-- 2010, 1847 und Heidner, UR 2002, 445 sowie des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 6. Dezember 2006 4 K 1356/02, juris.
73 
Zwar habe der EuGH in seinem Urteil vom 6. Juli 2007 Rs. C-439/04 und C-440/04 -Kittel und Recolta- auch ausgesprochen, dass das nationale Gericht den Vorsteuerabzug zu verweigern habe, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war und dass dies selbst dann gelte, wenn eine Lieferung tatsächlich erfolgt sei und der Lieferant die umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft erfülle. Der Kl könne jedoch nicht vorgeworfen werden, sie habe wissen müssen, dass ihre Lieferanten die von ihr erhaltene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführen. Dazu hätte sie deren kriminelles Verhalten mindestens billigend in Kauf nehmen müssen. Aus den englischen Sprachfassungen der einschlägigen Urteile des EuGH in diesem Bereich (z.B. vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03 - Optigen und vom 11. Mai 2006 Rs. C-384/04 - Federation of Technological IndURies -) -- „ought to know“-- folge, dass das „Wissen müssen“ mehr erfordere als Fahrlässigkeit. Angesichts der von der Kl entfalteten Aufklärungsbemühungen könne ihr kein bedingter Vorsatz angelastet werden. In seinen Urteilen vom 21. Juni 2012 Rs. C-80/11 und C-142/11 - Mahagében und Dávid (UR 2012, 591) und vom 6. September 2012 Rs. C-324/11 -Gábor Tóth- (UR 2012, 851) habe der EuGH auch entschieden, dass es der Steuerbehörde obliege, die objektiven Umstände rechtlich hinreichend nachzuweisen, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Liefernden bzw. vom Leistenden oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Die Steuerverwaltung könne von dem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell verlangen, zum einen zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Steuerpflichtiger ist, über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorhergehenden Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen, oder zum anderen entsprechende Unterlagen vorzulegen. Es sei nämlich grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken und gegen den Steuerpflichtigen, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung begangen hat, Sanktionen zu verhängen. Nach Ansicht der Kl steht damit fest, dass der Bekl ihr nicht unter Verweis auf etwaige bloße Zweifel das Recht auf Vorsteuerabzug verwehren kann. Sie habe sämtliche Sorgfaltspflichten erfüllt, indem sie die ihr möglichen und zumutbaren Aufklärungsmöglichkeiten wahrgenommen habe. Ihr, der Kl, mehr abzuverlangen, verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot. Im Ergebnis würde ihr die gesamte Verantwortung für die Zahlung der Mehrwertsteuer auferlegt.
74 
Entgegen dem Vorbringen des Bekl sei es in der Branche der Kl nicht üblich, Recherchen zur Markttätigkeit des Lieferanten vorzunehmen, dessen Betriebssitz durch Außendienstmitarbeiter überprüfen, Nachforschungen über dessen Vorlieferanten anstellen und die Ursachen signifikanter Umsatzsteigerungen aufklären. Selbst wenn man unterstelle, dass Branchenunternehmen solche weitergehenden Überprüfungsmaßnahmen vorgenommen hätten, könne diese Tatsache die Sorgfaltsanforderungen an die Kl nicht erhöhen. Der Sorgfaltsmaßstab ergebe sich allein aus den Vorgaben der bereits zitierten EuGH-Rechtsprechung. Darüber hinaus sei fraglich, ob die vom Bekl aufgezeigten Maßnahmen geeignet seien, einen Umsatzsteuerbetrug des Lieferanten auszuschließen. Mit der Unterstützung der Finanzbehörden habe die Kl nicht rechnen können. Als sie sich in einzelnen Verdachtsfällen an die Steuerfahndung und die Kriminalpolizei gewandt habe, sei ihr unter Hinweis auf das Steuergeheimnis Hilfe versagt worden. Es sei im Hause der Kl üblich gewesen, dass die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten abgebrochen wurden, wenn diese in den Verdacht der Steuerhinterziehung geraten seien. Bei einer Lieferantin habe die Kl die Umsatzsteuer sogar selbst an das Finanzamt abgeführt, um sicherzustellen, dass diese ihren umsatzsteuerrechtlichen Pflichten nachkommt.
75 
Auch die Hinweise des Bekl auf die steuerlichen Risiken beim Ankauf von Altgold und die übergebenen Merkblätter seien nicht dazu geeignet gewesen, die Sorgfaltsanforderungen an die Kl zu erhöhen. Wenn der Bekl einräume, dass seine eigenen Mittel nicht ausreichten, um Umsatzsteuerbetrüger vom Markt fernzuhalten, so könne er diese Defizite nicht durch die Inanspruchnahme der Kl ausgleichen und sie im Falle des Versagens seiner unzumutbaren Prüfungsanforderungen mit dem Risiko nicht abziehbarer Vorsteuer belasten.
76 
Die bei der Kl im Streitzeitraum zu verzeichnenden Umsatzsteigerungen seien kein Indiz für ihre Einbindung in Umsatzsteuerbetrügereien. Umsatzsteigerungen habe es auch bei anderen Unternehmen der Branche gegeben und es sei ja tatsächlich immer Ware geliefert worden. Die Tatsache, dass jemand vom gewohnten Erscheinungsbild anderer Goldlieferanten abweiche, bedeute noch nicht, dass man in ihm einen Steuerhinterzieher sehen müsse. Auch frühe Öffnungszeiten und kundenorientierte Zahlungsmodalitäten seien kein Beleg dafür, dass die Kl mit Umsatzsteuerbetrügereien ihrer Lieferanten gerechnet habe. Aus dem fehlenden Bemühen der Lieferanten um Preisverhandlungen habe die Kl keine Schlüsse ziehen müssen, da allen Kunden der tagesaktuelle Metallpreis abzüglich eines konstanten Satzes vergütet worden sei. Auch ein steuerehrlicher Lieferant habe deshalb einen Profit erzielen können. Die Kunden hätten auch ihre Bankkonten nicht auffällig oft gewechselt. Wenn eine Person über keinen Festnetzanschluss verfüge, begründe dies noch keinen Verdacht der Umsatzsteuerhinterziehung.
77 
Aufgrund des Umstandes, dass Me steuerrechtlich erfasst war, habe die Kll davon ausgehen dürfen, dass er auch zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung berechtigt war. Schließlich habe er dies mit seiner Unterschrift in der Vereinbarung über das Gutschriftverfahren bestätigt. Die Unterschriften auf den verschiedenen von der Telefon GmbH erhobenen Dokumenten zeigten keine Auffälligkeiten, die sich als Vorbereitungshandlungen für künftige Umsatzsteuerhinterziehungen darstellten. Alle Geschäfte, in denen Ku für die Telefon GmbH aufgetreten sei, seien mit deren Einverständnis erfolgt und ordnungsgemäß abgewickelt worden. Der Umstand, dass Öz und Ba dieselbe Geschäftsanschrift und den gleichen Telefonhauptanschluss hätten, sei nicht völlig außergewöhnlich und lasse nicht auf einen beabsichtigten Umsatzsteuerbetrug schließen.
78 
c) Nach Ansicht des Bekl sind bei den Altgoldankäufen von U, P, der Telefon GmbH, Ya, Me, Maker, Ed, Öz und Ba die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht erfüllt. Für Nicht- oder Kleinunternehmer erstellte Gutschriften berechtigten nicht zum Vorsteuerabzug. Der Ausweis der Vorsteuer in einer ordnungsgemäßen Rechnung bzw. Gutschrift sei nach der BFH-Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 1. Juli 2004 V R 33/01 (BStBl II 2004,861) unerlässlich. Die Angaben im Abrechnungspapier hätten eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers zu ermöglichen. Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssten grundsätzlich identisch sein (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 --BStBl II 2004,622-- mit weiteren Nachweisen). Nach dem BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05 (BStBl II 2008, 695) sei in der Rechnung die zutreffende Anschrift anzugeben. Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsstellung keine geschäftlichen Aktivitäten stattfinden, reiche nicht aus (BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BStBl II 1996, 620, und vom 19. April 2007 V R 48/04, BStBl II 2009, 315). Die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen trage der den Vorsteuerabzug Begehrende (z.B. BFH-Beschluss vom 3. August 2007 V B 73/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2007, 2368). Im Streitfall lägen bei den oben genannten Lieferanten der Kl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht vor, weil es sich bei Ya, P und Ed lediglich um Boten und keine selbständigen Unternehmer handle, Me Kleinunternehmer sei und in den Fällen U, Telefon GmbH, Ä alias Maker, Öz und Ba Gutschriften ohne die zutreffenden Anschriften der Unternehmer vorlägen.
79 
Selbst wenn im Streitfall die Rechnungen die Anforderungen der §§ 14 und 14a UStG erfüllen würden, sei der Vorsteuerabzug jedoch zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststehe, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies folge aus den EuGH-Urteilen vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03 - Optigen, und vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 - Kittel/Recolta. Nach Abschnitt 15.2 Abs. 2 Satz 5 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) sei nur derjenige Unternehmer in seinem Vertrauen geschützt, der alle Maßnahmen getroffen habe, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind. Der Umfang der Prüfungspflicht bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalles. In einer als missbrauchsanfällig bekannten Branche seien höhere Sorgfaltsanforderungen zu stellen als in anderen Bereichen. Mit diesem eingeschränkten Verlangen setze sich die Finanzverwaltung weder in Widerspruch zur EuGH-Rechtsprechung noch verstoße sie gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der steuerlichen Neutralität, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit.
80 
Durch das Tätigwerden verschiedener Steuerfahndungsstellen in ihrem Hause sei der Kl schon 2008 bekannt geworden, dass es im Zusammenhang mit dem Ankauf von Altgold häufig zu Umsatzsteuerhinterziehungen komme. Am 9. Juli 2010 sei mit ihrer Geschäftsleitung noch einmal ausführlich über die Problematik gesprochen worden; mit einem Schreiben der Steuerfahndung X sei sie darüber informiert worden, welche Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden sollten. Auf die Lieferanten U, P, Telefon GmbH, Ya, Me, Maker, Ed, Öz und Ba träfen jeweils mehrere Punkte zu, die in dem oben beschriebenen Kriterienkatalog der Steuerfahndung X enthalten seien. Bei allen habe es sich um Neukunden gehandelt, die Betriebe seien kurz vor der Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zur Kl entweder gegründet oder branchenfremd erweitert worden und die Liefermengen seien trotz erst kurz zuvor erfolgter Aufnahme des Altgoldhandels auffallend groß gewesen. U, Me, die Telefon GmbH und Ed hätten keine Festnetzverbindungen angegeben, Öz und Ba ihren Geschäftssitz bei einem Büroserviceunternehmen gehabt. Keiner der Betriebe habe Arbeitnehmer beschäftigt, obwohl teilweise auch andere Leistungen angeboten bzw. Altgold in erheblichen Mengen beschafft worden wären. Trotzdem habe sich die Kl bei den genannten Lieferanten darauf beschränkt, sich den Personalausweis, die Gewerbeanmeldung, Dokumente über das Vorhandensein einer Steuernummer und einer Bankverbindung vorlegen und die Lieferanten eine Zustimmungserklärung zur Abrechnung im Gutschriftverfahren unterzeichnen zu lassen.
81 
Obwohl die Kl nach § 148b Gewerbeordnung zur sorgfältigen Prüfung ihrer Lieferanten verpflichtet sei, habe sie im Umgang mit den eingeholten Nachweisen die notwendige Sorgfalt vermissen lassen: Die Behauptung des Geschäftsführers der Kl, er habe mit P in seinem Betrieb gesprochen, sei unglaubhaft. P habe in seiner Vernehmung durch die Steuerfahndung erklärt, nie in X gewesen zu sein. Auf vorgelegten Lichtbildern habe der Geschäftsführer der Kl den P nicht erkannt. Aufgrund der nicht unterzeichneten Vollmacht, der Anlieferung durch eine andere Person (S) und der Übersendung von Mehrfertigung der Gutschriften an diesen müsse davon ausgegangen werden, dass die Kl damit gerechnet habe, dass ihr Vertragspartner tatsächlich ein Hintermann und nicht der als Scheinunternehmer auftretende P sei.
82 
Die vom Geschäftsführer der Telefon GmbH unterschriebene Vollmacht für Ku erstrecke sich nur auf die Aufnahme eines Kooperationsvertrages mit der Kl, berechtige diesen aber nicht zu Goldlieferungen. Bei einem Vergleich der Unterschrift des Geschäftsführers K aus seinem Pass mit der Unterschrift auf der Vollmacht dränge sich der Verdacht auf, dass die Unterschriften nicht von derselben Person stammten. Außerdem seien die Vereinbarungen oder Vollmachten von K nur mit seinem Vornamen sowie mit dem Buchstaben „T“ unterschrieben worden.
83 
Die von Ya vorgelegte Bescheinigung des Finanzamtes W vom 23. Juni 2010 gelte nur für die Einkommensteuer, nicht für die Umsatzsteuer. Die Steuernummer im Firmenstempel weiche von der Steuernummer auf der Bescheinigung des Finanzamtes ab.
84 
Die Bescheinigung des Finanzamts T vom 10. August 2010 für Me enthalte nur die Bestätigung, dass dieser steuerlich geführt werde und verpflichtet sei, eine Anlage EÜR abzugeben. Aus dieser Mitteilung gehe eindeutig hervor, dass er unter dieser Steuernummer nicht umsatzsteuerlich geführt werde. Daraus folge, dass er Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG war.
85 
Öz und Ba hätten die Kl im selben Zeitraum beliefert. Der Kl sei nicht aufgefallen, dass beide denselben Wohnsitz und dieselbe Geschäftsadresse angegeben hätten. Beide hätten ihr Gewerbe am selben Tag angemeldet. Die angegebenen Telefonnummern (Öz: .../...-..., Ba: .../...-xyy) seien beide unter demselben Hauptanschluss gelaufen.
86 
Alle von der Steuerfahndung befragten Lieferanten hätten ausgesagt, sie hätten mit der Kl keine Preisverhandlungen geführt. Dies sei im seriösen Geschäftsverkehr völlig unüblich und für einen verständigen Empfänger der Ware ein klares Indiz dafür, dass der Lieferant seinen Profit aus der später nicht abgeführten Umsatzsteuer erzielen kann und will.
87 
Andere in X ansässige Branchenunternehmen hätten bei ihren Lieferanten Aufklärung über Umsatzsteigerungen verlangt und Nachforschungen über die Vorlieferanten in der Lieferkette angestellt. Sie hätten im Internet recherchiert, ob der Lieferant am Markt auftritt und durch Außendienstmitarbeiter vor Ort die Existenz der Lieferanten überprüft.
88 
Soweit die Kl den Vorsteuerabzug im Billigkeitswege über § 163 AO erreichen wolle und sich auf Vertrauensschutz berufe, könne diesem Begehren nicht entsprochen werden. Vertrauensschutz habe die Kl nicht verdient, weil sie nicht alle Überprüfungsmaßnahmen vorgenommen habe, die vernünftigerweise von ihr hätten verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Angaben ihrer Lieferanten zu überzeugen. Außerdem halte der Bekl daran fest, dass über einen Erlass nach § 163 AO in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sei.
89 
d) Die Kl beantragt,
90 
den Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 16. August 2012 dahin zu än- dern, dass die abziehbare Vorsteuer um ...,... EUR erhöht wird,
91 
hilfsweise: die Revision zuzulassen.
92 
Für den Fall der Klagabweisung beantragt die Kl dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Entscheidung vorzulegen:
93 
1. Ist der Vorsteuerabzug auch dann zu versagen, wenn neben dem Käufer auch das Finanzamt von einem Betrug auf der Vorebene hätte wissen müssen, da dem Finanzamt die Lieferanten bekannt waren und das Finanzamt von der Betrugsanfälligkeit von Liefervorgängen im Goldbereich wusste?
94 
2. Ist bei der Frage des Gutglaubensschutzes eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, in besonderer Weise bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen?
95 
Der Bekl beantragt,
96 
die Klage abzuweisen,
97 
hilfsweise: die Revision zuzulassen.
98 
Der dargestellte Sachverhalt beruht auf dem Inhalt der Akten (4 Bände Gerichtsakten nebst 2 Stehordnern mit Anlagen zu in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätzen, 1 Band Umsatzsteuerakten, 4 Bände Rechtsbehelfsakten), den Einlassungen des Geschäftsführers der Kl in der mündlichen Verhandlung und auf den Aussagen der dort vernommenen Zeugen. Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, die Protokolle der mündlichen Verhandlung und auf die Tonaufzeichnungen der Zeugenaussagen Bezug genommen.
99 
Der Senat hat in der Sache am 20. Juni 2013 mündlich verhandelt. In der damaligen Sitzung übergaben die Klägervertreter einen 28-seitigen Schriftsatz mit Beweisanträgen. Der Senat beschloss am 26. Juni 2013, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen und P, sowie die bei der Kl angestellten An, Ri und Schm als Zeugen zu laden. Der Zeuge P erwies sich als unauffindbar. Mit Beweisbeschluss vom 23. August 2013 beschloss der Senat deshalb, den Steuerfahnder St als Zeugen zu vernehmen, der gegen P ermittelt und an dessen Vernehmung am 19. Mai 2011 teilgenommen hatte.
100 
Infolge des zeitlichen Abstandes zur mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2013 musste die mündliche Verhandlung am 18. September 2013 in anderer Senatsbesetzung neu begonnen werden. Am 18. September 2013 wurden Steuerfahnder St sowie die bei der Kl beschäftigten Zeugen An, Ri und Schm vernommen. Aufgrund eines von der Kl gestellten Beweisantrages hat der Senat mit Beschluss vom 27. September 2013 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und beschlossen, den Umsatzsteuer-Sonderprüfer Fe vom Finanzamt H zum Sachverhalt „U“, den Steuerfahnder Sa vom Finanzamt S zum Sachverhalt P sowie die Goldanlieferer Ya und Ed als Zeugen zu vernehmen. Mit Beweisbeschluss vom 11. Oktober 2013 beschloss der Senat, auch den für P aufgetretenen S als Zeugen zu hören. Nachdem die Anwältin des S glaubhaft dargelegt hatte, dass gegen diesen wegen des Beweisthemas ein Steuerstrafverfahren anhängig sei, wurde S gemäß § 82 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. mit § 386 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) von seiner Zeugenpflicht befreit. Im Fortsetzungstermin am 24. Oktober 2013 wurden die Zeugen Fe, Sa und Ya vernommen. Weil der gleichfalls geladene Zeuge Ed nicht erschienen war, musste am 15. November 2013 ein weiterer Fortsetzungstermin angesetzt werden. Dort wurde neben ihm auch der Steuerfahnder Sb vom Finanzamt H vernommen. Ferner wurde der Aktenvermerk der Prüferin In vom 15. Dezember 2010 betreffend die Telefon GmbH verlesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
101 
Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet. Zwar sind U, P, die Telefon GmbH, Ya, Me, Ed und die Personen, welche sich hinter den Falschnamen „Maker“„ Öz“ und „Ba“ verbergen, der Kl gegenüber als Unternehmer aufgetreten. Soweit es um den Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen von „Maker“, „Öz“, „Ba“ , U und der Telefon GmbH geht, fehlt es jedoch an der Voraussetzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG i. V. m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, wonach die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten muss. In Bezug auf P mangelt es an einer Rechnung, weil die Kl die Gutschrift ohne dessen Einwilligung ausgestellt hat. Me war Kleinunternehmer und durfte daher keine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausstellen. Dementsprechend war es der Kl nicht erlaubt, eine entsprechende Gutschrift zu fertigen und sie zum Vorsteuerabzug zu benutzen. Der Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen des Ya und des Ed ist zu versagen, weil die Geschäftsführung hätte erkennen müssen, dass sich die Kl mit den Erwerben an Umsätzen beteiligte, die in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.
102 
1. Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 2008 (UStG) die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Wer bei einem Umsatz als „anderer Unternehmer“ anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 m.w.N.); dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (BFH-Beschluss in BStBl II 2004, 622 unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 2001 V B 198/00, BFH/NV 2002, 78, unter 3. b; vom 25. Juni 1999 V B 107/98, BFH/NV 1999, 1649). Aus welchen Gründen der Hintermann im Verhältnis zum Dritten, dem Vertragspartner des Strohmanns und Leistungsempfängers, als Leistender nicht in Erscheinung treten will, ist für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern regelmäßig ohne Bedeutung. Auch dass der Strohmann, der das Rechtsgeschäft für Rechnung des Hintermannes abschließt, wirtschaftlich am Erfolg des zwischen ihm und dem Dritten wirksamen Rechtsgeschäftes nicht oder ggf. nur in Form einer "Provision" für seine Strohmann-Dienste teilhaben soll, berührt nicht die Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen Strohmann und Drittem, sondern nur die Frage, ob auch zwischen dem Hintermann und dem Strohmann eine entgeltliche Leistung --in der Regel ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (vgl. § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--)-- vorliegt.
103 
Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft --zivilrechtlich und (umsatz-)steuerrechtlich (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--)-- allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d.h. wenn die Vertragsparteien --der Strohmann und der Dritte-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Dritten und dem Hintermann eintreten sollen (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 unter Hinweis auf das BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238 und Kramer in MünchKomm, § 117 BGB Rz. 12, 15, m.w.N.). Dementsprechend kommt umsatzsteuerrechtlich eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Bestimmung der Person des leistenden Unternehmers in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 353; BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 611).
104 
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind --unabhängig davon, welche Namen sie im Geschäftsverkehr verwendet haben-- U, die Telefon GmbH, Ya, Me, Ed und die Personen, welche sich hinter den Falschnamen „Maker“„ Öz“ und „Ba“ verbergen, als die leistenden Unternehmer anzusehen. Denn sie sind gegenüber der Kl im eigenen Namen aufgetreten. Wie von § 2 Abs.1 Satz 1 UStG für die Unternehmereigenschaft verlangt, haben sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Die Nachhaltigkeit ihrer Altgoldhandelsgeschäfte haben sie in allen streitgegenständlichen Fällen durch die Erklärung der entsprechenden Absicht in ihren Gewerbeanmeldungen und durch ihr wiederholtes Auftreten als Lieferanten zum Ausdruck gebracht.
105 
Entgegen der Ansicht des Bekl ist auch P als an die Kl leistender Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG anzusehen. Wenn die Kl dessen Identität nicht mit der erforderlichen Sorgfalt überprüfte, bedeutet dies nicht, dass es ihr gleichgültig war, ob P oder ein Hintermann ihr Vertragspartner war. Dies folgt daraus, dass sie sich die bei ihr bei Goldanlieferungen üblichen Nachweise für die Person P geben ließ und dementsprechend auch eine den Namen „P“ tragende „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Angesichts des Umstandes, dass die Gutschriften an die Anschrift P‘s versandt wurden, der für ihn berechtigterweise auftretende S aber nur Mehrfertigungen derselben erhielt, ist der Schluss nicht gerechtfertigt, die Kl sei davon ausgegangen, dass P nur ein Scheinunternehmer und ihr wahrer Vertragspartner ein Hintermann sei.
106 
2. a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs weiter voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG muss die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Dies entspricht den Vorgaben der Art 178 Bstb. a und 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie). Da gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG eine Rechnung auch von einem nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zur Ausstellung von Rechnungen berechtigten Leistungsempfänger ausgestellt werden kann, sofern dies vorher vereinbart wurde, muss auch eine auf solche Weise entstandene sog. Gutschrift die Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllen. Dies folgt auch aus Art 220 Abs. 1 Nr. 1, 224 und 226 Nr. 5 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.
107 
Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssen grundsätzlich identisch sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. April 2001 V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307; vom 1. Februar 2001 V R 6/00, BFH/NV 2001, 941; vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628, m.w.N.). Die Angaben im Abrechnungspapier müssen deshalb eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglichen (BFH-Urteile vom 29. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, und vom 17. September 1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205, jeweils m.N.; BFH-Beschluss vom 2. Juli 1999 V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652; vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2001 V R 50/99, BFHE 194, 536 --zur Bezeichnung des Leistungsempfängers--).
108 
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen der hinter den Namen „Maker“, „Öz“ und „Ba“ stehenden Personen nicht möglich. Den Altgoldlieferanten „K. Maker“ gibt es nicht, der nach den unter I. 1. dargestellten Gründen als Unternehmer zu betrachtende Herr Ä hat einen Falschnamen benutzt. Dies gilt auch für die bisher noch nicht festgestellte Person, die einen gefälschten ausländischen Pass mit dem Namen „Öz“ gebrauchte und Herr Gü, der sich als „Ba“ ausgab. Die Ansicht der Kl, in Anwendung der Grundsätze der oben dargestellten „Strohmann-Rechtsprechung“ sei es für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers unschädlich, wenn der leistende Unternehmer einen falschen Namen benutze, teilt der Senat nicht. Eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers wäre dadurch nicht gewährleistet.
109 
c) U ist gegenüber der Kl zwar mit ihrem richtigen Namen aufgetreten, doch fehlt es für den Vorsteuerabzug an ihrer vollständigen Anschrift. Nach der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass sie in der ... Weg x in H weder gewohnt noch das behauptete Gewerbe „U Schmuck“ betrieben hat. Die vom Zeugen Fe berichteten Aussagen der Vermietungsgesellschaft und der „Nachbarin“ M offenbaren den von U beim Gewerbeamt vorgelegten Mietvertrag als Fälschung und die gegenüber der Kl angegebene Anschrift als Lüge. Ist eine Anschrift bewusst falsch erklärt, ist sie nicht „vollständig“ im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Abzug der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer ist nur möglich, wenn die in der Gutschrift als leistender Unternehmer bezeichnete Person die dort ausgewiesenen Umsätze ausgeführt hat und wenn diese Voraussetzungen anhand der Angaben in der Gutschrift durch die Finanzverwaltung nachgeprüft werden können. Davon ist nach der vom Senat geteilten Auffassung des BFH nicht auszugehen, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des leistenden Unternehmers bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich nicht bestanden hat (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 941; Senatsbeschlüsse vom 14. März 2000 V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252; vom 11. März 1999 V B 135/98, BFH/NV 1999, 1253; Senatsurteil vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620).
110 
d) § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG steht auch dem Vorsteuerabzug aus den für die Telefon GmbH erstellten Gutschriften im Wege. Eine Rechnung enthält nur dann den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers, wenn die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angegeben ist. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bedeutet dies, dass der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich bestanden haben muss. Der sog. Sofortabzug der Vorsteuer gebietet es, dass der Finanzverwaltung eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglicht wird (BFH-Urteil vom 06. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584; vom 17. September 1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils mit Nachweisen). Eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohfirma" charakteristisch ist, ist nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit i. S. von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) anzusehen. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ist ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C-73/06, Planzer Luxembourg Sarl (BFH/NV Beilage 2007, 418, UR 2007, 654).
111 
Aus den Feststellungen der Prüferin In vom Finanzamt für Körperschaften in Z ergibt sich zweifelsfrei, dass die der Kl genannte Anschrift der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z einen bloßen Scheinsitz darstellt. Die Inhaberin des dort ansässigen Büroserviceunternehmens Frau B erklärte, dass Telefon GmbH-Geschäftsführer K dort lediglich in regelmäßigen Abständen die Post abgeholt, aber keine wirtschaftlichen Tätigkeiten für die Gesellschaft entfaltet habe. Eine unternehmerische Tätigkeit in Form von Geschäftsleitung, Behördenkontakten oder Zahlungsverkehr fand dort nicht statt. Der Inhalt des im Aktenvermerk der Prüferin In wiedergegebenen Gesprächs mit Telefon GmbH-Geschäftsführer K zwingt zu dem Schluss, dass die Telefon GmbH im Zusammenhang mit den Goldlieferungen an die Kl ohnehin keine nennenswerten eigenen Initiativen entfaltet hat, sondern sich in Geschäfte einspannen ließ, deren Ablauf von anderen organisiert wurde. Der ihr verbleibende Rest an wirtschaftlicher Tätigkeit wurde jedenfalls nicht am angeblichen Sitz in der ... Allee x in Z, sondern am jeweiligen Aufenthaltsort des Geschäftsführers ausgeübt.
112 
3. Für den Vorsteuerabzug aus den Lieferungen des P fehlt es an einer Rechnung des leistenden Unternehmers. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kann eine Rechnung zwar auch von einem gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zur Ausstellung von Rechnungen berechtigten Leistungsempfänger ausgestellt werden. Allerdings muss dies vorher vereinbart sein. Daran fehlt es. Der Zeuge Steuerfahnder Sa hat bezeugt, dass P im Rahmen der Ermittlungen angegeben habe, nie selbst bei der Kl in X gewesen zu sein und den Geschäftsführer der Kl auch nie selbst getroffen zu haben. An der Glaubwürdigkeit dieser Aussage hat der Senat keine Zweifel. Dafür spricht auch der Umstand, dass auf der „Vollmacht“, welche sich die Kl sonst von allen Goldanlieferern unterzeichnen ließ, ein Datum und die Unterschrift P‘s fehlen. Außerdem hat P bei seiner Vernehmung am 19. Mai 2011 ausgesagt, die Unterschrift auf der von der Kl verlangten „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ vom 11. Mai 2010 stamme nicht von ihm, was bei einem Vergleich der dortigen Unterschrift mit nachweislich von P stammenden Unterschriften offenkundig ist.
113 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ist für die Wirkung einer Gutschrift als Rechnung erforderlich, dass vorher vereinbart wurde, dass der Leistungsempfänger die Rechnung über die an ihn erfolgte Lieferung ausstellen darf. Diese Vereinbarung kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben, ist an keine besondere Form gebunden und kann auch mündlich getroffen werden (vgl. A 14.3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass --UStAE--). Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG ist für die Wirksamkeit einer Gutschrift ferner Voraussetzung, dass sie dem leistenden Unternehmer übermittelt worden ist und dieser dem ihm zugeleiteten Dokument nicht widerspricht. Die Übermittlung einer Gutschrift setzt voraus, dass sie dem leistenden Unternehmer so zugänglich gemacht worden ist, dass er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 56, 93, BFHE 176, 285; BStBl II 1995, 275).
114 
Laut der aus den oben dargelegten Gründen glaubhaften Aussage des P hat er die „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ vom 11. Mai 2010 nicht unterschrieben, so dass es an einer ausdrücklichen Zustimmung des P zur Rechnungsausstellung fehlt. Die dort vermutlich von S gemachte Willenserklärung kann ihm auch nicht über die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zugerechnet werden. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 07. April 2011 – V R 44/09 –, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954 unter Hinweis auf die Urteile des BFH vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432, und des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275). Der Senat sieht P zwar als leistenden Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG an, weil durch die von ihm gebilligte Vorlage seiner Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU, seiner Gewerbeummeldung, seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und weiterer Unterlagen bei der Kl der Eindruck erweckt worden ist, er sei ihr Vertragspartner. Dies beinhaltet aber nicht die Schlussfolgerung, er hätte es deshalb wissentlich geschehen lassen, dass S oder eine andere Person mit seinem --P‘s-- Namen die Gutschriftsvereinbarung für ihn verbindlich unterschrieben. Die Kl selbst legte zu Recht Wert darauf, dass die ihren Lieferanten vorgelegten „Bestätigungen und Vereinbarungen betreffend Gutschriftsabrechnung“ deren Namen trugen. Dass sie auf persönlichen Willenserklärungen ihrer Vertragspartner bestand, verdeutlicht der Umstand, dass sie diese Vollmachten unterschreiben ließ, wenn andere Personen in deren Namen bei ihr auftreten wollten. Bei den für P erfolgten Anlieferungen zeigte sie sich insoweit gleichgültig. An einer ausdrücklichen Bevollmächtigung der S durch P fehlt es, die Ankündigung der S, P wolle bei der Kl vorbeikommen, erfüllte sich nicht. Indem die Kl ihren eigenen Sorgfaltsmaßstäben zuwider handelte und nicht auf dem Erscheinen P‘s zur Vervollständigung der Vollmachtsurkunde und der Bestätigung seiner Unterschrift auf der Gutschriftsvereinbarung bestand, durfte sie nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, dass P dulde, dass ein anderer für ihn umsatzsteuerrechtliche Verpflichtungen aus einer Gutschriftsvereinbarung begründet. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters (BFH-Urteil vom 07. April 2011 – V R 44/09 –, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954). Aus dem Umstand, dass bei P geöffnete Umschläge mit Gutschriften gefunden wurden, könnte zwar gefolgert werden, dass er bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, dass die Kl in seinem Namen im Gutschriftsverfahren abrechnet. Auf Seiten der Kl gilt jedoch das zur Duldungsvollmacht Ausgeführte. Ihr Verzicht auf einen persönlichen Kontakt zu P verwehrt ihr nach Treu und Glauben die Befugnis zur Annahme, P dulde und billige das Handeln der für ihn auftretenden Personen auch insoweit.
115 
4. Aus den Goldlieferungen des Me darf die Kl keine Vorsteuer abziehen, da dieser im Streitzeitraum als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG zu behandeln ist.
116 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. In diesem Sinne nicht „gesetzlich geschuldet“ sind Umsatzsteuerbeträge, die ein Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG gesondert in Rechnung gestellt hat. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird von Unternehmern, die im Inland ansässig sind, die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn ihr Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Um einen Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger zu verhindern, finden auf solche Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG die Vorschriften über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) keine Anwendung. Weist ein Kleinunternehmer in einer Rechnung dennoch gesondert Umsatzsteuer aus, schuldet er den ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG (BFH-Urteil vom 25. September 2013 XI R 41/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 2565). Das Recht zum Vorsteuerabzug für den Leistungsempfänger wird dadurch aber nicht begründet (ebenso Finanzgericht --FG--Nürnberg, Urteil vom 18. Oktober 2005 II 364/2004, DStR-Entscheidungsdienst --DStRE-- 2006, 682).
117 
Me hatte seinen Handwerksbetrieb am 10. März 2009 begonnen. Ob er im dem Streitzeitraum 2010 vorangegangenen Kalenderjahr 2009 den auf das Kalenderjahr hochgerechneten Gesamtumsatz in Höhe von 17.500 EUR überschritten hat, lässt sich nicht feststellen, da er für das Jahr 2009 weder eine Gewinnermittlung noch eine Umsatzsteuererklärung abgegeben hat. Da Me zu diesem Zeitraum noch nicht mit Edelmetallen handelte, sieht der Senat aber keinen Anlass, von einem höheren Umsatz auszugehen, zumal er im Fragebogen zu seiner steuerlichen Erfassung angegeben hatte, als Kleinunternehmer handeln zu wollen. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Me schon zu Beginn des Kalenderjahres 2010 erwartete, die Umsatzschwelle von 50.000 EUR zu überschreiten. Erst am 22. Juli 2010 erweiterte er seinen Tischlerbetrieb um den Handel mit Edelmetall und schuf damit die Voraussetzung für höhere Umsätze. Me war damit im Kalenderjahr 2010 noch Kleinunternehmer, auch wenn im Laufe des Jahres sein Gesamtumsatz durch die Goldgeschäfte mit der Kl die 50.000 EUR-Grenze überschritt. Einen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG möglichen Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung hat Me nicht erklärt.
118 
5. a) Bei den Altgoldlieferungen des Ya und des Ed liegen auf den ersten Blick sämtliche Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor. Obwohl sie von Hintermännern gesteuert wurden, sind Ya und Ed gemäß den oben stehenden Ausführungen als leistende Unternehmer anzusehen, weil sie gegenüber der Kl mit ihren eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgetreten sind. Sie haben für das Unternehmen der Kl Altgold geliefert und die Kl auf ihre, Yas und Ed‘s richtige Namen Gutschriften mit ihren zutreffenden Anschriften ausstellen lassen. Die Gutschriften erfüllen die Anforderungen des § 14 UStG und weisen die Umsatzsteuer gesondert aus. Trotzdem ist der Vorsteuerabzug zu versagen, weil der Geschäftsführer der Kl hätte erkennen müssen, dass sie sich mit den Erwerben von Ya und Ed an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Seinen Sinn verliert das von der EuGH-Rechtsprechung in besonderem Maße geschützte Vorsteuerabzugsrecht durch die vom Senat angestellte Beweiswürdigung nicht (s. dazu das EuGH-Urteil vom 31. Januar 2013 Rs. C-643/11, LVK - 56 EOOD (UR 2013, 346). Der Senat bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des EuGH, der in Fällen des Missbrauchs ebenfalls von einem Vorsteuerabzugsverbot ausgeht.
119 
b) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 12.Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a. (Slg. 2006, I-483; BFH/NV Beilage 2006, 144)und vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a. (Slg. 2006, I-6161; BFH/NV Beilage 2006, 454, Umsatzsteuer- Rundschau --UR-- 2006, 594) ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 78/07 (BFH/NV 2010, 2132), dem der Senat folgt, ist der Kl dabei nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), sondern auch das ihrer für die betreffenden Geschäfte zuständigen sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen. Ob ein Steuerpflichtiger wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, ist im Wesentlichen tatsächliche Würdigung, die dem Finanzgericht obliegt. Nach Auffassung des BFH trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auch insoweit, als es um das Wissen oder Wissenkönnen vom Tatplan eines Vor- oder Nachlieferanten geht (BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04).
120 
Wie schon früher hat der EuGH auch in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 (Amtsblatt --ABl EU 2013, Nr C 26, UR 2013, 195) auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach es ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt, dass die Steuerpflichtigen von der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuer abziehen dürfen, die für die von ihnen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe erworbenen Gegenstände und empfangenen Dienstleistungen als Vorsteuer geschuldet wird oder entrichtet wurde. Der Gerichtshof habe wiederholt entschieden, dass das in den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112 geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer sei und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden könne. Insbesondere könne dieses Recht für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden. Durch die Abzugsregelung solle der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleiste völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterlägen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet wurde, tatsächlich an den Fiskus entrichtet worden sei, sei für das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung.
121 
Der EuGH stellt allerdings auch klar, dass sich die Rechtsbürger nicht auf die Bestimmungen des Unionsrechts berufen können, wenn sie dies in betrügerischer oder missbräuchlicher Absicht tun. Denn die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen sei ein Ziel, das von der Richtlinie 2006/112 anerkannt und gefördert werde (Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 mit weiteren Nachweisen). Daher haben die nationalen Behörden und Gerichte den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird. Nach Ansicht des EuGH ist ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Richtlinie 2006/112 als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt (EuGH-Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 mit weiteren Nachweisen). Steht aufgrund objektiver Umstände fest, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem Erwerb dieser Gegenstände oder der Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen an einem Umsatz beteiligte, der in eine vom Lieferer bzw. vom Leistenden oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Liefer- oder Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, ist ihm der Vorsteuerabzug zu verweigern. Da die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts eine Ausnahme vom Grundprinzip ist, das dieses Recht darstellt, obliegt es nach Ansicht des EuGH den zuständigen Steuerbehörden, die objektiven Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, rechtlich hinreichend nachzuweisen. Der erkennende Senat teilt die dargelegte Rechtsansicht des EuGH. Wer den Urhebern einer Steuerhinterziehung zur Hand geht und sich ihrer mitschuldig macht, verwirkt sein Recht auf den Vorsteuerabzug. Eine solche Auslegung wirkt auch betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwert (vgl. dazu das EuGH-Urteil vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161; BFH/NV Beilage 2006, 454, UR 2006, 594).
122 
c) Nach Ansicht des Senats ist hinreichend nachgewiesen, dass die Kl hätte wissen müssen, dass die zur Begründung ihres Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemachten Umsätze mit Ya und Ed in eine von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen waren. Die Lieferungen von Ya und Ed fanden im Zeitraum zwischen dem 26. Juli 2010 und 17. Dezember 2010 statt. Schon seit 2008 hatte die Steuerfahndung im Hause der Kl gegen mehrerer ihrer Lieferanten wegen Umsatzsteuerhinterziehung ermittelt und dies dem Geschäftsführer der Kl mitgeteilt. Am 14. November 2008 hatte die Steuerfahndung den Geschäftsführer der Kl darüber informiert, in welcher Weise der Handel mit Altgold zum Umsatzsteuerbetrug genutzt werde. Der Geschäftsführer der Kl hat beim Senat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck eines geschäftserfahrenen Mannes hinterlassen. Es konnte ihm schon damals nicht verborgen geblieben sein, dass er als letztes Glied in der Handelskette eine wichtige Rolle für den Erfolg des Geschäftsmodells „Umsatzsteuerbetrug durch Altgoldhandel“ spielen könnte. Denn er war es, der über den Ankaufspreis für das Altgold die finanziellen Mittel zur Verfügung stellte, welche in der Lieferantenkette sich verbergende kriminelle Hintermänner abschöpften, indem sie ihre Umsätze nicht erklärten. Schon im November 2008 hatte die Steuerfahndung darauf hingewiesen, dass es als Warnsignal für einen mit Umsatzsteuerhinterziehungen behafteten Goldhandel verstanden werden müsse, wenn Anbieter mit ausländischen Wurzeln in großen Mengen Altgold lieferten, obwohl sie erst wenige Wochen zuvor in den Goldhandel eingestiegen waren. Auf den Hinweis, dass für solche Geschäfte eine schnelle Zahlungsabwicklung charakteristisch und von besonderer Bedeutung sei, reagierte der Geschäftsführer der Kl nicht etwa mit gesteigerter Sorgfalt und Misstrauen gegenüber seiner neuen Klientel von Lieferanten. Das Gegenteil war der Fall. Als die Hausbank der Kl Anfang 2009 darauf drängte, die Zahlung mit Barschecks auf Überweisungen umzustellen, um sich der Anwesenheit der ihr unseriös vorkommenden Lieferanten der Kl zu entledigen, reagierte die Kl damit, dass sie zu Gunsten ihrer Lieferanten ihre Annahmezeiten vorverlegte. Sie zeigte damit, dass es ihr gleichgültig war, wo das Altgold herkam, mit dem sie ihre Umsätze steigern konnte, und ob dies auch mit der Unterstützung von Umsatzsteuerhinterziehern verbunden war oder nicht. Bei der am 9. Juli 2010 stattgefundenen Besprechung mit den Vertretern der Finanzverwaltung wurde der Geschäftsführer der Kl darauf hingewiesen, dass die Personen, die bei den Goldankäufern als Lieferanten auftauchten, gemessen an dem avisierten Geschäftsumfang, weder über ausreichende Branchen- oder Materialkenntnisse noch über kaufmännische Kenntnisse verfügten. Branchenbezogene Testfragen, Fragen zu bisherigen Tätigkeiten und nach den Gründen für den Einstieg in den Edelmetallhandel seien deshalb ein gutes Mittel, um herauszufinden, ob es sich um seriöse Goldhändler oder um Personen handelte, welche von Hintermännern mit unlauteren Absichten vorgeschickt wurden. Mit dieser Empfehlung wurde von der Kl nichts verlangt, was unverhältnismäßig gewesen wäre oder gegen das Übermaßverbot verstieße. In seiner Entscheidung vom 21. Juni 2012 Rs. C-80/11 und C-142/11 - Mahagében und Dávid (UR 2012, 591) hat der EuGH unter der Rz. 59 ausgeführt, dass es wesentlich von den jeweiligen Umständen abhängt, welche Maßnahmen im konkreten Fall vernünftigerweise von einem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, um sicherzustellen, dass dessen Umsätze nicht in einen von einem Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Betrug einbezogen sind. Zu diesen Umständen gehört auch, ob der Steuerpflichtige bereits über Strukturen informiert ist, die typischerweise zu kriminellen Handlungen genutzt werden. Wer wie beim Handel mit Gold mit wenigen, kurzfristig abzuwickelnden Umsätzen hohe Umsatzsteuerbeträge schafft, hat ebenfalls eine größere Sorgfaltspflicht als derjenige, dessen Erwerbe sich im Umsatzbereich drei- oder vierstelliger Eurobeträge bewegen. Zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht muss auch der persönliche Eindruck führen, den die Geschäftspartner beim Steuerpflichtigen und seiner Umgebung hinterlassen. Die Kl hatte sich ab 2008 auf Altgoldlieferanten eingelassen, deren Erscheinungsbild und Auftreten nicht nur in Bankenkreisen, sondern auch bei ihren Arbeitnehmern höchstes Misstrauen erregte. Der Senat hat Letzteres aus der Vernehmung der Zeugen An, Ri und Schm erfahren. Selbst der im Zeitpunkt seiner Vernehmung als einziger der drei genannten Zeugen noch bei der Kl beschäftigte und sich daher merklich zurückhaltende Zeuge Ri räumte ein, dass wegen der neuen Lieferanten im Hause der Kl Unbehagen geherrscht habe. Deutlicher wurden die nicht mehr für die Kl tätigen Zeuginnen An und Schm, die darüber berichteten, dass das Problem auch mit dem Chef, dem Geschäftsführer der Kl erörtert worden sei, der aber lautstark klargestellt habe, dass er der Chef sei und selbst bestimme, mit wem er Geschäfte mache. Selbst der Zeuge Ed, obwohl selbst Lieferant, erklärte, er habe auf dem Parkplatz der Kl andere Goldlieferanten getroffen, denen er selbst niemals Gold anvertraut hätte. Im Falle Ya‘s und Ed‘s wäre es für den branchenerfahrenen Geschäftsführer der Kl ein Leichtes gewesen, in einem ernsthaft geführten Gespräch mit beiden zu erkennen, dass diese niemals in der Lage waren, den von ihnen angemeldeten Goldhandel selbst zu organisieren. Der Senat hat Ya und Ed in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen und sie über ihre Fachkenntnisse und die Art und Weise befragt, mit der sie ihren Goldhandel betrieben. Zum Inhalt ihrer Aussagen im Einzelnen wird auf die Tonaufzeichnungen Bezug genommen. Die Aussagen lassen sich dahin zusammenfassen, dass sie beide Zeugen als einfach strukturierte Persönlichkeiten offenbaren, bei denen Fachkenntnisse praktisch nicht vorhanden waren, beide von Hintermännern losgeschickt wurden und beide niemals in der Lage gewesen wären, einem Dritten vernünftig zu erklären, welchen wirtschaftlichen Zweck ihre Einschaltung haben sollte. Bei Ya kam noch hinzu, dass er die deutsche Sprache nur unzureichend beherrscht.
123 
Die Kl kopierte zwar den Pass Yas, dessen am 2. Juni 2010 bei der Stadt D erfolgte Gewerbeanmeldung, eine Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010, dass Ya unter der Steuernummer .../... für die Einkommensteuer geführt werde und dessen VR-BankCard. Von Ed fertigte sie Kopien der Gewerbeanmeldung und seines Ausweises und überprüfte die Bankkarte. Sie ließ sich ferner eine vom Finanzamt K gefertigte Mitteilung geben, wonach Ed die Steuernummer .../... erhalte und eine Bescheinigung des Finanzamtes K vom 22. Oktober 2010, dass er unter der genannten Steuernummer auch für Umsatzsteuerzwecke geführt werde. Auch den Verantwortlichen der Kl musste aber klar sein, dass angesichts der erst wenige Wochen zuvor erfolgten Gewerbeanmeldungen Ya‘s und Ed‘s den Bescheinigungen der Finanzämter nur wenig Aussagekraft über die Seriosität der beiden Goldhändler beizumessen war; darauf war der Geschäftsführer der Kl bei dem Gespräch am 9. Juli 2010 auch hingewiesen worden. Hätte der Geschäftsführer der Kl die ihm von Seiten der Finanzbehörde empfohlenen Aufnahmegespräche geführt, so hätte eine kritische Bewertung des Ergebnisses vor dem Hintergrund seiner Berufserfahrungen und der ihm bekannt gemachten typischen Vorgehensweise bei Umsatzsteuerbetrügereien im Altgoldbereich ihn abhalten müssen, von Ya und Ed Altgold anzunehmen.
124 
d) Die Kl hat für den Fall der Klagabweisung beantragt, dem EuGH die Fragen zur Entscheidung vorzulegen, ob erstens der Vorsteuerabzug auch dann zu versagen ist, wenn neben dem Käufer auch das Finanzamt von einem Betrug auf der Vorebene hätte wissen müssen, da dem Finanzamt die Lieferanten bekannt waren und das Finanzamt von der Betrugsanfälligkeit von Liefervorgängen im Goldbereich wusste, und zweitens, ob bei der Frage des Gutglaubensschutzes eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, in besonderer Weise bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen ist.
125 
Der Senat hält die Vorlage an den EuGH nicht für erforderlich. Zu Frage 1 ist schon nicht ersichtlich, welche Lieferanten gemeint sind, die dem Finanzamt auf der „Vorebene“ bekannt gewesen sein sollen und zu welchem Zeitpunkt. Selbst wenn ein solcher Fall vorläge, könnte dies aber einen Steuerpflichtigen nicht entlasten, der hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemachte Umsatz in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Wer rechtsmissbräuchlich handelt, kann sich nicht darauf berufen, er dürfe dies solange tun, bis er in seinem Handeln aufgehalten werde. Eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, ist selbstverständlich „in besonderer Weise“ bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen. Allerdings bewirkt sie keine Bindungswirkung in der Weise, dass ohne Berücksichtigung der weiteren Umstände der Vorsteuerabzug bedingungslos zu gewähren wäre. Bei der Bewertung der Bescheinigung ist nicht nur der zeitliche Abstand zwischen ihrer Erteilung und der Gewerbeanmeldung zu berücksichtigen, sondern auch der Umstand, dass eine Steuernummer praktisch nicht verweigert werden kann (zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer siehe das EuGH-Urteil vom 14. März 2013 C-527/11, UR 2013, 392). Eine ebenso gewichtige Rolle für die an den Steuerpflichtigen zu stellenden Sorgfaltsanforderungen spielen Art und Höhe der Umsätze sowie das Auftreten und die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften der Vertragspartner.
126 
6. Soweit in den Erwerben von „Maker“, „Öz“ und „Ba“ sowie von U, der Telefon GmbH, P und Me die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug fehlen, kann dieser Mangel nicht durch ein Schutz des guten Glaubens an deren Erfüllung korrigiert werden. Macht der Steuerpflichtige geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, handelt es sich um einen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO. Ein solcher ist im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes nicht vorgesehen (BFH, Beschluss vom 12. Dezember 2012 V B 70/12,BFH/NV 2013, 515 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2010 V B 134/09, BFH/NV 2011, 326). Die Billigkeitsentscheidung ist zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden, gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 326). Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens nur die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. In diesem Verfahren kann eine Billigkeitsmaßnahme nicht erreicht werden.
II.
127 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
III.
128 
Die Revision wird nicht zugelassen. Ein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor. Das Urteil des Senats bewegt sich innerhalb der einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des EuGH.

Gründe

 
I.
101 
Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet. Zwar sind U, P, die Telefon GmbH, Ya, Me, Ed und die Personen, welche sich hinter den Falschnamen „Maker“„ Öz“ und „Ba“ verbergen, der Kl gegenüber als Unternehmer aufgetreten. Soweit es um den Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen von „Maker“, „Öz“, „Ba“ , U und der Telefon GmbH geht, fehlt es jedoch an der Voraussetzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG i. V. m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG, wonach die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten muss. In Bezug auf P mangelt es an einer Rechnung, weil die Kl die Gutschrift ohne dessen Einwilligung ausgestellt hat. Me war Kleinunternehmer und durfte daher keine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausstellen. Dementsprechend war es der Kl nicht erlaubt, eine entsprechende Gutschrift zu fertigen und sie zum Vorsteuerabzug zu benutzen. Der Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen des Ya und des Ed ist zu versagen, weil die Geschäftsführung hätte erkennen müssen, dass sich die Kl mit den Erwerben an Umsätzen beteiligte, die in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen waren.
102 
1. Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 2008 (UStG) die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Wer bei einem Umsatz als „anderer Unternehmer“ anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622 m.w.N.); dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (BFH-Beschluss in BStBl II 2004, 622 unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 2001 V B 198/00, BFH/NV 2002, 78, unter 3. b; vom 25. Juni 1999 V B 107/98, BFH/NV 1999, 1649). Aus welchen Gründen der Hintermann im Verhältnis zum Dritten, dem Vertragspartner des Strohmanns und Leistungsempfängers, als Leistender nicht in Erscheinung treten will, ist für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern regelmäßig ohne Bedeutung. Auch dass der Strohmann, der das Rechtsgeschäft für Rechnung des Hintermannes abschließt, wirtschaftlich am Erfolg des zwischen ihm und dem Dritten wirksamen Rechtsgeschäftes nicht oder ggf. nur in Form einer "Provision" für seine Strohmann-Dienste teilhaben soll, berührt nicht die Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen Strohmann und Drittem, sondern nur die Frage, ob auch zwischen dem Hintermann und dem Strohmann eine entgeltliche Leistung --in der Regel ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (vgl. § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--)-- vorliegt.
103 
Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft --zivilrechtlich und (umsatz-)steuerrechtlich (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--)-- allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d.h. wenn die Vertragsparteien --der Strohmann und der Dritte-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Dritten und dem Hintermann eintreten sollen (BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01 unter Hinweis auf das BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238 und Kramer in MünchKomm, § 117 BGB Rz. 12, 15, m.w.N.). Dementsprechend kommt umsatzsteuerrechtlich eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Bestimmung der Person des leistenden Unternehmers in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 353; BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 611).
104 
Bei Anwendung dieser Grundsätze sind --unabhängig davon, welche Namen sie im Geschäftsverkehr verwendet haben-- U, die Telefon GmbH, Ya, Me, Ed und die Personen, welche sich hinter den Falschnamen „Maker“„ Öz“ und „Ba“ verbergen, als die leistenden Unternehmer anzusehen. Denn sie sind gegenüber der Kl im eigenen Namen aufgetreten. Wie von § 2 Abs.1 Satz 1 UStG für die Unternehmereigenschaft verlangt, haben sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen. Die Nachhaltigkeit ihrer Altgoldhandelsgeschäfte haben sie in allen streitgegenständlichen Fällen durch die Erklärung der entsprechenden Absicht in ihren Gewerbeanmeldungen und durch ihr wiederholtes Auftreten als Lieferanten zum Ausdruck gebracht.
105 
Entgegen der Ansicht des Bekl ist auch P als an die Kl leistender Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG anzusehen. Wenn die Kl dessen Identität nicht mit der erforderlichen Sorgfalt überprüfte, bedeutet dies nicht, dass es ihr gleichgültig war, ob P oder ein Hintermann ihr Vertragspartner war. Dies folgt daraus, dass sie sich die bei ihr bei Goldanlieferungen üblichen Nachweise für die Person P geben ließ und dementsprechend auch eine den Namen „P“ tragende „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“. Angesichts des Umstandes, dass die Gutschriften an die Anschrift P‘s versandt wurden, der für ihn berechtigterweise auftretende S aber nur Mehrfertigungen derselben erhielt, ist der Schluss nicht gerechtfertigt, die Kl sei davon ausgegangen, dass P nur ein Scheinunternehmer und ihr wahrer Vertragspartner ein Hintermann sei.
106 
2. a) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs weiter voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG muss die Rechnung den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Dies entspricht den Vorgaben der Art 178 Bstb. a und 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie). Da gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG eine Rechnung auch von einem nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zur Ausstellung von Rechnungen berechtigten Leistungsempfänger ausgestellt werden kann, sofern dies vorher vereinbart wurde, muss auch eine auf solche Weise entstandene sog. Gutschrift die Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllen. Dies folgt auch aus Art 220 Abs. 1 Nr. 1, 224 und 226 Nr. 5 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.
107 
Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssen grundsätzlich identisch sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. April 2001 V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307; vom 1. Februar 2001 V R 6/00, BFH/NV 2001, 941; vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628, m.w.N.). Die Angaben im Abrechnungspapier müssen deshalb eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglichen (BFH-Urteile vom 29. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, und vom 17. September 1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205, jeweils m.N.; BFH-Beschluss vom 2. Juli 1999 V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652; vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2001 V R 50/99, BFHE 194, 536 --zur Bezeichnung des Leistungsempfängers--).
108 
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Vorsteuerabzug aus den Altgoldlieferungen der hinter den Namen „Maker“, „Öz“ und „Ba“ stehenden Personen nicht möglich. Den Altgoldlieferanten „K. Maker“ gibt es nicht, der nach den unter I. 1. dargestellten Gründen als Unternehmer zu betrachtende Herr Ä hat einen Falschnamen benutzt. Dies gilt auch für die bisher noch nicht festgestellte Person, die einen gefälschten ausländischen Pass mit dem Namen „Öz“ gebrauchte und Herr Gü, der sich als „Ba“ ausgab. Die Ansicht der Kl, in Anwendung der Grundsätze der oben dargestellten „Strohmann-Rechtsprechung“ sei es für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers unschädlich, wenn der leistende Unternehmer einen falschen Namen benutze, teilt der Senat nicht. Eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers wäre dadurch nicht gewährleistet.
109 
c) U ist gegenüber der Kl zwar mit ihrem richtigen Namen aufgetreten, doch fehlt es für den Vorsteuerabzug an ihrer vollständigen Anschrift. Nach der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass sie in der ... Weg x in H weder gewohnt noch das behauptete Gewerbe „U Schmuck“ betrieben hat. Die vom Zeugen Fe berichteten Aussagen der Vermietungsgesellschaft und der „Nachbarin“ M offenbaren den von U beim Gewerbeamt vorgelegten Mietvertrag als Fälschung und die gegenüber der Kl angegebene Anschrift als Lüge. Ist eine Anschrift bewusst falsch erklärt, ist sie nicht „vollständig“ im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Abzug der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer ist nur möglich, wenn die in der Gutschrift als leistender Unternehmer bezeichnete Person die dort ausgewiesenen Umsätze ausgeführt hat und wenn diese Voraussetzungen anhand der Angaben in der Gutschrift durch die Finanzverwaltung nachgeprüft werden können. Davon ist nach der vom Senat geteilten Auffassung des BFH nicht auszugehen, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz des leistenden Unternehmers bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich nicht bestanden hat (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 941; Senatsbeschlüsse vom 14. März 2000 V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252; vom 11. März 1999 V B 135/98, BFH/NV 1999, 1253; Senatsurteil vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620).
110 
d) § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG steht auch dem Vorsteuerabzug aus den für die Telefon GmbH erstellten Gutschriften im Wege. Eine Rechnung enthält nur dann den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers, wenn die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angegeben ist. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bedeutet dies, dass der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich bestanden haben muss. Der sog. Sofortabzug der Vorsteuer gebietet es, dass der Finanzverwaltung eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglicht wird (BFH-Urteil vom 06. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584; vom 17. September 1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils mit Nachweisen). Eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohfirma" charakteristisch ist, ist nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit i. S. von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) anzusehen. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ist ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH-Urteil vom 28. Juni 2007 C-73/06, Planzer Luxembourg Sarl (BFH/NV Beilage 2007, 418, UR 2007, 654).
111 
Aus den Feststellungen der Prüferin In vom Finanzamt für Körperschaften in Z ergibt sich zweifelsfrei, dass die der Kl genannte Anschrift der Telefon GmbH in der ... Allee x in Z einen bloßen Scheinsitz darstellt. Die Inhaberin des dort ansässigen Büroserviceunternehmens Frau B erklärte, dass Telefon GmbH-Geschäftsführer K dort lediglich in regelmäßigen Abständen die Post abgeholt, aber keine wirtschaftlichen Tätigkeiten für die Gesellschaft entfaltet habe. Eine unternehmerische Tätigkeit in Form von Geschäftsleitung, Behördenkontakten oder Zahlungsverkehr fand dort nicht statt. Der Inhalt des im Aktenvermerk der Prüferin In wiedergegebenen Gesprächs mit Telefon GmbH-Geschäftsführer K zwingt zu dem Schluss, dass die Telefon GmbH im Zusammenhang mit den Goldlieferungen an die Kl ohnehin keine nennenswerten eigenen Initiativen entfaltet hat, sondern sich in Geschäfte einspannen ließ, deren Ablauf von anderen organisiert wurde. Der ihr verbleibende Rest an wirtschaftlicher Tätigkeit wurde jedenfalls nicht am angeblichen Sitz in der ... Allee x in Z, sondern am jeweiligen Aufenthaltsort des Geschäftsführers ausgeübt.
112 
3. Für den Vorsteuerabzug aus den Lieferungen des P fehlt es an einer Rechnung des leistenden Unternehmers. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG kann eine Rechnung zwar auch von einem gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zur Ausstellung von Rechnungen berechtigten Leistungsempfänger ausgestellt werden. Allerdings muss dies vorher vereinbart sein. Daran fehlt es. Der Zeuge Steuerfahnder Sa hat bezeugt, dass P im Rahmen der Ermittlungen angegeben habe, nie selbst bei der Kl in X gewesen zu sein und den Geschäftsführer der Kl auch nie selbst getroffen zu haben. An der Glaubwürdigkeit dieser Aussage hat der Senat keine Zweifel. Dafür spricht auch der Umstand, dass auf der „Vollmacht“, welche sich die Kl sonst von allen Goldanlieferern unterzeichnen ließ, ein Datum und die Unterschrift P‘s fehlen. Außerdem hat P bei seiner Vernehmung am 19. Mai 2011 ausgesagt, die Unterschrift auf der von der Kl verlangten „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ vom 11. Mai 2010 stamme nicht von ihm, was bei einem Vergleich der dortigen Unterschrift mit nachweislich von P stammenden Unterschriften offenkundig ist.
113 
Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ist für die Wirkung einer Gutschrift als Rechnung erforderlich, dass vorher vereinbart wurde, dass der Leistungsempfänger die Rechnung über die an ihn erfolgte Lieferung ausstellen darf. Diese Vereinbarung kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben, ist an keine besondere Form gebunden und kann auch mündlich getroffen werden (vgl. A 14.3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass --UStAE--). Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG ist für die Wirksamkeit einer Gutschrift ferner Voraussetzung, dass sie dem leistenden Unternehmer übermittelt worden ist und dieser dem ihm zugeleiteten Dokument nicht widerspricht. Die Übermittlung einer Gutschrift setzt voraus, dass sie dem leistenden Unternehmer so zugänglich gemacht worden ist, dass er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 56, 93, BFHE 176, 285; BStBl II 1995, 275).
114 
Laut der aus den oben dargelegten Gründen glaubhaften Aussage des P hat er die „Bestätigung und Vereinbarung betreffend Gutschriftsabrechnung“ vom 11. Mai 2010 nicht unterschrieben, so dass es an einer ausdrücklichen Zustimmung des P zur Rechnungsausstellung fehlt. Die dort vermutlich von S gemachte Willenserklärung kann ihm auch nicht über die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zugerechnet werden. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 07. April 2011 – V R 44/09 –, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954 unter Hinweis auf die Urteile des BFH vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432, und des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275). Der Senat sieht P zwar als leistenden Unternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG an, weil durch die von ihm gebilligte Vorlage seiner Bescheinigung gemäß § 5 FreizügG/EU, seiner Gewerbeummeldung, seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und weiterer Unterlagen bei der Kl der Eindruck erweckt worden ist, er sei ihr Vertragspartner. Dies beinhaltet aber nicht die Schlussfolgerung, er hätte es deshalb wissentlich geschehen lassen, dass S oder eine andere Person mit seinem --P‘s-- Namen die Gutschriftsvereinbarung für ihn verbindlich unterschrieben. Die Kl selbst legte zu Recht Wert darauf, dass die ihren Lieferanten vorgelegten „Bestätigungen und Vereinbarungen betreffend Gutschriftsabrechnung“ deren Namen trugen. Dass sie auf persönlichen Willenserklärungen ihrer Vertragspartner bestand, verdeutlicht der Umstand, dass sie diese Vollmachten unterschreiben ließ, wenn andere Personen in deren Namen bei ihr auftreten wollten. Bei den für P erfolgten Anlieferungen zeigte sie sich insoweit gleichgültig. An einer ausdrücklichen Bevollmächtigung der S durch P fehlt es, die Ankündigung der S, P wolle bei der Kl vorbeikommen, erfüllte sich nicht. Indem die Kl ihren eigenen Sorgfaltsmaßstäben zuwider handelte und nicht auf dem Erscheinen P‘s zur Vervollständigung der Vollmachtsurkunde und der Bestätigung seiner Unterschrift auf der Gutschriftsvereinbarung bestand, durfte sie nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, dass P dulde, dass ein anderer für ihn umsatzsteuerrechtliche Verpflichtungen aus einer Gutschriftsvereinbarung begründet. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters (BFH-Urteil vom 07. April 2011 – V R 44/09 –, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954). Aus dem Umstand, dass bei P geöffnete Umschläge mit Gutschriften gefunden wurden, könnte zwar gefolgert werden, dass er bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, dass die Kl in seinem Namen im Gutschriftsverfahren abrechnet. Auf Seiten der Kl gilt jedoch das zur Duldungsvollmacht Ausgeführte. Ihr Verzicht auf einen persönlichen Kontakt zu P verwehrt ihr nach Treu und Glauben die Befugnis zur Annahme, P dulde und billige das Handeln der für ihn auftretenden Personen auch insoweit.
115 
4. Aus den Goldlieferungen des Me darf die Kl keine Vorsteuer abziehen, da dieser im Streitzeitraum als Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG zu behandeln ist.
116 
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. In diesem Sinne nicht „gesetzlich geschuldet“ sind Umsatzsteuerbeträge, die ein Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG gesondert in Rechnung gestellt hat. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird von Unternehmern, die im Inland ansässig sind, die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn ihr Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Um einen Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger zu verhindern, finden auf solche Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG die Vorschriften über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) keine Anwendung. Weist ein Kleinunternehmer in einer Rechnung dennoch gesondert Umsatzsteuer aus, schuldet er den ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG (BFH-Urteil vom 25. September 2013 XI R 41/12, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 2565). Das Recht zum Vorsteuerabzug für den Leistungsempfänger wird dadurch aber nicht begründet (ebenso Finanzgericht --FG--Nürnberg, Urteil vom 18. Oktober 2005 II 364/2004, DStR-Entscheidungsdienst --DStRE-- 2006, 682).
117 
Me hatte seinen Handwerksbetrieb am 10. März 2009 begonnen. Ob er im dem Streitzeitraum 2010 vorangegangenen Kalenderjahr 2009 den auf das Kalenderjahr hochgerechneten Gesamtumsatz in Höhe von 17.500 EUR überschritten hat, lässt sich nicht feststellen, da er für das Jahr 2009 weder eine Gewinnermittlung noch eine Umsatzsteuererklärung abgegeben hat. Da Me zu diesem Zeitraum noch nicht mit Edelmetallen handelte, sieht der Senat aber keinen Anlass, von einem höheren Umsatz auszugehen, zumal er im Fragebogen zu seiner steuerlichen Erfassung angegeben hatte, als Kleinunternehmer handeln zu wollen. Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Me schon zu Beginn des Kalenderjahres 2010 erwartete, die Umsatzschwelle von 50.000 EUR zu überschreiten. Erst am 22. Juli 2010 erweiterte er seinen Tischlerbetrieb um den Handel mit Edelmetall und schuf damit die Voraussetzung für höhere Umsätze. Me war damit im Kalenderjahr 2010 noch Kleinunternehmer, auch wenn im Laufe des Jahres sein Gesamtumsatz durch die Goldgeschäfte mit der Kl die 50.000 EUR-Grenze überschritt. Einen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG möglichen Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung hat Me nicht erklärt.
118 
5. a) Bei den Altgoldlieferungen des Ya und des Ed liegen auf den ersten Blick sämtliche Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor. Obwohl sie von Hintermännern gesteuert wurden, sind Ya und Ed gemäß den oben stehenden Ausführungen als leistende Unternehmer anzusehen, weil sie gegenüber der Kl mit ihren eigenen Namen und auf eigene Rechnung aufgetreten sind. Sie haben für das Unternehmen der Kl Altgold geliefert und die Kl auf ihre, Yas und Ed‘s richtige Namen Gutschriften mit ihren zutreffenden Anschriften ausstellen lassen. Die Gutschriften erfüllen die Anforderungen des § 14 UStG und weisen die Umsatzsteuer gesondert aus. Trotzdem ist der Vorsteuerabzug zu versagen, weil der Geschäftsführer der Kl hätte erkennen müssen, dass sie sich mit den Erwerben von Ya und Ed an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Seinen Sinn verliert das von der EuGH-Rechtsprechung in besonderem Maße geschützte Vorsteuerabzugsrecht durch die vom Senat angestellte Beweiswürdigung nicht (s. dazu das EuGH-Urteil vom 31. Januar 2013 Rs. C-643/11, LVK - 56 EOOD (UR 2013, 346). Der Senat bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des EuGH, der in Fällen des Missbrauchs ebenfalls von einem Vorsteuerabzugsverbot ausgeht.
119 
b) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen vom 12.Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a. (Slg. 2006, I-483; BFH/NV Beilage 2006, 144)und vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a. (Slg. 2006, I-6161; BFH/NV Beilage 2006, 454, Umsatzsteuer- Rundschau --UR-- 2006, 594) ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 78/07 (BFH/NV 2010, 2132), dem der Senat folgt, ist der Kl dabei nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), sondern auch das ihrer für die betreffenden Geschäfte zuständigen sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen. Ob ein Steuerpflichtiger wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, ist im Wesentlichen tatsächliche Würdigung, die dem Finanzgericht obliegt. Nach Auffassung des BFH trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auch insoweit, als es um das Wissen oder Wissenkönnen vom Tatplan eines Vor- oder Nachlieferanten geht (BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04).
120 
Wie schon früher hat der EuGH auch in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 (Amtsblatt --ABl EU 2013, Nr C 26, UR 2013, 195) auf seine ständige Rechtsprechung hingewiesen, wonach es ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt, dass die Steuerpflichtigen von der von ihnen geschuldeten Mehrwertsteuer die Mehrwertsteuer abziehen dürfen, die für die von ihnen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe erworbenen Gegenstände und empfangenen Dienstleistungen als Vorsteuer geschuldet wird oder entrichtet wurde. Der Gerichtshof habe wiederholt entschieden, dass das in den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112 geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer sei und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden könne. Insbesondere könne dieses Recht für die gesamte Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden. Durch die Abzugsregelung solle der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleiste völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterlägen. Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet wurde, tatsächlich an den Fiskus entrichtet worden sei, sei für das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung.
121 
Der EuGH stellt allerdings auch klar, dass sich die Rechtsbürger nicht auf die Bestimmungen des Unionsrechts berufen können, wenn sie dies in betrügerischer oder missbräuchlicher Absicht tun. Denn die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen sei ein Ziel, das von der Richtlinie 2006/112 anerkannt und gefördert werde (Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 mit weiteren Nachweisen). Daher haben die nationalen Behörden und Gerichte den Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird. Nach Ansicht des EuGH ist ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Richtlinie 2006/112 als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erzielt (EuGH-Urteil vom 6. Dezember 2012 Rs. C-285/11 mit weiteren Nachweisen). Steht aufgrund objektiver Umstände fest, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem Erwerb dieser Gegenstände oder der Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen an einem Umsatz beteiligte, der in eine vom Lieferer bzw. vom Leistenden oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Liefer- oder Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, ist ihm der Vorsteuerabzug zu verweigern. Da die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts eine Ausnahme vom Grundprinzip ist, das dieses Recht darstellt, obliegt es nach Ansicht des EuGH den zuständigen Steuerbehörden, die objektiven Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung dieses Rechts geltend gemachte Umsatz in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war, rechtlich hinreichend nachzuweisen. Der erkennende Senat teilt die dargelegte Rechtsansicht des EuGH. Wer den Urhebern einer Steuerhinterziehung zur Hand geht und sich ihrer mitschuldig macht, verwirkt sein Recht auf den Vorsteuerabzug. Eine solche Auslegung wirkt auch betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwert (vgl. dazu das EuGH-Urteil vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161; BFH/NV Beilage 2006, 454, UR 2006, 594).
122 
c) Nach Ansicht des Senats ist hinreichend nachgewiesen, dass die Kl hätte wissen müssen, dass die zur Begründung ihres Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemachten Umsätze mit Ya und Ed in eine von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen waren. Die Lieferungen von Ya und Ed fanden im Zeitraum zwischen dem 26. Juli 2010 und 17. Dezember 2010 statt. Schon seit 2008 hatte die Steuerfahndung im Hause der Kl gegen mehrerer ihrer Lieferanten wegen Umsatzsteuerhinterziehung ermittelt und dies dem Geschäftsführer der Kl mitgeteilt. Am 14. November 2008 hatte die Steuerfahndung den Geschäftsführer der Kl darüber informiert, in welcher Weise der Handel mit Altgold zum Umsatzsteuerbetrug genutzt werde. Der Geschäftsführer der Kl hat beim Senat in der mündlichen Verhandlung den Eindruck eines geschäftserfahrenen Mannes hinterlassen. Es konnte ihm schon damals nicht verborgen geblieben sein, dass er als letztes Glied in der Handelskette eine wichtige Rolle für den Erfolg des Geschäftsmodells „Umsatzsteuerbetrug durch Altgoldhandel“ spielen könnte. Denn er war es, der über den Ankaufspreis für das Altgold die finanziellen Mittel zur Verfügung stellte, welche in der Lieferantenkette sich verbergende kriminelle Hintermänner abschöpften, indem sie ihre Umsätze nicht erklärten. Schon im November 2008 hatte die Steuerfahndung darauf hingewiesen, dass es als Warnsignal für einen mit Umsatzsteuerhinterziehungen behafteten Goldhandel verstanden werden müsse, wenn Anbieter mit ausländischen Wurzeln in großen Mengen Altgold lieferten, obwohl sie erst wenige Wochen zuvor in den Goldhandel eingestiegen waren. Auf den Hinweis, dass für solche Geschäfte eine schnelle Zahlungsabwicklung charakteristisch und von besonderer Bedeutung sei, reagierte der Geschäftsführer der Kl nicht etwa mit gesteigerter Sorgfalt und Misstrauen gegenüber seiner neuen Klientel von Lieferanten. Das Gegenteil war der Fall. Als die Hausbank der Kl Anfang 2009 darauf drängte, die Zahlung mit Barschecks auf Überweisungen umzustellen, um sich der Anwesenheit der ihr unseriös vorkommenden Lieferanten der Kl zu entledigen, reagierte die Kl damit, dass sie zu Gunsten ihrer Lieferanten ihre Annahmezeiten vorverlegte. Sie zeigte damit, dass es ihr gleichgültig war, wo das Altgold herkam, mit dem sie ihre Umsätze steigern konnte, und ob dies auch mit der Unterstützung von Umsatzsteuerhinterziehern verbunden war oder nicht. Bei der am 9. Juli 2010 stattgefundenen Besprechung mit den Vertretern der Finanzverwaltung wurde der Geschäftsführer der Kl darauf hingewiesen, dass die Personen, die bei den Goldankäufern als Lieferanten auftauchten, gemessen an dem avisierten Geschäftsumfang, weder über ausreichende Branchen- oder Materialkenntnisse noch über kaufmännische Kenntnisse verfügten. Branchenbezogene Testfragen, Fragen zu bisherigen Tätigkeiten und nach den Gründen für den Einstieg in den Edelmetallhandel seien deshalb ein gutes Mittel, um herauszufinden, ob es sich um seriöse Goldhändler oder um Personen handelte, welche von Hintermännern mit unlauteren Absichten vorgeschickt wurden. Mit dieser Empfehlung wurde von der Kl nichts verlangt, was unverhältnismäßig gewesen wäre oder gegen das Übermaßverbot verstieße. In seiner Entscheidung vom 21. Juni 2012 Rs. C-80/11 und C-142/11 - Mahagében und Dávid (UR 2012, 591) hat der EuGH unter der Rz. 59 ausgeführt, dass es wesentlich von den jeweiligen Umständen abhängt, welche Maßnahmen im konkreten Fall vernünftigerweise von einem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, verlangt werden können, um sicherzustellen, dass dessen Umsätze nicht in einen von einem Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Betrug einbezogen sind. Zu diesen Umständen gehört auch, ob der Steuerpflichtige bereits über Strukturen informiert ist, die typischerweise zu kriminellen Handlungen genutzt werden. Wer wie beim Handel mit Gold mit wenigen, kurzfristig abzuwickelnden Umsätzen hohe Umsatzsteuerbeträge schafft, hat ebenfalls eine größere Sorgfaltspflicht als derjenige, dessen Erwerbe sich im Umsatzbereich drei- oder vierstelliger Eurobeträge bewegen. Zu einer gesteigerten Sorgfaltspflicht muss auch der persönliche Eindruck führen, den die Geschäftspartner beim Steuerpflichtigen und seiner Umgebung hinterlassen. Die Kl hatte sich ab 2008 auf Altgoldlieferanten eingelassen, deren Erscheinungsbild und Auftreten nicht nur in Bankenkreisen, sondern auch bei ihren Arbeitnehmern höchstes Misstrauen erregte. Der Senat hat Letzteres aus der Vernehmung der Zeugen An, Ri und Schm erfahren. Selbst der im Zeitpunkt seiner Vernehmung als einziger der drei genannten Zeugen noch bei der Kl beschäftigte und sich daher merklich zurückhaltende Zeuge Ri räumte ein, dass wegen der neuen Lieferanten im Hause der Kl Unbehagen geherrscht habe. Deutlicher wurden die nicht mehr für die Kl tätigen Zeuginnen An und Schm, die darüber berichteten, dass das Problem auch mit dem Chef, dem Geschäftsführer der Kl erörtert worden sei, der aber lautstark klargestellt habe, dass er der Chef sei und selbst bestimme, mit wem er Geschäfte mache. Selbst der Zeuge Ed, obwohl selbst Lieferant, erklärte, er habe auf dem Parkplatz der Kl andere Goldlieferanten getroffen, denen er selbst niemals Gold anvertraut hätte. Im Falle Ya‘s und Ed‘s wäre es für den branchenerfahrenen Geschäftsführer der Kl ein Leichtes gewesen, in einem ernsthaft geführten Gespräch mit beiden zu erkennen, dass diese niemals in der Lage waren, den von ihnen angemeldeten Goldhandel selbst zu organisieren. Der Senat hat Ya und Ed in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommen und sie über ihre Fachkenntnisse und die Art und Weise befragt, mit der sie ihren Goldhandel betrieben. Zum Inhalt ihrer Aussagen im Einzelnen wird auf die Tonaufzeichnungen Bezug genommen. Die Aussagen lassen sich dahin zusammenfassen, dass sie beide Zeugen als einfach strukturierte Persönlichkeiten offenbaren, bei denen Fachkenntnisse praktisch nicht vorhanden waren, beide von Hintermännern losgeschickt wurden und beide niemals in der Lage gewesen wären, einem Dritten vernünftig zu erklären, welchen wirtschaftlichen Zweck ihre Einschaltung haben sollte. Bei Ya kam noch hinzu, dass er die deutsche Sprache nur unzureichend beherrscht.
123 
Die Kl kopierte zwar den Pass Yas, dessen am 2. Juni 2010 bei der Stadt D erfolgte Gewerbeanmeldung, eine Bestätigung des Finanzamts W vom 23. Juni 2010, dass Ya unter der Steuernummer .../... für die Einkommensteuer geführt werde und dessen VR-BankCard. Von Ed fertigte sie Kopien der Gewerbeanmeldung und seines Ausweises und überprüfte die Bankkarte. Sie ließ sich ferner eine vom Finanzamt K gefertigte Mitteilung geben, wonach Ed die Steuernummer .../... erhalte und eine Bescheinigung des Finanzamtes K vom 22. Oktober 2010, dass er unter der genannten Steuernummer auch für Umsatzsteuerzwecke geführt werde. Auch den Verantwortlichen der Kl musste aber klar sein, dass angesichts der erst wenige Wochen zuvor erfolgten Gewerbeanmeldungen Ya‘s und Ed‘s den Bescheinigungen der Finanzämter nur wenig Aussagekraft über die Seriosität der beiden Goldhändler beizumessen war; darauf war der Geschäftsführer der Kl bei dem Gespräch am 9. Juli 2010 auch hingewiesen worden. Hätte der Geschäftsführer der Kl die ihm von Seiten der Finanzbehörde empfohlenen Aufnahmegespräche geführt, so hätte eine kritische Bewertung des Ergebnisses vor dem Hintergrund seiner Berufserfahrungen und der ihm bekannt gemachten typischen Vorgehensweise bei Umsatzsteuerbetrügereien im Altgoldbereich ihn abhalten müssen, von Ya und Ed Altgold anzunehmen.
124 
d) Die Kl hat für den Fall der Klagabweisung beantragt, dem EuGH die Fragen zur Entscheidung vorzulegen, ob erstens der Vorsteuerabzug auch dann zu versagen ist, wenn neben dem Käufer auch das Finanzamt von einem Betrug auf der Vorebene hätte wissen müssen, da dem Finanzamt die Lieferanten bekannt waren und das Finanzamt von der Betrugsanfälligkeit von Liefervorgängen im Goldbereich wusste, und zweitens, ob bei der Frage des Gutglaubensschutzes eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, in besonderer Weise bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen ist.
125 
Der Senat hält die Vorlage an den EuGH nicht für erforderlich. Zu Frage 1 ist schon nicht ersichtlich, welche Lieferanten gemeint sind, die dem Finanzamt auf der „Vorebene“ bekannt gewesen sein sollen und zu welchem Zeitpunkt. Selbst wenn ein solcher Fall vorläge, könnte dies aber einen Steuerpflichtigen nicht entlasten, der hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug geltend gemachte Umsatz in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war. Wer rechtsmissbräuchlich handelt, kann sich nicht darauf berufen, er dürfe dies solange tun, bis er in seinem Handeln aufgehalten werde. Eine Bescheinigung des Finanzamts, in der dem Lieferanten dessen Steuernummer und/oder die Erfüllung steuerlicher Pflichten und/oder die steuerliche Unbedenklichkeit bescheinigt wird, ist selbstverständlich „in besonderer Weise“ bei der Frage des Gutglaubensschutzes im Bereich des Vorsteuerabzuges zu berücksichtigen. Allerdings bewirkt sie keine Bindungswirkung in der Weise, dass ohne Berücksichtigung der weiteren Umstände der Vorsteuerabzug bedingungslos zu gewähren wäre. Bei der Bewertung der Bescheinigung ist nicht nur der zeitliche Abstand zwischen ihrer Erteilung und der Gewerbeanmeldung zu berücksichtigen, sondern auch der Umstand, dass eine Steuernummer praktisch nicht verweigert werden kann (zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer siehe das EuGH-Urteil vom 14. März 2013 C-527/11, UR 2013, 392). Eine ebenso gewichtige Rolle für die an den Steuerpflichtigen zu stellenden Sorgfaltsanforderungen spielen Art und Höhe der Umsätze sowie das Auftreten und die persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften der Vertragspartner.
126 
6. Soweit in den Erwerben von „Maker“, „Öz“ und „Ba“ sowie von U, der Telefon GmbH, P und Me die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug fehlen, kann dieser Mangel nicht durch ein Schutz des guten Glaubens an deren Erfüllung korrigiert werden. Macht der Steuerpflichtige geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, handelt es sich um einen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO. Ein solcher ist im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes nicht vorgesehen (BFH, Beschluss vom 12. Dezember 2012 V B 70/12,BFH/NV 2013, 515 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2010 V B 134/09, BFH/NV 2011, 326). Die Billigkeitsentscheidung ist zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden, gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 326). Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens nur die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. In diesem Verfahren kann eine Billigkeitsmaßnahme nicht erreicht werden.
II.
127 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
III.
128 
Die Revision wird nicht zugelassen. Ein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO liegt nicht vor. Das Urteil des Senats bewegt sich innerhalb der einschlägigen Rechtsprechung des BFH und des EuGH.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12 zitiert 27 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen


(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 15 Vorsteuerabzug


(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuera

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 2 Unternehmer, Unternehmen


(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Abgabenordnung - AO 1977 | § 163 Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen


(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mi

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 68


Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbeh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 117 Scheingeschäft


(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig. (2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdec

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14c Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis


(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Ber

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 19 Besteuerung der Kleinunternehmer


(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 41 Unwirksame Rechtsgeschäfte


(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14a Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen


(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem ander

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 82


Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 386 Erklärung der Zeugnisverweigerung


(1) Der Zeuge, der das Zeugnis verweigert, hat vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder in diesem Termin die Tatsachen, auf die er die Weigerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu machen.

Gewerbeordnung - GewO | § 148b Fahrlässige Hehlerei von Edelmetallen und Edelsteinen


Wer gewerbsmäßig mit den in § 147a Abs. 1 bezeichneten Gegenständen Handel treibt oder gewerbsmäßig Edelmetalle und edelmetallhaltige Legierungen und Rückstände hiervon schmilzt, probiert oder scheidet oder aus den Gemengen und Verbindungen von Edelm

Referenzen - Urteile

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. März 2004 - IV ZR 143/03

bei uns veröffentlicht am 10.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 143/03 Verkündet am: 10. März 2004 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ BGB §§ 1

Bundesfinanzhof Urteil, 25. Sept. 2013 - XI R 41/12

bei uns veröffentlicht am 25.09.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Handel mit Elektrogeräten und eine Reparaturwerkstatt. Er machte nach den tatsächlichen Feststel

Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Dez. 2012 - V B 70/12

bei uns veröffentlicht am 12.12.2012

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, erwarb am 1. Februar 2006 einen Entsorgungsbetrieb. Die hierfür in der Rechnung gesondert ausg

Bundesfinanzhof Urteil, 07. Apr. 2011 - V R 44/09

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt A die gewerbliche Tätigkeit "BC/Verlag" (Verlag) an.

Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Okt. 2010 - V B 134/09

bei uns veröffentlicht am 12.10.2010

Gründe 1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. 2

Bundesfinanzhof Urteil, 19. Mai 2010 - XI R 78/07

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 50.000
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil, 15. Nov. 2013 - 1 K 1766/12.

Finanzgericht Baden-Württemberg Beschluss, 23. Juni 2016 - 1 V 1044/16

bei uns veröffentlicht am 23.06.2016

Tenor 1. Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 vom 24. November 2015 wird in Höhe von ...,... EUR im Jahr 2012 und in Höhe von ...,... EUR im Jahr 2013 ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt.2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des V

Referenzen

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen. Die Finanzbehörde hat dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts zu übermitteln. Satz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
ein Verwaltungsakt nach § 129 der Abgabenordnung berichtigt wird oder
2.
ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und führt er einen Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat aus, an dem eine Betriebsstätte in diesem Mitgliedstaat nicht beteiligt ist, so ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet, wenn die Steuer in dem anderen Mitgliedstaat von dem Leistungsempfänger geschuldet wird und keine Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Führt der Unternehmer eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 in einem anderen Mitgliedstaat aus, so ist die Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, auszustellen. In dieser Rechnung sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Wird eine Abrechnung durch Gutschrift gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 über eine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Absatz 2 vereinbart, die im Inland ausgeführt wird und für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b Absatz 1 und 5 schuldet, sind die Sätze 2 und 3 und Absatz 5 entsprechend anzuwenden.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung im Sinne des § 3c Absatz 1 im Inland aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet. Satz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j teilnimmt.

(3) Führt der Unternehmer eine innergemeinschaftliche Lieferung aus, ist er zur Ausstellung einer Rechnung bis zum fünfzehnten Tag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Umsatz ausgeführt worden ist, verpflichtet. In der Rechnung sind auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Satz 1 gilt auch für Fahrzeuglieferer (§ 2a). Satz 2 gilt nicht in den Fällen der §§ 1b und 2a.

(4) Eine Rechnung über die innergemeinschaftliche Lieferung eines neuen Fahrzeugs muss auch die in § 1b Abs. 2 und 3 bezeichneten Merkmale enthalten. Das gilt auch in den Fällen des § 2a.

(5) Führt der Unternehmer eine Leistung im Sinne des § 13b Absatz 2 aus, für die der Leistungsempfänger nach § 13b Absatz 5 die Steuer schuldet, ist er zur Ausstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet; Absatz 1 bleibt unberührt. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung nach § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 8 wird nicht angewendet.

(6) In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen nach § 25 hat die Rechnung die Angabe „Sonderregelung für Reisebüros“ und in den Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a die Angabe „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ zu enthalten. In den Fällen des § 25 Abs. 3 und des § 25a Abs. 3 und 4 findet die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) keine Anwendung.

(7) Wird in einer Rechnung über eine Lieferung im Sinne des § 25b Abs. 2 abgerechnet, ist auch auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hinzuweisen. Dabei sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Unternehmers und die des Leistungsempfängers anzugeben. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8) findet keine Anwendung.

Wer gewerbsmäßig mit den in § 147a Abs. 1 bezeichneten Gegenständen Handel treibt oder gewerbsmäßig Edelmetalle und edelmetallhaltige Legierungen und Rückstände hiervon schmilzt, probiert oder scheidet oder aus den Gemengen und Verbindungen von Edelmetallabfällen mit Stoffen anderer Art Edelmetalle wiedergewinnt und beim Betrieb eines derartigen Gewerbes einen der in § 147a Abs. 1 bezeichneten Gegenstände, von dem er fahrlässig nicht erkannt hat, daß ihn ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen ein fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sich oder einem Dritten verschafft, ihn absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen anderen zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Soweit §§ 83 bis 89 nicht abweichende Vorschriften enthalten, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 371, 372 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 der Zivilprozessordnung sinngemäß anzuwenden.

(1) Der Zeuge, der das Zeugnis verweigert, hat vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle oder in diesem Termin die Tatsachen, auf die er die Weigerung gründet, anzugeben und glaubhaft zu machen.

(2) Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen des § 383 Nr. 4, 6 die mit Berufung auf einen geleisteten Diensteid abgegebene Versicherung.

(3) Hat der Zeuge seine Weigerung schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle erklärt, so ist er nicht verpflichtet, in dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin zu erscheinen.

(4) Von dem Eingang einer Erklärung des Zeugen oder von der Aufnahme einer solchen zum Protokoll hat die Geschäftsstelle die Parteien zu benachrichtigen.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt A die gewerbliche Tätigkeit "BC/Verlag" (Verlag) an.

2

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Verlag ab Mai 1994 an diverse Unternehmen im gesamten Bundesgebiet unaufgefordert circa 464.000 als Rechnungen bezeichnete Formulare verschickt hatte, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Erstellung eines Telefaxverzeichnisses tatsächlich jedoch niemals beabsichtigt.

3

Durch die Übersendung der Rechnungen wurde bei den jeweiligen Empfängern der Eindruck erweckt, bereits einen Auftrag für eine Veröffentlichung in dem Telefaxverzeichnis erteilt zu haben. Der Gesamtbetrag einer "Rechnung" lautete auf 998 DM, die darin enthaltene Umsatzsteuer von 130,17 DM war offen ausgewiesen. In den Rechnungen war die Klägerin als Firmeninhaberin bezeichnet.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an die Ergebnisse der Steuerfahndung die Auffassung, dass die Umsatzsteuer in den Rechnungen zu Unrecht ausgewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 21. September 1998 setzte das FA unter Berücksichtigung der aufgrund der gekauften Freistempel ermittelten Anzahl der Rechnungen die Umsatzsteuer 1994 zunächst vorläufig auf 32.610.728 DM fest. Mit Bescheid vom 25. November 2005 setzte es aufgrund einer Schätzung, dass 90 % der Kunden die Rechnungen nicht bezahlt hätten, die Umsatzsteuer auf 2.356.374,53 € (4.608.668 DM) herab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006).

5

Mit der Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie weder Aufgaben der Geschäftsführung noch sonst in irgendeiner Form Tätigkeiten für den Verlag übernommen habe. Vielmehr sei sie bereits seit dem Jahr 1979 Rentnerin gewesen. Im Jahr 1993 hätten die Herren D und E die Idee des Vertriebs eines privaten Telefaxverzeichnisses in K umgesetzt, an der auch ihr Sohn beteiligt gewesen sei. Nachdem dieses Unternehmen "aufgeflogen" sei, habe man zur Fortführung der Geschäftsidee eine unbescholtene Person gesucht, die zur Anmeldung eines entsprechenden Gewerbes bereit gewesen sei. Hierzu habe sie sich auf Drängen ihres Sohnes überreden lassen. Die eigentliche Umsetzung der Geschäftsidee sei durch D und F sowie ihren Sohn erfolgt. Daneben sei eine Buchhalterin tätig gewesen. Sie habe die Rechnungen weder gekannt noch an deren Herstellung mitgewirkt.

6

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, § 14 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) sei ein Gefährdungstatbestand eigener Art mit dem Zweck, die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern. Im Streitfall habe die Klägerin mit ihren Unterschriften auf der Gewerbeanmeldung den Rechtsschein gesetzt, dass sie Inhaberin des Verlags sei und die entsprechenden Leistungen erbracht habe. Sie könne sich nicht damit entlasten, nur als "Strohmann" für ihren Sohn gehandelt zu haben. Denn auch ein Strohmann könne Leistender im Sinne des UStG sein. Ohne Bedeutung sei insoweit, ob der Unternehmer seine Leistungsverpflichtungen höchstpersönlich ausführe oder durch andere ausführen lasse und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts verbleibe. Als eine im Geschäftsverkehr auftretende Unternehmerin habe sich die Klägerin um die Belange ihrer Firma kümmern müssen. Sie sei verpflichtet gewesen, die Verwendung von Briefpapier ihres Unternehmens zu überwachen, Abrechnungen gegenüber Auftraggebern zu erstellen sowie die vereinnahmten Entgelte vollständig und wahrheitsgemäß in den Steuererklärungen anzugeben. Sie könne sich nicht damit entschuldigen, dass die Geschäfte tatsächlich von einem Dritten geführt worden seien. Denn hinsichtlich der Überlassung von Aufgaben an Dritte bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Pflicht des Firmeninhabers zur sorgfältigen Auswahl sowie zur laufenden Überwachung des Dritten bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben. Er müsse sich insbesondere so eingehend über den Geschäftsgang unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen und ein Fehlverhalten des Beauftragten rechtzeitig erkennen könne.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die Inanspruchnahme nach § 14 Abs. 3 UStG setze Ausstellung und Begebung einer Rechnung sowie nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525; vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) voraus, dass der Steuerschuldner in irgendeiner Weise an der Ausstellung der Urkunde beteiligt gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Betreffende von der Verwendung der in seinem Namen ausgestellten Rechnungen Kenntnis habe. Die Klägerin sei gutgläubig gewesen. Bei Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG sei sie gegenüber einem Bösgläubigen in verfassungswidriger Weise benachteiligt, weil sie von einer Korrektur der Rechnungen ausgeschlossen sei. Es handele sich nicht um Scheinleistungen, weil die Telefaxbücher tatsächlich im Ausland gedruckt und dann verteilt worden wären. Das FA habe nicht in ausreichender Form Akteneinsicht gewährt.

8

Nachdem der Bevollmächtigte ursprünglich zusätzlich beantragt hatte, das FA zu verurteilen, an die Klägerin gepfändete Beträge von ... € zu zahlen und ab dem 18. Juli 1994 zu verzinsen, hat er in der mündlichen Verhandlung nur noch beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1994 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 226.619,13 € herabgesetzt wird.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Umsatzsteuer aus den streitigen Rechnungen nach § 14 Abs. 3 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG schuldet.

12

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 Satz 2 UStG). § 14 Abs. 3 UStG "beruht" auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach dieser Bestimmung schuldet "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", diese Steuer.

13

Zweck der Regelungen in § 14 Abs. 3 UStG sowie in Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ist es, Missbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis zu verhindern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. Januar 2003 V R 98/01, BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498; vom 30. März 2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel, BFH/NV Beilage 2001, 33). Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung (bzw. der Urkunde) deren missbräuchliche Verwendung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahin gehende Absicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, und in BFH/NV 1999, 525, jeweils m.w.N.).

14

2. a) Die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person kann allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 525; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 4. März 1982 V R 59/81, BFHE 135, 130, BStBl II 1982, 315). Für Rechnungen sind die für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen entsprechend anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, unter II.3.). Aussteller einer Rechnung ist daher --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht nur, wer die betreffende Rechnung eigenhändig erstellt hat. Vielmehr sind insoweit die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze zu beachten (vgl. BFH-Beschluss vom 13. November 2003 V B 140/02, BFH/NV 2004, 382; vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.c; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531; in BFH/NV 1999, 525).

15

Insbesondere sind daher auch die Grundsätze zur Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu beachten. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275).

16

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen schuldet daher nach der Rechtsprechung des BFH die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, wer --ohne Unternehmer zu sein und Lieferungen oder sonstige Leistungen auszuführen-- einem Dritten mit seiner Unterschrift und seinem Stempelaufdruck versehene Blankogeschäftsbriefbögen überlässt. Dies gilt selbst dann, wenn er zwar zum Ausdruck bringt, dass der Gebrauch der Briefbögen von seiner Zustimmung abhängig sein soll, gleichzeitig aber davon ausgehen muss, dass diesem Erfordernis nicht entsprochen werden wird (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 47/90, BFH/NV 1994, 352; BFH-Beschluss vom 22. April 1996 V B 125/95, BFH/NV 1996, 859).

17

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen über die angeblichen Telefaxeintragungen der Klägerin jedenfalls aufgrund einer Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Hierbei kann dahinstehen, ob der Klägerin aufgrund der Vorgeschichte zu ihrer Gewerbeanmeldung bekannt war, dass von Anfang an geplant war, ein Telefaxregister überhaupt nicht zu erstellen und --wie bereits zuvor unter einer anderen Firma-- nur Scheinrechnungen erstellt werden sollten, denn § 14 Abs. 3 UStG setzt lediglich voraus, dass Rechnungen über Leistungen begeben werden, die --aus welchen Gründen auch immer-- tatsächlich nicht ausgeführt wurden. Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind auch gegeben, weil die Rechnungsempfänger davon ausgehen durften, dass die (angeblichen) Leistungen der auf den Rechnungen als Inhaberin des Verlages aufgeführten Klägerin zuzurechnen waren und die Klägerin, die die Geschäftsführung Dritten überlassen und sich nicht weiter darum gekümmert hat --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern müssen, dass die unmittelbar Handelnden Rechnungen über nicht ausgeführte Leistungen unter ihrer Firma erstellten. Insoweit kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Klägerin das unlautere Geschäftsgebaren ihres Sohnes sowie von D und F kannte und daher bereits die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht gegeben sind.

18

c) Soweit der Senat im Urteil in BFH/NV 1999, 525 entschieden hat, der Umstand, dass der Steuerpflichtige ein Gewerbe auf seinen Namen angemeldet habe, das tatsächlich aber von einem anderen betrieben werde, berechtige auch dann nicht zur Zurechnung der unter seinem Namen ausgestellten Rechnungen, wenn er von der Verwendung von auf seinen Namen lautenden Abrechnungen Kenntnis gehabt haben sollte, hält der Senat an der Entscheidung in BFH/NV 1999, 525 nicht fest.

19

Eine Abweichung von dem in BFH/NV 1999, 525 zitierten Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531 liegt nicht vor. Denn der XI. Senat des BFH hat lediglich für den Fall, dass Dritte unberechtigt --ohne Wissen und Kenntnis des Unternehmers-- unter dessen Namen Rechnungen ausgestellt hatten, entschieden, dass allein die frühere Gewerbeanmeldung nicht die Zurechnung der unter diesem Namen ausgestellten Rechnungen rechtfertige. Dies betrifft jedoch nicht den Fall, dass jemand ein Gewerbe angemeldet, dessen "Führung" aber einschließlich der Rechnungsstellung ausschließlich einem Dritten überlassen hat. Deshalb stellt der XI. Senat zu Recht darauf ab, dass derjenige, der in Anspruch genommen werden soll, "durch ausdrückliche oder konkludente Bevollmächtigung in irgend einer Weise an der Ausstellung der Rechnungen beteiligt war". So ist es in dem Fall, dass --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb anmeldet, damit zu betrügerischen Zwecken (vgl. hierzu BGH-Urteil vom 4. Dezember 2003  5 StR 308/03, Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungsreport 2004, 110) angebliche Leistungen abgerechnet werden sollen oder die geschäftliche Tätigkeit in Kenntnis und mit dem Einverständnis desjenigen erfolgt, der das Gewerbe zu diesem Zweck angemeldet hat.

20

3. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG unschädliche "Voraus-Rechnung". Diese liegt nur vor, wenn sie nach ihrer Aufmachung (z.B. durch Bezeichnung als Vorausrechnung) oder ihrem Inhalt (z.B. durch Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) auf den ersten Blick für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge als bloße Voraus-Rechnung oder "Pro-Forma-Rechnung" erkennbar ist (BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 V R 65/97, BFHE 185, 302, BStBl II 1998, 415). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn das Papier enthielt die Bezeichnung "Rechnung". Aufgrund des weiteren Textes "Rechnungsbetrag zahlbar sofort ohne Abzug" wurde zudem der Eindruck erweckt, die Leistung sei bereits erbracht worden.

21

4. Die Klägerin wird weiterhin auch nicht in verfassungswidriger Weise von der Rechnungsberichtigung ausgeschlossen. Zum einen steht nach der Rechtsprechung des EuGH die Rechnungsberichtigung nach Gefährdungsbeseitigung sowohl dem gut- als auch dem bösgläubigen Rechnungsaussteller offen (EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel in BFH/NV Beilage 2001, 33). Zudem hat das FA tatsächlich bereits im Festsetzungsverfahren im Schätzungswege bei 90 % der Rechnungen eine "Korrektur" zu Gunsten der Klägerin vorgenommen.

22

5. Kein Verfahrensfehler des FG ist die angeblich nicht ausreichende Gewährung von Akteneinsicht durch das FA.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 143/03 Verkündet am:
10. März 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Frage einer erneuten Vollmacht vor dem Hintergrund einer bereits erteilten, nach
dem RBerG unwirksamen Treuhandvollmacht.
BGH, Urteil vom 10. März 2004 - IV ZR 143/03 - OLG Bamberg
LG Coburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
10. März 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. Mai 2003 aufgehoben.
Auf ihre Berufung wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg vom 4. Juni 2002 teilweise geändert.
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. E. E. aus K. vom 16. September 1992 (UR-Nr. E 2579/92) wird für unzulässig erklärt.
Wegen der weitergehenden Klage (notarielle Urkunde des Notars Dr. E. E. vom 1. Dezember 1992 - UR-Nr. E 3981/92) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger machen die Unzulässigkeit der Zwangsvol lstreckung aus zwei notariellen Urkunden in ihr persönliches Vermögen geltend.
Die Kläger beabsichtigten, im Rahmen eines Bauträg ermodells eine Eigentumswohnung in einer Wohnanlage in A. zu erwerben. Sie waren mit der C. durch mbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag verbunden und erteilten dieser die Vollmacht, sie bei Durchführung, Finanzierung und gegebenenfalls Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs zu vertreten. Die Vollmacht erstreckte sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, insbesondere die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, welche in diesem Zusammenhang erforderlich waren oder der Bevollmächtigten als zweckmäßig erschienen. Die C. mbH schloß namens der Kläger mit der B. die AG, später mit der Beklagten verschmolzen wurde, im November 1992 einen Darlehensvertrag über die Zwischenfinanzierung. Danach vertrat sie die Kläger am 1. Dezember 1992 bei der Beurkundung des notariellen Kaufvertrages (UR-Nr. E 3981/92 des Notars Dr. E. in K. ). Darin übernahmen die Kläger zum einen aus einer bereits am 16. September 1992 (UR-Nr. E 2579/92 des NotarsDr. E. in K. ) von der Voreigentümerin bestellten, gemäß § 800 ZPO vollstreckbaren Grundschuld einen Teilbetrag in Höhe von 203.389 DM und zum anderen die persönliche Haftung für einen Betrag in dieser Höhe nebst 16% Jahreszinsen; wegen der Zahlungsverpflichtung unterwarfen sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Schon in der notariellen Urkunde vom 16. September 1992 hatte ein - neben der Eigentümerin

namentlich nicht näher bezeichneter - "Schuldner" die persönliche Haftung im Umfang der Grundschuld übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Am 29. März 1999 wurde der Beklagten eine Ausfertigung dieser notariellen Urkunde zum Zwecke der Zwangsvollstreckung - sowohl dinglich als auch persönlich - gegen die Kläger erteilt.
Unter dem 29. April 1993 wandten sich die Kläger a n die B. AG (im folgenden: Beklagte) mit der Bitte um "Eindeckung“ der Endfinanzierung. Die Beklagte war dazu bereit , wies mit Schreiben vom 4. Mai 1993 aber darauf hin, daß die Vollauszahlung des Darlehens erst bei Fertigstellung des Objekts erfolgen könne und bis dahin Bereitstellungszinsen anfallen würden. Die Kläger ließen die Angelegenheit zunächst auf sich beruhen. Am 23. September 1993 füllten sie ein ihr von der C. mbH überlassenes Formular aus, das zwei Varianten für die Endfinanzierung vorsah, und entschieden sich für eine Laufzeit von 10 Jahren bei einem nominalen Zins von 6,35% und einem effektiven Zins von 8,08%. Das Schreiben übersandten sie an die C. mbH, die es an die Beklagte weiterleitete. Die C. mbH unterzeichnete nachfolgend für die Kläger einen Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1993 mit einem Finanzierungsvolumen von insgesamt 203.416 DM. Darin heißt es unter Ziffer 10.3: "Sämtliche Darlehensnehmer haben sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Bank kann die persönliche Haftung unabhängig von der Eintragung und dem Bestand der Grundschuld sowie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das Beleihungsobjekt geltend machen."

Nachdem die Kläger das Darlehen ab dem Jahre 1999 nicht mehr bedient hatten, erklärte die Beklagte die Kündigung des Vertrages und verwertete die Grundschuld. Sie betreibt nunmehr die Zwangsvollstrekkung aufgrund der persönlichen Haftungserklärung wegen noch offener Darlehensverbindlichkeiten.
Die von den Klägern gegen die Zwangsvollstreckung erhobene, beide notariellen Urkunden umfassende Klage hat das Landgericht wegen der Urkunde vom 16. September 1992 als unzulässig und wegen der Urkunde vom 1. Dezember 1992 als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger mit der Maßgabe zurückgewiesen , daß die Klage insgesamt unbegründet sei. Dagegen wenden sie sich mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der notariellen Urkunde vom 16. September 1992 in vollem Umfang Erfolg. Hinsichtlich der Urkunde vom 1. Dezember 1992 führt es zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ein Rechtsschutzbedürf nis auch in bezug auf die Urkunde vom 16. September 1992 bejaht, da der Beklagten die vollstreckbare Ausfertigung zum Zwecke der persönlichen Zwangsvollstreckung gegen die Kläger erteilt worden sei. Die Klage sei aber für

beide Urkunden in der Sache unbegründet. Zwar seien der mit der C. mbH abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag u nd die darauf beruhende Vollmacht vom 4. November 1992 wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig. Der notariellen Vollmacht komme aber keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob der Beklagten vor oder bei Abschluß des Darlehensvertrages vom 4. Oktober 1993 die Vollmacht im Original oder in Ausfertigung vorgelegen und einen entsprechenden Rechtsschein erzeugt habe. Die Schreiben der Kläger vom 29. April und 23. September 1993 seien dahin zu verstehen, daß sie gegenüber der Beklagten durch schlüssiges Verhalten ihren Willen bekundet hätten, die C. mbH solle in ihrem Namen gemäß den unter dem Datum vom 23. September 1993 gemachten Vorgaben einen Vertrag über die Endfinanzierung bewirken. Die Kläger hätten in dem zuletzt genannten Schreiben die C. mbH beauftragt und neu bevollmächtigt; dieser gezielte Auftrag verstoße nicht gegen die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes. Da die C. mbH das Schreiben der Beklagten zugeleitet habe, habe diese bei Abschluß des Darlehensvertrages im Oktober 1993 von einer wirksamen Vertretungsbefugnis der C. mbH ausgehen dürfen. Die Kläger hätten danach die aus dem Darlehensvertrag geschuldeten Zahlungen erbracht und dadurch bestätigt, daß die Endfinanzierung ihrem Willen entsprechend erfolgt sei. Sie müßten der Beklagten nach dem Inhalt des Darlehensvertrages genau die Sicherheiten geben, gegen deren formelle Wirksamkeit sich ihre Klage richte. Sie seien daher nach § 242 BGB gehindert, sich auf die mangelnde Vertretungsmacht der C. mbH bei Abschluß des notariellen Kaufvertrages vom 1. Dezember 1992 zu berufen.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in wesent lichen Punkten nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, da ß die Kläger sich nicht auf eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO beschränkt haben. Sie stellen in erster Linie den Bestand der formellen Titel in Frage, die eine entsprechende sachlich-rechtliche Verpflichtung des Titelschuldners nicht voraussetzen. Mit solchen Angriffen läßt sich eine Klage aus § 767 ZPO, die die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des titulierten materiell-rechtlichen Anspruchs zum Ziel hat, nicht begründen. Sie können aber zum Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage in analoger Anwendung des § 767 ZPO gemacht und mit der Klage aus § 767 ZPO verbunden werden. Der Titelschuldner kann auf diese Weise - über das Verfahren der Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) hinaus - formell -rechtliche Einwendungen gegen den Vollstreckungstitel geltend machen (BGHZ 124, 164, 170; BGHZ 118, 229, 236; Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - WM 2003, 2372 unter II 1; BGH, Urteile vom 18. November 2003 - XI ZR 332/02 - ZIP 2004, 159 unter II 1; vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 421/02 - WM 2004, 372 unter II 1; vom 15. Dezember 2003 - II ZR 358/01 - DB 2004, 373 unter 2 a bb und 2 b).
2. Die Klage ist, soweit sie die Urkunde vom 16. S eptember 1992 betrifft, ohne weiteres begründet. Die Urkunde beinhaltet eine Grundschuldbestellung , die die Voreigentümerin zugunsten der Beklagten vorgenommen hat. Die Kläger waren an ihrer Errichtung weder im eigenen Namen beteiligt, noch ist die C. mbH im fremden Namen für sie aufgetreten. Für diese Urkunde kommt es daher, was das Berufungsgericht verkannt hat, auf die Frage einer unerlaubten Rechtsberatung seitens

der C. mbH und einer Wirksamkeit der dieser durch die Kläger erteilten Vollmacht von vornherein nicht an. Es kann allein darum gehen, ob die Urkunde einen Inhalt hat, der die Beklagte berechtigt, gegen die Kläger die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Das ist zu verneinen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Voreigentümerin in Höhe des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung gegenüber der Beklagten übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen hat. Denn in der Urkunde wird nur der die Grundschuld bestellende Grundstückseigentümer, nicht aber auch der Schuldner, der die persönliche Haftung übernehmen soll, näher bezeichnet. Jedenfalls folgt aus der Urkunde keine entsprechende Verpflichtung der Kläger. Da es eine Vorschrift, die der auf die Grundschuld zugeschnittenen Bestimmung des § 800 ZPO vergleichbar wäre, für schuldrechtliche Ansprüche - hier nach § 780 BGB - nicht gibt, ist insoweit allein auf die nachfolgende Urkunde vom 1. Dezember 1992 abzustellen. Erst in dieser haben die Kläger, vertreten durch die C. mbH, eine Haftungsübernahme und eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung erklärt. Daher wenden sie sich zu Recht gegen eine Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 16. September 1992. Diese kommt als formeller Titel gegen die Kläger nicht in Betracht; denn sie weist keinen gegen sie als Vollstreckungsschuldner gerichteten vollstreckungsfähigen Anspruch aus.
3. Für die Urkunde vom 1. Dezember 1992 ist dem Be rufungsgericht darin zuzustimmen, daß der zwischen den Klägern und der C. mbH geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag wege n Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG) unwirksam

ist. Die nach § 134 BGB gegebene Nichtigkeit erfaßt neben dem Treuhandvertrag gleichermaßen auch die seitens der Kläger der C. mbH zur Ausführung der ihr übertragenen Geschäftsbesorgung erteilte materiell -rechtliche und prozessuale Vollmacht. Die C. mbH, die anläßlich der Errichtung der notariellen Urkunde am 1. Dezember 1992 von der Vollmacht Gebrauch gemacht hat, konnte daher für die Kläger die Erklärung , sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen, nicht wirksam abgeben. Der Senat verweist zu den damit verbundenen rechtlichen Fragen auf seine bisherigen Entscheidungen (BGHZ 154, 283, 285 ff.; Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03 - WM 2003, 2375 unter II 1-4; vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - aaO unter II 2 a-c; vom 12. November 2003 - IV ZR 43/03 - unter II 1 a und b zur Veröffentlichung bestimmt).

a) Hat sich allerdings ein Darlehensnehmer im Darl ehensvertrag wirksam verpflichtet, sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen, darf er aus der Nichterfüllung dieser Verpflichtung keine Vorteile ziehen (§ 242 BGB). Ist die Unterwerfungserklärung - wie hier - nicht durch ihn selbst, sondern durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegeben worden, kann er sich gegenüber der kreditgebenden Bank auf die Unwirksamkeit der Erklärung nicht berufen (Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 3 c und - IV ZR 33/03 - unter II 5).
Nach dem Inhalt des am 4. Oktober 1993 abgeschloss enen Darlehensvertrages haben die Kläger der Beklagten als Sicherheit nicht nur eine Grundschuld in Darlehensgesamthöhe zu stellen, sondern sich darüber hinaus der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu un-

terwerfen. Das Berufungsgericht hat dies richtig dahin verstanden, daß sich die Unterwerfungserklärung nicht auf die - im Darlehensvertrag gesondert aufgeführte und nach § 800 ZPO vollstreckbar zu gestaltende - Grundschuld beziehen sollte, sondern auf den materiell-rechtlichen Anspruch nach § 780 BGB (vgl. Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 3 a und b und - IV ZR 33/03 - unter II 5 a und b). Die Kläger hätten danach eine solche Unterwerfungserklärung unverzüglich abzugeben. Da sie der C. mbH eine unwirksame Vollmacht erteilt haben, müßten sie die anläßlich der Beurkundung am 1. Dezember 1992 abgegebenen Erklärungen, die der im späteren Darlehensvertrag übernommenen Verpflichtung inhaltlich entsprachen, genehmigen und ihnen dadurch Wirksamkeit verleihen.

b) Das setzt, wie das Berufungsgericht im Ausgangs punkt zutreffend gesehen hat, indes voraus, daß der Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1993 seinerseits wirksam zustande gekommen ist; denn nur dann wäre eine entsprechende Verpflichtung der Kläger begründet worden. Dazu sind bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Da der Darlehensvertrag an den Rechtsfolgen der Nichtigkeit nach § 134 BGB nicht teilnimmt und sowohl in der Entgegennahme der Darlehensvaluta als auch in dem langjährigen Zins- und Kapitaldienst durch die Kläger keine Genehmigung des prozessualen Handelns der C. mbH liegt (vgl. Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 2 d und 3 sowie - IV ZR 33/03 - unter II 4 und 5 d (1)), kommt es darauf an, ob der Beklagten - wie sie behauptet und unter Beweis gestellt hat - spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages die Vollmacht im Original oder in notarieller Ausfertigung vorlag (§ 172 BGB). Die Darlehensverträge sind auf materiell-rechtliche Willenserklärungen zurückzuführen, für

die die §§ 170 ff. BGB Geltung haben, auch wenn die Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers gemäß Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig ist (Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03 - unter II 5 d (3); BGH, Urteil vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02 - WM 2003, 1710 unter II 3 b aa).

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts s ind die zu den Voraussetzungen des § 172 BGB nachzuholenden Feststellungen nicht deshalb entbehrlich, weil die Kläger der Beklagten über die generelle Treuhandvollmacht hinaus eine auf den Abschluß des konkreten Darlehensvertrages bezogene Einzelvollmacht erteilt haben.
aa) Eine solche Vollmacht folgt nicht aus den Schr eiben der Kläger vom 29. April und 23. September 1993. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommene Auslegung erweist sich als rechtsfehlerhaft ; sie verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze.
(1) Der maßgebliche Inhalt einer Willenserklärung ist danach zu ermitteln, was der Erklärungsempfänger bei verständiger Sicht als gewollt erkennt und in welchem Sinne er das Erkannte versteht. Dem wird die tatrichterliche Würdigung des Schriftverkehrs durch das Berufungsgericht nicht gerecht. Sie ist insbesondere mit dem Wortlaut der beiden Schreiben nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß der Wortlaut einer Erklärung zwar die wichtigste, nicht aber die alleinige Erkenntnisquelle für eine Auslegung ist. Zur Ermittlung des Erklärungsinhalts müssen auch der mit der Äußerung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Beteiligten berücksichtigt werden; überdies kann eine Willenserklärung nicht losgelöst von dem

Geschehen erfaßt werden, das zu ihm geführt hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1999 - X ZR 100/98 - unter 4 a, in Juris dokumentiert; vom 31. Oktober 1997 - V ZR 248/96 - ZIP 1997, 2202 unter II).
(2) Eine Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze füh rt zu dem Ergebnis, daß die Schreiben vom 29. April und 23. September 1993 weder für sich allein genommen noch in ihrer Zusammenschau von der Beklagten als Bevollmächtigung der C. mbH verstanden werden konnten. Das Schreiben vom 29. April 1993 gibt für eine Bevollmächtigung von vornherein nichts her. Es handelt sich um eine schlichte Anfrage der Kläger bei der Beklagten, mit der sie persönlich um eine vorgezogene Endfinanzierung nachgesucht haben. Auch das Schreiben vom 23. September 1993 ist insoweit nicht aussagekräftig. Die Kläger haben sich dort - gegenüber der C. mbH - für eine von zwei der vorgeschlagenen Finanzierungsvarianten entschieden. Eine Bevollmächtigung der C. mbH kann darin nicht gesehen werden. Aus Sicht der Parteien bestand dazu keine Veranlassung, weil die Kläger schon zuvor eine - von allen Beteiligten damals als wirksam erachtete - umfassende Treuhandvollmacht erteilt hatten. Es ging bei der erforderlich gewordenen Endfinanzierung lediglich um eine einzelne Maßnahme, die der Ausführung der der C. mbH übertragenen Geschäftsbesorgung diente. Die C. mbH, der nach außen hin bereits die uneingeschr änkte Rechtsmacht zur Vertretung der Kläger eingeräumt worden war, hatte sich im Innenverhältnis vergewissert, welche Finanzierungsvariante die Kläger bevorzugten. Das konnte auch die Beklagte, an die das Schreiben weitergeleitet wurde, nicht anders verstehen als eine interne Weisung der Kläger an die C. mbH, die die erteilte generelle Treuhandvollmacht weder ihrem Inhalt nach berührte noch um eine Einzelvollmacht ergänzte.

bb) Anders als von der Beklagten vertreten, ist fü r eine Duldungsvollmacht kein Raum.
(1) Zwar kann eine nicht wirksam erteilte Vollmach t über die in den §§ 171-173 BGB geregelten Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheinsgesichtspunkten dem Geschäftsgegner gegenüber als wirksam zu behandeln sein. Das ist der Fall, wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint, wobei nur bei oder vor Vertragsschluß gegebenen Umstände in Betracht kommen. Eine solche Duldungsvollmacht liegt aber nur vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läßt, daß ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, daß der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01 - WM 2002, 1273 unter II 3 a bb (1); vom 3. Juni 2003 aaO unter II 3 b aa).
(2) Gerade letzteres ist zu verneinen. In Verbindu ng mit dem vorangegangenen Schreiben vom 29. April 1993 konnte das Schreiben vom 23. September 1993 bei der Beklagten kein besonderes, auf eine Bevollmächtigung der C. mbH bezogenes Vertrauen hervorrufen. Denn im April 1993 hatten sich die Kläger - unter Umgehung der C. mbH - direkt an die Beklagte gewandt. Das Schreiben vom 23. September 1993 wiederholte lediglich den zuvor persönlich geäußerten, der Beklagten bereits bekannten Wunsch der Kläger um eine "Eindeckung" der Endfinanzierung , konkretisiert durch bestimmte Effektiv- und Nominalzinsen bei

10jähriger Laufzeit. Es musste aus Sicht der Beklagten im Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 4. Mai 1993 stehen, in dem sie den Klägern mitgeteilt hatte, eine auf das Frühjahr 1993 vorgezogene Endfinanzierung werde Bereitstellungszinsen auslösen. Auf diesen Hinweis lag es nahe, daß die Kläger die Endfinanzierung zunächst - bis zum Herbst 1993 - zurückstellten. Allein aus dem Umstand, daß die Beklagte das Schreiben vom 23. September 1993, mit dem die Kläger auf ihren Finanzierungswunsch zurückkamen, über die Geschäftsbesorgerin erreichte, konnte sie nicht auf eine gesonderte Bevollmächtigung der C. mbH schließen; das schon deshalb nicht, weil eine notarielle Vollmacht bereits seit längerem vorlag. Das Schreiben vom 23. September 1993 läßt zudem nichts darüber ersehen, ob die C. mbH in bezug auf die Endfinanzierung Abschlußvertreterin, (vorbereitende) Verhandlungsvertreterin oder schlichte Botin (Weiterleitung des Schreibens an die Beklagte) sein sollte. Schon gar nicht konnte die Beklagte daraus entnehmen, die Kläger - später vertreten durch die C. mbH - seien bereit, die im notariellen Kaufvertrag vom 1. Dezember 1992 in ihrem Namen bestellten Sicherheiten durch eine entsprechende Verpflichtung in dem über die Endfinanzierung noch abzuschließenden Darlehensvertrag schuldrechtlich zu unterlegen.
(3) Aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des XI. Zivilsenats vom 22. Oktober 1996 (XI ZR 249/95 - NJW 1997, 312 unter II 4 b) ist entgegenstehendes nicht zu entnehmen. Der Entscheidung liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Bank dem Vertretenen mitgeteilt, daß die vollmachtlose Treuhänderin rechtsgeschäftlich für ihn aufgetreten war (Einrichtung von Konten) und weiterhin für ihn zu handeln beabsichtigte; der Vertretene hatte auf diese Mitteilung nicht

reagiert und weitere rechtgeschäftliche Handlungen der Treuhänderin (Erteilung von Überweisungsaufträgen) nicht unterbunden. Diese Umstände des rechtsgeschäftlichen Auftretens der vollmachtlosen Treuhänderin sind mit denen des vorliegenden Falles nicht vergleichbar.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt A die gewerbliche Tätigkeit "BC/Verlag" (Verlag) an.

2

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Verlag ab Mai 1994 an diverse Unternehmen im gesamten Bundesgebiet unaufgefordert circa 464.000 als Rechnungen bezeichnete Formulare verschickt hatte, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Erstellung eines Telefaxverzeichnisses tatsächlich jedoch niemals beabsichtigt.

3

Durch die Übersendung der Rechnungen wurde bei den jeweiligen Empfängern der Eindruck erweckt, bereits einen Auftrag für eine Veröffentlichung in dem Telefaxverzeichnis erteilt zu haben. Der Gesamtbetrag einer "Rechnung" lautete auf 998 DM, die darin enthaltene Umsatzsteuer von 130,17 DM war offen ausgewiesen. In den Rechnungen war die Klägerin als Firmeninhaberin bezeichnet.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an die Ergebnisse der Steuerfahndung die Auffassung, dass die Umsatzsteuer in den Rechnungen zu Unrecht ausgewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 21. September 1998 setzte das FA unter Berücksichtigung der aufgrund der gekauften Freistempel ermittelten Anzahl der Rechnungen die Umsatzsteuer 1994 zunächst vorläufig auf 32.610.728 DM fest. Mit Bescheid vom 25. November 2005 setzte es aufgrund einer Schätzung, dass 90 % der Kunden die Rechnungen nicht bezahlt hätten, die Umsatzsteuer auf 2.356.374,53 € (4.608.668 DM) herab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006).

5

Mit der Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie weder Aufgaben der Geschäftsführung noch sonst in irgendeiner Form Tätigkeiten für den Verlag übernommen habe. Vielmehr sei sie bereits seit dem Jahr 1979 Rentnerin gewesen. Im Jahr 1993 hätten die Herren D und E die Idee des Vertriebs eines privaten Telefaxverzeichnisses in K umgesetzt, an der auch ihr Sohn beteiligt gewesen sei. Nachdem dieses Unternehmen "aufgeflogen" sei, habe man zur Fortführung der Geschäftsidee eine unbescholtene Person gesucht, die zur Anmeldung eines entsprechenden Gewerbes bereit gewesen sei. Hierzu habe sie sich auf Drängen ihres Sohnes überreden lassen. Die eigentliche Umsetzung der Geschäftsidee sei durch D und F sowie ihren Sohn erfolgt. Daneben sei eine Buchhalterin tätig gewesen. Sie habe die Rechnungen weder gekannt noch an deren Herstellung mitgewirkt.

6

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, § 14 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) sei ein Gefährdungstatbestand eigener Art mit dem Zweck, die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern. Im Streitfall habe die Klägerin mit ihren Unterschriften auf der Gewerbeanmeldung den Rechtsschein gesetzt, dass sie Inhaberin des Verlags sei und die entsprechenden Leistungen erbracht habe. Sie könne sich nicht damit entlasten, nur als "Strohmann" für ihren Sohn gehandelt zu haben. Denn auch ein Strohmann könne Leistender im Sinne des UStG sein. Ohne Bedeutung sei insoweit, ob der Unternehmer seine Leistungsverpflichtungen höchstpersönlich ausführe oder durch andere ausführen lasse und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts verbleibe. Als eine im Geschäftsverkehr auftretende Unternehmerin habe sich die Klägerin um die Belange ihrer Firma kümmern müssen. Sie sei verpflichtet gewesen, die Verwendung von Briefpapier ihres Unternehmens zu überwachen, Abrechnungen gegenüber Auftraggebern zu erstellen sowie die vereinnahmten Entgelte vollständig und wahrheitsgemäß in den Steuererklärungen anzugeben. Sie könne sich nicht damit entschuldigen, dass die Geschäfte tatsächlich von einem Dritten geführt worden seien. Denn hinsichtlich der Überlassung von Aufgaben an Dritte bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Pflicht des Firmeninhabers zur sorgfältigen Auswahl sowie zur laufenden Überwachung des Dritten bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben. Er müsse sich insbesondere so eingehend über den Geschäftsgang unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen und ein Fehlverhalten des Beauftragten rechtzeitig erkennen könne.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die Inanspruchnahme nach § 14 Abs. 3 UStG setze Ausstellung und Begebung einer Rechnung sowie nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525; vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) voraus, dass der Steuerschuldner in irgendeiner Weise an der Ausstellung der Urkunde beteiligt gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Betreffende von der Verwendung der in seinem Namen ausgestellten Rechnungen Kenntnis habe. Die Klägerin sei gutgläubig gewesen. Bei Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG sei sie gegenüber einem Bösgläubigen in verfassungswidriger Weise benachteiligt, weil sie von einer Korrektur der Rechnungen ausgeschlossen sei. Es handele sich nicht um Scheinleistungen, weil die Telefaxbücher tatsächlich im Ausland gedruckt und dann verteilt worden wären. Das FA habe nicht in ausreichender Form Akteneinsicht gewährt.

8

Nachdem der Bevollmächtigte ursprünglich zusätzlich beantragt hatte, das FA zu verurteilen, an die Klägerin gepfändete Beträge von ... € zu zahlen und ab dem 18. Juli 1994 zu verzinsen, hat er in der mündlichen Verhandlung nur noch beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1994 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 226.619,13 € herabgesetzt wird.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Umsatzsteuer aus den streitigen Rechnungen nach § 14 Abs. 3 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG schuldet.

12

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 Satz 2 UStG). § 14 Abs. 3 UStG "beruht" auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach dieser Bestimmung schuldet "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", diese Steuer.

13

Zweck der Regelungen in § 14 Abs. 3 UStG sowie in Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ist es, Missbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis zu verhindern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. Januar 2003 V R 98/01, BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498; vom 30. März 2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel, BFH/NV Beilage 2001, 33). Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung (bzw. der Urkunde) deren missbräuchliche Verwendung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahin gehende Absicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, und in BFH/NV 1999, 525, jeweils m.w.N.).

14

2. a) Die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person kann allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 525; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 4. März 1982 V R 59/81, BFHE 135, 130, BStBl II 1982, 315). Für Rechnungen sind die für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen entsprechend anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, unter II.3.). Aussteller einer Rechnung ist daher --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht nur, wer die betreffende Rechnung eigenhändig erstellt hat. Vielmehr sind insoweit die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze zu beachten (vgl. BFH-Beschluss vom 13. November 2003 V B 140/02, BFH/NV 2004, 382; vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.c; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531; in BFH/NV 1999, 525).

15

Insbesondere sind daher auch die Grundsätze zur Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu beachten. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275).

16

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen schuldet daher nach der Rechtsprechung des BFH die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, wer --ohne Unternehmer zu sein und Lieferungen oder sonstige Leistungen auszuführen-- einem Dritten mit seiner Unterschrift und seinem Stempelaufdruck versehene Blankogeschäftsbriefbögen überlässt. Dies gilt selbst dann, wenn er zwar zum Ausdruck bringt, dass der Gebrauch der Briefbögen von seiner Zustimmung abhängig sein soll, gleichzeitig aber davon ausgehen muss, dass diesem Erfordernis nicht entsprochen werden wird (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 47/90, BFH/NV 1994, 352; BFH-Beschluss vom 22. April 1996 V B 125/95, BFH/NV 1996, 859).

17

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen über die angeblichen Telefaxeintragungen der Klägerin jedenfalls aufgrund einer Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Hierbei kann dahinstehen, ob der Klägerin aufgrund der Vorgeschichte zu ihrer Gewerbeanmeldung bekannt war, dass von Anfang an geplant war, ein Telefaxregister überhaupt nicht zu erstellen und --wie bereits zuvor unter einer anderen Firma-- nur Scheinrechnungen erstellt werden sollten, denn § 14 Abs. 3 UStG setzt lediglich voraus, dass Rechnungen über Leistungen begeben werden, die --aus welchen Gründen auch immer-- tatsächlich nicht ausgeführt wurden. Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind auch gegeben, weil die Rechnungsempfänger davon ausgehen durften, dass die (angeblichen) Leistungen der auf den Rechnungen als Inhaberin des Verlages aufgeführten Klägerin zuzurechnen waren und die Klägerin, die die Geschäftsführung Dritten überlassen und sich nicht weiter darum gekümmert hat --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern müssen, dass die unmittelbar Handelnden Rechnungen über nicht ausgeführte Leistungen unter ihrer Firma erstellten. Insoweit kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Klägerin das unlautere Geschäftsgebaren ihres Sohnes sowie von D und F kannte und daher bereits die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht gegeben sind.

18

c) Soweit der Senat im Urteil in BFH/NV 1999, 525 entschieden hat, der Umstand, dass der Steuerpflichtige ein Gewerbe auf seinen Namen angemeldet habe, das tatsächlich aber von einem anderen betrieben werde, berechtige auch dann nicht zur Zurechnung der unter seinem Namen ausgestellten Rechnungen, wenn er von der Verwendung von auf seinen Namen lautenden Abrechnungen Kenntnis gehabt haben sollte, hält der Senat an der Entscheidung in BFH/NV 1999, 525 nicht fest.

19

Eine Abweichung von dem in BFH/NV 1999, 525 zitierten Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531 liegt nicht vor. Denn der XI. Senat des BFH hat lediglich für den Fall, dass Dritte unberechtigt --ohne Wissen und Kenntnis des Unternehmers-- unter dessen Namen Rechnungen ausgestellt hatten, entschieden, dass allein die frühere Gewerbeanmeldung nicht die Zurechnung der unter diesem Namen ausgestellten Rechnungen rechtfertige. Dies betrifft jedoch nicht den Fall, dass jemand ein Gewerbe angemeldet, dessen "Führung" aber einschließlich der Rechnungsstellung ausschließlich einem Dritten überlassen hat. Deshalb stellt der XI. Senat zu Recht darauf ab, dass derjenige, der in Anspruch genommen werden soll, "durch ausdrückliche oder konkludente Bevollmächtigung in irgend einer Weise an der Ausstellung der Rechnungen beteiligt war". So ist es in dem Fall, dass --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb anmeldet, damit zu betrügerischen Zwecken (vgl. hierzu BGH-Urteil vom 4. Dezember 2003  5 StR 308/03, Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungsreport 2004, 110) angebliche Leistungen abgerechnet werden sollen oder die geschäftliche Tätigkeit in Kenntnis und mit dem Einverständnis desjenigen erfolgt, der das Gewerbe zu diesem Zweck angemeldet hat.

20

3. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG unschädliche "Voraus-Rechnung". Diese liegt nur vor, wenn sie nach ihrer Aufmachung (z.B. durch Bezeichnung als Vorausrechnung) oder ihrem Inhalt (z.B. durch Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) auf den ersten Blick für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge als bloße Voraus-Rechnung oder "Pro-Forma-Rechnung" erkennbar ist (BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 V R 65/97, BFHE 185, 302, BStBl II 1998, 415). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn das Papier enthielt die Bezeichnung "Rechnung". Aufgrund des weiteren Textes "Rechnungsbetrag zahlbar sofort ohne Abzug" wurde zudem der Eindruck erweckt, die Leistung sei bereits erbracht worden.

21

4. Die Klägerin wird weiterhin auch nicht in verfassungswidriger Weise von der Rechnungsberichtigung ausgeschlossen. Zum einen steht nach der Rechtsprechung des EuGH die Rechnungsberichtigung nach Gefährdungsbeseitigung sowohl dem gut- als auch dem bösgläubigen Rechnungsaussteller offen (EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel in BFH/NV Beilage 2001, 33). Zudem hat das FA tatsächlich bereits im Festsetzungsverfahren im Schätzungswege bei 90 % der Rechnungen eine "Korrektur" zu Gunsten der Klägerin vorgenommen.

22

5. Kein Verfahrensfehler des FG ist die angeblich nicht ausreichende Gewährung von Akteneinsicht durch das FA.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Handel mit Elektrogeräten und eine Reparaturwerkstatt. Er machte nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) seit dem Jahr 1999 von der sog. "Kleinunternehmerregelung" des § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Gebrauch. In den Jahren 2004 und 2005 (Streitjahre) führte er Umsätze mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 16.569 € (2004) bzw. 19.520 € (2005) aus.

2

Durch eine Kontrollmitteilung erhielt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Kenntnis davon, dass der Kläger in den Streitjahren über die von ihm erbrachten Reparaturleistungen mit Hilfe eines Quittungsblocks "Quittungen" ausgestellt hatte, in denen er in der Zeile "Gesamt EUR" einen Bruttobetrag eintrug. In der Zeile "+    % MwSt./EUR" ergänzte der Kläger handschriftlich "inkl. 16"; einen Steuerbetrag trug er dort allerdings nicht ein. Die Zeile "Netto EUR" blieb gänzlich unausgefüllt. Die Quittungen hatten danach folgendes Erscheinungsbild:

A.-Nr. XXX/XXX/XXXXX

Quittung

Netto EUR

        

inkl. + 16 % MwSt./EUR

Nr.     

Gesamt EUR    XX

EUR in Worten     XXX

Cent
wie
oben


von       Firma Y


für     Reparatur  ZZZZZZ

dankend erhalten

        

Ort, Datum AAA, XX.XX.XXXX Unterschrift +

Firmenstempel des Klägers

3

Nach Durchführung einer Außenprüfung beim Kläger vertrat das FA die Auffassung, dass der Kläger in den Rechnungen, soweit es sich um Kleinbetragsrechnungen (§ 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung --UStDV--) gehandelt habe, i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG unberechtigt Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen habe. Es setzte in den nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 2004 und 2005 vom 16. Dezember 2009 insoweit Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG fest.

4

Den Einspruch des Klägers, mit dem er unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen FG vom 25. Juni 2009  6 K 565/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1789) vorbrachte, die bloße Angabe des Steuersatzes und des Bruttobetrags (Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe) sei kein unberechtigter Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2010 als unbegründet zurück. Es verwies zur Begründung auf Abschn. 190d Abs. 1 Satz 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR; jetzt Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--), wonach bei Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) der angegebene Steuersatz die Wirkung des gesonderten Ausweises einer Steuer habe.

5

Die Klage hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, der Kläger schulde die vom FA festgesetzte Umsatzsteuer nicht gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, weil er in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen habe. Der Kläger habe keinen Geldbetrag genannt und als Steuerbetrag gekennzeichnet. Allein die Angabe des maßgeblichen Steuersatzes, mit dessen Hilfe der Leistungsempfänger den Steuerbetrag gemäß § 35 Abs. 1 UStDV selbst errechnen und als Vorsteuer abziehen könne, genüge hierfür nicht. Solle in derartigen Fällen ein Missbrauch verhindert werden, sei eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Das Urteil des FG ist in EFG 2013, 1278 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Beim Kleinunternehmer werde keine Umsatzsteuer erhoben und folgerichtig dürfe er in seinen Rechnungen keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsatzsteuer ausweisen. Es reiche gemäß § 35 Abs. 1 UStDV für einen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers aus Kleinbetragsrechnungen i.S. des § 33 UStDV aus, dass der Leistende, hier der Kläger, das Entgelt und den Steuerbetrag in einer Summe angebe und der anzuwendende Steuersatz (hier: 16 %) aufgeführt sei. Die Leistungsempfänger müssten dann davon ausgehen, dass sie den Vorsteuerabzug vornehmen dürfen. Um dies zu verhindern, müsse auf die Kleinbetragsrechnungen des Klägers § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG Anwendung finden.

7

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Er hält die Vorentscheidung für zutreffend und macht geltend, der Gesetzgeber habe den Kleinunternehmern in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG nur den gesonderten Steuerausweis, aber nicht die Ausstellung von Kleinbetragsrechnungen untersagt. Auch die Finanzverwaltung gehe in Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 UStAE davon aus, dass in Fällen der vorliegenden Art kein gesonderter Steuerausweis vorliege, sondern schreibe der Angabe des Steuersatzes lediglich "die Wirkung" des gesonderten Ausweises zu. Dies sei nicht geeignet, um die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG zu begründen oder zu erweitern. Eine Auslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus sei nicht möglich; wenn das UStG ein und denselben Ausdruck in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG und § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG verwende, sei davon auszugehen, dass die Begriffe gleich zu verstehen seien.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG im Streitfall vor.

11

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Diese Vorschrift gilt auch für einen Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG, also für einen Unternehmer, der die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG nicht überschritten hat und deshalb gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG keine Umsatzsteuer zu entrichten braucht. Dies stellt § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG --wonach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG (Nichterhebung der Umsatzsteuer) u.a. nicht für die nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Steuer gilt-- ausdrücklich klar (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. März 2009 XI B 87/08, juris) und ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 14c Abs. 2 UStG (vgl. BRDrucks 630/03, 84). Ein Kleinunternehmer darf keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).

12

a) Zweck des § 14c UStG als Gefährdungstatbestand ist es, Missbrauch durch Ausstellung von Rechnungen zu verhindern und der Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu begegnen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 39/09, BFHE 233, 94, BStBl II 2011, 734, Rz 23) sowie die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern, die eine Gefährdung des Steueraufkommens dadurch herbeiführt, dass der Empfänger der Abrechnung in den Stand versetzt wird, unberechtigt einen Vorsteuerabzug vorzunehmen (vgl. bereits BFH-Urteile vom 8. Dezember 1988 V R 28/84, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250, unter II.2.; vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.a; vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525). Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen (BFH-Urteil vom 7. April 2011 V R 44/09, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954).

13

b) § 14c UStG beruhte in den Streitjahren unionsrechtlich auf Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem), wonach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, die Mehrwertsteuer schuldet. Auch damit soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2000 C-454/98 --Schmeink & Cofreth und Strobel--, Slg. 2000, I-6973, BFH/NV Beilage 2001, 33, Rz 57 und 61; vom 6. November 2003 C-78/02 bis C-80/02 --Karageorgou u.a.--, Slg. 2003, I-13295, BFH/NV Beilage 2004, 48, Rz 50 und 53; vom 18. Juni 2009 C-566/07 --Stadeco BV--, Slg. 2009, I-5295, BFH/NV 2009, 1371, Rz 28; vom 31. Januar 2013 C-643/11 --LVK--, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 346, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 361, m. Anm. Klenk; vom 11. April 2013 C-138/12 --Rusedespred OOD--, UR 2013, 432, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 234, Rz 23 f.).

14

c) Führt ein Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung aus, ist er nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG berechtigt, eine Rechnung auszustellen; in den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 2 UStG ist er --von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen-- sogar verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Dies gilt auch für "Kleinunternehmer" i.S. des § 19 UStG; denn die Vorschrift des § 14 Abs. 2 UStG wird durch § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht ausgeschlossen.

15

d) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG muss eine Rechnung u.a. den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten. Diese Vorschrift beruhte in den Streitjahren auf Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, der bestimmte, dass eine Rechnung u.a. den zu zahlenden Steuerbetrag enthalten muss, außer bei einer Anwendung einer speziellen Regelung, bei der nach der Richtlinie 77/388/EWG eine solche Angabe ausgeschlossen wird.

16

e) Allerdings wird das Bundesministerium der Finanzen durch § 14 Abs. 6 UStG ermächtigt, durch Rechtsverordnung u.a. zu bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen Rechnungen bestimmte Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG nicht enthalten müssen (§ 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG).

17

In Ausübung dieser Befugnis ist in § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV in der in den Streitjahren geltenden Fassung für steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen u.a. bestimmt, dass eine Rechnung, deren Gesamtbetrag 100 € (jetzt: 150 €) nicht übersteigt, mindestens das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz enthalten muss. Gleichzeitig wurde in § 15 Abs. 5 Nr. 1 UStG i.V.m. § 35 Abs. 1 UStDV bestimmt, dass bei Rechnungen i.S. des § 33 UStDV der Unternehmer (Leistungsempfänger) den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen darf, wenn er den Rechnungsbetrag in Entgelt und Steuerbetrag aufteilt.

18

Unionsrechtliche Ermächtigung zum Erlass von § 14 Abs. 6 Nr. 3 i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV war in den Streitjahren Art. 22 Abs. 9 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung, der bestimmte:

19
        
        

"d) ... die Mitgliedstaaten (können) bei Rechnungen für in ihrem Hoheitsgebiet bewirkte Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen vorsehen, dass diese Rechnungen in folgenden Fällen bestimmte Angaben nach Absatz 3 Buchstabe b) nicht enthalten müssen,

        

— wenn der Rechnungsbetrag geringfügig ist

        

— ... 

        

Diese Rechnungen müssen auf jeden Fall die folgenden Angaben enthalten:

        

— das Ausstellungsdatum,

        

— die Identifizierung des Steuerpflichtigen,

        

— die Identifizierung der Art der gelieferten Gegenstände oder der erbrachten Dienstleistungen,

        

— den zu zahlenden Steuerbetrag oder die Angaben zu dessen Berechnung."

20

2. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG --entgegen der Annahme des FG-- vor. Denn unter Berücksichtigung von § 33 Satz 1 Nr. 4 und § 35 Abs. 1 UStDV sowie des Zwecks der Vorschrift ist § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG dahingehend auszulegen, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe sowie des anzuwendenden Steuersatzes als gesonderter Ausweis eines Steuerbetrags i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG anzusehen ist (gl.A. Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 168 Rz 622 und § 165 Rz 211; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 14 Rz 267; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 14c Rz 94; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 14c UStG Rz 37; Abschn. 190d Abs. 1 Satz 5 UStR; Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 UStAE; in diese Richtung deutend auch Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14c Rz 157; ebenso Stadie, UStG, 2. Aufl., § 14c Rz 29 zu § 14c Abs. 1; a.A. Bunjes/Korn, UStG, 11. Aufl., § 14c Rz 6; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 14c Rz 74; Korn, MwStR 2013, 493).

21

a) Dem FG ist zunächst im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass der Wortlaut des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG verlangt, dass der Unternehmer einen Steuerbetrag gesondert ausweist, und dass § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG dafür spricht, darunter grundsätzlich den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zu verstehen. Auch hat das FG zutreffend erkannt, dass die von ihm vertretene Auslegung dazu führt, dass die Gefahr besteht, dass Leistungsempfänger aus Kleinbetragsrechnungen wegen § 35 Abs. 1 UStDV einen Vorsteuerabzug vornehmen, dem keine Umsatzsteuerschuld des Leistenden gegenübersteht.

22

b) Zu Unrecht ist das FG allerdings davon ausgegangen, bei dieser Ausgangslage sei eine "über den Wortlaut hinausgehende" Auslegung des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG nicht möglich und zur Vermeidung von Missbräuchen in Fällen der vorliegenden Art sei eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Das FG hat insoweit seine Wortlautauslegung nicht hinreichend anhand anderer anerkannter Auslegungsmethoden überprüft.

23

Bei der Auslegung einer Norm ist zu berücksichtigen, dass die Wortlautauslegung nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277). Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1988  1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1., m.w.N.). Der Feststellung dieses objektivierten Willens dienen nicht nur die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), sondern auch die Auslegung aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung; vgl. dazu BFH-Urteil vom 9. April 2008 II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, m.w.N.), aus dem die Vorschrift prägenden Regelungszweck (teleologische Auslegung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 IX R 23/01, BFH/NV 2003, 1551, m.w.N.) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung; vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. April 2012 X R 5/10, BFHE 237, 106, BFH/NV 2012, 1358, Rz 27). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter verschiedener Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen (z.B. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177, BFH/NV 1999, 565, m.w.N.).

24

c) Systematische und teleologische Auslegung sprechen vorliegend eindeutig dafür, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe sowie des anzuwendenden Steuersatzes wegen § 33 Satz 1 Nr. 4, § 35 Abs. 1 UStDV einen gesonderten Ausweis eines Steuerbetrags i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG darstellt, auch wenn in diesen Rechnungen kein Steuerbetrag gesondert ausgewiesen wurde. Da --entgegen der Auffassung des FG-- die Wortlautgrenze durch eine solche Auslegung nicht überschritten ist, ist ihr deshalb der Vorzug zu geben.

25

aa) Zunächst spricht die systematische Auslegung dafür, die vom Kläger gemachten Angaben als --wegen § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG unberechtigten-- Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG anzusehen. § 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV sind nämlich Spezialvorschriften zu § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG, die dessen Regelung insoweit verdrängen. § 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV setzt aus Vereinfachungsgründen bei Kleinbetragsrechnungen die Angaben zur Berechnung des Steuerbetrags dem zu zahlenden Steuerbetrag gleich und geht insoweit dem vom FG herangezogenen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG vor.

26

Unternehmer, die zur Ausstellung von Rechnungen und zum gesonderten Steuerausweis berechtigt sind, dürfen bei Kleinbetragsrechnungen sowohl unionsrechtlich als auch nach nationalem Recht aus Vereinfachungsgründen von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG abweichen, ohne dass dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug verloren geht; denn gemäß § 15 Abs. 5 Nr. 1 UStG i.V.m. § 35 Abs. 1 UStDV darf der Unternehmer, der die Leistung empfangen hat, den Rechnungsbetrag in Entgelt und Steuerbetrag aufteilen. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV verlagert mithin durch den Verzicht auf den gesonderten Ausweis von Entgelt und Steuerbetrag lediglich die Aufteilung auf den Leistungsempfänger (Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 14 Rz 426); Entgelt und Steuerbetrag sind jedoch --durch die Angabe von Bruttobetrag und Steuersatz-- in der Rechnung --für den Leistungsempfänger zulässigerweise aufteilbar-- enthalten.

27

Deshalb greift auch der Einwand des Hessischen FG (in EFG 2009, 1789, unter 1.a dd), der Kleinunternehmer könne bei anderer Beurteilung keine Kleinbetragsrechnungen erteilen, nicht durch: Entbindet § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG den Kleinunternehmer von dem Recht (und der Pflicht) zum gesonderten Steuerausweis, gilt dies auch für die an die Stelle des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG tretenden Vereinfachungsregelungen (hier: § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV), so dass der Kleinunternehmer statt auf einen gesonderten Steuerausweis auf die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes verzichten (darf und) muss. Eine Notwendigkeit, auf den Quittungen einen Steuersatz (hier: 16 %) handschriftlich zu ergänzen, bestand deshalb für den Kläger nicht.

28

bb) Nur diese Auslegung entspricht dem Zweck der Vorschrift, einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegenzuwirken, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann. Die unberechtigte Angabe der in § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV genannten Daten in einer Rechnung gefährdet wegen § 35 Abs. 1 UStDV in gleicher Weise wie ein unberechtigter gesonderter Steuerausweis das Steueraufkommen, weil einem vom Leistungsempfänger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Kleinbetragsrechnung keine Steuerschuld des Leistenden gegenübersteht. Der vom Leistungsempfänger gemäß § 35 Abs. 1 UStDV errechnete Steuerbetrag wird nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG vom Leistenden nicht erhoben, ohne dass dies erkennbar wäre. Der in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG angeordnete Ausschluss der Kleinunternehmer von der Berechtigung zum gesonderten Steuerausweis liefe folglich teilweise leer, wenn seine Verletzung nicht durch § 14c Abs. 2 UStG bewehrt wäre (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 26. Januar 1978 V B 15/77, BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394, zu § 14 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F.).

29

3. Die Sache ist spruchreif.

30

Die vom Kläger ausgestellten Quittungen enthalten alle für eine Kleinbetragsrechnung gemäß § 33 Satz 1 UStDV, Art. 22 Abs. 9 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG erforderlichen Angaben: Sie enthalten den Rechnungsaussteller, das Ausstellungsdatum und eine Leistungsbeschreibung. Die Angabe des Leistungsempfängers ist --abweichend von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG-- bei Kleinbetragsrechnungen nach § 33 Satz 1 Nr. 1 UStDV nicht erforderlich (Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 14 Rz 421). Die Angabe des Entgelts und der gesonderte Ausweis eines Steuerbetrags sind --wie dargelegt-- durch die vom Kläger vorgenommene Angabe des Bruttobetrags und des Steuersatzes erfolgt. Da der Kläger indes gemäß § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG zum gesonderten Steuerausweis nicht berechtigt ist, liegt darin ein unberechtigter Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war X, der daneben die Firma X, Beschriftungen/Siebdruck betrieb. Gegenstand des Unternehmens war lt. Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten --Y und Z-- geführt. Während X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war, waren Y und Z für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Z hatte im Gegensatz zu Y, der dies nicht wollte, eine umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren (CPU).

2

Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Y und Z bei der Firma A beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer dieser Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Y bereits bei Computerfirmen im Vertrieb gearbeitet.

3

Im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndungsstelle erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 4. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie am 7. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 2001, welche zwischenzeitlich durch den Jahressteuerbescheid 2001 vom 11. Oktober 2006 ersetzt wurden. Hintergrund waren Feststellungen der Steuerfahndung, wonach die Klägerin in den Streitjahren erhebliche nichtabzugsfähige Vorsteuern geltend gemacht hatte. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge: 20.071.462,08 DM im Jahr 1999, 20.777.535,11 DM im Jahr 2000 und 2.095.858,12 DM bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001.

4

Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Dabei werden Waren aus einem anderen Mitgliedstaat an einen Erwerber im Inland steuerfrei geliefert. Der Erwerber (sog. "Missing Trader") veräußert die Ware mit einem geringen Aufschlag an einen Abnehmer (sog. "Buffer I"), der den in der Rechnung des "Missing Trader" ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abzieht. Der "Missing Trader" zahlt --wie von vornherein beabsichtigt-- keine Umsatzsteuer und ist nicht zu belangen, weil er nicht auffindbar ist. Der "Buffer I" veräußert die Ware an einen sog. "Buffer II" Die Waren werden schließlich nach dem Vorsteuerabzug durch den "Buffer II" von diesem an einen Exporteur (sog. Distributor) veräußert, der sie wieder steuerfrei in den Ausgangsmitgliedstaat liefert und die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abzieht.

5

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung nahm die Klägerin  innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. "Buffer II" ein. Sie bezog dabei ihre Waren nahezu ausschließlich von einem anderen "Buffer", der Firma B, und verkaufte die erworbenen Computerteile an weitere, an dem Karussell als sog. Distributoren beteiligte Firmen, insbesondere auch an die Firma C. Hierbei war es nach Ermittlungen der Steuerfahndung zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen. Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts L gegen Verantwortliche der Firma B war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen X eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 21. März 2003 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt; das Verfahren gegen Z wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.500 € nach § 153a StPO eingestellt. Das Verfahren gegen Y wurde nach dessen Tod gleichfalls eingestellt.

6

Gegen die geänderten Bescheide erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage. Während des Klageverfahrens wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem am 1. Oktober 2007 verkündeten Urteil als unbegründet ab und ließ die Revision zu. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 574 veröffentlicht.

8

Infolge der mündlichen Verhandlungen beim FG ergingen im Wege einer teilweisen Abhilfe des FA am 22. Oktober 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 1999, 2000 und 2001.

9

Zur Begründung der Revision beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass das FA die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum rechtsmissbräuchlich erschlichenen Vorsteuerabzug bei Beteiligung an Karussellgeschäften für die hier erstmals zu entscheidende Fallgestaltung überinterpretiert habe. Sie habe als sog. "Buffer II" keinen Kontakt zur "Missing Trader"-Ebene gehabt und sei ihren steuerlichen Verpflichtungen mit im Prüfungszeitraum angemeldeter und abgeführter Umsatzsteuer von ca. 43,5 Mio. DM und vollständiger Gewinnversteuerung sorgfältig nachgekommen. Die Firma B als Hauptlieferant habe die aus den Ausgangsrechnungen an sie resultierende Umsatzsteuer gleichfalls angemeldet und abgeführt, auch wenn die Vorsteuer aus den Rechnungen der "missing trader" zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung sei es nicht gekommen. In dieser Konstellation den Vorsteuerabzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Steuerpflichtigen zu versagen, sei insbesondere mit dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unvereinbar. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei insoweit neben der in Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verankerten Eigentumsgarantie auch das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und das Verbot unzulässiger Rückwirkung durch Rückverlagerung des neuen § 25d des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der ab 2002 geltenden Fassung (UStG) auf einen Altsachverhalt betroffen. Ferner stelle sich die Frage, ob mit der Streichung des Vorsteuerabzugs in dieser Dimension nicht eine erdrosselnde wirtschaftliche (Straf-)Sanktion trotz fehlender Strafbarkeit verhängt werde, welche zwar dem Wortlaut nach nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege" nach Art. 103 Abs. 2 GG verstoße, allerdings möglicherweise den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletze.

10

Der EuGH habe bereits in seinem Urteil vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/93 --Optigen-- (Slg. 2006, I-483) geklärt, dass das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette, zu der diese Umsätze gehörten, ein anderer Umsatz vorausgehe oder nachfolge, welcher mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei, ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis habe oder haben könne. Das Urteil des EuGH vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 --Kittel und Recolta Recycling-- (Slg. 2006, I-6161) zeige, dass nichts anderes gelte, wenn solche Umsätze im Rahmen eines vom Verkäufer begangenen Betrugs ausgeführt würden. Dabei sei insbesondere das Neutralitätsprinzip zu beachten. Dies verbiete nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Deshalb müssten Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen getroffen hätten, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

11

Im Streitfall müsse sie, die Klägerin, mangels "Kennenmüssens" ihres Geschäftsführers, dessen strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, als gutgläubig gelten. Denn es sei der Rechtsgedanke des § 69 der Abgabenordnung heranzuziehen, wonach es wegen der damit verbundenen Haftung lediglich auf die Kenntnis oder das "Kennenmüssen" des Geschäftsführers ankommen könne.

12

Das FG habe bei seiner Beweiswürdigung auch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.

13

Mit Schriftsätzen vom 7. Januar 2010 und vom 12. Mai 2010 trägt die Klägerin ergänzend vor, dass das Vorhandensein von Doppel- und Mehrfachdurchläufen in diesem Verfahren --wie auch bei anderen Verfahren zu Umsatzsteuerkarussellgeschäften-- eine entscheidende Rolle gespielt habe. So hätten Fehlein-schätzungen des FA (nicht vorhandene Mehrfachdurchläufe, nicht kriminelle Vortaten in der Kette) schon während des finanzgerichtlichen Verfahrens zu einer Teilabhilfe der ursprünglich zurückgeforderten Vorsteuerbeträge von 10 % (insgesamt ca. 5 % des Gesamtvolumens) geführt. Sie habe zwischenzeitlich Erkenntnisse gewonnen, die den Beweiswert der diese Mehrfachdurchläufe dokumentierenden Kopien der Boxetiketten der an- und verkauften Warenpakete in Frage stellten. Diese Kopien seien aus Beweiszwecken für etwaige Kundenreklamationen zwar ursprünglich in ihrem Büro gefertigt und auch dort von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Die Steuerfahndung habe die Ermittlungsakten betreffend die nicht streitbefangenen Vorjahre 1997 und 1998 aber erst nach der mündlichen Verhandlung des FG vollständig zurückgegeben. Daraus ergebe sich nun folgendes Bild: Die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 sähen anders aus als diejenigen der Streitjahre, die als Beweismittel den Berichten der Steuerfahndung und dem FG-Urteil zugrunde gelegt worden seien. Während die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 ab Mitte 1997 weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxlabeln aufwiesen, seien die sonstigen Kopien aus den Streitjahren 1999 und 2000 mit schwarzen Zwischenräumen versehen. Dies sei auffällig. Denn ihr Geschäftsführer habe ab Mitte 1997 auf dem Kopiergerät mit Krepppapier eine "Maske" gefertigt, um Toner zu sparen. Ab diesem Zeitpunkt seien auf den Kopien daher nur noch weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxetiketten sichtbar gewesen, nicht jedoch schwarze Zwischenräume, wie dies bei den in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien der Fall sei. Es komme hinzu, dass die in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien abweichend von der bei ihr üblichen Praxis teilweise doppelseitig seien und mehr als 3 Boxetiketten auf einer Seite enthielten, was bei den ursprünglichen Kopien nicht der Fall gewesen sei. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass die ursprünglichen Kopien von den Ermittlungsbehörden nochmals vervielfältigt worden seien. Die genannten Umstände stellten den Beweiswert der für die Streitjahre vorhandenen Kopien in Frage. Da sie diese Erkenntnisse erst nach vollständiger Akteneinsicht nach dem Ende der mündlichen Verhandlung beim FG habe gewinnen können, sei insoweit eine neue Beweisaufnahme beim FG durchzuführen. Die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Erkenntnisse sei auch nach dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens beim FG ausnahmsweise "im Sinne des Rechtsgedankens des § 580 Nr. 2 und 7b" der Zivilprozessordnung (ZPO) möglich (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2008 XI B 211/07). Das FG-Urteil sei insoweit aus formellen Gründen aufzuheben.

14

Ferner rechtfertigten die Feststellungen des FG keine vollständige Versagung des Vorsteuerabzugsrechts. Denn das FG habe entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung nur einen Umfang an Doppel- und Mehrfachdurchläufen von ca. 8 % in 1999, von 15 % in 2000 und von 5,13 % in 2001 angenommen. Da die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt seien, dürfe die Klage allenfalls nur teilweise abgewiesen werden.

15

Schließlich sei ggf. eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geboten. Denn der EuGH habe --soweit ersichtlich-- über die Anwendung der Rechtsgrundsätze seiner bisherigen Urteile zum Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts (EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg 2006, I-6161) beim Umsatzsteuerkarussell auf den sog. "Buffer II" noch nicht entschieden. Eine Abrundung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH wäre gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer wünschenswert. Außerdem sei in diesem Zusammenhang der Begriff "means of knowledge" in der Rechtsprechung des EuGH insofern noch nicht abschließend geklärt, als Zweifel bestünden, ob die vom Dienst der Europäischen Union (EU) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei. Auch dies sei klärungsbedürftig (vgl. Weber, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 834 ff.).

16

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,

hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 22. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge jeweils in Höhe von 18.314.273 DM (9.363.939,09 €) in 1999, 20.032.663 DM (10.242.537,95 €) in 2000 und 1.833.552 DM (937.480,25 €) in 2001 zum Abzug zugelassen werden.

17

Höchst hilfsweise regt sie an, das Verfahren auszusetzen und im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH anzurufen und folgende Rechtsfrage vorzulegen:

18

"Wie sind die Rechtsprechungsgrundsätze zur Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn der Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an betrugsbehafteten Umsätzen beteiligt, auszulegen oder zu konkretisieren?"

19

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision der Klägerin führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

21

1. Das FG hat über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide vom 4. Juli 2003 betreffend die Streitjahre 1999 und 2000 und vom 11. Oktober 2006 zum Streitjahr 2001 entschieden. An die Stelle dieser Bescheide traten nach Verkündung des FG-Urteils gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO die Änderungsbescheide vom 22. Oktober 2007. Damit liegen dem FG-Urteil nicht mehr existierende Bescheide zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, m.w.N.).

22

Einer Zurückverweisung an das FG lediglich aus formalen Gründen nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch die Änderungsbescheide der bisherige Streitstoff nicht verändert hat. Der erkennende Senat entscheidet deshalb in der Sache selbst (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 FGO).

23

2. Das FG hat zu Recht die (objektiven) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bejaht und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Vorsteuerabzug wegen "Bösgläubigkeit" versagt.

24

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

25

Der dieser nationalen Vorschrift zu Grunde liegende Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u.a. die (im Inland) geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG).

26

Im Streitfall verfügt die Klägerin nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG über den formalen Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferungen von CPUs. Die Lieferanten waren auch Unternehmer. Ferner sind die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs an die Klägerin tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.

27

Der Annahme von Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG an die Klägerin steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer ihrer Hauptlieferantin wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Lieferung bei einem mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz nicht erfüllt (vgl. Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-255/02 --Halifax--, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 59). Es ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Umsatz in einer Lieferkette für sich zu betrachten ist; Umsätze, die nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sind, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen und stellen Lieferungen dar (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483, Randnrn. 47, 49 und 51). Die Lieferanten der Klägerin haben nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ihre Lieferungen in ihren Steuererklärungen angemeldet und die Umsatzsteuer abgeführt, sodass diese Umsätze nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet und Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG sind.

28

b) Die Entscheidung des FG, der Vorsteuerabzug sei gleichwohl zu versagen, hält ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

29

aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen in Slg. 2006, I-483 und in Slg. 2006, I-6161 ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.

30

bb) Im Streitfall ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin hinsichtlich der Kenntnis oder des "Kennenmüssens" der objektiven Umstände, wonach sie an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war, nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern auch das ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt. Daher ist für die entsprechende Anwendung von § 166 BGB das Bestehen eines Vertretungsverhältnisses nicht maßgeblich (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFHE 203, 222, und vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463). Eine Wissenszurechnung kommt jedoch nach wertender Beurteilung nur für die Kenntnisse in Betracht, welche die Mitarbeiter infolge der vorgesehenen Arbeitsteilung und Organisation des Betriebs im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit erlangt haben (MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rz 20, 24, 25, und Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 31. Januar 2006  4 U 423/04, OLG-Report Saarbrücken 2006, 944, Rz 48, m.w.N.) oder hätten erlangen müssen.

31

Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war; für den laufenden Geschäftsbetrieb seien hingegen Y und Z zuständig gewesen. Z hatte darüber hinaus umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit CPUs. Y war zwar nicht vertretungsberechtigt, hat aber nach eigenem Vortrag des X den Betrieb tatsächlich geführt, d.h. X hat sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedient.

32

Diese Umstände rechtfertigen die Annahme des FG, der Klägerin sei auch ein "Wissenmüssen" des Y und der Z zuzurechnen.

33

cc) Die Würdigung des FG, Y und Z hätten zumindest wissen müssen, dass die Klägerin sich mit ihrem jeweiligen Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, unter II.3.a). Die Beweiswürdigung des FG kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorgekommen sind; die Würdigung des FG muss denkgesetzlich möglich, jedoch nicht die einzig in Betracht kommende sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. November 1995 IV R 75/94, BFHE 179, 307, BStBl II 1996, 194).

34

Im Streitfall hat das FG seine Überzeugung, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, nach Durchführung umfangreicher Beweisaufnahmen aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnen. Es hat im Wege einer Gesamtbetrachtung darauf abgestellt, dass Y und Z von Doppel- und Mehrfachdurchläufen der CPUs Kenntnis gehabt hätten, Y insoweit auch ein "Problembewusstsein" gehabt habe und dass bei den unter den "Original-Equipment-Manufacturer"-Preisen liegenden Einkaufspreisen schnell --und wegen der festen Gewinnaufschlagssätze und der festen Lieferbeziehungen-- praktisch ohne Risiko hohe Umsätze und Gewinne erzielt worden seien. Die Würdigung des FG, diese Umstände hätten einen ordentlichen Kaufmann misstrauisch machen müssen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung am oben dargestellten Maßstab stand:

35

(1) Einen Verfahrensfehler des FG hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Soweit sie die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO wegen des Unterlassens der Einvernahme der Umsatzsteuer-Sonderprüfer als Zeugen rügt, hat sie die Rüge nicht in zulässiger Weise erhoben, weil sie nicht hinreichend dargetan hat, weshalb sich dem FG die Einvernahme dieser Zeugen hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

36

(2) Die Annahme des FG, angesichts der festgestellten Tatsachen habe die Einholung von Bankauskünften und Handelsregisterauszügen zu Beginn der Geschäftsbeziehung nicht ausgereicht, um die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung auszuschließen, steht nicht im Widerspruch zu Erfahrungssätzen oder Denkgesetzen, sondern ist denkgesetzlich möglich und nachvollziehbar.

37

(3) Ein Verstoß der angefochtenen Entscheidung gegen einen Erfahrungssatz lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das FG München in seinem zu einem Umsatzsteuerkarussell ergangenen Urteil vom 8. Februar 2007  14 K 1898/04 (EFG 2007, 881) Mehrfachdurchläufen von 2 % keine ausreichende Indizwirkung für ein "Wissenmüssen" beigemessen hat. Denn anders als dort hat das FG im Streitfall nicht allein auf das Vorhandensein und die Kenntnis der Angestellten von Mehrfachdurchläufen, sondern zusätzlich darauf abgestellt, dass Y aufgrund seiner Branchenkenntnisse die Mehrfachdurchläufe als Problem erkannt und deshalb auf diese ungehalten reagiert, aber gleichwohl an der Lieferfirma festgehalten habe.

38

(4) Auch der Hinweis der Klägerin, dass mehrere Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei ihr zu keinen Beanstandungen geführt hätten, rechtfertigt es nicht, die Würdigung des FG, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, zu beanstanden. Denn diese Sonderprüfungen haben sich auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG und die korrekte Versteuerung der eigenen Umsätze der Klägerin und nicht auf eine eventuelle "Bösgläubigkeit" ihres Geschäftsführers und ihrer Angestellten bezogen.

39

(5) Auch das Vorbringen der Klägerin in ihren nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.

40

Aus § 118 Abs. 2 FGO wird der Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass neues tatsächliches Vorbringen zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Rechts im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u.a. zwar im Hinblick auf Tatsachen, deren Beachtung sonst im Wege der Restitutionsklage gegen das Urteil des FG durchgesetzt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93, m.w.N.). Dieser Ausnahmetatbestand liegt im Streitfall aber nicht vor.

41

- Nach § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 2 ZPO findet eine Restitutionsklage statt, wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war. Dafür ist nach § 581 Abs. 1 ZPO aber Voraussetzung, dass wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder dass die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Die Klägerin hat zwar ausgeführt, dass sie eine Fälschung der von ihr angefertigten Kopien für möglich hält, sie hat aber nicht dargelegt, dass deswegen eine Verurteilung erfolgt ist oder die weiteren Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

42

Darüber hinaus ist nach § 582 ZPO die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen. Im Streitfall hätte die Klägerin schon im Klageverfahren auf die unterschiedliche Art der Kopien und die daraus von ihr gezogene Schlussfolgerung einer Fälschung aufmerksam machen können. Denn nicht nur in den Aktenordnern für die Jahre 1997 und 1998, sondern auch in den vom FG zum Verfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 haben sich Kopien mit weißen Zwischenräumen befunden (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Januar 2010).

43

- Auch der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche Art der Kopien in den Aktenordnern der Jahre 1997 und 1998 gegenüber den Kopien in den Aktenordnern für die Streitjahre zu einer günstigeren Entscheidung für die Klägerin geführt hätte. Denn das FG hat seine Entscheidung über die Kenntnis der Angestellten der Klägerin von Mehrfachdurchläufen nicht aus einem bestimmten Prozentsatz von Mehrfachdurchläufen abgeleitet, der sich aus den Kopien der Boxetiketten ergab. Es hat seine Überzeugung vielmehr auf die Aussagen mehrerer Zeugen über die Mehrfachdurchläufe und die Reaktion des Y darauf sowie auf die eigenen Aussagen des Y und der Z gestützt (vgl. Seite 16 des Urteils).

44

Außerdem war die Klägerin auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, bereits im Klageverfahren auf die Unterschiede bei den Kopien hinzuweisen, da sich --wie oben ausgeführt-- Kopien mit weißen Zwischenräumen auch in den im Klageverfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 befunden haben.

45

3. Das Begehren der Klägerin, zumindest teilweise weitere Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen, ist nicht gerechtfertigt. Soweit die Klägerin zur Begründung auf die Prozentsätze der Doppel- und Mehrfachdurchläufe verweist, ist dies für die Höhe der abziehbaren Vorsteuern nicht entscheidungserheblich. Denn der Vorsteuerabzug ist nicht nur bei Doppel- und Mehrfachdurchläufen zu versagen, sondern bei allen Geschäften, bei denen der Steuerpflichtige wusste, wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist (vgl. oben unter II.2.b aa). Dazu hat das FG festgestellt, dass bei sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, Lieferanten involviert waren, bei denen die "Missing-Trader-Eigenschaft" feststeht (Seite 15 des Urteils). An diese Feststellung ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

46

4. Soweit die Klägerin ausführt, wegen ihrer relativ entfernten Stellung zum sog. "Missing Trader" als sog. "Buffer II" sei die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts im Streitfall unverhältnismäßig und verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, kann ihr Vortrag schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Rechtsfolge als Ausnahme von dem Neutralitätsprinzip im Einklang mit der zitierten einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Beteiligung des Unternehmens an einem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell steht (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg. 2006, I-6161).

47

5. Es besteht auch keine Veranlassung, den EuGH erneut nach Art. 267 AEUV im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin hat der EuGH bereits ausdrücklich geklärt, dass ein Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts auch gegeben sein kann, wenn "ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist" und "dieser Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann" (EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483). Diese Formulierung umfasst auch Eingangsbezüge des sog. "Buffer II", der nicht in einer unmittelbaren Lieferbeziehung zum sog. "Missing Trader" steht.

48

Zweifel an der Auslegung des für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Gemeinschaftsrechts ergeben sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09 (Deutsches Steuerrecht 2009, 1688) zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei kollusivem Zusammenwirken der Beteiligten zur Hinterziehung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat des Erwerbers. Die Rechtsfragen in dem vom BGH vorgelegten Fall sind mit denen des Streitfalls nicht vergleichbar. Denn dort ist nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung streitig, wenn feststeht, dass die Lieferung tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, so dass der steuerliche Schaden --anders als im Streitfall-- allein im Ausland eingetreten ist.

49

Soweit die Klägerin ausführt, es sei zweifelhaft, ob die vom Übersetzungsdienst der EU vorgenommene Übersetzung von "means of knowledge" in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei (vgl. hierzu Weber, UR 2009, 834 ff.), ist nicht dargetan oder ersichtlich, inwiefern diese begriffliche Unterscheidung im Streitfall erheblich sein könnte.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, erwarb am 1. Februar 2006 einen Entsorgungsbetrieb. Die hierfür in der Rechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 19.200 € machte die Klägerin erfolglos im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2006 und in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006 als Vorsteuer geltend. Auch ein später gestellter Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides für 2006 blieb ohne Erfolg.

2

Mit ihrem Einspruch gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 2006 vom 22. Oktober 2008, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2009 wies der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Einspruch als unbegründet zurück.

3

Darüber hinaus beantragte die Klägerin unter Hinweis auf § 257 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in Höhe des geltend gemachten Vorsteuerabzugs die Rückzahlung der im Rahmen der Vollstreckung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für Februar 2006 beigetriebenen Beträge. Auch diesen Antrag lehnte das FA ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 als unbegründet zurück.

4

Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg.

5

Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision und macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH--(§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob und inwieweit ein FG Interpretationen von Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und höchstrichterlichen Entscheidungen vornehmen dürfe, die offensichtlich mit dem klaren Wortlaut dieser Entscheidungen nicht mehr im Einklang stünden. Insbesondere im Hinblick auf die im Streitfall relevante Vorsteuerabzugsberechtigung diene eine Entscheidung des BFH der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Zudem liege ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor, da das FG ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Entscheidung des FG verstoße im Ergebnis gegen das Urteil des EuGH vom 25. März 2007 C-35/05, Reemtsma (Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293).

6

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

8

1. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts dient (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder Verfahrensmängel vorliegen, auf denen die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO im Einzelnen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

9

2. Einen Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.

10

a) Der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs umfasst sowohl das Recht der Beteiligten, sich hinreichend zur Sache äußern zu können, als auch die Pflicht des Gerichts, das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2011 V B 73/10, BFH/NV 2011, 1544, m.w.N.). Die Gewährung des rechtlichen Gehörs bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht die Klägerin "erhört", sich also ihren rechtlichen Ansichten oder ihrer Sachverhaltswürdigung anschließt (BFH-Beschluss vom 13. April 2007 V B 122/05, BFH/NV 2007, 1517). Der schlüssige Vortrag der Verletzung des rechtlichen Gehörs setzt somit voraus, dass besondere Umstände vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass das Gericht dem Vortrag der Klägerin nicht nur nicht gefolgt, sondern ihn nicht zur Kenntnis genommen hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1544). Der Vortrag, das FG habe gegen eine die deutschen Gerichte bindende Entscheidung "des EuGH judiziert und diese missachtet", genügt diesen Anforderungen nicht.

11

b) Letztlich rügt die Klägerin mit ihrem Vorbringen eine unzutreffende Auslegung der vom EuGH in der Rechtssache Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 konkretisierten Grundsätze, wonach bei Zahlungsunfähigkeit des Leistenden dem Leistungsempfänger ermöglicht werden müsste, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer erstattet zu bekommen, also einen materiell-rechtlichen Fehler. Ein Fehler bei der Rechtsanwendung kann nur ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen, wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein derartiger Fehler liegt jedoch nur dann vor, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, m.w.N.). Einen solchen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG hat die Klägerin nicht dargelegt.

12

3. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Insoweit fehlt es an der schlüssigen Darlegung, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die zudem klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 24. Juli 2012 V B 76/11, BFH/NV 2012, 1840).

13

a) Die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob und inwieweit ein FG von einer Entscheidung des EuGH abweichen darf, ist in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da sie in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2012, 1840, und vom 4. Mai 2011 VI B 152/10, BFH/NV 2011, 1347). Das Urteil des FG steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH.

14

b) Der EuGH führt im Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 Rdnrn. 41 f. aus, dass in Fällen, in denen die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Dienstleistungserbringers, die Grundsätze der Neutralität und der Effektivität es gebieten können, dass der Dienstleistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb die erforderlichen Mittel und Verfahrensmodalitäten vorsehen, die es dem Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Gleichzeitig betont der EuGH jedoch, dass nach ständiger Rechtsprechung mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind (vgl. EuGH-Urteil in Reemtsma in Slg. 2007, I-2425 Rdnr. 40; vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001, 33, Beilage 1 Randnrn. 65, 66, Leitsatz).

15

c) Macht der Steuerpflichtige geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, handelt es sich um einen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO, da im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes ein Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung des Vorsteuerabzuges nicht vorgesehen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2010 V B 134/09, BFH/NV 2011, 326). Die Billigkeitsentscheidung ist zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden, gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 326). Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens nur die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nach § 257 Abs. 2 Satz 1 AO. In diesen Verfahren kann --wie das FG zu Recht entschieden hat-- eine Billigkeitsmaßnahme nicht erreicht werden.

16

4. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), weil auch dieser Zulassungsgrund eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage voraussetzt (BFH-Beschlüsse vom 29. September 2011 IV B 56/10, BFH/NV 2012, 266, unter 1.b; vom 18. September 2012 VI B 9/12, BFH/NV 2012, 1961).

17

5. Eine Entscheidung des BFH ist darüber hinaus auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) wegen Divergenz des Urteils des FG zu dem EuGH-Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 zuzulassen. Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen. Dabei ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 1. Dezember 2006 VIII B 2/06, BFH/NV 2007, 450; vom 11. Mai 2012 V B 106/11, BFH/NV 2012, 1339). Im Streitfall fehlt es schon an der Herausarbeitung zweier einander widersprechender Rechtssätze. Die Klägerin hat zwar aus dem Urteil des EuGH den Rechtssatz herausgearbeitet, dass für den Fall, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel vorsehen müssen, die es ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Sie hat aber keinen dem widersprechenden, die Entscheidung tragenden Rechtssatz aus dem FG-Urteil herausgearbeitet. Das ist auch nicht möglich, da das FG-Urteil (wie unter II.2. dargestellt) nicht vom EuGH-Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 abweicht.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob die Vorlage eines deutschen Kraftfahrzeugbriefes bei der Abwicklung eines Kaufvertrages über Kfz die Annahme rechtfertigt, dass die Unternehmereigenschaft des Veräußernden bereits ausreichend durch behördliche Maßnahmen geprüft worden ist und ob aus diesem Aspekt ein derartiger Vertrauenstatbestand erwächst, dass ein Vorsteuerabzug zumindest aus Billigkeitsgründen gewährt werden kann, kann in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Nach den den Senat bindenden (§ 118 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren Rechnungsaussteller und Leistender nicht identisch. Damit wäre der Vorsteuerabzug selbst dann zu versagen, wenn die Überlassung des Kfz-Briefes ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unternehmereigenschaft des Verkäufers rechtfertigen würde.

3

Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im --hier vorliegenden-- Festsetzungsverfahren keinen Schutz des guten Glaubens an die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs vorsieht (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Oktober 2008 V R 63/07, BFH/NV 2009, 1473; vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744; vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256).

4

2. Als Verfahrensfehler des FG rügt der Kläger sinngemäß das Fehlen von Entscheidungsgründen, weil das FG "zu zentral vorgebrachten Vertrauensschutzaspekten nicht abschließend Stellung" genommen habe. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2010 X B 218/09, BFH/NV 2010, 1633; vom 19. Oktober 2001 V B 48/01, BFH/NV 2002, 369). Ein solcher Mangel liegt zwar vor, wenn das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass es die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1633; BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 25/99, BFH/NV 2002, 363). Beides ist nicht der Fall.

5

Das FG hat zum Einwand des Klägers, der Gedanke des Vertrauensschutzes gebiete im Streitfall die Gewährung des Vorsteuerabzugs --zumindest im Billigkeitsweg-- unter II.3. des FG-Urteils Stellung genommen und auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744) verwiesen.

6

Danach sieht § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einen Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung des Vorsteuerabzuges nicht vor und es kommt --wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vorliegen-- unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nur ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 der Abgabenordnung --AO--) in Betracht.

7

Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden. Gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte. Hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) über einen bereits im Festsetzungsverfahren ausdrücklich oder konkludent --wegen der Berufung auf Vertrauensschutz-- gestellten Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nicht entschieden, hat der Steuerpflichtige verfahrensrechtlich die Möglichkeit des Untätigkeitseinspruchs (§ 347 Abs. 1 Satz 2 AO) und ggf. der Untätigkeitsklage (§ 46 FGO).

8

Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens jedoch allein die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. Dass das FG in Bezug auf den beanspruchten Vertrauensschutz lediglich auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen und über die Billigkeitsmaßnahme nicht entschieden hat, begründet daher keinen Verfahrensmangel.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies gilt nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt.

(2) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind für die Besteuerung unerheblich. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt A die gewerbliche Tätigkeit "BC/Verlag" (Verlag) an.

2

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Verlag ab Mai 1994 an diverse Unternehmen im gesamten Bundesgebiet unaufgefordert circa 464.000 als Rechnungen bezeichnete Formulare verschickt hatte, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Erstellung eines Telefaxverzeichnisses tatsächlich jedoch niemals beabsichtigt.

3

Durch die Übersendung der Rechnungen wurde bei den jeweiligen Empfängern der Eindruck erweckt, bereits einen Auftrag für eine Veröffentlichung in dem Telefaxverzeichnis erteilt zu haben. Der Gesamtbetrag einer "Rechnung" lautete auf 998 DM, die darin enthaltene Umsatzsteuer von 130,17 DM war offen ausgewiesen. In den Rechnungen war die Klägerin als Firmeninhaberin bezeichnet.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an die Ergebnisse der Steuerfahndung die Auffassung, dass die Umsatzsteuer in den Rechnungen zu Unrecht ausgewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 21. September 1998 setzte das FA unter Berücksichtigung der aufgrund der gekauften Freistempel ermittelten Anzahl der Rechnungen die Umsatzsteuer 1994 zunächst vorläufig auf 32.610.728 DM fest. Mit Bescheid vom 25. November 2005 setzte es aufgrund einer Schätzung, dass 90 % der Kunden die Rechnungen nicht bezahlt hätten, die Umsatzsteuer auf 2.356.374,53 € (4.608.668 DM) herab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006).

5

Mit der Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie weder Aufgaben der Geschäftsführung noch sonst in irgendeiner Form Tätigkeiten für den Verlag übernommen habe. Vielmehr sei sie bereits seit dem Jahr 1979 Rentnerin gewesen. Im Jahr 1993 hätten die Herren D und E die Idee des Vertriebs eines privaten Telefaxverzeichnisses in K umgesetzt, an der auch ihr Sohn beteiligt gewesen sei. Nachdem dieses Unternehmen "aufgeflogen" sei, habe man zur Fortführung der Geschäftsidee eine unbescholtene Person gesucht, die zur Anmeldung eines entsprechenden Gewerbes bereit gewesen sei. Hierzu habe sie sich auf Drängen ihres Sohnes überreden lassen. Die eigentliche Umsetzung der Geschäftsidee sei durch D und F sowie ihren Sohn erfolgt. Daneben sei eine Buchhalterin tätig gewesen. Sie habe die Rechnungen weder gekannt noch an deren Herstellung mitgewirkt.

6

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, § 14 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) sei ein Gefährdungstatbestand eigener Art mit dem Zweck, die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern. Im Streitfall habe die Klägerin mit ihren Unterschriften auf der Gewerbeanmeldung den Rechtsschein gesetzt, dass sie Inhaberin des Verlags sei und die entsprechenden Leistungen erbracht habe. Sie könne sich nicht damit entlasten, nur als "Strohmann" für ihren Sohn gehandelt zu haben. Denn auch ein Strohmann könne Leistender im Sinne des UStG sein. Ohne Bedeutung sei insoweit, ob der Unternehmer seine Leistungsverpflichtungen höchstpersönlich ausführe oder durch andere ausführen lasse und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts verbleibe. Als eine im Geschäftsverkehr auftretende Unternehmerin habe sich die Klägerin um die Belange ihrer Firma kümmern müssen. Sie sei verpflichtet gewesen, die Verwendung von Briefpapier ihres Unternehmens zu überwachen, Abrechnungen gegenüber Auftraggebern zu erstellen sowie die vereinnahmten Entgelte vollständig und wahrheitsgemäß in den Steuererklärungen anzugeben. Sie könne sich nicht damit entschuldigen, dass die Geschäfte tatsächlich von einem Dritten geführt worden seien. Denn hinsichtlich der Überlassung von Aufgaben an Dritte bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Pflicht des Firmeninhabers zur sorgfältigen Auswahl sowie zur laufenden Überwachung des Dritten bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben. Er müsse sich insbesondere so eingehend über den Geschäftsgang unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen und ein Fehlverhalten des Beauftragten rechtzeitig erkennen könne.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die Inanspruchnahme nach § 14 Abs. 3 UStG setze Ausstellung und Begebung einer Rechnung sowie nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525; vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) voraus, dass der Steuerschuldner in irgendeiner Weise an der Ausstellung der Urkunde beteiligt gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Betreffende von der Verwendung der in seinem Namen ausgestellten Rechnungen Kenntnis habe. Die Klägerin sei gutgläubig gewesen. Bei Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG sei sie gegenüber einem Bösgläubigen in verfassungswidriger Weise benachteiligt, weil sie von einer Korrektur der Rechnungen ausgeschlossen sei. Es handele sich nicht um Scheinleistungen, weil die Telefaxbücher tatsächlich im Ausland gedruckt und dann verteilt worden wären. Das FA habe nicht in ausreichender Form Akteneinsicht gewährt.

8

Nachdem der Bevollmächtigte ursprünglich zusätzlich beantragt hatte, das FA zu verurteilen, an die Klägerin gepfändete Beträge von ... € zu zahlen und ab dem 18. Juli 1994 zu verzinsen, hat er in der mündlichen Verhandlung nur noch beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1994 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 226.619,13 € herabgesetzt wird.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Umsatzsteuer aus den streitigen Rechnungen nach § 14 Abs. 3 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG schuldet.

12

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 Satz 2 UStG). § 14 Abs. 3 UStG "beruht" auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach dieser Bestimmung schuldet "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", diese Steuer.

13

Zweck der Regelungen in § 14 Abs. 3 UStG sowie in Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ist es, Missbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis zu verhindern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. Januar 2003 V R 98/01, BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498; vom 30. März 2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel, BFH/NV Beilage 2001, 33). Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung (bzw. der Urkunde) deren missbräuchliche Verwendung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahin gehende Absicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, und in BFH/NV 1999, 525, jeweils m.w.N.).

14

2. a) Die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person kann allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 525; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 4. März 1982 V R 59/81, BFHE 135, 130, BStBl II 1982, 315). Für Rechnungen sind die für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen entsprechend anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, unter II.3.). Aussteller einer Rechnung ist daher --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht nur, wer die betreffende Rechnung eigenhändig erstellt hat. Vielmehr sind insoweit die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze zu beachten (vgl. BFH-Beschluss vom 13. November 2003 V B 140/02, BFH/NV 2004, 382; vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.c; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531; in BFH/NV 1999, 525).

15

Insbesondere sind daher auch die Grundsätze zur Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu beachten. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275).

16

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen schuldet daher nach der Rechtsprechung des BFH die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, wer --ohne Unternehmer zu sein und Lieferungen oder sonstige Leistungen auszuführen-- einem Dritten mit seiner Unterschrift und seinem Stempelaufdruck versehene Blankogeschäftsbriefbögen überlässt. Dies gilt selbst dann, wenn er zwar zum Ausdruck bringt, dass der Gebrauch der Briefbögen von seiner Zustimmung abhängig sein soll, gleichzeitig aber davon ausgehen muss, dass diesem Erfordernis nicht entsprochen werden wird (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 47/90, BFH/NV 1994, 352; BFH-Beschluss vom 22. April 1996 V B 125/95, BFH/NV 1996, 859).

17

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen über die angeblichen Telefaxeintragungen der Klägerin jedenfalls aufgrund einer Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Hierbei kann dahinstehen, ob der Klägerin aufgrund der Vorgeschichte zu ihrer Gewerbeanmeldung bekannt war, dass von Anfang an geplant war, ein Telefaxregister überhaupt nicht zu erstellen und --wie bereits zuvor unter einer anderen Firma-- nur Scheinrechnungen erstellt werden sollten, denn § 14 Abs. 3 UStG setzt lediglich voraus, dass Rechnungen über Leistungen begeben werden, die --aus welchen Gründen auch immer-- tatsächlich nicht ausgeführt wurden. Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind auch gegeben, weil die Rechnungsempfänger davon ausgehen durften, dass die (angeblichen) Leistungen der auf den Rechnungen als Inhaberin des Verlages aufgeführten Klägerin zuzurechnen waren und die Klägerin, die die Geschäftsführung Dritten überlassen und sich nicht weiter darum gekümmert hat --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern müssen, dass die unmittelbar Handelnden Rechnungen über nicht ausgeführte Leistungen unter ihrer Firma erstellten. Insoweit kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Klägerin das unlautere Geschäftsgebaren ihres Sohnes sowie von D und F kannte und daher bereits die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht gegeben sind.

18

c) Soweit der Senat im Urteil in BFH/NV 1999, 525 entschieden hat, der Umstand, dass der Steuerpflichtige ein Gewerbe auf seinen Namen angemeldet habe, das tatsächlich aber von einem anderen betrieben werde, berechtige auch dann nicht zur Zurechnung der unter seinem Namen ausgestellten Rechnungen, wenn er von der Verwendung von auf seinen Namen lautenden Abrechnungen Kenntnis gehabt haben sollte, hält der Senat an der Entscheidung in BFH/NV 1999, 525 nicht fest.

19

Eine Abweichung von dem in BFH/NV 1999, 525 zitierten Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531 liegt nicht vor. Denn der XI. Senat des BFH hat lediglich für den Fall, dass Dritte unberechtigt --ohne Wissen und Kenntnis des Unternehmers-- unter dessen Namen Rechnungen ausgestellt hatten, entschieden, dass allein die frühere Gewerbeanmeldung nicht die Zurechnung der unter diesem Namen ausgestellten Rechnungen rechtfertige. Dies betrifft jedoch nicht den Fall, dass jemand ein Gewerbe angemeldet, dessen "Führung" aber einschließlich der Rechnungsstellung ausschließlich einem Dritten überlassen hat. Deshalb stellt der XI. Senat zu Recht darauf ab, dass derjenige, der in Anspruch genommen werden soll, "durch ausdrückliche oder konkludente Bevollmächtigung in irgend einer Weise an der Ausstellung der Rechnungen beteiligt war". So ist es in dem Fall, dass --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb anmeldet, damit zu betrügerischen Zwecken (vgl. hierzu BGH-Urteil vom 4. Dezember 2003  5 StR 308/03, Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungsreport 2004, 110) angebliche Leistungen abgerechnet werden sollen oder die geschäftliche Tätigkeit in Kenntnis und mit dem Einverständnis desjenigen erfolgt, der das Gewerbe zu diesem Zweck angemeldet hat.

20

3. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG unschädliche "Voraus-Rechnung". Diese liegt nur vor, wenn sie nach ihrer Aufmachung (z.B. durch Bezeichnung als Vorausrechnung) oder ihrem Inhalt (z.B. durch Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) auf den ersten Blick für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge als bloße Voraus-Rechnung oder "Pro-Forma-Rechnung" erkennbar ist (BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 V R 65/97, BFHE 185, 302, BStBl II 1998, 415). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn das Papier enthielt die Bezeichnung "Rechnung". Aufgrund des weiteren Textes "Rechnungsbetrag zahlbar sofort ohne Abzug" wurde zudem der Eindruck erweckt, die Leistung sei bereits erbracht worden.

21

4. Die Klägerin wird weiterhin auch nicht in verfassungswidriger Weise von der Rechnungsberichtigung ausgeschlossen. Zum einen steht nach der Rechtsprechung des EuGH die Rechnungsberichtigung nach Gefährdungsbeseitigung sowohl dem gut- als auch dem bösgläubigen Rechnungsaussteller offen (EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel in BFH/NV Beilage 2001, 33). Zudem hat das FA tatsächlich bereits im Festsetzungsverfahren im Schätzungswege bei 90 % der Rechnungen eine "Korrektur" zu Gunsten der Klägerin vorgenommen.

22

5. Kein Verfahrensfehler des FG ist die angeblich nicht ausreichende Gewährung von Akteneinsicht durch das FA.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 143/03 Verkündet am:
10. März 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Zur Frage einer erneuten Vollmacht vor dem Hintergrund einer bereits erteilten, nach
dem RBerG unwirksamen Treuhandvollmacht.
BGH, Urteil vom 10. März 2004 - IV ZR 143/03 - OLG Bamberg
LG Coburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
10. März 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. Mai 2003 aufgehoben.
Auf ihre Berufung wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg vom 4. Juni 2002 teilweise geändert.
Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars Dr. E. E. aus K. vom 16. September 1992 (UR-Nr. E 2579/92) wird für unzulässig erklärt.
Wegen der weitergehenden Klage (notarielle Urkunde des Notars Dr. E. E. vom 1. Dezember 1992 - UR-Nr. E 3981/92) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger machen die Unzulässigkeit der Zwangsvol lstreckung aus zwei notariellen Urkunden in ihr persönliches Vermögen geltend.
Die Kläger beabsichtigten, im Rahmen eines Bauträg ermodells eine Eigentumswohnung in einer Wohnanlage in A. zu erwerben. Sie waren mit der C. durch mbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag verbunden und erteilten dieser die Vollmacht, sie bei Durchführung, Finanzierung und gegebenenfalls Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs zu vertreten. Die Vollmacht erstreckte sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, insbesondere die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, welche in diesem Zusammenhang erforderlich waren oder der Bevollmächtigten als zweckmäßig erschienen. Die C. mbH schloß namens der Kläger mit der B. die AG, später mit der Beklagten verschmolzen wurde, im November 1992 einen Darlehensvertrag über die Zwischenfinanzierung. Danach vertrat sie die Kläger am 1. Dezember 1992 bei der Beurkundung des notariellen Kaufvertrages (UR-Nr. E 3981/92 des Notars Dr. E. in K. ). Darin übernahmen die Kläger zum einen aus einer bereits am 16. September 1992 (UR-Nr. E 2579/92 des NotarsDr. E. in K. ) von der Voreigentümerin bestellten, gemäß § 800 ZPO vollstreckbaren Grundschuld einen Teilbetrag in Höhe von 203.389 DM und zum anderen die persönliche Haftung für einen Betrag in dieser Höhe nebst 16% Jahreszinsen; wegen der Zahlungsverpflichtung unterwarfen sie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Schon in der notariellen Urkunde vom 16. September 1992 hatte ein - neben der Eigentümerin

namentlich nicht näher bezeichneter - "Schuldner" die persönliche Haftung im Umfang der Grundschuld übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Am 29. März 1999 wurde der Beklagten eine Ausfertigung dieser notariellen Urkunde zum Zwecke der Zwangsvollstreckung - sowohl dinglich als auch persönlich - gegen die Kläger erteilt.
Unter dem 29. April 1993 wandten sich die Kläger a n die B. AG (im folgenden: Beklagte) mit der Bitte um "Eindeckung“ der Endfinanzierung. Die Beklagte war dazu bereit , wies mit Schreiben vom 4. Mai 1993 aber darauf hin, daß die Vollauszahlung des Darlehens erst bei Fertigstellung des Objekts erfolgen könne und bis dahin Bereitstellungszinsen anfallen würden. Die Kläger ließen die Angelegenheit zunächst auf sich beruhen. Am 23. September 1993 füllten sie ein ihr von der C. mbH überlassenes Formular aus, das zwei Varianten für die Endfinanzierung vorsah, und entschieden sich für eine Laufzeit von 10 Jahren bei einem nominalen Zins von 6,35% und einem effektiven Zins von 8,08%. Das Schreiben übersandten sie an die C. mbH, die es an die Beklagte weiterleitete. Die C. mbH unterzeichnete nachfolgend für die Kläger einen Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1993 mit einem Finanzierungsvolumen von insgesamt 203.416 DM. Darin heißt es unter Ziffer 10.3: "Sämtliche Darlehensnehmer haben sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Bank kann die persönliche Haftung unabhängig von der Eintragung und dem Bestand der Grundschuld sowie ohne vorherige Zwangsvollstreckung in das Beleihungsobjekt geltend machen."

Nachdem die Kläger das Darlehen ab dem Jahre 1999 nicht mehr bedient hatten, erklärte die Beklagte die Kündigung des Vertrages und verwertete die Grundschuld. Sie betreibt nunmehr die Zwangsvollstrekkung aufgrund der persönlichen Haftungserklärung wegen noch offener Darlehensverbindlichkeiten.
Die von den Klägern gegen die Zwangsvollstreckung erhobene, beide notariellen Urkunden umfassende Klage hat das Landgericht wegen der Urkunde vom 16. September 1992 als unzulässig und wegen der Urkunde vom 1. Dezember 1992 als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger mit der Maßgabe zurückgewiesen , daß die Klage insgesamt unbegründet sei. Dagegen wenden sie sich mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der notariellen Urkunde vom 16. September 1992 in vollem Umfang Erfolg. Hinsichtlich der Urkunde vom 1. Dezember 1992 führt es zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ein Rechtsschutzbedürf nis auch in bezug auf die Urkunde vom 16. September 1992 bejaht, da der Beklagten die vollstreckbare Ausfertigung zum Zwecke der persönlichen Zwangsvollstreckung gegen die Kläger erteilt worden sei. Die Klage sei aber für

beide Urkunden in der Sache unbegründet. Zwar seien der mit der C. mbH abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag u nd die darauf beruhende Vollmacht vom 4. November 1992 wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig. Der notariellen Vollmacht komme aber keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob der Beklagten vor oder bei Abschluß des Darlehensvertrages vom 4. Oktober 1993 die Vollmacht im Original oder in Ausfertigung vorgelegen und einen entsprechenden Rechtsschein erzeugt habe. Die Schreiben der Kläger vom 29. April und 23. September 1993 seien dahin zu verstehen, daß sie gegenüber der Beklagten durch schlüssiges Verhalten ihren Willen bekundet hätten, die C. mbH solle in ihrem Namen gemäß den unter dem Datum vom 23. September 1993 gemachten Vorgaben einen Vertrag über die Endfinanzierung bewirken. Die Kläger hätten in dem zuletzt genannten Schreiben die C. mbH beauftragt und neu bevollmächtigt; dieser gezielte Auftrag verstoße nicht gegen die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes. Da die C. mbH das Schreiben der Beklagten zugeleitet habe, habe diese bei Abschluß des Darlehensvertrages im Oktober 1993 von einer wirksamen Vertretungsbefugnis der C. mbH ausgehen dürfen. Die Kläger hätten danach die aus dem Darlehensvertrag geschuldeten Zahlungen erbracht und dadurch bestätigt, daß die Endfinanzierung ihrem Willen entsprechend erfolgt sei. Sie müßten der Beklagten nach dem Inhalt des Darlehensvertrages genau die Sicherheiten geben, gegen deren formelle Wirksamkeit sich ihre Klage richte. Sie seien daher nach § 242 BGB gehindert, sich auf die mangelnde Vertretungsmacht der C. mbH bei Abschluß des notariellen Kaufvertrages vom 1. Dezember 1992 zu berufen.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in wesent lichen Punkten nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, da ß die Kläger sich nicht auf eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO beschränkt haben. Sie stellen in erster Linie den Bestand der formellen Titel in Frage, die eine entsprechende sachlich-rechtliche Verpflichtung des Titelschuldners nicht voraussetzen. Mit solchen Angriffen läßt sich eine Klage aus § 767 ZPO, die die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des titulierten materiell-rechtlichen Anspruchs zum Ziel hat, nicht begründen. Sie können aber zum Gegenstand einer prozessualen Gestaltungsklage in analoger Anwendung des § 767 ZPO gemacht und mit der Klage aus § 767 ZPO verbunden werden. Der Titelschuldner kann auf diese Weise - über das Verfahren der Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) hinaus - formell -rechtliche Einwendungen gegen den Vollstreckungstitel geltend machen (BGHZ 124, 164, 170; BGHZ 118, 229, 236; Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - WM 2003, 2372 unter II 1; BGH, Urteile vom 18. November 2003 - XI ZR 332/02 - ZIP 2004, 159 unter II 1; vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 421/02 - WM 2004, 372 unter II 1; vom 15. Dezember 2003 - II ZR 358/01 - DB 2004, 373 unter 2 a bb und 2 b).
2. Die Klage ist, soweit sie die Urkunde vom 16. S eptember 1992 betrifft, ohne weiteres begründet. Die Urkunde beinhaltet eine Grundschuldbestellung , die die Voreigentümerin zugunsten der Beklagten vorgenommen hat. Die Kläger waren an ihrer Errichtung weder im eigenen Namen beteiligt, noch ist die C. mbH im fremden Namen für sie aufgetreten. Für diese Urkunde kommt es daher, was das Berufungsgericht verkannt hat, auf die Frage einer unerlaubten Rechtsberatung seitens

der C. mbH und einer Wirksamkeit der dieser durch die Kläger erteilten Vollmacht von vornherein nicht an. Es kann allein darum gehen, ob die Urkunde einen Inhalt hat, der die Beklagte berechtigt, gegen die Kläger die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Das ist zu verneinen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Voreigentümerin in Höhe des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung gegenüber der Beklagten übernommen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen hat. Denn in der Urkunde wird nur der die Grundschuld bestellende Grundstückseigentümer, nicht aber auch der Schuldner, der die persönliche Haftung übernehmen soll, näher bezeichnet. Jedenfalls folgt aus der Urkunde keine entsprechende Verpflichtung der Kläger. Da es eine Vorschrift, die der auf die Grundschuld zugeschnittenen Bestimmung des § 800 ZPO vergleichbar wäre, für schuldrechtliche Ansprüche - hier nach § 780 BGB - nicht gibt, ist insoweit allein auf die nachfolgende Urkunde vom 1. Dezember 1992 abzustellen. Erst in dieser haben die Kläger, vertreten durch die C. mbH, eine Haftungsübernahme und eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung erklärt. Daher wenden sie sich zu Recht gegen eine Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 16. September 1992. Diese kommt als formeller Titel gegen die Kläger nicht in Betracht; denn sie weist keinen gegen sie als Vollstreckungsschuldner gerichteten vollstreckungsfähigen Anspruch aus.
3. Für die Urkunde vom 1. Dezember 1992 ist dem Be rufungsgericht darin zuzustimmen, daß der zwischen den Klägern und der C. mbH geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag wege n Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG) unwirksam

ist. Die nach § 134 BGB gegebene Nichtigkeit erfaßt neben dem Treuhandvertrag gleichermaßen auch die seitens der Kläger der C. mbH zur Ausführung der ihr übertragenen Geschäftsbesorgung erteilte materiell -rechtliche und prozessuale Vollmacht. Die C. mbH, die anläßlich der Errichtung der notariellen Urkunde am 1. Dezember 1992 von der Vollmacht Gebrauch gemacht hat, konnte daher für die Kläger die Erklärung , sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen, nicht wirksam abgeben. Der Senat verweist zu den damit verbundenen rechtlichen Fragen auf seine bisherigen Entscheidungen (BGHZ 154, 283, 285 ff.; Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03 - WM 2003, 2375 unter II 1-4; vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - aaO unter II 2 a-c; vom 12. November 2003 - IV ZR 43/03 - unter II 1 a und b zur Veröffentlichung bestimmt).

a) Hat sich allerdings ein Darlehensnehmer im Darl ehensvertrag wirksam verpflichtet, sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen, darf er aus der Nichterfüllung dieser Verpflichtung keine Vorteile ziehen (§ 242 BGB). Ist die Unterwerfungserklärung - wie hier - nicht durch ihn selbst, sondern durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegeben worden, kann er sich gegenüber der kreditgebenden Bank auf die Unwirksamkeit der Erklärung nicht berufen (Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 3 c und - IV ZR 33/03 - unter II 5).
Nach dem Inhalt des am 4. Oktober 1993 abgeschloss enen Darlehensvertrages haben die Kläger der Beklagten als Sicherheit nicht nur eine Grundschuld in Darlehensgesamthöhe zu stellen, sondern sich darüber hinaus der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu un-

terwerfen. Das Berufungsgericht hat dies richtig dahin verstanden, daß sich die Unterwerfungserklärung nicht auf die - im Darlehensvertrag gesondert aufgeführte und nach § 800 ZPO vollstreckbar zu gestaltende - Grundschuld beziehen sollte, sondern auf den materiell-rechtlichen Anspruch nach § 780 BGB (vgl. Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 3 a und b und - IV ZR 33/03 - unter II 5 a und b). Die Kläger hätten danach eine solche Unterwerfungserklärung unverzüglich abzugeben. Da sie der C. mbH eine unwirksame Vollmacht erteilt haben, müßten sie die anläßlich der Beurkundung am 1. Dezember 1992 abgegebenen Erklärungen, die der im späteren Darlehensvertrag übernommenen Verpflichtung inhaltlich entsprachen, genehmigen und ihnen dadurch Wirksamkeit verleihen.

b) Das setzt, wie das Berufungsgericht im Ausgangs punkt zutreffend gesehen hat, indes voraus, daß der Darlehensvertrag vom 4. Oktober 1993 seinerseits wirksam zustande gekommen ist; denn nur dann wäre eine entsprechende Verpflichtung der Kläger begründet worden. Dazu sind bislang keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Da der Darlehensvertrag an den Rechtsfolgen der Nichtigkeit nach § 134 BGB nicht teilnimmt und sowohl in der Entgegennahme der Darlehensvaluta als auch in dem langjährigen Zins- und Kapitaldienst durch die Kläger keine Genehmigung des prozessualen Handelns der C. mbH liegt (vgl. Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02 - unter II 2 d und 3 sowie - IV ZR 33/03 - unter II 4 und 5 d (1)), kommt es darauf an, ob der Beklagten - wie sie behauptet und unter Beweis gestellt hat - spätestens bei Abschluß des Darlehensvertrages die Vollmacht im Original oder in notarieller Ausfertigung vorlag (§ 172 BGB). Die Darlehensverträge sind auf materiell-rechtliche Willenserklärungen zurückzuführen, für

die die §§ 170 ff. BGB Geltung haben, auch wenn die Bevollmächtigung des Geschäftsbesorgers gemäß Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig ist (Senatsurteil vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03 - unter II 5 d (3); BGH, Urteil vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02 - WM 2003, 1710 unter II 3 b aa).

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts s ind die zu den Voraussetzungen des § 172 BGB nachzuholenden Feststellungen nicht deshalb entbehrlich, weil die Kläger der Beklagten über die generelle Treuhandvollmacht hinaus eine auf den Abschluß des konkreten Darlehensvertrages bezogene Einzelvollmacht erteilt haben.
aa) Eine solche Vollmacht folgt nicht aus den Schr eiben der Kläger vom 29. April und 23. September 1993. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommene Auslegung erweist sich als rechtsfehlerhaft ; sie verletzt anerkannte Auslegungsgrundsätze.
(1) Der maßgebliche Inhalt einer Willenserklärung ist danach zu ermitteln, was der Erklärungsempfänger bei verständiger Sicht als gewollt erkennt und in welchem Sinne er das Erkannte versteht. Dem wird die tatrichterliche Würdigung des Schriftverkehrs durch das Berufungsgericht nicht gerecht. Sie ist insbesondere mit dem Wortlaut der beiden Schreiben nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß der Wortlaut einer Erklärung zwar die wichtigste, nicht aber die alleinige Erkenntnisquelle für eine Auslegung ist. Zur Ermittlung des Erklärungsinhalts müssen auch der mit der Äußerung verfolgte Zweck und die Interessenlage der Beteiligten berücksichtigt werden; überdies kann eine Willenserklärung nicht losgelöst von dem

Geschehen erfaßt werden, das zu ihm geführt hat (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1999 - X ZR 100/98 - unter 4 a, in Juris dokumentiert; vom 31. Oktober 1997 - V ZR 248/96 - ZIP 1997, 2202 unter II).
(2) Eine Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze füh rt zu dem Ergebnis, daß die Schreiben vom 29. April und 23. September 1993 weder für sich allein genommen noch in ihrer Zusammenschau von der Beklagten als Bevollmächtigung der C. mbH verstanden werden konnten. Das Schreiben vom 29. April 1993 gibt für eine Bevollmächtigung von vornherein nichts her. Es handelt sich um eine schlichte Anfrage der Kläger bei der Beklagten, mit der sie persönlich um eine vorgezogene Endfinanzierung nachgesucht haben. Auch das Schreiben vom 23. September 1993 ist insoweit nicht aussagekräftig. Die Kläger haben sich dort - gegenüber der C. mbH - für eine von zwei der vorgeschlagenen Finanzierungsvarianten entschieden. Eine Bevollmächtigung der C. mbH kann darin nicht gesehen werden. Aus Sicht der Parteien bestand dazu keine Veranlassung, weil die Kläger schon zuvor eine - von allen Beteiligten damals als wirksam erachtete - umfassende Treuhandvollmacht erteilt hatten. Es ging bei der erforderlich gewordenen Endfinanzierung lediglich um eine einzelne Maßnahme, die der Ausführung der der C. mbH übertragenen Geschäftsbesorgung diente. Die C. mbH, der nach außen hin bereits die uneingeschr änkte Rechtsmacht zur Vertretung der Kläger eingeräumt worden war, hatte sich im Innenverhältnis vergewissert, welche Finanzierungsvariante die Kläger bevorzugten. Das konnte auch die Beklagte, an die das Schreiben weitergeleitet wurde, nicht anders verstehen als eine interne Weisung der Kläger an die C. mbH, die die erteilte generelle Treuhandvollmacht weder ihrem Inhalt nach berührte noch um eine Einzelvollmacht ergänzte.

bb) Anders als von der Beklagten vertreten, ist fü r eine Duldungsvollmacht kein Raum.
(1) Zwar kann eine nicht wirksam erteilte Vollmach t über die in den §§ 171-173 BGB geregelten Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheinsgesichtspunkten dem Geschäftsgegner gegenüber als wirksam zu behandeln sein. Das ist der Fall, wenn das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint, wobei nur bei oder vor Vertragsschluß gegebenen Umstände in Betracht kommen. Eine solche Duldungsvollmacht liegt aber nur vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen läßt, daß ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben auch verstehen darf, daß der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 155/01 - WM 2002, 1273 unter II 3 a bb (1); vom 3. Juni 2003 aaO unter II 3 b aa).
(2) Gerade letzteres ist zu verneinen. In Verbindu ng mit dem vorangegangenen Schreiben vom 29. April 1993 konnte das Schreiben vom 23. September 1993 bei der Beklagten kein besonderes, auf eine Bevollmächtigung der C. mbH bezogenes Vertrauen hervorrufen. Denn im April 1993 hatten sich die Kläger - unter Umgehung der C. mbH - direkt an die Beklagte gewandt. Das Schreiben vom 23. September 1993 wiederholte lediglich den zuvor persönlich geäußerten, der Beklagten bereits bekannten Wunsch der Kläger um eine "Eindeckung" der Endfinanzierung , konkretisiert durch bestimmte Effektiv- und Nominalzinsen bei

10jähriger Laufzeit. Es musste aus Sicht der Beklagten im Zusammenhang mit ihrem Schreiben vom 4. Mai 1993 stehen, in dem sie den Klägern mitgeteilt hatte, eine auf das Frühjahr 1993 vorgezogene Endfinanzierung werde Bereitstellungszinsen auslösen. Auf diesen Hinweis lag es nahe, daß die Kläger die Endfinanzierung zunächst - bis zum Herbst 1993 - zurückstellten. Allein aus dem Umstand, daß die Beklagte das Schreiben vom 23. September 1993, mit dem die Kläger auf ihren Finanzierungswunsch zurückkamen, über die Geschäftsbesorgerin erreichte, konnte sie nicht auf eine gesonderte Bevollmächtigung der C. mbH schließen; das schon deshalb nicht, weil eine notarielle Vollmacht bereits seit längerem vorlag. Das Schreiben vom 23. September 1993 läßt zudem nichts darüber ersehen, ob die C. mbH in bezug auf die Endfinanzierung Abschlußvertreterin, (vorbereitende) Verhandlungsvertreterin oder schlichte Botin (Weiterleitung des Schreibens an die Beklagte) sein sollte. Schon gar nicht konnte die Beklagte daraus entnehmen, die Kläger - später vertreten durch die C. mbH - seien bereit, die im notariellen Kaufvertrag vom 1. Dezember 1992 in ihrem Namen bestellten Sicherheiten durch eine entsprechende Verpflichtung in dem über die Endfinanzierung noch abzuschließenden Darlehensvertrag schuldrechtlich zu unterlegen.
(3) Aus dem von der Beklagten in Bezug genommenen Urteil des XI. Zivilsenats vom 22. Oktober 1996 (XI ZR 249/95 - NJW 1997, 312 unter II 4 b) ist entgegenstehendes nicht zu entnehmen. Der Entscheidung liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Bank dem Vertretenen mitgeteilt, daß die vollmachtlose Treuhänderin rechtsgeschäftlich für ihn aufgetreten war (Einrichtung von Konten) und weiterhin für ihn zu handeln beabsichtigte; der Vertretene hatte auf diese Mitteilung nicht

reagiert und weitere rechtgeschäftliche Handlungen der Treuhänderin (Erteilung von Überweisungsaufträgen) nicht unterbunden. Diese Umstände des rechtsgeschäftlichen Auftretens der vollmachtlosen Treuhänderin sind mit denen des vorliegenden Falles nicht vergleichbar.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete zum 1. Januar 1994 bei der Stadt A die gewerbliche Tätigkeit "BC/Verlag" (Verlag) an.

2

Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Verlag ab Mai 1994 an diverse Unternehmen im gesamten Bundesgebiet unaufgefordert circa 464.000 als Rechnungen bezeichnete Formulare verschickt hatte, die für einen Eintrag in ein noch zu erstellendes Telefaxverzeichnis gelten sollten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) war die Erstellung eines Telefaxverzeichnisses tatsächlich jedoch niemals beabsichtigt.

3

Durch die Übersendung der Rechnungen wurde bei den jeweiligen Empfängern der Eindruck erweckt, bereits einen Auftrag für eine Veröffentlichung in dem Telefaxverzeichnis erteilt zu haben. Der Gesamtbetrag einer "Rechnung" lautete auf 998 DM, die darin enthaltene Umsatzsteuer von 130,17 DM war offen ausgewiesen. In den Rechnungen war die Klägerin als Firmeninhaberin bezeichnet.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Anschluss an die Ergebnisse der Steuerfahndung die Auffassung, dass die Umsatzsteuer in den Rechnungen zu Unrecht ausgewiesen worden sei. Mit Bescheid vom 21. September 1998 setzte das FA unter Berücksichtigung der aufgrund der gekauften Freistempel ermittelten Anzahl der Rechnungen die Umsatzsteuer 1994 zunächst vorläufig auf 32.610.728 DM fest. Mit Bescheid vom 25. November 2005 setzte es aufgrund einer Schätzung, dass 90 % der Kunden die Rechnungen nicht bezahlt hätten, die Umsatzsteuer auf 2.356.374,53 € (4.608.668 DM) herab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2006).

5

Mit der Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass sie weder Aufgaben der Geschäftsführung noch sonst in irgendeiner Form Tätigkeiten für den Verlag übernommen habe. Vielmehr sei sie bereits seit dem Jahr 1979 Rentnerin gewesen. Im Jahr 1993 hätten die Herren D und E die Idee des Vertriebs eines privaten Telefaxverzeichnisses in K umgesetzt, an der auch ihr Sohn beteiligt gewesen sei. Nachdem dieses Unternehmen "aufgeflogen" sei, habe man zur Fortführung der Geschäftsidee eine unbescholtene Person gesucht, die zur Anmeldung eines entsprechenden Gewerbes bereit gewesen sei. Hierzu habe sie sich auf Drängen ihres Sohnes überreden lassen. Die eigentliche Umsetzung der Geschäftsidee sei durch D und F sowie ihren Sohn erfolgt. Daneben sei eine Buchhalterin tätig gewesen. Sie habe die Rechnungen weder gekannt noch an deren Herstellung mitgewirkt.

6

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, § 14 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) sei ein Gefährdungstatbestand eigener Art mit dem Zweck, die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern. Im Streitfall habe die Klägerin mit ihren Unterschriften auf der Gewerbeanmeldung den Rechtsschein gesetzt, dass sie Inhaberin des Verlags sei und die entsprechenden Leistungen erbracht habe. Sie könne sich nicht damit entlasten, nur als "Strohmann" für ihren Sohn gehandelt zu haben. Denn auch ein Strohmann könne Leistender im Sinne des UStG sein. Ohne Bedeutung sei insoweit, ob der Unternehmer seine Leistungsverpflichtungen höchstpersönlich ausführe oder durch andere ausführen lasse und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts verbleibe. Als eine im Geschäftsverkehr auftretende Unternehmerin habe sich die Klägerin um die Belange ihrer Firma kümmern müssen. Sie sei verpflichtet gewesen, die Verwendung von Briefpapier ihres Unternehmens zu überwachen, Abrechnungen gegenüber Auftraggebern zu erstellen sowie die vereinnahmten Entgelte vollständig und wahrheitsgemäß in den Steuererklärungen anzugeben. Sie könne sich nicht damit entschuldigen, dass die Geschäfte tatsächlich von einem Dritten geführt worden seien. Denn hinsichtlich der Überlassung von Aufgaben an Dritte bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Pflicht des Firmeninhabers zur sorgfältigen Auswahl sowie zur laufenden Überwachung des Dritten bei der Durchführung der ihm übertragenen Aufgaben. Er müsse sich insbesondere so eingehend über den Geschäftsgang unterrichten, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen und ein Fehlverhalten des Beauftragten rechtzeitig erkennen könne.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die Inanspruchnahme nach § 14 Abs. 3 UStG setze Ausstellung und Begebung einer Rechnung sowie nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525; vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) voraus, dass der Steuerschuldner in irgendeiner Weise an der Ausstellung der Urkunde beteiligt gewesen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Betreffende von der Verwendung der in seinem Namen ausgestellten Rechnungen Kenntnis habe. Die Klägerin sei gutgläubig gewesen. Bei Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG sei sie gegenüber einem Bösgläubigen in verfassungswidriger Weise benachteiligt, weil sie von einer Korrektur der Rechnungen ausgeschlossen sei. Es handele sich nicht um Scheinleistungen, weil die Telefaxbücher tatsächlich im Ausland gedruckt und dann verteilt worden wären. Das FA habe nicht in ausreichender Form Akteneinsicht gewährt.

8

Nachdem der Bevollmächtigte ursprünglich zusätzlich beantragt hatte, das FA zu verurteilen, an die Klägerin gepfändete Beträge von ... € zu zahlen und ab dem 18. Juli 1994 zu verzinsen, hat er in der mündlichen Verhandlung nur noch beantragt, das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1994 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf 226.619,13 € herabgesetzt wird.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

11

Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Umsatzsteuer aus den streitigen Rechnungen nach § 14 Abs. 3 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG schuldet.

12

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist, schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 Abs. 3 Satz 1 UStG). Das Gleiche gilt, wenn jemand in einer anderen Urkunde, mit der er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14 Abs. 3 Satz 2 UStG). § 14 Abs. 3 UStG "beruht" auf Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach dieser Bestimmung schuldet "jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung oder einem ähnlichen Dokument ausweist", diese Steuer.

13

Zweck der Regelungen in § 14 Abs. 3 UStG sowie in Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ist es, Missbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis zu verhindern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. Januar 2003 V R 98/01, BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498; vom 30. März 2006 V R 46/03, BFH/NV 2006, 1365; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel, BFH/NV Beilage 2001, 33). Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, dass der Aussteller der Rechnung (bzw. der Urkunde) deren missbräuchliche Verwendung durch den Rechnungsempfänger kennt, noch ist eine dahin gehende Absicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, und in BFH/NV 1999, 525, jeweils m.w.N.).

14

2. a) Die in einer Urkunde als Aussteller bezeichnete Person kann allerdings nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie in irgendeiner Weise an der Erstellung der Urkunde mitgewirkt hat (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 525; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531) oder wenn ihr die Ausstellung zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 4. März 1982 V R 59/81, BFHE 135, 130, BStBl II 1982, 315). Für Rechnungen sind die für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen entsprechend anwendbar (BFH-Urteil in BFHE 201, 550, BStBl II 2003, 498, unter II.3.). Aussteller einer Rechnung ist daher --entgegen der Auffassung der Klägerin-- nicht nur, wer die betreffende Rechnung eigenhändig erstellt hat. Vielmehr sind insoweit die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze zu beachten (vgl. BFH-Beschluss vom 13. November 2003 V B 140/02, BFH/NV 2004, 382; vgl. BFH-Urteile vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.c; in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531; in BFH/NV 1999, 525).

15

Insbesondere sind daher auch die Grundsätze zur Anscheins- oder Duldungsvollmacht zu beachten. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines angeblichen Vertreters. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 28/08, BFH/NV 2010, 432; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. März 2004 IV ZR 143/03, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2004, 1275).

16

In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen schuldet daher nach der Rechtsprechung des BFH die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, wer --ohne Unternehmer zu sein und Lieferungen oder sonstige Leistungen auszuführen-- einem Dritten mit seiner Unterschrift und seinem Stempelaufdruck versehene Blankogeschäftsbriefbögen überlässt. Dies gilt selbst dann, wenn er zwar zum Ausdruck bringt, dass der Gebrauch der Briefbögen von seiner Zustimmung abhängig sein soll, gleichzeitig aber davon ausgehen muss, dass diesem Erfordernis nicht entsprochen werden wird (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 47/90, BFH/NV 1994, 352; BFH-Beschluss vom 22. April 1996 V B 125/95, BFH/NV 1996, 859).

17

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Rechnungen über die angeblichen Telefaxeintragungen der Klägerin jedenfalls aufgrund einer Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Hierbei kann dahinstehen, ob der Klägerin aufgrund der Vorgeschichte zu ihrer Gewerbeanmeldung bekannt war, dass von Anfang an geplant war, ein Telefaxregister überhaupt nicht zu erstellen und --wie bereits zuvor unter einer anderen Firma-- nur Scheinrechnungen erstellt werden sollten, denn § 14 Abs. 3 UStG setzt lediglich voraus, dass Rechnungen über Leistungen begeben werden, die --aus welchen Gründen auch immer-- tatsächlich nicht ausgeführt wurden. Die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind auch gegeben, weil die Rechnungsempfänger davon ausgehen durften, dass die (angeblichen) Leistungen der auf den Rechnungen als Inhaberin des Verlages aufgeführten Klägerin zuzurechnen waren und die Klägerin, die die Geschäftsführung Dritten überlassen und sich nicht weiter darum gekümmert hat --wie das FG zutreffend festgestellt hat-- bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern müssen, dass die unmittelbar Handelnden Rechnungen über nicht ausgeführte Leistungen unter ihrer Firma erstellten. Insoweit kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Klägerin das unlautere Geschäftsgebaren ihres Sohnes sowie von D und F kannte und daher bereits die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht gegeben sind.

18

c) Soweit der Senat im Urteil in BFH/NV 1999, 525 entschieden hat, der Umstand, dass der Steuerpflichtige ein Gewerbe auf seinen Namen angemeldet habe, das tatsächlich aber von einem anderen betrieben werde, berechtige auch dann nicht zur Zurechnung der unter seinem Namen ausgestellten Rechnungen, wenn er von der Verwendung von auf seinen Namen lautenden Abrechnungen Kenntnis gehabt haben sollte, hält der Senat an der Entscheidung in BFH/NV 1999, 525 nicht fest.

19

Eine Abweichung von dem in BFH/NV 1999, 525 zitierten Urteil des XI. Senats des BFH in BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531 liegt nicht vor. Denn der XI. Senat des BFH hat lediglich für den Fall, dass Dritte unberechtigt --ohne Wissen und Kenntnis des Unternehmers-- unter dessen Namen Rechnungen ausgestellt hatten, entschieden, dass allein die frühere Gewerbeanmeldung nicht die Zurechnung der unter diesem Namen ausgestellten Rechnungen rechtfertige. Dies betrifft jedoch nicht den Fall, dass jemand ein Gewerbe angemeldet, dessen "Führung" aber einschließlich der Rechnungsstellung ausschließlich einem Dritten überlassen hat. Deshalb stellt der XI. Senat zu Recht darauf ab, dass derjenige, der in Anspruch genommen werden soll, "durch ausdrückliche oder konkludente Bevollmächtigung in irgend einer Weise an der Ausstellung der Rechnungen beteiligt war". So ist es in dem Fall, dass --wie im Streitfall-- der Steuerpflichtige einen Gewerbebetrieb anmeldet, damit zu betrügerischen Zwecken (vgl. hierzu BGH-Urteil vom 4. Dezember 2003  5 StR 308/03, Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungsreport 2004, 110) angebliche Leistungen abgerechnet werden sollen oder die geschäftliche Tätigkeit in Kenntnis und mit dem Einverständnis desjenigen erfolgt, der das Gewerbe zu diesem Zweck angemeldet hat.

20

3. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine für die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG unschädliche "Voraus-Rechnung". Diese liegt nur vor, wenn sie nach ihrer Aufmachung (z.B. durch Bezeichnung als Vorausrechnung) oder ihrem Inhalt (z.B. durch Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) auf den ersten Blick für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge als bloße Voraus-Rechnung oder "Pro-Forma-Rechnung" erkennbar ist (BFH-Urteil vom 5. Februar 1998 V R 65/97, BFHE 185, 302, BStBl II 1998, 415). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn das Papier enthielt die Bezeichnung "Rechnung". Aufgrund des weiteren Textes "Rechnungsbetrag zahlbar sofort ohne Abzug" wurde zudem der Eindruck erweckt, die Leistung sei bereits erbracht worden.

21

4. Die Klägerin wird weiterhin auch nicht in verfassungswidriger Weise von der Rechnungsberichtigung ausgeschlossen. Zum einen steht nach der Rechtsprechung des EuGH die Rechnungsberichtigung nach Gefährdungsbeseitigung sowohl dem gut- als auch dem bösgläubigen Rechnungsaussteller offen (EuGH-Urteil Schmeink & Cofreth/Manfred Strobel in BFH/NV Beilage 2001, 33). Zudem hat das FA tatsächlich bereits im Festsetzungsverfahren im Schätzungswege bei 90 % der Rechnungen eine "Korrektur" zu Gunsten der Klägerin vorgenommen.

22

5. Kein Verfahrensfehler des FG ist die angeblich nicht ausreichende Gewährung von Akteneinsicht durch das FA.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Handel mit Elektrogeräten und eine Reparaturwerkstatt. Er machte nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) seit dem Jahr 1999 von der sog. "Kleinunternehmerregelung" des § 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Gebrauch. In den Jahren 2004 und 2005 (Streitjahre) führte er Umsätze mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 16.569 € (2004) bzw. 19.520 € (2005) aus.

2

Durch eine Kontrollmitteilung erhielt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Kenntnis davon, dass der Kläger in den Streitjahren über die von ihm erbrachten Reparaturleistungen mit Hilfe eines Quittungsblocks "Quittungen" ausgestellt hatte, in denen er in der Zeile "Gesamt EUR" einen Bruttobetrag eintrug. In der Zeile "+    % MwSt./EUR" ergänzte der Kläger handschriftlich "inkl. 16"; einen Steuerbetrag trug er dort allerdings nicht ein. Die Zeile "Netto EUR" blieb gänzlich unausgefüllt. Die Quittungen hatten danach folgendes Erscheinungsbild:

A.-Nr. XXX/XXX/XXXXX

Quittung

Netto EUR

        

inkl. + 16 % MwSt./EUR

Nr.     

Gesamt EUR    XX

EUR in Worten     XXX

Cent
wie
oben


von       Firma Y


für     Reparatur  ZZZZZZ

dankend erhalten

        

Ort, Datum AAA, XX.XX.XXXX Unterschrift +

Firmenstempel des Klägers

3

Nach Durchführung einer Außenprüfung beim Kläger vertrat das FA die Auffassung, dass der Kläger in den Rechnungen, soweit es sich um Kleinbetragsrechnungen (§ 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung --UStDV--) gehandelt habe, i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG unberechtigt Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen habe. Es setzte in den nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 2004 und 2005 vom 16. Dezember 2009 insoweit Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG fest.

4

Den Einspruch des Klägers, mit dem er unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen FG vom 25. Juni 2009  6 K 565/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 1789) vorbrachte, die bloße Angabe des Steuersatzes und des Bruttobetrags (Entgelt und Steuerbetrag in einer Summe) sei kein unberechtigter Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2010 als unbegründet zurück. Es verwies zur Begründung auf Abschn. 190d Abs. 1 Satz 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR; jetzt Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--), wonach bei Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) der angegebene Steuersatz die Wirkung des gesonderten Ausweises einer Steuer habe.

5

Die Klage hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, der Kläger schulde die vom FA festgesetzte Umsatzsteuer nicht gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG, weil er in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen habe. Der Kläger habe keinen Geldbetrag genannt und als Steuerbetrag gekennzeichnet. Allein die Angabe des maßgeblichen Steuersatzes, mit dessen Hilfe der Leistungsempfänger den Steuerbetrag gemäß § 35 Abs. 1 UStDV selbst errechnen und als Vorsteuer abziehen könne, genüge hierfür nicht. Solle in derartigen Fällen ein Missbrauch verhindert werden, sei eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Das Urteil des FG ist in EFG 2013, 1278 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 14c Abs. 2 Satz 1 UStG). Beim Kleinunternehmer werde keine Umsatzsteuer erhoben und folgerichtig dürfe er in seinen Rechnungen keine zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsatzsteuer ausweisen. Es reiche gemäß § 35 Abs. 1 UStDV für einen Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers aus Kleinbetragsrechnungen i.S. des § 33 UStDV aus, dass der Leistende, hier der Kläger, das Entgelt und den Steuerbetrag in einer Summe angebe und der anzuwendende Steuersatz (hier: 16 %) aufgeführt sei. Die Leistungsempfänger müssten dann davon ausgehen, dass sie den Vorsteuerabzug vornehmen dürfen. Um dies zu verhindern, müsse auf die Kleinbetragsrechnungen des Klägers § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG Anwendung finden.

7

Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Er hält die Vorentscheidung für zutreffend und macht geltend, der Gesetzgeber habe den Kleinunternehmern in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG nur den gesonderten Steuerausweis, aber nicht die Ausstellung von Kleinbetragsrechnungen untersagt. Auch die Finanzverwaltung gehe in Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 UStAE davon aus, dass in Fällen der vorliegenden Art kein gesonderter Steuerausweis vorliege, sondern schreibe der Angabe des Steuersatzes lediglich "die Wirkung" des gesonderten Ausweises zu. Dies sei nicht geeignet, um die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG zu begründen oder zu erweitern. Eine Auslegung der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus sei nicht möglich; wenn das UStG ein und denselben Ausdruck in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG und § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG verwende, sei davon auszugehen, dass die Begriffe gleich zu verstehen seien.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG liegen die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG im Streitfall vor.

11

1. Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Diese Vorschrift gilt auch für einen Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG, also für einen Unternehmer, der die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG nicht überschritten hat und deshalb gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG keine Umsatzsteuer zu entrichten braucht. Dies stellt § 19 Abs. 1 Satz 3 UStG --wonach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG (Nichterhebung der Umsatzsteuer) u.a. nicht für die nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Steuer gilt-- ausdrücklich klar (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. März 2009 XI B 87/08, juris) und ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 14c Abs. 2 UStG (vgl. BRDrucks 630/03, 84). Ein Kleinunternehmer darf keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG).

12

a) Zweck des § 14c UStG als Gefährdungstatbestand ist es, Missbrauch durch Ausstellung von Rechnungen zu verhindern und der Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu begegnen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2011 V R 39/09, BFHE 233, 94, BStBl II 2011, 734, Rz 23) sowie die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer zu verhindern, die eine Gefährdung des Steueraufkommens dadurch herbeiführt, dass der Empfänger der Abrechnung in den Stand versetzt wird, unberechtigt einen Vorsteuerabzug vorzunehmen (vgl. bereits BFH-Urteile vom 8. Dezember 1988 V R 28/84, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250, unter II.2.; vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357, unter II.1.a; vom 24. September 1998 V R 18/98, BFH/NV 1999, 525). Derjenige, der mit einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 UStG) oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muss hierfür einstehen (BFH-Urteil vom 7. April 2011 V R 44/09, BFHE 234, 430, BStBl II 2011, 954).

13

b) § 14c UStG beruhte in den Streitjahren unionsrechtlich auf Art. 21 Abs. 1 Buchst. d der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem), wonach jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung ausweist, die Mehrwertsteuer schuldet. Auch damit soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2000 C-454/98 --Schmeink & Cofreth und Strobel--, Slg. 2000, I-6973, BFH/NV Beilage 2001, 33, Rz 57 und 61; vom 6. November 2003 C-78/02 bis C-80/02 --Karageorgou u.a.--, Slg. 2003, I-13295, BFH/NV Beilage 2004, 48, Rz 50 und 53; vom 18. Juni 2009 C-566/07 --Stadeco BV--, Slg. 2009, I-5295, BFH/NV 2009, 1371, Rz 28; vom 31. Januar 2013 C-643/11 --LVK--, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 346, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 361, m. Anm. Klenk; vom 11. April 2013 C-138/12 --Rusedespred OOD--, UR 2013, 432, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2013, 234, Rz 23 f.).

14

c) Führt ein Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung aus, ist er nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 UStG berechtigt, eine Rechnung auszustellen; in den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 2 UStG ist er --von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen-- sogar verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Dies gilt auch für "Kleinunternehmer" i.S. des § 19 UStG; denn die Vorschrift des § 14 Abs. 2 UStG wird durch § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht ausgeschlossen.

15

d) Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG muss eine Rechnung u.a. den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag enthalten. Diese Vorschrift beruhte in den Streitjahren auf Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, der bestimmte, dass eine Rechnung u.a. den zu zahlenden Steuerbetrag enthalten muss, außer bei einer Anwendung einer speziellen Regelung, bei der nach der Richtlinie 77/388/EWG eine solche Angabe ausgeschlossen wird.

16

e) Allerdings wird das Bundesministerium der Finanzen durch § 14 Abs. 6 UStG ermächtigt, durch Rechtsverordnung u.a. zu bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen Rechnungen bestimmte Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG nicht enthalten müssen (§ 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG).

17

In Ausübung dieser Befugnis ist in § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV in der in den Streitjahren geltenden Fassung für steuerpflichtige Lieferungen oder sonstige Leistungen u.a. bestimmt, dass eine Rechnung, deren Gesamtbetrag 100 € (jetzt: 150 €) nicht übersteigt, mindestens das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz enthalten muss. Gleichzeitig wurde in § 15 Abs. 5 Nr. 1 UStG i.V.m. § 35 Abs. 1 UStDV bestimmt, dass bei Rechnungen i.S. des § 33 UStDV der Unternehmer (Leistungsempfänger) den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen darf, wenn er den Rechnungsbetrag in Entgelt und Steuerbetrag aufteilt.

18

Unionsrechtliche Ermächtigung zum Erlass von § 14 Abs. 6 Nr. 3 i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV war in den Streitjahren Art. 22 Abs. 9 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung, der bestimmte:

19
        
        

"d) ... die Mitgliedstaaten (können) bei Rechnungen für in ihrem Hoheitsgebiet bewirkte Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen vorsehen, dass diese Rechnungen in folgenden Fällen bestimmte Angaben nach Absatz 3 Buchstabe b) nicht enthalten müssen,

        

— wenn der Rechnungsbetrag geringfügig ist

        

— ... 

        

Diese Rechnungen müssen auf jeden Fall die folgenden Angaben enthalten:

        

— das Ausstellungsdatum,

        

— die Identifizierung des Steuerpflichtigen,

        

— die Identifizierung der Art der gelieferten Gegenstände oder der erbrachten Dienstleistungen,

        

— den zu zahlenden Steuerbetrag oder die Angaben zu dessen Berechnung."

20

2. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG --entgegen der Annahme des FG-- vor. Denn unter Berücksichtigung von § 33 Satz 1 Nr. 4 und § 35 Abs. 1 UStDV sowie des Zwecks der Vorschrift ist § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG dahingehend auszulegen, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe sowie des anzuwendenden Steuersatzes als gesonderter Ausweis eines Steuerbetrags i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG anzusehen ist (gl.A. Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 168 Rz 622 und § 165 Rz 211; Kraeusel in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 14 Rz 267; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 14c Rz 94; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 14c UStG Rz 37; Abschn. 190d Abs. 1 Satz 5 UStR; Abschn. 14c.2. Abs. 1 Satz 5 UStAE; in diese Richtung deutend auch Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14c Rz 157; ebenso Stadie, UStG, 2. Aufl., § 14c Rz 29 zu § 14c Abs. 1; a.A. Bunjes/Korn, UStG, 11. Aufl., § 14c Rz 6; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 14c Rz 74; Korn, MwStR 2013, 493).

21

a) Dem FG ist zunächst im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass der Wortlaut des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG verlangt, dass der Unternehmer einen Steuerbetrag gesondert ausweist, und dass § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG dafür spricht, darunter grundsätzlich den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zu verstehen. Auch hat das FG zutreffend erkannt, dass die von ihm vertretene Auslegung dazu führt, dass die Gefahr besteht, dass Leistungsempfänger aus Kleinbetragsrechnungen wegen § 35 Abs. 1 UStDV einen Vorsteuerabzug vornehmen, dem keine Umsatzsteuerschuld des Leistenden gegenübersteht.

22

b) Zu Unrecht ist das FG allerdings davon ausgegangen, bei dieser Ausgangslage sei eine "über den Wortlaut hinausgehende" Auslegung des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG nicht möglich und zur Vermeidung von Missbräuchen in Fällen der vorliegenden Art sei eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Das FG hat insoweit seine Wortlautauslegung nicht hinreichend anhand anderer anerkannter Auslegungsmethoden überprüft.

23

Bei der Auslegung einer Norm ist zu berücksichtigen, dass die Wortlautauslegung nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 2010 IV R 23/08, BFHE 231, 544, BStBl II 2011, 277). Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1988  1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1., m.w.N.). Der Feststellung dieses objektivierten Willens dienen nicht nur die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), sondern auch die Auslegung aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung; vgl. dazu BFH-Urteil vom 9. April 2008 II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, m.w.N.), aus dem die Vorschrift prägenden Regelungszweck (teleologische Auslegung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 IX R 23/01, BFH/NV 2003, 1551, m.w.N.) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung; vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. April 2012 X R 5/10, BFHE 237, 106, BFH/NV 2012, 1358, Rz 27). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter verschiedener Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen (z.B. BFH-Urteil vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177, BFH/NV 1999, 565, m.w.N.).

24

c) Systematische und teleologische Auslegung sprechen vorliegend eindeutig dafür, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags in einer Summe sowie des anzuwendenden Steuersatzes wegen § 33 Satz 1 Nr. 4, § 35 Abs. 1 UStDV einen gesonderten Ausweis eines Steuerbetrags i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG darstellt, auch wenn in diesen Rechnungen kein Steuerbetrag gesondert ausgewiesen wurde. Da --entgegen der Auffassung des FG-- die Wortlautgrenze durch eine solche Auslegung nicht überschritten ist, ist ihr deshalb der Vorzug zu geben.

25

aa) Zunächst spricht die systematische Auslegung dafür, die vom Kläger gemachten Angaben als --wegen § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG unberechtigten-- Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG anzusehen. § 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV sind nämlich Spezialvorschriften zu § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG, die dessen Regelung insoweit verdrängen. § 14 Abs. 6 Nr. 3 UStG i.V.m. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV setzt aus Vereinfachungsgründen bei Kleinbetragsrechnungen die Angaben zur Berechnung des Steuerbetrags dem zu zahlenden Steuerbetrag gleich und geht insoweit dem vom FG herangezogenen § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG vor.

26

Unternehmer, die zur Ausstellung von Rechnungen und zum gesonderten Steuerausweis berechtigt sind, dürfen bei Kleinbetragsrechnungen sowohl unionsrechtlich als auch nach nationalem Recht aus Vereinfachungsgründen von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG abweichen, ohne dass dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug verloren geht; denn gemäß § 15 Abs. 5 Nr. 1 UStG i.V.m. § 35 Abs. 1 UStDV darf der Unternehmer, der die Leistung empfangen hat, den Rechnungsbetrag in Entgelt und Steuerbetrag aufteilen. § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV verlagert mithin durch den Verzicht auf den gesonderten Ausweis von Entgelt und Steuerbetrag lediglich die Aufteilung auf den Leistungsempfänger (Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 14 Rz 426); Entgelt und Steuerbetrag sind jedoch --durch die Angabe von Bruttobetrag und Steuersatz-- in der Rechnung --für den Leistungsempfänger zulässigerweise aufteilbar-- enthalten.

27

Deshalb greift auch der Einwand des Hessischen FG (in EFG 2009, 1789, unter 1.a dd), der Kleinunternehmer könne bei anderer Beurteilung keine Kleinbetragsrechnungen erteilen, nicht durch: Entbindet § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG den Kleinunternehmer von dem Recht (und der Pflicht) zum gesonderten Steuerausweis, gilt dies auch für die an die Stelle des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG tretenden Vereinfachungsregelungen (hier: § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV), so dass der Kleinunternehmer statt auf einen gesonderten Steuerausweis auf die Angabe des anzuwendenden Steuersatzes verzichten (darf und) muss. Eine Notwendigkeit, auf den Quittungen einen Steuersatz (hier: 16 %) handschriftlich zu ergänzen, bestand deshalb für den Kläger nicht.

28

bb) Nur diese Auslegung entspricht dem Zweck der Vorschrift, einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegenzuwirken, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann. Die unberechtigte Angabe der in § 33 Satz 1 Nr. 4 UStDV genannten Daten in einer Rechnung gefährdet wegen § 35 Abs. 1 UStDV in gleicher Weise wie ein unberechtigter gesonderter Steuerausweis das Steueraufkommen, weil einem vom Leistungsempfänger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Kleinbetragsrechnung keine Steuerschuld des Leistenden gegenübersteht. Der vom Leistungsempfänger gemäß § 35 Abs. 1 UStDV errechnete Steuerbetrag wird nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG vom Leistenden nicht erhoben, ohne dass dies erkennbar wäre. Der in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG angeordnete Ausschluss der Kleinunternehmer von der Berechtigung zum gesonderten Steuerausweis liefe folglich teilweise leer, wenn seine Verletzung nicht durch § 14c Abs. 2 UStG bewehrt wäre (vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 26. Januar 1978 V B 15/77, BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394, zu § 14 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F.).

29

3. Die Sache ist spruchreif.

30

Die vom Kläger ausgestellten Quittungen enthalten alle für eine Kleinbetragsrechnung gemäß § 33 Satz 1 UStDV, Art. 22 Abs. 9 Buchst. d der Richtlinie 77/388/EWG erforderlichen Angaben: Sie enthalten den Rechnungsaussteller, das Ausstellungsdatum und eine Leistungsbeschreibung. Die Angabe des Leistungsempfängers ist --abweichend von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG-- bei Kleinbetragsrechnungen nach § 33 Satz 1 Nr. 1 UStDV nicht erforderlich (Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 14 Rz 421). Die Angabe des Entgelts und der gesonderte Ausweis eines Steuerbetrags sind --wie dargelegt-- durch die vom Kläger vorgenommene Angabe des Bruttobetrags und des Steuersatzes erfolgt. Da der Kläger indes gemäß § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG zum gesonderten Steuerausweis nicht berechtigt ist, liegt darin ein unberechtigter Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG.

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die 1997 gegründet und ins Handelsregister eingetragen wurde. Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war X, der daneben die Firma X, Beschriftungen/Siebdruck betrieb. Gegenstand des Unternehmens war lt. Gewerbeanmeldung und Gesellschaftsvertrag der Handel mit Computerteilen. Das Geschäft wurde mit zwei Angestellten --Y und Z-- geführt. Während X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war, waren Y und Z für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig. Z hatte im Gegensatz zu Y, der dies nicht wollte, eine umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit Computerprozessoren (CPU).

2

Vor ihrer Tätigkeit bei der Klägerin waren Y und Z bei der Firma A beschäftigt. Die Beschäftigungsverhältnisse endeten, nachdem der Geschäftsführer dieser Firma wegen Steuerhinterziehung inhaftiert worden war. Davor hatte Y bereits bei Computerfirmen im Vertrieb gearbeitet.

3

Im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndungsstelle erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 4. Juli 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000 sowie am 7. Juli 2003 geänderte Bescheide über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 2001, welche zwischenzeitlich durch den Jahressteuerbescheid 2001 vom 11. Oktober 2006 ersetzt wurden. Hintergrund waren Feststellungen der Steuerfahndung, wonach die Klägerin in den Streitjahren erhebliche nichtabzugsfähige Vorsteuern geltend gemacht hatte. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge: 20.071.462,08 DM im Jahr 1999, 20.777.535,11 DM im Jahr 2000 und 2.095.858,12 DM bei den Voranmeldungen für die Monate Januar und Februar 2001.

4

Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung hat sich die Klägerin an einem betrügerischen europaweiten Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Dabei werden Waren aus einem anderen Mitgliedstaat an einen Erwerber im Inland steuerfrei geliefert. Der Erwerber (sog. "Missing Trader") veräußert die Ware mit einem geringen Aufschlag an einen Abnehmer (sog. "Buffer I"), der den in der Rechnung des "Missing Trader" ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer abzieht. Der "Missing Trader" zahlt --wie von vornherein beabsichtigt-- keine Umsatzsteuer und ist nicht zu belangen, weil er nicht auffindbar ist. Der "Buffer I" veräußert die Ware an einen sog. "Buffer II" Die Waren werden schließlich nach dem Vorsteuerabzug durch den "Buffer II" von diesem an einen Exporteur (sog. Distributor) veräußert, der sie wieder steuerfrei in den Ausgangsmitgliedstaat liefert und die ihm berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer abzieht.

5

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung nahm die Klägerin  innerhalb des Karussells die Stellung eines sog. "Buffer II" ein. Sie bezog dabei ihre Waren nahezu ausschließlich von einem anderen "Buffer", der Firma B, und verkaufte die erworbenen Computerteile an weitere, an dem Karussell als sog. Distributoren beteiligte Firmen, insbesondere auch an die Firma C. Hierbei war es nach Ermittlungen der Steuerfahndung zu Doppel- und Mehrfachdurchläufen derselben Ware gekommen. Auch nach den Feststellungen im Urteil der 3. Strafkammer des Landgerichts L gegen Verantwortliche der Firma B war die Klägerin an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt. Ein deswegen gegen X eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 21. März 2003 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt; das Verfahren gegen Z wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 2.500 € nach § 153a StPO eingestellt. Das Verfahren gegen Y wurde nach dessen Tod gleichfalls eingestellt.

6

Gegen die geänderten Bescheide erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage. Während des Klageverfahrens wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem am 1. Oktober 2007 verkündeten Urteil als unbegründet ab und ließ die Revision zu. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 574 veröffentlicht.

8

Infolge der mündlichen Verhandlungen beim FG ergingen im Wege einer teilweisen Abhilfe des FA am 22. Oktober 2007 geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide für die Jahre 1999, 2000 und 2001.

9

Zur Begründung der Revision beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass das FA die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zum rechtsmissbräuchlich erschlichenen Vorsteuerabzug bei Beteiligung an Karussellgeschäften für die hier erstmals zu entscheidende Fallgestaltung überinterpretiert habe. Sie habe als sog. "Buffer II" keinen Kontakt zur "Missing Trader"-Ebene gehabt und sei ihren steuerlichen Verpflichtungen mit im Prüfungszeitraum angemeldeter und abgeführter Umsatzsteuer von ca. 43,5 Mio. DM und vollständiger Gewinnversteuerung sorgfältig nachgekommen. Die Firma B als Hauptlieferant habe die aus den Ausgangsrechnungen an sie resultierende Umsatzsteuer gleichfalls angemeldet und abgeführt, auch wenn die Vorsteuer aus den Rechnungen der "missing trader" zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Zu einer strafrechtlichen Verurteilung sei es nicht gekommen. In dieser Konstellation den Vorsteuerabzug wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Steuerpflichtigen zu versagen, sei insbesondere mit dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer nach Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unvereinbar. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei insoweit neben der in Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verankerten Eigentumsgarantie auch das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und das Verbot unzulässiger Rückwirkung durch Rückverlagerung des neuen § 25d des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der ab 2002 geltenden Fassung (UStG) auf einen Altsachverhalt betroffen. Ferner stelle sich die Frage, ob mit der Streichung des Vorsteuerabzugs in dieser Dimension nicht eine erdrosselnde wirtschaftliche (Straf-)Sanktion trotz fehlender Strafbarkeit verhängt werde, welche zwar dem Wortlaut nach nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine lege" nach Art. 103 Abs. 2 GG verstoße, allerdings möglicherweise den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletze.

10

Der EuGH habe bereits in seinem Urteil vom 12. Januar 2006 Rs. C-354/03, C-355/03 und C-484/93 --Optigen-- (Slg. 2006, I-483) geklärt, dass das Recht eines Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt werde, dass in der Lieferkette, zu der diese Umsätze gehörten, ein anderer Umsatz vorausgehe oder nachfolge, welcher mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei, ohne dass der Steuerpflichtige hiervon Kenntnis habe oder haben könne. Das Urteil des EuGH vom 6. Juli 2006 Rs. C-439/04 und C-440/04 --Kittel und Recolta Recycling-- (Slg. 2006, I-6161) zeige, dass nichts anderes gelte, wenn solche Umsätze im Rahmen eines vom Verkäufer begangenen Betrugs ausgeführt würden. Dabei sei insbesondere das Neutralitätsprinzip zu beachten. Dies verbiete nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Deshalb müssten Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen getroffen hätten, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen seien, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren.

11

Im Streitfall müsse sie, die Klägerin, mangels "Kennenmüssens" ihres Geschäftsführers, dessen strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei, als gutgläubig gelten. Denn es sei der Rechtsgedanke des § 69 der Abgabenordnung heranzuziehen, wonach es wegen der damit verbundenen Haftung lediglich auf die Kenntnis oder das "Kennenmüssen" des Geschäftsführers ankommen könne.

12

Das FG habe bei seiner Beweiswürdigung auch gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.

13

Mit Schriftsätzen vom 7. Januar 2010 und vom 12. Mai 2010 trägt die Klägerin ergänzend vor, dass das Vorhandensein von Doppel- und Mehrfachdurchläufen in diesem Verfahren --wie auch bei anderen Verfahren zu Umsatzsteuerkarussellgeschäften-- eine entscheidende Rolle gespielt habe. So hätten Fehlein-schätzungen des FA (nicht vorhandene Mehrfachdurchläufe, nicht kriminelle Vortaten in der Kette) schon während des finanzgerichtlichen Verfahrens zu einer Teilabhilfe der ursprünglich zurückgeforderten Vorsteuerbeträge von 10 % (insgesamt ca. 5 % des Gesamtvolumens) geführt. Sie habe zwischenzeitlich Erkenntnisse gewonnen, die den Beweiswert der diese Mehrfachdurchläufe dokumentierenden Kopien der Boxetiketten der an- und verkauften Warenpakete in Frage stellten. Diese Kopien seien aus Beweiszwecken für etwaige Kundenreklamationen zwar ursprünglich in ihrem Büro gefertigt und auch dort von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Die Steuerfahndung habe die Ermittlungsakten betreffend die nicht streitbefangenen Vorjahre 1997 und 1998 aber erst nach der mündlichen Verhandlung des FG vollständig zurückgegeben. Daraus ergebe sich nun folgendes Bild: Die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 sähen anders aus als diejenigen der Streitjahre, die als Beweismittel den Berichten der Steuerfahndung und dem FG-Urteil zugrunde gelegt worden seien. Während die Kopien der Vorjahre 1997 und 1998 ab Mitte 1997 weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxlabeln aufwiesen, seien die sonstigen Kopien aus den Streitjahren 1999 und 2000 mit schwarzen Zwischenräumen versehen. Dies sei auffällig. Denn ihr Geschäftsführer habe ab Mitte 1997 auf dem Kopiergerät mit Krepppapier eine "Maske" gefertigt, um Toner zu sparen. Ab diesem Zeitpunkt seien auf den Kopien daher nur noch weiße Zwischenräume zwischen den einzelnen Boxetiketten sichtbar gewesen, nicht jedoch schwarze Zwischenräume, wie dies bei den in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien der Fall sei. Es komme hinzu, dass die in den Ordnern der Streitjahre befindlichen Kopien abweichend von der bei ihr üblichen Praxis teilweise doppelseitig seien und mehr als 3 Boxetiketten auf einer Seite enthielten, was bei den ursprünglichen Kopien nicht der Fall gewesen sei. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass die ursprünglichen Kopien von den Ermittlungsbehörden nochmals vervielfältigt worden seien. Die genannten Umstände stellten den Beweiswert der für die Streitjahre vorhandenen Kopien in Frage. Da sie diese Erkenntnisse erst nach vollständiger Akteneinsicht nach dem Ende der mündlichen Verhandlung beim FG habe gewinnen können, sei insoweit eine neue Beweisaufnahme beim FG durchzuführen. Die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Erkenntnisse sei auch nach dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens beim FG ausnahmsweise "im Sinne des Rechtsgedankens des § 580 Nr. 2 und 7b" der Zivilprozessordnung (ZPO) möglich (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Mai 2008 XI B 211/07). Das FG-Urteil sei insoweit aus formellen Gründen aufzuheben.

14

Ferner rechtfertigten die Feststellungen des FG keine vollständige Versagung des Vorsteuerabzugsrechts. Denn das FG habe entsprechend den Feststellungen der Steuerfahndung nur einen Umfang an Doppel- und Mehrfachdurchläufen von ca. 8 % in 1999, von 15 % in 2000 und von 5,13 % in 2001 angenommen. Da die übrigen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt seien, dürfe die Klage allenfalls nur teilweise abgewiesen werden.

15

Schließlich sei ggf. eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geboten. Denn der EuGH habe --soweit ersichtlich-- über die Anwendung der Rechtsgrundsätze seiner bisherigen Urteile zum Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts (EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg 2006, I-6161) beim Umsatzsteuerkarussell auf den sog. "Buffer II" noch nicht entschieden. Eine Abrundung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH wäre gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer wünschenswert. Außerdem sei in diesem Zusammenhang der Begriff "means of knowledge" in der Rechtsprechung des EuGH insofern noch nicht abschließend geklärt, als Zweifel bestünden, ob die vom Dienst der Europäischen Union (EU) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei. Auch dies sei klärungsbedürftig (vgl. Weber, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2009, 834 ff.).

16

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,

hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide für 1999, 2000 und 2001 vom 22. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuerbeträge jeweils in Höhe von 18.314.273 DM (9.363.939,09 €) in 1999, 20.032.663 DM (10.242.537,95 €) in 2000 und 1.833.552 DM (937.480,25 €) in 2001 zum Abzug zugelassen werden.

17

Höchst hilfsweise regt sie an, das Verfahren auszusetzen und im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH anzurufen und folgende Rechtsfrage vorzulegen:

18

"Wie sind die Rechtsprechungsgrundsätze zur Versagung des Vorsteuerabzugs, wenn der Leistungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an betrugsbehafteten Umsätzen beteiligt, auszulegen oder zu konkretisieren?"

19

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

20

II. Die Revision der Klägerin führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Sie ist jedoch in der Sache unbegründet.

21

1. Das FG hat über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide vom 4. Juli 2003 betreffend die Streitjahre 1999 und 2000 und vom 11. Oktober 2006 zum Streitjahr 2001 entschieden. An die Stelle dieser Bescheide traten nach Verkündung des FG-Urteils gemäß § 68 Satz 1, § 121 Satz 1 FGO die Änderungsbescheide vom 22. Oktober 2007. Damit liegen dem FG-Urteil nicht mehr existierende Bescheide zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695, m.w.N.).

22

Einer Zurückverweisung an das FG lediglich aus formalen Gründen nach § 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch die Änderungsbescheide der bisherige Streitstoff nicht verändert hat. Der erkennende Senat entscheidet deshalb in der Sache selbst (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 FGO).

23

2. Das FG hat zu Recht die (objektiven) Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bejaht und in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Vorsteuerabzug wegen "Bösgläubigkeit" versagt.

24

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

25

Der dieser nationalen Vorschrift zu Grunde liegende Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u.a. die (im Inland) geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG).

26

Im Streitfall verfügt die Klägerin nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG über den formalen Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnungen ihrer Lieferanten über die Lieferungen von CPUs. Die Lieferanten waren auch Unternehmer. Ferner sind die in den Rechnungen ausgewiesenen CPUs an die Klägerin tatsächlich geliefert und von dieser nach Veräußerung weitergeliefert worden.

27

Der Annahme von Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG an die Klägerin steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer ihrer Hauptlieferantin wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der Lieferung bei einem mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz nicht erfüllt (vgl. Urteil vom 21. Februar 2006 Rs. C-255/02 --Halifax--, Slg. 2006, I-1609, Randnr. 59). Es ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Umsatz in einer Lieferkette für sich zu betrachten ist; Umsätze, die nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sind, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit eines Steuerpflichtigen und stellen Lieferungen dar (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483, Randnrn. 47, 49 und 51). Die Lieferanten der Klägerin haben nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ihre Lieferungen in ihren Steuererklärungen angemeldet und die Umsatzsteuer abgeführt, sodass diese Umsätze nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht selbst mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet und Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1 UStG sind.

28

b) Die Entscheidung des FG, der Vorsteuerabzug sei gleichwohl zu versagen, hält ebenfalls einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

29

aa) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen in Slg. 2006, I-483 und in Slg. 2006, I-6161 ist nach dem BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04 (BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315) der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war.

30

bb) Im Streitfall ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin hinsichtlich der Kenntnis oder des "Kennenmüssens" der objektiven Umstände, wonach sie an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt war, nicht nur das etwaige Wissen ihres Geschäftsführers als ihres gesetzlichen Vertreters nach § 35 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern auch das ihrer sonstigen Angestellten in analoger Anwendung von § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zuzurechnen ist. Dies beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen eines anderen bedient, nicht besser stehen darf als derjenige, der diese Verpflichtungen selbst erfüllt. Daher ist für die entsprechende Anwendung von § 166 BGB das Bestehen eines Vertretungsverhältnisses nicht maßgeblich (vgl. BFH-Urteile vom 29. Juli 2003 VII R 3/01, BFHE 203, 222, und vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463). Eine Wissenszurechnung kommt jedoch nach wertender Beurteilung nur für die Kenntnisse in Betracht, welche die Mitarbeiter infolge der vorgesehenen Arbeitsteilung und Organisation des Betriebs im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit erlangt haben (MünchKommBGB/Schramm, 5. Aufl., § 166 Rz 20, 24, 25, und Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 31. Januar 2006  4 U 423/04, OLG-Report Saarbrücken 2006, 944, Rz 48, m.w.N.) oder hätten erlangen müssen.

31

Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass X für die finanzielle Abwicklung der einzelnen Geschäfte verantwortlich war; für den laufenden Geschäftsbetrieb seien hingegen Y und Z zuständig gewesen. Z hatte darüber hinaus umfassende Vertretungsmacht für den Handel mit CPUs. Y war zwar nicht vertretungsberechtigt, hat aber nach eigenem Vortrag des X den Betrieb tatsächlich geführt, d.h. X hat sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie eines Vertreters bedient.

32

Diese Umstände rechtfertigen die Annahme des FG, der Klägerin sei auch ein "Wissenmüssen" des Y und der Z zuzurechnen.

33

cc) Die Würdigung des FG, Y und Z hätten zumindest wissen müssen, dass die Klägerin sich mit ihrem jeweiligen Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei, liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, unter II.3.a). Die Beweiswürdigung des FG kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorgekommen sind; die Würdigung des FG muss denkgesetzlich möglich, jedoch nicht die einzig in Betracht kommende sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. November 1995 IV R 75/94, BFHE 179, 307, BStBl II 1996, 194).

34

Im Streitfall hat das FG seine Überzeugung, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, nach Durchführung umfangreicher Beweisaufnahmen aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) gewonnen. Es hat im Wege einer Gesamtbetrachtung darauf abgestellt, dass Y und Z von Doppel- und Mehrfachdurchläufen der CPUs Kenntnis gehabt hätten, Y insoweit auch ein "Problembewusstsein" gehabt habe und dass bei den unter den "Original-Equipment-Manufacturer"-Preisen liegenden Einkaufspreisen schnell --und wegen der festen Gewinnaufschlagssätze und der festen Lieferbeziehungen-- praktisch ohne Risiko hohe Umsätze und Gewinne erzielt worden seien. Die Würdigung des FG, diese Umstände hätten einen ordentlichen Kaufmann misstrauisch machen müssen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung am oben dargestellten Maßstab stand:

35

(1) Einen Verfahrensfehler des FG hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Soweit sie die Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO wegen des Unterlassens der Einvernahme der Umsatzsteuer-Sonderprüfer als Zeugen rügt, hat sie die Rüge nicht in zulässiger Weise erhoben, weil sie nicht hinreichend dargetan hat, weshalb sich dem FG die Einvernahme dieser Zeugen hätte aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).

36

(2) Die Annahme des FG, angesichts der festgestellten Tatsachen habe die Einholung von Bankauskünften und Handelsregisterauszügen zu Beginn der Geschäftsbeziehung nicht ausgereicht, um die Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung auszuschließen, steht nicht im Widerspruch zu Erfahrungssätzen oder Denkgesetzen, sondern ist denkgesetzlich möglich und nachvollziehbar.

37

(3) Ein Verstoß der angefochtenen Entscheidung gegen einen Erfahrungssatz lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass das FG München in seinem zu einem Umsatzsteuerkarussell ergangenen Urteil vom 8. Februar 2007  14 K 1898/04 (EFG 2007, 881) Mehrfachdurchläufen von 2 % keine ausreichende Indizwirkung für ein "Wissenmüssen" beigemessen hat. Denn anders als dort hat das FG im Streitfall nicht allein auf das Vorhandensein und die Kenntnis der Angestellten von Mehrfachdurchläufen, sondern zusätzlich darauf abgestellt, dass Y aufgrund seiner Branchenkenntnisse die Mehrfachdurchläufe als Problem erkannt und deshalb auf diese ungehalten reagiert, aber gleichwohl an der Lieferfirma festgehalten habe.

38

(4) Auch der Hinweis der Klägerin, dass mehrere Umsatzsteuer-Sonderprüfungen bei ihr zu keinen Beanstandungen geführt hätten, rechtfertigt es nicht, die Würdigung des FG, Y und Z hätten von der Einbeziehung der umstrittenen Umsätze in einen Mehrwertsteuerbetrug wissen müssen, zu beanstanden. Denn diese Sonderprüfungen haben sich auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG und die korrekte Versteuerung der eigenen Umsätze der Klägerin und nicht auf eine eventuelle "Bösgläubigkeit" ihres Geschäftsführers und ihrer Angestellten bezogen.

39

(5) Auch das Vorbringen der Klägerin in ihren nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsätzen vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.

40

Aus § 118 Abs. 2 FGO wird der Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass neues tatsächliches Vorbringen zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Rechts im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u.a. zwar im Hinblick auf Tatsachen, deren Beachtung sonst im Wege der Restitutionsklage gegen das Urteil des FG durchgesetzt werden könnte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93, m.w.N.). Dieser Ausnahmetatbestand liegt im Streitfall aber nicht vor.

41

- Nach § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 2 ZPO findet eine Restitutionsklage statt, wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war. Dafür ist nach § 581 Abs. 1 ZPO aber Voraussetzung, dass wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder dass die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Die Klägerin hat zwar ausgeführt, dass sie eine Fälschung der von ihr angefertigten Kopien für möglich hält, sie hat aber nicht dargelegt, dass deswegen eine Verurteilung erfolgt ist oder die weiteren Voraussetzungen des § 581 Abs. 1 ZPO erfüllt sind.

42

Darüber hinaus ist nach § 582 ZPO die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen. Im Streitfall hätte die Klägerin schon im Klageverfahren auf die unterschiedliche Art der Kopien und die daraus von ihr gezogene Schlussfolgerung einer Fälschung aufmerksam machen können. Denn nicht nur in den Aktenordnern für die Jahre 1997 und 1998, sondern auch in den vom FG zum Verfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 haben sich Kopien mit weißen Zwischenräumen befunden (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Januar 2010).

43

- Auch der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche Art der Kopien in den Aktenordnern der Jahre 1997 und 1998 gegenüber den Kopien in den Aktenordnern für die Streitjahre zu einer günstigeren Entscheidung für die Klägerin geführt hätte. Denn das FG hat seine Entscheidung über die Kenntnis der Angestellten der Klägerin von Mehrfachdurchläufen nicht aus einem bestimmten Prozentsatz von Mehrfachdurchläufen abgeleitet, der sich aus den Kopien der Boxetiketten ergab. Es hat seine Überzeugung vielmehr auf die Aussagen mehrerer Zeugen über die Mehrfachdurchläufe und die Reaktion des Y darauf sowie auf die eigenen Aussagen des Y und der Z gestützt (vgl. Seite 16 des Urteils).

44

Außerdem war die Klägerin auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, bereits im Klageverfahren auf die Unterschiede bei den Kopien hinzuweisen, da sich --wie oben ausgeführt-- Kopien mit weißen Zwischenräumen auch in den im Klageverfahren beigezogenen Akten für das Streitjahr 1999 befunden haben.

45

3. Das Begehren der Klägerin, zumindest teilweise weitere Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen, ist nicht gerechtfertigt. Soweit die Klägerin zur Begründung auf die Prozentsätze der Doppel- und Mehrfachdurchläufe verweist, ist dies für die Höhe der abziehbaren Vorsteuern nicht entscheidungserheblich. Denn der Vorsteuerabzug ist nicht nur bei Doppel- und Mehrfachdurchläufen zu versagen, sondern bei allen Geschäften, bei denen der Steuerpflichtige wusste, wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist (vgl. oben unter II.2.b aa). Dazu hat das FG festgestellt, dass bei sämtlichen Liefervorgängen, bei denen die Vorsteuer nicht zum Abzug zugelassen worden ist, Lieferanten involviert waren, bei denen die "Missing-Trader-Eigenschaft" feststeht (Seite 15 des Urteils). An diese Feststellung ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

46

4. Soweit die Klägerin ausführt, wegen ihrer relativ entfernten Stellung zum sog. "Missing Trader" als sog. "Buffer II" sei die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts im Streitfall unverhältnismäßig und verstoße gegen das Prinzip der Rechtssicherheit, kann ihr Vortrag schon deshalb keinen Erfolg haben, weil diese Rechtsfolge als Ausnahme von dem Neutralitätsprinzip im Einklang mit der zitierten einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Beteiligung des Unternehmens an einem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell steht (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2006, I-483, und in Slg. 2006, I-6161).

47

5. Es besteht auch keine Veranlassung, den EuGH erneut nach Art. 267 AEUV im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens anzurufen. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin hat der EuGH bereits ausdrücklich geklärt, dass ein Missbrauch des Vorsteuerabzugsrechts auch gegeben sein kann, wenn "ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist" und "dieser Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann" (EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-483). Diese Formulierung umfasst auch Eingangsbezüge des sog. "Buffer II", der nicht in einer unmittelbaren Lieferbeziehung zum sog. "Missing Trader" steht.

48

Zweifel an der Auslegung des für die Entscheidung des Streitfalls maßgeblichen Gemeinschaftsrechts ergeben sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09 (Deutsches Steuerrecht 2009, 1688) zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung bei kollusivem Zusammenwirken der Beteiligten zur Hinterziehung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat des Erwerbers. Die Rechtsfragen in dem vom BGH vorgelegten Fall sind mit denen des Streitfalls nicht vergleichbar. Denn dort ist nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung streitig, wenn feststeht, dass die Lieferung tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat erfolgt ist, so dass der steuerliche Schaden --anders als im Streitfall-- allein im Ausland eingetreten ist.

49

Soweit die Klägerin ausführt, es sei zweifelhaft, ob die vom Übersetzungsdienst der EU vorgenommene Übersetzung von "means of knowledge" in die deutsche Sprache mit "wissen müssen" oder "wissen können" zutreffend sei (vgl. hierzu Weber, UR 2009, 834 ff.), ist nicht dargetan oder ersichtlich, inwiefern diese begriffliche Unterscheidung im Streitfall erheblich sein könnte.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, erwarb am 1. Februar 2006 einen Entsorgungsbetrieb. Die hierfür in der Rechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 19.200 € machte die Klägerin erfolglos im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2006 und in der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006 als Vorsteuer geltend. Auch ein später gestellter Antrag auf Änderung des Umsatzsteuerbescheides für 2006 blieb ohne Erfolg.

2

Mit ihrem Einspruch gegen den Umsatzsteueränderungsbescheid für 2006 vom 22. Oktober 2008, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde, verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2009 wies der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Einspruch als unbegründet zurück.

3

Darüber hinaus beantragte die Klägerin unter Hinweis auf § 257 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in Höhe des geltend gemachten Vorsteuerabzugs die Rückzahlung der im Rahmen der Vollstreckung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides für Februar 2006 beigetriebenen Beträge. Auch diesen Antrag lehnte das FA ab und wies den hiergegen gerichteten Einspruch mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 als unbegründet zurück.

4

Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg.

5

Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision und macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderten eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH--(§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob und inwieweit ein FG Interpretationen von Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und höchstrichterlichen Entscheidungen vornehmen dürfe, die offensichtlich mit dem klaren Wortlaut dieser Entscheidungen nicht mehr im Einklang stünden. Insbesondere im Hinblick auf die im Streitfall relevante Vorsteuerabzugsberechtigung diene eine Entscheidung des BFH der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Zudem liege ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) vor, da das FG ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt habe. Die Entscheidung des FG verstoße im Ergebnis gegen das Urteil des EuGH vom 25. März 2007 C-35/05, Reemtsma (Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293).

6

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

8

1. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts dient (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder Verfahrensmängel vorliegen, auf denen die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO im Einzelnen dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

9

2. Einen Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.

10

a) Der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs umfasst sowohl das Recht der Beteiligten, sich hinreichend zur Sache äußern zu können, als auch die Pflicht des Gerichts, das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2011 V B 73/10, BFH/NV 2011, 1544, m.w.N.). Die Gewährung des rechtlichen Gehörs bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht die Klägerin "erhört", sich also ihren rechtlichen Ansichten oder ihrer Sachverhaltswürdigung anschließt (BFH-Beschluss vom 13. April 2007 V B 122/05, BFH/NV 2007, 1517). Der schlüssige Vortrag der Verletzung des rechtlichen Gehörs setzt somit voraus, dass besondere Umstände vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass das Gericht dem Vortrag der Klägerin nicht nur nicht gefolgt, sondern ihn nicht zur Kenntnis genommen hat (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1544). Der Vortrag, das FG habe gegen eine die deutschen Gerichte bindende Entscheidung "des EuGH judiziert und diese missachtet", genügt diesen Anforderungen nicht.

11

b) Letztlich rügt die Klägerin mit ihrem Vorbringen eine unzutreffende Auslegung der vom EuGH in der Rechtssache Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 konkretisierten Grundsätze, wonach bei Zahlungsunfähigkeit des Leistenden dem Leistungsempfänger ermöglicht werden müsste, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer erstattet zu bekommen, also einen materiell-rechtlichen Fehler. Ein Fehler bei der Rechtsanwendung kann nur ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen, wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein derartiger Fehler liegt jedoch nur dann vor, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, m.w.N.). Einen solchen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG hat die Klägerin nicht dargelegt.

12

3. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Insoweit fehlt es an der schlüssigen Darlegung, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die zudem klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 24. Juli 2012 V B 76/11, BFH/NV 2012, 1840).

13

a) Die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob und inwieweit ein FG von einer Entscheidung des EuGH abweichen darf, ist in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, da sie in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre und deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2012, 1840, und vom 4. Mai 2011 VI B 152/10, BFH/NV 2011, 1347). Das Urteil des FG steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH.

14

b) Der EuGH führt im Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 Rdnrn. 41 f. aus, dass in Fällen, in denen die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, insbesondere im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Dienstleistungserbringers, die Grundsätze der Neutralität und der Effektivität es gebieten können, dass der Dienstleistungsempfänger seinen Antrag auf Erstattung unmittelbar an die Steuerbehörden richten kann. Die Mitgliedstaaten müssen deshalb die erforderlichen Mittel und Verfahrensmodalitäten vorsehen, die es dem Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Gleichzeitig betont der EuGH jedoch, dass nach ständiger Rechtsprechung mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind (vgl. EuGH-Urteil in Reemtsma in Slg. 2007, I-2425 Rdnr. 40; vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001, 33, Beilage 1 Randnrn. 65, 66, Leitsatz).

15

c) Macht der Steuerpflichtige geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, handelt es sich um einen Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO, da im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes ein Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung des Vorsteuerabzuges nicht vorgesehen ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2010 V B 134/09, BFH/NV 2011, 326). Die Billigkeitsentscheidung ist zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden, gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 326). Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens nur die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides und die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nach § 257 Abs. 2 Satz 1 AO. In diesen Verfahren kann --wie das FG zu Recht entschieden hat-- eine Billigkeitsmaßnahme nicht erreicht werden.

16

4. Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO), weil auch dieser Zulassungsgrund eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage voraussetzt (BFH-Beschlüsse vom 29. September 2011 IV B 56/10, BFH/NV 2012, 266, unter 1.b; vom 18. September 2012 VI B 9/12, BFH/NV 2012, 1961).

17

5. Eine Entscheidung des BFH ist darüber hinaus auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) wegen Divergenz des Urteils des FG zu dem EuGH-Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 zuzulassen. Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen. Dabei ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 1. Dezember 2006 VIII B 2/06, BFH/NV 2007, 450; vom 11. Mai 2012 V B 106/11, BFH/NV 2012, 1339). Im Streitfall fehlt es schon an der Herausarbeitung zweier einander widersprechender Rechtssätze. Die Klägerin hat zwar aus dem Urteil des EuGH den Rechtssatz herausgearbeitet, dass für den Fall, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, die Mitgliedstaaten die erforderlichen Mittel vorsehen müssen, die es ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Sie hat aber keinen dem widersprechenden, die Entscheidung tragenden Rechtssatz aus dem FG-Urteil herausgearbeitet. Das ist auch nicht möglich, da das FG-Urteil (wie unter II.2. dargestellt) nicht vom EuGH-Urteil Reemtsma in Slg. 2007, I-2425, BFH/NV 2007, Beilage 3, 293 abweicht.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob die Vorlage eines deutschen Kraftfahrzeugbriefes bei der Abwicklung eines Kaufvertrages über Kfz die Annahme rechtfertigt, dass die Unternehmereigenschaft des Veräußernden bereits ausreichend durch behördliche Maßnahmen geprüft worden ist und ob aus diesem Aspekt ein derartiger Vertrauenstatbestand erwächst, dass ein Vorsteuerabzug zumindest aus Billigkeitsgründen gewährt werden kann, kann in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Nach den den Senat bindenden (§ 118 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren Rechnungsaussteller und Leistender nicht identisch. Damit wäre der Vorsteuerabzug selbst dann zu versagen, wenn die Überlassung des Kfz-Briefes ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unternehmereigenschaft des Verkäufers rechtfertigen würde.

3

Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im --hier vorliegenden-- Festsetzungsverfahren keinen Schutz des guten Glaubens an die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs vorsieht (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Oktober 2008 V R 63/07, BFH/NV 2009, 1473; vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744; vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256).

4

2. Als Verfahrensfehler des FG rügt der Kläger sinngemäß das Fehlen von Entscheidungsgründen, weil das FG "zu zentral vorgebrachten Vertrauensschutzaspekten nicht abschließend Stellung" genommen habe. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2010 X B 218/09, BFH/NV 2010, 1633; vom 19. Oktober 2001 V B 48/01, BFH/NV 2002, 369). Ein solcher Mangel liegt zwar vor, wenn das FG ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass es die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des FG nicht erkennen lässt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1633; BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 25/99, BFH/NV 2002, 363). Beides ist nicht der Fall.

5

Das FG hat zum Einwand des Klägers, der Gedanke des Vertrauensschutzes gebiete im Streitfall die Gewährung des Vorsteuerabzugs --zumindest im Billigkeitsweg-- unter II.3. des FG-Urteils Stellung genommen und auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil in BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744) verwiesen.

6

Danach sieht § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einen Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung des Vorsteuerabzuges nicht vor und es kommt --wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vorliegen-- unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nur ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 der Abgabenordnung --AO--) in Betracht.

7

Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz Nichtvorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme zwar nach § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden. Gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte. Hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) über einen bereits im Festsetzungsverfahren ausdrücklich oder konkludent --wegen der Berufung auf Vertrauensschutz-- gestellten Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nicht entschieden, hat der Steuerpflichtige verfahrensrechtlich die Möglichkeit des Untätigkeitseinspruchs (§ 347 Abs. 1 Satz 2 AO) und ggf. der Untätigkeitsklage (§ 46 FGO).

8

Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens jedoch allein die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. Dass das FG in Bezug auf den beanspruchten Vertrauensschutz lediglich auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen und über die Billigkeitsmaßnahme nicht entschieden hat, begründet daher keinen Verfahrensmangel.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.