Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2013:0911.2K2120.12.0A
bei uns veröffentlicht am11.09.2013

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Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 10. Februar 2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 13. März 2012 und in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2012 wird dahin geändert, dass die aus den Einkünften aus der (ehemaligen) Beteiligung des Klägers an der Wohnpark H GmbH & Co. KG resultierende Einkommensteuerschuld nicht als Masseverbindlichkeit, sondern als Insolvenzverbindlichkeit Berücksichtigung findet.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist die Einordnung einer Steuerschuld als Insolvenz- bzw. Masseverbindlichkeit.

2

Der mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Kläger erzielte im Streitjahr als niedergelassener Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Darüber hinaus war er an der B Beteiligungsgesellschaft für Wohnungsbau mbH & Co. Wohnpark H KG beteiligt. Die sich hieraus ergebenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden vom Finanzamt für Körperschaften gesondert und einheitlich festgestellt.

3

Mit Beschluss des Amtsgerichtes/Insolvenzgerichtes vom 1. März 2008 wurden das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet (Az. 2 IN .../07) und ein sog. starker Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem dieser in 2009 die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr eingereicht hatte, erließ der Beklagte unter dem 11. März 2010 gegenüber der Ehefrau einen Zusammenveranlagungsbescheid, der nicht von der Erklärung abwich, jedoch Einkünfte aus der o.g. Beteiligung außen vor ließ, da insoweit noch keine Mitteilung des Finanzamtes B vorlag. Zeitgleich erstellte das Finanzamt dem entsprechende Steuerberechnungen über Einkommensteuer sowohl für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung 01.01. bis 28.02.2008 (gemeint war der 29.02.2008) als auch für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung (01.03. bis 31.12.2008), die es dem Insolvenzverwalter zukommen ließ. Die Aufteilung der danach in 2008 insgesamt anfallenden Einkommensteuer erfolgte, was zwischen den Beteiligten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitig ist, nach dem Verhältnis der jeweiligen, zeitanteilig ermittelten (Teil-)Einkünfte des Klägers zur Summe der Einkünfte des gesamten Veranlagungszeitraumes.

4

Unter dem 30. April 2010 teilte das Finanzamt B dem beklagten Finanzamt mit, dass der Kläger am 1. März 2008 aus der Beteiligungsgesellschaft ausgeschieden sei und  nach Anwendung des § 15 a EStG einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 EStG in Höhe von 17.439,43 € erzielt habe.

5

Daraufhin ergingen am 25. Mai 2010 ein dementsprechend geänderter Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheid 2008 gegenüber der Ehefrau und (erstmals) ein gleichlautender, diese Mitteilung berücksichtigender Einkommensteuerbescheid 2008 gegenüber dem Insolvenzverwalter mit einem "Nachtrag" vom 19. Juli 2010, in dem die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuerschuld den Masseverbindlichkeiten zugeordnet und die hierauf entfallende (anteilige) Einkommensteuer auf 7.323,00 € beziffert wurde, so dass sich die vom Insolvenzverwalter lt. Finanzamt zu zahlende Steuerschuld auf die Summe aus diesem Betrag und der für den Zeitraum 01.03. bis 31.12.2008 bereits errechneten Einkommensteuerschuld belief (Bl. 70 bis 73 ESt-Akten 2008).

6

Nachdem unter dem 20. Januar 2011 eine geänderte Mitteilung des Finanzamtes B ergangen war (der Veräußerungsgewinn sollte nunmehr 29.885,65 € betragen), änderte das beklagte Finanzamt am 10. Februar 2011 die Einkommensteuerfestsetzung 2008 sowohl gegenüber der Ehefrau als auch gegenüber dem Insolvenzverwalter gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, setzte mit Schreiben vom 10. Februar 2011 den Insolvenzverwalter von der geänderten Mitteilung in Kenntnis und ordnete die hierauf, d.h. auf den Veräußerungsgewinn, entfallende Einkommensteuer wiederum den Masseverbindlichkeiten zu (Bl. 82 bis 88 ESt-Akten 2008).

7

Der Insolvenzverwalter legte gegen "die Zurechnung und Festsetzung der erhöhten   Steuerverbindlichkeit gegenüber der Insolvenzmasse" Einspruch mit der Begründung ein, hinsichtlich der Frage, ob der Steueranspruch aus einem fiktiven Gewinnanteil zur Insolvenzmasse gehöre oder aber eine Insolvenzforderung darstelle, komme es darauf an, ob zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt gewesen sei. Dies sei entsprechend des Gesellschaftsvertrages zwischen dem Kläger und der Beteiligungsgesellschaft der Fall gewesen. Der Anspruch auf Abfindung bei Ausscheiden sei somit vor Insolvenzeröffnung begründet gewesen und könne daher nur nach § 38 InsO und nicht als Masseverbindlichkeit gem. § 55 InsO geltend gemacht werden. Darüber hinaus beruhe der aus dem Ausscheiden resultierende fiktive Gewinn nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters. Auch könnten nur echte, nicht jedoch bloße fiktive Gewinne aus einer zur Masse gehörenden Beteiligung als Masseverbindlichkeiten angesehen werden. Schließlich habe auch kein Auseinandersetzungsguthaben für die Masse realisiert werden können, Einkommensteuerschulden seien jedoch nur dann als Masseverbindlichkeiten einzuordnen, wenn sie sich auf ein Einkommen bezögen, das auch tatsächlich zu einer Vermehrung der Masse geführt habe. Die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung führte, was der steuerliche Berater des Klägers, der jetzige Prozessbevollmächtigte, bereits vorgetragen habe, dazu, dass mangels Freistellung des Insolvenzschuldners von Altforderungen ein Insolvenzverfahren in der Praxis niemals abwickelbar sei. Auch der BFH habe mit Urteil vom 18. Mai 2010, X R 60/08, zwischen echten und unechten Gewinnen unterschieden. Bei echten Gewinnen erfolge ein Geldzufluss noch nach Insolvenzeröffnung, bei unechten komme es zumindest buchhalterisch nach Eröffnung der Insolvenz zu einer Ergebnismehrung und damit zu einer erhöhten Steuerschuld als Masseforderung. Beides läge hier aber nicht vor. Der festgestellte Veräußerungsgewinn resultiere aus dem Wegfall eines negativen Kapitalkontos des Klägers im Zusammenhang mit dem Insolvenzeintritt. Dabei handele es sich quasi um eine bedingte Steuerforderung, die nach dem maßgeblichen Insolvenzrecht als vor der Verfahrenseröffnung begründet anzusehen sei.

8

Auf Anforderung des Finanzamtes reichte der Insolvenzverwalter den Gesellschaftsvertrag zwischen dem Kläger und der Beteiligungsgesellschaft nach. Dort war in § 20 Nr. 2 Buchst. c bestimmt, dass ein Gesellschafter unter Fortführung der Gesellschaft durch die übrigen Gesellschafter mit Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen ausscheiden sollte. In diesem Fall sollte er ein in § 21 des Gesellschaftsvertrages näher beschriebenes Auseinandersetzungsguthaben erhalten. (Wegen des Inhaltes des Gesellschaftsvertrages wird auf Bl. 127 ff. ESt-Akten 2008 Bezug genommen.)

9

Nach Ergehen einer weiteren geänderten Mitteilung des Finanzamtes B vom 14. September 2011 (Veräußerungsgewinn nunmehr 23.642,82 €) erließ das Finanzamt am 13. März 2012 wiederum einen entsprechend geänderten Einkommensteuer-Zusammenveranlagungsbescheid für 2008 gegenüber der Ehefrau des Klägers sowie eine geänderte Berechnung für 2008 über Einkommensteuer für den Zeitraum 1. Januar bis 29. Februar 2008 und darüber hinaus einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2008 betreffend die Zeit ab dem 1. März 2008 gegenüber dem Insolvenzverwalter, mit denen zugleich (mit entsprechenden Erläuterungen) die Einkommensteuer in Insolvenz- und Masseverbindlichkeiten aufgeteilt wurde. Dabei ging das Finanzamt nach wie vor davon aus, dass die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer zu den Masseverbindlichkeiten zählt (Bl. 168 f. ESt-Akten 2008).

10

Das Insolvenzverfahren war, wovon der Beklagte erst mit einem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 12. März 2012 Kenntnis erhielt, allerdings bereits mit Beschluss des Amtsgerichtes/Insolvenzgerichtes vom 1. Februar 2012 nach vollzogener Schlussverteilung und ohne Anordnung einer Nachtragsverteilung aufgehoben worden. Dem war die gerichtliche Bestätigung eines von dem Insolvenzverwalter im Januar 2009 vorgelegten Insolvenzplanes vorausgegangen, lt. dem die Insolvenzgläubiger auf ihre zur Tabelle festgestellten Forderungen eine Quote in Höhe von 21,05 % erhalten und nachträglich bekannt werdende Forderungen von Massegläubigern von dem Kläger zur Gänze zu erfüllen sein sollten, soweit hierfür die vom Insolvenzverwalter zurückgestellten Beträge nicht ausreichen sollten. (Wegen des Inhaltes des Insolvenzplanes wird auf Bl. 394 A ff. Insolvenzverfahrensakten 2 IN 35/07 verwiesen.)

11

Unter dem 26. März 2012 teilte der Kläger dem Finanzamt mit, der Einspruch werde aufrechterhalten, da die Aufteilung der Steuerschulden in Insolvenz- bzw. Masseverbindlichkeiten wegen der im Insolvenzplan getroffenen Regelungen Auswirkungen darauf habe, was von dem Kläger tatsächlich noch zu begleichen sei (Bl. 214 ESt-Akten 2008).

12

Der Einspruch wurde mit dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellter Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei als rechtsbegründender Akt das den Veräußerungsgewinn auslösende Besteuerungsmerkmal. Erst hierdurch sei der Steueranspruch als Masseverbindlichkeit begründet worden. Gemäß § 35 Abs. 1 InsO sei Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner z.Zt. der Eröffnung des Verfahrens gehöre und das er während des Verfahrens erlange. Damit seien sowohl die Beteiligung als auch das Auseinandersetzungsguthaben in die Insolvenzmasse gefallen. Diese sei durch die Freistellung des Klägers von einer Rückzahlungsverpflichtung (Veräußerungsgewinn in Höhe des Wegfalls des negativen Kapitalkontos) bereichert worden. Die Einordnung als Masseverbindlichkeit scheitere auch nicht daran, dass der anzusetzende Veräußerungsgewinn nicht auf Handlungen des Insolvenzverwalters beruhe. Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO könnten Masseverbindlichkeiten auch in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründet werden. So sei es z.B. für die Umsatzsteuer nur maßgeblich, ob die umsatzsteuerpflichtige Leistung aus dem insolvenzbefangenen Vermögen erbracht worden sei. Auch für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Kraftfahrzeugsteuer sei es unerheblich, dass diese nicht auf eine Handlung des Insolvenzverwalters zurückzuführen sei. Im Streitfall habe die Entstehung der Steuerverbindlichkeit ihre Ursache in der zur Masse gehörenden Beteiligung des Klägers und dem daraus erzielten Veräußerungsgewinn gehabt, so dass die Beteiligung damit zu Gunsten der Masse verwertet worden sei.

13

Mit der vorliegenden, sich hiergegen richtenden Klage verfolgt der Kläger weiter das Ziel der Zuordnung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Einkommensteuer zu den Insolvenzverbindlichkeiten. Er trägt vor, das automatisch mit der Insolvenzverfahrenseröffnung eingetretene Ausscheiden aus der Beteiligungsgesellschaft habe nur einen fiktiven Veräußerungsgewinn im Sinne des  § 15 a EStG ausgelöst. Wie der BFH aber bereits mit dem o.g. Urteil herausgearbeitet habe, ließen sich Masseverbindlichkeiten nur mit Gewinnen begründen, die auf einer unternehmerischen Entscheidung beruhten. Nur diese lösten "echten" Gewinn im Sinne der BFH-Entscheidung aus. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall. Die Einkommensteuer sei vielmehr allein durch die gesetzliche Fiktion des § 15 a EStG entstanden. Ein tatsächlicher Gewinn sei weder bei der Beteiligungsgesellschaft noch anteilig bei dem Kläger angefallen. Der Gewinn sei auch nicht in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden, sondern allein auf Grund der Automatik im Gesellschaftsvertrag eingetreten. Damit müsse es bei den tragenden insolvenzrechtlichen Prinzipien der Gläubigergleichbehandlung und der quotalen Verteilung des bei Insolvenzeröffnung vorhandenen Vermögens auf die zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Gläubiger bleiben. Der die Steuer auslösende Vorgang sei vorinsolvenzlich erfolgt. Dem Finanzamt hätte es daher freigestanden, diesen Betrag als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden.

14

Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 10. Februar 2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 13. März 2012 und in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2012 dahin zu ändern, dass die aus den Einkünften aus der (ehemaligen) Beteiligung des Klägers an der Wohnpark H GmbH & Co. KG, B, resultierende Einkommensteuerschuld nicht als Masseverbindlichkeit, sondern als Insolvenzverbindlichkeit Berücksichtigung findet.

15

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und bemerkt ergänzend, der BFH verlange in der von dem Kläger zitierten Entscheidung weder einen "echten" Gewinn noch komme es lt. diesem Urteil darauf an, wie der Gewinn entstanden sei. In dem vom BFH beurteilten Fall sei es um den Gewinn durch Auflösung einer Rücklage gegangen, der ebenfalls keinen "echten" Ertrag darstelle. Bei analoger Anwendung der Entscheidung auf den Streitfall sei der Veräußerungsgewinn der Insolvenzmasse zuzurechnen. Da der Kläger erst mit Insolvenzeröffnung aus der Gesellschaft habe ausscheiden müssen, sei der Veräußerungsgewinn nach Insolvenzeröffnung entstanden. Die Beteiligung habe, wenn auch nur eine logische Sekunde lang, zur Insolvenzmasse gehört. Entsprechend habe auch der Veräußerungsgewinn zur Masse gehört und sei die hierauf entfallende Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit.

17

Zu dem vorliegenden Klageverfahren wurden die Insolvenzverfahrensakten des Amtsgerichtes/Insolvenzgerichtes 2 IN .../07 beigezogen.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist zulässig. Nachdem das Insolvenzverfahren gem. § 200 Abs. 1 InsO aufgehoben und auch keine Nachtragsverteilung angeordnet wurde, steht dem Kläger wieder die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit zugleich die Prozessführungsbefugnis auch hinsichtlich von Steuerbescheiden zu, die die Insolvenzmasse betreffen bzw. bei denen es um die Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse/zu den Masseverbindlichkeiten geht und die ursprünglich an den Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat gerichtet waren (BFH-Urteil vom 6. Juli 2011, II R 34/10, BFH/NV 2012, 10, m.w.N.). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Insolvenzplan möglicherweise noch nicht vollständig erfüllt ist, denn dieser kommt keiner erneuten oder fortdauernden Insolvenzbeschlagnahme gleich.

19

Die ursprünglich durch den angegriffenen Einkommensteuerbescheid 2008 ausgelöste Beschwer besteht auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort. Zwar steht es Insolvenzgläubigern nach einer Verfahrensaufhebung grundsätzlich nach § 201 Abs. 1 InsO auch dann, wenn sie eine Forderung nicht zur Tabelle angemeldet hatten, frei, diese uneingeschränkt gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Das könnte im vorliegenden Fall zu dem Schluss verleiten, dass es - unter Außerachtlassung der sich daraus ergebenden Vollstreckungsbeschränkung (§ 294 InsO) - nunmehr dahingestellt bleiben könnte, ob bzw. in welchem Umfang es sich bei der hier streitigen Einkommensteuerforderung ursprünglich um eine Masseverbindlichkeit oder eine Insolvenzverbindlichkeit handelt.

20

Nach dem von allen Gläubigern befürworteten und vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplan in der Fassung vom 23. Januar 2009 (dort Seite 21 und 22 unter "Gestaltender Teil" III und V, Bl. 394 U und 394 V Insolvenzverfahrensakten 2 IN .../07, Band II), wäre jedoch der hier in Streit befindliche Teil der Einkommensteuerschuld des Klägers im Falle der Einordnung als Masseverbindlichkeit von dem Kläger in voller Höhe zu erbringen (die von dem Insolvenzverwalter gebildeten Rückstellungen reichen nicht aus, da er mit der entsprechenden Steuerschuld nicht gerechnet hatte), während der Kläger bei Einordnung als Insolvenzverbindlichkeit allenfalls eine Quote von 21,05 % zu leisten hat - und dies auch nur für den Fall, dass insoweit noch eine entsprechende Abänderung der zur Tabelle festgestellten Forderung in Betracht kommt (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 24. November 2011, V R 20/10, NV 2012, 711). Insoweit besteht für den Kläger berechtigterweise weiterhin Klärungsbedarf.

21

Das Rechtsschutzinteresse kann in diesem Zusammenhang auch nicht mit der Überlegung in Abrede gestellt werden, dass es bei der Anfechtung eines Steuerbescheides insoweit grundsätzlich nur auf den "Tenor" des Verwaltungsaktes, mithin die Steuerfestsetzung, ankomme, während Fragen des Erhebungsverfahrens außen vor zu bleiben haben. Diese Trennung des Festsetzungs- vom Erhebungsverfahren im Rahmen der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses beruht auf der durch die Abgabenordnung vorgegebenen Systematik und der verfahrensrechtlichen Möglichkeit, sowohl im Zuge des Festsetzungs- als auch des Erhebungsverfahrens die sich in dem jeweiligen Stadium ergebenden Rechtsfragen mit den hierfür vorgesehenen Rechtsbehelfen zu klären (vgl. bspw. § 218 AO). Im Falle der Steuerfestsetzung nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bestehen solche Möglichkeiten dagegen nicht. Vielmehr ist die Einkommensteuer für das Jahr der Insolvenzeröffnung aus allen Einkünften nach steuerrechtlichen Vorgaben zu ermitteln und die sich hieraus ergebende Steuerschuld für Zwecke der Geltendmachung (Erhebung) anschließend in die unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Verbindlichkeitskategorien (Insolvenzverbindlichkeit, Masseverbindlichkeit, ggfs. insolvenzfreie Verbindlichkeit) einzuordnen (vgl. hierzu: BFH, Beschluss vom 23. Juni 2008, VIII B 12/08, BFH/NV 2008, 1691 zum Rechtsschutzbedürfnis trotz Anerkennung einer Forderung durch den Treuhänder).

22

Gestützt wird dies auch von folgendem Gedanken:

23

Die Aufteilung nach insolvenzrechtlichen Forderungs- bzw. Verbindlichkeitsgruppen stellt zwar keine Feststellung von Besteuerungsgrundlagen dar, nähert sich einer solchen aber an. Im Rahmen der Anfechtung eines Feststellungsbescheides kann sich eine Beschwer aus jeder festgestellten oder nach Dafürhalten des Steuerpflichtigen zu Unrecht nicht festgestellten Besteuerungsgrundlage ergeben.

24

Im vorliegenden Fall greift auch die Anfechtungsbeschränkung gem. § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 1 AO nicht ein.

25

Dem vom Insolvenzverwalter erstmals mit Einspruch angegriffenen Einkommensteuerbescheid 2008 vom 10. Februar 2011, mit dem der Veräußerungsgewinn in Höhe von 29.885,00 € Berücksichtigung fand und lt. dessen gleichzeitig ergangenem "Nachtrag" die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit darstellen sollte, war zwar der bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid vom 25. Mai 2010 vorausgegangen, mit dem bereits ein Veräußerungsgewinn von 17.439,00 € zum Ansatz kam. (Die dem Insolvenzverwalter zuvor erteilten Steuerberechnungen stellen dagegen keine Verwaltungsakte dar.)

26

Indes enthält dieser auch gerade ausweislich des "Nachtrags" vom 19. Juli 2010 offensichtlich unvollständige Bescheid keine Zuordnung der Steuerforderung in insolvenzrechtliche Forderungskategorien. Eine solche Zuordnung fand erst mit dem "Nachtrag" statt. Der Nachtrag ist auch nicht als bloße Berechnungsmitteilung oder bloße Erläuterung des Einkommensteuerbescheides vom 25. Mai 2010 zu verstehen, sondern wegen der im Insolvenzfall jedenfalls im Jahr der Insolvenzeröffnung zwingend vorzunehmenden Forderungsaufteilung als Änderungsbescheid.

27

Dieser war, da ohne Rechtsbehelfsbelehrung ergangen, im Zeitpunkt des Erlasses des auf ihn folgenden, mit Einspruch angegriffenen Änderungsbescheides vom 10. Februar 2011 noch nicht bestandskräftig, § 356 Abs. 2 AO.

28

Aus Sicht des angegriffenen Steuerbescheides vom 10. Februar 2011 mangelt es damit - bezogen auf den Bescheid vom 25. Mai 2010 - an einer Änderung im Hinblick auf die streitbefangene Problematik und - bezogen auf den "Nachtrag" vom 19. Jul 2010 - an der Unanfechtbarkeit des vorausgegangenen Bescheides.

29

Es kann daher unerörtert bleiben, ob der Bescheid vom 25. Mai 2010 wegen der Bezeichnung "für Herrn und Frau C." als Inhaltsadressaten, obwohl lediglich der Kläger, nicht auch die Klägerin in Insolvenz gefallen war, überhaupt wirksam wurde.

30

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 13. März 2012 ist zwar nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er noch an den Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat gerichtet war (Inhaltsadressat war nach wie vor der Kläger als der Steuerschuldner), obwohl das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides bereits aufgehoben und auch keine Nachtragsverteilung angeordnet war. Mängel bei der Bekanntgabe eines Steuerbescheides werden durch die ordnungsgemäße Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geheilt (BFH, Beschluss vom 7. September 2007, VII B 127/07, BFH/NV 2007, 2244, m.w.N.). Das war hier der Fall. Die an den steuerlichen Berater des Klägers gerichtete Einspruchsentscheidung war wirksam bekannt gegeben.

31

Dem stand insbesondere auch nicht die Unterbrechung des vom Insolvenzverwalter in Gang gesetzten Einspruchsverfahrens durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens analog § 239 ZPO entgegen, denn das Einspruchsverfahren wurde mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 26. März 2012, mit dem er wissen ließ, der laufende Einspruch bleibe aufrechterhalten, aufgenommen.

32

Die auf dem mit Ausscheiden des Klägers aus der o.g. Beteiligungsgesellschaft steuerlich entstandenen Veräußerungsgewinn beruhende Einkommensteuerschuld stellt jedoch keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO dar.

33

Die Entstehung von Steueransprüchen richtet sich auch in der Insolvenz des Steuerpflichtigen dem Grunde und der Höhe nach sowie nach dem Steuersubjekt, dem Besteuerungszeitraum etc. nach Steuerrecht. Im Fall der Insolvenz ist die Steuer jedoch (zweckmäßiger- aber nicht notwendigerweise zugleich mit der Steuerfestsetzung) in die insolvenzrechtlichen Forderungskategorien einzuordnen. Dabei ist zwischen Insolvenzverbindlichkeiten, die durch Anmeldung zur Tabelle geltend zu machen sind, und Masseverbindlichkeiten, die gegenüber dem Insolvenzverwalter nach allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen festzusetzen sind, sowie Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen des Steuerpflichtigen (bspw. nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter), die dem Steuerpflichtigen gegenüber festzusetzen sind, zu unterscheiden. Die Einordnung bestimmt sich nicht nach Steuer-, sondern ausschließlich nach Insolvenzrecht. Sind in einem Veranlagungszeitraum mehrere insolvenzrechtliche Forderungskategorien angesprochen, ist die zunächst einheitlich nach Steuerrecht zu ermittelnde Steuerschuld aufzuteilen. Diese Aufteilung erfolgt nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt (vgl. bereits das noch unter der Geltung der Konkursordnung ergangene Urteil vom 29. März 1984, IV R 271/83, BStBl II 1984, 602) nach dem Verhältnis der Teileinkünfte zueinander.

34

Insolvenzforderungen sind Vermögensansprüche, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurden, § 38 InsO, während Masseverbindlichkeiten nach der hier allein in Frage kommenden Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen, wenn und soweit Ansprüche durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.

35

Für die Frage des Begründetseins im Sinne des § 38 InsO ist maßgeblich, ob die Forderungihrem Kern nach bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, d.h.: unabhängig von der abgabenrechtlichen Entstehung des Anspruches kommt es darauf an, ob der Rechtsgrund für den Anspruch nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen bereits in diesem Zeitpunkt gelegt war. Das ist auch dann der Fall, wenn die Forderung, wie z.B. bei einer aufschiebenden Bedingung, im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch von einem ungewissen künftigen Ereignis abhängt (BFH, Beschluss vom 19. April 2011, VII B 234/10, BFH/NV 2011, 1202, m.w.N.). Begründet in diesem Sinne ist ein Anspruch zudem dann, wenn das Schuldverhältnis vor Verfahrenseröffnung bestand, auch wenn sich hieraus eine Forderung erst nach Verfahrenseröffnung ergibt (BFH, Beschluss vom 1. April 2008, X B 201/07, BFH/NV 2008, 925, m.w.N.). Eine Forderung im Sinne des § 38 InsO ist schließlich spätestens dann begründet, wenn der Eintritt der Tatbestandsverwirklichung bei Insolvenzeröffnung derart gesichert ist, dass er als unausweichlich anzusehen ist (so bereits BFH, Urteil vom 21. September 1993, VII R 119/91, BStBl II 1994, 83 noch unter Geltung der Konkursordnung, jedoch mit fortdauernder Gültigkeit, da der in § 3 Abs. 1 AO verwendete Begriff des z.Zt. der Eröffnung des Verfahrens begründeten Vermögensanspruchs sich in gleicher Weise in § 38 InsO findet und kein Grund erkennbar ist, diesen Begriff nach dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung anders auszulegen, BFH, Beschluss vom 6. Oktober 2005, VII B 309/04, BFH/NV 2006, 369).

36

Eine Masseverbindlichkeit ihrerseits muss stets, wenn nicht auf eine Handlung, so doch auf eine Maßnahme (Verwaltung, Verwertung etc.) des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (BFH, Urteil vom 24. Februar 2011, VI R 21/10, BStBl II 2011, 520). Eine Verwaltungsmaßnahme in diesem Sinne liegt nicht allein deshalb vor, weil ein entsprechender Ertrag/Vermögensgegenstand zur Masse gelangte. Zwar ist eine Verwaltungsmaßnahme ausgeschlossen, wenn tatsächlich keine Erträge zur Masse gezogen werden, der Umkehrschluss ist jedoch nicht ohne Weiteres möglich (BFH, Urteil vom 24. Februar 2011, VI R 21/10, a.a.O., m.w.N.). So können Erträge, bspw. Arbeitseinkommen/Neuerwerbe, zur Masse gelangen, ohne dass dem eine Verwaltermaßnahme zu Grunde liegt. Aus der Zugehörigkeit einer Forderung, hier: evtl. des Abfindungsanspruches, zur Masse folgt daher nicht, dass die mit dieser Forderung zusammenhängenden Verbindlichkeiten stets Masseverbindlichkeiten darstellen. Einer derart weiten Auslegung des § 55 InsO, der allein regelt, was Masseverbindlichkeiten sind, steht neben dem Wortlaut der Norm entgegen, dass nach § 35 InsO der Neuerwerb zur Masse gezogen wird, aber den Neugläubigern nur das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners verbleiben soll (BFH, Urteil vom 24. Februar 2011, VI R 21/10, a.a.O., m.w.N.).

37

Nach diesen Maßstäben ist die Einkommensteuerschuld, die sich vorliegend aus dem Ansatz des Veräußerungsgewinnes ergibt, als Insolvenzforderung anzusehen.

38

Der Kläger war infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. den o.g. gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, die im Übrigen der gesetzlichen Regelung in § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB entsprechen, aus der Beteiligungsgesellschaft ausgeschieden. Zeitgleich mit der Insolvenzeröffnung ist der in dem Feststellungsbescheid des Finanzamtes B festgestellte Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 1, Abs. 3 EStG ohne weiteres Zutun des Insolvenzverwalters oder einer anderen Person entstanden. Rechtsgrund für die Entstehung dieses Veräußerungsgewinnes und damit der hierauf (anteilig) entfallenden Einkommensteuer waren die Beteiligung des Klägers und dessen Teilhabe an den Ergebnissen der Gesellschaft sowie an deren stillen Reserven i.V.m. den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen (bzw. der entsprechenden handelsrechtlichen Gesetzeslage). Damit war der Kern des Veräußerungsgewinnes aber bereits vor Insolvenzeröffnung gelegt. Der Anspruch stand auch der Höhe nach bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bzw. spätestens eine juristische Sekunde zuvor fest.

39

In die gleiche Richtung weist die oben zitierte Rechtsprechung, wonach es der insolvenzrechtlichen Begründetheit eines Anspruches nicht entgegensteht, wenn dieser bei Insolvenzeröffnung noch vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses abhängt, d.h. unter einer Bedingung steht. Dieselbe Rechtsfolge muss erst recht für den Fall gelten, dass der Anspruch - wie hier - zeitgleich  mit der Insolvenzeröffnung entsteht, die Insolvenzeröffnung gleichsam die (letzte) Bedingung für die Anspruchsentstehung darstellt.

40

Die Entstehung des Veräußerungsgewinnes und damit des anteiligen Einkommensteueranspruches war auch in keiner Weise auf eine Handlung oder eine irgendwie geartete Maßnahme des Insolvenzverwalters zurückzuführen. Er entstand schlicht von selbst, ausgelöst durch die Insolvenzverfahrenseröffnung und ohne dass der Insolvenzverwalter auch nur die Möglichkeit zum Tätigwerden gehabt hätte.

41

Im Unterschied zu dem von beiden Beteiligten zitierten Urteil des BFH vom 18. Mai 2010, X R 60/08, BStBl II 2011, 429, kommt hier als Maßnahme des Verwalters auch nicht das Halten der zur Masse gehörenden Beteiligung und die sich daraus ergebende Teilhabe an deren Ergebnissen in Betracht. Eine zeitgleich mit der Insolvenzverfahrenseröffnung beendete Beteiligung kann vom Verwalter nicht, auch nicht für eine juristische Sekunde lang, gehalten werden.

42

Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob ein sich aus dem Ausscheiden aus der Beteiligungsgesellschaft ergebender Abfindungsanspruch zur Masse gelangte oder ob die Masse in anderer Weise bereichert wurde und ob es sich dabei um einen bloßen "fiktiven" oder einen echten Gewinn handelt. Der Steueranspruch entsteht, auch wenn dies der Fall sein sollte, ohne jeglichen Bezug zu einer Maßnahme des Verwalters. Nicht entscheidend ist, ob ein Abfindungsanspruch und damit der Veräußerungsgewinn in der Praxis ggfs. nur mit Hilfe des Insolvenzverwalters gegenüber der Beteiligungsgesellschaft geltend gemacht und durchgesetzt werden kann.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12 zitiert 21 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 151


(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; §

Abgabenordnung - AO 1977 | § 175 Änderung von Steuerbescheiden auf Grund von Grundlagenbescheiden und bei rückwirkenden Ereignissen


(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,1.soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,2.soweit ein Ereignis eintritt, das steu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 16 Veräußerung des Betriebs


(1) 1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung 1. des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs. 2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapit

Insolvenzordnung - InsO | § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten


(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzv

Insolvenzordnung - InsO | § 35 Begriff der Insolvenzmasse


(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsi

Handelsgesetzbuch - HGB | § 161


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläu

Insolvenzordnung - InsO | § 38 Begriff der Insolvenzgläubiger


Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Abgabenordnung - AO 1977 | § 3 Steuern, steuerliche Nebenleistungen


(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Ge

Abgabenordnung - AO 1977 | § 218 Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis


(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden

Zivilprozessordnung - ZPO | § 239 Unterbrechung durch Tod der Partei


(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. (2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur

Abgabenordnung - AO 1977 | § 351 Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte


(1) Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

Insolvenzordnung - InsO | § 201 Rechte der Insolvenzgläubiger nach Verfahrensaufhebung


(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. (2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfun

Abgabenordnung - AO 1977 | § 356 Rechtsbehelfsbelehrung


(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in

Insolvenzordnung - InsO | § 200 Aufhebung des Insolvenzverfahrens


(1) Sobald die Schlußverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. (2) Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen. Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 42


Auf Grund der Abgabenordnung erlassene Änderungs- und Folgebescheide können nicht in weiterem Umfang angegriffen werden, als sie in dem außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können.

Insolvenzordnung - InsO | § 294 Gleichbehandlung der Gläubiger


(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig. (2) Jedes Abkommen des Schuldners oder ande

Referenzen - Urteile

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 24. Nov. 2011 - V R 20/10

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH.

Bundesfinanzhof Urteil, 06. Juli 2011 - II R 34/10

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Tatbestand 1 I. Über das Vermögen des X (Schuldner) wurde am 11. Mai 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zum Treuhänder be

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Bundesfinanzhof Urteil, 24. Feb. 2011 - VI R 21/10

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Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkommensteuerschuld für Einkünfte der Insolvenzschuldnerin aus nichtselbständiger Arbeit in einem Zeitraum nac

Bundesfinanzhof Urteil, 18. Mai 2010 - X R 60/08

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Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (im Folgenden: Steuerpflichtiger). Über das Vermögen wurde a
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Sept. 2013 - 2 K 2120/12.

Bundesfinanzhof Urteil, 03. Aug. 2016 - X R 25/14

bei uns veröffentlicht am 03.08.2016

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. September 2013  2 K 2120/12 aufgehoben.

Referenzen

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Sobald die Schlußverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

(2) Der Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen. Die §§ 31 bis 33 gelten entsprechend.

Tatbestand

1

I. Über das Vermögen des X (Schuldner) wurde am 11. Mai 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zum Treuhänder bestellt.

2

Auf den Schuldner war ein Pkw zugelassen. Mit Bescheid vom 28. August 2007 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab 11. Mai 2007 auf jährlich 405 € fest. Hiergegen legte der Kläger am 24. September 2007 Einspruch ein. Am 23. Oktober 2007 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Am 3. April 2008 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 5. Mai 2008 Klage. Mit nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes geändertem Bescheid vom 4. Juli 2008 setzte das FA die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 11. Mai 2007 bis 22. Oktober 2007 auf 183 € fest. Der Änderungsbescheid war, ebenso wie der Bescheid vom 28. August 2007 und die Einspruchsentscheidung, an den Kläger als Treuhänder über das Vermögen des Schuldners adressiert.

3

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, die Kraftfahrzeugsteuer sei keine Masseverbindlichkeit, weil das betreffende Fahrzeug nicht zur Insolvenzmasse gehört habe.

4

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung in der bis 30. Juni 2007 geltenden Fassung (InsO). Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandene Kraftfahrzeugsteuer für ein gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) unpfändbares Fahrzeug keine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 InsO sei.

5

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur teilweisen Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst, soweit das FG den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 28. August 2007 aufgehoben hat (vgl. 1.). Soweit sich die Revision des FA gegen die Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 sowie des Änderungsbescheids vom 4. Juli 2008 durch das FG richtet, ist diese unbegründet (vgl. 2.).

8

1. Zu Unrecht hat das FG den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 28. August 2007 aufgehoben. Mangels Prozessführungsbefugnis des Klägers war die Klage insoweit unzulässig.

9

a) Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners. Der Schuldner ist nicht prozessführungsbefugt (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 2004 X R 30/04, BFH/NV 2004, 1547, m.w.N.). Im vereinfachten Insolvenzverfahren (§§ 311 ff. InsO) nimmt nach § 313 Abs. 1 Satz 1 InsO der Treuhänder (§ 292 InsO) die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahr (vgl. auch Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, Wertpapier-Mitteilungen 2003, 980, unter V.2.d).

10

b) Mit Beendigung des Insolvenzverfahrens entfällt neben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zugleich die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters (vgl. BGH-Urteil vom 10. Dezember 2009 IX ZR 206/08, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis --ZIP-- 2010, 102; s. auch BFH-Beschluss vom 23. August 1993 V B 135/91, BFH/NV 1994, 186, zur Rechtslage nach der Konkursordnung --KO--). Die Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters entfällt auch dann, wenn er Adressat des angefochtenen Steuerbescheids war. Zwar sind als Masseverbindlichkeiten zu behandelnde Steuerforderungen durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend zu machen. Dies betrifft aber lediglich die Geltendmachung der Steuerforderung; Steuerschuldner ist auch in diesen Fällen der Insolvenzschuldner als Rechtsträger der Insolvenzmasse (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 186, zur Rechtslage nach der KO).

11

c) Wird das Insolvenzverfahren nach der Schlussverteilung aufgehoben (§ 200 Abs. 1 InsO), jedoch eine Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1, 2 InsO), bleibt der Insolvenzverwalter ausnahmsweise befugt, anhängige Prozesse fortzusetzen und neue einzuleiten, mit denen die der Nachtragsverteilung vorbehaltenen Masseaktiva realisiert werden sollen (BGH-Urteil in ZIP 2010, 102). Denn mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt eine erneute Insolvenzbeschlagnahme ein (vgl. BGH-Beschluss vom 12. Januar 2006 IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340, unter III.3.). Die Anordnung einer Nachtragsverteilung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren möglich (BGH-Beschlüsse vom 1. Dezember 2005 IX ZB 17/04, ZIP 2006, 143; vom 2. Dezember 2010 IX ZB 184/09, ZIP 2011, 135; MünchKommInsO/Hintzen, § 203 Rz 2).

12

d) Im Streitfall war der Kläger hinsichtlich des Kraftfahrzeugsteuerbescheids vom 28. August 2007 nicht prozessführungsbefugt, weil das Insolvenzverfahren bereits am 23. Oktober 2007 aufgehoben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass eine Nachtragsverteilung angeordnet und die Prozessführungsbefugnis des Klägers deshalb ausnahmsweise fortbestanden hat, ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus den dem Senat vorliegenden Akten oder dem Vorbringen der Beteiligten.

13

Da das FG eine andere Auffassung zugrunde gelegt hat, war die Vorentscheidung, soweit sie den Bescheid vom 28. August 2007 betrifft, aufzuheben. Die Sache ist --soweit das FG-Urteil keinen Bestand hat-- spruchreif. Die Klage ist insoweit unzulässig und daher abzuweisen.

14

2. Im Ergebnis zu Recht hat das FG der Klage bezüglich des Änderungsbescheids vom 4. Juli 2008 sowie der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2008 stattgegeben und diese Verwaltungsakte aufgehoben. Die Einspruchsentscheidung und der Änderungsbescheid vom 4. Juli 2008 sind nichtig.

15

Nach § 125 Abs. 1 der Abgabenordnung ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung war das Insolvenzverfahren bereits seit mehr als fünf Monaten aufgehoben. Der Kläger war deshalb nicht mehr Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und kam daher deshalb als richtiger Bekanntgabe- oder Inhaltsadressat dieser Verwaltungsakte nicht mehr in Betracht (vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Dezember 1997 VIII R 32/90, BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 125 AO Rz 14). Der durch die Einspruchsentscheidung und den Änderungsbescheid erzeugte Rechtsschein einer wirksamen Regelung ist durch deren formale Aufhebung zu beseitigen (vgl. BFH-Urteile vom 17. Mai 1995 II R 96/93, BFH/NV 1996, 69; vom 19. August 1999 IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409, m.w.N.).

16

3. Die Beteiligten werden hinsichtlich des weiteren Verfahrensablaufs darauf hingewiesen, dass mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 23. Oktober 2007 das Einspruchsverfahren analog § 239 ZPO unterbrochen wurde. Danach tritt bei einer "Rechtsnachfolge" im weitesten Sinne, wozu auch das Erlöschen der Prozessstandschaft zählt, eine Unterbrechung des Einspruchsverfahrens bis zur Aufnahme des Verfahrens durch den vormaligen Insolvenzschuldner ein (hierzu vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1986 V R 37/77, BFH/NV 1987, 111; Pahlke in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 363 Rz 66). Während der Verfahrensunterbrechung konnte die Einspruchsentscheidung dem Insolvenzschuldner nicht wirksam bekanntgegeben werden (Pahlke in Pahlke/Koenig, a.a.O., § 363 Rz 28; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 363 AO Rz 342) und die Klagefrist nicht zu laufen beginnen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO).

(1) Die Insolvenzgläubiger können nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen.

(2) Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Einer nicht bestrittenen Forderung steht eine Forderung gleich, bei der ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Antrag auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung aus der Tabelle kann erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt werden.

(3) Die Vorschriften über die Restschuldbefreiung bleiben unberührt.

(1) Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners sind in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig.

(2) Jedes Abkommen des Schuldners oder anderer Personen mit einzelnen Insolvenzgläubigern, durch das diesen ein Sondervorteil verschafft wird, ist nichtig.

(3) Eine Aufrechnung gegen die Forderung auf die Bezüge, die von der Abtretungserklärung erfasst werden, ist nicht zulässig.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH.

2

Mit Schreiben vom 22. Februar 2006 meldete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Abgabenforderungen in Höhe von insgesamt 34.851,99 € zur Tabelle an. Darin war Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 27.650 € enthalten. Grundlage war eine Steuerberechnung vom 9. März 2006. Am 17. Mai 2006 wurde der angemeldete Betrag von 34.851,99 € in voller Höhe festgestellt. Am 27. Juli 2006 ging eine Umsatzsteuererklärung für 2006 beim FA ein. Die Erklärung wies eine Umsatzsteuerschuld von 3.064,47 € aus. Mit Schreiben vom 31. Juli 2006 lehnte das FA eine Änderung der Umsatzsteuer 2006 unter Hinweis auf die Feststellung der Forderung zur Tabelle und die Wirkung der Eintragung in die Tabelle wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 178 Abs. 3 der Insolvenzordnung --InsO--) ab. Mit Schreiben vom 6. März 2007 beantragte der Kläger nochmals den Erlass eines ändernden Feststellungsbescheides hinsichtlich der angemeldeten Umsatzsteuer 2006. Diesen Antrag lehnte das FA mit Schreiben vom 21. März 2007 ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies das FA auf § 178 Abs. 3 InsO und führte weiter aus, dass die unbestrittene Eintragung in die Tabelle bei Steuerforderungen wie ein bestandskräftiger Verwaltungsakt (Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung --AO--) gelte und die Funktion einer Steuerfestsetzung übernehme. Die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 130 Abs. 1 AO lägen nicht vor. Der Umstand, dass es der Kläger pflichtwidrig versäumt habe, Widerspruch zu erheben, rechtfertige keine Korrektur nach § 130 AO.

3

Auch die Klage zum Finanzgericht (FG) blieb erfolglos. Nach dem Urteil des FG hat die Eintragung der festgestellten Forderungen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 178 Abs. 3 InsO nicht nur die Wirkung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheides oder eines bestandskräftigen Steuerbescheides, sondern die eines rechtskräftigen Urteils. Es bestehe keine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung abgabenrechtlicher Verfahrensvorschriften zu schließen sei. Hierfür spreche auch der Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger. Im Übrigen sei die Ermessensausübung durch das FA nicht zu beanstanden.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Die unbestrittene Eintragung einer Steuerforderung in die Insolvenztabelle führe nicht dazu, dass der Steueranspruch nur noch unter den Voraussetzungen des § 178 Abs. 3 InsO geändert werden könne. Es entstehe sonst ein materiell-rechtlich nicht geschuldeter Umsatzsteueranspruch. Nicht vereinnahmte Entgelte verminderten nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) die Umsatzsteuer. Es führe zu einer Missachtung des § 17 UStG, den Steueranspruch entgegen der geltenden Steuerrechtsregelung umzugestalten. Der Tabelleneintrag einer nicht bestrittenen Forderung trete im Hinblick auf das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung an die Stelle der Steuerfestsetzung. Die Steuerfestsetzung diene der Erhebung des Steueranspruchs. Die nicht bestrittene Eintragung sei nur einer Steuerfestsetzung gleichzusetzen. Die Auffassung des FG führe zu einer Pflicht zum vorsorglichen Bestreiten, selbst wenn hierfür keine Veranlassung bestehe.

5

Der Kläger beantragt,

das Urteil des FG sowie die Umsatzsteuerfestsetzung 2006 gemäß Steuerberechnung vom 9. März 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2007 aufzuheben.

6

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Für eine einengende Auslegung des § 178 Abs. 3 InsO bestehe kein Bedürfnis.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das FA nicht verpflichtet war, den beantragten Feststellungsbescheid zu erlassen.

9

1. Wie der Senat mit Urteil vom 24. November 2011 V R 13/11 (BFHE 235, 137, Der Betrieb --DB-- 2011, 2818, unter II.4.) entschieden hat, ist § 178 Abs. 3 InsO dahingehend einschränkend auszulegen, dass der Eintragung zur Insolvenztabelle bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gemäß § 185 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO zukommt und wie diese unter den Voraussetzungen des § 130 AO geändert werden kann. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug.

10

2. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das FA zum Erlass des beantragten Verwaltungsakts nicht verpflichtet war.

11

a) Mit Urteil in BFHE 235, 137 hat der erkennende Senat entschieden, dass der Eintragung in die Insolvenztabelle nach § 178 Abs. 3 InsO die Wirkung einer behördlichen Feststellung nach Bestreiten gemäß § 185 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO zukommt und wie diese unter den Voraussetzungen des § 130 AO geändert werden kann. Bei der nach Maßgabe des § 130 Abs. 1 AO zu treffenden Ermessensentscheidung, ob einem Begehren auf ganze oder teilweise Rücknahme eines unanfechtbaren Verwaltungsakts und damit auf Einschränkung des Tabelleneintrags zu entsprechen ist, hat das FA im konkreten Fall abzuwägen, ob dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Gerechtigkeit im Einzelfall oder dem Interesse der Allgemeinheit am Eintritt von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit der Vorzug zu geben ist. Dabei übt das FA sein Ermessen in der Regel ermessensfehlerfrei aus, wenn der Adressat die Gründe, die seiner Auffassung nach eine Rücknahme rechtfertigen, mit einem fristgerecht eingelegten Einspruch gegen den Bescheid hätte vorbringen können und keine besonderen Umstände vorliegen, nach denen vom Adressaten die Rechtsverfolgung im Einspruchsverfahren unter Berücksichtigung aller Umstände billigerweise nicht erwartet werden konnte.

12

b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Änderung der dem Tabelleneintrag zukommenden Feststellungswirkung gemäß § 110 Abs. 2 FGO i.V.m. § 130 Abs. 1 AO nicht vor.

13

Das FG hat sein Urteil im Rahmen der nach § 102 FGO vorzunehmenden Prüfung zu Recht darauf gestützt, dass das FA bei seiner Ermessensausübung in der Einspruchsentscheidung zutreffend berücksichtigt hat, dass für den Kläger die Möglichkeit bestand, durch Bestreiten gemäß § 178 Abs. 1 InsO den Eintritt der Urteilswirkung zu verhindern. Dies führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, dass Insolvenzverwalter gezwungen werden, Forderungen auf Verdacht zu bestreiten. Diese haben vielmehr ebenso wie bei Forderungen, die der Feststellung im ordentlichen Verfahren unterliegen, ihre Verpflichtung zur Prüfung und Abwehr zu Unrecht geltend gemachter Insolvenzforderungen zu erfüllen.

14

Weiter war zu berücksichtigen, dass das FA entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils in BFHE 235, 137, unter II.2. die Forderungsanmeldung auf Grundlage einer Steuerberechnung nach §§ 16 ff. UStG für den Zeitraum vom Beginn des Kalenderjahres bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat. Wie der Senat in diesem Urteil unter II.2. weiter entschieden hat, unterliegt diese Steuerberechnung nicht den Beschränkungen des insolvenzrechtlichen Aufrechnungs- und Anfechtungsrechts, die --in anderen Fällen als der Steuerberechnung nach §§ 16 ff. UStG-- bei einer "Verrechnung" mehrerer Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nach dem Urteil des VII. Senats des BFH vom 2. November 2010 VII R 6/10 (BFHE 231, 488, BStBl II 2011, 374, Leitsatz) zu beachten wären.

15

Liegt der Forderungsanmeldung zur Insolvenztabelle eine derartige Steuerberechnung zugrunde, hat der Insolvenzverwalter die angemeldete Forderung zu überprüfen und Fehler durch Widerspruch (§ 178 Abs. 1 InsO) geltend zu machen. Dies ist im Streitfall unterblieben. Der Kläger kann daher nicht mehr nachträglich die Fehlerhaftigkeit der der Forderungsanmeldung zugrunde liegenden Steuerberechnung wie z.B. die fehlerhafte Anwendung des § 17 UStG geltend machen.

(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.

(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.

(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.

Auf Grund der Abgabenordnung erlassene Änderungs- und Folgebescheide können nicht in weiterem Umfang angegriffen werden, als sie in dem außergerichtlichen Vorverfahren angefochten werden können.

(1) Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.

(2) Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden.

(1) Ergeht ein Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch, so beginnt die Frist für die Einlegung des Einspruchs nur, wenn der Beteiligte über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist in der für den Verwaltungsakt verwendeten Form belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Einspruchs nur binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, dass die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder schriftlich oder elektronisch darüber belehrt wurde, dass ein Einspruch nicht gegeben sei. § 110 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt sinngemäß.

(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.

(2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden.

(3) Die Ladung ist mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt.

(4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termin nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln.

(5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Insolvenzverwalter in dem am 1. Dezember 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. X (Schuldnerin). Diese war Inhaber von Bewilligungen für aktive Veredelungsverkehre, in denen die Überführung der Hauptveredelungserzeugnisse und unveredelt gebliebener Einfuhrwaren in den freien Verkehr ohne Zollanmeldung global zugelassen war. Für die im vierten Quartal 2008 in den aktiven Veredelungsverkehr übergeführten Einfuhrwaren lief die Frist für die Beendigung des Verfahrens mit dem 31. Dezember 2009 ab. Soweit für diese Waren keine Zollanmeldungen zur Überführung in ein Zollverfahren abgegeben worden waren, setzte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) mit Bescheid vom 2. Februar 2010 unter Zugrundelegung einer für die Schuldnerin abgegebenen Abgabenberechnung Einfuhrabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Ausgleichszinsen) fest. Über den hiergegen vom Antragsteller erhobenen Einspruch ist noch nicht entschieden. Den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das HZA ab. Die festgesetzten Einfuhrabgaben wurden entrichtet.

2

Auch der beim Finanzgericht (FG) gestellte Antrag auf Aufhebung der Vollziehung hatte keinen Erfolg. Das FG entschied, dass die Einfuhrabgabenschuld durch Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art. 546 der Zollkodex-Durchführungsverordnung --ZKDVO-- (hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer i.V.m. § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes) entstanden sei; die Festsetzung von Ausgleichszinsen beruhe auf Art. 519 ZKDVO. Diese Einfuhrabgabenschuld habe durch Bescheid festgesetzt werden dürfen, weil sie als Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) anzusehen sei. Eine Einfuhrabgabenforderung sei erst dann insolvenzrechtlich "begründet", wenn der Beteiligte die für die Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr erforderlichen Einfuhrförmlichkeiten erfüllt habe. Im Streitfall habe es einer Zollanmeldung allerdings nicht bedurft, weil die im aktiven Veredelungsverkehr befindlichen Veredelungserzeugnisse bzw. unveränderten Waren keine zollrechtliche Bestimmung erhalten hätten und somit gemäß Art. 546 Unterabs. 1 ZKDVO als mit dem Ablauf der Frist für die Beendigung des Verfahrens in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt gälten. Der Begriff der "Handlung des Insolvenzverwalters" i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei weit zu verstehen und umfasse auch Unterlassungen im Rahmen seines Amtes.

3

Mit seiner Beschwerde vertritt der Antragsteller weiterhin die Ansicht, dass die Einfuhrabgabenforderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nämlich mit der Überführung der betreffenden Ware in das Zollverfahren der aktiven Veredelung i.S. des § 38 InsO "begründet" worden sei, denn der Rechtsgrund für die Entstehung der Einfuhrabgabenschuld bei Beendigung des Verfahrens werde bereits mit der Überführung der Ware in das Verfahren gelegt. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätten im Übrigen die in das aktive Veredelungsverfahren übergeführten Waren teilweise gar nicht mehr zu seiner (des Antragstellers) Verfügung gestanden, sondern seien bereits durch Verbrauch oder Veräußerung dem Vermögen der Schuldnerin entzogen gewesen.

4

Das HZA verweist darauf, dass der Antragsteller nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Rahmen der Fortführung des Unternehmens die Möglichkeit gehabt habe, dem Vermögen der Schuldnerin äquivalente Gemeinschaftswaren zuzuführen und die aktiven Veredelungsverkehre durch Wiederausfuhr der buchmäßig offenen Warenmengen ordnungsgemäß zu beenden.

Entscheidungsgründe

5

II. Die nach § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde ist begründet; die Voraussetzungen des § 69 Abs. 3 FGO i.V.m. Art. 244 Unterabs. 2 des Zollkodex (ZK) für die Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids liegen vor. Art. 244 ZK gibt zwar nur den Zollbehörden die Befugnis, den Vollzug einer angefochtenen Entscheidung auszusetzen; jedoch schränkt die Vorschrift nicht die Befugnis der mit einem Rechtsbehelf befassten Gerichte ein, eine solche Aussetzung anzuordnen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 11. Januar 2001 C-226/99 --Siples--, Slg. 2001, I-277, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2001, 119). Da § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO die sinngemäße Anwendung der im Verwaltungsverfahren geltenden Regeln vorschreibt, findet Art. 244 Unterabs. 2 ZK auch im gerichtlichen Aussetzungsverfahren Anwendung (Senatsbeschluss vom 22. November 1994 VII B 140/94, BFHE 176, 170, ZfZ 1995, 110). Danach setzen die Zollbehörden die Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte.

6

1. Im Streitfall bestehen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids vom 2. Februar 2010. Zweifelhaft ist, ob es sich bei der festgesetzten Einfuhrabgabenforderung um eine Insolvenzforderung handelt. In diesem Fall wäre eine Abgabenfestsetzung durch Bescheid nicht zulässig; vielmehr müsste das HZA seine Abgabenforderung nach den Regeln der InsO geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 2004 VII R 45/03, BFHE 205, 409, BStBl II 2004, 815, m.w.N.). Der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid wäre unwirksam und aus Gründen der Klarstellung im Einspruchsverfahren bzw. in einem gerichtlichen Verfahren aufzuheben.

7

Die Insolvenzmasse dient gemäß § 38 InsO zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Im Insolvenzverfahren des Abgabenpflichtigen kommt es danach hinsichtlich der Frage, ob eine gegen ihn bestehende Abgabenforderung eine Insolvenzforderung ist, nicht darauf an, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im abgabenrechtlichen Sinn bereits entstanden war, sondern darauf, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt war. Eine Abgabenforderung ist daher immer dann Insolvenzforderung i.S. des § 38 InsO, wenn sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in der Weise "begründet" worden ist, dass der zugrunde liegende Sachverhalt, der zur Entstehung der Abgabenforderung führt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (ständige Rechtsprechung: vgl. Senatsurteile vom 16. November 2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193, und vom 31. Mai 2005 VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist der Zeitpunkt, in dem die Abgabenforderung "ihrem Kern nach" entstanden ist, weshalb sie auch schon dann als insolvenzrechtlich "begründet" anzusehen ist, wenn --wie z.B. bei einer aufschiebenden Bedingung-- im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zur abgabenrechtlichen Entstehung noch ein ungewisses künftiges Ereignis fehlt (Senatsurteil vom 21. September 1993 VII R 119/91, BFHE 172, 308, BStBl II 1994, 83).

8

2. Werden Nichtgemeinschaftswaren in das Zollgebiet der Union verbracht, führt dies zwar nicht in jedem Fall zur Festsetzung von Einfuhrabgaben. Kommt es jedoch zur Festsetzung von Einfuhrabgaben, sind immer zuvor die Waren, auf welche sich die Abgabenfestsetzung bezieht, in das Zollgebiet der Union verbracht worden. Die Einfuhrabgabenfestsetzung wird also stets durch das Verbringen von Nichtgemeinschaftswaren in das Zollgebiet ausgelöst.

9

Es kommt deshalb in Betracht, eine Einfuhrabgabenforderung bereits mit dem Verbringen der jeweiligen Ware in das Zollgebiet der Union als insolvenzrechtlich "begründet" anzusehen. Wird die vorschriftsgemäß verbrachte Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt, bedarf es zwar zur Entstehung der Zollschuld weiterer Realakte und Rechtshandlungen, wie der Gestellung, der Zollanmeldung und der Annahme der Zollanmeldung (Art. 201 Abs. 2 ZK); hierbei handelt es sich jedoch um rein abgabenrechtliche Voraussetzungen der Zollschuldentstehung, auf die es insolvenzrechtlich nicht unbedingt ankommen muss. Auch wenn die Ware nicht zum freien Verkehr, sondern zu einem Nichterhebungsverfahren wie z.B. der vorübergehenden Verwendung oder --wie im Streitfall-- der aktiven Veredelung nach dem Nichterhebungsverfahren, angemeldet wird, kommt es in Betracht, die Entstehung der Einfuhrabgabenschuld als --wegen beabsichtigter Wiederausfuhr-- nur vorläufig ausgesetzt oder aufgeschoben, jedoch bereits mit dem Verbringen der Ware oder ihrer Überführung in das Nichterhebungsverfahren als "ihrem Kern nach" entstanden anzusehen, lediglich unter der aufschiebenden Bedingung stehend, dass die Ware der zollamtlichen Überwachung nicht entzogen wird (Art. 203 ZK) bzw. es zur fristgerechten Wiederausfuhr der Ware nicht kommt oder andere Verfahrenspflichten verletzt werden (Art. 204 ZK). Für diese Betrachtungsweise spricht, dass im Fall einer durch den Eintritt der aufschiebenden Bedingung "verspäteten" Zollschuldentstehung im Verfahren der aktiven Veredelung nach dem Nichterhebungsverfahren oder der vorübergehenden Verwendung der Betrag der Zollschuld anhand der Bemessungsgrundlagen festgesetzt wird, die im Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung zur Überführung der Waren in die aktive Veredelung bzw. die vorübergehende Verwendung maßgebend waren (Art. 121, Art. 144 ZK), und dass gemäß Art. 214 Abs. 3 ZK i.V.m. Art. 519 ZKDVO Ausgleichszinsen erhoben werden (vgl. auch zur Ermittlung des Zollwerts bei Lagerwaren: Art. 112 ZK).

10

3. Nach § 69 Abs. 3 FGO i.V.m. Art. 244 Unterabs. 3 Satz 1 ZK ist die Aufhebung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Die Sicherheit ist in Höhe des Betrags der Einfuhrabgabenschuld festzusetzen (EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997 C-130/95 --Giloy--, Slg. 1997, I-4291, ZfZ 1997, 335). Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Voraussetzungen des Art. 244 Unterabs. 3 Satz 2 ZK für ein Absehen von der Sicherheitsleistung oder für ihre Reduktion (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1997, I-4291, ZfZ 1997, 335) im Streitfall vorliegen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal die festgesetzten Einfuhrabgaben bereits entrichtet worden sind.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

Die Insolvenzmasse dient zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (Insolvenzgläubiger).

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkommensteuerschuld für Einkünfte der Insolvenzschuldnerin aus nichtselbständiger Arbeit in einem Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 der Insolvenzordnung (InsO) ist.

2

Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ist am 20. April 2005 und über das Vermögen des Ehegatten am 6. April 2005 das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet worden. Treuhänder in beiden Verfahren ist der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger).

3

Die Insolvenzschuldnerin wurde in den Jahren 2005 und 2006 mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer erklärungsgemäß veranlagt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erteilte dem Kläger als Treuhänder für die Zeiträume bis zur Insolvenzeröffnung eine Steuerberechnung für das Jahr 2005. Für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung des Jahres 2005 sowie für das Jahr 2006 erließ das FA jeweils Einkommensteuerbescheide an den Kläger. Auf die Insolvenzschuldnerin entfiel dabei nach beantragter Aufteilung der Steuerschuld ein Nachzahlungsbetrag für 2005 in Höhe von insgesamt 845,74 € und für 2006 in Höhe von 582,88 €. Beide Einkommensteuerbescheide enthielten den Hinweis, dass die Steuerfestsetzung die Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit betreffe. Die vom Kläger eingelegten Einsprüche richteten sich gegen die Einordnung der Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit.

4

Die vom Kläger nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 883 veröffentlichten Gründen statt.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 35, 55 InsO.

6

Es beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 24. Februar 2010  2 K 90/08 aufzuheben.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Einkommensteuerschuld der Insolvenzschuldnerin keine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 InsO ist.

9

Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Vorliegend ist die Einkommensteuerverbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin nicht in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse, als einzig in Betracht kommende Tatbestandsalternative, begründet worden.

10

Die Entstehung der Schuld muss auf eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13). Ein Unterlassen des Insolvenzverwalters genügt als "verwalten" nur, wenn eine Amtspflicht zum Tätigwerden verletzt wurde (BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114). Vorliegend führte die Verwaltung der Masse durch den Kläger nicht zu der streitigen Einkommensteuernachzahlung.

11

a) Keine Verwaltungsmaßnahme des Klägers ist die Arbeitstätigkeit der Insolvenzschuldnerin als solche. Ein Bezug zur Masse ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Arbeitskraft des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört (Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 18. Dezember 2008 IX ZB 249/07, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2009, 299). Der Kläger hatte auch keine Pflicht zum Tätigwerden, da er als Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder keine Möglichkeit hat, die Tätigkeit zu unterbinden oder zu beeinflussen (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13).

12

b) Entgegen der Auffassung des FA liegt eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters nicht allein deshalb vor, weil das Arbeitseinkommen der Insolvenzschuldnerin als Neuerwerb (teilweise) zur Masse gelangt ist und diese damit vermehrt wurde. Zwar ist eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters ausgeschlossen, wenn tatsächlich keine Erträge zur Masse gezogen worden sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2114). Der Umkehrschluss ist jedoch nicht ohne weiteres möglich (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13).

13

aa) Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG ein Teil des Arbeitseinkommens der Insolvenzschuldnerin als Neuerwerb tatsächlich in die Insolvenzmasse gelangt. Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Anders als unter Geltung der Konkursordnung gehört damit der sogenannte Neuerwerb ebenfalls zur Masse, soweit er der Zwangsvollstreckung unterliegt (§ 36 Abs. 1 InsO). Damit sind sämtliche Forderungen des Insolvenzschuldners Teil der Masse, ohne dass ein Abzug der berufsbedingten Aufwendungen erfolgt (BGH-Versäumnisurteil vom 1. Februar 2007 IX ZR 178/05, ZInsO 2007, 545).

14

Anders ist dies jedoch bei den Ansprüchen des Insolvenzschuldners auf Arbeitslohn. Bei diesen wird der Fiskus als Gläubiger der Lohnsteuer in zweifacher Weise gegenüber anderen Neugläubigern privilegiert. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO verweist auf die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung (ZPO). Die entsprechende Anwendung dieser Normen hat zur Folge, dass nur der allgemein pfändbare Teil des Arbeitslohnes zur Masse gelangt. Die Lohnsteuer, die vom Arbeitgeber direkt an das Finanzamt zu entrichten ist, wird vom Arbeitseinkommen des Insolvenzschuldners abgezogen, um den allgemein pfändbaren Betrag zu ermitteln. Damit wird dem Steuergläubiger nicht nur ein direktes Zugriffsrecht auf die Erwerbsquelle eingeräumt, sondern der Lohnsteuerabzug erfolgt zudem unabhängig vom Pfändungsschutz. Zu den steuerrechtlichen gesetzlichen Verpflichtungen i.S. des § 850e ZPO gehört jedoch nur die laufende Lohnsteuer, nicht aber eine auf das Gesamteinkommen zu leistende Abschlusszahlung (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Oktober 1979  4 AZR 805/77, Der Betrieb 1980, 835; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850e Rz 5) oder Lohnsteuerhaftungsbeträge (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13). Für diese Steuerschulden gelten die allgemeinen insolvenzrechtlichen Grundsätze über Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners im Zusammenhang mit einer neuen Erwerbstätigkeit.

15

bb) Aus der Zugehörigkeit einer Forderung zur Masse folgt danach nicht, dass die mit dieser Forderung zusammenhängenden Verbindlichkeiten stets Masseverbindlichkeiten sind. Einer derart weiten Auslegung des § 55 InsO, der allein regelt, was Masseverbindlichkeiten sind, steht neben dem Wortlaut der Norm auch entgegen, dass nach § 35 InsO der Neuerwerb zur Masse gezogen werden sollte, aber den Neugläubigern nur das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners verbleiben sollte (vgl. Henckel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 35 Rz 122; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 78; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 35 Rz 38). Die Benachteiligung der Neugläubiger wird damit gerechtfertigt, dass nach der Konkursordnung das Arbeitseinkommen in der Regel auch vom Altgläubiger gepfändet gewesen sei, so dass den Neugläubigern tatsächlich auch kein Vermögen aus dem Neuerwerb zur Verfügung stand (BRDrucks 1/92, S. 122 zu § 42 InsO-Entwurf; vgl. BTDrucks 16/3227, S. 17 zum geänderten § 35 Abs. 2 InsO). Auch der Zusammenhang des § 55 InsO mit den §§ 80, 81 InsO spricht gegen eine Aufnahme der Neuverbindlichkeiten als Masseschulden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat nur noch der Insolvenzverwalter die Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse. Wenn die mit einem Neuerwerb zusammenhängenden Verbindlichkeiten ohne Zutun des Insolvenzverwalters zu Masseverbindlichkeiten werden könnten, hätte es der Schuldner in der Hand, die Masse durch Eingehen von Verbindlichkeiten zu schmälern. Dies soll jedoch nicht gegen den Willen des Insolvenzverwalters möglich sein.

16

cc) Für die Einkommensteuer, die auf einen Neuerwerb anfällt, ist keine abweichende Betrachtung geboten. Diese Einkommensteuer führt ebenso wie die Aufwendung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu einer mit einem Neuerwerb in Verbindung stehenden Verbindlichkeit und ist somit grundsätzlich aus dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zu begleichen (Maus, ZInsO 2001, 493; Frotscher, a.a.O.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., § 60 Rz 5).

17

Etwas anderes gilt auch nicht, wenn --wie vorliegend-- die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer nicht ausreicht, um die endgültige Jahreseinkommensteuer abzudecken. Dabei ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer durch die Wahl der Steuerklasse die Höhe der Lohnsteuer beeinflussen kann. Maßgeblich für die Berechnung der vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer i.S. des § 850e ZPO ist die vom Insolvenzschuldner vorgelegte Lohnsteuerkarte mit den eingetragenen Merkmalen zur Steuerklasse oder Freibeträgen. Die Folge, dass der Insolvenzschuldner mit der Wahl der Steuerklasse entweder der Masse oder sich selbst --im Bereich des unpfändbaren Arbeitseinkommens-- auf Kosten des Steuergläubigers mehr Vermögen zuwenden kann, ist im System angelegt.

18

Auch der Aspekt, dass der Steuergläubiger --anders als Vertragspartner des Insolvenzschuldners-- nicht freiwillig zum Gläubiger geworden ist, rechtfertigt nicht eine weitere Besserstellung gegenüber anderen Neugläubigern. Zu diesen gehören auch Gläubiger gesetzlicher Schuldverhältnisse mit Ansprüchen aus fahrlässig begangener unerlaubter Handlung, Gefährdungshaftung, ungerechtfertigter Bereicherung sowie Geschäftsführung ohne Auftrag. Viele dieser Gläubiger haben sich ebenso wie der Steuergläubiger nicht willentlich in die Position des Anspruchsinhabers gebracht. Auch ihnen verbleibt nur der Zugriff auf das in der Praxis meist nicht vorhandene insolvenzfreie Vermögen. Lediglich Gläubiger von vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen sind nach § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO i.V.m. § 850f Abs. 2 ZPO privilegiert. Sie dürfen ebenso wie Unterhaltsgläubiger trotz Insolvenzverfahren in einen Teil des unpfändbaren (zukünftigen) Arbeitseinkommens des Insolvenzschuldners, das wegen § 36 InsO nicht zum Neuerwerb gehört, hineinpfänden. Gerade daran wird deutlich, dass der Gesetzgeber durchaus Neugläubiger mit Privilegien ausgestattet hat. Die allgemeine Wertung des Gesetzgebers, dass der Steuergläubiger --ebenso wie andere unfreiwillige Neugläubiger-- nicht bevorzugt werden soll, ist zu akzeptieren und nicht durch eine weite Auslegung des § 55 InsO zu umgehen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkommensteuerschuld für Einkünfte der Insolvenzschuldnerin aus nichtselbständiger Arbeit in einem Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 der Insolvenzordnung (InsO) ist.

2

Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ist am 20. April 2005 und über das Vermögen des Ehegatten am 6. April 2005 das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet worden. Treuhänder in beiden Verfahren ist der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger).

3

Die Insolvenzschuldnerin wurde in den Jahren 2005 und 2006 mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer erklärungsgemäß veranlagt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erteilte dem Kläger als Treuhänder für die Zeiträume bis zur Insolvenzeröffnung eine Steuerberechnung für das Jahr 2005. Für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung des Jahres 2005 sowie für das Jahr 2006 erließ das FA jeweils Einkommensteuerbescheide an den Kläger. Auf die Insolvenzschuldnerin entfiel dabei nach beantragter Aufteilung der Steuerschuld ein Nachzahlungsbetrag für 2005 in Höhe von insgesamt 845,74 € und für 2006 in Höhe von 582,88 €. Beide Einkommensteuerbescheide enthielten den Hinweis, dass die Steuerfestsetzung die Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit betreffe. Die vom Kläger eingelegten Einsprüche richteten sich gegen die Einordnung der Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit.

4

Die vom Kläger nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 883 veröffentlichten Gründen statt.

5

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 35, 55 InsO.

6

Es beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 24. Februar 2010  2 K 90/08 aufzuheben.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Einkommensteuerschuld der Insolvenzschuldnerin keine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 InsO ist.

9

Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Vorliegend ist die Einkommensteuerverbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin nicht in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse, als einzig in Betracht kommende Tatbestandsalternative, begründet worden.

10

Die Entstehung der Schuld muss auf eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13). Ein Unterlassen des Insolvenzverwalters genügt als "verwalten" nur, wenn eine Amtspflicht zum Tätigwerden verletzt wurde (BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 11/09, BFH/NV 2010, 2114). Vorliegend führte die Verwaltung der Masse durch den Kläger nicht zu der streitigen Einkommensteuernachzahlung.

11

a) Keine Verwaltungsmaßnahme des Klägers ist die Arbeitstätigkeit der Insolvenzschuldnerin als solche. Ein Bezug zur Masse ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Arbeitskraft des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört (Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 18. Dezember 2008 IX ZB 249/07, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2009, 299). Der Kläger hatte auch keine Pflicht zum Tätigwerden, da er als Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder keine Möglichkeit hat, die Tätigkeit zu unterbinden oder zu beeinflussen (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13).

12

b) Entgegen der Auffassung des FA liegt eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters nicht allein deshalb vor, weil das Arbeitseinkommen der Insolvenzschuldnerin als Neuerwerb (teilweise) zur Masse gelangt ist und diese damit vermehrt wurde. Zwar ist eine Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters ausgeschlossen, wenn tatsächlich keine Erträge zur Masse gezogen worden sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2114). Der Umkehrschluss ist jedoch nicht ohne weiteres möglich (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13).

13

aa) Im Streitfall ist nach den Feststellungen des FG ein Teil des Arbeitseinkommens der Insolvenzschuldnerin als Neuerwerb tatsächlich in die Insolvenzmasse gelangt. Nach § 35 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Anders als unter Geltung der Konkursordnung gehört damit der sogenannte Neuerwerb ebenfalls zur Masse, soweit er der Zwangsvollstreckung unterliegt (§ 36 Abs. 1 InsO). Damit sind sämtliche Forderungen des Insolvenzschuldners Teil der Masse, ohne dass ein Abzug der berufsbedingten Aufwendungen erfolgt (BGH-Versäumnisurteil vom 1. Februar 2007 IX ZR 178/05, ZInsO 2007, 545).

14

Anders ist dies jedoch bei den Ansprüchen des Insolvenzschuldners auf Arbeitslohn. Bei diesen wird der Fiskus als Gläubiger der Lohnsteuer in zweifacher Weise gegenüber anderen Neugläubigern privilegiert. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO verweist auf die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850i der Zivilprozessordnung (ZPO). Die entsprechende Anwendung dieser Normen hat zur Folge, dass nur der allgemein pfändbare Teil des Arbeitslohnes zur Masse gelangt. Die Lohnsteuer, die vom Arbeitgeber direkt an das Finanzamt zu entrichten ist, wird vom Arbeitseinkommen des Insolvenzschuldners abgezogen, um den allgemein pfändbaren Betrag zu ermitteln. Damit wird dem Steuergläubiger nicht nur ein direktes Zugriffsrecht auf die Erwerbsquelle eingeräumt, sondern der Lohnsteuerabzug erfolgt zudem unabhängig vom Pfändungsschutz. Zu den steuerrechtlichen gesetzlichen Verpflichtungen i.S. des § 850e ZPO gehört jedoch nur die laufende Lohnsteuer, nicht aber eine auf das Gesamteinkommen zu leistende Abschlusszahlung (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Oktober 1979  4 AZR 805/77, Der Betrieb 1980, 835; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850e Rz 5) oder Lohnsteuerhaftungsbeträge (BFH-Urteil in BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13). Für diese Steuerschulden gelten die allgemeinen insolvenzrechtlichen Grundsätze über Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners im Zusammenhang mit einer neuen Erwerbstätigkeit.

15

bb) Aus der Zugehörigkeit einer Forderung zur Masse folgt danach nicht, dass die mit dieser Forderung zusammenhängenden Verbindlichkeiten stets Masseverbindlichkeiten sind. Einer derart weiten Auslegung des § 55 InsO, der allein regelt, was Masseverbindlichkeiten sind, steht neben dem Wortlaut der Norm auch entgegen, dass nach § 35 InsO der Neuerwerb zur Masse gezogen werden sollte, aber den Neugläubigern nur das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners verbleiben sollte (vgl. Henckel in Jaeger, Insolvenzordnung, § 35 Rz 122; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 7. Aufl., S. 78; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 35 Rz 38). Die Benachteiligung der Neugläubiger wird damit gerechtfertigt, dass nach der Konkursordnung das Arbeitseinkommen in der Regel auch vom Altgläubiger gepfändet gewesen sei, so dass den Neugläubigern tatsächlich auch kein Vermögen aus dem Neuerwerb zur Verfügung stand (BRDrucks 1/92, S. 122 zu § 42 InsO-Entwurf; vgl. BTDrucks 16/3227, S. 17 zum geänderten § 35 Abs. 2 InsO). Auch der Zusammenhang des § 55 InsO mit den §§ 80, 81 InsO spricht gegen eine Aufnahme der Neuverbindlichkeiten als Masseschulden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat nur noch der Insolvenzverwalter die Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse. Wenn die mit einem Neuerwerb zusammenhängenden Verbindlichkeiten ohne Zutun des Insolvenzverwalters zu Masseverbindlichkeiten werden könnten, hätte es der Schuldner in der Hand, die Masse durch Eingehen von Verbindlichkeiten zu schmälern. Dies soll jedoch nicht gegen den Willen des Insolvenzverwalters möglich sein.

16

cc) Für die Einkommensteuer, die auf einen Neuerwerb anfällt, ist keine abweichende Betrachtung geboten. Diese Einkommensteuer führt ebenso wie die Aufwendung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu einer mit einem Neuerwerb in Verbindung stehenden Verbindlichkeit und ist somit grundsätzlich aus dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zu begleichen (Maus, ZInsO 2001, 493; Frotscher, a.a.O.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., § 60 Rz 5).

17

Etwas anderes gilt auch nicht, wenn --wie vorliegend-- die vom Arbeitgeber abgeführte Lohnsteuer nicht ausreicht, um die endgültige Jahreseinkommensteuer abzudecken. Dabei ist unerheblich, dass der Arbeitnehmer durch die Wahl der Steuerklasse die Höhe der Lohnsteuer beeinflussen kann. Maßgeblich für die Berechnung der vom Arbeitgeber einzubehaltenden Lohnsteuer i.S. des § 850e ZPO ist die vom Insolvenzschuldner vorgelegte Lohnsteuerkarte mit den eingetragenen Merkmalen zur Steuerklasse oder Freibeträgen. Die Folge, dass der Insolvenzschuldner mit der Wahl der Steuerklasse entweder der Masse oder sich selbst --im Bereich des unpfändbaren Arbeitseinkommens-- auf Kosten des Steuergläubigers mehr Vermögen zuwenden kann, ist im System angelegt.

18

Auch der Aspekt, dass der Steuergläubiger --anders als Vertragspartner des Insolvenzschuldners-- nicht freiwillig zum Gläubiger geworden ist, rechtfertigt nicht eine weitere Besserstellung gegenüber anderen Neugläubigern. Zu diesen gehören auch Gläubiger gesetzlicher Schuldverhältnisse mit Ansprüchen aus fahrlässig begangener unerlaubter Handlung, Gefährdungshaftung, ungerechtfertigter Bereicherung sowie Geschäftsführung ohne Auftrag. Viele dieser Gläubiger haben sich ebenso wie der Steuergläubiger nicht willentlich in die Position des Anspruchsinhabers gebracht. Auch ihnen verbleibt nur der Zugriff auf das in der Praxis meist nicht vorhandene insolvenzfreie Vermögen. Lediglich Gläubiger von vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen sind nach § 89 Abs. 2 Satz 2 InsO i.V.m. § 850f Abs. 2 ZPO privilegiert. Sie dürfen ebenso wie Unterhaltsgläubiger trotz Insolvenzverfahren in einen Teil des unpfändbaren (zukünftigen) Arbeitseinkommens des Insolvenzschuldners, das wegen § 36 InsO nicht zum Neuerwerb gehört, hineinpfänden. Gerade daran wird deutlich, dass der Gesetzgeber durchaus Neugläubiger mit Privilegien ausgestattet hat. Die allgemeine Wertung des Gesetzgebers, dass der Steuergläubiger --ebenso wie andere unfreiwillige Neugläubiger-- nicht bevorzugt werden soll, ist zu akzeptieren und nicht durch eine weite Auslegung des § 55 InsO zu umgehen.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1)1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die erzielt werden bei der Veräußerung

1.
des ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs.2Als Teilbetrieb gilt auch die das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft ist § 17 Absatz 4 Satz 3 sinngemäß anzuwenden;
2.
des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2);
3.
des gesamten Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3).
2Gewinne, die bei der Veräußerung eines Teils eines Anteils im Sinne von Satz 1 Nummer 2 oder 3 erzielt werden, sind laufende Gewinne.

(2)1Veräußerungsgewinn im Sinne des Absatzes 1 ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) übersteigt.2Der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils ist für den Zeitpunkt der Veräußerung nach § 4 Absatz 1 oder nach § 5 zu ermitteln.3Soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn insoweit jedoch als laufender Gewinn.

(3)1Als Veräußerung gilt auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs sowie eines Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3.2Werden im Zuge der Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns der Mitunternehmerschaft die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist; der übernehmende Mitunternehmer ist an diese Werte gebunden; § 4 Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.3Dagegen ist für den jeweiligen Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen, soweit bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen worden sind, zum Buchwert übertragener Grund und Boden, übertragene Gebäude oder andere übertragene wesentliche Betriebsgrundlagen innerhalb einer Sperrfrist nach der Übertragung veräußert oder entnommen werden; diese Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.4Satz 2 ist bei einer Realteilung, bei der einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, nicht anzuwenden, soweit die Wirtschaftsgüter unmittelbar oder mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden; in diesem Fall ist bei der Übertragung der gemeine Wert anzusetzen.5Soweit einzelne dem Betrieb gewidmete Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert werden und soweit auf der Seite des Veräußerers und auf der Seite des Erwerbers dieselben Personen Unternehmer oder Mitunternehmer sind, gilt der Gewinn aus der Aufgabe des Gewerbebetriebs als laufender Gewinn.6Werden die einzelnen dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert, so sind die Veräußerungspreise anzusetzen.7Werden die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.8Bei Aufgabe eines Gewerbebetriebs, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ist für jeden einzelnen Beteiligten der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter anzusetzen, die er bei der Auseinandersetzung erhalten hat.

(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(3b)1In den Fällen der Betriebsunterbrechung und der Betriebsverpachtung im Ganzen gilt ein Gewerbebetrieb sowie ein Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 nicht als aufgegeben, bis

1.
der Steuerpflichtige die Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt erklärt oder
2.
dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 erfüllt sind.
2Die Aufgabe des Gewerbebetriebs oder Anteils im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 ist in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 rückwirkend für den vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt anzuerkennen, wenn die Aufgabeerklärung spätestens drei Monate nach diesem Zeitpunkt abgegeben wird.3Wird die Aufgabeerklärung nicht spätestens drei Monate nach dem vom Steuerpflichtigen gewählten Zeitpunkt abgegeben, gilt der Gewerbebetrieb oder Anteil im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erst in dem Zeitpunkt als aufgegeben, in dem die Aufgabeerklärung beim Finanzamt eingeht.

(4)1Hat der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet oder ist er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, so wird der Veräußerungsgewinn auf Antrag zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er 45 000 Euro übersteigt.2Der Freibetrag ist dem Steuerpflichtigen nur einmal zu gewähren.3Er ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt.

(5) Werden bei einer Realteilung, bei der Teilbetriebe auf einzelne Mitunternehmer übertragen werden, Anteile an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unmittelbar oder mittelbar von einem nicht von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Steuerpflichtigen auf einen von § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes begünstigten Mitunternehmer übertragen, ist abweichend von Absatz 3 Satz 2 rückwirkend auf den Zeitpunkt der Realteilung der gemeine Wert anzusetzen, wenn der übernehmende Mitunternehmer die Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach der Realteilung unmittelbar oder mittelbar veräußert oder durch einen Vorgang nach § 22 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 bis 5 des Umwandlungssteuergesetzes weiter überträgt; § 22 Absatz 2 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes gilt entsprechend.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B (im Folgenden: Steuerpflichtiger). Über das Vermögen wurde am 19. Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Der Steuerpflichtige war an der R-Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die Gesellschaft betätigte sich als Bauträger.

3

Die GbR hatte in früheren Jahren in ihren Bilanzen Rückstellungen für Mietgarantien und drohende Rückabwicklungen gebildet. Zugrunde lagen Bauvorhaben, die die GbR in den Jahren 1994 und 1995 vermarktet hatte. Die Rückstellungen sollten bis zum Ablauf der Verjährungsfristen eingestellt bleiben.

4

Im Streitjahr 2004 löste die GbR die Rückstellungen in Höhe von 1.687.131 € auf. Daneben wies die GbR sonstige betriebliche Erträge in Höhe von 489.956 € aus, die allem Anschein nach aus der Realisierung stiller Reserven herrührten. Der erzielte Gewinn betrug 1.304.991 €. Der auf den Steuerpflichtigen entfallende Gewinnanteil betrug 326.247 €. Das zuständige Finanzamt erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid.

5

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte der Steuerpflichtige nur negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Steuerpflichtigen zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erging unter dem 20. November 2006 ein nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderter Einkommensteuerbescheid für 2004, der an den Insolvenzverwalter gerichtet war und der den Gewinnanteil des Steuerpflichtigen an der GbR berücksichtigte. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 107.110 €. Das FA begründete die geänderte Steuerfestsetzung damit, dass es sich bei der Steuer, die auf den GbR-Gewinnanteil entfalle, um eine Masseverbindlichkeit handele.

6

Unter dem 17. August 2007 änderte das FA die Steuerfestsetzung dahingehend, dass die auf die sonstigen Einkünfte entfallende Einkommensteuer dem insolvenzfreien Bereich zugeordnet wurde. Insoweit erließ es einen an den Steuerpflichtigen gerichteten Einkommensteuerbescheid. Entsprechend reduzierte sich die gegenüber dem Kläger festgesetzte Einkommensteuer geringfügig.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage ab. Das FA habe die auf dem Gewinnanteil an der GbR beruhende Einkommensteuer für das Jahr 2004 zu Recht als Masseverbindlichkeit behandelt und gegenüber dem Kläger zu Recht mittels Einkommensteuerbescheid geltend gemacht.

8

Mit der Revision macht der Kläger geltend:

9

1. Bereits in den Jahren 1994/95 habe festgestanden, dass die Auflösung der (wegen übernommener Mietgarantien und etwaiger Rückabwicklungen gebildeten) Rückstellungen die Steuerersparnis rückgängig machen würde. Der zivilrechtliche Sachverhalt sei bereits 1994/95 abgeschlossen gewesen. Die Auffassung, dass die Auflösung einer Rückstellung nicht rückwirkend für 1994/95 vorgenommen werden könne, sei unzutreffend.

10

Entgegen der Auffassung des FA hätten die Rückstellungen spätestens zum 31. Dezember 2000 aufgelöst werden müssen. Die Mietgarantien seien zum 31. Dezember 2000 ausgelaufen. Danach hätten weder Inanspruchnahmen aus Mietgarantien noch Rückabwicklungen gedroht. Es gebe auch keine Verjährungsfristen, die erst im Jahr 2004 abgelaufen wären. Die Auflösung der Rückstellungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei augenscheinlich allein deshalb erfolgt, um Steuerforderungen auf die Insolvenzmasse abwälzen zu können.

11

Die Steuerforderung sei vom Grunde her bereits mit Vereinnahmung der Veräußerungserlöse in den Jahren 1994/95 entstanden. Die Auflösung der Rückstellungen bewirke nur, dass der Anspruch nunmehr steuerrechtlich fällig werde. Zu unterscheiden sei zwischen der --maßgeblichen-- Entstehung und der Fälligkeit.

12

2. Es bestünden auch keine praktischen Schwierigkeiten, auf die einzelnen Geschäftsvorfälle abzustellen. Auch ansonsten berücksichtige die Finanzverwaltung die Ausbuchungen des Insolvenzverwalters bei einem Buchforderungsbestand (Debitoren) als massewirksam nur dann, wenn der Grund für die Ausbuchung der Altforderungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liege. Hätten die Forderungen vorinsolvenzlich ausgebucht werden müssen, könne der Insolvenzverwalter keine zurückzuzahlende Umsatzsteuer aus der Ausbuchung der Forderung als Masseanspruch geltend machen. Die Anmeldung zur Insolvenztabelle sei ohne weiteres möglich.

13

3. Der Vergleich mit der Verwertung betrieblicher Wirtschaftsgüter gehe fehl; in diesen Fällen würde die Verwertung dazu führen, dass der Insolvenzmasse echte Vermögenswerte zuflössen. Der erzielte Gewinn habe auch nicht mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

14

Für die Geltendmachung einer Steuerforderung als Masseverbindlichkeit müssten zwei Voraussetzungen kumulativ vorliegen, die Entstehung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 der Insolvenzordnung (InsO).

15

4. Die Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerverbindlichkeiten sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Geschäfte tätige und dadurch Vermögensmehrungen zur Insolvenzmasse gelangten (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787). Ein Zusammenhang mit der Masse sei auch nicht in anderer Weise gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 InsO begründet worden. Die vorliegende Steuerforderung sei ohne jede Möglichkeit der Einflussnahme des Klägers entstanden. Es sei ein Verhalten des Insolvenzverwalters notwendig (Braun/Bäuerle, InsO, 3. Aufl., § 55 Rz 15). Nur in Ausnahmefällen habe der BFH das Verhalten Dritter für ausreichend erachtet.

16

5. Die Urteile vom 29. Januar 2009 V R 64/07 (BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682) und vom 7. April 2005 V R 5/04 (BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848) beruhten auf den Besonderheiten der Umsatzsteuer. Das Urteil vom 16. August 2001 V R 59/99 (BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208) verlange, dass ein realer Vermögenswert zugeflossen sei. Der Buchgewinn habe weder unmittelbar noch mittelbar den Wert der Beteiligung erhöht.

17

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie den Bescheid vom 20. November 2006, geändert durch Bescheid vom 17. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 aufzuheben.

18

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen,

19

und trägt vor:

20

1. Der Umstand, dass die Rückstellung bereits früher hätte aufgelöst werden müssen, könne im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden; es sei kein Umstand bekannt, nach dem die Verjährungsfrist unzutreffend berechnet worden sei. Nach den Angaben zu den Bilanz-Erläuterungen sei nur mit einem Teil der Erwerber ein Vergleich wegen geltend gemachter Garantien geschlossen worden.

21

Selbst wenn der Garantiezeitraum im Jahr 2000 abgelaufen gewesen wäre, hätten Ansprüche aus der Garantie noch innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden können. Die vierjährige Frist gelte auch für Mietgarantien. Tatsachen, die eine andere rechtliche Würdigung zulassen würden, seien nicht benannt und könnten im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden.

22

2. Der Ansicht, Steuerforderungen aus der Auflösung einer Rückstellung seien bereits bei deren Bildung aufschiebend bedingt entstanden, könne nicht gefolgt werden. Bei Auflösung werde der Gewinn des Auflösungsjahres geändert. Der Beschluss vom 7. Juni 2006 VII B 329/05 (BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641) betreffe nur Einkommensteuervorauszahlungen. Die Auflösung der Rückstellung könne nicht rückwirkend vorgenommen werden.

23

3. Der Hinweis des Klägers, eine Anmeldung zur Tabelle sei noch ohne Schwierigkeiten möglich, übersehe, dass der Steuerbescheid nicht mehr geändert werden könne.

24

4. In den Vorjahren entstandene stille Reserven würden bei Veräußerung auch erst im Jahr der Veräußerung erfasst.

25

5. Es werde nicht bestritten, dass bei Versteuerung der Buchgewinne der Insolvenzmasse keine Vermögenswerte zuflössen. Es bestehe aber kein Rechtsgrundsatz, dass in diesen Fällen eine Belastung der Insolvenzmasse mit Steuerschulden nicht gerechtfertigt sei. Dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 lasse sich diese Einschränkung nicht entnehmen. Der Wert der Beteiligung sei gestiegen, da sich infolge der Verringerung der Verbindlichkeiten eine Erhöhung des Kapitalanteils ergeben habe.

26

Der BFH habe durch Urteil in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 entschieden, dass auch die Umsatzsteuer zu den Masseverbindlichkeiten gehöre, die nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstanden sei.

27

Nach dem Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 komme es nur darauf an, ob es sich um eine ertragbringende Nutzung der zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögensgegenstände handele. Entsprechend sei auch bei Verwertungshandlungen eines Absonderungsberechtigten die Zuordnung der Umsatzsteuer zu den Massekosten anerkannt (BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2008 XI B 179/07, BFH/NV 2008, 819).

28

6. Die Einordnung einer (nicht auf einem tatsächlichen Geldzufluss beruhenden) Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Einzelne Entscheidungen sprächen eher dafür; im Verfahren des Urteils in BFHE 224, 24, BStBl II 2009, 682 sei eine Masseverbindlichkeit bejaht worden, obwohl der Insolvenzverwalter an der Entstehung der Umsatzsteuer nicht beteiligt gewesen sei (die Kommentarstelle bei Braun/Bäuerle sei daher zu eng); es komme darauf an, wann der Steuertatbestand vollständig verwirklicht worden sei.

29

In dem Fall des Urteils in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 sei der Verkaufserlös nach Freigabe gerade nicht in die Konkursmasse geflossen; gleichwohl sei die Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit erfasst worden.

30

Mit Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 habe der BFH entschieden, dass trotz der Einkünfte aus der Konkursmasse der Einkommensteuerbescheid gegen den Konkursverwalter über das Vermögen des Mitunternehmers zu richten sei.

Entscheidungsgründe

31

II. Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbegründet. Die Entscheidung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat die Einkommensteuerschuld des Klägers zutreffend als Masseverbindlichkeit beurteilt.

32

1. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO Masseverbindlichkeiten auch (1.) die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören, (2.) Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss, (3.) Verbindlichkeiten aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

33

Die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen/-verbindlichkeiten und Masseforderungen/-verbindlichkeiten richtet sich nach dem Zeitpunkt der insolvenzrechtlichen Begründung. Auf die steuerliche Entstehung der Forderung und deren Fälligkeit kommt es nicht an (BFH-Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641; MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 71).

34

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 InsO). Zu den kraft Gesetzes entstehenden Masseverbindlichkeiten zählen vor allem auch Steuerforderungen/-verbindlichkeiten, die nach Verfahrenseröffnung entstehen (Henkel in Jaeger, InsO, § 55 Rz 33; Braun/Bäuerle, InsO, 4. Aufl., § 55 Rz 19 ff., 26; FK-InsO/Schumacher, § 55 Rz 13). Dazu gehört z.B. auch die Einkommensteuer, die aus fortbestehenden oder neu begründeten Arbeitsverhältnissen entsteht.

35

2. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Steueransprüche sind zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche, die als Massekosten oder Masseschulden zu qualifizieren sind, sind gegen den Insolvenzverwalter festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Alle sonstigen Steueransprüche sind insolvenzfrei. Die aus der Verwertung der Insolvenzmasse sich ergebende Einkommensteuerschuld ist in einem auf den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung beschränkten Einkommensteuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Die einheitliche Einkommensteuerschuld ist gegebenenfalls --aus Sicht des FA-- in eine Insolvenzforderung, eine Masseforderung und eine insolvenzfreie Forderung aufzuteilen. Steuern, die auf Einkünften der Insolvenzmasse beruhen und zu Massekosten führen, sind durch Steuerbescheid festzusetzen (zu Vorstehendem vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, m.w.N.). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird; er ist Teil des Festsetzungsverfahrens. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 kann das FA die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter (Insolvenzverwalter) der Konkursmasse (Insolvenzmasse) der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen.

36

3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die aus der Beteiligung an der GbR resultierende Einkommensteuerschuld zutreffend als Masseverbindlichkeit behandelt worden.

37

a) Masseverbindlichkeiten sind --unstreitig-- die Einkommensteuerschulden, die sich aus "echten" Gewinnen der Personengesellschaft ergeben (Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 72; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl., S. 138); in diesem Fall kommt der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute. Masseverbindlichkeiten sind aber auch die Einkommensteuerschulden, die sich daraus ergeben, dass nach Auflösung einer Rückstellung auf der Ebene der Gesellschaft ein Gewinn entsteht. In diesen Fällen handelt es sich zwar nicht um einen Gewinn, der zu einer Vermögensmehrung führt. Vielmehr --so auch im Streitfall-- wird ein Gewinn früherer Jahre in gewisser Weise nachversteuert. Der frühere Gewinn war im Hinblick auf drohende Verbindlichkeiten gekürzt worden; im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Kürzung nicht erforderlich war. Die frühere Gewinnkürzung wird nunmehr durch Auflösung ausgeglichen; der vermeintliche Aufwand wird storniert.

38

b) Nach den steuerrechtlichen Regelungen kann der Kläger im Einkommensteuerbescheid nicht geltend machen, dass die Rückstellung schon früher hätte aufgelöst werden müssen; das ist allein im (vorrangigen) Feststellungsverfahren zu beurteilen. Die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen sind für die Einkommensteuerveranlagung bindend (§ 182 Abs. 1 AO); der Feststellungsbescheid ist ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO).

39

Für die Einordnung der Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit kommt es demnach nicht darauf an, wie der Gewinn des Streitjahres entstanden ist, ob als "echter Ertrag" oder durch Auflösung einer Rückstellung, also durch Stornierung von Aufwand. Allein maßgeblich ist, dass der Gewinn steuerrechtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Das ist hier der Fall; das Insolvenzverfahren wurde am 19. Mai 2003 eröffnet, der Gewinn der Gesellschaft wurde im Feststellungszeitraum 2004 erfasst und entsprechend festgestellt.

40

c) Es trifft zwar zu, dass der Insolvenzmasse durch den für 2004 festgestellten Gewinn der GbR kein Wert zugeflossen ist; die Insolvenzmasse ist aber durch die Verminderung der sie treffenden Verpflichtungen bereichert (vgl. Frotscher, a.a.O., S. 138); sie wird von der drohenden Verpflichtung entlastet. Weitergehend stellt die Rechtsprechung bei der Verwertung betrieblichen Vermögens (ganz formal) auf den Zeitpunkt der Realisation ab; nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem die Wertzuwächse (die stillen Reserven) entstanden sind (BFH-Urteil vom 11. November 1993 XI R 73/92, BFH/NV 1994, 477, m.w.N.; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO Rz 72; kritisch Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 8. Aufl., S. 356 Rz 1472; einschränkend Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 26; ähnlich Frotscher, a.a.O., S. 121).

41

d) Es ist auch insolvenzrechtlich gerechtfertigt, die aus der Auflösung einer Rückstellung entstehende Steuerforderung sowohl im Fall der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft als auch bei einem Einzelunternehmen als Masseverbindlichkeit zu erfassen. Neben den Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) sind gemäß § 55 Abs. 1 InsO auch die Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten, die (1.) durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder (2.) in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Das Gesetz sieht also ausdrücklich vor, dass Masseverbindlichkeiten nicht nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters entstehen können. So ist für die Umsatzsteuer maßgeblich, ob die umsatzsteuerpflichtige Leistung aus dem insolvenzbefangenen Vermögen erbracht worden ist (MünchKommInsO-Hefermehl, § 55 Rz 70 ff.; vgl. auch Braun/Bäuerle, a.a.O., § 55 Rz 15); für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Kraftfahrzeugsteuer ist unmaßgeblich, dass sie nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht (BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145).

42

Im Streitfall ist die Steuerverbindlichkeit "in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse" begründet worden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Die Entstehung der Steuerverbindlichkeit hat ihre Ursache in der (zur Masse gehörenden) Beteiligung des Steuerpflichtigen an der GbR und die daraus entstehende Teilhabe an deren Ergebnissen.

43

4. Die bisherige Rechtsprechung steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

44

In dem Urteil in BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787 hat der erkennende Senat entschieden, dass das Finanzamt die Einkommensteuer einer Mitunternehmerin nicht gegenüber dem Konkursverwalter der Konkursmasse der Mitunternehmerschaft als Massekosten geltend machen kann. Der Streitfall indes betrifft die Geltendmachung der Einkommensteuer des Mitunternehmers gegenüber dessen Insolvenzmasse. Auch betraf der Fall "tatsächlich" erzielte Gewinne.

45

Auch das BFH-Urteil in BFHE 210, 156, BStBl II 2005, 848 betrifft einen anderen Fall, nämlich die Aufnahme einer neuen Erwerbstätigkeit durch den Insolvenzschuldner.

46

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 196, 341, BStBl II 2003, 208 gehört die Umsatzsteuer für die steuerpflichtige Lieferung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks im Konkurs durch den Gemeinschuldner nach "Freigabe" durch den Konkursverwalter zu den Massekosten und ist durch Steuerbescheid gegen den Konkursverwalter festzusetzen. Diese Entscheidung enthält keine Aussage zu der Frage, gegenüber wem die Einkommensteuer geltend zu machen ist, die durch die Auflösung einer Rückstellung bei der Mitunternehmerschaft entstanden ist.

47

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145 muss eine Insolvenzverbindlichkeit weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstanden sein; eine Begründung kraft Gesetzes könne ausreichen; danach ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der IX. Senat stützte sich vor allem auf die Erwägung, dass zu der Insolvenzmasse auch die Rechtsposition als Halter des Kraftfahrzeugs gehöre, so dass der Kläger die Steuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO schulde. Da die Kraftfahrzeugsteuer weder durch eine Handlung noch durch ein Unterlassen des Insolvenzverwalters entstehe, sondern kraft Gesetzes begründet werde, sei sie eine Verbindlichkeit, die durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden sei (§ 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative InsO).

48

Im Beschluss in BFHE 212, 436, BStBl II 2006, 641 heißt es, der Senat habe wiederholt entschieden, dass es auch unter der Geltung der InsO hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehöre oder ob die Forderung des Gläubigers eine Insolvenzforderung sei, nicht darauf ankomme, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden sei. Entscheidend sei vielmehr, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt gewesen sei. Danach entsteht der Anspruch auf Erstattung vorausgezahlter Einkommensteuer bereits mit der Zahlung. Ein solch aufschiebend bedingter Steueranspruch entsteht nicht bei Bildung einer Rückstellung. In diesem Fall entsteht der Gewinn --und die daraus entstehende Steuer-- erst, wenn feststeht, dass die Ursache für die Bildung der Rückstellung entfallen ist. Rückstellungsaufwand ist "echter" Aufwand, der erst zu stornieren ist, wenn feststeht, dass eine Inanspruchnahme nicht mehr zu erwarten und die Rückstellung --gegebenenfalls nach den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs-- aufzulösen ist.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.