Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 30. Jan. 2015 - 10 Sa 828/14
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts N vom 06.05.2014, Az. 1 Ca 2254/14, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch wegen Schäden, die ihm Zusammenhang mit der Insolvenz seiner Arbeitgeberin entstanden sind.
3Der Kläger war langjähriger Mitarbeiter der „G B B GmbH“ (Amtsgericht N1, HRB 12345), einem Tochterunternehmen der international tätigen G Holding AG mit Sitz in Österreich. Geschäftsgegenstand des Unternehmens ist die Metallbearbeitung für die Automobilindustrie, insbesondere die Produktion von Stahl- und Sonderbehältern für Nutzfahrzeuge.
4Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die ebenfalls der G Gruppe angehört und mit einem Geschäftsanteil von nominal 50.000,- € Alleingesellschafterin der „G B B GmbH“ war. Beide Gesellschaften wurden von den gleichen Geschäftsführern geleitet. Im April 2013 verkaufte die Beklagte ihren Geschäftsanteil an der „G B B GmbH“ im Rahmen eines „share deals“ an die „T- GmbH“ aus D (Amtsgericht D, HRB 23456). Die „G B B GmbH“ wurde daraufhin im Mai 2013 umfirmiert in „N B B GmbH“ und ein neuer Geschäftsführer wurde bestellt. Am 28.08.2013 wurde über das Vermögen der „N B B GmbH“ das Insolvenzverfahren eröffnet, das bisher noch nicht abgeschlossen ist. Der Insolvenzverwalter kündigte mit Schreiben vom 28.08.2013 sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Berücksichtigung der Fristen des § 113 InsO. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens einigte sich der Kläger mit dem Insolvenzverwalter unter Zahlung einer Abfindung auf eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2013.
5Mit seiner bei Gericht am 03.12.2013 eingegangenen Klage, der Beklagten zugestellt am 17.12.2013, hat der Kläger zunächst die Zahlung von Schadensersatz in Höhe seiner Vergütungsansprüche für die Monate September bis November 2013, einer zu zahlenden Sozialplanabfindung sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die dem Kläger durch den share deal und die spätere Insolvenz seiner Arbeitgeberin entstanden sind. Im Laufe des Verfahrens reduzierte der Kläger den Betrag um die von der Bundesagentur für Arbeit geleisteten Zahlungen und den Schadensersatz in Höhe einer zu zahlenden Sozialplanabfindung; er erweiterte die Klage in Höhe der Vergütungen für die Monate Dezember 2013 bis März 2014 sowie weitere, hilfsweise gestellte Feststellungsanträge.
6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz seiner Schäden nach § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt eines sog. „existenzvernichtenden Eingriffs“ sowie aus § 823 BGB i.V.m. einer Fürsorgepflichtverletzung verpflichtet sei. Er hat dazu vorgetragen, dass der Betriebsrat der „N B B GmbH“ nach Bekanntwerden des share deals im Lager vorgefertigte Behälter im Wert von 3,5 Millionen Euro erfasst habe. Die Beklagte sei dafür verantwortlich, dass innerhalb von zwei Tagen nach Abschluss des share deals das gesamte Lager geräumt, zum „Betrieb der Beklagten nach D“ transportiert und dort von der Beklagten verwertet worden sei. Der Belegschaft sei noch auf der Betriebsversammlung wenige Tage nach Abschluss des share deals mitgeteilt worden, dass aufgrund bestehender Verträge Aufträge für weitere zwei Jahre vorhanden seien. Insbesondere habe ein Vertrag bestanden mit der Firma T zur Fertigung von Behältern, der allein 50% der Fertigungskapazität des Werkes in B ausgemacht habe.
7Bei der Übertragung des Geschäftsanteils von der Beklagten auf die T-GmbH habe es sich lediglich um ein „Strohmann-Geschäft“ gehandelt, denn bei der T-GmbH handele es sich um eine schlichte Unternehmensberatung, die sich u.a. mit Abfallentsorgungsanlagen beschäftige. Damit sei sie offenkundig nicht - weder fachlich, als auch sonst - ansatzweise in der Lage gewesen, einen Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern zu führen. Die Insolvenz sei damit vorprogrammiert und auch bezweckt gewesen. Die Beklagte habe ihre Anteile lediglich veräußert, um die „Marke G“ nicht mit einem negativen Insolvenzereignis zu belasten. Die „G B“ habe sich zu diesem Schritt auch entschlossen, da der Betrieb der Beklagten in F der einzige Standort in Deutschland werden sollte. Eine Schließung des Werkes in B unter Berücksichtigung der individuellen Kündigungsfristen der Arbeitnehmer und ggf. der Zahlung von Sozialplanabfindungen wäre wesentlich teurer geworden.
8Während der Geschäftsführer der Beklagten sich jeden Tag um die betrieblichen Belange gekümmert habe, habe der Geschäftsführer der T-GmbH daran keinerlei Interesse gezeigt. Nach Bekanntwerden des share deals habe ein Krankenstand von 37% bestanden, der Dreischichtbetrieb sei auf einen Einschichtbetrieb zurückgefahren worden und Zubehörteile seien nicht mehr rechtzeitig nachbestellt worden. Aber auch der frühere Geschäftsführer I habe sich bis zur Insolvenzeröffnung immer wieder im Betrieb in B aufgehalten, um „den Überblick über das Firmengeschehen“ zu behalten. Aufgrund dieser Umstände sei nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass von der Beklagten eine „Firmenbestattung“ unter Missachtung sämtlicher arbeitsrechtlicher Regelungen zu Lasten der Belegschaft bezweckt war. Anders sei nicht zu erklären, warum ein Geschäftsführer der Beklagten sich auch nach Veräußerung des Geschäftsanteils weiterhin im Betrieb in B aufgehalten habe, um den Abtransport der Maschinen zum Betrieb der Beklagten genau zu überwachen. Der weitere Einfluss der „G B“ werde schließlich dadurch deutlich, dass eine Transfergesellschaft für vier Monate geschaffen worden sei, deren Mittel nach Kenntnis des Klägers überwiegend durch die „G Holding bzw. G B“ bereit gestellt worden seien.
9Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, dass ihm im vorliegenden Verfahren aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens auch nicht die Aktivlegitimation zur Durchsetzung der streitgegenständlichen Ansprüche fehle. Das zum existenzvernichtenden Eingriff ergangene Urteil des Bundesarbeitsgerichts (14.12.2004, 1 AZR 504/03), wonach während eines laufenden Insolvenzverfahrens ein Haftungsdurchgriff auf den schädigenden Gesellschafter nicht möglich sei, sei aus mehreren Gründen nicht einschlägig: Vorliegend habe die Beklagte schon nicht als Gesellschafterin der insolventen „N B B GmbH“ den Eingriff vorgenommen. Ferner sei vorliegend aufgrund der Kündigung durch den Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis zum 30.11.2013 beendet worden, so dass die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Vergütungsansprüche keine Masseverbindlichkeiten darstellen.
10Das BAG habe eine Außenhaftung im Falle einer Insolvenz ausgeschlossen, da in diesen Fällen der Insolvenzverwalter die Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter durchsetzen solle, ohne dass es zu einem Wettlauf der Gläubiger kommen solle. Bei den streitgegenständlichen Ansprüchen des Klägers handele es sich aber nicht um Ansprüche der insolventen Gesellschaft, so dass der Insolvenzverwalter schon rechtlich gehindert sei, diese Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen und ein Gläubigerwettlauf insoweit nicht zu befürchten sei. Schließlich habe auch das BAG darauf hingewiesen, dass andere Grundsätze zu § 826 BGB gelten, wenn sich die unerlaubte Handlung gezielt gegen einzelne Gesellschaftsgläubiger richte. Dies sei vorliegend der Fall, da Ziel der unerlaubten Handlung allein die kostengünstige Entsorgung teurer Mitarbeiter gewesen sei.
11Bei einem Bruttoeinkommen des Klägers in Höhe von 3.700,- € ergebe sich ein Schaden des Klägers in Höhe der für die Monate September 2013 bis März 2014 zu erwartenden Vergütung in Höhe von 25.900,- € abzüglich der durch die Bundesagentur für Arbeit geleisteten Zahlungen.
12Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.900,00 EUR brutto abzüglich 11.327,40 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.400,00 EUR brutto abzüglich 3.236,40 EUR netto seit dem 18.12.2013 und aus 18.500,00 EUR brutto abzüglich 8.091,00 EUR netto seit dem 29.03.2014 zu zB;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens
16festzustellen, dass die Beklagte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der N B B GmbH verpflichtet ist, dem Kläger als Schadensersatz die jeweilige Bruttovergütung aus dem zwischen dem Kläger und der N B B GmbH bestandenen Arbeitsvertrages für die Monate September 2013 bis März 2014 abzgl. Leistungen Dritter zu zB;
17- 18
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren Schaden, der ihm aus dem „Share deal“ der Beklagten und der T GmbH aus D sowie der anschließenden Insolvenz der N B B GmbH vom 28.08.2013 entsteht, zu ersetzen;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens
20festzustellen, dass die Beklagte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der N B B GmbH verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren Schaden, der ihm aus dem „Share deal“ der Beklagten und der T GmbH aus D sowie der anschließenden Insolvenz der N B B GmbH vom 28.08.2013 entsteht, zu ersetzen.
21Die Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass Ansprüche des Klägers aus § 823 BGB i.V.m. einer Fürsorgepflichtverletzung schon daran scheitern, dass nur der Vertragsarbeitgeber, mithin die Insolvenzschuldnerin, eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer habe.
24Auch ein Anspruch aus § 826 BGB wegen existenzvernichtenden Eingriffs scheide aus, da die Beklagte einen solchen Eingriff nicht vorgenommen habe. Die Beklagte habe der Insolvenzschuldnerin in den vergangenen Jahren Liquidität in Millionenhöhe zugeführt, die durch die Insolvenz endgültig verloren seien. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, weiterhin Liquidität zuzuführen. Es habe ihr als Gesellschafterin frei gestanden, ihren Geschäftsanteil zu veräußern. Das habe sie getan, da sie sich ausschließlich auf ihren Standort in F konzentrieren und nicht weiter in den Betrieb in B investieren wollte. Darüber hinausgehende Eingriffe habe die Beklagte nicht vorgenommen; der klägerische Vortrag dazu sei unzutreffend. Die Beklagte habe weder das Lager geräumt, nach D verbracht und dort verwertet, noch sämtliche Maschinen nach der Insolvenzeröffnung zum Betrieb der Beklagten verbracht. Vielmehr habe der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin Waren aus dem Lager nur im normalen Geschäftsgang gegen Entgelt veräußert.
25Jedenfalls sei – selbst bei Vorliegen eines existenzvernichtenden Eingriffs – zur Geltendmachung der Ansprüche allein der Insolvenzverwalter aktivlegitimiert. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts scheide eine unmittelbare Außenhaftung der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern aus, da Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung allein der Gesellschaft zustünden und vom Insolvenzverwalter geltend zu machen seien. Auch der Einwand des Klägers, dass die Beklagte nach der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile nicht mehr Gesellschafterin gewesen sei, greife nicht, denn die Haftung wegen Existenzvernichtung treffe nicht nur die Gesellschafter, sondern auch Personen ohne jeden Gesellschafterstatus. Vorliegend sei auch nicht davon auszugehen, dass die Durchsetzungssperre ausnahmsweise nicht greife, denn selbst eine etwaige Existenzvernichtungshaftung unterstellt, habe diese sich nicht allein gegen den Kläger gerichtet.
26Das von dem Kläger behauptete Bruttomonatseinkommen werde bestritten. Jedenfalls könne sein Schaden erst endgültig erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens beziffert werden. Insoweit sei ohne Belang, ob es sich bei den Ansprüchen des Klägers um Masseverbindlichkeiten oder (teilweise) auch um Insolvenzforderungen handele.
27Mit Urteil vom 06.05.2014, dem Kläger zugestellt am 26.05.2014, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger schon zu den Voraussetzungen einer Haftung nicht ausreichend vorgetragen habe. Sein Vortrag erschöpfe sich in der unstreitigen Veräußerung des Gesellschaftsanteils, ansonsten weitgehend in reinen Mutmaßungen. Auch der streitige Vortrag zu dem vermeintlichen Abtransport vorproduzierter Güter sei ohne ausreichende Substanz, denn der Kläger habe nicht dargelegt, wann welche Güter abtransportiert worden seien. Schließlich sei der behauptete Abtransport nach D nicht nachvollziehbar, da sich dort weder der Sitz, noch die Produktionsstätte der Beklagten befänden.
28Dessen ungeachtet fehle dem Kläger die Aktivlegitimation zur Durchsetzung der streitgegenständlichen Ansprüche. Denn die Außenhaftung eines Gesellschafters gegenüber einzelnen Gesellschaftsgläubigern scheide jedenfalls während eines laufenden Insolvenzverfahrens aus.
29Wegen des weiteren Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 83 ff. d.A. Bezug genommen.
30Gegen das klageabweisende, dem Kläger am 26.05.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.06.2014 eingelegte Berufung, die der Kläger nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist fristgemäß am 25.08.2014 begründet hat.
31Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz und führt ergänzend aus: Das Arbeitsgericht gehe bereits von dem unzutreffenden Sachverhalt aus, dass die Beklagte Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Tatsachlich sei sie aber nur Gesellschafterin der „G B B GmbH“ und damit zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr Gesellschafterin gewesen.
32Damit gehe das Gericht auch zu Unrecht von einer fehlenden Aktivlegitimation des Klägers aufgrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2004 aus; der vorliegende Fall werde von der zitierten Rechtsprechung nicht erfasst. Denn in dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall habe ein Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin den existenzgefährdenden Eingriff vorgenommen. Der Kläger wiederholt insoweit sein erstinstanzliches Vorbringen. Im Übrigen könne sich der Gläubiger bei einer Haftung aus § 826 BGB den Schuldner und damit auch den Klagegegner aussuchen.
33Ferner habe das Arbeitsgericht den Vortrag des Klägers zu Unrecht als unsubstantiiert bewertet. Der Kläger habe bereits in der Klageschrift unter Beweisantritt hinreichend substantiierte Tatsachen vorgetragen, insbesondere den Abtransport der vorproduzierten Güter nach D; das gleiche gelte für den Vortrag, dass die Beklagte die Maschinen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit eigenen Fahrzeugen nach D abtransportiert habe. Zu Unrecht weise das Gericht darauf hin, dass die Beklagte in D keine Produktionsstätte habe. Denn der Vortrag des Klägers sei erkennbar so zu verstehen gewesen, dass er den Betrieb der Beklagten in F bei D gemeint habe. Nach dem Kammertermin sei ein weiterer Zeuge aufgetaucht, der u.a. bestätigen könne, dass kurz vor dem share deal sämtliche Maschinen von der „G B B GmbH“ an eine Leasingfirma veräußert worden seien; den Gegenwert habe die „G B“ einbehalten. Außerdem habe der share deal die vorproduzierten Güter nicht umfasst. Damit sei im Ergebnis festzustellen, dass die „G B GmbH“ dem Betrieb vor dem share deal sämtliche wesentlichen Vermögenswerte entzogen habe, um nach der „Ausplünderung“ den Betrieb trotz guter Auftragslage an einen Strohmann, die T-GmbH aus D, zu übertragen. Aufgrund der systematischen, sittenwidrigen Ausplünderung des Gesellschaftsvermögens sei der notwendige Vorsatz zu unterstellen.
34Die Begründetheit des Klageantrages zu 2) ergebe sich daraus, dass der Kläger bis heute Einkommenseinbußen, verglichen mit seinem Einkommen bei der „N B B GmbH“, zu verzeichnen habe.
35Der Kläger beantragt,
36das Urteil des Arbeitsgerichts N vom 06.05.2014, Az. 1 Ca 2254/13, abzuändern und
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.900,00 EUR brutto abzüglich 11.327,40 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.400,00 EUR brutto abzüglich 3.236,40 EUR netto seit dem 18.12.2013 und aus 18.500,00 EUR brutto abzüglich 8.091,00 EUR netto seit dem 29.03.2014 zu zB;
hilfsweise für den Fall des Unterliegens
40festzustellen, dass die Beklagte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der „N B B GmbH“ verpflichtet ist, dem Kläger als Schadensersatz die ausgehend von einem Bruttobetrag von 25.900,00 € (für den Zeitraum September 2013 bis März 2014) noch offenen Vergütungsansprüche zu zB abzüglich der durch die Bundesagentur für Arbeit gezahlten 11.327,40 € netto.
412. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren Schaden, der ihm aus dem „Share deal“ der Beklagten und der T GmbH aus D sowie der anschließenden Insolvenz der „N B B GmbH“ vom 28.08.2013 entsteht, zu ersetzen,
42hilfsweise für den Fall des Unterliegens
43festzustellen, dass die Beklagte nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der „N B B GmbH“ verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren Schaden, der ihm aus dem „Share deal“ der Beklagten und der T GmbH aus D sowie der anschließenden Insolvenz der „N B B GmbH“ vom 28.08.2013 entsteht, zu ersetzen.
44Die Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor: Das Arbeitsgericht habe den klägerischen, erstinstanzlichen Vortrag in dem Tatbestand zutreffend dargestellt. Entgegen seinem erstinstanzlichen Vorbringen behaupte der Kläger nun im Berufungsverfahren, dass die Beklagte die im Betrieb vorhandenen Maschinen nicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach D abtransportiert und dort verwertet habe, sondern dass die „G B B GmbH“ die Maschinen schon vor dem share deal an eine Leasingfirma veräußert und die „G B“ den Kaufpreis einbehalten habe. Tatsächlich habe die „G B B GmbH“ mit Vertrag vom 28.02.2013 den überwiegenden Teil der Anlagen und Maschinen an eine Leasinggesellschaft verkauft und übereignet. Der Kaufpreis in Höhe von 834.550,- € netto sei von der Leasinggesellschaft an die „G B B GmbH“ ausgezahlt und von dieser vereinnahmt worden.
47Die Beklagte habe dem Lagerbestand auch keine Behälter widerrechtlich entzogen. Vielmehr habe die „G B B GmbH“ bzw. spätere Insolvenzschuldnerin im Rahmen einer Geschäftsverbindung als Unterlieferantin für die Beklagte bestimmte Behältertypen gefertigt. Diese Behälter seien im normalen Geschäftsgang an die Beklagte veräußert worden und die Beklagte habe die entsprechenden Preise gezahlt; nur diese gekauften und auch bezahlten Behälter seien in B von der Spedition der Beklagten abgeholt worden.
48Auch die Behauptung des Klägers, dass die Beklagte die Kosten der Transfergesellschaft bereitgestellt habe, entbehre jeglicher Grundlage. Ein existenzvernichtender Eingriff sei damit nicht erkennbar.
49Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch festgestellt, dass Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung ohnehin nicht dem Kläger, sondern nur der Gesellschaft zustehen. Seit der Rechtsprechungsänderung des BGH (Urteil vom 16.07.2004, „Trihotel“) sei die Existenzvernichtungshaftung als reine Innenhaftung zu qualifizieren; Direktansprüche der Gläubiger seien ausgeschlossen. Dafür sei ohne Belang, dass die Beklagte nach der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile nicht mehr Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei, denn auch in einem solchen Fall seien direkte Ansprüche der Gläubiger gegenüber dem schädigenden Gesellschafter ausgeschlossen. Der Kläger könne sich zur Begründung eines Direktanspruchs auch nicht auf einen besonders gelagerten Ausnahmefall berufen: er habe insoweit schon selbst nicht behauptet, dass Vermögen gezielt zur Schädigung eines einzelnen Gläubigers zur Seite geschafft worden sei. Jedenfalls hätte der behauptete existenzvernichtende Eingriff nicht einen einzelnen Gläubiger, sondern alle Arbeitnehmer gleichermaßen getroffen.
50Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Protokollerklärungen der Parteien ergänzend Bezug genommen.
51Entscheidungsgründe
52I.
53Die Berufung des Beklagten ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 16.06.2014 gegen das am 26.05.2014 zugestellte Urteil innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde auch innerhalb der verlängerten Frist des § 66 Abs. 1 S. 1, S. 5 ArbGG ordnungsgemäß nach den §§ 520 Abs. 3 i.V.m. 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG am 25.08.2014 begründet und ist damit insgesamt zulässig.
54II.
55Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
561. Der Klage- und Berufungsantrag zu 1), mit dem der Kläger die Verurteilung der Beklagten als ehemaliger Alleingesellschafterin der Insolvenzschuldnerin und Arbeitgeberin des Klägers zur Zahlung von 25.900,- € brutto abzüglich 11.327,40 € netto begehrt, ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.
57a) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 25.900,- € brutto abzüglich 11.327,40 € netto nicht als Schadensersatz wegen existenzvernichtenden Eingriffs gem. § 826 BGB zu.
58aa) Nach § 13 Abs. 2 GmbHG haftet für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich nur das Gesellschaftsvermögen. Die Durchbrechung dieses grundsätzlich sinnvollen, der Förderung unternehmerischer Aktivitäten dienenden Trennungsprinzips wird nur ausnahmsweise anerkannt. Die Rechtsprechung hat dazu verschiedene Fallgruppen, etwa die Vermögensvermischung, die Sphärenvermischung, die Unterkapitalisierung und den „existenzvernichtenden Eingriff“ entwickelt (Einzelheiten Scholz/Bitter, GmbHG, 11. Auflage 2012, § 13 Rn. 130 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 13 Rdnr. 14 ff.). Auch die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs wurde von der Rechtsprechung zunächst als Außenhaftung in Form einer echten „Durchgriffshaftung“ gegenüber den Gesellschaftsgläubigern verstanden (vgl. BGH, Urteile vom 24.06.2002, II ZR 300/00, BGHZ 151, 181, 183 ff.; Urteil vom 20.09.2004, II ZR 302/03 „Rheumaklinik“, NJW 2005, 145, 146).
59In seiner Grundsatzentscheidung vom 16.07.2007 (II ZR 3/04 - NJW 2007, 2689 ff. „Trihotel“) hat der Bundesgerichtshof für die Existenzvernichtungshaftung von dem Haftungskonzept der Außenhaftung Abstand genommen und erklärt, dass aufgrund eines geänderten Haftungskonzeptes die Existenzvernichtungshaftung nunmehr als eine auf § 826 BGB gestützte reine Innenhaftung der Gesellschafter gegenüber der GmbH zu verstehen sei. Er hat betont, dass – obwohl durch den existenzvernichtenden Eingriff auch im Vermögen der Gläubiger ein Schaden entstehen kann und insofern auch die Voraussetzungen des § 826 BGB in der Person einzelner Gläubiger verwirklicht sein können – den Gesellschaftsgläubigern die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 826 BGB verwehrt ist („dem Gesellschaftsgläubiger (ist) – zumindest grundsätzlich – nicht der direkte, etwa mit dem Anspruch der Gesellschaft konkurrierende gleichartige Deliktsanspruch gegen den Gesellschafter zu gewähren“). In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen, ob „dies in besonders gelagerten Ausnahmefällen - etwa wenn das Restvermögen der Gesellschaft gezielt zum Zwecke der Schädigung eines einzelnen verbliebenen Gesellschaftsgläubigers „beiseite geschafft“ wird – anders zu beurteilen sein könnte“ (BGH, Urteil vom 16.07.2007, Rn. 33).
60Bei Insolvenzreife ist im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der originär der Gesellschaft zustehende Anspruch wegen Existenzvernichtung aus § 826 BGB vom Insolvenzverwalter geltend zu machen, ohne dass es - anders als nach dem früheren Außenhaftungsmodell - zur Begründung der Zuständigkeit des Insolvenzverwalters einer Analogie zu § 93 InsO bedarf. In konsequenter Anwendung dieses Prinzips hat der Bundesgerichtshof betont, dass die Gesellschaftsgläubiger auch im Fall der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens - insbesondere bei masseloser Insolvenz - den Gesellschafter nicht ohne weiteres unmittelbar selbst in Anspruch nehmen können. Dies sei eine Folge des gerade auch in der Insolvenz der Gesellschaft wirksam werdenden Trennungsprinzips (§ 13 Abs. 2 GmbHG), das grundsätzlich nicht dadurch durchbrochen werden dürfe, dass dem Gesellschaftsgläubiger der unmittelbare Zugriff auf den Gesellschafter gestattet werde. Außerhalb des Insolvenzverfahrens seien die Gläubiger daher auf den "Umweg" verwiesen, erst aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft nach der Pfändung und Überweisung der Gesellschaftsansprüche gegen den Gesellschafter vorgehen zu können (vgl. (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 – II ZR 3/04 –, BGHZ 173, 246-269, Rn. 34 ff.).
61Nachdem der Bundesgerichtshof das Modell der Durchgriffshaftung aufgegeben hat zugunsten einer Innenhaftung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, haben sich das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 15.01.2013 - 3 AZR 638/10 – Rn. 35 f., ZIP 2013, 1041) und dem folgend auch die Landesarbeitsgerichte (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 01.10.2013, 8 Sa 92/12, juris, LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.07.2013, 4 Sa 112/12; LAG Stuttgart 4. Kammer, Urteil vom 03.07.2013 - 4 Sa 112/12; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. September 2009 – 8 Sa 358/09- juris) dieser Rechtsprechung angeschlossen.
62bb) In der Sache verlangt der Bundesgerichtshof (Urteil vom 16.7.2007, II ZR 3/04, „Trihotel“, a.a.O.), dem sich die Instanzgerichte angeschlossen haben (vgl. z.B. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2008 – 18 U 162/06- Rn. 43 ff., juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2008 – 23 U 5/08 – Rn. 93, juris), für eine Haftung wegen Existenzvernichtung, dass der Gesellschafter einer GmbH in missbräuchlicher, zur Insolvenz der GmbH führender oder insolvenzvertiefender Weise kompensationslos in das Gesellschaftsvermögen eingreift, welches der Zweckbindung nach zur vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dient. Abgestellt wird also neben einer Insolvenzverursachung bzw. -vertiefung auf die Missbräuchlichkeit und die Kompensationslosigkeit des Gesellschaftereingriffs. Die Haftung gemäß § 826 BGB setzt mithin einen gezielten, betriebsfremden Zwecken dienenden Entzug von Vermögenswerten voraus, die die Gesellschaft zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.
63cc) Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Kläger nach der zitierten Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, mit seinem Klageantrag zu 1) nicht erfolgreich sein.
64(1) Dem Kläger fehlt es bereits an einer eigenen Forderungszuständigkeit zur Durchsetzung seines Schadensersatzanspruchs, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen der „N B B GmbH“ eröffnet worden ist. Nach dem neuen Innenhaftungskonzept fällt der Anspruch aus Existenzvernichtungshaftung in die Insolvenzmasse. Die Aktivlegitimation zur Geltendmachung etwaiger Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung kommt allein dem Insolvenzverwalter zu, der erfolgversprechende Ansprüche aus Existenzvernichtungshaftung im Insolvenzstatus aktivieren und gegen den Gesellschafter verfolgen muss.
65Der Kläger kann insoweit nicht mit dem Einwand gehört werden, dass die zitierte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da die Ansprüche des Klägers nicht der insolventen Gesellschaft, sondern nur dem Kläger zustünden. Der BGH hat ausdrücklich betont, dass es sich bei den Ansprüchen wegen Existenzvernichtung gerade nicht um eigene Ansprüche einzelner Gläubiger handelt, sondern dass Ansprüche aus § 826 BGB wegen Existenzvernichtungshaftung ausschließlich der Gesellschaft zustehen; diese Ansprüche macht der Insolvenzverwalter geltend. Eigene Ansprüche einzelner Gesellschaftsgläubiger bestehen nicht; die Gläubiger können Befriedigung nur aus der Insolvenzmasse erlangen.
66Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein auch nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigender Ausnahmefall vorliege, nach dem ihm ein direkter Anspruch gegen den Gesellschafter zusteht, da sich die sittenwidrige Handlung gezielt gegen bestimmte Gläubiger, nämlich die Arbeitnehmer der Beklagten gerichtet habe. Es erscheint schon fraglich, ob– da sämtliche Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin betroffen sind - von der gezielten Schädigung eines „einzelnen“ Gläubigers ausgegangen werden kann. Aber selbst wenn man die Gesamtheit der Gläubiger als „einen“ Gläubiger ansähe, so sind von der Insolvenz der „N B B GmbH“ nicht nur deren Arbeitnehmer, sondern darüber hinaus alle Gläubiger betroffen. Ein Entzug von Vermögen mit dem Ziel der Schädigung eines einzelnen (verbliebenen) Gläubigers ist auch nach dem Vortrag des Klägers damit nicht erkennbar.
67Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass die zitierte Rechtsprechung nicht einschlägig sei, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin gewesen sei, sondern erst das Gesellschaftsvermögen ausgeplündert, sodann ihren Gesellschaftsanteil verkauft habe und erst anschließend das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Denn der Verlust der Gesellschafterstellung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es bleibt auch in diesem Fall dabei, dass nach dem neuen Haftungskonzept der Rechtsprechung Ansprüche wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs nach § 826 BGB – jedenfalls wenn nicht in besonders gelagerter Ausnahmefall vorliegt - nur der Gesellschaft gegen den schädigenden Gesellschafter zustehen. Auch wenn als Deliktstäter i.S.v. § 826 BGB nur ein aktueller Gesellschafter in Betracht käme, so können Nicht-Gesellschafter oder frühere Gesellschafter von der geschädigten Gesellschaft jedenfalls als Teilnehmer gemäß § 830 Abs. 2 BGB in die Haftung genommen werden (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, a.a.O., Rn. 46; Weller, ZIP 2007, 1681 ff, 1687).
68Da dem Kläger kein eigener Anspruch wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs weder gegen die Insolvenzschuldnerin, noch gegen die Beklagte zusteht, geht auch sein Einwand, dass er sich seinen Klagegner aussuchen könne, ins Leere.
69(2) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen existenzvernichtenden Eingriffs scheitert auch daran, dass sich nach seinem eigenen Vorbringen ein betriebsfremder Eingriff nicht feststellen lässt, insbesondere dass ein Entzug von Vermögenswerten - wie für das Vorliegen eines existenzvernichtenden Eingriffs erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 - II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 Rn. 18 – „Trihotel“) - ohne angemessenen Ausgleich erfolgt ist.
70Unstreitig hat die Beklagte als Alleingesellschafterin der „G B B GmbH“ ihren Geschäftsanteil im April 2013 an die T- GmbH aus D veräußert. Die Veräußerung eines Geschäftsanteils ist im Rahmen unternehmerischer Freiheit grundsätzlich zulässig. Etwas anderes mag gelten in Fällen einer organisierten „Firmenbestattung“, also einem geplanten betrügerischen Bankrott. Dazu hat der Kläger aber nicht substantiiert vorgetragen; allein der schlagwortartige Hinweis auf die Möglichkeit einer „Firmenbestattung“ genügt dazu jedenfalls nicht, zumal typische Anzeichen für eine Firmenbestattung, etwa die Vermögenslosigkeit des Erwerbers, ein nicht auffindbarer Geschäftsführer, ein Kettenerwerb oder eine Sitzverlegung ins Ausland (vgl. dazu Dennecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl., Rn. 572 ff), vom Kläger nicht dargetan sind.
71Der weitere Vortrag des Klägers zur Begründung eines existenzvernichtenden Eingriffs erschöpft sich – worauf schon das Arbeitsgericht hingewiesen hat – in bloßen Behauptungen ins Blaue hinein sowie reinen Mutmaßungen. Der Kläger hat dazu lediglich behauptet, dass der Betriebsrat – nachdem er Kenntnis von dem share deal erlangt hat – festgestellt habe, dass sich im Lager der Insolvenzschuldnerin vorgefertigte Behälter im Wert von 3,5 Millionen Euro befanden, die nach dem share deal abtransportiert worden seien. Ferner hat er in seiner Klagebegründung zunächst vorgetragen, dass „am Ende des Insolvenzverfahrens… sämtliche Maschinen, die im Betrieb vorhanden waren, an die Beklagte nach D mit eigenen LKW verbracht wurden“. In seiner Berufungsbegründung hat er dann einerseits behauptet, dass Maschinen „nach Eröffnung des Insolvenzverfahren (von der Beklagten) mit eigenen Maschinen abtransportiert“ (Bl. 122 d.A.) worden seien, in dem gleichen Schriftsatz aber vorgetragen, dass „kurz vor dem share deal sämtliche Maschinen an eine Leasingfirma veräußert wurden“ (Bl. 123 d.A.), wofür die „G B“ den „Kaufpreis einbehalten habe“. Der Vortrag des Klägers zum Abtransport der Maschinen ist insoweit widersprüchlich; zudem erscheint fraglich, inwieweit ein Abtransport der Maschinen nach Insolvenzeröffnung für die Insolvenz ursächlich sein konnte. Auch der Vortrag des Klägers zu einer Beteiligung der Beklagten an einer etwaigen Transfergesellschaft bleibt substanzlos.
72Damit erschöpft sich der Vortrag des Klägers im Wesentlichen darin, dass vorgefertigte Waren und Maschinen von dem Betriebsgelände der Insolvenzschuldnerin abtransportiert worden sind. Dass dies ohne eine entsprechende Gegenleistung und damit kompensationslos erfolgt ist, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet. Vielmehr hat er in seiner Berufungsbegründung jedenfalls hinsichtlich der an die Leasinggesellschaft veräußerten Maschinen selbst vorgetragen, dass „die G B“ den „Kaufpreis einbehalten“ habe. Obwohl der Vortrag des Klägers im Wesentlichen schon ohne hinreichende Substanz war, hat die Beklagte in der Berufungserwiderung im Einzelnen dargelegt, dass der überwiegende Teil der Maschinen durch Vertrag vom 28.02.2013 an die Leasinggesellschaft verkauft und übereignet worden sei, wofür ein Kaufpreis i.H.v. 834.550,- € gezahlt und dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin zugefährt worden sei. Die vorgefertigten Güter seien von der Insolvenzschuldnerin als Unterlieferantin der Beklagten im normalen Geschäftsgang gegen Zahlung der entsprechenden Preise veräußert worden. Da der Kläger diesen Vortrag nicht ausreichend bestritten hat i.S.v. § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO, ist davon auszugehen, dass ein Entzug von Betriebsvermögen nicht kompensationslos erfolgt ist. Ein existenzvernichtender Eingriff ist damit schon aus diesem Grund nicht zu erkennen.
73b) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 25.900,- € brutto abzüglich 11.327,40 € netto auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einer Fürsorgepflichtverletzung zu. Denn die Beklagte hat kein zugunsten des Klägers wirkendes Schutzgesetz verletzt.
74Voraussetzung für eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB ist die Verletzung eines nicht lediglich eine Sonderbeziehung ausgestaltenden Gesetzes (Palandt-Sprau, 73. Aufl., § 823 BGB Rn. 56). Eine Fürsorgepflicht ist zwar als vertragliche Nebenpflicht im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses anerkannt (vgl. z.B. Küttner, Personalhandbuch, 14. Aufl., „Fürsorgepflicht“). Abgesehen davon, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine vertragliche Sonderbeziehung bestand, stellt die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht als eine lediglich eine Sonderbeziehung betreffende Pflicht auch keine Verletzung eines Schutzgesetzes i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar.
752. Die Klage hat auch mit dem Hilfsantrag zu 1) keinen Erfolg. Unabhängig davon, ob die Klage mit den Feststellungsanträgen im Hinblick auf das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers überhaupt zulässig ist, ist sie jedenfalls in der Sache vollumfänglich unbegründet und deshalb abzuweisen.
76a) Zwar erschient, soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag zu 1) die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt, fraglich, ob das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vorliegt. Bei reinen Vermögensschäden, die Gegenstand der Klage sind, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (s. statt aller BGH, Urteile vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549, vom 6. Juli 2004 - XI ZR 250/02, BGHReport 2005, 78, 79; vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03 –, BGHZ 166, 84-117, Rn. 27). Ob die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts hinreichend dargetan ist, kann vorliegend jedoch dahingestellt bleiben, da die Feststellungsklage in der Sache unbegründet ist. Denn ist die Klage in der Sache bereits abweisungsreif, so ist es ausnahmsweise statthaft, die Frage des Feststellungsinteresses offen zu lassen und sachlich zu entscheiden (BGHZ 12, 308 ff. Rn. 11; OLG Koblenz NJW-RR 1989, 827 Rn 30, jeweils zit. nach juris; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn. 7).
77b) Der Kläger stützt seinen Schadensersatzanspruch auf eine Haftung aus § 826 BGB wegen existenzvernichtenden Eingriffs sowie auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einer Fürsorgepflichtverletzung. Eine solche Schadensersatzverpflichtung der Beklagten besteht aus den unter Ziffer 1) dargelegten Gründen jedoch nicht. Der Hilfsantrag zu 1) war schon aus diesem Grund abzuweisen.
783. Der Kläger kann mangels einer zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung der Beklagten auch mit dem Haupt- und Hilfsantrag zu 2) keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht hat die Klage auch insoweit zu Recht abgewiesen.
79III.
80Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 30. Jan. 2015 - 10 Sa 828/14
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 30. Jan. 2015 - 10 Sa 828/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Kündigt der Verwalter, so kann der andere Teil wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses als Insolvenzgläubiger Schadenersatz verlangen.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 2 und 3 die Bezahlung einer Forderung von 82.175,92 DM aus einem mit der K GmbH (K.) im Oktober 1994 geschlossenen Werkvertrag, dessen Leistungen sie am 5. August 1995 in Rechnung gestellt hat. Die Vollstreckung der Forderung aus einem gegen die K. erwirkten Versäumnisurteil war erfolglos; die von dem Beklagten zu 3 am
29. März 1996 beantragte Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen ist am 12. April 1996 mangels Masse abgelehnt worden.
Die Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 100.000,00 DM ausgestatteten K., der Beklagte zu 2 (40 %) und der zum Geschäftsführer bestellte Beklagte zu 3 (60 %) beschlossen am 27. Dezember 1995, den Geschäftsbetrieb einzustellen, den mit dem Beklagten zu 2 über die Anmietung der Fabrikations - und Geschäftsräume geschlossenen Vertrag per 31. Dezember 1995 zu kündigen und das vorhandene Personal von der Beklagten zu 1 übernehmen zu lassen. Am 17. Januar 1996 schlossen die K., vertreten durch den Beklagten zu 3, und die Beklagte zu 1, vertreten durch den Beklagten zu 2 als deren Geschäftsführer , einen Vertrag, mit dem die K. alle ihr am 26. Januar 1996 zustehenden Forderungen an die Beklagte zu 1 abtrat und ihr ihren gesamten, zum 31. Dezember 1995 inventarisierten, mit 150.000,00 DM bewerteten Warenbestand übertrug. Im Gegenzug übernahm die Beklagte zu 1 Verbindlichkeiten der K. in Höhe von 822.273,87 DM. Darunter befand sich die Forderung der Klägerin nicht. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen dieser Gesellschaft ist am 5. Juni 1998 mangels Masse abgelehnt worden.
Nach einem von dem Beklagten zu 3 in Auftrag gegebenen Vermögensstatus der K. standen per 31. Dezember 1995 Aktiva in Höhe von ca. 1,637 Mio. DM Passiva in Höhe von ca. 5,477 Mio. DM gegenüber. Daraus errechnet sich bei einem Stammkapital von 100.000,00 DM ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von ca. 3,839 Mio. DM. Darin sind Gesellschafterdarlehen in Höhe von ca. 2,928 Mio. DM (davon des Beklagten zu 3 in Höhe von ca. 462.000,00 DM) enthalten.
Die Klägerin hält die Beklagten für verpflichtet, ihre Forderung gegen die K. unter Durchgriffsgesichtspunkten zu erfüllen bzw. ihr gemäû § 826 BGB Schadensersatz zu leisten. Sie weist darauf hin, daû der Beklagte zu 2 im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 3 die Anlagegüter der K. erworben und den Kaufpreis mit angeblichen Zahlungsrückständen der K. verrechnet habe, die aus dem Mietvertrag über die Geschäfts- und Fabrikationsräume sowie den Leasingverträgen über Anlagegüter seit April 1995 aufgelaufen seien, weil die K. ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Beklagten zu 2 nicht mehr habe nachkommen können. Dieses Anlagevermögen habe der Beklagte zu 2 am 1. August 1998 versteigern lassen und den Versteigerungserlös für sich vereinnahmt.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht. Ferner wird es zu prüfen haben, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch - was es nach seinem Kenntnisstand über die Rechtsprechung des Senates bisher noch nicht berücksichtigen konnte - unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung begründet ist.
1. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 826 BGB gegen beide Beklagte revisionsrechtlich nicht ausgeschlossen werden.
Unstreitig steht fest, daû die Beklagten zu 2 und 3 aufgrund der Vereinbarung vom 17. Januar 1996 sämtliche Forderungen der K. sowie deren gesamten Warenbestand auf die Beklagte zu 1 übertragen haben. Legt man den vom Beklagten zu 3 in Auftrag gegebenen, von dem Wirtschaftsprüfer H. per 31. Dezember 1995 gefertigten Vermögensstatus der K. zugrunde, hat der Warenwert ca. 215.000,00 DM betragen. An Forderungen verfügte die K. über ca. 990.000,00 DM, da von den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von ca. 1.303.000,00 DM ein Betrag von ca. 313.000,00 DM aufgrund Sicherheitsabtretung der V.bank I. zustanden, mit dem das bei dieser geführte Geschäftskonto sowie der von dieser gewährte Kredit noch valutierten. Dem Betrag von 990.000,00 DM stand eine Übernahme von Verbindlichkeiten der K. durch die Beklagte zu 1 in Höhe von rund 823.000,00 DM gegenüber. Daraus folgt, daû die Beklagten unter Zugrundelegung des Vermögensstatus der K. ein Vermögen von mehr als 380.000,00 DM (Warenwert: ca. 215.000,00 DM; Forderungen abzüglich Verbindlichkeiten: 167.000,00 DM) entzogen haben. Dieses Vermögen stand den Gläubigern der K., zu denen die Klägerin gehört, im Konkursverfahren nicht zur Verfügung.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat die K., vertreten durch den Beklagten zu 3 als ihren Geschäftsführer, ihre Anlagegüter im Jahre 1995 an den Beklagten zu 2 veräuûert, nachdem sich etwa ab April 1995 herausgestellt hatte, daû die Gesellschaft dessen Forderungen aus Miet- und Leasingverträgen in Höhe von 100.000,00 DM monatlich nicht mehr erfüllen konnte. Der Kaufpreis soll gegen die aufgelaufenen Forderungen verrechnet worden sein. Auch durch die-
se Transaktion ist den Gläubigern der K. Zugriffsvermögen entzogen worden. War die K. nicht mehr in der Lage, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen, hätten ihr die Beklagten zu 2 und 3 als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zuführen müssen, statt ihre Liquidität durch Darlehen aufrechtzuerhalten (vgl. § 32 a Abs. 1 GmbHG), wie das nach dem Vortrag der Klägerin vom Beklagten zu 2 in Höhe von 1,2 Mio. DM getan worden ist. Befand sich die K., wie die Klägerin behauptet hat, in der Krise, kann nicht ausgeschlossen werden, daû die Mietpreis- und Leasingforderungen, die der Beklagte zu 2 gegen den Kaufpreis aus der Übernahme der Anlagegüter verrechnete, als Eigenkapitalersatz verhaftet waren. Unter einer solchen Voraussetzung war die Verrechnung unzulässig.
Da, wie die Klägerin behauptet hat, der Niedergang der K. ab April 1995 einsetzte, stellen sich die von den Beklagten zu 2 und 3 einverständlich durchgeführten Vermögenstransaktionen als Maûnahmen dar, mit denen der Beklagte zu 2 als Gesellschaftsgläubiger zu Lasten der übrigen Gläubiger der Gesellschaft bevorzugt befriedigt wurde, obwohl ihm ein durchsetzbarer Anspruch nicht zustand. In gleicher Weise ist die Übertragung des Gesellschaftsvermögens auf die Beklagte zu 1 zu beurteilen, soweit sie nicht durch Übernahme von Verbindlichkeiten gedeckt war. Im Zweifel kam auch diese Vermögensverlagerung dem Beklagten zu 2 oder beiden Beklagten als Gesellschafter der Beklagten zu 1 zugute; entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichtes sind dazu bislang nicht getroffen worden.
Legt man diesen Sachverhalt zugrunde, ist das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB zu bejahen. Die Gläubiger der K. einschlieûlich der Klägerin sind durch die Verringerung der Zugriffsmasse geschädigt worden. Den Vermögensentzug haben beide Beklagte planmäûig zu La-
sten der Gläubiger und zum Vorteil des Beklagten zu 2 - möglicherweise auch zum Vorteil des Beklagten zu 3, soweit er Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 ist - durchgeführt. Ein solches Verhalten erfüllt die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit und eines rechtswidrig vorsätzlichen Handelns.
Es mag sein, daû der Beklagte zu 2, wie der Beklagte zu 3 in seinem an die Staatsanwaltschaft M. gerichteten Schreiben vom 14. Oktober 1996 zum Ausdruck bringt, die treibende Kraft gewesen ist. Dem Beklagten zu 3 ist jedoch der Vorwurf zu machen, daû er sich diesem Verhalten nicht widersetzt, sondern einverständlich mit dem Beklagten zu 2 gehandelt hat. Als Geschäftsführer, der zugleich Mehrheitsgesellschafter war, hatte er die Pflicht, derart grob rechtswidrige Verhaltensweisen des Beklagten zu 2 im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger zu unterbinden. Der Umstand, daû er sich zu seinem Mitwirken von dem Beklagten zu 2 hat bestimmen lassen, beseitigt weder die Sittenwidrigkeit noch die Vorsätzlichkeit seines Handelns.
2. Daneben könnte der Klägerin auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des sog. existenzvernichtenden Eingriffs zustehen.
Wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, müssen der Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter für Nachteile einstehen , die den Gesellschaftsgläubigern dadurch entstehen, daû sie der Gesellschaft Vermögen entziehen, das sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt (BGH, Urteil v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874; Urteil v. 25. Februar 2002 - II ZR 196/00, ZIP 2002, 848).
Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das Recht der Kapitalgesellschaften
jedoch grundlegenden Voraussetzung, daû das Gesellschaftsvermögen, das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muû und damit der - im Recht der GmbH im übrigen sehr weitgehenden - Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist. Die GmbH hat zwar keinen Anspruch gegen ihre Gesellschafter auf Gewährleistung ihres Bestandes. Sie können die Existenz der Gesellschaft im Grundsatz jederzeit - sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens - beenden (BGHZ 76, 352, 353; 103, 184, 192; 129, 136, 151). In jedem Fall hat ihre Beendigung jedoch in einem geordneten Verfahren zu erfolgen , in dem die Vermögenswerte der Gesellschaft zunächst zur Befriedigung ihrer Gläubiger zu verwenden sind. Auf keinen Fall kann es ihnen erlaubt sein, der Gesellschaft ihr Vermögen ohne Rücksichtnahme auf ihre gesetzliche Funktion, anstelle ihrer Gesellschafter als Haftungsträger zu dienen, zu entziehen und ihr dadurch die Möglichkeit zu nehmen, ihre Verbindlichkeiten - ganz oder wenigstens teilweise - zu erfüllen. Den Gesellschaftern steht innerhalb wie auûerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuû zu. Die Notwendigkeit der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter und die strikte Bindung des ersteren zur - vorrangigen - Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide - Absonderung und Zweckbindung - sind unabdingbare Voraussetzung dafür, daû die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen können. Allein dieses Zusammenspiel von Vermögenstrennung und Vermögensbindung einerseits sowie die Haftungsbeschränkung andererseits vermag das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG zu rechtfertigen. Entziehen die Gesellschafter unter Auûerachtlassung der gebotenen Rücksichtnahme auf diese Zweckbindung des Ge-
sellschaftsvermögens der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen Vermögenswerte und beeinträchtigen sie dadurch in einem ins Gewicht fallenden Ausmaû die Fähigkeit der Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten , so liegt darin, wie der Senat schon früher ausgesprochen hat (vgl. BGHZ 122, 123 - TBB), ein Miûbrauch der Rechtsform der GmbH, der zum Verlust des Haftungsprivilegs führen muû, soweit nicht der der GmbH durch den Eingriff insgesamt zugefügte Nachteil schon nach §§ 30, 31 GmbHG vollständig ausgeglichen werden kann oder kein ausreichender Ausgleich in das Gesellschaftsvermögen erfolgt (vgl. Röhricht, FS 50 Jahre BGH, 2000, Bd. I, S. 83, 93 ff., 105 ff.). Das gilt auch und erst recht bei Vorliegen einer Unterbilanz. Auûerhalb des Insolvenzverfahrens müssen die Gläubiger, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können, deshalb grundsätzlich berechtigt sein, ihre Forderungen unmittelbar gegen die Gesellschafter geltend zu machen (zu den im Schrifttum entwickelten unterschiedlichen Haftungsmodellen vgl. Ulmer, ZIP 2001, 2021, 2026; Wiedemann, FS 50 Jahre BGH, Bd. II, 2000, S. 353; Karsten Schmidt, NJW 2001, 3577, 3580; Bitter, WM 2001, 2133, 2139; derselbe, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften , 2000, S. 90 ff., insbesondere 99 f.; Altmeppen, ZIP 2001, 1837, 1843 f.; derselbe ZIP 2002, 961, 966 f.).
Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten und im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt haben die Beklagten zu 2 und 3 diese Voraussetzungen erfüllt. Durch die von ihnen einverständlich vorgenommenen Zugriffe auf das Vermögen der K., durch die die Beklagten zu 2 und 3 der Gesellschaft die von ihr zur Befriedigung ihrer Gläubiger benötigten Vermögenswerte entzogen haben, haben sie die Abwicklung der Gesellschaft in einem geordneten , der Verwertung ihres Vermögens zur Befriedigung ihrer Gläubiger dienenden Verfahren verhindert und die Gesellschaft in einen masselosen Konkurs
geführt. Sie haben damit selber die Voraussetzungen beseitigt, auf denen ihr Recht zur Inanspruchnahme einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruhte und haften deshalb den Gesellschaftsgläubigern für den Ausfall unmittelbar und persönlich. Dabei kann es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zu 3 von dem der K. entzogenen Vermögen, soweit es der Beklagten zu 1 übertragen worden ist, als möglicher Gesellschafter mittelbar etwas erlangt hat. Wie der Senat in dem zitierten Urteil vom 25. Februar 2002 ausgesprochen hat, haftet auch der Gesellschafter den Gläubigern für Ausfälle unter dem Gesichtspunkt des sog. existenzvernichtenden Eingriffs, der selbst nichts empfangen hat, jedoch durch sein Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft mitgewirkt hat. Diese Voraussetzungen treffen auf den Beklagten zu 3 unstreitig zu.
3. Damit die erforderlichen Feststellungen, insbesondere auch zur Fälligkeit der Forderung des Klägers - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag durch die
Parteien - getroffen werden können, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
(1) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
(2) Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen.
(3) Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. September 2010 - 17 Sa 58/09 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers ab dem 1. Januar 2005 an den Kaufkraftverlust anzupassen und ob sie dem Kläger deshalb für die Zeit ab dem 1. Dezember 2007 eine höhere Betriebsrente schuldet.
-
Der Kläger war seit dem 4. Januar 1965 bei der L-H KG (im Folgenden: L-H) beschäftigt. Die L-H sagte dem Kläger mit Arbeitsvertrag vom 7. November 1979 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien von Dezember 1954 zu. Später wechselte der Kläger zur L B GmbH & Co. KG (im Folgenden: L B), einer Tochtergesellschaft der L-H. Im Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der L B vom 22. Juli 1997 heißt es:
-
„...
2
Vertragsdauer und Betriebszugehörigkeit
Der Vertrag beginnt am 01.07.1997 und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Betriebszugehörigkeit seit dem 04.01.1965 wird anerkannt.
...
6
Nebenleistungen
...
4.
Der Mitarbeiter hat Anspruch auf Altersversorgung, der sich nach dem Schreiben vom Dezember 1993 und 14.10.93 sowie der Leistungsrichtlinie vom Dezember 1954 richtet.
Im übrigen findet auf diese Zusage das Betriebsrentengesetz in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung.
...
15
Schlussbestimmungen
...
Mit Unterzeichnung dieses Vertrages werden der bisherige Anstellungsvertrag und sonstige Vereinbarungen zwischen der L B und dem Arbeitnehmer gegenstandslos.
...“
- 3
-
Bis zum 31. Mai 1996 war Kommanditistin der L B die L GmbH & Co. KG, D. Ab dem 1. Juni 1996 trat die LA F GmbH als Kommanditistin an deren Stelle. Komplementärin der L B war die L B Verwaltungs-GmbH.
- 4
-
Am 1. September 1999 verkaufte die LA F GmbH den Vertrieb, das Lager und die Patente der L B. Die L B stellte ihre Geschäftstätigkeit zum Ende des Jahres 1999 ein. Sämtliche Mitarbeiter wurden bis zum Ende des Jahres 2000 entlassen. Am 4. Oktober 2005 wurde die persönlich haftende Gesellschafterin der L B, die L B Verwaltungs-GmbH, als übertragender Rechtsträger auf die Beklagte verschmolzen und ist ohne Liquidation erloschen. Das Gesellschaftsvermögen der L B ging mit allen Aktiva und Passiva auf die Beklagte über. Die L B war damit aufgelöst, ihre Firma war erloschen.
- 5
-
Alleinige Gesellschafterin der Beklagten ist die LA Z GmbH. Am 29. August 2005 schlossen die Beklagte und die LA Z GmbH rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 einen Gewinnabführungsvertrag. Die LA Z GmbH ist eine Tochtergesellschaft der LA S.A., die ihren Sitz in Frankreich hat.
- 6
-
Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 1998 aus dem Arbeitsverhältnis mit der L B aus. Seit dem 1. Januar 1999 bezieht er eine Betriebsrente iHv. monatlich 819,00 Euro brutto.
- 7
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Mit der am 8. September 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten für die Zeit ab dem 1. Dezember 2007 die Zahlung einer höheren Betriebsrente verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne eine Anpassung seiner Betriebsrente an den Kaufkraftverlust nicht mit der Begründung verweigern, ihre wirtschaftliche Lage oder die wirtschaftliche Lage der L B stünden der Anpassung entgegen. Es komme auf die wirtschaftliche Lage der LA Z GmbH bzw. des Konzerns, mithin der Konzernobergesellschaft LA S.A., an. Zum Zeitpunkt der Übernahme der L B durch den LA-Konzern sei die L B ein blühendes Unternehmen mit einer sehr guten Gewinnlage und einem steigenden Betriebsvermögen gewesen. Der LA-Konzern habe die L B in der Folgezeit dadurch ausgehöhlt, dass er deren gewinnbringenden und werthaltigen Teile in andere Gesellschaften übernommen, die kostenverursachenden Teile des Unternehmens hingegen aufgelöst und liquidiert habe. Die Verpflichtungen aus den Versorgungszusagen habe er in Unternehmen ausgelagert, deren wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebsrenten an den Kaufkraftverlust nicht zugelassen habe. Dies habe dazu geführt, dass die Betriebsrentner mit ihren Anpassungsforderungen ausgefallen seien. Die Beklagte müsse sich daher im Wege des Berechnungsdurchgriffs die wirtschaftliche Lage der LA Z GmbH und der LA S.A. zurechnen lassen. Die für den Berechnungsdurchgriff erforderliche verdichtete Konzernbeziehung folge aus der Konzernverbindung zwischen der LA S.A., der LA Z GmbH und der Beklagten sowie aus dem zwischen der LA Z GmbH und der Beklagten bestehenden Gewinnabführungsvertrag. Da die wirtschaftliche Lage der L B eine Anpassung der Betriebsrenten nicht zugelassen habe, komme zudem ein Berechnungsdurchgriff auf die vormalige Kommanditistin, die L GmbH & Co. KG, D, in Betracht. Im Übrigen habe er darauf vertrauen dürfen, dass auch nach Eingliederung der L B in den LA-Konzern eine Anpassung seiner Betriebsrente erfolgen würde. Dies ergebe sich daraus, dass die L B im Arbeitsvertrag vom 22. Juli 1997 seine Betriebszugehörigkeit seit dem 4. Januar 1965 anerkannt habe.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, seine ihm gezahlte monatliche Betriebsrente iHv. 819,00 Euro brutto ab dem 1. Dezember 2007 angemessen zu erhöhen,
2.
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die ihm gezahlte Betriebsrente iHv. 819,00 Euro brutto monatlich ab dem 1. Dezember 2007 angemessen zu erhöhen, mindestens um 135,13 Euro brutto auf 954,13 Euro brutto.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei mit dem Hauptantrag bereits mangels eines bezifferten Klageantrags unzulässig. Die Klage sei auch nicht begründet. Sie sei zur Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 1. Januar 2005 und damit zur Zahlung einer höheren Betriebsrente ab dem 1. Dezember 2007 nicht verpflichtet. Die wirtschaftliche Lage der L B habe eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers nicht zugelassen. Auf ihre - der Beklagten - wirtschaftliche Lage komme es nicht an, da sie erst ab dem 4. Oktober 2005 infolge der Verschmelzung in die Rechte und Pflichten der L B eingetreten sei. Auch die wirtschaftliche Lage der LA Z GmbH sei nicht maßgeblich. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff lägen nicht vor. Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der LA Z GmbH genüge dazu nicht. Auch ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der LA S.A. komme nicht in Betracht. Die LA S.A. habe die Leitungsmacht über die L B nicht in einer Weise ausgeübt, die keinerlei Rücksicht auf deren Belange genommen habe. Die Jahresergebnisse der L B in den Jahren 1996 bis 1999 hätten die LA F GmbH gezwungen, den Vertrieb, das Lager und die Patente der L B im September 1999 zu verkaufen und die Produktion einzustellen. Für die fehlende Leistungsfähigkeit der L B seien mithin keine Entscheidungen maßgeblich gewesen, welche im Konzerninteresse getroffen worden seien. Im Übrigen komme ein Berechnungsdurchgriff auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum qualifiziert faktischen Konzern nicht mehr in Betracht.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine ursprünglichen Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. Dezember 2007 eine höhere Betriebsrente zu zahlen. Die L B durfte zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2005 eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG verweigern, da ihre wirtschaftliche Lage einer solchen Anpassung entgegenstand. Auf die wirtschaftliche Lage der LA Z GmbH, der LA S.A. und der L GmbH & Co. KG, D, kommt es nicht an.
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A. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung der Klageanträge zulässig.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat das Klagebegehren dahin ausgelegt, dass der Kläger eine Anpassung seiner Betriebsrente nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2005 und Zahlung der angepassten Betriebsrente für die Zeit ab dem 1. Dezember 2007 verlangt. Dem ist der Kläger mit der Revision nicht entgegengetreten. Eine Anpassung zu einem davor liegenden Anpassungsstichtag ist nicht Streitgegenstand.
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II. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig.
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1. Es handelt sich um eine Klage auf wiederkehrende Leistungen iSd. § 258 ZPO. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde(vgl. BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 527/09 - Rn. 13 mwN, AP BetrAVG § 16 Nr. 81 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 62).
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2. Der Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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Zwar hat der Kläger mit seinem Hauptantrag die Klageforderung nicht beziffert; er begehrt lediglich, seine Betriebsrente „angemessen“ zu erhöhen. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass er seinen Antrag auf § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG stützt, weshalb ein bezifferter Antrag nicht erforderlich ist. Ein unbezifferter Antrag genügt, wenn das Gericht den zu zahlenden Betrag nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB rechtsgestaltend bestimmt. § 16 BetrAVG räumt dem Arbeitgeber ein Leistungsbestimmungsrecht ein. Der Versorgungsempfänger kann die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch das Gericht überprüfen lassen. Jedenfalls mit der Angabe des anspruchsbegründenden Sachverhalts und eines Mindestbetrags ist dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan(vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 727/07 - Rn. 10, BAGE 129, 292; 31. Juli 2007 - 3 AZR 810/05 - Rn. 11, BAGE 123, 319). Der Kläger hat im Hauptantrag zwar auch keinen Mindestbetrag genannt. Er hat allerdings in seinem Hilfsantrag, dem - wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist - keine eigenständige Bedeutung zukommt, den Mindestbetrag angegeben. Er verlangt eine Anpassung seiner monatlichen Betriebsrente um mindestens 135,13 Euro brutto auf 954,13 Euro brutto. Damit fordert er für die Zeit ab 1. Dezember 2007 die Zahlung mindestens weiterer 135,13 Euro brutto monatlich.
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B. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers ab dem 1. Januar 2005 an den Kaufkraftverlust anzupassen. Damit besteht auch keine Verpflichtung, an den Kläger ab dem 1. Dezember 2007 eine höhere Betriebsrente zu zahlen. Die Entscheidung der L B, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2005 nicht anzupassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, da ihre wirtschaftliche Lage einer Anpassung entgegenstand. Auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten und der LA Z GmbH nach dem Anpassungsstichtag kommt es ebenso wenig an wie auf die wirtschaftliche Lage der LA S.A. und der L GmbH & Co. KG, D.
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I. Die L B war nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet, zum 1. Januar 2005 zu prüfen, ob eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zu erfolgen hatte.
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Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Das bedeutet, dass er in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Leistungsbeginn die Anpassungsprüfung vorzunehmen hat. Dies sind - ausgehend vom Rentenbeginn des Klägers am 1. Januar 1999 - der 1. Januar 2002 und der 1. Januar 2005.
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II. Die Entscheidung der L B, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2005 nicht anzupassen, entspricht billigem Ermessen, da ihre wirtschaftliche Lage der Anpassung entgegenstand.
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1. Der Arbeitgeber hat bei seiner Entscheidung über die Anpassung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG die Belange des Versorgungsempfängers und seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Die Wettbewerbsfähigkeit wird nicht nur beeinträchtigt, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird, sondern auch dann, wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus (vgl. BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 105, 72). Demnach rechtfertigt die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als der Arbeitgeber annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Demzufolge kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an (BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 527/09 - Rn. 33, AP BetrAVG § 16 Nr. 81 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 62).
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Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das im Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt für alle Unternehmen einheitlich 2 % (vgl. BAG 26. Oktober 2010 - 3 AZR 502/08 - Rn. 36 mwN, AP BetrAVG § 16 Nr. 71 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 56).
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Diese für werbende Unternehmen entwickelten Grundsätze gelten nach der Rechtsprechung des Senats im Wesentlichen auch für sog. Rentner- und Abwicklungsgesellschaften. Auch diese haben eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zu prüfen. Dabei sind auch Rentner- und Abwicklungsgesellschaften nicht verpflichtet, die Kosten für die Betriebsrentenanpassung aus ihrer Vermögenssubstanz aufzubringen. Auch ihnen ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zuzubilligen. Allerdings ist bei Rentner- und Abwicklungsgesellschaften eine Eigenkapitalverzinsung angemessen, die der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen entspricht. Für einen Zuschlag, wie er bei aktiven Arbeitgebern vorzunehmen ist, deren in das Unternehmen investiertes Eigenkapital einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, besteht kein Anlass (vgl. BAG 26. Oktober 2010 - 3 AZR 502/08 - Rn. 39, AP BetrAVG § 16 Nr. 71 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 56).
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2. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ließ die wirtschaftliche Lage der L B eine Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2005 an den Kaufkraftverlust nicht zu. Diese Feststellungen wurden von den Parteien nicht angegriffen; sie sind deshalb nach § 559 Abs. 2 ZPO für den Senat bindend.
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3. Auf die wirtschaftliche Entwicklung der Beklagten und ihrer Alleingesellschafterin, der LA Z GmbH, nach dem Anpassungsstichtag kommt es nicht an.
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a) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus. Beurteilungsgrundlage für die insoweit langfristig zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zuverlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel mindestens drei Jahren ausgewertet werden. Zwar kann sich auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Sie kann seine frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Voraussetzung für die Berücksichtigung der späteren Entwicklung bei der zum Anpassungsstichtag zu erstellenden Prognose ist jedoch, dass die Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren. Spätere unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden (vgl. BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 527/09 - Rn. 32 mwN, AP BetrAVG § 16 Nr. 81 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 62).
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b) Der Kläger hat nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2005 vorhersehbar war, dass die persönlich haftende Gesellschafterin der L B, die L B Verwaltungs-GmbH, am 4. Oktober 2005 als übertragender Rechtsträger auf die Beklagte verschmolzen werden und das Gesellschaftsvermögen der L B mit allen Aktiva und Passiva auf die Beklagte übergehen würde und dass die Beklagte und die LA Z GmbH am 29. August 2005 rückwirkend zum 1. Januar 2005 einen Gewinnabführungsvertrag schließen würden. Deshalb kann auch offenbleiben, ob der zwischen der Beklagten und der LA Z GmbH am 29. August 2005 rückwirkend zum 1. Januar 2005 abgeschlossene Gewinnabführungsvertrag einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der LA Z GmbH rechtfertigen könnte.
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4. Die L B war auch nicht deshalb verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Januar 2005 an den Kaufkraftverlust anzupassen, weil sie sich die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft LA S.A. im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen musste. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff liegen nicht vor.
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a) Die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG trifft dasjenige Unternehmen, welches als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder im Wege der Rechtsnachfolge übernommen hat; auf seine wirtschaftliche Lage kommt es an. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist. Die Konzernverbindung allein ändert weder etwas an der Selbstständigkeit der beteiligten juristischen Personen noch an der Trennung der jeweiligen Vermögensmassen (BAG 29. September 2010 - 3 AZR 427/08 - Rn. 31, BAGE 135, 344).
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Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei der Anpassung der Betriebsrente nach § 16 BetrAVG allein die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners maßgeblich ist, gilt jedoch im Fall des sog. Berechnungsdurchgriffs. Dabei wird dem Versorgungsschuldner die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens zugerechnet. Der Berechnungsdurchgriff führt dazu, dass ein Unternehmen, welches selbst wirtschaftlich nicht zur Anpassung der Betriebsrenten in der Lage ist, gleichwohl eine Anpassung des Ruhegeldes vornehmen muss, wenn die wirtschaftliche Lage des anderen Konzernunternehmens dies zulässt. Der Berechnungsdurchgriff setzt einen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Versorgungsschuldner voraus. Wird der Versorgungsschuldner auf Betriebsrentenanpassung in Anspruch genommen, weil ihm die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens oder der Konzernobergesellschaft zugerechnet wird, so muss er die Möglichkeit haben, diese höhere Belastung an das andere Unternehmen weiterzugeben, sich also bei diesem zu refinanzieren (BAG 29. September 2010 - 3 AZR 427/08 - Rn. 32, BAGE 135, 344). Dadurch wird sichergestellt, dass die Betriebsrentenanpassungen nicht - entgegen § 16 BetrAVG - aus der Vermögenssubstanz erbracht werden müssen. Der Berechnungsdurchgriff ändert nichts an der Schuldnerstellung. Schuldner der Anpassungsprüfung und -entscheidung nach § 16 BetrAVG bleibt auch beim Berechnungsdurchgriff der Versorgungsschuldner.
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aa) Für einen Berechnungsdurchgriff im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG galten nach der Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 28. April 1992 (- 3 AZR 244/91 - zu III 2 der Gründe, BAGE 70, 158; vgl. auch BAG 14. Dezember 1993 - 3 AZR 519/93 - zu III 2 der Gründe, AP BetrAVG § 16 Nr. 29 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 26) ua. die Grundsätze entsprechend, die der BGH zur Haftung des herrschenden Unternehmens für Verbindlichkeiten des beherrschten Unternehmens aufgestellt hatte (vgl. etwa BGH 13. Dezember 1993 - II ZR 89/93 - AP AktG § 303 Nr. 5; 29. März 1993 - II ZR 265/91 - [TBB] BGHZ 122, 123; 23. September 1991 - II ZR 135/90 - [Video] BGHZ 115, 187; 20. Februar 1989 - II ZR 167/88 - [Tiefbau] BGHZ 107, 7; 16. September 1985 - II ZR 275/84 - [Autokran] BGHZ 95, 330). Zwischen der konzernmäßigen Durchgriffshaftung und der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers bei der Anpassung von Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG bestand ein Zusammenhang. Haftete beim qualifiziert faktischen Konzern die Konzernobergesellschaft, dann musste diese mit ihrer wirtschaftlichen Lage der Tochtergesellschaft gegenüber auch für deren Anpassungsschulden einstehen.
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bb) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 172/02 - zu A II 3 der Gründe mwN, BAGE 105, 72) kam ein Berechnungsdurchgriff nur in Betracht, wenn eine verdichtete Konzernverbindung vorlag und sich außerdem konzerntypische Gefahren verwirklicht hatten. Eine verdichtete Konzernverbindung wurde angenommen, wenn entweder ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag bestand (Vertragskonzern) oder wenn ein konzernangehöriges Unternehmen die Geschäfte des Versorgungsschuldners tatsächlich dauernd und umfassend geführt hatte (qualifiziert faktischer Konzern). Von der Verwirklichung einer konzerntypischen Gefahr wurde ausgegangen, wenn die Leitungsmacht vom herrschenden Unternehmen in einer Weise ausgeübt worden war, die keine angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen, sondern stattdessen die Interessen anderer dem Konzern angehörender Unternehmen oder seine eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt hatte und dadurch die mangelnde Leistungsfähigkeit des beherrschten Unternehmens verursacht wurde (vgl. etwa BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 172/02 - aaO).
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cc) Es kann offenbleiben, ob die vom Senat entwickelten Grundsätze zum Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern durch die neuere, inzwischen überholte Rechtsprechung des BGH zur Haftung im qualifiziert faktischen Konzern (vgl. dazu BGH 13. Dezember 2004 - II ZR 256/02 - BB 2005, 286 = DB 2005, 328; 24. Juni 2002 - II ZR 300/00 - BGHZ 151, 181; 25. Februar 2002 - II ZR 196/00 - BGHZ 150, 61; 17. September 2001 - II ZR 178/99 - [Bremer Vulkan] BGHZ 149, 10) bereits grundsätzlich in Frage gestellt wurden. Nach dieser Rechtsprechung folgte der Schutz der abhängigen Gesellschaft gegenüber Eingriffen ihrer Gesellschafter nicht mehr dem konzernrechtlichen Haftungssystem des Aktiengesetzes; an die Stelle der Haftung im qualifiziert faktischen Konzern nach den §§ 302, 303 AktG analog war die verschuldensunabhängige und unbegrenzte „Ausfallhaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs“ getreten. Die Gesellschafter mussten bei einem Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen oder bei einer Vereitelung von Geschäftschancen auf die Belange der Gesellschaft angemessen Rücksicht nehmen. An einer solchen Rücksichtnahme fehlte es, wenn die Gesellschaft infolge des Eingriffs eines Gesellschafters ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen konnte. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH mussten die Gesellschafter den Gläubigern für diejenigen Nachteile einstehen, die diesen dadurch entstanden waren, dass die Gesellschafter der Gesellschaft offen oder verdeckt Vermögen entzogen hatten, welches diese zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigte. Nach der Auffassung des BGH hatten die Gesellschafter, indem sie in das der Gesellschaft überlassene und als Haftungsgrundlage erforderliche Vermögen eingegriffen und dadurch die Gesellschaft in die Lage gebracht hatten, ihre Verbindlichkeiten nicht mehr (vollständig) erfüllen zu können, die Rechtsform der GmbH missbraucht. Da die aus diesem Verhalten der Gesellschafter resultierenden Ansprüche in erster Linie der Gesellschaft zustanden, hatte sich an der Konzeption der Haftung als Innenhaftung nichts geändert.
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dd) Nachdem der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 16. Juli 2007 (- II ZR 3/04 - [TRIHOTEL] BGHZ 173, 246) dieses von ihm im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte Haftungskonzept aufgegeben hat, lassen sich die vom Senat aufgestellten Grundsätze zum Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern nicht mehr aufrechterhalten. Nach der neuen Rechtsprechung des BGH setzt die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens voraus. Nach der Auffassung des BGH handelt es sich um einen besonderen Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB. Die Existenzvernichtungshaftung ist damit nunmehr eine Verhaltenshaftung des Gesellschafters. Schutzobjekt des neuen Haftungskonzepts ist das Gesellschaftsvermögen als solches. Geschützt wird das Überlebensinteresse der Gesellschaft gegen Eingriffe der Gesellschafter. Die Haftung des Gesellschafters setzt ua. den Entzug von Vermögenswerten, die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des Vermögensentzugs und die dadurch hervorgerufene Insolvenz der Gesellschaft oder deren Vertiefung voraus. Die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters nach § 826 BGB erfordert einen kompensationslosen „Eingriff“ in das im Gläubigerinteresse zweckgebundene Gesellschaftsvermögen. Die Existenzvernichtungshaftung soll wie eine das gesetzliche Kapitalerhaltungssystem ergänzende, aber deutlich darüber hinausgehende Entnahmesperre wirken; sie soll die sittenwidrige, weil insolvenzverursachende oder -vertiefende „Selbstbedienung“ des Gesellschafters vor den Gläubigern der Gesellschaft ausgleichen (vgl. BGH 28. April 2008 - II ZR 264/06 - [GAMMA] BGHZ 176, 204).
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Vor dem Hintergrund dieser Änderung der Rechtsprechung des BGH ist für einen vom Senat auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung des BGH zur Haftung im qualifiziert faktischen Konzern entwickelten Berechnungsdurchgriff kein Raum mehr. Infolge der Änderung der Rechtsprechung des BGH fehlt es nunmehr an dem für einen Berechnungsdurchgriff erforderlichen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Versorgungsschuldner.
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b) Danach ist ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der LA S.A. nicht deshalb veranlasst, weil die LA S.A. die L B nach deren Integration in den LA-Konzern durch den Verkauf des Vertriebs, des Lagers und der Patente, durch die Einstellung der Produktion und die Entlassung sämtlicher Mitarbeiter in eine Rentnergesellschaft „umgewandelt“ und später auf die nicht leistungsfähige Beklagte verschmolzen hat. Die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff auf der Basis der neuen Rechtsprechung des BGH zum existenzvernichtenden Eingriff liegen nicht vor. Danach setzt die Verhaltenshaftung des Gesellschafters nach § 826 BGB ua. den Entzug von Vermögenswerten, die fehlende Kompensation oder Rechtfertigung des Vermögensentzugs und die dadurch hervorgerufene Insolvenz der Gesellschaft bzw. deren Vertiefung voraus (BGH 16. Juli 2007 - II ZR 3/04 - [TRIHOTEL] BGHZ 173, 246). Die L B war zu keinem Zeitpunkt von der Insolvenz bedroht.
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c) Der Kläger kann einen Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der LA S.A. auch nicht mit Erfolg auf einen entsprechenden Vertrauenstatbestand stützen.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann es im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG auf die wirtschaftliche Lage eines anderen Unternehmens als des Versorgungsschuldners dann ankommen, wenn dieses Unternehmen Erklärungen abgegeben oder Verhaltensweisen gezeigt hat, die ein schützenswertes Vertrauen des Versorgungsempfängers darauf begründen können, das Unternehmen werde sicherstellen, dass die Versorgungsverbindlichkeiten durch den Versorgungsschuldner ebenso erfüllt werden wie die Ansprüche der eigenen Betriebsrentner. In einem solchen Fall muss die Betriebsrente auch bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners an den Kaufkraftverlust angepasst werden, wenn die wirtschaftliche Lage des anderen Unternehmens eine Anpassung gestattet (vgl. BAG 29. September 2010 - 3 AZR 427/08 - Rn. 47 mwN, BAGE 135, 344; 17. April 1996 - 3 AZR 56/95 - zu I 2 b aa der Gründe, BAGE 83, 1; 4. Oktober 1994 - 3 AZR 910/03 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 78, 87).
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bb) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass ihm gegenüber ein Vertrauenstatbestand dahin geschaffen wurde, die LA S.A. werde sicherstellen, dass die L B seine Betriebsrente auch bei einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage nach § 16 BetrAVG insoweit anpasst, als die wirtschaftliche Lage der LA S.A. eine Anpassung erlaubt. Die Vereinbarung im Anstellungsvertrag vom 22. Juli 1997 über die Anrechnung der Betriebszugehörigkeit seit dem 4. Januar 1965 genügt hierzu nicht. Diese Vereinbarung konnte allenfalls Auswirkungen auf die Höhe der von der L B nach der Leistungsrichtlinie von Dezember 1954 geschuldeten Betriebsrente haben, sie besagt aber nichts darüber, ob für Anpassungsforderungen bei schlechter wirtschaftlicher Lage der L B die Konzernobergesellschaft eintritt.
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5. Ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der L GmbH & Co. KG, D, kommt nicht in Betracht, da diese seit dem 1. Juni 1996 nicht mehr Kommanditistin der L B war und eine konzernrechtliche Verflechtung der L B und der L GmbH & Co. KG, D, vom Kläger ebenso wenig dargelegt wurde wie die Schaffung eines für einen Berechnungsdurchgriff erforderlichen Vertrauenstatbestandes.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gräfl
Schlewing
Spinner
G. Kanzleiter
Möller
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlung verursacht hat.
(2) Anstifter und Gehilfen stehen Mittätern gleich.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung werden die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stendal vom 15. Mai 2001 zurückgewiesen und die im Berufungsrechtszug erweiterte Widerklage abgewiesen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Widerklage hinsichtlich ihres Antrags zu 2.2 als unzulässig abgewiesen wird.
Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noc h über Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin, eine Sparkasse, aus der Nichterfüllung eines Darlehensvertrages und der Sperrung eines Kontoguthabens. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin und nachfolgend diese selbst gewährten drei Gesellschaften der N.-Gruppe, und zwar der S.GmbH , der N.GmbH und der N.-Baugesellschaft
Kontokorrentkredite und langfris tige Darlehen. Im Jahre 1996 gerieten die N.-GmbH und die N.-Baugesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 21. November 1996 fand deshalb bei der IHK M. ein Sanierungsgespräch statt, an dem unter anderem Vertreter der Klägerin, der D.bank sowie der IHK M. teilnahmen. Ein hieran ebenfalls beteiligter Unternehmensberater erstellte daraufhin einen Beratungsbericht, der unter anderem die Verschmelzung der S.-GmbH, der N.-GmbH und - allerdings erst nach Abschluß eines offenen Vergleichs mit ihren Gläubigern - auch der N.Baugesellschaft auf die erst im August 1996 gegründete Beklagte vorsah. Zusätzliche Liquidität in Höhe von insgesamt etwa 6 Millionen DM sollte durch öffentlich geförderte Darlehen und einen Hausbankkredit der Klägerin bereitgestellt werden.
Nach dem Gespräch vom 21. November 1996 ließ die K lägerin auf den Geschäftskonten der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.Baugesellschaft eine erhebliche Ausweitung der Überziehung zu. Mit Verträgen vom 17. Dezember 1996 gewährte sie dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten ein Eigenkapitalhilfedarlehen (im folgenden: EKH-Darlehen) in Höhe von 700.000 DM und der Beklagten selbst ein Eigenkapitalergänzungsdarlehen (im folgenden: EKE-Darlehen) in Höhe von 2.580.000 DM. Beide Darlehen wurden von der D.bank refinanziert und von der Klägerin auf einem Konto der Beklagten bereitgestellt. Nachdem die Gläubiger der N.-Baugesellschaft ohne Erfolg aufgefordert worden waren, im Wege eines Vergleichs auf einen Großteil ihrer Forderungen zu verzichten, wurde auf Antrag ihres Geschäftsführers vom 5. Februar 1997 am 28. Februar 1997 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der N.-Baugesellschaft eröffnet.
Am 18. Februar 1997 unterzeichnete der damalige Ge schäftsführer der Beklagten in deren Namen einen Vertrag mit der Klägerin über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 2.295.000 DM (im folgenden auch: Hausbankdarlehen). Dieses sollte erst in Anspruch genommen werden können, wenn die vereinbarten Sicherheiten bestellt waren. Zu diesen gehörte auch eine unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft des damaligen Geschäftsführers der Beklagten. Bei einer weiteren Besprechung am 17. März 1997 erklärten die Vertreter der Klägerin, daß diese das Hausbankdarlehen nicht an die Beklagte auszahlen, sondern den Betrag von 2.295.000 DM mit den Kontoüberziehungen der N.Baugesellschaft verrechnen werde. Mit Schreiben vom 14. April 1997 machte sie die Verrechnung des Hausbankdarlehens, das durch die seit
dem 21. November 1996 zugelassene weitere Überziehung der Kreditlinie bereits in vollem Umfang vorfinanziert worden sei, von der Beibringung der Bürgschaft des damaligen Geschäftsführers der Beklagten abhängig und verweigerte außerdem Verfügungen über das restliche Guthaben der Beklagten aus dem EKH-Darlehen. Die Beklagte bot daraufhin am 25. April 1997 die Beibringung der Bürgschaft ihres damaligen Geschäftsführers Zug um Zug gegen Auszahlung der Valuta des Hausbankdarlehens an.
Zur Stellung der Bürgschaft kam es nicht. Die Kläg erin überwies das restliche Guthaben der Beklagten aus dem EKH-Darlehen in Höhe von 333.772,45 DM an die D.bank zurück. Die Beklagte stellte ihre Geschäftstätigkeit ein; über das Vermögen der S.-GmbH, der N.-Baugesellschaft und der N.-GmbH wurde jeweils das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Mit der Widerklage, über die allein noch zu entsch eiden ist, begehrt die Beklagte die Feststellung, daß die Klägerin ihr zum Ersatz allen Schadens verpflichtet sei, der ihr dadurch entstanden sei und künftig entstehe, daß die Klägerin die Erfüllung des Darlehensvertrages über 2.295.000 DM vom 18. Februar 1997 verweigert (Widerklageantrag zu 2.1) und über das auf ihrem Geschäftskonto vorhandene Guthaben von 333.772,45 DM seit dem 14. April 1997 keine Verfügung mehr zugelassen habe (Widerklageantrag zu 2.2). Sie macht geltend, daß sie ihre Geschäftstätigkeit erfolgreich hätte fortführen und das Sanierungskonzept für die Unternehmensgruppe erfolgreich hätte abgeschlossen werden können, wenn ihr die beiden Beträge zur Verfügung gestanden hätten.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß sie zur Ausza hlung des Hausbankdarlehens über 2.295.000 DM an die Beklagte nicht mehr verpflichtet gewesen sei, da sie zur Vorfinanzierung dieses Darlehens vereinbarungsgemäß in einem erheblichen Umfang die weitere Überziehung der Geschäftskonten der Gesellschaften der Unternehmensgruppe zugelassen habe. Außerdem habe die Beklagte die als Sicherheit vereinbarte Bürgschaft ihres Geschäftsführers nicht gestellt.
Die Widerklage ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat dem Widerklageantrag zu 2.2 stattgegeben, die Berufung der Beklagten im übrigen zurückgewiesen und den erweiterten Widerklageantrag zu 2.1 abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Parteien ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Abweisung des Widerklageantrags zu 2.2 als unzulässig. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in gekürzter F orm in OLGReport Brandenburg/Dresden/Jena/Naumburg/Rostock 2003, 113 veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Widerklageanträge seien zulässig. Das erforder liche Feststellungsinteresse sei jeweils gegeben, da der Beklagten die Erhebung einer Leistungsklage nicht zumutbar sei. Sie könne den Schaden, der auf der Stornierung der übernommenen Bauverträge und dem Scheitern der beabsichtigten Verschmelzung beruhe, teilweise noch nicht und im übrigen nur nach einer aufwendigen Begutachtung beziffern.
Der Widerklageantrag zu 2.2 sei begründet. Der Bek lagten stehe gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu. Das EKH-Darlehen und das EKE-Darlehen seien durch Gutschrift auf dem Geschäftskonto der Beklagten ausgezahlt worden. Aufgrund des Girovertrages sei die Klägerin verpflichtet gewesen, Verfügungen über das Guthaben auf diesem Konto zuzulassen. Zu einer Rückbuchung des auf dem Konto noch vorhandenen Betrages von 333.772,45 DM sei die Klägerin nicht berechtigt gewesen. Die Darlehensbedingungen hätten dies der Klägerin nicht gestattet. Eine Kündigung des EKE-Darlehens habe die Klägerin weder erklärt noch hätten die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vorgelegen. Die Klägerin habe auch schuldhaft gehandelt. Es sei zudem überwiegend wahrscheinlich, daß der Beklagten durch die Pflichtverletzung der Klägerin ein Schaden entstanden sei. Die Beklagte habe nach ihrem unwidersprochenen Vortrag mangels finanzieller Mittel Verträge mit Subunternehmern stornieren und die weitere Durchführung von Bauvorhaben abbrechen müssen.
Der Widerklageantrag zu 2.1 sei unbegründet. Daß d ie Klägerin die Auszahlung des Hausbankdarlehens verweigert habe, begründe keinen Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 326 Abs. 1 BGB. Die
Auszahlungsvoraussetzungen hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Beklagte habe die in dem Darlehensvertrag als Sicherheit vereinbarte Bürgschaft ihres Geschäftsführers nicht gestellt, obwohl sie insoweit vorleistungspflichtig gewesen sei. Eine Vorleistungspflicht entfalle allerdings dann, wenn der andere Teil erkläre, er könne oder wolle nicht erfüllen. Die Klägerin habe zwar jegliche Auszahlung verweigert, indem sie mehrfach gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht habe, daß eine Verrechnung der Darlehensvaluta mit den der N.-Baugesellschaft gewährten Kontokorrentkrediten stattfinden solle. Das Erfordernis einer Bürgschaftsbeibringung als Voraussetzung für den Auszahlungsanspruch sei damit aber nicht entfallen, weil sich auch die Beklagte nicht vertragstreu verhalten habe. Sie habe die Stellung der Bürgschaft bereits ab Vertragsschluß von der Auszahlung des gesamten Darlehensbetrages an sie abhängig gemacht. Die Klägerin sei hingegen zu der von ihr angekündigten Verrechnung jedenfalls in erheblicher Höhe befugt gewesen. Es sei vereinbart worden, daß die weitere Überziehung der Kontokorrentlinien der an der Sanierung beteiligten Unternehmen als Vorfinanzierung auf den zu gewährenden Hausbankkredit anzurechnen sei. Soweit eine Anrechnung habe erfolgen sollen, habe die Klägerin deshalb keine frischen Kreditmittel auszureichen brauchen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, daß die N.-Baugesellschaft nach dem Sanierungskonzept erst nach Abschluß eines offenen Vergleichs auf die Beklagte habe verschmolzen werden sollen. Der der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft gewährte Kontokorrentkredit sei zwischen dem 21. November 1996, dem vereinbarten Stichtag für die Anrechnung neu gewährter Kontokorrentkredite, und dem 18. Februar 1997 um insgesamt 842.386,40 DM ausgeweitet worden. In Höhe dieses Betrages habe die Klägerin den Hausbankkredit nicht mehr auszahlen müssen.
II.
Diese Ausführungen halten in einem wesentlichen Pu nkt rechtlicher Überprüfung nicht stand.
A. Revision der Beklagten
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Ihr st eht kein Schadensersatzanspruch im Zusammenhang damit zu, daß die Klägerin die vollständige Valutierung des Hausbankdarlehens über 2.295.000 DM verweigert hat. Die Klägerin ist insoweit weder in Verzug geraten noch der Beklagten wegen endgültiger und ernsthafter Erfüllungsverweigerung nach den Grundsätzen positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig , da die Beklagte ihrer Pflicht zur Beibringung einer Bürgschaftserklärung ihres Geschäftsführers nicht nachgekommen ist.
1. In Auslegung des am 7. Januar/18. Februar 1997 mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte als Sicherheit unter anderem eine unbeschränkte und selbstschuldnerische Bürgschaft ihres damaligen Geschäftsführers beizubringen hatte und daß sie insoweit vorleistungspflichtig war. Diese Auslegung einer Individualvereinbarung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision nicht angegriffen. Es steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit, daß die Be-
klagte eine Bürgschaftserklärung ihres Geschäftsführers zu keinem Zeitpunkt beigebracht hat.
2. Die Vorleistungspflicht ist entgegen der Ansich t der Beklagten nicht entfallen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist, entfällt eine Vorleistungspflicht des Gläubigers allerdings dann, wenn der Schuldner die Erbringung der ihm obliegenden Leistung endgültig und ernsthaft verweigert (vgl. BGH, Urteile vom 27. April 1994 - VIII ZR 34/93, WM 1994, 1209, 1211 f. und vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 324/94, WM 1996, 822, 823). Der an sich Vorleistungspflichtige kann aus der Vertragsverletzung des Gegners aber keine Rechte herleiten, wenn er selbst nicht vertragstreu ist (vgl. BGHZ 138, 195, 209; BGH, Urteile vom 1. Oktober 1986 - VIII ZR 132/85, WM 1986, 1496, 1498 und vom 15. Oktober 1993 - V ZR 141/92, WM 1994, 215, 216).
b) So liegt der Fall hier.
aa) Die Klägerin hat die Auszahlung des Hausbankda rlehens endgültig und ernsthaft verweigert, indem sie gegenüber der Beklagten in der Besprechung vom 17. März 1997 sowie in ihrem Schreiben vom 14. April 1997 zum Ausdruck gebracht hat, daß eine Verrechnung der Darlehensvaluta mit den der N.-Baugesellschaft gewährten Kontokorrentkrediten stattfinden solle. Dies war - teilweise - unberechtigt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen war zwar vereinbart , daß die seit dem 21. November 1996 erfolgte weitere Überziehung
der Geschäftskonten der an der Sanierung beteiligten Gesellschaften in Vorfinanzierung des zu gewährenden Hausbankkredits geschehen sollte. Der der S.-GmbH, der N.-GmbH und der N.-Baugesellschaft gewährte Kontokorrentkredit ist aber nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit vom 21. November 1996 bis zur Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 18. Februar 1997 per Saldo nur um 842.386,40 DM ausgeweitet worden. In Höhe des restlichen Betrags von mehr als 1,4 Millionen DM blieb die Klägerin danach zur Valutierung des Hausbankdarlehens verpflichtet. bb) Die Beklagte hat sich indessen ihrerseits nich t vertragstreu verhalten und kann daher aus der - teilweise - unberechtigten Leistungsverweigerung der Klägerin keine Rechte herleiten. Sie hat ausweislich des Schreibens vom 25. April 1997 nämlich die Beibringung der Bürgschaft , also die Erfüllung ihrer Vorleistungspflicht, von der Auszahlung des gesamten Darlehensbetrags an sie abhängig gemacht. Hierauf hatte sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen Anspruch. Macht der Gläubiger die Erfüllung einer ihm obliegenden Leistung von vertraglich nicht vereinbarten oder nicht begründeten Forderungen abhängig , so steht dies einer Verweigerung der eigenen Leistung gleich (BGH, Urteile vom 15. Mai 1990 - X ZR 128/88, WM 1990, 1628, 1630 und vom 27. April 1994 - VIII ZR 34/93, WM 1994, 1209, 1212). Das Verhalten der Beklagten war nach Art und Tragweite auch geeignet, den Vertragszweck zu gefährden oder zu vereiteln (vgl. zu dieser Voraussetzung : BGH, Urteil vom 15. Oktober 1993 - V ZR 141/92, WM 1994, 215, 216). (1) Die Revision, die den dem Berufungsurteil zugr unde liegenden rechtlichen Ausgangspunkt nicht in Abrede stellt, greift vor allem die vom
Berufungsgericht getroffene Feststellung an, es sei vereinbart gewesen, die seit dem 21. November 1996 erfolgten weiteren Überziehungen der Geschäftskonten der an der Sanierung beteiligten Unternehmen als Vorfinanzierung auf den zu gewährenden Hausbankkredit anzurechnen. Damit hat sie keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat es aufgrund der Aussagen der Zeugen Mä., H. und Sc. als erwiesen angesehen, daß bei dem Sanierungsgespräch vom 21. November 1996, über dessen Ergebnis der Geschäftsführer der Beklagten unterrichtet worden sei, eine Kreditausweitung und zur Beseitigung der akuten Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaften der N.-Gruppe eine teilweise Vorfinanzierung der künftigen Kreditverträge durch eine weitere Erhöhung der bei der Klägerin bestehenden Kontokorrentlinien der Gesellschaften mit der Folge vereinbart worden sei, daß die Klägerin den vorfinanzierten Betrag auf das Hausbankdarlehen habe anrechnen dürfen.
Diese Beweiswürdigung, die vom Senat lediglich dar aufhin überprüft werden kann, ob sich das Berufungsgericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 11. Februar 1987 - IVb ZR 23/86, NJW 1987, 1557, 1558, vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, NJW 1997, 796, 797 und vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98, WM 1999, 1889, 1890), läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision versucht insoweit vor allem - revisionsrechtlich unbehelflich - die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch eine
andere, der Beklagten günstigere zu ersetzen. Soweit die Revision beanstandet , die Anrechnung der von der Klägerin kurzfristig bereit gestellten Mittel auf das Hausbankdarlehen sei nur zwischen dem Vertreter Sc. der D.bank und dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin vereinbart worden, steht das den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und der Annahme des Zustandekommens einer auch die Beklagte bindenden Verrechnungsvereinbarung nicht entgegen. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Gespräche über die Sanierung der Unternehmensgruppe durch seine Tischvorlage veranlaßt. Er hat sie dann - zum Teil auch durch seinen Rechtsanwalt - begleitet und sich ihr Ergebnis - im wesentlichen auf der Grundlage des Sanierungsberichts des Unternehmensberaters - für die Beklagte zu eigen gemacht und in der Folgezeit auch stets auf ihre Umsetzung gedrängt. Daß das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangt ist, daß der Geschäftsführer der Beklagten über das Gesprächsergebnis informiert worden ist, läßt revisionsrechtlich beachtliche Fehler gleichfalls nicht erkennen. Im übrigen konnte der Geschäftsführer der Beklagten vernünftigerweise nicht davon ausgehen, die Klägerin wolle den Gesellschaften, die sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden, ohne zusätzliche Sicherheiten Kredite über das im Beratungsbericht des Unternehmensberaters E. vorgesehene Volumen von insgesamt 6 Millionen DM hinaus zur Verfügung stellen.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach den P rogrammrichtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft hätten die Eigenkapitalhilfeund Eigenkapitalergänzungsdarlehen nicht zur Rückführung von Krediten verwendet werden dürfen, die vor der - Anfang Dezember 1996 erfolgten - Stellung der Anträge auf Auszahlung dieser Darlehen gewährt wor-
den seien. Dem steht bereits entgegen, daß nach der Aussage des Mitarbeiters Sc. der D.bank insoweit als maßgeblicher Zeitpunkt der Antragstellung derjenige anzusehen ist, in dem das erste aktenkundige Gespräch der Hausbank mit dem Antragsteller geführt wird. Der Zeuge Sc. hat auch bestätigt, daß es hier deshalb nicht schädlich gewesen wäre, wenn bereits einen Tag nach dem 21. November 1996 mit dem zu finanzierenden Vorhaben begonnen worden wäre. Es ist danach auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht auf den 21. November 1996 als Stichtag für die Anrechnung von weiteren Kontoüberziehungen auf das Hausbankdarlehen abgestellt hat.
Die desweiteren von der Revision erhobenen Verfahr ensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
(2) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gege n die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Darlehensvertrages vom 7. Januar/18. Februar 1997, in dem als Konto für die Gutschrift der Valuta aus dem Hausbankdarlehen neben dem Konto der Beklagten auch das Geschäftskonto derN.-Baugesellschaft angegeben ist, auf dem die Klägerin nach dem 21. November 1996 in erheblichem Umfang weitere Kreditmittel zur Verfügung gestellt hatte. Wenn das Berufungsgericht daraus entnommen hat, daß die Klägerin zur Verrechnung dieser Kreditmittel mit dem Hausbankdarlehen berechtigt war, so ist dies nicht zu beanstanden. Die Angabe der Gutschriftkonten im Darlehensvertrag gab der Klägerin das Recht, die Valuta aus dem Hausbankdarlehen auf diese Konten zu überweisen und dadurch den dort durch weitere Überziehung seit dem 21. November 1996 entstandenen Debetsaldo zurückzuführen.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision wäre die Vor leistungspflicht der Beklagten auch dann nicht entfallen, wenn die Beklagte sich Zug um Zug gegen Auszahlung des von der Klägerin noch nicht durch Überziehungen seit dem 21. November 1996 vorfinanzierten Teils des Hausbankdarlehens zur Beibringung einer Bürgschaft ihres Geschäftsführers in Höhe dieses Teilbetrages bereit erklärt hätte. Da die Klägerin das Hausbankdarlehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in Höhe von 842.386,40 DM mit den weiteren Überziehungen seit dem 21. November 1996 verrechnen durfte, mußte die vorleistungspflichtige Beklagte vor Auszahlung des Restbetrags eine Bürgschaft ihres Geschäftsführers in Höhe der vollen Darlehenssumme beibringen.
B. Revision der Klägerin
Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Wider klageantrag zu 2.2 ist, wie die Revision mit Recht rügt, unzulässig. Die Beklagte hat kein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung. Sie hat nicht dargelegt, daß ihr aufgrund des Umstands, daß die Klägerin eine Verfügung über das auf einem Konto der Beklagten vorhandene Guthaben von 333.772,45 DM nicht zugelassen hat, wahrscheinlich ein Schaden entstanden ist.
Das Berufungsgericht hat die Wahrscheinlichkeit ei nes Schadenseintritts nur im Rahmen der Begründetheit, nicht aber der Zulässigkeit der Feststellungsklage geprüft. Dies wäre nur dann zutreffend, wenn es um die Verletzung eines absoluten Rechts gehen würde. Bei reinen Vermögensschäden - wie sie Gegenstand des Widerklageantrags zu 2)
sind - hängt dagegen im Interesse des Anspruchsgegners bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH, Urteile vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, WM 1996, 548, 549 m.w.Nachw., vom 2. Dezember 1999 - IX ZR 415/98, WM 2000, 199, 202, vom 22. Februar 2001 - IX ZR 293/99, WM 2001, 741, 742 und vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 427/98, WM 2002, 29, 32). Andernfalls würde dem möglichen Schädiger ein Rechtsstreit über gedachte Fragen aufgezwungen , von denen ungewiß wäre, ob sie jemals praktische Bedeutung erlangen können (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 260).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Auswe islich des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Beklagte insoweit vorgetragen, bei Auszahlung der Kreditmittel in Höhe von 2.295.000 DM und der zur Verfügung stehenden Betriebsmittel von 333.772,45 DM hätten die vorhandenen lukrativen Aufträge von über 25 Millionen DM abgearbeitet werden können. Daß der Beklagten eine Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit allein mit der Verfügungsmöglichkeit über den letztgenannten Betrag möglich gewesen wäre, hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert dargelegt und hat bei einer notwendigen zusätzlichen Liquidität der Unternehmensgruppe von etwa 6 Millionen DM als gänzlich unwahrscheinlich außer Betracht zu bleiben.
III.
Auf die Revision der Klägerin war das Berufungsurt eil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht dem Widerklageantrag zu 2.2 stattgegeben hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO), im Umfang der Aufhebung die Berufung der Beklagten zurückweisen und ihre erweiterte Widerklage abweisen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Widerklage hinsichtlich des Antrags zu 2.2 als unzulässig abgewiesen wird. Die Revision der Beklagten war zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.