Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 01. Sept. 2016 - 15 Sa 420/16

ECLI:ECLI:DE:LAGHAM:2016:0901.15SA420.16.00
bei uns veröffentlicht am01.09.2016

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.02.2016 – 5 Ca 2641/15 – wird unter Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 25 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61

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Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 01. Sept. 2016 - 15 Sa 420/16

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 01. Sept. 2016 - 15 Sa 420/16 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 239 Knappschaftsausgleichsleistung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung, wenn sie1.nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheiden, nach dem 31. Dezember 1971 ihre bisherige Beschäftigung unter Tage infolge im Bergbau v

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Referenzen

(1) Versicherte haben Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung, wenn sie

1.
nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheiden, nach dem 31. Dezember 1971 ihre bisherige Beschäftigung unter Tage infolge im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit wechseln mussten und die Wartezeit von 25 Jahren mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung mit ständigen Arbeiten unter Tage erfüllt haben,
2.
aus Gründen, die nicht in ihrer Person liegen, nach Vollendung des 55. Lebensjahres oder nach Vollendung des 50. Lebensjahres, wenn sie bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben, aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheiden und die Wartezeit von 25 Jahren
a)
mit Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung unter Tage erfüllt haben oder
b)
mit Beitragszeiten erfüllt haben, eine Beschäftigung unter Tage ausgeübt haben und diese Beschäftigung wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung
aufgeben mussten, oder
3.
nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheiden und die Wartezeit von 25 Jahren mit knappschaftlichen Beitragszeiten erfüllt haben und
a)
vor dem 1. Januar 1972 15 Jahre mit Hauerarbeiten (Anlage 9) beschäftigt waren, wobei der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnete Ersatzzeiten infolge einer Einschränkung oder Entziehung der Freiheit oder infolge Verfolgungsmaßnahmen angerechnet werden, oder
b)
vor dem 1. Januar 1972 Hauerarbeiten infolge im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit aufgeben mussten und 25 Jahre mit ständigen Arbeiten unter Tage oder mit Arbeiten unter Tage vor dem 1. Januar 1968 beschäftigt waren oder
c)
mindestens fünf Jahre mit Hauerarbeiten beschäftigt waren und insgesamt 25 Jahre mit ständigen Arbeiten unter Tage oder mit Hauerarbeiten beschäftigt waren, wobei auf diese 25 Jahre für je zwei volle Kalendermonate mit Hauerarbeiten je drei Kalendermonate angerechnet werden.
Dem Bezug von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus nach Nummer 2 steht der Bezug der Bergmannsvollrente für längstens fünf Jahre gleich.

(2) Auf die Wartezeit nach Absatz 1 werden angerechnet

1.
Zeiten, in denen Versicherte vor dem 1. Januar 1968 unter Tage beschäftigt waren,
2.
Anrechnungszeiten wegen Bezugs von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus auf die Wartezeit nach Absatz 1 Nr. 2 und 3, auf die Wartezeit nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a jedoch nur, wenn zuletzt eine Beschäftigung unter Tage ausgeübt worden ist,
3.
Ersatzzeiten, die der knappschaftlichen Rentenversicherung zugeordnet sind, auf die Wartezeit nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 3 Buchstabe a.

(3) Für die Feststellung und Zahlung der Knappschaftsausgleichsleistung werden die Vorschriften für die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Ausnahme der §§ 59 und 85 angewendet. Der Zugangsfaktor beträgt 1,0. Grundlage für die Ermittlung des Monatsbetrags der Knappschaftsausgleichsleistung sind nur die persönlichen Entgeltpunkte, die auf die knappschaftliche Rentenversicherung entfallen. An die Stelle des Zeitpunkts von § 99 Abs. 1 tritt der Beginn des Kalendermonats, der dem Monat folgt, in dem die knappschaftliche Beschäftigung endete. Neben der Knappschaftsausgleichsleistung wird eine Rente aus eigener Versicherung nicht geleistet. Anspruch auf eine Knappschaftsausgleichsleistung besteht nur, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von drei Achteln der 14fachen monatlichen Bezugsgröße nicht überschritten wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB42/13
vom
9. Dezember 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze.
BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr, die
Richterin von Pentz und den Richter Offenloch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Oktober 2013 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 7.906,78 €

Gründe:

I.

1
Dem Kläger ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts am 9. Juli 2013 zugestellt worden. Gegen dieses Urteil hat er rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 9. September 2013, der am 10. September 2013 beim Oberlandesgericht eingegangen ist, hat er beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 9. Oktober 2013 zu verlängern. Das Oberlandesgericht hat die Frist mit Verfügung vom 11. September 2013 antragsgemäß verlängert. Vor Zugang dieser Verfügung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16. September 2013 beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung zu gewähren. Im selben Schriftsatz hat er nochmals beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 9. Oktober 2013 zu verlängern. Mit Verfügung vom 19. September 2013 hat das Oberlandesgericht die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 21. Oktober 2013 verlängert. Die Berufungsbegründung ist am 14. Oktober 2013 bei Gericht eingegangen.
2
Der Kläger hat geltend gemacht, seine Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin K., habe den Fristverlängerungsantrag bereits in der Woche vor dem Fristablauf diktiert und mit der Begleitverfügung versehen, dass dieser Schriftsatz am 9. September 2013 ausgefertigt, ihr zur Unterschrift vorgelegt und fristwahrend vom Sekretariat gefaxt werden solle. Die Rechtsanwaltsfachangestellte B. habe den Schriftsatz am Freitag, dem 6. September 2013, mit Datum 9. September 2013 ausgefertigt und Rechtsanwältin K., die an jenem Tag Urlaub gehabt habe, in einer Unterschriftsmappe auf den Schreibtisch gelegt. Völlig unvorhersehbar sei Rechtsanwältin K. am Morgen des 9. September 2013 aufgrund einer akuten Erkrankung in ihrer Wohnung zusammengebrochen, habe sich einer Notoperation unterziehen müssen und befinde sich seither im Koma. Davon habe man in der Anwaltskanzlei am 9. September 2013 noch keine Kenntnis gehabt. Frau B. habe zunächst geglaubt, Rechtsanwältin K. werde im Laufe des Tages im Büro erscheinen. Gegen 18.00 Uhr habe Frau B. das Büro verlassen und dabei sowohl die in der vorliegenden Sache zu wahrende Frist als auch die in dem Büro von Rechtsanwältin K. liegende Unterschriftenmappe vergessen. Das Büro von Rechtsanwältin K. sei von außen nicht einsehbar, weshalb ihr die Mappe im Laufe des Tages nicht mehr aufgefallen sei. Aus diesem Grund habe sie auch keinen anderen Rechtsanwalt auf die Fristsache angesprochen, obwohl sie für solche Fälle allgemein angewiesen sei, die kanzleiintern zuständige Rechtsanwältin anzurufen, und wenn sie sie nicht erreiche, deren Vertreterin oder einen in der Kanzlei anwesenden Rechtsanwalt auf den Fristablauf anzusprechen. Am 9. September 2013 um 18.00 Uhr sei Rechtsanwältin Ku. noch anwesend gewesen. Die Büroorganisation sei generell so geregelt, dass eine Fristversäumung weitestgehend ausgeschlossen sei. Es gebe feste Fristenregelungen, wonach diejenige Bürokraft, die konkret mit der Fristenwahrung beauftragt sei - unabhängig davon, ob dies durch persönliche Ansprache oder im Wege eines Diktats erfolgt sei, - bis zur vollständigen Erledigung die Vorgänge der Fristwahrung überwache und diese erst dann als erledigt austrage. Diese Bürokraft sei auch für eine Fristenkontrolle am Ende des Tages zuständig. Im Arbeitsvertrag mit Frau B. sei ihr Aufgabenbereich fest umschrieben. Sie habe die Aufgaben einer Rechtsanwaltsfachangestellten; mithin sei ihr sowohl generell als auch im Besonderen die Wahrung der Fristen im Rahmen der Büroorganisation aufgetragen gewesen. Frau B. habe den Umstand , dass die Frist noch zu wahren gewesen sei, schlicht und einfach vergessen.
3
Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch mit Beschluss vom 9. Oktober 2013 zurückgewiesen, weil es nicht den Anforderungen des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspreche. Der Kläger habe die versäumte Prozesshandlung nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt. Die irrtümlich bewilligte Fristverlängerung für die Einreichung der Berufungsbegründung sei unwirksam und habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Kläger die Aufhebung dieses Beschlusses und Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Berufung, hilfsweise Zurückverweisung.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO iVm § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeu- tung oder zur Fortbildung des Rechts auf noch erfordert sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
5
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde beruht der angefochtene Beschluss weder auf einer Verletzung des verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruchs des Klägers auf wirkungsvollen Rechtsschutz und auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch auf einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG). Dem Kläger wird insbesondere nicht der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert.
6
a) Es kann offenbleiben, ob dem Kläger, der seine Berufungsbegründung erst am 14. Oktober 2013 und damit nach Ablauf der für die Nachholung der versäumten Prozesshandlung geltenden einmonatigen Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingereicht hat, ein Verschulden an der Versäumung dieser Frist angelastet werden kann oder ihm wegen der irreführenden Fristverlängerung durch das Berufungsgericht vom 19. September 2013 - auf seinen konkludenten Antrag im Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 oder von Amts wegen - Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu gewähren wäre (vgl. BVerfGE 110, 339, 343 ff.; BGH, Beschluss vom 7. Juni 1999 - II ZB 25/98, VersR 2000, 647, 648).
7
b) Das Berufungsgericht hat dem Kläger die beantragte Wiedereinsetzung im Ergebnis zu Recht versagt, weil die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung auf einem Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten beruht , das ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Der Kläger hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass seine Prozessbevollmächtigte durch eine ordnungsgemäße Organisation der Fristenkontrolle in ihrer Kanzlei dafür Sorge getragen hat, dass Rechtsmittelfristen nicht versäumt werden.
8
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen , durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei ist der für die Kontrolle zuständige Angestellte anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, VersR 2014, 645 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330 Rn. 6; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8, jeweils mwN). Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (st. Rspr., s. etwa BGH, Senatsbeschlüsse vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, VersR 2012, 506 Rn. 7 f; BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 f.; vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 9; vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, juris Rn. 8; vom 23. April 2013 - X ZB 13/12, juris Rn. 9; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378, Rn. 7).
9
bb) Der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ist nicht zu entnehmen , dass in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen wurden. Obwohl der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. September 2013 ausdrücklich auf das Fehlen jeglichen Vortrags zur Ausgangskontrolle hingewiesen hatte, hat der Kläger weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass eine Kanzleianweisung besteht, aufgrund derer Rechtsmittelfristen in einen Fristenkalender einzutragen und erst zu streichen sind, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt ist. Ebenso wenig ist eine Anordnung der Prozessbevollmächtigten dargetan, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird.
10
cc) Die unzureichende Ausgangskontrolle in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Klägers war auch kausal für die Fristversäumung. Hätte die Prozessbevollmächtigte des Klägers Vorkehrungen dafür getroffen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt ist, und die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird, so wäre die Berufungsbegründungsfrist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gewahrt worden (vgl. zur Kausalität Senatsbeschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 9; Zöller/ Greger, ZPO, 28. Aufl., § 233 Rn. 22). Denn dann hätte es sich nicht ausgewirkt , dass Frau B. die Frist und die Postmappe im Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9. September 2013 "schlicht und einfach vergessen" hatte. Vielmehr wäre bei der gebotenen Fristenkontrolle aufgefallen, dass der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, dem das Oberlandesgericht in der Folge stattgegeben hat, noch nicht fertiggestellt war. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wäre er dann von der noch anwesenden Rechtsanwältin Ku. unterzeichnet und rechtzeitig per Telefax an das Oberlandesgericht übersandt worden. Die Frist wäre dann nicht am 9. September 2013, sondern aufgrund der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 19. September 2013 am 21. Oktober 2013 abgelaufen und durch die am 14. Oktober 2013 eingegangene Berufungsbegründung gewahrt worden. Galke Diederichsen Stöhr von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 04.07.2013 - 2-10 O 383/12 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.10.2013 - 16 U 143/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 11/11
vom
17. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd
Die Erledigung der fristgebundenen Sachen muss am Abend eines jeden Arbeitstages
anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft
werden.
BGH, Beschluss vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11 - LG Ulm
AG Ulm
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge und
Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 10. Januar 2011 wird auf Kosten des Klägers verworfen. Beschwerdewert: bis 2.500 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 17. Januar 2008.
2
Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13. August 2010 abgewiesen und festgestellt, dass die Widerklage und die Drittwiderklage gegen die frühere Klägerin zu 2 erledigt sind. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. August 2010 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 10. September 2010, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung ging innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht ein. Durch eine dem Klägervertreter am 25. Oktober 2010 zugestellte Verfügung des Gerichts wurde er darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei und die Kammer beabsichtige, die Berufung kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 4. November 2010 eingeräumt. Mit einem bei Gericht am 4. November 2010 eingegangenen Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Eine Berufungsbegründung ging bei Gericht am 5. November 2010 ein.
3
Der Klägervertreter hat vorgetragen, er habe sich vom 26. September bis 9. Oktober 2010 in stationärer Heilbehandlung und vom 11. Oktober 2010 bis 31. Oktober 2010 in einer stationären Rehabilitationsbehandlung befunden. Da absehbar gewesen sei, dass die Berufungsbegründungsfrist während der Dauer seiner krankheitsbedingten Abwesenheit von der Kanzlei ablaufen werde, habe er einen Antrag auf Verlängerung der Frist, vordatiert auf den 15. Oktober 2010, in unterschriebener Weise vorbereitet und an den Anfang der Handakte der Kläger legen lassen. Ferner habe er seine in der Kanzlei angestellte Ehefrau angewiesen, am 15. Oktober 2010 den vorbereiteten Fristverlängerungsantrag dem Landgericht vorab per Telefax, zugleich ergänzend per Post zuzuleiten. Er habe weiter veranlasst, die Frist zur Absendung des vorbereiteten Schriftsatzes sowohl im manuell geführten Terminkalender als auch in der täglich überprüften computergestützten Wiedervorlageliste zu vermerken. Die Notierung der doppelt vermerkten Frist habe er unmittelbar vor Beginn seines stationären Krankenhausaufenthalts kontrolliert. Die Sendung des vorbereiteten Fristverlängerungsgesuchs sei aufgrund eines Versehens der Kanzleiangestellten unterblieben , obwohl sie die Handakte am Vormittag des vorgesehenen Absendetags herausgesucht habe. Erst aufgrund der Hinweisverfügung des Landgerichts sei der Kanzleiangestellten der Fristablauf bekannt geworden und er selbst am 3. November 2010 unterrichtet worden.
4
Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Die Fristversäumung beruhe auf einem Organisationsverschulden , weil der Klägervertreter nicht vorgetragen habe, dass am Abend des jeweiligen Arbeitstags in der Kanzlei eine Kontrolle erfolge, dass das fristwahrende Schriftstück übermittelt worden sei.

II.

5
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen , nicht erfüllt sind.
6
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch dessen rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 5 mwN).
7
2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entspricht die angefochtene Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Das Berufungsgericht hat auch die Anforderungen an die anwaltliche Organisation in Bezug auf fristgebundene Schriftsätze nicht überspannt.
8
a) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Wiedereinsetzungsantrag sei auf die Einzelanweisung an die Ehefrau des Prozessbevollmächtigten des Klägers gestützt, trifft zwar zu, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07, juris Rn. 7; vom 13. April 2010 - VI ZB 65/08, NJW 2010, 2287 Rn. 5; vom 20. September 2011 - VI ZB 23/11, VersR 2011, 1544 Rn. 8 mwN). Im Streitfall hat das Berufungsgericht aber den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen, weil die Fristversäumung auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückzuführen sei, welches sich hier ausgewirkt habe. Aus dem Vortrag des Klägervertreters ergebe sich nämlich nicht, dass eine Kanzleianweisung bestehe, aufgrund welcher nach Bearbeitung einer Sache eine weitere Kontrolle, z.B. am Abend des jeweiligen Arbeitstages durch Überprüfung des Fristenkalenders, dahin erfolgen müsse, ob das jeweilige Schriftstück tatsächlich fristwahrend übermittelt worden sei. Dies sei hier besonders wichtig gewesen, weil die erteilte Anweisung an seine Ehefrau erst nach drei Wochen ausgeführt werden sollte und deshalb der Gefahr Vorschub geleistet worden sei, dass die Befolgung der Anweisung vergessen werde (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 103/06, MDR 2007, 98, 99).
9
b) Die vom Berufungsgericht gestellten Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Prozessbevollmächtigten stehen in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten , dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563 Rn. 5; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, aaO, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7, jeweils mwN). Hätte aufgrund einer Organisationsanweisung im Anwaltsbüro des Prozessbevollmächtigten des Klägers am Abend eines jeden Arbeitstages eine solche Kontrolle anhand des Fristenkalenders stattgefunden, wäre festgestellt worden, dass das Fristverlängerungsgesuch nicht abgesendet worden ist. Mithin ist die unterbliebene Kontrolle, die das Organisationsverschulden begründet, für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist - unabhängig von der erteilten Einzelanweisung - ursächlich geworden. Das Berufungsgericht hat somit zu Recht ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers angenommen, welches der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet wird, und den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen sowie dessen Berufung als unzulässig verworfen. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
AG Ulm, Entscheidung vom 13.08.2010 - 3 C 1196/08 -
LG Ulm, Entscheidung vom 10.01.2011 - 1 S 152/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 55/14
vom
26. Februar 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 Fc, Fd

a) Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts
muss eindeutig feststehen, welche Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt
jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist.

b) Die gebotene Fristenkontrolle findet nicht statt, wenn die Fristenlöschung
durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung
des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Die bloße Mitteilung
einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt
als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht.
BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2015 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert
und Reiter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. September 2014 - I-6 U 100/14 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde beträgt bis zu 65.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses am 16. April 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt. Nachdem bis zum Ablauf des 16. Juni 2014 keine Berufungsbegründung eingegangen war, wurde der Kläger hierauf mit Verfügung des Berufungsgerichts vom 17. Juni 2014 hingewiesen. Mit Schriftsätzen vom 8. Juli 2014, beide eingegangen am selben Tage, hat der Kläger seine Berufung begründet und bezüglich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Der Kläger hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen, dass es durch ein "singuläres Versehen" der langjährig erfahrenen und bislang stets zuverlässig tätig gewesenen persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts Dr. K. , Frau P. , zur vorzeitigen Löschung der Berufungsbegründungsfrist und hierdurch zur Versäumung dieser Frist gekommen sei. Die persönliche Sekretärin des Rechtsanwalts sei neben der zentralen Fristenkontrollstelle der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig. Die Fristenkontrolle sei in der Anwaltskanzlei so gestaltet, dass für die eingehende Post von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) die Wiedervorlage- und Notfristen (sogenannte Promptfristen) in den zentralen Fristenkalender eingetragen und sodann auf den Schriftstücken notiert würden. Dementsprechend seien nach Eingang des Urteils des Landgerichts die Berufungseinlegungsfrist (WV 08.05.2014; Pr[omptfrist]: 15.05.2014) und die Berufungsbegründungsfrist (WV 08.06.2014; Pr[omptfrist]: 13.06.2014) auf dem Urteil und im Fristenkalender eingetragen worden. In der Anwaltskanzlei bestehe die seit Jahrzehnten geltende und reibungslos funktionierende Anweisung , dass an dem jeweiligen Tag die eingetragenen Fristen von der zentralen Fristenkontrolle (Frau H. ) telefonisch an die jeweiligen persönlichen Sekretärinnen der Anwälte (hier: Frau P. ) durchgegeben würden, die die Akten den sachbearbeitenden Rechtsanwälten vorlegten und verpflichtet seien, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach Bearbeitung gelöscht würden. Die den Streitfall betreffende Akte sei Rechtsanwalt Dr. K. nicht erst am 8. Mai 2014, dem Wiedervorlagetermin für die Berufungseinlegung , sondern bereits am 7. Mai 2014, nämlich im Zusammenhang mit dem Eingang der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung, vorgelegt worden. Rechtsanwalt Dr. K. habe sodann die Berufungsschrift diktiert und nach Niederschrift des Diktats durch Frau P. selbst am späten Nachmittag an das Berufungsgericht per Telefax übersandt. Er habe die Fristen für die Berufungseinlegung (08.05.2014 und 15.05.2014) auf dem landgerichtlichen Urteil gestrichen, diese Streichung mit seinem Handzeichen versehen und die Akte mit der Berufungsschrift und dem Sendeprotokoll am Abend auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Am Vormittag des nächsten Tages habe er Frau P. sinngemäß gesagt: "In der Sache Kü. habe ich die Berufungseinlegung schon rausgeschickt, bitte entsprechend an Frau H. durchgeben, dass die Promptfrist für die Berufungseinlegung gelöscht werden kann." Frau P. habe die Akte aus dem Zimmer von Rechtsanwalt Dr. K. mitgenommen und zu ihrem Schreibtisch gebracht. Dort habe sie nach Erledigung mehrerer Telefonate Frau H. per E-Mail geschrieben: "Promptfristen streichen , Kü. ./. S. u.a., LG Düsseldorf, 10 O 210/12, Urteil vom 15.04.2014, WV 08.06.2014, Pr 15.05.2014, Pr 13.06.2014", also versehentlich mitgeteilt, dass auch die Fristen für die Berufungsbegründung gestrichen werden sollten. Dies habe Frau H. in dem von ihr geführten zentralen Fristenkalender dann auch so vollzogen, so dass die rechtzeitige Aktenvorlage für die Berufungsbegründung unterblieben sei.
3
In der Anwaltskanzlei bestehe die allgemeine Anweisung, dass grundsätzlich nur die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen überhaupt Fristen streichen dürften, und dies auch erst, nachdem sie sich anhand der Akte oder des zu erledigenden Schriftsatzes vergewissert hätten, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei, oder wenn sie dazu (wie hier) eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts erhalten hätten. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Frist lange vor dem letzten Tag des Fristab- laufs erledigt sei, weil entweder der zu fertigende Schriftsatz nachweislich abgesandt oder etwa entschieden worden sei, ein Rechtsmittelverfahren nicht durchzuführen, teile Frau P. auf Anweisung von Rechtsanwalt Dr. K. hin Frau H. mit, dass die bei ihr im Fristenkalender eingetragene konkrete Frist gelöscht werden könne. Damit solle verhindert werden, dass die Akte wegen der erledigten Frist zu einem späteren Zeitpunkt nochmals vorgelegt werde. Nur dann, wenn Frau H. konkret unter Angabe der genauen Akte und Frist angewiesen werde, eine Frist vorzeitig im zentralen Fristenkalender zu streichen , nehme sie die Fristenstreichung vor; einer etwaigen Anweisung zu einer pauschalen Fristenstreichung (etwa: "alle Fristen eines Tages") komme sie nicht nach.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte sowie rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
6
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass dem Rechtsanwalt des Klägers ein Organisationsverschulden zur Last falle, welches sich der Kläger zu- rechnen lassen müsse. Nach allgemeiner Anweisung sei es in der Anwaltskanzlei möglich gewesen, dass die mit der zentralen Fristenkontrolle (einschließlich der Streichung von Fristen im zentralen Fristenkalender) betraute Mitarbeiterin H. eine Frist habe löschen dürfen, ohne zur Kontrolle die Handakte oder eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts zu besitzen. Vielmehr sei es ihr erlaubt gewesen, aufgrund einer konkreten Anweisung der persönlichen Sekretärin des jeweiligen Rechtsanwalts Fristen zu löschen. Dadurch sei die Gefahr geschaffen worden, dass es zu einer versehentlichen Falschübermittlung habe kommen können, ohne dass die mit der konkreten Löschung der Frist befasste Mitarbeiterin H. eine Überprüfungsmöglichkeit gehabt habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die persönlichen Sekretärinnen ebenfalls eine Kontrollfunktion wahrnähmen und grundsätzlich nur sie überhaupt Fristen löschen dürften. Denn dadurch, dass sie die Fristen gerade nicht selber im Fristenkalender löschten, sondern ihrerseits nur eine Anweisung zur Fristenlöschung an eine weitere Mitarbeiterin, die für den Fristenkalender zuständig sei, erteilten, sei eine wirksame Fristenkontrolle nicht hinreichend gewährleistet. Es müsse sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet werde, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und dafür Sorge getragen worden sei, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgehe. Dies sei nur der Fall, wenn die Mitarbeiterin, die die Fristen im Fristenkalender streiche, entweder eine eigene Überprüfungsmöglichkeit anhand der Handakte oder eine diesbezügliche konkrete Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts erhalten habe.
7
2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger habe ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Rechtsanwalts nicht auszuräumen vermocht, so dass ihm keine Wiedereinsetzung zu gewähren und seine Berufung als unzulässig zu verwerfen sei, befindet sich in Übereinstim- mung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hat das Berufungsgericht nicht verletzt.
8
a) Es gehört zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmitteleinlegungs- und Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden, und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Fristenkontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen , dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht und somit die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist, oder wenn von einer (weiteren) Durchführung des Rechtsmittelverfahrens abgesehen werden soll. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BeckRS 2015, 01755 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, BeckRS 2015, 00476 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 f Rn. 8 f; vom 27. März 2012 - II ZB 10/11, NJW-RR 2012, 745, 746 Rn. 9 und vom 5. März 2008 - XII ZB 186/05, NJW-RR 2008, 1160, 1161 Rn. 11 ff sowie Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, NJOZ 2014, 1476 Rn 8 und vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, MDR 2008, 53, 54 - jeweils mwN).
9
b) Nach diesen Maßgaben hat der Kläger nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Büro seines Rechtsanwalts hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen worden sind, welche die unberechtigte Streichung von Fristen verhindern und damit die rechtzeitige Vorlage fristgebundener Sachen sicherstellen.
10
aa) Aus den Ausführungen des Klägers ist schon nicht ersichtlich, welche konkrete Bürokraft für die Fristenkontrolle Verantwortung getragen hat. Eine solche Darlegung ist für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens jedoch geboten. Es muss nämlich eindeutig feststehen, welche Fachkraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 - XII ZB 177/10, NJW 2011, 385, 386 Rn. 9 und vom 17. Januar 2007 - XII ZB 166/05, NJW 2007, 1453 Rn. 12 f).
11
(1) Im Wiedereinsetzungsgesuch hat der Kläger ausgeführt, dass die persönliche Sekretärin seines Rechtsanwalts, Frau P. , "neben der zentralen Fristenkontrollstelle" der Anwaltskanzlei, die durch Frau H. wahrgenommen werde, für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Der Fristenkalender wurde nach den Angaben des Klägers indessen nicht von Frau P. , sondern - zentral - allein von Frau H. geführt, welche die Fristen eintrug, deren Löschung vornahm und die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte laufend über die jeweils aktuellen Fristen unterrichtete. Die persönlichen Sekretärinnen der Rechtsanwälte hatten nach dem Vortrag des Klägers die Aufgabe, darauf zu achten, dass die eingetragenen Fristen erst nach der Bearbeitung gelöscht wurden. "Grundsätzlich" durften nur "die mit der Fristenkontrolle betrauten persönlichen Sekretärinnen" überhaupt Fristen streichen und gaben dies dann an Frau H. weiter.
12
(2) Aus diesem Vorbringen wird nicht in dem erforderlichen Maße deutlich , welche Bürokraft in der Anwaltskanzlei ausschließlich mit der Fristenkontrolle betraut gewesen ist.
13
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass beide Bürokräfte, Frau P. und Frau H. , Aufgaben der Fristenkontrolle wahrgenommen hätten. Dies greift der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde an. Er meint, das Berufungsgericht habe sich über seinen Vortrag hinweggesetzt und hierdurch seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Frau H. habe eigenständig keine Fristen löschen dürfen, sondern nur auf Weisung der persönlichen Sekretärin des Rechtsanwalts. Frau H. habe also nur Anweisungen ausgeführt. Die Verantwortung für die Fristenüberwachung und die alleinige Befugnis, Fristen streichen zu dürfen, hätten ausschließlich bei den persönlichen Sekretärinnen gelegen.
14
Mit dieser Rüge berücksichtigt der Kläger seinen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch jedoch nicht vollständig. Dort hat er vorgebracht, dass Frau P. "neben" Frau H. ("zentrale Fristenkontrolle") für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Mit der Angabe "grundsätzlich" in Bezug auf die Fristenstreichung hat er offen gelassen, wann und unter welchen Bedingungen die persönlichen Sekretärinnen oder Frau H. eine Fristenstreichung vornehmen dürfen. Unklar ist auch, wie die persönlichen Sekretärinnen in ausschließlich eigener Verantwortung eine Frist löschen können, wenn der Fristenkalender doch - insoweit eigenverantwortlich ("zentrale Fristenkontrolle") - von Frau H. geführt und verwaltet wird. Anders als es die Rechtsbeschwerde geltend machen möchte, erscheint Frau H. hinsichtlich der Fristenlöschung unter Zugrundelegung des Vortrags im Wiedereinsetzungsgesuch nicht als bloßer "verlängerter Arm" oder als ein schlichtes "Werkzeug" der persönlichen Sekretärinnen. Vielmehr bleibt es - auch weiterhin - ungeklärt, welche der beiden Bürokräfte die gebotene "ausschließliche Fristenkontrolle" auszuüben hatte.
15
bb) Unbeschadet dessen hat das Berufungsgericht zu Recht beanstandet , dass durch die dargelegten allgemeinen Anweisungen in der Anwaltskanzlei der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht sichergestellt gewesen ist, dass vor einer Fristenstreichung die dafür erforderlichen Kontrollen vorgenommen werden.
16
Durch organisatorische Anweisungen muss, wie oben (unter a) dargestellt , gewährleistet werden, dass die zuständige Bürokraft eine Fristenlöschung erst vornimmt, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Diese Kontrolle wird unterlaufen, wenn die Fristenlöschung durch eine Bürokraft erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Kontrollmöglichkeit und Fristenlöschung fallen dann nämlich auseinander, eine wirksame Fristenkontrolle findet insoweit also nicht statt. Die bloße Mitteilung einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle gelöscht werden, genügt als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 1999 - XII ZB 15/99, NJW-RR 1999, 1222).
17
cc) Schließlich ist eine Anordnung in der Kanzlei des Rechtsanwalts des Klägers, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft nochmals und abschließend selbständig überprüft wird, nicht dargetan.
18
Eine solche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 aaO S. 254 Rn. 9). Sie dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern soll auch feststellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH aaO Rn. 10).
19
c) Nach alldem stellt sich die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht, wie der Kläger meint, lediglich als Folge eines unvorhersehbaren singulären "Blackouts" der persönlichen Sekretärin seines Rechtsanwalts dar, sondern vielmehr auch als Folge einer ungenügenden Kanzleiorganisation, die es verabsäumt hat, die erforderliche Fristenkontrolle im Zusammenhang mit der Löschung von Fristen sicherzustellen.
20
Hätte die mit der Fristenlöschung betraute Bürokraft (Frau H. ) eine Überprüfung anhand der Akte vornehmen können oder wäre eine abendliche Fristenkontrolle anhand des Fristenkalenders erfolgt, so wäre es bei gewöhnli- chem Lauf der Dinge entweder gar nicht erst zur Löschung der die Berufungsbegründung betreffenden Fristen gekommen oder diese Fristenlöschung wäre noch am selben Tage als unberechtigt aufgefallen und revidiert worden.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 15.04.2014 - 10 O 210/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.09.2014 - I-6 U 100/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 15/15
vom
15. Dezember 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass
ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden
Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle
gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen
Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte
Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft
wird.
2. Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich
mit dem Fristenkalender dient auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer
bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht.
Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender
als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden
sind.
3. Auch im Falle einer Einzelweisung des Rechtsanwalts an einen Mitarbeiter, einen
Schriftsatz noch am selben Tag zu versenden, sind ausreichende Sicherheitsvorkehrungen
dagegen zu treffen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät und die zu
treffende Maßnahme unterbleibt.
BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15 - OLG Zweibrücken
LG Landau
ECLI:DE:BGH:2015:151215BVIZB15.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 19. Mai 2015 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 88.760,66 €.

Gründe:

I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz aus Tierhalterhaftung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 19. Januar 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag der Klägerin bis zum 20. April 2015 verlängert. Die auf den 20. April 2015 datierte Berufungsbegründung ging beim Berufungsgericht am 21. April 2015 ein. Auf den Hinweis des Vorsitzenden des Berufungsgerichts, die Berufungsbegründung sei verspätet, beantragte die Klägerin am 30. April 2015, ihr insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
2
Zur Begründung dieses Antrags hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbegründungsfrist sei von ihrem Prozessbevollmächtigten nach Eingang der Fristverlängerung ordnungsgemäß im Fristenkalender eingetragen worden. Zudem habe ihrem Prozessbevollmächtigten in der gesamten Woche vor Ablauf der Frist eine ausgedruckte Fristenliste vorgelegen, deren Einhaltung überwacht worden sei. Die Berufungsbegründung sei - nach mehrfacher Überarbeitung - am 20. April 2015 vervollständigt worden. Nach Fertigstellung des Schriftsatzes sei er ihrem Prozessbevollmächtigten vorgelegt, von diesem unterschrieben und dann an dessen - außerordentlich zuverlässige und sehr erfahrene - Sekretärin, Frau Ku., übergeben worden. Mit der Übergabe des Schriftsatzes habe ihr Prozessbevollmächtigter Frau Ku. angewiesen, die Berufungsbegründung noch am 20. April 2015 vorab per Telefax dem Berufungsgericht zuzuleiten. Zudem sei der Ordner mit einem deutlich sichtbaren Fristzettel versehen gewesen, aus dem gut zu ersehen gewesen sei, dass die Frist am 20. April 2015 ablaufe. Nachdem an diesem Tag am Kanzleifaxgerät ihres Prozessbevollmächtigten durchgeführte Wartungsarbeiten gegen 16.45 Uhr beendet gewesen seien, seien mehrere Schreiben per Telefax versandt worden. Die Berufungsbegründung habe Frau Ku. an die in der Zentrale tätige, ebenfalls außerordentlich zuverlässige und sehr erfahrene Rechtsanwaltsfachangestellte Kl., die für die Überwachung der Versendung fristwahrender Schriftsätze zuständig sei, übergeben und diese ausdrücklich aufgefordert, den Schriftsatz per Fax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Frau Kl. habe bestätigt, dies bis spätestens 18.00 Uhr zu erledigen. Offenbar habe Frau Kl. den Schriftsatz dann aber versehentlich zum üblichen Postausgang gelegt und die Übersendung per Fax weisungswidrig unterlassen.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und die Berufung der Klägerin gegen das angefochtene Urteil als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei nicht innerhalb der - verlängerten - Berufungsbegründungsfrist begründet worden. Der Wiedereinsetzungsantrag sei zwar zulässig, führe in der Sache aber nicht zum Erfolg. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe die Frist zur Berufungsbegründung schuldhaft versäumt, was sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Im Wiedereinsetzungsantrag sei schon nicht dargetan, ob und durch welche organisatorischen Anweisungen der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für die fristwahrende Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift vom 20. April 2015 Sorge getragen habe, insbesondere ob und gegebenenfalls auf welche Weise am Ende eines jeden Arbeitstages die Erledigung der fristgebundenen Sachen von einer dazu beauftragen Bürokraft nochmals abschließend geprüft werde. Die Anweisung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Kanzleiangestellte Ku., die Berufungsbegründung noch am 20. April 2015 per Telefax an das Berufungsgericht zu versenden, und die Anbringung eines deutlich sichtbaren Fristenzettels an den Kanzleiakten entlasteten den Prozessbevollmächtigten nicht, da schon nicht ersichtlich sei, ob dieses Vorgehen der bestehenden Fristenkontrolle entsprochen habe oder von ihr abgewichen sei. Insbesondere im Hinblick auf die erst gegen 16.45 Uhr beendeten Wartungsarbeiten am Faxgerät sei der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gehalten gewesen, Frau Ku. nicht nur auf den Fristablauf hinzuweisen, sondern wegen der mit den Wartungsarbeiten verbundenen Verzögerungsgefahr durch seine Anweisungen sicherzustellen, dass die Rechtsmittelbegründung nach Abschluss der Arbeiten noch rechtzeitig gefaxt werde.
4
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zwar ist sie statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2015 - VI ZB 37/14, WM 2015, 2163 Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 22. September 2015 - XI ZB 14/14, juris Rn. 7; vom 9. November 2004 - XI ZB 6/04, BGHZ 161, 86, 87 mwN), sind nicht erfüllt. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) erforderlich; insbesondere verletzt der angefochtene Beschluss nicht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ; vgl. BVerfG, NJW 2003, 281 mwN).
6
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin schon nicht schlüssig dargetan hat, dass ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung, das ihr nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, nicht vorliegt.
7
a) Den Darlegungen der Klägerin im Wiedereinsetzungsantrag lässt sich nicht entnehmen, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten eine hinreichende Ausgangskontrolle gewährleistet war.
8
Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr.: siehe etwa Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13, VersR 2015, 339 Rn. 8; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, VersR 2012, 1009 Rn. 9; BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8; vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8 f.; jeweils mwN). Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient nicht alleine dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen im Fristenkalender noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben, sondern vielmehr auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschlüsse vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 10; vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, VersR 2000, 1564 Rn. 6 mwN). Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, aaO Rn. 13).
9
Dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten entsprechende Anordnungen erteilt worden waren, lässt sich der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags nicht entnehmen.
10
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war eine ausreichende allgemeine Organisationsanweisung nicht deshalb entbehrlich, weil der klägerische Prozessbevollmächtigte Frau Ku. ausdrücklich angewiesen hatte, die Berufungsbegründungsschrift noch am 20. April 2015 per Fax dem Oberlandesgericht zuzuleiten. Denn auch bei einer solchen Einzelweisung müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie nicht in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt (BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, juris Rn. 12; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, VersR 2013, 1330 Rn. 9). Besondere Vorkehrungen können dabei zwar entbehrlich sein, wenn die Bürokraft angewiesen ist, den Schriftsatz sofort und vor allen anderen Arbeiten per Telefax zu versenden (BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2014 - IV ZB 40/13, aaO; vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10, NJW-RR 2013, 1393 Rn. 12; vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11, NJW 2012, 1591 Rn. 31; jeweils mwN). Eine solche Weisung ihres Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin im Wiedereinsetzungsverfahren aber - anders als die Rechtsbeschwerde nahezulegen versucht - selbst nicht behauptet.
11
c) Der dargestellte Organisationsmangel war für die Fristversäumung ursächlich. Hätte in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Anordnung zur Durchführung der beschriebenen abendlichen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiter (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 14) die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden. Denn dann hätte am Abend des 20. April 2015 auffallen müssen, dass die - nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Fristenkalender der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß eingetragene - Berufungsbegründungsfrist mit Ablauf des Tages endete, eine fristwahrende Versendung der Berufungsbegründung per Telefax aber noch nicht erfolgt war.
12
2. Schließlich greifen auch die von der Rechtsbeschwerde darüber hinaus erhobenen Gehörsrügen nicht.
13
a) Zunächst war das Berufungsgericht nicht gehalten, die Klägerin vor der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag darauf hinzuweisen, dass sie eine hinreichende Organisation des Fristenwesens in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten nicht dargelegt hat. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Organisation des Fristenwesens stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Tragen die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags gemachten Angaben diesen Anforderungen nicht Rechnung, deutet das nicht auf Unklarheiten oder Lücken des Vortrags hin, die aufzuklären oder zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (BGH, Beschlüsse vom 26. November 2013 - II ZB 13/12, MDR 2014, 422 Rn. 12; vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 12 mwN). Entsprechendes gilt im Hinblick auf solche Sicherungsmaßnahmen, die im Falle einer Einzelweisung dagegen zu treffen sind, dass sie nicht in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt.
14
b) Schließlich deutete auch nichts darauf hin, dass der Vortrag der Klägerin im Wiedereinsetzungsantrag zum Ausfall des Faxgerätes unvollständig sein könnte, sodass das Berufungsgericht deshalb schon nicht gehalten war, die Klägerin auf die von ihm in dieser Hinsicht erwogenen rechtlichen Schlüsse hinzuweisen. Im Übrigen fehlt es der insoweit behaupteten Gehörsverletzung auch an der Entscheidungserheblichkeit. Die Rechtsbeschwerde hat dargelegt, die Klägerin hätte im Falle eines Hinweises des Berufungsgerichts darauf, dass es die erteilte Einzelweisung wegen der "kurzen Wartungsarbeit" für unzureichend erachten wolle, vorgetragen, dass es sich nur um eine etwa halbstündige Wartung gehandelt und ihr Prozessbevollmächtigter vom vorübergehenden Ausfall des Faxgerätes nichts gewusst habe. Darauf kommt es im Streitfall aber nicht an. Denn der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin treffende Verschuldensvorwurf folgt - wie dargelegt - bereits daraus, dass er die Einrichtung einer hinreichenden Ausgangskontrolle verabsäumt hat und diese Ausgangskontrolle auch im Hinblick auf die konkret erteilte Einzelweisung unabhängig vom Defekt des Faxgerätes nicht entbehrlich war.
Galke Offenloch Oehler
Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Landau, Entscheidung vom 13.01.2015 - 4 O 230/14 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 19.05.2015 - 4 U 30/15 -

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. September 2015 - 4 Sa 823/14 - wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Tankwagenfahrer beschäftigt und transportierte Mineralöle, die Gefahrgüter darstellen. Hierfür ist eine regelmäßig zu wiederholende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung erforderlich.

3

Ärztliche Untersuchungen des Klägers ergaben befristete gesundheitliche Bedenken. Die Beklagte sprach im Dezember 2012 eine Kündigung aus, die rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde. Weiterhin wurden dem Kläger die Gehälter für Dezember 2012 bis Februar 2013 zugesprochen. Eine arbeitsmedizinische Untersuchung im Januar 2014 ergab keine Bedenken mehr gegen die Fahrtauglichkeit des Klägers. Die Beklagte sprach im März 2014 eine weitere Kündigung aus. Die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig abgewiesen.

4

Der Kläger fordert Vergütung wegen Annahmeverzugs für März 2013 bis Januar 2014 und meint, in diesem Zeitraum leistungsfähig gewesen zu sein.

5

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

        

1.    

für März 2013

                 

2.637,70 Euro brutto abzüglich 1.126,20 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2013,

        

2.    

für April bis Dezember 2013 jeweils

                 

2.823,90 Euro brutto abzüglich 1.126,20 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Ersten des Folgemonats,

        

3.    

für Januar 2014

                 

weitere 1.411,95 Euro brutto abzüglich 562,89 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Februar 2014

                 

zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur teilweise stattgeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

8

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 16. Oktober 2015 zugestellt worden. Die Revision des Klägers ist am 26. Oktober 2015 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Die Revisionsbegründung vom 15. Dezember 2015 ist per Post am 17. Dezember 2015 eingegangen.

9

Mit gerichtlichem Schreiben, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Januar 2016 zugestellt, ist auf den Eingang der Revisionsbegründung erst am 17. Dezember 2015 hingewiesen worden.

10

Mit am 21. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und eine eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten des Prozessbevollmächtigten beigefügt.

11

Der Kläger trägt vor, die seit fünf Jahren in der Kanzlei tätige, bisher stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte habe die Revisionsbegründung am 15. Dezember 2015 unterzeichnet vom Prozessbevollmächtigten mit der Anweisung erhalten, es handele sich um einen fristgebundenen Schriftsatz, der am selben Tag vorab per Telefax und auf dem Postweg an das Bundesarbeitsgericht zu übersenden sei. Die Angestellte habe vergessen, den Schriftsatz per Telefax zu versenden. Dieses Versäumnis sei erst aufgrund des gerichtlichen Hinweises festgestellt worden.

12

Mit weiterem Schriftsatz trägt der Kläger vor, die Anweisung zur Versendung per Telefax sei mit Übergabe des unterzeichneten Schriftsatzes mündlich erteilt worden. Solche mündlichen Anweisungen seien in der Kanzlei vor allen anderen Arbeiten unverzüglich zu erledigen. Dies habe die Rechtsanwaltsfachangestellte auch so verstanden, aber während der Ausführung des Postversands die Anweisung zum Telefaxversand vergessen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unzulässig. Der Kläger hat die Revisionsbegründungsfrist versäumt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.

14

I. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist begründet worden.

15

Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist für die Begründung der Revision zwei Monate. Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils.

16

Das Berufungsurteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Oktober 2015 zugestellt worden. Die Revisionsbegründungsfrist ist am Mittwoch, dem 16. Dezember 2015, abgelaufen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Der am 17. Dezember 2015 beim Bundesarbeitsgericht eingegangene Schriftsatz hat diese Frist nicht gewahrt.

17

II. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 ZPO), aber unbegründet. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, er sei ohne sein Verschulden bzw. ohne ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der fristgemäßen Einreichung der Revisionsbegründungsschrift verhindert gewesen.

18

1. Eine Wiedersetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Dabei steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Ist das Fristversäumnis allerdings infolge eines Fehlverhaltens von Büropersonal des Prozessbevollmächtigten eingetreten, liegt kein der Partei zuzurechnendes Verschulden vor, wenn der Prozessbevollmächtigte seine Kanzlei ordnungsgemäß organisiert, insbesondere zuverlässiges Personal ausgewählt und dieses ausreichend überwacht hat (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 38/10 - Rn. 14 mwN).

19

2. Danach hat der Kläger keinen Wiedereinsetzungsgrund dargetan. Nach seiner Darlegung ist ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht auszuschließen.

20

a) Im Rahmen der Ausgangskontrolle gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BAG 2. November 2010 - 5 AZR 456/10 (F) - Rn. 4).

21

Der Anwalt darf zwar das Absenden eines Telefaxes einer zuverlässigen, hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft übertragen. Es besteht keine Verpflichtung, sich über die Ausführung anschließend zu vergewissern. Ein Rechtsanwalt darf auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelweisung befolgt. Der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt, der die Absendung fristwahrender Schriftsätze seinem Büropersonal überlässt, ist allerdings verpflichtet, eine hinreichende Ausgangskontrolle sicherzustellen (vgl. BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 432/06 - Rn. 10).

22

Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr., vgl. BGH 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15 - Rn. 8 mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 10).

23

b) Die Einrichtung und Anwendung einer solchen Fristen- und Ausgangskontrolle hat der Kläger nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht.

24

aa) Den Darlegungen im Wiedereinsetzungsantrag lässt sich nicht entnehmen, dass eine Kanzleianweisung bestand, nach Übersendung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax die entsprechende Frist erst nach vorheriger Überprüfung des Sendeprotokolls zu streichen. Ebenso wenig ist eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten dargetan, die sicherstellt, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wurde.

25

bb) Es liegt auch keine hinreichend konkrete anwaltliche Einzelanweisung vor, die das Fehlen allgemeiner organisatorischer Regelungen ausgleichen könnte. Nur dann, wenn ein Rechtsanwalt für einen bestimmten Fall genaue Anweisungen erteilt, die eine Fristwahrung gewährleisten, sind diese allein maßgeblich und kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen nicht mehr an (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 12 mwN).

26

Eine Weisung, den Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich beim Empfänger durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, hat der Kläger im Wiedereinsetzungsverfahren nicht behauptet. Sein Vortrag erschöpft sich darin, der Prozessbevollmächtigte habe angewiesen, den Schriftsatz sogleich per Post und per Telefax zu übersenden. Konkrete Anweisungen, die an die Stelle einer allgemeinen Ausgangskontrolle hätten treten können, wurden nicht gegeben. Die Einzelweisung bestand lediglich darin, die Art und Weise, den Zeitpunkt sowie den Adressaten der Übermittlung zu bestimmen. Sie machte eine allgemeine organisatorische Regelung zur Kontrolle der Übersendung per Telefax und die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht entbehrlich und war nicht geeignet, etwa bestehende Kontrollmechanismen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen, außer Kraft zu setzen (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 12).

27

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Mattausch    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 38/14
vom
4. November 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze
mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen,
ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben.
Sie soll vielmehr auch gewährleisten, festzustellen, ob möglicherweise in einer
bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch
aussteht (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II mwN).

b) Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen, dass auch eine gestrichene
Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist
auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich, denn sie darf keine
hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten
(im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00 aaO mwN).
BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14 - LG Kassel
AG Kassel
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 30. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.800,36 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Klage auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. März 2014 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. März 2014 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin vom 17. April 2014 wurde auf dem Postweg übermittelt und ging erst am 23. April 2014 (Mittwoch ) beim Landgericht ein. Nach Erteilung eines gerichtlichen Hinweises auf den verspäteten Eingang der Berufungsschrift beantragte die Klägerin mit beim Landgericht am 30. April 2014 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.
2
Zur Begründung ihres Antrags hat sie angeführt und glaubhaft gemacht, die seit mehreren Jahren in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beschäftigte Mitarbeiterin, die bislang äußerst sorgfältig und fehlerfrei gearbeitet habe, habe die im elektronisch geführten Fristenkalender ordnungsgemäß eingetragene Berufungseinlegungsfrist am 17. April 2014 bei der ihr aufgetragenen Löschung zweier anderer Fristen unzutreffend als erledigt gekennzeichnet. Dabei habe sie die in der Kanzlei geltenden allgemeinen Anweisungen zur Fristenkontrolle missachtet. Danach dürfe eine Notfrist erst gelöscht werden, wenn diese tatsächlich erledigt sei, also entweder beim Gericht eingereicht und dies in einem von der zuständigen Mitarbeiterin zu unterzeichnenden Vermerk bestätigt worden sei oder wenn ein Schriftsatz per EGVP übermittelt und das Empfangsbekenntnis ausgedruckt und zur Akte genommen worden sei. Im Bereich der Ausgangspost werde eine sogenannte "Rotmappe" für Eil- und Fristensachen geführt. In diese Mappen würden die Schriftsätze in ablaufenden Notfristen einsortiert , so dass diese nochmals optisch gesondert sichtbar seien.
3
Die zuständige Kanzleimitarbeiterin habe die vorzeitige Streichung der Frist für unschädlich gehalten, da ihr bekannt gewesen sei, dass der Schriftsatz schon unterschriftsreif erstellt gewesen sei und sie beabsichtigt habe, ihn am selben Tag noch bei Gericht abzugeben. Bei Sortieren der Ausgangspost am Nachmittag des 17. April 2014 habe sie dann aber die inzwischen unterzeichnete Berufungsschrift nicht in die "Rotmappe" für Eil- und Fristsachen einsortiert, sondern zur regulären Post gelegt, diese dann aber infolge erheblichen Arbeitsanfalls am 22. April 2014, also am Tag des Fristablaufs, nicht zum Gericht gebracht , weil sich nur wenige Schriftstücke in der Ausgangspost befunden hätten. Hierbei habe sie übersehen, dass sich darunter auch die in der vorliegenden Sache gefertigte Berufungsschrift befunden habe.
4
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt , es komme nicht darauf an, ob die Berufungsfrist infolge eines der Klägerin nicht anzulastenden Fehlverhaltens der Kanzleiangestellten (Löschung der Frist im Kalender vor tatsächlichem Postausgang; Nichteinsortieren in die für Eil- und Fristsachen vorgesehene "Rotmappe"; Nichteinreichen der Post bei Gericht am Dienstag nach Ostern) nicht fristgerecht beim Berufungsgericht eingegangen sei. Denn ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden und für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich gewordenes, eigenständiges Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten liege jedenfalls darin begründet , dass er nicht alles ihm Zumutbare veranlasst habe, damit die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gewahrt werde. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehöre unter anderem eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die gewährleiste, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werde. Dass eine solche selbständige und abschließende Kontrolle der Fristen im Büro des Klägervertreters durchgeführt werde, sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. In der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten bestehe lediglich die Handhabung, dass Notfristen erst bei tatsächlicher Erledigung im Fristenkalender gelöscht werden dürften, und dass Eil- und Fristsachen im Rahmen der Ausgangspost durch eine für die Gerichtspost geführte "Rotmappe" kontrolliert würden. Bei Durchführung einer abendlichen Ausgangskontrolle anhand des Fristenkalenders wäre aber die noch nicht erfolgte Absendung der Berufungsschrift festgestellt worden.

II.

5
Die nach §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt.
6
1. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 6 mwN). Auch beruht die angefochtene Entscheidung - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht auf einem grundlegenden Fehlverständnis der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
7
2. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltlichen Organisationspflichten bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht überspannt, sondern unter Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze die Wiedereinsetzung in die ver- säumte Berufungsfrist rechtsfehlerfrei versagt und das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht ausgeschlossen worden, dass die Fristversäumung auf einem - ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - anwaltlichen Organisationsmangel (§ 233 ZPO) in der abendlichen Ausgangskontrolle in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beruht.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
9
b) Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO Rn. 10). Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2009 - III ZB 26/07, aaO; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris aaO; jeweils mwN). Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN).
10
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, dient die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Dies stellt zwar eine wichtige Funktion der Ausgangskontrolle am Ende jeden Arbeitstages dar. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Ausgangskontrolle jedoch nicht. Vielmehr soll die erneute und abschließende Überprüfung auch dazu dienen, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN). Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen , dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich , denn sie darf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Über- prüfungssicherheit bieten (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 aaO mwN).
11
c) Dass eine solche selbständige und abschließende Endkontrolle integraler Bestandteil der organisatorischen Abläufe in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist, hat diese weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Sie hat lediglich die Verfahrensweise bezüglich der Löschung von Notfristen im Fristenkalender und der Sammlung von Schriftsätzen in Eil- und Fristsachen in einer farblich auffälligen "Rotmappe" beschrieben. Dagegen lässt sich weder dem Vortrag der Klägerin noch der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der zuständigen Kanzleimitarbeiterin oder der anwaltlichen Versicherung des Klägervertreters entnehmen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner Kanzlei eine allabendliche Ausgangskontrolle eingeführt hat, bei der vor Büroschluss die in verschiedenen Mappen oder Fächern abgelegten Schriftsätze mit dem Inhalt des Fristenkalenders abgeglichen werden. Demensprechend beschränkt sich die Rechtsbeschwerde darauf, die Ursächlichkeit dieses anwaltlichen Organisationsverschuldens in Abrede zu stellen.
12
d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist das Fehlen einer wirksamen allabendlichen Ausgangskontrolle von Fristsachen anhand des Fristenkalenders für die Versäumung der Berufungsfrist zumindest mitursächlich geworden. Die Berufungsfrist lief am Osterdienstag, dem 22. April 2014 ab. Das Fristende war korrekt im elektronischen Fristenkalender eingetragen und im Laufe des Nachmittags des 17. April 2014 als erledigt markiert worden. Die als erledigt ausgewiesene Frist war - was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Führung eines Fristenkalenders unverzichtbar ist - als solche aber noch erkennbar. In dem in der Kanzlei des Klägervertreters verwendeten elektronischen Fristenkalender werden Fristsachen rot markiert angezeigt. Die Lö- schung einer Frist erfolgt dadurch, dass die Mitarbeiterin den entsprechenden Fristeneintrag anklickt und an der hierfür vorgesehenen Stelle einen Haken setzt. Neben dem Fristeneintrag wird dann die Anmerkung "erledigt" angezeigt; gleichzeitig verschwindet die Rotmarkierung.
13
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es daher bei dem vom Klägervertreter verwendeten elektronischen Fristenkalender technisch durchaus möglich, im Falle eines ordnungsgemäßen allabendlichen Abgleichs der Post mit den Kalendereinträgen diejenigen Fristen aufzudecken, die zu Unrecht als erledigt gekennzeichnet worden sind. Dazu hätte es allerdings der für eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle unverzichtbaren, in der Kanzlei des Klägervertreters allerdings nicht praktizierten Handhabung bedurft, sämtliche für den jeweiligen Tag eingetragenen Fristsachen (auch diejenigen, in denen die Fristen als erledigt bezeichnet worden sind) am Ende des Arbeitstages anhand der Ausgangspost (und gegebenenfalls der Akten) darauf zu überprüfen, ob sich die in diesen Sachen zu erstellenden Schriftsätze in der für Eil- und Fristsachen bestimmten "Rotmappe" oder - falsch einsortiert - in der regulären Post, befinden, beziehungsweise ob sie - gemäß dem in den Akten befindlichen Erledigungsvermerk - bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgesandt worden sind. Der Rechtsanwalt, der gesonderte Mappen für eilbedürftige Post führt, muss, um eine wirksame Endkontrolle zu schaffen, auch geeignete organisatorische Vorkehrungen dagegen treffen, dass von dem Abgleich mit dem Fristenkalender solche Schriftstücke ausgenommen werden, die versehentlich in die reguläre Post gelangt sind.
14
Hätte in der Kanzlei des Klägervertreters eine entsprechende Anordnung zur Durchführung der beschriebenen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiterin die Berufungsfrist nicht versäumt worden. Bei einem Abgleich sämtlicher in der Ausgangspost befindlicher Schriftstücke mit den für den 22. April 2014 im Fristenkalender enthaltenen Eintragungen wäre offenbar geworden, dass die im Streitfall vor Erledigung der Fristsache gelöschte Frist tatsächlich noch nicht erledigt war, weil die gefertigte Berufungsschrift noch nicht abgesandt war, sondern sich in der regulären Ausgangspost befand und daher von der Mitarbeiterin noch am selben Abend hätte bei Gericht eingereicht werden müssen. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14). Im Streitfall kommt hinzu, dass sich am 22. April 2014 nach den Angaben der Mitarbeiterin in dem für die Gerichtspost bestimmten Postausgangsfach , in dem die Berufungsschrift (versehentlich) abgelegt war, nur wenige Schriftstücke befanden, so dass der Schriftsatz mit geringem Prüfungsaufwand hätte entdeckt werden können. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.03.2014 - 451 C 1403/13 -
LG Kassel, Entscheidung vom 30.05.2014 - 1 S 134/14 -

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 4. September 2015 - 4 Sa 823/14 - wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der Kläger war bei der Beklagten als Tankwagenfahrer beschäftigt und transportierte Mineralöle, die Gefahrgüter darstellen. Hierfür ist eine regelmäßig zu wiederholende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung erforderlich.

3

Ärztliche Untersuchungen des Klägers ergaben befristete gesundheitliche Bedenken. Die Beklagte sprach im Dezember 2012 eine Kündigung aus, die rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde. Weiterhin wurden dem Kläger die Gehälter für Dezember 2012 bis Februar 2013 zugesprochen. Eine arbeitsmedizinische Untersuchung im Januar 2014 ergab keine Bedenken mehr gegen die Fahrtauglichkeit des Klägers. Die Beklagte sprach im März 2014 eine weitere Kündigung aus. Die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage wurde rechtskräftig abgewiesen.

4

Der Kläger fordert Vergütung wegen Annahmeverzugs für März 2013 bis Januar 2014 und meint, in diesem Zeitraum leistungsfähig gewesen zu sein.

5

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

        

1.    

für März 2013

                 

2.637,70 Euro brutto abzüglich 1.126,20 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. April 2013,

        

2.    

für April bis Dezember 2013 jeweils

                 

2.823,90 Euro brutto abzüglich 1.126,20 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Ersten des Folgemonats,

        

3.    

für Januar 2014

                 

weitere 1.411,95 Euro brutto abzüglich 562,89 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Februar 2014

                 

zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur teilweise stattgeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

8

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger am 16. Oktober 2015 zugestellt worden. Die Revision des Klägers ist am 26. Oktober 2015 beim Bundesarbeitsgericht eingegangen. Die Revisionsbegründung vom 15. Dezember 2015 ist per Post am 17. Dezember 2015 eingegangen.

9

Mit gerichtlichem Schreiben, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Januar 2016 zugestellt, ist auf den Eingang der Revisionsbegründung erst am 17. Dezember 2015 hingewiesen worden.

10

Mit am 21. Januar 2016 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und eine eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten des Prozessbevollmächtigten beigefügt.

11

Der Kläger trägt vor, die seit fünf Jahren in der Kanzlei tätige, bisher stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte habe die Revisionsbegründung am 15. Dezember 2015 unterzeichnet vom Prozessbevollmächtigten mit der Anweisung erhalten, es handele sich um einen fristgebundenen Schriftsatz, der am selben Tag vorab per Telefax und auf dem Postweg an das Bundesarbeitsgericht zu übersenden sei. Die Angestellte habe vergessen, den Schriftsatz per Telefax zu versenden. Dieses Versäumnis sei erst aufgrund des gerichtlichen Hinweises festgestellt worden.

12

Mit weiterem Schriftsatz trägt der Kläger vor, die Anweisung zur Versendung per Telefax sei mit Übergabe des unterzeichneten Schriftsatzes mündlich erteilt worden. Solche mündlichen Anweisungen seien in der Kanzlei vor allen anderen Arbeiten unverzüglich zu erledigen. Dies habe die Rechtsanwaltsfachangestellte auch so verstanden, aber während der Ausführung des Postversands die Anweisung zum Telefaxversand vergessen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unzulässig. Der Kläger hat die Revisionsbegründungsfrist versäumt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.

14

I. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist begründet worden.

15

Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist für die Begründung der Revision zwei Monate. Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils.

16

Das Berufungsurteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. Oktober 2015 zugestellt worden. Die Revisionsbegründungsfrist ist am Mittwoch, dem 16. Dezember 2015, abgelaufen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ArbGG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Der am 17. Dezember 2015 beim Bundesarbeitsgericht eingegangene Schriftsatz hat diese Frist nicht gewahrt.

17

II. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 ZPO), aber unbegründet. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, er sei ohne sein Verschulden bzw. ohne ein ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der fristgemäßen Einreichung der Revisionsbegründungsschrift verhindert gewesen.

18

1. Eine Wiedersetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Dabei steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Ist das Fristversäumnis allerdings infolge eines Fehlverhaltens von Büropersonal des Prozessbevollmächtigten eingetreten, liegt kein der Partei zuzurechnendes Verschulden vor, wenn der Prozessbevollmächtigte seine Kanzlei ordnungsgemäß organisiert, insbesondere zuverlässiges Personal ausgewählt und dieses ausreichend überwacht hat (vgl. BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 38/10 - Rn. 14 mwN).

19

2. Danach hat der Kläger keinen Wiedereinsetzungsgrund dargetan. Nach seiner Darlegung ist ein dem Kläger zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht auszuschließen.

20

a) Im Rahmen der Ausgangskontrolle gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. BAG 2. November 2010 - 5 AZR 456/10 (F) - Rn. 4).

21

Der Anwalt darf zwar das Absenden eines Telefaxes einer zuverlässigen, hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft übertragen. Es besteht keine Verpflichtung, sich über die Ausführung anschließend zu vergewissern. Ein Rechtsanwalt darf auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelweisung befolgt. Der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt, der die Absendung fristwahrender Schriftsätze seinem Büropersonal überlässt, ist allerdings verpflichtet, eine hinreichende Ausgangskontrolle sicherzustellen (vgl. BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 432/06 - Rn. 10).

22

Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird (st. Rspr., vgl. BGH 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15 - Rn. 8 mwN). Bei einer Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur Ausgangskontrolle nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden. Die Überprüfung des Sendeberichts kann lediglich dann entfallen, wenn der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellten angewiesen hat, die Frist erst nach telefonischer Rückfrage beim Empfänger zu streichen (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 10).

23

b) Die Einrichtung und Anwendung einer solchen Fristen- und Ausgangskontrolle hat der Kläger nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht.

24

aa) Den Darlegungen im Wiedereinsetzungsantrag lässt sich nicht entnehmen, dass eine Kanzleianweisung bestand, nach Übersendung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax die entsprechende Frist erst nach vorheriger Überprüfung des Sendeprotokolls zu streichen. Ebenso wenig ist eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten dargetan, die sicherstellt, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wurde.

25

bb) Es liegt auch keine hinreichend konkrete anwaltliche Einzelanweisung vor, die das Fehlen allgemeiner organisatorischer Regelungen ausgleichen könnte. Nur dann, wenn ein Rechtsanwalt für einen bestimmten Fall genaue Anweisungen erteilt, die eine Fristwahrung gewährleisten, sind diese allein maßgeblich und kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen nicht mehr an (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 12 mwN).

26

Eine Weisung, den Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich beim Empfänger durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, hat der Kläger im Wiedereinsetzungsverfahren nicht behauptet. Sein Vortrag erschöpft sich darin, der Prozessbevollmächtigte habe angewiesen, den Schriftsatz sogleich per Post und per Telefax zu übersenden. Konkrete Anweisungen, die an die Stelle einer allgemeinen Ausgangskontrolle hätten treten können, wurden nicht gegeben. Die Einzelweisung bestand lediglich darin, die Art und Weise, den Zeitpunkt sowie den Adressaten der Übermittlung zu bestimmen. Sie machte eine allgemeine organisatorische Regelung zur Kontrolle der Übersendung per Telefax und die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht entbehrlich und war nicht geeignet, etwa bestehende Kontrollmechanismen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen, außer Kraft zu setzen (vgl. BGH 25. Februar 2016 - III ZB 42/15 - Rn. 12).

27

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Dombrowsky    

        

    Mattausch    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 3/11
vom
24. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Beurteilung, ob ein Fehler für die Versäumung einer Frist ursächlich geworden
ist, darf kein weiteres, nicht aufgetretenes Fehlverhalten hinzugedacht werden,
sondern es ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen.
BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11 - OLG Nürnberg
LG Amberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Januar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin
Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 14. Februar 2011 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 8.000 €

Gründe:


1
I. Der beklagte Verein begehrt Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist. Mit Empfangsbekenntnis vom 11. Oktober 2010 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bestätigt, das Urteil des Landgerichts vom 4. Oktober 2010 erhalten zu haben. Mit Telefax vom 3. November 2010 hat er gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. Am 14. Dezember 2010, einem Dienstag, hat der Beklagte beantragt, ihm Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren, und die Berufung begründet.
2
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat er zunächst vorgetragen : Üblicherweise notiere eine in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsfachwirtin bei Posteingängen von Zivilurteilen sofort sowohl die Berufungsfristen als auch die Berufungsbegründungsfristen. Sie habe in dieser Sache zwar die Berufungsfrist für den 11. November 2010 im Fristenkalender notiert, es aber unterlassen, die Berufungsbegründungsfrist unter dem 13. Dezember 2010 einzutragen. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, aus welchen Gründen die Berufungsbegründungsfrist nicht notiert worden sei.
3
Mit Schriftsatz vom 7. Februar 2011 hat der Beklagte weiter angeführt: Bei Einlegung der Berufung am 3. November 2010 sei nicht überprüft worden, ob die Berufungsbegründungsfrist ordnungsgemäß oder überhaupt im Fristenkalender eingetragen worden sei. Auf der Ausfertigung des Urteils des Landgerichts , die seinem Prozessbevollmächtigten vorgelegt worden sei, habe sich auf einem „Post-it-Zettel“ eine Notiz der Rechtsfachwirtin befunden, dass die dort richtig vermerkten Fristen, die Berufungsfrist und die Berufungsbegründungsfrist , eingetragen seien. Am 30. November 2010 habe sein Prozessbevollmächtigter angeordnet, ein Anschreiben des Berufungsgerichts mit einem Schriftsatz eines der beiden gegnerischen Prozessbevollmächtigten an ihn, den Beklagten, weiterzuleiten. Hierbei habe sein Prozessbevollmächtigter verfügt, ihm die Akte spätestens nach Ablauf von zwei Wochen wieder vorzulegen; dies sei am 14. Dezember 2010 geschehen. Als er am 1. Dezember 2010 ein weiteres Schreiben des Berufungsgerichts vom 26. November 2010 mit einem gegnerischen Schriftsatz weitergeleitet habe, habe sein Prozessbevollmächtigter keine neue Wiedervorlagefrist verfügt.
4
Das Berufungsgericht hat den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
6
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Beklagte habe bereits nicht vorgetragen, dass hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist eine Vorfrist nach allgemeiner Büroanweisung habe notiert werden sollen. Auch ergebe sich weder aus der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten noch aus der vorgelegten „Post-it-Notiz“, dass eine Vorfrist eingetragen worden sei oder nach Anweisung habe eingetragen werden sollen. Das Fehlen einer Vorfrist sei auch ursächlich für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Außerdem hätte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten bei Anordnung einer Wiedervorlagefrist von zwei Wochen am 30. November 2010 und am 1. Dezember 2010 erneut selbständig prüfen müssen, wann die Berufungsbegründungsfrist ablaufe. Denn bei den beiden Schriftsätzen, die am 30. November 2010 und am 1. Dezember 2010 vorgelegt worden seien, habe es sich jeweils um die Anträge der beiden Kläger gehandelt , die Berufung zurückzuweisen. In diesem Zusammenhang hätte daher bei Anordnung der Wiedervorlagefrist vom Prozessbevollmächtigten nachvollzogen werden müssen, ob die von ihm angeordnete Wiedervorlagefrist der laufenden Berufungsbegründungsfrist ausreichend Rechnung trage. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die Berufungsbegründungsfrist habe knapp zwei Wochen später geendet. Falls eine Wiedervorlagefrist angesichts dieses Umstands überhaupt sachgerecht gewesen sei, hätte diese entweder auf „Vorfrist“ oder ein bestimmtes Datum lauten müssen, damit die Berufungsbegründung rechtzeitig hätte erstellt werden können. Auch dieses Versäumnis sei ursächlich für die Versäumung der Begründungsfrist.

7
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt, weil bereits nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen ein dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumnis nicht auszuschließen ist. Der Beklagte hat zum einen nicht dargetan, dass im Büro seines Prozessbevollmächtigten eine den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens genügende Fristenkontrolle vorhanden ist. Aus seinem Vorbringen ergibt sich zum anderen ein für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ursächlicher individueller Fehler seines Prozessbevollmächtigten.
8
a) Der Beklagte hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass im Büro seines Prozessbevollmächtigten die allgemeine Anweisung besteht, für die Rechtsmittelbegründung eine Vorfrist zu notieren. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich.
9
aa) Die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangt zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - II ZB 10/09, MDR 2010, 533 Rn. 7; Beschluss vom 22. März 2011 - II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 12, beide m.w.N.). Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist ist deswegen - im Gegensatz zur Berufungsfrist - nicht nur durch die Eintragung der Hauptfrist, sondern zusätzlich durch eine ausreichende Vorfrist sicherzustellen (BGH, Beschluss vom 15. August 2007 - XII ZB 82/07, NJW-RR 2008, 76 Rn. 14 m.w.N.).

10
Der Beklagte hat innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO) - und auch danach - nicht vorgetragen, dass sein Prozessbevollmächtigter die in seinem Büro für das Fristenwesen verantwortlichen Mitarbeiter angewiesen hat, bei Rechtsmittelbegründungen außer dem Datum des Ablaufs der Begründungsfrist eine Vorfrist zu notieren. Er hat lediglich angegeben, es könne nicht nachvollzogen werden, warum eine Berufungsbegründungsfrist ebenso wenig notiert worden sei wie eine Vorfrist.
11
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten des Beklagten die allgemeine Anweisung bestand, für Rechtsmittelbegründungen auch eine Vorfrist zu notieren. Die eidesstattliche Versicherung der Rechtsfachwirtin enthält keinen Hinweis auf die allgemeine Weisung, Vorfristen zu notieren. Sie verhält sich nur zur Berufungsfrist und zur Berufungsbegründungsfrist. Auf dem an der Ausfertigung des landgerichtlichen Urteils angebrachten Klebezettel sind auch nur diese beiden Fristen vermerkt. Die vorgelegten Fotokopien aus dem Fristenkalender lassen zwar erkennen, dass in der Spalte „Vorfristen“ Eintragungen vorgenommen wurden. Diesen Eintragungen lässt sich aber bereits nicht entnehmen, dass es sich hierbei um Berufungsbegründungsfristen zugeordnete Vorfristen handelt. Aus etwaigen vereinzelten Einträgen könnte im Übrigen auch nicht auf eine allgemeine Anweisung geschlossen werden , Vorfristen zu Berufungsbegründungsfristen einzutragen.
12
Es bestand für das Berufungsgericht auch keine Pflicht, den anwaltlich vertretenen Beklagten auf die nicht ausreichende Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Kontrolle der Berufungsbegründungsfrist stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Tragen die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags gemachten Angaben diesen Anforderungen nicht Rechnung, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken des Vortrags, die aufzuklären oder zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluss darauf, dass entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben (ebenso BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 369).
13
bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die mangelhafte Organisation des Fristenwesens für die Fristversäumung ursächlich. Wäre die Vorfrist im Fristenkalender eingetragen worden, so hätte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten die Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Die Eintragung der Vorfrist bietet eine zusätzliche Fristensicherung. Sie kann die Fristwahrung in der Regel selbst dann gewährleisten, wenn, wie hier, die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist versehentlich unterblieben ist (vgl. zur Kausalität BGH, Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10, NJW 2011, 151 Rn. 9 und 12; Beschluss vom 22. März 2011 - II ZB 19/09, NJW 2011, 1598 Rn. 14).
14
Es kann auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde aber meint - unterstellt werden, dass die Kanzleiangestellte des Prozessbevollmächtigten des Beklagten bei bestehender Anweisung auch vergessen hätte, eine Vorfrist einzutragen. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden. Aus der von der Rechtsbeschwerde angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 1997 (XII ZB 61/97, NJW-RR 1997, 1289) ergibt sich nichts anderes. Im dort entschiedenen Fall hatte die Kanzleiangestellte nicht nur vergessen , eine Vorfrist zu notieren, sondern sie hatte überhaupt keine Frist notiert und weitere zur Fristkontrolle angeordnete Schritte unterlassen. Dies ist mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen, bei dem mehrere Fristen (Berufungsfrist , Vorfrist und Berufungsbegründungsfrist) gleichzeitig zu vermerken gewesen wären und aus Unachtsamkeit die Notierung einer Frist unterblieben ist.
15
b) Unabhängig davon muss sich der Beklagte einen weiteren, individuellen Fehler seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat die an einen Anwalt zu stellende Sorgfaltspflicht bei der Beachtung von Fristen verletzt, als er am 30. November 2010 die Wiedervorlage der Akten in zwei Wochen und damit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist verfügt hat.
16
Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat eine eigene Ursache für die Fristversäumung gesetzt, indem er am 30. November 2010 eine Frist zur Wiedervorlage von spätestens zwei Wochen verfügt hat. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte er prüfen und erkennen müssen, dass das verfügte Fristende nach Ablauf der auf der Urteilsausfertigung vermerkten Berufungsbegründungsfrist am 13. Dezember 2010 lag, und hätte eine entsprechend frühere Wiedervorlage anordnen müssen. Dieser Fehler war jedenfalls mitursächlich für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Hätte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten eine frühere Wiedervorlage verfügt, wäre ihm die Akte nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge - unabhängig von einem etwaigen weiteren Verschulden seiner Kanzleiangestellten bei der Notierung der Berufungsbegründungsfrist - rechtzeitig vorgelegt worden.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Amberg, Entscheidung vom 04.10.2010 - 22 O 632/10 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 14.02.2011 - 2 U 2244/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 75/12
vom
28. Februar 2013
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Februar 2013 durch
die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und
Dr. Löffler

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 3. Zivilsenat - vom 29. August 2012 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 2.360.000 €

Gründe:


1
I. Das Landgericht hat der von der Klägerin, einem Handelsunternehmen dänischen Rechts, gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht, aus einem "Tradement Transfer Agreement" erhobenen Klage auf Übertragung von Marken, Schadensersatz wegen Nichtentstehens oder Löschung einzelner zu übertragender Marken, Herausgabe von Dokumenten und Zahlung von Vertragsstrafe bis auf einen geringen Teil der Vertragsstrafe stattgegeben; die von der Beklagten gegen die Klägerin erhobene Widerklage auf Auskunftserteilung , Rechnungslegung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen und Vernichtung von Erzeugnissen, Unterlassung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht der Klägerin hat es abgewiesen.
2
Die Beklagte hat gegen das ihr am 21. Mai 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 21. Juni 2012, der am 25. Juni 2012 beim Berufungsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2012, der am 2. Juli 2012 beim Berufungsgericht eingegangen ist, hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung beantragt. Sie hat dort unter Vorlage verschiedener eidesstattlicher Versicherungen geltend gemacht, die Versäumung der Berufungsfrist beruhe darauf, dass die langjährige zuverlässige Mitarbeiterin M., der Rechtsanwalt Sch. nach Unterzeichnung der Berufungsschrift am 21. Juni 2012 die Einzelanweisung erteilt habe, den Schriftsatz sogleich an das Berufungsgericht zu faxen, die Umsetzung des Auftrags unterlassen habe. Dies sei bis zum darauffolgenden Tag unbemerkt geblieben, da Rechtsanwalt Sch. nach der Erteilung der Einzelanweisung die Berufungsfrist im Fristenkalender selbst gestrichen habe.
3
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten, ihr wegen der Versäumung der Frist zur Berufungseinlegung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, als unbegründet zurückgewiesen. Bei dem von der Beklagten vorgetragenen Geschehensablauf beruhe die Fristversäumung auf einem Organisationsverschulden in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten, das die Beklagte sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse.
4
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO in Verbindung mit § 238 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft, aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückweisenden Beschluss - nicht anders als bei einer Rechtsbeschwerde ge- gen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - I ZB 64/05, NJW 2006, 1519 Rn. 7; Beschluss vom 3. Februar 2011 - I ZB 74/09, NJW-RR 2011, 702 Rn. 6) - gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der angefochtene Beschluss steht in Einklang mit den in ständiger Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Prozessbevollmächtigten. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert daher entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO.
6
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, die zuverlässig gewährleistet, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 177/10, NJW 2011, 385 Rn. 9; Beschluss vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9). Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinem Personal die Weisung erteilt, sich einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 mwN). Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört weiterhin eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders überprüft wird (BGH, NJW 2011, 385 Rn. 9; NJW-RR 2012, 427 Rn. 9, jeweils mwN).
7
2. Im Streitfall haben diese - nach dem Vortrag der Beklagten in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten vorhandenen - Sicherungsmaßnahmen nicht gegriffen, weil Rechtsanwalt Sch. die im Streitfall einzuhaltende Berufungsfrist im Vertrauen darauf im Fristenkalender gestrichen hat, dass die Mitarbeiterin M. den ihr erteilten Auftrag, die unterzeichnete Berufungsschrift sogleich per Telefax an das zuständige Gericht zu übermitteln, fehlerfrei ausführen werde. Das Berufungsgericht hat hierin mit Recht ein schuldhaftes Verhalten von Rechtsanwalt Sch. gesehen, der durch diesen Eingriff in die Büroorganisation eine Fehlerkorrektur durch das Büropersonal verhindert und zudem nicht ausreichend dafür gesorgt hat, dass Fehlerquellen bei der Behandlung der Fristsache möglichst vermieden wurden.
8
Soweit die Rechtsbeschwerde gegenteiliger Ansicht ist, vernachlässigt sie, dass auch eine Einzelanweisung - wie im Streitfall die, die Berufungsschrift per Telefax an das zuständige Gericht zu übermitteln - die gebotene Ausgangskontrolle nicht entbehrlich macht (vgl. BGH, NJW 2006, 1519 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 12; BGH, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 15 f.; BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 13). Die angewiesene Person ist daher auch in einem solchen Fall grundsätzlich anzuweisen, dass die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls gestrichen wird (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07, NJW 2007, 2778 Rn. 6; BGH, NJW 2008, 2508 Rn. 12). Dass Rechtsanwalt Sch. keine solche Weisung erteilt und zudem die Frist selbst sogleich im Fristenkalender gestrichen hat, hatte zur Folge, dass die insoweit gebotene Ausgangskontrolle weder vom Büropersonal noch von ihm selbst vorgenommen wurde und auch keine Überprüfung der Erledigung der Fristsache am Ende des Tages mehr erfolgte. In diesem Verhalten, mit dem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten verhindert hat, dass die zur Sicherung der Fristwahrung vorgesehenen Kontrollschritte abgearbeitet wurden, lag ein für die konkret eingetretene Fristversäumung ursächlich gewordenes Anwaltsverschulden (vgl. BGH, NJW 2006, 1519 Rn. 11 bis 13; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2009 - IV ZB 26/08, NJW-RR 2009, 785 Rn. 7; BAG, Urteil vom 19. Juli 2007 - 6 AZR 432/06, NJW 2007, 3021 Rn. 12 bis 14; BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - VIII ZB 84/09, NJW-RR 2010, 1076 Rn. 13; NJW-RR 2010, 1648 Rn. 16).
9
3. Das Berufungsgericht ist mit seiner Entscheidung entgegen dem Vortrag der Rechtsbeschwerde auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen, wonach es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Ausgangskontrolle in einer Anwaltskanzlei nicht mehr ankommt, wenn der Anwalt im Einzelfall eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die im Falle ihrer Befolgung die Fristsetzung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60; Beschluss vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Der genannte Grundsatz gilt dann nicht, wenn die Einzelanweisung die bestehende Organisation nicht außer Kraft setzt, sondern sich in sie einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. Besteht die Einzelanweisung allein darin, die sofortige Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax zu veranlassen, fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - XI ZB 5/06, FamRZ 2007, 720 Rn. 6; Beschluss vom 21. Oktober 2010 - IX ZB 73/10, NJW 2011, 458 Rn. 9 f.). So verhält es sich im Streitfall.
10
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat Rechtsanwalt Sch. der Kanzleiangestellten M. lediglich konkret aufgetragen, die Berufungsschrift noch am selben Tag per Telefax an das Berufungsgericht zu sen- den. Diese Einzelanweisung machte eine Kontrolle der Faxübermittlung anhand des ausgedruckten Sendeberichts ebenso wenig entbehrlich wie eine Anweisung , Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk zu versehen, wenn die fristwahrende Handlung tatsächlich erfolgt oder jedenfalls so weit gediehen war, dass von einer fristgerechten Vornahme auszugehen war (vgl. BGH, FamRZ 2007, 720 Rn. 7 mwN).
11
III. Nach allem ist die Rechtsbeschwerde der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Büscher Pokrant Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 11.05.2012 - 408 HKO 31/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 29.08.2012 - 3 U 104/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB40/13
vom
16. Juli 2014
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 16. Juli 2014

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Oktober 2013 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 225.000 €

Gründe:


1
I. Der Kläger begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
2
Er hat gegen das ihm am 9. Juli 2013 zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Diese hat er mit einem am 10. September 2013 im Original bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, in dem vor der Adresse im Fettdruck "vorab per Fax" angegeben ist. Die Berufungsbegründung ging bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 9. September 2013 nicht per Telefax beim Oberlandesgericht ein. Dies teilte der stellvertretende Vorsitzende des Berufungssenats dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Nachfrage am 10. September 2013 mit.
3
Daraufhin hat der Kläger mit einem am 10. September 2013 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen und glaubhaft gemacht:
4
Die Berufungsbegründungsschrift sei rechtzeitig am 9. September 2013 unterzeichnet und zum Versand bereit gewesen. Die Versendung sei auf das geschulte und zuverlässige Büropersonal übertragen worden. Es gebe die bürointerne Daueranweisung, ausgehende Telefaxschreiben auf einen erfolgreichen Versand zu überprüfen. Weiter bestehe die Anweisung , abendlich die Erledigung und den Ausgang der Fristabläufe anhand des Fristenkalenders zu kontrollieren. Mit dem Versand und der Kontrolle der Berufungsbegründung sei der im Büro seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte beauftragt gewesen. Es habe die klare Anweisung bestanden, die Berufungsbegründungsschrift am 9. September 2013 vorab per Telefax zu übersenden und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren. Der Rechtsanwaltsfachangestellte habe diese Aufgabe ohne das Wissen des Prozessbevollmächtigten an die ebenfalls in dessen Büro tätige Rechtsfachwirtin übertragen. Diese sei auf den Fristablauf hingewiesen worden. Es sei jedoch die Kontrolle des Versands vergessen worden.
5
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

6
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach den §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, jedoch im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat.
7
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts beruht die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten. Das Wiedereinsetzungsgesuch lasse keine Büroorganisation erkennen, die eine wirksame Ausgangskontrolle durch einen Kanzleimitarbeiter sicherstelle. Eine solche erfordere grundsätzlich die allgemeine Anweisung, nach der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei, und die Frist im Fristenkalender erst anschließend zu streichen. Fehle es an einer allgemeinen Anweisung, müsse sich die Einzelanweisung, einen bestimmten Schriftsatz sogleich per Telefax abzusenden, auf die Ausgangskontrolle erstrecken; der Kanzleiangestellte sei zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erteilte Einzelanweisung habe sich darauf beschränkt, das ausgehende Telefax nur auf seinen erfolgreichen Versand zu kontrollieren, und den Kanzleimitarbeitern keine wirksame Ausgangskontrolle aufgegeben.
8
2. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax nicht überspannt.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Erst nach der Fristenkontrolle darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, NJW-RR 2013, 572 Rn. 6; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze genügt der Rechtsanwalt nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen , ob der Schriftsatz vollständig und an den richtigen Empfänger übermittelt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO; vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 17. Juli 2013 - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 6; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 13; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367 unter II 2; jeweils m.w.N.). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allge- meinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.). Fehlt es an einer allgemeinen Anweisung, muss sich die Einzelanweisung , einen Schriftsatz sogleich per Telefax an das Rechtsmittelgericht abzusenden, in gleicher Weise auf die Ausgangskontrolle erstrecken. Die Kanzleiangestellten sind zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen (BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 ff.). Eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts an sein Büropersonal , einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere Ausgangskontrolle nicht entbehrlich (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO Rn. 8 m.w.N.; vom 15. Juni 2011 aaO).
10
b) Gemessen daran hat der Kläger die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht ausreichend entschuldigt.
11
aa) Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ergibt sich keine den genannten Maßstäben genügende allgemeine Kanzleianweisung zur Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax. Dazu genügt nicht die allgemeine Anweisung, ausgehende Telefaxschreiben auf einen erfolgreichen Versand zu kontrollieren bzw. zu überprüfen. Wie diese Überprüfung ausgestaltet sein soll, hat der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargetan. Insbesondere ist daraus nicht ersichtlich , dass die Kanzleiangestellten seines Prozessbevollmächtigten angewiesen waren, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, dass der Schriftsatz vollständig und an die richtige Faxnummer übermittelt worden war, und demgemäß die Erledigung im Fristenkalender zu vermerken.
12
bb) Eine ausreichende allgemeine Organisationsanweisung war nicht deshalb entbehrlich, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rechtsanwaltsfachangestellten angewiesen hatte, die Berufungsbegründungsschrift am 9. September 2013 vorab per Telefax zu übersenden und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren. Auch bei einer solchen Einzelanweisung müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 aaO Rn. 9 m.w.N.). Besondere Vorkehrungen können entbehrlich sein, wenn die Bürokraft angewiesen ist, den Schriftsatz sofort und vor allen anderen Arbeiten per Telefax zu versenden (BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2013 aaO Rn. 10; vom 15. November 2007 - IX ZB 219/06, NJW 2008, 526 Rn. 12 m.w.N.; vom 4. April 2007 - III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430 Rn. 9 m.w.N.). Eine solche Anweisung, auf deren Befolgung sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers unabhängig von allgemeinen Organisationsanweisungen hätte verlassen dürfen, hat er seinem Mitarbeiter nicht erteilt. Insbesondere ergibt sich aus dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht, dass der Rechtsanwaltsfachangestellte konkret angewiesen war, anhand des Sendeprotokolls die ordnungsgemäße Übermittlung zu kontrollieren und auf dieser Grundlage die Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender als erledigt zu vermerken.
13
c) Die ungenügende Organisation der Ausgangskontrolle im Büro seines Prozessbevollmächtigten und die unzureichende Einzelanweisung waren für die Fristversäumung ursächlich. Die Kausalität entfiel nicht deshalb, weil der Rechtsanwaltsfachangestellte die ihm aufgegebene Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift auf seine Kollegin übertragen hatte. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung einer Frist ursächlich geworden ist, muss von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten ausgegangen werden und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.06.2013- 13 O 230/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.10.2013- 12 U 116/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 559/12
vom
23. Januar 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Übergabe des vom Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsatzes
an die Kanzleiangestellte am Tag des Fristablaufs mit der Bitte, den Schriftsatz
noch am selben Tag auszufertigen und einem auf der Akte angehefteten
Zettel "Frist! Heute noch an OLG Jena faxen", macht ausreichende Vorkehrungen
zur Ausgangs- und Fristenkontrolle am Tagesende nicht entbehrlich.
BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12 - OLG Jena
LG Erfurt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2013 durchden
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 17. Juli 2012 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 5.500 €

Gründe:

I.

1
Mit Urteil vom 20. April 2012, das dem Beklagten am 27. April 2012 zugestellt wurde, hat das Landgericht sein zuvor verkündetes Anerkenntnisvorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt. Hiergegen hat der Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt und diese mit einem auf den 27. Juni 2012 datierten, bei Gericht per Telefax am 28. Juni 2012, somit verspätet eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er glaubhaft gemacht, sein Prozessbevollmächtigter habe die Berufungsbegründung am 27. Juni 2012 fertig gestellt und unterschrieben, den Schriftsatz auf die Akte geheftet und diese seiner ansonsten zuverlässigen Kanzleiangestellten übergeben. Auf der Akte sei - wie in der Kanzlei üblich - ein gesonderter farblicher Zettel angebracht gewesen, auf dem die Bitte geäußert worden sei, den Schriftsatz auszufertigen, wobei auf dem Zettel der Zusatz "Frist! Heute noch an OLG Jena faxen" vermerkt gewesen sei. Bei der Übergabe der Akte habe der Rechtsanwalt seine Kanzleiangestellte auch noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das Oberlandesgericht gefaxt werden müsse. Nach der Übergabe der Akte habe er die Kanzlei wegen eines auswärtigen Termins verlassen müssen und sei an diesem Tag auch nicht mehr in die Kanzlei zurückgekehrt. Aufgrund eines Versehens habe die Kanzleiangestellte vergessen, den Schriftsatz noch am selben Tag an das Oberlandesgericht per Fax zu übersenden.
2
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Die Berufungsbegründungsfrist sei nicht schuldlos versäumt. Die Weisung seines Prozessbevollmächtigten, den Schriftsatz mittels Telefax an das Gericht zu übermitteln, mache ausreichende büroorganisatorische Maßnahmen einer wirksamen Ausgangskontrolle nicht entbehrlich. Eine qualifizierte Einzelweisung, welche die üblichen büroorganisatorischen Maßnahmen hätte überflüssig machen können, habe der Prozessbevollmächtigte nicht erteilt.

II.

3
Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
4
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).
5
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten (§ 236 Abs. 2 ZPO). Hierzu gehört eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht, und auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist (vgl. BGH Beschluss vom 3. Juli 2008 - IX ZB 169/07 - NJW 2008, 3501 Rn. 15 mwN).
6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die fristgebundene Maßnahme rechtzeitig ergriffen wird. Erst wenn dies geschehen ist, darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10 - NJW 2011, 2051 Rn. 7 mwN). Es muss sichergestellt sein, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristgebundene Maßnahme durchgeführt, der fristwahrende Schriftsatz also rechtzeitig vor Ablauf der Notfrist postfertig gemacht und nötigenfalls vorab per Telefax übermittelt worden ist. Dabei muss der Prozessbevollmächtigte auch Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender zu verhindern (vgl. BGH Beschluss vom 10. Juli 1997 - IX ZB 57/97 - NJW 1997, 3177, 3178 mwN).
7
3. Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die Fristversäumung nicht ausreichend entschuldigt. Der Wiedereinsetzungsantrag enthielt keinerlei Angaben darüber, welche organisatorischen Vorkehrungen der Prozessbevollmächtigte zur Einhaltung von Fristen und zur Ausgangskontrolle getroffen hatte, auch nicht darüber, ob die konkrete Frist in einem Kalender eingetragen und die Fristenkontrolle an dem Tag durchgeführt worden war.
8
Ausreichende allgemeine Organisationsanweisungen waren auch nicht dadurch entbehrlich und für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag unerheblich geworden, dass der Prozessbevollmächtigte die Akte mitsamt dem unterschriebenen Schriftsatz seiner Kanzleiangestellten übergeben und ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das Oberlandesgericht gefaxt werden müsse. Denn dieser Hinweis wiederholt lediglich die Frist, die im Kalender ohnehin eingetragen war oder hätte eingetragen gewesen sein müssen. Sie macht ausreichende Vorkehrungen zur Ausgangs- und Fristenkontrolle am Tagesende nicht entbehrlich.
9
Zwar kann der Rechtsanwalt seinen Sorgfaltspflichten unabhängig von allgemeinen Organisationsanweisungen dadurch genügen, dass er seiner Kanzleiangestellten eine Einzelanweisung erteilt. Auch dann müssen aber aus- reichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass diese nicht in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2012 - XII ZB 277/11 - FamRZ 2012, 863 Rn. 11 und vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 mwN).
10
Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Übergabe der Akte an die Kanzleiangestellte mit dem Hinweis, dass der Schriftsatz noch am selben Tag an das Oberlandesgericht gefaxt werden müsse, bedeutet keine Anweisung zur sofortigen Erledigung vor allen anderen Arbeiten, auf deren Befolgung sich der Prozessbevollmächtigte unabhängig von allgemeinen büroorganisatorischen Maßnahmen einer wirksamen Fristen- und Ausgangskontrolle hätte verlassen dürfen.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 20.04.2012 - 8 O 1816/10 -
OLG Jena, Entscheidung vom 17.07.2012 - 2 U 452/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB40/13
vom
16. Juli 2014
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 16. Juli 2014

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Oktober 2013 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 225.000 €

Gründe:


1
I. Der Kläger begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
2
Er hat gegen das ihm am 9. Juli 2013 zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Diese hat er mit einem am 10. September 2013 im Original bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, in dem vor der Adresse im Fettdruck "vorab per Fax" angegeben ist. Die Berufungsbegründung ging bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 9. September 2013 nicht per Telefax beim Oberlandesgericht ein. Dies teilte der stellvertretende Vorsitzende des Berufungssenats dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Nachfrage am 10. September 2013 mit.
3
Daraufhin hat der Kläger mit einem am 10. September 2013 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen und glaubhaft gemacht:
4
Die Berufungsbegründungsschrift sei rechtzeitig am 9. September 2013 unterzeichnet und zum Versand bereit gewesen. Die Versendung sei auf das geschulte und zuverlässige Büropersonal übertragen worden. Es gebe die bürointerne Daueranweisung, ausgehende Telefaxschreiben auf einen erfolgreichen Versand zu überprüfen. Weiter bestehe die Anweisung , abendlich die Erledigung und den Ausgang der Fristabläufe anhand des Fristenkalenders zu kontrollieren. Mit dem Versand und der Kontrolle der Berufungsbegründung sei der im Büro seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte beauftragt gewesen. Es habe die klare Anweisung bestanden, die Berufungsbegründungsschrift am 9. September 2013 vorab per Telefax zu übersenden und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren. Der Rechtsanwaltsfachangestellte habe diese Aufgabe ohne das Wissen des Prozessbevollmächtigten an die ebenfalls in dessen Büro tätige Rechtsfachwirtin übertragen. Diese sei auf den Fristablauf hingewiesen worden. Es sei jedoch die Kontrolle des Versands vergessen worden.
5
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

6
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach den §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, jedoch im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Berufungsgericht hat nicht die Verfahrensgrundrechte des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat.
7
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts beruht die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten. Das Wiedereinsetzungsgesuch lasse keine Büroorganisation erkennen, die eine wirksame Ausgangskontrolle durch einen Kanzleimitarbeiter sicherstelle. Eine solche erfordere grundsätzlich die allgemeine Anweisung, nach der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt sei, und die Frist im Fristenkalender erst anschließend zu streichen. Fehle es an einer allgemeinen Anweisung, müsse sich die Einzelanweisung, einen bestimmten Schriftsatz sogleich per Telefax abzusenden, auf die Ausgangskontrolle erstrecken; der Kanzleiangestellte sei zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erteilte Einzelanweisung habe sich darauf beschränkt, das ausgehende Telefax nur auf seinen erfolgreichen Versand zu kontrollieren, und den Kanzleimitarbeitern keine wirksame Ausgangskontrolle aufgegeben.
8
2. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax nicht überspannt.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Anwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Erst nach der Fristenkontrolle darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 - I ZB 75/12, NJW-RR 2013, 1008 Rn. 6; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, NJW-RR 2013, 572 Rn. 6; vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Der Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze genügt der Rechtsanwalt nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen , ob der Schriftsatz vollständig und an den richtigen Empfänger übermittelt worden ist (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO; vom 24. Oktober 2013 - V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 17. Juli 2013 - XII ZB 115/13, NJW-RR 2013, 1328 Rn. 6; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 Rn. 13; vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367 unter II 2; jeweils m.w.N.). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allge- meinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.). Fehlt es an einer allgemeinen Anweisung, muss sich die Einzelanweisung , einen Schriftsatz sogleich per Telefax an das Rechtsmittelgericht abzusenden, in gleicher Weise auf die Ausgangskontrolle erstrecken. Die Kanzleiangestellten sind zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen (BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 aaO m.w.N.; vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10, NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 ff.). Eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts an sein Büropersonal , einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere Ausgangskontrolle nicht entbehrlich (BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2013 aaO Rn. 8 m.w.N.; vom 15. Juni 2011 aaO).
10
b) Gemessen daran hat der Kläger die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht ausreichend entschuldigt.
11
aa) Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags ergibt sich keine den genannten Maßstäben genügende allgemeine Kanzleianweisung zur Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax. Dazu genügt nicht die allgemeine Anweisung, ausgehende Telefaxschreiben auf einen erfolgreichen Versand zu kontrollieren bzw. zu überprüfen. Wie diese Überprüfung ausgestaltet sein soll, hat der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargetan. Insbesondere ist daraus nicht ersichtlich , dass die Kanzleiangestellten seines Prozessbevollmächtigten angewiesen waren, anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, dass der Schriftsatz vollständig und an die richtige Faxnummer übermittelt worden war, und demgemäß die Erledigung im Fristenkalender zu vermerken.
12
bb) Eine ausreichende allgemeine Organisationsanweisung war nicht deshalb entbehrlich, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rechtsanwaltsfachangestellten angewiesen hatte, die Berufungsbegründungsschrift am 9. September 2013 vorab per Telefax zu übersenden und den erfolgreichen Versand zu kontrollieren. Auch bei einer solchen Einzelanweisung müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2013 aaO Rn. 9 m.w.N.). Besondere Vorkehrungen können entbehrlich sein, wenn die Bürokraft angewiesen ist, den Schriftsatz sofort und vor allen anderen Arbeiten per Telefax zu versenden (BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2013 aaO Rn. 10; vom 15. November 2007 - IX ZB 219/06, NJW 2008, 526 Rn. 12 m.w.N.; vom 4. April 2007 - III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430 Rn. 9 m.w.N.). Eine solche Anweisung, auf deren Befolgung sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers unabhängig von allgemeinen Organisationsanweisungen hätte verlassen dürfen, hat er seinem Mitarbeiter nicht erteilt. Insbesondere ergibt sich aus dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht, dass der Rechtsanwaltsfachangestellte konkret angewiesen war, anhand des Sendeprotokolls die ordnungsgemäße Übermittlung zu kontrollieren und auf dieser Grundlage die Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender als erledigt zu vermerken.
13
c) Die ungenügende Organisation der Ausgangskontrolle im Büro seines Prozessbevollmächtigten und die unzureichende Einzelanweisung waren für die Fristversäumung ursächlich. Die Kausalität entfiel nicht deshalb, weil der Rechtsanwaltsfachangestellte die ihm aufgegebene Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift auf seine Kollegin übertragen hatte. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung einer Frist ursächlich geworden ist, muss von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten ausgegangen werden und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 18.06.2013- 13 O 230/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 21.10.2013- 12 U 116/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 47/10
vom
5. Juni 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 (Fd, Gc)
Zur nicht beachteten Einzelweisung eines Rechtsanwalts an seine Angestellte,
die Adressierung einer Rechtsmittelschrift an das Rechtsmittelgericht zu korrigieren.
BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Dezember 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 16.215 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch genommen; der Beklagte hat widerklagend Rückzahlung einer Kaution sowie erbrachter Mietzahlungen begehrt. Das die Klage abweisende und der Widerklage im Wesentlichen stattgebende Urteil des Landgerichts ist der Klägerin zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 14. September 2009 zugestellt worden. Die an das Landgericht gerichtete Berufung der Klägerin ist dort per Fax am 14. Oktober 2009 eingegangen. Nach Weiterleitung durch das Landgericht ist die Berufung am 22. Oktober 2010 bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
2
Mit Schriftsatz vom 10. November 2009 hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Niederlegung des Mandats mitgeteilt. Am Montag, dem 16. November 2009, hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern. Mit Schriftsatz vom 23. November 2009 haben sich andere Rechtsanwälte für die Klägerin bestellt. Am 27. November 2009 hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen , die Berufungsschrift sei entgegen seiner Bestimmung unzutreffend adressiert worden. Bei Unterzeichnung der Berufungsschrift habe er bemerkt, dass das Landgericht als Adressat der Berufung eingefügt worden sei. Daraufhin habe er die seit Jahren als zuverlässig bekannte Büroleiterin damit beauftragt , die Anschrift zu korrigieren. Diese Korrektur sei irrtümlich unterblieben. Zur Glaubhaftmachung sind die Angaben anwaltlich versichert worden.
3
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei nicht innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 517 ZPO bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist sei unbegründet. Dabei könne dahinstehen, ob der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte nach der Anzeige der Mandatsniederlegung und der Bestellung der neuen Prozessbevollmächtigten überhaupt noch als handlungsbefugt für die Klägerin habe gelten können. Denn der Begründung des Antrags lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin ohne ein ihr zuzurechnendes Verschulden des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an der Wahrung der Berufungsfrist gehindert gewesen sei. Zwar sei er der Verpflichtung nachgekommen, sich bei Unterzeichnung der Berufungsschrift davon zu überzeugen, dass der Schriftsatz richtig adressiert sei. Nach Feststellung des Fehlers habe er seiner Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, die Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren. Bei einer nur mündlich erteilten Anweisung, die einen wichtigen Vorgang betreffe, müssten aber ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie nicht in Vergessenheit gerate und unterbleibe. Vor dem Hintergrund, dass entgegen der Anweisung eine unzutreffende Adressierung vorgenommen worden sei, habe hierzu in besonderem Maß Anlass bestanden. Deshalb treffe den Prozessbevollmächtigten ein Verschulden , das die Klägerin sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Es fehlt indessen an den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verletzt die Klägerin auch nicht in ihren Verfahrensgrundrechten.
7
a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt hat. Die Berufung ist aufgrund der falschen Adressierung erst nach Ablauf der Berufungsfrist von einem Monat (§ 517 ZPO) bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
8
b) Das Berufungsgericht hat auch das Wiedereinsetzungsgesuch zu Recht zurückgewiesen.
9
aa) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch,dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 28; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 FamRZ 2011, 1389 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Entgegen diesen Anforderungen hat der Klägervertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Landgericht gesandt, weshalb es verspätet bei dem zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
10
bb) Ein Rechtsanwalt darf allerdings grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 29; vom 21. April 2010 - XII ZB 64/09 - FamRZ 2010, 1067 Rn. 11 und vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 - VersR 2011, 89 Rn. 16; BGH Beschluss vom 2. November 1995 - VII ZB 13/95 - VersR 1996, 779).
11
Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört aber zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 30; BGH Beschlüsse vom 25. Juni 1986 - IVa ZB 8/86 - VersR 1986, 1209 und vom 29. April1982 - I ZB 2/82 - VersR 1982, 769 f.). Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 30 und vom 1. Februar 2012 - XII ZB 298/11 - FamRZ 2012, 621 Rn. 11; BGH Beschluss vom 8. Dezember 1992 - VI ZB 33/92 - VersR 1993, 1381 f.).
12
Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift darf der Rechtsanwalt aber einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss (BGH Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9 f.). Wird die Anweisung nur mündlich erteilt, müssen allerdings ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden , dass die Erledigung in Vergessenheit gerät (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 31; vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132, Rn. 19; vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 - FamRZ 2009, 217 Rn. 14 und vom 2. April 2008 - XII ZB 190/07 - FuR 2008, 344 Rn. 12 ff.). Auch in diesem Fall genügt die klare und präzise Anweisung , die Erledigung sofort vorzunehmen, insbesondere wenn zudem eine weitere allgemeine Büroanweisung bestand, einen solchen Auftrag stets vor allen anderen auszuführen. Die Gefahr, dass eine solche sofort auszuführende Weisung sogleich vergessen oder aus sonstigen Gründen nicht befolgt wird, macht eine nachträgliche Kontrolle ihrer Ausführung dann nicht erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 20 und vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 14 f. mwN; BGH Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - NJW 2009, 1083 Rn.16).
13
cc) Solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen hat die Klägerin mit ihrem Wiedereinsetzungsgesuch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Ausführungen beschränken sich darauf, dass die Büroleiterin mit der Korrektur der fehlerhaften Adressierung beauftragt worden sei. Nach diesem Sachvortrag kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Weisung nur mündlich erteilt worden war und die Absicherung ihrer Ausführung zusätzlicher Vorkehrungen bedurfte. Die vorgenannten Sorgfaltsanforderungen galten im vorliegenden Fall erst recht, weil die zunächst erteilte Anweisung, die Berufungsschrift an das Oberlandesgericht zu adressieren, bereits nicht befolgt worden war.
14
dd) Die mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 gegenüber dem Berufungsgericht nachgeholten und mit einer eidesstattlichen Versicherung der Büroleiterin versehenen neuen Angaben der Klägerin sind nicht zu berücksichtigen. Nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Wird - wie im vorliegenden Fall - geltend gemacht, dass die Fristversäumnis auf dem Versehen eines Büroangestellten beruht, so hat die Partei alle Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen, die ein Organisations- oder sonstiges Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ausschließen. Dabei können allerdings erkennbar unklare oder ungenaue Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, auch über die Frist nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO hinaus erläutert oder vervollständigt werden (Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 24; BGH Beschlüsse vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552 und vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01 - BGH-Report 2002, 434).
15
Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Die Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch sind - abgesehen von dem genauen Inhalt der erteilten Anweisung - vollständig und klar. Dass darin zusätzliche Sicherungsvorkehrungen nicht angegeben worden sind, lässt für sich genommen noch keine Ergänzungs - oder Erläuterungsbedürftigkeit des Vorbringens erkennen. Wenn der geschilderte Ablauf innerhalb der Kanzleiorganisation der Prozessbevollmächtigten der Klägerin die zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht vollständig erfüllte, ergibt sich daraus noch nicht, dass dem Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin ergänzungsbedürftig erscheinen musste. Eine Erläuterungsoder Ergänzungsbedürftigkeit wäre etwa dann erkennbar gewesen, wenn bestimmte durch Anweisung festgelegte Arbeitsroutinen beschrieben wären, aus denen sich sowohl eine sorgfaltsgemäße als auch eine sorgfaltswidrige Ausführung ergeben kann. In diesen Fällen darf das Gericht nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die sorgfaltswidrige Alternative nicht entkräftet worden sei, und muss auf eine Aufklärung hinwirken (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. März2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552 mwN und vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01 - BGH-Report 2002, 434 und Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 25). Es würde aber die Hinweispflicht überspannen, wenn das Berufungsgericht den Antragsteller eines Wiedereinsetzungsgesuchs über Lücken in den von ihm dargelegten Sicherungsvorkehrungen aufzuklären hätte. Das Berufungsgericht kann vielmehr im Zweifel da- von ausgehen, dass der Antragsteller seiner aus § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergebenden Verpflichtung zur vollständigen Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen auch nachgekommen ist. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 25.08.2009 - 3 O 24/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.12.2009 - I-7 U 84/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 165/11
vom
8. Februar 2012
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 B, Fd, 310 Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2

a) Ein Urteil wird erst durch seine förmliche Verlautbarung mit allen prozessualen und
materiell-rechtlichen Wirkungen existent. Verkündungsmängel stehen dem wirksamen
Erlass eines Urteils nur entgegen, wenn gegen elementare, zum Wesen
der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde, so dass von
einer Verlautbarung im Rechtssinne nicht mehr gesprochen werden kann. Zu den
Mindestanforderungen gehört, dass die Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt
war oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien
von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet wurden (im Anschluss
an BGHZ GSZ 14, 39, 44 ff.).

b) Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt
seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis
selbst sorgfältig zu überprüfen. Auch bei einem so wichtigen Vorgang
darf der Rechtsanwalt aber einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete
Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich
überprüfen muss. Dann müssen jedoch ausreichende Vorkehrungen dagegen
getroffen werden, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Übersendung
eines zulässigen Rechtsmittels unterbleibt (im Anschluss an den Senatsbeschluss
vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132).
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - OLG Braunschweig
AG Duderstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 11. März 2011 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 14.229 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten in dem seit dem 1. August 2007 anhängigen Verfahren um Trennungsunterhalt. Mit Beschluss vom 1. November 2010 hatte das Amtsgericht mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 29. November 2010 bestimmt. Auf der Rückseite der letzten Seite des vom Abteilungsrichter unterzeichneten Urteils befindet sich der handschriftliche Zusatz: "VT-Prot Um 1110 erschien niemand. Der Beschluss wurde verkündet"
2
Der Zusatz ist vom Abteilungsrichter mit dem Datum 29/11 unterzeichnet. Unter dem Zusatz befindet sich folgende Verfügung des Geschäftsstellenbeamten : "1.) Beschl ausf. an A'gegner Vertr. ./. EB 2.) Nach Rückkehr EB vollstreckbare Ausf. des Urteils an A‘steller-Vertr. ./. EB"
3
Auf der ersten Seite trägt das Urteil zwei weitere von dem Geschäftsstellenbeamten unterschriebene Vermerke und zwar zum einen: "Verkündet am: 29.11.2010" und zum anderen "Eingang auf der Geschäftsstelle am 30. NOV. 2010"
4
Eine Urteilsausfertigung wurde dem Beklagtenvertreter am 6. Dezember 2010, eine vollstreckbare Ausfertigung dem Klägervertreter am 10. Dezember 2010 zugestellt.
5
Am 5. Januar 2011 ging eine an das Amtsgericht gerichtete "Beschwerde" "gegen das am 29.11.2010 verkündete Urteil" dort ein. Mit Verfügung vom 6. Januar 2011 leitete das Amtsgericht den Schriftsatz an das zuständige Oberlandesgericht weiter, wo er am 11. Januar 2011 einging.
6
Mit einem dem Beklagtenvertreter am 27. Januar 2011 zugestellten Beschluss wies das Oberlandesgericht den Beklagten auf den verspäteten Eingang der Berufung hin. Mit einem am Montag, dem 7. Februar 2011 eingegan- genen Schriftsatz begründete der Beklagte seine Berufung. Mit einem weiteren, am 10. Februar 2011 eingegangenen Schriftsatz beantragte der Beklagte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.
7
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

8
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
9
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
10
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Berufungsfrist gegen das Urteil vom 29. November 2010 mit der Zustellung an den Beklagten am 6. Dezember 2010 begonnen hat. Das angefochtene Urteil ist, wenn auch fehlerhaft, verlautbart worden und damit wirksam.
11
a) Ein Urteil wird erst durch seine förmliche Verlautbarung mit allen prozessualen und materiell-rechtlichen Wirkungen existent. Vorher liegt nur ein - allenfalls den Rechtsschein eines Urteils erzeugender - Entscheidungsentwurf vor (BGHZ GSZ 14, 39, 44). Die Verlautbarung eines Urteils erfolgt grundsätzlich öffentlich im Anschluss an die mündliche Verhandlung oder in einem hierfür anberaumten Termin durch das Verlesen der Urteilsformel (§§ 310 Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO, § 173 Abs. 1 GVG). Im schriftlichen Verfahren sind Urteile in einem nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu bestimmenden Termin zu verkünden (BGH Urteil vom 12. März 2004 - XII ZR 37/03 - FamRZ 2004, 1187 f.).
12
Nach § 165 Satz 1 ZPO kann die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden. Zu diesen Förmlichkeiten gehört gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO auch die Verkündung des Urteils. Diese erfolgt nach § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Vorlesung der Urteilsformel, die durch Bezugnahme auf die Urteilsformel ersetzt werden kann, wenn bei der Verkündung keine der Parteien anwesend ist (§ 311 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Die Angabe, welche dieser beiden Arten der Verkündung erfolgt ist, schreibt das Gesetz nicht vor. Dem Erfordernis des § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO ist deshalb Genüge getan, wenn der Richter lediglich protokolliert, dass die anliegende Entscheidung verkündet worden ist, selbst wenn dies zu Zweifeln über die gewählte Form der Verlautbarung Anlass geben könnte (BGH Urteile vom 16. Oktober 1984 - VI ZR 205/83 - NJW 1985, 1782, 1783 und BGHZ 10, 327, 329).
13
Auch im Übrigen stehen Verkündungsmängel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem wirksamen Erlass eines Urteils nur entgegen , wenn gegen elementare, zum Wesen der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde, so dass von einer Verlautbarung im Rechts- sinne nicht mehr gesprochen werden kann. Sind deren Mindestanforderungen hingegen gewahrt, hindern auch Verstöße gegen zwingende Formerfordernisse das Entstehen eines wirksamen Urteils nicht (BGHZ GSZ 14, 39, 44 ff.; BGH Urteil vom 16. Oktober 1984 - VI ZR 205/83 - NJW 1985, 1782, 1783). Zu den Mindestanforderungen gehört, dass die Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt war oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet wurden (BGH Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 37/03 - FamRZ 2004, 1187, 1188 mwN).
14
b) Nach diesen Grundsätzen liegt hier ein wirksames Urteil vor. Unabhängig von den im Einzelnen gerügten Verstößen gegen den notwendigen Inhalt des Verkündungsprotokolls nach § 160 ZPO liegt hier zweifelsfrei eine Verlautbarung des Gerichts vor.
15
Dies musste von den Parteien auch so verstanden werden. Das Amtsgericht hatte mit Verfügung vom 1. November 2010 ein schriftliches Verfahren angeordnet und Verkündungstermin auf den 29. November 2010 bestimmt. Das vorliegende Urteil ist vom Abteilungsrichter unterzeichnet und ausweislich seines Vermerks am 29. November 2010 verkündet worden. Weil sich der Vermerk auf der Rückseite des Originalurteils befindet, kann trotz der falschen Bezeichnung als Beschluss auch kein Zweifel aufkommen, welche Entscheidung verkündet worden ist. Entsprechend hat auch die Geschäftsstelle die Verkündung des Urteils am 29. November 2010 vermerkt. Auf der Grundlage dieser Verkündung hat die Geschäftsstelle die Zustellung des Urteils an die Parteivertreter verfügt. Dem Beklagtenvertreter ist das "Urteil vom 29.11.2010" sodann am 6. Dezember 2010 zugestellt worden. Die Zustellung des Urteils hat er mit Empfangsbekenntnis bestätigt.
16
Danach konnte für den Beklagten kein Zweifel daran bestehen, dass am 29. November 2010 - wie im Beschluss vom 1. November 2010 angekündigt - das Urteil verkündet worden war, das ihm am 6. Dezember 2010 zugestellt wurde. Die weiteren Verkündungsmängel sind mit der Verlautbarung der Entscheidung nicht unvereinbar und stehen einem wirksamen Urteil deswegen nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11 - NJW-RR 2012, 1 Rn. 14; BGH Urteile vom 12. März 2004 - V ZR 37/03 - FamRZ 2004, 1187, 1188 und vom 16. Oktober 1984 - VI ZR 205/83 - NJW 1985, 1782, 1783; BGHZ GSZ 14, 39, 44 ff.; BFHE 140, 514).
17
c) Weil somit nach der Verkündung ein wirksames Urteil vorlag, kommt es auf die Frage einer Verlautbarung durch Zustellung des Urteils an Verkündungs statt nach § 310 Abs. 3 ZPO nicht an. Nur in diesen Fällen, in denen die Verlautbarung der Entscheidung durch Zustellung erfolgt, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung an alle Parteien (Senatsbeschluss vom 5. Oktober 1994 - XII ZB 90/94 - NJW 1994, 3359, 3360). Wird hingegen - wie hier - ein bereits durch Verkündung verlautbartes Urteil zugestellt, beginnt die Rechtsmittelfrist für jede Partei mit der Zustellung an sie. Weil das Urteil dem Beklagten am 6. Dezember 2010 zugestellt wurde, lief die einmonatige Berufungsfrist des § 517 ZPO mithin am 6. Januar 2011 ab.
18
2. Zutreffend sind auch die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts , wonach das Rechtsmittel des Beklagten vom 4. Januar 2011 nicht rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingegangen ist.
19
a) Weil für das Verfahren weiterhin das frühere Prozessrecht galt, war die Berufung nach § 519 Abs. 1 ZPO durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht, hier also bei dem Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 a GVG), einzulegen. Der Beklagtenvertreter hatte sein Rechtsmittel, das unzutreffend auch als Beschwerde bezeichnet war, hingegen an das nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht unzuständige Amtsgericht geschickt. Beim zuständigen Oberlandesgericht ist das Rechtsmittel nach Weiterleitung durch das Amtsgericht erst am 11. Januar 2011 und somit verspätet eingegangen.
20
b) Indem das Amtsgericht die Berufung des Beklagten lediglich im ordentlichen Geschäftsgang an das zuständige Oberlandesgericht weitergeleitet hat, hat es keine Verfahrensrechte des Beklagten verletzt.
21
Der Richter ist einerseits aufgrund des Anspruchs auf ein faires Verfahren zur Rücksichtnahme auf die Parteien verpflichtet. Andererseits muss auch die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher Belastung geschützt werden (BVerfG NJW 2006, 1579). Eine generelle Fürsorgepflicht des für die Rechtsmittelbegründung unzuständigen Gerichts, durch Hinweise oder andere geeignete Maßnahmen eine Fristversäumung des Rechtsmittelführers zu verhindern, besteht deswegen nicht (vgl. BGH Beschluss vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09 - WuM 2010, 592 Rn. 7). Geht eine fristgebundene Rechtsmittelbegründung oder ein entsprechender Verlängerungsantrag statt beim Rechtsmittelgericht bei dem erstinstanzlichen Gericht ein, ist dieses grundsätzlich lediglich verpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten.
22
Geht der Schriftsatz so rechtzeitig ein, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann, darf die Partei darauf vertrauen, dass der Schriftsatz noch rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht. Kommt das angerufene Gericht dem nicht nach, wirkt sich das Verschulden der Partei oder ihrer Verfahrensbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vori- gen Stand zu gewähren ist. Die eine Wiedereinsetzung begehrende Partei hat jedoch darzulegen und glaubhaft zu machen, dass ihr Schriftsatz im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang fristgerecht an das zuständige Rechtsmittelgericht hätte weitergeleitet werden können (Senatsbeschlüsse vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 371 Rn. 12 und vom 17. August 2011 - XII ZB 50/11 - FamRZ 2011, 1649 Rn. 20 ff.). Weil das Rechtsmittel des Beklagten hier erst einen Tag vor Fristablauf beim unzuständigen Gericht eingegangen ist, ist es den Gerichten nicht anzulasten, dass die Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang nicht zum rechtzeitigen Eingang beim Oberlandesgericht geführt hat.
23
c) Der Beklagte war auch nicht ausnahmsweise berechtigt, sein Rechtsmittel nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch beim Amtsgericht einzulegen.
24
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Meistbegünstigungsgrundsatz in Fällen, in denen das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt hat. Dann steht den Parteien auch dasjenige Rechtsmittel zu, welches nach Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist. Daneben bleibt das Rechtsmittel zulässig, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung statthaft gewesen wäre. Das Meistbegünstigungsprinzip stellt damit eine Ausprägung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der allgemeinen Gleichheit vor dem Gesetz und des Vertrauensschutzes dar. Über die Fälle einer inkorrekten Entscheidung hinaus kommt es daher auch dann zur Anwendung, wenn für den Rechtsmittelführer eine Unsicherheit über das einzulegende Rechtsmittel besteht, sofern diese auf einem Fehler oder einer Unklarheit der anzufechtenden Entscheidung beruht (Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - GuT 2009, 209 Rn. 17; BGHZ 152, 213 = NJW-RR 2003, 277 Rn. 46 und BGH Beschluss vom 21. Oktober 1993 - V ZB 45/93 - WM 1994, 180).
25
Mit der gleichen Begründung findet der Grundsatz der Meistbegünstigung Anwendung, wenn das Gericht für sein Verfahren zwar die Entscheidungsform zutreffend gewählt, inhaltlich aber ein unzutreffendes Verfahrensrecht angewandt hat. Denn auch in diesen Fällen ist das Vertrauen der Beteiligten auf das angewandte Verfahrensrecht schutzwürdig (Senatsbeschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZB 553/10 - FamRZ 2011, 966 Rn. 13 und vom 6. Juli 2011 - XII ZB 100/11 - FamRZ 2011, 1575 Rn. 12 f.).
26
Diese Voraussetzungen liegen hier allerdings nicht vor. Das Amtsgericht hat das bereits seit August 2007 anhängige Verfahren zutreffend weiter nach dem früheren Prozessrecht betrieben, ein schriftliches Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und durch Urteil entschieden. Die Parteien sind - wie es dem früheren Prozessrecht entspricht - als Klägerin und Beklagter bezeichnet. Entsprechend enthält die Entscheidung auch keine Rechtsmittelbelehrung. Die Entscheidung ist auch bei der Zustellung zutreffend als Urteil bezeichnet. Für die Parteien bestand im Zeitpunkt der Zustellung deswegen kein Zweifel daran, dass das Amtsgericht zutreffend nach dem früheren Prozessrecht entschieden hatte und deswegen das Rechtsmittel der Berufung beim Oberlandesgericht einzulegen war.
27
3. Schließlich hat das Oberlandesgericht dem Beklagten auch zu Recht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Berufungsfrist versagt.
28
a) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittel- frist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 371 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Unter Verstoß gegen diese Anforderungen hat der Beklagtenvertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Amtsgericht gesandt, weswegen es schließlich verspätet beim zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
29
b) Ein Rechtsanwalt darf allerdings grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (Senatsbeschlüsse vom 21. April 2010 - XII ZB 64/09 - FamRZ 2010, 1067 Rn. 11 und vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 - VersR 2011, 89 Rn. 16; BGH Beschluss vom 2. November 1995 - VII ZB 13/95 - VersR 1996, 779).
30
Zwar gehört die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen (BGH Beschlüsse vom 25. Juni 1986 - IV a ZB 8/86 - VersR 1986, 1209 und vom 29. April 1982 - I ZB 2/82 - VersR 1982, 769 f.). Sie darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - XII ZB 298/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH Beschluss vom 8. Dezember 1992 - VI ZB 33/92 - VersR 1993, 1381 f.).
31
Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift darf der Rechtsanwalt aber einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss (BGH Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn die weitere allgemeine Büroanweisung besteht, einen solchen Auftrag stets vor allen anderen Aufgaben zu erledigen. Denn in einem solchen Fall stellt die im Einzelfall erteilte zusätzliche Weisung, den Auftrag sofort und vor allen anderen Aufgaben auszuführen, grundsätzlich eine ausreichende Vorkehrung dagegen dar, dass die Eintragung der Frist in Vergessenheit gerät (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 - FamRZ 2009, 217 Rn. 14 und vom 2. April 2008 - XII ZB 190/07 - FuR 2008, 344 Rn. 12 ff.). Betrifft die Anweisung des Rechtsanwalts einen so wichtigen Vorgang wie die Erstellung einer Rechtsmittelschrift und wird sie nur mündlich erteilt, müssen ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen sein oder werden, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Übersendung eines zulässigen Rechtsmittels unterbleibt (Senatsbeschlüsse vom 21. April 2010 - XII ZB 64/09 - FamRZ 2010, 1067 Rn. 11; vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 19 ff. und vom 13. September 2006 - XII ZB 103/06 - FamRZ 2006, 1663 Rn. 9).
32
c) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Oberlandesgericht zu Recht ein Organisationsverschulden des Beklagtenvertreters angenommen.
33
Er hat in seinem Wiedereinsetzungsgesuch darauf hingewiesen, dass die zuständige Kanzleiangestellte aufgrund des stattgefundenen Kanzleiumzugs, der hiermit verbundenen zahlreichen Aufgaben und der starken Frequentierung der Kanzlei durch diverse Lieferanten, technische Dienstleister und sonstigen Publikumsverkehr überlastet gewesen und die Anweisung zur Änderung der falsch erstellten Rechtsmittelschrift darüber in Vergessenheit geraten sei. In einer solchen Situation, in der die unverzügliche Korrektur nicht sichergestellt war, durfte der Prozessbevollmächtigte sich nicht allein auf die Kanzleiangestellte verlassen, sondern hätte die unverzügliche Korrektur der einseitigen Rechtsmittelschrift verlangen müssen und diese erst danach unterzeichnen dürfen , um eine vorzeitige Löschung der Rechtsmittelfrist zu verhindern. Einen so wichtigen Vorgang wie das Absenden einer Rechtsmittelschrift durfte der Rechtsanwalt seiner in der konkreten Situation ersichtlich überforderten Mitarbeiterin nicht allein überlassen. Das sich daraus ergebende Organisationsverschulden des Beklagtenvertreters ist dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
34
4. Weil der Beklagte die Berufungsfrist nicht schuldlos versäumt hat, hat das Oberlandesgericht ihm die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO zu Recht versagt. Auch die Verwerfung der Berufung nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist deswegen nicht zu beanstanden.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
AG Duderstadt, Entscheidung vom 29.11.2010 - 2 F 154/07 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 11.03.2011 - 3 UF 9/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 38/14
vom
4. November 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze
mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen,
ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben.
Sie soll vielmehr auch gewährleisten, festzustellen, ob möglicherweise in einer
bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch
aussteht (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II mwN).

b) Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen, dass auch eine gestrichene
Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist
auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich, denn sie darf keine
hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten
(im Anschluss an BGH, Beschluss vom 2. März 2000
- V ZB 1/00 aaO mwN).
BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14 - LG Kassel
AG Kassel
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider, die
Richterin Dr. Fetzer und den Richter Kosziol

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 30. Mai 2014 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 4.800,36 €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin hat gegen den Beklagten Klage auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten erhoben. Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. März 2014 abgewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. März 2014 zugestellt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin vom 17. April 2014 wurde auf dem Postweg übermittelt und ging erst am 23. April 2014 (Mittwoch ) beim Landgericht ein. Nach Erteilung eines gerichtlichen Hinweises auf den verspäteten Eingang der Berufungsschrift beantragte die Klägerin mit beim Landgericht am 30. April 2014 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.
2
Zur Begründung ihres Antrags hat sie angeführt und glaubhaft gemacht, die seit mehreren Jahren in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beschäftigte Mitarbeiterin, die bislang äußerst sorgfältig und fehlerfrei gearbeitet habe, habe die im elektronisch geführten Fristenkalender ordnungsgemäß eingetragene Berufungseinlegungsfrist am 17. April 2014 bei der ihr aufgetragenen Löschung zweier anderer Fristen unzutreffend als erledigt gekennzeichnet. Dabei habe sie die in der Kanzlei geltenden allgemeinen Anweisungen zur Fristenkontrolle missachtet. Danach dürfe eine Notfrist erst gelöscht werden, wenn diese tatsächlich erledigt sei, also entweder beim Gericht eingereicht und dies in einem von der zuständigen Mitarbeiterin zu unterzeichnenden Vermerk bestätigt worden sei oder wenn ein Schriftsatz per EGVP übermittelt und das Empfangsbekenntnis ausgedruckt und zur Akte genommen worden sei. Im Bereich der Ausgangspost werde eine sogenannte "Rotmappe" für Eil- und Fristensachen geführt. In diese Mappen würden die Schriftsätze in ablaufenden Notfristen einsortiert , so dass diese nochmals optisch gesondert sichtbar seien.
3
Die zuständige Kanzleimitarbeiterin habe die vorzeitige Streichung der Frist für unschädlich gehalten, da ihr bekannt gewesen sei, dass der Schriftsatz schon unterschriftsreif erstellt gewesen sei und sie beabsichtigt habe, ihn am selben Tag noch bei Gericht abzugeben. Bei Sortieren der Ausgangspost am Nachmittag des 17. April 2014 habe sie dann aber die inzwischen unterzeichnete Berufungsschrift nicht in die "Rotmappe" für Eil- und Fristsachen einsortiert, sondern zur regulären Post gelegt, diese dann aber infolge erheblichen Arbeitsanfalls am 22. April 2014, also am Tag des Fristablaufs, nicht zum Gericht gebracht , weil sich nur wenige Schriftstücke in der Ausgangspost befunden hätten. Hierbei habe sie übersehen, dass sich darunter auch die in der vorliegenden Sache gefertigte Berufungsschrift befunden habe.
4
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zurückgewiesen und ihre Berufung unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt , es komme nicht darauf an, ob die Berufungsfrist infolge eines der Klägerin nicht anzulastenden Fehlverhaltens der Kanzleiangestellten (Löschung der Frist im Kalender vor tatsächlichem Postausgang; Nichteinsortieren in die für Eil- und Fristsachen vorgesehene "Rotmappe"; Nichteinreichen der Post bei Gericht am Dienstag nach Ostern) nicht fristgerecht beim Berufungsgericht eingegangen sei. Denn ein der Klägerin zuzurechnendes Verschulden und für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich gewordenes, eigenständiges Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten liege jedenfalls darin begründet , dass er nicht alles ihm Zumutbare veranlasst habe, damit die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gewahrt werde. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehöre unter anderem eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die gewährleiste, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werde. Dass eine solche selbständige und abschließende Kontrolle der Fristen im Büro des Klägervertreters durchgeführt werde, sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. In der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten bestehe lediglich die Handhabung, dass Notfristen erst bei tatsächlicher Erledigung im Fristenkalender gelöscht werden dürften, und dass Eil- und Fristsachen im Rahmen der Ausgangspost durch eine für die Gerichtspost geführte "Rotmappe" kontrolliert würden. Bei Durchführung einer abendlichen Ausgangskontrolle anhand des Fristenkalenders wäre aber die noch nicht erfolgte Absendung der Berufungsschrift festgestellt worden.

II.

5
Die nach §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen, sind nicht erfüllt.
6
1. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt der angefochtene Beschluss nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 6 mwN). Auch beruht die angefochtene Entscheidung - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht auf einem grundlegenden Fehlverständnis der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
7
2. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltlichen Organisationspflichten bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht überspannt, sondern unter Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze die Wiedereinsetzung in die ver- säumte Berufungsfrist rechtsfehlerfrei versagt und das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht ausgeschlossen worden, dass die Fristversäumung auf einem - ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) - anwaltlichen Organisationsmangel (§ 233 ZPO) in der abendlichen Ausgangskontrolle in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beruht.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
9
b) Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO Rn. 10). Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2009 - III ZB 26/07, aaO; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris aaO; jeweils mwN). Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN).
10
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, dient die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Dies stellt zwar eine wichtige Funktion der Ausgangskontrolle am Ende jeden Arbeitstages dar. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Ausgangskontrolle jedoch nicht. Vielmehr soll die erneute und abschließende Überprüfung auch dazu dienen, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, aaO mwN). Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen , dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist auch bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich , denn sie darf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Über- prüfungssicherheit bieten (BGH, Beschluss vom 2. März 2000 - V ZB 1/00 aaO mwN).
11
c) Dass eine solche selbständige und abschließende Endkontrolle integraler Bestandteil der organisatorischen Abläufe in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist, hat diese weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Sie hat lediglich die Verfahrensweise bezüglich der Löschung von Notfristen im Fristenkalender und der Sammlung von Schriftsätzen in Eil- und Fristsachen in einer farblich auffälligen "Rotmappe" beschrieben. Dagegen lässt sich weder dem Vortrag der Klägerin noch der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der zuständigen Kanzleimitarbeiterin oder der anwaltlichen Versicherung des Klägervertreters entnehmen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in seiner Kanzlei eine allabendliche Ausgangskontrolle eingeführt hat, bei der vor Büroschluss die in verschiedenen Mappen oder Fächern abgelegten Schriftsätze mit dem Inhalt des Fristenkalenders abgeglichen werden. Demensprechend beschränkt sich die Rechtsbeschwerde darauf, die Ursächlichkeit dieses anwaltlichen Organisationsverschuldens in Abrede zu stellen.
12
d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist das Fehlen einer wirksamen allabendlichen Ausgangskontrolle von Fristsachen anhand des Fristenkalenders für die Versäumung der Berufungsfrist zumindest mitursächlich geworden. Die Berufungsfrist lief am Osterdienstag, dem 22. April 2014 ab. Das Fristende war korrekt im elektronischen Fristenkalender eingetragen und im Laufe des Nachmittags des 17. April 2014 als erledigt markiert worden. Die als erledigt ausgewiesene Frist war - was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Führung eines Fristenkalenders unverzichtbar ist - als solche aber noch erkennbar. In dem in der Kanzlei des Klägervertreters verwendeten elektronischen Fristenkalender werden Fristsachen rot markiert angezeigt. Die Lö- schung einer Frist erfolgt dadurch, dass die Mitarbeiterin den entsprechenden Fristeneintrag anklickt und an der hierfür vorgesehenen Stelle einen Haken setzt. Neben dem Fristeneintrag wird dann die Anmerkung "erledigt" angezeigt; gleichzeitig verschwindet die Rotmarkierung.
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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es daher bei dem vom Klägervertreter verwendeten elektronischen Fristenkalender technisch durchaus möglich, im Falle eines ordnungsgemäßen allabendlichen Abgleichs der Post mit den Kalendereinträgen diejenigen Fristen aufzudecken, die zu Unrecht als erledigt gekennzeichnet worden sind. Dazu hätte es allerdings der für eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle unverzichtbaren, in der Kanzlei des Klägervertreters allerdings nicht praktizierten Handhabung bedurft, sämtliche für den jeweiligen Tag eingetragenen Fristsachen (auch diejenigen, in denen die Fristen als erledigt bezeichnet worden sind) am Ende des Arbeitstages anhand der Ausgangspost (und gegebenenfalls der Akten) darauf zu überprüfen, ob sich die in diesen Sachen zu erstellenden Schriftsätze in der für Eil- und Fristsachen bestimmten "Rotmappe" oder - falsch einsortiert - in der regulären Post, befinden, beziehungsweise ob sie - gemäß dem in den Akten befindlichen Erledigungsvermerk - bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgesandt worden sind. Der Rechtsanwalt, der gesonderte Mappen für eilbedürftige Post führt, muss, um eine wirksame Endkontrolle zu schaffen, auch geeignete organisatorische Vorkehrungen dagegen treffen, dass von dem Abgleich mit dem Fristenkalender solche Schriftstücke ausgenommen werden, die versehentlich in die reguläre Post gelangt sind.
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Hätte in der Kanzlei des Klägervertreters eine entsprechende Anordnung zur Durchführung der beschriebenen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiterin die Berufungsfrist nicht versäumt worden. Bei einem Abgleich sämtlicher in der Ausgangspost befindlicher Schriftstücke mit den für den 22. April 2014 im Fristenkalender enthaltenen Eintragungen wäre offenbar geworden, dass die im Streitfall vor Erledigung der Fristsache gelöschte Frist tatsächlich noch nicht erledigt war, weil die gefertigte Berufungsschrift noch nicht abgesandt war, sondern sich in der regulären Ausgangspost befand und daher von der Mitarbeiterin noch am selben Abend hätte bei Gericht eingereicht werden müssen. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - II ZB 3/11, NJW-RR 2012, 747 Rn. 14). Im Streitfall kommt hinzu, dass sich am 22. April 2014 nach den Angaben der Mitarbeiterin in dem für die Gerichtspost bestimmten Postausgangsfach , in dem die Berufungsschrift (versehentlich) abgelegt war, nur wenige Schriftstücke befanden, so dass der Schriftsatz mit geringem Prüfungsaufwand hätte entdeckt werden können. Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer Kosziol
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.03.2014 - 451 C 1403/13 -
LG Kassel, Entscheidung vom 30.05.2014 - 1 S 134/14 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.