Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 12. März 2014 - 11 Sa 558/13

ECLI:ECLI:DE:LAGK:2014:0312.11SA558.13.00
bei uns veröffentlicht am12.03.2014

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.06.2013 - 6 Ca 3986/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 12. März 2014 - 11 Sa 558/13

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 12. März 2014 - 11 Sa 558/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 12. März 2014 - 11 Sa 558/13 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 17 Anzeigepflicht


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 2 Änderungskündigung


Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt a

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Okt. 2000 - X ZR 97/99

bei uns veröffentlicht am 17.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 97/99 Verkündet am: 17. Oktober 2000 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB §§ 651 g,

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Dez. 2012 - 6 AZR 348/11

bei uns veröffentlicht am 13.12.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 2011 - 7 Sa 7/11 - auf

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Apr. 2010 - 2 AZR 991/08

bei uns veröffentlicht am 22.04.2010

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2008 - 7 Sa 33/08 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2008 - 7 Sa 33/08 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung.

2

Die Klägerin trat Anfang des Jahres 2000 in die Dienste der beklagten Lebensversicherung. Sie war zuletzt als Sachbearbeiterin in der Abteilung Organisationsservice/Vertrieb tätig und Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats. Im Frühjahr 2006 kam es zu einer umfangreichen Neuordnung innerhalb der Unternehmensgruppe, der die Beklagte angehört.

3

Mit Schreiben vom 24. April 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Hauptverwaltungen im Bereich „Leben“ würden am Standort K der H Leben Betriebsservice GmbH gebündelt. Die Vertriebsaktivitäten „Freie Vermittler“ und die zentralen Vertriebsfunktionen würden in der H Leben Vertriebsservice AG zusammengeführt. Deshalb erhalte die Klägerin ein Vertragsangebot zur Weiterbeschäftigung am Standort K und zur damit verbundenen Übernahme ihres Arbeitsverhältnisses durch die H Leben Vertriebsservice AG. Mit Schreiben vom 21. Mai 2007 widersprach die Klägerin dem angezeigten Betriebsübergang.

4

Mit Schreiben vom 14. Mai 2007, dem Betriebsratsvorsitzenden am 21. Mai 2007 übergeben, hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat an. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„... im Zuge der beabsichtigten Zusammenführung der Betriebs- und Zentralfunktionen bzw. der Vertriebsfunktionen ... beabsichtigen wir, [der Klägerin] die ordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung ihres durch Betriebsteilübergang auf die H übergegangenen Arbeitsverhältnisses ... unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Quartalsende mit Wirkung zum 31.12.2007 ... auszusprechen. Sollte [die Klägerin] dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die H noch im Laufe der Widerspruchsfrist wirksam widersprechen, werden wir statt der Änderungs- eine Beendigungskündigung aussprechen müssen, ... . Zu diesen Kündigungen hören wir Sie hiermit an.

        

...

        

2.2 … Ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses liegt bisher nicht vor, jedoch hat [die Klägerin] noch die Möglichkeit zum Widerspruch, da die Widerspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist. Ob ein Widerspruch erfolgen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

        

...

        

2.3 Das weitere Vorgehen bestimmt sich daher in Abhängigkeit davon, ob ein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge des Betriebsteilüberganges erfolgt oder nicht, wie folgt:

        

...“

5

Am 24. Mai 2007 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung. Am 30. Mai 2007 zeigte die Beklagte gegenüber der Agentur für Arbeit die geplanten Massenentlassungen an.

6

Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 2007.

7

Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, da es noch über den 31. Dezember 2007 hinaus Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten für sie gebe. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, weil die Beklagte im Rahmen des Anhörungsverfahrens offengelassen habe, ob sie im Ergebnis eine Änderungs- oder eine Beendigungskündigung aussprechen werde.

8

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben vom 5. Juni 2007 erklärte Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Kündigung sei aus betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Die Anhörung des Betriebsrats sei nicht zu beanstanden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr, soweit noch rechtshängig, stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Anders als dieses angenommen hat, ist die Kündigung nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam (I.). Ob sie sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, steht noch nicht fest (II.).

12

I. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Nach Satz 3 der Norm ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

13

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausreichend nachgekommen ist. An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind allerdings nicht die selben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen(Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 110, 331, 334; 17. Februar 2000 - 2 AZR 913/98 - zu 2 a der Gründe, BAGE 93, 366, 369 f.).

14

2. Wie das Landesarbeitsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat, widerspricht es dem Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens, dieses zu einem Zeitpunkt einzuleiten, in dem der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht noch nicht verwirklichen will oder kann. Die Anhörung des Betriebsrats erfolgt dann vorzeitig, nämlich in einer Phase, in der die Kündigungsüberlegungen noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung stehen(Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 136 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 6 - sog. Vorratsanhörung). Eine solche Konstellation liegt beispielsweise vor, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zu einer Kündigung anhört, deren Ausspruch noch von einer Einigung über einen Interessenausgleich und Sozialplan abhängt (Senat 27. November 2003 - 2 AZR 654/02 - zu B II 2 b der Gründe, aaO). Gleiches gilt, wenn die Betriebsratsanhörung zu einer Kündigung erfolgt, für die ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund (etwa unentschuldigtes Fehlen) noch gar nicht vorliegt, sondern nur erwartet wird. In solchen Fällen kann der Betriebsrat nicht zu einem bestimmten Kündigungssachverhalt Stellung nehmen, sondern sich nur - gleichsam gutachterlich - zu einem teilweise fiktiven Sachverhalt äußern (BAG 19. Januar 1983 - 7 AZR 514/80 - zu I 2 c bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 28 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 50; so auch LAG Schleswig-Holstein 28. Juni 1994 - 1 Sa 137/94 - zu II der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 102 Nr. 42 bezüglich einer Anhörung zu einer Kündigung in Abhängigkeit von einer Entschuldigung des Arbeitnehmers wegen eines Fehlverhaltens).

15

3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anhörung des Betriebsrats nicht zu beanstanden.

16

a) Im Streitfall stand der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen bereits fest. Im Unterschied zu den genannten Fällen sollte jedenfalls eine der beiden Kündigungen auf jeden Fall ausgesprochen werden. Der Entschluss der Beklagten, das Arbeitsverhältnis in seiner bisherigen Form nicht mehr fortzusetzen, stand unter keinerlei Vorbehalt. Die Lage war vergleichbar der bei einer Änderungskündigung: Die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit war entfallen. Ob eine Beschäftigung zu anderen Bedingungen in Betracht käme, hing allein vom Willen der Arbeitnehmerin ab.

17

b) Unter diesen Umständen widerspricht die Anhörung vom 14. Mai 2007 nicht dem Schutzzweck von § 102 Abs. 1 BetrVG. Die Anhörung soll dem Betriebsrat die Möglichkeit eröffnen, in sachgerechter Weise Bedenken gegen die beabsichtigte Kündigung zu erheben, § 102 Abs. 2 Sätze 1 u. 3 BetrVG, und im Fall einer ordentlichen Kündigung Widerspruch einzulegen, § 102 Abs. 3 BetrVG.Dazu bedarf es einer abgeschlossenen Willensbildung des Arbeitgebers. Diese lag hier vor. Damit war der Betriebsrat in der Lage, sich in sachgerechter Weise zum Kündigungssachverhalt zu äußern. Es waren ihm sämtliche die Entscheidung des Arbeitgebers zur Kündigung beeinflussende Informationen zur Verfügung gestellt worden. Der Betriebsrat konnte sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen selbst ein Bild machen und die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe, dh. Betriebsteilübergang und Stilllegung des Rest-Betriebs, prüfen.

18

c) Auf derselben Linie liegt die Rechtsprechung des Senats zur Betriebsratsanhörung bei Kündigungen, die der Zustimmung des Integrationsamts oder der zuständigen Behörde im Bereich Mutterschutz/Elternzeit bedürfen. Auch hier kann die Anhörung des Betriebsrats vor der Durchführung eines solchen Zustimmungsverfahrens erfolgen. Verfolgt der Arbeitgeber nach bereits abgeschlossener Anhörung seine ursprünglich gefasste Kündigungsabsicht weiter und hat sich der Sachverhalt nicht geändert, so muss der Arbeitgeber nach der Erteilung der Zustimmung den Betriebsrat nicht erneut anhören(Senat 11. März 1998 - 2 AZR 401/97 - zu II 2 der Gründe; 18. Mai 1994 - 2 AZR 626/93 - zu B II 2 a der Gründe, AP BPersVG § 108 Nr. 3 = EzA BGB § 611 Abmahnung Nr. 31; BAG 1. April 1981 - 7 AZR 1003/78 - zu II 1 der Gründe, BAGE 35, 190). In dieser Konstellation hat die Zustimmung des Integrationsamts/der zuständigen Behörde keinen inhaltlichen Einfluss auf die Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers, so dass der Betriebsrat entsprechend dem Schutzzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch ohne Kenntnis der Entscheidung des Integrationsamts/der Behörde zur Kündigungsabsicht Stellung nehmen kann.

19

d) Die Zulässigkeit der Anhörung unter einer Rechtsbedingung ist ebenfalls anerkannt. So kann der Betriebsrat zu einer vorsorglichen weiteren Kündigung angehört werden, die für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der früheren Kündigung erklärt wird. Dies darf zu einem Zeitpunkt geschehen, in dem die Wirksamkeit der ersten Kündigung noch nicht abschließend festgestellt ist.

20

e) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt in der Ausübung des Widerspruchs durch die Klägerin keine wesentliche Änderung der Umstände, die eine erneute Anhörung des Betriebsrats erforderlich gemacht hätte(so Senat 26. Mai 1977 - 2 AZR 201/76 - zu I 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 30). Wie die Beklagte auf diese Entscheidung der Klägerin reagieren würde, hatte sie dem Betriebsrat gerade - ohne sich eine Alternative vorzubehalten - mitgeteilt.

21

f) Auch die Wochenfrist zur Stellungnahme wurde nicht in unzumutbarer Weise abgekürzt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten, dh. eine gezielte Beeinträchtigung des Betriebsrats mit einem in der Kürze der Zeit nicht zu erfassenden Kündigungssachverhalt unter Übergehung seiner Beteiligungsrechte kann hier schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Kündigungssachverhalt für beide Alternativen nahezu identisch ist(Betriebsteilübergang und Stilllegung des Betriebs in H).

22

II. Ob die Kündigung - wie von der Beklagten geltend gemacht - durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen, die eine Sachentscheidung ermöglichen würden, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 563 Abs. 3 ZPO. Dies wird es nachzuholen haben.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Söller    

        

    A. Claes    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Revision der Klägerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 25. März 2011 - 7 Sa 7/11 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. September 2010 - 14 Ca 532/10 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche, auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung beendet wurde. Die Klägerin hat die Klage ausweislich der Klageschrift gegen zwei Beklagte - die O S.A. (Beklagte oder [sog.] Beklagte zu 1.) und die E S.A. ([sog.] Beklagte zu 2.) - gerichtet.

2

Die mit der Klageschrift zu 1. beklagte O S.A., eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Athen, ist eine ehemalige Fluggesellschaft, deren Hauptanteilseigner der griechische Staat ist. Sie unterhielt in Deutschland eine Niederlassung in F mit 36 Arbeitnehmern. Daneben beschäftigte sie weitere 33 Arbeitnehmer in den Stationen B, D, M und S. Keiner dieser Arbeitnehmer war im Flugbetrieb eingesetzt. Sie betreuten vielmehr den Bodenbetrieb des Flugverkehrs der Beklagten von und nach Deutschland. Dazu gehörte ein Teil der Aufgaben der flughafenbezogenen Abfertigung von Passagieren und Fracht. Die Arbeitnehmer gaben zB Tickets aus, reservierten Sitzplätze, betreuten die Passagiere und Reisebüros und rechneten gegenüber Frachtkunden ab. An allen Standorten bestand ein Betriebsrat, zudem war ein Gesamtbetriebsrat gebildet.

3

Der griechische Staat erbrachte gegenüber der Beklagten (zu 1.) wiederholt Leistungen, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Europäische Kommission leitete deshalb mehrere Verfahren wegen unionsrechtswidriger Beihilfen ein. Im Jahr 2008 unterrichtete Griechenland die Europäische Kommission nach Art. 88 Abs. 3 EG(jetzt: Art. 108 Abs. 3 AEUV) über Pläne, bestimmte Vermögenswerte ua. der Beklagten (zu 1.) an die P S.A. zu verkaufen und die Beklagte (zu 1.) danach zu liquidieren. Im September 2008 entschied die Europäische Kommission, dass die gemeldete Maßnahme keine staatliche Beihilfe iSv. Art. 87 Abs. 1 EG(jetzt: Art. 107 Abs. 1 AEUV) sei.

4

Der griechische Gesetzgeber verabschiedete mit Wirkung vom 23. Oktober 2008 das Gesetz 3710/2008. Mit dessen Art. 40 wurde in das Gesetz 3429/2005 Art. 14 A eingefügt. Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 lautet in der beglaubigten Übersetzung auszugsweise:

        

„Sonderliquidation öffentlicher Unternehmen

        

1.    

Öffentliche Unternehmen, die vermehrt:

        

a)    

schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Problemen bei der Strukturierung ihres Eigenkapitals gegenüberstehen oder offensichtlich nicht in der Lage sind, die ihnen gesetzten Zahlungsfristen einzuhalten, oder bei denen sich der Wert des Eigenkapitals gemäß der zuletzt veröffentlichten Bilanz in einer Weise gemindert hat, dass der Artikel 48 des kodifizierten Gesetzes k.n. 2190/1920 Anwendung findet, und

        

b)    

in der Vergangenheit bereits staatliche Beihilfen bezogen haben, weshalb die Gewährung weiterer Beihilfen einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts bedeuten würde, können sich in Abweichung von den Bestimmungen des Insolvenzgesetzbuches einer Sonderliquidation unterziehen. In diesem Fall wird ein Liquidator bestimmt. Liquidator darf jede natürliche oder juristische Person sein, die von den die Liquidation Beantragenden vorgeschlagen wird; Letztere reichen bei dem gemäß dem nachstehenden Absatz zuständigen Gericht die von der als Liquidator vorgeschlagenen Person abgegebene Erklärung darüber ein, dass sie diesen Vorschlag annimmt.

        

…       

        
        

4.    

Die Sonderliquidation bildet für das Unternehmen keinen Grund, sich aufzulösen, sie impliziert auch weder den Betriebsstillstand noch die Auflösung von mit dem Unternehmen bestehenden Verträgen verschiedenster Art noch stellt sie einen Grund zur Auflösung dieser Verträge dar. In jedem Falle bildet sie jedoch allein für den Liquidator einen Grund, mit dem Unternehmen bestehende Verträge jedweder Art zu kündigen. Der Liquidator führt die Geschäfte des Unternehmens, er verwaltet und vertritt es. Der Liquidator darf den sofortigen Betriebsstillstand oder die allmähliche Einschränkung oder Stilllegung des Betriebs des Unternehmens sowie das Weiterbestehen oder die Beendung von mit dem Unternehmen bestehenden Verträgen verschiedenster Art beschließen: Insbesondere die mit dem Personal, das mit dem Unternehmen aufgrund eines abhängigen oder unabhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder durch die Erbringung von Leistungen der Rechtsberatung oder der juristischen Vertretung verbunden ist, bestehenden Arbeits-, Honorar- oder Werkverträge können nach der Bekanntgabe des entsprechenden Beschlusses des Efeteio [Berufungsgerichtes] und nach der von dem Liquidator erfolgenden Einschätzung sowie nach im Interesse der Liquidation liegenden Beschlüssen des Liquidators und je nach Notwendigkeit allesamt oder teilweise durch Auflösung gekündigt oder vorläufig außer Kraft gesetzt werden, ohne dass sich hieraus Strafzahlungen für das Unternehmen ergeben. ...

        

...     

        
        

20.     

Für die Dauer von achtzehn Monaten ab der Veröffentlichung des durch das Efeteio [Berufungsgericht] erlassenen Beschlusses über die Sonderliquidation des Unternehmens werden alle gegen das Unternehmen ergriffenen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sowie Sicherungsmaßnahmen vorläufig außer Kraft gesetzt.“

5

Im Rahmen des Privatisierungsverfahrens stellte die Beklagte (zu 1.) den Flugbetrieb weltweit Ende September 2009 ein. Anschließend nahm die P S.A. den Flugbetrieb in Griechenland auf, ohne Ziele von und nach Deutschland anzusteuern. Die P S.A. firmierte Anfang Oktober 2009 in O S.A. um. Sie beschäftigt in Deutschland keine Arbeitnehmer und unterhält in der Bundesrepublik keine Betriebsräume. Sie bietet auch keine Flugverbindungen von, in und nach Deutschland an, bediente jedoch seit 29. September 2009 einige der zuvor von der Beklagten (zu 1.) im Ausland angebotenen Flugverbindungen. Die O S.A. erwarb vom griechischen Staat die Lizenzrechte an der Marke „O“.

6

Auf Antrag der Griechischen Republik vom 24. September 2009 unterstellte das Berufungsgericht Athen (Efeteio) die Beklagte (zu 1.) mit Beschluss vom 2. Oktober 2009 der Sonderliquidation nach dem durch Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 eingefügten Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005. Das Gericht setzte die ausweislich der Klageschrift zu 2. beklagte E S.A., eine Aktiengesellschaft griechischen Rechts mit Sitz in Athen, als Liquidatorin ein. Bereits am 27. Mai 2009 war in der Zeitung der Regierung der Griechischen Republik (Band Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Bl. Nr. 3847) ein Protokoll des Verwaltungsrats der E S.A. veröffentlicht worden. Danach hatte dieser entschieden, dem Direktor T und dem geschäftsführenden Ratsmitglied Ma die volle Verwaltungs- und Vertretungsmacht der Gesellschaft zu übertragen. Das sollte für alle Fragen außer denjenigen gelten, die nach dem Gesetz eine kollektive Handlung des Verwaltungsrats erforderten. Die beiden Verwaltungsratsmitglieder sollten jeder getrennt handeln können. Im Rahmen ihrer Handlungsmacht sollten sie das Recht haben, unter Gewährung von notariellen Vollmachten oder Vollmachtsurkunden die Ausführung konkreter Aufträge zur Vertretung der Gesellschaft vor Verwaltungs- oder Gerichtsbehörden oder gegenüber Dritten an Angestellte der Gesellschaft oder andere zu übertragen.

7

Von August bis Dezember 2009 fanden in Deutschland zwischen der Beklagten (zu 1.) und dem Gesamtbetriebsrat Interessenausgleichsverhandlungen vor der Einigungsstelle statt. Die Verhandlungen über einen Interessenausgleich scheiterten, der Sozialplan vom 4. Dezember 2009 kam durch Spruch der Einigungsstelle zustande.

8

Die Klägerin war seit Oktober 1993 bei der Beklagten (zu 1.) bzw. deren Rechtsvorgängerin, der O A S.A., tätig, zuletzt als „Sales Representative“ in der Station S. In dieser Station waren neun Arbeitnehmer beschäftigt, darunter mehr als fünf schon vor dem 1. Januar 2004. Die maßgeblichen Arbeitsbedingungen ergaben sich aus den im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Beschäftigungsbedingungen. Nach Nr. 20 dieser Bestimmungen galten sie für die im Anhang 1 aufgeführten Personengruppen, die örtlich in Deutschland durch die Beklagte (zu 1.) angestellt wurden. Dazu gehörten auch „Sales Representatives“.

9

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 leitete Rechtsanwalt G, der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten, die Anhörung des Betriebsrats der Station S zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ein. In diesem Schreiben ist ua. wörtlich ausgeführt:

        

„Betriebsratsanhörung im Sinne des § 102 BetrVG

        

Mitteilung im Sinne von § 17 Abs. 2 KSchG

        

Kündigung des Arbeitsverhältnisses

        

Sehr geehrter Herr …,

        

wie bereits aus dem Einigungsstellenverfahren aktenkundig, vertrete ich die Firma E S.A., …, als Sonderliquidator über das Vermögen der Firma O S.A. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.

        

Ich nehme Bezug insbesondere auf die im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens geführten Gespräche und das Ihnen sicherlich zugeleitete Sitzungsprotokoll nebst Sozialplan vom 04.12.09. Wie daraus ersichtlich ist, sind die Interessenausgleichsgespräche leider gescheitert; ein Sozialplan ist im Wege des Spruchs zustande gekommen.

        

Zu den Hintergründen vorliegender Anhörung teile ich mit, dass nachdem der Flugbetrieb des Unternehmens Ende September 2009 eingestellt wurde, die vollständige Betriebsstilllegung in der Bundesrepublik Deutschland beschlossen und nunmehr in die Wege geleitet ist. Ich überreiche in Anlage das Schreiben meiner Partei vom 01.12.09 nebst amtlicher Übersetzung. Dieses Schreiben wurde dem Gesamtbetriebsrat am 04.12.09 bereits übergeben.

        

Wie daraus ersichtlich ist, wurde das Unternehmen mit Beschluss des Berufungsgerichts Athen vom 02.10.09 unter Sonderliquidation im Sinne von Art. 1 der EU-Verordnung-Nr. 1346/2000 nebst Anhängen I und II gestellt, somit dieses Verfahren einem Insolvenzverfahren gleichzustellen ist.

        

Folglich gilt es, sämtliche derzeit in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden 69 Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung der Kündigungsfrist von drei Monaten, gem. § 113 InsO, zu kündigen. Die Bundesagentur für Arbeit wurde über die Vorgänge in Kenntnis gesetzt.

        

Vorliegend ist mitzuteilen, dass beabsichtigt ist folgendes Arbeitsverhältnis mit der o.g. 3-monatigen Kündigungsfrist zum 31.03.2010 zu kündigen:

        

...“   

10

Es folgten Angaben zur Person der Klägerin (Name, Adresse, Geburtsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, Betriebszugehörigkeit, ausgeübte Tätigkeit, Bruttoentgelt). Diesem Schreiben war das Schreiben der Beklagten (zu 1.) an den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats in englischer Sprache und beglaubigter deutscher Übersetzung beigefügt.

11

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 wies der örtliche Betriebsrat die Anhörung analog § 174 BGB zurück.

12

Die Beklagte (zu 1.) teilte der Agentur für Arbeit S die in der Station S geplanten Entlassungen mit. Die Agentur für Arbeit erwiderte mit Schreiben vom 30. Dezember 2009, dass der Nebenbetrieb in S aufgrund der weiten räumlichen Entfernung zum Hauptbetrieb in F als selbständiger Betrieb gelte. Die Beklagte (zu 1.) sei zu keiner Anzeige von Entlassungen nach § 17 KSchG verpflichtet, weil sie in S in der Regel nur neun Arbeitnehmer beschäftige.

13

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2009, das der Klägerin am 30. Dezember 2009 zuging, kündigte Rechtsanwalt G „namens und in Vollmacht des Sonderliquidators“ das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. März 2010. Das Schreiben lautet auszugsweise:

        

„O S.A. ./. …

        

hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Sehr geehrte Frau T,

        

wie bereits aktenkundig vertrete ich die Firma E S.A., gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Ma, …, als Sonderliquidator über das Vermögen der Firma O S.A.

        

Ich bin beauftragt, unter Vorlage einer Originalvollmacht folgende Erklärungen abzugeben:

        

Namens und in Vollmacht des Sonderliquidators kündige ich …“

14

Dem Kündigungsschreiben war eine von Herrn Ma für die E S.A. unterzeichnete Originalvollmacht vom 11. Dezember 2009 zugunsten von Rechtsanwalt G beigefügt. Darin heißt es:

        

„…    

        

Hiermit bevollmächtige ich,

        

Firma E S.A., gesetzlich vertreten durch den Vorstand, Athen, Hellas,

        

als Sonderliquidator über das Vermögen der ‚Firma O S.A.’ nach OLG Athen, Urteil 5714/2009,

        

Herrn Rechtsanwalt G,

        

das Arbeitsverhältnis mit

        

Frau T

        

zu kündigen.

        

…“    

15

Rechtsanwalt G kündigte auch alle anderen Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der Beklagten in Deutschland.

16

Die Klägerin ließ die Kündigung mit Schreiben vom 12. Januar 2010 zurückweisen, weil keine ordnungsgemäßen Haupt- und Untervollmachtsurkunden vorgelegt worden seien. Vorsorglich werde die Kündigung auch mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung zurückgewiesen. Dieses Schreiben ging Rechtsanwalt G am selben Tag zu.

17

Mit ihrer am 20. Januar 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses. In der Klageschrift ist als Beklagte zu 1. die „O S.A., Hauptniederlassung Deutschland“ und als Beklagte zu 2. die „E - Administration of assets and liabilities S.A., … gesetzlich vertreten durch den Vorstand, handelnd als Sonderliquidator über das Vermögen der Beklagten Ziff. 1“ angegeben. Als Klageantrag ist in der Klagschrift ua. die erstrebte Feststellung angekündigt gewesen, „dass das zwischen der Beklagten Ziff. 1 und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29.12.2009 nicht zum 31.03.2010 aufgelöst werden wird“. Der Klageschrift sind ua. Ablichtungen der Entgeltbescheinigung „12.2009“ der zu 1. beklagten O S.A. und des Kündigungsschreibens beigefügt.

18

Die Klägerin hat zur Begründung der gewählten Parteirollen und des Antrags in erster Instanz ausgeführt, sie stelle gleichlautende Anträge gegen beide Beklagte. Sie gehe zwar davon aus, dass die Beklagte zu 1. passivlegitimiert sei. Nach Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 idF von Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 vertrete der Liquidator das Unternehmen lediglich. Zudem handle es sich bei dem Sonderliquidationsverfahren um kein Insolvenzverfahren iSd. Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Tatsächlich handle es sich bei dem mit dem Gesetz 3710/2008 eingeführten Sonderliquidationsverfahren um ein neues Verfahren, das anderen Eröffnungsbedingungen unterliege und andere Verfahrensabläufe habe als das in Griechenland bereits seit 1956 bestehende Sonderliquidationsverfahren. Für den Fall, dass das Gericht dennoch einen Übergang der Prozessführungsbefugnis auf die E S.A. annehme, werde die Klage vorsorglich „unbedingt (ohne unzulässige außerprozessuale Bedingung) mit gleichlautenden Anträgen auch gegen die Beklagte Ziff. 2 gerichtet“. Die Anträge seien einheitlich formuliert worden, weil in diesem Fall nur die Prozessführungsbefugnis - nicht auch die Arbeitgebereigenschaft - auf die E S.A. übergegangen sei.

19

Die Kündigung könne das Arbeitsverhältnis nicht beenden, weil sie wirksam nach § 174 BGB zurückgewiesen worden sei. Die Kündigung sei auch nach § 102 BetrVG unwirksam, weil der Betriebsrat das Anhörungsschreiben in entsprechender Anwendung von § 174 BGB habe zurückweisen dürfen. Die Massenentlassung sei nicht ordnungsgemäß angezeigt worden. In Deutschland habe ein einheitlicher Betrieb der Beklagten (zu 1.) bestanden. Die bedeutsamen Entscheidungen seien in der zentralen Verwaltung der Beklagten (zu 1.) in F getroffen worden. Die Kündigung sei ferner sozial nicht gerechtfertigt. Als sie erklärt worden sei, sei die Stilllegung noch nicht endgültig beabsichtigt gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht getroffen worden. Jedenfalls sei die Kündigungsfrist unzutreffend berechnet. Maßgeblich sei die vertragliche Kündigungsfrist, sodass das Arbeitsverhältnis frühestens mit dem 31. Dezember 2010 beendet worden sei.

20

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen ihr und der Beklagten (zu 1.) bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29. Dezember 2009 nicht zum 31. März 2010 aufgelöst worden ist.

21

Die sog. Beklagten zu 1. und zu 2. haben beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anwendungsbereich der EuInsVO sei eröffnet. Deshalb sei auf das Arbeitsverhältnis deutsches Recht anzuwenden. Jedenfalls liege ein nach § 343 InsO anzuerkennendes ausländisches Insolvenzverfahren vor. Bei der zugunsten von Herrn Ma ausgestellten Vollmacht handle es sich um eine Hauptvollmacht. Herr Ma sei ausweislich des amtlich veröffentlichen Protokolls des Verwaltungsrats alleinvertretungsberechtigt gewesen. § 174 BGB gelte für die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG nicht. Jedenfalls sei dem Betriebsrat die Vollmacht von Rechtsanwalt G ua. aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich bekannt gewesen, an denen die örtlichen Betriebsräte teilgenommen hätten. Eine Massenentlassungsanzeige sei nicht erforderlich gewesen, weil für die Station S der Schwellenwert nicht erreicht gewesen sei. Eine Sozialauswahl sei nicht zu treffen gewesen. Die nötigen Abwicklungsarbeiten seien nur von einem Arbeitnehmer aus der Buchhaltung und dem Finanzdirektor vorgenommen worden, mit denen die Klägerin nicht vergleichbar sei und die nicht in S beschäftigt gewesen seien.

22

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Zurückweisung der Kündigung entsprechend § 174 Satz 1 BGB ua. deswegen für unbeachtlich gehalten, weil die Klägerin die Kündigung erst 13 Tage nach Zugang des Kündigungsschreibens und damit nicht unverzüglich zurückgewiesen habe. Dagegen hat die Klägerin in der Folge keine Rügen erhoben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin in Bezug auf die sog. Beklagte zu 2. festgestellt, dass das zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 2. vom 29. Dezember 2009 nicht aufgelöst worden ist. In Bezug auf die sog. Beklagte zu 1. hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision will die Klägerin festgestellt wissen, dass das zwischen ihr und der Beklagten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29. Dezember 2009 nicht zum 31. März 2010 aufgelöst worden ist. Die ausweislich der Klageschrift zu 2. beklagte E S.A. hat mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision die vollständige Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe

23

Die Revision der in Wirklichkeit ausschließlich Beklagten (zu 1.) ist begründet. Die Revision der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

24

A. Die deutschen Gerichte sind für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Der für die Anwendung der EuGVVO erforderliche Auslandsbezug (vgl. dazu EuGH 17. November 2011 - C-327/10 - [Lindner] Rn. 29, NJW 2012, 1199) ergibt sich daraus, dass die sog. Beklagten zu 1. und zu 2. ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben (vgl. EuGH 1. März 2005 - C-281/02 - [Owusu] Rn. 26, Slg. 2005, I-1383). Der allgemeine Feststellungs- und der Kündigungsschutzantrag sind keine Annexverfahren iSv. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO). Bei ihnen wäre die internationale Zuständigkeit aufgrund der Bereichsausnahme in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b EuGVVO den Gerichten des Staats der Verfahrenseröffnung, hier also den griechischen Gerichten, zugeordnet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das über das Vermögen der Beklagten (zu 1.) mit Beschluss des Berufungsgerichts Athen vom 2. Oktober 2009 eröffnete Sonderliquidationsverfahren nach Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 idF von Art. 40 des Gesetzes 3710/2008(künftig: Sonderliquidationsverfahren) ein Insolvenzverfahren iSv. Art. 2 Buchst. a EuInsVO ist. Kündigungsschutzklagen gegen eine - wie hier - nach deutschem Recht erklärte Kündigung fehlt der spezifische Insolvenzbezug, um den für die Annahme eines Annexverfahrens erforderlichen engen Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren zu bejahen. Das gilt auch dann, wenn die kurze Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO maßgeblich sein soll. Solche Klagen haben ihren Rechtsgrund nicht im Insolvenzrecht, sondern im Arbeitsrecht. Für sie bestimmt sich die internationale Zuständigkeit deshalb nach der EuGVVO und nicht nach der EuInsVO (vgl. ausführlich BAG 20. September 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 16 ff., ZIP 2012, 2312). Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aufgrund der rügelosen Einlassung der sog. Beklagten zu 1. und zu 2. jedenfalls aus Art. 24 EuGVVO, wenn sie nicht schon nach Art. 19 Nr. 2 Buchst. a EuGVVO aus dem Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsorts folgt.

25

B. Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten sind zulässig.

26

I. Die Zulässigkeit der Rechtsmittel bestimmt sich nach deutschem Zivilprozessrecht. Nach den Regeln des deutschen Internationalen Prozessrechts richtet sich das Verfahren auch in Fällen mit Auslandsberührung nach der lex fori, dh. dem Recht des angerufenen Gerichts und damit nach den inländischen Prozessvorschriften (vgl. BGH 14. Oktober 1981 - IVb ZB 718/80 - zu III 3 b aa der Gründe, BGHZ 82, 34; 21. Dezember 1976 - III ZR 83/74 - zu II 1 der Gründe, WM 1977, 332).

27

II. Die beiden Revisionsklägerinnen, die Klägerin und die Beklagte, sind durch die angefochtene Entscheidung auch dann beschwert, wenn die Beschwer anhand der von der Klägerin gewählten Parteibezeichnungen auf Beklagtenseite beurteilt wird.

28

1. Die Klägerin hat durch das Berufungsurteil ihr Klageziel der Feststellung erreicht, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29. Dezember 2009 nicht aufgelöst wurde. Sie hat gegen beide von ihr als Beklagte bezeichnete juristische Personen nur einen einheitlichen Klageantrag gerichtet. Das beruht darauf, dass die Klägerin nicht von einem Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 2., sondern ausschließlich von einem Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1. ausgegangen ist und die Beklagte zu 2. lediglich als Prozessstandschafterin in Anspruch genommen hat. Mit ihrer Revision erstrebt sie damit im Ausgangspunkt die erneute Bestätigung dieses Ausspruchs. Sie will festgestellt wissen, dass die Kündigung vom 29. Dezember 2009 das Arbeitsverhältnis nicht auflöste. Mit dem Antrag, die Revision der Beklagten zu 2. zurückzuweisen, begehrt sie zugleich die Bestätigung der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1. durch die Kündigung vom 29. Dezember 2009 nicht aufgelöst wurde. In der Gesamtschau der Revisionsanträge will die Klägerin also zweimal festgestellt wissen, dass die Kündigung vom 29. Dezember 2009 das Arbeitsverhältnis nicht auflöste. Das ist prozessual nicht möglich. Die erforderliche Beschwer besteht dennoch.

29

a) Für das Rechtsmittel der klagenden Partei ist eine formelle Beschwer erforderlich (vgl. BGH 20. Dezember 2005 - XI ZR 66/05 - Rn. 14, NJW-RR 2007, 138). Sie ist zu bejahen, wenn die angefochtene Entscheidung von dem gestellten Antrag nachteilig abweicht. Ausreichend ist bereits die (teilweise) Abweisung der Klage, auch wenn die Abweisung nicht materiell rechtskräftig wird und „ins Leere geht“, weil nach der angefochtenen Entscheidung kein Raum für eine Teilabweisung war. Bereits der Anschein einer Beschwer eröffnet der mit dem unrichtigen Urteil belasteten klagenden Partei den Zugang zur Rechtsmittelinstanz (vgl. BGH 20. Dezember 2005 - XI ZR 66/05 - Rn. 15, aaO; 10. März 1993 - VIII ZR 85/92 - zu II 1 b der Gründe, NJW 1993, 2052).

30

b) Nach diesen Grundsätzen besteht die nötige Beschwer. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit bestätigt, als die Klage gegen die Beklagte zu 1. als unzulässig abzuweisen gewesen sei. Im Prozessrechtsverhältnis gegenüber der Beklagten zu 2. hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten zu 2. vom 29. Dezember 2009 das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht auflöste.

31

c) Die Klägerin erstrebt mit ihrer Revision, dass diese Beschwer beseitigt wird. Dafür genügt es, dass die Klägerin die Klageabweisung beseitigen will, auch wenn dieses Vorgehen mit dem prozessual nicht erreichbaren Ziel verbunden ist, eine Feststellung zu erreichen, die bereits getroffen ist. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse ergibt sich aus der mit der Revision zugleich verlangten Abänderung der Kostenentscheidung (vgl. BGH 10. März 1993 - VIII ZR 85/92 - zu II 1 b der Gründe, NJW 1993, 2052).

32

2. Auch die für die Zulässigkeit der Revision der sog. Beklagten zu 2. erforderliche materielle Beschwer ist zu bejahen. Dafür genügt jeder nachteilige, der Rechtskraft fähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung (vgl. BGH 18. Januar 2007 - IX ZB 170/06 - Rn. 6, NJW-RR 2007, 765; 15. November 2001 - I ZR 76/99 - zu II der Gründe, NJW-RR 2002, 932). Hierfür reicht die Beschwer im Kostenpunkt zwar nicht aus (vgl. BGH 18. Januar 2007 - IX ZB 170/06 - Rn. 5, aaO). Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts aber ausdrücklich „in Bezug auf die Beklagte zu 2.“ abgeändert und neu gefasst. Das beschwert die sog. Beklagte zu 2.

33

C. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, die der Beklagten dagegen begründet. Die Kündigung vom 29. Dezember 2009 beendete das Arbeitsverhältnis mit dem 31. März 2010.

34

I. Der Sache nach war von Anfang an nur eine Beklagte, die O S.A. unter Sonderliquidation, vertreten durch die Liquidatorin E S.A., verklagt. Die Beklagtenbezeichnung war daher richtigzustellen.

35

1. Die Klägerin hat nur einen einheitlichen Kündigungsschutzantrag gegen beide Beklagte gerichtet. Sie hat Klage ausdrücklich „unbedingt (ohne unzulässige außerprozessuale Bedingung) mit gleichlautenden Anträgen auch gegen die Beklagte Ziff. 2“ erhoben. Damit hat sie die Klage - anwaltlich vertreten - ausdrücklich subjektiv gehäuft.

36

a) Eine solche unbedingte subjektive Klagehäufung ist zB in Fällen zulässig, in denen unklar ist, ob es zu einem Betriebsübergang gekommen ist (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B I 2 a der Gründe mwN, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5; 25. April 1996 - 5 AS 1/96 - zu II der Gründe, AP ZPO § 59 Nr. 1).

37

b) Dagegen ist eine bedingte subjektive Klagehäufung, die die Einbeziehung eines oder mehrerer weiterer Beklagter davon abhängig macht, dass eine außerprozessuale Bedingung eintritt, unzulässig (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 215/03 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5; 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 73, 30, jeweils mwN). Demnach ist es unzulässig, die Klage gegen einen Beklagten von dem Ausgang des Rechtsstreits gegen einen anderen Beklagten abhängig zu machen. Es darf nicht von einer Bedingung abhängen, ob zu einer Partei ein Prozessrechtsverhältnis begründet wird oder nicht (vgl. BAG 11. September 1980 - 3 AZR 544/79 - zu A III 1 der Gründe, BAGE 34, 146). Zulässig sind lediglich - jedenfalls im Rahmen einer hier nicht gegebenen objektiven Klagehäufung - innerprozessuale Bedingungen, etwa bei Hilfsanträgen (vgl. BAG 8. Dezember 1988 - 2 AZR 294/88 - zu I 1 der Gründe, EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 60).

38

2. Diese Rechtsprechung war dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ersichtlich bekannt. Er hat deshalb ausdrücklich erklärt, die Klagen gegen die beiden Beklagten würden jeweils unbedingt erhoben. Der Klägervertreter hat die Prozessrechtsverhältnisse zu den beiden Beklagten gleichwohl in eine bedingte Beziehung gesetzt. Danach ist die Klage gegen die sog. Beklagte zu 2. vorsorglich für den Fall erhoben worden, dass das Gericht wider Erwarten ungeachtet der anderslautenden Argumentation der Klägerin einen Übergang der Prozessführungsbefugnis auf die sog. Beklagte zu 2. annehme. Das ist nichts anderes als eine außerprozessuale Bedingung. Werden Rechtsstreitigkeiten gegen mehrere Beklagte - wie hier - nur äußerlich im Weg der einfachen Streitgenossenschaft verbunden, ist jeder Streitgenosse so zu behandeln, als prozessierte er allein mit dem Gegner. Macht die Klagepartei eine Prozesshandlung gegen den einen Streitgenossen vom Ausgang des Prozesses gegen den anderen Streitgenossen abhängig, handelt es sich bezogen auf den ersten Streitgenossen um eine außerprozessuale Bedingung (vgl. OLG Hamm 22. September 2004 - 31 U 56/04 - zu II 2 der Gründe mwN, MDR 2005, 533).

39

3. Aufgrund der ausdrücklichen Erklärung, die Klageerhebung erfolge unbedingt, ist aufgrund der Rechtskunde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Auslegung dahin, dass tatsächlich eine eventuelle subjektive Klagehäufung beabsichtigt war, ausgeschlossen (vgl. BAG 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 73, 30). Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige bei solchen Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (vgl. BFH in st. Rspr. seit 9. Juni 1986 - IX B 90/85 - BFHE 146, 395; BVerwG 30. April 1985 - 3 CB 35.84 - Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 231).

40

4. Nicht ausgeschlossen ist jedoch eine Auslegung der Parteistellung, die uneingeschränkt noch in der Revisionsinstanz erfolgen kann. Diese Auslegung führt dazu, dass einzige Beklagte die O S.A. in Sonderliquidation, vertreten durch die Liquidatorin E S.A., ist.

41

a) Ist eine Parteibezeichnung nicht eindeutig, ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei angesprochen, die durch die Parteibezeichnung erkennbar betroffen werden soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Ergibt sich aus den gesamten Umständen, wer als beklagte Partei gemeint ist, kann das Rubrum unbedenklich „berichtigt“ werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Klageschrift das Kündigungsschreiben beigefügt ist, aus dem sich ergibt, von wem die Kündigung erklärt ist. Entscheidend ist, dass die rechtliche Identität gewahrt bleibt. Bleibt die Partei nicht dieselbe, handelt es sich um eine Parteiänderung. Eine ungenaue oder erkennbar falsche Parteibezeichnung kann dagegen jederzeit von Amts wegen richtiggestellt werden. Das kann auch noch durch das Revisionsgericht geschehen (vgl. für die st. Rspr. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 f.; 27. November 2003 - 2 AZR 692/02 - zu B I 1 a cc der Gründe, BAGE 109, 47; siehe auch BGH 28. März 1995 - X ARZ 255/95 - zu II der Gründe, AP ZPO § 50 Nr. 8). Die Parteibezeichnung ist rechtsschutzgewährend auszulegen (vgl. BFH 17. Januar 2002 - VI B 114/01 - zu II 4 e der Gründe, BFHE 198, 1). Die Vorschriften des Verfahrensrechts sind kein Selbstzweck. Art. 19 Abs. 4 GG verbietet, den Zugang zu den Gerichten in einer aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren(vgl. BVerfG 9. August 1991 - 1 BvR 630/91 - zu II 1 der Gründe, NJW 1991, 3140; BAG 27. November 2003 - 2 AZR 692/02 - zu B I 1 a cc (1) der Gründe, aaO).

42

b) Nach diesen Grundsätzen ist die unrichtige Bezeichnung der sog. Beklagten zu 1. und zu 2. in der Klageschrift dahin auszulegen, dass sich die Klage von vornherein nur gegen die O S.A. unter Sonderliquidation, vertreten durch die Liquidatorin E S.A., richtete und mit ihr die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt wurde. Durch eine solche Auslegung werden schutzwürdige Belange der Prozessgegnerin, der O S.A., nicht verletzt (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12, BAGE 133, 28; BGH 11. Juli 2003 - V ZR 233/01 - zu II der Gründe, NJW 2003, 3203).

43

aa) Die Besonderheit dieses Rechtsstreits besteht darin, dass die sog. Beklagte zu 2. zwar eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, aber unstreitig nicht Arbeitgeberin der Klägerin wurde. Sie ist lediglich als Sonderliquidatorin über das Vermögen der Arbeitgeberin der Klägerin eingesetzt. Es besteht unstreitig nur ein Arbeitsverhältnis mit der sog. Beklagten zu 1. Fraglich ist nach Auffassung der Klägerin allein, ob die sog. Beklagte zu 1. - abweichend vom deutschen Recht - noch selbst handeln kann und dabei durch die sog. Beklagte zu 2. vertreten wird oder ob sie jedenfalls die Prozessführungsbefugnis verloren hat und diese auf die sog. Beklagte zu 2. übergegangen ist. Es gibt auch nur eine Kündigung, diejenige vom 29. Dezember 2009. Die Kündigung wurde auch nach Auffassung der Klägerin von der sog. Beklagten zu 2. nicht als Arbeitgeberin, sondern nur in ihrer Eigenschaft als Sonderliquidatorin erklärt. Aus diesem Grund hat die Klägerin die sog. Beklagte zu 2. ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als Sonderliquidatorin in Anspruch genommen („handelnd als Sonderliquidator über das Vermögen der Beklagten Ziff. 1“).

44

bb) Die sowohl gegen die Arbeitgeberin als auch die Sonderliquidatorin erhobene Klage und die dafür gewählten Parteibezeichnungen folgen aus diesen Besonderheiten, insbesondere aus der Unsicherheit über die Rechtsstellung von Schuldner und Sonderliquidator nach griechischem Recht. Für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dem bei Übertragung des Mandats und Klageerhebung die deutsche Übersetzung des Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 idF von Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 noch nicht bekannt war, war nicht erkennbar, ob die O S.A. als Schuldnerin ihre Handlungsfähigkeit entsprechend dem deutschen Recht mit der Insolvenzeröffnung verloren hatte und welche Rechtsstellung die Sonderliquidatorin hatte. Das Kündigungsschreiben, mit dem die Kündigung darin „in Vollmacht des Sonderliquidators“ erklärt wurde, räumte diese Zweifel nicht vollständig aus.

45

cc) Trotz dieser Unsicherheiten stand bereits bei Klageerhebung fest, dass nur über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, das zwischen der Klägerin und der O S.A. bestand, gestritten werden sollte und die E S.A. die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses in ihrer Eigenschaft als Sonderliquidatorin erklärt hatte. Es ging nicht um die Frage, ob die sog. Beklagte zu 1. oder die sog. Beklagte zu 2. Arbeitgeberin der Klägerin war, sondern nur darum, wer prozessführungsbefugt für die O S.A. war, die O S.A. selbst oder die E S.A. Dieser Unsicherheit wollte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit der Beklagtenbezeichnung begegnen. Für die sog. Beklagte zu 1. war erkennbar, dass die Kündigungsschutzklage allein gegen sie erhoben werden sollte. Dafür spricht insbesondere das der Klageschrift beigefügte Kündigungsschreiben. Daraus geht hervor, dass die Kündigung unter dem Betreff „O S.A. ./. ... hier: Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ erklärt wurde und der Unterzeichner den Geschäftsführer der Sonderliquidatorin E S.A. vertrat. Damit konnten bei objektiver Würdigung keine berechtigten Zweifel bestehen, dass sich die Klage von Anfang an gegen die O S.A. und nicht gegen die E S.A. richten sollte, die die Kündigung nur als Vertreterin erklären ließ. Der Senat hat die ungenaue Parteibezeichnung daher in der Urteilsformel richtiggestellt und im Urteilskopf kenntlich gemacht, dass Beklagte nur die O S.A. ist.

46

dd) Durch diese „Berichtigung“ wird die Identität der Partei gewahrt. Es wird keine andere Partei in das Verfahren eingeführt, sondern die von Anfang an beklagte Arbeitgeberin unter Beachtung der sich aus Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 idF von Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 ergebenden gesetzlichen Vertretungsverhältnisse in Anspruch genommen.

47

ee) Schutzwürdige Belange der nominell verklagten Beklagten zu 1. und zu 2. werden durch diese Auslegung nicht verletzt. Insbesondere werden ihnen keine prozessualen Verteidigungsmöglichkeiten oder der Anspruch auf rechtliches Gehör genommen. Die Wirksamkeit der Kündigung vom 29. Dezember 2009 wird uneingeschränkt überprüft. Die richtig bezeichnete Beklagte, die O S.A., war, vertreten durch Rechtsanwalt G, von Anfang an am Rechtsstreit beteiligt.

48

II. Die O S.A. als Schuldnerin ist, vertreten durch die E S.A. als Sonderliquidatorin, passivlegitimiert. Die Auswirkungen der Bestellung der E S.A. zur Sonderliquidatorin über das Vermögen der Beklagten als Schuldnerin sowie ihre Befugnisse und ihre Rechtsstellung als Liquidatorin beurteilen sich nach griechischem Recht. Das gilt unabhängig davon, ob das Sonderliquidationsverfahren ein Insolvenzverfahren iSv. Art. 2 Buchst. a EuInsVO ist. Der Senat musste den Gerichtshof der Europäischen Union deswegen nicht nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersuchen, um die Frage zu klären.

49

1. Nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 1 des Gesetzes 3429/2005 hat die Sonderliquidation nicht die Auflösung des Schuldnerunternehmens zur Folge. Der Liquidator wird nicht Rechtsnachfolger des Unternehmens. Vielmehr werden nach Art. 14 A Nr. 4 Satz 3 des Gesetzes 3429/2005 nur die Geschäfte dieses Unternehmens von dem Liquidator, der das Unternehmen vertritt, geführt. Anders als nach deutschem Recht verbleibt die Arbeitgeberstellung bei dem Schuldnerunternehmen.

50

2. Diese sich aus dem griechischen Recht ergebende Rechtsstellung von Schuldnerunternehmen und Liquidator ist hier zugrunde zu legen.

51

a) Sollte das Sonderliquidationsverfahren nach Maßgabe der Art. 16 und 17 EuInsVO anzuerkennen sein, weil für Griechenland das Sonderliquidationsverfahren im Anhang A zur EuInsVO und der Sonderliquidator im Anhang C aufgeführt sind(in diesem Sinn wohl Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877), wäre für die Befugnisse der Beklagten als Schuldnerin und der E S.A. als Liquidatorin nach Art. 4, 18 Abs. 1 EuInsVO griechisches Recht anzuwenden(lex fori concursus).

52

b) Wäre das Sonderliquidationsverfahren vom closed-list-system der EuInsVO nicht erfasst und damit der Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht eröffnet, bestimmten sich die Befugnisse von Schuldnerin und Liquidatorin ebenfalls nach griechischem Recht (§ 335 InsO).

53

aa) In diesem Fall käme eine Anerkennung des Verfahrens nach dem in §§ 335 ff. InsO normierten deutschen autonomen Internationalen Insolvenzrecht in Betracht (vgl. BGH 3. Februar 2011 - V ZB 54/10 - Rn. 11, BGHZ 188, 177; Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877; ders. WM 2011, 1201, 1202; Stephan in HK-InsO 6. Aufl. Vor §§ 335 ff. Rn. 18 ff.; HambKomm/Undritz 4. Aufl. Vorbemerkungen zu §§ 335 ff. InsO Rn. 15). Die EuInsVO verdrängt das autonome nationale Recht außerhalb ihres Anwendungsbereichs nicht. Wird ein nationales Insolvenzverfahren von den Anhängen der EuInsVO nicht erfasst, bleibt ein Spielraum, den das nationale Internationale Insolvenzrecht nutzen kann (vgl. Mankowski Anm. NZI 2011, 876, 877). Das nimmt den Definitionen der EuInsVO als speziellerer Regelung des europäischen Internationalen Insolvenzrechts und deren Anhängen nicht die praktische Wirksamkeit (aA Cranshaw DZWIR 2012, 133, 134). Für die von ihren Anhängen nicht erfassten Verfahren reklamiert die EuInsVO keine Geltung und entfaltet deswegen keine Regelungssperre für das nationale autonome Internationale Insolvenzrecht. Insoweit gilt nichts anderes als für die Bereichsausnahmen des Art. 1 Abs. 2 EuInsVO(vgl. dazu MünchKommBGB/Kindler 5. Aufl. Bd. 11 Vor §§ 335 ff. InsO Rn. 3).

54

bb) Wäre das Sonderliquidationsverfahren nach § 343 InsO anzuerkennen, bestimmten sich die Befugnisse von Schuldnerin und Liquidatorin nach § 335 InsO ebenfalls nach griechischem Recht als der lex fori concursus(vgl. MünchKommInsO/Reinhart 2. Aufl. § 335 Rn. 65; LSZ/Smid Internationales Insolvenzrecht 2. Aufl. InsO § 335 Rn. 8).

55

cc) Sollte das Sonderliquidationsverfahren dagegen nicht als Insolvenzverfahren iSd. §§ 335 ff. InsO zu qualifizieren sein, sodass eine Anerkennung nach § 343 InsO ausschiede, wäre die gesellschaftsrechtliche Frage, wie die Beklagte als Schuldnerin(organschaftlich) vertreten ist, gleichwohl nach griechischem Recht zu beantworten. Das Gesellschaftsstatut richtet sich nach dem Gründungsstatut und damit für die in Griechenland gegründete Beklagte nach griechischem Recht. Nach allgemeiner Auffassung, die sich auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Sachen Centros (9. März 1999 - C-212/97 - Slg. 1999, I-1459), Überseering (5. November 2002 - C-208/00 - Slg. 2002, I-9919) und Inspire Art (30. September 2003 - C-167/01 - Slg. 2003, I-10155) stützt, richtet sich das Gesellschaftsstatut von Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet wurden, nicht nach ihrem Verwaltungssitz, sondern nach ihrem Gründungsort. Die unionsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit kann nur auf diese Weise gewährleistet werden (vgl. BGH 21. Juli 2011 - IX ZR 185/10 - Rn. 22, BGHZ 190, 364).

56

III. Die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung der Beklagten bestimmt sich nach deutschem Arbeitsrecht. Auch in diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob das Sonderliquidationsverfahren der EuInsVO unterfällt. Zur Klärung der Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, ist daher keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erforderlich.

57

1. Ist der Anwendungsbereich der EuInsVO eröffnet, ist für die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf einen Arbeitsvertrag und auf das Arbeitsverhältnis nach Art. 10 EuInsVO ausschließlich das Recht des Mitgliedstaats maßgeblich, das auf den Arbeitsvertrag anzuwenden ist(lex causae). Wäre das Sonderliquidationsverfahren nach § 343 InsO anzuerkennen, wäre nach § 337 InsO ebenfalls das Arbeitsvertragsstatut maßgeblich. Die Bestimmung des § 337 InsO ist Art. 10 EuInsVO nachgebildet(vgl. BT-Drucks. 15/16 S. 18). Das Recht des Staats, dem das Arbeitsverhältnis unterliegt, soll auch die Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf diese Rechtsbeziehung bestimmen (vgl. Braun/Tashiro InsO 5. Aufl. § 337 Rn. 3). Handelte es sich überhaupt nicht um ein anzuerkennendes Insolvenzverfahren, wäre nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts zu bestimmen, welches Recht Anwendung fände.

58

2. In allen drei denkbaren Konstellationen ist nach den hier noch maßgeblichen Art. 27, 30 und 34 EGBGB zu ermitteln, welches Recht Anwendung findet. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass nach diesen Kollisionsregeln des Internationalen Privatrechts deutsches Arbeitsrecht für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgeblich ist. Rechtsfehler sind auf der Grundlage von Art. 30 Abs. 2 EGBGB nicht ersichtlich.

59

IV. Die Kündigung vom 29. Dezember 2009 beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. März 2010.

60

1. Die Kündigung ist nicht unwirksam, weil sie von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht erklärt worden wäre. Rechtsanwalt G wurde von Herrn Ma Kündigungsvollmacht erteilt.

61

a) Die Erteilung einer Vollmacht ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, deren Inhalt durch Auslegung nach § 133 BGB zu ermitteln ist(vgl. BAG 10. August 1977 - 5 AZR 394/76 - zu I 1 a bb der Gründe, AP ZPO § 81 Nr. 2 = EzA ZPO § 81 Nr. 1). Maßgeblich ist bei einer in einer Urkunde verlautbarten Vollmacht die Verständnismöglichkeit des Geschäftsgegners, hier der Klägerin. Dabei können auch Inhalt und Zweck des zugrunde liegenden Geschäfts berücksichtigt werden, sofern es sich um Umstände handelt, die dem Geschäftsgegner bekannt sind (vgl. BGH 9. Juli 1991 - XI ZR 218/90 - zu 2 a der Gründe, DB 1991, 2233).

62

b) In der Vollmachtsurkunde vom 11. Dezember 2009 heißt es unmissverständlich, dass die E S.A., vertreten durch den Vorstand, als „Sonderliquidator“ über das Vermögen der O S.A. Rechtsanwalt G bevollmächtige, die Kündigung zu erklären. Der Name der E S.A. ist durch Großbuchstaben hervorgehoben. Sie wird bereits dadurch eindeutig als Vollmachtgeberin gekennzeichnet.

63

c) Welches Recht auf die Probleme einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht bei grenzüberschreitenden Sachverhalten anzuwenden ist (Vollmachtsstatut), ist gesetzlich nicht geregelt. Auch die hier noch nicht anwendbare Rom I-Verordnung bestimmt dazu nichts. Zum Schutz des Verkehrsinteresses muss das Vollmachtsstatut nach eigenen Anknüpfungsregeln ermittelt werden. Die Vollmacht wird nicht generell dem Recht, das für das vom Vertreter vorgenommene Rechtsgeschäft gilt, unterstellt (vgl. Heinz Das Vollmachtsstatut S. 5; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. IPR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 1). Die Vollmacht ist nicht Bestandteil des Hauptgeschäfts, sondern in ihren Voraussetzungen und Wirkungen von diesem unabhängig. Sie kann deshalb Gegenstand eigenständiger kollisionsrechtlicher Interessen sein (vgl. Heinz aaO S. 14 mwN). Das Vollmachtsstatut bestimmt sich grundsätzlich nach dem Recht des Staats, in dem von der Vollmacht Gebrauch gemacht wird oder werden soll, also nach dem Recht des Wirkungsorts (vgl. BGH 17. November 1994 - III ZR 70/93 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 128, 41; 26. April 1990 - VII ZR 218/89 - zu II 1 c der Gründe, NJW 1990, 3088).

64

d) Das Vollmachtsstatut bestimmt sich hier nach deutschem Recht. Die auf Rechtsanwalt G lautende Vollmacht wurde zwar in Athen ausgestellt. Von ihr sollte aber Gebrauch gemacht werden, um in der Bundesrepublik Deutschland eine Kündigung zu erklären. Die Kündigungserklärung sollte mit Wirkung für und gegen die E S.A. als gesetzliche Vertreterin der Beklagten in Deutschland abgegeben werden und erfolgte auch dort.

65

e) Das Vollmachtsstatut ist für alle Fragen maßgeblich, die die Vollmacht selbst betreffen. Es erstreckt sich auf das Bestehen der Vollmacht, insbesondere die Frage der wirksamen Erteilung der Vollmacht, auf ihren Inhalt, ihren Umfang und ihre Auslegung sowie ihre Dauer und Beendigung. Auch die Wirksamkeit erteilter Untervollmachten und die Frage, ob die Vollmacht überschritten oder missbraucht wurde, richtet sich nach dem Vollmachtsstatut (vgl. Heinz Das Vollmachtsstatut S. 28 f.; Leible IPRax 1998, 257, 258; Palandt/Thorn BGB 72. Aufl. IPR Anh. zu Art. 10 EGBGB Rn. 3).

66

f) Herr Ma war ausweislich des in der Zeitung der Regierung der Griechischen Republik vom 27. Mai 2009 veröffentlichten Protokolls des Verwaltungsrats der E S.A. alleinvertretungsberechtigt und befugt, Untervollmacht zu erteilen. Die Klägerin hat zwar die Kündigung auch nach § 180 BGB zurückgewiesen, hat die Kündigungsvollmacht von Rechtsanwalt G, die ihm von Herrn Ma erteilt wurde, im Verfahren entsprechend der Rechtslage aber nicht mehr bestritten.

67

2. Die Kündigung ist auch nicht mangels Vollmachtsnachweises nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klägerin rügte die Vollmacht von Rechtsanwalt G nicht unverzüglich, sondern erst mit Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten vom 12. Januar 2010 und damit deutlich über eine Woche nach Zugang der Kündigung am 30. Dezember 2009.

68

a) Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche nicht unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Die Wochenfrist beginnt mit der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung. Es soll schnell geklärt werden, ob er die Wirksamkeit der Kündigung unter formalen Gesichtspunkten infrage stellt. Die Rüge ist an keinerlei Nachforschungen über die wirklichen Vertretungs- und Vollmachtsverhältnisse gebunden und erfordert auch keinen schwierigen Abwägungsprozess. Eine Zeitspanne von einer Woche reicht daher unter gewöhnlichen Umständen aus, um die Entscheidung über die Rüge zu treffen (vgl. BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 33, AP BGB § 174 Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 174 Nr. 7).

69

b) Die Klägerin hat hier nicht vorgebracht, von der Kündigung nicht bereits am Tag ihres Zugangs am 30. Dezember 2009 Kenntnis erlangt zu haben. Sie hat auch keine besonderen Umstände für die Überschreitung der Wochenfrist geltend gemacht. Damit war die Rüge des Vollmachtsnachweises nicht unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB.

70

3. Die Kündigung verstößt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gegen § 102 BetrVG.

71

a) Der Betriebsrat der Station S konnte das Anhörungsschreiben vom 15. Dezember 2009 nicht in entsprechender Anwendung von § 174 BGB mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 zurückweisen. § 174 BGB erfasst weder unmittelbar noch analog eine solche Konstellation.

72

aa) Die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Für solche Handlungen ist die analoge Anwendung des § 174 BGB grundsätzlich geboten(vgl. schon BGH 25. November 1982 - III ZR 92/81 - zu II 2 der Gründe, MDR 1983, 381).

73

(1) Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen nicht wie bei Willenserklärungen kraft des ihnen innewohnenden Willensakts, sondern kraft Gesetzes eintreten. Regelmäßig ermöglichen oder verhindern sie den Eintritt gesetzlich angeordneter Folgen des Tätigwerdens oder Untätigbleibens (vgl. BAG 11. Juni 2002 - 1 ABR 43/01 - zu B IV 1 b cc der Gründe, BAGE 101, 298; siehe zB auch 1. Juni 2011 - 7 ABR 138/09 - Rn. 48, AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 139; 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 33, BAGE 130, 1). In erster Linie handelt es sich dabei um Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewusstsein der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen ausgesprochen werden, jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet sind oder gerichtet sein müssen (vgl. BGH 17. Oktober 2000 - X ZR 97/99 - zu II 1 b bb der Gründe, BGHZ 145, 343).

74

(2) Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat offengelassen, ob die Mitteilung iSv. § 102 Abs. 1 BetrVG wegen ihres fristauslösenden Charakters bereits eine Willenserklärung oder(nur) eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist (vgl. BAG 27. August 1982 - 7 AZR 30/80 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 40, 95). Im Hinblick darauf, dass eine ohne Anhörung des Betriebsrats erklärte Kündigung nach der gesetzlichen Anordnung des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist, ist zumindest eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung anzunehmen.

75

bb) Eine analoge Anwendung des § 174 BGB auf die Anhörung des Betriebsrats ist nach dem Zweck des Anhörungserfordernisses in § 102 Abs. 1 BetrVG und dem Zweck der Zurückweisungsmöglichkeit des § 174 Satz 1 BGB gleichwohl ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - eine betriebsfremde Person als Botin des Arbeitgebers das Anhörungsverfahren eingeleitet hat.

76

(1) Die Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG zielt nicht darauf ab, die Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu überprüfen. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, dem Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung die Möglichkeit zu geben, auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen (vgl. BAG 22. September 1994 - 2 AZR 31/94 - zu II 2 der Gründe, BAGE 78, 39). Sinn des Anhörungserfordernisses ist es, dem Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Ermittlungen Gelegenheit zu geben, dem Arbeitgeber seine Überlegungen zu der Kündigungsabsicht zur Kenntnis zu bringen. Der Arbeitgeber soll die Stellungnahme des Betriebsrats - insbesondere dessen Bedenken und dessen Widerspruch gegen die beabsichtigte Kündigung - bei seiner Entscheidung über die Kündigung berücksichtigen können (st. Rspr., vgl. nur BAG 31. Mai 1990 - 2 AZR 78/89 - zu II 1 der Gründe). Das Verfahren nach § 102 BetrVG ist kein formalisiertes, an bestimmte Formvorschriften gebundenes Verfahren. Deswegen genügt auch eine mündliche oder fernmündliche Anhörung des Betriebsrats den Anforderungen des § 102 BetrVG(vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 37 mwN, BAGE 131, 155).

77

(2) § 174 BGB dient dem Gewissheitsinteresse des Gegners eines einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäfts oder einer geschäftsähnlichen Handlung. Die Bestimmung soll klare Verhältnisse schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Vertretene dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung oder geschäftsähnlichen Handlung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, BAGE 137, 347).

78

(3) Bei einer Gesamtschau dieser Zwecke ergibt sich, dass der Zweck des § 174 BGB seine analoge Anwendung auf das Anhörungsschreiben iSv. § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht erfordert.

79

(a) Der Gesetzgeber misst dadurch, dass er das Anhörungsverfahren nicht formalisiert ausgestaltet und eine mündliche Anhörung nicht ausgeschlossen hat, dem Gewissheitsinteresse im Zusammenhang mit § 102 BetrVG keine schützenswerte Bedeutung bei. Bei einer telefonischen Anhörung ist ein Nachweis iSv. § 174 BGB ausgeschlossen. Dennoch soll durch eine solche Anhörung die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt werden können. Der Gesetzgeber geht ersichtlich davon aus, dass das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit iSv. § 2 Abs. 1 BetrVG, das auch im Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG zu beachten ist, ausreicht, um den Betriebsrat zu schützen, wenn er Zweifel daran hat, ob die ihm gegenüber Auftretenden berechtigt sind, für den Arbeitgeber tätig zu werden(vgl. BAG 14. August 1986 - 2 AZR 561/85 - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 52, 346). Das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit soll im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat Offenheit und Ehrlichkeit gewährleisten. Beide Seiten sind verpflichtet, ihre Rechte so auszuüben, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich bleibt. Daraus folgt die Verpflichtung, sich bei der Verfolgung der uU unterschiedlichen Interessen an die Regeln zu halten, die Vertrauen erst ermöglichen (vgl. Franzen GK-BetrVG 9. Aufl. § 2 Rn. 13, 15).

80

(b) Es kann dahinstehen, ob der Betriebsrat bei Fehlen näherer Anhaltspunkte davon ausgehen muss, dass sich der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG nur ordnungsgemäß bevollmächtigter oder beauftragter Personen bedient. Jedenfalls ist dem Zweck des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG auch genügt, wenn der Bote oder Vertreter des Arbeitgebers keinen Nachweis seiner Botenmacht oder keine Vollmacht vorlegt. Der Betriebsrat ist auch in einem solchen Fall nicht gehindert, seine Auffassung zu der Kündigung zu äußern und Einfluss auf den Willensbildungsprozess des Arbeitgebers zu nehmen (vgl. Hessisches LAG 25. Juli 2011 - 17 Sa 123/11 - zu B II 1 d bb (2) (v) der Gründe). Hat er Zweifel an der Boten- oder Vertreterstellung desjenigen, der ihm gegenüber bei der Anhörung aufgetreten ist, oder bezweifelt er, dass dieser seine Einwände zur Kenntnis nimmt und/oder an den Arbeitgeber weiterleitet, kann er seine Einwände dem Arbeitgeber unmittelbar mitteilen und den (betriebsfremden) Dritten umgehen. Ein abstrakt schützenswertes Interesse daran, klare Verhältnisse zu schaffen und sicher zu sein, dass die Stellungnahmefrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu laufen beginnt oder begonnen hat, hat der Betriebsrat vor dem Hintergrund des Zwecks des § 102 BetrVG nicht(aA LAG Baden-Württemberg 28. März 2012 - 20 Sa 47/11 - zu II 1 b bb (1) der Gründe, LAGE BetrVG 2001 § 102 Nr. 16).

81

b) Die Betriebsratsanhörung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte ihren Kündigungsentschluss im Zeitpunkt der Anhörung abschließend gefasst hatte, wie sich aus dem Anhörungsschreiben ergibt. Es genügt, dass die Kündigung den Einflussbereich der Beklagten bei der Anhörung noch nicht verlassen hatte. Damit war nicht auszuschließen, dass es dem Betriebsrat gelingen konnte, auf den Kündigungswillen der Arbeitgeberin einzuwirken (vgl. die st. Rspr. seit BAG 13. November 1975 - 2 AZR 610/74 - zu 3 a der Gründe, BAGE 27, 331).

82

c) Die Betriebsratsanhörung genügt inhaltlich den Anforderungen des § 102 BetrVG. Gegen diese Würdigung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin weder in der Berufungs- noch in der Revisionsinstanz Rügen erhoben. Die Beklagte hat insbesondere unwidersprochen vorgetragen, dass Abwicklungsarbeiten nur von einem Arbeitnehmer der Buchhaltung und dem Finanzdirektor durchgeführt worden seien, die mit der Klägerin nicht vergleichbar und nicht in S beschäftigt gewesen seien. Eine Sozialauswahl war bezogen auf die in der Station S beschäftigte Klägerin aus Sicht der Beklagten nicht zu treffen.

83

4. Die Kündigungen der Beklagten in der Station S waren nicht nach § 17 KSchG anzeigepflichtig.

84

a) Für die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Entlassungen, dh. Kündigungen, im Verhältnis zu der Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ausschlaggebend (vgl. BAG 22. April 2010 - 6 AZR 948/08 - Rn. 13, BAGE 134, 176). Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dabei dem der §§ 1, 4 BetrVG(st. Rspr., vgl. nur BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 33 mwN). Der Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Gilt ein Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als selbständig, müssen die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG in diesem Betriebsteil überschritten sein, um die Anzeigepflicht auszulösen(vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 74, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 132). Damit ist für die Berechnung des Schwellenwerts auf die Station S abzustellen. Der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG war dort nicht erreicht.

85

b) Nichts anderes folgt aus dem Unionsrecht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für den Begriff des „Betriebs“ nicht entscheidend, ob die fragliche Einheit eine Leitung hat, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann (vgl. EuGH 15. Februar 2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 28 f., Slg. 2007, I-1499). Auch das Unionsrecht lässt es daher zu, für die Frage des Betriebs auf die Station S abzustellen.

86

5. Die Kündigung ist nicht nach § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe eine ernsthafte Stilllegungsabsicht im Zeitpunkt der Kündigung dargelegt; eine Sozialauswahl sei wegen der Kündigung aller Arbeitnehmer nicht erforderlich gewesen. Jedenfalls habe die Klägerin keinen vergleichbaren, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer benannt. Diesen rechtlich zutreffenden Ausführungen ist die Klägerin weder in der Berufungs- noch in der Revisionsinstanz entgegengetreten.

87

6. Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs auf die O S.A. nicht dargelegt. Die Kündigung ist deshalb auch nicht nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam.

88

a) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt, dass die Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibt. Eine wirtschaftliche Einheit besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen, die auf Dauer angelegt wirtschaftliche Tätigkeit mit eigener Zielsetzung ausüben soll. Handelt es sich nach diesen Grundsätzen um einen Betriebs(-teil)übergang, betrifft er nur Arbeitnehmer, die in den übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil tatsächlich eingegliedert waren. Es genügt nicht, dass sie Tätigkeiten für den übertragenen Teil verrichteten, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein (st. Rspr., vgl. zB EuGH 12. November 1992 - C-209/91 - [Watson Rask und Christensen] Rn. 16 mwN, Slg. 1992, I-5755; BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 608/11 - Rn. 42; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 75 mwN, BB 2012, 3144).

89

b) Die Klägerin war keiner ggf. auf die O S.A. übergegangenen wirtschaftlichen Einheit zugeordnet. Sie betreute gemeinsam mit den übrigen acht Arbeitnehmern der Station S und zusammen mit den anderen Arbeitnehmern der Beklagten in Deutschland im Bodenbetrieb den Flugverkehr der Beklagten von Deutschland aus und nach Deutschland. In die Struktur des Flugbetriebs war sie nicht eingebunden. Der Bodenbetrieb wird von der O S.A. für den deutschen Markt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht fortgeführt.

90

7. Das Arbeitsverhältnis wurde mit der Frist des § 113 Satz 2 InsO am 31. März 2010 beendet.

91

a) Die Klägerin nimmt an, bei dem Sonderliquidationsverfahren handle es sich nicht um ein Verfahren iSd. EuInsVO, weil es insbesondere nicht zu einem Vermögensbeschlag gekommen sei.

92

b) Diese Angriffe sind nicht geeignet, ein Insolvenzverfahren und damit die abgekürzte Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO infrage zu stellen. Dabei kann offenbleiben, ob das in Griechenland eröffnete Sonderliquidationsverfahren ein Verfahren ist, das in den Anhängen A und C der EuInsVO erwähnt ist. Auch wenn das nicht der Fall sein sollte, läge ein Insolvenzverfahren iSd. §§ 335 ff. InsO vor, dessen Wirkungen in Deutschland von den deutschen Gerichten nach § 343 InsO anzuerkennen sind.

93

aa) Ob es sich um ein Insolvenzverfahren iSv. §§ 335 ff. InsO handelt, ist im Weg der Qualifikation zu bestimmen. Voraussetzung ist, dass das ausländische Verfahren im Wesentlichen den gleichen Zielen wie das deutsche Insolvenzverfahren verpflichtet ist (vgl. BGH 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06 - Rn. 9, ZIP 2009, 2217). Das lässt sich jedenfalls durch den Rückgriff auf die Vorgaben in Art. 1 Abs. 1 EuInsVO überprüfen(vgl. Kölner Schrift/Paulus 3. Aufl. Kap. 46 Rn. 34, 71). Das Leitbild der EuInsVO ist zwar nicht als zwingende Anforderung an ausländische Insolvenzverfahren in Drittstaaten anzusehen (vgl. BAG 27. Februar 2007 - 3 AZR 618/06 - Rn. 19, BAGE 121, 309). Insolvenzverfahren iSv. §§ 335 ff. InsO sind aber jedenfalls Gesamtverfahren, die die Insolvenz, dh. die Zahlungsunfähigkeit, die Zahlungseinstellung oder die Krediterschütterung des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen ihn sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben (vgl. Kölner Schrift/Mankowski Kap. 47 Rn. 5 f.). Vermögensbeschlag bedeutet, dass der Schuldner die Befugnisse zur Verwaltung seines Vermögens verliert (vgl. EuGH 2. Mai 2006 - C-341/04 - [Eurofood IFSC] Rn. 54, Slg. 2006, I-3813).

94

bb) Diese Voraussetzungen sind nach dem durch Art. 40 des Gesetzes 3710/2008 eingefügten Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 erfüllt. Erforderlich für die Bestellung eines Liquidators sind nach Art. 14 A Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b des Gesetzes 3429/2005 wirtschaftliche Schwierigkeiten, die zumindest eine Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit nach sich ziehen. Nach Art. 14 A Nr. 4 des Gesetzes 3429/2005 führt der Liquidator die Geschäfte, er verwaltet und vertritt das Unternehmen. Das führt zu einem Vermögensbeschlag, weil die Schuldnerin die Befugnis zur Verwaltung ihres Vermögens verliert. Nicht sie oder ihre Geschäftsführung, sondern der gerichtlich eingesetzte Sonderliquidator ist vertretungs- und entscheidungsbefugt. Nach Art. 14 A Nr. 5 und Nr. 6 des Gesetzes 3429/2005 hat der Sonderliquidator die Aktiva des Unternehmens zu verwerten oder das Unternehmen zu veräußern. Das macht deutlich, welche Insolvenzzwecke die Regelung des Art. 14 A des Gesetzes 3429/2005 verfolgt. Nach Art. 14 A Nr. 20 des Gesetzes 3429/2005 sind für eine Zeit von 18 Monaten alle Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und Sicherungsmaßnahmen gegen das in Sonderliquidation befindliche Unternehmen ausgesetzt.

95

cc) Die deutschen Gerichte sind deswegen jedenfalls nach § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO gebunden.

96

dd) Ungeachtet der Anerkennungswirkung findet deutsches Arbeitsrecht Anwendung. Teil des deutschen Arbeitsrechts ist auch die Verkürzung der Kündigungsfrist bei Insolvenzkündigungen (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 253/11 - Rn. 66, ZIP 2012, 2312).

97

D. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    Reiner Koch    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 97/99 Verkündet am:
17. Oktober 2000
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 651 g, 174 S. 1
Die Anmeldung von Ersatzansprüchen nach dem Reisevertragsrecht der
§§ 651 a ff BGB durch einen Vertreter des geschädigten Reisenden ist unwirksam
, wenn der Anmeldung nicht die Originalvollmachtsurkunde beigelegt ist
und der Reiseveranstalter aus diesem Grund die Anmeldung der Ansprüche
unverzüglich zurückweist. Die Vorlage einer beglaubigten Kopie der Vollmachtsurkunde
genügt in diesem Zusammenhang nicht.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - X ZR 97/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das am 29. April 1999 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung der Kosten für eine Ersatzunterkunft in der Türkei in Anspruch.
Über ein Reisebüro buchte der Kläger bei der Beklagten für sich und sechs weitere Personen eine sogenannte "F.-Reise" in die Türkei. Die Reiseleistungen umfaßten unter anderem die Unterbringung in einem VierSterne -Hotel mit Halbpension an der Südägäis, sowie den Hin- und Rückflug.
Nachdem der Kläger und seine Mitreisenden zum vorgesehenen Termin in dem gebuchten Hotel T. in K. eingetroffen waren, stellte sich
heraus, daß dort aufgrund einer Überbuchung Zimmer nicht zur Verfügung standen. Daraufhin wurden der Kläger und seine Mitreisenden mit ihrem Einverständnis gegen Zusage der Kostenübernahme für eine Nacht in einem anderen Hotel am gleichen Ort untergebracht. Den am folgenden Tag vom örtlichen Reiseleiter verlangten Umzug in das ursprünglich vorgesehene Hotel lehnte der Kläger ab, da dieses Hotel nach seinen Informationen weiterhin überbucht war. Ob diese Information zutraf, ist zwischen den Parteien umstritten.
Der Kläger blieb in der Folge mit seinen Mitreisenden in dem Ersatzhotel ; hierfür wendete er nach seiner Darstellung insgesamt 3.400,-- DM auf, für die er von der Beklagten Ersatz verlangt.
Nach seiner Rückkehr am 20. August 1997 machte der Kläger durch Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 17. September 1997 verschiedene Mängel der Reise geltend und forderte die Beklagte auf, Minderungs- und Schadensersatzansprüche dem Grunde nach anzuerkennen. Dem Schreiben lag eine beglaubigte Kopie einer Vollmacht des Klägers für die Rechtsanwälte bei. Mit Schreiben vom gleichen Tag wies die Beklagte die Ansprüche unter Hinweis auf das Fehlen einer Originalvollmacht zurück. Diese ging der Beklagten mit einem weiteren Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers vom 23. September 1997 in der Folge zu.
Nachdem die Beklagte an der Ablehnung der von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche festhielt, hat dieser die vorliegende Klage erhoben. In diesem Verfahren hat sich die Beklagte damit verteidigt, daß die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 BGB versäumt sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.400,-- DM weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht läßt dahinstehen, ob die von dem Kläger und seinen Mitreisenden gebuchten Zimmer zur Verfügung standen und weiter, ob, falls das nicht der Fall war, der Kläger wegen der für die Ersatzunterkünfte aufgewendeten Kosten insgesamt, also auch soweit es seine Mitreisenden betrifft, Ersatzansprüche geltend machen kann. Unbegründet sei die Klage bereits deshalb, weil derartige Ansprüche an der Nichteinhaltung der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 BGB scheiterten. Innerhalb dieser Frist liege eine wirksame Anmeldung der Ansprüche nicht vor. Von ihrer Anmeldung bereits während des Urlaubs gegenüber der örtlichen Reiseleitung oder dem vermittelnden Reisebüro könne nach der eigenen unzulänglichen und mit der Berufung nicht ausdrücklich aufrechterhaltenen Sachdarstellung des Klägers nicht ausgegangen werden.
Das Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. September 1997 habe die Frist des § 651 g Abs. 1 BGB nicht wahren können, da ihm eine Originalvollmacht nicht beigelegen habe und die Forderung deswegen durch die Beklagte zurückgewiesen worden sei. Das führe nach dem Rechtsgedanken des
§ 174 BGB zur Unwirksamkeit dieser Anmeldung. Der damit bestehende Mangel sei durch das weitere Schreiben vom 23. September 1997, mit dem die Originalvollmacht überreicht worden sei, nicht mehr rechtzeitig geheilt worden; dieses Schreiben sei der Beklagten schon nach seinem Absendedatum erst nach Ablauf der Monatsfrist zugegangen.
Die Regelung des § 174 BGB sei auf die vorliegenden Erklärungen entsprechend anzuwenden. Zwar stelle die Anmeldung von Ersatzansprüchen im Reisevertragsrecht keine Willenserklärung dar, da sie nicht auf die Herbeiführung einer insbesondere vom Willen abhängigen Rechtsfolge gerichtet sei. Die Wahrung der Gewährleistungsansprüche trete vielmehr unabhängig vom Willen des Anmelden kraft Gesetzes ein. Das schließe die Annahme einer Willenserklärung im eigentlichen Sinne aus; vielmehr liege nur eine dieser vergleichbare geschäftsähnliche Handlung vor. Bei dieser bestehe jedoch eine der Willenserklärung vergleichbare Interessenlage, die zur entsprechenden Anwendung des § 174 BGB führen müsse. Die Regelung in § 651 g Abs. 1 BGB diene dem Schutz des Reiseveranstalters, der möglichst schnell nach Beendigung der Reise darüber Klarheit haben solle, ob aus Reisemängeln Gewährleistungsansprüche abgeleitet und geltend gemacht werden und er sich unter Umständen auf eine gerichtliche Auseinandersetzung einstellen müsse. Zur Wahrung seiner eigenen Interessen solle er möglichst frühzeitig in die Lage versetzt werden, den Sachverhalt vor Ort durch Rückfragen bei der Reiseleitung bzw. den Leistungsträgern zu klären und etwaige Beweise für Regreßansprüche gegen die Leistungsträger zu sichern. Da die dazu erforderlichen Ermittlungen , Rückfragen, Sicherungsmaßnahmen und Anmeldungen von Regreß mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sein könnten, insbesondere wenn die Reise wie hier ferne Länder betroffen habe, bestehe ein
schützenswertes und erhebliches Interesse des Reiseveranstalters daran, diese Tätigkeit nicht unnötig in Gang zu setzen. Das begründe ein ebenso schützenswertes Interesse daran, innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB abschließend Klarheit darüber zu gewinnen, ob derartige Ansprüche geltend gemacht würden oder nicht. Trete insoweit ein Vertreter auf, bedürfe es einer endgültigen Kenntnis von dessen Befugnis zur Geltendmachung der angemeldeten Ansprüche. Dem trage der Rechtsgedanke des § 174 BGB dadurch Rechnung, daß er dem Erklärungsempfänger die Zurückweisung der Willenserklärung ermögliche, wenn dieser die Originalvollmacht nicht beigefügt sei. Angesichts der im wesentlichen übereinstimmenden Interessenlage müsse das gleiche auch für die hier vorliegende geschäftsähnliche Handlung gelten.
Der mit der Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist verbundenen Rechtsfolge könne der Kläger auch nicht mit dem Hinweis auf ein mangelndes Verschulden begegnen. Seine anwaltlichen Vertreter hätten erkennen können und müssen, daß die Frage, ob es der Vorlage der Originalvollmacht bedurfte, zumindest in Rechtsprechung und Lehre umstritten war, und sich deshalb für den für den Kläger sichersten Weg entscheiden müssen. Daß sie dies nicht getan hätten, gereiche ihnen zum Verschulden; dieses Verschulden müsse sich der Kläger nach § 278 BGB zurechnen lassen.
II. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. a) Eine - mündliche - Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der örtlichen Reiseleitung oder dem vermittelnden Reisebüro schon vor dem Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Klägers vom 17. September 1997 hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend dargelegt ange-
sehen. Unbeschadet der Frage, ob der Kläger sein entsprechendes erstinstanzliches Vorbringen überhaupt in der Berufungsinstanz aufrechterhalten hat, genügte dies auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen nicht. Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung der Ansprüche im Sinne des § 651 g BGB ist, daß der Reisende eindeutig und vorbehaltlos mitteilt, daß er nach Rückkehr von der Reise Ansprüche aus bestimmten Mängeln gegen den Reiseveranstalter einklagen werde (BGHZ 102, 80, 84, 86; vgl. auch Tonner, Der Reisevertrag, 3. Aufl., § 651 g Rdn. 9). Behauptet hatte der Kläger lediglich, telefonisch beim Reisebüro die mangelhafte Reise geltend gemacht zu haben. Dem ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, daß er bei dieser Gelegenheit bereits Ansprüche angemeldet hat; sein Vorbringen kann ohne weiteres auch dahin verstanden werden, daß er lediglich eine - den gesetzlichen Anforderungen der Geltendmachung von Ansprüchen nicht genügende - Rüge von Mängeln mit dem Ziel erhoben hat, deren Beseitigung oder eine andere Abhilfe zu erreichen (vgl. § 651 c Abs. 2, 651 d Abs. 2 BGB).

b) Dem Berufungsgericht ist weiter darin beizupflichten, daß der Anmeldung von Ersatzansprüchen im Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Klägers vom 17. September 1997 nach dessen Zurückweisung durch die Beklagte die Wirksamkeit fehlt, weil ihm das Original der vom dem Kläger erteilten Vollmacht nicht beigelegen und die Beklagte unverzüglich diesen Mangel gerügt und das Verlangen der Vertreter des Klägers aus diesem Grunde zurückgewiesen hat (§ 174 Satz 1 BGB).
aa) Allerdings ist, was das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Vorschrift des § 174 BGB auf die hier vorliegende Aufforderung zur Leistung von Ersatz nicht unmittelbar anzuwenden. Nach Wortlaut und systematischer Stel-
lung betrifft sie allein rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, zu denen das hier in Rede stehende Verlangen nicht gehört.
Die Willenserklärung im Sinne der Vorschriften des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches ist die Ä ußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist; sie bringt einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck, das heißt einen Willen, der auf die Begründung , inhaltliche Ä nderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielt (vgl. statt aller Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., Einführung vor § 116 BOB Rdn. 1; s. a. Medicus, Allgem. Teil des BGB, 7. Aufl., Rdn. 195, 175 jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Anmeldung schon deshalb nicht, da sie, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht darauf gerichtet ist, beim Empfänger deshalb Rechtsfolgen auszulösen, weil diese vom Erklärenden gewollt sind. Die Anmeldung der Ansprüche nach § 651 g Abs. 1 BGB zielt nicht in dem Sinne final auf einen Rechtserfolg, daß die Erhaltung der Gewährleistungsansprüche des Reisenden als Ergebnis der Willenserklärung des Erklärenden eintritt. Er behält diese Rechte vielmehr auch dann, wenn er die Rechtsfolgen seiner Erklärung nicht in Betracht zieht, sondern sein Wille lediglich darauf gerichtet ist, dem Reiseveranstalter anzuzeigen , daß er wegen der Mängel der Reise gegen ihn vorzugehen gedenkt. Der Erhalt dieser Ansprüche ist daher lediglich das Ergebnis der Erklärungen des Reisenden; nicht aber notwendig das gewollte finale Ergebnis seines Handelns. Das schließt ihre Einordnung als Willenserklärung im Sinne des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches aus (so auch Isermann, MDR 1995, 224, 225 mit eingehender Darstellung des Meinungsstandes).
bb) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend entschieden hat, stellt die Anmeldung der Ansprüche jedoch eine geschäftsähnliche Handlung dar, auf die § 174 BGB entsprechend anzuwenden ist.
Geschäftsähnliche Handlungen, die nach ihrer rechtlichen Struktur im wesentlichen den gleichen Regeln wie Willenserklärungen unterliegen, sind in erster Linie Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewußtsein der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen ausgesprochen werden, jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet sind oder gerichtet sein müssen (vgl. Larenz, Allgem. Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., § 26 S. 512; s. a. Medicus, aaO, Rdn. 197). Eine solche Natur hat auch die Anmeldung der Ansprüche im Sinne des § 651 g BGB. Mit dieser erhält sich der Reisende bei rechtzeitiger Abgabe der entsprechenden Erklärung seine Gewährleistungsansprüche ; unterbleibt die Erklärung innerhalb der Frist, wird er mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen. Daraus, daß die Gewährleistungsansprüche nicht erst durch die Geltendmachung der Mängel, sondern bereits mit deren Vorliegen entstehen (vgl. dazu OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 54; Führich, Reiserecht , 3. Aufl., § 12 Rdn. 370) folgt nicht, daß die Anmeldung keinerlei Rechtsfolge auslöst und sie schon deshalb als geschäftsähnliche Handlung ausscheidet (so aber OLG Karlsruhe, aaO). Zu entnehmen ist dem vielmehr nur, daß die Anmeldung der Ansprüche selbst keine unmittelbar rechtsbegründende Wirkung entfaltet; Zweck und Wirkung beschränken sich darauf, dem Reisenden die anderweitig begründeten Gewährleistungsrechte zu erhalten (vgl. LG Kleve NJW-RR 1995, 316, 317). Insoweit ähnelt sie der handelsrechtlichen Mängelrüge nach § 377 HGB, durch die ebenfalls keine neuen Rechte geschaffen werden, sich der Käufer aber die Rechte wegen der mangelhaften
Lieferung wahren kann. Damit geht sie über die bloße Mitteilung von Tatsachen , der ein Teil des Schrifttums den geschäftsähnlichen Charakter abspricht (vgl. Soergel/Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 7; Führich, aaO, § 12 Rdn. 370), hinaus. Ä hnlich wie die Mängelrüge beschränkt sie sich nicht auf die Mitteilung des Vorhandenseins von Mängeln, sondern bildet auch aus der Sicht des Erklärenden eine Voraussetzung für die Durchsetzung auf diesen Mängeln beruhender weitergebender Ansprüche und ist als solche notwendig, um die dem Betroffenen vom Gesetz zugebilligten Ansprüche zu erhalten. Diese rechtserhaltende Wirkung der fristgerechten Anmeldung ist eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge, die charakteristisch für das Vorliegen einer geschäftsähnlichen Handlung ist.
cc) Ob der Reiseveranstalter die in einem Schreiben eines Vertreters des Reisenden enthaltene Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB entsprechend § 174 Satz 1 BGB zurückweisen darf, wenn dem Schreiben eine Originalvollmacht nicht beigefügt wurde, ist allerdings umstritten. Teilweise wird in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Vorschrift für die Anmeldung von Ansprüchen gemäß § 651 g BGB nicht gilt (OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 54; LG Hamburg NJW-RR 1997, 502; Schramm in MünchKomm. zum BGB, 3. Aufl., § 174 BGB Rdn. 2 a; Tonner in MünchKomm. zum BGB, aaO, § 651 g BGB Rdn. 6; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 174 Rdn. 7; Soergel/Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g BGB Rdn. 7; Führich, Reiserecht , 3. Aufl., § 12 Rdn. 370; Seyderhelm, Reiserecht, § 651 g BGB Rdn. 30; Isermann, MDR 1995, 224; Tempel, RRa 1998, 19, 29; Teichmann, JZ 1993, 990, 991). Nach der Gegenmeinung ist § 174 Satz 1 BGB direkt oder doch zumindest analog auf die Anmeldung von Ansprüchen wegen Reisemängeln nach
§ 651 g Abs. 1 BGB anzuwenden (LG Kleve RRa 1999, 162, 163; dasselbe NJW-RR 1995, 316, 317; LG Düsseldorf NJW-RR 1992, 443; Palandt/ Heinrichs, aa0, § 174 BGB Rdn. 1; Palandt/Sprau, aaO, § 651 g BGB Rdn. 2; Staudinger/Schilken, BGB, 13. Bearb., § 174 BGB Rdn. 2; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht , 2. Aufl., § 651 g BGB Anm. 8).
Der zuletzt genannten Ansicht ist zu folgen. Bei der Frage, in welchem Umfang die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften auf geschäftsähnliche Handlungen anzuwenden sind, ist jeweils den spezifischen Eigenarten und der Interessenlage bei der in Frage stehenden Handlung Rechnung zu tragen (vgl. Palandt/Heinrichs, aa0, vor § 104 BGB Rdn. 7; Medicus, aa0, Rdn. 198). Geschäftsähnliche Handlungen in Form von Willensäußerungen, zu denen auch die Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB gehört, stehen den Willenserklärungen insofern nahe, als auch sie gewöhnlich im Bewußtsein der eintretenden Rechtsfolgen und oft sogar in der Absicht, sie hervorzurufen, vorgenommen werden. Wegen dieser Ä hnlichkeit gelten die allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen für sie grundsätzlich zumindest in entsprechender Anwendung (vgl. dazu BGHZ 7, 352, 357; BGH, Urt. v. 25.11.1982 - III ZR 92/81, NJW 1983, 1542; BGHZ 106, 163, 166). Für die Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB gilt insoweit nichts anderes.
Die rechtzeitige Anmeldung von Gewährleistungsansprüchen bezweckt, dem Reiseveranstalter Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit seiner Leistung und bei der Durchsetzung von Regreßansprüchen gegen Leistungsträger soweit wie möglich zu ersparen. Insoweit schränkt sie die an sich im Interesse des Verbrauchers geschaffenen und damit dem Verbraucherschutz dienenden Regelungen der §§ 651 a ff. BGB zugunsten des Reise-
veranstalters ein. Dieser soll so früh wie möglich von Beanstandungen der Reisenden in Kenntnis gesetzt werden, damit er die Berechtigung der gerügten Mängel überprüfen und Regreßansprüche absichern kann (BGHZ 102, 80, 86). Damit trägt das Gesetz auch dem Gedanken Rechnung, daß - worauf beide Parteien zu Recht hingewiesen haben - die Veranstaltung von Reisen für den Veranstalter ein Massengeschäft bildet, bei dessen Abwicklung sich auch deshalb , weil die eigentliche Leistung in der Regel von Dritten erbracht wird, schnell Veränderungen ergeben können, die eine nachträgliche Aufklärung des Sachverhalts durch den Veranstalter erschweren können. Ob und in welchem Umfang Beanstandungen eines Reisenden berechtigt sind, wird sich häufig nur innerhalb einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne überprüfen lassen. Andererseits ist, auch und gerade weil es sich hier um ein Massengeschäft handelt, die Überprüfung solcher Beanstandungen des einzelnen Reisenden, mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, der einen beträchtlichen sich auf die Preise auswirkenden Kostenfaktor darstellen kann. Deshalb besteht auf der Seite des Reiseveranstalters ein anzuerkennendes und schützenswertes Interesse daran, diese Tätigkeiten nicht vergeblich in Gang zu setzen. Auch das gebietet es, daß zu einem möglichst frühen Zeitpunkt endgültig feststeht, ob und in welchem Umfang wirksam Ansprüche gegen den Veranstalter geltend gemacht werden. Auch mit Blick auf diese Interessenlage ist die Geltendmachung von Ansprüchen in § 651 g BGB grundsätzlich an eine kurze Frist gebunden , nach deren Ablauf sie nur noch dann in Betracht kommt, wenn der Reisende ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Anmeldung seiner Ansprüche gehindert war. Die hinter dieser Regelung stehende Zielsetzung schließt es aus, den Veranstalter über einen längeren Zeitraum darüber im Ungewissen zu lassen, ob eine wirksame Anmeldung von Ansprüchen vorliegt oder nicht. Das verlangt nicht nur eine kurzfristige abschließende Klärung über
die Anmeldung der Ansprüche als solche; zu diesem Zeitpunkt muß vielmehr auch endgültig und gesichert feststehen, ob die Anmeldung dieser Ansprüche mit Wirkung für und gegen den Reisenden stattgefunden hat. Das setzt eine abschließende Klärung der Vollmachtslage voraus, deren Sicherung die Regelung in § 174 BGB dient.
Ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift wird dem mit dieser Vorschrift bezweckten Schutz des Erklärungsgegners auch im Zusammenhang der §§ 651 a ff. BGB nur genügt, wenn die Vollmachtsurkunde in Urschrift vorgelegt wird. Einer beglaubigten Abschrift ist allenfalls zu entnehmen , daß die Vollmacht einmal erteilt war, hingegen nicht, daß sie bei Geltendmachung der Ansprüche noch bestanden hat und nicht etwa durch Zurückforderung der Vollmachtsurkunde entzogen wurde. Diese Ungewißheit entfällt nur, wenn die Urschrift der Vollmachtsurkunde vorgelegt wird (vgl. BGH, Urt. v. 4.2.1981 - VIII ZR 313/79, NJW 1981, 1210; s. a. Soergel/Leptien, aaO, § 174 BGB Rdn. 2; Schramm in MünchKomm. zum BGB, aaO, § 174 BGB Rdn. 3). Das gilt in besonderem Maße zunächst dann, wenn die Ansprüche von einem Mitreisenden oder einem Familienmitglied angemeldet werden. Hier kann der Reiseveranstalter ohne Vorlage der Originalvollmacht nicht mit der gebotenen Sicherheit bestimmen, ob diese tatsächlich erteilt wurde und ob die Vertretungsbefugnis etwa infolge einer Rückforderung der Urkunde erloschen ist. Eine unbillige Belastung des Ersatzansprüche anmeldenden Reisenden oder seines Vertreters liegt darin nicht; die Übersendung der Originalvollmacht stellt keine größere Belastung dar als die einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde. Für die einem anwaltlichen Vertreter erteilte Vollmacht gilt insoweit nichts anderes. Im Hinblick auf § 174 BGB unterscheidet das Gesetz nicht danach, wem die Vollmacht jeweils erteilt wurde.

Mit Blick auf den Zweck der Ausschlußregelung, dem Veranstalter frühzeitig abschließende Klarheit über die geltend gemachten Ansprüche zu verschaffen , kann der Revision auch nicht darin gefolgt werden, daß es im Rahmen des § 651 g Abs. 1 BGB ausreichen müsse, wenn der Reiseveranstalter mit hoher Gewißheit davon ausgehen könne, daß der den Anspruch geltend machende Rechtsanwalt von dem Reisenden tatsächlich bevollmächtigt sei, während im originären Anwendungsbereich des § 174 BGB eine absolute Sicherheit erforderlich sei. Für eine solche Differenzierung bietet das Gesetz keine Grundlage.
Der Anwendung des § 174 BGB im Geltungsbereich des § 651 g BGB kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß damit ein vollständiger Verlust des materiellen Rechts verbunden sein könne, während die Vorschrift in ihrem unmittelbaren Geltungsbereich nur von der Unwirksamkeit einer Erklärung ausgehe und deren Wiederholung nicht ausschließe. Auch dann ist ein vollständiger Rechtsverlust nicht ausgeschlossen, wenn die Erklärung der Wahrung einer Ausschlußfrist dient und vor deren Ablauf eine Wiederholung nicht möglich ist. Zudem ist die Anwendbarkeit des § 174 BGB für den vergleichbaren Fall der Mängelrüge nach den §§ 377 ff. BGB anerkannt. Auch insoweit handelt es sich um eine geschäftsähnliche Handlung, und die Unwirksamkeit einer Mängelrüge hat regelmäßig einen Verlust der Gewährleistungsansprüche zur Folge, wenn sie - was wegen der Kürze der Frist nur in Ausnahmefällen möglich sein wird - nicht mehr wirksam nachgeholt werden kann. Ebensowenig steht schließlich der verbraucherschützende Charakter der Regelungen des Reisevertragsrechtes der Anwendung des § 174 BGB entgegen. Dieser ist mit der Regelung des § 651 g BGB im Interesse des Reiseveran-
stalters zu dessen Gunsten durchbrochen worden; in diesem Bereich läßt sich daher aus dem Grundgedanken des Gesetzes zugunsten eines den Verbraucher begünstigenden Verständnisses der Regelung ein durchschlagender Gesichtspunkt nicht herleiten.

c) Soweit das Berufungsgericht ein mangelndes Verschulden (§ 651 g Abs. 1 Satz 2 BGB) für nicht hinreichend dargelegt hält, wird dies von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler treten insoweit auch nicht hervor.

d) Das Berufungsgericht ist demgemäß zu Recht davon ausgegangen, daß die Anmeldung der Ansprüche wegen der behaupteten Mängel der Reise im Schreiben vom 17. September 1997 nach der Zurückweisung dieses Schreibens durch die Beklagte entsprechend § 174 Satz 1 BGB unwirksam ist. Die Beklagte hat dieses Schreiben am gleichen Tage und damit unverzüglich im Sinne des Gesetzes zurückgewiesen. Die erneute Anmeldung dieser Ansprüche im Schreiben vom 23. September 1997, dem eine Originalvollmacht beilag, ist nicht mehr rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, da die Reise am 20. August 1997 abgeschlossen war, war die Frist vor diesem Tage abgelaufen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Keukenschrijver

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.