Landesarbeitsgericht München Urteil, 03. Dez. 2015 - 3 Sa 471/15

bei uns veröffentlicht am03.12.2015
vorgehend
Arbeitsgericht Kempten, 3 Ca 2264/14, 15.04.2015

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 15.04.2015 - 3 Ca 2264/14 - abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der am ... geborene, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde bei der Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrags vom 16.05.1994 seit dem 16.05.1994 als Metallarbeiter in der Abteilung Lackiererei eingestellt. Der Tarifvertrag der Bayerischen Metallindustrie und künftige Änderungen des Tarifvertrages wurden zum Inhalt des Arbeitsvertrages bestimmt. Nach dem Arbeitsvertrag war je nach Eignung des Klägers bzw. der anfallenden Arbeit eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz möglich. Der Kläger war zunächst als Hilfsarbeiter in der Abteilung Spritzlackiererei eingesetzt. Im Lauf der Jahre hat er seine Kenntnisse und Fertigkeiten in der Lackiererei derart erweitert, dass er die Vergütungsgruppe EG 05 des Entgeltrahmentarifvertrages der Metall-und Elektroindustrie in Bayern erreicht hat. Die Entgeltgruppe 05 ist nach dem Entgeltrahmentarifvertrag die unterste Facharbeiterentgeltgruppe. Bei der dortigen Arbeitsaufgabe handelt es sich um eine Arbeitsaufgabe, die Entscheidungen bei der Arbeitsausführung voraussetzt und daher Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige, mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung bzw. einschlägige zweijährige abgeschlossene Berufsausbildung und längere zusätzliche fachspezifische Erfahrung bzw. auf andere Weise erworben werden. Zuletzt erhielt der Kläger eine monatliche Bruttovergütung von … € in Form eines verstetigten Akkordlohns.

Bei der Beklagten, die unter anderem Baumaschinen und Hydraulikgeräte fertigt und im Herbst 2014 ca. 290 Arbeitnehmer beschäftigte, ist ein Betriebsrat gebildet. Mit dem Betriebsrat wurde jeder einzelne im Unternehmen vorhandene Arbeitsplatz zur Eingruppierung nach dem Entgeltrahmentarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie bewertet.

Mit Schreiben vom 29.09.2014 teilte die Beklagte dem Kläger und den anderen in der Lackiererei beschäftigten Arbeitnehmern mit, dass beabsichtigt sei, die Lackiererei auszulagern und ab 01.01.2015 die gesamten zur Lackiererei gehörenden Räume inklusive der vorhandenen Betriebseinrichtungen an die Fa. E. zu verpachten. Diese Maßnahme stelle einen Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB dar, weshalb das Arbeitsverhältnis des Klägers wie das der anderen, in der Lackiererei inklusive Schleifen, Strahlen und Waschhalle beschäftigten Arbeitnehmer auf die Fa. E. übergehe. Von den 23 in der Lackiererei beschäftigten Arbeitnehmern widersprachen der Kläger mit Schreiben vom 20.10.2014 und 15 weitere Arbeitnehmer dem Betriebsübergang. Mit Schreiben vom 22.10.2014 (Anlage B1 = Bl. 28 d. A.) informierte die Beklagte den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers unter Angabe der Unterhaltspflicht für zwei Kinder und folgendem Kündigungsgrund:

„Nach Wegfall der Lackiererei können wir keinen Arbeitsplatz anbieten. Es ist kein Mitarbeiter vergleichbar.“

In der Sitzung vom 23.10.2014 stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung des Klägers und der weiteren Arbeitnehmer der Lackiererei, die dem Betriebsübergang widersprochen hatten, zu. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 24.10.2014 ordentlich zum 31.05.2015. Seit dem 01.01.2015 sind die genannten Tätigkeitsbereiche der Lackiererei nebst zugehöriger Räume und Betriebsmittel an die Fa. E. verpachtet. Der Kläger arbeitet seit dem 09.01.2015 für die Dauer der Kündigungsfrist und anschließend aufgrund befristeter Arbeitsverträge für den Betriebs-übernehmer zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages mit der Beklagten.

Am 19.01.2015 hörte die Beklagte den Betriebsrat erneut zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an, in dessen Anlage 1 es auszugsweise heißt:

„…

Es ist nunmehr beabsichtigt, wegen desselben Kündigungssachverhalts - Wegfall des Arbeitsplatzes - nochmals eine vorsorgliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Diese Kündigung erscheint sicherheitshalber angebracht, weil sich in den Erörterungen im Zusammenhang mit den anhängigen Kündigungsschutzverfahren ergeben hat, dass möglicherweise über die Richtigkeit der pauschalen Angabe in den Anhörungsschreiben vom 22.10.2014 die lautete:

„Es ist kein Mitarbeiter vergleichbar.“

gestritten werden kann und sich darauf das prozessuale Risiko ergeben könnte, dass das Arbeitsgericht unabhängig von der materiellen Rechtslage, wegen einer objektiv unter Umständen falschen Angabe in der Betriebsratsanhörung die Kündigungen allein aus diesem formalen Gesichtspunkt als unwirksam ansehen könnte.

Die möglicherweise vergleichbar gewesenen Mitarbeiter spielen im Rahmen der Sozialauswahl heute jedoch keine Rolle mehr. Im Rahmen der bereits ausgesprochenen bzw. auszusprechenden Kündigungen wurde beschlossen, diesen zwei Mitarbeitern ebenfalls zu kündigen (die Anhörungsschreiben gemäß § 102 BetrVG gehen dem Betriebsrat mit gleicher Post zu), weil nach jetziger Erkenntnis die Firma verpflichtet ist, die Arbeitsplätze dieser Mitarbeiter zwei Arbeitnehmern anzubieten, welche tariflichen Alterskündigungsschutz genießen."

Mit Schreiben vom 28.01.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers nochmals unter Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.08.2015. Hierüber führen die Parteien ein weiteres Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Kempten (3 Ca 327/15).

Gegen die hier streitgegenständliche, ihm am 24.10.2014 übergebene Kündigung vom selben Tage hat der Kläger am 11.11.2014 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Kempten erhoben. Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Es fehle an einer unternehmerischen Entscheidung zum Abbau des Personalüberhangs der 16 Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang widersprochen hätten. Auch beschäftige die Beklagte in vielen Abteilungen Leiharbeitnehmer auf Arbeitsplätzen, auf denen der Kläger rechtlich und tatsächlich tätig werden könne. Darüber hinaus hat der Kläger die soziale Auswahl gerügt und die Beklagte aufgefordert, die Sozialauswahl offenzulegen und hierbei Namen und Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer zu nennen. Dies beziehe sich insbesondere auf die Arbeitnehmer der Abteilungen Montage, Endmontage, KTL, Zuschnitt und Lager, die mit dem Kläger vergleichbar seien. Vergleichbar seien u.a. die Mitarbeiter N. B., D. S., G. B., S., F. G., A. N., C. M., S. H., M. D., G. S. und die Arbeitnehmer der Endmontage, die zwar ursprünglich zur Lackiererei gehört, aber vor dem Betriebsübergang abgetrennt worden sei. Schließlich hat der Kläger die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung bestritten. Dem Betriebsrat seien falsche Sozialdaten mitgeteilt worden. Der Kläger habe drei und nicht zwei unterhaltspflichtige Kinder. Darüber hinaus sei die Betriebsratsanhörung aufgrund ihrer Unvollständigkeit, insbesondere hinsichtlich der Sozialauswahl, nicht geeignet gewesen, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, eine Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung abzugeben.

Der Kläger hat erstinstanzlich unter Rücknahme des allgemeinen Feststellungsantrags und des Weiterbeschäftigungsantrags beantragt,

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.10.2014 nicht beendet wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage kostenfällig abzuweisen.

Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund des Teilbetriebsübergangs der Lackiererei weggefallen. Andere freie Arbeitsplätze seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht vorhanden gewesen. Die Leiharbeitnehmer seien ausschließlich zum Ausgleich von Arbeitsspitzen und zur Vertretung von Arbeitnehmern eingesetzt, so dass kein dauerhafter freier Arbeitsplatz zur Verfügung stände. Eine Sozialauswahl sei nicht geboten gewesen, weil der Kläger nicht mit anderen Arbeitnehmern vergleichbar sei. Die anderen Arbeitnehmer seien entweder in einer anderen Entgeltgruppe eingruppiert, genössen tariflichen Altersschutz oder verfügten über besondere Qualifikationen, die der Kläger nicht habe. Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Ausweislich der Betriebsratsanhörung sei die Beklagte keineswegs davon ausgegangen, keine Sozialauswahl im Betrieb durchführen zu müssen. Allerdings hätten keine vergleichbaren Arbeitnehmer festgestellt werden können, was dem Betriebsrat mitgeteilt worden sei. Dem Betriebsrat sei die Tatsache des bevorstehenden Teilbetriebsübergangs aus vorangegangener Information hinreichend bekannt gewesen. Er habe auch Kenntnis von dem Umstand gehabt, dass der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos weggefallen sei. Nach dem Grundsatz der subjektiven Determination sei die Betriebsratsanhörung nicht zu beanstanden.

Durch Endurteil vom 14.04.2015 - 3 Ca 2264/14 - hat das Arbeitsgericht Kempten dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben, weil die Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam sei. Zwar habe der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der subjektiven Determination lediglich den aus seiner Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt mitzuteilen, wie dieser seinem Kündigungsentschluss zugrunde liege. Jedoch diene die Anhörung dazu, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, diejenigen Kündigungstatsachen, auf die der Arbeitgeber abstelle, in Bezug auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen und auf ihrer Grundlage eine eigene Bewertung der beabsichtigten Kündigung vorzunehmen. Diesen Zweck könne die Anhörung nur erfüllen, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitteile, auf welcher rechtlichen und tatsächlichen Grundlage er die Sozialauswahl durchgeführt habe und wie er zu dem Ergebnis gelangt sei, dass im Betrieb keine Arbeitnehmer vorhanden seien, die mit dem Kläger vergleichbar wären. Lediglich dann, wenn der Arbeitgeber überhaupt keine Sozialauswahl durchgeführt hätte, sei er ausnahmsweise zu weiteren Angaben nicht verpflichtet. Da die Beklagte dem Betriebsrat mit dem Hinweis, eine Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern sei nicht vorhanden, nur das Ergebnis, nicht aber die vorangestellten Überlegungen hierzu mitgeteilt habe, liege eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht vor.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 07.05.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.05.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist bis zum 07.08.2015 am 07.08.2015 begründet.

Der Betriebsrat sei zu der streitgegenständlichen Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Die Mitteilung an den Betriebsrat, es sei kein Mitarbeiter vergleichbar, sei ausreichend gewesen. Der Arbeitgeber sei nicht zur Unterrichtung des Betriebsrats über diejenigen Erwägungen verpflichtet, die zu dem Schluss geführt hätten, dass vergleichbare Arbeitnehmer nicht vorhanden seien. Eine solche Informationspflicht sei aus § 102 Abs. 1 BetrVG nicht abzuleiten, weil dem Betriebsrat nur „die Gründe für die Kündigung mitzuteilen“ seien. Die Informationspflicht zu den Gründen einer tatsächlich durchgeführten Sozialauswahl und zu dem Fall, dass eine Sozialauswahl mangels vergleichbarer Arbeitnehmer nicht durchzuführen sei, sei verschieden. Im Übrigen wäre eine solche Unterrichtung nahezu unmöglich, weil sich die Erwägungen zwangsläufig auf alle Arbeitnehmer des Betriebes beziehen müssten, mit der Folge, dass die Anhörung zu nicht vergleichbaren Arbeitnehmern umfangreicher wäre als zu vergleichbaren Arbeitnehmern. Zudem könne der Betriebsrat, der aufgrund der Bewertung der Arbeitsplätze im Unternehmen diese bestens kenne, selbst überprüfen, inwiefern eine Vergleichbarkeit gegeben sei bzw. welche Arbeitsplätze aus seiner Sicht noch in Betracht kämen. Sollte die Beklagte fälschlicherweise einen vergleichbaren Mitarbeiter übersehen haben, wäre deshalb nicht die Betriebsratsanhörung unwirksam, sondern zu prüfen, ob ein vom jeweiligen Kläger aufgezeigter vergleichbarer Mitarbeiter sozial stärker sei und vor dem Kläger zu kündigen gewesen wäre. Dies betreffe die materielle Begründetheit der Kündigungsschutzklage und sei keine Frage der Betriebsratsanhörung.

Tatsächlich sei eine Sozialauswahl mangels vergleichbarer Arbeitnehmer nicht durchzuführen gewesen. Zeitgleich zur beabsichtigten Kündigung des Klägers sei der Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der weiteren, in der EG 05 beschäftigten Arbeitnehmer der Lackiererei ohne Endmontage angehört worden. Dies betreffe die Mitarbeiter F., S., A. S., A. H., C. A., C. A. und S., für die die Anhörungsschreiben als Anlage BK 1 bis BK 7 vorgelegt werden. Die Arbeitnehmer K. C. und N. G. hätten Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX genossen und es hätte zunächst die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden müssen, weshalb die Betriebsratsanhörung zunächst zurückgestellt worden sei. Dem Betriebsrat sei daher bekannt gewesen, dass sämtliche, mit dem Kläger in der Lackiererei vergleichbaren Mitarbeiter, die dem Betriebsübergang widersprochen hätten, ebenfalls gekündigt werden sollten.

Weitere vergleichbare Arbeitsplätze habe es nicht gegeben.

Die in der Endmontage verbliebenen Arbeitnehmer seien nicht mit Lackieren, sondern mit Montieren befasst. Die dortigen Arbeitsplätze seien in die EG 4c eingruppiert und deshalb, bezogen auf das Facharbeiterniveau des Klägers, der mit der EG 5b vergütet werde, nicht gleichwertig.

Darüber hinaus fehle es an einer Vergleichbarkeit im Verhältnis zu anderen, in die EG 05 eingruppierten Arbeitsbereiche, weil der Kläger nicht über die dort verlangte zwei- oder dreijährige Berufsausbildung bzw. nicht über die langjährige, zumindest mehrjährige Tätigkeit in den jeweiligen Bereichen verfüge. Insoweit wird für die Darstellung der Beklagten zu den Arbeitsbereichen 1.0.04 bis 8.2.04 Bezug auf Seite 20 - 23 der Berufungsbegründung (= Bl. 151 - 154 d. A.) genommen.

Auch die vom Kläger benannten Mitarbeiter seien nicht mit ihm vergleichbar. Die Arbeitnehmer B., S., B., S., G., N., S., D. und S. seien in die EG 03 bis 04 eingruppiert. Der Arbeitnehmer C. sei Metallfacharbeiter (Schlosser) und als solcher unter Eingruppierung in die EG 05b beschäftigt, während der Kläger weder Metallfacharbeiter sei noch über entsprechende Kenntnisse verfüge. Soweit der Kläger einzelne Bereiche angegeben habe, gebe es ebenfalls keine vergleichbaren Arbeitnehmer: In der Abteilung Montage gebe es nur Facharbeiterstellen, die eine Ausbildung in einem metallverarbeitenden Beruf oder auf andere Weise erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzten, über die der Kläger nicht verfüge. Die Tätigkeiten in der Endmontage nach dem Lackieren seien eingruppiert in die EG 4c und damit geringwertiger. Die Tätigkeiten in der Abteilung KTL seien eingruppiert in die EG 03 und damit deutlich geringwertiger. Die Tätigkeiten im Lager seien mit Ausnahme des Arbeitsbereiches 6.2.04 entweder niedriger oder deutlich höher eingruppiert. Der Arbeitsbereich 6.2.04 erfordere neben einer kaufmännischen Ausbildung SAP-Kenntnisse und Kenntnis der Office-Programme. Hierüber verfüge der Kläger nicht und könne die Kenntnisse auch nicht innerhalb zumutbarer Frist erlangen. Die Tätigkeiten im Zuschnitt seien in die EG 04 oder EG 05 eingruppiert. Soweit die EG 05 betroffen sei, erfordere die konkrete Tätigkeit Kenntnisse als Metallfacharbeiter. Im Bereich der Dreherei handele es sich um Stellen für Metallfacharbeiter, eingruppiert in die EG 4c bzw. EG 05 - je nach konkreter Tätigkeit - und erforderten Metallfacharbeiterkenntnisse bzw. eine entsprechende Ausbildung. Bei der Abteilung KTL und Tauchgrundierung handele es sich um dieselbe Abteilung. KTL heiße „kathodische Tauchlegierung“. Die in der Anhörung vom 19.01.2015 genannten zwei Arbeitnehmer, die mit dem Kläger „möglicherweise“ vergleichbar gewesen seien, müsse die Beklagte nicht benennen, weil die Beklagte nach wie vor der Auffassung sei, dass es keine vergleichbaren Mitarbeiter gebe. Insofern bestehe auch keine Pflicht, die Mitarbeiter zu benennen.

Die Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Der Arbeitsplatz des Klägers sei mit dem unstreitigen Wegfall der Lackiererei mit Ablauf des 31.12.2014 weggefallen. Einer weiteren unternehmerischen Entscheidung zur Beseitigung des Arbeitskräfteüberhangs hätte es nicht bedurft. Es seien auch keine freien Arbeitsplätze bei der Beklagten vorhanden gewesen. Der Kläger habe keinen konkreten, mit einem Leiharbeitnehmer besetzten Arbeitsplatz benannt. Im Übrigen handle es sich bei diesen mit Leiharbeitnehmern besetzten Arbeitsplätzen um Metallfacharbeiter-Arbeitsplätze, für die der Kläger nicht qualifiziert sei, und die nicht als frei im kündigungsrechtlichen Sinne anzusehen seien, weil die Leiharbeitnehmer nur zum Ausgleich von Arbeitsspitzen bzw. als Krankheits- und Urlaubsvertretung eingesetzt würden. Insoweit wird auf die Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung (S. 11 - 18 = Bl. 142 - 149 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

  • 1.Das Urteil des Arbeitsgerichts Kempten vom 15.04.2015, Az: 3 Ca 2264/14, wird abgeändert.

  • 2.Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, und verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Bei einer betriebsbedingten Kündigung sei die Mitteilung über die Überlegungen des Arbeitgebers zur Sozialauswahl grundsätzlich Bestandteil der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats. Auch habe die Beklagte in ihrer Anhörung vom 19.01.2015 gezeigt, dass es selbst aus ihrer Sicht zwei Mitarbeiter gegeben habe, die zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Kündigung zumindest „möglicherweise“ mit dem Kläger vergleichbar gewesen seien. Dies hätte sie dem Betriebsrat in der Anhörung vom 22.10.2014 mitteilen müssen. Im Übrigen fordere der Kläger die Beklagte auf, die Namen, Sozialdaten, Tätigkeiten und Eingruppierung der beiden Mitarbeiter offen zu legen. Auch erstaune es, dass die gekündigten Arbeitnehmer der Lackiererei, die völlig inhomogen in die Entgeltgruppen 03 bis 05 eingruppiert gewesen seien, nicht mit einem einzigen der weiteren 272 Arbeitnehmer der Beklagten vergleichbar gewesen sein sollen. In der Vergangenheit habe es kurzfristige und dauerhafte Fluktuation zwischen der Lackiererei und anderen Abteilungen gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 07.08.2015 (Bl. 132 - 164 d. A.) und vom 05.10.2015 (Bl. 193 - 194 d. A.), den Schriftsatz des Klägers vom 17.09.2015 (Bl. 183 - 191 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 19.11.2015 (Bl. 196 - 197 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. c) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 24.10.2014 aufgelöst worden. Sie ist nicht rechtsunwirksam gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG und § 1 Abs. 1 bis 3 KSchG.

1. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtsunwirksam.

a) Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören, wobei ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG steht die nicht ordnungsgemäße Anhörung der unterbliebenen Anhörung des Betriebsrats gleich (vgl. BAG, Urteil vom 24.02.2000 - 8 AZR 167/99 - NZA 2000, 764 unter der Gründe). Dabei ist die Mitteilung der Kündigungsgründe nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“. Der Arbeitgeber muss nur die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen. Der Arbeitgeber kommt seiner Unterrichtungspflicht erst dann nicht mehr nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewusst eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsdarstellung unterbreitet (vgl. BAG, Urteil vom 12.08.2010 - 2 AZR 945/08 - NZA 2011, 460, Rn. 18 m.w.N.).

Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist die Mitteilung über die Überlegungen des Arbeitgebers zur Sozialauswahl grundsätzlich Bestandteil der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats. Beruft sich der Arbeitgeber auf eine Auswahl nach sozialen Kriterien, hat er die in seine Auswahl einbezogenen Arbeitnehmer und deren Sozialdaten, die Auswahlkriterien und seinen Bewertungsmaßstab anzugeben. Nicht ausreichend sind pauschale, schlag- oder stichwortartige Angaben. Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht, wenn er die für ihn subjektiv erheblichen Auswahlüberlegungen darlegt. Ergibt sich aus seiner Auskunft, dass er nicht alle nach dem Gesetz maßgeblichen Sozialdaten oder ungeeignete Kriterien berücksichtigt hat oder dass die von ihm beachteten Kriterien im Kündigungsschutzprozess bei objektiver Würdigung noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen, kann die Unterrichtung gleichwohl ausreichend sein, wenn für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl für überflüssig gehalten hat, etwa weil nach dessen Ansicht kein mit dem zu kündigenden Arbeitnehmer vergleichbarer Mitarbeiter (mehr) vorhanden sein soll, oder weil er allen Arbeitnehmern kündigen will (vgl. erneut BAG, Urteil vom 12.08.2010 - 2 AZR 945/08 - a.a.O., Rn. 19 m.w.N.).

b) Gemessen an den dargestellten Grundsätzen hat die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 22.10.2014 ordnungsgemäß im Sinne des § 102 Abs. 1 BetrVG zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 24.10.2014 angehört.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Betriebsratsanhörung nicht fehlerhaft, wenn sich der Arbeitgeber entschlossen hat, nicht nach sozialen Gesichtspunkten auszuwählen, und er „das dem Betriebsrat so mitteilt.“ (vgl. BAG, Urteil vom 24.02.2000 - 8 AZR 167/99 - a.a.O., unter I.2.b) der Gründe; Urteil vom 16.01.1987 - 7 AZR 49/85 - BeckRS 1987, 30719846, unter I.2. der Gründe; Urteil vom 12.08.2010 - 2 AZR 945/08 - a.a.O., Rn. 19; Urteil vom 09.09.2010 - 2 AZR 936/08 - NJOZ 2011, 707, Rn. 16; ebenso Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Aufl. 2015, § 124, Rn. 28; Mestwerdt/Zimmermann in Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, 5. Aufl. 2015, § 1, Rn. 819 m.w.N. zur Rechtsprechung; Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 102, Rn. 31; Braasch in Düwell, BetrVG, 4. Aufl. 2014, § 102, Rn. 59; Thüsing in Ricardi, 14. Aufl. 2014, § 102, Rn. 68; Bachner in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 14. Aufl. 2013, § 102, Rn. 108; KR/Etzel, 10. Aufl. 2013, § 102, Rn. 62j und 62l; anderer Ansicht: LAG München, Urteil vom 08.07.2015 - 5 Sa 414/15 - nicht veröffentlicht; LAG München, Urteil vom 02.07.2015 - 2 Sa 424/15 - nicht veröffentlicht). Über eine abstrakt mögliche, tatsächlich aber unterbliebene Auswahl muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht unterrichten, weil sie für seinen Kündigungsentschluss nicht maßgeblich ist (vgl. schon LAG Hessen, Urteil vom 11.12.1998 - 3 Sa 1566/96 - BeckRS 1998, 30874866). Der nötige kollektive Schutz wird dadurch bewirkt, dass der Betriebsrat der Kündigung in einem solchen Fall nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG mit der Begründung widersprechen kann, der Arbeitgeber habe den ausfallrelevanten Personenkreis zu eng gezogen oder eine Sozialauswahl sei zu Unrecht völlig unterlassen worden (vgl. Mestwerdt/Zimmermann, a.a.O.). Dem individuellen Schutz des Arbeitnehmers wird dadurch Rechnung getragen, dass im Streit um die soziale Rechtfertigung der Kündigung solche Kündigungsgründe nicht berücksichtigt werden können, zu denen der Betriebsrat nicht angehört worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 24.02.2000 - 8 AZR 167/99 - a.a.O., unter I.2.b) der Gründe).

Die Betriebsratsanhörung begegnet deshalb keinen Bedenken nach § 102 Abs. 1 BetrVG, weil sich die Beklagte darauf beschränkt hat, dem Betriebsrat mitzuteilen, dass kein Mitarbeiter vergleichbar sei.

Die Betriebsratsanhörung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil dem Betriebsrat die Unterhaltspflichten für zwei Kinder, wie sie sich aus der Lohnsteuerkarte des ergeben haben, und nicht die Unterhaltspflichten für drei Kinder, wie sie tatsächlich bestehen sollen, mitgeteilt worden sind. Da die Mitteilungspflicht subjektiv bestimmt ist, genügt es, wenn der Arbeitgeber die ihm bekannten Sozialdaten angibt, auch wenn diese objektiv nicht zutreffen (vgl. Raab in GK-BetrVG, 10. Aufl. 2014, § 112, Rn. 76).

2. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, weil sie nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG ist.

a) Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen, bedingt, § 1 Abs. 2 KSchG. Die Beklagte hat sich unstreitig entschlossen, ab 01.01.2015 die Lackiererei nicht mehr selbst zu betreiben, sondern an die Firma E. zu verpachten. Dies ist auch unstreitig mit Wirkung zum 01.01.2015 umgesetzt worden. Mit der Umsetzung der Entscheidung entfiel die Möglichkeit, den Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Einer erneuten unternehmerischen Entscheidung bedurfte es nicht, weil der bisherige Arbeitsplatz des Klägers nicht dadurch wieder an die Beklagte zurückfällt, dass der Kläger dem Betriebsübergang widerspricht.

Die Beklagte konnte die Kündigung auch nicht durch andere, mildere Maßnahmen vermeiden. Ein freier Arbeitsplatz, auf dem der Kläger weiterbeschäftigt werden konnte, ist nach den unbestritten gebliebenen Darlegungen der Beklagten nicht vorhanden. Insbesondere hat die Beklagte vorgetragen, dass die Leiharbeitnehmer lediglich bei Auftragsspitzen und zur Vertretung im Krankheits- und Urlaubsfall eingesetzt werden. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

b) Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden sozialen Auswahl unwirksam.

aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Dabei hat der Arbeitgeber in die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind. Dies ist nicht nur bei identischen Arbeitsplätzen der Fall, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann. An der Vergleichbarkeit fehlt es demgegenüber, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Rechtsgründen nicht einseitig auf den fraglichen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (vgl. BAG, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 271/12 - NZA 2013, 837, Rn. 12 m.w.N.).

Aufgrund der materiell-rechtlichen Wirkung des Auskunftsanspruchs des Arbeitnehmers aus § 1 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs KSchG und den aus § 138 ZPO fließenden prozessualen Grundsätzen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Darlegungs- und Beweislast zur sozialen Auswahl zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgestuft (vgl. ausführlich Eylert in Schwarze/Eylert/Schrader, Kündigungsschutzgesetz 2011, § 3, Rn. 467 mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsprechung): Bei Unkenntnis der für die Sozialauswahl rechtserheblichen Tatsachen genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er pauschal die soziale Auswahl beanstandet und den Arbeitgeber auffordert, die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben. Im Umfang seiner materiell-rechtlichen Auskunftspflicht geht damit die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Als auskunftspflichtige, darlegungsbelastete Partei hat der Arbeitgeber sodann die Gründe darzulegen, die ihn (subjektiv) zu der von ihm getroffenen Auswahl veranlasst haben. Kommt der Arbeitgeber der ihm hinsichtlich seiner subjektiven Auswahlüberlegenen obliegenden Darlegungslast vollständig nach, so hat der Arbeitnehmer wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für eine objektiv fehlerhafte Auswahlentscheidung. Es kann sich aber u. U. bereits aus den Angaben des Arbeitgebers ergeben, dass das Auswahlverfahren objektiv nicht den gesetzlichen Anforderungen der sozialen Auswahl entsprochen hat (z.B. Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises). Der Arbeitgeber muss dann näher darlegen, dass trotz Durchführung eines gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Auswahlverfahrens gleichwohl der gekündigte Arbeitnehmer nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG nicht fehlerhaft ausgewählt worden ist. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, welche anderen Arbeitnehmer er für vergleichbar hält und in die Sozialauswahl mit einbezogen hat. Wenn allen diesen Arbeitnehmern gekündigt und keinem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten wurde, hat er bereits durch Nennung der Namen und den Hinweis darauf, dass alle anderen Arbeitnehmer nicht vergleichbar sind, dem Kläger Auskunft über die von ihm zugrunde gelegten Auswahlkriterien, deren Gewichtung und die Namen der seiner subjektiven Auffassung nach in die Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer erteilt (vgl. BAG, Urteil vom 21.05.2015 - 8 AZR 409/13 - BeckRS 2015, 72506, Rn. 62 m.w.N.).

bb) Danach hat der Kläger unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz er hätte besetzen können und welche weiteren Arbeitnehmer im Rahmen der sozialen Auswahl hätten berücksichtigt werden müssen.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren dargelegt, dass alle mit EG 05 vergüteten Arbeitnehmer der übergegangenen Lackiererei ebenfalls gekündigt worden sind. Sie hat des weiteren ausgeführt, dass der Kläger auf den mit EG 05 vergüteten Arbeitsplätzen der Arbeitsbereiche 1.0.04 bis 8.2.04 nicht eingesetzt werden könne, weil er nicht über die dort erforderliche drei- oder zweijährige Berufsausbildung verfüge bzw. eine langjährige, zumindest mehrjährige Tätigkeit im jeweiligen Bereich aufweise. Darüber hinaus hat die Beklagte dargelegt, warum eine Vergleichbarkeit mit den namentlich vom Kläger bezeichneten Arbeitnehmern nicht gegeben sei. Schließlich hat sie ausgeführt, warum in den seitens des Klägers angegebenen Abteilungen Montage, Endmontage nach Lackieren, KTL, Zuschnitt und Lager keine vergleichbaren Arbeitnehmer beschäftigt werden, nämlich weil sie entweder geringwertiger vergütet werden oder der Kläger nicht die erforderliche berufliche Qualifikation innehat. Der Kläger hat diese Angaben nicht bestritten und konnte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2015 unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags auch keinen vergleichbaren Arbeitnehmer benennen.

Die Beklagte war vor dem Hintergrund dieser Darlegungen nicht verpflichtet mitzuteilen, welche zwei Arbeitnehmer „möglicherweise“ in die soziale Auswahl im Herbst 2014 hätten einbezogen werden müssen, denen sie im Januar 2015 kündigte, um ihre Arbeitsplätze zwei Arbeitnehmern mit tariflichem Alterskündigungsschutz anzubieten. Dem Kläger war es aufgrund der im Berufungsverfahren gegebenen Informationen möglich zu begründen, warum er mit Arbeitnehmern einer bestimmten Gruppe vergleichbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 05.12.2002 - 2 AZR 697/01 - AP KSchG 1969, § 1 „Soziale Auswahl“ Nr. 60 unter B.I.3.b) bb) der Gründe). Er konnte mitteilen, welchen Arbeitsplatz er begehrt und wann und wie er für die dort ausgeübte Tätigkeit die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. Insofern ist durch die Auskunft der Beklagten zu möglichen vergleichbaren Arbeitsplätzen die Darlegungs- und Beweislast wieder auf den Kläger zurückgefallen, so dass die Beklagte zu weiteren Angaben nicht verpflichtet war. Die abgestufte Darlegungsund Beweislast soll lediglich ein Informationsdefizit des grundsätzlich darlegungs- und beweisbelasteten Arbeitnehmers ausgleichen, nicht aber den Arbeitgeber verpflichten, etwaige rechtliche Bedenken über die Vergleichbarkeit von Arbeitsplätzen und Arbeitnehmern im Prozess offen zu legen.

cc) Die Beklagte war nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehindert, zur sozialen Auswahl vorzutragen, auch wenn die Betriebsratsanhörung hierzu keine Information enthielt. Ein gegen § 102 BetrVG verstoßendes Nachschieben von Kündigungsgrün den liegt nicht vor, weil die Beklagte den bisherigen Kündigungssachverhalt, sie habe mangels Vergleichbarkeit keine Sozialauswahl durchführen müssen, lediglich konkretisiert und sich der Kern des Kündigungsgrundes dadurch nicht verändert hat (vgl. Mest-werdt/Zimmermann in Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, 5. Aufl. 2015, § 1 KSchG, Rn. 819). Auch ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber im Prozess erst auf entsprechende Rüge des Arbeitnehmers zur Sozialauswahl substanziiert vortragen muss. Die Beklagte durfte deshalb zur Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer vortragen, ohne durch die Betriebsratsanhörung „präkludiert“ zu sein (ebenso BAG, Urteil vom 09.09.2010 - 2 AZR 936/08 - NJOZ 2011, 707, Rn. 48). Hierdurch entsteht auch kein Widerspruch zu den Ausführungen im Rahmen des § 102 Abs. 1 BetrVG. Die Beklagte durfte zwar ihren Vortrag um Ausführungen zur Vergleichbarkeit ergänzen. Hätte sich dabei ein vergleichbarer Arbeitsplatz gefunden, wäre es ihr jedoch nicht möglich gewesen darzulegen, dass die Sozialauswahl wegen schwächerer Sozialkriterien dennoch ausreichend gewesen sei, denn insoweit wäre der Betriebsrat nicht angehört worden.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG im Hinblick auf die abweichenden Entscheidungen des LAG München (Urteil vom 08.07.2015 - 5 Sa 404/15 - und vom 02.07.2015 - 2 Sa 424/15 -) zuzulassen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 03. Dez. 2015 - 3 Sa 471/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 03. Dez. 2015 - 3 Sa 471/15

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht München Urteil, 03. Dez. 2015 - 3 Sa 471/15 zitiert 15 §§.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Betriebsverfassungsgesetz


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen


(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kün

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 85 Klagerecht der Verbände


Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selb

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - aufgehoben.

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2011 - 10 Sa 438/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1197/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2008 - 20 Sa 1594/07 - aufgehoben.

Referenzen

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2008 - 20 Sa 1594/07 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin ist seit 1993 bei der Beklagten tätig. Die Beklagte nimmt im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Aufgaben des Immobilienmanagements im ländlichen Raum der fünf neuen Bundesländer wahr. Sie ist in verschiedene Niederlassungen gegliedert. In Mecklenburg-Vorpommern bestehen Niederlassungen in Schwerin/Rostock, mit Geschäftsstellen in Schwerin und Rostock, und in Neubrandenburg. In den Geschäftsstellen Schwerin und Rostock sowie der Niederlassung Neubrandenburg waren Betriebsräte gewählt worden; am Sitz der Beklagten besteht ein Gesamtbetriebsrat.

3

Die Klägerin arbeitete ursprünglich als Gruppenleiterin im Bereich „Außenstellen Rostock“ mit „Dienstort Rostock“. Später wurde sie in Rostock als Referentin weiterbeschäftigt. Gemeinsam mit drei weiteren Referenten bearbeitete sie den Bereich „Bad Doberan“.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2003, wegen rückläufigen Auftragsvolumens die Zahl ihrer Geschäftsstellen zu reduzieren und Personal abzubauen. Am 15. Dezember 2003 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. In ihm ist unter § 5 geregelt, dass Versetzungen entweder auf freiwilliger Basis oder im Rahmen von vereinbarten Zumutbarkeitskriterien erfolgen sollen. Ein Versetzungsangebot gilt ua. dann als zumutbar, wenn der Fahrweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der Wohnung zur Arbeitsstätte maximal 1 ½ Stunden je Weg beträgt (§ 6 Abs. 3 des Interessenausgleichs). Der Interessenausgleich wurde am 20. Januar 2005 ohne inhaltliche Änderungen neu gefasst.

5

Im Februar 2004 beschloss die Beklagte, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen. Mit Wirkung zum 1. April 2005 ordnete sie den Bereich „Bad Doberan“ dem neuen Arbeitsbereich „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan“ in der Geschäftsstelle Schwerin zu. Wegen der örtlichen Nähe sollten die Bad Doberan betreffenden Aufgaben zunächst weiter von Rostock aus erledigt werden. Mit Schreiben vom 2. März 2005 erhielt die Klägerin die Bestätigung, dass sie ab 1. April 2005 als Referentin in der Gruppe „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan der Niederlassung Schwerin/Rostock, Geschäftsstelle Schwerin, Standort Rostock tätig“ sei. Alle anderen vertraglichen Regelungen sollten weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Die Klägerin bestätigte mit ihrer Unterschrift ihr Einverständnis.

6

Im Juni 2005 entschied die Beklagte, die restlichen Aufgaben der Geschäftsstelle Rostock zum 1. Januar 2008 auf die Niederlassung Neubrandenburg zu übertragen. Mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte sie am 30. Januar 2006 in Ergänzung der bestehenden Regelungen einen weiteren „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“. Nach dessen § 1 wurden „im Zuge der Schließung der Geschäftsstelle Rostock“ der Geschäftsstelle Schwerin 11,5 und der Niederlassung Neubrandenburg 19 „Vollzeitäquivalente“ zugewiesen. In dem „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ heißt es unter §§ 4 und 5:

        

„§ 4   

        

Für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle Rostock findet das folgende Verfahren im Rahmen von § 5 des Interessenausgleichs vom 15.12.2003 Anwendung:

        

Die B wird diesen Mitarbeitern entsprechend den nachfolgenden Auswahlrichtlinien (vgl. § 5) einen Arbeitsplatz an dem neuen Standort (Niederlassung oder Geschäftsstelle) zur Weiterbeschäftigung schriftlich anbieten (=’Versetzung’), der ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Funktion und ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend zumutbar ist. Der Arbeitgeber wird bei dieser Versetzung eine Ankündigungsfrist einhalten, die mindestens einen Monat länger ist als die individuelle, vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist des Mitarbeiters; je nach dem, welche der beiden genannten Fristen länger ist.

        

Die B wird die Mitarbeiter auffordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang der Mitteilung zu erklären, ob sie der Versetzung zustimmen.

        

Sofern die Mitarbeiter sich nicht innerhalb der o.g. Frist zu einer einvernehmlichen Versetzung per ergänzender arbeitsvertraglicher Vereinbarung bereit erklären, kann die B, soweit sie dies für erforderlich hält, unter Wahrung der gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen Änderungskündigungen mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung an dem neuen Standort aussprechen. Hierauf wird die B die Arbeitnehmer in der Mitteilung über die Versetzung hinweisen.

        

§ 5     

        

Die Betriebsparteien sind darüber einig, die vor Ausspruch einer Änderungskündigung erforderliche Sozialauswahl, d.h. die Frage, welchen austauschbaren Mitarbeitern der Geschäftsstelle Rostock im Rahmen einer Änderungskündigung ein Arbeitsplatz in Schwerin resp. Neubrandenburg anzubieten ist, auf Grundlage der nachfolgend im Rahmen einer Auswahlrichtlinie i.S.d. §§ 95 BetrVG, 1 Abs. 4 KSchG festgelegten und gewichteten sowie auf die besondere Situation der zukünftig gegebenenfalls auszusprechenden Änderungskündigungen angepassten Sozialauswahlkriterien vorzunehmen:

        

Die Auswahlrichtlinie legt die folgenden Kriterien und Bewertungen zugrunde:

        

1.    

Für jedes vollendete Lebensjahr

1,0 Punkte

        

2.    

Für jedes vollendete Jahr der Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit

1,0 Punkte

        

3.    

Für jede unterhaltsberechtigte Person (Ehegatte, Kinder, etc.,)

5,0 Punkte

        

4.    

Für jedes im Haushalt lebende Kind vom 13. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

10,0 Punkte

        

5.    

Für jeden pflegebedürftigen Angehörigen i.S.d. § 61 SGB XII oder betreuungsbedürftiges Kind (bis Vollendung des 12. Lebensjahres) im Haushalt

20,0 Punkte

        

6.    

Für die Fahrtzeitdifferenz zwischen dem Wohnort und der alten Arbeitsstätte und dem Wohnort und der Niederlassung Neubrandenburg pro zusätzliche Fahrminute (einfache Fahrt) (ermittelt nach Falk.de-Routenplaner, Schnellster Weg, PKW mittel)

0,15 Punkte

        

7.    

Für eine Schwerbehinderung von 50% oder i.S.v. § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellte Mitarbeiter

5,0 Punkte

                 

Für jeden um 10% erhöhten Behinderungsgrad

2,0 Punkte

        

Die Summe dieser Punktwertung wird für alle Mitarbeiter in Rostock, die potentiell von einer Änderungskündigung betroffen sind, ermittelt. Je höher die ermittelte Punktzahl ist, desto schützenswerter ist der von der Schließung betroffene Mitarbeiter, d.h. umso schwerwiegender streitet die Sozialauswahl für ein Versetzungsangebot nach Schwerin. Je geringer die Gesamtpunktzahl eines Mitarbeiters ist, desto eher ist ihm die Versetzung an den weiter entfernten Standort Neubrandenburg zuzumuten.“

7

Anfang März 2006 bewarb sich die Klägerin auf eine für Schwerin ausgeschriebene Stelle. Das Angebot der Beklagten, sie dort bis 31. Dezember 2007 bei Einverständnis mit einer späteren Versetzung nach Neubrandenburg weiter zu beschäftigen, lehnte sie ab. In der Folgezeit schrieb die Beklagte insgesamt 7 Referentenstellen für Schwerin (einschließlich der vorgenannten Stelle) und 8 Referentenstellen für Neubrandenburg aus. 12 der bisher in Rostock tätigen 15 Referenten einschließlich der Klägerin bewarben sich für eine Tätigkeit in Schwerin. Die Beklagte ermittelte anhand von Fragebögen die Sozialdaten der Rostocker Mitarbeiter und erstellte auf deren Grundlage eine Auswahlliste. Mit Schreiben vom 13./14. Juli 2006 unterbreitete sie den Rostocker Referenten Angebote zur einvernehmlichen Weiterbeschäftigung an den Standorten Schwerin bzw. Neubrandenburg. 13 Mitarbeiter nahmen das Angebot an. Die Klägerin, die eine Gesamtpunktzahl von 84,10 erzielte, lehnte die angebotene Weiterbeschäftigung in Neubrandenburg ab. Die geringste Punktzahl eines Arbeitnehmers, der ein Versetzungsangebot nach Schwerin erhalten hatte, belief sich auf 86,65 Punkte.

8

Nach Zustimmung des Betriebsrats Neubrandenburg zur beabsichtigten „Versetzung“ hörte die Beklagte mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 den Betriebsrat der Geschäftsstelle Rostock zur beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin verbunden mit dem Hinweis an, es sei beabsichtigt, das ihr mit Schreiben vom 13. Juli 2006 angetragene Änderungsangebot erneut zu unterbreiten. Zugleich beantragte sie die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach Neubrandenburg. Der Betriebsrat Rostock äußerte sich nicht.

9

Mit Schreiben vom 6. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 und bot der Klägerin ab 1. Januar 2008 eine Tätigkeit als Referentin „Verkauf/Verpachtung“ in der Niederlassung Neubrandenburg bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen an.

10

Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen. Sie hat Änderungsschutzklage erhoben und die Auffassung vertreten, sie sei von der Schließung der Geschäftsstelle Rostock nicht betroffen, da „Ihre“ Stelle bereits nach Schwerin verlagert worden sei. Die Auswahl sei fehlerhaft und sozial unangemessen. Der Gesamtbetriebsrat sei für die im Interessenausgleich vereinbarte Auswahlrichtlinie nicht zuständig gewesen. Die Auswahlkriterien seien teils sachwidrig, teils willkürlich gewichtet. In die Auswahlentscheidung hätten auch die vergleichbaren Schweriner Referenten miteinbezogen werden müssen. Auch habe die Beklagte unzutreffende Angaben der Rostocker Mitarbeiter zu ihren Sozialdaten ungeprüft übernommen und keine Einzelfallbewertung vorgenommen. Die Anhörung des Betriebsrats sei fehlerhaft. Die Beklagte habe ihn nicht über die Sozialdaten der in die Auswahlentscheidung einbezogenen Referenten unterrichtet.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 6. November 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht: Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock seien die dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen. Das Änderungsangebot sei verhältnismäßig. Einer Sozialauswahl habe es nicht mehr bedurft. Entsprechend dem Interessenausgleich habe sie sich mit 13 der 15 Referenten über eine einvernehmliche Versetzung nach Schwerin bzw. Neubrandenburg vorab verständigt. Sämtliche Stellen in Schwerin seien demnach zum Kündigungszeitpunkt besetzt gewesen, es seien nur noch die beiden Stellen in Neubrandenburg offen gewesen. Die Stellenbesetzungen in Schwerin seien nicht treuwidrig, sondern auf der Grundlage der Auswahlrichtlinie erfolgt. Deshalb habe sie den Betriebsrat auch nicht über die Sozialdaten und die Sozialauswahl unterrichten müssen. Unabhängig davon habe dieser eine Übersicht der ermittelten Gesamtpunktzahlen der Rostocker Referenten erhalten; ihm seien auch die einzelnen Sozialdaten bekannt gewesen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Zwar ist die Änderungskündigung nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat aber auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Es steht noch nicht fest, dass die Beklagte der Klägerin ein verhältnismäßiges, zumutbares Änderungsangebot unterbereitet hat. Dementsprechend war das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

I. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam.

16

1. Die Beklagte hat mit dem in Rostock gebildeten Betriebsrat die zuständige betriebliche Interessenvertretung nach § 102 BetrVG angehört. Die Feststellungen und Würdigung des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin greift dieses Ergebnis auch nicht an.

17

2. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die Gründe der Änderungskündigung unterrichtet (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

18

a) Bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitzuteilen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167). Dabei ist die Mitteilung der Kündigungsgründe nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“. Der Arbeitgeber muss nur die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115b). Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (bspw. Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 11. Oktober 1989 - 2 AZR 61/89 - zu II 2 b, c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 64). Der Arbeitgeber kommt seiner Unterrichtungspflicht erst dann nicht mehr nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewusst eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsdarstellung unterbreitet (Senat 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - zu B I 1 a der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50).

19

b) Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist die Mitteilung über die Überlegungen des Arbeitgebers zur Sozialauswahl grundsätzlich Bestandteil der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats. Beruft sich der Arbeitgeber auf eine Auswahl nach sozialen Kriterien, hat er die in seine Auswahl einbezogenen Arbeitnehmer und deren Sozialdaten, die Auswahlkriterien und seinen Bewertungsmaßstab anzugeben. Nicht ausreichend sind pauschale, schlag- oder stichwortartige Angaben (Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199). Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht, wenn er die für ihn subjektiv erheblichen Auswahlüberlegungen darlegt. Ergibt sich aus seiner Auskunft, dass er nicht alle nach dem Gesetz maßgeblichen Sozialdaten oder ungeeignete Kriterien berücksichtigt hat oder dass die von ihm beachteten Kriterien im Kündigungsschutzprozess bei objektiver Würdigung noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen (Senat 30. Juni 1988 - 2 AZR 49/88 - zu II 2 b der Gründe, RzK III 1 b Nr. 12), kann die Unterrichtung gleichwohl ausreichend sein, wenn für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl für überflüssig gehalten hat, etwa weil nach dessen Ansicht kein mit dem zu kündigenden Arbeitnehmer vergleichbarer Mitarbeiter (mehr) vorhanden sein soll oder weil er allen Arbeitnehmern kündigen will (vgl. Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 b bb der Gründe, BAGE 110, 331; Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 99, 167; KR-Etzel 9. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 62j mwN).

20

c) Daran gemessen ist die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß.

21

aa) Die Beklagte hat ihren Kündigungsentschluss dahingehend erläutert, dass sie eine soziale Auswahl bei der beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin für entbehrlich halte, weil sie bereits zuvor mit 13 der in Rostock beschäftigten 15 Referenten eine verbindliche Verständigung über eine einvernehmliche Versetzung erzielt habe und nur noch zwei Referenten zur Änderungskündigung angestanden hätten. Nach dem mit dem Betriebsrat abgestimmten Verfahren seien daher im Kündigungszeitpunkt die für Schwerin ausgeschriebenen Stellen besetzt gewesen und sei nur noch eine Versetzung der Klägerin (und eines Kollegen) nach Neubrandenburg im Wege der Änderungskündigung in Betracht gekommen.

22

bb) Die Annahme der Klägerin, diese subjektiven Erwägungen seien nur „vorgeschoben“, um dem Vorwurf einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung zu entgehen, ist unberechtigt. Zwar hatte sich die Beklagte im Streitfall zunächst auf eine ordnungsgemäß durchgeführte Auswahl unter Einbeziehung sozialer Gesichtspunkte berufen und erst auf Rüge der fehlerhaften Unterrichtung des Betriebsrats ihre jetzige Position eingenommen. Dieser Vortrag zu den Gründen ihres Kündigungsentschlusses war der Beklagten jedoch nicht abgeschnitten. Dies gilt um so mehr und erscheint bei Anwendung eines subjektiven Maßstabs nachvollziehbar als sich ihre Argumentation an den Regelungen zu §§ 4, 5 des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 orientiert, nach denen den betroffenen Arbeitnehmern vorab Angebote zur einvernehmlichen Versetzung unter „entsprechender“ Anwendung der vereinbarten Kündigungsauswahlrichtlinie zu unterbreiten waren. Erst in einem zweiten Schritt sollte - ausnahmsweise - eine Änderungskündigung ausgesprochen werden.

23

cc) Die ihren Kündigungsentschluss bestimmenden Umstände hat die Beklagte dem Betriebsrat ausreichend mitgeteilt. Im Anhörungsschreiben vom 2. Oktober 2006 hat sie als betrieblichen Anlass für die Kündigung die Schließung der Geschäftsstelle Rostock genannt und den Betriebsrat über ihre Absicht unterrichtet, der Klägerin eine Weiterbeschäftigung als Referentin in Neubrandenburg anzubieten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ein zuvor unterbreitetes Angebot einer befristeten Beschäftigung auf einer Referentenstelle in Schwerin und das Versetzungsangebot vom 13. Juli 2006 eingegangen ist, verweist sie zwar darauf, dass diese - durch die Klägerin abgelehnten - Angebote „die Regeln der Sozialauswahl gemäß § 5 der Vereinbarung zum Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ berücksichtigten. Mit daran anschließendem Hinweis auf eine zwischenzeitlich getroffene Entscheidung zur Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen hat sie aber zugleich ihren Standpunkt verdeutlicht, dass es zu dem Änderungsangebot keine Alternative mehr gegeben habe und andere Beschäftigungsmöglichkeiten zwischenzeitlich ausgeschlossen seien.

24

dd) Zu Unrecht rügt die Revision, die Beklagte hätte dem Betriebsrat die Sozialdaten der anderen Referenten mitteilen müssen. Die Beklagte konnte aufgrund der ihrer Ansicht nach gebotenen Trennung der nach §§ 4, 5 des Interessenausgleichs abzugebenden Erklärungen vertretbar davon ausgehen, dass es solcher Angaben nicht bedürfe, weil nunmehr keine Sozialauswahl mehr stattzufinden brauche.

25

Auch war sie nicht verpflichtet, dem Betriebsrat von vorneherein solche Umstände mitzuteilen, die ein treuwidriges Verhalten oder eine Umgehung des Kündigungsschutzes einschließlich einer vorzunehmenden Sozialauswahl objektiv auszuschließen vermochten. Lediglich wenn und soweit sie dies zum Gegenstand ihres Kündigungsentschlusses gemacht hätte, könnte sich etwas anderes ergeben (vgl. Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199).

26

d) Andere Mängel des Anhörungsverfahrens sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.

27

3. Ob die Beklagte darüber hinaus das Mitbestimmungsverfahren zur Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG beim Betriebsrat Rostock ordnungsgemäß durchgeführt hat, kann dahingestellt bleiben. Es ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderungskündigung, dass im Kündigungszeitpunkt eine Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung vorliegt (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15, NZA 2010, 1235; 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 74, 291).

28

II. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht als sozial gerechtfertigt iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG ansehen. Zwar liegen im Kündigungszeitpunkt betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in Rostock entgegenstanden. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Änderungsangebots hat das Berufungsgericht jedoch einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt.

29

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(st. Rspr. des Senats, zuletzt 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141). Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies für die Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar werden, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, die notwendig gewordene Anpassung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (Senat 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (Senat 26. November 2009 - 2 AZR 658/08 - Rn. 16, EzA KSchG § 2 Nr. 76; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN, aaO).

30

2. Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock und der Verlagerung der Aufgaben in die Geschäftsstelle Schwerin und in die Niederlassung Neubrandenburg lag an sich ein dringendes betriebliches Erfordernis vor.

31

a) Dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sind gegeben, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist(Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 136 = EzA KSchG § 2 Nr. 69; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 188). Eine Änderung des Beschäftigungsbedarfs kann sich insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen als Folge einer Organisationsentscheidung ergeben (Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, aaO; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 16, BAGE 115, 149). Eine Organisationsentscheidung kann ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt(Senat 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Solche Organisationsentscheidungen unterliegen im Kündigungsschutzprozess nur einer eingeschränkten Missbrauchskontrolle darauf hin, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf sind (Senat 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 17, aaO; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 3 der Gründe, aaO).

32

b) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)hat die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen und die bisher dort verrichteten Tätigkeiten nach Schwerin und Neubrandenburg zu verlagern. Diese Aufgabenverlagerung ist grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu rechtfertigen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c aa der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 41).

33

c) Von diesen Veränderungen war die Klägerin betroffen. Ihr Arbeitsplatz befand sich seit Beginn ihrer Tätigkeit in Rostock. Dies entsprach der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung zum Dienstort Rostock. Die im Jahr 2005 erfolgte verwaltungstechnische Anbindung der von der Klägerin besetzten Stelle an die Niederlassung Schwerin - wie im Schreiben vom 2. März 2005 dokumentiert - änderte daran nichts; die den Bereich Bad Doberan betreffenden Aufgaben wurden weiterhin aufgrund entsprechender Organisationsentscheidung der Beklagten in Rostock erledigt. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind mit der Schließung der Geschäftsstelle Rostock entfallen.

34

d) Dass die Entscheidung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht vollständig umgesetzt war, steht dem nicht entgegen. Die Organisationsentscheidung hatte mit dem Beschluss zur Schließung der Geschäftsstelle, dem Abschluss des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 und den bereits getroffenen Versetzungsvereinbarungen im Kündigungszeitpunkt hinreichend greifbare Formen angenommen (zuletzt bspw. Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 23, RDG 2008, 234; 11. März 1998 - 2 AZR 414/97 - zu II 1 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 99).

35

e) Der Beklagten kann auch nicht entgegen gehalten werden, sie hätte ihre Struktur so organisieren können, dass die Klägerin weiterhin ihre Arbeit von Rostock aus hätte erledigen können. Das liefe auf eine unzulässige Zweckmäßigkeitsüberprüfung der getroffenen Organisationsentscheidung hinaus (Senat 21. Februar 2002 - 2 AZR 556/00 - zu II 3 d der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 45).

36

3. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, dass die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen verhältnismäßig und zumutbar waren. Dieses Ergebnis wird von den bisherigen Feststellungen nicht getragen.

37

a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass eine Weiterbeschäftigung in der Geschäftsstelle Schwerin für die Klägerin objektiv günstiger und weniger belastend wäre als eine Tätigkeit in Neubrandenburg.

38

b) Einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit des Änderungsangebots im Hinblick auf Beschäftigungsmöglichkeiten in Schwerin steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte mit anderen Referenten bereits endgültig über deren dortige Weiterbeschäftigung verständigt hatte.

39

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann sich ein Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer Kündigung nicht auf einen von ihm selbst treuwidrig herbeigeführten, etwa durch eine vorgezogene Stellenbesetzung verursachten Wegfall freier Arbeitsplätze im Kündigungszeitpunkt berufen (Rechtsgedanke des § 162 BGB; vgl. Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - zu III 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121; 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - zu III 2 d ee der Gründe, BAGE 95, 350). Er hat es nicht in der Hand, eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG dadurch zu vermeiden, dass er zunächst einen freien Arbeitsplatz besetzt und später eine Beendigungskündigung wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausspricht. Erfolgen die Besetzung einer freien Stelle und die Kündigung aufgrund eines einheitlichen Entschlusses, sind bei Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen des § 1 KSchG beide Erklärungen des Arbeitgebers als Einheit zu würdigen. Dies gilt nicht nur für die Prüfung anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb oder Unternehmen, sondern auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG(vgl. Senat 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - aaO; 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu II 3 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Ein treuwidriges, weil rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn für den Arbeitgeber bereits zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den später gekündigten Arbeitnehmer absehbar war (Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121).

40

bb) Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welchen Arbeitnehmer er auf dem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt(Senat 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77; vgl. auch Senat 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - Rn. 41 mwN, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141). Entsprechendes gilt, wenn sich der Arbeitgeber in Kenntnis anstehender Kündigungen zur Besetzung freier Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG entschließt.

41

cc) Diese Grundsätze finden auch bei einer Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG. Auch bei ihr kann sich der Arbeitnehmer auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten zu ihn weniger belastenden Arbeitsbedingungen berufen (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.). Dass es dabei nicht um das „Ob“ einer Kündigung, sondern das „Wie“ der Änderungen der Arbeitsbedingungen geht, entbindet den Arbeitgeber jedenfalls dann nicht von einer analog zu § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden sozialen Auswahl, wenn für eine Weiterbeschäftigung - objektiv und eindeutig - unterschiedliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, zugleich mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl günstigerer Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren und deshalb eine personelle Auswahl zu treffen ist. Ein anderes Ergebnis wäre mit dem Grundsatz, wonach Kündigung und Änderungsangebot im Fall der Änderungskündigung eine innere Einheit bilden, unvereinbar (Senat 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).

42

dd) Von diesen allgemeinen Erwägungen ist das Landesarbeitsgericht zwar ausgegangen. Es hat aber den Prüfungsmaßstab unzutreffend angewandt. Es hätte die Auswahlrichtlinie nicht mit der Begründung für maßgeblich halten dürfen, sie habe lediglich zur Festlegung von Zumutbarkeitskriterien für die einvernehmlichen Versetzungen gedient. Es hätte sie vielmehr einer uneingeschränkten Prüfung nach § 1 Abs. 3 und 4 KSchG unterziehen müssen. Dies ergibt sich aus dem objektiven Zusammenhang zwischen den vorgezogenen Änderungsangeboten und der anschließenden Änderungskündigung. Den Erklärungen lag der einheitliche Entschluss der Beklagten zugrunde, die Arbeitsbedingungen der in Rostock tätigen Referenten den veränderten Strukturen anzupassen. Die Beklagte beabsichtigte von vorneherein, die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen notfalls durch Änderungskündigung herbeizuführen. Das ergibt sich deutlich aus ihrem Schreiben an die Rostocker Mitarbeiter, das mit dem Hinweis versehen war, dass das Beschäftigungsangebot „zur Vermeidung einer Änderungskündigung“ unterbreitet werde.

43

(1) Zwar ist für Änderungskündigungen die Aufstellung von Auswahlrichtlinien nach § 1 Abs. 4 KSchG grundsätzlich möglich(hM, vgl. nur ErfK/Oetker 10. Aufl. § 2 KSchG Rn. 52; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103c; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 79; zur Anwendbarkeit von § 1 Abs. 5 KSchG bereits Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 304/06 - Rn. 18 ff., BAGE 123, 160). Dabei sind die Betriebsparteien aber an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen(Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81).

44

(2) Dies gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren. Nur so lässt sich verhindern, dass die Regelungen zur Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen umgangen werden und der gesetzliche Kündigungsschutz für den einzelnen Arbeitnehmer abgeschwächt wird.

45

ee) Die vorliegende Auswahlrichtlinie genügt nicht den Voraussetzungen, unter denen nach § 1 Abs. 4 KSchG die Bewertung der sozialen Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob sie wirksam vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen werden konnte - wofür vieles spricht, da der für die Sozialauswahl maßgebende kündigungsschutzrechtliche Betrieb sich in zwei Geschäftsstellen gliederte, die betriebsverfassungsrechtlich als selbständige Betriebe nach § 4 BetrVG galten(vgl. Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 186). Sie verwendet jedenfalls Kriterien, die auch bei einer Sozialauswahl im Zusammenhang mit Änderungskündigungen nach § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG nicht berücksichtigt werden dürfen.

46

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Sozialauswahl bei einer Änderungskündigung nicht allein daran auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen würde. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung - unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht - um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebotes geht, ist bei der sozialen Auswahl vielmehr darauf Bedacht zu nehmen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status vergleichbarer Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie eher zumutbar gewesen wäre (vgl. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64 - insoweit zu § 2 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vom 19. Dezember 1998; 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - zu II 3 d der Gründe, BAGE 73, 151; BAG 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - zu II 2 der Gründe, BAGE 52, 210). Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts konnten dabei auch andere als die in § 1 Abs. 3 KSchG nF genannten Kriterien Beachtung finden(vgl. bspw. 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - aaO). Seit Inkrafttreten der Neuregelung des § 1 Abs. 3 KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, 3002) sind nunmehr allein die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung bei der sozialen Auswahl maßgebend. Zwar sind diese für die besondere Situation einer Änderungskündigung oft nicht aussagekräftig genug (bspw. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64). Auf eine Heranziehung zusätzlicher Faktoren und Kriterien muss aber wegen der klaren gesetzlichen Regelung verzichtet werden. Es kommt allenfalls eine Ergänzung im Rahmen der Gewichtung der Grunddaten aus § 1 Abs. 3 KSchG in Betracht, soweit die ergänzenden Faktoren einen unmittelbaren Bezug zu diesen Grunddaten haben(Fitting 25. Aufl. § 95 Rn. 25; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103b; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 65; Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 185).

47

(2) Diesen gesetzlichen Vorgaben genügt die hier angewandte Auswahlrichtlinie nicht.

48

Nach § 5 Nr. 5 der Auswahlrichtlinie wird die Pflegebedürftigkeit von im Haushalt des Arbeitnehmers lebenden Angehörigen oder die Betreuungsbedürftigkeit von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs unabhängig vom Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung mit jeweils 20 Punkten berücksichtigt. Das ist mit § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht vereinbar. Die Norm geht von gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen aus (ganz hM, bspw. HaKo-Gallner 3. Aufl. § 1 Rn. 780; Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 1087; jeweils mwN). Es besteht nach geltender Gesetzeslage kein rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür, dass ein anderer Mitarbeiter demjenigen Arbeitnehmer, der sich zur Pflege eines hilfsbedürftigen Menschen entschlossen hat oder in seinem Haushalt ohne gesetzliche Unterhaltsverpflichtung ein minderjähriges Kind betreut, in der Sozialauswahl nachzustehen hätte (vgl. APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 724).

49

ff) Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei der Abgabe des Änderungsangebots soziale Auswahlgesichtspunkte nicht ausreichend beachtet wurden und das Angebot aus diesem Grund unverhältnismäßig und der Klägerin unzumutbar war.

50

Der von der Beklagten im Prozess vorgelegten Punktetabelle ist zwar zu entnehmen, dass bei keinem der 15 Referenten die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen im Haushalt Berücksichtigung gefunden hat. Es ist aber nicht auszuschließen, dass bei der Berücksichtigung von im Haushalt lebenden Kindern unter 12 Jahren keine Differenzierung nach Unterhaltspflichten erfolgt ist. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin die Richtigkeit der Angaben ihrer Kollegen zu den Sozialdaten angezweifelt hat. Dem wird das Landesarbeitsgericht weiter nachgehen müssen.

51

III. Ob bei der Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen die sozialen Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG gleichwohl ausreichend berücksichtigt worden sind und deshalb jedenfalls der Klägerin im Ergebnis ein verhältnismäßiges und zumutbares Änderungsangebot von der Beklagten unterbreitet wurde, wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben.

52

1. Dabei wird es berücksichtigen müssen, dass der Mangel der Auswahlrichtlinie nicht zwingend zur Fehlerhaftigkeit der konkreten Auswahlentscheidung führt. Diese kann gleichwohl ausreichend iSv. § 1 Abs. 3 KSchG sein, wenn sich der betreffende Fehler auf das Ergebnis der sozialen Auswahl nicht ausgewirkt hat. Der Beklagten muss deshalb die Darlegung ermöglicht werden, dass im Ergebnis soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Berücksichtigung gefunden haben(Senat 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - Rn. 33, BAGE 120, 18). Dies erscheint im Streitfall nicht ausgeschlossen. Die in der Auswahlrichtlinie vorgenommene Gewichtung der Grunddaten zueinander ist dabei mit Blick auf § 1 Abs. 3 KSchG und die Intention der Änderungskündigung nicht zu beanstanden. Die im Verhältnis zu den Unterhaltspflichten geringere Gewichtung selbst einer langjährigen Betriebszugehörigkeit kann sich daraus rechtfertigten, dass die Dauer der Beschäftigung - anders als etwa das Lebensalter und die Unterhaltspflichten - bei einer örtlichen Versetzung nur eine untergeordnete Rolle spielt.

53

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wegstrecken und Wegezeiten bei der Auswahl Berücksichtigung finden konnten. In dieser Hinsicht hat die Klägerin - unstreitig - die zweithöchste Punktzahl von allen Referenten erreicht. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass ihr dieser Umstand im Ergebnis zum Nachteil gereicht hat.

54

3. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus zu berücksichtigen haben, dass es der Beklagten selbst bei Unkenntnis des Betriebsrats über die maßgebenden Sozialdaten der Rostocker Referenten nicht verwehrt ist, sich auf eine iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Sozialauswahl zu berufen. Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder nicht für vergleichbar erachtet und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände zunächst nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag im Prozess zu ergänzen, ohne dass darin ein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen läge(vgl. Senat 7. November 1996 - 2 AZR 720/95 - zu B III 2 der Gründe mwN, RzK III 1 b Nr. 26).

55

4. Sollte es noch darauf ankommen, wird das Landesarbeitsgericht davon ausgehen können, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, die schon zuvor in Schwerin beschäftigten Referenten in die Sozialauswahl einzubeziehen. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass sich das Direktionsrecht der Beklagten auf die Zuweisung einer Tätigkeit in Rostock beschränkt habe. Unabhängig davon hat die Klägerin keine, schon zuvor in Schwerin tätigen Referenten benannt, die statt ihrer eine Änderungskündigung hätten erhalten müssen.

        

    Eylert    

        

    Gallner    

        

    Berger    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Niebler    

                 

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. Mai 2008 - 20 Sa 1594/07 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin ist seit 1993 bei der Beklagten tätig. Die Beklagte nimmt im Auftrag des Bundesfinanzministeriums Aufgaben des Immobilienmanagements im ländlichen Raum der fünf neuen Bundesländer wahr. Sie ist in verschiedene Niederlassungen gegliedert. In Mecklenburg-Vorpommern bestehen Niederlassungen in Schwerin/Rostock, mit Geschäftsstellen in Schwerin und Rostock, und in Neubrandenburg. In den Geschäftsstellen Schwerin und Rostock sowie der Niederlassung Neubrandenburg waren Betriebsräte gewählt worden; am Sitz der Beklagten besteht ein Gesamtbetriebsrat.

3

Die Klägerin arbeitete ursprünglich als Gruppenleiterin im Bereich „Außenstellen Rostock“ mit „Dienstort Rostock“. Später wurde sie in Rostock als Referentin weiterbeschäftigt. Gemeinsam mit drei weiteren Referenten bearbeitete sie den Bereich „Bad Doberan“.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2003, wegen rückläufigen Auftragsvolumens die Zahl ihrer Geschäftsstellen zu reduzieren und Personal abzubauen. Am 15. Dezember 2003 vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich. In ihm ist unter § 5 geregelt, dass Versetzungen entweder auf freiwilliger Basis oder im Rahmen von vereinbarten Zumutbarkeitskriterien erfolgen sollen. Ein Versetzungsangebot gilt ua. dann als zumutbar, wenn der Fahrweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der Wohnung zur Arbeitsstätte maximal 1 ½ Stunden je Weg beträgt (§ 6 Abs. 3 des Interessenausgleichs). Der Interessenausgleich wurde am 20. Januar 2005 ohne inhaltliche Änderungen neu gefasst.

5

Im Februar 2004 beschloss die Beklagte, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen. Mit Wirkung zum 1. April 2005 ordnete sie den Bereich „Bad Doberan“ dem neuen Arbeitsbereich „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan“ in der Geschäftsstelle Schwerin zu. Wegen der örtlichen Nähe sollten die Bad Doberan betreffenden Aufgaben zunächst weiter von Rostock aus erledigt werden. Mit Schreiben vom 2. März 2005 erhielt die Klägerin die Bestätigung, dass sie ab 1. April 2005 als Referentin in der Gruppe „Verkauf/Verpachtung Güstrow/Bad Doberan der Niederlassung Schwerin/Rostock, Geschäftsstelle Schwerin, Standort Rostock tätig“ sei. Alle anderen vertraglichen Regelungen sollten weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Die Klägerin bestätigte mit ihrer Unterschrift ihr Einverständnis.

6

Im Juni 2005 entschied die Beklagte, die restlichen Aufgaben der Geschäftsstelle Rostock zum 1. Januar 2008 auf die Niederlassung Neubrandenburg zu übertragen. Mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarte sie am 30. Januar 2006 in Ergänzung der bestehenden Regelungen einen weiteren „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“. Nach dessen § 1 wurden „im Zuge der Schließung der Geschäftsstelle Rostock“ der Geschäftsstelle Schwerin 11,5 und der Niederlassung Neubrandenburg 19 „Vollzeitäquivalente“ zugewiesen. In dem „Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ heißt es unter §§ 4 und 5:

        

„§ 4   

        

Für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle Rostock findet das folgende Verfahren im Rahmen von § 5 des Interessenausgleichs vom 15.12.2003 Anwendung:

        

Die B wird diesen Mitarbeitern entsprechend den nachfolgenden Auswahlrichtlinien (vgl. § 5) einen Arbeitsplatz an dem neuen Standort (Niederlassung oder Geschäftsstelle) zur Weiterbeschäftigung schriftlich anbieten (=’Versetzung’), der ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten Funktion und ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend zumutbar ist. Der Arbeitgeber wird bei dieser Versetzung eine Ankündigungsfrist einhalten, die mindestens einen Monat länger ist als die individuelle, vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist des Mitarbeiters; je nach dem, welche der beiden genannten Fristen länger ist.

        

Die B wird die Mitarbeiter auffordern, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zugang der Mitteilung zu erklären, ob sie der Versetzung zustimmen.

        

Sofern die Mitarbeiter sich nicht innerhalb der o.g. Frist zu einer einvernehmlichen Versetzung per ergänzender arbeitsvertraglicher Vereinbarung bereit erklären, kann die B, soweit sie dies für erforderlich hält, unter Wahrung der gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfristen Änderungskündigungen mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung an dem neuen Standort aussprechen. Hierauf wird die B die Arbeitnehmer in der Mitteilung über die Versetzung hinweisen.

        

§ 5     

        

Die Betriebsparteien sind darüber einig, die vor Ausspruch einer Änderungskündigung erforderliche Sozialauswahl, d.h. die Frage, welchen austauschbaren Mitarbeitern der Geschäftsstelle Rostock im Rahmen einer Änderungskündigung ein Arbeitsplatz in Schwerin resp. Neubrandenburg anzubieten ist, auf Grundlage der nachfolgend im Rahmen einer Auswahlrichtlinie i.S.d. §§ 95 BetrVG, 1 Abs. 4 KSchG festgelegten und gewichteten sowie auf die besondere Situation der zukünftig gegebenenfalls auszusprechenden Änderungskündigungen angepassten Sozialauswahlkriterien vorzunehmen:

        

Die Auswahlrichtlinie legt die folgenden Kriterien und Bewertungen zugrunde:

        

1.    

Für jedes vollendete Lebensjahr

1,0 Punkte

        

2.    

Für jedes vollendete Jahr der Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit

1,0 Punkte

        

3.    

Für jede unterhaltsberechtigte Person (Ehegatte, Kinder, etc.,)

5,0 Punkte

        

4.    

Für jedes im Haushalt lebende Kind vom 13. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

10,0 Punkte

        

5.    

Für jeden pflegebedürftigen Angehörigen i.S.d. § 61 SGB XII oder betreuungsbedürftiges Kind (bis Vollendung des 12. Lebensjahres) im Haushalt

20,0 Punkte

        

6.    

Für die Fahrtzeitdifferenz zwischen dem Wohnort und der alten Arbeitsstätte und dem Wohnort und der Niederlassung Neubrandenburg pro zusätzliche Fahrminute (einfache Fahrt) (ermittelt nach Falk.de-Routenplaner, Schnellster Weg, PKW mittel)

0,15 Punkte

        

7.    

Für eine Schwerbehinderung von 50% oder i.S.v. § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellte Mitarbeiter

5,0 Punkte

                 

Für jeden um 10% erhöhten Behinderungsgrad

2,0 Punkte

        

Die Summe dieser Punktwertung wird für alle Mitarbeiter in Rostock, die potentiell von einer Änderungskündigung betroffen sind, ermittelt. Je höher die ermittelte Punktzahl ist, desto schützenswerter ist der von der Schließung betroffene Mitarbeiter, d.h. umso schwerwiegender streitet die Sozialauswahl für ein Versetzungsangebot nach Schwerin. Je geringer die Gesamtpunktzahl eines Mitarbeiters ist, desto eher ist ihm die Versetzung an den weiter entfernten Standort Neubrandenburg zuzumuten.“

7

Anfang März 2006 bewarb sich die Klägerin auf eine für Schwerin ausgeschriebene Stelle. Das Angebot der Beklagten, sie dort bis 31. Dezember 2007 bei Einverständnis mit einer späteren Versetzung nach Neubrandenburg weiter zu beschäftigen, lehnte sie ab. In der Folgezeit schrieb die Beklagte insgesamt 7 Referentenstellen für Schwerin (einschließlich der vorgenannten Stelle) und 8 Referentenstellen für Neubrandenburg aus. 12 der bisher in Rostock tätigen 15 Referenten einschließlich der Klägerin bewarben sich für eine Tätigkeit in Schwerin. Die Beklagte ermittelte anhand von Fragebögen die Sozialdaten der Rostocker Mitarbeiter und erstellte auf deren Grundlage eine Auswahlliste. Mit Schreiben vom 13./14. Juli 2006 unterbreitete sie den Rostocker Referenten Angebote zur einvernehmlichen Weiterbeschäftigung an den Standorten Schwerin bzw. Neubrandenburg. 13 Mitarbeiter nahmen das Angebot an. Die Klägerin, die eine Gesamtpunktzahl von 84,10 erzielte, lehnte die angebotene Weiterbeschäftigung in Neubrandenburg ab. Die geringste Punktzahl eines Arbeitnehmers, der ein Versetzungsangebot nach Schwerin erhalten hatte, belief sich auf 86,65 Punkte.

8

Nach Zustimmung des Betriebsrats Neubrandenburg zur beabsichtigten „Versetzung“ hörte die Beklagte mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 den Betriebsrat der Geschäftsstelle Rostock zur beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin verbunden mit dem Hinweis an, es sei beabsichtigt, das ihr mit Schreiben vom 13. Juli 2006 angetragene Änderungsangebot erneut zu unterbreiten. Zugleich beantragte sie die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach Neubrandenburg. Der Betriebsrat Rostock äußerte sich nicht.

9

Mit Schreiben vom 6. November 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2007 und bot der Klägerin ab 1. Januar 2008 eine Tätigkeit als Referentin „Verkauf/Verpachtung“ in der Niederlassung Neubrandenburg bei im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen an.

10

Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen. Sie hat Änderungsschutzklage erhoben und die Auffassung vertreten, sie sei von der Schließung der Geschäftsstelle Rostock nicht betroffen, da „Ihre“ Stelle bereits nach Schwerin verlagert worden sei. Die Auswahl sei fehlerhaft und sozial unangemessen. Der Gesamtbetriebsrat sei für die im Interessenausgleich vereinbarte Auswahlrichtlinie nicht zuständig gewesen. Die Auswahlkriterien seien teils sachwidrig, teils willkürlich gewichtet. In die Auswahlentscheidung hätten auch die vergleichbaren Schweriner Referenten miteinbezogen werden müssen. Auch habe die Beklagte unzutreffende Angaben der Rostocker Mitarbeiter zu ihren Sozialdaten ungeprüft übernommen und keine Einzelfallbewertung vorgenommen. Die Anhörung des Betriebsrats sei fehlerhaft. Die Beklagte habe ihn nicht über die Sozialdaten der in die Auswahlentscheidung einbezogenen Referenten unterrichtet.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 6. November 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht: Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock seien die dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen. Das Änderungsangebot sei verhältnismäßig. Einer Sozialauswahl habe es nicht mehr bedurft. Entsprechend dem Interessenausgleich habe sie sich mit 13 der 15 Referenten über eine einvernehmliche Versetzung nach Schwerin bzw. Neubrandenburg vorab verständigt. Sämtliche Stellen in Schwerin seien demnach zum Kündigungszeitpunkt besetzt gewesen, es seien nur noch die beiden Stellen in Neubrandenburg offen gewesen. Die Stellenbesetzungen in Schwerin seien nicht treuwidrig, sondern auf der Grundlage der Auswahlrichtlinie erfolgt. Deshalb habe sie den Betriebsrat auch nicht über die Sozialdaten und die Sozialauswahl unterrichten müssen. Unabhängig davon habe dieser eine Übersicht der ermittelten Gesamtpunktzahlen der Rostocker Referenten erhalten; ihm seien auch die einzelnen Sozialdaten bekannt gewesen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist begründet. Zwar ist die Änderungskündigung nicht wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat aber auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen zu Unrecht angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Es steht noch nicht fest, dass die Beklagte der Klägerin ein verhältnismäßiges, zumutbares Änderungsangebot unterbereitet hat. Dementsprechend war das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO)und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

I. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam.

16

1. Die Beklagte hat mit dem in Rostock gebildeten Betriebsrat die zuständige betriebliche Interessenvertretung nach § 102 BetrVG angehört. Die Feststellungen und Würdigung des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin greift dieses Ergebnis auch nicht an.

17

2. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die Gründe der Änderungskündigung unterrichtet (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).

18

a) Bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat sowohl die Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen als auch das Änderungsangebot mitzuteilen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167). Dabei ist die Mitteilung der Kündigungsgründe nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG „subjektiv determiniert“. Der Arbeitgeber muss nur die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115b). Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, ist die Anhörung zwar ordnungsgemäß erfolgt, dem Arbeitgeber ist es aber verwehrt, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (bspw. Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 11. Oktober 1989 - 2 AZR 61/89 - zu II 2 b, c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 64). Der Arbeitgeber kommt seiner Unterrichtungspflicht erst dann nicht mehr nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewusst eine unrichtige oder unvollständige Sachverhaltsdarstellung unterbreitet (Senat 7. November 2002 - 2 AZR 599/01 - zu B I 1 a der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50).

19

b) Bei einer betriebsbedingten Kündigung ist die Mitteilung über die Überlegungen des Arbeitgebers zur Sozialauswahl grundsätzlich Bestandteil der ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats. Beruft sich der Arbeitgeber auf eine Auswahl nach sozialen Kriterien, hat er die in seine Auswahl einbezogenen Arbeitnehmer und deren Sozialdaten, die Auswahlkriterien und seinen Bewertungsmaßstab anzugeben. Nicht ausreichend sind pauschale, schlag- oder stichwortartige Angaben (Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199). Dabei genügt er seiner Mitteilungspflicht, wenn er die für ihn subjektiv erheblichen Auswahlüberlegungen darlegt. Ergibt sich aus seiner Auskunft, dass er nicht alle nach dem Gesetz maßgeblichen Sozialdaten oder ungeeignete Kriterien berücksichtigt hat oder dass die von ihm beachteten Kriterien im Kündigungsschutzprozess bei objektiver Würdigung noch einer weiteren Konkretisierung bedürfen (Senat 30. Juni 1988 - 2 AZR 49/88 - zu II 2 b der Gründe, RzK III 1 b Nr. 12), kann die Unterrichtung gleichwohl ausreichend sein, wenn für den Betriebsrat erkennbar ist, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl für überflüssig gehalten hat, etwa weil nach dessen Ansicht kein mit dem zu kündigenden Arbeitnehmer vergleichbarer Mitarbeiter (mehr) vorhanden sein soll oder weil er allen Arbeitnehmern kündigen will (vgl. Senat 13. Mai 2004 - 2 AZR 329/03 - zu II 4 b bb der Gründe, BAGE 110, 331; Senat 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 99, 167; KR-Etzel 9. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 62j mwN).

20

c) Daran gemessen ist die Anhörung des Betriebsrats ordnungsgemäß.

21

aa) Die Beklagte hat ihren Kündigungsentschluss dahingehend erläutert, dass sie eine soziale Auswahl bei der beabsichtigten Änderungskündigung der Klägerin für entbehrlich halte, weil sie bereits zuvor mit 13 der in Rostock beschäftigten 15 Referenten eine verbindliche Verständigung über eine einvernehmliche Versetzung erzielt habe und nur noch zwei Referenten zur Änderungskündigung angestanden hätten. Nach dem mit dem Betriebsrat abgestimmten Verfahren seien daher im Kündigungszeitpunkt die für Schwerin ausgeschriebenen Stellen besetzt gewesen und sei nur noch eine Versetzung der Klägerin (und eines Kollegen) nach Neubrandenburg im Wege der Änderungskündigung in Betracht gekommen.

22

bb) Die Annahme der Klägerin, diese subjektiven Erwägungen seien nur „vorgeschoben“, um dem Vorwurf einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung zu entgehen, ist unberechtigt. Zwar hatte sich die Beklagte im Streitfall zunächst auf eine ordnungsgemäß durchgeführte Auswahl unter Einbeziehung sozialer Gesichtspunkte berufen und erst auf Rüge der fehlerhaften Unterrichtung des Betriebsrats ihre jetzige Position eingenommen. Dieser Vortrag zu den Gründen ihres Kündigungsentschlusses war der Beklagten jedoch nicht abgeschnitten. Dies gilt um so mehr und erscheint bei Anwendung eines subjektiven Maßstabs nachvollziehbar als sich ihre Argumentation an den Regelungen zu §§ 4, 5 des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 orientiert, nach denen den betroffenen Arbeitnehmern vorab Angebote zur einvernehmlichen Versetzung unter „entsprechender“ Anwendung der vereinbarten Kündigungsauswahlrichtlinie zu unterbreiten waren. Erst in einem zweiten Schritt sollte - ausnahmsweise - eine Änderungskündigung ausgesprochen werden.

23

cc) Die ihren Kündigungsentschluss bestimmenden Umstände hat die Beklagte dem Betriebsrat ausreichend mitgeteilt. Im Anhörungsschreiben vom 2. Oktober 2006 hat sie als betrieblichen Anlass für die Kündigung die Schließung der Geschäftsstelle Rostock genannt und den Betriebsrat über ihre Absicht unterrichtet, der Klägerin eine Weiterbeschäftigung als Referentin in Neubrandenburg anzubieten. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf ein zuvor unterbreitetes Angebot einer befristeten Beschäftigung auf einer Referentenstelle in Schwerin und das Versetzungsangebot vom 13. Juli 2006 eingegangen ist, verweist sie zwar darauf, dass diese - durch die Klägerin abgelehnten - Angebote „die Regeln der Sozialauswahl gemäß § 5 der Vereinbarung zum Interessenausgleich/Auswahlrichtlinie“ berücksichtigten. Mit daran anschließendem Hinweis auf eine zwischenzeitlich getroffene Entscheidung zur Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen hat sie aber zugleich ihren Standpunkt verdeutlicht, dass es zu dem Änderungsangebot keine Alternative mehr gegeben habe und andere Beschäftigungsmöglichkeiten zwischenzeitlich ausgeschlossen seien.

24

dd) Zu Unrecht rügt die Revision, die Beklagte hätte dem Betriebsrat die Sozialdaten der anderen Referenten mitteilen müssen. Die Beklagte konnte aufgrund der ihrer Ansicht nach gebotenen Trennung der nach §§ 4, 5 des Interessenausgleichs abzugebenden Erklärungen vertretbar davon ausgehen, dass es solcher Angaben nicht bedürfe, weil nunmehr keine Sozialauswahl mehr stattzufinden brauche.

25

Auch war sie nicht verpflichtet, dem Betriebsrat von vorneherein solche Umstände mitzuteilen, die ein treuwidriges Verhalten oder eine Umgehung des Kündigungsschutzes einschließlich einer vorzunehmenden Sozialauswahl objektiv auszuschließen vermochten. Lediglich wenn und soweit sie dies zum Gegenstand ihres Kündigungsentschlusses gemacht hätte, könnte sich etwas anderes ergeben (vgl. Senat 26. Oktober 1995 - 2 AZR 1026/94 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 81, 199).

26

d) Andere Mängel des Anhörungsverfahrens sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht geltend gemacht.

27

3. Ob die Beklagte darüber hinaus das Mitbestimmungsverfahren zur Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG beim Betriebsrat Rostock ordnungsgemäß durchgeführt hat, kann dahingestellt bleiben. Es ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderungskündigung, dass im Kündigungszeitpunkt eine Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung vorliegt (Senat 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 15, NZA 2010, 1235; 30. September 1993 - 2 AZR 283/93 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 74, 291).

28

II. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Basis seiner bisherigen Feststellungen die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht als sozial gerechtfertigt iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG ansehen. Zwar liegen im Kündigungszeitpunkt betriebliche Erfordernisse vor, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in Rostock entgegenstanden. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit des Änderungsangebots hat das Berufungsgericht jedoch einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt.

29

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrunds darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(st. Rspr. des Senats, zuletzt 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141). Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies für die Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar werden, dass er auch unter Berücksichtigung der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, die notwendig gewordene Anpassung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken (Senat 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 51 ff. mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 57). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (Senat 26. November 2009 - 2 AZR 658/08 - Rn. 16, EzA KSchG § 2 Nr. 76; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 14 mwN, aaO).

30

2. Aufgrund der Schließung der Geschäftsstelle Rostock und der Verlagerung der Aufgaben in die Geschäftsstelle Schwerin und in die Niederlassung Neubrandenburg lag an sich ein dringendes betriebliches Erfordernis vor.

31

a) Dringende betriebliche Erfordernisse zur Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG sind gegeben, wenn das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist(Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 136 = EzA KSchG § 2 Nr. 69; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 110, 188). Eine Änderung des Beschäftigungsbedarfs kann sich insbesondere aus innerbetrieblichen Umständen als Folge einer Organisationsentscheidung ergeben (Senat 29. November 2007 - 2 AZR 388/06 - Rn. 21, aaO; 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 16, BAGE 115, 149). Eine Organisationsentscheidung kann ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG begründen, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt(Senat 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62). Solche Organisationsentscheidungen unterliegen im Kündigungsschutzprozess nur einer eingeschränkten Missbrauchskontrolle darauf hin, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf sind (Senat 23. Juni 2005 - 2 AZR 642/04 - Rn. 17, aaO; 22. April 2004 - 2 AZR 385/03 - zu B I 3 der Gründe, aaO).

32

b) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO)hat die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Geschäftsstelle Rostock zum 31. Dezember 2007 zu schließen und die bisher dort verrichteten Tätigkeiten nach Schwerin und Neubrandenburg zu verlagern. Diese Aufgabenverlagerung ist grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Änderungskündigung zu rechtfertigen (Senat 27. September 2001 - 2 AZR 246/00 - zu I 1 c aa der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 41).

33

c) Von diesen Veränderungen war die Klägerin betroffen. Ihr Arbeitsplatz befand sich seit Beginn ihrer Tätigkeit in Rostock. Dies entsprach der im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung zum Dienstort Rostock. Die im Jahr 2005 erfolgte verwaltungstechnische Anbindung der von der Klägerin besetzten Stelle an die Niederlassung Schwerin - wie im Schreiben vom 2. März 2005 dokumentiert - änderte daran nichts; die den Bereich Bad Doberan betreffenden Aufgaben wurden weiterhin aufgrund entsprechender Organisationsentscheidung der Beklagten in Rostock erledigt. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten sind mit der Schließung der Geschäftsstelle Rostock entfallen.

34

d) Dass die Entscheidung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht vollständig umgesetzt war, steht dem nicht entgegen. Die Organisationsentscheidung hatte mit dem Beschluss zur Schließung der Geschäftsstelle, dem Abschluss des Interessenausgleichs vom 30. Januar 2006 und den bereits getroffenen Versetzungsvereinbarungen im Kündigungszeitpunkt hinreichend greifbare Formen angenommen (zuletzt bspw. Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 23, RDG 2008, 234; 11. März 1998 - 2 AZR 414/97 - zu II 1 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 43 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 99).

35

e) Der Beklagten kann auch nicht entgegen gehalten werden, sie hätte ihre Struktur so organisieren können, dass die Klägerin weiterhin ihre Arbeit von Rostock aus hätte erledigen können. Das liefe auf eine unzulässige Zweckmäßigkeitsüberprüfung der getroffenen Organisationsentscheidung hinaus (Senat 21. Februar 2002 - 2 AZR 556/00 - zu II 3 d der Gründe, EzA KSchG § 2 Nr. 45).

36

3. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, dass die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen verhältnismäßig und zumutbar waren. Dieses Ergebnis wird von den bisherigen Feststellungen nicht getragen.

37

a) Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass eine Weiterbeschäftigung in der Geschäftsstelle Schwerin für die Klägerin objektiv günstiger und weniger belastend wäre als eine Tätigkeit in Neubrandenburg.

38

b) Einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit des Änderungsangebots im Hinblick auf Beschäftigungsmöglichkeiten in Schwerin steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte mit anderen Referenten bereits endgültig über deren dortige Weiterbeschäftigung verständigt hatte.

39

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann sich ein Arbeitgeber zur Rechtfertigung einer Kündigung nicht auf einen von ihm selbst treuwidrig herbeigeführten, etwa durch eine vorgezogene Stellenbesetzung verursachten Wegfall freier Arbeitsplätze im Kündigungszeitpunkt berufen (Rechtsgedanke des § 162 BGB; vgl. Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - zu III 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121; 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - zu III 2 d ee der Gründe, BAGE 95, 350). Er hat es nicht in der Hand, eine Auswahlentscheidung nach § 1 Abs. 3 KSchG dadurch zu vermeiden, dass er zunächst einen freien Arbeitsplatz besetzt und später eine Beendigungskündigung wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausspricht. Erfolgen die Besetzung einer freien Stelle und die Kündigung aufgrund eines einheitlichen Entschlusses, sind bei Prüfung der Kündigungsvoraussetzungen des § 1 KSchG beide Erklärungen des Arbeitgebers als Einheit zu würdigen. Dies gilt nicht nur für die Prüfung anderer Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb oder Unternehmen, sondern auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG(vgl. Senat 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - aaO; 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu II 3 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Ein treuwidriges, weil rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn für den Arbeitgeber bereits zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den später gekündigten Arbeitnehmer absehbar war (Senat 25. April 2002 - 2 AZR 260/01 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 121).

40

bb) Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welchen Arbeitnehmer er auf dem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt(Senat 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77; vgl. auch Senat 22. September 2005 - 2 AZR 544/04 - Rn. 41 mwN, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141). Entsprechendes gilt, wenn sich der Arbeitgeber in Kenntnis anstehender Kündigungen zur Besetzung freier Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG entschließt.

41

cc) Diese Grundsätze finden auch bei einer Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 KSchG. Auch bei ihr kann sich der Arbeitnehmer auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten zu ihn weniger belastenden Arbeitsbedingungen berufen (KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.). Dass es dabei nicht um das „Ob“ einer Kündigung, sondern das „Wie“ der Änderungen der Arbeitsbedingungen geht, entbindet den Arbeitgeber jedenfalls dann nicht von einer analog zu § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden sozialen Auswahl, wenn für eine Weiterbeschäftigung - objektiv und eindeutig - unterschiedliche Tätigkeiten zur Verfügung stehen, zugleich mehrere Arbeitnehmer um eine geringere Anzahl günstigerer Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrieren und deshalb eine personelle Auswahl zu treffen ist. Ein anderes Ergebnis wäre mit dem Grundsatz, wonach Kündigung und Änderungsangebot im Fall der Änderungskündigung eine innere Einheit bilden, unvereinbar (Senat 16. September 2004 - 2 AZR 628/03 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 112, 58).

42

dd) Von diesen allgemeinen Erwägungen ist das Landesarbeitsgericht zwar ausgegangen. Es hat aber den Prüfungsmaßstab unzutreffend angewandt. Es hätte die Auswahlrichtlinie nicht mit der Begründung für maßgeblich halten dürfen, sie habe lediglich zur Festlegung von Zumutbarkeitskriterien für die einvernehmlichen Versetzungen gedient. Es hätte sie vielmehr einer uneingeschränkten Prüfung nach § 1 Abs. 3 und 4 KSchG unterziehen müssen. Dies ergibt sich aus dem objektiven Zusammenhang zwischen den vorgezogenen Änderungsangeboten und der anschließenden Änderungskündigung. Den Erklärungen lag der einheitliche Entschluss der Beklagten zugrunde, die Arbeitsbedingungen der in Rostock tätigen Referenten den veränderten Strukturen anzupassen. Die Beklagte beabsichtigte von vorneherein, die angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen notfalls durch Änderungskündigung herbeizuführen. Das ergibt sich deutlich aus ihrem Schreiben an die Rostocker Mitarbeiter, das mit dem Hinweis versehen war, dass das Beschäftigungsangebot „zur Vermeidung einer Änderungskündigung“ unterbreitet werde.

43

(1) Zwar ist für Änderungskündigungen die Aufstellung von Auswahlrichtlinien nach § 1 Abs. 4 KSchG grundsätzlich möglich(hM, vgl. nur ErfK/Oetker 10. Aufl. § 2 KSchG Rn. 52; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103c; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 79; zur Anwendbarkeit von § 1 Abs. 5 KSchG bereits Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 304/06 - Rn. 18 ff., BAGE 123, 160). Dabei sind die Betriebsparteien aber an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen(Senat 5. Juni 2008 - 2 AZR 907/06 - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81).

44

(2) Dies gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren. Nur so lässt sich verhindern, dass die Regelungen zur Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen umgangen werden und der gesetzliche Kündigungsschutz für den einzelnen Arbeitnehmer abgeschwächt wird.

45

ee) Die vorliegende Auswahlrichtlinie genügt nicht den Voraussetzungen, unter denen nach § 1 Abs. 4 KSchG die Bewertung der sozialen Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann. Dabei kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob sie wirksam vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen werden konnte - wofür vieles spricht, da der für die Sozialauswahl maßgebende kündigungsschutzrechtliche Betrieb sich in zwei Geschäftsstellen gliederte, die betriebsverfassungsrechtlich als selbständige Betriebe nach § 4 BetrVG galten(vgl. Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 186). Sie verwendet jedenfalls Kriterien, die auch bei einer Sozialauswahl im Zusammenhang mit Änderungskündigungen nach § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG nicht berücksichtigt werden dürfen.

46

(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Sozialauswahl bei einer Änderungskündigung nicht allein daran auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen würde. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung - unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht - um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebotes geht, ist bei der sozialen Auswahl vielmehr darauf Bedacht zu nehmen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status vergleichbarer Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie eher zumutbar gewesen wäre (vgl. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64 - insoweit zu § 2 Satz 1 iVm. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG vom 19. Dezember 1998; 19. Mai 1993 - 2 AZR 584/92 - zu II 3 d der Gründe, BAGE 73, 151; BAG 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - zu II 2 der Gründe, BAGE 52, 210). Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts konnten dabei auch andere als die in § 1 Abs. 3 KSchG nF genannten Kriterien Beachtung finden(vgl. bspw. 13. Juni 1986 - 7 AZR 623/84 - aaO). Seit Inkrafttreten der Neuregelung des § 1 Abs. 3 KSchG durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, 3002) sind nunmehr allein die Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Lebensalter und Schwerbehinderung bei der sozialen Auswahl maßgebend. Zwar sind diese für die besondere Situation einer Änderungskündigung oft nicht aussagekräftig genug (bspw. Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64). Auf eine Heranziehung zusätzlicher Faktoren und Kriterien muss aber wegen der klaren gesetzlichen Regelung verzichtet werden. Es kommt allenfalls eine Ergänzung im Rahmen der Gewichtung der Grunddaten aus § 1 Abs. 3 KSchG in Betracht, soweit die ergänzenden Faktoren einen unmittelbaren Bezug zu diesen Grunddaten haben(Fitting 25. Aufl. § 95 Rn. 25; KR-Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 103b; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 2 Rn. 65; Gaul/Lunk NZA 2004, 184, 185).

47

(2) Diesen gesetzlichen Vorgaben genügt die hier angewandte Auswahlrichtlinie nicht.

48

Nach § 5 Nr. 5 der Auswahlrichtlinie wird die Pflegebedürftigkeit von im Haushalt des Arbeitnehmers lebenden Angehörigen oder die Betreuungsbedürftigkeit von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahrs unabhängig vom Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung mit jeweils 20 Punkten berücksichtigt. Das ist mit § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht vereinbar. Die Norm geht von gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen aus (ganz hM, bspw. HaKo-Gallner 3. Aufl. § 1 Rn. 780; Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 1087; jeweils mwN). Es besteht nach geltender Gesetzeslage kein rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür, dass ein anderer Mitarbeiter demjenigen Arbeitnehmer, der sich zur Pflege eines hilfsbedürftigen Menschen entschlossen hat oder in seinem Haushalt ohne gesetzliche Unterhaltsverpflichtung ein minderjähriges Kind betreut, in der Sozialauswahl nachzustehen hätte (vgl. APS/Kiel 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 724).

49

ff) Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass bei der Abgabe des Änderungsangebots soziale Auswahlgesichtspunkte nicht ausreichend beachtet wurden und das Angebot aus diesem Grund unverhältnismäßig und der Klägerin unzumutbar war.

50

Der von der Beklagten im Prozess vorgelegten Punktetabelle ist zwar zu entnehmen, dass bei keinem der 15 Referenten die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen im Haushalt Berücksichtigung gefunden hat. Es ist aber nicht auszuschließen, dass bei der Berücksichtigung von im Haushalt lebenden Kindern unter 12 Jahren keine Differenzierung nach Unterhaltspflichten erfolgt ist. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin die Richtigkeit der Angaben ihrer Kollegen zu den Sozialdaten angezweifelt hat. Dem wird das Landesarbeitsgericht weiter nachgehen müssen.

51

III. Ob bei der Besetzung der für Schwerin ausgeschriebenen Stellen die sozialen Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG gleichwohl ausreichend berücksichtigt worden sind und deshalb jedenfalls der Klägerin im Ergebnis ein verhältnismäßiges und zumutbares Änderungsangebot von der Beklagten unterbreitet wurde, wird das Landesarbeitsgericht aufzuklären haben.

52

1. Dabei wird es berücksichtigen müssen, dass der Mangel der Auswahlrichtlinie nicht zwingend zur Fehlerhaftigkeit der konkreten Auswahlentscheidung führt. Diese kann gleichwohl ausreichend iSv. § 1 Abs. 3 KSchG sein, wenn sich der betreffende Fehler auf das Ergebnis der sozialen Auswahl nicht ausgewirkt hat. Der Beklagten muss deshalb die Darlegung ermöglicht werden, dass im Ergebnis soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Berücksichtigung gefunden haben(Senat 18. Oktober 2006 - 2 AZR 473/05 - Rn. 33, BAGE 120, 18). Dies erscheint im Streitfall nicht ausgeschlossen. Die in der Auswahlrichtlinie vorgenommene Gewichtung der Grunddaten zueinander ist dabei mit Blick auf § 1 Abs. 3 KSchG und die Intention der Änderungskündigung nicht zu beanstanden. Die im Verhältnis zu den Unterhaltspflichten geringere Gewichtung selbst einer langjährigen Betriebszugehörigkeit kann sich daraus rechtfertigten, dass die Dauer der Beschäftigung - anders als etwa das Lebensalter und die Unterhaltspflichten - bei einer örtlichen Versetzung nur eine untergeordnete Rolle spielt.

53

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wegstrecken und Wegezeiten bei der Auswahl Berücksichtigung finden konnten. In dieser Hinsicht hat die Klägerin - unstreitig - die zweithöchste Punktzahl von allen Referenten erreicht. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass ihr dieser Umstand im Ergebnis zum Nachteil gereicht hat.

54

3. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus zu berücksichtigen haben, dass es der Beklagten selbst bei Unkenntnis des Betriebsrats über die maßgebenden Sozialdaten der Rostocker Referenten nicht verwehrt ist, sich auf eine iSv. § 2 iVm. § 1 Abs. 3 KSchG ausreichende Sozialauswahl zu berufen. Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder nicht für vergleichbar erachtet und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände zunächst nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag im Prozess zu ergänzen, ohne dass darin ein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen läge(vgl. Senat 7. November 1996 - 2 AZR 720/95 - zu B III 2 der Gründe mwN, RzK III 1 b Nr. 26).

55

4. Sollte es noch darauf ankommen, wird das Landesarbeitsgericht davon ausgehen können, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, die schon zuvor in Schwerin beschäftigten Referenten in die Sozialauswahl einzubeziehen. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass sich das Direktionsrecht der Beklagten auf die Zuweisung einer Tätigkeit in Rostock beschränkt habe. Unabhängig davon hat die Klägerin keine, schon zuvor in Schwerin tätigen Referenten benannt, die statt ihrer eine Änderungskündigung hätten erhalten müssen.

        

    Eylert    

        

    Gallner    

        

    Berger    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Niebler    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1197/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung.

2

Der 1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Er ist mit einem Grad von 20 behindert. Zuletzt war er als Dokumentarist in der Abteilung Bodenverkehrsdienste (BVD-F) beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Oktober 1981 wurde ihm eine Vergütung nach dem Lohntarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe im Lande Hessen (HLT) zugesagt. Außerdem heißt es dort:

        

„Ihr Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G, Ausgabe Hessen) einschließlich der für die Flughafen Frankfurt/Main AG geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften.“

3

Gemäß einer Vereinbarung vom 23. Mai 1985 wechselte der Kläger mit Wirkung zum 1. Mai 1985 in ein Angestelltenverhältnis und erhielt seither Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Danach war er in die Vergütungsgruppe Vc eingruppiert und bezog ein Gehalt von 3.052,00 Euro brutto. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses legte er erfolgreich die IHK-Prüfung zum „Flugzeugabfertiger“ ab.

4

Die Beklagte beschäftigt etwa 13.000 Arbeitnehmer. Sie betrieb ua. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen Frankfurt/Main in der Abteilung BVD-F. Dort waren ca. 600 Arbeitnehmer - darunter der Kläger - tätig.

5

Im September 2003 beschloss die Beklagte, den Bereich BVD-F zur Vermeidung weiterer Verluste auf ein Tochterunternehmen, die Tradeport Frankfurt GmbH, zu übertragen. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G II gebunden war und mit allen Arbeitnehmern die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart hatte, unterliegt die Tochtergesellschaft diesen Bindungen nicht. Die Tradeport Frankfurt GmbH ist stattdessen Mitglied in der Vereinigung des Verkehrsgewerbes Hessen e.V. und wendet die von dieser mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen an.

6

Als sich abzeichnete, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen würde, richtete die Beklagte im Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung „Frachtservice“ ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten widersprechende Beschäftigte aus der Abteilung BVD-F „aufgefangen“ werden. Die Arbeitnehmer sollten sodann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Tradeport Frankfurt GmbH eingesetzt werden.

7

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den beabsichtigten Betriebsübergang. Der Kläger und ca. 550 weitere Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang.

8

Unter dem Datum 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Hessen, die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 (TVb Nr. 741). Sie enthält Sonderregelungen zu BAT und BMT-G II für die Beschäftigten der Abteilung „Frachtservice“ bei der Beklagten. Sie gilt nach § 1 für alle Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Sie sieht in § 2 ua. vor, dass die Arbeitnehmer „im Sinne der Beschäftigungssicherung“ verpflichtet sind, einen ggf. auch im Wege der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz in der Abteilung BVD-FS anzunehmen und für einen Entleiher tätig zu sein. Dabei ist grundsätzlich vorgesehen, dass der Einsatz bei der Tradeport Frankfurt GmbH erfolgt. Die TVb Nr. 741 regelt ferner, dass die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung BVD-FS geringer als bisher ist. Nehmen die Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen im Sinne der Änderungskündigung nicht an, sind nach § 2 Abs. 6 TVb Nr. 741 Beendigungskündigungen zulässig, § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT und § 52 BMT-G II finden insoweit keine Anwendung.

9

Am 22. Dezember 2003 wurde der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern erteilt. Am 30. Januar 2004 schloss sie mit der Tradeport Frankfurt GmbH einen Vertrag zur Übertragung des Frachtgeschäfts mit Wirkung zum 1. Juli 2004. 

10

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats zum 30. Juni 2005 und bot dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung BVD-FS zu den Bedingungen der TVb Nr. 741 an.

11

Der Kläger, im Kündigungszeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft ver.di, hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich nicht kündbar. Die tarifvertraglichen Sonderregelungen seien unwirksam. Die TVb Nr. 741 sei mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung der handelnden Tarifvertragsparteien nicht wirksam zustande gekommen. Die Änderungen der Arbeitsbedingungen seien zudem sozial ungerechtfertigt. Er verrichte weiterhin dieselbe Tätigkeit, nur als Leiharbeitnehmer. Die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung BVD-FS zu gründen und Arbeitnehmer an die Tochtergesellschaft auszuleihen, sei missbräuchlich. Sie diene allein dazu, die Anforderungen an eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung zu umgehen. Die Beklagte habe keine Sozialauswahl durchgeführt, zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.

12

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 2004 rechtsunwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die TVb Nr. 741 sei wirksam. Die Änderung der Arbeitsbedingungen trage den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten nach Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang Rechnung. Das Änderungsangebot berücksichtige die wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem umkämpften Markt des Frachtservice. Ein freier gleichwertiger Arbeitsplatz außerhalb der Frachtabfertigung sei weder im maßgeblichen Zeitraum ab September 2004 noch in der vom Kläger für relevant gehaltenen Zeit ab dem Jahr 2003 vorhanden gewesen. Einer Sozialauswahl habe es mit Rücksicht auf die Regelungen der TVb Nr. 741 nicht bedurft. Außerdem liege kein Auswahlfehler vor. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie habe dem Betriebsrat sämtliche aus ihrer Sicht kündigungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Änderungskündigung weder wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist noch tarifvertraglich ausgeschlossen war und dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen iSv. §§ 2, 1 KSchG sozial gerechtfertigt sind.

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I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung der „subjektiven Determiniertheit“ der Betriebsratsanhörung (dazu Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167) keinen Rechtsfehler erkennen. Das betrifft insbesondere den zwischen den Parteien umstrittenen Gesichtspunkt der Sozialauswahl. Ist - wie im Streitfall - nach Auffassung des Arbeitgebers eine solche Auswahl nicht vorzunehmen, kann er dem Betriebsrat Auswahlgesichtspunkte nicht mitteilen (Senat 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

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II. Die - ordentliche - Änderungskündigung vom 15. Dezember 2004 ist nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT genossen hätte. Der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers ist durch die TVb Nr. 741 wirksam beschränkt worden. Die tariflichen Sonderregelungen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aufgrund beiderseitiger Tarifbindung anwendbar.

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1. Die TVb Nr. 741 genügt den Anforderungen der §§ 1, 2 TVG.

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a) Die Vereinbarung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Dabei kann offenbleiben, ob die bei Abschluss des Tarifvertrags für ver.di handelnden Mitglieder des Landesbezirks Hessen - der Landesfachbereichsleiter und der hessische Tarifkoordinator - von vorneherein ausreichend zur Vertretung der Gewerkschaft bevollmächtigt waren. Selbst wenn es hieran, wie der Kläger gemeint hat, gefehlt haben sollte, wäre angesichts der mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 18. Juli 2008 ausdrücklich bestätigten Abschlussvollmacht und der Tatsache, dass der Tarifvertrag seit dem Jahr 2003 ohne erkennbare Beanstandung seitens der Tarifvertragsparteien Anwendung gefunden hat, zumindest von einer Genehmigung durch ver.di auszugehen (vgl. dazu BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 18, BAGE 125, 169; 18. Dezember 1996 - 4 AZR 129/96 - zu II 1.1.2 der Gründe mwN, BAGE 85, 28).

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b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass ver.di und der Hessische Arbeitgeberverband für Gemeinden und Kommunalverbände ungeachtet der Regelungen des RTV 1998/2002 befugt waren, vom BAT und den dortigen Kündigungsschutzbestimmungen abweichende Regelungen zu vereinbaren. Darauf, ob sich die TVb Nr. 741 im Rahmen der Öffnungsklausel des Rahmentarifvertrags hält, kommt es nicht an.

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aa) Mit Abschluss des Rahmentarifvertrags haben sich die Tarifvertragsparteien und durch sie vertretene Unterorganisationen nicht ihrer Befugnis begeben, im Rahmen ihrer jeweiligen Tarifzuständigkeit und im Sinne des sog. Posterioritätsprinzips (dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 84/08 - Rn. 38, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 216) in Zukunft ergänzende und ggf. abändernde Regelungen zu BAT und BMT-G II zu vereinbaren. Dies lässt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht den Regelungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) entnehmen, der ohnehin erst nach Abschluss der TVb Nr. 741 und Zugang der Kündigung in Kraft getreten ist.

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bb) Der Wirksamkeit der abweichenden Regelungen steht nicht entgegen, dass die TVb Nr. 741 auf Arbeitgeberseite durch den Hessischen Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände geschlossen wurde. Dieser war als Unterorganisation der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) nicht gehindert, im Rahmen seiner Tarifzuständigkeit zur Ergänzung und Änderung eines von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags eigene, spezielle (Firmen-)Tarifverträge zu schließen. Durch sie wird der überregionale Tarifvertrag als solcher nicht aufgehoben, geändert oder gekündigt. Die Tarifverträge gelten vielmehr nebeneinander. Mögliche Widersprüche zwischen ihnen sind nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz aufzulösen (BAG 22. Februar 1957 - 1 AZR 426/56 - BAGE 3, 358; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 61; Löwisch/Rieble TVG § 2 Rn. 114; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 199 Rn. 14; aA Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 442). Danach findet die TVb Nr. 741 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien als die dem Geltungsbereich nach engere Regelung Anwendung.

23

c) Die Einschränkungen des Sonderkündigungsschutzes durch die TVb Nr. 741 sind nicht wegen Eingriffs in eine schützenswerte Rechtsposition des Klägers unwirksam.

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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Tarifvertragsparteien die Regelungen eines von ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags auch rückwirkend ändern, was sich zulasten entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber auswirken kann (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 19 - 24 mwN, BAGE 117, 53). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem rückwirkenden Eingriff in ihr Regelwerk ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen (BVerfG 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261). In deren Anwendung sind rückwirkende Regelungen zum tariflichen Sonderkündigungsschutz möglich, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung schon bisher Ausnahmetatbestände enthielt und die Neuregelung den Sonderkündigungsschutz nicht vollständig abschafft, sondern lediglich die Ausnahmetatbestände modifiziert (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 26 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

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bb) Danach ist die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes nach § 53 Abs. 3 BAT durch die TVb Nr. 741 nicht zu beanstanden(so bereits BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - AP BAT § 53 Nr. 9). Die Bestimmungen des BAT enthielten bereits Ausnahmetatbestände, etwa die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen zur Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe zu kündigen. Die TVb Nr. 741 hebt den Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT auch nicht vollständig auf, sondern enthält dazu nur eine weitere Einschränkung. Sie ermöglicht im Übrigen lediglich Änderungskündigungen, die auf den Einsatz in der Abteilung Frachtservice zu den dafür geltenden - verschlechterten - Vergütungsregelungen gerichtet sind. Nur die Ablehnung des Änderungsangebots kann zu einer Beendigungskündigung führen. Hinzu kommt, dass die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes ein Teil der Gesamtregelungen der TVb Nr. 741 ist, deren Gegenstand die aus dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch der Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer folgenden Probleme sind. Die TVb Nr. 741 hat das Ziel, einerseits die Arbeitsplätze der widersprechenden Arbeitnehmer zu erhalten, andererseits den Personalaufwand zu verringern. Durch § 2 Abs. 6 Satz 4 der Bestimmungen werden auch die Arbeitnehmer mit dem Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3 BAT in diese Gesamtregelung einbezogen. Gleichwohl bleiben sie weiterhin stärker geschützt als andere Arbeitnehmer. Die Auswahlrichtlinien in der Anlage 1 zur TVb Nr. 741 gewichten die Umstände, die den Sonderkündigungsschutz begründen, als Auswahlkriterien bei der Besetzung gleichwertiger freier Arbeitsplätze so hoch, dass die Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz in aller Regel Vorrang genießen werden. Die so ausgestaltete Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Betroffenen (so schon BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 29 bis 34, aaO).

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cc) Dem steht, anders als die Revision meint, auch nicht die Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteil-Übergang entgegen. Darin wurde den im Zeitpunkt des Übergangs „tariflich unkündbaren Arbeitnehmern“ einzelvertraglich die Unkündbarkeit auch bei der Tradeport Frankfurt GmbH zugesichert. Infolge des Widerspruchs des Klägers ist ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dieser Gesellschaft jedoch nicht zustande gekommen. Soweit der Kläger gemeint hat, er werde wegen seines Widerspruchs sowohl gegenüber den bei dieser weiterbeschäftigten Arbeitnehmern als auch gegenüber den nicht im Bereich BVD-F beschäftigten Arbeitnehmern der Beklagten ungleich behandelt, übersieht er, dass durch den Widerspruch bei der Beklagten ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist. Dieser und nicht sein Widerspruch als solcher bildet die Grundlage für die durch die TVb Nr. 741 in engen Grenzen ermöglichte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

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2. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die in § 1 und § 2 TVb Nr. 741 normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes im Kündigungszeitpunkt erfüllt waren, ist die Revision nicht entgegengetreten.

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III. Die dem Kläger mit der Kündigung angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG.

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1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141).

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2. Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, das bisherige Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei entfallen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zum 1. Juli 2004 sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F einschließlich der Halle, der Wiegestation und der Büro- und Unterkunftscontainer sowie alle Kundenverträge ihrer Tochtergesellschaft überlassen.

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3. Diese Organisationsentscheidung der Beklagten war weder offensichtlich unsachlich noch unvernünftig oder willkürlich. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte zur Auslagerung der Abteilung BVD-F entschieden, um den dort erwirtschafteten Verlusten entgegenzuwirken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, ein von ihm angeregtes Sachverständigengutachten einzuholen, ist dies unzulässig. Der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchem Ergebnis das Gutachten voraussichtlich geführt hätte. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob in der Abteilung BVD-F ein Umsatzrückgang zu verzeichnen war. Dessen Fehlen stellt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte defizitäre Entwicklung nicht in Frage. Ohnehin verpflichtet das gesetzliche Kündigungsschutzrecht den Unternehmer nicht etwa dazu, Organisationsänderungen nur dann durchzuführen, wenn er Defizite vermeiden will. Es ist ausreichend, wenn er sie aus nicht willkürlichen Gründen für angezeigt erachtet. Es ist nicht Sache der Gerichte, dem Arbeitgeber eine bestimmte betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 27, EzA KSchG § 2 Nr. 66).

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4. Die Beklagte hat mit dem Änderungsangebot die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Es handelt sich nicht - wie die Revision meint - um eine Lohnkürzung bei unverändertem Inhalt der Arbeitspflicht. Die ausgesprochene Änderungskündigung dient nicht der Entgeltreduzierung, sondern der Änderung der Tätigkeit - an diese knüpft sodann die tarifliche Neufestsetzung des Lohns an. Während der Kläger bisher im Betrieb der Beklagten eingesetzt wurde, soll er nunmehr - wenn auch mit den gleichen Arbeiten und am selben Ort wie bisher - als Leiharbeitnehmer in einem Fremdbetrieb tätig werden; dafür erhält er nach der maßgeblichen TVb Nr. 741 eine geringere Vergütung.

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a) Was das mit der Kündigung verbundene Angebot einer neuen Tätigkeit anbelangt, so ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht erkennbar. Im Kündigungszeitpunkt stand fest, dass der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist bei der Beklagten infolge des Betriebsübergangs mit den bisherigen Tätigkeiten nicht mehr beschäftigt werden konnte. Das Angebot der Beklagten, den Vertrag so zu ändern, dass sie ihn an die Betriebsübernehmerin würde ausleihen können, damit er dort wie bisher weiter arbeiten könne, diente der Vermeidung einer Beendigungskündigung. Unter diesen Umständen ist eine Änderungskündigung betrieblich bedingt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 35, EzA KSchG § 2 Nr. 66). Davon, dass die Beklagte den Kläger auch auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags im Wege des Direktionsrechts hätte anweisen können, als Leiharbeitnehmer bei der Tochtergesellschaft zu arbeiten, kann nicht ausgegangen werden. Diese Änderung, die einen zentralen Teil des Vertragsinhalts betrifft, hätte einer Vertragsänderung bedurft (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO). Das gilt umso mehr, als Arbeitnehmern, die in der Abteilung „Frachtservice“ der Beklagten beschäftigt werden, nach der TVb Nr. 741 - nach vorheriger Abstimmung mit dem Betriebsrat - auch Aufgaben in anderen Entleiherbetrieben zugewiesen werden können.

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b) Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich der mit ihm verbundenen Entgeltminderung verhältnismäßig.

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aa) Eine gesonderte Rechtfertigung der Vergütungsänderung ist grundsätzlich entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt („Tarifautomatik“) (Senat 27. November 2008 - 2 AZR 757/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 308). Das Gesetz weist den Tarifvertragsparteien eine weitgehende Regelungsmacht mit gesetzesgleicher Wirkung für ihre Mitglieder zu. Das geschieht im Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien in der Lage sind, die Interessen ihrer Mitglieder zu einem angemessenen Ausgleich - auch und gerade im Bereich der Vergütung - zu bringen. Haben also die Tarifvertragsparteien für eine bestimmte Tätigkeit eine bestimmte Vergütung ausgehandelt, ist es in der Regel gerechtfertigt, diese Vergütung als angemessen im Sinne der sozialen Rechtfertigung des Änderungsangebots anzusehen. So liegt es auch hier. Die Beklagte hat dem im Kündigungszeitpunkt tarifgebundenen Kläger die ihm nach der TVb Nr. 741 zustehende Vergütung angetragen.

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bb) Ein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot des § 9 Nr. 2 AÜG liegt nicht vor. Die Regelung des § 9 Nr. 2 Teilsatz 1 AÜG, nach der Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts vorsehen, ist nach § 9 Nr. 2 Teilsatz 4 AÜG tarifdispositiv und lässt nach ihrem Teilsatz 5 auch Abweichungen durch(insgesamt) in Bezug genommene Tarifverträge zu. Unabhängig davon stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die im Betrieb der Tradeport Frankfurt GmbH (mittlerweile umfirmiert in FCS GmbH) zur Anwendung gebrachten Tarifverträge des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes für eine vergleichbare Tätigkeit sogar ein geringeres Entgelt vorsehen als die ihm nach der TVb Nr. 741 angetragene Vergütung.

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cc) Auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten kommt es für die Angemessenheit der sich aus einem tarifvertraglichen Vergütungssystem ergebenden Vergütung nicht an.

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5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, weil die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, den Kläger anderweitig im Betrieb weiterzubeschäftigen.

39

a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (Senat 21. September 2000 -  2 AZR 385/99  - zu B IV 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Diese Grundsätze sind auf die Änderungskündigung insoweit übertragbar, als sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu ihn weniger belastenden, vergleichbaren oder ggf. auch geänderten Arbeitsbedingungen berufen kann (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.).

40

b) Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Reichweite des § 1 Abs. 2 KSchG verkannt, weil es nicht auch die im Jahr 2003 freigewordenen und wiederbesetzten Stellen berücksichtigt habe. Unabhängig davon, dass es für diese Beurteilung auf die Zeitpunkte des Zugangs der Kündigung und des Auslaufens der Kündigungsfrist ankommt und der Kläger nicht dargelegt hat, welche Stelle die Beklagte iSv. § 162 BGB treuwidrig besetzt habe, durfte das Landesarbeitsgericht vom Fehlen einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit ausgehen. Der Kläger hat das entsprechende Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten.

41

aa) Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit genügt es zunächst, dass der Arbeitnehmer angibt, welche andere Beschäftigung er meint. Er muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (Senat 15. August 2002 -  2 AZR 195/01  - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197). Auf die Darlegung des Arbeitnehmers hin, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist (Senat 24. Juni 2004 -  2 AZR 215/03  - zu B II 3 e der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5).

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bb) Diesen Anforderungen ist die Beklagte unter Vorlage von Stellenbeschreibungen und Hinweisen auf die jeweiligen Qualifikationsanforderungen nachgekommen, die der Kläger nicht besitze. Dem ist der Kläger nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten. Sein pauschaler Vortrag, seine Qualifizierung sei mit einem zeitmäßig verhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, wird seiner Darlegungslast nicht gerecht, weil weder sein Kenntnisstand bei Kündigungsausspruch noch sein Schulungsbedarf nach Inhalt und zeitlichem Umfang ersichtlich werden.

43

6. Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden sozialen Auswahl unwirksam.

44

a) Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen ( § 2 Satz 1 KSchG ). Bei diesen kommt es für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht nur darauf an, ob die Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen und damit gegeneinander ausgetauscht werden können. Die Arbeitnehmer müssen vielmehr auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sein, die Austauschbarkeit muss sich auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

45

b) Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Die Austauschbarkeit setzt nicht die Gleichheit der Arbeitsplätze voraus, sondern liegt in dem Umfang vor, in welchem der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung die Aufgaben auf einem anderen - gleichwertigen - Arbeitsplatz ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). An der Austauschbarkeit fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann.

46

c) Danach hat der Kläger unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu den Umständen, die aus ihrer Sicht einer Vergleichbarkeit mit anderen nach der Vergütungsgruppe Vc vergüteten Arbeitnehmern entgegenstehen, nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz er hätte besetzen können und welcher Arbeitnehmer statt seiner ein Angebot zur Weiterbeschäftigung als Leiharbeitnehmer hätten erhalten müssen. Seine Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag im Schriftsatz vom 25. Mai 2007 übergangen, ist unbeachtlich. Sie legt die Entscheidungserheblichkeit des Vortrags nicht dar. Sein Vorbringen, er sei in anderen Bereichen der Bodenverkehrsdienste nach kurzer Einarbeitungszeit einsetzbar gewesen, erschöpft sich in pauschalen Behauptungen und ist einer näheren Prüfung nicht zugänglich. Der Vortrag verhält sich zudem nicht über eine wechselseitige Austauschbarkeit.

47

d) Die Beklagte war nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehindert, zur sozialen Auswahl vorzutragen, auch wenn die Betriebsratsanhörung hierzu keine Information enthielt.

48

Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder für nicht vergleichbar gehalten und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag auf entsprechende Rüge im Prozess zu ergänzen. Darin liegt kein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen(vgl. Senat 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 42, BAGE 130, 182; 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B II 3 b der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber aus nachvollziehbaren Gründen bei Ausspruch der Kündigung davon ausgegangen ist, eine Sozialauswahl sei insgesamt entbehrlich. Im Streitfall steht überdies nicht die Sozialauswahl im engeren Sinne, sondern nur die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer in Rede. Die Beklagte konnte deshalb ihr Vorbringen ergänzen, ohne durch die Betriebsratsanhörung „präkludiert“ zu sein.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 9. Dezember 2011 - 10 Sa 438/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. In ihrer Niederlassung Frankfurt am Main beschäftigte sie zuletzt mehr als 100 Arbeitnehmer. Die Niederlassung hatte zwei Kunden, die K (K GmbH) und die L AG (L AG). Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der K GmbH war geregelt, dass die Beklagte dieser ab Juli 2010 unbefristet bis zu 150 Arbeitnehmer als Hilfskräfte überlasse. In der Rahmenvereinbarung mit der L AG war bestimmt, dass auf deren Verlangen Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen auszutauschen seien und unabhängig davon ein Austausch nur im Einvernehmen mit ihr vorgenommen werden könne.

3

Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin seit Oktober 2004 für ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 1.500,00 Euro als Hilfskraft beschäftigt. Er war der K GmbH als Flugzeugreiniger überlassen und dort seit Juli 2010 als Vorarbeiter eingesetzt.

4

Ende September 2010 erklärte ein Mitarbeiter der K GmbH gegenüber dem Niederlassungsleiter der Beklagten, man benötige - ua. - den Kläger nicht mehr und melde ihn zum 8. Oktober 2010 ab. Mit Schreiben vom 30. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2010. Die K GmbH bestätigte die Abmeldung mit E-Mail vom 7. Oktober 2010. In der Folgezeit fragte die Beklagte bei der L AG an, ob bei ihr ein Einsatz des Klägers in Betracht komme. Die L AG teilte mit, eine Umsetzung sei nicht durchführbar.

5

Gegen die Kündigung hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem dringenden betrieblichen Erfordernis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Auftrag über die Überlassung von 150 Arbeitnehmern an die K GmbH bestehe nach wie vor. Diese habe zum 1. Januar 2011 Neuaufträge gewonnen. Außerdem habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenommen, insbesondere habe sie ihn nicht mit den weiterhin der K GmbH überlassenen Arbeitnehmern verglichen. Er sei schutzwürdiger als die von der Beklagten benannten ungekündigten Arbeitnehmer. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer gekündigt, die eine Betriebsratswahl initiiert hätten. Die Initiatoren seien ihr namentlich bekannt gewesen.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30. September 2010 aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Flugzeugreiniger im Betrieb Frankfurter Flughafen weiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen rechtlichen Gesichtspunkten wirksam. Ihre Geschäftsführerin habe im September 2010 die Entscheidung getroffen, die Arbeitsverhältnisse mit den von der K GmbH namentlich abgemeldeten Arbeitnehmern zu kündigen. Die K GmbH habe den Kläger abgemeldet, weil kein Beschäftigungsbedarf mehr für ihn vorhanden gewesen sei. Bei ihr, der Beklagten, habe infolgedessen nicht nur eine kurzfristige Auftragslücke vorgelegen. Sie habe weder neue Arbeitnehmer eingestellt noch neue Kunden anwerben können. Die Kündigungsentscheidung erweise sich damit auch im Nachhinein als richtig. An anderen Standorten sei kein Arbeitsplatz frei gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen. Sie sei an die Wünsche der K GmbH und der L AG gebunden, bei Nichtbefolgung drohe ein Auftragsverlust. Vorsorglich hat die Beklagte die Sozialdaten von neun Arbeitnehmern angegeben, die mit dem Kläger vergleichbar und weiterhin der K GmbH überlassen seien. Die Beklagte hat bestritten, dass die Kündigung in einem Zusammenhang mit der geplanten Betriebsratswahl stehe. Sie habe nicht gewusst, wer für die Wahl kandidieren werde.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 30. September 2010 zu Recht als sozial ungerechtfertigt angesehen (I.). Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an (II.).

10

I. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Sie ist jedenfalls wegen fehlerhafter Sozialauswahl sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG. Ob die Beklagte hinreichend dargelegt hat, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine Einsatzmöglichkeit für den Kläger auf Dauer nicht mehr bestand (zu den Anforderungen an die Darlegung des Kündigungsgrundes bei Wegfall der Einsatzmöglichkeit eines Leiharbeitnehmers, vgl. BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18), bedarf keiner Entscheidung.

11

1. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. Abs. 2 der Bestimmung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer von dessen Betriebszugehörigkeit, dessen Lebensalter, mögliche Unterhaltspflichten und ggf. eine Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

12

a) Der Arbeitgeber hat in die Sozialauswahl diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (st. Rspr., vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 167/11 - Rn. 19; 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10  - Rn. 41). Dies ist nicht nur bei identischen Arbeitsplätzen der Fall, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung die zwar andere, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann (BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 31). An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Rechtsgründen nicht einseitig auf den fraglichen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann ( BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - aaO; 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13). Die Sozialauswahl ist auf Arbeitnehmer desselben Betriebs beschränkt (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 158/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82, 85; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 199/05 -).

13

b) Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG angeführten sozialen Grunddaten ein Wertungsspielraum zu. Dieser ist auch dann zu beachten, wenn er eine Sozialauswahl zunächst für entbehrlich gehalten hat (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48; 10. Juni 2010 - 2 AZR 420/09 - Rn. 19 ). Auch wenn eine Sozialauswahl gar nicht oder methodisch fehlerhaft durchgeführt wurde, ist die Kündigung nicht aus diesem Grund unwirksam, wenn mit der Person des Gekündigten gleichwohl - und sei es zufällig - eine objektiv vertretbare Auswahl getroffen wurde. Der Arbeitgeber braucht nicht die „bestmögliche“ Sozialauswahl vorgenommen zu haben. Der ihm einzuräumende Wertungsspielraum führt dazu, dass sich nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO ; 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 38, BAGE 115, 92).

14

c) Die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl trägt gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG der Arbeitnehmer.

15

2. Die Regelungen zur Sozialauswahl können weder durch einzelvertragliche noch durch kollektivrechtliche Vereinbarung abbedungen werden, auch nicht zugunsten einzelner Arbeitnehmer. Eine solche Regelung würde sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirken (BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - Rn. 34, BAGE 115, 92). § 1 Abs. 3 KSchG steht aber solchen Verschlechterungen der kündigungsrechtlichen Position eines Arbeitnehmers nicht entgegen, die sich aus einer zulässigen vertraglichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen mit anderen Arbeitnehmern ergeben. Allerdings darf die betreffende Vertragsgestaltung nicht rechtsmissbräuchlich sein und allein Vorteile bei der Sozialauswahl bezwecken (vgl. zur Anrechnung einer an sich nicht anrechnungsfähigen früheren Beschäftigungszeit durch einzelvertragliche Vereinbarung, BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - aaO).

16

3. Danach hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, die Beklagte habe soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat dabei die Darlegungslast des Klägers nicht verkannt. Dieser hat geltend gemacht, die Beklagte habe eine Sozialauswahl zumindest unter Einbeziehung der von ihr benannten neun weiterhin bei der K GmbH eingesetzten Arbeitnehmer durchführen müssen. Tatsächlich war er sozial deutlich schutzwürdiger als zumindest drei dieser Arbeitnehmer. Entgegen der Auffassung der Beklagten waren diese nicht deshalb nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil es wegen der „Abmeldung“ des Klägers durch die K GmbH an der erforderlichen Austauschbarkeit gefehlt hätte.

17

a) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, es bestehe bereits eine Vermutung dafür, dass die Beklagte soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sie gründe sich darauf, dass die Beklagte den überwiegenden Teil der Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen generell von der Auswahl ausgenommen habe. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Die für sie als Beleg genommene Entscheidung des Senats (BAG 5. Dezember 2002 - 2 AZR 697/01 - BAGE 104, 138) betrifft nicht die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, sondern die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Für § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG gilt eine solche Vermutung nicht.

18

b) Die Beklagte hat soziale Gesichtspunkte iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG deshalb nicht ausreichend berücksichtigt, weil sie zumindest drei der mit dem Kläger vergleichbaren und im Verhältnis zu ihm - im Kündigungszeitpunkt 42 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 1. Oktober 2004 - sozial deutlich weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer nicht gekündigt hat. Dies gilt für den Arbeitnehmer K - 32 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 27. Juli 2010 - sowie für die Arbeitnehmerinnen T - 27 Jahre alt, verheiratet, beschäftigt seit 12. Januar 2010 - und S - 30 Jahre alt, ledig, beschäftigt seit 1. April 2010. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die Beklagte darauf berufen könnte, der Kläger hätte auch unter Einbeziehung dieser Arbeitnehmer zur Kündigung angestanden. Sie hat nicht dargelegt, dass mindestens drei der gekündigten Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger gewesen seien als er (vgl. zur Aufgabe der sog. Dominotheorie bei Sozialauswahl nach einem Punktesystem, BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05 - BAGE 120, 137). Das ergibt sich auch nicht aus den von ihr mitgeteilten Sozialdaten der gekündigten Arbeitnehmer. Damit ist davon auszugehen, dass sich eine Berücksichtigung der weniger schutzbedürftigen, nicht gekündigten Arbeitnehmer(innen) bei der Sozialauswahl zugunsten des Klägers ausgewirkt hätte.

19

c) Einer Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in die Sozialauswahl stand nicht entgegen, dass sie nicht demselben Betrieb angehört hätten wie der Kläger. Unabhängig davon, ob überlassene Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu berücksichtigen sein können(vgl. dazu BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 140/12 -), bleiben sie während der Zeit ihrer Arbeitsleistung beim Entleiher jedenfalls auch Angehörige des Betriebs des Verleihers. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung stellt § 14 Abs. 1 AÜG dies klar. Für die Sozialauswahl gilt nichts anderes. Ein Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - Rn. 18; 21. Juni 1995 - 2 AZR 693/94 - Rn. 36). Da mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke verfolgt werden können, ist in erster Linie auf die Einheit der Organisation, nicht auf die Einheit der arbeitstechnischen Zweckbestimmung abzustellen. Erforderlich ist ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (BAG 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - aaO; 23. September 1982 - 6 ABR 42/81 - BAGE 40, 163, 165 f.). Zum Betrieb des Verleihers gehören damit alle unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten, zu dem Zweck ihrer Überlassung an Dritte beschäftigten Arbeitnehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die einsatzfreien, sondern auch die im Einsatz befindlichen Arbeitnehmer.

20

d) Der Einbeziehung der nach sonstigen arbeitsplatzbezogenen Kriterien mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer stand ebenso wenig entgegen, dass die K GmbH diesen namentlich „abgemeldet“ hatte. Die Beklagte war dadurch nicht gehindert, den Kläger gegen einen der übrigen überlassenen, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer auszutauschen. Ihr Recht zum Austausch war weder durch ihren Vertrag mit der K GmbH, noch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

21

aa) Die Hauptleistungspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher besteht darin, einen arbeitsbereiten, den vertraglich festgelegten Anforderungen entsprechenden Arbeitnehmer für die vereinbarte Dauer zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung entspricht regelmäßig einer - wenn auch auf die Auswahl einer Person, nicht einer Sache, gerichteten - „Gattungsschuld“, auf die § 243 BGB entsprechende Anwendung findet(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 320; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 23; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 22). Ohne besondere Abrede ist der Verleiher lediglich verpflichtet, einen iSv. § 243 Abs. 1 BGB fachlich geeigneten, nicht aber einen bestimmten Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen(Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 328; Thüsing aaO). Aus dem Charakter der Arbeitnehmerüberlassung als Dauerschuldverhältnis folgt zwar, dass dem Entleiher für die gesamte Laufzeit des Vertrags ein geeigneter Leiharbeitnehmer zur Verfügung stehen muss (Schüren aaO; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23). Der Verleiher hat aber grundsätzlich das Recht zum Austausch, sofern dem nicht eine Vereinbarung mit dem Entleiher oder sonstige berechtigte Belange des Entleihers - wie etwa eine lange Einarbeitszeit für unternehmensspezifische Aufgaben - entgegenstehen (vgl. Brors in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 387; Schüren aaO; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63). Soweit das Recht des Verleihers zu deren Austausch nicht ausgeschlossen ist, sind daher in die Sozialauswahl im Verleiherbetrieb grundsätzlich auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeitsleistung auf vergleichbaren Arbeitsplätzen überlassen sind (vgl. Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

22

bb) Nach verbreiteter Auffassung im Schrifttum kann die Ersetzungsbefugnis des Verleihers vertraglich oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen sein (Ulber/D. Ulber AÜG AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23; Germakowski in Urban-Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Mai 2013 Rn. 327; vgl. auch Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27: zwar vertragliche Konkretisierung, nicht aber vertraglicher Ausschluss möglich, allenfalls Ausschluss nach § 242 BGB). Ohne Zustimmung des Entleihers sei der Verleiher in einem solchen Fall nicht zum Austausch eines überlassenen Leiharbeitnehmers berechtigt (Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand April 2012 Rn. 425; AnwK-ArbR/Böhm 2. Aufl. Bd. 1 § 12 AÜG Rn. 9; Boemke BB 2006, 997, 998; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 329; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 26). Die Überlassung eines anderen Leiharbeitnehmers stelle in diesem Fall keine Vertragserfüllung dar (Boemke BB 2006, aaO). Sei wiederum der Verleiher im Verhältnis zum Entleiher nicht zum Austausch eines überlassenen Arbeitnehmers berechtigt, stehe dies dessen Einbeziehung in eine Sozialauswahl im Verleiherbetrieb entgegen. Ein vertraglicher Ausschluss der Austauschbarkeit wird zum Teil schon dann angenommen, wenn der Entleihvertrag die Überlassung eines bestimmten, namentlich benannten Arbeitnehmers vorsieht (Dahl DB 2003, 1626, 1629; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand September 2012 Rn. 394).

23

cc) Ob dem zu folgen ist, kann im Streitfall dahinstehen. Die Beklagte musste die von ihr benannten, weiterhin bei der K GmbH eingesetzten und objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer jedenfalls deshalb in die Sozialauswahl mit dem Kläger einbeziehen, weil ihre Austauschbarkeit weder vertraglich noch nach Treu und Glauben ausgeschlossen war. Auf die Befugnis, sie zu ersetzen, hatte die Beklagte nach dem Überlassungsvertrag nicht verzichtet. Die Arbeitnehmer waren dort auch nicht namentlich genannt. Aus dem Umstand, dass die K GmbH ausdrücklich gerade den Kläger „abgemeldet“ hatte, folgt nicht, dass die Beklagte ihn nach Treu und Glauben im Austausch gegen einen der anderen Leiharbeitnehmer bei der K GmbH nicht mehr hätte einsetzen dürfen. Die K GmbH hatte den Kläger nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten nicht deshalb abgemeldet, weil er sich etwa als nicht hinreichend geeignet erwiesen oder sich rechtswidrig verhalten hätte. Grund für die „Abmeldung“ war danach lediglich, dass es für ihn keinen Beschäftigungsbedarf mehr gab. Daraus lässt sich nicht schließen, die K GmbH habe sich gegen einen weiteren Einsatz des Klägers als Person ausgesprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass sonstige Umstände diesen Schluss rechtfertigen könnten. Ob ein solcher Wunsch den weiteren Einsatz des Klägers bei der K GmbH tatsächlich hätte ausschließen können, bedarf keiner Entscheidung.

24

dd) Ebenso wenig muss entschieden werden, ob im Einsatz befindliche Arbeitnehmer wegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG schon dann nicht in eine Sozialauswahl beim Verleiher einzubeziehen sind, wenn ihr Austausch zwar nicht ausgeschlossen ist, der Entleiher für diesen Fall aber mit einem Auftragsentzug droht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass trotz ihrer Ersetzungsbefugnis ein Auftragsverlust gedroht habe, wenn sie anstelle des Klägers einen der sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer bei der K GmbH abgezogen hätte. Allein aus der namentlichen „Abmeldung“ des Klägers lässt sich dies nicht entnehmen.

25

II. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.

26

III. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 1. erklärten ordentlichen Kündigungen sowie um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte zu 2. übergegangen ist.

2

Die 1970 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin war bei der Beklagten zu 1. seit 1990 als Speditionskauffrau, zuletzt in der Sachbearbeitung für Großkunden im Sammelguteingang, beschäftigt. Ihr letztes Bruttomonatsgehalt betrug 2.881,66 Euro.

3

Die Beklagte zu 1. betreibt ein Unternehmen des Speditions- und Transportgewerbes und ist Teil der „B-Gruppe“. Ihr Hauptsitz war R, daneben unterhielt sie Standorte in M, P und W. Die Beklagte zu 1. beschäftigte zuletzt regelmäßig 280 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat war für ihren Betrieb in R, dem auch die Klägerin angehörte, nicht gebildet.

4

Bis 30. September 2010 unterhielt die Beklagte zu 1. folgende sog. „Geschäftsbereiche“:

        

-       

„Ladungsverkehre“, worunter Komplettladungen für nur einen Kunden zu verstehen sind. Diesen Geschäftsbereich unterteilte die Beklagte zu 1. in „Ladungsverkehre R“ und „Ladungsverkehre M“.

        

-       

„Gebietsspedition/Nahversorgung und Werksversorgung“, worunter die Beklagte zu 1. die Abholung von Materialien von Lieferanten für einen Produktionsbetrieb bei Umschlag an einem Konsolidierungspunkt versteht.

        

-       

„Spezialverkehre“, dh. der Verkehr mit Silofahrzeugen, Tankfahrzeugen und Kipperfahrzeugen.

        

-       

„Nationale Stückgutverkehre/Systemverkehre“, worunter eine besondere Art des Stückguttransports zusammengefasst wurde, bei dem von unterschiedlichen Mitgliedern eines „Zusammenschlusses Systemverkehre“ verschiedenartige Güter zu abgesprochenen Konsolidierungspunkten verbracht und von dort wieder verteilt wurden.

        

-       

„Hafenverkehre“, dh. die Verschiffung von Waren ab Hafen P. Hier beschäftigte die Beklagte zu 1. keine Kraftfahrer.

5

Die Geschäftsbereiche bildeten jeweils ein „Profitcenter“ mit eigener Kostenstelle. Jedem Geschäftsbereich waren ein oder mehrere Disponenten zur Planung der Verkehre zugewiesen.

6

Den Geschäftsbereich „Nationale Stückgutverkehre“ stellte die Beklagte zu 1. zum 30. September 2010 ein.

7

Am 4. November 2010 veräußerte die Beklagte zu 1. durch Outsourcing- und Kaufvertrag zahlreiche Aktiva des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung“ an die L GmbH (L). Verkauft wurden Anlagevermögen und Kundenverträge, jedoch keine Fahrzeuge. Die Beklagte zu 1. und L gingen im Vertrag davon aus, dass es sich um einen Betriebsteilübergang iSd. § 613a BGB handele. In einer Anlage zum Kaufvertrag wurden diejenigen Arbeitnehmer benannt, die dem Speditionsbereich dieses Geschäftsbereichs zugeordnet gewesen sein sollen, wobei die L erklärte, in diese Arbeitsverhältnisse eintreten zu wollen. Sodann schlossen die Beklagte zu 1. und L mit Wirkung ab 1. Dezember 2010 einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen durch die Beklagte zu 1. Dieses Vertragsmodell ging also von einer Trennung der von L erworbenen Speditionsleistungen und der von der Beklagten zu 1. im Auftrag durchgeführten Frachtführerleistungen aus.

8

Am 6. Dezember 2010 fand eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1. statt. Gesellschafterin der Beklagten zu 1. ist die B Holding GmbH & Co. KG. Komplementärin dieser Gesellschaft ist die B Holding GmbH, die vertreten wird durch den Geschäftsführer Bö. Ausweislich des vorgelegten Protokolls hat die Gesellschafterversammlung beschlossen:

        

„Die Gesellschafterversammlung beschließt die Stilllegung und Beendigung des Geschäftsbetriebes der B I GmbH zum 31. Dezember 2010 an sämtlichen Standorten.

        

Soweit bis zur Beendigung noch bestehender Kundenverträge eine Abwicklung über den 31.12.2010 hinaus notwendig sein sollte, ist dem im Rahmen der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung Rechnung zu tragen.

        

Die Geschäftsführung wird mit der Durchführung aller hierzu erforderlichen Maßnahmen beauftragt. Dies umfasst insbesondere die vorzeitige Beendigung von Kundenverträgen zu vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen sowie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern.“

9

Daraufhin hoben die Beklagte zu 1. und L am 10. Dezember 2010 ihren gerade geschlossenen Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen zum 31. Dezember 2010 wieder auf. Die L übertrug nunmehr ihre Frachtführerleistungen mit Wirkung ab 1. Januar 2011 auf die ebenfalls der B-Gruppe zugehörige Beklagte zu 2.

10

Im Geschäftsbereich „Spezialverkehre“ hob die Beklagte zu 1. ihre bestehenden Verträge zur Erbringung von Speditions- und Frachtführerleistungen mit der „I GmbH & Co. KG“ sowie der „D GmbH“ zum 31. Dezember 2010 auf. Auch die „Spezialverkehre“ sollten ab dem 1. Januar 2011 durch die Beklagte zu 2. durchgeführt werden. Dazu bot die Beklagte zu 1. der Beklagten zu 2. am 13. Dezember 2010 eine „Übernahmevereinbarung“ an, die die Beklagte zu 2. am 28. Dezember 2010 annahm. Diese lautet ua. wie folgt:

        

1. Vorbemerkungen

        

(1)     

B ist ein Unternehmen der Speditions- und Transportbranche und auf nationale sowie internationale Verkehre spezialisiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 6.12.2010 wurde die Betriebsstilllegung von B beschlossen, woraufhin mit den größten Kunden für Transporte im Bereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ Aufhebungsvereinbarungen über die Einstellung der Transporte zum 31.12.2010 abgeschlossen wurde.

        

(2)     

M wird die vorgenannten Transporte des Geschäftsbereichs ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ sowie ‚Spezialverkehre’ ab dem 1.1.2011 durchführen. Um die hierfür erforderliche Transportkapazität bereitstellen zu können, mietet M von B, bzw. dem jeweiligen Eigentümer die bislang im Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ eingesetzten LKW und Zugmaschinen und übernimmt das diesem Bereich zugeordnete Fahr- und Dispositionspersonal.

                 

…       

        

3. Arbeitnehmer

        

(1)     

Die Parteien gehen davon aus, dass es sich bei dem in diesem Vertrag geregelten Sachverhalt um die Übertragung von Betriebsteilen gemäß § 613a Absatz (1) S. 1 BGB handelt. Die Käuferin tritt daher mit Wirkung zum 01.01.2011 gemäß § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den am 01.01.2011 bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern, die dem Geschäftsbereich ‚Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung’ zuzuordnen sind, ein. Diejenigen Arbeitnehmer, die diesem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, sind in Anlage 4 aufgeführt.“

11

Nach einem der Übernahmevereinbarung beigefügten Rahmenmietvertrag sollte die Beklagte zu 1. laufend Kraftfahrzeuge, insbesondere Zugmaschinen, Sattelauflieger, Anhänger, Pkw und Lastkraftwagen an die Beklagte zu 2. vermieten. Dabei solle sich der Bestand an vermieteten Fahrzeugen von Monat zu Monat ändern können. In der Anlage 4 war die Klägerin unter den diesem Geschäftsbereich zuzuordnenden Arbeitnehmern nicht aufgeführt.

12

Der Bereich „Hafenverkehre“ wurde mit Vertrag vom 15. Dezember 2010 zum 24. Dezember 2010 an die I GmbH & Co. KG veräußert.

13

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit, dass sie seit dem 1. Dezember 2010 dem Bereich „Ladungsverkehre“ angehöre. Auch die anderen Mitarbeiter der Beklagten zu 1. erhielten ein solches Schreiben, mit dem ihnen ihre Zuordnung zu den Geschäftsbereichen mitgeteilt wurde.

14

Die Beklagte zu 1. zeigte am 20. Dezember 2010 gegenüber der Agentur für Arbeit R die Entlassung von 251 der insgesamt 280 Arbeit-nehmer des Hauptbetriebs R an. Als Entlassungsgrund hat sie „Einstellung des operativen Geschäftsbetriebs“ angegeben. Die Agentur für Arbeit bestätigte den Eingang dieser Anzeige mit Schreiben vom 20. Dezember 2010.

15

Mit zwei fast inhaltsgleichen Kündigungsschreiben, die auf den 23. Dezember 2010 datiert wurden und welche der Klägerin am 27. Dezember 2010 zugingen, kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ordentlich zum 31. Juli 2011. Das eine Kündigungsschreiben wurde durch Einwurfeinschreiben, das zweite durch Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.

16

Vergleichbare Kündigungsschreiben erhielten alle Mitarbeiter der Beklagten zu 1. Die in der Anlage 4 der Übernahmevereinbarung mit der Beklagten zu 2. aufgeführten Arbeitnehmer erhielten jedoch zusätzlich ein Unterrichtungsschreiben zum Betriebsübergang. Darin wurde ua. mitgeteilt, dass die Beklagte zu 2. unwiderruflich erkläre, aus der von der Beklagten zu 1. ausgesprochenen Kündigung nach dem Betriebsübergang keine Rechte herzuleiten und das Arbeitsverhältnis zu den bislang bestehenden Bedingungen so weiterzuführen, als ob die Kündigung nicht ausgesprochen worden sei. Die betroffenen Arbeitnehmer sollten eine beigefügte formularmäßige „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ unterschreiben, in der sie das Angebot zur Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. annehmen und gleichzeitig auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB verzichten sollten.

17

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2011 erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage.

18

Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 kündigte die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nochmals ordentlich zum 29. Februar 2012. Auch diese Kündigung griff die Klägerin gerichtlich an.

19

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine vollständige Stilllegung zum 31. Dezember 2010 habe die Beklagte zu 1. nicht beschlossen. Bereits der Stilllegungsbeschluss der Gesellschafter vom 6. Dezember 2010 sei widersprüchlich. Im Schreiben vom 17. Dezember 2010 werde dann mitgeteilt, eine „Neuausrichtung“ der Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche sei notwendig, ohne von einer Einstellung des Betriebs zu sprechen. Die Beklagte zu 1. habe auch nach Ende 2010 noch Frachtaufträge ausgeführt. Der Übergang von 143 Arbeitnehmern auf die Beklagte zu 2. sowie von 85 auf die L und der Rahmenmietvertrag mit der Beklagten zu 2. sprächen gegen eine vollständige Stilllegung. In Wahrheit habe es sich um einen Betriebs-, jedenfalls aber um einen Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2. gehandelt. Daher sei ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2011 auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Die von der Beklagten zu 1. mitgeteilte „Zuordnung“ der Arbeitnehmer zu den verschiedenen Geschäftsbereichen sei teils zufällig, teils willkürlich erfolgt. Jedenfalls sei eine Sozialauswahl erforderlich gewesen, die nicht stattgefunden habe. Auch die Massenentlassungsanzeige sei fehlerhaft gewesen.

20

Soweit für die Revision von Bedeutung hat die Klägerin zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einwurf-einschreiben zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die per Einschreiben mit Rückschein zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010 mit Wirkung zum 31. Juli 2011 beendet werde,

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten zu 1. nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 28. Juli 2011 zum 29. Februar 2012 ende,

        

4.    

festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. seit 1. Januar 2011 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestehe.

21

Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt. Zur Begründung hat die Beklagte zu 1. darauf verwiesen, unternehmerisch entschieden zu haben, selbst keine operativen Tätigkeiten mehr durchzuführen. Während sich nach dem Gesellschafterbeschluss vom 6. Dezember 2010 die Möglichkeit einer Übernahme des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ durch die Beklagte zu 2. ergeben habe, sei es für den Restbetrieb bei der beschlossenen Stilllegung geblieben. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1. noch bis in den April 2011 hinein Aufträge zur Reduzierung von Leerfahrten angenommen habe. Diese Aktivitäten hätten in der Größenordnung von einem Prozent des bisherigen Umsatzes gelegen. Die Geschäftsbereiche seien durch die Bildung von Profitcentern mit eigenen Kostenstellen klar gegeneinander abgegrenzt gewesen. Im Falle von Unterbeauftragungen anderer Geschäftsbereiche sei eine Verrechnung zwischen den Kostenstellen erfolgt. Die Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Geschäftsbereichen sei daher nicht willkürlich erfolgt.

22

Sofern es sich im Falle des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition“ nicht um einen Betriebs(teil-)übergang gehandelt habe, müsse von einer vollständigen Stilllegung des Betriebs der Beklagten zu 1. ausgegangen werden. Nach dem 30. April 2011 seien nur noch wenige Mitarbeiter mit Abwicklungsaufgaben betraut gewesen. Anfang Mai 2011 sei auch das letzte Fahrzeug des Standorts R zum Verkauf gestellt worden.

23

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungen zum 31. Juli 2011 für unwirksam gehalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

24

Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden.

25

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Den gesamten Betrieb der Beklagten zu 1. könne die Beklagte zu 2. auch in Ansehung des Übernahmevertrages vom 13./28. Dezember 2010 nicht übernommen haben, da Gegenstand des Übernahmevertrages nicht die Geschäftsbereiche „Hafenverkehre“, „Systemverkehre“ und „Ladungsverkehre“ gewesen seien. Dem entspreche es, dass die Beklagte zu 2. lediglich 113 von 280 Mitarbeitern und 124 von 252 Lkw übernommen habe. Von einer Wahrung der wirtschaftlichen Einheit könne daher nicht gesprochen werden. Auch ein Betriebsteilübergang der Geschäftsbereiche „Gebietsspedition“ und „Spezialverkehre“ auf die Beklagte zu 2. liege nicht vor. Organisatorisch selbständige Einheiten stellten die von der Beklagten zu 1. geführten Geschäftsbereiche nicht dar. Der Geschäftszweck aller Geschäftsbereiche sei bei der Beklagten zu 1. die Erbringung von Fuhrdienstleistungen aller Art gewesen. Die Aufteilung in Profitcenter habe der Klärung von Kosten- und Ertragsstrukturen gedient. Dies sei für die Annahme abgrenzbarer Betriebsteile jedoch ohne Belang, zumal bei der Beklagten zu 1. jeder Fahrer grundsätzlich in der Lage gewesen sei, jedes Fahrzeug jedes Geschäftsbereichs ohne zusätzliches Anlernen zu beherrschen. In Ermangelung abgrenzbarer Betriebsteile scheide daher auch ein Betriebsteilübergang aus.

26

Bei Ausspruch der Kündigung am 23. Dezember 2010 habe die ernsthafte Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. noch bestanden. Diese werde auch nicht dadurch widerlegt, dass nach Kündigungsausspruch noch einzelne Aufträge zur besseren Auslastung bis zur endgültigen Stilllegung angenommen worden seien.

27

B. Dem folgt der Senat im Ergebnis nicht.

28

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft, nachdem sie das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17. Januar 2013 - 21 Sa 55/12 - zugelassen hat. Die Revision rügt die Verletzung materiellen Rechts und genügt insoweit den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG.

29

II. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Bei den beiden Kündigungsschreiben der Beklagten zu 1. vom 23. Dezember 2010, die fast identisch formuliert sind und auf unterschiedlichen Wegen zugestellt wurden, handelt es sich um eine Kündigung. Auch wenn die Klägerin aus prozessualer Vorsicht beide Schreiben mit formal getrennten Anträgen angegriffen hat, ist dies als einheitlicher Antrag gegen eine einheitliche Kündigung der Beklagten zu 1. auszulegen (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZN 753/09 - Rn. 12, BAGE 133, 28; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38).

30

III. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, eine Sozialauswahl sei entbehrlich gewesen. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat über die Wirksamkeit der Kündigungsentscheidung der Beklagten zu 1. nicht selbst entscheiden.

31

1. Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung (§ 1 Abs. 2 KSchG) durch das Landesarbeitsgericht handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen ist, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist(st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 35). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

32

2. Zur Begründung der Kündigung beruft sich die Beklagte zu 1. darauf, diese sei in Verfolgung ihrer Absicht, den gesamten Betrieb stillzulegen, also aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG erfolgt. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass der Behauptung einer beabsichtigten Stilllegung vorliegend weder ein Betriebs- noch ein Betriebsteilübergang entgegensteht.

33

a) Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 39). Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet (BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 30). An einer Stilllegung des Betriebs fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebs im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor (BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 28). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - Rn. 41). Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des Restbetriebs einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn die Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet waren (vgl. ErfK/Oetker 15. Aufl. KSchG § 1 Rn. 283).

34

b) Der Betrieb der Beklagten zu 1. ist nicht auf die Beklagte zu 2. übergegangen.

35

aa) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB - wie auch iSd. Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 (ABl. EG L 82 vom 22. März 2001 S. 16) - liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 mwN; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39 mwN).

36

(1) Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN; vgl. auch BAG 10. November 2011 - 8 AZR 538/10 - Rn. 17).

37

(2) Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 40 ff. mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. ua. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 34 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 23. Mai 2013 - 8 AZR 207/12 - Rn. 22; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Rn. 39).

38

(3) Kommt es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 49 ff., Slg. 2011, I-7491; vgl. auch 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 36, 39 mwN, Slg. 2011, I-95; BAG 22. August 2013 - 8 AZR 521/12 - Rn. 41; 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 31).

39

(4) Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41, Slg. 2011, I-95; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - Rn. 30).

40

bb) Danach ist vorliegend ein Betriebsübergang zu verneinen.

41

Auch wenn man unterstellt, dass zumindest für die Funktion des Spediteurs dem Personal im Sinne eines Dienstleistungsunternehmens besondere Bedeutung zukommt, hat die Beklagte zu 2. keinen nach Zahl und Sachkunde so wesentlichen Teil des Personals der Beklagten zu 1. übernommen, dass von einem vollständigen Betriebsübergang auszugehen wäre. Mit 113 übernommenen Mitarbeitern hat die Beklagte zu 2. weniger als die Hälfte der Arbeitsverhältnisse fortgeführt. Ob sich unter den übernommenen Mitarbeitern solche mit besonderer Sachkunde befanden, wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen.

42

Die Beklagte zu 2. hat nur zwei der vormals fünf Geschäftsbereiche übernommen, verfügt also über ein vergleichsweise deutlich eingeschränktes Tätigkeitsfeld.

43

Materielle Betriebsmittel, die früher von der Beklagten zu 1. genutzt wurden, hat die Beklagte zu 2. teilweise übernommen, insbesondere 124 (von insgesamt 252) Lkw. Trotz des hohen finanziellen Wertes dieses Betriebsmittels handelt es sich bei den Lkw um leicht auszutauschende oder schnell zur Verfügung stehende Betriebsmittel, die zudem für die Speditionsfunktion beider Beklagten nicht prägend sind.

44

Entscheidend spricht daher gegen die Annahme des Übergangs des gesamten Betriebs der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2., dass nur zwei von fünf Geschäftsbereichen und weniger als die Hälfte des Personals von der Beklagten zu 2. übernommen wurden und dass der Übergang wesentlicher immaterieller oder materieller Betriebsmittel - abgesehen von den leicht ersetzbaren Lkw - nicht festzustellen ist.

45

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter auch das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs verneint, sodass die Kündigung der Beklagten zu 1. nicht wegen § 613a Abs. 4 BGB oder wegen einer auch in diesem Fall erforderlichen Sozialauswahl, die unterblieben ist, unwirksam gewesen ist(§ 1 Abs. 3 KSchG).

46

aa) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen (siehe oben B III 2 b aa) des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dabei ist nicht erforderlich, dass die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt (EuGH 6. März 2014 - C-458/12 - [Amatori ua.] Rn. 31 ff. mwN; 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803). Es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - Rn. 16).

47

bb) Die von der Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. abgegebenen Tätigkeiten erfüllen nicht die og. Voraussetzungen einer im Sinne des § 613a BGB übergangsfähigen wirtschaftlichen Einheit, sodass kein Betriebsteilübergang vorliegt.

48

Die Beklagte zu 1. grenzt ihre Geschäftsbereiche und angeblichen Betriebsteile nach Kundenbeziehungen, Art der zu erbringenden Dienstleistung (§§ 407, 453 HGB) und Personaleinsatz ab. Beim Personaleinsatz räumt sie ein, dass Personal eines Geschäftsbereichs auch für einen anderen Geschäftsbereich tätig sein könne, dies werde dann intern verrechnet, da jeder Geschäftsbereich ein eigenes „Profitcenter“ mit eigenen Kostenstellen sei. Sie trägt zwar vor, dass in jedem Bereich Disponenten eingesetzt werden, die nur für diesen Bereich zuständig seien. Eine einheitliche Leitung folgt daraus jedoch ebenso wenig wie eine funktionelle Autonomie. Die Zuordnung bestimmter Tätigkeiten zu „Profitcentern“ mag ökonomisch sinnvoll sein, weil dann Umsätze, Kosten usw. bestimmten Tätigkeitsfeldern zugeordnet werden können. Das führt aber nicht dazu, dass dadurch eine bestimmte Struktur entstünde, die auf eine wirtschaftliche Einheit schließen ließe. Auch dass bestimmte Fahrer oder Disponenten nur für bestimmte Kunden planen oder fahren, führt nicht bereits zu einer strukturierten Gesamtheit von Personen. Das wäre anders, wenn für bestimmte Kunden spezielle organisatorische Zuständigkeiten bestünden. Dafür fehlen Anhaltspunkte.

49

Hinzu kommt, dass die Identität einer wirtschaftlichen Einheit sich nicht allein aus der bloßen Tätigkeit ergibt, sondern aus mehreren zusammenhängenden Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (vgl. EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09 - [CLECE] Rn. 41 mwN, Slg. 2011, I-95). Ein solcher Zusammenhang ist hier nicht feststellbar. Führungs- und Organisationsstrukturen der einzelnen Geschäftsbereiche sind nicht in hinreichendem Maße vorhanden. Zwar zeigen die von der Beklagten zu 1. vorgelegten Organigramme solche Strukturen. Allein das Organigramm sagt aber noch nichts darüber aus, ob und inwieweit die behauptete Organisationsstruktur auch tatsächlich existiert. Gegen eine Trennung der Geschäftsbereiche spricht, dass Fahrer nach eigenem Vortrag der Beklagten zu 1. bis zu 30 % ihrer Tätigkeit für andere Geschäftsbereiche erbracht haben - ohne näher zu quantifizieren, für wie viele ihrer Fahrer das gilt. Es fehlt jeder Vortrag zur Sachkunde der den Geschäftsbereichen zugeteilten Personen. Es ist nicht ersichtlich, dass sie durch die Ausführung ihrer Aufgaben irgendeine besondere Sachkunde in Bezug auf die Tätigkeit in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich erworben hätten. Mit Ausnahme der „Spezialverkehre“ ist nicht ersichtlich, dass bestimmte Fahrzeuge für bestimmte Aufträge eingesetzt werden mussten. Getrennte Leitungs- und Personalstrukturen sind ebenfalls nicht ersichtlich.

50

3. Die Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Die Beklagte zu 1. beruft sich dazu auf ihre Absicht, den gesamten Betrieb endgültig stillzulegen.

51

a) Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können(st. Rspr., vgl. BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 25; 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - Rn. 28). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37).

52

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird (BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 22). Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37). Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 554/05 - Rn. 20). An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es aber, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht (vgl. BAG 13. Februar 2008 - 2 AZR 543/06 - Rn. 23).

53

Bei einer Betriebsstilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 26). Für die Stilllegung von Betriebsteilen gilt dies, begrenzt auf die entsprechende Einheit, entsprechend (BAG 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - aaO).

54

b) Danach ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigungen des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin vom 23. Dezember 2010 seien in Befolgung der Stilllegungsabsicht der Beklagten zu 1. ausgesprochen worden, gründeten also auf einem dringenden betrieblichen Erfordernis, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Handlungen der Beklagten zu 1. lassen eine Stilllegungsabsicht erkennen.

55

aa) Die Beklagte zu 1. hat alle Fahrzeuge an die Vermieter zurückgegeben, an Konzerngesellschaften weitervermietet oder zum Verkauf gestellt. Nach Freistellung des letzten beschäftigten Arbeitnehmers noch vor Ablauf der Kündigungsfrist hatte die Beklagte zu 1. keine Kunden, keine Betriebsmittel und kein Personal mehr, sodass von einer vollständigen Stilllegung ausgegangen werden kann.

56

bb) Dass die Beklagte zu 1. einzelne Zusatzaufträge für Touren angenommen hat, die ohnehin zur Erfüllung bestehender Aufträge notwendig waren, spricht nicht gegen die Stilllegungsabsicht, auch wenn die Auftragsannahmen erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgt sind. Dadurch wurden Leerfahrten vermieden oder reduziert. Erforderlich, aber auch ausreichend für eine Stilllegungsabsicht ist, dass bis zum Ende der Kündigungsfristen keine Tätigkeiten mehr ausgeführt werden; nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber bis dahin ineffizient arbeitet oder es unterlässt, mögliche Geschäfte zu tätigen. Gleiches gilt für die Begegnungsfahrten in Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 2. und der L. Auch hier wurde kein neues Geschäft generiert, sondern die Arbeitsabläufe zwischen drei Unternehmen einer Unternehmensgruppe wurden effizient gestaltet. Dies ist schon deswegen möglich, um die noch nicht freigestellten Arbeitnehmer während ihrer Kündigungsfrist sinnvoll zu beschäftigen.

57

4. Rechtsfehlerhaft ist aber das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, einer Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG habe es nicht bedurft. Die Sozialauswahl entfiel nicht deshalb, weil die Beklagte zu 1. allen Arbeitnehmern ihres Betriebs gekündigt hat.

58

a) Zwar ist es richtig, dass der Arbeitgeber grundsätzlich keine Sozialauswahl vornehmen muss, wenn er allen Arbeitnehmern seines Betriebs kündigt (vgl. BAG 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 3 a der Gründe). Dem liegt aber die Überlegung zugrunde, dass eine Sozialauswahl keinen Sinn mehr macht, wenn - wie bei einer vollständigen Betriebsstilllegung - keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr besteht. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu 1. bei Ausspruch der Kündigung der Klägerin jedoch nicht mehr geplant, den gesamten Betrieb stillzulegen, sondern es sollte ein Teil der Belegschaft auf die Beklagte zu 2. übertragen werden. Eine Sozialauswahl war in einem solchen Fall nicht entbehrlich, da dem Arbeitnehmer auf diesem Weg sein Arbeitsverhältnis erhalten bleiben konnte (BAG 14. März 2013 - 8 AZR 153/12 - Rn. 41). Den in der „Übernahmevereinbarung“ vom 13./28. Dezember 2010, dort Anlage 4, aufgeführten Arbeitnehmern - aber nicht der Klägerin - stellte sich die erhaltene Kündigung als Erklärung dar, die nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet war. Denn entweder - darauf deutete das begleitende Unterrichtungsschreiben zu einem angeblichen Betriebsübergang hin - verstieß diese Kündigung wegen eines Betriebsteilübergangs gegen § 613a Abs. 4 BGB oder - wenn sich die Übertragung des Geschäftsbereichs nicht als Betriebsteilübergang herausstellen sollte - die Beklagte zu 2. erklärte verbindlich und unwiderruflich, dass sie aus der ausgesprochenen Kündigung der Beklagten zu 1. keine Rechte herleiten werde und die erhaltene Kündigung durch die zu unterschreibende „Erklärung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses“ aus der Welt geräumt werde - was einem gewillkürten Eintritt der Beklagten zu 2. in die Arbeitsverhältnisse der entsprechenden Arbeitnehmer gleichkommt. Beide Beklagten gingen nicht davon aus, dass alle Arbeitsverhältnisse beendet werden sollten. Damit wurde eine Sozialauswahl erforderlich.

59

b) Auf die mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 von der Beklagten zu 1. vorgenommene „Zuordnung“ der Klägerin zum Bereich „Ladungsverkehre“ kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Berufungsgericht hat insoweit im Anschluss an die Vierte Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG Baden-Württemberg 24. Oktober 2012 - 4 Sa 37/12 -) festgestellt, dass die als „Geschäftsbereiche“ bezeichneten unterschiedlichen Verkehre Teilzwecke des betrieblichen Gesamtzwecks zur Durchführung von Frachtführerleistungen darstellen. Sowohl bei der Frachtführertätigkeit als auch bei der Speditionstätigkeit, also der Tätigkeit der Disponenten, handelt es sich im Kern in sämtlichen Bereichen um dieselben anfallenden Arbeitsaufgaben, wobei die Arbeitnehmer untereinander austauschbar waren und es keine betriebliche Teilorganisation gab.

60

5. Die Kündigung ist aber nicht allein deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1. die notwendige Sozialauswahl unterlassen hat.

61

a) Eine Kündigung ist dann nicht unwirksam, wenn mit der Kündigung des Arbeitnehmers eine - zufällig - vertretbare Auswahlentscheidung getroffen wurde (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - Rn. 48 mwN). Bei der Gewichtung der Auswahlkriterien kommt dem Arbeitgeber ein Wertungsspielraum zu. Die sozialen Gesichtspunkte muss der Arbeitgeber nur „ausreichend“ berücksichtigen. Es handelt sich hierbei um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Die Auswahlentscheidung muss vertretbar sein und nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen müssen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 476/10 - aaO; 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 64, BAGE 123, 1).

62

b) Für die abgestufte Darlegungslast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich der sozialen Auswahl gelten folgende Grundsätze: Bei Unkenntnis der für die Sozialauswahl rechtserheblichen Tatsachen genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Darlegungslast, wenn er pauschal die soziale Auswahl beanstandet und den Arbeitgeber auffordert, die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben. Im Umfang seiner materiell-rechtlichen Auskunftspflicht geht damit die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Als auskunftspflichtige darlegungsbelastete Partei hat der Arbeitgeber sodann die Gründe darzulegen, die ihn (subjektiv) zu der von ihm getroffenen Auswahl veranlasst haben. Kommt der Arbeitgeber der ihm hinsichtlich seiner subjektiven Auswahlüberlegungen obliegenden Darlegungslast vollständig nach, so hat der Arbeitnehmer wieder die volle Darlegungs- und Beweislast für eine objektiv fehlerhafte Auswahlentscheidung. Es kann sich aber unter Umständen bereits aus den Angaben des Arbeitgebers ergeben, dass das Auswahlverfahren objektiv nicht den gesetzlichen Anforderungen der sozialen Auswahl entsprochen hat (zB Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises). Bei einer derartigen Fallgestaltung braucht der Arbeitnehmer zunächst nichts weiter darzulegen, vielmehr spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass auch die Auswahlentscheidung objektiv fehlerhaft und damit die Kündigung sozialwidrig ist. Der Arbeitgeber muss dann näher darlegen, dass trotz Durchführung eines gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Auswahlverfahrens gleichwohl der gekündigte Arbeitnehmer nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG nicht fehlerhaft ausgewählt worden ist(BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - Rn. 34, BAGE 123, 1). Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilt, welche anderen Arbeitnehmer er für vergleichbar hält und in die Sozialauswahl miteinbezogen hat. Wenn allen diesen Arbeitnehmern gekündigt und keinem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten wurde, hat er bereits durch Nennung der Namen und den Hinweis darauf, dass alle anderen Arbeitnehmer nicht vergleichbar sind, dem Kläger Auskunft über die von ihm zugrunde gelegten Auswahlkriterien, deren Gewichtung und die Namen der seiner subjektiven Auffassung nach in die Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer erteilt (vgl. BAG 20. September 2012 - 6 AZR 483/11 - Rn. 28). Das Landesarbeitsgericht wird bei den nachzuholenden Feststellungen zur Sozialauswahl diese Fragen zu behandeln haben.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. August 2008 - 18 Sa 1197/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung.

2

Der 1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin tätig. Er ist mit einem Grad von 20 behindert. Zuletzt war er als Dokumentarist in der Abteilung Bodenverkehrsdienste (BVD-F) beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Oktober 1981 wurde ihm eine Vergütung nach dem Lohntarifvertrag für Arbeiter/Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe im Lande Hessen (HLT) zugesagt. Außerdem heißt es dort:

        

„Ihr Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G, Ausgabe Hessen) einschließlich der für die Flughafen Frankfurt/Main AG geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften.“

3

Gemäß einer Vereinbarung vom 23. Mai 1985 wechselte der Kläger mit Wirkung zum 1. Mai 1985 in ein Angestelltenverhältnis und erhielt seither Vergütung auf der Grundlage des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT). Danach war er in die Vergütungsgruppe Vc eingruppiert und bezog ein Gehalt von 3.052,00 Euro brutto. Im Verlauf des Arbeitsverhältnisses legte er erfolgreich die IHK-Prüfung zum „Flugzeugabfertiger“ ab.

4

Die Beklagte beschäftigt etwa 13.000 Arbeitnehmer. Sie betrieb ua. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen Frankfurt/Main in der Abteilung BVD-F. Dort waren ca. 600 Arbeitnehmer - darunter der Kläger - tätig.

5

Im September 2003 beschloss die Beklagte, den Bereich BVD-F zur Vermeidung weiterer Verluste auf ein Tochterunternehmen, die Tradeport Frankfurt GmbH, zu übertragen. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G II gebunden war und mit allen Arbeitnehmern die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart hatte, unterliegt die Tochtergesellschaft diesen Bindungen nicht. Die Tradeport Frankfurt GmbH ist stattdessen Mitglied in der Vereinigung des Verkehrsgewerbes Hessen e.V. und wendet die von dieser mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) abgeschlossenen Tarifverträge für die Arbeitnehmer des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes in Hessen an.

6

Als sich abzeichnete, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen würde, richtete die Beklagte im Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung „Frachtservice“ ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten widersprechende Beschäftigte aus der Abteilung BVD-F „aufgefangen“ werden. Die Arbeitnehmer sollten sodann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Tradeport Frankfurt GmbH eingesetzt werden.

7

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den beabsichtigten Betriebsübergang. Der Kläger und ca. 550 weitere Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang.

8

Unter dem Datum 19. Dezember 2003 schlossen der Hessische Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände, dessen Mitglied die Beklagte ist, und ver.di, vertreten durch die Landesbezirksleitung Hessen, die Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 741 (TVb Nr. 741). Sie enthält Sonderregelungen zu BAT und BMT-G II für die Beschäftigten der Abteilung „Frachtservice“ bei der Beklagten. Sie gilt nach § 1 für alle Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Tochtergesellschaft widersprochen haben. Sie sieht in § 2 ua. vor, dass die Arbeitnehmer „im Sinne der Beschäftigungssicherung“ verpflichtet sind, einen ggf. auch im Wege der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz in der Abteilung BVD-FS anzunehmen und für einen Entleiher tätig zu sein. Dabei ist grundsätzlich vorgesehen, dass der Einsatz bei der Tradeport Frankfurt GmbH erfolgt. Die TVb Nr. 741 regelt ferner, dass die Vergütung bei einer Beschäftigung in der Abteilung BVD-FS geringer als bisher ist. Nehmen die Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen im Sinne der Änderungskündigung nicht an, sind nach § 2 Abs. 6 TVb Nr. 741 Beendigungskündigungen zulässig, § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT und § 52 BMT-G II finden insoweit keine Anwendung.

9

Am 22. Dezember 2003 wurde der Beklagten die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern erteilt. Am 30. Januar 2004 schloss sie mit der Tradeport Frankfurt GmbH einen Vertrag zur Übertragung des Frachtgeschäfts mit Wirkung zum 1. Juli 2004. 

10

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Betriebsrats zum 30. Juni 2005 und bot dem Kläger die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung BVD-FS zu den Bedingungen der TVb Nr. 741 an.

11

Der Kläger, im Kündigungszeitpunkt Mitglied der Gewerkschaft ver.di, hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen und Änderungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei gemäß § 53 Abs. 3 BAT ordentlich nicht kündbar. Die tarifvertraglichen Sonderregelungen seien unwirksam. Die TVb Nr. 741 sei mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung der handelnden Tarifvertragsparteien nicht wirksam zustande gekommen. Die Änderungen der Arbeitsbedingungen seien zudem sozial ungerechtfertigt. Er verrichte weiterhin dieselbe Tätigkeit, nur als Leiharbeitnehmer. Die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung BVD-FS zu gründen und Arbeitnehmer an die Tochtergesellschaft auszuleihen, sei missbräuchlich. Sie diene allein dazu, die Anforderungen an eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung zu umgehen. Die Beklagte habe keine Sozialauswahl durchgeführt, zudem fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats.

12

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - beantragt

        

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 15. Dezember 2004 rechtsunwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die TVb Nr. 741 sei wirksam. Die Änderung der Arbeitsbedingungen trage den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten nach Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang Rechnung. Das Änderungsangebot berücksichtige die wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem umkämpften Markt des Frachtservice. Ein freier gleichwertiger Arbeitsplatz außerhalb der Frachtabfertigung sei weder im maßgeblichen Zeitraum ab September 2004 noch in der vom Kläger für relevant gehaltenen Zeit ab dem Jahr 2003 vorhanden gewesen. Einer Sozialauswahl habe es mit Rücksicht auf die Regelungen der TVb Nr. 741 nicht bedurft. Außerdem liege kein Auswahlfehler vor. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Sie habe dem Betriebsrat sämtliche aus ihrer Sicht kündigungsrelevanten Tatsachen mitgeteilt.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Änderungskündigung weder wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist noch tarifvertraglich ausgeschlossen war und dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen iSv. §§ 2, 1 KSchG sozial gerechtfertigt sind.

16

I. Die Änderungskündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Die entsprechende Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt unter Berücksichtigung der „subjektiven Determiniertheit“ der Betriebsratsanhörung (dazu Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8; 27. September 2001 - 2 AZR 236/00 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 99, 167) keinen Rechtsfehler erkennen. Das betrifft insbesondere den zwischen den Parteien umstrittenen Gesichtspunkt der Sozialauswahl. Ist - wie im Streitfall - nach Auffassung des Arbeitgebers eine solche Auswahl nicht vorzunehmen, kann er dem Betriebsrat Auswahlgesichtspunkte nicht mitteilen (Senat 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107).

17

II. Die - ordentliche - Änderungskündigung vom 15. Dezember 2004 ist nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT genossen hätte. Der tarifliche Kündigungsschutz des Klägers ist durch die TVb Nr. 741 wirksam beschränkt worden. Die tariflichen Sonderregelungen sind auf das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aufgrund beiderseitiger Tarifbindung anwendbar.

18

1. Die TVb Nr. 741 genügt den Anforderungen der §§ 1, 2 TVG.

19

a) Die Vereinbarung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Dabei kann offenbleiben, ob die bei Abschluss des Tarifvertrags für ver.di handelnden Mitglieder des Landesbezirks Hessen - der Landesfachbereichsleiter und der hessische Tarifkoordinator - von vorneherein ausreichend zur Vertretung der Gewerkschaft bevollmächtigt waren. Selbst wenn es hieran, wie der Kläger gemeint hat, gefehlt haben sollte, wäre angesichts der mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 18. Juli 2008 ausdrücklich bestätigten Abschlussvollmacht und der Tatsache, dass der Tarifvertrag seit dem Jahr 2003 ohne erkennbare Beanstandung seitens der Tarifvertragsparteien Anwendung gefunden hat, zumindest von einer Genehmigung durch ver.di auszugehen (vgl. dazu BAG 12. Dezember 2007 - 4 AZR 996/06 - Rn. 18, BAGE 125, 169; 18. Dezember 1996 - 4 AZR 129/96 - zu II 1.1.2 der Gründe mwN, BAGE 85, 28).

20

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass ver.di und der Hessische Arbeitgeberverband für Gemeinden und Kommunalverbände ungeachtet der Regelungen des RTV 1998/2002 befugt waren, vom BAT und den dortigen Kündigungsschutzbestimmungen abweichende Regelungen zu vereinbaren. Darauf, ob sich die TVb Nr. 741 im Rahmen der Öffnungsklausel des Rahmentarifvertrags hält, kommt es nicht an.

21

aa) Mit Abschluss des Rahmentarifvertrags haben sich die Tarifvertragsparteien und durch sie vertretene Unterorganisationen nicht ihrer Befugnis begeben, im Rahmen ihrer jeweiligen Tarifzuständigkeit und im Sinne des sog. Posterioritätsprinzips (dazu BAG 18. März 2009 - 4 AZR 84/08 - Rn. 38, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 216) in Zukunft ergänzende und ggf. abändernde Regelungen zu BAT und BMT-G II zu vereinbaren. Dies lässt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht den Regelungen des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-VKA) entnehmen, der ohnehin erst nach Abschluss der TVb Nr. 741 und Zugang der Kündigung in Kraft getreten ist.

22

bb) Der Wirksamkeit der abweichenden Regelungen steht nicht entgegen, dass die TVb Nr. 741 auf Arbeitgeberseite durch den Hessischen Arbeitgeberverband der Gemeinden und Kommunalverbände geschlossen wurde. Dieser war als Unterorganisation der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) nicht gehindert, im Rahmen seiner Tarifzuständigkeit zur Ergänzung und Änderung eines von der Spitzenorganisation abgeschlossenen Tarifvertrags eigene, spezielle (Firmen-)Tarifverträge zu schließen. Durch sie wird der überregionale Tarifvertrag als solcher nicht aufgehoben, geändert oder gekündigt. Die Tarifverträge gelten vielmehr nebeneinander. Mögliche Widersprüche zwischen ihnen sind nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz aufzulösen (BAG 22. Februar 1957 - 1 AZR 426/56 - BAGE 3, 358; Däubler/Peter TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 61; Löwisch/Rieble TVG § 2 Rn. 114; Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 199 Rn. 14; aA Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 442). Danach findet die TVb Nr. 741 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien als die dem Geltungsbereich nach engere Regelung Anwendung.

23

c) Die Einschränkungen des Sonderkündigungsschutzes durch die TVb Nr. 741 sind nicht wegen Eingriffs in eine schützenswerte Rechtsposition des Klägers unwirksam.

24

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Tarifvertragsparteien die Regelungen eines von ihnen abgeschlossenen Tarifvertrags auch rückwirkend ändern, was sich zulasten entweder der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber auswirken kann (Senat 2. Februar 2006 - 2 AZR 58/05 - Rn. 19 - 24 mwN, BAGE 117, 53). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem rückwirkenden Eingriff in ihr Regelwerk ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes für die Normunterworfenen begrenzt. Insoweit gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Rückwirkung von Gesetzen (BVerfG 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261). In deren Anwendung sind rückwirkende Regelungen zum tariflichen Sonderkündigungsschutz möglich, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung schon bisher Ausnahmetatbestände enthielt und die Neuregelung den Sonderkündigungsschutz nicht vollständig abschafft, sondern lediglich die Ausnahmetatbestände modifiziert (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 26 f., AP BAT § 53 Nr. 9).

25

bb) Danach ist die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes nach § 53 Abs. 3 BAT durch die TVb Nr. 741 nicht zu beanstanden(so bereits BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - AP BAT § 53 Nr. 9). Die Bestimmungen des BAT enthielten bereits Ausnahmetatbestände, etwa die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen zur Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe zu kündigen. Die TVb Nr. 741 hebt den Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3, § 55 Abs. 2 BAT auch nicht vollständig auf, sondern enthält dazu nur eine weitere Einschränkung. Sie ermöglicht im Übrigen lediglich Änderungskündigungen, die auf den Einsatz in der Abteilung Frachtservice zu den dafür geltenden - verschlechterten - Vergütungsregelungen gerichtet sind. Nur die Ablehnung des Änderungsangebots kann zu einer Beendigungskündigung führen. Hinzu kommt, dass die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes ein Teil der Gesamtregelungen der TVb Nr. 741 ist, deren Gegenstand die aus dem Betriebsteilübergang und dem Widerspruch der Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer folgenden Probleme sind. Die TVb Nr. 741 hat das Ziel, einerseits die Arbeitsplätze der widersprechenden Arbeitnehmer zu erhalten, andererseits den Personalaufwand zu verringern. Durch § 2 Abs. 6 Satz 4 der Bestimmungen werden auch die Arbeitnehmer mit dem Sonderkündigungsschutz nach § 53 Abs. 3 BAT in diese Gesamtregelung einbezogen. Gleichwohl bleiben sie weiterhin stärker geschützt als andere Arbeitnehmer. Die Auswahlrichtlinien in der Anlage 1 zur TVb Nr. 741 gewichten die Umstände, die den Sonderkündigungsschutz begründen, als Auswahlkriterien bei der Besetzung gleichwertiger freier Arbeitsplätze so hoch, dass die Beschäftigten mit Sonderkündigungsschutz in aller Regel Vorrang genießen werden. Die so ausgestaltete Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes verletzt kein schützenswertes Vertrauen der Betroffenen (so schon BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 812/06 - Rn. 29 bis 34, aaO).

26

cc) Dem steht, anders als die Revision meint, auch nicht die Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteil-Übergang entgegen. Darin wurde den im Zeitpunkt des Übergangs „tariflich unkündbaren Arbeitnehmern“ einzelvertraglich die Unkündbarkeit auch bei der Tradeport Frankfurt GmbH zugesichert. Infolge des Widerspruchs des Klägers ist ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dieser Gesellschaft jedoch nicht zustande gekommen. Soweit der Kläger gemeint hat, er werde wegen seines Widerspruchs sowohl gegenüber den bei dieser weiterbeschäftigten Arbeitnehmern als auch gegenüber den nicht im Bereich BVD-F beschäftigten Arbeitnehmern der Beklagten ungleich behandelt, übersieht er, dass durch den Widerspruch bei der Beklagten ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist. Dieser und nicht sein Widerspruch als solcher bildet die Grundlage für die durch die TVb Nr. 741 in engen Grenzen ermöglichte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

27

2. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass die in § 1 und § 2 TVb Nr. 741 normierten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes im Kündigungszeitpunkt erfüllt waren, ist die Revision nicht entgegengetreten.

28

III. Die dem Kläger mit der Kündigung angetragene und auf betriebliche Gründe gestützte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt iSv. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG.

29

1. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am wenigsten beeinträchtigende Änderung angeboten wurde(Senat 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 17 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 143 = EzA KSchG § 2 Nr. 75; 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 - Rn. 13 f., AP KSchG 1969 § 2 Nr. 141).

30

2. Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, das bisherige Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei entfallen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zum 1. Juli 2004 sämtliche Betriebsmittel der Abteilung BVD-F einschließlich der Halle, der Wiegestation und der Büro- und Unterkunftscontainer sowie alle Kundenverträge ihrer Tochtergesellschaft überlassen.

31

3. Diese Organisationsentscheidung der Beklagten war weder offensichtlich unsachlich noch unvernünftig oder willkürlich. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte zur Auslagerung der Abteilung BVD-F entschieden, um den dort erwirtschafteten Verlusten entgegenzuwirken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Soweit der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe es unterlassen, ein von ihm angeregtes Sachverständigengutachten einzuholen, ist dies unzulässig. Der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchem Ergebnis das Gutachten voraussichtlich geführt hätte. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob in der Abteilung BVD-F ein Umsatzrückgang zu verzeichnen war. Dessen Fehlen stellt die vom Landesarbeitsgericht festgestellte defizitäre Entwicklung nicht in Frage. Ohnehin verpflichtet das gesetzliche Kündigungsschutzrecht den Unternehmer nicht etwa dazu, Organisationsänderungen nur dann durchzuführen, wenn er Defizite vermeiden will. Es ist ausreichend, wenn er sie aus nicht willkürlichen Gründen für angezeigt erachtet. Es ist nicht Sache der Gerichte, dem Arbeitgeber eine bestimmte betriebliche oder unternehmerische Organisationsstruktur vorzuschreiben (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 27, EzA KSchG § 2 Nr. 66).

32

4. Die Beklagte hat mit dem Änderungsangebot die Grenzen der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Es handelt sich nicht - wie die Revision meint - um eine Lohnkürzung bei unverändertem Inhalt der Arbeitspflicht. Die ausgesprochene Änderungskündigung dient nicht der Entgeltreduzierung, sondern der Änderung der Tätigkeit - an diese knüpft sodann die tarifliche Neufestsetzung des Lohns an. Während der Kläger bisher im Betrieb der Beklagten eingesetzt wurde, soll er nunmehr - wenn auch mit den gleichen Arbeiten und am selben Ort wie bisher - als Leiharbeitnehmer in einem Fremdbetrieb tätig werden; dafür erhält er nach der maßgeblichen TVb Nr. 741 eine geringere Vergütung.

33

a) Was das mit der Kündigung verbundene Angebot einer neuen Tätigkeit anbelangt, so ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht erkennbar. Im Kündigungszeitpunkt stand fest, dass der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist bei der Beklagten infolge des Betriebsübergangs mit den bisherigen Tätigkeiten nicht mehr beschäftigt werden konnte. Das Angebot der Beklagten, den Vertrag so zu ändern, dass sie ihn an die Betriebsübernehmerin würde ausleihen können, damit er dort wie bisher weiter arbeiten könne, diente der Vermeidung einer Beendigungskündigung. Unter diesen Umständen ist eine Änderungskündigung betrieblich bedingt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG(vgl. Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 35, EzA KSchG § 2 Nr. 66). Davon, dass die Beklagte den Kläger auch auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags im Wege des Direktionsrechts hätte anweisen können, als Leiharbeitnehmer bei der Tochtergesellschaft zu arbeiten, kann nicht ausgegangen werden. Diese Änderung, die einen zentralen Teil des Vertragsinhalts betrifft, hätte einer Vertragsänderung bedurft (Senat 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - aaO). Das gilt umso mehr, als Arbeitnehmern, die in der Abteilung „Frachtservice“ der Beklagten beschäftigt werden, nach der TVb Nr. 741 - nach vorheriger Abstimmung mit dem Betriebsrat - auch Aufgaben in anderen Entleiherbetrieben zugewiesen werden können.

34

b) Das Änderungsangebot ist auch hinsichtlich der mit ihm verbundenen Entgeltminderung verhältnismäßig.

35

aa) Eine gesonderte Rechtfertigung der Vergütungsänderung ist grundsätzlich entbehrlich, wenn sich die geänderte Vergütung aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt („Tarifautomatik“) (Senat 27. November 2008 - 2 AZR 757/07 - Rn. 31 mwN, BAGE 128, 308). Das Gesetz weist den Tarifvertragsparteien eine weitgehende Regelungsmacht mit gesetzesgleicher Wirkung für ihre Mitglieder zu. Das geschieht im Vertrauen darauf, dass die Tarifvertragsparteien in der Lage sind, die Interessen ihrer Mitglieder zu einem angemessenen Ausgleich - auch und gerade im Bereich der Vergütung - zu bringen. Haben also die Tarifvertragsparteien für eine bestimmte Tätigkeit eine bestimmte Vergütung ausgehandelt, ist es in der Regel gerechtfertigt, diese Vergütung als angemessen im Sinne der sozialen Rechtfertigung des Änderungsangebots anzusehen. So liegt es auch hier. Die Beklagte hat dem im Kündigungszeitpunkt tarifgebundenen Kläger die ihm nach der TVb Nr. 741 zustehende Vergütung angetragen.

36

bb) Ein Verstoß gegen das Schlechterstellungsverbot des § 9 Nr. 2 AÜG liegt nicht vor. Die Regelung des § 9 Nr. 2 Teilsatz 1 AÜG, nach der Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts vorsehen, ist nach § 9 Nr. 2 Teilsatz 4 AÜG tarifdispositiv und lässt nach ihrem Teilsatz 5 auch Abweichungen durch(insgesamt) in Bezug genommene Tarifverträge zu. Unabhängig davon stellt der Kläger nicht in Abrede, dass die im Betrieb der Tradeport Frankfurt GmbH (mittlerweile umfirmiert in FCS GmbH) zur Anwendung gebrachten Tarifverträge des privaten Transport- und Verkehrsgewerbes für eine vergleichbare Tätigkeit sogar ein geringeres Entgelt vorsehen als die ihm nach der TVb Nr. 741 angetragene Vergütung.

37

cc) Auf die vom Kläger ins Spiel gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beklagten kommt es für die Angemessenheit der sich aus einem tarifvertraglichen Vergütungssystem ergebenden Vergütung nicht an.

38

5. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch nicht deshalb sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG, weil die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, den Kläger anderweitig im Betrieb weiterzubeschäftigen.

39

a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter beschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigung muss sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem Arbeitgeber objektiv möglich und zumutbar sein. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist und der Arbeitnehmer über die hierfür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt (Senat 21. September 2000 -  2 AZR 385/99  - zu B IV 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Diese Grundsätze sind auf die Änderungskündigung insoweit übertragbar, als sich der Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Beschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu ihn weniger belastenden, vergleichbaren oder ggf. auch geänderten Arbeitsbedingungen berufen kann (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 101 f.).

40

b) Der Kläger rügt, das Landesarbeitsgericht habe die Reichweite des § 1 Abs. 2 KSchG verkannt, weil es nicht auch die im Jahr 2003 freigewordenen und wiederbesetzten Stellen berücksichtigt habe. Unabhängig davon, dass es für diese Beurteilung auf die Zeitpunkte des Zugangs der Kündigung und des Auslaufens der Kündigungsfrist ankommt und der Kläger nicht dargelegt hat, welche Stelle die Beklagte iSv. § 162 BGB treuwidrig besetzt habe, durfte das Landesarbeitsgericht vom Fehlen einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit ausgehen. Der Kläger hat das entsprechende Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten.

41

aa) Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit genügt es zunächst, dass der Arbeitnehmer angibt, welche andere Beschäftigung er meint. Er muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (Senat 15. August 2002 -  2 AZR 195/01  - zu II 1 c aa der Gründe, BAGE 102, 197). Auf die Darlegung des Arbeitnehmers hin, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist (Senat 24. Juni 2004 -  2 AZR 215/03  - zu B II 3 e der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 278 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 5).

42

bb) Diesen Anforderungen ist die Beklagte unter Vorlage von Stellenbeschreibungen und Hinweisen auf die jeweiligen Qualifikationsanforderungen nachgekommen, die der Kläger nicht besitze. Dem ist der Kläger nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten. Sein pauschaler Vortrag, seine Qualifizierung sei mit einem zeitmäßig verhältnismäßigen Aufwand möglich gewesen, wird seiner Darlegungslast nicht gerecht, weil weder sein Kenntnisstand bei Kündigungsausspruch noch sein Schulungsbedarf nach Inhalt und zeitlichem Umfang ersichtlich werden.

43

6. Die Kündigung ist nicht wegen einer unzureichenden sozialen Auswahl unwirksam.

44

a) Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist auch eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochene Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das Gebot der ausreichenden Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte gilt auch für betriebsbedingte Änderungskündigungen ( § 2 Satz 1 KSchG ). Bei diesen kommt es für die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer nicht nur darauf an, ob die Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen und damit gegeneinander ausgetauscht werden können. Die Arbeitnehmer müssen vielmehr auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebots ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sein, die Austauschbarkeit muss sich auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (Senat 18. Januar 2007 - 2 AZR 796/05 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 89 = EzA KSchG § 2 Nr. 64).

45

b) Der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer bestimmt sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also nach der ausgeübten Tätigkeit. Die Austauschbarkeit setzt nicht die Gleichheit der Arbeitsplätze voraus, sondern liegt in dem Umfang vor, in welchem der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung die Aufgaben auf einem anderen - gleichwertigen - Arbeitsplatz ausführen kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). An der Austauschbarkeit fehlt es allerdings, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht im Wege des Direktionsrechts auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann.

46

c) Danach hat der Kläger unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zu den Umständen, die aus ihrer Sicht einer Vergleichbarkeit mit anderen nach der Vergütungsgruppe Vc vergüteten Arbeitnehmern entgegenstehen, nicht konkret dargelegt, welchen Arbeitsplatz er hätte besetzen können und welcher Arbeitnehmer statt seiner ein Angebot zur Weiterbeschäftigung als Leiharbeitnehmer hätten erhalten müssen. Seine Rüge, das Landesarbeitsgericht habe seinen Vortrag im Schriftsatz vom 25. Mai 2007 übergangen, ist unbeachtlich. Sie legt die Entscheidungserheblichkeit des Vortrags nicht dar. Sein Vorbringen, er sei in anderen Bereichen der Bodenverkehrsdienste nach kurzer Einarbeitungszeit einsetzbar gewesen, erschöpft sich in pauschalen Behauptungen und ist einer näheren Prüfung nicht zugänglich. Der Vortrag verhält sich zudem nicht über eine wechselseitige Austauschbarkeit.

47

d) Die Beklagte war nicht aus betriebsverfassungsrechtlichen Gründen gehindert, zur sozialen Auswahl vorzutragen, auch wenn die Betriebsratsanhörung hierzu keine Information enthielt.

48

Der Arbeitgeber, der bei einer durchgeführten Sozialauswahl bestimmte Arbeitnehmer übersehen oder für nicht vergleichbar gehalten und deshalb dem Betriebsrat die für die soziale Auswahl (objektiv) erheblichen Umstände nicht mitgeteilt hat, ist grundsätzlich berechtigt, seinen Vortrag auf entsprechende Rüge im Prozess zu ergänzen. Darin liegt kein nach § 102 BetrVG unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen(vgl. Senat 26. März 2009 - 2 AZR 296/07 - Rn. 42, BAGE 130, 182; 21. September 2000 - 2 AZR 385/99 - zu B II 3 b der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 111 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 107). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber aus nachvollziehbaren Gründen bei Ausspruch der Kündigung davon ausgegangen ist, eine Sozialauswahl sei insgesamt entbehrlich. Im Streitfall steht überdies nicht die Sozialauswahl im engeren Sinne, sondern nur die Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer in Rede. Die Beklagte konnte deshalb ihr Vorbringen ergänzen, ohne durch die Betriebsratsanhörung „präkludiert“ zu sein.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

        

        

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.