Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 26. Mai 2010 - 2 Sa 321/09

bei uns veröffentlicht am26.05.2010

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses. Im unstreitigen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.11.2009 - 6 Ca 859/09 - heißt es zum Sachverhalt wie folgt:

2

Die 44-jährige Klägerin ist seit Oktober 2005 durchgehend aufgrund acht aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten in der Familienkasse beschäftigt. Gemäß Arbeitsvertrag vom 08.12.2008 erfolgte die Weiterbeschäftigung der Klägerin für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 "für die Dauer der Erkrankung von Frau R." als Assistentin. Mit Schreiben vom 19.12.2008 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass der Befristungszweck am 18.12.2008 erreicht sei, das befristete Arbeitsverhältnis vorzeitig mit Ablauf des 12.01.2009 ende. Am 09.01.2009 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum ab dem 13.01.2009 "für die Dauer der Beauftragung von Frau E."; längstens bis zum 30.04.2009. Gemäß des Vermerks vom 13.12.2008, von der Klägerin am 09.01.2009 zur Kenntnis genommen, erfolgte der Einsatz der Klägerin als Assistentin mit dem Befristungsgrund Vertretung, weil die Assistentin E. seit dem 01.01.2009 höherwertig beauftragt sei, wobei ein Ende dieser Beauftragung nicht abzusehen sei.

3

Seit Mai 2007 bis zuletzt war die Klägerin als Assistentin mit dem Tätigkeitsfeld der Sichtung und Verteilung der eingegangenen Post in der Familienkasse beschäftigt. In der Familienkasse sind Registraturkräfte, Assistenten, Fachassistenten und Sachbearbeiter eingesetzt. Frau E. war auf dem Dienstposten einer Assistentin im Bereich Kindergeld tätig. Im November 2008 stimmte der zuständige Personalrat dem Einsatz der Frau E., der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit als Fachassistentin in der Familienkasse für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.04.2009 zu. Frau E. wurde daraufhin die Tätigkeit mit Schreiben vom 27.11.2008 vorübergehend, längstens bis zum 30.04.2009, die Tätigkeit als Fachassistentin in der Familienkasse S. übertragen.

4

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht Schwerin festgestellt, dass das Arbeits-verhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung zum 30.04.2009 geendet hat, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30.04.2009 hinaus fortbesteht und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Der Streitwert ist auf 6.300,00 EUR festgesetzt worden. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, allein der Arbeitsvertrag vom 09.01.2009 unterliege der Befristungskontrolle. Die Befristung sei unwirksam. Sie sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt, da die Klägerin weder zu unmittelbaren noch zur mittelbaren Vertretung der Frau E. oder einer anderen Mitarbeiterin beschäftigt worden sei. Es sei keine Vertretung wegen eines vorübergehenden abwesenden Arbeitnehmers erfolgt. Die Befristung sei auch nicht infolge des sachlichen Grundes des vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung gerechtfertigt. Ein erhöhter Personalbedarf wegen vorübergehend erhöhten Arbeitsanfalls sei nicht dargetan. Die tatsächlichen Grundlagen für die die Prognose den nur vorübergehend bestehenden Arbeitskräftebedarf habe der Arbeitgeber bei einem Bestreiten des Arbeitnehmers im gerichtlichen Verfahren darzulegen. Auch müsse dargelegt werden, dass sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im Rahmen des vorübergehenden Mehrbedarfs halte und dieser nicht überschritten werde. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

5

Diese Entscheidung ist der Beklagten am 01.12.2009 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 28.12.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 28.01.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

6

Die Beklagte ist der Auffassung, die Befristung sei wegen des Sachgrundes der Vertretung § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt. Der Mitarbeiterin E. seien vorübergehend Tätigkeiten einer Fachassistentin in der örtlichen Familienkasse übertragen worden. Daraus folge, dass der ursprüngliche Arbeitsplatz von Frau E. als Assistentin in der örtlichen Familienkasse in dem Zeitraum vom 13.01. bis 30.04.2009 vakant war und hier eine entsprechende Lücke durch Einstellung der Klägerin geschlossen werden sollte. Auch hätte ein vorübergehender betrieblicher Bedarf gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bestanden. Aufgrund der Gesetzesänderung sei ein erhöhter Arbeitsbedarf zu erwarten gewesen, der dann tatsächlich auch eingetreten sei. Mit einem Anstieg des Fallvolumens um rund 150.000 Kinder und rund 70.000 Familien sei anlässlich der Gesetzesänderung des § 6 a BKGG gerechnet worden. Deshalb sei mit einer Zunahme des Arbeitsvolumens bei den Familienkassen im Oktober 2008 und nochmals zu Beginn des Jahres 2009 im Kinderzuschlagsbereich gerechnet worden. Dies habe sich auch als zutreffend erwiesen. In der örtlichen Familienkasse S. hätten sich die Eingänge wie folgt entwickelt:

7

- September 2008
        
 1.077

- Oktober 2008
        
 1.499

- Dezember 2008
        
 856

- Januar 2009
        
 969

- Februar 2009
        
 1.043

- März 2009
        
 1.252

- April 2009
        
1.040

8

Damit habe die Beklagte eine aufgrund greifbarer Tatsachen begründete und im Nachhinein noch zutreffende Prognose angestellt, dass ein erhöhter Beschäftigungsbedarf bestünde.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

10

Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Zu den Angriffen der Berufungsbegründung gilt Folgendes:

1.

11

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass im vorliegenden Fall der Sachgrund der Vertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG gegeben gewesen sei. Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht an der Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch eine Vertretungskraft von Vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (BAG vom 20.01.2010 7 AZR 542/08).

12

Ist der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt nicht abwesend, sondern wird im Betrieb weiterhin, jedoch mit anderen Aufgaben eingesetzt, so lässt sich allein damit der Sachgrund der Vertretung nicht bekunden. Würde man eine derartige Konstellation nämlich ausreichen lassen, so könnte ein Arbeitgeber durch bloße Verschiebung von Aufgaben und anschließender vorübergehender Versetzung von Arbeitnehmern zur Erledigung der neu eingerichteten Aufgaben Vertretungsfälle schaffen, die einer weiteren Kontrolle entzogen wären.

2.

13

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf beziehen, dass ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG bestanden habe. Um die hier im Streit befindliche Befristung der Klägerin zu rechtfertigen, hätte die Beklagte im Hinblick auf einen vorübergehenden betrieblichen Bedarf zwei Möglichkeiten zur Rechtfertigung der Befristung gehabt. Zum einen hätte sie darlegen können, dass aufgrund der Neufassung des § 6 a BKGG ein vorübergehender Bedarf an Assistenten bestanden hätte (also die Tätigkeit, die die Klägerin ausgeübt hat) oder dass aufgrund der Gesetzesänderung vorübergehender Mehrbedarf an Fachassistenten bestanden hätte, womit sich dann die vorübergehende Beauftragung der Frau E. mit den Aufgaben der Fachassistentin und damit auch - entsprechend einer mittelbaren Vertretung - die Befristung der Klägerin gerechtfertigt hätte. Beide Möglichkeiten hat die Beklagte nicht genutzt.

14

Zunächst einmal kann sich die Beklagte nicht mit der Behauptung begnügen, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens seitens der Bundesregierung mit einem Anstieg des Fallvolumens um rund 150.000 Kinder und um rund 70.000 Familien im Zusammenhang mit der Gesetzesänderung gerechnet worden sei. Eine derartige Behauptung, selbst wenn man unterstellt, dass sie fundiert sei, schafft keine betrieblichen Notwendigkeiten für die Familienkasse S., wo die Klägerin beschäftigt war. Hierzu wäre zunächst einmal eine Darlegung erforderlich gewesen, wie viel von diesem Arbeitsanstieg prozentual auf die Familienkasse S. voraussichtlich entfallen wird, auf wie viele Arbeitskräfte sich die bisherige Arbeit verteilt hat und wie viele Arbeitskräfte erforderlich sind, den vorübergehenden Anstieg zu bewältigen.

15

Um es vorsorglich noch etwas deutlicher zu machen: Die Beklagte hätte also zum Beispiel darlegen können, dass in der Vergangenheit monatlich durchschnittlich 10.000 Sendungen eingegangen sind, die von zehn Mitarbeitern bearbeitet worden sind. Aufgrund der Gesetzesänderung sei nunmehr vorübergehend von 11.000 Sendungen auszugehen, was die vorübergehende Schaffung einer Stelle gerechtfertigt hätte.

16

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten noch nicht einmal ansatzweise. Was die erwarteten Fallzahlen von 150.000 Kindern und 70.000 Familien für die Familienkasse S. bedeuten, wird nicht dargetan. Auch wird nicht erläutert, welche Prognose für S. getroffen worden ist. Die Zahlen, die zur Rechtfertigung des Anstieges der Familienkasse S. von der Beklagten genannt werden, ergeben für die Monate Oktober 2008 bis April 2009 lediglich eine Erhöhung der Posteingänge von 3 Prozent. Ob dieser zahlenmäßige Anstieg die Schaffung einer weiteren Stelle rechtfertigt, ist aus dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.

17

Schließlich beziehen sich diese Zahlen ohnehin auf die Tätigkeit, die von der Klägerin ausgeübt worden ist, nämlich die einer Assistentin (Sichtung und Verteilung der täglich eingehenden Schriftstücke nach Zuständigkeit sowie die Bearbeitung von Schriftstücken, welche ohne Kindergeldakte sofort abschließend bearbeitet werden können - Blatt 5 d. Berufungsbegründung). Ein vorübergehender Mehrbedarf an Fachassistenten ist noch nicht einmal ansatzweise dargetan. Dass ein derartiger Vortrag erforderlich ist, war für die Beklagte bereits aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz des Klägervertreters vom 14. August 2009 ersichtlich. Er hat dort u. a. ausgeführt:

18

Denn da es sich vorliegend unstreitig um einen Ringtausch handelte, wonach Frau E. infolge angeblich erhöhten Arbeitsanfalls in Kinderzuschlagsangelegenheiten für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.04.2009 vorübergehend höherwertig einzusetzen war, ist maßgeblich, warum die Erforderlichkeit des angeblichen Einsatzes der Frau E. im Bereich Kinderzuschlag nur für einen befristeten Zeitraum erfolgte. In diesem Schriftsatz ist die Beklagte im Übrigen auch schon ausreichend darauf hingewiesen worden, dass ihre Überlegung, dass der Sachgrund der Vertretung vorliege, nicht stichhaltig ist.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

20

Zur Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 26. Mai 2010 - 2 Sa 321/09

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG | § 14 Zulässigkeit der Befristung


(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn 1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,2. die Bef
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 26. Mai 2010 - 2 Sa 321/09 zitiert 5 §§.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Jan. 2010 - 7 AZR 542/08

bei uns veröffentlicht am 20.01.2010

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Februar 2008 - 9 Sa 1196/07 - wird zurückgewiesen.
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Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 22. Aug. 2012 - 4 Sa 356/11

bei uns veröffentlicht am 22.08.2012

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 22. Juli 2011 - 7 Ca 142/11 - abgeändert und wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund

Referenzen

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. Februar 2008 - 9 Sa 1196/07 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags.

2

Die Klägerin war aufgrund von vier befristeten Arbeitsverträgen seit dem 15. März 2000 im Bundesinstitut für A als Verwaltungsangestellte mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft beschäftigt. Sie arbeitete im Fachgebiet 211 der Abteilung „B“ und begleitete Projekte bei Antragsverfahren zur Zulassung, Nachzulassung und Registrierung von Arzneimitteln. Die ersten beiden Arbeitsverträge waren zur Vertretung der Arbeitnehmerin N befristet, die zunächst Erziehungs- und später Sonderurlaub hatte. Für die Zeit vom 10. April 2004 bis zum 31. Dezember 2005 wurde der Arbeitsvertrag aufgrund der bis dahin zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel befristet. Der letzte Arbeitsvertrag vom 23. September 2005 sah vor, dass die Klägerin für die Zeit vom 23. September 2005 bis zum 22. April 2007 befristet nach § 21 BErzGG in der jeweiligen Fassung zur Vertretung von Frau L eingestellt wird. Nach dem Vertrag galten der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und die ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Er sah ferner vor, dass die Klägerin als Verwaltungsangestellte mit Tätigkeiten beschäftigt wird, die den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe Vc der Anlage 1a zum BAT entsprechen. Mit Schreiben vom 12. September 2005 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, unter Anrechnung der bereits abgeleisteten Zeiten seien seit dem 10. April 2004 die Voraussetzungen des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1c der Anlage 1a zum BAT erfüllt. Dementsprechend wurde die Klägerin seitdem vergütet.

3

Frau L war in der Zeit vom 23. September 2005 bis zum 22. April 2007 in Elternzeit. Zuvor hatte sie als Verwaltungsangestellte im Fachgebiet 215 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 75 vH der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft gearbeitet. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung vom 14. Oktober 2004 entfielen 48 vH ihrer Arbeitszeit auf die „Vorprüfung von Zulassungs-, Nachzulassungs- und Registrierungsverfahren, Verlängerungsanträgen und Änderungsanzeigen“ und weitere 22 vH auf „Teilarbeit bei der Erstellung von Textvorlagen und Gebrauchsinformationen und medizinischer Stellungnahmen“. Beide Arbeitsvorgänge unterfallen der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a der Anlage 1a zum BAT. Nach anfänglicher Eingruppierung in dieser Vergütungsgruppe wurde sie aufgrund ihrer Bewährung ab dem 31. Dezember 2003 nach der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1c der Anlage 1a zum BAT vergütet. Dies teilte ihr die Beklagte mit Schreiben vom 17. August 2005 mit. Nach Beginn der Elternzeit nahm Frau L ab dem 1. April 2006 eine Teilzeitbeschäftigung bei der Beklagten auf.

4

Mit ihrer am 8. Mai 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, es fehle an dem für den Sachgrund der Vertretung notwendigen Kausalzusammenhang, weil die Beklagte Frau L nicht den Arbeitsplatz einer Halbtagskraft habe zuweisen können.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien rechtsunwirksam ist.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Arbeitsvertrag vom 23. September 2005 ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG wirksam zum 22. April 2007 befristet.

9

I. Die Klage ist zulässig. Sie ist entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In dem zuletzt gestellten Antrag hat die Klägerin zwar weder das Datum des die Befristung enthaltenden Vertrags noch den streitbefangenen Beendigungstermin bezeichnet. Beides lässt sich aber dem bei der Auslegung des Klageantrags zu berücksichtigenden Klagevorbringen entnehmen. Mit dem in der Klageschrift angekündigten Antrag hatte die Klägerin zunächst die Feststellung begehrt, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam ist und dieses über den 22. April 2007 hinaus fortbesteht. Damit war klar, dass sie sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der im letzten Arbeitsvertrag vom 23. September 2005 vereinbarten Befristung wendet. Der Klageantrag ist erst dadurch auslegungsbedürftig geworden, dass die Klägerin den allgemeinen Feststellungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht zurückgenommen hat, ohne gleichzeitig den verbleibenden Befristungskontrollantrag klarstellend zu präzisieren. Die Auslegung des Klagebegehrens ergibt ferner, dass Gegenstand der Befristungskontrollklage ausschließlich die zuletzt vereinbarte Befristung zum 22. April 2007 ist. Andere Beendigungstermine sind nicht im Streit.

10

II. Die Klage ist unbegründet. Die im Vertrag vom 23. September 2005 vereinbarte Befristung zum 22. April 2007 ist wirksam. Sie ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BErzGG in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung vom 9. Februar 2004 sachlich gerechtfertigt. Die Klägerin hat während der Laufzeit des Vertrags vom 23. September 2005 die Angestellte L vertreten.

11

1. Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird ua. für Fälle der Elternzeit eines Arbeitnehmers konkretisiert durch den bei Vertragsschluss maßgeblichen § 21 Abs. 1 BErzGG(seit 1. Januar 2007: § 21 Abs. 1 BEEG).

12

a) Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend an der Arbeitsleistung verhinderten Arbeitnehmer in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Arbeitnehmers rechnet. Damit besteht an der Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Arbeitnehmer obliegenden Aufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 12 mwN, EzA TzBfG § 14 Nr. 57). Der Sachgrund der Vertretung setzt nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Fehlt dieser Kausalzusammenhang, ist die Befristung nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 14 mwN, aaO). Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang, wenn der Arbeitgeber tatsächlich und rechtlich in der Lage wäre, dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Weiterarbeit oder nach seiner Rückkehr nicht seine bisherigen Tätigkeiten, sondern den Aufgabenbereich des Vertreters zu übertragen . Außerdem ist bei dieser Fallgestaltung zur Darlegung des Kausalzusammenhangs zwischen der zeitweiligen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten, etwa durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag, gedanklich zuordnet. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 15 mwN, aaO).

13

b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest. Entgegen der in Teilen des Schrifttums geäußerten Bedenken (vgl. etwa Brose NZA 2009, 706; Eisemann NZA 2009, 1113) entspricht die Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 Abs. 1 BErzGG durch den Senat den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.

14

aa) Nach § 5 der Rahmenvereinbarung ergreifen die Mitgliedstaaten, um Missbrauch durch aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zu vermeiden, eine oder mehrere der in § 5 Nr. 1 Buchstaben a) bis c) der Rahmenvereinbarung genannten Maßnahmen. Die in § 5 Nr. 1 Buchstabe a) der Rahmenvereinbarung genannte Maßnahme besteht darin, zu verlangen, dass die Verlängerung aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein muss. Entschließt sich ein Mitgliedstaat zu dieser Maßnahme, hat er das gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Ziel der Verhinderung des Missbrauchs von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen zu gewährleisten (EuGH 23. April 2009 - C-378/07 - [ua. Angelidaki] Rn. 94, 95 mwN). Aufgabe der nationalen Gerichte ist es, im Rahmen ihrer Zuständigkeit diesem Ziel bei der Auslegung der nationalen Vorschriften Rechnung zu tragen. Hierzu müssen sie insbesondere dafür sorgen, dass nationale Regelungen, welche die Verlängerung oder Wiederholung aufeinander folgender befristeter Arbeitsverhältnisse zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs zulassen, nicht dazu genutzt werden können, einen tatsächlich ständigen und dauernden Bedarf zu decken (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 - [ua. Angelidaki] Rn. 103, 106) .

15

bb) Dieser gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung entsprechen die Anforderungen, die der Senat in ständiger Rechtsprechung an den Sachgrund der Vertretung stellt. Das gilt auch für die Fallgestaltungen, in denen nach der Rechtsprechung des Senats der Sachgrund der Vertretung vorliegt, obwohl dem befristet Beschäftigten - ohne tatsächliche Umorganisation der im Betrieb anfallenden Tätigkeiten - nicht die Aufgaben übertragen werden, die der Vertretene bislang verrichtet hat. Da der Arbeitgeber in diesem Fall nach der Rechtsprechung des Senats rechtlich und tatsächlich in der Lage sein muss, dem Vertretenen - sofern er anwesend wäre - die dem Vertreter übertragenen Aufgaben zuzuweisen, wird sichergestellt, dass der Arbeitgeber den vorübergehenden Ausfall einer Stammkraft nicht zur Rechtfertigung der befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers anführen kann, die mit dem Ausfall der Stammkraft in keinem Zusammenhang steht. Durch das von der Rechtsprechung für diesen Fall entwickelte weitere Erfordernis, wonach der Arbeitgeber bei Vertragsschluss, etwa durch entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag, die Aufgaben des befristet eingestellten Vertreters einem oder mehreren vorübergehend abwesenden Stammkräften erkennbar gedanklich zuordnen muss, wird verhindert, dass der Arbeitgeber den Ausfall einer Stammkraft missbraucht, um einen oder mehrere Arbeitnehmer befristet in einem zeitlichen Umfang einzustellen, der über den Umfang der Tätigkeit der vorübergehend abwesenden Stammkraft hinausgeht (vgl. BAG 15. Februar 2006 - 7 AZR 232/05 - Rn. 15, 16, BAGE 117, 104).

16

b) Hiernach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. September 2005 vereinbarte Befristung zum 22. April 2007 als durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt erachtet.

17

aa) Die Beklagte hat die erforderliche Zuordnung der Arbeitsaufgaben der Klägerin zu einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer vorgenommen. Der Sachgrund der Vertretung ist im Arbeitsvertrag der Parteien dokumentiert. Danach wurde die Klägerin zur Vertretung der Angestellten L beschäftigt.

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bb) Die Beklagte wäre ohne die vorübergehende Abwesenheit der Frau L rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen, dieser die der Klägerin zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. Das Direktionsrecht der Beklagten gegenüber Frau L erstreckte sich auf alle Tätigkeiten der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a der Anlage 1a zum BAT.

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(1) Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Regelungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder in gesetzlichen Vorschriften festgelegt ist(vgl. BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 1 der Gründe, BAGE 112, 80) . Der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist grundsätzlich verpflichtet, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die dem Merkmal seiner Vergütungsgruppe entspricht, soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann. Das Direktionsrecht des öffentlichen Arbeitgebers ist nur dann eingeschränkt, wenn abweichend von den im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträgen im Arbeitsvertrag nicht lediglich ein allgemeiner Aufgabenbereich benannt und die Vergütungsgruppe festgelegt wird, sondern die Tätigkeit sowohl der Art als auch der Arbeitsstelle nach genau bezeichnet wird (vgl. BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01 - zu II 2 d aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25 = EzBAT BAT § 8 Direktionsrecht Nr. 53).

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(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben sowohl die Klägerin als auch Frau L Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1c der Anlage 1a zum BAT erhalten. Beide Angestellte haben den Bewährungsaufstieg aus der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a BAT absolviert. Aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation wäre Frau L nach einer Rückkehr aus der Elternzeit auch in der Lage gewesen, den Aufgabenbereich der Klägerin als Projektbegleiterin im Fachgebiet 211 wahrzunehmen. Die Rüge der Klägerin, das Berufungsgericht habe nicht gewürdigt, dass sie zu 100 vH die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a der Anlage 1a BAT erfülle, während dies bei Frau L lediglich zu 60 vH der Fall sei, ist unbegründet. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BAT ist für die Eingruppierung entscheidend, dass zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe erfüllen. Wären Frau L die Aufgaben der Klägerin übertragen, wären damit zumindest zwei Drittel ihrer Arbeitszeit mit Arbeitsvorgängen belegt, die für sich genommen den Anforderungen der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 1a der Anlage 1a zum BAT entsprechen.

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(3) Einer gedanklichen Zuordnung der Aufgaben der Klägerin an die vertretene Mitarbeiterin L steht nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin lediglich zur Erbringung der Arbeitsleistung im Umfang von 50 vH einer Vollzeitkraft verpflichtet war, während Frau L nach ihrem Arbeitsvertrag Arbeitsleistungen im Umfang von 75 vH der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft schuldete. Maßgeblich ist nicht, ob die Klägerin die Stelle von Frau L in vollem Umfang ohne Änderungen des Arbeitsvertrags hätte übernehmen können, sondern nur, dass die Beklagte Frau L nach deren Rückkehr aus der Elternzeit die Aufgaben der Klägerin vollumfänglich hätte zuweisen können. Soweit der Senat im Urteil vom 15. Februar 2006 (- 7 AZR 232/05 - Rn 20, BAGE 117, 104) von fachlicher „Austauschbarkeit“ gesprochen hat, bedeutet dies nicht, dass der befristet eingestellte Vertreter zeitlich und fachlich in der Lage sein müsste, die Aufgaben der vertretenen Stammkraft in vollem Umfang zu übernehmen. Entscheidend ist vielmehr, ob der zeitliche Umfang der Arbeitszeit der vertretenen Stammkraft zumindest denjenigen der befristet eingestellten Vertretungskraft erreicht (vgl. auch BAG 8. August 2007 - 7 AZR 855/06 - Rn. 26, BAGE 123, 327).

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(4) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht der Wirksamkeit der Befristungsabrede auch nicht entgegen, dass Frau L bereits ab dem 1. April 2006 wieder als Teilzeitkraft beschäftigt worden ist. Dies beruhte auf ihrem nach Abschluss des letzten Arbeitsvertrags mit der Klägerin gestellten Antrag und stellt die Wirksamkeit der Befristung daher nicht in Frage. Teil des Sachgrunds der Vertretung ist eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters (BAG 25. März 2009 - 7 AZR 34/08 - Rn. 12, EzA TzBfG § 14 Nr. 57) . Der Sachgrund entfällt jedoch nicht, wenn sich die Prognose nachträglich ganz oder teilweise als unzutreffend erweist.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

        

        

    Krollmann    

        

    Schuh    

                 

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2.
die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3.
der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4.
die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5.
die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6.
in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7.
der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8.
die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.