Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 01. Juli 2016 - 3 Sa 426/15

bei uns veröffentlicht am01.07.2016
vorgehend
Arbeitsgericht Bamberg, 3 Ca 190/15, 29.07.2015

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg vom 29.07.2015, Az. 3 Ca 190/15 wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 37% und die Beklagte 63% zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung noch um die Zahlung eines „Treuebonus“.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.07.2005 tätig.

In einer unter dem Datum 12.02.2009 von der Beklagten vorformulierten und dem Kläger vorgelegten „Änderung zum Anstellungsvertrag vom 12.05.2005“ einigten sich die Parteien einvernehmlich wie folgt:

„§ 4 Vergütung...

3. Die jährliche Einmalzahlung in Höhe von € 1.500,00 entfällt, stattdessen siehe § 4.4:

4. Der Arbeitnehmer erhält ab 2009 einen jährlichen Treuebonus in Höhe von € 1.500,00 angerechnet, welcher auf 6 Jahre kumuliert wird. Nach Ablauf von 6 Jahren erfolgt Aufstockung auf € 10.000,00 und Auszahlung mit dem Dezembergehalt 2014.

Kündigt der Mitarbeiter vorher, entfällt die Treuevergütung.

Kündigt der Arbeitgeber vorher, wird der anteilige Treuebonus zur Auszahlung fällig, ebenfalls bei Berufsunfähigkeit oder Tod des Arbeitnehmers.“

Wegen des genauen Inhalts der Änderungsvereinbarung vom 12.02.2009 wird Bezug genommen auf die Anlage K2 zur Klageschrift vom 11.03.2015 = Bl. 7 d. A.

Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers vom 24.06.2014, der Beklagten zugegangen am 07.07.2014, zum 31.12.2014, wobei die Parteien sich in dem wegen des Beendigungstermins durch die Beklagte angestrengten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bamberg -Kammer Coburg, Az. 3 Ca 685/14 vergleichsweise auf eine Beendigung zum 28.02.2015 einigten (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 10.12.2014, Anlage K1 zur Klageschrift vom 11.03.2015 = Bl. 4 ff. d. A.).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stehe der Treuebonus schon deswegen zu, weil sein Arbeitsverhältnis erst am 28.02.2015 geendet habe und die Vereinbarung nicht so zu verstehen sei, dass das Arbeitsverhältnis im Dezember 2014 „ungekündigt“ bestehen müsse. Der Kläger hat weiter die Ansicht vertreten, dass ihn die Klausel, wonach der Bonus bei vorheriger Kündigung des Mitarbeiters entfalle, unangemessen benachteilige und unwirksam sei. Dies zum einen, weil die Klausel nicht danach differenziere, aus wessen Sphäre die Gründe für die Kündigung des Mitarbeiters stammen. Und zum anderen, weil die Klausel zu einer unzulässig langen Bindung führe.

Der Kläger hat, soweit für die Berufung relevant, erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Meinung vertreten, bei der Vereinbarung vom 12.02.2009 komme es auf den Ausspruch der Kündigung, nicht den Beendigungstermin an. Auch sei die Rechtsprechung, wonach bei einer Arbeitnehmerkündigung danach zu differenzieren sei, aus wessen Sphäre der Kündigungsgrund stamme, vorliegend nicht anwendbar. Falls dem doch so sei, führe dies zur Unwirksamkeit der Vereinbarung vom 12.02.2009, so dass gar keine Anspruchsgrundlage mehr bestehe. Die Beklagte hat noch behauptet, sie habe die Vereinbarung vom 12.02.2009 nur im Falle des Klägers verwendet.

Mit am 29.07.2015 verkündetem Urteil, wegen dessen Begründung auf Bl. 55 ff. d. A. verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg der Klage im Hinblick auf den geltend gemachten Treuebonus sowie einer vom Kläger beanspruchten Urlaubsabgeltung für anteiligen Urlaub des Kalenderjahres 2015 stattgegeben. Hinsichtlich einer weitergehenden Urlaubsabgeltung für Urlaub aus der Zeit vor 2015 hat es die Klage abgewiesen.

Gegen dieses, ihr am 01.10.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am Montag, den 02.11.2015 beim LAG Nürnberg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 01.12.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger hat mit einem am 06.11.2015 beim LAG Nürnberg eingegangenem Schriftsatz selbstständige Berufung eingelegt und diese mit einem am Montag, den 07.12.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

In der Berufungsverhandlung vom 01.07.2015 haben beide Parteien ihre Berufungen insoweit zurückgenommen, als sie, im Falle der Beklagten, die für 2015 zugesprochenen bzw., im Falle des Klägers, für die Vorjahre abgewiesenen Urlaubsabgeltungsansprüche zum Gegenstand hatten.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie zur Zahlung des Treuebonus nicht verpflichtet sei und wiederholt ihr Vorbringen aus der ersten Instanz. Darüber hinaus meint sie, die Vereinbarung sei so auszulegen, dass der Anspruch erst nach 6 Jahren entstehe. Daher führe die Vereinbarung nicht zu einer unzulässig langen Bindungsdauer für den Kläger. Auch weiche sie nicht von einem Gesetz oder einem Tarifvertrag ab, denn es gebe keine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung, die die Zahlung eines Treuebonus vorsehe. Schließlich sei die Vereinbarung in § 4.4 nicht teilbar, so dass sie im Falle ihrer Unwirksamkeit insgesamt entfalle.

Die Beklagte beantragt zuletzt noch:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg - Kammer Coburg vom 29.07.2015, Az. 3 Ca 190/15, in Ziffer 1 abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen.

Der Kläger beantragt zuletzt noch,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Auch er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Darüber hinaus ist er der Ansicht, die Vereinbarung sei so zu verstehen, dass er anteilig jährlich einen Treuebonus von 1.500,00 € „angerechnet“ bekomme, so dass eine unzulässig lange Bindungsdauer bestehe. Auch weiche die Klausel vom Gesetz ab, so dass sie einer Inhaltskontrolle zu unterziehen sei. Schließlich sei die Klausel teilbar.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf die Berufungseinlegung und die Berufungsbegründung der Beklagten vom 02.11.2015 und 01.12.2015 sowie des Klägers vom 06.11.2015 und 04.12.2015, die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 14.12.2015 sowie derjenigen des Klägers vom 04.01.2016.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, zur Zahlung des Treuebonus in Höhe von 10.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2015 verpflichtet.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b) ArbGG, und vom Beklagtenvertreter form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der diesbezüglichen Klage zu Recht stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung des Treuebonus in Höhe von 10.000,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2015 verurteilt. Dabei wird zur Begründung vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Urteil vom 29.07.2015 verwiesen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Parteien sind noch folgende Ausführungen veranlasst:

1. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 611 BGB i. V. m. § 4.4 der Änderungsvereinbarung vom 12.02.2009, §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 2 Ziffer 1, Abs. 4, 247 BGB.

a) Aus dieser Vereinbarung hat der Kläger ab 2009 jährlich einen Treuebonus von 1.500,00 € angerechnet erhalten, wobei dieser auf 6 Jahre kumuliert wurde. Nach Ablauf der 6 Jahre, d. h. 2014 erfolgte eine Aufstockung auf 10.000,00 € und die Beklagte war verpflichtet, den Treuebonus mit dem Dezembergehalt 2014 auszuzahlen. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Arbeitsverhältnis der Parteien noch.

Dabei ist die Vereinbarung vom 12.02.2009 in § 4.4 gemäß §§ 133, 157 BGB bereits nach ihrem Wortlaut entgegen der Auffassung der Beklagten dahingehend auszulegen, dass der Arbeitnehmer einen jährlichen Treuebonus in Höhe von 1.500,00 € angerechnet, d. h. gutgeschrieben erhält. Dies ist so zu verstehen, dass der Arbeitnehmer für jedes Jahr seiner Betriebszugehörigkeit und damit erwiesenen Treue einen Bonus von 1.500,00 € erhalten soll. Dieser wird aber nicht, wie zuvor die Einmalzahlung, jährlich ausgezahlt. Vielmehr erfolgt eine Anrechnung und Kumulierung, d. h. Anhäufung (vgl. Duden, Band 5 Fremdwörterbuch, 6. Aufl. 1997, Stichwort „Kumulation“) für 6 Jahre. Nach Ablauf dieser Anhäufungszeit erfolgt eine Aufstockung um weitere 1.000,00 €. Die Auszahlung erfolgt mit dem Dezembergehalt 2014, d. h. zu diesem Zeitpunkt ist der Treuebonus zur Zahlung fällig i. S. d. § 271 Abs.1 BGB.

Dieses Verständnis der Vereinbarung folgt auch aus ihrem Zusammenhang mit der Regelung zur Auszahlung eines anteiligen Treuebonus im Falle einer vorherigen Arbeitgeberkündigung. Dies bestätigt das Verständnis der Parteien von einer anteiligen, sich anhäufenden Zahlungspflicht der Beklagten.

Hingegen kann der Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass es sich um einen einmaligen, erst nach Ablauf von 6 Jahren entstehenden Anspruch in Höhe von 10.000,00 € handelt. Denn dann hätte es weder der Regelung zur Kumulation der jährlichen Treueboni in Höhe von jeweils 1.500,00 €, noch der Aufstockung nach 6 Jahren um weitere 1.000,00 € bedurft. Die Beklagte hat auch keine sonstigen Umstände dargetan, die auf einen abweichenden Willen der Parteien bei Abschluss der Vereinbarung vom 12.02.2009 schließen lassen.

Zum gleichen Ergebnis gelangte man im Wege einer objektiven, d. h. an einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise orientierten Auslegung, die in erster Linie am Vertragswortlaut anzusetzen hat, wenn die Sätze 1 und 2 von § 4.4 des Änderungsvertrages vom 12.02.2009 dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff. BGB unterfielen, was hier dahinstehen kann (vgl. zur Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen BAG vom 19.05.2010 - 4 AZR 796/08 Rn. 15, juris).

b) Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass er mit Schreiben vom 24.06.2014, der Beklagten am 07.07.2014 zugegangen, sein Arbeitsverhältnis gekündigt hat.

Zwar bestimmt Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009, dass die Treuevergütung entfällt, wenn der Mitarbeiter vorher, d. h. vor der Auszahlung des Dezembergehaltes 2014 kündigt.

Dabei ist entgegen der Annahme des Klägers auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, nicht auf den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Hierauf hat das Arbeitsgericht auf Seite 7 des Urteils vom 29.07.2015 zutreffend hingewiesen, worauf Bezug genommen wird.

Die Bestimmung benachteiligt den Kläger unangemessen und ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

aa) Der Satz „Kündigt der Mitarbeiter vorher, entfällt die Treuevergütung.“ ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn diese Klausel hat die Beklagte dem Kläger bei Abschluss der Vereinbarung vom 12.02.2009 gestellt i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Davon ist jedenfalls aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 310 Abs. 3 Ziffer 1 BGB auszugehen. Danach gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer, d. h. Arbeitgeber gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Der Kläger ist als Arbeitnehmer Verbraucher i. S. d. §§ 310 Abs. 3, 13 BGB (vgl. BAG vom 18.03.2008 - 9 AZR 186/07 Rn. 17; vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 unter V. 1., beide juris). Dass der Kläger die Klausel in die Vereinbarung vom 12.02.2009 eingeführt hat, hat die Beklagte selbst nicht behauptet.

Ob die Beklagte die Klausel nur im Falle des Klägers verwendet hat oder für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat, kann dahinstehen. Denn bei Verbraucherverträgen - ein solcher ist die Vereinbarung vom 12.02.2009 - finden die §§ 307 - 309 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher, d. h. hier der Kläger aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte, § 310 Abs. 3 Ziffer 2 BGB. Dies war hier der Fall. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte die Vereinbarung vom 12.02.2009 vorformuliert und der Kläger keine Möglichkeit hatte, Änderungen vorzunehmen. Jedenfalls hat die Beklagte das entsprechende Vorbringen des Klägers nicht qualifiziert bestritten, indem sie konkret dargelegt hat, wie sie die Klausel zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Kläger habe die Klausel freiwillig akzeptiert (vgl. zur insoweit abgestuften Darlegungslast BAG vom 11.12.2013 - 10 AZR 286/13 Rn. 13, juris m. w. N.). Soweit die Beklagte darauf hingewiesen hat, dass die Vereinbarung vom 12.02.2009 einvernehmlich zwischen den Parteien zustande gekommen ist, steht dies der Anwendung der §§ 307 - 309 BGB nicht entgegen. Eine Einflussnahme des Arbeitnehmers auf den Inhalt der Klausel i. S. d. § 310 Abs. 3 Ziffer 2 BGB bzw. ein Aushandeln i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegt nur vor, wenn der Arbeitgeber seine Klausel deutlich und ernsthaft zur Disposition des Arbeitnehmers stellt und diesem die Möglichkeit einräumt, den Inhalt der fraglichen Klausel zu beeinflussen (vgl. BAG vom 11.12.2013 - 10 AZR 286/13 Rn. 13, juris m. w. N.). Dies war hier nicht der Fall. Im Übrigen würde die Ansicht der Beklagten dazu führen, dass keine Vertragsklausel mehr der Inhaltskontrolle nach §§ 307 - 309 BGB zu unterziehen wäre. Denn Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist immanent, dass sie einvernehmlich bei Vertragsabschluss oder anlässlich einer Vertragsänderung Teil des Vertrages werden.

bb) Die Klausel „Kündigt der Mitarbeiter vorher, entfällt die Treuevergütung.“ ist einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1, 2, 308, 309 BGB und nicht einer bloßen Transparenzkontrolle nach §§ 307 Abs. 1 Satz 2 zu unterziehen. Denn durch diese Klausel wird entgegen der Ansicht der Beklagten von Rechtsvorschriften abgewichen.

Bei dem nach § 4.4 zu zahlenden Treuebonus handelt es sich bereits nach dem Wortlaut um eine Sonderzahlung der Beklagten für erwiesene Betriebstreue. Dieser Zweck der Klausel wird auch von keiner Partei in Abrede gestellt. Die hier zu prüfende Klausel stellt eine Stichtagsregelung dar, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Mitarbeiter „vorher“, d. h. vor der Auszahlung des Dezembergehaltes 2014 das Arbeitsverhältnis kündigt.

Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, d. h. auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (vgl. BAG vom 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 Rn. 24; vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 m. w. N., beide juris). In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass mit Sonderzahlungen verbundene einzelvertragliche Stichtags- oder Rückzahlungsklauseln einen Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern dürfen und insoweit einer Inhaltskontrolle durch die Arbeitsgerichte gemäß § 307 BGB unterliegen (vgl. BAG vom 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 Rn. 24; vom 28.03.2007 - 10 AZR 261/06; vom 25.04.2007 - 10 AZR 634/06, alle juris).

cc) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Hierbei ist das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Interesse des Vertragspartners an der Ersetzung der Klausel durch das Gesetz abzuwägen. Bei dieser wechselseitigen Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner, bei dem auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten sind (vgl. zur Inhaltskontrolle BAG vom 17.03.2016 - 8 AZR 665/14 Rn. 22; vom 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 Rn. 23; vom 21.04.2005 - 8 AZR 425/04; vom 04.03.2004 - 8 AZR 196/03; vom 24.10.2002 - 6 AZR 632/00, alle juris), ist ein genereller, typisierender Maßstab anzulegen (vgl. BAG vom 17.03.2016 - 8 AZR 665/14 Rn. 22, vom 25.04.2007 - 5 AZR 627/06 m. w. N., beide juris).

(1) Nach den vom BAG für Rückzahlungsklauseln entwickelten Grundsätzen hängt die Dauer der zulässigen Bindung von der Höhe der Sonderzahlung ab (vgl. BAG vom 28.03.2007 - 10 AZR 261/06; vom 28.04.2004 - 10 AZR 356/03; vom 21.05.2003 - 10 AZR 390/02, alle juris). Es müssen Grenzwerte eingehalten werden. Werden diese überschritten, ist anzunehmen, dass der Arbeitnehmer durch die vereinbarte Rückzahlung in unzulässiger Weise in seiner durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindert wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG vom 21.05.2003 - 10 AZR 390/02 m. w. N., juris). In einem solchen Fall liegt eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB vor, die zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel führt. Eine am Jahresende gezahlte Zuwendung, die über 100 Euro, aber unter einem Monatsbezug liegt, kann den Arbeitnehmer bis zum 31. 3. des Folgejahres binden. Nur wenn die Zuwendung einen Monatsbezug erreicht, ist eine Bindung des Arbeitnehmers über diesen Termin hinaus zulässig (vgl. BAG vom 21.05.2003 - 10 AZR 390/02 m. w. N., juris). Erhält ein Arbeitnehmer eine Gratifikation, die ein zweifaches Monatsgehalt nicht erreicht, so kann er durch eine Rückzahlungsklausel jedenfalls dann nicht über den 30. 6. des folgenden Jahres gebunden werden, wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte (vgl. BAG vom 27.10.1978 - 5 AZR 754/77, juris). Diese Wertungen sind bei Stichtagsklauseln entsprechend anzuwenden (vgl. BAG vom 24.10.2007 - 10 AZR 825/06; vom 18.01.2012 - 10 AZR 667/10 Rn. 13, beide juris; Preis in: ErfK, 16. Aufl. 2016, § 611 BGB Rn. 547).

Vorliegend ist die Vereinbarung des Treuebonus dahingehend auszulegen, dass jeweils jährlich ein Anspruch des Klägers entsteht und diesem angerechnet, d. h. gutgeschrieben wird. Es erfolgt eine Anhäufung über 6 Jahre, eine Aufstockung um weitere 1.000,00 € und eine Auszahlung mit dem Dezembergehalt 2014 (vgl. zur Auslegung oben unter 1. a)). Mit diesem Inhalt bewirkt die am Maßstab des § 307 Abs. 1, 2 BGB zu prüfende Stichtagsregelung in Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009, dass der Arbeitnehmer, um bspw. den Treuebonus für das Jahr 2009 zu erhalten, weitere 5 Jahre an dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten festhalten muss. Dies geht weit über die vom Bundesarbeitsgericht für zulässig erachteten und mit der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 GG in Einklang zu bringenden Bindungsfristen hinaus und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Diese lange Bindungsfrist ist nicht durch anerkennenswerte Interessen der Beklagten gerechtfertigt. Zwar kann das Interesse der Beklagte, einen Arbeitnehmer durch die Zahlung einer Treueprämie an den Betrieb zu binden, um sich so dessen Wissen und Know-How zu sichern, im Rahmen einer Stichtagsregelung berücksichtigt werden. Die vorliegend von der Beklagten verwendete Klausel geht aber weit über das hierfür notwendige Maß hinaus. Mit ihr versucht die Beklagte, einseitig ihre Interessen auf Kosten der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers durchzusetzen.

(2) Selbst wenn man die für Rückzahlungsklauseln entwickelten zulässigen Bindungsfristen und mit ihnen verbundenen Wertungen nicht auf Stichtagsklauseln übertragen würde, wäre die vorliegend zu überprüfende Klausel nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Grundsätzlich ist das Interesse des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer für längere Zeit oder dauerhaft an den Betrieb zu binden, vor dem Hintergrund der Überlegung, dass er sich so die Arbeitskraft und das Wissen - vor allem bei Leistungsträgern oder Arbeitnehmern in Schlüsselpositionen - sichern möchte, anzuerkennen. Eine Treueprämie ist dabei in Geld ausgedrückt der Wert, den der Arbeitgeber dem Verbleib des Arbeitnehmers im Betrieb beimisst. Jedoch sind bei der im Rahmen des § 307 Abs. 1, 2 BGB anzustellenden Abwägung ebenso die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Dieser ist in der Verwertung seiner Arbeitskraft frei, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG. Die vom Arbeitgeber mit einer Stichtagsklausel bezweckte Bindung des Arbeitnehmers darf daher dessen Berufsfreiheit nicht unangemessen beeinträchtigen. Dies tut jedoch die vorliegende Klausel, indem sie bspw. vom Arbeitnehmer verlangt, für weitere 5 Jahre seine Arbeitskraft ausschließlich der Beklagten zur Verfügung zu stellen, um die ihm für 2009 gutgeschriebene Treueprämie zu erhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich im konkreten Fall das im Übermaßanteil der Klausel in zu beanstandender Weise geregelte Risiko realisiert hat. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall (vgl. BAG vom 17.03.2016 - 8 AZR 665/14 Rn. 26; vom 26.09.2013 - 8 AZR 1013/12 Rn. 23; vom 28.05.2013 - 3 AZR 103/12 Rn. 21; vom 22.07.2010 - 6 AZR 847/07 Rn. 18, alle juris).

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass mit der vorliegenden Klausel die Beklagte das wirtschaftliche Risiko ihrer unternehmerischen Betätigung im Hinblick auf den Treuebonus vollständig auf den Arbeitnehmer abwälzt, ohne dass diesem ein angemessener Ausgleich in Form bspw. einer Absicherung für den Insolvenzfall oder einer Verzinsung gewährt wird. Hat sich der Arbeitnehmer über den Zeitraum von sechs Jahren betriebstreu verhalten, kann er seinen Anspruch im Insolvenzfall dennoch nur zur Tabelle anmelden und ist auf die Quote beschränkt.

Insgesamt versucht die Beklagte mit der vorliegenden Klausel, ihr Interesse an einer möglichst langen Bindung des Arbeitnehmers einseitig auf dessen Kosten und unter übermäßiger, nicht mehr zu rechtfertigender Beeinträchtigung seiner Berufsfreiheit, Art. 12 GG, durchzusetzen, ohne dass dies durch entsprechende Vorteile angemessen ausgeglichen wird. Damit ist die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der verfassungsrechtlichen Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren und unwirksam.

dd) Die Unwirksamkeit der vorliegenden Stichtagsregelung folgt daneben aus dem Umstand, dass sie nicht danach differenziert, aus wessen Sphäre der Grund für die Vertragsbeendigung bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers stammt und auch Fälle erfasst, in denen der Arbeitnehmer aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten berechtigterweise das Arbeitsverhältnis selbst löst.

Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 knüpft die Zahlung des Treuebonus daran an, dass der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis nicht vorher, d. h. vor dem Auszahlungsstichtag (Zahlung des Dezembergehaltes 2014) kündigt. Bei einer typisierenden Betrachtungsweise erscheint es jedoch nicht interessengerecht, dem Arbeitnehmer den Treuebonus im Falle eines nicht in seinen Verantwortungsbereich fallenden Kündigungsgrundes vorzuenthalten, obwohl er sich in den Jahren, für die ihm der Treuebonus angerechnet worden ist, betriebstreu verhalten hat.

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 18.01.2012 - 10 AZR 667/10 für eine Sonderzuwendung, die nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern der Honorierung künftiger oder erwiesener Betriebstreue dient, entschieden, dass eine Klausel, die allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, auch zulässig sein kann, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht (vgl. BAG vom 18.01.2012 - 10 AZR 667/10 Rn. 14 m. w. N., juris; dem folgend BAG vom 22.07.2014 - 9 AZR 981/12 Rn. 28 f., juris).

Dieser Auffassung folgt die Kammer für die vorliegende Klausel nicht. Dabei ist bereits zweifelhaft, ob die vorgenannte Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation anzuwenden ist. Denn vorliegend erfasst die zu prüfende Klausel nicht betriebsbedingte Kündigungen der Beklagten. Diese sind vielmehr in einem eigenen Satz 4 in § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 geregelt, der eine anteilige Zahlung der jährlich kumulierten Treueboni vorsieht. Von Satz 3 des § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 sind hingegen Arbeitnehmerkündigungen erfasst, allerdings auch solche, deren Grund in der Sphäre des Arbeitgebers liegt, bspw. eine ordentliche/außerordentliche Kündigung wegen Verletzung der Entgeltzahlungspflicht der Arbeitgeberin.

Jedenfalls aber erscheint es der Kammer bei der vorliegenden Klausel interessenwidrig, dass der Arbeitnehmer bspw. den ihm für 2009 angerechneten Treuebonus verlieren soll, wenn er vor Auszahlung des Dezembergehaltes 2014 aus Gründen kündigt, die der Arbeitgeber zu verantworten hat, obwohl er 2009 und weitere nahezu 5 Jahre betriebstreu war. Mit den Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts, die es bei Rückzahlungsklauseln von Fortbildungskosten angestellt hat (vgl. hierzu u. a. BAG vom 28.05.2013 - 3 AZR 103/12 Rn. 17 f., juris), ist die Bindung der Zahlung des Treuebonus an einen Stichtag, der im Extremfall 5 Jahre nach Entstehen des Bonusanspruchs liegt, unangemessen benachteiligend, wenn nicht danach unterschieden wird, aus wessen Sphäre der Kündigungsgrund stammt. Die Stichtagsklausel greift zwar nicht in das Synallagma von erbrachter Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt ein. Dennoch sieht sich der Arbeitnehmer vor einer fehlgeschlagenen „Investition“, wenn er sich bis zur Entstehung des Anspruchs auf den Treuebonus und noch darüber hinaus betriebstreu verhalten hat, diesen Anspruch sodann aber wieder verliert, obwohl er aus Gründen kündigt, die nicht in seiner Sphäre liegen. So kommt dem bspw. in dem Fall, dass der Arbeitnehmer im Jahr 2014 kündigt, weil der Arbeitgeber über mehrere Monate seiner Entgeltzahlungspflicht nicht nachkommt, der Arbeitnehmer aber auf die Verwertung seiner Arbeitskraft zur Erzielung seines Lebensunterhaltes angewiesen ist, ein unangemessen benachteiligender Charakter zu, weil der Arbeitnehmer nicht nur quasi gezwungenermaßen seinen Arbeitsplatz aufgibt, sondern auch noch die für die Vorjahre angerechneten Treueboni verlieren soll. Dies ist mit der gesetzlichen Konzeption des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.

c) Die Unwirksamkeit von Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung der Vereinbarung im Übrigen. Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 kann nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, der eine gerade noch zulässige Bindungsdauer oder eine Berücksichtigung, aus wessen Sphäre der Kündigungsgrund stammt, enthielte. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist (vgl. BAG vom 17.03.2016 - 8 AZR 665/14 Rn. 29; vom 13.12.2001 - 3 AZR 791/09 Rn. 30, beide juris).

Entgegen der Ansicht der Beklagten führt die Unwirksamkeit dieser Klausel nicht zum vollständigen Fortfall von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 und damit der vertraglichen Grundlage für den streitgegenständlichen Anspruch. Von der Unwirksamkeitsfolge des § 307 Abs. 1 BGB ist nur Satz 3 von § 4.4 der Vereinbarung vom 12.02.2009 erfasst. Im Übrigen bleibt die Vereinbarung bestehen, § 306 Abs. 1 BGB.

d) Der Zinsanspruch ab 01.01.2015 folgt aufgrund der Fälligkeitsregelung („Auszahlung mit dem Dezembergehalt 2014“) unter Berücksichtigung von § 614 Satz 2 BGB aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, 2 Ziffer 1, Abs. 4, 247 BGB, ohne dass zuvor eine Mahnung erforderlich war.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97, 516 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten ihrer Berufungen zu tragen, soweit sie sie zurückgenommen haben. Zusätzlich fallen der Beklagten die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels zur Last. Dabei ist von einem fiktiven Gesamtstreitwert in Höhe von 17.430,77 € auszugehen. Der Kläger hat seine Berufung im Wert von 6.511,47 € zurückgenommen, die Beklagte ihre im Wert von 919,30 €. Die erfolglose Berufung der Beklagten betraf einen Zahlungsanspruch in Höhe von 10.000,00 €. Hieraus ergibt sich die tenorierte Kostenquote für die Berufung.

Die Revisionszulassung beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1, 2 ArbGG.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 01. Juli 2016 - 3 Sa 426/15

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 01. Juli 2016 - 3 Sa 426/15

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Mai 2008 - 8 Sa 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, welche tariflichen Regelungen aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind und in diesem Zusammenhang über eine Zahlung nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 vom 8. Juni 2006 (TV EZ) .

2

Der Kläger ist seit dem 1. November 1995 bei der nicht tarifgebundenen Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Erzieher beschäftigt. Er erhielt zuletzt eine Vergütung nach der VergGr. Vb der Anlage 1 zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). In dem mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Arbeitsvertrag vom 6. Oktober 1995 heißt es ua.:

        

„2.

Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge.

        

…       

        
        

8.   

Der Mitarbeiter erhält jährlich 32 Tage Erholungsurlaub.

        

9.   

Der Mitarbeiter erhält die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung im Versorgungswerk VBLU zu Beginn des Arbeitsverhältnisses oder zu jedem späteren Zeitpunkt abzuschließen.“

3

Am 1. November 2006 trat der am 12. Oktober 2006 geschlossene Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder(TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) in Kraft. Bereits am 8. Juni 2006 schlossen die Tarifvertragsparteien des TV-L den TV-EZ. Die Beklagte wendet nicht diese Tarifverträge, sondern nach wie vor die Bestimmungen des BAT auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis an.

4

Mit seiner Klage will der Kläger die Anwendung der Nachfolgetarifverträge zum BAT für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder auf sein Arbeitsverhältnis festgestellt wissen. Mit Klageerweiterung vom 5. Juli 2007 hat er - soweit für die Revision von Bedeutung - eine Einmalzahlung auf Basis der Entgeltgruppe 9 TV-L nach dem TV-EZ für das Jahr 2007 iHv. 210,00 Euro brutto verlangt. Die Anwendung der angeführten Tarifverträge ergebe sich aus einer ergänzenden Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Im Arbeitsvertrag sei eine planwidrige Regelungslücke entstanden. Hätten die Parteien diese bei Abschluss des Arbeitsvertrages erkannt, wäre nur eine Bezugnahme auf die Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes der Länder in Betracht gekommen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.   

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) anwendbar ist, mit der Ausnahme, dass sich die Altersversorgung nach vertraglichen Vereinbarungen richtet,

        

2.   

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2007 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der nach wie vor bestehende BAT sei weiterhin für das Arbeitsverhältnis maßgebend. Die vertragliche Regelung sei nicht lückenhaft. Der TV-L habe den BAT nicht abgelöst. Zudem könne nicht vom Willen der Parteien ausgegangen werden, das gegenüber dem BAT völlig neue Tarifwerk des TV-L anzuwenden. Durch die dynamische Bezugnahme auf den BAT hätten die Parteien ein Regelwerk vereinbaren wollen, welches über Jahrzehnte auch den Rahmenbedingungen des schwächsten der drei auf Arbeitgeberseite Beteiligten Rechnung getragen habe. Dies sei durch die Auflösung der Tarifgemeinschaft nicht mehr gewährleistet.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet.

9

I. Die Klage ist auch hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 1) zulässig.

10

1. Der Feststellungsantrag zu 1) bedarf der Auslegung. Nach dem Vorbringen des Klägers will er nicht nur die Anwendbarkeit des TV-L und des TVÜ-L auf sein Arbeitsverhältnis geklärt wissen, sondern auch die derjenigen Tarifverträge, die - entsprechend dem Inhalt der Bezugnahmeklausel in Nr. 2 des Arbeitsvertrages - „die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“ bilden. Die im Antrag genannten Tarifverträge sollen anstelle des in der Bezugnahmeklausel genannten BAT neben den weiteren dort aufgeführten Zusatztarifverträgen maßgebend sein. Dies zeigt auch das klägerische Anliegen, dass er die einschlägigen Vergütungstarifverträge einschließlich des TV EZ für sein Arbeitsverhältnis als maßgebend ansieht. Ein entsprechendes Verständnis seines Antrages hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch klargestellt.

11

2. Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig. Eine Feststellungsklage kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken - sog. Elementenfeststellungsklage -. Auch die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrages oder Tarifwerkes auf ein Arbeitsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein(st. Rspr., s. nur BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 11 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 66 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 39 ).

12

II. Die Klage ist auch begründet.

13

1. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Inhalt des Arbeitsverhältnisses des Klägers richtet sich seit 1. November 2006 nicht mehr nach dem BAT. Es finden vielmehr der TV-L, der TVÜ-L sowie die dazu geschlossenen Zusatztarifverträge Anwendung. Das ergibt eine ergänzende Auslegung der Nr. 2 des Arbeitsvertrages.

14

a) Nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis „die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die dazu abgeschlossenen Zusatzverträge“. Diese Vereinbarung enthält eine dynamische Bezugnahme, die den TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge zunächst nicht erfasst.

15

aa) Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt es sich um einen Formularvertrag, dessen Nr. 2 als Allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12 mwN, NZA 2010, 401). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., vgl. nur BAG 30. August 2000 - 4 AZR 581/99 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 95, 296). Dies gilt auch für Verweisungsklauseln (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 24, BAGE 122, 74).

16

bb) Danach enthält Nr. 2 des Arbeitsvertrages eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT einschließlich der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestattet ist.

17

(1) In Nr. 2 des Arbeitsvertrages knüpfen die Parteien hinsichtlich der Arbeitsbedingungen an die für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie zeitdynamisch. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Für das Arbeitsverhältnis sollen die Bestimmungen des BAT und die hierzu abgeschlossenen Zusatztarifverträge in der jeweils gültigen Fassung gelten. Damit wollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten in ihrem Betrieb das im öffentlichen Dienst geltende Tarifwerk - vorbehaltlich anderer Bestimmungen des Arbeitsvertrages hinsichtlich der günstigeren Urlaubsregelung in Nr. 8 und der Zusatzversorgung des Arbeitnehmers in Nr. 9 - anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung nachvollziehen. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen sind(BAG 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338, 343; s. auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, NZA 2010, 401). Dass die Bezugnahme - jedenfalls im Rahmen des Bezugsobjekts BAT - dynamisch sein sollte, ist zwischen den Parteien nicht streitig und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

18

(2) Die Bezugnahme erfasst nach ihrem Wortlaut allerdings nicht den den BAT ersetzenden TV-L und die hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge. Der TV-L ist keine „gültige Fassung“ des BAT. Nr. 2 des Arbeitsvertrages ist zeitdynamisch ausgestaltet, jedoch nicht inhaltsdynamisch(so auch BAG 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154).

19

Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“ Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag enthalten war(dazu BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 25 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41; 10. Juni 2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, ZTR 2010, 154 ), nicht in den Arbeitsvertrag der tarifungebundenen Parteien aufgenommen.

20

Ein anderes folgt nicht aus § 2 Abs. 1 TVÜ-L. Mit dieser Bestimmung werden ua. der BAT sowie der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT vom 31. Januar 2003 durch den TV-L ersetzt. Die Tarifvertragsparteien haben zu § 2 Abs. 1 TVÜ-L zwar eine Niederschriftserklärung abgegeben, nach der sie davon ausgehen, dass der TV-L und der TVÜ-L das bisherige Tarifrecht auch dann ersetzen, wenn arbeitsvertragliche Bezugnahmen nicht ausdrücklich den Fall der ersetzenden Regelung beinhalten. Diese von nicht am Arbeitsvertrag Beteiligten erfolgte Niederschriftserklärung ist für die Auslegung einer einzelvertraglichen Bezugnahmeklausel aber ohne Bedeutung(so auch BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 15, NZA 2010, 401).

21

b) Die Anwendbarkeit der Regelungen der vom Kläger angeführten Tarifverträge ergibt sich allerdings aufgrund einer ergänzenden Auslegung des Arbeitsvertrages. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält infolge einer Tarifsukzession eine spätestens am 1. November 2006 nachträglich eingetretene Regelungslücke, die im Wege einer zulässigen ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist.

22

aa) Der Arbeitsvertrag ist, weil er nachträglich lückenhaft geworden ist, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich.

23

(1) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist, dass eine Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist(BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 31, AP BetrAVG § 2 Nr. 60). Eine Regelungslücke liegt dabei nur vor, wenn die Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für nicht regelungsbedürftig gehalten haben, und diese Annahme sich nachträglich als unzutreffend herausstellt (BAG 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO). Von einer Planwidrigkeit kann nur die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zu Grunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 431/07 - Rn. 25; 21. April 2009 - 3 AZR 640/07 - Rn. 33, aaO).

24

(2) Danach ist die Bestimmung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages lückenhaft.

25

Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltende tarifliche Regelungswerk ergibt sich der Wille der Parteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Das Arbeitsverhältnis wird in seiner Entwicklung an diejenigen Arbeitsbedingungen gebunden, die für die Arbeitnehmer gelten, die von dem in Bezug genommenen Tarifvertrag erfasst werden.

26

Die Parteien haben allerdings bei Abschluss des Arbeitsvertrages die nun tatsächlich eingetretene Situation nicht bedacht, dass nämlich das dynamisch in Bezug genommene Regelwerk des BAT nicht mehr fortgeführt werden könnte. Für diesen Fall fehlt deshalb eine Regelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages. Durch die weitestgehende Ersetzung des BAT für den Bereich des Bundes und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst(TVöD) vom 13. September 2005 (§ 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-Bund]; § 2 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA], jew. vom 13. September 2005) und für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L vom 12. Oktober 2006 nach § 2 TVÜ-L ist der Vertrag spätestens seit dem 1. November 2006 lückenhaft geworden.

27

(3) Entgegen der Auffassung der Revision kann eine nachträgliche Regelungslücke nicht deshalb verneint werden, weil der BAT noch fortbestehe und mit seinem - statischen - Inhalt das Arbeitsverhältnis der Parteien noch regeln könne. Ein solches Verständnis ist weder mit dem Wortlaut der Klausel noch mit dem Zweck einer zeitdynamischen Bezugnahme vereinbar. Es träte eine statische Fortgeltung der bereits heute überholten tariflichen Rechtslage des Jahres 2003 ein. Der ersichtliche Regelungswille der Parteien betraf die Einbeziehung der tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst für die Angestellten in ihrer jeweiligen Entwicklung. Für die von dem in Bezug genommenen BAT unmittelbar erfassten Arbeitsverhältnisse hat sich die typischerweise an die tatsächliche Entwicklung angepasste Tarifentwicklung fortgesetzt. Es sind die Nachfolgetarifverträge zum BAT an dessen Stelle getreten.

28

(4) Eine Lücke kann nicht deshalb verneint werden, weil die Vertragsparteien - wie die Revision es anführt - sich mit der vertraglichen Bezugnahme nur an den jeweiligen BAT binden wollten, die Dynamik aber nicht mehr zum Tragen kommen sollte, wenn es zu verschiedenen Nachfolgetarifverträgen kommen sollte. Für eine solche beiderseitige Vorstellung fehlt es sowohl in der vertraglichen Regelung als auch im Übrigen an Anhaltspunkten. Hiergegen spricht zudem, dass die Parteien, wie es das Landesarbeitsgericht für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend festgestellt hat, eine fehlende Fortführung des BAT nicht bedacht haben, also gerade von dessen ununterbrochener Fortsetzung ausgegangen sind. Nur wenn die Parteien die tatsächliche Entwicklung bedacht hätten, könnte überhaupt von einem diesbezüglichen Regelungswillen ausgegangen werden, wie ihn die Beklagte geltend macht. Nur in diesem Fall könnte es entgegen der in der Bezugnahmeklausel vereinbarten Dynamik bei einer - nunmehr im Ergebnis statischen - Anwendung des BAT verbleiben und es deshalb an einer Vertragslücke fehlen.

29

(5) Ohne Erfolg ist auch der weitere Einwand der Beklagten, der BAT gelte nach wie vor in Berlin und - jedenfalls bis Ende des Jahres 2009 bis zum Inkrafttreten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen vom 1. September 2009 am 1. Januar 2010 - in Hessen. Sowohl die Beklagte als auch ihre Rechtsvorgängerin sind und waren in Hamburg ansässig. Anhaltspunkte dafür, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel beziehe sich hinsichtlich ihrer Dynamik nicht auf die Entwicklung, wie sie die Tarifvertragsparteien des BAT durch dessen Ersetzung mittels der Nachfolgetarifverträge TVöD und TV-L gestaltet haben, sondern lediglich auf die in den beiden von ihr genannten Ländern, die selbst nicht unmittelbar Tarifvertragspartei des BAT gewesen sind, entstandene, sind weder der vertraglichen Vereinbarung zu entnehmen noch sonst vorgetragen oder ersichtlich.

30

bb) Die mit der Ersetzung des BAT durch den TV-L spätestens am 1. November 2006 entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Diese ergibt, dass die Parteien den TV-L und die zu diesem geschlossenen Zusatztarifverträge in Bezug genommen hätten.

31

(1) Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Klausel diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Geschäftsbedingung bekannt gewesen wäre(etwa BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22, NZA 2010, 401 ; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; BGH 4. Juli 2002 - VII ZR 502/99 - zu B II 2 b aa der Gründe, BGHZ 151, 229; 13. November 1997 - IX ZR 289/96 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 153). Die ergänzende Vertragsauslegung im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise, ausgerichteten Maßstab, und nicht nur am Willen und Interesse der konkret beteiligten Personen (BGH 7. März 1989 - KZR 15/87 - zu II 1 der Gründe mwN, BGHZ 107, 273). Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen typisierten Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend schließt (BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Das gilt auch, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der Dinge ergeben hat (BGH 6. Juli 1989 - III ZR 35/88 - zu II 4 a, d der Gründe, NJW-RR 1989, 1490). Zunächst ist hierfür an den Vertrag selbst anzuknüpfen, denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

32

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden Tarifsukzession des im Arbeitsvertrag benannten tariflichen Regelungswerkes das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes vereinbart, weil eine statische Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Zeitpunkt der hier vorliegenden Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach(oben unter aa [2]). Weiterhin hätten die Vertragsparteien von den nach der Tarifsukzession in Betracht kommenden Tarifwerken des öffentlichen Dienstes die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart.

33

(a) Die Parteien hätten, wenn sie die im Bereich des BAT in den Jahren 2005 und 2006 eingetretene Tarifsukzession vorhergesehen hätten, die an die Stelle des BAT nachfolgenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes vereinbart.

34

(aa) Die Parteien haben die nähere Ausgestaltung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses - mit Ausnahme der Regelungsbereiche betriebliche Altersversorgung und Erholungsurlaub - mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk des BAT für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut. Allein die im Arbeitsvertrag abweichend vereinbarte Regelung hinsichtlich einer Zusatzversicherung beim Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V. (VBLU) sowie die gegenüber dem BAT für den Kläger günstigere Urlaubsregelung hindert entgegen der Auffassung der Beklagten eine solche Annahme nicht. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besondere Verwendung einer Verweisung auf lediglich einzelne Bestimmungen des BAT, die mit anderen arbeitsvertraglichen Regelungen auch innerhalb einzelner Regelungsbereiche verknüpft werden, sondern - mit Ausnahme der Bestimmungen in Nr. 8 und 9 des Arbeitsvertrages - um eine pauschale Anknüpfung an das in Nr. 2 genannte Tarifwerk hinsichtlich aller weiteren wesentlichen Arbeitsbedingungen und damit an die allgemein für den öffentlichen Dienst im Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen. Die Beklagte hat - anders als in der besonders gelagerten und vom vorliegenden Rechtsstreit abweichenden Fallgestaltung in der Entscheidung des Senats vom 10. Juni 2009 (- 4 AZR 194/08 - ZTR 2010, 154) - nicht mehrere Elemente aus verschiedenen Normenwerken in einer eigenständigen Vertragsregelung miteinander verbunden.

35

Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrages. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 24, NZA 2010, 401). Deshalb greift auch der Einwand der Beklagten nicht, die Parteien hätten sich nicht an ein ihnen unbekanntes Tarifwerk binden wollen.

36

(bb) Entgegen der Auffassung der Revision steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der vertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel nicht um eine sog. Tarifwechselklausel oder große dynamische Verweisungsklausel handelt.

37

Bei der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich bereits nicht um einen Tarifwechsel iSd. Rechtsprechung des Senats zu arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln, sondern um eine von den denselben Tarifvertragsparteien vereinbarte Tarifsukzession innerhalb des Anwendungsbereichs des bisherigen Tarifvertrages(ausf. BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 24 ff. mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 38 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41). Schon deshalb ist eine sog. Tarifwechselklausel für den Klageerfolg nicht erforderlich. Im Übrigen dürfte es bei Vereinbarung einer wirksamen sog. Tarifwechselklausel regelmäßig schon an einer Lücke als Voraussetzung für eine ergänzende Auslegung fehlen (vgl. BAG 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - Rn. 17 ff. mwN, BAGE 124, 34). Es führt in einem solchen Fall bereits die Vertragsauslegung zur Inbezugnahme jedenfalls der an die Stelle des BAT tretenden Nachfolgetarifverträge.

38

(b) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleichlautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen Regelungen des TVöD(Bund und Kommunen) und des TV-L ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung weiterhin zu bestimmen, welche Nachfolgeregelung nach Nr. 2 des Arbeitsvertrages maßgebend sein soll, also welches Tarifwerk die Parteien in Bezug genommen hätten, wenn sie die eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten. Das ist vorliegend das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

39

(aa) Auszugehen ist dabei von der Bezugnahmeklausel. Lässt sich aus dieser - wie hier - nicht zweifelsfrei feststellen, welches der dem BAT nachfolgenden Tarifwerke nunmehr Anwendung finden soll, ist dies nach Sinn und Zweck einer Inbezugnahme tariflicher Regelungen zu ermitteln. Der Zweck der dynamischen Verweisung auf Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes ist es zunächst, am öffentlichen Dienst orientierte Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zugleich weist eine solche Klausel auf ein Interesse des Arbeitgebers hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden(zur Inbezugnahme der Vergütungsregelungen des BAT BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 26, NZA 2010, 401).

40

(bb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, bestehen keine Anknüpfungspunkte, die eine Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zum Bund oder den Gemeinden ergeben könnten. Deshalb ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitsvertragsparteien, wäre ihnen eine künftige Tarifsukzession bekannt gewesen, die Anwendung des TV-L und der hierzu geschlossenen Zusatztarifverträge vereinbart hätten.

41

Fehlt es an Hinweisen, die eine Orientierung an den tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes für die Angestellten des Bundes oder der durch die VKA vertretenen kommunalen Arbeitgeberverbände und ihrer Mitglieder erkennen lassen, kann nicht angenommen werden, dass die Parteien die für diesen Bereich geltenden Nachfolgeregelungen vereinbart hätten. Deshalb kann bei den drei hier in Betracht kommenden Nachfolgetarifverträgen des BAT nicht angenommen werden, der TVöD für den Bereich des Bundes oder für den der Kommunen wäre vereinbart worden. Insoweit macht auch die Revision nicht - wenigstens hilfsweise - geltend, bei einer ergänzenden Vertragsauslegung könne der TVöD zur Anwendung kommen.

42

(cc) Soweit die Revision anführt, die Parteien hätten entgegen den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht übereinstimmend erklärt, die Regelungen des TV-L und des TVÜ-L seien die sachnäheren Regelungswerke, ist diese Rüge jedenfalls unerheblich. Denn unabhängig davon ergibt sich aus den vorstehend angeführten Gründen bereits eine Bezugnahme des TV-L und des TVÜ-L einschließlich der entsprechenden Zusatztarifverträge im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.

43

Darüber hinaus hat die Beklagte in dem von der Revision angeführten Vorbringen in der Berufungsinstanz keinen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts entgegenstehenden Sachvortrag gehalten. Soweit sie dort geltend gemacht hat, bereits der BAT führe zu „nicht mehr marktgerecht hohen Gehältern insbesondere durch seine diversen Zulagen“, weshalb ein „Einfrieren selbstverständlich folgerichtig“ sei, und weiterhin anführt, der TV-L bedeute „durch seine Übergangsregelungen einen Kostenanstieg“, wendet sie sich nicht gegen die Sachnähe des TV-L, sondern gegen das Vergütungsniveau des öffentlichen Dienstes insgesamt. Dieser Einwand richtet sich sowohl gegen den unstreitig in Bezug genommenen BAT als auch den TV-L. Diese Argumentation ließe sich gleichermaßen gegen den TVöD als Nachfolgeregelung anführen. Ein Argument für oder gegen die größere Sachnähe eines bestimmten Nachfolgetarifvertrages des BAT im Verhältnis zu einem anderen Nachfolgetarifvertrag ergibt sich daraus nicht. Deshalb hat das Landesarbeitsgericht entgegen der Annahme der Revision bei seiner Beweiswürdigung - genauer: der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme -, die durch das Revisionsgericht nur beschränkt auf die Wahrung der Voraussetzungen und Grenzen von § 286 ZPO überprüfbar ist(BAG 12. März 1997 - 5 AZR 766/95 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 85, 237; 19. April 2005 - 9 AZR 184/04 - Rn. 38, AP BErzGG § 15 Nr. 43 = EzA BErzGG § 15 Nr. 14; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 45), keinen Vortrag der Beklagten als wesentlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen.

44

(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus dem von der Beklagten angeführten Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitgeberseite nicht mehr in gleicher Form an(nur) einem Nachfolgetarifvertrag beteiligt sind. Der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel kann nicht entnommen werden, dass ihre Dynamik dann entfallen soll, wenn auf Arbeitgeberseite nicht mehr alle Tarifvertragsparteien beteiligt sein sollten. Die von der Beklagten angeführten unterschiedlichen Arbeitszeit- und Sonderzahlungsregelungen im Bereich des TVöD gegenüber denen im Bereich des TV-L stehen in Anbetracht der geringen Unterschiede zwischen den beiden Tarifwerken einer unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben erfolgenden ergänzenden Vertragsauslegung einer dynamischen Bezugnahmeklausel, die die Arbeitsvertragsbedingungen ja von vornherein an sich ändernde Tarifbestimmungen koppelt, nicht entgegen.

45

(ee) An der Richtigkeit der vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung ändert auch der Einwand der Revision nichts, der TV-L enthalte anders als der BAT nur „rudimentäre“ Bestimmungen zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft, es sei für die Beklagte aber essentiell gewesen, wegen solcher Regelungen die Bezugnahme des BAT zu vereinbaren, solange alle drei Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite einen gemeinsamen Tarifvertrag ausgehandelt hätten, seien auch die Interessen derjenigen Arbeitgeber bedacht worden, die auf Bereitschaftszeitregelungen angewiesen seien.

46

Hierbei handelt es sich um einen nach § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz unzulässigen neuen Tatsachenvortrag. Im Übrigen hat die Beklagte auch nicht näher dargetan, inwieweit die Regelungen zum Bereitschaftsdienst, die § 7 Abs. 3 TV-L enthält, für ihren Betrieb von den Bestimmungen des § 15 Abs. 6a BAT iVm. Nr. 5 SR 2b BAT derart abweicht, dass nicht mehr von einer dem ursprünglichen Vertragswillen ergänzend zu entnehmenden Bezugnahme des TV-L ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der von der Revision in diesem Zusammenhang erstmals angeführten Regelungen zur Vergütung von Bereitschaftsdienst gelten zudem nach § 8 Abs. 6 Satz 2 TV-L „die in dem jeweiligen Betrieb/der jeweiligen Verwaltung/Dienststelle am 31. Oktober 2006 jeweils geltenden Bestimmungen fort“, bis das „Entgelt für Bereitschaftsdienst … durch besonderen Tarifvertrag“ nach Satz 1 der tariflichen Bestimmung geregelt ist.

47

(c) Entgegen der Auffassung der Revision kann schließlich nicht angenommen werden, die Arbeitsvertragsparteien hätten bei Kenntnis der weiteren Entwicklung auf den Tarifvertrag für die Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V.(TV AVH vom 19. September 2005, derzeit idF vom 28. Oktober 2008) oder den Kirchlichen Tarifvertrag Diakonie (KTD vom 15. August 2002, derzeit idF vom 16. März 2009) verwiesen.

48

(aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, die Arbeitsvertragsparteien hätten den TV AVH vereinbart, ist nach den genannten Grundsätzen nicht möglich. Die Parteien haben bereits dessen Vorläuferregelung, den MTV Angestellte(vom 1. August 1961, in der Neufassung vom 23. März 1993), nicht in der arbeitsvertraglichen Abrede aus dem Jahre 1995 in Bezug genommen, sondern den auf Arbeitgeberseite von Bund, Ländern und Kommunen geschlossenen BAT. Deshalb kann nicht angenommen werden, sie hätten zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Fall, dass sie die Lückenhaftigkeit der Vertragsregelung erkannt hätten, die Anwendung eines Tarifwerks vereinbart, an dem auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner beteiligt ist.

49

(bb) Gleiches gilt für den von der Beklagten angeführten KTD. Auch hier handelt es sich um einen von einem anderen Arbeitgeberverband - dem Verband kirchlicher und diakonischer Anstellungsträger Nordelbien - geschlossenen Tarifvertrag, der zudem zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses noch nicht existierte.

50

2. Begründet ist auch der Klageantrag zu 2). Der Anspruch auf die geltend gemachte Einmalzahlung ergibt sich aus der Bezugnahmeregelung in Nr. 2 des Arbeitsvertrages iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ.

51

a) Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ werden mit den Bezügen für den Monat Januar 2007 in den Entgeltgruppen E 9 bis E 12 als Einmalzahlung 210,00 Euro ausgezahlt. Der Kläger, der nach der VergGr. Vb BAT vergütet wurde, ist nach § 3, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-L iVm. der Anlage 2(Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung), Teil A, der Entgeltgruppe 9 TV-L zugeordnet und kann daher diesen Betrag beanspruchen.

52

b) Der Kläger hat die Einmalzahlungen rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des § 37 TV-L geltend gemacht. Die mit den Bezügen für Januar 2007 auszuzahlende Einmalzahlung nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) TV EZ hat der Kläger mit der am 10. Juli 2007 der Beklagten zugestellten Klageerweiterung geltend gemacht und so die sechsmonatige Frist ab Fälligkeit des Anspruchs gewahrt. In der Zustellung der Klageerweiterung an die Beklagte liegt hinsichtlich der Einmalzahlung eine rechtzeitige schriftliche Geltendmachung(BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 34, NZA 2010, 401; s. auch BAG 9. Juli 2008 - 5 AZR 518/07 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 21 = EzA ZPO 2002 § 249 Nr. 1).

53

c) Der Zinsanspruch für die Einmalzahlung ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

54

III. Die Kosten der erfolglosen Revision hat nach § 97 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber    

        

        

        

    Görgens    

        

    Th. Hess    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. Februar 2013 - 12 Sa 904/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über die Wirksamkeit einer Mandantenübernahmeklausel.

2

Der Beklagte war auf Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 22. März 2004 seit 15. April 2004 bei der Klägerin, einer Rechtsanwaltsgesellschaft, in deren Niederlassung in Osnabrück als Rechtsanwalt beschäftigt.

3

Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine „Tantiemeregelung“ mit der Bitte, diese zu unterzeichnen, und teilte ihm gleichzeitig mit, dass sein Fixgehalt mit Wirkung ab 1. Oktober 2007 angehoben werde. Nach Gesprächen zwischen den Parteien kam es am 6. November 2007 zur Unterzeichnung einer Vereinbarung. Diese blieb bis auf die Hinzufügung einer salvatorischen Klausel als Ziff. 7 und die Begrenzung der Tantiemevereinbarung auf das Geschäftsjahr 2007/2008 gegenüber dem Entwurf unverändert. In der Vereinbarung heißt es ua.:

„5. Diese Vereinbarung gilt zunächst ausschließlich für das Geschäftsjahr 2007/2008.

6. Unabhängig von der vorstehenden Laufzeit der Tantiemevereinbarung vereinbaren die Parteien darüber hinaus folgende Ergänzung ihres Anstellungsvertrages:

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, 20 % der Nettohonorare, die er innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages mit Mandanten, die während des laufenden Anstellungsvertrages von der Gesellschaft betreut wurden, verdient, an die Gesellschaft abzuführen. Die erzielten Honorare sind der Gesellschaft pro Quartal durch Vorlage von Kopien der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen. Von der vorstehenden Klausel erfasst werden nur diejenigen Mandanten, welche vom Standort Osnabrück oder dem Mitarbeiter ganz oder teilweise betreut wurden.“

4

Mit Schreiben vom 8. November 2007 wurde dem Beklagten Gesamtprokura erteilt. In den Folgejahren wurde die Tantiemevereinbarung weiter angewandt.

5

Der Beklagte kündigte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. Juni 2011 und nahm unmittelbar im Anschluss eine Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt für die P AG auf. Die neue Arbeitgeberin des Beklagten und die Klägerin sind in derselben Immobilie in Osnabrück ansässig. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 forderte die Klägerin den Beklagten auf, auf der Grundlage der Mandantenübernahmeklausel vom 6. November 2007 Auskunft zu erteilen, was nicht geschah.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund der Mandantenübernahmeklausel verpflichtet, Auskunft zu erteilen und Honorare abzuführen. Sie habe Anhaltspunkte, dass er für seine neue Arbeitgeberin zumindest teilweise dieselben Kunden rechtlich berate, welche er vorher bei der Klägerin betreut habe. Der Beklagte habe fast seinen gesamten Umsatz bei der Klägerin mit fünf Mandanten gemacht; nach seinem Weggang habe sich ihr Nettoumsatz hinsichtlich dieser Mandate in knapp einem Jahr auf etwa 1/10 reduziert.

7

Die Mandantenübernahmeklausel sei wirksam. Bei den Bestimmungen der Vereinbarung vom 6. November 2007 handle es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 ff. BGB. Zwar habe die Klägerin die Bestimmung in die Verhandlung eingebracht und der Vertragsentwurf stamme von ihr. Der Beklagte habe aber bei Gesprächen hierüber auf die einzelnen Inhalte der Vereinbarung Einfluss nehmen können und es sei zu Veränderungen im Vertragswerk gekommen. Unabhängig hiervon liege keine unangemessene Benachteiligung vor. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Klägerin habe ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran gehabt, ihre langjährig exklusiv betreuten Mandate vor Übernahme durch konkurrierende Rechtsanwälte zu schützen. Eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Beklagten bestehe im Hinblick auf die Höhe des Honoraranteils und die begrenzte Zeitdauer der Abführungspflicht nicht. Das gelte insbesondere, weil es gerade nicht typisch sei, dass ein Rechtsanwalt nach längerer beruflicher Karriere von einem Anstellungsverhältnis in ein anderes wechsle. Die Bindung an das aus den übernommenen Mandanten gewonnene Honorarvolumen stelle einen beiderseitigen Interessenausgleich dar und sei im Falle eines neuen Arbeitsverhältnisses vom neuen Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts zu berücksichtigen. Die anwaltliche Schweigepflicht stehe einer Auskunft nicht entgegen, § 49b BRAO gestatte vielmehr die Auskunft. Im Übrigen sei eine solche auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zulässig.

8

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

a) ihr Auskunft darüber zu erteilen, welche Honorare er selbst oder im Rahmen seiner Tätigkeit für die P Aktiengesellschaft oder die P Legal Aktiengesellschaft, beide Osnabrück, in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 mit Mandanten, die während seines Anstellungsvertrags bei der Klägerin von der Klägerin betreut wurden, verdient hat sowie die Honorarabrechnungen hierüber vorzulegen,

b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern,

c) an die Klägerin eine Entschädigung in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die vereinbarte Mandantenübernahmeklausel sei unwirksam. Die Klausel sei von der Klägerin als Allgemeine Geschäftsbedingung vorformuliert worden. Sie sei unklar, weil sich ihr nicht entnehmen lasse, ob nur Umsätze aus selbständiger Tätigkeit oder auch Arbeitsentgelt erfasst sein solle. Die Klausel behindere ihn unbillig in seinem beruflichen Fortkommen. Im Übrigen dürfe er die geforderte Auskunft mit Rücksicht auf seine berufliche Verschwiegenheitsverpflichtung nicht erteilen.

10

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung des Beklagten - zunächst zur Auskunftserteilung - an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft und hieraus etwa folgende Zahlungen. Über die Stufenklage kann deshalb einheitlich entschieden und die Klage insgesamt abgewiesen werden (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 61; 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, BAGE 138, 184).

12

I. Es kann dahinstehen, ob es sich bei Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt.

13

1. Allerdings spricht vieles dafür, dass die Klägerin die „Tantiemeregelung“ einschließlich der Ziff. 6 vorformuliert, dem Beklagten in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt hat (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Deren einmalige Verwendung würde dabei genügen, da es sich um einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt. Der Beklagte ist als Arbeitnehmer Verbraucher in diesem Sinn (st. Rspr., zB BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 20 mwN). Der Vortrag der Klägerin dürfte auch nicht genügen, um von der Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Mandantenübernahmeklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auszugehen. Der gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel müsste von ihr erkennbar ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Verwendungsgegner müsste Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt worden sein (vgl. zusammenfassend: BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN). Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast hatte sie dessen Vortrag, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert zu bestreiten, indem sie konkret darlegte, wie sie die Klausel zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klausel freiwillig akzeptiert (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 27; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19).

14

2. Letztlich kann dies offenbleiben. Auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Mandantenübernahmeklausel durch die Parteien ausgehandelt wurde, fehlt es an einer Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche.

15

II. Ein Auskunfts- und Honorarabführungsanspruch besteht nicht, da eine spätere Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt von der Mandantenübernahmeklausel nicht erfasst wird. Dies ergibt eine Auslegung der Klausel. Dass der Beklagte im Streitzeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, behauptet die Klägerin nicht.

16

1. Bei der Regelung in Ziff. 6 der Tantiemevereinbarung handelt es sich - auch wenn man unterstellt, dass sie ausgehandelt wurde - um eine typische Vertragsregelung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist (vgl. dazu zuletzt zB BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11 - Rn. 24 mwN).

17

2. Der Inhalt der vertraglichen Regelung ist nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die Interessenlage der Beteiligten sowie die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses kann ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt ermöglichen (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11 - Rn. 25; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 22).

18

3. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung hat sich der Beklagte verpflichtet, „20 % der Nettohonorare, die er … verdient“ an die Klägerin abzuführen. Darüber hinaus hat er die erzielten Honorare durch Kopien „der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen“. Die gesamte Begrifflichkeit deutet auf eine Abführungspflicht im Rahmen einer anschließenden freiberuflichen Tätigkeit hin. Während ein Arbeitnehmer nach § 611 BGB einen Vergütungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber hat, wird die Vergütung des freiberuflichen Rechtsanwalts auch als Honorar bezeichnet(vgl. zB § 49b Abs. 2 BRAO; § 4a RVG). Honorar bezeichnet überhaupt typischerweise die Gegenleistung für eine freiberufliche Tätigkeit (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.; Wahrig 9. Aufl., jeweils zum Stichwort Honorar). Hinzu kommt, dass die Abführungspflicht sich auf „Nettohonorare“ bezieht. Beim Arbeitnehmer wird zwar ebenfalls zwischen Brutto- und Nettovergütung unterschieden; dies betrifft aber nur das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber. Ein „Verdienen“ von Nettohonoraren findet beim angestellten Anwalt im Verhältnis zu Dritten nicht statt. Das ist nur beim selbständigen Rechtsanwalt anders, der der Umsatzsteuerpflicht unterliegt und dem Dritten eine Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellt. Die Klausel enthält auch keine erweiternde Formulierung, wie bspw. den Hinweis auf eine „mittelbare“ Übernahme von Mandaten (vgl. die Formulierung in: BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - BAGE 102, 145 oder den Vorschlag von: Grimm/Brock/Windeln ArbRB 2005, 92, 94), die auf ihre Erstreckung auf eine anschließende unselbständige Tätigkeit hindeutet.

19

Zwar schließt der Wortlaut die Deutung nicht aus, dass sich die Nettohonorare auf einen zukünftigen Arbeitgeber beziehen sollen und „Verdienen“ im weiteren Sinn als Generieren von Umsatz für diesen zu verstehen ist. Für eine solche Auslegung fehlen aber nähere Anhaltspunkte; insbesondere hat die Klägerin nichts für einen entsprechenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien vorgetragen. Ein weit gefasstes Verständnis der Regelung mag zwar ihrer Interessenlage entsprochen haben, um sie umfassend an Erlösen von „übernommenen“ Mandaten zu beteiligen und Umgehungsmöglichkeiten zu beseitigen (vgl. dazu Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 6. Aufl. Rn. 136; Grimm/Brock/Windeln aaO S. 93), keineswegs aber der Interessenlage des Beklagten. Im Übrigen kann die auf eine selbständige Tätigkeit zielende Formulierung auch im Interesse der Klägerin gerade den Sinn haben, möglichen Unwirksamkeitsrisiken zu begegnen und die Reichweite der Klausel deshalb auf ein späteres Tätigkeitsfeld des Arbeitnehmers zu beschränken, bei dem er frei entscheiden kann, ob er entsprechende Mandate vor dem Hintergrund der Übernahmeklausel bearbeitet oder nicht (vgl. unten zu III). Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz zu den näheren Umständen vorträgt, unter denen es zur Vereinbarung der streitgegenständlichen Klausel kam, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der gemäß § 559 ZPO keine Berücksichtigung finden kann.

20

III. Im Übrigen wäre eine Mandantenübernahmeklausel, die eine Honorarabführung auch bei einer nachfolgenden Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt verlangt, als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel wegen Umgehung der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) gemäß § 75d Satz 2 HGB unwirksam.

21

1. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen sog. allgemeinen Mandantenschutzklauseln auf der einen und Mandantenübernahmeklauseln auf der anderen Seite. Bei einer allgemeinen Mandantenschutzklausel ist es dem Arbeitnehmer untersagt, nach seinem Ausscheiden mit der Beratung ehemaliger Mandanten seines Arbeitgebers zu diesem in Konkurrenz zu treten. Allgemeine Mandantenschutzklauseln haben daher die Wirkung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, sodass § 74 ff. HGB Anwendung finden. Sie sind nur wirksam, wenn sie mit der Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB verbunden sind und soweit die gesetzlich zulässige Höchstdauer von zwei Jahren nach § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht überschritten wird(BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II der Gründe, BAGE 102, 145). Mandantenübernahmeklauseln wurden dagegen auch ohne Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung grundsätzlich als zulässig und verbindlich angesehen, soweit sie dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren (BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II 1 der Gründe, aaO [zu einer Fallgestaltung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform]). Allerdings stellt eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung dann eine Umgehung iSv. § 75d Satz 2 HGB dar, wenn die Konditionen so gestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht lohnt. In diesem Fall schalte der Arbeitgeber seinen früheren Mitarbeiter als Konkurrenten aus, dh. es handle sich um eine verdeckte Mandantenschutzklausel, die den Arbeitnehmer iSv. § 74 Abs. 1 HGB in seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt. Dies könne auch aus einer zu langen Bindungsdauer folgen (BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II 2 a der Gründe, aaO).

22

Diese Rechtsprechung ist weitgehend auf Zustimmung gestoßen (LAG Köln 24. August 2007 - 11 Sa 241/07 - Rn. 30; Bauer/Diller Rn. 136; Bauer Anm. AP HGB § 75d Nr. 4; Bohle MDR 2003, 140, 141; Diller EWiR 2002, 1049 f.; Feuerich/Weyland/Weyland BRAO 8. Aufl. § 27 Rn. 46; Grimm/Brock/Windeln aaO; HWK/Diller 5. Aufl. § 74 HGB Rn. 54; Kittner/Zwanziger/Deinert/Mayer 7. Aufl. § 90 Rn. 48; Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II W 10 Rn. 74; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 55 Rn. 21; von Steinau-Steinrück AnwBl. 2008, 90, 92), wobei regelmäßig nur die Konstellation Beachtung findet, dass ein ehemaliger Arbeitnehmer sich selbständig macht und frühere Mandate nunmehr als Selbständiger bearbeitet (umfassender Bauer/Diller aaO unter Hinweis auf „besondere Probleme“ bei einer anschließenden Tätigkeit als Angestellter; Grimm/Brock/Windeln aaO S. 93). In jüngerer Zeit mehren sich allerdings kritische Stimmen gegenüber der Verwendung von Mandantenübernahmeklauseln, insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Arens/Pelke DStR 2013, 1804; Degen NZA-RR 2013, 349 [beides zustimmende Anmerkungen zur angegriffenen Entscheidung]; Hartung/Scharmer 5. Aufl. § 26 BORA Rn. 115 f., 120 [im Hinblick auf die Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht]; umfassend Meier NZA 2013, 253; unklar Kleine-Cosack 6. Aufl. Vor § 59a Rn. 103, 105).

23

2. Bei Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 würde es sich in der Bedeutung, die ihr die Klägerin beimisst, um eine verdeckte Mandantenschutzklausel handeln, die wegen der fehlenden Entschädigungsregelung eine unwirksame Umgehung iSv. § 75d Satz 2 HGB darstellt(ebenso Meier aaO S. 255; Degen aaO S. 351).

24

a) Die Klägerin meint, der Beklagte sei verpflichtet, Honorarbeträge an die Klägerin abzuführen, auch wenn er im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einem neuen Arbeitgeber frühere Mandate seines bisherigen Arbeitgebers bearbeitet.

25

b) Eine solche Klausel kann dazu führen, dass sich die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses für den Beklagten wirtschaftlich nicht lohnt, wenn er dort Mandate seines früheren Arbeitgebers bearbeitet; sie behindert ihn daher in seinem beruflichen Fortkommen, ohne dies durch die nach § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebene Entschädigung auszugleichen.

26

aa) Nach Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 in der Auslegung der Klägerin ist der Beklagte verpflichtet, 20 % der Nettohonorare, also der Honorare ohne Umsatzsteuer, die sein neuer Arbeitgeber von den entsprechenden Mandanten erhält, an die Klägerin abzuführen. Die Verpflichtung ist ihrer Höhe nach immer gleich, unabhängig davon, ob eine Abrechnung nach dem Gegenstandswert, nach Stundensätzen oder ggf. sogar als Erfolgshonorar (§ 4a RVG) erfolgt. Ebenso wenig stellt die Klausel eine Verbindung zur Höhe der vom Arbeitnehmer bei seinem neuen Arbeitgeber erzielten Arbeitsvergütung her (vgl. Bauer/Diller Rn. 136 aE). Es ist daher ohne Weiteres denkbar, dass bei einer hohen Honorarsumme einerseits und einem - aus welchen Gründen auch immer - vergleichsweise niedrigen Arbeitseinkommen andererseits ein weit höherer Teil des Arbeitseinkommens an die ehemalige Arbeitgeberin abgeführt werden muss, als der Prozentsatz suggeriert. Eine Begrenzung, zB auf einen entsprechenden Anteil am erzielten Arbeitseinkommen, enthält die Klausel nicht. Ob sich das bezeichnete Risiko im Fall des Beklagten tatsächlich verwirklicht hat oder auch nur erheblich war, spielt im Hinblick auf die allgemein wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Abrede keine Rolle. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der neue Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen etwaiger „interessanter“ Mandate ein höheres Gehalt zahlt. Weder gibt es darauf einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers noch ist diese Folge in der Vertragsklausel angelegt; dies wäre im Hinblick auf die Belastung Dritter auch nicht möglich. Schließlich ist unerheblich, ob es sich - wie die Klägerin meint - um einen seltenen Fall handelt, dass ein angestellter Rechtsanwalt in ein anderes Anstellungsverhältnis wechselt; denn gerade so will die Klägerin die streitgegenständliche Klausel verstanden wissen. Im Ergebnis zielt die Klausel auf den neuen Arbeitgeber als Konkurrenten, trifft aber in einer im Einzelfall nicht vorhersehbaren Art und Weise auch den Arbeitnehmer.

27

bb) Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung iSv. § 74 Abs. 2 HGB enthält die Mandantenübernahmeklausel nicht. Der gleichzeitig vereinbarte Tantiemeanspruch ist keine Karenzentschädigung im gesetzlichen Sinn.

28

3. Ob die begehrte Auskunftserteilung - wie das Landesarbeitsgericht meint - wegen eines Verstoßes gegen die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit unzulässig wäre und welche Auswirkungen dies ggf. auf eine Honorarabführungspflicht hätte, kann dahinstehen. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob Mandantenübernahmeklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbedingungen einen Arbeitnehmer iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB deshalb unangemessen beachteiligen (vgl. zu den Grundsätzen zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, BAGE 139, 156), weil sie entschädigungslos eine Honorarabführungspflicht vorsehen, obwohl mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Verpflichtung endet, dem Arbeitgeber keinen Wettbewerb zu machen (allg. Auffassung, zB vorausgesetzt in: BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 17; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15).

29

IV. Die Klägerin hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Frese    

        

    Großmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. Februar 2013 - 12 Sa 904/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über die Wirksamkeit einer Mandantenübernahmeklausel.

2

Der Beklagte war auf Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 22. März 2004 seit 15. April 2004 bei der Klägerin, einer Rechtsanwaltsgesellschaft, in deren Niederlassung in Osnabrück als Rechtsanwalt beschäftigt.

3

Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine „Tantiemeregelung“ mit der Bitte, diese zu unterzeichnen, und teilte ihm gleichzeitig mit, dass sein Fixgehalt mit Wirkung ab 1. Oktober 2007 angehoben werde. Nach Gesprächen zwischen den Parteien kam es am 6. November 2007 zur Unterzeichnung einer Vereinbarung. Diese blieb bis auf die Hinzufügung einer salvatorischen Klausel als Ziff. 7 und die Begrenzung der Tantiemevereinbarung auf das Geschäftsjahr 2007/2008 gegenüber dem Entwurf unverändert. In der Vereinbarung heißt es ua.:

„5. Diese Vereinbarung gilt zunächst ausschließlich für das Geschäftsjahr 2007/2008.

6. Unabhängig von der vorstehenden Laufzeit der Tantiemevereinbarung vereinbaren die Parteien darüber hinaus folgende Ergänzung ihres Anstellungsvertrages:

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, 20 % der Nettohonorare, die er innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages mit Mandanten, die während des laufenden Anstellungsvertrages von der Gesellschaft betreut wurden, verdient, an die Gesellschaft abzuführen. Die erzielten Honorare sind der Gesellschaft pro Quartal durch Vorlage von Kopien der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen. Von der vorstehenden Klausel erfasst werden nur diejenigen Mandanten, welche vom Standort Osnabrück oder dem Mitarbeiter ganz oder teilweise betreut wurden.“

4

Mit Schreiben vom 8. November 2007 wurde dem Beklagten Gesamtprokura erteilt. In den Folgejahren wurde die Tantiemevereinbarung weiter angewandt.

5

Der Beklagte kündigte sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. Juni 2011 und nahm unmittelbar im Anschluss eine Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt für die P AG auf. Die neue Arbeitgeberin des Beklagten und die Klägerin sind in derselben Immobilie in Osnabrück ansässig. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2011 forderte die Klägerin den Beklagten auf, auf der Grundlage der Mandantenübernahmeklausel vom 6. November 2007 Auskunft zu erteilen, was nicht geschah.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund der Mandantenübernahmeklausel verpflichtet, Auskunft zu erteilen und Honorare abzuführen. Sie habe Anhaltspunkte, dass er für seine neue Arbeitgeberin zumindest teilweise dieselben Kunden rechtlich berate, welche er vorher bei der Klägerin betreut habe. Der Beklagte habe fast seinen gesamten Umsatz bei der Klägerin mit fünf Mandanten gemacht; nach seinem Weggang habe sich ihr Nettoumsatz hinsichtlich dieser Mandate in knapp einem Jahr auf etwa 1/10 reduziert.

7

Die Mandantenübernahmeklausel sei wirksam. Bei den Bestimmungen der Vereinbarung vom 6. November 2007 handle es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 ff. BGB. Zwar habe die Klägerin die Bestimmung in die Verhandlung eingebracht und der Vertragsentwurf stamme von ihr. Der Beklagte habe aber bei Gesprächen hierüber auf die einzelnen Inhalte der Vereinbarung Einfluss nehmen können und es sei zu Veränderungen im Vertragswerk gekommen. Unabhängig hiervon liege keine unangemessene Benachteiligung vor. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die Klägerin habe ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran gehabt, ihre langjährig exklusiv betreuten Mandate vor Übernahme durch konkurrierende Rechtsanwälte zu schützen. Eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Beklagten bestehe im Hinblick auf die Höhe des Honoraranteils und die begrenzte Zeitdauer der Abführungspflicht nicht. Das gelte insbesondere, weil es gerade nicht typisch sei, dass ein Rechtsanwalt nach längerer beruflicher Karriere von einem Anstellungsverhältnis in ein anderes wechsle. Die Bindung an das aus den übernommenen Mandanten gewonnene Honorarvolumen stelle einen beiderseitigen Interessenausgleich dar und sei im Falle eines neuen Arbeitsverhältnisses vom neuen Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts zu berücksichtigen. Die anwaltliche Schweigepflicht stehe einer Auskunft nicht entgegen, § 49b BRAO gestatte vielmehr die Auskunft. Im Übrigen sei eine solche auch nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zulässig.

8

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

a) ihr Auskunft darüber zu erteilen, welche Honorare er selbst oder im Rahmen seiner Tätigkeit für die P Aktiengesellschaft oder die P Legal Aktiengesellschaft, beide Osnabrück, in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 mit Mandanten, die während seines Anstellungsvertrags bei der Klägerin von der Klägerin betreut wurden, verdient hat sowie die Honorarabrechnungen hierüber vorzulegen,

b) erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern,

c) an die Klägerin eine Entschädigung in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die vereinbarte Mandantenübernahmeklausel sei unwirksam. Die Klausel sei von der Klägerin als Allgemeine Geschäftsbedingung vorformuliert worden. Sie sei unklar, weil sich ihr nicht entnehmen lasse, ob nur Umsätze aus selbständiger Tätigkeit oder auch Arbeitsentgelt erfasst sein solle. Die Klausel behindere ihn unbillig in seinem beruflichen Fortkommen. Im Übrigen dürfe er die geforderte Auskunft mit Rücksicht auf seine berufliche Verschwiegenheitsverpflichtung nicht erteilen.

10

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung des Beklagten - zunächst zur Auskunftserteilung - an.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Auskunft und hieraus etwa folgende Zahlungen. Über die Stufenklage kann deshalb einheitlich entschieden und die Klage insgesamt abgewiesen werden (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 783/11 - Rn. 61; 28. Juni 2011 - 3 AZR 385/09 - Rn. 16, BAGE 138, 184).

12

I. Es kann dahinstehen, ob es sich bei Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB oder jedenfalls um eine vorformulierte Vertragsbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt.

13

1. Allerdings spricht vieles dafür, dass die Klägerin die „Tantiemeregelung“ einschließlich der Ziff. 6 vorformuliert, dem Beklagten in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt hat (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Deren einmalige Verwendung würde dabei genügen, da es sich um einen Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handelt. Der Beklagte ist als Arbeitnehmer Verbraucher in diesem Sinn (st. Rspr., zB BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 20 mwN). Der Vortrag der Klägerin dürfte auch nicht genügen, um von der Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Mandantenübernahmeklausel iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auszugehen. Der gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel müsste von ihr erkennbar ernsthaft zur Disposition gestellt und dem Verwendungsgegner müsste Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen eingeräumt worden sein (vgl. zusammenfassend: BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 25 f. mwN). Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast hatte sie dessen Vortrag, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert zu bestreiten, indem sie konkret darlegte, wie sie die Klausel zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die Klausel freiwillig akzeptiert (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 27; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu VII 2 der Gründe, BAGE 115, 19).

14

2. Letztlich kann dies offenbleiben. Auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Mandantenübernahmeklausel durch die Parteien ausgehandelt wurde, fehlt es an einer Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche.

15

II. Ein Auskunfts- und Honorarabführungsanspruch besteht nicht, da eine spätere Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt von der Mandantenübernahmeklausel nicht erfasst wird. Dies ergibt eine Auslegung der Klausel. Dass der Beklagte im Streitzeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2011 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, behauptet die Klägerin nicht.

16

1. Bei der Regelung in Ziff. 6 der Tantiemevereinbarung handelt es sich - auch wenn man unterstellt, dass sie ausgehandelt wurde - um eine typische Vertragsregelung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist (vgl. dazu zuletzt zB BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11 - Rn. 24 mwN).

17

2. Der Inhalt der vertraglichen Regelung ist nach den §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel ist deren objektiver Bedeutungsgehalt zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der allgemeine Sprachgebrauch unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungszusammenhangs. Ein übereinstimmender Wille der Parteien geht dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind auch der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck und die Interessenlage der Beteiligten sowie die Begleitumstände der Erklärung, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses kann ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt ermöglichen (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 313/11 - Rn. 25; 23. Februar 2011 - 4 AZR 536/09 - Rn. 22).

18

3. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung hat sich der Beklagte verpflichtet, „20 % der Nettohonorare, die er … verdient“ an die Klägerin abzuführen. Darüber hinaus hat er die erzielten Honorare durch Kopien „der an die Mandanten übersandten Rechnungen nachzuweisen“. Die gesamte Begrifflichkeit deutet auf eine Abführungspflicht im Rahmen einer anschließenden freiberuflichen Tätigkeit hin. Während ein Arbeitnehmer nach § 611 BGB einen Vergütungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber hat, wird die Vergütung des freiberuflichen Rechtsanwalts auch als Honorar bezeichnet(vgl. zB § 49b Abs. 2 BRAO; § 4a RVG). Honorar bezeichnet überhaupt typischerweise die Gegenleistung für eine freiberufliche Tätigkeit (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.; Wahrig 9. Aufl., jeweils zum Stichwort Honorar). Hinzu kommt, dass die Abführungspflicht sich auf „Nettohonorare“ bezieht. Beim Arbeitnehmer wird zwar ebenfalls zwischen Brutto- und Nettovergütung unterschieden; dies betrifft aber nur das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber. Ein „Verdienen“ von Nettohonoraren findet beim angestellten Anwalt im Verhältnis zu Dritten nicht statt. Das ist nur beim selbständigen Rechtsanwalt anders, der der Umsatzsteuerpflicht unterliegt und dem Dritten eine Vergütung zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellt. Die Klausel enthält auch keine erweiternde Formulierung, wie bspw. den Hinweis auf eine „mittelbare“ Übernahme von Mandaten (vgl. die Formulierung in: BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - BAGE 102, 145 oder den Vorschlag von: Grimm/Brock/Windeln ArbRB 2005, 92, 94), die auf ihre Erstreckung auf eine anschließende unselbständige Tätigkeit hindeutet.

19

Zwar schließt der Wortlaut die Deutung nicht aus, dass sich die Nettohonorare auf einen zukünftigen Arbeitgeber beziehen sollen und „Verdienen“ im weiteren Sinn als Generieren von Umsatz für diesen zu verstehen ist. Für eine solche Auslegung fehlen aber nähere Anhaltspunkte; insbesondere hat die Klägerin nichts für einen entsprechenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien vorgetragen. Ein weit gefasstes Verständnis der Regelung mag zwar ihrer Interessenlage entsprochen haben, um sie umfassend an Erlösen von „übernommenen“ Mandaten zu beteiligen und Umgehungsmöglichkeiten zu beseitigen (vgl. dazu Bauer/Diller Wettbewerbsverbote 6. Aufl. Rn. 136; Grimm/Brock/Windeln aaO S. 93), keineswegs aber der Interessenlage des Beklagten. Im Übrigen kann die auf eine selbständige Tätigkeit zielende Formulierung auch im Interesse der Klägerin gerade den Sinn haben, möglichen Unwirksamkeitsrisiken zu begegnen und die Reichweite der Klausel deshalb auf ein späteres Tätigkeitsfeld des Arbeitnehmers zu beschränken, bei dem er frei entscheiden kann, ob er entsprechende Mandate vor dem Hintergrund der Übernahmeklausel bearbeitet oder nicht (vgl. unten zu III). Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz zu den näheren Umständen vorträgt, unter denen es zur Vereinbarung der streitgegenständlichen Klausel kam, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der gemäß § 559 ZPO keine Berücksichtigung finden kann.

20

III. Im Übrigen wäre eine Mandantenübernahmeklausel, die eine Honorarabführung auch bei einer nachfolgenden Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt verlangt, als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel wegen Umgehung der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) gemäß § 75d Satz 2 HGB unwirksam.

21

1. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen sog. allgemeinen Mandantenschutzklauseln auf der einen und Mandantenübernahmeklauseln auf der anderen Seite. Bei einer allgemeinen Mandantenschutzklausel ist es dem Arbeitnehmer untersagt, nach seinem Ausscheiden mit der Beratung ehemaliger Mandanten seines Arbeitgebers zu diesem in Konkurrenz zu treten. Allgemeine Mandantenschutzklauseln haben daher die Wirkung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, sodass § 74 ff. HGB Anwendung finden. Sie sind nur wirksam, wenn sie mit der Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB verbunden sind und soweit die gesetzlich zulässige Höchstdauer von zwei Jahren nach § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht überschritten wird(BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II der Gründe, BAGE 102, 145). Mandantenübernahmeklauseln wurden dagegen auch ohne Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung grundsätzlich als zulässig und verbindlich angesehen, soweit sie dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dienen und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren (BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II 1 der Gründe, aaO [zu einer Fallgestaltung vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform]). Allerdings stellt eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung dann eine Umgehung iSv. § 75d Satz 2 HGB dar, wenn die Konditionen so gestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht lohnt. In diesem Fall schalte der Arbeitgeber seinen früheren Mitarbeiter als Konkurrenten aus, dh. es handle sich um eine verdeckte Mandantenschutzklausel, die den Arbeitnehmer iSv. § 74 Abs. 1 HGB in seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt. Dies könne auch aus einer zu langen Bindungsdauer folgen (BAG 7. August 2002 - 10 AZR 586/01 - zu II 2 a der Gründe, aaO).

22

Diese Rechtsprechung ist weitgehend auf Zustimmung gestoßen (LAG Köln 24. August 2007 - 11 Sa 241/07 - Rn. 30; Bauer/Diller Rn. 136; Bauer Anm. AP HGB § 75d Nr. 4; Bohle MDR 2003, 140, 141; Diller EWiR 2002, 1049 f.; Feuerich/Weyland/Weyland BRAO 8. Aufl. § 27 Rn. 46; Grimm/Brock/Windeln aaO; HWK/Diller 5. Aufl. § 74 HGB Rn. 54; Kittner/Zwanziger/Deinert/Mayer 7. Aufl. § 90 Rn. 48; Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 4. Aufl. II W 10 Rn. 74; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 55 Rn. 21; von Steinau-Steinrück AnwBl. 2008, 90, 92), wobei regelmäßig nur die Konstellation Beachtung findet, dass ein ehemaliger Arbeitnehmer sich selbständig macht und frühere Mandate nunmehr als Selbständiger bearbeitet (umfassender Bauer/Diller aaO unter Hinweis auf „besondere Probleme“ bei einer anschließenden Tätigkeit als Angestellter; Grimm/Brock/Windeln aaO S. 93). In jüngerer Zeit mehren sich allerdings kritische Stimmen gegenüber der Verwendung von Mandantenübernahmeklauseln, insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Arens/Pelke DStR 2013, 1804; Degen NZA-RR 2013, 349 [beides zustimmende Anmerkungen zur angegriffenen Entscheidung]; Hartung/Scharmer 5. Aufl. § 26 BORA Rn. 115 f., 120 [im Hinblick auf die Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht]; umfassend Meier NZA 2013, 253; unklar Kleine-Cosack 6. Aufl. Vor § 59a Rn. 103, 105).

23

2. Bei Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 würde es sich in der Bedeutung, die ihr die Klägerin beimisst, um eine verdeckte Mandantenschutzklausel handeln, die wegen der fehlenden Entschädigungsregelung eine unwirksame Umgehung iSv. § 75d Satz 2 HGB darstellt(ebenso Meier aaO S. 255; Degen aaO S. 351).

24

a) Die Klägerin meint, der Beklagte sei verpflichtet, Honorarbeträge an die Klägerin abzuführen, auch wenn er im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei einem neuen Arbeitgeber frühere Mandate seines bisherigen Arbeitgebers bearbeitet.

25

b) Eine solche Klausel kann dazu führen, dass sich die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses für den Beklagten wirtschaftlich nicht lohnt, wenn er dort Mandate seines früheren Arbeitgebers bearbeitet; sie behindert ihn daher in seinem beruflichen Fortkommen, ohne dies durch die nach § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebene Entschädigung auszugleichen.

26

aa) Nach Ziff. 6 der Vereinbarung vom 6. November 2007 in der Auslegung der Klägerin ist der Beklagte verpflichtet, 20 % der Nettohonorare, also der Honorare ohne Umsatzsteuer, die sein neuer Arbeitgeber von den entsprechenden Mandanten erhält, an die Klägerin abzuführen. Die Verpflichtung ist ihrer Höhe nach immer gleich, unabhängig davon, ob eine Abrechnung nach dem Gegenstandswert, nach Stundensätzen oder ggf. sogar als Erfolgshonorar (§ 4a RVG) erfolgt. Ebenso wenig stellt die Klausel eine Verbindung zur Höhe der vom Arbeitnehmer bei seinem neuen Arbeitgeber erzielten Arbeitsvergütung her (vgl. Bauer/Diller Rn. 136 aE). Es ist daher ohne Weiteres denkbar, dass bei einer hohen Honorarsumme einerseits und einem - aus welchen Gründen auch immer - vergleichsweise niedrigen Arbeitseinkommen andererseits ein weit höherer Teil des Arbeitseinkommens an die ehemalige Arbeitgeberin abgeführt werden muss, als der Prozentsatz suggeriert. Eine Begrenzung, zB auf einen entsprechenden Anteil am erzielten Arbeitseinkommen, enthält die Klausel nicht. Ob sich das bezeichnete Risiko im Fall des Beklagten tatsächlich verwirklicht hat oder auch nur erheblich war, spielt im Hinblick auf die allgemein wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Abrede keine Rolle. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der neue Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen etwaiger „interessanter“ Mandate ein höheres Gehalt zahlt. Weder gibt es darauf einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers noch ist diese Folge in der Vertragsklausel angelegt; dies wäre im Hinblick auf die Belastung Dritter auch nicht möglich. Schließlich ist unerheblich, ob es sich - wie die Klägerin meint - um einen seltenen Fall handelt, dass ein angestellter Rechtsanwalt in ein anderes Anstellungsverhältnis wechselt; denn gerade so will die Klägerin die streitgegenständliche Klausel verstanden wissen. Im Ergebnis zielt die Klausel auf den neuen Arbeitgeber als Konkurrenten, trifft aber in einer im Einzelfall nicht vorhersehbaren Art und Weise auch den Arbeitnehmer.

27

bb) Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung iSv. § 74 Abs. 2 HGB enthält die Mandantenübernahmeklausel nicht. Der gleichzeitig vereinbarte Tantiemeanspruch ist keine Karenzentschädigung im gesetzlichen Sinn.

28

3. Ob die begehrte Auskunftserteilung - wie das Landesarbeitsgericht meint - wegen eines Verstoßes gegen die in § 43a Abs. 2 BRAO normierte anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit unzulässig wäre und welche Auswirkungen dies ggf. auf eine Honorarabführungspflicht hätte, kann dahinstehen. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob Mandantenübernahmeklauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen oder vorformulierte Vertragsbedingungen einen Arbeitnehmer iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 BGB deshalb unangemessen beachteiligen (vgl. zu den Grundsätzen zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, BAGE 139, 156), weil sie entschädigungslos eine Honorarabführungspflicht vorsehen, obwohl mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Verpflichtung endet, dem Arbeitgeber keinen Wettbewerb zu machen (allg. Auffassung, zB vorausgesetzt in: BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 560/11 - Rn. 17; 26. Juni 2008 - 2 AZR 190/07 - Rn. 15).

29

IV. Die Klägerin hat die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Frese    

        

    Großmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 8. Juli 2014 - 11 Sa 31/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

2

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2013 zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,00 Euro als „Mitarbeiterin Einzelhandel“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 heißt es ua.:

        

§ 2 Probezeit

        

In den ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

        

…       

        

§ 12 Vertragsstrafe

        

Nimmt der Mitarbeiter die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, verweigert er vorübergehend die Arbeit oder wird das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der Mitarbeiter an das Unternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

        

Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung vereinbart, insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt. Im Übrigen beträgt die Vertragsstrafe ein Bruttomonatsentgelt.

        

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der 6-monatigen Probezeit finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer.“

3

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

4

Die Klägerin hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt, da sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst habe; für die fristlose Kündigung habe ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen. Zudem stelle das Verhalten der Beklagten eine vorübergehende Arbeitsverweigerung iSv. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dar. Infolgedessen schulde diese nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts, das bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an sie zu zahlen gewesen wäre. Die in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Vereinbarung beziehe sich sowohl auf die Fälle der Nichtaufnahme und der verspäteten Aufnahme der Arbeit sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung als auch auf den Fall der unberechtigten fristlosen Kündigung. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages erfasse nur den Fall, dass das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst werde. Die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffenen Bestimmungen seien wirksam, sie entsprächen zudem den Klauseln, die in einschlägigen Formularhandbüchern empfohlen würden. Unter Zugrundelegung eines Bruttotagesentgelts iHv. 97,00 Euro errechne sich bei einer 14-tägigen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe iHv. 1.358,00 Euro.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.358,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie werde durch die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei intransparent. Zudem bewirke § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, der vorliegend zur Anwendung komme, eine Übersicherung der Klägerin. Die Vertragsstrafe sei auch der Höhe nach zu beanstanden. Innerhalb der Mindestkündigungsfrist von 14 Tagen lägen nur 10 Arbeitstage, sodass sich allenfalls eine Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro errechne.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie nunmehr noch die Zahlung einer Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro begehrt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

9

I. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 12 des Arbeitsvertrages. Die für die Höhe der Vertragsstrafe vorliegend maßgebliche Bestimmung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Dies führt zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

10

1. Die Vertragsstrafenklausel in § 12 des Arbeitsvertrages ist an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 enthält nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

11

2. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages folgt nicht bereits aus § 309 Nr. 6 BGB. Zwar sind danach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; allerdings sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass § 309 Nr. 6 BGB auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafeabreden nicht anwendbar ist und sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafevereinbarung nur aus § 307 BGB ergeben kann, wobei hier allerdings zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist(vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 21; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 35; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 38; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 42; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B II der Gründe, BAGE 110, 8).

12

3. Die Beklagte erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der dritten Variante des in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafeversprechens, wonach der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juni 2013 fristlos und damit ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt.

13

Es kann vorliegend offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages, soweit er die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist knüpft, einer Kontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB standhält oder ob die Bestimmung insoweit vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Intransparenz unwirksam ist.

14

Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist zweifelhaft, ob der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe bereits dann schuldet, wenn er eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt oder ob hinzukommen muss, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat. Aber auch dann, wenn § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur außerordentliche Kündigungen des Mitarbeiters erfasst werden, die ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ausgesprochen wurden, könnte die Wirksamkeit der Bestimmung am Transparenzerfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitern. Denn auch dann könnte die Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthalten. Zwar führt die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Bestimmung - wie hier - unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten (vgl. etwa BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18 mwN).

15

4. Dies kann jedoch dahinstehen. Auch wenn sich § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit als hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erweisen sollte, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe zu zahlen. Im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Diese Bestimmung benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

16

a) Wird das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist aufgelöst, bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages; danach beträgt sie ein Bruttomonatsentgelt. § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach sich die Vertragsstrafe auf ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht auf mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt beläuft, findet in diesem Fall keine Anwendung. Dies ergibt die Auslegung von § 12 des Arbeitsvertrages nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätzen.

17

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Maßgebend sind insoweit die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners (vgl. etwa BAG 4. August 2015 - 3 AZR 137/13 - Rn. 31; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 18; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07  - Rn. 23 , BAGE 126, 198 ). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11  - Rn. 17 ; 25. Juni 2013 - 3  AZR 219/11  - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314 ).

18

bb) Die Auslegung ergibt, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, wonach eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts geschuldet ist.

19

Während nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn der Mitarbeiter entweder die Arbeit nicht oder verspätet aufnimmt, er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, er vorübergehend die Arbeit verweigert oder das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst wird, sind in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages ausdrücklich nur zwei der in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Fälle, nämlich die Fälle der verspäteten Arbeitsaufnahme und der vorübergehenden Arbeitsverweigerung genannt. „Im Übrigen“, dh. in allen übrigen Fällen richtet sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Damit werden bereits nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nur die dort genannten Fälle erfasst und nicht auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist; diese fällt vielmehr unter die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages getroffene Auffangregelung.

20

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgt aus der in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Einschränkung, wonach die Vertragsstrafe nicht höher sein darf als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt, nichts anderes. Insbesondere führt die Verwendung des Begriffs der „gesetzlichen Mindestkündigungsfrist“ in diesem Kontext nicht dazu, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist als von der „vorübergehenden Arbeitsverweigerung“ erfasst zu verstehen wäre. Dagegen spricht bereits die aus § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ersichtliche Wertung. Danach sind die vorübergehende Arbeitsverweigerung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zwei eigenständige, voneinander zu unterscheidende Tatbestände unter mehreren gleichfalls eigenständigen Tatbeständen, an deren Verwirklichung die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe geknüpft ist. Es kommt hinzu, dass eine „vorübergehende Arbeitsverweigerung“ von ihrem Wortsinn her voraussetzt, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter - ob mit oder ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB - ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde. Mit einer solchen Kündigung gibt der Arbeitnehmer zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und seine Arbeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen will. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin unschwer auch den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages hätte aufnehmen können, kann § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch diesen Fall erfasst.

21

b) Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam. Die in dieser Vertragsbestimmung vorgesehene Vertragsstrafe führt zu einer Übersicherung der Klägerin, da sie diese berechtigt, von der Beklagten auch dann eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu fordern, wenn die Beklagte - wie hier - das Arbeitsverhältnis während der in § 2 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten ohne Einhaltung der während dieser Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auflöst.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 40 mwN; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1; 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 27).

23

bb) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen (vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 45; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 52; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b aa der Gründe, BAGE 110, 8). Wird - wie hier - die Vertragsstrafe verwirkt, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, sind die Kündigungsfristen, die im Fall einer fristgemäßen Kündigung einzuhalten sind, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Dabei ist die Höhe der Vergütung grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. Die Länge der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - aaO; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, aaO).

24

cc) Danach wird die Beklagte durch die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Nach dieser - insoweit nicht teilbaren Klausel - schuldet die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts in jedem Fall, in dem sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet und damit auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit gemäß § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden kann. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an die Beklagte zu zahlen gewesen wäre. Dafür, dass das Interesse der Klägerin den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt, ist nichts ersichtlich. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die ein besonderes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die über das bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsentgelt hinausgeht, begründen könnten.

25

c) Der Umstand, dass die Klägerin die Vertragsstrafe nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, sondern nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages errechnet hat, führt zu keiner anderen Bewertung.

26

aa) Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

27

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Verhalten der Beklagten erfülle zudem den in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Tatbestand der vorübergehenden Arbeitsverweigerung. Wie unter Rn. 20 ausgeführt, setzt eine vorübergehende Arbeitsverweigerung von ihrem Wortsinn her voraus, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde.

28

5. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

29

a) § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages kann nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe in Höhe des Arbeitsentgelts geschuldet ist, das für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist(vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN).

30

b) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung sind nicht gegeben.

31

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn ohne eine Ergänzung des Vertrages keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen ist (vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 36; 25. Mai 2005 -  5 AZR 572/04  - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19 ; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04  - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 140 ). Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist.

32

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 2013 war bereits bekannt, dass Klauseln, die für den Fall der außerordentlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses eine Vertragsstrafe vorsehen, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind(vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 110, 8). Welchen Inhalt in Formularhandbüchern empfohlene Klauseln haben, ist entgegen der Ansicht der Klägerin bereits deshalb unerheblich.

33

II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Horst Eimer
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    v. Schuckmann    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. September 2010 - 15 Sa 812/10 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin war vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 für den Beklagten als Steuerfachwirtin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 23. November 2009.

2

§ 5 „Gehalt und sonstige Vergütungen“ des Arbeitsvertrags regelt Folgendes:

        

„(1) Die Angestellte erhält ein monatliches, nachträglich zu zahlendes Gehalt von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

(2) Der Angestellte erhält mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

…       

        

(4) Im Eintrittsjahr wird die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt. Besteht das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung noch keine drei Monate, wird keine Gratifikation gezahlt.

        

(5) Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.

        

(6) Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Praxisinhabers vor dem 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30. Juni des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von DM 200,00 nicht übersteigt.

        

…“    

        
3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für das Jahr 2009 eine Weihnachtsgratifikation zu. Der Ausschluss des Anspruchs bei gekündigtem Arbeitsverhältnis sei unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe im Jahr 2009 seine Mitarbeiter aufgefordert, freiwillig auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht verzichtet habe.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt gewesen sei. Die Kündigung habe auf betrieblichen Gründen beruht.

6

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 hat. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

8

I. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb begründet, weil der in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags bestimmte Ausschluss des Anspruchs auf eine Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis unwirksam ist. Eine Sonderzuwendung kann vielmehr vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung abhängig gemacht werden, wenn sie nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient und nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

9

1. Steht eine Sonderzuwendung im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

10

a) Sonderzuwendungen können vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen. Zweck einer erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie ist besonderer Anreiz für die Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele oder allgemein Anreiz für die Erzielung überdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse im Bezugszeitraum. Eine erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, NZA 2011, 989; 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Auch Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, aaO; 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 46, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18); die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzuwendung wird durch die Abhängigkeit von einem Unternehmensergebnis nicht in Frage gestellt. Schließlich können auch nicht erfolgsabhängige Sonderzuwendungen wie ein 13. Monatsgehalt im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich honorieren. Der Anspruch auf eine solche Zuwendung entsteht während des Bezugzeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

11

b) Zulässig ist nach der Rechtsprechung des Senats, den Anspruch auf eine Bonuszahlung an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Geschäftsjahr zu knüpfen. Ein Bonus, der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 -). Es ist unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB, vereinbartes Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu entziehen, wenn der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat.

12

2. Dient eine Sonderzuwendung hingegen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach die Zahlung den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.

13

a) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 390/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 159). Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.

14

b) Eine Klausel, die eine Sonderzuwendung in diesem Sinne allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann zulässig sein, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 4. Mai 1999 - 10 AZR 417/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214: Klausel in einem Tarifvertrag; 2. Dezember 1992 - 10 AZR 238/91 -: Klausel in einer Betriebsordnung; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1: einzelvertragliche Zusage; 25. April 1991 - 6 AZR 183/90 - BAGE 68, 41: Klausel in einer Betriebsvereinbarung; 4. September 1985 - 5 AZR 655/84 - BAGE 49, 281). Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

15

3. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Macht die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Fehlt es hieran und sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht vereinbart, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - zu II 2 b bb der Gründe, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8). Will der Arbeitgeber andere Zwecke verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. Gratifikationscharakter können nur die Sonderzuwendungen haben, die sich im üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen und keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen.

16

II. Die in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte Weihnachtsgratifikation dient nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen.

17

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zugrunde. Als solche sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - Rn. 14, NZA 2011, 109). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, aaO).

18

2. Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erhält der Angestellte mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine „Weihnachtsgratifikation“. Der Wortlaut legt nahe, dass damit ein Beitrag des Arbeitgebers zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen zugesagt werden sollte, eindeutig ist dies für sich genommen jedoch nicht (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8: Weihnachtsgeld als reines Arbeitsentgelt; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 15/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 280: Weihnachtsgeld als Gratifikation, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu Weihnachten voraussetzt; 30. März 1994 - 10 AZR 134/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 161 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 109). Die weiteren Bestimmungen verdeutlichen jedoch, dass die zugesagte Weihnachtsgratifikation keinen Vergütungscharakter hat. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsvertrags soll eine Gratifikation „gleichzeitig“ Treueprämie sein und nach Satz 2 ist eine Weihnachtsgratifikation bei einem arbeitnehmerseitig oder in bestimmten Fällen arbeitgeberseitig veranlassten Ausscheiden im Rahmen zulässiger Bindungsfristen wieder zurückzuzahlen. Diese Zahlungsbedingungen lassen bei einem verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit der Weihnachtsgratifikation ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Weihnachtsgratifikation keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung der Klägerin ausmacht, sondern sich in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne Vergütungscharakter bewegt. Dieser Auslegung steht § 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im Eintrittsjahr die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt wird. Eine mit einer bestimmten Zwecksetzung zugesagte Gratifikation wird nicht dadurch zu einem im Synallagma stehenden Vergütungsbestandteil, dass sie im Eintrittsjahr nur anteilig entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Daraus folgt nur, dass sich die Höhe des Beitrags zum Weihnachtsfest im Eintrittsjahr an der Dauer des Arbeitsverhältnisses orientiert. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Gratifikation ist nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags allein der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag.

19

III. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksam und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Klägerin wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf eine Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet.

20

1. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, NZA 2012, 81; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

22

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags, der in § 5 Abs. 6 eine nach arbeitgeber- und arbeitnehmerseitiger Kündigung differenzierende Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bestimmt.

23

2. Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.

24

a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, NZA 2012, 81; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 27, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 32, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 28, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

25

b) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass die Weihnachtsgratifikation nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

26

aa) Eine Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1). Nur eine wirksame Kündigung kann zum Anspruchsausschluss führen. Entscheidend ist, dass nicht in das Synallagma eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird.

27

bb) Eine solche Klausel weicht auch nicht vom Grundgedanken des § 162 Abs. 2 BGB ab. Danach gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird. Die Norm enthält eine Regelung zur Ausübungskontrolle. Niemand darf aus einer treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen. Einer abstrakten Regelung, dass bei einer wirksamen Kündigung ein Arbeitnehmer von einer Gratifikation ausgeschlossen werden kann, steht § 162 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Ob die Kündigung auf einem treuwidrigen Verhalten beruht, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen. Eine nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit zugesagte Weihnachtsgratifikation kann deshalb unter den Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden.

28

IV. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Zwar besteht nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ein Anspruch der Klägerin auf die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich nicht, weil das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag wirksam gekündigt war. Die Klägerin hat aber geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie sich geweigert habe, auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Die Klägerin hat damit einen schlüssigen Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann. War die Kündigung Reaktion auf die Weigerung der Klägerin, Verzicht zu leisten, so hat er den Bedingungseintritt treuwidrig herbeigeführt. Das Landesarbeitsgericht wird diesem Vortrag nachgehen müssen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 8. Juli 2014 - 11 Sa 31/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

2

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2013 zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,00 Euro als „Mitarbeiterin Einzelhandel“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 heißt es ua.:

        

§ 2 Probezeit

        

In den ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

        

…       

        

§ 12 Vertragsstrafe

        

Nimmt der Mitarbeiter die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, verweigert er vorübergehend die Arbeit oder wird das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der Mitarbeiter an das Unternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

        

Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung vereinbart, insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt. Im Übrigen beträgt die Vertragsstrafe ein Bruttomonatsentgelt.

        

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der 6-monatigen Probezeit finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer.“

3

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

4

Die Klägerin hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt, da sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst habe; für die fristlose Kündigung habe ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen. Zudem stelle das Verhalten der Beklagten eine vorübergehende Arbeitsverweigerung iSv. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dar. Infolgedessen schulde diese nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts, das bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an sie zu zahlen gewesen wäre. Die in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Vereinbarung beziehe sich sowohl auf die Fälle der Nichtaufnahme und der verspäteten Aufnahme der Arbeit sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung als auch auf den Fall der unberechtigten fristlosen Kündigung. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages erfasse nur den Fall, dass das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst werde. Die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffenen Bestimmungen seien wirksam, sie entsprächen zudem den Klauseln, die in einschlägigen Formularhandbüchern empfohlen würden. Unter Zugrundelegung eines Bruttotagesentgelts iHv. 97,00 Euro errechne sich bei einer 14-tägigen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe iHv. 1.358,00 Euro.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.358,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie werde durch die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei intransparent. Zudem bewirke § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, der vorliegend zur Anwendung komme, eine Übersicherung der Klägerin. Die Vertragsstrafe sei auch der Höhe nach zu beanstanden. Innerhalb der Mindestkündigungsfrist von 14 Tagen lägen nur 10 Arbeitstage, sodass sich allenfalls eine Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro errechne.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie nunmehr noch die Zahlung einer Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro begehrt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

9

I. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 12 des Arbeitsvertrages. Die für die Höhe der Vertragsstrafe vorliegend maßgebliche Bestimmung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Dies führt zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

10

1. Die Vertragsstrafenklausel in § 12 des Arbeitsvertrages ist an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 enthält nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

11

2. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages folgt nicht bereits aus § 309 Nr. 6 BGB. Zwar sind danach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; allerdings sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass § 309 Nr. 6 BGB auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafeabreden nicht anwendbar ist und sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafevereinbarung nur aus § 307 BGB ergeben kann, wobei hier allerdings zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist(vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 21; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 35; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 38; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 42; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B II der Gründe, BAGE 110, 8).

12

3. Die Beklagte erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der dritten Variante des in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafeversprechens, wonach der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juni 2013 fristlos und damit ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt.

13

Es kann vorliegend offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages, soweit er die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist knüpft, einer Kontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB standhält oder ob die Bestimmung insoweit vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Intransparenz unwirksam ist.

14

Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist zweifelhaft, ob der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe bereits dann schuldet, wenn er eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt oder ob hinzukommen muss, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat. Aber auch dann, wenn § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur außerordentliche Kündigungen des Mitarbeiters erfasst werden, die ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ausgesprochen wurden, könnte die Wirksamkeit der Bestimmung am Transparenzerfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitern. Denn auch dann könnte die Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthalten. Zwar führt die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Bestimmung - wie hier - unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten (vgl. etwa BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18 mwN).

15

4. Dies kann jedoch dahinstehen. Auch wenn sich § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit als hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erweisen sollte, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe zu zahlen. Im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Diese Bestimmung benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

16

a) Wird das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist aufgelöst, bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages; danach beträgt sie ein Bruttomonatsentgelt. § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach sich die Vertragsstrafe auf ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht auf mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt beläuft, findet in diesem Fall keine Anwendung. Dies ergibt die Auslegung von § 12 des Arbeitsvertrages nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätzen.

17

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Maßgebend sind insoweit die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners (vgl. etwa BAG 4. August 2015 - 3 AZR 137/13 - Rn. 31; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 18; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07  - Rn. 23 , BAGE 126, 198 ). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11  - Rn. 17 ; 25. Juni 2013 - 3  AZR 219/11  - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314 ).

18

bb) Die Auslegung ergibt, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, wonach eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts geschuldet ist.

19

Während nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn der Mitarbeiter entweder die Arbeit nicht oder verspätet aufnimmt, er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, er vorübergehend die Arbeit verweigert oder das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst wird, sind in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages ausdrücklich nur zwei der in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Fälle, nämlich die Fälle der verspäteten Arbeitsaufnahme und der vorübergehenden Arbeitsverweigerung genannt. „Im Übrigen“, dh. in allen übrigen Fällen richtet sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Damit werden bereits nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nur die dort genannten Fälle erfasst und nicht auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist; diese fällt vielmehr unter die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages getroffene Auffangregelung.

20

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgt aus der in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Einschränkung, wonach die Vertragsstrafe nicht höher sein darf als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt, nichts anderes. Insbesondere führt die Verwendung des Begriffs der „gesetzlichen Mindestkündigungsfrist“ in diesem Kontext nicht dazu, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist als von der „vorübergehenden Arbeitsverweigerung“ erfasst zu verstehen wäre. Dagegen spricht bereits die aus § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ersichtliche Wertung. Danach sind die vorübergehende Arbeitsverweigerung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zwei eigenständige, voneinander zu unterscheidende Tatbestände unter mehreren gleichfalls eigenständigen Tatbeständen, an deren Verwirklichung die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe geknüpft ist. Es kommt hinzu, dass eine „vorübergehende Arbeitsverweigerung“ von ihrem Wortsinn her voraussetzt, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter - ob mit oder ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB - ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde. Mit einer solchen Kündigung gibt der Arbeitnehmer zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und seine Arbeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen will. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin unschwer auch den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages hätte aufnehmen können, kann § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch diesen Fall erfasst.

21

b) Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam. Die in dieser Vertragsbestimmung vorgesehene Vertragsstrafe führt zu einer Übersicherung der Klägerin, da sie diese berechtigt, von der Beklagten auch dann eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu fordern, wenn die Beklagte - wie hier - das Arbeitsverhältnis während der in § 2 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten ohne Einhaltung der während dieser Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auflöst.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 40 mwN; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1; 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 27).

23

bb) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen (vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 45; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 52; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b aa der Gründe, BAGE 110, 8). Wird - wie hier - die Vertragsstrafe verwirkt, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, sind die Kündigungsfristen, die im Fall einer fristgemäßen Kündigung einzuhalten sind, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Dabei ist die Höhe der Vergütung grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. Die Länge der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - aaO; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, aaO).

24

cc) Danach wird die Beklagte durch die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Nach dieser - insoweit nicht teilbaren Klausel - schuldet die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts in jedem Fall, in dem sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet und damit auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit gemäß § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden kann. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an die Beklagte zu zahlen gewesen wäre. Dafür, dass das Interesse der Klägerin den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt, ist nichts ersichtlich. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die ein besonderes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die über das bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsentgelt hinausgeht, begründen könnten.

25

c) Der Umstand, dass die Klägerin die Vertragsstrafe nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, sondern nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages errechnet hat, führt zu keiner anderen Bewertung.

26

aa) Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

27

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Verhalten der Beklagten erfülle zudem den in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Tatbestand der vorübergehenden Arbeitsverweigerung. Wie unter Rn. 20 ausgeführt, setzt eine vorübergehende Arbeitsverweigerung von ihrem Wortsinn her voraus, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde.

28

5. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

29

a) § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages kann nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe in Höhe des Arbeitsentgelts geschuldet ist, das für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist(vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN).

30

b) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung sind nicht gegeben.

31

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn ohne eine Ergänzung des Vertrages keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen ist (vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 36; 25. Mai 2005 -  5 AZR 572/04  - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19 ; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04  - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 140 ). Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist.

32

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 2013 war bereits bekannt, dass Klauseln, die für den Fall der außerordentlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses eine Vertragsstrafe vorsehen, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind(vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 110, 8). Welchen Inhalt in Formularhandbüchern empfohlene Klauseln haben, ist entgegen der Ansicht der Klägerin bereits deshalb unerheblich.

33

II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Horst Eimer
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    v. Schuckmann    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatz-, Schmerzensgeld- und Entschädigungsansprüche.

2

Der in Polen geborene Kläger, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, war seit 1. September 1983 bei der Beklagten als Arzt beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 30. August 1983 zugrunde. Am 26. Februar 1986 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, in dem es ua. heißt:

㤠1

Herr K, geb. am wird ab 01.03.1986 als Anästhesie Funktions-Oberarzt beim Ev. Krankenhaus W auf unbestimmte Zeit unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe BAT-KF I b weiterbeschäftigt.

§ 2

Vertragsinhalt sind die Bestimmungen der Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten vom 26.7.1961 und 12.12.1962 und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden.“

3

Eine Oberarztstelle bekleidete der Kläger nicht. Er wurde in der Folgezeit auch nicht zum regulären Oberarzt ernannt. Am 15. Mai 2005 erlitt der Kläger einen Schlaganfall. Seit 1. Juli 2005 ist er als Schwerbehinderter anerkannt (zuletzt, dh. ab 11. Dezember 2009, mit einem Grad der Behinderung von 100). Nachdem der Kläger am 14. November 2005 seinen Dienst wieder angetreten hatte, erlitt er am 19. Juni 2006 einen Bandscheibenvorfall. Danach war er arbeitsunfähig erkrankt und nahm am 2. November 2006 seine Tätigkeit wieder auf. Nachdem durch den Widerspruchsausschuss die zunächst verweigerte Zustimmung des Integrationsamtes erteilt worden war, sprach die Beklagte am 10. Dezember 2007 dem Kläger eine „entfristete“ Änderungskündigung aus mit dem Ziel, ihn in einem Krankenhaus in H einzusetzen. Diese Kündigung erklärte die Beklagte später selbst für unwirksam, weil das Mitbestimmungsverfahren nicht eingehalten worden war. Eine weitere, von der Beklagten am 26. Februar 2008 ausgesprochene Änderungskündigung wurde von den Parteien in einem Kündigungsschutzprozess für erledigt erklärt. Am 4. August 2008 erteilte die Beklagte dem Kläger vier Abmahnungen. Seit 5. August 2008 ist der Kläger fortlaufend arbeitsunfähig krank. Die Beklagte leistete ihm für 26 Wochen Entgeltfortzahlung. Seit dem 1. September 2009 bezieht der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer. Die Beklagte beantragte daraufhin beim Integrationsamt gemäß § 92 SGB IX die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die nach § 30 Abs. 2 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte - kirchliche Fassung(TV-Ärzte-KF) mit Gewährung einer unbefristeten Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer eintritt.

4

In einem an das Integrationsamt gerichteten Antwortfragebogen vom 6. Januar 2010 gab die Beklagte an, der Kläger sei als „Assistenzarzt“ beschäftigt gewesen. Das Integrationsamt erteilte mit der Beklagten am 8. Februar 2010 zugegangenem Bescheid die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 6. Januar 2010 ließ der Kläger Schmerzensgeldansprüche in Höhe von 1.135.764,00 Euro, Schadensersatzansprüche in Höhe von 170.168,00 Euro, die Erstattung zukünftiger Schäden in Höhe von 937.810,00 Euro sowie die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 24.555,00 Euro geltend machen.

6

Der Kläger meint, ihm stehe aufgrund massiver Fürsorgepflichtverletzungen durch die Beklagte, Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, fortlaufender Diskriminierung, Mobbings und Strainings Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. So sei seine Überarbeitung durch monatlich 200 bis 300 Überstunden bzw. Bereitschaftsdienststunden ursächlich für den im Jahre 2005 erlittenen Schlaganfall gewesen. Der Bandscheibenvorfall vom 19. Juni 2006 sei dadurch verursacht worden, dass er schwere Patienten zum Lagern auf dem Operationstisch fast allein habe heben müssen. Die Beklagte habe ihn aufgrund seiner Erkrankungen „herausmobben“ wollen. So habe sie versucht, im Jahre 2006 bereits genehmigten Urlaub zu streichen, ein Urlaubsantrag aus dem Jahre 2007 sei unbeantwortet geblieben und Urlaubsanträge seien aus betrieblichen Gründen, ohne Darlegung derselben, abgelehnt worden. Obwohl ihm eine Oberarztstelle zugesprochen gewesen sei, sei er im Gegensatz zu Kollegen deutscher Herkunft nicht zum regulären Oberarzt ernannt worden. Auch habe ihn die Beklagte herabgewürdigt, als sie ihn gegenüber dem Integrationsamt im Fragebogen vom 6. Januar 2010 als „Assistenzarzt“ und nicht als „Funktionsoberarzt“ bezeichnet habe. Seine Nichteinladung zu einem Symposion anlässlich der 30-jährigen Geschichte der Thorax-Chirurgie im Evangelischen Krankenhaus H stelle ebenfalls eine Diskriminierung dar, nachdem er als Anästhesist an mehreren Tausend thorax-chirurgischen Eingriffen mitgewirkt habe.

7

Mit seiner am 30. Dezember 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Schadensersatz für Entgelteinbußen in den Jahren 2005 und 2006 in Höhe von 27.730,00 Euro und die Zahlung von nicht weniger als 126.194,00 Euro Schmerzensgeld verlangt.

8

Nach Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 6. April 2010 hat der Kläger zuletzt beantragt:

1. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 236.905,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei ein angemessenes Schmerzensgeld und Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, das 126.194,00 Euro nicht unterschreiten soll.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Sie behauptet, den Kläger weder wegen seiner ethnischen Herkunft noch wegen seiner Behinderung oder seines Alters benachteiligt zu haben. Dass der Kläger nunmehr eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehe, sei nicht auf Vertragsverletzungen ihrerseits zurückzuführen. Auch sei die Schadensberechnung des Klägers unzutreffend. Im Übrigen habe er die gesetzlichen Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen nicht gewahrt. Auch seien die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 36 Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung(BAT-KF) sowie gemäß § 33 TV-Ärzte-KF verfallen.

11

Demgegenüber meint der Kläger, die Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Ansprüchen begönnen nicht zu laufen, solange das systematische Mobbing nicht beendet sei. Außerdem seien die Ausschlussfristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b ArbGG sowie des § 36 BAT-KF und des § 33 TV-Ärzte-KF unwirksam. Das Arbeitsgericht hat nach Säumnis des Klägers im ersten Kammertermin die Klage gemäß § 331a ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG durch ein Urteil nach Aktenlage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Eine Zurückverweisung der Sache an das Arbeitsgericht wegen dessen Verstoßes gegen § 251a Abs. 2 Satz 1 ZPO hat das Landesarbeitsgericht bereits deshalb nicht vorgenommen, weil es eine solche nicht für prozessökonomisch gehalten hat. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte dieses die Klage nicht abweisen.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 26. Februar 1986 getroffenen Vereinbarung seien die Anwendbarkeit des BAT-KF und des TV-Ärzte-KF in den jeweils geltenden Fassungen auf das Arbeitsverhältnis vereinbart worden. Diese einzelvertragliche Vereinbarung in Form einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (AGB) halte der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Damit komme auch die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF zur Anwendung. Diese erfasse auch die streitgegenständlichen Ansprüche wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts und die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG.

15

Die Ausschlussklausel verstoße nicht gegen § 202 Abs. 1 BGB, der eine Erleichterung der Verjährung durch Rechtsgeschäft im Voraus bei Haftung wegen Vorsatzes ausschließe. Das Bundesarbeitsgericht habe entschieden, dass § 202 Abs. 1 BGB einer tariflichen Ausschlussfrist, die auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasse, nicht entgegensteht. Zwar handele es sich bei dem TV-Ärzte-KF nicht um einen Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes, weil er nicht nach dessen Maßgaben, insbesondere nicht unter Beteiligung der Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG) zustande gekommen sei. Die Arbeitsrechtsregelungen würden nämlich durch Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission festgelegt und lediglich durch arbeitsvertragliche Inbezugnahmeklauseln Bestandteile der Arbeitsverhältnisse. Diese formale Betrachtungsweise werde indes dem Charakter kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen nicht gerecht. Die Grundsätze, welche für die Auslegung und rechtliche Beurteilung von Tarifverträgen gölten, seien auch auf kirchliche Arbeitsrechtsregelungen anzuwenden. Der Kläger habe die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF nicht gewahrt. Diese habe mit dem Abschluss der letzten Mobbing-Handlung bzw. Benachteiligung iSd. §§ 7, 1 AGG zu laufen begonnen. Ab Juni 2009 hätten solche Handlungen nicht mehr stattgefunden. Daher sei die Ausschlussfrist zum Zeitpunkt des Klageeinganges am 30. Dezember 2009 und dem Zugang des Anwaltsschreibens vom 6. Januar 2010 bereits verstrichen gewesen.

16

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

Ob die Klage und damit die Revision des Klägers begründet ist, kann der Senat aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.

18

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte die Klage nicht allein mit der Begründung abgewiesen werden, etwaige Entschädigungs-, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des KIägers seien gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF verfallen.

19

a) Zunächst ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TV-Ärzte-KF kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung gefunden hat.

20

Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 26. Februar 1986 sind die „Bestimmungen der Notverordnungen zum Dienstrecht der kirchlichen Angestellten vom 26.7.1961 und 12.12.1962 und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden“, Vertragsinhalt. Aufgrund dieser Klausel ist der BAT-KF und damit auch dessen Anlage 6, der TV-Ärzte-KF (§ 1 Abs. 3 BAT-KF idF der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 [BAT-KF nF]), als arbeitsvertraglich vereinbart anzusehen (vgl. BAG 25. Oktober 1995 - 4 AZR 531/94 - zu B I der Gründe).

21

b) Mit dem Landesarbeitsgericht ist auch davon auszugehen, dass es sich bei der Inbezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, weil sie von der Beklagten vorformuliert und für eine Vielzahl von Fällen verwendet worden ist(§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie hält einer Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen im Widerspruch. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragrafen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung der evangelischen Kirche schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch kirchenrechtlich verpflichtet ist. Dass sich die Verweisungsklausel nicht auf die Bezugnahme einer bestimmten Fassung des TV-Ärzte-KF beschränkt, sondern mit der Formulierung „und die Änderungen und Ergänzungen, die auf Grund dieser Notverordnungen beschlossen werden“, einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, benachteiligt den Kläger nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung ist deshalb wirksam (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 16, BAGE 135, 163).

22

Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden, gehört zu den Grundelementen des Vertragsrechts. Auf vom Arbeitgeber formulierte Allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 17, BAGE 135, 163).

23

Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfalle. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln in sich, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

24

Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 des Arbeitsvertrages zwischen den Parteien erfasst insbesondere nicht die einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf, und schränkt wesentliche Rechte des Klägers, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrages ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

25

Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden darf. Eine solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Inbezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrages eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr zubilligt, gewährleisten die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission, dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann. Die Bezugnahme stabilisiert das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Lohn- und Gehaltsentwicklung (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163).

26

c) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind vom Kläger im Wesentlichen mit vorsätzlichen Verstößen der Beklagten gegen gesetzliche und/oder vertragliche Verpflichtungen begründete Ansprüche unabhängig von ihrem Bestehen nicht bereits deshalb nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF verfallen, weil sie der Kläger nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht hat. Die Ausschlussfrist ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nichtig(§ 134 BGB), soweit sie Ansprüche des Klägers wegen vorsätzlicher Pflicht- und/oder Rechts(gut)verletzungen durch die Beklagte erfasst.

27

aa) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass es sich beim TV-Ärzte-KF um keinen Tarifvertrag iSd. Tarifvertragsgesetzes handelt. Er ist nicht nach Maßgabe dieses Gesetzes und insbesondere nicht unter Beteiligung von Gewerkschaften (§ 2 Abs. 1 TVG) zustande gekommen. Der BAT-KF und damit auch der TV-Ärzte-KF ist vielmehr eine im sog. Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelung. Es handelt sich um eine Kollektivvereinbarung besonderer Art, in welcher allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der kirchlichen Arbeitnehmer durch eine paritätisch zusammengesetzte Kommission festgelegt werden. Sie finden - wie im Streitfalle - nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung (st. Rspr., vgl. BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 855/09 - Rn. 20). Dennoch erfolgt die Auslegung kirchenrechtlicher Arbeitsvertragsordnungen nach denselben Grundsätzen, die für die Tarifauslegung maßgeblich sind (BAG 26. Oktober 2006 - 6 AZR 307/06 - Rn. 23, BAGE 120, 55; 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 21, BAGE 141, 16).

28

bb) Eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete Auslegung des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF ergibt, dass von dieser Ausschlussfrist auch Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen und vorsätzlichen Vertragsverletzungen erfasst werden sollen.

29

§ 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF lautet:

„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Ärzten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden.“

30

Eine solche generell für alle Arten von Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis geltende Verfallklausel umfasst regelmäßig auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 40, BAGE 122, 304; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 20 und 21; 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 24). Die vom Senat im Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - entwickelten, von diesen Grundsätzen teilweise abweichenden Gesichtspunkte zur Auslegung von generellen Ausschlussklauseln beziehen sich ausdrücklich nur auf die Auslegung einer als Allgemeine Geschäftsbedingung arbeitsvertraglich vereinbarten, vom Arbeitgeber vorformulierten Verfallfrist.

31

Es ergeben sich insbesondere aus der Formulierung des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF keine Anhaltspunkte dafür, dass nur bestimmte Ansprüche gemeint sind, insbesondere solche wegen vorsätzlich begangener, ggf. auch unerlaubter Handlungen ausgenommen sein sollen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfallen wegen des einheitlichen Lebensvorganges nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche einer Klausel, die „(alle) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ einer bestimmten Frist zur Geltendmachung unterwirft, sondern auch solche aus unerlaubten Handlungen iSd. §§ 823, 826 BGB(vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26).

32

cc) Eine solche umfassende Ausschlussfrist ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einem Tarifvertrag grundsätzlich zulässig. Insbesondere ist sie nicht nach §§ 134, 202 Abs. 1 BGB nichtig bzw. teilnichtig.

33

Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden darf. § 276 Abs. 3 BGB entfaltet erst durch § 202 Abs. 1 BGB seine volle Wirksamkeit. Das Gesetz bezweckt einen umfassenden Schutz gegen im Voraus vereinbarte Einschränkungen von Haftungsansprüchen aus vorsätzlichen Schädigungen. Deshalb verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen(BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 20). § 202 BGB stellt eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB dar. An die Stelle der unwirksamen Abrede tritt die gesetzliche Verjährungsregelung (vgl. BGH 3. Dezember 1987 - VII ZR 363/86 - zum alten Recht). Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat eine im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist, sofern sie auch vorsätzliche Vertragsverstöße und vorsätzlich begangene unerlaubte Handlungen erfassen sollte, als teilnichtig angesehen (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).

34

§ 202 Abs. 1 BGB steht einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, die auch Ansprüche aus vorsätzlichem Handeln erfasst und nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG(Tarifbindung) oder § 5 Abs. 4 TVG(Allgemeinverbindlichkeit) normative Wirkung entfaltet, allerdings nicht entgegen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 31 ff.). Dieser Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

35

dd) Selbst wenn man, wie es das Landesarbeitsgericht getan hat, diese für tarifvertragliche Ausschlussfristen entwickelte Rechtsprechung auch auf den TV-Ärzte-KF, der nicht die Rechtsnatur eines Tarifvertrages aufweist, anwendet, scheidet eine Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF auf den Streitfall aus, soweit die Haftung für von der Beklagten selbst begangene vorsätzliche Handlungen ausgeschlossen wird. Insoweit verstößt die Ausschlussfrist gegen den seit 1. Januar 2002 geltenden § 202 Abs. 1 BGB. Dabei kommt Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB zur Anwendung, dh. § 202 BGB gilt für das vor dem 1. Januar 2002 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien erst ab dem 1. Januar 2003 (vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 44, BAGE 122, 304; 19. Januar 2010 - 3 AZR 191/08 - Rn. 36, BAGE 133, 90; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 18).

36

ee) Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts ist eine an sich zulässige tarifliche Verfallklausel, welche auch Ansprüche aufgrund von vorsätzlichen Handlungen erfasst, nur dann auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, wenn der Tarifvertrag für dieses normativ Anwendung findet, dh. aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG) oder Allgemeinverbindlicherklärung (§ 5 Abs. 4 TVG).

37

In seinen Entscheidungen vom 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 37 und vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - hat es der Senat ausdrücklich offengelassen, ob eine individual-rechtliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien und damit ein Rechtsgeschäft iSd. § 202 BGB dann vorliegt, wenn ein Tarifvertrag aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel insgesamt auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung findet oder wenn ein Tarifvertrag ausschließlich bzgl. seiner Ausschlussfristen Anwendung finden soll. Eine solche Fallgestaltung liegt im Streitfalle vor, weil die Geltung des TV-Ärzte-KF für das Arbeitsverhältnis der Parteien arbeitsvertraglich vereinbart worden ist.

38

In einem solchen Falle wirken die Tarifnormen nicht von außen auf das Arbeitsverhältnis ein wie bei einer Tarifbindung oder Allgemeinverbindlichkeit, bei denen die Tarifnormen nicht Bestandteile des Arbeitsvertrages werden. Vielmehr vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien bei einer einzelvertraglichen Inbezugnahme eines Tarifvertrages, dass dieser, dh. dessen Rechtsnormen iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG, zum Inhalt des Arbeitsvertrages werden(allgemeine Meinung, vgl. BAG 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c aa der Gründe, BAGE 113, 29). Die Arbeitsvertragsparteien „ergänzen“ gleichsam ihren Arbeitsvertrag um diese Tarifnormen. Sie wirken für die Arbeitsvertragsparteien daher nicht anders, als wenn sie diese Normen als Vertragsbestimmungen in den Arbeitsvertrag aufgenommen hätten (herrschende Meinung; vgl. Wiedemann/Oetker 7. Aufl. § 3 TVG Rn. 285 mwN).

39

Damit stellt sich die Vereinbarung der Parteien, ihr Arbeitsverhältnis solle den kirchenrechtlichen Arbeitsvertragsregelungen unterliegen, als eine individual-rechtliche Vereinbarung dar, nach welcher der TV-Ärzte-KF Bestandteil ihres Arbeitsverhältnisses sein soll. Dies hat zur Folge, dass auch § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF als durch „Rechtsgeschäft“ vereinbart iSd. § 202 Abs. 1 BGB gilt.

40

Dies führt insoweit zur Unwirksamkeit des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF, als dieser auch durch vorsätzliches Handeln der Beklagten selbst verursachte Ansprüche miteinbezieht.

41

ff) Da die Haftung für fremdes vorsätzliches Handeln nach § 278 Satz 2 BGB iVm. § 276 Abs. 3 BGB jedoch ausgeschlossen werden darf, können auch Ansprüche aufgrund vorsätzlichen Handelns von Personen iSd. § 278 Satz 1 BGB einer individualrechtlich vereinbarten allumfassenden Ausschlussklausel unterfallen. § 202 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 43, BAGE 122, 304; 30. Oktober 2008 - 8 AZR 886/07 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Rn. 22). Nach herrschender Meinung ist aber ein Haftungsausschluss nach § 278 Satz 2 BGB iVm. § 276 Abs. 3 BGB nicht für das vorsätzliche Verschulden von Organen einer juristischen Person möglich, bei denen Verschulden als eigenes Verschulden der juristischen Person gilt(vgl. Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 278 BGB Rn. 6 mwN). Die für die Beklagte, eine GmbH und damit eine juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG), handelnden Geschäftsführer werden als organschaftliche Vertreter der Beklagten tätig, sodass deren Handeln der Beklagten als juristische Person als Eigenhandeln zuzurechnen ist (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen GmbHG 7. Aufl. § 35 Rn. 7; Fichtelmann/Schmitt in HK-GmbH-Recht 7. Aufl. § 35 Rn. 37).

42

Das hat zur Folge, dass das Handeln der Geschäftsführer der Beklagten ohne Entlastungsmöglichkeit nach § 278 Satz 2 BGB der Beklagten zugerechnet wird(vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen GmbHG 7. Aufl. § 35 Rn. 94; Fichtelmann/Schmitt in HK-GmbH-Recht 7. Aufl. § 35 Rn. 93 mwN). Inwieweit daneben auch andere Personen organschaftlich für die Beklagte als GmbH gehandelt haben könnten, konnte der Senat aufgrund fehlender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht nicht entscheiden.

43

2. Damit gilt im Streitfalle Folgendes: Ansprüche des Klägers wegen vorsätzlicher Gesetzes- oder Vertragsverstöße durch die Personen, welche die Beklagte organschaftlich vertreten, werden von der Ausschlussfrist des § 33 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF nicht erfasst. Insoweit ist die im Ergebnis einzelvertraglich vereinbarte Verfallklausel wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB teilweise nichtig. Die einzelvertraglich in Bezug genommene Verfallklausel erfasst jedoch Ansprüche, welche der Kläger darauf stützt, dass er durch fahrlässiges Handeln von Organen der Beklagten oder durch vorsätzliche bzw. fahrlässige Handlungen von Personen iSd. § 278 Satz 1 BGB in seinen Rechten verletzt worden ist. Inwieweit das der Fall ist, hat das Landesarbeitsgericht aus seiner Sicht der Rechtslage folgerichtig nicht geprüft. Dies wird es nach der gemäß § 562 Abs. 1, § 563 ZPO erforderlichen Zurückverweisung der Sache nachzuholen haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 2. November 2011 - 7 Sa 138/11 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten.

2

Die Klägerin betreibt eine Fluglinie. Der Beklagte ist Pilot. Die Parteien schlossen am 28./31. August 2007 einen „Dienstvertrag für Luftfahrzeugführer“, der auszugsweise bestimmt:

        

„Präambel

        

P ist ein Luftfahrtunternehmen und betreibt Charterflüge im gewerblichen Personenverkehr. Hieraus ergeben sich besondere Anforderungen an die Einsatzbereitschaft, eine zuverlässige Vertragserfüllung sowie rechtzeitige Planungsmöglichkeiten, die insbesondere bei der Kündigungsregelung, aber auch bei der Entgeltfestlegung ihren Ausdruck finden.

        

§ 1     

Tätigkeitsbereich

        

Der Mitarbeiter wird als Luftfahrzeugführer angestellt; er hat keinen Anspruch auf eine besondere Verwendung. P steht es frei, nach jeweiligen betrieblichen Erfordernissen den Einsatz des Mitarbeiters festzulegen, insbesondere den Einsatz im Rahmen eines Drittbetriebes. Hierbei kann der regelmäßige Einsatzort auch außerhalb des Hauptsitzes von P liegen.

        

§ 2     

Vertragsbeginn, Laufzeit, Kündigung

        

1.    

Der Vertrag beginnt mit dem Erstflug Supervision D.

        

…       

        
        

7.    

Eine Kündigung vor Vertragsbeginn ist ausgeschlossen.

        

8.    

Die Probezeit beträgt 6 Monate, innerhalb der Probezeit kann mit Frist von 14 Tagen ohne Nennung von Gründen dieses Arbeitsverhältnis gekündigt werden.

        

…       

        
        

§ 5     

Lizenz/Ratings

        

1.    

Der Arbeitnehmer/Pilot ist für die Aufstellung und Aufrechterhaltung seiner Lizenzen und Berechtigungen selbst verantwortlich.

        

2.    

Die Kosten für erforderliche Type-Ratings übernimmt der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer/Pilot ist allerdings zur vollen Rückzahlung dieser Kosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 24 Monaten nach Beendigung des Type-Ratings kündigt, oder wenn er seitens des Arbeitgebers aus wichtigem Grund gekündigt wird.

        

3.    

Für jeden Monat der weiteren Beschäftigung nach Ende des Type-Ratings werden 1/24 der Kosten erlassen. Fällige Rückzahlungsforderungen werden gegen noch ausstehende Restforderungen aufgerechnet. Der Zahlungsübersicht ist aus der Anlage 2 ersichtlich.

        

…       

        
        

§ 17   

Schlußbestimmungen

                 

…       

                 

Soweit einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein sollten, bleibt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen hiervon unberührt. Die unwirksame Bestimmung ist so auszulegen oder umzudeuten, dass der mit ihr beabsichtigte insbesondere wirtschaftliche Zweck, soweit gesetzlich zulässig, weitestgehend erreicht wird.“

3

Bei Abschluss des Arbeitsvertrags verfügte der Beklagte noch nicht über die Musterberechtigung für das Flugzeug D. Er erwarb sie anschließend in einer etwa zwei Monate dauernden Ausbildung bis zum 18. Oktober 2007. Die Kosten dieser Ausbildung übernahm die Klägerin.

4

Nachdem der Erstflug Supervision D bis zum 9. November 2007 nicht stattgefunden hatte, kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 9. November 2007, das der Klägerin am 15. November 2007 zuging, das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen. Gleichzeitig bat der Beklagte um Mitteilung, welche Kosten für die Ausbildung angefallen waren.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von Ausbildungskosten iHv. 18.000,00 Euro verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei wegen der vertragswidrigen Kündigung des noch nicht begonnenen und damit nach § 2 Nr. 7 nicht kündbaren Vertrags zur Zahlung von insgesamt 18.000,00 Euro als Schadensersatz verpflichtet. Sie habe für die Ausbildung Kosten iHv. insgesamt 15.926,50 Euro, bestehend aus verschiedenen Einzelpositionen, zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also 18.952,54 Euro aufgewandt. Hiervon werde ein Betrag von 18.000,00 Euro als abschließende Gesamtforderung geltend gemacht. Der Beklagte schulde die Kostenerstattung jedenfalls nach § 5 Nr. 2 des Vertrags, da er das Arbeitsverhältnis bereits einen Monat nach der Beendigung der Ausbildung gekündigt habe. Die Rückzahlungsvereinbarung sei wirksam. Sie halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Anderenfalls bedürfe es einer ergänzenden Vertragsauslegung, da das Festhalten an dem Vertrag ohne die Rückzahlungsklausel eine unzumutbare Härte darstelle. Zumindest ergebe sich der Zahlungsanspruch aus den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Im Übrigen habe der Beklagte den Anspruch mit Schreiben vom 9. November 2007 anerkannt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.000,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten.

10

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es handelt sich nicht um eine unzulässige Teilklage.

11

1. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert die bestimmte Angabe des Gegenstands des erhobenen Anspruchs. Bei einer Teilklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, ist anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge die Ansprüche bis zur geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Anderenfalls ist der Streitgegenstand nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. etwa BGH 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06 - Rn. 7).

12

2. Zwar beläuft sich die aus mehreren Teilbeträgen bestehende Forderung der Klägerin auf insgesamt 18.952,54 Euro. Sie verlangt mit der vorliegenden Klage jedoch lediglich die Zahlung von insgesamt 18.000,00 Euro, ohne darzulegen, aus welchen Einzelpositionen sich dieser Betrag zusammensetzt. Allerdings hat die Klägerin in der Revision klargestellt, dass die Klageforderung iHv. 18.000,00 Euro die abschließende Gesamtforderung hinsichtlich der von ihr aufgewandten Ausbildungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Musterberechtigung für das Flugzeug D darstellt. Damit ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

13

II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten gegen den Beklagten. Sie kann ihren Anspruch weder auf die Rückzahlungsklausel in § 5 Nr. 2 des Vertrags vom 28./31. August 2007 noch auf Schadensersatz oder ungerechtfertigte Bereicherung stützen. In dem Schreiben des Beklagten vom 9. November 2007 liegt auch kein Anerkenntnis.

14

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten nach § 5 Nr. 2 Satz 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags. Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Beklagten unangemessen und ist damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht.

15

a) Die Klausel zur Rückzahlung der Ausbildungskosten in § 5 Nr. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags ist am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Vertrag enthält nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB.

16

b) Die Regelung in § 5 Nr. 2 Satz 2 des Vertrags ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Beklagte wird durch die Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt.

17

Die von der Klägerin gestellte Klausel belastet den Beklagten ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung mit einer Rückzahlungspflicht für entstandene Ausbildungskosten. Die Bestimmung unterscheidet insoweit nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt. Die Klausel differenziert zwar grundsätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Beendigungstatbeständen, und zwar zwischen der vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung einerseits und der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung andererseits. Nur bei Letzterer wird eine Einschränkung dahin vorgenommen, dass die Rückzahlungsverpflichtung nur dann eingreifen soll, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen wird. Im Falle der Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer besteht die Rückzahlungspflicht jedoch ohne Einschränkung, also auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (mit)veranlasst wurde, zum Beispiel durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers. Dadurch wird der Beklagte unangemessen benachteiligt (vgl. hierzu ausführlich BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 -).

18

Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 27, BAGE 118, 36). Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Verluste aufgrund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 BGB nicht die wechselseitigen Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers. Dadurch wird der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 26; 24. Juni 2004 - 6 AZR 383/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 157).

19

c) Die Klausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass der Arbeitnehmer nur bei einer Eigenkündigung aus Gründen, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind, zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich ist (vgl. ausführlich BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 29 ff.). Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Rückzahlungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Im Zeitpunkt der Verwendung der Klausel im August 2007 war bereits bekannt, dass eine Rückzahlungsklausel unwirksam ist, die an Beendigungstatbestände eine Rückzahlungspflicht knüpft, deren Ursache der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Das ergab sich bereits aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Mai 1998 (- 5 AZR 535/97 - zu II 4 der Gründe, BAGE 88, 340). Deshalb konnte die Klägerin auch nicht auf den Fortbestand einer anderslautenden früheren Rechtsprechung vertrauen.

20

d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der salvatorischen Klausel in § 17 Satz 2 und Satz 3 des Arbeitsvertrags. Mit dieser Ersetzungsklausel wurde die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wurde. Zudem wurden die Rechte und Pflichten des Vertragspartners entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht klar und durchschaubar dargestellt. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 38; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 c der Gründe, BAGE 115, 19; BGH 22. November 2001 - VII ZR 208/00 - zu II 3 der Gründe).

21

e) Ob der Beklagte von der Klägerin zur Kündigung veranlasst wurde und ob der Beklagte zur Kündigung berechtigt war oder sich als berechtigt dazu ansehen durfte, ist unerheblich. Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 39; 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38, BAGE 118, 36; BGH 28. Oktober 1981 - VIII ZR 302/80 - BGHZ 82, 121).

22

2. Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin die aufgewendeten Ausbildungskosten wegen der vorzeitigen Kündigung des Arbeitsvertrags im Wege des Schadensersatzes nach § 280 BGB zu erstatten. Ein solcher Anspruch wäre nach § 249 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hätte der Beklagte nicht gekündigt, würde der Vertrag weiterhin bestehen. An der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB würde dies nichts ändern, so dass die Klägerin auch in diesem Fall keine Erstattung der Ausbildungskosten verlangen könnte.

23

3. Die Klägerin kann ihr Zahlungsverlangen auch nicht auf bereicherungsrechtliche Vorschriften stützen.

24

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat die Ausbildung nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Der rechtliche Grund besteht in der - mit Ausnahme der Rückzahlungsklausel - wirksamen Ausbildungsvereinbarung (vgl. ausführlich BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 33 ff.).

25

b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 818 Abs. 2 BGB. Danach besteht die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten auch dann, wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

26

aa) Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB erfordert eine Einigung der Parteien über den mit der Leistung bezweckten Erfolg. Die Einigung darf aber nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung haben. Haben die Parteien eine Vereinbarung geschlossen, aufgrund derer die Leistungen erbracht werden sollen, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung ist ausgeschlossen, wenn der bezweckte, aber nicht (vollständig) erreichte Erfolg Inhalt einer vertraglichen Bindung war; für die Abwicklung gelten dann die Grundsätze des Vertragsrechts (BGH 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 - zu 2 der Gründe; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 812 Rn. 34). § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass der nicht erreichte Leistungszweck nicht in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestanden hat, weil diese Fälle bereits von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 BGB erfasst werden. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ist allerdings nicht nur dann anwendbar, wenn die Leistung überhaupt nicht im Hinblick auf eine rechtliche Verpflichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn mit der Leistung sowohl eine Verbindlichkeit erfüllt werden sollte als auch ein über die Erfüllung der Verbindlichkeit hinausgehender Erfolg bezweckt wurde, der nicht eingetreten ist (BGH 14. Mai 1991 - X ZR 2/90 - zu I 2 a der Gründe; MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 812 Rn. 377 - 380). Der „Zweck“ iSd. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB darf jedoch nicht Gegenstand der vertraglichen Bindung oder Bedingung eines Rechtsgeschäfts sein (BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 44; BGH 10. November 2003 - II ZR 250/01 - zu II 2 der Gründe).

27

bb) Danach hat die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Ausbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. Zweck der Ausbildungsvereinbarung war es, den Beklagten durch den Erwerb der Musterberechtigung für die spätere Tätigkeit als Pilot für den Flugzeugtyp D bei der Klägerin zu befähigen. Dieser Zweck ist ausdrücklich Gegenstand der Vereinbarung. Dies ergibt sich aus § 2 Nr. 1 der Vereinbarung, wonach der Vertrag mit dem Erstflug Supervision D beginnt. Dieser Zweck wurde zwar verfehlt. Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB, da der Zweck Gegenstand der vertraglichen Bindungen der Parteien war.

28

c) Im Übrigen stehen Sinn und Zweck des Rechtsfolgensystems des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen entgegen. Der Zweck der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB würde unterlaufen, wenn der Klauselverwender einen vertraglich vereinbarten Rückzahlungsanspruch infolge einer unangemessen benachteiligenden Vertragsgestaltung verlieren, anschließend aber über den Bereicherungsausgleich das nach §§ 305 ff. BGB missbilligte Ziel erreichen würde (vgl. Palandt/Sprau 72. Aufl. Einf v § 812 Rn. 5). Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfolgt mit dem beim Klauselverwender eintretenden Rechtsverlust den Zweck, die erfolgte Vermögensverschiebung bestehen zu lassen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB in Betracht(vgl. hierzu BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 46; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

29

4. Der Beklagte hat den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch nicht anerkannt. Mit der im Kündigungsschreiben vom 9. November 2007 geäußerten Bitte, ihm im Hinblick auf die Ausbildungskosten D mitzuteilen, welche Kosten bei der Klägerin tatsächlich angefallen sind, hat der Beklagte sich nicht bereit erklärt, die Kosten zu erstatten. Ein solcher Verpflichtungswille lässt sich aus dem Schreiben nicht entnehmen.

30

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 13. Juli 2007 - 3/6 Sa 177/07 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. November 2006 - 3 Ca 123/06 - wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag bewirkt, dass die von der Arbeitsrechtlichen Kommission der Evangelischen Kirche und des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau(Arbeitsrechtliche Kommission) am 20. Juli 2005 beschlossene Neufassung der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau (DWHN) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

2

Die Beklagte ist eine kirchlich-diakonische Einrichtung und Mitglied im DWHN. Die Klägerin ist bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin, dem Hessischen Diakonieverein eV Darmstadt, seit dem 1. Oktober 1987 als Krankenschwester beschäftigt. In § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 ist vereinbart, dass, soweit durch diesen Vertrag nicht etwas anderes bestimmt wird, für das Dienstverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nebst Änderungen und Ergänzungen gilt. Art. 71 der Kirchenordnung der zuständigen Evangelischen Kirche für Hessen und Nassau(EKHN) regelt:

        

„(1) Die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau können im Rahmen des kirchlichen Auftrages unter partnerschaftlicher paritätischer Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst verbindlich für alle Anstellungsträger geregelt werden.

        

(2) Das nähere bestimmt ein Kirchengesetz, dem mehr als die Hälfte der gewählten und berufenen Mitglieder der Kirchensynode zustimmen muss.“

3

Auf dieser Grundlage beschloss die EKHN am 29. November 1979 das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechts-Regelungsgesetz - ARRG). § 4 ARRG lautet:

        

„(1) Die durch die Arbeitsrechtliche Kommission oder den Schlichtungsausschuß nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes beschlossenen arbeitsrechtlichen Regelungen sind für alle Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich dieses Kirchengesetzes verbindlich.

        

(2) Es dürfen nur Arbeitsverträge geschlossen werden, die den in Absatz 1 genannten Regelungen entsprechen.“

4

§ 1 Abs. 1 der von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des Diakonischen Werkes in Hessen und Nassau vom 25. September 1980(Ang-AVO/DWHN 1980) regelte, dass auf die Arbeitsverhältnisse der im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN als Angestellte beschäftigten Mitarbeiter der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 sowie die für BAT-Angestellte zusätzlich abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträge in der für das Land Hessen jeweils geltenden Fassung Anwendung finden, soweit in Abschnitt II durch die zuständigen Gremien des DWHN nichts anderes bestimmt ist oder wird. In der Arbeitsrechtsregelung zur Einführung der Kirchlich-Diakonischen Arbeitsvertragsordnung vom 20. Juli 2005 (ARR 2005) hat die Arbeitsrechtliche Kommission ua. die Kirchlich-Diakonische Arbeitsvertragsordnung (KDAVO) und die Neufassung der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Dienst des DWHN (Ang-AVO/DWHN 2005) beschlossen. Ziel dieses Regelwerks war die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und der Arbeitsplätze, die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung. Die mit den Änderungen der Arbeitsbedingungen für die Klägerin verbundenen finanziellen Einbußen betrugen nicht mehr als 20 % der ihr bisher gezahlten Vergütung.

5

Die Klägerin hat gemeint, die Verweisungsklausel in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 bewirke nicht, dass die Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005 auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fänden. Die Auslegung der Klausel ergebe, dass das Tarifsystem des BAT die maßgebliche Basis der Arbeitsbedingungen sein müsse. Bei der Ang-AVO/DWHN 2005 handele es sich weder um eine Änderung noch um eine Ergänzung, sondern um eine von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasste Ersetzung der ursprünglichen Arbeitsvertragsordnung. Der Hinweis auf den BAT sei ersatzlos entfallen. Aufgrund dieser Abkoppelung vom BAT liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor. Jedenfalls wäre eine Bezugnahme auf die Ang-AVO/DWHN 2005 nicht wirksam. Die Einführung der Ang-AVO/DWHN 2005 benachteilige sie unangemessen und sei auch unbillig iSv. § 319 BGB.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass sich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch über den 30. September 2005 hinaus nach der Arbeitsvertragsordnung für Angestellte im kirchlich-diakonischen Werk in Hessen und Nassau in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung richtet, und dass die Einführung der kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsordnung in der Fassung vom 20. Juli 2005 für die Klägerin unverbindlich ist.

7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien richte sich ab dem 1. Oktober 2005 nach den Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005. Die Bezugnahme in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 enthalte zwingend eine Verweisung auch auf das ARRG. Bei dem BAT in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes(BAT/DW) habe es sich schon immer um eine eigenständige Regelung gehandelt, die von vielen Vorschriften des BAT abgewichen sei.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und hat der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert.

10

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung hat, dass sein Arbeitsverhältnis entgegen der Rechtsauffassung seines Arbeitgebers nicht einem bestimmten Tarifvertrag unterfällt, sondern dieses sich nach einem anderen Tarifvertrag richtet(23. Februar 1995 - 6 AZR 667/94 - BAGE 79, 224; 25. Februar 1999 - 6 AZR 494/97 -; 10. August 2000 - 6 AZR 84/99 -). Durch eine solche Entscheidung wird der wesentliche Inhalt des Arbeitsverhältnisses geklärt und eine Vielzahl von Einzelfragen dem Streit der Parteien entzogen. Entsprechendes gilt, wenn die Parteien darüber streiten, welche Fassung einer kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsordnung auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

11

II. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich ab dem 1. Oktober 2005 nach den Bestimmungen der Ang-AVO/DWHN 2005. Dies folgt aus der Verweisungsklausel in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987. Danach gilt für das Dienstverhältnis grundsätzlich der Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau nebst Änderungen und Ergänzungen.

12

1. Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 getroffenen Verweisungsklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. §§ 305 ff. BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das Landesarbeitsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das Bundesarbeitsgericht(st. Rspr., vgl. Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 22, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15; BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 124, 259). Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Diese sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Senat 19. März 2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21, AP BGB § 611 Arbeitgeberdarlehen Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 17). Dies gilt auch für Vertragsklauseln, die dynamisch auf Tarifverträge verweisen (Senat 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 23 f., aaO). Nehmen die Arbeitsvertragsparteien auf kirchlich-diakonische Arbeitsbedingungen und ihre Änderungen und Ergänzungen und damit auch auf ein von ihnen selbst nicht abzuänderndes externes Regelwerk Bezug, besteht kein Anlass, von den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein geltenden Grundsätzen abzugehen (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 14, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10).

13

2. Dieser uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht stand. Sie berücksichtigt nicht ausreichend den Wortlaut der Verweisungsklausel, der nicht vom BAT, sondern vom BAT in der Fassung der Empfehlung des DWHN spricht. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts wird auch dem Sinn und Zweck der Verweisung sowie dem Umstand nicht gerecht, dass niemand, der im kirchlich-diakonischen Bereich bei einem Anstellungsträger arbeitet, der Mitglied eines Diakonischen Werkes ist, davon ausgehen darf, dass sich sein Arbeitsverhältnis auch dann, wenn die Verweisungsklausel Änderungen und Ergänzungen des in Bezug genommenen Regelwerks ausdrücklich einschließt, nach Arbeitsbedingungen richtet, die erheblich von den Bedingungen abweichen, die den kirchenrechtlichen Anforderungen entsprechen und für alle Anstellungsträger im Bereich des Diakonischen Werkes gelten.

14

3. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - Rn. 35, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) eine Verweisungsklausel mit demselben Wortlaut wie dem in § 2 des Dienstvertrags vom 9. September 1987 so ausgelegt, dass sie die Ang-AVO/DWHN dynamisch in Bezug nimmt und damit die nach dem innerkirchlichen Verfahrensrecht ordnungsgemäß zustande gekommenen „Änderungen und Ergänzungen“ der Ang-AVO/DWHN 1980 durch die Ang-AVO/DWHN 2005 umfasst. Er hat sein Auslegungsergebnis eingehend insbesondere mit dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck und der Funktion der Regelung begründet und dabei das auch von der Klägerin vorgebrachte Argument gewürdigt und dann verworfen, die Verweisungsklausel habe das Arbeitsverhältnis, wenn auch in modifizierter Form, dem BAT zeitdynamisch unterstellt. Die Entscheidungsgründe des Landesarbeitsgerichts und das Vorbringen der Klägerin rechtfertigen es nicht, an diesen überzeugenden Ausführungen des Vierten Senats und seinem Auslegungsergebnis nicht festzuhalten. Das Argument, bei der Ang-AVO/DWHN 2005 handele es sich weder um eine Änderung noch um eine Ergänzung, sondern um eine von der Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasste Ersetzung der ursprünglichen Arbeitsvertragsordnung, trägt nicht. Die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrags verweist nicht in erster Linie auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag und nur in zweiter Linie auf etwaige Anpassungen dieses Tarifvertrags durch die Arbeitsrechtliche Kommission. Einen Bundes-Angestelltentarifvertrag in der Fassung der Empfehlung des DWHN als ein abgeschlossenes Normenwerk dieses Namens gab es nicht (BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 17, aaO). Deshalb hilft der Klägerin auch der Hinweis nicht weiter, aufgrund der Abkoppelung vom Bundes-Angestelltentarifvertrag liege materiell ein „Tarifwechsel“ vor. Die seit dem 1. Oktober 1987 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigte Klägerin greift die Anwendung der Ang-AVO/DWHN in der jeweiligen Fassung letztlich im Kern auch nicht an. Sie wendet sich nur gegen die Änderung zum 1. Oktober 2005 durch die Ang-AVO/DWHN 2005. Anhaltspunkte, die Zweifel an der formellen Ordnungsgemäßheit dieser Regelung begründen könnten, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Solche Zweifel hat die Klägerin auch nicht geäußert.

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4. Die Verweisungsklausel in § 2 des Formulardienstvertrags vom 9. September 1987 ist wirksam. Sie hält einer Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand.

16

a) Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragraphen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung eines Diakonischen Werkes schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und dazu auch kirchenrechtlich verpflichtet ist(vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Dass sich die Verweisungsklausel nicht auf die Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung der Ang-AVO/DWHN beschränkt, sondern mit der Formulierung „nebst Änderungen und Ergänzungen“ einen Änderungsvorbehalt beinhaltet, benachteiligt die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Regelung ist deshalb wirksam.

17

b) Behält sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag einseitig das Recht vor, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist diese Abrede nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Abänderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Dass Verträge die Vertragsparteien grundsätzlich binden („pacta sunt servanda“), gehört zu den Grundelementen des Vertragsrechts (BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140, 144). Auf vom Arbeitgeber formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen verweisende Jeweiligkeitsklauseln unterliegen daher den strengen Anforderungen der Änderungsvorbehalte (Preis NZA 2010, 361, 362). Die Kontrolle von dynamischen Bezugnahmeklauseln am Maßstab der §§ 305 ff. BGB entspricht auch der Rechtsprechung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (14. März 2007 - 5 AZR 630/06 - Rn. 20, BAGE 122, 12). Allerdings hat der Fünfte Senat die dynamische Verweisung in einem Formulararbeitsvertrag auf die für Beamte geltende Arbeitszeit nur einer eingeschränkten Überprüfung unterzogen. Dies beruhte jedoch darauf, dass die Klausel die Arbeitszeit und damit die einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle entzogene Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers betraf. Auch der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat ausdrücklich angenommen, dass seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 die AGB-Kontrolle für Arbeitsverträge und damit auch für arbeitsrechtliche Verweisungsklauseln gesetzlich angeordnet ist (18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 43, BAGE 122, 74). Diese Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von dynamischen Verweisungsklauseln steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat die dynamische Verweisung in einem vorformulierten Heimvertrag mit pflegebedürftigen Bewohnern auf bestimmte Regelungen des jeweils gültigen Rahmenvertrags gemäß § 75 SGB XI einer Inhaltskontrolle unterzogen(8. November 2001 - III ZR 14/01 - zu II 4 b der Gründe, BGHZ 149,146).

18

c) Bei der Angemessenheitskontrolle ist nicht auf die durch den Arbeitgeber tatsächlich erfolgten Änderungen abzustellen, sondern auf die Möglichkeiten, die ihm eine Klausel einräumt(BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst den unangemessenen Gebrauch einer Klausel im konkreten Einzelfall. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit tragen auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfalle nicht realisiert hat (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38 mwN, BAGE 118, 36). Eine Verweisungsklausel in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, die nicht ausschließlich auf die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, sondern darüber hinaus - etwa bei einem kirchenrechtlich vorgesehenen Letztentscheidungsrecht der Synode oder des Bischofs - auch einseitig von der Dienstgeberseite vorgegebene Regelungen erfasst und damit inhaltlich ein Vertragsänderungsrecht der Dienstgeberseite darstellt, dürfte zu weit gefasst und damit insgesamt unwirksam sein (vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, aaO), wenn die Klausel sprachlich nicht teilbar ist und sie deshalb nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt zurückgeführt werden kann (vgl. zu diesem sog. blue-pencil-test BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33).

19

d) Soweit der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - Rn. 43 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) angenommen hat, die Bezugnahmeklausel beschränke sich auf die (dynamische) Verweisung, weiche nicht von Rechtsvorschriften ab, weise damit keinen kontrollfähigen Inhalt auf und unterliege deshalb nur einer eingeschränkten Inhaltskontrolle, beziehen sich diese Ausführungen nicht auf ein einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers. Der Vierte Senat hat ausdrücklich auf den Grundsatz „pacta sunt servanda“ hingewiesen und angenommen, der Arbeitgeber könne die dynamische Bezugnahmeklausel nicht einseitig ändern. Zudem hat der Vierte Senat die von ihm vorgenommene eingeschränkte Inhaltskontrolle der Verweisungsklausel damit begründet, dass der Bereich der Leistungsbeziehungen der inhaltlichen Überprüfung entzogen sei (10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 44, aaO). Anders als im Fall des Vierten Senats macht die Klägerin jedoch nicht ausschließlich Zahlungsansprüche geltend, sondern begehrt die Feststellung dass die Ang-AVO/DWHN 2005 auf ihr Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.

20

e) Der Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt in § 2 des Dienstvertrags erfasst jedoch anders als in jenem Fall, der der Entscheidung des Zehnten Senats vom 11. Februar 2009(- 10 AZR 222/08 - EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9) zugrunde lag, nicht die einseitige Änderung einer Arbeitsordnung durch den Arbeitgeber. Er bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein so eingeschränkter Änderungs- und Ergänzungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf und schränkt wesentliche Rechte der Klägerin, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

21

aa) Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze. Dazu zählen alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach den §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Senat hat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7) eingehend begründet, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen seit dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 grundsätzlich einer Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Er hat jedoch auch anerkannt, dass bei der Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen ist, dass kirchliche Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden(Senat 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - aaO). Dies kann dazu führen, dass in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Gestaltungen zulässig sind.

22

bb) Die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB schließt es ein, dass in einem Arbeitsvertrag mit einem kirchlich-diakonischen Anstellungsträger auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägige, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossene Arbeitsvertragsordnung in der jeweils gültigen Fassung Bezug genommen werden kann. Eine solche Bezugnahme gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme eines einschlägigen Tarifvertrags eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und liegt nicht nur im Interesse des Anstellungsträgers, sondern auch des Arbeitnehmers. Unabhängig davon, ob man den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Richtigkeitsgewähr zubilligt, gewährleisten die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Kommission, dass die Arbeitgeberseite bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann(vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 475). Die Bezugnahme stabilisiert das Arbeitsverhältnis insofern, als eine notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung und damit ohne Gefährdung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses erreicht werden kann. Beschließt die Arbeitsrechtliche Kommission für den Arbeitnehmer günstige Regelungen, zB die Erhöhung der Vergütung, finden diese ohne eigenes Zutun des Arbeitnehmers auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Bezugnahmeklausel verschafft dem Arbeitnehmer damit die Teilhabe an der Entwicklung der Lohn- und Gehaltsentwicklung.

23

cc) Der Senat hat im Urteil vom 24. September 2008(- 6 AZR 76/07 - Rn. 21, AP BGB § 305c Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 15) ebenso wie vor der Schuldrechtsreform in seiner Entscheidung vom 28. Juni 2001 (- 6 AZR 114/00 - BAGE 98, 175, 195) offengelassen, ob über eine an sich nicht überraschende Bezugnahmeklausel solche tariflichen Bestimmungen nicht Vertragsinhalt werden, die für die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrags schlechterdings nicht vorhersehbar waren. Die Frage des Überraschungsschutzes stellt sich auch bei auf kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen bezogenen vertraglichen Jeweiligkeitsklauseln (bejahend für Änderungen, mit denen der Arbeitnehmer gemeinhin nicht rechnen musste, Deinert ZTR 2005, 461, 477 f.). Ein Fall bei Vertragsschluss generell nicht vorhersehbarer Änderungen liegt jedoch nicht vor. Mit den neuen Regelungen, zB der Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, der Änderung der Vergütung von Bereitschaftsdiensten und der geringeren Sonderzahlung, musste die Klägerin rechnen. Es handelt sich dabei um Veränderungen, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der Wettbewerbssituation auch in anderen Bereichen, zB im öffentlichen Dienst, nicht ungewöhnlich sind. Deshalb kann auch hier dahinstehen, ob bei Vertragsschluss schlechterdings nicht vorhersehbare Änderungen der in Bezug genommenen Regelungen Vertragsinhalt werden und an welchen Kriterien gegebenenfalls die Unvorhersehbarkeit zu messen wäre.

24

5. Die in der Ang-AVO/DWHN 2005 getroffenen Regelungen unterliegen ebenso wie die beim Abschluss des Arbeitsvertrags in Bezug genommenen kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsregelungen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB.

25

a) Soweit der Dritte und Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts(vgl. 19. August 2008 - 3 AZR 383/06 - Rn. 38 ff., NZA 2009, 1275; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10) kirchliche Arbeitsvertragsregelungen im Falle ihrer Änderung auch nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 ausschließlich am Maßstab der §§ 317 ff. BGB gemessen und nur daraufhin überprüft haben, ob die Änderung offenbar unbillig iSv. § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, weil sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt und sich dies bei unbefangener sachkundiger Prüfung sofort aufdrängt, haben sie kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand eines anderen Kontrollmaßstabs überprüft als der Senat im Urteil vom 17. November 2005 (- 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7). Eine entscheidungserhebliche Abweichung von dem vorhergehenden Urteil des Senats haben der Dritte und der Vierte Senat nicht angenommen und daher von einer Anfrage beim Senat bzw. Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts nach § 45 ArbGG abgesehen.

26

b) Für eine einheitliche Kontrolle kirchlich-diakonischer Arbeitsvertragsregelungen und ihrer Änderungen und Ergänzungen am Maßstab der §§ 305 ff. BGB spricht jedoch, dass das paritätische Rechtsetzungsverfahren die Qualität der Arbeitsvertragsregelungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich in Frage stellt(Deinert ZTR 2005, 461, 474). Dieser Inhaltskontrolle steht deshalb nicht entgegen, dass die geänderten oder ergänzten Arbeitsvertragsregelungen nicht einseitig vom kirchlich-diakonischen Anstellungsträger, sondern von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden (Reichold NZA 2009, 1377; ders. Anm. zu BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52). Wie ein Regelungskomplex zustande gekommen ist, ob durch einseitige Arbeitgeberfestlegung oder unter Mitwirkung einer Arbeitnehmervertretung, hat nach seiner Aufnahme in den Arbeitsvertrag für seine rechtliche Qualifizierung als Individualvertragsinhalt keine Bedeutung (Dütz FS Schaub S. 157, 167). Maßgebend ist, dass solche Änderungen und Ergänzungen der Arbeitsvertragsregelungen nicht auf den Arbeitnehmer zurückgehen und nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen als vom Unternehmer gestellt gelten, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Dies hat ua. auch zur Folge, dass sich der Unternehmer nicht auf die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen in den Arbeitsvertragsregelungen berufen darf (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 26; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 105/08 - Rn. 42, AP ZPO § 717 Nr. 9).

27

c) Gegen die Annahme, kirchliche Arbeitsvertragsregelungen unterlägen nur bei der(erstmaligen) Bezugnahme im Arbeitsvertrag einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB, nicht jedoch im Falle ihrer Änderung oder Ergänzung, spricht vor allem auch die Funktion kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen. Sie bezwecken einheitliche Arbeitsbedingungen (Dütz FS Schaub S. 157). Diesem Ziel entspräche es nicht, wenn kirchliche Arbeitsvertragsregelungen anhand unterschiedlicher Kontrollmaßstäbe überprüft würden, je nachdem, ob im Arbeitsvertrag auf die kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen vor oder nach ihrer Änderung bzw. Ergänzung verwiesen worden ist. Es kommt hinzu, dass die Arbeitsvertragsparteien die Regelung der Arbeitsbedingungen der Arbeitsrechtlichen Kommission nicht im Vertrauen auf die Redlichkeit und das ausgewogene Urteil eines Dritten übertragen, sondern im Vertrauen auf die Ausgewogenheit des Verhandlungsergebnisses. Dies ist etwas anderes und wird vom Ziel des § 317 BGB, der an der Redlichkeit des Dritten und nicht an seiner Verhandlungsstärke ansetzt, nicht erfasst. Die §§ 317, 319 BGB zielen auf eine rechtsfolgenorientierte Vertragsergänzung bzw. tatbestandliche Feststellungen durch einen neutralen Dritten im Rahmen einzelner Rechtsverhältnisse. So ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass die Mehrheitsentscheidungen der hinsichtlich des betrieblichen Vorschlagswesens geschaffenen paritätischen Kommissionen in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit und Verstoß gegen die zugrunde liegenden Vorschriften zu überprüfen sind(vgl. BAG 20. Januar 2004 - 9 AZR 393/03 - BAGE 109, 193, 201 f.). Die Arbeitsrechtliche Kommission steht dagegen außerhalb der konkreten Vertragsbeziehung der Parteien und regelt für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen und Mitgliedern des DWHN den Inhalt der Rechtsbeziehungen, die über die vertragliche Bezugnahmeklausel für das konkrete Arbeitsverhältnis wirksam werden. Dieser Regelungsmechanismus unterscheidet sich grundlegend von den Sachverhalten, auf die die §§ 317, 319 BGB zugeschnitten sind(vgl. Thüsing Anm. zu BAG 17. April 1996 - 10 AZR 558/95 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 24; ders. Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; ders. Kirchliches Arbeitsrecht S. 134 f.).

28

d) Die Überprüfung einer Leistungsbestimmung oder ihrer Änderung nach § 319 BGB bezöge sich anders als die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB auch auf die beiderseitigen Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis und wäre fallbezogen vorzunehmen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind(st. Rspr., vgl. Senat 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - BAGE 112, 80, 83 mwN). Die fallbezogene Abwägung der Umstände und Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zielt jedoch auf die individuelle Situation der Arbeitsvertragsparteien und nicht auf die möglicherweise sehr unterschiedliche Lage, in der sich die einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträger und ihre Arbeitnehmer jeweils befinden. Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat im Urteil vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) deshalb bei der Ausübungskontrolle nach den §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB ua. auch auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation des beklagten kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers abgestellt (zum Erfordernis einer arbeitgeberbezogenen Billigkeitskontrolle vgl. auch Deinert ZTR 2005, 461, 469). Demgegenüber kommt es bei einer Angemessenheitskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht auf die individuellen Verhältnisse beim jeweiligen Anstellungsträger und seinen Arbeitnehmern an (Deinert ZTR 2005, 461, 477). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind auf der Basis der Verhältnisse zu prüfen, wie sie bei Verwender und Verwendungsgegner typischerweise gegeben sind.

29

e) Würde die Billigkeitskontrolle nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB dazu führen, dass eine einzelne Regelung oder ein gesamtes kirchlich-diakonisches Regelungswerk unverbindlich ist, müsste „die Bestimmung“ gemäß § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Urteil erfolgen. Ob eine solche nicht auf eine Inhaltskontrolle beschränkte Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen mit dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen vereinbar wäre, erscheint zumindest zweifelhaft. Mit dem Dritten Weg haben die Kirchen für den überbetrieblichen Bereich ein eigenständiges kollektives Arbeitsrecht geschaffen, dessen Verfassungsmäßigkeit, insbesondere dessen Vereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG, heute außer Frage steht(Dütz FS Schaub S. 157, 158; Joussen RdA 2010, 182, 183 f.).

30

6. Die in der Ang-AVO/DWHN 2005 getroffenen Regelungen benachteiligen die Klägerin nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

31

a) Bei der Inhaltskontrolle der Ang-AVO/DWHN 2005 ist gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit angemessen zu berücksichtigen, dass diese Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg entstanden ist und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde. Der Senat hat für auf dem Dritten Weg entstandene kirchliche Arbeitsvertragsregelungen angenommen, dass sie jedenfalls dann, wenn sie einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernehmen, wie Tarifregelungen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegen (19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12; 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; vgl. auch bereits BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - BAGE 84, 282). In diesem Fall rechtfertigten die Unterschiede gegenüber der Entstehung von Tarifverträgen keine weitergehende Überprüfung. Die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien seien bei einer solchen Übernahme einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes wie diese nur daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstießen (Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, aaO).

32

b) An diesem Überprüfungsmaßstab hält der Senat unter der Voraussetzung fest, dass die Arbeitsvertragsregelung auf dem Dritten Weg gemäß den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften entstanden ist, von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurde und damit nicht der Dienstgeberseite zugeordnet werden kann. Er macht diese eingeschränkte Kontrolle aber grundsätzlich nicht mehr davon abhängig, dass einschlägige tarifvertragliche Regelungen des öffentlichen Dienstes ganz oder mit im Wesentlichen gleichen Inhalten übernommen werden(ebenso Thüsing Anm. zu BAG 6. November 1996 - 5 AZR 334/95 - EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 16; Schliemann FS Hanau S. 577, 597; Staudinger/Coester [2006] § 310 Rn. 89). Sind vorstehende Voraussetzungen der eingeschränkten Kontrolle nicht erfüllt und liegt damit keine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB mehr vor, unterliegen kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen der uneingeschränkten Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB. Dafür bestehen hier allerdings keine Anhaltspunkte.

33

aa) Kirchlich-diakonische Arbeitsvertragsregelungen erfassen nicht nur, aber doch vor allem auch Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. In diesem Markt konkurrieren sie zunehmend nicht mehr nur mit entsprechenden Einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber. So ist insbesondere eine Vielzahl kommunaler Krankenhäuser privatisiert worden. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit kirchlich-diakonischer Einrichtungen kann es deshalb erfordern, von der Übernahme oder der Übernahme des wesentlichen Inhalts einschlägiger Tarifverträge des öffentlichen Dienstes abzusehen.

34

bb) Es kommt hinzu, dass sich nach der Ersetzung des BAT und anderer für das gesamte Bundesgebiet geltender Tarifverträge durch das neue Tarifrecht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes beim Bund und den Kommunen sowie den Ländern und aufgrund spezieller Tarifverträge zB für Ärzte mit unterschiedlichen Regelungen wie im TV-Ärzte (Länder) und im TV-Ärzte (VKA) oft nicht oder nur schwer feststellen lässt, welcher Tarifvertrag im öffentlichen Dienst „einschlägig“ ist.

35

cc) Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliegt die Festlegung des Verfahrens, in dem die kollektiven Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts zustande kommen. Zum Abschluss von Tarifverträgen sind die Kirchen nicht verpflichtet. Aus Art. 9 Abs. 3 GG kann eine derartige Pflicht nicht abgeleitet werden(Joussen RdA 2010, 182, 183). Dass es den Kirchen gestattet ist, den kirchlichen Dienst und den Dienst in ihren Einrichtungen auf der Grundlage ihres Selbstverständnisses zu gestalten, keine Tarifverhandlungen zu führen und sich nicht in Arbeitskämpfen zu engagieren, wird auch von einem Teil des Schrifttums zugestanden, der eine Richtigkeitsvermutung für auf dem Dritten Weg beschlossene Arbeitsrechtsregelungen ablehnt (vgl. Deinert ZTR 2005, 461, 464). Mit dem Erfordernis, dass die Arbeitsvertragsregelungen auf dem Dritten Weg entstanden und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen worden sein müssen, wird der Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer eines kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ausreichend Rechnung getragen (aA Deinert ZTR 2005, 461, 467). Das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann (vgl. Senat 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; Deinert ZTR 2005, 461, 475; Joussen RdA 2010, 182, 185 f.). Die Einflussmöglichkeit des einzelnen kirchlich-diakonischen Anstellungsträgers ist ähnlich begrenzt wie die eines Mitgliedsunternehmens eines Arbeitgeberverbandes beim Abschluss von Tarifverträgen, so dass die für die Annahme einer einseitigen Leistungsbestimmung erforderliche Durchsetzungsfähigkeit nicht besteht und damit auch nicht die Gefahr einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer. Hinsichtlich der Vergütung wird die Gefahr zudem dadurch begrenzt, dass die Arbeitgeberseite kirchenrechtlich auf das Gebot der Lohngerechtigkeit verpflichtet ist (vgl. Thüsing ZTR 1999, 298, 300).

36

c) Mit der Einführung der Ang-AVO/DWHN 2005 hat die Arbeitsrechtliche Kommission die Grenzen ihrer Regelungsmacht nicht überschritten. Ihre Annahme, die neuen Regelungen, zB die Anhebung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden, die geänderte Vergütung von Bereitschaftsdiensten und die geringere Sonderzahlung, seien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Markt der Wohlfahrtspflege und zur Sicherung der Arbeitsplätze erforderlich, hält sich innerhalb ihrer Einschätzungsprärogative. Dies gilt auch, soweit die Arbeitsrechtliche Kommission die Schaffung eines einheitlichen Tarifrechts für Arbeiter und Angestellte und die Einführung einer aufgaben- und leistungsbezogenen Vergütung für angemessen gehalten hat.

37

7. Die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG sind nicht erfüllt.

38

a) Eine eventuelle Vorlagepflicht bestünde nur dann, wenn die Überprüfung der Ang-AVO/DWHN 2005 am Maßstab der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen würde. Dies ist nicht der Fall. Die in der ARR 2005 getroffene Regelung ist nicht offenbar unbillig, weil sich bei unbefangener Sachprüfung nicht sofort aufdrängt, dass sie in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt(BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 71 ff., AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10). Damit ist die Frage, ob die Ang-AVO/DWHN 2005 am Maßstab der §§ 305 ff. BGB oder der §§ 317, 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu überprüfen ist, nicht entscheidungserheblich. Eine Vorlagepflicht nach § 45 ArbGG kommt nur dann in Betracht, wenn eine entscheidungserhebliche Abweichung zu der identischen Rechtsfrage vorliegt. Diese Voraussetzung betrifft die zu treffende Entscheidung wie die vorhergehende Entscheidung, von der abgewichen werden soll (vgl. BAG 23. Oktober 1996 - 1 AZR 299/96 - zu II 3 a der Gründe, EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 59; zur Entscheidungserheblichkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung jeder Vorlage vgl. auch BGH Vereinigte Große Senate 5. Mai 1994 - VGS 1-4/93 - BGHZ 126, 63, 71; GMP/Prütting 7. Aufl. § 45 Rn. 22 f.; GK-ArbGG/Dörner Stand April 2010 § 45 Rn. 26; ErfK/Koch 10. Aufl. § 45 ArbGG Rn. 4, 5).

39

b) Die Annahme des Vierten Senats in den Urteilen vom 10. Dezember 2008(- 4 AZR 801/07 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 10; - 4 AZR 798/07 -; - 4 AZR 802/07 -; - 4 AZR 845/07 -), die von der Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossenen Änderungen seien nur nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB zu kontrollieren, war im Übrigen nicht tragend. Der Vierte Senat hat als Zweitbegründung für die Wirksamkeit der durch die ARR 2005 vorgenommenen Änderungen angeführt, dass diese nicht die Orientierung an den Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst verlassen hätten und als Bestandteil einer Umorientierung gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes - etwa durch die Vereinbarung des zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD - als auch im weiteren kirchlichen Bereich gesehen werden müssten. Die (Wieder-)Heraufsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich orientiere sich an in vergleichbaren Bereichen ebenfalls durchgeführten Veränderungen. Auch in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2009 (- 4 AZR 880/07 - Rn. 42) hat der Vierte Senat darauf abgestellt, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes vom Bund und der TdL Tarifverträge gekündigt worden sind und die neuen Tarifverträge bisherige Leistungen nicht mehr vorsehen.

40

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

        

        

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. September 2010 - 15 Sa 812/10 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin war vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 für den Beklagten als Steuerfachwirtin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Beklagten vom 23. November 2009.

2

§ 5 „Gehalt und sonstige Vergütungen“ des Arbeitsvertrags regelt Folgendes:

        

„(1) Die Angestellte erhält ein monatliches, nachträglich zu zahlendes Gehalt von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

(2) Der Angestellte erhält mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von EURO 1.900,00 (in Worten EURO eins-neun-null-null).

        

…       

        

(4) Im Eintrittsjahr wird die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt. Besteht das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung noch keine drei Monate, wird keine Gratifikation gezahlt.

        

(5) Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.

        

(6) Eine Gratifikation ist gleichzeitig Treueprämie. Soweit eine Weihnachtsgratifikation gezahlt wird, ist sie zurückzuzahlen, wenn der Angestellte aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher, verhaltensbedingter oder personenbedingter Kündigung des Praxisinhabers vor dem 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung erreicht, bis zum 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder, sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, vor dem 30. Juni des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Dies gilt nicht, wenn die Gratifikation den Betrag von DM 200,00 nicht übersteigt.

        

…“    

        
3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für das Jahr 2009 eine Weihnachtsgratifikation zu. Der Ausschluss des Anspruchs bei gekündigtem Arbeitsverhältnis sei unwirksam. Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe im Jahr 2009 seine Mitarbeiter aufgefordert, freiwillig auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht verzichtet habe.

4

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.900,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Zustellung der Klage zu zahlen.

5

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung gekündigt gewesen sei. Die Kündigung habe auf betrieblichen Gründen beruht.

6

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 hat. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

8

I. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb begründet, weil der in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags bestimmte Ausschluss des Anspruchs auf eine Weihnachtsgratifikation bei gekündigtem Arbeitsverhältnis unwirksam ist. Eine Sonderzuwendung kann vielmehr vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Auszahlung abhängig gemacht werden, wenn sie nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient und nur das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

9

1. Steht eine Sonderzuwendung im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie vom Arbeitnehmer durch die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

10

a) Sonderzuwendungen können vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen. Zweck einer erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie ist besonderer Anreiz für die Erreichung vertraglich festgelegter Leistungsziele oder allgemein Anreiz für die Erzielung überdurchschnittlicher Arbeitsergebnisse im Bezugszeitraum. Eine erfolgsabhängige Vergütung wird als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachte Arbeitsleistung geschuldet (BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35; 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, NZA 2011, 989; 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - Rn. 25, BAGE 125, 147). Auch Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt (BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, aaO; 3. Mai 2006 - 10 AZR 310/05 - Rn. 46, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 18); die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzuwendung wird durch die Abhängigkeit von einem Unternehmensergebnis nicht in Frage gestellt. Schließlich können auch nicht erfolgsabhängige Sonderzuwendungen wie ein 13. Monatsgehalt im Bezugszeitraum erbrachte Arbeitsleistungen zusätzlich honorieren. Der Anspruch auf eine solche Zuwendung entsteht während des Bezugzeitraums entsprechend der zurückgelegten Dauer und wird nur zu einem anderen Zeitpunkt insgesamt fällig (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 21).

11

b) Zulässig ist nach der Rechtsprechung des Senats, den Anspruch auf eine Bonuszahlung an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Geschäftsjahr zu knüpfen. Ein Bonus, der auf das Geschäftsergebnis bezogen ist, kann erst dann verdient sein, wenn das Geschäftsjahr abgeschlossen ist (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44). Dagegen kann eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums abhängig gemacht werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 -). Es ist unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und widerspricht der gesetzlichen Wertung des § 611 BGB, vereinbartes Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer über eine Stichtagsklausel oder eine sonstige Zahlungsbedingung wieder zu entziehen, wenn der vorleistungsverpflichtete Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbracht hat.

12

2. Dient eine Sonderzuwendung hingegen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach die Zahlung den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden.

13

a) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren (vgl. BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21); der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 35). Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 390/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 159). Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.

14

b) Eine Klausel, die eine Sonderzuwendung in diesem Sinne allein an das Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses knüpft, kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann zulässig sein, wenn der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt, sondern auf einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beruht (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265 = EzA BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 21; 4. Mai 1999 - 10 AZR 417/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 214: Klausel in einem Tarifvertrag; 2. Dezember 1992 - 10 AZR 238/91 -: Klausel in einer Betriebsordnung; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1: einzelvertragliche Zusage; 25. April 1991 - 6 AZR 183/90 - BAGE 68, 41: Klausel in einer Betriebsvereinbarung; 4. September 1985 - 5 AZR 655/84 - BAGE 49, 281). Der Arbeitgeber darf unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers allein die fortdauernde Betriebszugehörigkeit über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - zu II 2 b der Gründe, aaO).

15

3. Ob der Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Macht die Sonderzuwendung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Fehlt es hieran und sind auch weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht vereinbart, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - zu II 2 b bb der Gründe, EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8). Will der Arbeitgeber andere Zwecke verfolgen, so muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. Gratifikationscharakter können nur die Sonderzuwendungen haben, die sich im üblichen Rahmen reiner Treue- und Weihnachtsgratifikationen bewegen und keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers ausmachen.

16

II. Die in § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vereinbarte Weihnachtsgratifikation dient nicht der zusätzlichen Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen.

17

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zugrunde. Als solche sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 88; 9. Juni 2010 - 5 AZR 696/09 - Rn. 14, NZA 2011, 109). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüft werden (BAG 23. März 2011 - 10 AZR 831/09 - Rn. 14, aaO).

18

2. Nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags erhält der Angestellte mit der Vergütung nach Abs. 1 jeweils für den Monat November eine „Weihnachtsgratifikation“. Der Wortlaut legt nahe, dass damit ein Beitrag des Arbeitgebers zu den erhöhten Weihnachtsaufwendungen zugesagt werden sollte, eindeutig ist dies für sich genommen jedoch nicht (vgl. BAG 21. Mai 2003 - 10 AZR 408/02 - EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 8: Weihnachtsgeld als reines Arbeitsentgelt; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 15/08 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 280: Weihnachtsgeld als Gratifikation, die das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu Weihnachten voraussetzt; 30. März 1994 - 10 AZR 134/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 161 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 109). Die weiteren Bestimmungen verdeutlichen jedoch, dass die zugesagte Weihnachtsgratifikation keinen Vergütungscharakter hat. Nach § 5 Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsvertrags soll eine Gratifikation „gleichzeitig“ Treueprämie sein und nach Satz 2 ist eine Weihnachtsgratifikation bei einem arbeitnehmerseitig oder in bestimmten Fällen arbeitgeberseitig veranlassten Ausscheiden im Rahmen zulässiger Bindungsfristen wieder zurückzuzahlen. Diese Zahlungsbedingungen lassen bei einem verständigen Vertragspartner keinen Zweifel daran zu, dass mit der Weihnachtsgratifikation ein Beitrag zum Weihnachtsfest geleistet und zusätzlich Betriebstreue honoriert werden soll. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Weihnachtsgratifikation keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung der Klägerin ausmacht, sondern sich in der Größenordnung typischer Gratifikationen ohne Vergütungscharakter bewegt. Dieser Auslegung steht § 5 Abs. 4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im Eintrittsjahr die Gratifikation entsprechend der Dauer der Beschäftigungszeit gezahlt wird. Eine mit einer bestimmten Zwecksetzung zugesagte Gratifikation wird nicht dadurch zu einem im Synallagma stehenden Vergütungsbestandteil, dass sie im Eintrittsjahr nur anteilig entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird. Daraus folgt nur, dass sich die Höhe des Beitrags zum Weihnachtsfest im Eintrittsjahr an der Dauer des Arbeitsverhältnisses orientiert. Wesentliche Anspruchsvoraussetzung für die Gratifikation ist nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags allein der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag.

19

III. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist rechtswirksam und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Die Klägerin wird nicht deshalb unangemessen benachteiligt, weil der Anspruch auf eine Gratifikation ausgeschlossen ist, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung im gekündigten Zustand befindet.

20

1. Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

21

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, NZA 2012, 81; 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

22

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung der Weihnachtsgratifikation ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Dies bestätigt die Systematik des Vertrags, der in § 5 Abs. 6 eine nach arbeitgeber- und arbeitnehmerseitiger Kündigung differenzierende Verpflichtung zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation bestimmt.

23

2. Die Klausel ist nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligend.

24

a) Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33, NZA 2012, 81; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 27, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f., AP BGB § 307 Nr. 26; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist(BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 32, AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 47; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 28, AP GewO § 106 Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 49).

25

b) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass die Weihnachtsgratifikation nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

26

aa) Eine Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch - oder noch einige Zeit - angehören (BAG 19. November 1992 - 10 AZR 264/91 - BAGE 72, 1). Nur eine wirksame Kündigung kann zum Anspruchsausschluss führen. Entscheidend ist, dass nicht in das Synallagma eingriffen und dem Arbeitnehmer verdientes Entgelt entzogen wird.

27

bb) Eine solche Klausel weicht auch nicht vom Grundgedanken des § 162 Abs. 2 BGB ab. Danach gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn er von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird. Die Norm enthält eine Regelung zur Ausübungskontrolle. Niemand darf aus einer treuwidrig herbeigeführten Lage Vorteile ziehen. Einer abstrakten Regelung, dass bei einer wirksamen Kündigung ein Arbeitnehmer von einer Gratifikation ausgeschlossen werden kann, steht § 162 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Ob die Kündigung auf einem treuwidrigen Verhalten beruht, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen. Eine nicht als Gegenleistung für erbrachte Arbeit zugesagte Weihnachtsgratifikation kann deshalb unter den Vorbehalt des Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt gestellt werden.

28

IV. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Zwar besteht nach § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags ein Anspruch der Klägerin auf die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich nicht, weil das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag wirksam gekündigt war. Die Klägerin hat aber geltend gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie sich geweigert habe, auf das Weihnachtsgeld zu verzichten. Die Klägerin hat damit einen schlüssigen Vortrag dazu gehalten, dass der Beklagte sich nach § 162 Abs. 2 BGB nicht auf den Anspruchsausschluss bei gekündigtem Arbeitsverhältnis berufen kann. War die Kündigung Reaktion auf die Weigerung der Klägerin, Verzicht zu leisten, so hat er den Bedingungseintritt treuwidrig herbeigeführt. Das Landesarbeitsgericht wird diesem Vortrag nachgehen müssen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Beck    

        

    Maurer    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28. August 2012 - 17 Sa 542/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Urlaubsgeld.

2

Die Klägerin war vom 1. Oktober 1994 bis zum 30. September 2011 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.567,00 Euro beschäftigt. Nach § 8 Ziff. 1 des zwischen den Parteien am 1. April 1999 geschlossenen Arbeitsvertrags betrug der Urlaubsanspruch 30 Arbeitstage jährlich. Zum Urlaubsgeld enthält § 6 des Arbeitsvertrags folgende Regelungen:

        

§ 6   

Bezüge

        

…       

        
        

4.    

Weiterhin erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin pro genommenen Urlaubstag ein Urlaubsgeld von 2,4 % des monatlichen Bruttogeldes. Das Urlaubsgeld wird am Monatsende ausgezahlt. Voraussetzung für die Auszahlung des Urlaubsgeldes ist ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.

        

5.    

Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld sind ausdrücklich freiwillige Leistungen der Firma. Die Firma behält sich vor, diese Gratifikationen jederzeit herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.

        

…“    

        
3

Bei den Regelungen im Arbeitsvertrag handelt es sich um von der Beklagten vorformulierte und in einer Vielzahl von Fällen verwendete Vertragsklauseln.

4

Mit Schreiben vom 22. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin zum 30. September 2011. In einem gerichtlichen Vergleich vom 26. Juli 2011 einigten sich die Parteien ua. darauf, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher fristgerechter arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 30. September 2011 endet. Die Klägerin wurde weiterhin unter Anrechnung auf ihre Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche unwiderruflich von der Arbeit freigestellt.

5

Im Jahr 2011 war der Klägerin bereits am 14., 15. und 20. April sowie am 6., 9. bis 13., 16. bis 20. und 23. bis 24. Mai Urlaub gewährt worden. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des arbeitsvertraglichen Urlaubsgelds für 30 Urlaubstage.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe der Anspruch auf das arbeitsvertragliche Urlaubsgeld für 30 Urlaubstage in Höhe von 1.848,24 Euro zu. Soweit die Klausel ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis für die Zahlung des Urlaubsgelds voraussetze, sei sie unwirksam.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.848,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2011 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die vertraglichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Urlaubsgeld seien nicht erfüllt, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht ungekündigt gewesen sei. Diese Klausel sei auch wirksam und halte einer AGB-Kontrolle stand.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihren Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des arbeitsvertraglichen Urlaubsgelds.

11

I. Nach § 6 Ziff. 4 Satz 3 des Arbeitsvertrags ist Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt ist. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 22. März 2011 zum 30. September 2011 gekündigt. Die Klägerin verlangt die Zahlung von Urlaubsgeld für die ab April 2011 gewährten Urlaubstage. Zum Auszahlungstermin am jeweiligen Monatsende (§ 6 Ziff. 4 Satz 2 des Arbeitsvertrags) war das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits gekündigt.

12

II. Entgegen der Auffassung der Revision ist die vereinbarte Anspruchsvoraussetzung eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses nicht unwirksam. Sie hält insbesondere einer AGB-Kontrolle stand.

13

1. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen dem Arbeitsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB zugrunde.

14

Die §§ 305 ff. BGB finden seit dem 1. Januar 2003 auf das am 1. April 1999 vereinbarte Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Regelungen zur „Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen” in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 gelten auch für Arbeitsverträge. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiter anzuwenden. Dies gilt nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB für Dauerschuldverhältnisse, zu denen auch die Arbeitsverhältnisse zählen, mit der Maßgabe, dass sie vom 1. Januar 2003 an dem neuen Recht unterfallen. Damit hat Art. 229 § 5 EGBGB dem Arbeitgeber eine Schutzfrist zur Umstellung seiner vorformulierten Arbeitsverträge bis zum 31. Dezember 2002 gewährt (BAG 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 19).

15

2. Der Anspruchsausschluss für gekündigte Arbeitsverhältnisse ist nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klägerin wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.

16

a) Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

17

b) Es ist dem Arbeitgeber nicht schlechthin versagt, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen, solange die Zahlungen nicht (auch) Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit sind.

18

aa) Das gilt sowohl für Klauseln, in denen sich der Arbeitnehmer verpflichtet, erfolgte Sonderzahlungen zurückzuerstatten, wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt, als auch für Regelungen, nach denen die Leistung der Sonderzahlung wie hier voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt noch im ungekündigten Arbeitsverhältnis steht. Allerdings dürfen derartige Klauseln den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Das kann der Fall sein, wenn dem Arbeitnehmer entgegen der in § 611 BGB zum Ausdruck kommenden Vorstellung des Gesetzgebers durch eine Bestandsklausel bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen würde. Ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers daran, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nachträglich zu verändern, kann nicht anerkannt werden. Der Arbeitgeber hat allerdings die Möglichkeit, durch die Vereinbarung von Sonderzahlungen, die der Honorierung von Betriebstreue dienen, dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert das Verbleiben im Arbeitsverhältnis für ihn darstellt. Der Arbeitnehmer seinerseits kann darüber entscheiden, ob er die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel vorzieht oder die Treueprämie in Anspruch nehmen will. Werden dagegen die Zwecke Vergütung für erbrachte Leistung und Honorierung der Betriebstreue miteinander verbunden, kann der Arbeitnehmer von seinem Kündigungsrecht nur um den Preis des Verzichts auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit Gebrauch machen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10  - Rn. 21 ff., BAGE 140, 231).

19

bb) Dient eine Sonderzuwendung nach diesen Grundsätzen nicht der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen, sondern verfolgt der Arbeitgeber damit sonstige Zwecke, kann eine Klausel, wonach der Anspruch den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag voraussetzt, einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten. Eine Sonderzuwendung weicht nicht von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 611 BGB ab, wenn sie nicht im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Ihre Zahlung kann deshalb grundsätzlich an den Eintritt weiterer Bedingungen geknüpft werden (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 12, BAGE 140, 239).

20

c) Vorliegend ergibt die Auslegung, dass das Urlaubsgeld nicht (auch) der Vergütung erbrachter Arbeitsleistungen dient. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

21

aa) Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15 , BAGE 136, 294 ). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 10. Juli 2013 - 10 AZR 898/11 - Rn. 17).

22

bb) Der Zweck einer Sonderzahlung ergibt sich aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird ( BAG 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03  - zu II 1 b der Gründe, BAGE 108, 176 ).

23

cc) Sonderzuwendungen können als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig - wie hier - dadurch deutlich, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt dann nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239).

24

dd) Zudem unterliegt das Entstehen des Anspruchs auf Urlaubsgeld nach dem Arbeitsvertrag denselben Voraussetzungen wie das Entstehen des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub und verfolgt damit denselben arbeitsleistungsunabhängigen Zweck. Das Urlaubsgeld ist deshalb zum Urlaubsanspruch akzessorisch.

25

(1) Ob ein Urlaubsgeld als urlaubsunabhängige Sonderzahlung ausgestaltet ist oder ob es von der Urlaubsgewährung und dem Urlaubsvergütungsanspruch abhängt, richtet sich nach den Leistungsvoraussetzungen und ist durch Auslegung zu ermitteln.

26

(2) Die Abhängigkeit zwischen Urlaubsgewährung und Urlaubsgeld folgt schon aus § 6 Ziff. 4 Satz 1 des Arbeitsvertrags. Danach wird ein Urlaubsgeld pro genommenen Urlaubstag gezahlt. Dies spricht schon gegen eine vom Urlaubsantritt unabhängige Sonderzahlung (vgl. BAG 12. Oktober 2010 - 9 AZR 531/09 - Rn. 21 ff., BAGE 136, 46). Zudem verdeutlicht die Anknüpfung an den genommenen Urlaubstag, dass das Urlaubsgeld dem Erholungszweck des Urlaubs und nicht der Vergütung einer Arbeitsleistung dienen soll.

27

(3) Dieser Zusammenhang zwischen genommenen Urlaub und Bestehen eines Anspruchs auf Urlaubsgeld verdeutlicht den arbeitsleistungsunabhängigen Charakter des Urlaubsgelds. Für das Entstehen des Urlaubsanspruchs ist nach dem Bundesurlaubsgesetz allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Voraussetzung. Der Urlaubsanspruch steht nicht unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hat. Der Urlaubsanspruch entsteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitet (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8, BAGE 142, 371). Da der Anspruch auf Urlaubsgeld nach § 6 Ziff. 4 Satz 1 des Arbeitsvertrags für jeden genommenen und damit entstandenen Urlaubstag besteht, teilt er damit den von einer Arbeitsleistung unabhängigen Charakter des Urlaubs.

28

d) Es ist nicht unangemessen benachteiligend, dass das Urlaubsgeld nicht zur Auszahlung kommt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag durch den Arbeitgeber gekündigt ist und die Beendigung damit nicht auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.

29

Eine solche Stichtagsregelung ist nicht nur als Anreiz für die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitnehmer denkbar. Der Arbeitgeber kann auch, wie oben ausgeführt, unabhängig vom Verhalten des Arbeitnehmers die fortdauernde Betriebszugehörigkeit als solche über den Stichtag hinaus zur Voraussetzung der Sonderzahlung machen, weil ihre motivierende Wirkung sich nur bei den Arbeitnehmern entfalten kann, die dem Betrieb noch oder noch einige Zeit angehören (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 14, BAGE 140, 239; 19. November 1992 - 10 AZR 264/91  - zu II 2 b der Gründe, BAGE 72, 1). Allerdings kann nach diesem Zweck der Leistung nur eine Kündigung, die das Arbeitsverhältnis wirksam beendet, zum Anspruchsausschluss führen. Vorliegend steht durch den am 26. Juli 2011 geschlossenen Vergleich fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30. September 2011 beendet wurde.

30

3. Die Klausel verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

31

a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22 , BAGE 139, 156 ).

32

b) Diese Gefahr besteht nicht. § 6 Ziff. 4 Satz 3 des Arbeitsvertrags ist eindeutig. Die Zahlung des Urlaubsgelds ist vom „ungekündigten“ Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig. Der Begriff „ungekündigt“ ist vorliegend nicht missverständlich. Ungekündigt ist ein Arbeitsverhältnis, wenn keiner der Vertragsparteien eine Kündigung erklärt hat. Dafür, dass nur eine arbeitnehmerseitig ausgesprochene Kündigung den Anspruch auf das Urlaubsgeld ausschließen soll, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

33

4. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die Regelung in § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags sei intransparent und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam; diese Unwirksamkeit erfasse auch § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags. Letzteres trifft nicht zu. Beide Regelungen stehen in keinem Zusammenhang und sind deshalb in ihrer Wirksamkeit nicht voneinander abhängig. § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags regelt das Entstehen, die Höhe und die Fälligkeit des Urlaubsgelds. Demgegenüber gewährt § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags dem Arbeitgeber das Recht des Widerrufs (§ 6 Ziff. 5 Satz 2), da es sich um eine freiwillige Leistung (§ 6 Ziff. 5 Satz 1) handele (Freiwilligkeitsvorbehalt). Insbesondere schließt der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht intransparent den nach § 6 Ziff. 4 des Arbeitsvertrags begründeten Rechtsanspruch aus (zu einer den Rechtsanspruch ausschließenden Formulierung: vgl. BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 20). Der Hinweis auf die Freiwilligkeit soll nur das Widerrufsrecht nach § 6 Ziff. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags begründen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob § 6 Ziff. 5 des Arbeitsvertrags einer AGB-Kontrolle standhalten würde.

34

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung der Beklagten dazu diente, den Bedingungseintritt iSd. § 162 Abs. 2 BGB treuwidrig herbeizuführen(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 28, BAGE 140, 239), sind nicht ersichtlich.

35

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Klose    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

  Heilmann  

        

    Matth. Dipper    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 2. November 2011 - 7 Sa 138/11 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten.

2

Die Klägerin betreibt eine Fluglinie. Der Beklagte ist Pilot. Die Parteien schlossen am 28./31. August 2007 einen „Dienstvertrag für Luftfahrzeugführer“, der auszugsweise bestimmt:

        

„Präambel

        

P ist ein Luftfahrtunternehmen und betreibt Charterflüge im gewerblichen Personenverkehr. Hieraus ergeben sich besondere Anforderungen an die Einsatzbereitschaft, eine zuverlässige Vertragserfüllung sowie rechtzeitige Planungsmöglichkeiten, die insbesondere bei der Kündigungsregelung, aber auch bei der Entgeltfestlegung ihren Ausdruck finden.

        

§ 1     

Tätigkeitsbereich

        

Der Mitarbeiter wird als Luftfahrzeugführer angestellt; er hat keinen Anspruch auf eine besondere Verwendung. P steht es frei, nach jeweiligen betrieblichen Erfordernissen den Einsatz des Mitarbeiters festzulegen, insbesondere den Einsatz im Rahmen eines Drittbetriebes. Hierbei kann der regelmäßige Einsatzort auch außerhalb des Hauptsitzes von P liegen.

        

§ 2     

Vertragsbeginn, Laufzeit, Kündigung

        

1.    

Der Vertrag beginnt mit dem Erstflug Supervision D.

        

…       

        
        

7.    

Eine Kündigung vor Vertragsbeginn ist ausgeschlossen.

        

8.    

Die Probezeit beträgt 6 Monate, innerhalb der Probezeit kann mit Frist von 14 Tagen ohne Nennung von Gründen dieses Arbeitsverhältnis gekündigt werden.

        

…       

        
        

§ 5     

Lizenz/Ratings

        

1.    

Der Arbeitnehmer/Pilot ist für die Aufstellung und Aufrechterhaltung seiner Lizenzen und Berechtigungen selbst verantwortlich.

        

2.    

Die Kosten für erforderliche Type-Ratings übernimmt der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer/Pilot ist allerdings zur vollen Rückzahlung dieser Kosten verpflichtet, wenn er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 24 Monaten nach Beendigung des Type-Ratings kündigt, oder wenn er seitens des Arbeitgebers aus wichtigem Grund gekündigt wird.

        

3.    

Für jeden Monat der weiteren Beschäftigung nach Ende des Type-Ratings werden 1/24 der Kosten erlassen. Fällige Rückzahlungsforderungen werden gegen noch ausstehende Restforderungen aufgerechnet. Der Zahlungsübersicht ist aus der Anlage 2 ersichtlich.

        

…       

        
        

§ 17   

Schlußbestimmungen

                 

…       

                 

Soweit einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein sollten, bleibt die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen hiervon unberührt. Die unwirksame Bestimmung ist so auszulegen oder umzudeuten, dass der mit ihr beabsichtigte insbesondere wirtschaftliche Zweck, soweit gesetzlich zulässig, weitestgehend erreicht wird.“

3

Bei Abschluss des Arbeitsvertrags verfügte der Beklagte noch nicht über die Musterberechtigung für das Flugzeug D. Er erwarb sie anschließend in einer etwa zwei Monate dauernden Ausbildung bis zum 18. Oktober 2007. Die Kosten dieser Ausbildung übernahm die Klägerin.

4

Nachdem der Erstflug Supervision D bis zum 9. November 2007 nicht stattgefunden hatte, kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 9. November 2007, das der Klägerin am 15. November 2007 zuging, das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen. Gleichzeitig bat der Beklagte um Mitteilung, welche Kosten für die Ausbildung angefallen waren.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von Ausbildungskosten iHv. 18.000,00 Euro verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei wegen der vertragswidrigen Kündigung des noch nicht begonnenen und damit nach § 2 Nr. 7 nicht kündbaren Vertrags zur Zahlung von insgesamt 18.000,00 Euro als Schadensersatz verpflichtet. Sie habe für die Ausbildung Kosten iHv. insgesamt 15.926,50 Euro, bestehend aus verschiedenen Einzelpositionen, zuzüglich Umsatzsteuer, insgesamt also 18.952,54 Euro aufgewandt. Hiervon werde ein Betrag von 18.000,00 Euro als abschließende Gesamtforderung geltend gemacht. Der Beklagte schulde die Kostenerstattung jedenfalls nach § 5 Nr. 2 des Vertrags, da er das Arbeitsverhältnis bereits einen Monat nach der Beendigung der Ausbildung gekündigt habe. Die Rückzahlungsvereinbarung sei wirksam. Sie halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Anderenfalls bedürfe es einer ergänzenden Vertragsauslegung, da das Festhalten an dem Vertrag ohne die Rückzahlungsklausel eine unzumutbare Härte darstelle. Zumindest ergebe sich der Zahlungsanspruch aus den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Im Übrigen habe der Beklagte den Anspruch mit Schreiben vom 9. November 2007 anerkannt.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.000,00 Euro zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2008 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten.

10

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es handelt sich nicht um eine unzulässige Teilklage.

11

1. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert die bestimmte Angabe des Gegenstands des erhobenen Anspruchs. Bei einer Teilklage, mit der mehrere selbständige Ansprüche geltend gemacht werden, ist anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge die Ansprüche bis zur geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Anderenfalls ist der Streitgegenstand nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. etwa BGH 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06 - Rn. 7).

12

2. Zwar beläuft sich die aus mehreren Teilbeträgen bestehende Forderung der Klägerin auf insgesamt 18.952,54 Euro. Sie verlangt mit der vorliegenden Klage jedoch lediglich die Zahlung von insgesamt 18.000,00 Euro, ohne darzulegen, aus welchen Einzelpositionen sich dieser Betrag zusammensetzt. Allerdings hat die Klägerin in der Revision klargestellt, dass die Klageforderung iHv. 18.000,00 Euro die abschließende Gesamtforderung hinsichtlich der von ihr aufgewandten Ausbildungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Musterberechtigung für das Flugzeug D darstellt. Damit ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt.

13

II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten gegen den Beklagten. Sie kann ihren Anspruch weder auf die Rückzahlungsklausel in § 5 Nr. 2 des Vertrags vom 28./31. August 2007 noch auf Schadensersatz oder ungerechtfertigte Bereicherung stützen. In dem Schreiben des Beklagten vom 9. November 2007 liegt auch kein Anerkenntnis.

14

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten nach § 5 Nr. 2 Satz 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags. Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Beklagten unangemessen und ist damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht.

15

a) Die Klausel zur Rückzahlung der Ausbildungskosten in § 5 Nr. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags ist am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Vertrag enthält nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB.

16

b) Die Regelung in § 5 Nr. 2 Satz 2 des Vertrags ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Beklagte wird durch die Rückzahlungsklausel unangemessen benachteiligt.

17

Die von der Klägerin gestellte Klausel belastet den Beklagten ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung mit einer Rückzahlungspflicht für entstandene Ausbildungskosten. Die Bestimmung unterscheidet insoweit nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt. Die Klausel differenziert zwar grundsätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Beendigungstatbeständen, und zwar zwischen der vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung einerseits und der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung andererseits. Nur bei Letzterer wird eine Einschränkung dahin vorgenommen, dass die Rückzahlungsverpflichtung nur dann eingreifen soll, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen wird. Im Falle der Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer besteht die Rückzahlungspflicht jedoch ohne Einschränkung, also auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (mit)veranlasst wurde, zum Beispiel durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers. Dadurch wird der Beklagte unangemessen benachteiligt (vgl. hierzu ausführlich BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 -).

18

Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 27, BAGE 118, 36). Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Verluste aufgrund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 BGB nicht die wechselseitigen Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers. Dadurch wird der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 26; 24. Juni 2004 - 6 AZR 383/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 157).

19

c) Die Klausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass der Arbeitnehmer nur bei einer Eigenkündigung aus Gründen, die seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen sind, zur Rückzahlung der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rahmen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich ist (vgl. ausführlich BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 29 ff.). Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Rückzahlungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Im Zeitpunkt der Verwendung der Klausel im August 2007 war bereits bekannt, dass eine Rückzahlungsklausel unwirksam ist, die an Beendigungstatbestände eine Rückzahlungspflicht knüpft, deren Ursache der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Das ergab sich bereits aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Mai 1998 (- 5 AZR 535/97 - zu II 4 der Gründe, BAGE 88, 340). Deshalb konnte die Klägerin auch nicht auf den Fortbestand einer anderslautenden früheren Rechtsprechung vertrauen.

20

d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der salvatorischen Klausel in § 17 Satz 2 und Satz 3 des Arbeitsvertrags. Mit dieser Ersetzungsklausel wurde die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nur abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, indem die in § 306 Abs. 2 BGB vorgesehene Geltung des dispositiven Rechts verdrängt wurde. Zudem wurden die Rechte und Pflichten des Vertragspartners entgegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht klar und durchschaubar dargestellt. Dies ist unzulässig, weil es den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB(BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 38; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 c der Gründe, BAGE 115, 19; BGH 22. November 2001 - VII ZR 208/00 - zu II 3 der Gründe).

21

e) Ob der Beklagte von der Klägerin zur Kündigung veranlasst wurde und ob der Beklagte zur Kündigung berechtigt war oder sich als berechtigt dazu ansehen durfte, ist unerheblich. Die §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 39; 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 38, BAGE 118, 36; BGH 28. Oktober 1981 - VIII ZR 302/80 - BGHZ 82, 121).

22

2. Der Beklagte ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin die aufgewendeten Ausbildungskosten wegen der vorzeitigen Kündigung des Arbeitsvertrags im Wege des Schadensersatzes nach § 280 BGB zu erstatten. Ein solcher Anspruch wäre nach § 249 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Hätte der Beklagte nicht gekündigt, würde der Vertrag weiterhin bestehen. An der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB würde dies nichts ändern, so dass die Klägerin auch in diesem Fall keine Erstattung der Ausbildungskosten verlangen könnte.

23

3. Die Klägerin kann ihr Zahlungsverlangen auch nicht auf bereicherungsrechtliche Vorschriften stützen.

24

a) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 1, § 818 Abs. 2 BGB. Der Beklagte hat die Ausbildung nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Der rechtliche Grund besteht in der - mit Ausnahme der Rückzahlungsklausel - wirksamen Ausbildungsvereinbarung (vgl. ausführlich BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 33 ff.).

25

b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2, § 818 Abs. 2 BGB. Danach besteht die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten auch dann, wenn der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

26

aa) Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB erfordert eine Einigung der Parteien über den mit der Leistung bezweckten Erfolg. Die Einigung darf aber nicht den Charakter einer vertraglichen Bindung haben. Haben die Parteien eine Vereinbarung geschlossen, aufgrund derer die Leistungen erbracht werden sollen, ist das Rechtsverhältnis nach den Grundsätzen des Vertragsrechts abzuwickeln. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung ist ausgeschlossen, wenn der bezweckte, aber nicht (vollständig) erreichte Erfolg Inhalt einer vertraglichen Bindung war; für die Abwicklung gelten dann die Grundsätze des Vertragsrechts (BGH 17. Juni 1992 - XII ZR 253/90 - zu 2 der Gründe; Palandt/Sprau 72. Aufl. § 812 Rn. 34). § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass der nicht erreichte Leistungszweck nicht in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestanden hat, weil diese Fälle bereits von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 Alt. 1 BGB erfasst werden. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ist allerdings nicht nur dann anwendbar, wenn die Leistung überhaupt nicht im Hinblick auf eine rechtliche Verpflichtung erfolgt ist, sondern auch dann, wenn mit der Leistung sowohl eine Verbindlichkeit erfüllt werden sollte als auch ein über die Erfüllung der Verbindlichkeit hinausgehender Erfolg bezweckt wurde, der nicht eingetreten ist (BGH 14. Mai 1991 - X ZR 2/90 - zu I 2 a der Gründe; MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 812 Rn. 377 - 380). Der „Zweck“ iSd. § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB darf jedoch nicht Gegenstand der vertraglichen Bindung oder Bedingung eines Rechtsgeschäfts sein (BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 44; BGH 10. November 2003 - II ZR 250/01 - zu II 2 der Gründe).

27

bb) Danach hat die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Ausbildungskosten nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. Zweck der Ausbildungsvereinbarung war es, den Beklagten durch den Erwerb der Musterberechtigung für die spätere Tätigkeit als Pilot für den Flugzeugtyp D bei der Klägerin zu befähigen. Dieser Zweck ist ausdrücklich Gegenstand der Vereinbarung. Dies ergibt sich aus § 2 Nr. 1 der Vereinbarung, wonach der Vertrag mit dem Erstflug Supervision D beginnt. Dieser Zweck wurde zwar verfehlt. Daraus ergibt sich jedoch kein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB, da der Zweck Gegenstand der vertraglichen Bindungen der Parteien war.

28

c) Im Übrigen stehen Sinn und Zweck des Rechtsfolgensystems des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen entgegen. Der Zweck der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB würde unterlaufen, wenn der Klauselverwender einen vertraglich vereinbarten Rückzahlungsanspruch infolge einer unangemessen benachteiligenden Vertragsgestaltung verlieren, anschließend aber über den Bereicherungsausgleich das nach §§ 305 ff. BGB missbilligte Ziel erreichen würde (vgl. Palandt/Sprau 72. Aufl. Einf v § 812 Rn. 5). Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verfolgt mit dem beim Klauselverwender eintretenden Rechtsverlust den Zweck, die erfolgte Vermögensverschiebung bestehen zu lassen. Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 306 Abs. 3 BGB kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB in Betracht(vgl. hierzu BAG 21. August 2012 - 3 AZR 698/10 - Rn. 46; Palandt/Grüneberg 72. Aufl. § 306 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

29

4. Der Beklagte hat den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch nicht anerkannt. Mit der im Kündigungsschreiben vom 9. November 2007 geäußerten Bitte, ihm im Hinblick auf die Ausbildungskosten D mitzuteilen, welche Kosten bei der Klägerin tatsächlich angefallen sind, hat der Beklagte sich nicht bereit erklärt, die Kosten zu erstatten. Ein solcher Verpflichtungswille lässt sich aus dem Schreiben nicht entnehmen.

30

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Schmalz    

        

    Schultz    

                 

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 8. Juli 2014 - 11 Sa 31/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

2

Die Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Juni 2013 zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.100,00 Euro als „Mitarbeiterin Einzelhandel“ beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 heißt es ua.:

        

§ 2 Probezeit

        

In den ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

        

…       

        

§ 12 Vertragsstrafe

        

Nimmt der Mitarbeiter die Arbeit nicht oder verspätet auf, löst er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auf, verweigert er vorübergehend die Arbeit oder wird das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst, so hat der Mitarbeiter an das Unternehmen eine Vertragsstrafe zu bezahlen.

        

Als Vertragsstrafe wird für den Fall der verspäteten Arbeitsaufnahme sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung vereinbart, insgesamt jedoch nicht mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt. Im Übrigen beträgt die Vertragsstrafe ein Bruttomonatsentgelt.

        

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der 6-monatigen Probezeit finden die gesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB gelten auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer.“

3

Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

4

Die Klägerin hat die Beklagte - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt, da sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aufgelöst habe; für die fristlose Kündigung habe ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen. Zudem stelle das Verhalten der Beklagten eine vorübergehende Arbeitsverweigerung iSv. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages dar. Infolgedessen schulde diese nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts, das bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an sie zu zahlen gewesen wäre. Die in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages zur Höhe der Vertragsstrafe getroffene Vereinbarung beziehe sich sowohl auf die Fälle der Nichtaufnahme und der verspäteten Aufnahme der Arbeit sowie der vorübergehenden Arbeitsverweigerung als auch auf den Fall der unberechtigten fristlosen Kündigung. § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages erfasse nur den Fall, dass das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst werde. Die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffenen Bestimmungen seien wirksam, sie entsprächen zudem den Klauseln, die in einschlägigen Formularhandbüchern empfohlen würden. Unter Zugrundelegung eines Bruttotagesentgelts iHv. 97,00 Euro errechne sich bei einer 14-tägigen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe iHv. 1.358,00 Euro.

5

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.358,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie werde durch die in § 12 des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung unangemessen benachteiligt iSv. § 307 Abs. 1 BGB. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages sei intransparent. Zudem bewirke § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, der vorliegend zur Anwendung komme, eine Übersicherung der Klägerin. Die Vertragsstrafe sei auch der Höhe nach zu beanstanden. Innerhalb der Mindestkündigungsfrist von 14 Tagen lägen nur 10 Arbeitstage, sodass sich allenfalls eine Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro errechne.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie nunmehr noch die Zahlung einer Vertragsstrafe iHv. 970,00 Euro begehrt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

9

I. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 12 des Arbeitsvertrages. Die für die Höhe der Vertragsstrafe vorliegend maßgebliche Bestimmung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Dies führt zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

10

1. Die Vertragsstrafenklausel in § 12 des Arbeitsvertrages ist an den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB zu messen. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 29. April 2013 enthält nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

11

2. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages folgt nicht bereits aus § 309 Nr. 6 BGB. Zwar sind danach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; allerdings sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB bei der Anwendung auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass § 309 Nr. 6 BGB auf arbeitsvertragliche Vertragsstrafeabreden nicht anwendbar ist und sich eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafevereinbarung nur aus § 307 BGB ergeben kann, wobei hier allerdings zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen ist(vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 21; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 35; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 38; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 42; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B II der Gründe, BAGE 110, 8).

12

3. Die Beklagte erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen der dritten Variante des in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafeversprechens, wonach der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst. Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juni 2013 fristlos und damit ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt.

13

Es kann vorliegend offenbleiben, ob § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages, soweit er die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist knüpft, einer Kontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB standhält oder ob die Bestimmung insoweit vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Intransparenz unwirksam ist.

14

Nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist zweifelhaft, ob der Mitarbeiter eine Vertragsstrafe bereits dann schuldet, wenn er eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt oder ob hinzukommen muss, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB nicht vorgelegen hat. Aber auch dann, wenn § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur außerordentliche Kündigungen des Mitarbeiters erfasst werden, die ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB ausgesprochen wurden, könnte die Wirksamkeit der Bestimmung am Transparenzerfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheitern. Denn auch dann könnte die Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthalten. Zwar führt die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Bestimmung - wie hier - unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten (vgl. etwa BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10 - Rn. 18 mwN).

15

4. Dies kann jedoch dahinstehen. Auch wenn sich § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages insoweit als hinreichend transparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erweisen sollte, wäre die Beklagte nicht verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe zu zahlen. Im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Diese Bestimmung benachteiligt die Beklagte unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

16

a) Wird das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist aufgelöst, bestimmt sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages; danach beträgt sie ein Bruttomonatsentgelt. § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages, wonach sich die Vertragsstrafe auf ein Bruttotagesentgelt für jeden Tag der Zuwiderhandlung, insgesamt jedoch nicht auf mehr als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt beläuft, findet in diesem Fall keine Anwendung. Dies ergibt die Auslegung von § 12 des Arbeitsvertrages nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsgrundsätzen.

17

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Maßgebend sind insoweit die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners (vgl. etwa BAG 4. August 2015 - 3 AZR 137/13 - Rn. 31; 23. Januar 2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 18; 19. März 2008 - 5 AZR 429/07  - Rn. 23 , BAGE 126, 198 ). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen obliegt auch dem Revisionsgericht (etwa BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 715/11  - Rn. 17 ; 25. Juni 2013 - 3  AZR 219/11  - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 314 ).

18

bb) Die Auslegung ergibt, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, wonach eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts geschuldet ist.

19

Während nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages eine Vertragsstrafe verwirkt ist, wenn der Mitarbeiter entweder die Arbeit nicht oder verspätet aufnimmt, er das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, er vorübergehend die Arbeit verweigert oder das Unternehmen durch vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters zur außerordentlichen Kündigung veranlasst wird, sind in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages ausdrücklich nur zwei der in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Fälle, nämlich die Fälle der verspäteten Arbeitsaufnahme und der vorübergehenden Arbeitsverweigerung genannt. „Im Übrigen“, dh. in allen übrigen Fällen richtet sich die Höhe der Vertragsstrafe nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages. Damit werden bereits nach dem Wortlaut von § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nur die dort genannten Fälle erfasst und nicht auch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist; diese fällt vielmehr unter die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages getroffene Auffangregelung.

20

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgt aus der in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Einschränkung, wonach die Vertragsstrafe nicht höher sein darf als das in der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ansonsten erhaltene Arbeitsentgelt, nichts anderes. Insbesondere führt die Verwendung des Begriffs der „gesetzlichen Mindestkündigungsfrist“ in diesem Kontext nicht dazu, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist als von der „vorübergehenden Arbeitsverweigerung“ erfasst zu verstehen wäre. Dagegen spricht bereits die aus § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ersichtliche Wertung. Danach sind die vorübergehende Arbeitsverweigerung und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zwei eigenständige, voneinander zu unterscheidende Tatbestände unter mehreren gleichfalls eigenständigen Tatbeständen, an deren Verwirklichung die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe geknüpft ist. Es kommt hinzu, dass eine „vorübergehende Arbeitsverweigerung“ von ihrem Wortsinn her voraussetzt, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Mitarbeiter - ob mit oder ohne wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB - ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde. Mit einer solchen Kündigung gibt der Arbeitnehmer zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und seine Arbeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen will. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin unschwer auch den Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages hätte aufnehmen können, kann § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages nicht dahin ausgelegt werden, dass er auch diesen Fall erfasst.

21

b) Die Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages benachteiligt die Beklagte unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam. Die in dieser Vertragsbestimmung vorgesehene Vertragsstrafe führt zu einer Übersicherung der Klägerin, da sie diese berechtigt, von der Beklagten auch dann eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts zu fordern, wenn die Beklagte - wie hier - das Arbeitsverhältnis während der in § 2 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten ohne Einhaltung der während dieser Zeit maßgeblichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auflöst.

22

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners bewirkt (st. Rspr., vgl. etwa BAG 7. Oktober 2015 - 7 AZR 945/13 - Rn. 40 mwN; 10. Dezember 2013 - 3 AZR 796/11 - Rn. 41 mwN, BAGE 147, 1; 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 27).

23

bb) Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus der Höhe der Vertragsstrafe folgen (vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 896/07 - Rn. 45; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 52; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b aa der Gründe, BAGE 110, 8). Wird - wie hier - die Vertragsstrafe verwirkt, wenn der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist auflöst, sind die Kündigungsfristen, die im Fall einer fristgemäßen Kündigung einzuhalten sind, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der Angemessenheit der Höhe der Vertragsstrafe. In der Länge der Kündigungsfrist kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Dabei ist die Höhe der Vergütung grundsätzlich ein geeigneter Maßstab, um den Wert der Arbeitsleistung festzustellen. Die Länge der jeweils maßgeblichen Kündigungsfrist und die für diesen Zeitraum zu zahlende Vergütung spiegeln regelmäßig das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitskraft des Arbeitnehmers wider. Eine Vertragsstrafe, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, ist deshalb nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann nur angenommen werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt (vgl. BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - aaO; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, aaO).

24

cc) Danach wird die Beklagte durch die in § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages über die Höhe der Vertragsstrafe getroffene Bestimmung unangemessen benachteiligt. Nach dieser - insoweit nicht teilbaren Klausel - schuldet die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgelts in jedem Fall, in dem sie das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet und damit auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages bestimmten Probezeit von sechs Monaten, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit gemäß § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages ordentlich unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden kann. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsentgelt höher als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an die Beklagte zu zahlen gewesen wäre. Dafür, dass das Interesse der Klägerin den Wert der Arbeitsleistung, der sich in der bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldeten Arbeitsvergütung niederschlägt, aufgrund besonderer Umstände typischerweise und generell übersteigt, ist nichts ersichtlich. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die ein besonderes Interesse an der Vereinbarung einer Vertragsstrafe, die über das bis zum Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist geschuldete Arbeitsentgelt hinausgeht, begründen könnten.

25

c) Der Umstand, dass die Klägerin die Vertragsstrafe nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, sondern nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages errechnet hat, führt zu keiner anderen Bewertung.

26

aa) Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Unwirksam sind deshalb auch solche Klauseln, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat (st. Rspr., vgl. etwa BAG 26. September 2013 - 8 AZR 1013/12 - Rn. 23; 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163).

27

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Verhalten der Beklagten erfülle zudem den in § 12 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages aufgeführten Tatbestand der vorübergehenden Arbeitsverweigerung. Wie unter Rn. 20 ausgeführt, setzt eine vorübergehende Arbeitsverweigerung von ihrem Wortsinn her voraus, dass die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses wieder aufgenommen wird. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis - wie hier - durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt wurde.

28

5. Die Unwirksamkeit von § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages führt gemäß § 306 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Fortfall der Klausel unter Aufrechterhaltung des Vertrages im Übrigen.

29

a) § 12 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages kann nicht ohne Weiteres mit dem Inhalt aufrechterhalten werden, dass im Fall der Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist eine Vertragsstrafe in Höhe des Arbeitsentgelts geschuldet ist, das für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre. Dies wäre eine geltungserhaltende Reduktion, die im Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht vorgesehen ist(vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 30 mwN).

30

b) Auch eine dahin gehende ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung sind nicht gegeben.

31

aa) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn ohne eine Ergänzung des Vertrages keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung zu erzielen ist (vgl. etwa BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 791/09 - Rn. 36; 25. Mai 2005 -  5 AZR 572/04  - zu IV 8 b der Gründe, BAGE 115, 19 ; 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04  - zu B II 1 der Gründe, BAGE 113, 140 ). Der Wegfall der Klausel muss demnach den Verwender über Gebühr benachteiligen und umgekehrt dessen Vertragspartner in einem Maße begünstigen, das durch dessen schutzwürdige Interessen nicht mehr gerechtfertigt ist.

32

bb) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat kein schutzwürdiges Interesse an einer entsprechenden Lückenfüllung im Wege ergänzender Vertragsauslegung. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April 2013 war bereits bekannt, dass Klauseln, die für den Fall der außerordentlichen Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses eine Vertragsstrafe vorsehen, die höher ist als die Arbeitsvergütung, die für die Zeit zwischen der vorzeitigen tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Ablauf der maßgeblichen Kündigungsfrist an den Arbeitnehmer zu zahlen gewesen wäre, nur ausnahmsweise angemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind(vgl. etwa BAG 23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 29; 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 b bb der Gründe, BAGE 110, 8). Welchen Inhalt in Formularhandbüchern empfohlene Klauseln haben, ist entgegen der Ansicht der Klägerin bereits deshalb unerheblich.

33

II. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Horst Eimer
ist an der Unterschriftsleistung verhindert.
Schlewing    

        

    v. Schuckmann    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.