Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2017 - 2 Sa 509/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0511.2Sa509.16.00
bei uns veröffentlicht am11.05.2017

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09.11.2016 - 3 Ca 1339/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über Annahmeverzugslohnansprüche.

2

Die Klägerin war seit dem 01. April 2016 aufgrund Arbeitsvertrags vom gleichen Tag (Bl. 19, 20 d. A.) als medizinische Fachangestellte in der Praxis des Beklagten beschäftigt. Nach § 1 Abs. 2 S. 1 des Arbeitsvertrags vom 01. April 2016 beträgt die Probezeit drei Monate. Nach § 11 Abs. 2 des vorgenannten Arbeitsvertrags ist die Kündigung innerhalb der Probezeit jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen zulässig.

3

Am 30. Juni 2016 überreichte der Beklagte der Klägerin kurz vor Feierabend zunächst folgendes Kündigungsschreiben vom 29. Juni 2016 (Bl. 41 d. A.):

4

"Kündigung

5

Sehr verehrte Frau A.,
hiermit kündige ich Ihr Arbeitsverhältnis zum Ablauf Ihrer Probezeit in meiner Praxis.

6

Leider waren Sie nicht in der Lage, sich die erforderlichen Voraussetzungen für ein selbständiges Arbeiten im Praxisalltag vollumfänglich zu erarbeiten.

7

Ich bedauere, Ihnen diese Entscheidung mitteilen zu müssen.

8

Ihr Arbeitsverhältnis endet mit dem 14.07.2016."

9

Die Klägerin las das vorgenannte Kündigungsschreiben durch, weigerte sich dann aber den Empfang desselben zu quittieren und dieses zu akzeptieren. Daraufhin fertigte und überreichte der Beklagte der Klägerin am gleichen Tag (30. Juni 2016) folgendes Kündigungsschreiben vom 30. Juni 2016 (Bl. 50 d. A.):

10

"Kündigung

11

Sehr geehrte Frau A.,
hiermit kündige ich Ihr Arbeitsverhältnis zum Ablauf der Probezeit in meiner Praxis."

12

In der Folgezeit rechnete der Beklagte die Vergütung der Klägerin bis zum 14. Juli 2016 ab.

13

Mit ihrer am 21. Juli 2016 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigung vom 30. Juni 2016. Weiterhin begehrt sie die Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 15. bis 31. Juli 2016 und dessen Abrechnung.

14

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09. November 2016 - 3 Ca 1339/16 - Bezug genommen. Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung des Beklagten nicht zum 30. Juni 2016, sondern erst zum 14. Juli 2016 geendet hat, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

15

Gegen das ihr am 10. November 2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2016, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

16

Sie trägt vor, ihrer Auffassung nach sei der Zugang der Kündigung durch persönliche Übergabe um 17:30 Uhr in der Praxis des Beklagten zur Unzeit erfolgt, weil sie davon ausgegangen sei, dass sie die Probezeit erfolgreich absolviert habe, zumal die erste Kündigung zurückgenommen worden sei. Falls die zweite Kündigung in den Briefkasten eingelegt worden wäre, wäre die Kündigung nicht innerhalb der Probezeit an diesem Tage zugegangen. Dass die Kündigung am Ende der Dienstzeit und gleichzeitig am Ende der Probezeit, also "in letzter Minute" ausgehändigt worden sei, erachte sie als widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich. Nach dem Text der Kündigung habe der Beklagte den Wunsch geäußert, dass das Arbeitsverhältnis noch in der Probezeit beendet werde. Rechtlich sei dies nicht möglich, weil die Kündigung keine außerordentliche darstelle, so dass die Kündigung insoweit auf etwas Unmögliches gerichtet sei. Aufgrund des eindeutigen Inhalts der Kündigung sei eine Auslegung der Kündigung nicht möglich. Der Text der Kündigung stehe ebenso wie die fehlende Hilfskündigung der Umdeutung entgegen. Zu Unrecht stelle das Arbeitsgericht auf den hypothetischen Willen des Beklagten ab, der unbeachtlich sei. Unzulänglichkeiten in der Kündigungserklärung könnten nicht zu Lasten des Empfängers gehen. Deshalb sei die streitgegenständliche Kündigung rechtlich nicht wirksam und habe aufgrund ihres Inhaltes das Arbeitsverhältnis nicht beenden können.

17

Die Klägerin beantragt,

18

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09. November 2016 - 3 Ca 1339/16 - abzuändern, soweit es die Klage abgewiesen hat, und

19

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 30. Juni 2016 nicht zum 14. Juli 2016 geendet hat, sondern zu unveränderten Konditionen fortbesteht,

20

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.089,05 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie eine korrespondierende, ordnungsgemäße Lohnabrechnung für den Monat Juli 2016 zu erteilen.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Er erwidert, die Tatsache, dass eine zweite Kündigung bei Einwurf in den Briefkasten unter Umständen verfristet gewesen wäre, führe nicht dazu, dass die Kündigung zur Unzeit ausgesprochen worden sei. Die Klägerin lasse die Gesamtumstände des 30. Juni 2016 völlig außer Acht. Er habe lediglich auf Wunsch der Klägerin die Kündigung umformuliert. Das Arbeitsgericht habe die Kündigung vom 30. Juni 2016 im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in eine fristgemäße wirksame Kündigung zum 14. Juli 2016 umgedeutet.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

26

Die Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 30. Juni 2016 zum 14. Juli 2016 geendet hat und deshalb auch der für die Zeit danach geltend gemachte Anspruch auf Annahmeverzugslohn sowie dessen Abrechnung unbegründet ist. Das Berufungsgericht folgt den in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet.

27

1. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts kommt eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 242 BGB nicht in Betracht. Es steht dem Beklagten frei, die vereinbarte Probezeit auszuschöpfen und eine Kündigung kurz vor Ablauf der Probezeit auszusprechen. Auf die hypothetische Frage, wann die Kündigung bei einem Einwurf in den Briefkasten zugegangen wäre, kommt es nicht an, weil die streitgegenständliche Kündigung unstreitig durch persönliche Übergabe am 30. Juni 2016 zugegangen ist.

28

2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Kündigung vom 30. Juni 2016 in eine ordentliche Kündigung innerhalb der vereinbarten Probezeit zum 14. Juli 2016 gemäß § 140 BGB umgedeutet.

29

Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Umstand, dass die zum Ablauf der Probezeit am 30. Juni 2016 ausgesprochene Kündigung nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass das Arbeitsverhältnis zu einem späteren (nächstzulässigen) Termin (14. Juli 2016) beendet werden soll, einer Umdeutung nicht entgegen. Vielmehr erfordert § 140 BGB ein nichtiges Rechtsgeschäft und damit die Unwirksamkeit der erklärten Kündigung. Die Umdeutung nach § 140 BGB kommt daher gerade dann in Betracht, wenn es sich - wie hier - um eine nicht zu einem anderen zulässigen Termin auslegbare und deshalb unwirksame Kündigung handelt. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann grundsätzlich eine zu einem bestimmten Termin erklärte, nicht zu einem anderen Termin auslegbare und deshalb unwirksame Kündigung in eine solche zum nächstzulässigen Termin umgedeutet werden (BAG 01. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 29, NZA 2010, 1409). Die Umdeutung nach § 140 BGB erfordert die Ermittlung des hypothetischen Willens des Kündigenden, also dem, was er bei Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Kündigungsfrist und damit der Unwirksamkeit der Kündigung gewollt hätte. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass der Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich zum 30. Juni 2016 gewollt hätte (vgl. hierzu auch BAG 29. Januar 2015 - 2 AZR 280/14 - Rn. 25, NZA 2015, 673). Die entsprechende Würdigung des Arbeitsgerichts ist ohne Rechtsfehler.

30

Da das Kündigungsschutzgesetz mangels Erfüllung der Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet, bedurfte es zur Wirksamkeit der umgedeuteten Kündigung keines Kündigungsgrundes i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG.

31

3. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 14. Juli 2016 ist auch der für die Zeit danach geltend gemachte Anspruch auf Annahmeverzugslohn und dessen Abrechnung unbegründet.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

33

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2017 - 2 Sa 509/16

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2017 - 2 Sa 509/16 zitiert 9 §§.

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Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. August 2009 - 2 Sa 132/09 - aufgehoben.

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(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. August 2009 - 2 Sa 132/09 - aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 11. März 2009 - 3 Ca 522/08 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.

2

Der am 9. November 1972 geborene Kläger war seit dem 1. August 1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen, der S und der Sh GmbH, beschäftigt, zuletzt als Tankstellenmitarbeiter gegen eine Vergütung von 1.376,00 Euro brutto monatlich. Der Kläger und die Sh GmbH schlossen am 1. Januar 1999 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem es ua. heißt:

        

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses         

        

(1)     

Die Kündigung des unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages unterliegt den gesetzlichen Kündigungsfristen. Die Verlängerung der gesetzlichen Kündigungsfristen nach längerer Beschäftigung gilt für beide Vertragsteile.

        

…“    

        
3

Mit Schreiben vom 22. April 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Juli 2008. Ab August 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 649,50 Euro monatlich.

4

Mit seiner am 11. November 2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008 geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die Kündigung der Beklagten habe das Arbeitsverhältnis erst zum 30. September 2008 beendet. Die Kündigungsfrist betrage nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BGB fünf Monate zum Monatsende, weil bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer auch die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeit zu berücksichtigen sei. Mit Ablauf der unzutreffend gewählten Kündigungsfrist sei die Beklagte in Annahmeverzug geraten, eines besonderen Arbeitsangebots habe es nicht bedurft.

5

Der Kläger hat zuletzt in der Berufung beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit B - 1.299,00 Euro sowie an den Kläger 1.453,00 Euro brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 726,50 Euro seit dem 15. September 2008 und aus 726,50 Euro seit dem 15. Oktober 2008 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB sei wirksam, jedenfalls solange anzuwenden, bis der Gesetzgeber eine Gesetzesänderung vornehme. Unabhängig davon sei das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008 beendet worden, weil der Kläger keine Klage nach § 4 Satz 1 KSchG erhoben habe. Zudem fehle ein Angebot des Klägers, seine Arbeitsleistung nach Ablauf der Kündigungsfrist zu erbringen.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger hat sinngemäß beantragt, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit B - 1.299,00 Euro sowie an den Kläger 2.752,00 Euro brutto abzüglich 1.299,00 Euro netto nebst Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 726,50 Euro seit dem 15. September 2008 und aus 726,50 Euro seit dem 15. Oktober 2008 zu zahlen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

9

I. Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger die Zahlung von 1.299,00 Euro an die Bundesagentur für Arbeit begehrt. Es fehlt an der Prozessführungsbefugnis des Klägers.

10

Die Prozessführungsbefugnis ist als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Die gerichtliche Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen (gewillkürte Prozessstandschaft) setzt neben einem eigenen schutzwürdigen Interesse des Klägers eine wirksame Ermächtigung durch den Berechtigten voraus (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 432/07 - Rn. 10, BAGE 126, 205; 19. März 2002 - 9 AZR 752/00 - zu B III 2 a der Gründe, BAGE 100, 369). Letztere Voraussetzung ist im Streitfalle nicht erfüllt. Nach seinem eigenen Vorbringen hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitslosengeld iHv. 649,50 Euro monatlich bezogen. Damit wäre in Höhe der erbrachten Sozialleistung ein evtl. Annahmeverzugsanspruch nach § 115 Abs. 1 SGB X auf den Leistungsträger übergegangen. Der Anspruchsübergang führt zum Verlust der Aktivlegitimation und der Klagebefugnis (allgemeine Auffassung, vgl. nur von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 11 Rn. 53). Der Arbeitnehmer kann zwar grundsätzlich Vergütungsansprüche, die wegen der Zahlung von Arbeitslosengeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen sind, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft für die Bundesagentur geltend machen (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 432/07 - Rn. 11, aaO). Dass der Kläger von der Bundesagentur für Arbeit zur gerichtlichen Geltendmachung der übergegangenen Vergütungsansprüche ermächtigt wäre, ergibt sich aber weder aus seinem Sachvortrag noch den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

11

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

12

Der Kläger hat für die Monate August und September 2008 keinen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Unbeschadet der sonstigen in §§ 293 ff. BGB geregelten Erfordernisse setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers den Bestand des Arbeitsverhältnisses voraus. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aber aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG am 31. Juli 2008 geendet. Der Kläger hätte die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend machen müssen.

13

1. Entgegen ihrer Auffassung hat die Beklagte allerdings mit ihrer Kündigung vom 22. April 2008 zum 31. Juli 2008 die gesetzliche - verlängerte - Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 BGB in zweifacher Hinsicht nicht gewahrt.

14

a) Unabhängig von der von den Parteien ausschließlich thematisierten Frage der Anwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB betrug die Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BGB vier Monate zum Ende eines Kalendermonats. Das ist der 31. August 2008. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger seit dem 1. August 1995 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Nach Vollendung seines 25. Lebensjahrs (9. November 1997) betrug die Beschäftigungsdauer bei Ausspruch der Kündigung im April 2008 mehr als zehn und weniger als zwölf Jahre. Die von der Beklagten gewählte Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats, die die zutreffende gesetzliche Kündigungsfrist wäre, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens acht, aber weniger als zehn Jahre bestanden hat (§ 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB), lässt sich nur damit erklären, dass die Beklagte lediglich die sich aus dem Arbeitsvertrag des Klägers mit ihrer unmittelbaren Rechtsvorgängerin, der Sh GmbH, ergebende Beschäftigungsdauer ab 1. Januar 1999 berücksichtigt, diejenige aus dem Arbeitsvertrag des Klägers mit der S, einer weiteren Rechtsvorgängerin, jedoch außer Betracht gelassen hat.

15

b) Darüber hinaus ergibt sich nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BGB eine Kündigungsfrist von fünf Monaten zum Ende eines Kalendermonats(= 30. September 2008), wenn bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer auch Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Klägers liegen, berücksichtigt werden müssten. In diesem Falle beträgt die maßgebliche Beschäftigungsdauer mindestens zwölf Jahre.

16

aa) § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, der bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt, ist nicht anzuwenden.

17

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat erkannt, dass das Unionsrecht, insbesondere das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf dahin auszulegen ist, dass es einer Regelung wie § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegensteht, nach der vor Vollendung des 25. Lebensjahrs liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden (19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 14 = EzA Richtlinie 2000/78 EG-Vertrag 1999 Nr. 14). Dabei obliegt es dem nationalen Gericht, bei dem ein Rechtsstreit über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG anhängig ist, im Rahmen seiner Zuständigkeiten den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus dem Unionsrecht ergibt, sicherzustellen und die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, indem es erforderlichenfalls jede diesem Verbot entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt (EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 51, aaO; 22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 77, Slg. 2005, I-9981).

18

Daran ist der Senat gebunden. Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht anzuwenden(BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - Rn. 53, NZA 2010, 995; vgl. auch BVerfG Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. November 2008 - 1 BvL 4/08 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 622 Nr. 6).

19

bb) Die Unanwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB gilt auch für Kündigungen, die - wie hier - vor der Entscheidung des Gerichtshofs vom 19. Januar 2010 ausgesprochen worden sind. Der Gerichtshof hat den Tenor seiner Entscheidung zeitlich nicht begrenzt und damit keinen Vertrauensschutz gewährt. Die Entscheidung ist deshalb für alle Kündigungen maßgeblich, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist für das Merkmal Alter der Richtlinie 2000/78/EG (2. Dezember 2006) ausgesprochen wurden (vgl. EuGH 15. März 2005 - C-209/03 - [Bidar] Rn. 66, Slg. 2005, I-2119; zu den Voraussetzungen einer zeitlichen Beschränkung durch den Gerichtshof EuGH 12. Februar 2009 - C-138/07 - [Cobelfret] Rn. 68, Slg. 2009, I-731; 20. September 2001 - C-184/99 - [Grzelczyk] Rn. 50 ff., Slg. 2001, I-6193).

20

2. Ob bei einer ordentlichen Kündigung die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden muss, hängt davon ab, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führt. Das ist der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Bedürfte die Kündigung der Umdeutung in eine Kündigung mit zutreffender Frist, gilt die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen Termin“, wenn die zu kurze Kündigungsfrist nicht als anderer Rechtsunwirksamkeitsgrund binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege(§ 4 Satz 1 KSchG, § 6 KSchG)geltend gemacht worden ist.

21

a) Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat zwar seiner ersten Entscheidung zu dieser Problematik nach der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Neufassung des § 4 Satz 1 KSchG aufgrund des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) in der Amtlichen Sammlung den - die Entscheidungsgründe nur verkürzt wiedergebenden - Leitsatz vorangestellt, der Arbeitnehmer könne die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist außerhalb der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend machen(15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - BAGE 116, 336). Aus den Gründen der Entscheidung ergibt sich aber, dass auch der Zweite Senat annimmt, die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist müsse innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG angegriffen werden, sofern der Kündigungstermin „integraler Bestandteil der Willenserklärung“ sei. Das sei der Fall, wenn sich nicht durch Auslegung ermitteln lasse, es solle eine fristwahrende Kündigung ausgesprochen sein. Dabei meint der Zweite Senat, die Auslegbarkeit einer ordentlichen Kündigungserklärung mit fehlerhafter Kündigungsfrist als eine solche zum richtigen Kündigungstermin sei der Regelfall. Denn der Empfänger der Kündigungserklärung dürfe sich nicht einfach auf den wörtlichen Sinn der Erklärung verlassen, sondern müsse seinerseits unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände, die dafür von Bedeutung sein können, danach trachten, das Gemeinte zu erkennen. Bei einer ordentlichen Kündigung sei für den Kündigungsadressaten erkennbar, dass der Kündigende die einzuhaltende Kündigungsfrist grundsätzlich wahren wolle, weil er aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Regelungen an sie gebunden sei (15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 25 ff., aaO).

22

Diese Auffassung hat der Zweite Senat in seiner Entscheidung vom 6. Juli 2006 (- 2 AZR 215/05 - Rn. 15, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 57) bestätigt. Der Sechste Senat hat sich dem angeschlossen (9. Februar 2006 - 6 AZR 283/05 - Rn. 32, BAGE 117, 68), während der Achte Senat ausdrücklich offengelassen hat, ob der Rechtsprechung des Zweiten Senats zu folgen sei (21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 31, AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95). Im Schrifttum ist die Rechtsprechung des Zweiten Senats teils auf Zustimmung, teils auf Ablehnung gestoßen (vgl. zum Meinungsstand etwa APS/Ascheid/Hesse 3. Aufl. § 4 KSchG Rn. 10b und APS/Linck § 622 BGB Rn. 66 f.; von Hoyningen-Huene/Linck § 4 Rn. 22; KR/Rost 9. Aufl. § 7 KSchG Rn. 3b und KR/Friedrich § 13 KSchG Rn. 89; Stahlhacke/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 10. Aufl. Rn. 1833 - jeweils mwN).

23

b) Ob eine ordentliche Kündigung mit objektiv fehlerhafter Kündigungsfrist im Regelfall als eine solche mit der rechtlich zutreffenden Kündigungsfrist ausgelegt werden kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung des Senats. Die Kündigung der Beklagten vom 22. April 2008 zum 31. Juli 2008 kann nicht als eine Kündigung zum 30. September 2008 ausgelegt werden.

24

aa) Die vom Landesarbeitsgericht unterlassene Auslegung dieser atypischen Willenserklärung kann der Senat selbst vornehmen, weil der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 35, AP HRG § 57a Nr. 12 = EzA TzBfG § 15 Nr. 2; 15. Dezember 2005 - 8 AZR 106/05 - zu II 1 a der Gründe mwN, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 36 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 4).

25

bb) Gegen eine Auslegung als Kündigung zum 30. September 2008 spricht zunächst der Wortlaut der Kündigungserklärung, die ausdrücklich zum 31. Juli 2008 erfolgte, ohne dass die Kündigungserklärung selbst Anhaltspunkte dafür enthielte, die Beklagte habe die Kündigung (auch) zu einem anderen Termin gewollt oder das angegebene Datum sei nur das Ergebnis einer vorangegangenen Berechnung anhand mitgeteilter Daten. Außerhalb der Kündigungserklärung liegende Umstände dafür, die Beklagte habe eine Kündigung zum 30. September 2008 in für den Kläger erkennbarer Weise gewollt, haben die Parteien weder vorgetragen noch das Landesarbeitsgericht festgestellt.

26

cc) Selbst wenn man mit dem Zweiten Senat für den Regelfall annähme, der kündigende Arbeitgeber wolle die einzuhaltende Kündigungsfrist grundsätzlich wahren, weil er aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Regelungen an sie gebunden sei, kann jedenfalls die streitgegenständliche Kündigung nicht als eine solche zum 30. September 2008 ausgelegt werden. Mit der von ihr gewählten Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende wollte die Beklagte als Betriebsübernehmerin offensichtlich die sich unter Zugrundelegung der Beschäftigungsdauer aus dem Arbeitsvertrag des Klägers mit ihrer unmittelbaren Rechtsvorgängerin vom 1. Januar 1999 ergebende gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) wahren. Dabei lag die Beschäftigungsdauer des Klägers in Gänze nach dessen Vollendung des 25. Lebensjahrs, so dass bei der Berechnung der Kündigungsfrist § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB ohne Bedeutung gewesen sein dürfte. Darüber hinaus liegen keine Indizien dafür vor, die Beklagte als Pächterin einer Tankstelle sei sich des damals vom Gerichtshof der Europäischen Union noch nicht entschiedenen Problems einer Unanwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB wegen Verstoßes gegen Unionsrecht auch nur im Ansatz bewusst gewesen und könnte deshalb eine Kündigung zum 30. September 2008 gewollt haben. Zudem wäre ein solcher Wille der Beklagten dem Kläger als Kündigungsadressaten nicht erkennbar gewesen. Für die Annahme, der Kläger als Mitarbeiter an einer Tankstelle hätte die ausdrücklich zum 31. Juli 2008 erklärte Kündigung seiner Arbeitgeberin als eine wegen der - möglichen - Unvereinbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB mit Unionsrecht zum 30. September 2008 gewollte Kündigung erkennen können, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

27

dd) Im Übrigen muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll (BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336). Ist eine ordentliche Kündigung ohne weiteren Zusatz zu einem bestimmten Datum erklärt worden, steht deshalb in Fällen wie dem vorliegenden auch das Bestimmtheitsgebot der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es ist nicht die Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte.

28

c) Eine Kündigung der Beklagten zum 30. September 2008 könnte nur im Wege der Umdeutung gewonnen werden.

29

aa) Grundsätzlich kann eine zu einem bestimmten Termin erklärte, nicht zu einem anderen Termin auslegbare und deshalb unwirksame Kündigung in eine solche zum nächstzulässigen Termin umgedeutet werden. Die Umdeutung nach § 140 BGB erfordert die Ermittlung des hypothetischen Willens des Kündigenden, also dem, was er bei Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Kündigungsfrist und damit der Unwirksamkeit der Kündigung gewollt hätte(APS/Linck § 622 BGB Rn. 66a; vgl. auch KR/Spilger § 622 BGB Rn. 140). Dabei steht die Überzeugung des Arbeitgebers, mit richtiger Frist gekündigt zu haben, der Annahme, er hätte bei Kenntnis der objektiven Fehlerhaftigkeit der seiner Kündigung zugrunde gelegten Frist das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen, sondern zum nächstzulässigen Termin beenden wollen, nicht entgegen.

30

bb) Im Streitfalle scheidet eine Umdeutung aus, weil § 140 BGB ein nichtiges Rechtsgeschäft und damit die Unwirksamkeit der erklärten Kündigung erfordert. Eine Umdeutung kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die fehlerhafte Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat und nicht die Fiktionswirkung des § 7 KSchG eingetreten ist.

31

3. Dass die Fiktionswirkung des § 7 KSchG auch die Unwirksamkeit einer Kündigung wegen einer aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts zu kurzen Kündigungsfrist erfasst, verstößt nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.

32

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung als Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit mit dem Unionsrecht vereinbar, sofern damit die Ausübung eines Rechts nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, 42, NZA 2010, 869; 12. Februar 2008 - C-2/06 - [Kempter] Rn. 58, Slg. 2008, I-411; 24. September 2002 - C-255/00 - [Grundig Italiana] Rn. 34, Slg. 2002, I-8003).

33

b) Bereits das Kündigungsschutzgesetz vom 10. August 1951 (BGBl. I S. 499) hat den allgemeinen Kündigungsschutz an das Erfordernis geknüpft, die Sozialwidrigkeit einer Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend zu machen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2004 hat der Gesetzgeber das Erfordernis einer fristgebundenen Klage auf alle Unwirksamkeitsgründe für eine schriftlich zugegangene Kündigung erstreckt. Eine entsprechende Klagefrist gilt seit 1. Oktober 1996 für die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses (§ 1 Abs. 5 BeschFG, § 17 TzBfG). Die Befristung der Klagemöglichkeit und die nach Fristablauf eintretende Fiktion der Rechtswirksamkeit der Kündigung bezwecken die Herstellung alsbaldiger Klarheit über Fortbestand oder Ende des Arbeitsverhältnisses (allgemeine Ansicht, vgl. nur BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 480/09 - Rn. 8, NZA 2010, 1142; von Hoyningen-Huene/Linck § 4 Rn. 4 mwN). Sie erschweren den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers nicht übermäßig, zumal § 5 KSchG die nachträgliche Klagezulassung eröffnet, wenn ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben.

34

III. Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Buschmann    

        

    Wolf    

                 

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. März 2014 - 15 Sa 1552/13, 15 Sa 1628/13 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, wie es der Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. August 2013 - 44 Ca 332/13 - stattgegeben hat.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts wird zurückgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 7/10 und die Beklagte 3/10, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 und von den Kosten des Revisionsverfahrens die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte erbringt medizinische Dienstleistungen im Bereich der Radiographie. Sie beschäftigte in ihrem Betrieb weitaus mehr als zehn Arbeitnehmer. Die Klägerin war bei ihr seit 1976 - zuletzt als Leiterin Qualitätssicherung - tätig. Im „Anstellungsvertrag für außertarifliche Angestellte“ vom 15. März 2005 (künftig: Arbeitsvertrag) heißt es in § 8 Nr. 1:

       

„Die Kündigungsfrist beträgt beiderseits sechs Monate zum 30. Juni oder 31. Dezember des Jahres.“

3

Am 5. Dezember 2012 vereinbarte die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat einen Interessenausgleich über eine geplante Betriebsschließung. Am 11. Dezember 2012 entschied ihre Alleingesellschafterin, den Betrieb zum 30. Juni 2013 stillzulegen. Zu diesem Datum endete auch der Mietvertrag für das Betriebsgrundstück.

4

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012, der Klägerin am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „unter Wahrung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist ordentlich zum 30. Juni 2013“. Die Klägerin wies die Kündigung mit Schreiben vom 4. Januar 2013 mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurück.

5

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin sich rechtzeitig gegen die Kündigung gewandt. Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass das Kündigungsschreiben von der damaligen Geschäftsführerin der Beklagten unterzeichnet und die Anhörung des Betriebsrats am 6. Dezember 2012 eingeleitet worden sei. Die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Im Übrigen habe sie die Frist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats aus § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB wahren müssen. Eine Umdeutung in eine Kündigung zum 31. Juli 2013 komme nicht in Betracht.

6

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19. Dezember 2012 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den im Arbeitsvertrag festgelegten Bedingungen als Leiterin der Qualitätssicherung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2013 aufgelöst. Die vertragliche Kündigungsfrist setze sich gegen die gesetzliche Regelung durch. Sie biete für die längere Zeit innerhalb eines Kalenderjahres den besseren Schutz.

8

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung - erst - zum 31. Juli 2013 aufgelöst worden sei. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Allerdings hätte es auch die Berufung der Beklagten zurückweisen müssen. Das Arbeitsgericht hat in der Sache zutreffend entschieden.

10

A. Der Feststellungsantrag hat teilweise Erfolg. Die Kündigung wurde zwar mit zu kurzer Frist ausgesprochen (I.). Sie ist jedoch in eine solche zum richtigen Termin umzudeuten (II.).

11

I. Die Kündigung konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit einer Frist von sechs Monaten zum Halbjahresende auflösen. Die Beklagte musste die Frist des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB von sieben Monaten zum Monatsende einhalten.

12

1. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag eine vom Gesetz abweichende (konstitutive) Regelung getroffen. Die im März 2005 vereinbarte Kündigungsfrist entsprach nicht der angesichts einer Betriebszugehörigkeit von - weit - mehr als 20 Jahren schon seinerzeit einschlägigen Bestimmung des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB. Im Übrigen sieht § 622 BGB keine Beschränkung der Kündigungstermine auf das Halbjahresende vor.

13

2. Eine einzelvertragliche Verkürzung der Fristen des § 622 Abs. 2 BGB ist - vorbehaltlich einer Abrede iSv. § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB - nicht möglich. Zulässig ist gemäß § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB allein die einzelvertragliche Vereinbarung längerer Kündigungsfristen als der in Abs. 2 der Norm vorgesehenen. Ob eine im Sinne des Gesetzes „längere“ Kündigungsfrist vereinbart wurde, ist durch einen Günstigkeitsvergleich zu ermitteln.

14

a) Eine einzelvertragliche Regelung von Kündigungsfrist (hier sechs Monate) und Kündigungstermin (hier 30. Juni oder 31. Dezember) ist regelmäßig als Einheit zu betrachten. Für den Günstigkeitsvergleich zwischen vertraglicher und gesetzlicher Regelung ist deshalb grundsätzlich ein Gesamtvergleich (auch Ensemble- oder Gruppenvergleich) vorzunehmen (vgl. BAG 4. Juli 2001 - 2 AZR 469/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 98, 205). Eine isolierte Betrachtung der Kündigungsfrist kommt nur dann in Betracht, wenn die Parteien mit einer Beschränkung der Kündigungstermine besondere, eigenständige Ziele verfolgt haben (vgl. BAG 4. Juli 2001 - 2 AZR 469/00 - zu II 3 a der Gründe, aaO). Das ist hier nicht der Fall.

15

b) Vergleichszeitpunkt war im Streitfall der 15. März 2005. An diesem Tag wurde die vertragliche Abrede getroffen und schon damals war § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB die für eine potentielle Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien einschlägige Vorschrift. Vertragsschluss und Zeitpunkt der erstmaligen Kollision mit dieser - vorbehaltlich der Regelungen des § 622 Abs. 4 BGB - halbzwingenden Norm fielen zusammen.

16

aa) Entgegen einer im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung (vgl. KDZ/Zwanziger 9. Aufl. § 622 BGB Rn. 50) kann - was hier freilich zum selben Ergebnis führte - für den Günstigkeitsvergleich nicht auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der konkreten Kündigung abgestellt werden. Vielmehr ist abstrakt die vertragliche Gesamtregelung auf ihre Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Bestimmungen hin zu überprüfen (zutreffend APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 182; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 126 Rn. 28). Spätestens mit dem Eintritt des Arbeitnehmers in die jeweilige „Stufe“ des § 622 Abs. 2 BGB muss feststehen, welche Regelung als die günstigere vorgehen wird. § 622 Abs. 2, Abs. 5 Satz 3 BGB besagt nicht, dass die im konkreten Fall längere Frist zur Anwendung gelangen müsste. Der Grundsatz, dass der Verwender sich nicht auf die Unwirksamkeit seiner eigenen Vertragsgestaltung berufen kann (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - zu II 1 a der Gründe mwN), der für den Vergleich im konkreten Kündigungszeitpunkt sprechen könnte, gilt allein für die hier nicht in Rede stehende Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Auch dort führt er im Übrigen „nur“ dazu, dass eine Vertragsbestimmung vom Verwender in jedem Fall und vom Verwendungsgegner in keinem Fall zu beachten ist. Das steht grds. schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fest.

17

bb) Der Senat lässt offen, ob eine einheitliche, von der Dauer der Betriebszugehörigkeit unabhängige einzelvertragliche Kündigungsfrist solange Anwendungsvorrang genießen kann, bis sie schließlich mit einer für den Arbeitnehmer günstigeren Frist gemäß der Stufenregelung des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB kollidiert(so Persch BB 2010, 181, 184 f.). Dafür spricht, dass es sich bei den einzelnen Stufen des Gesetzes um jeweils selbständige Bestimmungen handeln dürfte (vgl. BAG 4. Juli 2001 - 2 AZR 469/00 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 98, 205 für die Prüfung, ob eine Abweichung von der - jeweiligen - gesetzlichen Regelung vorliegt). Für einen solchen Anwendungsvorrang streitet auch, dass bei dem gesetzlich ausdrücklich normierten Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG - erst - auf den Zeitpunkt der Kollision mit der betreffenden Tarifnorm abzustellen sein soll(vgl. BAG 25. November 1970 - 4 AZR 534/69 -). Demgegenüber dürfte unerheblich sein, ob die Vertragsparteien mit einer einheitlichen, „starren“ Frist ein „Gesamtpaket“ aus einer anfangs längeren, zuletzt dafür kürzeren Frist als im Gesetz vorgesehen „schnüren“ wollten.

18

c) Die einzelvertragliche Kombination einer kürzeren als der gesetzlich einschlägigen Kündigungsfrist mit eingeschränkten Kündigungsterminen (zB nur zum Quartals- oder Halbjahresende) setzt sich nicht schon dann gegen das Gesetz durch, wenn sie - wie hier in acht von zwölf Monaten - für die längere Zeit innerhalb eines Kalenderjahres den besseren Schutz gewährt (so aber Diller NZA 2000, 293, 296 mit ausführlichen Berechnungsbeispielen; vgl. tendenziell auch BAG 4. Juli 2001 - 2 AZR 469/00 - zu II 3 e der Gründe, BAGE 98, 205).

19

aa) Eine derartige Abrede ist nicht - stets - günstiger als die gesetzliche Regelung. Sie sieht sowohl längere als auch kürzere Fristen vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 4 Abs. 3 TVG können sich solche teils günstigeren, teils ungünstigeren Vereinbarungen jedenfalls gegen Tarifrecht nicht durchsetzen(vgl. BAG 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BAGE 24, 228; 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 - zu II 4 b der Gründe).

20

bb) Auch die Auslegung von § 622 BGB ergibt, dass in Abs. 2 der Vorschrift Mindestfristen bestimmt sind, die dem Arbeitnehmer - vorbehaltlich der Möglichkeiten des § 622 Abs. 4 BGB - ausnahmslos zur Verfügung stehen sollen. Für eine Durchschnittsbetrachtung bezogen auf ein Kalenderjahr gibt die Norm nichts her. Nach § 622 Abs. 5 Satz 3 BGB müssen einzelvertraglich vereinbarte Kündigungsfristen „länger“ und nicht „meistens länger“ sein. Das entspricht dem Zweck des Gesetzes. Der Fristenlauf soll dem Arbeitnehmer vor allem die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz während des - noch - fortbestehenden Arbeitsverhältnisses (vgl. § 629 BGB) und damit einen nahtlosen Übergang in eine Anschlussbeschäftigung ermöglichen (zu den Gesetzeszwecken vgl. im Einzelnen Kaiser FS Konzen 2006 S. 381, 385 ff.). Diese zeitlich begrenzte Schutzfunktion der Kündigungsfristen aktualisiert sich erst bei Ausspruch einer - wirksamen - Kündigung. Der Zweck dieses temporären Bestandsschutzes würde nur unvollkommen verwirklicht, wenn die Anwendung einer bloß „tendenziell“ günstigeren Regelung im konkreten Kündigungsfall zu einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Frist führen könnte (so auch Lambrich Anm. zu BAG 4. Juli 2001 - 2 AZR 469/00 - EzA § 622 BGB nF Nr. 63). Die Übergangsvorschrift in Art. 222 Nr. 1 EGBGB zum Gesetz zur Vereinheitlichung der Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten vom 7. Oktober 1993 (BGBl. I S. 1668), mit dem § 622 BGB seine heutige Gestalt erhielt, unterstreicht, dass die gesetzlichen Mindestfristen bei jedem - dort: durch den Zugang der Kündigung bereits angebrochenen, aber noch nicht abgeschlossenen - „kündigungsrechtlichen Sachverhalt“(vgl. BT-Drs. 12/4902 S. 9) zugunsten des Arbeitnehmers „voll effektiv“ werden sollen.

21

3. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass ein einschlägiger Tarifvertrag iSv. § 622 Abs. 4 BGB existiert. Soweit sie in der Revision erstmals auf den Manteltarifvertrag für die chemische Industrie in den neuen Bundesländern und Berlin (Ost) vom 17. März 1994 in der Fassung vom 2. November 2011 abgehoben hat, hat sie zur Eröffnung seines persönlichen Anwendungsbereichs nicht vorgetragen. Das wäre erforderlich gewesen, weil die Klägerin unter Bezugnahme auf § 1 letzter Satz und § 2 Nr. 2, erster Halbsatz des Arbeitsvertrags eingewandt hatte, dass sie als „außertarifliche Angestellte“ nicht vom „MTV Chemie“ erfasst werde.

22

4. Da die vertragliche Kündigungsfrist sich im Vergleich mit der gesetzlichen Regelung nicht als durchweg länger erweist, musste die Beklagte gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB eine Frist von sieben Monaten zum Monatsende einhalten. Die zu wahrende Kündigungsfrist betrug nicht etwa sieben Monate zum Halbjahresende. Die Parteien wollten eingeschränkte Kündigungstermine nur im Verbund mit einer auf sechs Monate verkürzten Kündigungsfrist vereinbaren. Diesen Willen respektiert § 622 BGB. Auch insofern gilt, dass die Vorschrift lediglich Mindeststandards setzen möchte. Versteht man sie als Gebotsnorm, tritt eine für den Arbeitnehmer ungünstigere Vereinbarung insgesamt lediglich hintan, bleibt aber rechtlich als solche existent. Es gilt der Anwendungsvorrang des Gesetzes. Ordnet man § 622 Abs. 2 BGB als Verbotsnorm(§ 134 BGB) ein, ist die vertragliche Regelung in Gänze unwirksam (§ 139 BGB).

23

II. Die Kündigung ist weder zum 30. Juni 2013 wirksam, noch ist sie als Willenserklärung insgesamt unwirksam. Sie kann in eine Kündigung zum 31. Juli 2013 umgedeutet werden (§ 140 BGB).

24

1. Eine Umdeutung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die zum 30. Juni 2013 erklärte Kündigung nach § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gälte(vgl. dazu BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 30, BAGE 135, 255). Die Klägerin hat in der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage erhoben und sich in den zeitlichen Grenzen des § 6 Satz 1 KSchG auf die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist berufen.

25

2. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Beklagte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich zum 30. Juni 2013 gewollt hätte. Die entsprechende Würdigung des Arbeitsgerichts ist ohne Rechtsfehler. Entgegen der Ansicht der Klägerin hindert die Überzeugung des Arbeitgebers, er habe mit zutreffender Frist gekündigt, nicht die Annahme, er hätte bei Kenntnis der objektiven Fehlerhaftigkeit der seiner Kündigung beigelegten Frist das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen, sondern zum nächstzulässigen Termin beenden wollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 29, BAGE 135, 255).

26

3. Die Kündigung zum 31. Juli 2013 ist wirksam.

27

a) Sie ist aufgrund der Betriebsstilllegung sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Klägerin hat die Ordnungsgemäßheit des Konsultationsverfahrens (§ 17 Abs. 2 KSchG) nicht bestritten. Ihre Rüge, die Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs. 3 KSchG) sei fehlerhaft, hat sie auf entsprechenden Vortrag der Beklagten nicht konkretisiert.  

28

b) Die Zurückweisung der Kündigung gemäß § 174 Satz 1 BGB ging - unabhängig von der Frage ihrer Rechtzeitigkeit(vgl. dazu BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 126; 8. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 33, BAGE 140, 64) - ins Leere. Der Klägerin musste keine Vollmachtsurkunde vorgelegt werden. Die Kündigung wurde aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG erklärt(vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 425/06 - Rn. 26). Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, dass sie von der damaligen - alleinvertretungsberechtigten - Geschäftsführerin der Beklagten unterzeichnet war.

29

aa) Der von der Revision mit Blick auf die Beweiswürdigung gerügte Denkfehler liegt nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat nicht gemeint, die Unterschrift unter der schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage nach § 377 Abs. 3 ZPO müsse zwingend von der - als Zeugin vernommenen - vormaligen Geschäftsführerin der Beklagten stammen. Es war hiervon überzeugt. Das musste es nicht näher begründen. Gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO sind im Urteil lediglich die für die richterliche Überzeugungsbildung leitenden Gründe anzugeben(vgl. dazu BAG 21. August 2014 - 8 AZR 655/13 - Rn. 40). Die Klägerin hat im Berufungsverfahren nicht bestritten, dass die Unterschrift auf dem Antwortschreiben von der Zeugin eigenhändig geleistet wurde. Für das Gegenteil bestanden auch keine Anhaltspunkte. Damit bedurfte es zu dieser Frage weder eines Beweises nach § 441 Abs. 2 ZPO noch gesonderter Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung.

30

bb) Aufgrund der schriftlichen Zeugenaussage und einer als echt anzusehenden Vergleichsunterschrift hat sich das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass die Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben von der seinerzeitigen Geschäftsführerin der Beklagten stammte. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass eine Unterschrift nicht immer vollständig identisch geleistet wird, sondern eine gewisse Variationsbreite aufweist (vgl. nur BGH 27. September 2005 - VIII ZB 105/04 - zu II 2 a der Gründe). Zudem war unter der Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben der maschinenschriftliche Text „C W, Geschäftsführerin“ angebracht und ist nichts dafür ersichtlich, warum eine andere Person anstelle der Zeugin das Schreiben hätte unterzeichnen sollen. Die Klägerin verkennt, dass es für die von § 286 Abs. 1 ZPO geforderte Überzeugung des Gerichts keiner absoluten Sicherheit bedarf, sondern ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genügt, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen(st. Rspr., vgl. BAG 23. Oktober 2014 - 2 AZR 865/13 - Rn. 44; BGH 11. November 2014 - VI ZR 76/13 - Rn. 23).

31

c) Der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört. Die Beklagte hat die Kündigung nicht vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ausgesprochen.

32

aa) Der Betriebsratsvorsitzende hat das Anhörungsschreiben am 6. Dezember 2012 entgegen genommen. Das steht aufgrund einer ebenfalls rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts fest. Dieses hat in seinen Entscheidungsgründen zudem ausgeführt, dass die Klägerin den Zugang zuletzt - mit der Folge des § 138 Abs. 3 ZPO - „auch nicht mehr in Abrede gestellt“ habe. Seine Feststellung hätte nur mit einem erfolgreichen Berichtigungsantrag nach § 320 ZPO beseitigt werden können(vgl. BAG 13. März 1964 - 1 AZR 100/63 - zu II 1 der Gründe; BGH 8. Januar 2007 - II ZR 334/04 - Rn. 11).

33

bb) Der Betriebsratsvorsitzende war zum Empfang des Anhörungsschreibens berechtigt (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Soweit die Klägerin seine ordnungsgemäße Wahl bestritten hat, hat sie weder deren erfolgreiche Anfechtung analog § 19 BetrVG(vgl. BAG 15. Januar 1992 - 7 ABR 24/91 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 69, 228) noch das Vorliegen solch schwerwiegender und offensichtlicher Gesetzesverstöße behauptet, dass ausnahmsweise von einer nichtigen Wahl auszugehen wäre (vgl. Fitting BetrVG 27. Aufl. § 26 Rn. 60). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte vom Fehlen einer Empfangsvollmacht des Betriebsratsvorsitzenden und deshalb von einer nicht ordnungsgemäßen Einleitung des Anhörungsverfahrens hätte ausgehen müssen (zur Problematik vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - zu B I 1 a und B I 2 a bb der Gründe).

34

B. Der Leistungsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Die Klägerin hat Weiterbeschäftigung nur bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung begehrt.

35

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Das erstinstanzliche Schlussurteil war - trotz Zurückweisung beider Berufungen - gemäß § 308 Abs. 2 ZPO im Kostenpunkt zu korrigieren. Es hatte eine Gesamtentscheidung unter Einbeziehung der im Teilvergleich getroffenen Vereinbarung zu erfolgen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    Söller    

        

    B. Schipp    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.