Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Nov. 2012 - 6 Sa 450/12

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2012:1123.6SA450.12.0A
bei uns veröffentlicht am23.11.2012

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Juli 2012 - 8 Ca 466/12 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und in Ziffer 1 - 3 wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 52,23 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (31.3.2012) zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 133,61 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (9.5.2012) zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 68,78 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (23.7.2012) zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz hat die Klägerseite zu 15 %, die Beklagtenseite zu 85 %,die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagtenseite vollständig zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsdifferenzen aufgrund des Monatspauschallohns-, des Grundlohns sowie von Zuschlägen aus der Zeit zwischen November 2011 und Mai 2012.

2

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Februar 1996 heißt es auszugsweise (Ablichtung in Bl. 19 ff. der am Verhandlungstag vor der Berufungskammer ebenfalls verhandelten Sache 6 Sa 196/12):

3

„Arbeitsvertrag (Änderungsvertrag)
für gewerbliche Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe

4

2. Tarifbindung:

5

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweiligen Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz, soweit nicht nachstehend etwas zusätzliches vereinbart wird.
...

6

7. Entlohnung:

7

Der Arbeitnehmer wird in die Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a des jeweils gültigen Lohntarifvertrages des Verkehrsgewerbes Rheinland-Pfalz eingestuft.

8

Der Monatspauschallohn beträgt 3.000,00 DM[.] Ein etwa über den tariflichen Lohn hinausgehender Betrag ist eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung, auf welche tarifliche Lohnanhebungen in Anrechnung gebracht werden können.

9

Monatspauschallohn Grundlage Arbeitszeit: Fünf-Tagewoche
Bei Monatspauschallohn ist mit diesem die geleistete Arbeitszeit einschließlich Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge von Montag bis Freitag abgegolten.
Bewertung Samstags- und Sonntagsarbeit
Zur Berechnung des Wochenendlohnes (Samstag- und Sonntagsarbeit) wird der Stundenlohn des jeweils gültigen Tarifvertrages
Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a
zu Grunde gelegt.

10

Berechnungsmodus:

11

Lenkzeit sowie bis zu 2 Stunden Wartezeit: voller Grundlohn
restliche Wartezeit: halber Grundlohn
Neben dem Grundlohn werden die entsprechenden Zuschläge gewährt.
Die Berechnung der Zuschläge erfolgt nach den jeweils gültigen Manteltarifvertrag § 14, Abs. 3.

12

Als Zuschläge werden derzeit neben dem Grundlohn gezahlt:

13

Mehrarbeit Samstags

6:00 Uhr bis 21:00 Uhr 25 %

Nachtarbeit

21:00 Uhr bis 6:00 Uhr 50 %

Sonntagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 50 %

Feiertagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 120 %

14

Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge wird nur der jeweils höhere Zuschlag gezahlt.

15

Arbeitsleistung an Wochenfeiertagen Montag bis Freitag
Fällt ein Feiertag auf einen Wochentag wird zusätzlich zum Lohn der jeweils gültige Stundenlohn mit dem jeweiligen Zuschlag nach dem Manteltarifvertrag (derzeit 120 %) für die Lenkzeiten sowie 2 Stunden Wartezeit voll in Ansatz gebracht, die restliche Wartezeit wird mit dem halben sich errechnenden Stundenlohn vergütet.
...“

16

Die Klägerin leistete in den streitigen Monaten die folgenden Arbeitszeiten (vgl. Abrechnungen in Bl. 9 f., 23 ff., 48 f. d.A.):

17

Monat 

Monatslohn Mo-Fr

Sa/ So Linienverk. Mehrarbeit

Sa/ So Gelegenheit Feiertag

November 2011

        

5,97 Std.

6,17 Std.

Dezember 2011

                          

Januar 2012

        

16,53 Std.

        

Februar 2012

        

5,55 Std.

        

März 2012

        

5,55 Std.

7,25 Std.

April 2012

        

5,55 Std.

        

Mai 2012

        

9,95 Std.

4,42 Std.

18

Der Beklagte leistete hierauf die abrechnungsweise ersichtlich gemachten Lohnbeträge (vgl. Bl. 9 f., 23 ff., 48 f. d.A.), wobei er den Monatspauschallohn mit 1.978,02 EUR (brutto) bis März 2012 bzw. 2.019,56 EUR (brutto) ab April 2012 bemaß, den Grundlohn im Gelegenheitsverkehr mit 9,92 EUR (brutto) stündlich bis März 2012 bzw. 10,23 EUR (brutto) ab April 2012, im Linienverkehr mit 11,47 EUR (brutto) bis März 2012 bzw. 12,00 EUR (brutto) ab April 2012, sowie 10 % Mehrarbeitszuschlag an Samstagen und Sonntagen gewährte bzw. 50 % an Wochenfeiertagen.

19

Die Klägerin verlangt mit ihrer am 31. März 2012 erhobenen und am 9. Mai sowie 23. Juli 2012 erweiterten Klage ergänzende (Brutto-)Lohnbeträge in Höhe von 98,36 EUR, 134,91 EUR und 69,38 EUR nebst Zinsen. Die Parteien haben auf die Berücksichtigung tariflicher Ausschlussfristen für diese Forderungen verzichtet.

20

Die Klägerin hat ihr Verlangen erstinstanzlich damit begründet, dass der Beklagte den Arbeitslohn nicht - wie arbeitsvertraglich vereinbart - mit dem tariflichen Monatspauschallohnsatz der Lohntabelle 2 Lohngruppe 3 (Linienfahrer im Einmannverkehr) für Montags- bis Freitagsarbeit bemessen habe und des Weiteren Wochenend- und Feiertagsarbeiten weder nach dem jeweils tariflichen Grundlohn, noch entsprechend den arbeitsvertraglichen Zuschlagssätzen vergütet habe.

21

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

22

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 98,36 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

23

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 134,91 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

24

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 69,38 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Der Beklagte hat beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, dass der Monatspauschallohn in den Abrechnungen zutreffend erfasst sei und die Klägerin Mehrleistungen, die zuschlagsfähig gewesen seien, im Einzelnen darzutun gehabt habe, wobei Mehrarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge nach § 12 i.V.m. Anlage Nr. 3 des zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Landesbezirk Rheinland-Pfalz am 16. August 2010 abgeschlossenen Manteltarifvertrags - nachfolgend MTV 2010 -richteten und bei dienstplanmäßiger Sonntagsarbeit lediglich 10 % bzw. Feiertagsarbeit 50 % ausmachten.

28

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 31. Juli 2012 (Bl. 65-76 d.A.) auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird in einem (Brutto-)Umfang von 258,74 EUR (54,45 EUR + 134,91 EUR + 69,38 EUR) entsprochen und hierbei darauf abgestellt, dass sich die die Ansprüche in Differenz der gezahlten gegenüber der vertrags- bzw. tarifgerecht zu zahlenden Vergütung ergäben. Die Klägerin habe folglich für den Zeitraum von November bis einschließlich März (gemeint wohl: Mai) 2012 Anspruch auf einen tariflich pauschalierten Monatslohnbetrag für Montags- bis Freitagsarbeit, der bis März 2012 1.997,50 EUR (brutto) und hernach 2.040,00 EUR (brutto) betragen habe. In Ziff. 7 Arbeitsvertrag sei nämlich ein am tariflichen Satz orientierter pauschaler Lohn vereinbart. Ferner seien die Vergütungssummen nebst Zuschlägen für Arbeiten an Samstagen und Sonntagen nach dem tariflichen Satz in § 12 Abs. 2 Buchst. a MTV 2010 (25 % Aufschlag) bzw. an Feiertagen gemäß § 12 Abs. 2 Buchst. e i.V.m. Anlage 3 MTV 2010 (50 % Aufschlag) zu vergüten.

29

Der Beklagte hat gegen das ihm am 30. August 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 28. September 2012, eingegangen am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2012, ebenfalls eingegangen am gleichen Tag, begründet.

30

Der Beklagte trägt zweitinstanzlich - zusammengefasst - vor:

31

Der ursprünglich auf 3.000,- DM bezifferte Monatspauschallohn sei im Laufe der Jahre durch den Beklagten freiwillig angepasst worden. Arbeitsleistungen an Samstagen und Sonntagen würden gesondert vergütet und zum Zweck der Unterscheidung in den Lohnabrechnungen auch entsprechend ausgewiesen, wobei ein betriebseigener Mehrarbeitszuschlag von 10 % für Samstags- bzw. 50 % für Feiertagsarbeit bestehe unter Zugrundelegung der im Tarifvertrag vorgesehenen Stundenlöhne gelte. Ein Mehrarbeitszuschlag von 25 % sei lediglich ab der 171. Arbeitsstunde im Monat geschuldet; einem Wert, welchen die Klägerin im fraglichen Zeitraum - auch unter Einschluss von Wochenendarbeit - zu keiner Zeit erreicht habe (oft hätten in den Arbeitszeiten von Montag bis Freitag 20, 30,40 oder gar 50 Stunden gefehlt). Die Überlegungen des Arbeitsgerichts zum Monatspauschallohn sowie zur Mehrarbeitsbestimmung griffen nicht durch.

32

Der Beklagte beantragt,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Juli 2012 8 Ca 466/12 abzuändern und die Klage abzuweisen.

34

Die Klägerin beantragt - unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils -,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagten vom 30. Oktober 2012 (Bl. 106 ff. d.A.), die zur Akte gereichten Unterlagen sowie das Protokoll vom 23. November 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

37

Die zulässige Berufung des Beklagten hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen im überwiegenden Umfang entsprochen. Lediglich wegen vereinzelter Rechendifferenzen ergibt sich nach Überprüfung der Berufungskammer Anlass, den Urteilsausspruch erster Instanz teilweise abzuändern.

I.

38

Die Berufung ist zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus der Zulassung im arbeitsgerichtlichen Urteil (§ 64 Abs. 2 Buchst. a ArbGG). Die Einlegung erfolgte form- und fristgerecht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 ZPO), die Begründung ebenfalls ordnungsgemäß und rechtzeitig (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 522 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

II.

39

Die Berufung ist ganz überwiegend nicht begründet. Die Klägerpartei hat aufgrund ihres Arbeitsvertrags einen Anspruch auf die vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnbeträge. Der angegriffenen Entscheidung ist dabei in seiner Begründung mit den nachstehenden Maßgaben zu folgen, bei denen lediglich betragsmäßige Korrekturen geboten waren (§ 69 Abs. 2 ArbGG):

40

1. Die Klägerin hat für den streitigen Zeitraum aufgrund ihres Arbeitsvertrags vom 15. Februar 1996 Anspruch auf einen Monatspauschallohn für Montags- bis Freitagsarbeit, wie er sich der Höhe nach für Omnibusfahrer im Linienverkehr (Einmannfahrer) mit mindestens 10-jährig bewährter Betriebszugehörigkeit nach Anlage 3 des „Tarifvertrags über Löhne und Gehälter Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz (Omnibusbetriebe)“ zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V. (welchem der Beklagte angehört) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (deren Mitglied die Klägerin ist) vom 7. April 2011 - nachfolgend LTV 2011 - ergab. Für die Begründung dieses Anspruchs wird auf die zwischen den Parteien ergangene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. November 2012 - 6 Sa 196/12 - zu A II 1 bis 3 der Gründe verwiesen. Nach der „Lohntabelle 2 Lohngruppe 3: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannverkehr)“ galt bis zum 31. März 2012 ein „Monatslohn ab 10. Jahr BZ (Bewährungsaufstiegsstufe)“ in Höhe von 1.997,50 EUR, ab 1. April 2012 von 2.040,00 EUR.

41

2. Für Arbeiten an Samstagen und Sonntagen schuldete der Beklagte der Klägerin - je nach Art der ausgeführten Fahrten - den Grundlohn der Lohngruppe 2 für Gelegenheits- und der Lohngruppe 3 für Linienfahrten der Lohntabelle 2 zum LTV 2011 zuzüglich Zuschlägen nach § 12 Abs. 2 Buchst. a MTV 2010. Dies ergibt sich aus Ziff. 7 Abs. 5 ff. des Arbeitsvertrag der Parteien.

42

a) Die Auslegung des Vertrags folgt den in der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 23. November 2012 6 Sa 196 zu A II 1 a und b der Gründe näher ausgeführten Grundsätzen.

43

b) Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass Ziff. 7 Abs. 5 ff Arbeitsvertrag Samstags- und Sonntagsarbeit zuschlagspflichtig ausgestalten.

44

aa) Dies folgt wortlautgemäß aus der bedingungs- und ausnahmslos gefassten Vertragsklausel: „Neben dem Grundlohn werden die entsprechenden Zuschläge gewährt.“ Es ergänzt sich - vertragssystematisch - auch aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien in Ziff. 7 Abs. 2 bis 4 Arbeitsvertrag mit der Monatspauschallohnvereinbarung bereits einen Arbeitszeitkorridor in Ansatz gebracht haben, der den vollen wöchentlichen Arbeitszeitumfang pauschaliert ausschöpft, so dass - typisierend betrachtet - zusätzlich noch anfallende Arbeit an Samstagen und Sonntagen nur Mehrarbeit im Sinne des (seit Vertragsschluss unveränderten) § 29 MTV 2010 sein kann („Mehrarbeit ist die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit“).

45

bb) Dagegen, dass die Vertragsparteien im Hinblick auf Mehrarbeitszuschläge eine Einzelberechnung der wochenweise tatsächlich ausgeführten Arbeitsstunden wollten, um keinesfalls den tariflichen Rahmen zu überschreiten - wie der Beklagte möglicherweise meint -, spricht zudem die in § 2 Arbeitsvertrag nur „zusätzlich“ zum vertraglichen Einzelinhalt ausbedungene tarifliche Inbezugnahme, die durchaus für ein „Mehr“ an Ansprüchen gegenüber dem strengen Tarifniveau Raum lässt (näher hierzu LAG Rheinland-Pfalz 23.11.2012 - 6 Sa 196/12 - zu A II 1 c cc [5] der Gründe).

46

c) Dem Arbeitsgericht ist weiter darin zu folgen, dass die Mehrarbeitszuschlagssätze nach § 12 Abs. 2 Buchst. a MTV 2010 zu bemessen sind. Dies folgt daraus, dass der Schlussverweis § 12 Abs. 2 MTV 2010 a.E. („ausgenommen Busse im Linien- und Gelegenheitsverkehr, diese Zuschläge werden in Anlage 3 […] geregelt“) nur auf die Sonntags- und Feiertagsarbeit bezogen sind. Insofern ist der Nachsatz seiner grammatikalischen wie systematischen Anbindung entsprechend lediglich auf die Zuschlagssätze des § 12 Abs. 2 Buchst. d und e MTV 2010 (Sonntags- bzw. Feiertagsarbeit) bezogen. Eben nur für jene, das Mehrarbeitsquantum noch nicht überschreitenden Arbeitsleistungen finden sich in Anlage 3 Nr. 3 Abs. 2 und 3 zur dienstplanmäßigen Sonntags- bzw. Feiertagsarbeit auch Sonderregelungen. Für schlichte Mehrarbeit gilt indes § 12 Abs. 2 Buchst. a MTV 2010.

47

d) Der Grundlohnsatz betrug in der Lohngruppe 2 (Gelegenheitsfahrten) bis zum 31. März 2012 bei einer bewährten Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren 10,02 EUR, ab 1. April 2012 10,23 EUR. In der Lohngruppe 3 (Linienfahrten im Einmannverkehr) lagen die entsprechenden Grundlohnsätze bei 11,75 EUR bzw. 12,00 EUR.

48

aa) Für die Verpflichtung zur Gewährung des Satzes bei bewährter Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren gelten die Erwägungen der Berufungskammer aus der zwischen den Parteien ergangenen Entscheidung vom 23. November 2012 - 6 Sa 196/12 - entsprechend (dort zu A II 3 a, b der Gründe).

49

bb) Die Bezugnahme auf den Grundlohn der ehemaligen Lohngruppe 5a der Lohntabelle 2 war unter Beachtung des § 11 Abs. 1 des zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, am 7. September 1994 abgeschlossen Manteltarifvertrags lediglich für die Wertigkeit der mindestgeschuldeten Tätigkeit wesentlich, aufgrund der generellen Tarifanbindung in Ziff. 2 Arbeitsvertrag i.V.m. der Jeweiligkeitsklausel in Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag nicht auch für die Vergütung höherwertiger Einsätze konstitutiv (zum regelmäßig bloß deklaratorischen Gehalt arbeitsvertraglicher Einstufungsregelungen im Bereich des öffentlichen Dienstes zuletzt BAG 21.3.2012 - 4 AZR 286/10 - Rn. 56, 62, juris).

50

cc) Mit Überführung der Lohngruppen 5 bis 5a der von denselben Tarifvertragsparteien am 9. Oktober 1996 abgeschlossenen Lohntarifvertrags (dort § 3 Abs. 1) galt die Bezugnahme auf der Lohngruppe 2 für Gelegenheits- und 3 für Linienfahrten im Einmannverkehr.

51

dd) Wegen des dynamisch aufzufassenden Gehalts der Inbezugnahme des „Stundenlohn[s] des jeweils gültigen Tarifvertrages“ in Ziff. 7 Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag wird auf die Begründungserwägungen der Kammer in dem zwischen den Parteien ergangenen Urteil vom 23. November 2012 - 6 Sa 196/12 - (dort zu A II 2 a und b der Gründe) Bezug genommen.

52

e) Der Mehrarbeitszuschlag belief sich im vorliegend relevanten Zeitraum durchgehend auf 25 % des Grundlohns.

53

3. Über den Zuschlag für Nachtfahrten an Samstagen oder Sonntagen in Höhe von 25 % (Ziff. 2, 7 Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag i.V.m. § 12 Abs. 2 Buchst. b MTV 2010) bestand zwischen den Parteien ebenso wenig wie zuletzt über den Zuschlagssatz an Feiertagen in Höhe von 50 % Streit (Ziff. 2, 7 Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag i.V.m. § 12 Abs. 2 a.E., Anlage 3 Nr. 3 Abs. 3 MTV 2010).

54

4. Hieraus ergab sich für die in Rede stehenden Monate folgendes Vergütungsbild (wegen der angefallenen Arbeitszeiten und gezahlten Vergütungen wird auf Bl. 9 f., 23 ff., 48 f. d.A. Bezug genommen):

55

Monat 

Monatslohn Mo-Fr

Sa/ So Linienverk. Mehrarbeit

Sa/ So Gelegenheit Feiertag

Gesamtlohn abzgl. gezahlter Lohn
(d.h. noch offene Beträge)

November 2011

1.997,50 EUR

5,97 Std. x 11,47 EUR x 125 % = 85,59 EUR

6,17 Std. x 10,02 EUR x 150 % = 92,73 EUR

32,75 EUR

Dezember 2011

1.997,50 EUR

                 

19,48 EUR

Januar 2012

1.997,50 EUR

16,53 Std. x 11,47 EUR x 125 % = 236,99 EUR

        

51,81 EUR

Februar 2012

1.997,50 EUR

5,55 Std. x 11,47 EUR x 125 % = 79,57 EUR

        

30,96 EUR

März 2012

1.997,50 EUR

5,55 Std. x 11,47 EUR x 125 % = 79,57 EUR

7,25 Std. x 10,02 EUR x 150 % = 108,96 EUR

49,84 EUR

April 2012

2.040,- EUR

5,55 Std. x 12,00 EUR x 125 % = 83,25 EUR

        

30,43 EUR

Mai 2012

2.040,- EUR

9,95 Std. x 12,00 EUR x 125 % = 149,25 EUR

4,42 Std. x 10,23 EUR x 150 % = 92,73 EUR

38,35 EUR

56

Auf den Klageantrag zu Ziff. 1 (November, Dezember 2011) entfielen damit 52,23 EUR, auf den Antrag zu 2 (Januar bis März 2012) 133,61 EUR und auf den Antrag zu 3 (April und Mai 2012) 68,78 EUR.

57

5. Da die Parteien auf die Berücksichtigung der Verfallfrist verzichtet hatten, war die Achtung der Geltendmachungsvoraussetzungen gemäß § 27 MTV 2010 nicht weiter zu prüfen. Die Zinsfolge ergab sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

B.

58

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für das Verfahren zweiter Instanz. Die Kostenentscheidung erster Instanz blieb unverändert. Gründe, die eine Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nahegelegt hätten, waren nicht gegeben.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Nov. 2012 - 6 Sa 450/12

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Nov. 2012 - 6 Sa 450/12

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 23. Nov. 2012 - 6 Sa 450/12 zitiert 13 §§.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. April 2010 - 7 Sa 15/10 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Wer die Sache oder das Recht, worüber zwischen anderen Personen ein Rechtsstreit anhängig geworden ist, ganz oder teilweise für sich in Anspruch nimmt, ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits berechtigt, seinen Anspruch durch eine gegen beide Parteien gerichtete Klage bei dem Gericht geltend zu machen, vor dem der Rechtsstreit im ersten Rechtszug anhängig wurde.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.3.2012, AZ: 8 Ca 1905/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang eines Monatspauschallohns sowie über rückständige Vergütungen.

2

Die am ... Februar 1955 geborene Klägerpartei wird seit dem 1. September 1989 von dem Beklagten als Busfahrer/ in beschäftigt. Schon bei Vertragsschluss galten für beide Vertragsteile die Tarifverträge des (privaten Omnibus-) Verkehrsgewerbes in Rheinland-Pfalz.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Februar 1996 heißt es auszugsweise (Ablichtung in Bl. 19 ff. d.A.):

4

„Arbeitsvertrag (Änderungsvertrag) für gewerbliche Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe

5

2. Tarifbindung:

6

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweiligen Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz, soweit nicht nachstehend etwas zusätzliches vereinbart wird.
...

7

7. Entlohnung:

8

Der Arbeitnehmer wird in die Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a des jeweils gültigen Lohntarifvertrages des Verkehrsgewerbes Rheinland-Pfalz eingestuft.

9

Der Monatspauschallohn beträgt 3.000,00 DM[.] Ein etwa über den tariflichen Lohn hinausgehender Betrag ist eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung, auf welche tarifliche Lohnanhebungen in Anrechnung gebracht werden können.

10

Monatspauschallohn Grundlage Arbeitszeit: Fünf-Tagewoche
Bei Monatspauschallohn ist mit diesem die geleistete Arbeitszeit einschließlich Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge von Montag bis Freitag abgegolten.
Bewertung Samstags- und Sonntagsarbeit
Zur Berechnung des Wochenendlohnes (Samstag- und Sonntagsarbeit) wird der Stundenlohn des jeweils gültigen Tarifvertrages
Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a
zu Grunde gelegt.

11

Berechnungsmodus:

12

Lenkzeit sowie bis zu 2 Stunden Wartezeit: voller Grundlohn
restliche Wartezeit: halber Grundlohn
Neben dem Grundlohn werden die entsprechenden Zuschläge gewährt.
Die Berechnung der Zuschläge erfolgt nach den jeweils gültigen Manteltarifvertrag § 14, Abs. 3.
Als Zuschläge werden derzeit neben dem Grundlohn gezahlt:

13

Mehrarbeit Samstags

6:00 Uhr bis 21:00 Uhr 25 %

Nachtarbeit

21:00 Uhr bis 6:00 Uhr 50 %

Sonntagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 50 %

Feiertagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 120 %

14

Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge wird nur der jeweils höhere Zuschlag gezahlt.
Arbeitsleistung an Wochenfeiertagen Montag bis Freitag
Fällt ein Feiertag auf einen Wochentag wird zusätzlich zum Lohn der jeweils gültige Stundenlohn mit dem jeweiligen Zuschlag nach dem Manteltarifvertrag (derzeit 120 %) für die Lenkzeiten sowie 2 Stunden Wartezeit voll in Ansatz gebracht, die restliche Wartezeit wird mit dem halben sich errechnenden Stundenlohn vergütet.
...“

15

Aus den zur Akte gereichten Dienstplänen der Klägerpartei ergibt sich, dass die Klägerpartei überwiegend in Strecken oder auf Linien des S-P-Busses eingesetzt ist, dass ferner Schulen über Haltestellen angefahren werden, an denen auch Nicht-Schüler zusteigen und aufgenommen werden können (Ablichtung der Plänen in Bl. 28 f. d.A.).

16

Der Beklagte rechnete der Klägerpartei gegenüber zuletzt einen „Monatspauschallohn“ bzw. „Monatslohn Mo-Fr“ von 1.978,02 EUR ab und zahlte diesen monatsweise aus (Ablichtungen der Abrechnungen Juli bis Oktober 2011 in Bl. 33-35, 91 d.A.). Gemäß Anlage 3 des „Tarifvertrags über Löhne und Gehälter Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz (Omnibusbetriebe)“ zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V. (welchem der Beklagte angehört) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (deren Mitglied die Klägerin ist) vom 7. April 2011 - nachfolgend LTV 2011 - gilt zur „Lohntabelle 2 Lohngruppe 3: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannverkehr)“ein „Monatslohn ab 10. Jahr BZ (Bewährungsaufstiegsstufe)“ in Höhe von 1.997,50 EUR.

17

Weiter rechnete der Beklagte der Klägerpartei gegenüber in den Monaten Juli, September und Oktober 2011 gesondertes Entgelt für Wochenend- und/ oder Feiertagsarbeiten nebst Zuschlägen im Umfang ab, und zwar in Höhe von 95,13 EUR für Samstags- und Sonntagsverkehr im Juli (Abrechnungsablichtung in Bl. 91 d.A.), von 78,47 EUR für Samstagsverkehr im September (Abrechnungsablichtung in Bl. 34 d.A.) und 172,44 EUR für Samstags- und Feiertagsverkehr im Oktober (Abrechnungsablichtung in Bl. 35 d.A.).

18

Die Klägerpartei machte mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 19. Oktober 2011 Forderungen in Höhe von vier mal 19,48 EUR (= 77,92 EUR) für den Zeitraum von Juli (offensichtlich versehentlich heißt es in der Klageschrift: August) 2011 bis einschließlich Oktober 2011 geltend und verfolgt diesen Anspruch bei Klagezustellung vom 2. Dezember 2011 gerichtlich weiter.

19

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich - zusammengefasst - vorgebracht:

20

Mit der vertraglichen Monatspauschale sei die tariflich pauschalierte Vergütung, und zwar auf Basis einer Vollzeitstelle gemeint (von Teilzeit sei an keiner Stelle im Arbeitsvertrag eine Rede). Die Handhabung der Lohnabrechnungen zeige, dass Wochenendzeiten daneben als Mehrarbeiten vergütet würden. Sie (die Klägerpartei) habe entsprechend den Linienplänen sowie unter Einschluss der üblichen Vorbereitungsarbeiten - Kontrolle von Bussen vor und nach Fahrtschluss usw. - monatlich mindestens 170 Stunden zu arbeiten gehabt und könne - selbst wenn der Beklagte ihr monatlich zwischen Montag und Freitag vereinzelt weniger als 170 Stunden abverlangt - habe, nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs gleichwohl noch den Monatspauschallohn verlangen. An einer Bewährung im Sinne des LTV könne kein Zweifel bestehen, weil sie (die Klägerpartei) ihre Arbeitsleistungen unter Einhaltung des Fahrplans, Reinigung des Busses, regelmäßigen Kassiertätigkeiten und ordnungsgemäßen Abrechnungen stets vorgabengemäß erbracht habe.

21

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich beantragt,

22

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 77,92 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

23

Der Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Der Beklagte hat erstinstanzlich - zusammengefasst - vorgetragen:

26

Der vertragliche Monatspauschallohn könne nicht auf den tariflich pauschalierten Monatslohnwert bezogen werden. Er beziehe sich nur auf die Tage Montag bis Freitag, während der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbe von einer Sechs-Tage-Wochen ausgehe. Der ursprüngliche Lohn habe mit 3.000,00 DM auch nur einen Gegenwert von ca. 1.500,00 EUR gewährleistet. Weder im fraglichen Zeitraum noch über die gesamte Tätigkeitszeit hinweg habe die Klägerpartei im Übrigen 170 Stunden im Monat gearbeitet (Beweis: Zeugnis Herr E). Die Klägerpartei sei zudem auch mit mehr als 50 % ihrer Arbeitsleistung zum Schülertransport eingesetzt gewesen, sodass fraglich sei, ob es sich bei ihrer Tätigkeit um einen überwiegenden Einsatz im Linienverkehr im Sinne der Lohngruppe 3 der Lohntabelle 2 des LTV 2011 handeln könne. Die Behauptung der Klägerpartei, sich bewährt zu haben, treffe zudem ebenfalls nicht zu.

27

Das Arbeitsgerichts hat der Klage mit Urteil vom 13. März 2012 (Bl. 42-49 d.A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, im vollen Umfang entsprochen und hierzu zusammengefasst ausgeführt:

28

Die Klägerpartei habe Anspruch auf den begehrten pauschalierten Monatslohn in Höhe von jeweils 1.997,50 EUR brutto aufgrund des Arbeitsvertrags i.V.m. Anlage 3 der Lohntabelle 2 zu Lohngruppe 3 LTV 2011. Der Beklagte habe ihr (der Klägerpartei) einen Monatspauschallohn zugesagt, welcher dem im Tarifvertrag bestimmten schon begrifflich so ähnlich sei, dass er ihm gleichgesetzt werden müsse. Etwaige Unklarheiten gingen wegen der Vorformuliertheit des Arbeitsvertrages zulasten des Beklagten. Da zum Wesen einer Pauschalierung weiter gehöre, dass sämtliche Arbeitsleistungen ohne Prüfung von Minderleistungen erfasst würden, komme es auf die Frage, ob konkret 170 Stunden gearbeitet seien, nicht weiter an. Nach Ziff. 2.5 Abs. 2 (gemeint wohl § 2 Abs. 6 Unterabs. 2) LTV 2011 bestehe zudem bei einer Mischtätigkeit nach den Lohngruppen 2 und 3 ein grundsätzlicher Anspruch auf den pauschalierten Monatslohn der Lohngruppe 3 der Lohntabelle 2 Anlage 3 LTV 2011. Die Frage, ob und in welchem Verhältnis Schüler- oder Linienverkehr erbracht worden sei, könne mithin offen bleiben. Mangels konkreter gegensätzlicher Anhalte sei auch von keiner mangelnden Bewährung auszugehen.

29

Der Beklagte hat gegen das ihm am 23. März 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 13. April 2012, eingegangen bei dem Landesarbeitsgericht am gleichen Tag, die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 25. Juni 2012 verlängerten Frist mit Schriftsätzen vom 23. Mai 2012 und 25. Juni 2012, eingegangen jeweils am gleichen Tag, begründet.

30

Der Beklagte trägt zweitinstanzlich - zusammengefasst - vor:

31

Die vertragliche Monatspauschale sei gegenüber dem Tarifvertrag eigenständig, weil sie sich nicht auf die tarifliche Pauschale beziehen lasse. Sie sei tarifunabhängig und - nach betriebsüblicher Steigerungen - erst zuletzt leicht untertariflich ausgefallen. Der an die Klägerpartei monatsweise insgesamt ausgekehrte Lohn habe im Übrigen - mit Ausnahme des Monats August 2011 (wegen dessen keine Einwände gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhoben würden) - aufgrund ergänzender Zahlungen für Mehrarbeit an Samstagen, Sonntagen oder Wochenfeiertagen einschließlich Zuschlägen während Juli, September und Oktober 2011 die tariflich pauschalierten Monatslohnsätze nicht unterschritten. Die Klägerpartei habe dabei jeweils nicht mehr als 170 Arbeitsstunden an sechs Tagen gearbeitet, sondern vielmehr wenigstens sieben, im Einzelfall sogar über 20 Stunden zu wenig (Zeugnis Herr E) - beispielsweise Juni 2011 zwischen Montag und Freitag nur 95,78 Leistungsstunden, im Juli 80,97, im September 163,81 und im Oktober nur 144,82 Stunden.

32

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13. März 2012 - 8 Ca 1905/11 - abzuändern und
die Klage hinsichtlich eines 19,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 2. November 2011 übersteigenden Betrags abzuweisen.

34

Die Klägerpartei beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor, dass das Beklagtenvorbringen zu vermeintlich untertariflichen Stundenleistungen in erster- und zweiter Instanz auseinanderfalle und deshalb unbeachtet bleiben müsse. In erster Instanz sei von wenigstens 7 Stunden gehandelt worden, in zweiter Instanz von nahezu nur der Hälfte eines 170-stündigen Monatsleistungsbetrags. Es fehle jeder Anhalt, wie der Beklagte die behauptete Arbeitsleistung errechnet habe.

37

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze (des Beklagten vom 23. Mai und 25. Juni 2012, Bl. 69 ff., 76 ff. d.A. sowie der Klägerpartei vom 30. August 2012, Bl. 109 ff. d.A.) nebst Anlagen, ferner die zur Akte gereichten Unterlagen sowie das Protokoll vom 23. November 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

38

Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen entsprochen.

I.

39

Die Berufung ist - soweit sie (antragsgemäß) reicht - zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus der Zulassung im arbeitsgerichtlichen Urteil (§ 64 Abs. 2 Buchst. a ArbGG). Die Einlegung erfolgte form- und fristgerecht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 ZPO), die Begründung ordnungsgemäß und rechtzeitig innerhalb der verlängerten Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 522 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Aufgrund der antragsgemäßen Beschränkung fällt der Rechtsstreit allerdings hinsichtlich des für August 2011 in Höhe von 19,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 2. November 2011 ausgeurteilten Differenzbetrags nicht mehr in der Berufungsinstanz an (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 528 ZPO); insofern ist das angegriffene Urteil rechtskräftig.

II.

40

Die Berufung ist nicht begründet. Die Klägerpartei hat aufgrund ihres Arbeitsvertrags einen Anspruch auf die vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnbeträge. Der angegriffenen Entscheidung ist dabei in seiner Begründung mit den nachstehenden Maßgaben zu folgen (§ 69 Abs. 2 ArbGG):

41

1. Die arbeitsvertragliche Regelung gewährleistet der Klägerpartei nach in Ziffer 7 Abs. 2-4 einen Vergütungsbetrag für die von Montag bis Freitag zu leistende Arbeit, welche die tariflich pauschalierte Lohnsumme für Busfahrer im Linienverkehr (Einmannverkehr) mit 170 Stunden nach dem Tarifvertrag des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes nicht unterschreitet. Dies ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung.

42

a) Dabei gilt, dass Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Gemäß § 133 BGB ist zunächst ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 18.10.2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 16, NZA 2012, 143). Für den Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen gilt ein objektiv-generalisierender Auslegungsmaßstab. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so aufzufassen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 28.6.2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 30, MDR 2012, 1233).

43

b) Der Arbeitsvertrag der Parteien des Rechtsstreits beinhaltet in Ziff. 7 allgemeine Vertragsbedingungen.

44

aa) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für ein Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) einer anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt. Aus dem Inhalt - namentlich aufgrund formelhafter Klauseln, die ohne Zuschnitt auf individuelle Vertragssituationen normiert werden - sowie der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein - vom Verwender zu widerlegender - Anschein dafür ergeben, dass sie zur Mehrfach-, mindestens dreimaligen, Verwendung vorformuliert worden sind (BAG 1.3.2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20, NZA 2006, 746).

45

bb) Vorliegend vermittelt schon der augenscheinsgemäße Eindruck der abgelichteten Arbeitsvertragsniederschrift diesen Anschein. Dies einerseits aufgrund der drucktechnisch abgesetzten Gestaltung einzelner Vertragsbedingungen, die mit Balkenüberschriften versehen, durchnummeriert und die Arbeitnehmerpersonalien bei geschlechtsneutraler Sprachfassung an tabulatorisch eingerückten Stellen (vgl. Ziff. 1 Beginn, Ziff. 7 Entlohnung, Ziff. 8 Spesen) beinhalten. Hinzu kommt außerdem, dass die Klauseln inhaltlich nicht auf die individuelle Vertragslage der Parteien bezogen wurden - wie sich etwa für Ziff. 5 (Inhalt der Tätigkeit), 6 (Sonderregelungen für Kraftfahrer), 9 (Urlaub), 11 (Nebentätigkeit), 12 (Vertragsstrafe Schadensersatz) und 13 (Bearbeitungsgebühr, Pfändung, Abtretung) ergibt, die lediglich generalisierend auf Sachlagen zugeschnitten sind, die im Vertragsleben bisweilen vorkommen kommen, keineswegs jedoch müssen.

46

cc) Im Übrigen wurden in fünf am gleichen Tag vor der Berufungskammer verhandelten und im Wesentlichen parallel gelagerten Streitigkeiten (6 Sa 196/12, 199/12, 201/12, 202/12 und 203/12) Arbeitsverträge vorgelegt, die der Beklagte in zeitlicher Nähe zum vorliegend in Frage stehenden und mit äußerlich wie inhaltlich nahezu gleichförmigen Bedingungen geschlossen hatte.

47

c) Dem Wortlaut und dem typischerweise verfolgten Zweck entsprechend können Ziff. 7 Abs. 2-4 des Arbeitsvertrags nur auf den tariflich pauschalierten Monatspauschallohn des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes bezogen werden.

48

aa) Der vertragswortlaut ist bei der Auslegung allgemeiner Vertragsbedingungen ein wesentlicher Ansatzpunkt (BAG 28.6.2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 30, MDR 2012, 1233). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger wie redlicher Vertragspartner den Ausschlag gibt. Für Klauseln, die auf kollektivrechtlich ausgehandelte Vertragsbedingungen Bezug nehmen oder inhaltlich mit ihnen übereinstimmen, gilt, dass sie nach denselben Maßstäben auszulegen sind, wie einseitig vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln (BAG 19.3.2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21 f., NZA 2009, 896). Bei der Auslegung kollektiv-rechtlicher Normen geht ein am objektiven Inhalt und typischen Sinn orientiertes Verständnis dahin, verwendete Fachbegriffe so aufzufassen, wie sie im Handelsverkehr und Wirtschaftsleben verstanden werden und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entsprechen (BAG 22.9.2010 - 4 AZR 33/09 - Rn. 28, juris).

49

bb) Die Wendung „Monatspauschallohn“ in Ziff. 7 Abs. 2 bis 4 Arbeitsvertrag weist in seiner Umschreibung unverkennbare Bezüge zum pauschalierten Monatslohn im Tarifwerk für das private Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz auf.

50

(1) Dies folgt für die Zeit des Vertragsschlusses mit Rücksicht auf den - für die Parteien geltenden (so das unbestrittene Klägervorbringen) - Manteltarifvertrag gewerbliche Arbeitnehmer vom 7. September 1994, abgeschlossen zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz - nachfolgend MTV 1994.

51

(a) Dieser bestimmte u.a.:

52

㤠11 Lohngruppen und Entlohnung

53

(1) Die im jeweils gültigen Lohntarifvertrag festgelegten Lohnsätze gelten für Arbeitnehmer über 18 Jahre. Sie sind Mindestbedingungen und unabdingbar.

54

(2) Die Entlohnung erfolgt nach Lohngruppen, die im Lohntarifvertrag geregelt werden.

55

(5) Der Lohnzahlung ist eine Abrechnung beizufügen. Aus ihr muss ersichtlich sein: … Sofern ein pauschalierter Monatslohn vereinbart ist, entfällt die Verpflichtung der einzelnen Auflistung für die Teile, für die eine Pauschalierung vereinbart ist.

56

§ 14 Pauschalabgeltung

57

(1) Die Vereinbarung von Pauschalbeträgen zur Abgeltung von Löhnen, Lohnzuschlägen und besonderen Zulagen ist zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die tariflichen Bestimmungen eingehalten werden.

58

(2) Für die Berechnung der pauschalierten Monatslöhne wird die regelmäßige monatliche Arbeitszeit in den Verkehrsteilbereichen zugrunde gelegt. … Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt derzeit …

59

4. Arbeitnehmer der Anlage 3

60

Linienverkehr nach Nr. 1 Abschn. II

170 Stunden

Übriges Omnibusgewerbe nach Nr. 1 Abschn. III

213 Stunden

61

Protokollnotiz:

62

Die VAV [Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe] erstellt jeweils nach Abschluss der Lohnverhandlungen Pausschallohntabellen. Diese Tabellen werden den Mitgliedsfirmen mit einer verbindlichen Empfehlung der VAV zugestellt und beinhalten den Pauschallohn, den der Arbeitgeber bei den jeweils vorgegebenen Monatsstunden zu zahlen verpflichtet ist.“

63

(b) Die Wendung „Monatspauschallohn“ in Ziff. 7 Abs. 2-4 des Arbeitsvertrags lag - wie vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt - so nah bei dem in § 11 Abs. 5 und § 14 Abs. 1 und 2 MTV 1994 normierten „pauschalierten Monatslohn“, dass kein Bestimmungsunterschied erkennbar blieb. Die Verknüpfung der Begriffsbestandteile „pauschal“ oder „pauschaliert“ mit der Wendung „Monatslohn“ ist in der arbeitsvertraglichen Praxis weder gängig (vgl. Preis/ Peters-Lange Der Arbeitsvertrag A II 70 Rn. 15 ff.; Hümmerich Gestaltung von Arbeitsverträgen Kap. 1 Rn. 1504 ff.), noch macht sie für den Zusatz „pauschal“ oder „pauschaliert“ Sinn, wenn nicht auf bestimmte Pauschalierungsgegenstände Bezug genommen sein sollte, die vorliegend nur vor dem tariflichen Hintergrund der §§ 12 und 13 MTV 1994 in Gestalt allgemeiner wie besonderer Zulagen Sinn ergaben und mithin gefolgert werden konnten. Hätten die Parteien statt einer derart weitgreifende Inhalte in Bezug nehmenden Pauschalierung einen schlichten Bruttomonatslohn festlegen wollen, hätte nichts näher gelegen, als eben dies begrifflich in den Vertrag aufzunehmen.

64

(c) Anderes folgt auch nicht aus dem Beklagteneinwand, es müsse sich gleichwohl um eine eigenständige vertragliche Lohnbestimmung handeln. Nur vordergründig ist dem zuzugeben, dass der konkret bezifferte Satz keinem der seinerzeit zu dem zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz am 7. September 1994 abgeschlossenen Lohntarifvertrag - nachfolgend LTV 1994 - ermittelten Pauschalwert entsprach. Die tariflichen Regelungen lauteten auszugsweise wie folgt:

65

„Monatslohntabelle

66

Der pauschalierten Löhne der Lohntabelle 2 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz ab 01.09.1994:

67

Lohngruppe 5a: Omnibusfahrer

68

Regelmäßige Arbeitszeit: 213 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

69
        

Grundlohn 14,11 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 14,47 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

213 Std.

3.005,43 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

3.082,11 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

218 Std.

3.093,63 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

3.172,56 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

70

Lohngruppe 5b: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer)

71

Regelmäßige Arbeitszeit: 170 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

72
        

Grundlohn 14,94 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 15,23 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

170 Std.

2.793,10 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

2.847,50 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

174 Std.

2.873,78 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

2.929,74 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

73

*) Bkf-Zulage = Berufskraftfahrerzulage: 0,10 DM ab dem 23. Lebensjahr; gleichgestellt sind Kraftfahrer mit Führerschein Klasse II und 3 Jahren Betriebszugehörigkeit.“

74

Gegen die vertragliche Eigenständigkeit spricht indes neben der Einleitung der in Rede stehenden Lohnbestimmung in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag mit bestimmtem Artikel („der“ Monatspauschallohn) - was für Branchenkenner nur als auf „den“ typischen, pauschalierten Lohnwert im Sinne des Tarifwerks aufgefasst werden konnte - zudem die im Folgesatz (Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag) ausdrücklich gebrauchte Wendung „tariflicher Lohn“. Indem außer dem noch einen betragsmäßig über dem tariflichen Pauschallohnwert ein (jederzeit) anrechenbarer weiterer Betrag angesprochen wurde, wird grammatikalisch weiter bestärkt, dass es sich sprachlich bei dem vertraglich vereinbarten Monatspauschallohn nur um einen am tariflich pauschalierten Monatslohn orientierten Wert handeln konnte.

75

(2) Andere Folgerungen erlaubt auch die zuletzt geltende tarifliche Umgebung nicht. Diese blieb nämlich gegenüber dem vorgeschilderten Inhalt im Wesentlichen unverändert. Der zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Landesbezirk Rheinland-Pfalz (der durch Verschmelzung zum 1. Juli 2001 Rechtsnachfolger der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr wurde, vgl. BAG 11.5.2005 - 4 AZR 315/04 - NZA 2005, 1362) am 16. August 2010 abgeschlossenen Manteltarifvertrag - nachfolgend MTV 2010 - ist in § 11 Abs. 1 und 5 sowie § 14 Abs. 1 und 2 - bis auf die redaktionelle Änderung zu § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4, dass Nr.4 in Nr. 3 umgewandelt und die Protokollerklärung zu § 14 nach Übernahme der Monatslohnbestimmungen in den Anhang des LTV 2010 bzw. 2011 gestrichen wurde - inhaltlich gegenüber dem MTV 1994 gleichlautend.

76

cc) Auch der nach typischerweise verfolgten beiderseitigen Vertragsinteressen zu beurteilende Sinn und Zweck der Monatspauschallohnlohnbestimmung lässt nur auf eine Inbezugnahme des tariflichen Pauschallohns schließen.

77

(1) Soweit in die Auslegung allgemeiner Arbeitsvertragsbedingungen auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, ist auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen (vgl. BAG 19.3.2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21, NZA 2009, 896).

78

(2) Für Pauschalierungen gilt, dass sich ein solcher anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabes in aller Regel aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertigt. Es sollen einerseits zeitraubende und umständliche Einzelbemessungen und Nachprüfungen verhindert, andererseits auch Ungleichmäßigkeiten, die sich im Einzelfalle zu Lasten wie zu Gunsten der Betroffenen ergeben können, ausgeglichen werden (vgl. etwa BVerfG 10.5.1962 - 1 BvL 31/58 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 14, 76).

79

(3) Wenn die Arbeitsvertragsparteien vorliegend unter genereller wie dynamischer Einbeziehung des vollständigen Tarifwerks (vgl. Ziff. 2 Arbeitsvertrag: „das Arbeitsverhältnis unterliegt 'den' 'jeweiligen' Tarifverträgen …“) im privaten Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz - d.h. einschließlich sämtlicher Lohnregeln - einen Monatspauschallohn vereinbarten, konnte das nur demselben Zweck dienen, dem auch die pauschalierte Monatslohnsumme im Sinne der Regelungen in §§ 11 Abs. 5 Satz 2, 14 MTV i.V.m. dem jeweiligen LTV galt, nämlich der Meidung einzelner Stunden- und Zuschlagsberechnung nebst Nachprüfungen und ggf. anschließenden Streiten. Ergänzend spricht dafür auch Ziff. 7 Abs. 4 Arbeitsvertrag, der etwaige Mehrarbeitszeiten und -Zuschläge ausdrücklich als in der Pauschale enthalten bezeichnet. Welchen Schwierigkeiten und Streitpotentialen eine derartige Pauschalierung im vorliegenden Tätigkeitssektor typischerweise abzuhelfen vermag, zeigt zudem auch der vorliegende Rechtsstreit anschaulich, in dem der Beklagte zuletzt höchst unterschiedlich ausfallenden monatliche Stunden- und hieraus folgend auch Vergütungswerte für die Klägerpartei vortrug.

80

(4) Des Weiteren gilt, dass Anrechnungsklauseln auf Tariflohnerhöhungen - wie vorliegend in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag - sich nur auf Leistungen beziehen können, deren Zweck nicht auf eine bereits im Tarifvertrag entgoltene Tätigkeit gerichtet ist (Thüsing AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. 286; s.a. Jacobs in Kraus/ Oetker/ Jacobs Tarifvertragsrecht § 7 Rn. 75 ff.). Vereinbaren Arbeitsvertragsparteien in Ergänzung eines begrifflich am Tarifvertrag orientierten und betragsmäßig über dessen Sätzen liegenden Monatspauschallohns einen Anrechnungsvorbehalt für etwaige Tariflohnentwicklungen, kann dem typischerweise nur die Aussage entnommen werden, dass überhaupt die gesamte (Pauschal-)Lohnbestimmung auf tariflichem Mindestgehalt basiert. Dies ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang auch aus Ziff. 2 Arbeitsvertrag i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MTV 1994, demnach die tariflichen Lohnwerte ohnehin nur Mindestwerte darstellen. Im Übrigen ergibt eine Anrechnungsvorbehaltsvereinbarung ohne anrechenbaren tariflichen Bezug keinen Sinn.

81

(5) Darüber hinaus wird eine Eigenständigkeit des klauselgemäßen Monatspauschallohns gegenüber dem tariflichen Pauschallohn auch dadurch widerlegt, dass gemäß Ziff. 2 Arbeitsvertrag sämtliche arbeitsvertraglichen Regelungen (Ziff. 3 ff. Arbeitsvertrag) nur „zusätzlich“ zum Tarifwerk des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes treten sollten, nicht jedoch hiervon „abweichend“. Da „zusätzlich“ umgangssprachlich nur ein „Mehr“ nicht aber ein „Weniger“ ausdrücken kann (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort zusätzlich i.S.v. ergänzend hinzukommend, noch hinzugefügt), unterstreicht auch das den übertariflichen Gestaltungsinhalt in Ziff. 7 Abs. 2-4 Arbeitsvertrag innerhalb des arbeitsvertraglichen Gesamtsinngefüges.

82

d) Der in Ziff. 7 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag in Bezug genommene pauschalierte Monatslohn war betragsmäßig an dem für einen Omnibusfahrer im Linienverkehr (Einmannfahrer) geltenden Wert ausgerichtet.

83

aa) Dies ergibt sich bei wertmäßigem Vergleich der bei Vertragsschluss vereinbarten Monatspauschallohnsumme im Vergleich mit den zum LTV 1994 festgesetzten Pauschallohnsummen. Diese lauteten (wie vor geschildert):

84

„Lohngruppe 5a: Omnibusfahrer

85

Regelmäßige Arbeitszeit: 213 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

86
        

Grundlohn 14,11 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 14,47 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

213 Std.

3.005,43 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

3.082,11 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

218 Std.

3.093,63 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

3.172,56 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

87

Lohngruppe 5b: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer)

88

Regelmäßige Arbeitszeit: 170 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

89
        

Grundlohn 14,94 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 15,23 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

170 Std.

2.793,10 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

2.847,50 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

174 Std.

2.873,78 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

2.929,74 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

90

*) Bkf-Zulage = Berufskraftfahrerzulage: 0,10 DM ab dem 23. Lebensjahr; gleichgestellt sind Kraftfahrer mit Führerschein Klasse II und 3 Jahren Betriebszugehörigkeit.“

91

Nur der pauschalierte Monatslohn der Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer) lag hiernach noch unter dem vertragsgemäßen Monatspauschallohn, so dass nur unter seiner Heranziehung betragsmäßige Spielräume zur Einbeziehung und Pauschalierung etwaig anfallender Mehrarbeitszeiten blieben. Nur ihm gegenüber machte auch ein etwaiger Anrechnungsvorbehalt irgendeinen Sinn.

92

bb) Zudem spricht auch der erhöhte Referenzstundensatz für nicht im Linienverkehr eingesetzte Omnibusfahrer mit 213 Stunden monatlich gegen einen Rückgriff durch den Arbeitsvertrag der Parteien. Bei einer Verteilung eines solch hohen Stundensatzes auf die fünf Arbeitstage nach Ziff. 7 Abs. 3 Arbeitsvertrag hätte sich unter Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Grenzen einer maximal zehnstündigen Arbeitszeit pro Tag kaum Anwendungsbereich für die in Ziff. 7 Abs. 4 Arbeitsvertrag geregelte Einbeziehung von Mehrarbeitszeiten und dazu gehörenden Zuschlägen eröffnet.

93

(1) Die tarifliche Arbeitszeitregelung bestand zudem nach Anlage 3 Nr. 1 MTV 1994 wie folgt:

94

„Anlage 3

95

Sonderregelung für Kraftfahrer im Personenbeförderungsgewerbe mit Kraftomnibussen
Nr. 1 zu § 6 Arbeitszeit

96

II. Linienverkehre, wenn 1/5 der Arbeitsschicht oder weniger aus Wendezeiten und Arbeitsbereitschaft besteht

97

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden. …

98

III. Übriges Omnibusgewerbe

99

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Hinblick auf die vorliegende Arbeitsbereitschaft 49 Stunden. …“

100

(2) Die nach § 3 ArbZG geltende arbeitstägliche Höchstarbeitszeit betrug bei Vertragsschluss acht Stunden, bzw. bei Ausgleich auf durchschnittlich acht Stunden in 6 Monaten bzw. 24 Wochen bisweilen zehn Stunden.

101

(3) Auch die nachwirkende tariflichen Öffnung nach § 7 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG i.V.m. Anlage 3 Nr. 1 Abschn. III Abs. 2 MTV 1994 (§ 30 Abs. 1 Satz 1 HS 2 MTV 1994) konnte das bereits 1989 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien nur dann auf den tariflichen Arbeitszeitkorridor ausdehnen, wenn hierin in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst anfiel, wofür beklagtenseits nichts vorgetragen wurde.

102

(4) Die Parteien haben vielmehr während des gesamten Rechtsstreits nur auf einen Monatsstundensatz von 170 als für ihr Arbeitsverhältnis bedeutsam abgestellt.

103

cc) Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag. Darin ist zwar bestimmt, dass die Klägerpartei in die Lohngruppe 5a der Lohntabelle 2 des jeweils gültigen Lohntarifvertrags eingestuft wird. Diese Bestimmung trägt indes lediglich der tariflichen Pflicht, den Grundlohn arbeitsvertraglich zu bestimmen (§ 11 Abs. 3 a MTV 1994 bzw. 2010: „Die Einstufung in eine Lohngruppe ist bei der Einstellung und jeder Veränderung der Tätigkeit zu vereinbaren.“). Wie sich schon aus § 11 Abs. 5 MTV folgern lässt, hat die Kennzeichnung eines Grundlohns indes bei Gewährung eines Monatspauschallohns keine abrechnungsweise Bedeutung („Der Lohnzahlung ist eine Abrechnung beizufügen. Aus ihr muss ersichtlich sein: Der Monatsgrundlohn … . Sofern ein pauschalierter Monatslohn vereinbart ist, entfällt die Verpflichtung der einzelnen Auflistung für die Teile, für die eine Pauschalierung vereinbart ist.“). Wegen der schon aus sich heraus ergiebigen, übertariflich ausgestalteten Pauschalierungsabrede in Ziff. 7 Abs. 2 bis 4 Arbeitsvertrag kann Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag hinsichtlich der Grundlohnzuordnung darüber hinaus allein für die ergänzende Vergütungsregelung in Ziff. 7 Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag Bedeutung entfalten. Hinzukommt die in Ziff. 2 Arbeitsvertrag generell nur „zusätzlich“ zum tariflichen Regelungsgefüge tretende arbeitsvertragliche Geltungskraft, die der Einstufungsbestimmung in Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag jeden konstitutiven Gehalt nimmt. Lediglich generell wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit auf eine Mindestwertigkeit der tariflichen Lohngruppe 5a bezogen. Der (substantiiert nicht weiter bestrittene) Klägervortrag, sie (die Klägerpartei) habe sich ordnungsgemäß durch Einhaltung von Fahrplänen, ordnungsgemäße Kassiertätigkeiten sowie Abrechnungen bewährt, legt zudem die Folgerung nahe, dass das Arbeitsverhältnis - jedenfalls in seinem zeitlich besehenen Haupt- bzw. Kerninhalt montags bis freitags - gerade auf einen Linienverkehr im Einmannbetrieb angelegt war (was der Lohngruppe 5b entsprach), denn nur darin fallen eben diese Tätigkeiten weiter an. Nach § 29 MTV 1994 wie 2010 ist „Linienverkehr“ nämlich „eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können“. War dieser Tätigkeitsinhalt von vorne herein im Vertrag angelegt, machte es auch im Weiteren Sinn, wenn die Monatspauschallohnsumme eben an jenem im Linienverkehr für Einmannfahrer geltenden Satz auszurichten und lediglich das Randsegment etwaiger Wochenendfahrten auf den Omnibusverkehr im Allgemeinen bezogen war, was nach Ziff. 7 Abs. 1 und 5 ff. Arbeitsvertrag je nach Tätigkeitsanfall die Lohngruppe 5a rechtfertigen mochte.

104

2. Die arbeitsvertragliche Bestimmung des Monatspauschallohns ist dynamisch und nimmt an den tariflichen Entwicklungen Teil. Auch dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags.

105

a) Dies folgt wesentlich zunächst aus Ziff. 2 Arbeitsvertrag. Denn nach dieser Bestimmung unterliegt das gesamte Arbeitsverhältnis den „jeweiligen“ Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz.

106

aa) Mit der Wendung „jeweilig“ wird arbeitsvertraglich typischerweise auf ein von denselben Tarifvertragsparteien veränderbares Tarifwerk in seiner jeweils gültigen Fassung im Sinne einer sog. Kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel verwiesen (vgl. Thüsing AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. 179). Da der Beklagte sowohl bei Vertragsschluss als auch im maßgeblichen Zeitpunkt tarifgebunden war und die Bezugnahme dem einschlägigen Tarifvertrag galt und gilt, hat die jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht für sog. Gleichstellungsabreden im vorliegenden Zusammenhang keine Bewandtnis (vgl. etwa BAG 17.11.2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 14 ff., NZA 2011, 457).

107

bb) Da als „zusätzlich“ im Sinne der Ziff. 2 Arbeitsvertrag (wie dargelegt) umgangssprachlich nur ein „Mehr“ aufgefasst werden kann und der Vertragsvorbehalt gegenüber dem jeweiligen tariflichen Gefüge auch nicht etwa „Abweichendes“ betrifft, gilt die Dynamik sämtlichen Vertragsteilen, einschließlich der Entlohnungsbestimmungen in Ziff. 7 Arbeitsvertrag. Eine hierin angelegte Statik scheidet zudem auch deshalb aus, weil der Anrechnungsvorbehalt in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag einen „jederzeit“-Zusatz trägt. Des Weiteren folgt auch aus dem Pauschalierungszweck, dass die (nach Ziff. 2 Arbeitsvertrag) im jeweiligen Tarifvertragsbetrag zu bewertenden Mehrarbeitszeiten und -Zuschläge bei wohlverstandener Berücksichtigung wechselseitiger Interessen nur mit der jeweils gültigen Pauschallohnsumme abgegolten sein können.

108

b) Gegen ein statisches Verständnis der vertraglich bezeichneten Monatspauschallohnsumme spricht sodann auch der Umstand, dass in Ziff. 7 Abs. 1 und Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag für den Grundlohn sowie die hinzukommende Zuschläge während der übrigen Arbeitszeiten auf den jeweils gültigen Lohn- und Manteltarifvertrag verwiesen wird.

109

c) Ferner ergibt die unstreitige Vertragspraxis eine stets gehandhabte Dynamik für den Pauschallohnbetrag. Soweit sie zuletzt hinter der tariflichen Entwicklung zurück blieb, ergab sich kein abweichender vertraglicher Gehalt. Der Beklagtenvortrag lässt weder erkennen, dass und inwiefern die abweichende Anpassungspraxis gehandhabt und offen gelegt wurde. Mangels Kenntnis war der Klägerpartei deshalb kaum zu unterstellen, sich einer irgendwie beachtlichen Vertragsänderungsofferte ausgesetzt zu sehen (zu den Mindestinhalten einer Willenserklärung etwa BAG 23.9.2009 - 5 AZR 973/08 - Rn. 25, EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 50). Zudem konnte der Beklagte - selbst wenn etwaige Anpassungsumstände erkennbar gewesen wären - nach der Verkehrssitte nicht schon das bloße Schweigen der Klägerpartei als Annahme einer (wie auch immer gearteten) abweichenden Anpassungspraxis auffassen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 c der Gründe, NZA-RR 2012, 5).

110

3. Die der Klägerpartei zustehende Monatspauschallohnsumme betrug demnach zwischen Juli und Oktober 2011 jeweils 1.997,50 EUR.

111

a) Die arbeitsvertragliche Dynamik erfasste zuletzt den LTV 2011. Dieser bestimmte den pauschalierten Monatslohn Omnibusfahrer Linienverkehr (Einmannfahrer) wie folgt:

112

„Anhang zu Lohngruppe 3 - Omnibusfahrer Linienverkehr (Einmannfahrer)

113
        

Monatslohn EUR

Monatslohn ab 3. Jahr BZ EUR

Monatslohn ab 7. Jahr BZ EUR

Monatslohn ab 10. Jahr BZ* EUR

170 Std.

1.888,70

1.926,10

1.961,80

1.997,50

114

* Bewährungsaufstiegsstufe“

115

Bei Überführung der ehemaligen Lohntabelle 2 Lohngruppen 5, 5a und 5b in die Lohntabelle 3 Lohngruppen 1, 2 und 3 durch § 4 des zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz am 9. Oktober 1996 abgeschlossenen Lohntarifvertrags war der Sternzusatz zur Bewährungsaufstiegsstufe wie folgt erläutert:

116

„* hierbei handelt es sich um eine Bewährungsaufstiegsstufe, die folgende Kriterien verlangt: 'Die Bewährungszeit gilt als erfüllt, wenn der Omnibusfahrer sich den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, unbeanstandet gewachsen gezeigt hat. Überdurchschnittliche Leistungen sind zur Bewährung nicht erforderlich.'“

117

b) Die Klägerpartei hat eine 10-jährige Betriebszugehörigkeit aufzuweisen. Ihrem Vorbringen, die Arbeitsleistungen stets unter Einhaltung des Fahrplans, der Reinigung von Bussen sowie Kassiertätigkeiten und ordnungsgemäßen Abrechnungen stets vorgabegemäß erbracht zu haben - was den Inhalt der Bewährung wie vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt ausfüllt -, ist der Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Er hat namentlich keine Gründe genannt, die an einer Bewährung zweifeln ließen (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO), sodass die Anforderungen des Sternzusatzes als erfüllt anzusehen sind.

118

c) Da die vertragliche Monatspauschallohnsumme schon aus sich heraus dynamisch auf die klägerseitig begehrte Lohngruppe und -Stufe zu beziehen ist, kommt es auf die vom Arbeitsgericht ergänzend herangezogene Bestimmung des § 2 Abs. 6 Unterabs. 2 LTV 2011 nicht weiter an. Diese (seit dem Lohntarifvertrag vom 8. Juli 1997 von den Tarifvertragsparteien statuierte) Regelung lautet im Zusammenhang:

119

„§ 2 Löhne und Gehälter

120


(6) Ist mit dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin arbeitsvertraglich sowohl eine Beschäftigung im Linien- als auch im Gelegenheits-, Reise- oder Schülerverkehr vereinbart, müssen mindestens 75 % der Gesamttätigkeit auf die überwiegende Tätigkeit entfallen und entsprechend entlohnt werden.

121

Der sich aus der Mischtätigkeit ergebende Monatslohn darf den pauschalierten Regel-Monatslohn der Lohntabelle 2, Lohngruppe 3 unter Berücksichtigung der individuellen Betriebszugehörigkeit nicht unterschreiten.

122

Bestehende Arbeitsverhältnisse bleiben hiervon unberührt.“

123

Aufgrund dessen können auch alle Fragen, inwieweit sich die Tätigkeit der Klägerpartei auf Inhalte der einen oder anderen Lohngruppe verteilten und welche Folgen das für die Monatsvergütung haben sollte auf sich beruhen. Hierauf käme es nur an, wenn die Arbeitsvertragsparteien keine (wie vorliegend in Ziff. 7 Abs. 2-4 Arbeitsvertrag indes geschehen) Monatspauschallohnabrede getroffen hätten.

124

d) Wie vom Arbeitsgericht weiter zutreffend beurteilt folgt sodann aus dem Pauschalierungsgehalt der Ziff. 7 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag, dass keine konkrete Ermittlung der monatlich zwischen Montag und Freitag geleisteten Arbeitsstunden zu erfolgen hat, um den Erhalt des Monatspauschallohns zu rechtfertigen. Welche konkrete Stundenzahl in den einzelnen Monaten anfiel, kann deshalb im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen.

125

4. Die Ansprüche der Klägerpartei waren nicht verfallen.

126

a) Nach § 27 MTV 2010 gilt:

127

㤠26 Ausschlussfristen

128

(1) ...
(2) Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Spesen und Zulagen aller Art sowie auf Rückzahlung von Barauslagen sind spätestens acht Wochen nach Fälligkeit schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

129

(3) Alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag sind binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

130

(4) Nach Ablauf der angeführten Fristen ist beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen.“

131

Ergänzend bestimmt § 11 MTV 2010:

132

㤠11 Lohngruppen und Entlohnung

133


(4) Der Monatsgrundlohn sowie der pauschalierter Monatslohn ist für den Kalendermonat zu berechnen und zum letzten Tag eines jeden Kalendermonats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von dem Arbeitnehmer eingerichtetes Girokonto oder in Ausnahmefällen in bar zu zahlen.
…“

134

b) Der hiernach für den Beginn der Verfallfrist maßgebliche Entstehungszeitpunkt ist mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit gleichzusetzen (Däubler/ Zwanziger Tarifvertragsgesetz 2. Aufl. § 4 Rn. 1139). Vorliegend war dies jeweils der Monatsletzte.

135

c) Schon für den Monat Juli endete damit die Verfallfrist erst nach Erteilung des Geltendmachungsschreibens vom 19. Oktober 2011 mit Ablauf des 31. Oktober 2011 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Sie war folglich gewahrt.

136

5. Die Klage war sodann auch gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zinsverlangen begründet.

B.

137

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die eine Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nahegelegt hätten, waren nicht gegeben.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. April 2010 - 7 Sa 15/10 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. April 2010 - 7 Sa 15/10 - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6. Mai 2009 - 3 Ca 595/08 - teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Oktober 2006 nach Vergütungsgruppe Vc BAT und vom 1. November 2006 bis zum 31. Mai 2008 nach Entgeltgruppe 8 TV-L sowie vom 1. Juni 2008 an nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu vergüten.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu 3/4, der Kläger zu 1/4 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers, der bei der beklagten Stadt seit Februar 2001 als Außendienstmitarbeiter im Ordnungsdienst für den Innenstadtbereich, danach im zentralen Städtischen Ordnungsdienst (SOD) und sodann im Bezirklichen Ordnungsdienst (BOD) tätig ist. Seit dem 15. Januar 2007 ist er im sog. Geschäftszimmer des BOD beschäftigt.

2

Seit 2003 gab es bei der Beklagten - Behörde für Inneres - den zentralen SOD. Seine Aufgaben wurden ab dem 1. März 2006 auf die jeweiligen BOD, die zu diesem Zeitpunkt in den Bezirken der Beklagten gebildet wurden, übertragen. Hierüber unterrichtete der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg deren Bürgerschaft mit der Drucksache 18/2498 (S. 11 f.) unter der Überschrift „Schaffung eines Bezirklichen Ordnungsdienstes (BOD), der umfassend Ordnungswidrigkeiten aller Art im Bezirk ahndet“ auszugsweise wie folgt:

        

„Der BOD wird alle Aufgaben des Städtischen Ordnungsdienst[es] (SOD) wahrnehmen, der zurzeit noch bei der Bfl angebunden ist ... Darüber hinaus werden dem Ordnungsdienst weitere Aufgaben, z. B. der Wegewarte, der Baumkontrolleure und des Ermittlungsdienstes mit dem bisher dafür eingesetzten Personal zugeordnet. Auf diese Weise entsteht auf bezirklicher Ebene ein größeres Potenzial an regelmäßig präsenten Ordnungskräften, die - durch einheitliche Uniform - für jedermann erkennbar und ansprechbar sind. Wenn Bürgerinnen und Bürger sich bei Vorkommnissen oder drohenden Missständen direkt an die Kräfte des Ordnungsdienstes vor Ort wenden, kann nicht nur unmittelbare Abhilfe, z. B. durch Verwarnung von Haltern freilaufender Hunde, geschaffen werden, sondern mittelfristig auch eine präventive Wirkung erzielt und damit zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beigetragen werden.

        

Der BOD wird zusätzlich Aufgaben der Überwachung des ruhenden Verkehrs und der Parkraumüberwachung wahrnehmen, damit diese wichtigen Aufgaben künftig auch stärker außerhalb der innerstädtischen Bereiche durchgeführt werden.

        

Durch eine zentrale Koordinationsstelle bei einem federführenden Bezirksamt wird gewährleistet, dass bei besonderen Problemlagen die Kräfte der Bezirklichen Ordnungsdienste kurzfristig auch bezirksübergreifend zum Einsatz kommen.“

3

Die Beklagte erstellte für den Aufgabenkreis des Klägers im BOD mit der Funktionsbezeichnung „Mitarbeiter/in im Außendienst“ eine Stellenbeschreibung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

        

„Stellenbeschreibung

        

…       

                 
        

Aufgaben/Tätigkeiten

Anteil der Arbeitszeit in v.H.

        

1.    

Feststellung von Ordnungswidrigkeiten sowie Kontrolle des ruhenden Verkehrs im Schichtdienst, auch am Wochenende und Feiertags im Zuständigkeitsbereich des Bezirklichen Ordnungsdienstes, Information von Bürgern, anderen Stellen, Annahme von Anzeigen, Meldungen, Aussprechen von Verwarnung oder Fertigung von Anzeigen bei als störend empfundenen Verhaltensweisen wie

55 %   

        

•       

Verunreinigung öffentlicher Wege und Plätze, z. B. durch unerlaubte Müllablagerung, abgestellte Fahrzeugwracks und Hundekot,

        
        

•       

Nichtbeachtung von Verboten in der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, z. B. durch frei laufen lassen von Hunden, Lärmerzeugung mit Radios, wildes Zelten,

        
        

•       

Abpflücken von Pflanzen,

        
        

•       

Niederlassen zum Alkoholverzehr unter störenden Begleitumständen wie Pöbeln und Urinieren; aggressives Betteln,

        
        

•       

Störendes Verhalten im Umfeld von größeren Veranstaltungen,

        
        

•       

Besprühen/Bemalen von öffentlichen Gebäuden mit Graffiti, Beschädigung von Bänken und/oder anderen Sachen im öffentlichen oder öffentlich zugänglichen privaten Raum (Vandalismus).

        
        

•       

Halterermittlung, Auflagenüberprüfung und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Zusammenarbeit mit polizeilichen und bezirklichen Dienststellen nach dem Hundegesetz und anderen gesetzlichen Grundlagen

        
        

2.    

Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Beendigung von Ordnungswidrigkeiten und zur Seuchenprävention im Rahmen des Zuständigkeitsbereiches des Bezirklichen Ordnungsdienstes, hierbei jeweils unter Ausübung eigenen Ermessens mit

25 %   

        

•       

Aussprache von mündlicher Ermahnung

        
        

•       

Erteilung von mündlichen Verwarnungen ohne Verwarnungsgeld

        
        

•       

Aussprache von Unterlassungsverfügungen

        
        

•       

Sicherstellung von Gegenständen

        
        

•       

Aussprache von Platzverweisen

        
        

•       

Durchsetzung von Platzverweisen

        
        

•       

Bergung von Tieren

        
        

•       

Absperren und Sichern von Örtlichkeiten

        
        

3.    

Fertigung von Feststellungsberichten und Berichten zur Weitergabe an andere Dienststellen

10 %   

        

4.    

Durchführung weiterer Ermittlungen zur Sachverhaltsaufklärung und Fertigung von Stellungnahmen, insbesondere bei anhängigen Ordnungswidrigkeitenverfahren für den Bußgeldbereich, die Bußgeldstelle der Bfl oder auf Anforderung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichtes aus dem Zuständigkeitsbereich des Bezirklichen Ordnungsdienstes

5 %     

        

5.    

Dienstbereitschaft und Einsatz in Zusammenarbeit mit anderen Behörden (z. B. Wasserschutzpolizei, Revierförstereien, Katastrophenschutz)

5 %     

                          

100 % 

                                   
        

An der Aufgabenerfüllung mitwirkende Organisationseinheiten

        
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte

        
        

Informationspflichten gegenüber anderen

        
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte

        
        

Informationen von anderen

        
                          
        

Bezirkliche Dienststellen, Polizei, Stadtreinigung, Fachbehörden, Staatsanwaltschaft, Gerichte, Bevölkerung

        
        

Befugnisse

        
        

Vollziehungsbeamter nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz und nach dem SOG, soweit diese nicht auf Polizeivollzugsbeamte beschränkt sind.

        
        

Entscheidung über Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch mündliche Ermahnung, Verwarnung ohne Verwarngeldangebot, Anzeige mit Verwarngeld oder Bußgeld.

        
        

Erforderliche Ausbildung

        
        

Abgeschlossene Berufsausbildung mit mehrjähriger Praxiserfahrung, bei Beamten Laufbahnprüfung für den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst.

        
        

Erforderliche Fachkenntnisse

        
        

Gründliche und vielseitige Fachkenntnisse der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus dem Zuständigkeitsbereich des bezirklichen Ordnungsdienstes, insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts.

        
        

Erforderliche Fähigkeiten

        
        

Selbständige und sorgfältige Arbeitsweise auch unter erhöhtem Arbeitsdruck, Einfühlungsvermögen und Geschick im Umgang mit den Bürgern.

        
        

Ziele 

        
        

Verbesserung der Sicherheit und Sauberkeit der Stadt.“

        
4

Rund 80 % der Arbeitszeit des Klägers im BOD entfielen auf von den Parteien als „Streifendienst“ oder „Streifengänge“ bezeichnete Tätigkeiten, die unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführt sind. In der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 sind für den BOD neunzehn Gesetze und Verordnungen als gesetzliche Grundlagen der Tätigkeit aufgelistet.

5

Der Kläger war seit Februar 2001 beim Bezirksamt H als Außendienstmitarbeiter für die Überwachung des Innenstadtbereichs und ab dem 1. April 2004 beim SOD tätig. Die Tätigkeit im Streifendienst für die Überwachung des Innenstadtbereichs beim Bezirksamt H diente - auch im Aufgabenbereich - als Vorbild für den späteren SOD und BOD, wobei die Streifengänge damals nicht zu zweit, sondern einzeln durchgeführt worden sind.

6

Am 5. September 2004 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall und war in der Folge zunächst arbeitsunfähig. Später wurde die Schwerbehinderung des Klägers mit einem GdB von zunächst 30 und dann 20 festgestellt. Nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit war er in der Zeit von August 2005 bis Februar 2007 in der Einsatzleitzentrale mit der Leitung von Einsätzen der Außendienstmitarbeiter betraut. Die Behörde für Inneres der Beklagten versetzte den Kläger mit Versetzungsverfügung vom 7. Juni 2006 mit Wirkung zum 1. Juni 2006 „als Angestellter im Außendienst auf Dauer zum Bezirksamt H“. Dabei sollte es sich grundsätzlich um einen „gleichwertigen Arbeitsplatz“ handeln; Einzelheiten hierzu sind zwischen den Parteien streitig. In der Zuweisungsverfügung der Personalabteilung dieses Bezirksamtes vom 15. Januar 2007 heißt es:

        

„Der vollbeschäftigte Angestellte im Außendienst, Entgeltgruppe 6 (entspr. Verg.Gr. VIb BAT),

        

[Name und Geburtsdatum]

        

wird ab 01.06.2006

        

als Angestellter im Außendienst und ab 15.01.2007 Geschäftszimmer (BOD) zugewiesen.

        

Stellenbewertung: Entgeltgruppe 6 (entspr. Verg.Gr. VIb, Fallgr. 1a BAT)

        

Die Maßnahme löst keine weiteren Ansprüche aus.“

7

Im Arbeitsvertrag des Klägers ist Bezug genommen auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Bereits mit Schreiben vom 2. Juli 2003 hatte der Kläger gegenüber der Beklagten hinsichtlich der damals von ihm ausgeübten Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im SOD die Eingruppierung in der VergGr. Vc BAT geltend gemacht.

8

In einem diesbezüglichen Schreiben der Beklagten vom 27. Oktober 2004 heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

Das Tätigkeitsmerkmal der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse wird nach der Stellenbeschreibung vom 23.07.2004 mit 100 % der Tätigkeiten (Nrn. 1 - 4) erfüllt. Für diese Aufgaben sind Fachkenntnisse aus den Bereichen der Gefahrenabwehr sowie des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, (StGB, OwiG, HWG, LärmVO, StVO, Verordnung zum Schutz der Grün- und Erholungsanlagen etc.) erforderlich.

        

…       

        

Selbständige Leistungen werden in 25 % der Tätigkeiten anerkannt (Nr. 2). Die Selbständigkeit liegt dabei in der Ermessensabwägung im Rahmen zu ergreifender Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Einfacher Gesetzesvollzug, wie in den Nr. 1, 3 und 4 der vorliegenden Stellenbeschreibung, erfüllt nicht das Merkmal selbständiger Leistung.

        

Für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fg. 1 b BAT müsste der Anteil der selbständigen Tätigkeit an den Aufgaben bei mindestens 33 1/3 % Tätigkeiten liegen. Dieses Tätigkeitsmerkmal wird jedoch nach der vorliegenden Stellenbeschreibung nicht erfüllt.“

9

Mit seiner am 22. Dezember 2008 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 29. Dezember 2008 zugestellten Feststellungsklage geht es dem Kläger, der zuletzt Entgelt nach der Entgeltgruppe 6 TV-L erhielt, um die Eingruppierung seit dem 1. Januar 2005 in der VergGr. Vc BAT sowie für den Zeitraum nach Ablauf der tariflichen Bewährungszeit in der VergGr. Vb BAT bzw. Entgeltgruppe 9 TV-L. Er hat die Auffassung vertreten, seine Streifengänge, die er seit Februar 2001 - entsprechend den Tätigkeiten Ziffern 1 und 2 aus der späteren Stellenbeschreibung für den BOD - verrichtet habe, seien ein einziger großer, nicht weiter aufteilbarer Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne. Der Streifendienst diene einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung der ordnungsrechtlichen Normen im Bezirk unter Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote. Dabei sei es im Vorhinein regelmäßig nicht absehbar, welche einzelnen Vorfälle sich auf dem jeweiligen Streifengang ereignen würden. Der Arbeitsvorgang Streifendienst erfordere insgesamt gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, wie ua. bereits aus der Stellungnahme der Beklagten vom 27. Oktober 2004 und aus der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 hervorgehe. Selbständige Leistungen im tarifvertraglichen Sinne seien in rechtserheblichem Umfang zu erbringen, insbesondere bei der Ermessensausübung im Rahmen von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.

10

Seine Tätigkeit in der Einsatzleitzentrale, die er nach dem Arbeitsunfall verrichtet hatte, unterliege keiner anderen Bewertung. Dort werde entschieden, welcher Mitarbeiter in welchem Bereich des Bezirks und zu welchen inhaltlichen Schwerpunkten eingesetzt werde. Die Beklagte selbst bewerte diese Tätigkeit nach VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT, sowie nach Bewährung nach der VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L und zahle den anderen Mitarbeitern dort, nicht jedoch ihm, eine entsprechende Vergütung oder jedenfalls eine entsprechende Zulage. Auch in der Tätigkeit im Geschäftszimmer ab dem 15. Januar 2007 seien diese Eingruppierungsanforderungen erfüllt. Weiterhin sei er teilweise im Außendienst tätig und leiste mehrfach wöchentlich Streifengänge im Innenstadtbereich oder zu besonderen Gelegenheiten. Jedenfalls stehe ihm die Vergütung nach der VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Er habe einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung in und Vergütung nach einer Tätigkeit in dieser Entgeltgruppe. Ihm sei bei dem Übergang in die Innendiensttätigkeiten ausdrücklich zugesagt worden, dass er trotz unfallfolgenbedingter Herausnahme aus dem Schichtdienst weiterhin höherwertige Tätigkeiten verrichte und seine Eingruppierung behalte. Dies müsse sich nach den Grundsätzen der Tarifautomatik auf die seinerzeit tarifgerechte Vergütung beziehen. Auch bei Übertragung der Tätigkeit im Geschäftszimmer habe er darauf hingewiesen, dass er nur eine tarifvertraglich gleichwertige Arbeit übernehmen werde; dies sei ihm gleichfalls zugesichert worden.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2006 nach der VergGr. Vc BAT zu vergüten,

        
        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit vom 1. April 2006 bis 31. Oktober 2006 nach der VergGr. Vb BAT und, beginnend mit dem 1. November 2006, gemäß der Entgeltgruppe 9 des TV-L zu vergüten,

        

hilfsweise hat er zuletzt beantragt

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Oktober 2006 nach der VergGr. Vc BAT zu vergüten,

        

weiter hilfsweise hat er zuletzt beantragt,

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn beginnend ab dem 1. November 2006 nach der Entgeltgruppe 8 des TV-L zu vergüten.

        
12

Die Beklagte hat ihren klagabweisenden Antrag damit begründet, bei den von den Klägern zu absolvierenden Streifengängen handele es sich nicht um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Die Wertigkeit dieser Tätigkeit dürfe nicht anhand des Endergebnisses gemessen werden. Dies führe nicht zu sachgerechten, sondern zu unbilligen Ergebnissen, insbesondere im Verhältnis zu Innendienstmitarbeitern. Anhand eines Notizbuches und beständigen Telefonkontakts zur Einsatzleitzentrale könnten die Tätigkeiten und damit auch deren Wertigkeiten erfasst werden. Die unter Ziffer 1 und unter Ziffer 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeitsbereiche seien je eigene tarifliche Arbeitsvorgänge von unterschiedlicher Wertigkeit. Unter Ziffer 1 mit einem Zeitanteil von 55 % handele es sich lediglich um feststellende Tätigkeiten ohne ein Erfordernis selbständiger Leistungen. Lediglich unter Ziffer 2 mit einem Zeitanteil von 25 % fielen selbständige Leistungen an, da mit Ermessen entschieden werden müsse. Dabei gebe die Stellenbeschreibung mit einem Zeitanteil von 25 % auch lediglich einen theoretischen Rahmen vor; tatsächlich nähmen die Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr und zur Beendigung von Ordnungswidrigkeiten nicht solch einen Raum ein, denn in ca. 90 % der Arbeitszeit falle die Kontrolle des ruhenden Verkehrs an. Damit werde ein rechtserhebliches Ausmaß selbständiger Leistungen im tariflichen Sinne nicht erreicht. Seit dem Wechsel in den Innendienst leiste der Kläger keinen Außendienst mehr, auch nicht zeit- oder aushilfsweise. Die Tätigkeit im Innendienst in der Einsatzleitzentrale und im Geschäftszimmer entspreche der Entgeltgruppe 5 TV-L und sei mit der im Außendienst nicht vergleichbar. Sie vergüte den Kläger trotzdem weiterhin nach der VergGr. VIb BAT/Entgeltgruppe 6 TV-L. Der dem Kläger zugebilligte Anspruch auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz beziehe sich allein auf die ihm seinerzeit tatsächlich gezahlte Vergütung, und nicht auf eine mögliche andere Vergütung, die sich erst später als zutreffend herausstellen könnte.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage für den Zeitraum bis zum 14. Januar 2007 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis zum 14. Januar 2007 lediglich die VergGr. Vc BAT/Entgeltgruppe 8 TV-L zugesprochen. Im Übrigen hat es die weitergehende Klage des Klägers abgewiesen sowie die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung, der Kläger verfolgt sein ursprüngliches Klageziel nach Maßgabe der Haupt- und Hilfsanträge weiter. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung der Revision der jeweiligen Gegenseite.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Revision des Klägers ist dagegen teilweise begründet.

15

I. Entgegen der Revision der Beklagten steht dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis einschließlich 31. Mai 2008 Vergütung nach der VergGr. Vc BAT/Entgeltgruppe 8 TV-L und ab dem 1. Juni 2008 nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu. Der in der Außendiensttätigkeit abzuleistende „Streifengang“ ist ein einheitlicher Arbeitsvorgang, mit dem die Tatbestandsmerkmale der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ sowie „selbständige Leistungen“ in rechtserheblichem Ausmaß erfüllt werden. Auch die gemäß der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT erforderliche Bewährungszeit mit beanstandungsfrei erbrachter Tätigkeit ist - jedenfalls ab dem unter Berücksichtigung der tariflichen Verfallfrist maßgebenden Datum vom 1. Juni 2008 - erfüllt. Ab dem 15. Januar 2007 ergibt sich nicht wegen der Tätigkeit im sog. Geschäftszimmer des BOD etwas anderes, denn an der vom Kläger auszuübenden und tariflich zu bewertenden Tätigkeit hat sich nichts geändert.

16

1. Die Klageanträge sind zulässig.

17

a) Die Feststellungsanträge des Klägers sind als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklagen zulässig nach § 256 Abs. 1 ZPO(st. Rspr., siehe nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 304; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311). Soweit das Landesarbeitsgericht in seinem Tenor zusätzlich die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Differenzvergütung an den Kläger aufgenommen hat, handelt es sich um einen unselbständigen Antragsbestandteil, der - wie der Kläger in der Revisionsverhandlung ausdrücklich erklärt hat - in den Eingruppierungsfeststellungsanträgen bereits enthalten war.

18

b) Die Hilfsanträge beziehen sich wie auch die Hauptanträge auf die Feststellung der Vergütungsverpflichtung nach der VergGr. Vc BAT und der Entgeltgruppe 8 TV-L, nur bezogen auf eine andere Aufteilung derselben Zeiträume. Sie stellen keine eigenständigen prozessualen Ansprüche dar, weil sie als Weniger in den auf die VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L gerichteten Hauptanträgen enthalten und daher prozessual unbeachtlich sind.

19

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Oktober 2006 Vergütung nach der VergGr. Vc BAT und vom 1. November 2006 bis zum 14. Januar 2007 Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 TV-L zusteht.

20

a) Im Streitzeitraum findet für das Arbeitsverhältnis des Klägers ab dem 1. November 2006 der TV-L und zuvor der BAT Anwendung.

21

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT sowie die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Für den Bereich der TdL ersetzt der TV-L nach § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 (TVÜ-Länder) den BAT. Auch die Vorinstanzen und die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass der TV-L den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und damit auch die Eingruppierung des Klägers bestimmt. Nach § 4 TVÜ-Länder wird für die Überleitung der Angestellten ihre Vergütungsgruppe (§ 22 BAT) ua. nach der Anlage 2 TVÜ-Länder Teil A den Entgeltgruppen des TV-L zugeordnet. Erst zum 1. Januar 2012 ist die Entgeltordnung zum TV-L (Anlage A zum TV-L) in Kraft getreten.

22

b) Die für die Eingruppierung nach der Anlage 1a zum BAT gemäß § 22 BAT erforderliche Bestimmung von Arbeitsvorgängen durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Maßgebend für die Eingruppierung für die Tätigkeit im Außendienst ist danach der Arbeitsvorgang „Streifengang“, der - mindestens - aus den unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgabenbereichen besteht und als solcher mit einem Zeitanteil von etwa 80 % für die tarifliche Bewertung entscheidend ist.

23

aa) Nach § 22 Abs. 2 BAT, der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder über den 31. Oktober 2006 hinaus fortgilt bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung (vgl. § 17 Abs. 7 TVÜ-Länder), ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Nach der hierzu vereinbarten Protokollnotiz sind Arbeitsvorgänge Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangsarbeiten, die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtungsweise abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen.

24

Danach ist das Arbeitsergebnis das entscheidende Bestimmungskriterium ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - Rn. 22 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 315; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08  - Rn. 18 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310). Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO; 23. September 2009 - 4 AZR 308/08  - Rn. 20 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhanges mit bestimmten, insbesondere höherwertigen Aufgaben eines Angestellten bei der tariflichen Bewertung zur Vermeidung einer tarifwidrigen „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die unter Berücksichtigung der Zusammenhangstätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führende Tätigkeit muss tatsächlich von der übrigen Tätigkeit des Angestellten abgrenzbar und rechtlich selbständig bewertbar sein ( BAG 25. August 2010 - 4 AZR 5/09 - aaO; 21. Februar 1990 - 4 AZR 603/89  - mwN, AP BAT §§ 22, 23 Krankenkassen Nr. 7).

25

bb) Zu Recht sind die Vorinstanzen hinsichtlich der Tätigkeiten des Klägers vor dem 15. Januar 2007 von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen, zu dem jedenfalls die in den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgabenbereiche gehören und der damit jedenfalls 80 % der Arbeitszeit des Klägers umfasst. Dabei kann es dahinstehen, ob dieser Arbeitszeitanteil durch eine Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten nicht tatsächlich größer als vom Landesarbeitsgericht angenommen ist, da mit 80 % der tariflich geforderte zeitliche Umfang von mindestens der Hälfte der Gesamtarbeitszeit mehr als erreicht ist.

26

(1) Das Landesarbeitsgericht hat die in der Stellenbeschreibung unter den Ziffern 1 und 2 genannten Tätigkeitsbereiche als einen einheitlichen Arbeitsvorgang „Streifengang“ angesehen. Die gesamte Tätigkeit des Klägers auf seinen Streifengängen diene einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen, und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen gegen die unterschiedlichsten Gebote und Verbote sowie der Gefahrenabwehr. Gleichzeitig sei beabsichtigt, durch die Streifengänge ein erhöhtes Sicherheitsgefühl bei der Bevölkerung zu erzeugen. Der Streifengang, so wie er in der Stellenbeschreibung bestimmt sei, erlaube keine sinnvolle Aufteilung der einzelnen Maßnahmen nach tariflichen Wertigkeiten. Es sei unmöglich, zu Beginn des Streifengangs die einzelnen Eingriffe nach ihrer tariflichen Wertigkeit unterscheiden zu können. Wenn beispielsweise eine Ordnungswidrigkeit nach Ziffer 1 der Stellenbeschreibung festgestellt werde, dann sei zu überlegen, wie die sich aus Ziffer 2 der Stellenbeschreibung ergebende Aufgabe der Beendigung der Ordnungswidrigkeit erledigt werden müsse. Gleiches gelte, wenn der Kläger bei der Aufnahme einer Anzeige nach Ziffer 1 der Stellenbeschreibung von einem Gefahrenzustand erfahre, für die erforderliche Maßnahme der Gefahrenabwehr nach Ziffer 2 der Stellenbeschreibung. Ganz anders könne für Tätigkeiten im Innendienst bereits bei der Zuteilung der Arbeit nach der tariflichen Wertigkeit unterschieden werden. Eine solche Unterscheidung bereits bei der Verteilung der Arbeitsaufgabe an unterschiedliche Beschäftigte, beispielsweise nach „Unregelmäßigkeiten vermelden“ und „Maßnahmen ergreifen“, sei zwar möglich, von der Beklagten jedoch nicht vorgenommen worden. Soweit der Kläger vor dem 15. Januar 2007 zeitweise in der Einsatzleitzentrale des Außendienstes tätig war, ergebe sich hieraus nichts anderes, weil die dort auszuübenden Tätigkeiten hinsichtlich der konkreten Anforderungen und der Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vc BAT das „Spiegelbild“ der Tätigkeiten der unmittelbar im Außendienst aktiven Mitarbeiter des BOD sei.

27

(2) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die unter den Ziffern 1 und 2 der Stellenbeschreibung aufgeführten Arbeitseinheiten können im Hinblick auf das einheitliche, zweckgerichtete Arbeitsergebnis nicht nach tatsächlichen Gesichtspunkten voneinander abgegrenzt werden.

28

Eine solche Trennung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits der Stellenbeschreibung entnehmen. Die unter der Ziffer 1 beschriebenen Tätigkeiten erschöpfen sich nicht in der Feststellung einzelner Sachverhalte, wie sie beispielhaft mit Unterpunkten bezeichnet werden, sondern führen - soweit erforderlich - zu Maßregelungen. Dies folgt bereits aus dem Obersatz, der ausdrücklich das Aussprechen von Verwarnungen oder das Fertigen von Anzeigen vorsieht, sowie den Erläuterungen unter dem letzten Unterpunkt, nach denen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vorgesehen sind. In Ziffer 2 der Stellenbeschreibung wird dieser Aufgabenkreis der Außendienstmitarbeiter ausdrücklich ergänzt. Danach verbleibt es nicht bei der Ermächtigung, das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten nur festzustellen. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Abwehr oder Beendigung etwaiger Gefahrenlagen überantwortet und konkretisiert. Das ergibt sich iÜ auch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten, die die Maßnahmen unter Ziffer 2 der Stellenbeschreibung als „Abschluss“ der Tätigkeiten unter deren Ziffer 1 bezeichnet und damit letztlich selbst beide als Teile eines Ganzen ansieht.

29

Bei den Streifengängen ist nach dem Zuschnitt des Aufgabenbereichs die auszuübende Tätigkeit nicht nach dem „Erfassen“ beendet, sondern geht, soweit im Einzelfall erforderlich, in das „Ergreifen von Maßnahmen“ über. Dabei sind die Aufgaben nach Ziffer 1 und die Aufgaben nach Ziffer 2 der Stellenbeschreibung von ein und derselben Person zu erledigen. Dies sind im Hinblick auf das zu erreichende Arbeitsergebnis, das von der Beklagten selbst mit der „Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und damit einhergehend der Ahndung von Verstößen“, der „Gefahrenabwehr“ und der Erzeugung eines „erhöhten Sicherheitsgefühls bei der Bevölkerung“ vorgegeben ist, nicht nach tariflicher Wertigkeit trennbare Tätigkeitsbereiche. Das unterscheidet den Zuschnitt dieses Aufgabenbereichs von dem der Tätigkeit von Innendienstmitarbeitern, denen - bei entsprechendem Zuschnitt des Tätigkeitsbereichs - entweder nur Akten mit einfachen Sachverhalten oder nur mit höherem Schwierigkeitsgrad zur Bearbeitung vorgelegt werden können. Eine solche „Vorab-Trennung“ ist bei den Streifengängen des Klägers kaum möglich und von der Beklagten auch nicht angestrebt. Der Kläger muss vor Ort und ggf. ohne Verzögerung entscheiden, welche Maßnahme im konkreten Einzelfall zu ergreifen ist. Die Beklagte hätte es zwar möglicherweise bei der Übertragung der bloßen Feststellung von Sachverhalten, der Entgegennahme von Anzeigen, Informationen, Meldungen sowie der Auskunftserteilung gegenüber Bürgern belassen und die Befugnis zur Ergreifung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anderen Beschäftigten übertragen können. In diesem Fall wäre vielleicht eine Vergleichbarkeit zu der Tätigkeit der von der Revision angeführten Innendienstmitarbeiter mit begrenztem Aufgabenbereich in Betracht gekommen. Da sie von einer entsprechenden Aufteilung abgesehen hat, stellen sich die unter Ziffer 2 aufgelisteten Maßnahmen als Teil des einheitlichen Arbeitsergebnisses „Durchsetzung ordnungsrechtlicher Normen und Gefahrenabwehr“ dar. Sie können nicht sinnvoll abgegrenzt und getrennt bewertet werden.

30

c) Die für die Bewertung des danach vorliegenden einheitlichen Arbeitsvorgangs „Streifengang“ in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a Teil I Allgemeiner Teil zum BAT/BL lauten:

        

„Vergütungsgruppe V b

        

1c.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert,

                 

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1a.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

        

Vergütungsgruppe V c

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

        

1b.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die Klammerzusätze zu Fallgruppe 1 a gelten.)

                 

Vergütungsgruppe VI b

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen.)

                 

Vergütungsgruppe VII

        

1a.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

                 

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muß aber so gestaltet sein, daß er nur beim Verhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

        

1b.     

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.

                 

(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)“

31

Die Protokollnotiz Nr. 9 ist vorliegend nicht von Bedeutung.

32

d) Die dem Kläger übertragene Tätigkeit erfüllt die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT, da sie gründliche und vielseitige Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen abverlangt. Da der Kläger sich entsprechend den tariflichen Voraussetzungen bewährt hat, erfüllt er auch die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT, die nach Überleitung in den TV-L seit dem 1. November 2006 der angestrebten Entgeltgruppe 9 TV-L entspricht.

33

aa) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung der Begriffe „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ und „selbständige Leistungen“ und damit um die von unbestimmten Rechtsbegriffen handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen verkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. Februar 2011 - 4 AZR 313/09 - Rn. 24 mwN, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 62). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Berufungsurteil erkennen lässt, wie das Landesarbeitsgericht den unbestimmten Rechtsbegriff verstanden hat (st. Rspr., vgl. nur BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 456/06 - Rn. 20 mwN, ZTR 2008, 156).

34

bb) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.

35

(1) Darin wird zu Recht davon ausgegangen, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. Dabei war insoweit eine pauschale Überprüfung ausreichend, weil die Parteien die Tätigkeit des Klägers als unstreitig ansehen und dieses Tatbestandsmerkmal der VergGr. VII Fallgr. 1a BAT, auf der die VergGr. VIb Fallgr. 1a und die VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT aufbauen, durch diese Tätigkeit als erfüllt erachten (st. Rspr., vgl. nur BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 21 mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 311; 25. Januar 2006 -  4 AZR 613/04  - Rn. 17, AP BAT-O § 27 Nr. 4; 12. Mai 2004 -   4 AZR 371/03  - zu I 1 f aa (3) der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 301). Dem Vorbringen der Beklagten ist zu entnehmen, dass sie selbst jedenfalls mindestens 50 % gründliche und vielseitige Fachkenntnisse zugrunde legt. Das folgt einerseits daraus, dass bereits die ursprünglich von ihr als zutreffend angesehene VergGr. VIb (Fallgr. 1a und 1b) BAT sowie die dieser vorausgehende VergGr. VII (Fallgr. 1a) BAT zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge erfordern, die dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen. Die Beklagte ist den Ausführungen des Berufungsgerichts, die Tätigkeit des Klägers werde von gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen bestimmt, iÜ auch nicht entgegengetreten.

36

(a) „Gründliche Fachkenntnisse“ setzen unter Berücksichtigung der auch hier heranzuziehenden Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b BAT nähere Kenntnisse von ua. Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition zur VergGr. VII Fallgr. 1b BAT ergibt. So hat der Senat ua. historische, architekturhistorische und fremdsprachliche Fachkenntnisse als ausreichend angesehen (vgl. ua. BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - zu II 1 b bb (3) der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237; näher Krasemann Das Eingruppierungsrecht des BAT/BAT-O 8. Aufl. Kap. 9.4 Rn. 40 ff.). Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Vielseitige Fachkenntnisse erfordern demgegenüber eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben (vgl. ua. BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 221/96 - aaO). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 28 mwN, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 40), jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus.

37

(b) Das Landesarbeitsgericht hat aus dem Vortrag der Parteien, insbesondere aus dem der Beklagten, und unter Berücksichtigung der von der Beklagten erstellten Stellenbeschreibung und der Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 ohne Rechtsfehler geschlossen, dass die Anforderung der gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse erfüllt ist. Dabei hat es insbesondere darauf abgestellt, dass neunzehn Gesetze und Verordnungen die gesetzliche Grundlage der Tätigkeit bilden und dass Fachkenntnisse des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts anzuwenden sind. Diese Fachkenntnisse konnte das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler als gründlich und vielseitig bewerten.

38

(aa) Dabei ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht für die Vielseitigkeit der benötigten Fachkenntnisse auch auf die Zuständigkeitsanordnung vom 15. April 2008 Bezug genommen hat. Zwar kann dieser Zuständigkeitsanordnung nicht ausdrücklich entnommen werden, dass die in ihr geregelten Zuständigkeiten für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum gelten. Jedoch ergibt sich aus einem Klammerzusatz zu ihrer Überschrift - „basiert auf der Senats-Drs. vom Januar 2006“ -, dass ein Vorläufer vom Januar 2006 existiert. Die Beklagte hat weder die Zuständigkeitsanordnung in Abrede gestellt noch Umstände vorgetragen, die für eine beachtliche zwischenzeitliche Änderung der Zuständigkeiten des BOD sprechen.

39

(bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht sich ua. auf die von der Beklagten erstellte Stellenbeschreibung gestützt hat, in der es unter der Überschrift „Erforderliche Fachkenntnisse“ heißt, dass „[g]ründliche und vielseitige Fachkenntnisse der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus dem Zuständigkeitsbereich des bezirklichen Ordnungsdienstes, insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts“ erforderlich sind. Zwar können die Angaben in einer Stellenbeschreibung (auch wenn die Beklagte diese selbst erstellt hat und, wie vorliegend, im Verlaufe des Rechtsstreits auch nicht in Frage stellt, ggf. nur rechtlich anders bewertet) grundsätzlich nicht mit tarifvertraglichen Vorgaben gleichgesetzt werden. Ob solche Vorgaben erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage. Die Antwort darauf kann von den Parteien des Rechtsstreits nicht unstreitig gestellt werden und sie kann auch nicht ohne jegliche Subsumtion einer Stellenbeschreibung entnommen werden. Das hat das Landesarbeitsgericht hinsichtlich des Arbeitsvorgangs „Streifengang“ jedoch auch nicht getan, sondern es hat auf die danach und iÜ unstreitig benötigten Fachkenntnisse insbesondere des Gefahrenabwehr- und Vollstreckungsrechts Bezug genommen und sie ersichtlich in die eigene rechtliche Bewertung einbezogen.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ entgegen der Auffassung der Beklagten auch das Tatbestandsmerkmal „selbständige Leistungen“ iSd. VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT in rechtserheblichem Ausmaß erfüllt.

41

(a) Das Landesarbeitsgericht ist von dem zutreffenden Begriff der „selbständigen Leistungen“ im Sinne des Satzes 3 des Klammerzusatzes zu der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT ausgegangen.

42

(aa) Danach erfordern selbständige Leistungen ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Das Merkmal „selbständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Eine selbständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 27 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 311).

43

(bb) Zum Erfüllen der tariflichen Anforderungen ist es ausreichend, wenn selbständige Leistungen innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist es, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs selbständige Leistungen ihrerseits in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und Unterabs. 4 BAT bestimmten Maß anfallen (st. Rspr., vgl. BAG 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 27 mwN, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 311; 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 4 c der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 178). Dabei kann es dahinstehen, ob und ggf. wo genau eine quantitative Grenze für den unbestimmten Rechtsbegriff des rechtserheblichen Ausmaßes zu ziehen wäre. Eine Bestimmung eines Prozentsatzes, bei dessen Vorliegen das fragliche Tarifmerkmal in rechtserheblichem Ausmaß vorliegt, erscheint dem Senat nach wie vor (vgl. BAG 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - zu II der Gründe mwN, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 193)nicht geboten. Jedenfalls sind selbständige Leistungen dann in rechtserheblichem Ausmaß erforderlich, wenn ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte (BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 172). Dabei kann das Erfüllen dieser Voraussetzung nicht davon abhängen, ob nach dem Ende der Arbeitseinheit festgestellt wird, dass bei dem Erzielen des Arbeitsergebnisses die höchste qualitative Anforderung in einem bestimmten zeitlichen Ausmaß auch tatsächlich abgerufen wurde. Entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, dieser qualitativen Anforderung gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss. Dieser qualitativ bestimmte Maßstab folgt insbesondere daraus, dass die Tarifvertragsparteien des BAT den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die Eingruppierung gemacht haben. Hätten die Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit zum Bezugspunkt von Qualifikationsmerkmalen machen wollen, so hätten sie das - beispielsweise - in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT - zum Ausdruck bringen müssen (näher BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - aaO; 22. März 1995 - 4 AZN 1105/94 - aaO).

44

(b) Gemessen an diesem Kriterium hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, das Tatbestandsmerkmal „selbständige Leistungen“ liege in rechtserheblichem Ausmaß vor.

45

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, ohne selbständige Leistungen könne kein brauchbares Arbeitsergebnis erzielt werden. Die im Rahmen des Arbeitsvorgangs „Streifengang“ zu erbringenden Tätigkeiten dienten der Durchsetzung der bei der Beklagten bestehenden ordnungsrechtlichen Normen. Dies erfordere regelmäßig, dass der Kläger Ermessensentscheidungen zu treffen hätte, ob und ggf. welche Maßnahme im Einzelfall zu ergreifen sei.

46

(bb) Damit hat das Landesarbeitsgericht in zutreffender Weise die Tätigkeit des Klägers unter das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Leistungen subsumiert sowie das Erfordernis des rechtserheblichen Ausmaßes zum Begriff des Arbeitsvorgangs in Bezug gesetzt. Dabei hat es den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Das Landesarbeitsgericht konnte bei seinen Erwägungen zugrunde legen, dass der Arbeitsvorgang „Streifengang“ selbständige Leistungen iSd. Tatbestandsmerkmales erfordert, insbesondere Ermessensentscheidungen unter Verknüpfung und Abwägung unterschiedlicher Informationen. Dafür waren keine weiteren Feststellungen notwendig. Auch die Beklagte hat in ihrer Revisionsbegründung im Ergebnis lediglich gerügt, das tarifliche Tatbestandsmerkmal sei nicht in rechtserheblichem Ausmaß erfüllt.

47

(3) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Kläger die für die Eingruppierung in der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT und nach der Überleitung in den TV-L in der Entgeltgruppe 9 erforderliche Bewährungszeit erfolgreich absolviert hat.

48

(a) Die von dem Kläger angestrebte Eingruppierung in der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT, die nach Überleitung in den TV-L der Entgeltgruppe 9 entspricht (§§ 3, 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder iVm. der Anlage 2 TVÜ-Länder - Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 31. Oktober 2006/1. November 2006 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung - Teil A), erfordert, dass er sich drei Jahre in der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT bewährt hat.

49

Nach ständiger Rechtsprechung zum BAT ist das Erfordernis der Bewährung erfüllt, wenn die oder der betreffende Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit die volle Eignung für die übertragene Tätigkeit nachgewiesen hat, sich also allen in der Ausgangsvergütungsgruppe einer solchen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat. Um diese personenbezogene Anforderung zu erfüllen, müssen keine herausragenden Leistungen erbracht werden; es genügt die qualitative und quantitative Normalleistung, die nach den herkömmlichen Beurteilungssystemen mit „genügt den Anforderungen” zu bewerten wäre. Letztlich honorieren die Tarifvertragsparteien damit ein gewisses Erfahrungswissen (vgl. dazu BAG 24. März 2010 - 4 AZR 721/08 - Rn. 31, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 313; 28. November 1984 - 4 AZR 35/83 - BAGE 47, 253; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 862/07 - Rn. 46, ZTR 2009, 314 und 9. April 2008 - 4 AZR 117/07 - Rn. 38, AP TVG § 1 Nr. 44).

50

(b) Diese Voraussetzungen sind grundsätzlich seit dem 1. März 2004 erfüllt.

51

(aa) Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Arbeit des Klägers beanstandungsfrei erbracht wurde und daher die Bewährung als solche gegeben ist. Ebenfalls nicht streitig ist, dass die von dem Kläger beim SOD und beim BOD sowie auch die zuvor beim Bezirksamt H als Außendienstmitarbeiter für die Überwachung des Innenstadtbereichs ausgeübten Tätigkeiten tariflich gleich zu bewerten sind. Anderes ist auch nicht ersichtlich; es handelt sich im Wesentlichen um die gleichen Aufgaben.

52

(bb) Der Kläger ist seit Februar 2001 zunächst beim Bezirksamt H als Außendienstmitarbeiter für die Überwachung des Innenstadtbereichs und danach als Außendienstmitarbeiter beim SOD mit im Wesentlichen identischen ordnungsdienstlichen Aufgaben wie denen des BOD beschäftigt, zu dem er später wechselte. Damit begann die Bewährungszeit im Februar 2001 und endete jedenfalls Ende Februar 2004. Aus der sich daraus grundsätzlich ergebenden VergGr. Vb BAT wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. November 2006 in die Entgeltgruppe 9 TV-L übergeleitet. Dass der ihm daraus zustehende Anspruch auf Feststellung einer entsprechenden Vergütungsverpflichtung der Beklagten aufgrund einer Nichteinhaltung der tariflichen Ausschlussfrist verfallen ist, ändert nichts an der zutreffenden Eingruppierung.

53

II. Die Revision des Klägers ist nur teilweise begründet. Die Vorinstanzen sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger mit der beklagtenseits ausgesprochenen Zuweisung der Tätigkeit im Geschäftszimmer des BOD am 15. Januar 2007 keinen Anspruch mehr hat, nach VergGr. Vc BAT vergütet zu werden. Die bis zu diesem Tag zutreffende Eingruppierung einschließlich des aus der VergGr. Vc BAT ermöglichten Bewährungsaufstiegs bleibt ihm auch über diesen Zeitpunkt hinaus erhalten. Jedoch ist die tarifliche Verfallfrist hinsichtlich des Höhergruppierungsanspruchs nach Ablauf der Bewährungszeit erst ab dem 1. Juni 2008 gewahrt.

54

1. Nach Maßgabe der obigen Ausführungen war der Kläger bis zum 14. Januar 2007 in der VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L eingruppiert. Hieran hat sich für den nachfolgenden Zeitraum durch die „Zuweisungsverfügung“ der Beklagten hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers im Geschäftszimmer des BOD ab dem 15. Januar 2007 nichts geändert. Auf die tarifliche Wertigkeit dieser vom Kläger tatsächlich ausgeübten Tätigkeit kommt es nicht an.

55

a) Maßgebend für die Eingruppierung eines Arbeitnehmers ist die von ihm auszuübende - und nicht etwa die tatsächlich ausgeübte - Tätigkeit (st. Rspr., vgl. nur BAG 23. Februar 1994 - 4 AZR 217/93 - zu B III 2 der Gründe, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 176). Die auszuübende Tätigkeit ist die Tätigkeit, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts zur Ausübung zugewiesen wird. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingung nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist.

56

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer Vertragsgestaltung, die den vertraglichen Aufgabenbereich allein durch eine allgemeine Tätigkeitsbezeichnung und die Nennung der Vergütungsgruppe beschreibt, auf solche Tätigkeiten des allgemein umschriebenen Aufgabenbereichs, welche die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Arbeitnehmer eingestuft ist. Dem Arbeitnehmer können andere, dem allgemein umschriebenen Aufgabenbereich zuzuordnende Tätigkeiten nur zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen (st. Rspr., vgl. ua. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 15, EzA GewO § 106 Nr. 8; 12. Januar 2011 - 7 AZR 194/09 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 78 = EzA TzBfG § 14 Nr. 73; 14. April 2010 - 7 AZR 121/09 - Rn. 22 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 72 = EzA TzBfG § 14 Nr. 65; 21. November 2002 - 6 AZR 82/01 - zu II 2 der Gründe, BAGE 104, 16; 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 49 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 17; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 1 der Gründe mwN, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Voraussetzung für die Zuweisung einer anderen als der bisherigen Tätigkeit ist also regelmäßig, dass sie als gleichwertig anzusehen ist, was sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungssystems in der Regel an der Zuordnung zu derselben Entgeltgruppe zeigt (vgl. BAG 24. April 1996 - 4 AZR 976/94 - zu II 2.2 der Gründe, aaO).

57

Aus § 4 Abs. 1 TV-L, der - soweit hier von Interesse - der bisherigen Regelung in § 12 BAT entspricht, folgt kein weitergehendes Direktionsrecht. Danach können Beschäftigte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen versetzt oder abgeordnet werden. Auch dieses tariflich begründete Recht wird durch den Inhalt des Arbeitsvertrages begrenzt (BAG 17. August 2011 - 10 AZR 322/10 - Rn. 15, EzA GewO § 106 Nr. 8; vgl. zur Vorgängerregelung des § 12 BAT: 11. Juni 1992 - 6 AZR 218/91 - zu II 1 der Gründe, AP BAT § 12 Nr. 2).

58

b) Nach diesen Vorgaben bestimmt sich die vertraglich geschuldete Tätigkeit des Klägers nach seiner langjährigen Tätigkeit seit Februar 2001 beim Bezirksamt H als Außendienstmitarbeiter für die Überwachung des Innenstadtbereichs und ab dem 1. April 2004 beim SOD und später im BOD, die tariflich gleichzusetzen sind, sowie nach erfolgtem Bewährungsaufstieg nach den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. Vb Fallgr. 1c BAT, die nach Überleitung in den TV-L der Entgeltgruppe 9 entspricht. Eine ihm von der Beklagten zugewiesene Arbeit ist daher nur dann die von ihm - im tariflichen Sinne - auszuübende Tätigkeit, wenn sie im Rahmen derjenigen Entgeltgruppe bleibt, die bis zum Zeitpunkt der Zuweisung für die Eingruppierung des Klägers maßgebend war.

59

c) Sein Klagebegehren ist daher selbst bei ggf. niedrigerer tariflicher Wertigkeit der Tätigkeit im sog. Geschäftszimmer des BOD begründet, da ihm diese Tätigkeit zugewiesen worden ist, ohne dass sich an der von ihm vertraglich geschuldeten und damit im tariflichen Sinne auszuübenden Tätigkeit etwas geändert hatte.

60

aa) Weder aus der Zuweisungsverfügung vom 15. Januar 2007 noch aus der vorhergehenden Versetzungsverfügung vom 7. Juni 2006 ergibt sich eine Änderung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit.

61

Die Zuweisungsverfügung zeigt auf, dass der Kläger bewertungsneutral zugewiesen werden sollte, und zwar aus einer Außendiensttätigkeit der „Entgeltgruppe 6 (entspr. Verg.Gr. VIb BAT)“ in eine Tätigkeit der Stellenbewertung „Entgeltgruppe 6 (entspr. Verg.Gr. VIb, Fallgr. 1a BAT)“. Die Beklagte wollte den Kläger wie sie selbst im Laufe des Verfahrens vorgetragen hat, in seiner „seinerzeitigen Vergütungsgruppe … belassen“. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht gemeint, es könne keine Rede davon sein, dass die Beklagte „ihrer Verpflichtung, der Zuweisung gleichwertiger Tätigkeiten nicht nachgekommen“ sei. Die Vergleichbarkeit der beiden Tätigkeiten bezog sich danach nicht auf die dem Kläger zu jener Zeit von der Beklagten tatsächlich gezahlte Vergütung, sondern auf die „Gleichwertigkeit“, womit nur die tarifliche Bewertung, die die Grundlage für die Vergütungshöhe ist, gemeint sein kann. Der Beklagten war bekannt, dass die Zuweisung einer niedrigerwertigen Tätigkeit nicht ohne Änderung des Arbeitsvertrages möglich war. Auch wenn sich erst im Nachhinein die Höherwertigkeit der vorhergehenden Tätigkeit herausstellt, begrenzt diese das Direktionsrecht in entsprechender Weise und bestimmt den Rahmen der auszuübenden Tätigkeiten.

62

Dem steht die ausdrückliche Nennung der Entgeltgruppe 6 TV-L (VergGr. VIb BAT) in der Zuweisungsverfügung nicht entgegen. Eine solche Angabe ist schon bei von beiden Parteien unterschriebenen Arbeitsverträgen im öffentlichen Dienst regelmäßig lediglich deklaratorischen Charakters und hat keine konstitutive Bedeutung (st. Rspr., vgl. nur BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 460/01 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 21), insbesondere führt sie nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrages. Dies gilt umso mehr, wenn eine Vergütungsgruppe bei der einseitigen Zuweisung einer anderen Tätigkeit benannt wird.

63

bb) Im Übrigen war schon vor dem Ergehen der Zuweisungsverfügung die zutreffende Eingruppierung des Klägers zwischen den Parteien streitig. Der Beklagten lag das Geltendmachungsschreiben des Klägers vom 2. Juli 2003, wonach er die VergGr. Vc BAT für zutreffend halte, seit langem vor.

64

2. Die Revision des Klägers, mit der er sich gegen die Teilabweisung seiner Klage wegen des Versäumens der Ausschlussfrist wendet, bleibt ohne Erfolg. Nach Maßgabe der tariflichen Ausschlussfristregelung steht ihm für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis einschließlich 31. Oktober 2006 Vergütung nach der VergGr. Vc BAT, für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis einschließlich 31. Mai 2008 nach der Entgeltgruppe 8 TV-L sowie ab dem 1. Juni 2008 nach der Entgeltgruppe 9 TV-L zu.

65

a) Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ebenso wie nach dem früher geltenden § 70 BAT, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten geltend gemacht werden.

66

aa) Eine Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und dessen Höhe, dh. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Klarheit ersichtlich gemacht wird. Der Sinn und Zweck der Regelung erfordert, dem Schuldner gegenüber den behaupteten Anspruch so genau zu bezeichnen, dass er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann und dem Gläubiger die Erhebung einer formellen Klage zunächst erspart wird. Deshalb genügt es nicht, die andere Seite aufzufordern, überhaupt eine Forderung zu erfüllen. Für den Arbeitgeber müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein (BAG 16. November 2010 - 9 AZR 597/09 - Rn. 41 mwN, ZTR 2011, 218; vgl. zu § 70 Satz 1 BAT: 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 83 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25).

67

bb) Dabei ist die Geltendmachung eines Anspruchs keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf deren Auslegung die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden sind (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 549/08 - Rn. 92 mwN, AP GG Art. 9 Nr. 140 = EzA TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 25; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 1 a der Gründe mwN, BAGE 109, 100; 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 139). Ob eine Handlung einer Partei zur Geltendmachung eines Anspruchs ausreicht, ist grundsätzlich von den Tatsacheninstanzen festzustellen. Die dabei vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung ist in der Revisionsinstanz ebenso wie die Auslegung nichttypischer Vertragserklärungen nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (st. Rspr., vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - aaO).

68

b) Entgegen der Revision des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass das Schreiben des Klägers vom 2. Juli 2003 die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche auf Vergütung nach der VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L wahrt. Mit diesem Schreiben hat er lediglich die „Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vc BAT“ geltend gemacht, die ihm im Ergebnis ab dem 1. Januar 2005 auch zusteht. Seine Auffassung, damit sämtliche Fallgruppen, also auch die Fallgruppe 1a der VergGr. Vc BAT, einschließlich eines insoweit bereits vorweggenommenen Bewährungsaufstiegs in die VergGr. Vb BAT geltend gemacht zu haben, ist unzutreffend. Bei der Eingruppierung in der VergGr. Vb BAT ist ein anderer Sachverhalt betroffen, da die Anforderungen des Bewährungsaufstiegs zum Zeitpunkt des Schreibens vom 2. Juli 2003 weder erfüllt noch Gegenstand des Schreibens waren. Dies zeigt sich auch daran, dass die geltend gemachte Forderung seinerzeit entsprechend der Aufforderung nach der VergGr. Vc BAT hätte erfüllt werden können, und das Geltendmachungsschreiben somit den später erfolgten Bewährungsaufstieg ersichtlich nicht hätte erfassen können. Erst die der Beklagten am 29. Dezember 2008 zugestellte Klage wahrt die Ausschlussfrist für ein Entgelt nach der VergGr. Vb BAT/Entgeltgruppe 9 TV-L.

69

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Creutzfeldt    

        

    Creutzfeldt    

        

    Winter    

        

        

        

    Lippok    

        

    Pieper    

                 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.3.2012, AZ: 8 Ca 1905/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Umfang eines Monatspauschallohns sowie über rückständige Vergütungen.

2

Die am ... Februar 1955 geborene Klägerpartei wird seit dem 1. September 1989 von dem Beklagten als Busfahrer/ in beschäftigt. Schon bei Vertragsschluss galten für beide Vertragsteile die Tarifverträge des (privaten Omnibus-) Verkehrsgewerbes in Rheinland-Pfalz.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Februar 1996 heißt es auszugsweise (Ablichtung in Bl. 19 ff. d.A.):

4

„Arbeitsvertrag (Änderungsvertrag) für gewerbliche Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe

5

2. Tarifbindung:

6

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweiligen Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz, soweit nicht nachstehend etwas zusätzliches vereinbart wird.
...

7

7. Entlohnung:

8

Der Arbeitnehmer wird in die Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a des jeweils gültigen Lohntarifvertrages des Verkehrsgewerbes Rheinland-Pfalz eingestuft.

9

Der Monatspauschallohn beträgt 3.000,00 DM[.] Ein etwa über den tariflichen Lohn hinausgehender Betrag ist eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung, auf welche tarifliche Lohnanhebungen in Anrechnung gebracht werden können.

10

Monatspauschallohn Grundlage Arbeitszeit: Fünf-Tagewoche
Bei Monatspauschallohn ist mit diesem die geleistete Arbeitszeit einschließlich Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge von Montag bis Freitag abgegolten.
Bewertung Samstags- und Sonntagsarbeit
Zur Berechnung des Wochenendlohnes (Samstag- und Sonntagsarbeit) wird der Stundenlohn des jeweils gültigen Tarifvertrages
Lohntabelle 2 Lohngruppe 5a
zu Grunde gelegt.

11

Berechnungsmodus:

12

Lenkzeit sowie bis zu 2 Stunden Wartezeit: voller Grundlohn
restliche Wartezeit: halber Grundlohn
Neben dem Grundlohn werden die entsprechenden Zuschläge gewährt.
Die Berechnung der Zuschläge erfolgt nach den jeweils gültigen Manteltarifvertrag § 14, Abs. 3.
Als Zuschläge werden derzeit neben dem Grundlohn gezahlt:

13

Mehrarbeit Samstags

6:00 Uhr bis 21:00 Uhr 25 %

Nachtarbeit

21:00 Uhr bis 6:00 Uhr 50 %

Sonntagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 50 %

Feiertagsarbeit

0:00 Uhr bis 24:00 Uhr 120 %

14

Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge wird nur der jeweils höhere Zuschlag gezahlt.
Arbeitsleistung an Wochenfeiertagen Montag bis Freitag
Fällt ein Feiertag auf einen Wochentag wird zusätzlich zum Lohn der jeweils gültige Stundenlohn mit dem jeweiligen Zuschlag nach dem Manteltarifvertrag (derzeit 120 %) für die Lenkzeiten sowie 2 Stunden Wartezeit voll in Ansatz gebracht, die restliche Wartezeit wird mit dem halben sich errechnenden Stundenlohn vergütet.
...“

15

Aus den zur Akte gereichten Dienstplänen der Klägerpartei ergibt sich, dass die Klägerpartei überwiegend in Strecken oder auf Linien des S-P-Busses eingesetzt ist, dass ferner Schulen über Haltestellen angefahren werden, an denen auch Nicht-Schüler zusteigen und aufgenommen werden können (Ablichtung der Plänen in Bl. 28 f. d.A.).

16

Der Beklagte rechnete der Klägerpartei gegenüber zuletzt einen „Monatspauschallohn“ bzw. „Monatslohn Mo-Fr“ von 1.978,02 EUR ab und zahlte diesen monatsweise aus (Ablichtungen der Abrechnungen Juli bis Oktober 2011 in Bl. 33-35, 91 d.A.). Gemäß Anlage 3 des „Tarifvertrags über Löhne und Gehälter Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz (Omnibusbetriebe)“ zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V. (welchem der Beklagte angehört) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (deren Mitglied die Klägerin ist) vom 7. April 2011 - nachfolgend LTV 2011 - gilt zur „Lohntabelle 2 Lohngruppe 3: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannverkehr)“ein „Monatslohn ab 10. Jahr BZ (Bewährungsaufstiegsstufe)“ in Höhe von 1.997,50 EUR.

17

Weiter rechnete der Beklagte der Klägerpartei gegenüber in den Monaten Juli, September und Oktober 2011 gesondertes Entgelt für Wochenend- und/ oder Feiertagsarbeiten nebst Zuschlägen im Umfang ab, und zwar in Höhe von 95,13 EUR für Samstags- und Sonntagsverkehr im Juli (Abrechnungsablichtung in Bl. 91 d.A.), von 78,47 EUR für Samstagsverkehr im September (Abrechnungsablichtung in Bl. 34 d.A.) und 172,44 EUR für Samstags- und Feiertagsverkehr im Oktober (Abrechnungsablichtung in Bl. 35 d.A.).

18

Die Klägerpartei machte mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 19. Oktober 2011 Forderungen in Höhe von vier mal 19,48 EUR (= 77,92 EUR) für den Zeitraum von Juli (offensichtlich versehentlich heißt es in der Klageschrift: August) 2011 bis einschließlich Oktober 2011 geltend und verfolgt diesen Anspruch bei Klagezustellung vom 2. Dezember 2011 gerichtlich weiter.

19

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich - zusammengefasst - vorgebracht:

20

Mit der vertraglichen Monatspauschale sei die tariflich pauschalierte Vergütung, und zwar auf Basis einer Vollzeitstelle gemeint (von Teilzeit sei an keiner Stelle im Arbeitsvertrag eine Rede). Die Handhabung der Lohnabrechnungen zeige, dass Wochenendzeiten daneben als Mehrarbeiten vergütet würden. Sie (die Klägerpartei) habe entsprechend den Linienplänen sowie unter Einschluss der üblichen Vorbereitungsarbeiten - Kontrolle von Bussen vor und nach Fahrtschluss usw. - monatlich mindestens 170 Stunden zu arbeiten gehabt und könne - selbst wenn der Beklagte ihr monatlich zwischen Montag und Freitag vereinzelt weniger als 170 Stunden abverlangt - habe, nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs gleichwohl noch den Monatspauschallohn verlangen. An einer Bewährung im Sinne des LTV könne kein Zweifel bestehen, weil sie (die Klägerpartei) ihre Arbeitsleistungen unter Einhaltung des Fahrplans, Reinigung des Busses, regelmäßigen Kassiertätigkeiten und ordnungsgemäßen Abrechnungen stets vorgabengemäß erbracht habe.

21

Die Klägerpartei hat erstinstanzlich beantragt,

22

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 77,92 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

23

Der Beklagte hat beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Der Beklagte hat erstinstanzlich - zusammengefasst - vorgetragen:

26

Der vertragliche Monatspauschallohn könne nicht auf den tariflich pauschalierten Monatslohnwert bezogen werden. Er beziehe sich nur auf die Tage Montag bis Freitag, während der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbe von einer Sechs-Tage-Wochen ausgehe. Der ursprüngliche Lohn habe mit 3.000,00 DM auch nur einen Gegenwert von ca. 1.500,00 EUR gewährleistet. Weder im fraglichen Zeitraum noch über die gesamte Tätigkeitszeit hinweg habe die Klägerpartei im Übrigen 170 Stunden im Monat gearbeitet (Beweis: Zeugnis Herr E). Die Klägerpartei sei zudem auch mit mehr als 50 % ihrer Arbeitsleistung zum Schülertransport eingesetzt gewesen, sodass fraglich sei, ob es sich bei ihrer Tätigkeit um einen überwiegenden Einsatz im Linienverkehr im Sinne der Lohngruppe 3 der Lohntabelle 2 des LTV 2011 handeln könne. Die Behauptung der Klägerpartei, sich bewährt zu haben, treffe zudem ebenfalls nicht zu.

27

Das Arbeitsgerichts hat der Klage mit Urteil vom 13. März 2012 (Bl. 42-49 d.A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, im vollen Umfang entsprochen und hierzu zusammengefasst ausgeführt:

28

Die Klägerpartei habe Anspruch auf den begehrten pauschalierten Monatslohn in Höhe von jeweils 1.997,50 EUR brutto aufgrund des Arbeitsvertrags i.V.m. Anlage 3 der Lohntabelle 2 zu Lohngruppe 3 LTV 2011. Der Beklagte habe ihr (der Klägerpartei) einen Monatspauschallohn zugesagt, welcher dem im Tarifvertrag bestimmten schon begrifflich so ähnlich sei, dass er ihm gleichgesetzt werden müsse. Etwaige Unklarheiten gingen wegen der Vorformuliertheit des Arbeitsvertrages zulasten des Beklagten. Da zum Wesen einer Pauschalierung weiter gehöre, dass sämtliche Arbeitsleistungen ohne Prüfung von Minderleistungen erfasst würden, komme es auf die Frage, ob konkret 170 Stunden gearbeitet seien, nicht weiter an. Nach Ziff. 2.5 Abs. 2 (gemeint wohl § 2 Abs. 6 Unterabs. 2) LTV 2011 bestehe zudem bei einer Mischtätigkeit nach den Lohngruppen 2 und 3 ein grundsätzlicher Anspruch auf den pauschalierten Monatslohn der Lohngruppe 3 der Lohntabelle 2 Anlage 3 LTV 2011. Die Frage, ob und in welchem Verhältnis Schüler- oder Linienverkehr erbracht worden sei, könne mithin offen bleiben. Mangels konkreter gegensätzlicher Anhalte sei auch von keiner mangelnden Bewährung auszugehen.

29

Der Beklagte hat gegen das ihm am 23. März 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 13. April 2012, eingegangen bei dem Landesarbeitsgericht am gleichen Tag, die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 25. Juni 2012 verlängerten Frist mit Schriftsätzen vom 23. Mai 2012 und 25. Juni 2012, eingegangen jeweils am gleichen Tag, begründet.

30

Der Beklagte trägt zweitinstanzlich - zusammengefasst - vor:

31

Die vertragliche Monatspauschale sei gegenüber dem Tarifvertrag eigenständig, weil sie sich nicht auf die tarifliche Pauschale beziehen lasse. Sie sei tarifunabhängig und - nach betriebsüblicher Steigerungen - erst zuletzt leicht untertariflich ausgefallen. Der an die Klägerpartei monatsweise insgesamt ausgekehrte Lohn habe im Übrigen - mit Ausnahme des Monats August 2011 (wegen dessen keine Einwände gegen die erstinstanzliche Entscheidung erhoben würden) - aufgrund ergänzender Zahlungen für Mehrarbeit an Samstagen, Sonntagen oder Wochenfeiertagen einschließlich Zuschlägen während Juli, September und Oktober 2011 die tariflich pauschalierten Monatslohnsätze nicht unterschritten. Die Klägerpartei habe dabei jeweils nicht mehr als 170 Arbeitsstunden an sechs Tagen gearbeitet, sondern vielmehr wenigstens sieben, im Einzelfall sogar über 20 Stunden zu wenig (Zeugnis Herr E) - beispielsweise Juni 2011 zwischen Montag und Freitag nur 95,78 Leistungsstunden, im Juli 80,97, im September 163,81 und im Oktober nur 144,82 Stunden.

32

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

33

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13. März 2012 - 8 Ca 1905/11 - abzuändern und
die Klage hinsichtlich eines 19,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 2. November 2011 übersteigenden Betrags abzuweisen.

34

Die Klägerpartei beantragt,

35

die Berufung zurückzuweisen.

36

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor, dass das Beklagtenvorbringen zu vermeintlich untertariflichen Stundenleistungen in erster- und zweiter Instanz auseinanderfalle und deshalb unbeachtet bleiben müsse. In erster Instanz sei von wenigstens 7 Stunden gehandelt worden, in zweiter Instanz von nahezu nur der Hälfte eines 170-stündigen Monatsleistungsbetrags. Es fehle jeder Anhalt, wie der Beklagte die behauptete Arbeitsleistung errechnet habe.

37

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands zweiter Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze (des Beklagten vom 23. Mai und 25. Juni 2012, Bl. 69 ff., 76 ff. d.A. sowie der Klägerpartei vom 30. August 2012, Bl. 109 ff. d.A.) nebst Anlagen, ferner die zur Akte gereichten Unterlagen sowie das Protokoll vom 23. November 2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

38

Die Berufung ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen entsprochen.

I.

39

Die Berufung ist - soweit sie (antragsgemäß) reicht - zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus der Zulassung im arbeitsgerichtlichen Urteil (§ 64 Abs. 2 Buchst. a ArbGG). Die Einlegung erfolgte form- und fristgerecht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 ZPO), die Begründung ordnungsgemäß und rechtzeitig innerhalb der verlängerten Frist (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 522 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Aufgrund der antragsgemäßen Beschränkung fällt der Rechtsstreit allerdings hinsichtlich des für August 2011 in Höhe von 19,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 2. November 2011 ausgeurteilten Differenzbetrags nicht mehr in der Berufungsinstanz an (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 528 ZPO); insofern ist das angegriffene Urteil rechtskräftig.

II.

40

Die Berufung ist nicht begründet. Die Klägerpartei hat aufgrund ihres Arbeitsvertrags einen Anspruch auf die vom Arbeitsgericht zuerkannten Differenzlohnbeträge. Der angegriffenen Entscheidung ist dabei in seiner Begründung mit den nachstehenden Maßgaben zu folgen (§ 69 Abs. 2 ArbGG):

41

1. Die arbeitsvertragliche Regelung gewährleistet der Klägerpartei nach in Ziffer 7 Abs. 2-4 einen Vergütungsbetrag für die von Montag bis Freitag zu leistende Arbeit, welche die tariflich pauschalierte Lohnsumme für Busfahrer im Linienverkehr (Einmannverkehr) mit 170 Stunden nach dem Tarifvertrag des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes nicht unterschreitet. Dies ergibt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung.

42

a) Dabei gilt, dass Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Gemäß § 133 BGB ist zunächst ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG 18.10.2011 - 9 AZR 303/10 - Rn. 16, NZA 2012, 143). Für den Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen gilt ein objektiv-generalisierender Auslegungsmaßstab. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so aufzufassen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 28.6.2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 30, MDR 2012, 1233).

43

b) Der Arbeitsvertrag der Parteien des Rechtsstreits beinhaltet in Ziff. 7 allgemeine Vertragsbedingungen.

44

aa) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für ein Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) einer anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt. Aus dem Inhalt - namentlich aufgrund formelhafter Klauseln, die ohne Zuschnitt auf individuelle Vertragssituationen normiert werden - sowie der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein - vom Verwender zu widerlegender - Anschein dafür ergeben, dass sie zur Mehrfach-, mindestens dreimaligen, Verwendung vorformuliert worden sind (BAG 1.3.2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20, NZA 2006, 746).

45

bb) Vorliegend vermittelt schon der augenscheinsgemäße Eindruck der abgelichteten Arbeitsvertragsniederschrift diesen Anschein. Dies einerseits aufgrund der drucktechnisch abgesetzten Gestaltung einzelner Vertragsbedingungen, die mit Balkenüberschriften versehen, durchnummeriert und die Arbeitnehmerpersonalien bei geschlechtsneutraler Sprachfassung an tabulatorisch eingerückten Stellen (vgl. Ziff. 1 Beginn, Ziff. 7 Entlohnung, Ziff. 8 Spesen) beinhalten. Hinzu kommt außerdem, dass die Klauseln inhaltlich nicht auf die individuelle Vertragslage der Parteien bezogen wurden - wie sich etwa für Ziff. 5 (Inhalt der Tätigkeit), 6 (Sonderregelungen für Kraftfahrer), 9 (Urlaub), 11 (Nebentätigkeit), 12 (Vertragsstrafe Schadensersatz) und 13 (Bearbeitungsgebühr, Pfändung, Abtretung) ergibt, die lediglich generalisierend auf Sachlagen zugeschnitten sind, die im Vertragsleben bisweilen vorkommen kommen, keineswegs jedoch müssen.

46

cc) Im Übrigen wurden in fünf am gleichen Tag vor der Berufungskammer verhandelten und im Wesentlichen parallel gelagerten Streitigkeiten (6 Sa 196/12, 199/12, 201/12, 202/12 und 203/12) Arbeitsverträge vorgelegt, die der Beklagte in zeitlicher Nähe zum vorliegend in Frage stehenden und mit äußerlich wie inhaltlich nahezu gleichförmigen Bedingungen geschlossen hatte.

47

c) Dem Wortlaut und dem typischerweise verfolgten Zweck entsprechend können Ziff. 7 Abs. 2-4 des Arbeitsvertrags nur auf den tariflich pauschalierten Monatspauschallohn des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes bezogen werden.

48

aa) Der vertragswortlaut ist bei der Auslegung allgemeiner Vertragsbedingungen ein wesentlicher Ansatzpunkt (BAG 28.6.2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 30, MDR 2012, 1233). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger wie redlicher Vertragspartner den Ausschlag gibt. Für Klauseln, die auf kollektivrechtlich ausgehandelte Vertragsbedingungen Bezug nehmen oder inhaltlich mit ihnen übereinstimmen, gilt, dass sie nach denselben Maßstäben auszulegen sind, wie einseitig vom Arbeitgeber vorformulierte Klauseln (BAG 19.3.2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21 f., NZA 2009, 896). Bei der Auslegung kollektiv-rechtlicher Normen geht ein am objektiven Inhalt und typischen Sinn orientiertes Verständnis dahin, verwendete Fachbegriffe so aufzufassen, wie sie im Handelsverkehr und Wirtschaftsleben verstanden werden und damit den Anschauungen der beteiligten Berufskreise entsprechen (BAG 22.9.2010 - 4 AZR 33/09 - Rn. 28, juris).

49

bb) Die Wendung „Monatspauschallohn“ in Ziff. 7 Abs. 2 bis 4 Arbeitsvertrag weist in seiner Umschreibung unverkennbare Bezüge zum pauschalierten Monatslohn im Tarifwerk für das private Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz auf.

50

(1) Dies folgt für die Zeit des Vertragsschlusses mit Rücksicht auf den - für die Parteien geltenden (so das unbestrittene Klägervorbringen) - Manteltarifvertrag gewerbliche Arbeitnehmer vom 7. September 1994, abgeschlossen zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz - nachfolgend MTV 1994.

51

(a) Dieser bestimmte u.a.:

52

㤠11 Lohngruppen und Entlohnung

53

(1) Die im jeweils gültigen Lohntarifvertrag festgelegten Lohnsätze gelten für Arbeitnehmer über 18 Jahre. Sie sind Mindestbedingungen und unabdingbar.

54

(2) Die Entlohnung erfolgt nach Lohngruppen, die im Lohntarifvertrag geregelt werden.

55

(5) Der Lohnzahlung ist eine Abrechnung beizufügen. Aus ihr muss ersichtlich sein: … Sofern ein pauschalierter Monatslohn vereinbart ist, entfällt die Verpflichtung der einzelnen Auflistung für die Teile, für die eine Pauschalierung vereinbart ist.

56

§ 14 Pauschalabgeltung

57

(1) Die Vereinbarung von Pauschalbeträgen zur Abgeltung von Löhnen, Lohnzuschlägen und besonderen Zulagen ist zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die tariflichen Bestimmungen eingehalten werden.

58

(2) Für die Berechnung der pauschalierten Monatslöhne wird die regelmäßige monatliche Arbeitszeit in den Verkehrsteilbereichen zugrunde gelegt. … Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt derzeit …

59

4. Arbeitnehmer der Anlage 3

60

Linienverkehr nach Nr. 1 Abschn. II

170 Stunden

Übriges Omnibusgewerbe nach Nr. 1 Abschn. III

213 Stunden

61

Protokollnotiz:

62

Die VAV [Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe] erstellt jeweils nach Abschluss der Lohnverhandlungen Pausschallohntabellen. Diese Tabellen werden den Mitgliedsfirmen mit einer verbindlichen Empfehlung der VAV zugestellt und beinhalten den Pauschallohn, den der Arbeitgeber bei den jeweils vorgegebenen Monatsstunden zu zahlen verpflichtet ist.“

63

(b) Die Wendung „Monatspauschallohn“ in Ziff. 7 Abs. 2-4 des Arbeitsvertrags lag - wie vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt - so nah bei dem in § 11 Abs. 5 und § 14 Abs. 1 und 2 MTV 1994 normierten „pauschalierten Monatslohn“, dass kein Bestimmungsunterschied erkennbar blieb. Die Verknüpfung der Begriffsbestandteile „pauschal“ oder „pauschaliert“ mit der Wendung „Monatslohn“ ist in der arbeitsvertraglichen Praxis weder gängig (vgl. Preis/ Peters-Lange Der Arbeitsvertrag A II 70 Rn. 15 ff.; Hümmerich Gestaltung von Arbeitsverträgen Kap. 1 Rn. 1504 ff.), noch macht sie für den Zusatz „pauschal“ oder „pauschaliert“ Sinn, wenn nicht auf bestimmte Pauschalierungsgegenstände Bezug genommen sein sollte, die vorliegend nur vor dem tariflichen Hintergrund der §§ 12 und 13 MTV 1994 in Gestalt allgemeiner wie besonderer Zulagen Sinn ergaben und mithin gefolgert werden konnten. Hätten die Parteien statt einer derart weitgreifende Inhalte in Bezug nehmenden Pauschalierung einen schlichten Bruttomonatslohn festlegen wollen, hätte nichts näher gelegen, als eben dies begrifflich in den Vertrag aufzunehmen.

64

(c) Anderes folgt auch nicht aus dem Beklagteneinwand, es müsse sich gleichwohl um eine eigenständige vertragliche Lohnbestimmung handeln. Nur vordergründig ist dem zuzugeben, dass der konkret bezifferte Satz keinem der seinerzeit zu dem zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz am 7. September 1994 abgeschlossenen Lohntarifvertrag - nachfolgend LTV 1994 - ermittelten Pauschalwert entsprach. Die tariflichen Regelungen lauteten auszugsweise wie folgt:

65

„Monatslohntabelle

66

Der pauschalierten Löhne der Lohntabelle 2 des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz ab 01.09.1994:

67

Lohngruppe 5a: Omnibusfahrer

68

Regelmäßige Arbeitszeit: 213 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

69
        

Grundlohn 14,11 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 14,47 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

213 Std.

3.005,43 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

3.082,11 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

218 Std.

3.093,63 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

3.172,56 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

70

Lohngruppe 5b: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer)

71

Regelmäßige Arbeitszeit: 170 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

72
        

Grundlohn 14,94 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 15,23 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

170 Std.

2.793,10 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

2.847,50 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

174 Std.

2.873,78 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

2.929,74 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

73

*) Bkf-Zulage = Berufskraftfahrerzulage: 0,10 DM ab dem 23. Lebensjahr; gleichgestellt sind Kraftfahrer mit Führerschein Klasse II und 3 Jahren Betriebszugehörigkeit.“

74

Gegen die vertragliche Eigenständigkeit spricht indes neben der Einleitung der in Rede stehenden Lohnbestimmung in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag mit bestimmtem Artikel („der“ Monatspauschallohn) - was für Branchenkenner nur als auf „den“ typischen, pauschalierten Lohnwert im Sinne des Tarifwerks aufgefasst werden konnte - zudem die im Folgesatz (Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag) ausdrücklich gebrauchte Wendung „tariflicher Lohn“. Indem außer dem noch einen betragsmäßig über dem tariflichen Pauschallohnwert ein (jederzeit) anrechenbarer weiterer Betrag angesprochen wurde, wird grammatikalisch weiter bestärkt, dass es sich sprachlich bei dem vertraglich vereinbarten Monatspauschallohn nur um einen am tariflich pauschalierten Monatslohn orientierten Wert handeln konnte.

75

(2) Andere Folgerungen erlaubt auch die zuletzt geltende tarifliche Umgebung nicht. Diese blieb nämlich gegenüber dem vorgeschilderten Inhalt im Wesentlichen unverändert. Der zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, sowie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Landesbezirk Rheinland-Pfalz (der durch Verschmelzung zum 1. Juli 2001 Rechtsnachfolger der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr wurde, vgl. BAG 11.5.2005 - 4 AZR 315/04 - NZA 2005, 1362) am 16. August 2010 abgeschlossenen Manteltarifvertrag - nachfolgend MTV 2010 - ist in § 11 Abs. 1 und 5 sowie § 14 Abs. 1 und 2 - bis auf die redaktionelle Änderung zu § 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4, dass Nr.4 in Nr. 3 umgewandelt und die Protokollerklärung zu § 14 nach Übernahme der Monatslohnbestimmungen in den Anhang des LTV 2010 bzw. 2011 gestrichen wurde - inhaltlich gegenüber dem MTV 1994 gleichlautend.

76

cc) Auch der nach typischerweise verfolgten beiderseitigen Vertragsinteressen zu beurteilende Sinn und Zweck der Monatspauschallohnlohnbestimmung lässt nur auf eine Inbezugnahme des tariflichen Pauschallohns schließen.

77

(1) Soweit in die Auslegung allgemeiner Arbeitsvertragsbedingungen auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, ist auf die typischen und von redlichen Geschäftspartnern verfolgten Ziele abzustellen (vgl. BAG 19.3.2009 - 6 AZR 557/07 - Rn. 21, NZA 2009, 896).

78

(2) Für Pauschalierungen gilt, dass sich ein solcher anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabes in aller Regel aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertigt. Es sollen einerseits zeitraubende und umständliche Einzelbemessungen und Nachprüfungen verhindert, andererseits auch Ungleichmäßigkeiten, die sich im Einzelfalle zu Lasten wie zu Gunsten der Betroffenen ergeben können, ausgeglichen werden (vgl. etwa BVerfG 10.5.1962 - 1 BvL 31/58 - zu C IV 1 der Gründe, BVerfGE 14, 76).

79

(3) Wenn die Arbeitsvertragsparteien vorliegend unter genereller wie dynamischer Einbeziehung des vollständigen Tarifwerks (vgl. Ziff. 2 Arbeitsvertrag: „das Arbeitsverhältnis unterliegt 'den' 'jeweiligen' Tarifverträgen …“) im privaten Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz - d.h. einschließlich sämtlicher Lohnregeln - einen Monatspauschallohn vereinbarten, konnte das nur demselben Zweck dienen, dem auch die pauschalierte Monatslohnsumme im Sinne der Regelungen in §§ 11 Abs. 5 Satz 2, 14 MTV i.V.m. dem jeweiligen LTV galt, nämlich der Meidung einzelner Stunden- und Zuschlagsberechnung nebst Nachprüfungen und ggf. anschließenden Streiten. Ergänzend spricht dafür auch Ziff. 7 Abs. 4 Arbeitsvertrag, der etwaige Mehrarbeitszeiten und -Zuschläge ausdrücklich als in der Pauschale enthalten bezeichnet. Welchen Schwierigkeiten und Streitpotentialen eine derartige Pauschalierung im vorliegenden Tätigkeitssektor typischerweise abzuhelfen vermag, zeigt zudem auch der vorliegende Rechtsstreit anschaulich, in dem der Beklagte zuletzt höchst unterschiedlich ausfallenden monatliche Stunden- und hieraus folgend auch Vergütungswerte für die Klägerpartei vortrug.

80

(4) Des Weiteren gilt, dass Anrechnungsklauseln auf Tariflohnerhöhungen - wie vorliegend in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag - sich nur auf Leistungen beziehen können, deren Zweck nicht auf eine bereits im Tarifvertrag entgoltene Tätigkeit gerichtet ist (Thüsing AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. 286; s.a. Jacobs in Kraus/ Oetker/ Jacobs Tarifvertragsrecht § 7 Rn. 75 ff.). Vereinbaren Arbeitsvertragsparteien in Ergänzung eines begrifflich am Tarifvertrag orientierten und betragsmäßig über dessen Sätzen liegenden Monatspauschallohns einen Anrechnungsvorbehalt für etwaige Tariflohnentwicklungen, kann dem typischerweise nur die Aussage entnommen werden, dass überhaupt die gesamte (Pauschal-)Lohnbestimmung auf tariflichem Mindestgehalt basiert. Dies ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang auch aus Ziff. 2 Arbeitsvertrag i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 MTV 1994, demnach die tariflichen Lohnwerte ohnehin nur Mindestwerte darstellen. Im Übrigen ergibt eine Anrechnungsvorbehaltsvereinbarung ohne anrechenbaren tariflichen Bezug keinen Sinn.

81

(5) Darüber hinaus wird eine Eigenständigkeit des klauselgemäßen Monatspauschallohns gegenüber dem tariflichen Pauschallohn auch dadurch widerlegt, dass gemäß Ziff. 2 Arbeitsvertrag sämtliche arbeitsvertraglichen Regelungen (Ziff. 3 ff. Arbeitsvertrag) nur „zusätzlich“ zum Tarifwerk des rheinland-pfälzischen Verkehrsgewerbes treten sollten, nicht jedoch hiervon „abweichend“. Da „zusätzlich“ umgangssprachlich nur ein „Mehr“ nicht aber ein „Weniger“ ausdrücken kann (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort zusätzlich i.S.v. ergänzend hinzukommend, noch hinzugefügt), unterstreicht auch das den übertariflichen Gestaltungsinhalt in Ziff. 7 Abs. 2-4 Arbeitsvertrag innerhalb des arbeitsvertraglichen Gesamtsinngefüges.

82

d) Der in Ziff. 7 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsvertrag in Bezug genommene pauschalierte Monatslohn war betragsmäßig an dem für einen Omnibusfahrer im Linienverkehr (Einmannfahrer) geltenden Wert ausgerichtet.

83

aa) Dies ergibt sich bei wertmäßigem Vergleich der bei Vertragsschluss vereinbarten Monatspauschallohnsumme im Vergleich mit den zum LTV 1994 festgesetzten Pauschallohnsummen. Diese lauteten (wie vor geschildert):

84

„Lohngruppe 5a: Omnibusfahrer

85

Regelmäßige Arbeitszeit: 213 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

86
        

Grundlohn 14,11 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 14,47 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

213 Std.

3.005,43 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

3.082,11 DM + 21,30 DM Bkf-Zulage*)

218 Std.

3.093,63 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

3.172,56 DM + 21,80 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

87

Lohngruppe 5b: Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer)

88

Regelmäßige Arbeitszeit: 170 Stunden monatlich
Höchstzulässige Arbeitszeit: 252 Stunden monatlich

89
        

Grundlohn 14,94 DM

Ab dem 3. Jahr Betriebszugehörigkeit 15,23 DM

        

Mehrarbeitszuschlag 3,53 DM (25 % vom Grundlohn)

Mehrarbeitszuschlag 3,62 DM (25 % vom Grundlohn)

170 Std.

2.793,10 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

2.847,50 DM + 17,00 DM Bkf-Zulage*)

174 Std.

2.873,78 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

2.929,74 DM + 17,40 DM Bkf-Zulage*)

…       

…       

…       

90

*) Bkf-Zulage = Berufskraftfahrerzulage: 0,10 DM ab dem 23. Lebensjahr; gleichgestellt sind Kraftfahrer mit Führerschein Klasse II und 3 Jahren Betriebszugehörigkeit.“

91

Nur der pauschalierte Monatslohn der Omnibusfahrer - Linienverkehr (Einmannfahrer) lag hiernach noch unter dem vertragsgemäßen Monatspauschallohn, so dass nur unter seiner Heranziehung betragsmäßige Spielräume zur Einbeziehung und Pauschalierung etwaig anfallender Mehrarbeitszeiten blieben. Nur ihm gegenüber machte auch ein etwaiger Anrechnungsvorbehalt irgendeinen Sinn.

92

bb) Zudem spricht auch der erhöhte Referenzstundensatz für nicht im Linienverkehr eingesetzte Omnibusfahrer mit 213 Stunden monatlich gegen einen Rückgriff durch den Arbeitsvertrag der Parteien. Bei einer Verteilung eines solch hohen Stundensatzes auf die fünf Arbeitstage nach Ziff. 7 Abs. 3 Arbeitsvertrag hätte sich unter Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Grenzen einer maximal zehnstündigen Arbeitszeit pro Tag kaum Anwendungsbereich für die in Ziff. 7 Abs. 4 Arbeitsvertrag geregelte Einbeziehung von Mehrarbeitszeiten und dazu gehörenden Zuschlägen eröffnet.

93

(1) Die tarifliche Arbeitszeitregelung bestand zudem nach Anlage 3 Nr. 1 MTV 1994 wie folgt:

94

„Anlage 3

95

Sonderregelung für Kraftfahrer im Personenbeförderungsgewerbe mit Kraftomnibussen
Nr. 1 zu § 6 Arbeitszeit

96

II. Linienverkehre, wenn 1/5 der Arbeitsschicht oder weniger aus Wendezeiten und Arbeitsbereitschaft besteht

97

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden. …

98

III. Übriges Omnibusgewerbe

99

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Hinblick auf die vorliegende Arbeitsbereitschaft 49 Stunden. …“

100

(2) Die nach § 3 ArbZG geltende arbeitstägliche Höchstarbeitszeit betrug bei Vertragsschluss acht Stunden, bzw. bei Ausgleich auf durchschnittlich acht Stunden in 6 Monaten bzw. 24 Wochen bisweilen zehn Stunden.

101

(3) Auch die nachwirkende tariflichen Öffnung nach § 7 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG i.V.m. Anlage 3 Nr. 1 Abschn. III Abs. 2 MTV 1994 (§ 30 Abs. 1 Satz 1 HS 2 MTV 1994) konnte das bereits 1989 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien nur dann auf den tariflichen Arbeitszeitkorridor ausdehnen, wenn hierin in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst anfiel, wofür beklagtenseits nichts vorgetragen wurde.

102

(4) Die Parteien haben vielmehr während des gesamten Rechtsstreits nur auf einen Monatsstundensatz von 170 als für ihr Arbeitsverhältnis bedeutsam abgestellt.

103

cc) Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag. Darin ist zwar bestimmt, dass die Klägerpartei in die Lohngruppe 5a der Lohntabelle 2 des jeweils gültigen Lohntarifvertrags eingestuft wird. Diese Bestimmung trägt indes lediglich der tariflichen Pflicht, den Grundlohn arbeitsvertraglich zu bestimmen (§ 11 Abs. 3 a MTV 1994 bzw. 2010: „Die Einstufung in eine Lohngruppe ist bei der Einstellung und jeder Veränderung der Tätigkeit zu vereinbaren.“). Wie sich schon aus § 11 Abs. 5 MTV folgern lässt, hat die Kennzeichnung eines Grundlohns indes bei Gewährung eines Monatspauschallohns keine abrechnungsweise Bedeutung („Der Lohnzahlung ist eine Abrechnung beizufügen. Aus ihr muss ersichtlich sein: Der Monatsgrundlohn … . Sofern ein pauschalierter Monatslohn vereinbart ist, entfällt die Verpflichtung der einzelnen Auflistung für die Teile, für die eine Pauschalierung vereinbart ist.“). Wegen der schon aus sich heraus ergiebigen, übertariflich ausgestalteten Pauschalierungsabrede in Ziff. 7 Abs. 2 bis 4 Arbeitsvertrag kann Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag hinsichtlich der Grundlohnzuordnung darüber hinaus allein für die ergänzende Vergütungsregelung in Ziff. 7 Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag Bedeutung entfalten. Hinzukommt die in Ziff. 2 Arbeitsvertrag generell nur „zusätzlich“ zum tariflichen Regelungsgefüge tretende arbeitsvertragliche Geltungskraft, die der Einstufungsbestimmung in Ziff. 7 Abs. 1 Arbeitsvertrag jeden konstitutiven Gehalt nimmt. Lediglich generell wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit auf eine Mindestwertigkeit der tariflichen Lohngruppe 5a bezogen. Der (substantiiert nicht weiter bestrittene) Klägervortrag, sie (die Klägerpartei) habe sich ordnungsgemäß durch Einhaltung von Fahrplänen, ordnungsgemäße Kassiertätigkeiten sowie Abrechnungen bewährt, legt zudem die Folgerung nahe, dass das Arbeitsverhältnis - jedenfalls in seinem zeitlich besehenen Haupt- bzw. Kerninhalt montags bis freitags - gerade auf einen Linienverkehr im Einmannbetrieb angelegt war (was der Lohngruppe 5b entsprach), denn nur darin fallen eben diese Tätigkeiten weiter an. Nach § 29 MTV 1994 wie 2010 ist „Linienverkehr“ nämlich „eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können“. War dieser Tätigkeitsinhalt von vorne herein im Vertrag angelegt, machte es auch im Weiteren Sinn, wenn die Monatspauschallohnsumme eben an jenem im Linienverkehr für Einmannfahrer geltenden Satz auszurichten und lediglich das Randsegment etwaiger Wochenendfahrten auf den Omnibusverkehr im Allgemeinen bezogen war, was nach Ziff. 7 Abs. 1 und 5 ff. Arbeitsvertrag je nach Tätigkeitsanfall die Lohngruppe 5a rechtfertigen mochte.

104

2. Die arbeitsvertragliche Bestimmung des Monatspauschallohns ist dynamisch und nimmt an den tariflichen Entwicklungen Teil. Auch dies ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags.

105

a) Dies folgt wesentlich zunächst aus Ziff. 2 Arbeitsvertrag. Denn nach dieser Bestimmung unterliegt das gesamte Arbeitsverhältnis den „jeweiligen“ Tarifverträgen für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz.

106

aa) Mit der Wendung „jeweilig“ wird arbeitsvertraglich typischerweise auf ein von denselben Tarifvertragsparteien veränderbares Tarifwerk in seiner jeweils gültigen Fassung im Sinne einer sog. Kleinen dynamischen Bezugnahmeklausel verwiesen (vgl. Thüsing AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. 179). Da der Beklagte sowohl bei Vertragsschluss als auch im maßgeblichen Zeitpunkt tarifgebunden war und die Bezugnahme dem einschlägigen Tarifvertrag galt und gilt, hat die jüngere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht für sog. Gleichstellungsabreden im vorliegenden Zusammenhang keine Bewandtnis (vgl. etwa BAG 17.11.2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 14 ff., NZA 2011, 457).

107

bb) Da als „zusätzlich“ im Sinne der Ziff. 2 Arbeitsvertrag (wie dargelegt) umgangssprachlich nur ein „Mehr“ aufgefasst werden kann und der Vertragsvorbehalt gegenüber dem jeweiligen tariflichen Gefüge auch nicht etwa „Abweichendes“ betrifft, gilt die Dynamik sämtlichen Vertragsteilen, einschließlich der Entlohnungsbestimmungen in Ziff. 7 Arbeitsvertrag. Eine hierin angelegte Statik scheidet zudem auch deshalb aus, weil der Anrechnungsvorbehalt in Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag einen „jederzeit“-Zusatz trägt. Des Weiteren folgt auch aus dem Pauschalierungszweck, dass die (nach Ziff. 2 Arbeitsvertrag) im jeweiligen Tarifvertragsbetrag zu bewertenden Mehrarbeitszeiten und -Zuschläge bei wohlverstandener Berücksichtigung wechselseitiger Interessen nur mit der jeweils gültigen Pauschallohnsumme abgegolten sein können.

108

b) Gegen ein statisches Verständnis der vertraglich bezeichneten Monatspauschallohnsumme spricht sodann auch der Umstand, dass in Ziff. 7 Abs. 1 und Abs. 5 ff. Arbeitsvertrag für den Grundlohn sowie die hinzukommende Zuschläge während der übrigen Arbeitszeiten auf den jeweils gültigen Lohn- und Manteltarifvertrag verwiesen wird.

109

c) Ferner ergibt die unstreitige Vertragspraxis eine stets gehandhabte Dynamik für den Pauschallohnbetrag. Soweit sie zuletzt hinter der tariflichen Entwicklung zurück blieb, ergab sich kein abweichender vertraglicher Gehalt. Der Beklagtenvortrag lässt weder erkennen, dass und inwiefern die abweichende Anpassungspraxis gehandhabt und offen gelegt wurde. Mangels Kenntnis war der Klägerpartei deshalb kaum zu unterstellen, sich einer irgendwie beachtlichen Vertragsänderungsofferte ausgesetzt zu sehen (zu den Mindestinhalten einer Willenserklärung etwa BAG 23.9.2009 - 5 AZR 973/08 - Rn. 25, EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 50). Zudem konnte der Beklagte - selbst wenn etwaige Anpassungsumstände erkennbar gewesen wären - nach der Verkehrssitte nicht schon das bloße Schweigen der Klägerpartei als Annahme einer (wie auch immer gearteten) abweichenden Anpassungspraxis auffassen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 c der Gründe, NZA-RR 2012, 5).

110

3. Die der Klägerpartei zustehende Monatspauschallohnsumme betrug demnach zwischen Juli und Oktober 2011 jeweils 1.997,50 EUR.

111

a) Die arbeitsvertragliche Dynamik erfasste zuletzt den LTV 2011. Dieser bestimmte den pauschalierten Monatslohn Omnibusfahrer Linienverkehr (Einmannfahrer) wie folgt:

112

„Anhang zu Lohngruppe 3 - Omnibusfahrer Linienverkehr (Einmannfahrer)

113
        

Monatslohn EUR

Monatslohn ab 3. Jahr BZ EUR

Monatslohn ab 7. Jahr BZ EUR

Monatslohn ab 10. Jahr BZ* EUR

170 Std.

1.888,70

1.926,10

1.961,80

1.997,50

114

* Bewährungsaufstiegsstufe“

115

Bei Überführung der ehemaligen Lohntabelle 2 Lohngruppen 5, 5a und 5b in die Lohntabelle 3 Lohngruppen 1, 2 und 3 durch § 4 des zwischen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz e.V., Koblenz, und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz am 9. Oktober 1996 abgeschlossenen Lohntarifvertrags war der Sternzusatz zur Bewährungsaufstiegsstufe wie folgt erläutert:

116

„* hierbei handelt es sich um eine Bewährungsaufstiegsstufe, die folgende Kriterien verlangt: 'Die Bewährungszeit gilt als erfüllt, wenn der Omnibusfahrer sich den Anforderungen, die an ihn gestellt werden, unbeanstandet gewachsen gezeigt hat. Überdurchschnittliche Leistungen sind zur Bewährung nicht erforderlich.'“

117

b) Die Klägerpartei hat eine 10-jährige Betriebszugehörigkeit aufzuweisen. Ihrem Vorbringen, die Arbeitsleistungen stets unter Einhaltung des Fahrplans, der Reinigung von Bussen sowie Kassiertätigkeiten und ordnungsgemäßen Abrechnungen stets vorgabegemäß erbracht zu haben - was den Inhalt der Bewährung wie vom Arbeitsgericht zutreffend beurteilt ausfüllt -, ist der Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Er hat namentlich keine Gründe genannt, die an einer Bewährung zweifeln ließen (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO), sodass die Anforderungen des Sternzusatzes als erfüllt anzusehen sind.

118

c) Da die vertragliche Monatspauschallohnsumme schon aus sich heraus dynamisch auf die klägerseitig begehrte Lohngruppe und -Stufe zu beziehen ist, kommt es auf die vom Arbeitsgericht ergänzend herangezogene Bestimmung des § 2 Abs. 6 Unterabs. 2 LTV 2011 nicht weiter an. Diese (seit dem Lohntarifvertrag vom 8. Juli 1997 von den Tarifvertragsparteien statuierte) Regelung lautet im Zusammenhang:

119

„§ 2 Löhne und Gehälter

120


(6) Ist mit dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin arbeitsvertraglich sowohl eine Beschäftigung im Linien- als auch im Gelegenheits-, Reise- oder Schülerverkehr vereinbart, müssen mindestens 75 % der Gesamttätigkeit auf die überwiegende Tätigkeit entfallen und entsprechend entlohnt werden.

121

Der sich aus der Mischtätigkeit ergebende Monatslohn darf den pauschalierten Regel-Monatslohn der Lohntabelle 2, Lohngruppe 3 unter Berücksichtigung der individuellen Betriebszugehörigkeit nicht unterschreiten.

122

Bestehende Arbeitsverhältnisse bleiben hiervon unberührt.“

123

Aufgrund dessen können auch alle Fragen, inwieweit sich die Tätigkeit der Klägerpartei auf Inhalte der einen oder anderen Lohngruppe verteilten und welche Folgen das für die Monatsvergütung haben sollte auf sich beruhen. Hierauf käme es nur an, wenn die Arbeitsvertragsparteien keine (wie vorliegend in Ziff. 7 Abs. 2-4 Arbeitsvertrag indes geschehen) Monatspauschallohnabrede getroffen hätten.

124

d) Wie vom Arbeitsgericht weiter zutreffend beurteilt folgt sodann aus dem Pauschalierungsgehalt der Ziff. 7 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsvertrag, dass keine konkrete Ermittlung der monatlich zwischen Montag und Freitag geleisteten Arbeitsstunden zu erfolgen hat, um den Erhalt des Monatspauschallohns zu rechtfertigen. Welche konkrete Stundenzahl in den einzelnen Monaten anfiel, kann deshalb im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen.

125

4. Die Ansprüche der Klägerpartei waren nicht verfallen.

126

a) Nach § 27 MTV 2010 gilt:

127

㤠26 Ausschlussfristen

128

(1) ...
(2) Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Spesen und Zulagen aller Art sowie auf Rückzahlung von Barauslagen sind spätestens acht Wochen nach Fälligkeit schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

129

(3) Alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag sind binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

130

(4) Nach Ablauf der angeführten Fristen ist beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen.“

131

Ergänzend bestimmt § 11 MTV 2010:

132

㤠11 Lohngruppen und Entlohnung

133


(4) Der Monatsgrundlohn sowie der pauschalierter Monatslohn ist für den Kalendermonat zu berechnen und zum letzten Tag eines jeden Kalendermonats (Zahltag) für den laufenden Kalendermonat auf ein von dem Arbeitnehmer eingerichtetes Girokonto oder in Ausnahmefällen in bar zu zahlen.
…“

134

b) Der hiernach für den Beginn der Verfallfrist maßgebliche Entstehungszeitpunkt ist mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit gleichzusetzen (Däubler/ Zwanziger Tarifvertragsgesetz 2. Aufl. § 4 Rn. 1139). Vorliegend war dies jeweils der Monatsletzte.

135

c) Schon für den Monat Juli endete damit die Verfallfrist erst nach Erteilung des Geltendmachungsschreibens vom 19. Oktober 2011 mit Ablauf des 31. Oktober 2011 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Sie war folglich gewahrt.

136

5. Die Klage war sodann auch gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB im Zinsverlangen begründet.

B.

137

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die eine Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nahegelegt hätten, waren nicht gegeben.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.