Landgericht Köln Urteil, 15. Nov. 2016 - 22 O 329/16
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seitdem 07.08.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Im Jahr 2007 schloss die Klägerin mit der Beklagten zwei Verbraucherdarlehensverträge über 40.000,00 EUR (Nr. #####1) und 27.500,00 EUR (Nr. #####2) ab.
3Hinsichtlich des Darlehens über 40.000,00 EUR vereinbarten die Parteien einen effektiven Jahreszins von 5,57 % und einen Sollzins von 5,43 %.
4Das Darlehen über 27.500,00 EUR war ein Förderkredit auf dem KfW-Wohneigentumsprogramm. Vereinbart waren ein effektiver Jahreszins von 4,94 % und ein Sollzins von 4,85 %.
5Im Rahmen dieser Darlehensverträge wurden den Klägern unter anderem eine inhaltlich identische Widerrufsbelehrung übergeben. Sie enthielten jeweils die Passage:
6„Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen² ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. per Brief, Telefax oder E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.“
7Der in der Belehrung enthaltene Hinweis auf eine Fußnote 2 bezog sich auf eine unterhalb der Belehrung abgedruckte Fußnote. In dieser heißt es: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“.
8Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Belehrung wird auf Anlage K 1, Anlagenheft Kläger verwiesen.
9Die Klägerin selbst erklärte am 27.01.2016 den Widerruf der jeweiligen Vertragserklärungen und forderte die Beklagte zur Abrechnung des jeweiligen Rückabwicklungsverhältnisses auf. Dies lehnte die Beklagte ab.
10Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.05.2016 forderte die Klägerin erneut zur Rückabwicklung auf.
11Bis zum Widerruf erbrachte die Klägerin Leistungen von insgesamt 34.534,95 EUR, wovon 20.790,01 EUR auf das Darlehen mit der Nr. #####1 und 13.744,94 EUR auf das Darlehen mit der Nr. #####2 entfielen.
12Die Klägerin ist der Ansicht, dass der von ihr erklärte Widerruf wirksam sei und insbesondere innerhalb der Widerrufsfrist erfolgte. Diese Frist habe nicht zu laufen begonnen, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei.
13Aus dem resultierenden Rückabwicklungsverhältnis stünde der Beklagten ein Anspruch auf Rückgewähr des Nennbetrages zuzüglich Zinsen zu. Hinsichtlich des Darlehens Nr. #####1 folge der Zinssatz aus der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank, da dies dem marktüblichen Zins entspreche und dieser niedriger als der vertraglich vereinbarte sei. Daraus folge ein Zins von 5,01 % effektiv und 4,90 % nominal, was wiederum einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung von 55.349,81 EUR ergebe.
14Hinsichtlich des Darlehens Nr. #####2 sei der vertraglich vereinbarte Zins zugrunde zu legen, da dieser unter dem marktüblichen läge. Daher ergebe sich ein Anspruch der Beklagten auf 37.709,52 EUR.
15Demgegenüber könne die Klägerin die Rückzahlung sämtlicher erfolgter Zins- und Tilgungsleistungen sowie Gebrauchsvorteile in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz geltend machen. Hilfsweise sei Wertersatz hinsichtlich der Gebrauchsvorteile in Höhe von 2,5 %-Punkten zu gewähren.
16Insgesamt folge daraus, dass die Klägerin nach einer Aufrechnung – welche im Rahmen der Klageschrift auch erklärt wurde – einen Anspruch auf Zahlung von 24.819,74 EUR, hilfsweise 22.701,76 EUR hinsichtlich des Darlehens Nr. #####1 habe und in Höhe von 16.232,02 EUR, hilfsweise 14.911,86 EUR aus Darlehen Nr. #####2.
17Die Klägerin beantragt,
181. festzustellen, dass der Darlehensvertrag mit der Nummer #####1 vom 16.11.2007 und der Darlehensvertrag mit der Nummer #####2 vom 03.12.2007 infolge der Widerrufserklärungen der Klägerin vom 27.01.2016 erloschen sind und sich jeweils in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt haben.
192. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem durch den Widerruf des Darlehensvertrags mit der Nummer #####1 vom 16.11.2007 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nicht mehr als 30.530,06 € abzüglich am:
201) 30.01.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2016,
212) 29.02.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.02.2016,
223) 30.03.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
234) 30.04.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2016,
245) 30.05.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2016,
256) 30.06.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016,
267) 30.07.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2016, schuldet.
27Hilfsweise:
281. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem durch den Widerruf des Darlehensvertrags mit der Nummer #####1 vom 16.11.2007 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nicht mehr als 32.648,05 € abzüglich am:
291) 30.01.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2016,
302) 29.02.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.02.2016,
313) 30.03.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
324) 30.04.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2016,
335) 30.05.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2016,
346) 30.06.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016,
357) 30.07.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2016,
36schuldet.
37Äußerst hilfsweise:
382. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrags mit der Nummer #####1 vom 16.11.2007 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nur noch einen seitens des Gerichts noch festzustellenden Betrag abzüglich am:
391) 30.01.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2016,
402) 29.02.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.02.2016,
413) 30.03.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
424) 30.04.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2016,
435) 30.05.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.05.2016,
446) 30.06.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016,
457) 30.07.2016 geleisteter 214,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2016, schuldet.
463. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem durch den Widerruf des Darlehensvertrags mit der Nummer #####2 vom 03.12.2007 7 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nicht mehr als 21.477,50 € abzüglich am:
471) 30.03.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
482) 30.06.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016, schuldet.
49Hilfsweise:
504. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem durch den Widerruf des Darlehensvertrags mit der Nummer #####2 vom 03.12.2007 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nicht mehr als 22.797,66 € abzüglich am:
511) 30.03.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
522) 30.06.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016, schuldet.
53Äußerst hilfsweise:
545. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten im Zusammenhang mit der Rückabwicklung des Darlehensvertrags mit der Nummer #####2 vom 03.12.2007 entstandenen Rückgewährschuldverhältnis zum 27.01.2016 nur noch einen seitens des Gerichts noch festzustellenden Betrag abzüglich am:
551) 30.03.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.03.2016,
562) 30.06.2016 geleisteter 442,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2016, schuldet.
576. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
58Die Beklagte beantragt,
59die Klage abzuweisen.
60Sie ist der Ansicht, dass die Klageanträge, v.a. aber der Antrag zu 1) unzulässig seien.
61Die Widerrufsbelehrung sei zudem ordnungsgemäß gewesen. Jedenfalls aber sei das Widerrufsrecht verwirkt und rechtsmissbräuchlich.
62Daneben sei auch die Berechnung der Rückabwicklungsansprüche durch die Klägerin fehlerhaft. Hinsichtlich des Darlehens Nr. #####1 reiche die Angabe der Zinsstatistik zum Nachweis, dass der Vertragszins über dem marktüblichen Zins liege nicht aus. Dies liege bereits daran, dass nicht für jeden Kunden der gleiche Zinssatz gelten könne, da je nach Bonität und Sicherheiten verschiedene Risikoaufschläge notwendig seien. Zudem läge der Vertragszins ohnehin in der vom BGH zugestandenen Streubreite von bis zu 1 %.
63Zudem stehe der Klägerin kein Nutzungsersatz von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz zu. Hinsichtlich des Darlehens Nr. #####1 habe nur eine Nettomarge von ca. 0,36 % vorgelegen, welche maßgeblich sei. Nur aus dieser könne die Beklagte Nutzungen ziehen.
64Bei dem Darlehen #####2 handle es sich – was unstreitig ist – um ein KfW-Darlehen. Solche seien unmittelbar und in gleicher Höhe bei der NRW.Bank refinanziert. Dafür zahle die Beklagte einen Sollzinssatz von 4,25 %. In Verbindung mit dem Effektivzins von 4,94 % aus dem Darlehen ergebe sich eine Bruttomarge von lediglich 0,69 %. Nach Abzug weiterer Kosten ergebe sich eine Nettomarge von nur 0,38 %. Die Höhe des Refinanzierungsaufwandes wird von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten.
65Ohnehin sei der Widerruf der Beklagten erst am 01.02.2016 und damit nach Zahlung der Rate zum 30.01.2016 zugegangen. Dies sei in der Berechnung ebenfalls nicht berücksichtigt worden.
66Die Klägerin begehrt zusätzlich die Verzinsung der offenen Darlehensvaluta mit dem gesetzlichen Verzugszinssatz. Durch die erklärte Aufrechnung scheide eine Verzinsung allerdings aus, wobei der Beklagten ohnehin auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus bis zur Rückzahlung ein Anspruch auf Nutzungsersatz zustünde. Hilfsweise erklärt die Beklagte daher die Aufrechnung mit der zurückzuzahlenden Darlehensvaluta.
67Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und das Terminsprotokoll vom 15.11.2016 (Bl. 50 f. d. A.) verwiesen.
68Entscheidungsgründe:
69Die Klage ist nur teilweise zulässig und begründet.
70I.
71Der Antrag zu 1.) ist unzulässig. Für den gestellten Feststellungsantrag fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse. Durch die nachfolgenden Anträge hat die Klägerin ihre Ansprüche und die Ansprüche der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis beziffert. Ein über die Zahlungen hinausgehendes Interesse an der Feststellung der Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis ist nicht ersichtlich (so z.B. auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20.10.2016 – 5 U 62/16 –, Rn. 41, juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des OLG Nürnberg (14 U 1780/15). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch dieses die Zulässigkeit der Feststellungsklage gerade dadurch begründet, dass wegen des wirtschaftlichen Negativsaldos die Erhebung einer Leistungsklage nicht zumutbar ist. Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn wie hier gerade dieses Negativsaldo bereits von Klägerseite berücksichtigt wird und aus diesem Grund eigenständige Anträge auf Feststellung, dass höchstens bestimmte Zahlungen an die Beklagte geschuldet werden, gestellt wurden. In diesem Fall erfolgte gerade eine Berechnung der Zahlungen.
72In Betracht kommt hier auch nicht die Begründung der Zulässigkeit als Zwischenfeststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO. Zwar kann eine solche grds. vorliegen. Auch würde es dabei nicht auf das Feststellungsinteresse ankommen, da insofern allein entscheidend ist, ob das festzustellende Rechtsverhältnis vorgreiflich für den restlichen Rechtsstreit ist (BGH, Urteil vom 23.04.2013 - II ZR 74/12, Rn. 29).
73An der Vorgreiflichkeit fehlt es aber, wenn die Klage zur Hauptsache unabhängig davon abgewiesen wird, ob das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis besteht (BGH, Urteil vom 15.12.2009 – XI ZR 110/09 –, Rn. 19, juris m.w.N.). Dies ist hier indes der Fall. Zwar stellt die Wirksamkeit des Widerrufs und die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis eine Vorfrage zu den nachfolgenden Anträgen dar, allerdings sind diese bereits unabhängig von der Wirksamkeit aus anderen Gründen unbegründet. Insofern konnte auch nicht über den Weg einer Zwischenfeststellungsklage zur Zulässigkeit des Antrages zu 1.) gelangt werden.
74II.
75Die Anträge zu 2.) bis 4.) betreffend das Darlehen mit der Nummer #####1 sind unbegründet.
76Weder der Antrag auf Feststellung, dass die Klägerin nicht mehr als 30.530,06 EUR, noch, dass sie nicht weniger als 32.684,05 EUR schulde sind erfolgreich.
77Die Darlehensverträge konnten am 27.01.2016 zwar noch wirksam widerrufen werden. Insbesondere war die entsprechende Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen, da die erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft war.
78Es entspricht ständiger und überzeugender Rechtsprechung, dass bei Verwendung des Begriffes „frühestens“ im Rahmen einer Widerrufsbelehrung keine eindeutige Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns vorliegt. Die vorliegende Belehrung unterfällt auch nicht der Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV, was sich bereits aus der Verwendung der Fußnote „Bitte im Einzelfall prüfen“ ergibt.
79Insoweit kann vollumfänglich auf eine neue Entscheidung des BGH u.a. zur Frage der Ordnungsmäßigkeit einer derartigen Belehrung verwiesen werden (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2016 – XI ZR 564/15 –, Rn. 18 ff., juris).
80Das Widerrufsrecht war auch weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich. Insbesondere fehlt es zur Verwirkung bereits am Umstandsmoment, da eine vollständige Ablösung der Darlehen noch nicht erfolgte (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6.11.2015, 13 U 113/15).
81Allerdings war die den Anträgen zugrundeliegende Berechnung der Klägerin jeweils fehlerhaft, worauf das Gericht auch bereits in der mündlichen Verhandlung hinwies.
82Im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages hat die Klägerin als Darlehensnehmerin gem. § 346 Abs. 1, 2 BGB Wertersatz für die zur Verfügung gestellten Darlehensbeträge und die gezogenen Nutzungen zu leisten. Nach § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB ist dabei grundsätzlich die vertragliche Vereinbarung zugrunde zu legen. Danach war vorliegend hinsichtlich des Wertersatzes für den Gebrauchsvorteil durch die zeitweise Überlassung der Darlehensvaluta der vertraglich vereinbarte Zins zugrunde zu legen, also 5,43 %. Sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrages zu 3.) rechnete die Klägerin allerdings mit einem Zins von 4,90 %. Schon daraus folgt, dass die Klägerin mehr als die von ihr berechneten 30.530,06 EUR bzw. 32.648,05 EUR zu zahlen hat.
83Zwar kann die entsprechende Vermutung nach § 346 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB widerlegt werden, wenn der Darlehensnehmer nachweist, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war, allerdings lag ein derartiger Nachweis hier nicht vor. Dazu reichte die Angabe der für Dezember 2007 geltenden Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank nicht aus. Allein die Tatsache, dass nach dieser der effektive Jahreszins 5,01 %, d.h. nominal 4,90 % betrug, reicht nicht zum Nachweis des geringeren Wertes des Gebrauchsvorteiles aus.
84Dabei ist zu berücksichtigen, dass der von der Klägerin vorgetragene Zins nur einen Durchschnittswert aus vielen verschiedenen Zinsvereinbarungen abbildet. Relevant ist allerdings im Rahmen des § 346 BGB die Marktüblichkeit hinsichtlich des konkreten individuellen Darlehens (vgl. Dr. Grüneberg in: Palandt, 75. Auflage 2016, § 346, Rn. 10; LG Düsseldorf, Urteil vom 05. August 2016 – 8 O 238/15 –, Rn. 60, juris). Diesbezüglich sind verschiedene Faktoren, wie insbesondere auch die Solvenz des Darlehensnehmers sowie die Höhe und das Bestehen etwaiger Sicherheiten und daraus folgende Risikoaufschläge mit einzubeziehen. Dies kann aufgrund der Individualität der Faktoren in der Statistik nicht hinreichend abgebildet werden. Diese kann daher nur als Anhaltspunkt dienen, von dem aus die Anforderungen an die Darlegung der konkreten Umstände entwickelt werden können und welche als Schätzungsgrundlage dienen kann. Dies entspricht auch der Rspr. des BGH zur Frage der Marktüblichkeit von Zinsen im Bereich des VerbKrG, wonach ein Zins der sich innerhalb eines Bereiches von 1 % des statistischen Zinses bewegt (also innerhalb der sog. Streubreite) als marktüblich angesehen werden kann. Erst außerhalb der Streubreite bestünde ein Erfordernis zur genaueren Prüfung (BGH, Urteil vom 18.12.2007 – XI ZR 324/06 –, Rn. 29, juris). Ein Grund diese allgemeinen Erwägungen nicht auf § 346 BGB zu übertragen besteht nach Ansicht des Gerichts nicht. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Begriff der Marktüblichkeit hier anders auszulegen ist (so im Ergebnis auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.02.2016 – 23 U 135/15 –, Rn. 20, juris).
85Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze war der vereinbarte Vertragszins nach Ansicht des Gerichts und im Rahmen der nach § 287 Abs. 2 ZPO durchzuführenden Schätzung wegen der geringen Abweichung von knapp 0,5 % als marktüblich anzusehen. Dies gilt vor allem auch deshalb, weil durch die individuellen Faktoren, die den Zins im Einzelfall bestimmen, nicht in jedem Fall der exakte Durchschnittszins einschlägig sein kann. Schon der Idee des statistischen Durchschnittszinses ist es immanent, dass dieser aus verschiedenen, teils höheren und teils niedrigeren, Zinssätzen zusammengesetzt ist bzw. unter Berücksichtigung derselben berechnet wird. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die konkrete Zinsbestimmung nicht dem Wert des zu zahlenden Wertersatzes entspricht führt die Klägerin, neben der allgemeinen Statistik der Bundesbank, nicht an.
86Die Klägerin wird durch diese Bewertung auch nicht dazu gezwungen die Voraussetzungen eines Immobiliardarlehensvertrags zu bestreiten, wie sie selbst vorträgt. Vielmehr müsste sie „nur“ konkreter darlegen und beweisen, dass der Vertragszins nicht marktüblich ist. Dazu reicht lediglich die pauschale Angabe der Statistik zumindest in einem gewissen Bereich um die angeführten statistischen Werte herum nicht aus.
87Hinsichtlich des Antrages zu 2.) ergibt sich die Unbegründetheit im Übrigen auch daraus, dass die Klägerin mit einem von der Beklagten zu zahlenden Nutzungsersatz von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz rechnete und nicht mit 2,5 %-Punkten über dem Basiszinssatz. Nur in dieser Höhe wird bei Immobiliardarlehensverträgen die Höhe des Nutzungsersatzes vermutet. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts und Oberlandesgerichts Köln, sowie mittlerweile auch höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 a.a.O., Rn. 58, juris).
88Der Antrag zu 4) welcher darauf gerichtet ist, dass das Gericht die zu zahlende Summe berechnet ist bereits zu unbestimmt und daher unzulässig. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts aus den vorgelegten Zahlen für die Klägerin Berechnungen durchzuführen. Insofern ist die Klage hinsichtlich des Antrages auch unsubstantiiert.
89Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde die Klägerin bzw. deren Vertreter auf die Zweifel an der Berechnung hingewiesen. Ein Schriftsatznachlass hierzu wurde nicht beantragt. Auch im nachgelassenen Schriftsatz hinsichtlich der Beklagtenschriftsätze wurde keine neue Berechnung vorgenommen. Vielmehr führte die Klägerin lediglich rechtliche Argumente auf, welche allerdings nach Ansicht des Gerichts nicht eingreifen. Daher war die Klage hinsichtlich des Darlehens Nr. #####1 insgesamt abzuweisen.
90III.
91Auch hinsichtlich der übrigen Anträge war die Klage abzuweisen.
92Der Antrag zu 5.) betreffend das Darlehen Nr. #####2 ist bereits unbegründet, da auch bei diesem mit einem von der Beklagten zu zahlenden Nutzungsersatz von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gerechnet wurde. Insoweit kann nach oben verwiesen werden.
93Der Antrag zu 6.) ist ebenfalls unbegründet. Auch die diesem zugrunde liegenden Berechnungen sind fehlerhaft. Zwar hat die Klägerin hier richtigerweise mit dem vertraglich vereinbarten Zins gerechnet. Allerdings ergibt sich die Fehlerhaftigkeit aus anderen Gründen.
94Dies gilt unabhängig davon, ob man bereits die Berechnung des von der Beklagten zu zahlenden Nutzungsersatzes als überhöht ansieht. Zwar könnte dafür dessen Eigenschaft als KfW-Darlehen sprechen. Soweit bei diesen eine reine „Durchreichung“ der Zins- und Tilgungsleistungen an die KfW vorliegt, könnten diese Beträge kein wirtschaftlich nutzbares Vermögen der Beklagten geworden und dementsprechend bei wertender Betrachtung auch nicht dem Nutzungsersatz zugänglich sein (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06. Oktober 2015 – 6 U 148/14; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.11.2015 – 6 U 140/14 –, Rn. 72, juris; im Ergebnis auch LG Düsseldorf, Urteil vom 05. August 2016 – 8 O 238/15 –, Rn. 62, juris). Dann würde dieser ausnahmsweise lediglich auf die erzielten Margen zu zahlen sein. Die „Durchreichung“ wurde von der Klägerin dem Grunde nach auch nicht bestritten, sondern allein die Refinanzierungshöhe.
95Allerdings kann dies hier dahinstehen, da sich die Fehlerhaftigkeit jedenfalls aus anderen Gründen ergibt. Die Klägerin begrenzte die Berechnung des von ihr selbst zu zahlenden Wertersatzes hinsichtlich der Nutzungen auf die Zeit bis zum Widerruf. Eine solche zeitliche Schranke für die Herausgabe gezogener Nutzungen besteht nicht. Darlehensnehmer haben alle nach Leistungsempfang tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der geschuldete Wertersatz ist daher über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückführung der Darlehensvaluta zu leisten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 5 U 62/16 –, Rn. 100, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Februar 2016 - 17 U 77/15, Rn. 43 juris; KG Berlin, Urteil vom 06. Oktober 2016 – 8 U 228/15 –, Rn. 104, juris m.w.N.). Dies gilt jedenfalls bis zur Aufrechnungserklärung für den gesamten Betrag und darüber hinaus für den überschießenden Betrag.
96Zwar könnte sich die Beklagte aufgrund der in der Klageschrift angebotenen Rückzahlung in Annahmeverzug befinden, wodurch gem. § 302 BGB der Nutzungsersatz auf tatsächlich gezogene Nutzungen beschränkt wird. Allerdings gilt dies ohnehin erst ab dem Eintritt des Annahmeverzugs, so dass es auf die Frage, ob durch die überhöhte Berechnung ein solcher begründet werden konnte nicht ankommt. Ein entsprechendes Angebot lag frühestens in der Klageschrift. Insbesondere bot die Klägerin im Rahmen der Widerrufserklärung keine Zahlung an. Für die zwischen Widerruf und Annahmeverzug liegenden Monate waren weiterhin Zinsen geschuldet, was bei der Berechnung nicht berücksichtigt wurde. Die Berechnung erfolgte zum 27.01.2016, wobei weitere eigene Zahlungen im Antrag berücksichtigt wurden, aber gerade nicht die anfallenden Zinsen auf die bei der Klägerin verbliebene Darlehenssumme.
97Zudem war nach der Klageerhebung auch kein weiterer Nutzungsersatz durch die Beklagte geschuldet. Im Rahmen der Klage erklärte die Klägerin ausdrücklich die Aufrechnung, wodurch nur noch ein überschießender Betrag, welcher von ihr selbst zu zahlen ist, übrig blieb. Diese Aufrechnung wirkt zum Zeitpunkt des Widerrufs zurück (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 –, Rn. 16, juris). Dadurch ist der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte erloschen und eine Verzinsung desselben kommt nicht mehr in Betracht (so auch LG Düsseldorf, Urteil vom 05. August 2016 – 8 O 238/15 –, Rn. 61, juris).
98Für den Antrag zu 7.) kann nach oben verwiesen werden.
99Der Klägerin steht demgegenüber ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus § 286 BGB aus Verzug zu. Die Beklagte befand sich gem. § 357 a Abs. 1 BGB 30 Tage nach dem Widerruf und damit noch vor Tätigwerden des Rechtsanwalts in Verzug.
100Nach oben gesagtem ist die Klage im Übrigen zwar nicht begründet, der Widerruf war allerdings dennoch wirksam. Insofern stand der Klägerin ein Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen zu.
101Der entsprechende Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
102IV.
103Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
104Der Streitwert wird auf 34.534,94 EUR festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Köln Urteil, 15. Nov. 2016 - 22 O 329/16
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Landgericht Köln Urteil, 15. Nov. 2016 - 22 O 329/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. …sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … aufgrund des erklärten Widerrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs von drei Verbraucherdarlehensverträgen.
- 2
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden geltend gemacht.
- 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei bei Abschluss des Darlehensvertrags ordnungsgemäß belehrt worden. Die Belehrung habe zwar nicht den Anforderungen von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der damals geltenden Fassung genügt. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung und das Muster der Anlage 2 hierzu berufen. Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen - insbesondere: Ergänzung der Überschrift, Fußnote, Belassen des Klammerzusatzes, Sammelbelehrung - stellten keine eigene inhaltliche Bearbeitung dar. Überdies sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.
- 4
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen; die Belehrung entspreche dem Muster weder äußerlich noch inhaltlich in jeder Hinsicht vollständig. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich.
- 5
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,
- 6
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und
- 7
1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
- 8
2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
- 9
3. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 10
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 11
4. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
- 12
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
- 13
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erforderlichkeit einer Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ihre Anträge umgestellt und beantragt nunmehr,
- 14
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und
- 15
1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. …und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
- 16
2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
- 17
3. a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 202.200,70 € [hilfsweise: 181.825,19 €] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2016, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €, zu zahlen,
- 18
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 19
c) hilfs-hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 20
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die der Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €.
- 21
5. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
- 22
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
- 23
Die Beklagte beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Zu den Ansprüchen im Rahmen einer Rückabwicklung vertritt sie die Auffassung, nach dem Widerruf gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen seien nicht auf die Darlehensverträge, sondern auf die Ansprüche der Beklagten aus den Rückabwicklungsschuldverhältnissen geleistet. Zumindest stehe einer Rückforderung dieser Leistungen § 814 BGB entgegen.
- 26
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 27
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
- 28
Die Berufung ist zulässig (A.). Soweit die Klageanträge zulässig sind (B.), haben sie in der Sache zum Teil Erfolg (C.).
A.
- 29
Die Berufung ist zulässig.
- 30
Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Einwilligung der Beklagten (§ 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO) in die Klageänderung gemäß § 267 ZPO anzunehmen ist, da sie sich - ohne der Klageänderung zu widersprechen - in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2016 auf die abgeänderte Klage eingelassen, nämlich einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Zudem kann die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
B.
- 31
Die Klageanträge sind nur zum Teil zulässig.
1.
- 32
Der Feststellungsantrag zu 1) ist unzulässig. Der Antrag betrifft zwar einen zulässigen Gegenstand (a). Der Klägerin fehlt es aber am notwendigen Feststellungsinteresse (b).
a)
- 33
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).
- 34
Danach ist die erstrebte Feststellung, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen zur Zahlung von Zinsen aufgrund des Widerrufs erloschen sind, zulässig. Denn nach den dargestellten Maßstäben können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Bei der primären Zinszahlungspflicht handelt es sich um eine solche einzelne, sich aus den Darlehensverträgen ergebende Pflicht, nicht um ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses.
b)
- 35
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 17; Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, Rn. 29 m.w.N.).
- 36
Danach ist ein rechtliches Interesse der Klägerin, neben dem zu Ziffer 2 gestellten allgemeinen Feststellungsantrag betreffend die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse ein Erlöschen ihrer primären Zinszahlungspflicht aus den Darlehensverträgen feststellen zu lassen, nicht ersichtlich. Aus dem Antrag zu Ziffer 2 folgt zwanglos, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den Darlehensverträgen erloschen sind; die Pflichten aus den Rückgewährschuldverhältnissen sind keine primären Leistungspflichten aus den Darlehensverträgen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. September 1999 entschiedenen Fall zielen die beiden parallel erhobenen Feststellungsbegehren der Klägerin von ihrem rechtlichen Gehalt und ihrer praktischen Bedeutung her nicht in verschiedene Richtungen, sondern in dieselbe Richtung (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 18).
2.
- 37
Der Feststellungsantrag zu 2) ist zwar als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, jedoch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
a)
- 38
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).
- 39
Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Feststellung des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht, es sei denn, über die Hauptsache wird unabhängig vom Bestand des streitigen Rechtsverhältnisses entschieden (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, Rn. 17; Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 28). Bei der Zwischenfeststellungsklage macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 29).
b)
- 40
Nach den genannten Maßstäben fehlt es für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat ihre Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis nach Widerruf zuletzt beziffert. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ist weder dargelegt noch ersichtlich.
- 41
Dagegen ist der Antrag als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Mit Blick auf die weiteren Klageanträge ist ohnehin darüber zu befinden, ob sich die Darlehensverträge aufgrund des Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben oder nicht. Ein gesondertes Feststellungsinteresse ist dann nicht erforderlich.
3.
- 42
Die Anträge zu 5. a) und 5. b), mit denen die Klägerin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Schäden wegen der verweigerten Anerkennung des Widerrufs feststellen lassen will, sind unzulässig.
a)
- 43
Neben den bereits dargestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Feststellungsbegehrens setzt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, Rn. 27 m.w.N.; Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, Rn. 73; Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, Rn. 31; Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, Rn. 43).
b)
- 44
Danach sind die Anträge zu 5. a) und 5. b) unzulässig. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist weder dargelegt noch ist ein solcher ersichtlich. Die Klägerin stellt darauf ab, dass mit einem Anstieg der Marktzinsen zu rechnen sei. Das ist in Anbetracht der anhaltenden Niedrigzinsphase indes nicht ansatzweise ersichtlich.
4.
- 45
Im Übrigen sind die Klageanträge zulässig.
- 46
Der Antrag zu 4. ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich schon mit Blick darauf, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die nach Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen seien auf ihre aus den Rückgewährschuldverhältnissen resultierenden Ansprüchen geleistet; zumindest stehe einer Rückforderung § 814 BGB entgegen.
- 47
Die Anträge zu 3. b) und 3. c) sind als Hilfsanträge zulässig, da sie von einer bloß innerprozessualen Bedingung, nämlich der Abweisung des Antrags zu 3. a) bzw. 3. b), abhängig gemacht werden. Sie sind nach den oben dargestellten Maßstäben auch als Feststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
B.
- 48
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
- 49
Der Widerruf der Klägerin war mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht verfristet (1.). Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht verwirkt oder seine Ausübung sonst rechtsmissbräuchlich (2.). Der wirksame Widerruf führt zu den tenorierten Rechtsfolgen (3.).
1.
- 50
Der Klägerin stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt hat, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 23. April 2015 (Widerruf der Klägerin) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung hat die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 2 in der vom 8. Dezember 2004 bis 31. März 2008 geltenden Fassung zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 2. September 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung berufen (im Folgenden § 14 BGB-InfoV a.F.) (b). Auf die Kausalität der Belehrungsfehler kommt es nicht an (c).
a)
- 51
Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen zu den im Jahr 2007 geschlossenen Darlehensverträgen entsprachen nicht dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.
aa)
- 52
Zum einen informierten die Widerrufsbelehrungen mittels des Einschubs des Wortes „frühestens“ unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. nur zuletzt BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 18 m.w.N.).
bb)
- 53
Zum anderen unterrichteten die Widerrufsbelehrungen in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gaben sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. grundsätzlich richtig mit „zwei Wochen“ an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelten die Belehrungen indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers oder der Verbraucherin, die im konkreten Fall geltende Frist selbst festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 19 m.w.N.).
b)
- 54
Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrungen gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht zugute.
aa)
- 55
Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. zu entnehmen. Diese Vorschrift knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass „das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird“. Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen allerdings, sofern sie das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden, „in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen“. Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 21 f.).
- 56
Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zugeordnet wird oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt werden. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 23).
- 57
Greifen Unternehmer oder Unternehmerinnen dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise - auch in Form von Fußnoten - in den Belehrungstext übernommen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 24).
bb)
- 58
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung bei allen drei streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat in die Belehrungen jeweils zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie hat unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ den Gestaltungshinweis 3 kursiv gesetzt in den Text übernommen. Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ hat die Beklagte den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 25).
c)
- 59
Auf die Kausalität der unter a) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher oder die Verbraucherin von der Ausübung seines bzw. ihres Widerrufsrechts abzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 26).
2.
- 60
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt (a); seine Ausübung ist auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich (b).
a)
- 61
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt.
aa)
- 62
Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39 und XI ZR 564/15, Rn. 34).
- 63
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich Schuldnerinnen oder Schuldner wegen der Untätigkeit ihrer Gläubiger oder Gläubigerinnen über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten dürfen und eingerichtet haben, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zum Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, Rn. 35; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37).
- 64
Hinsichtlich des Umstandsmoments können Unternehmer und Unternehmerinnen allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers oder der Verbraucherin ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher oder die Verbraucherin werde seine oder ihre auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39 m.w.N.). Insofern unterscheiden sich Fälle, in denen das Vertragsverhältnis noch andauert, von denen, in denen der Verbraucherdarlehensvertrag beendet ist. In letzteren kann das Vertrauen von Unternehmerinnen und Unternehmern auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihnen erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt haben, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. nachzubelehren (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 65
Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind entweder ordnungsgemäß belehrt oder nicht. Für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank oder Sparkasse spielt es keine Rolle, dass sie den Verbraucher oder die Verbraucherin überhaupt belehrt hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Die Bank oder Sparkasse wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers oder der Verbraucherin die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 41).
bb)
- 66
Danach kann die beklagte Sparkasse sich auf die Einrede der Verwirkung nicht berufen.
- 67
Das Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40), dürfte nach Ablauf von rund acht Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerruf zwar erfüllt sein. Es fehlt jedoch zumindest am Umstandsmoment. Allein aufgrund des laufend vertragstreuen Verhaltens der Klägerin konnte die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39). Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, ob die Klägerin möglicherweise trotz der fehlerhaften Belehrung von ihrem Widerrufsrecht Kenntnis hatte. Denn darauf, wie gewichtig der Fehler war, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führte, kommt es nicht an; entweder wurde ordnungsgemäß belehrt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Gerade weil die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte, kann die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen für sich in Anspruch nehmen (vgl. zum Versicherungsrecht EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Zudem handelt es sich um laufende Darlehensverträge, liegt nicht etwa eine (vorzeitige) Beendigung vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Andere Anhaltspunkte für das Umstandsmoment sind nicht ersichtlich.
b)
- 68
Die Klägerin verhält sich auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich. Weder ergibt sich ein ein im Einzelfall möglicher Rechtsmissbrauch (aa) aus widersprüchlichem Verhalten (bb) noch aus fehlendem schutzwürdigen Eigeninteresses (cc).
aa)
- 69
Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, Rn. 20). Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 43 m.w.N.).
bb)
- 70
Ein Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlicher Rechtsausübung liegt nicht vor.
- 71
Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04, Rn. 41; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 20; Urteile vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, Rn. 33 und IV ZR 88/13, Rn. 25; jeweils m.w.N.).
- 72
Diese Voraussetzungen sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin es versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin über ein Widerrufsrecht zu belehren (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40). Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts, wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) zeigt, nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers oder der Verbraucherin, sondern überlässt es allein seinem bzw. ihrem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er oder sie ihre Vertragserklärung widerruft (BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, Rn. 20). Damit kann auch aus dem Schutzzweck des Widerrufsrechts grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 45). Das gilt auch hier.
cc)
- 73
Es liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses vor.
- 74
Eine unzulässige Rechtsausübung liegt unter anderem vor, wenn mit der Geltendmachung einer Rechtsposition kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt wird, die Ausübung eines Rechts also ein Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke ist (Olzen/Looschelders in: Staudinger, BGB, 2015, § 242 Rn. 258; Schubert in: MüKo, BGB, Bd. 2, § 242 Rn. 2; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 50; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 612; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 3/08 R, juris Rn. 26).
- 75
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein Schutzzweckgesichtspunkte rechtfertigen nicht die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beim Widerruf eines Darlehensvertrages (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 23 und XI ZR 564/15, Rn. 45 f.).
3.
- 76
Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Danach sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zum Teil begründet. Zu den zulässigen Klageanträgen im Einzelnen:
a)
- 77
Der Antrag zu 2) ist begründet. Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge mit Zugang des Widerrufs der Klägerin vom 23. April 2015 gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt.
b)
- 78
Der Antrag zu 3. a) ist lediglich im ausgeurteilten Umfang begründet.
- 79
Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs der Darlehensverträge sind nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer schulden dem Darlehensgeber oder der Darlehensgeberin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB a.F. Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber oder die Darlehensgeberin schuldet dem Darlehensnehmer oder der Darlehensnehmerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).
- 80
Danach kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 (aa) Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 (bb) verlangen.
- 81
Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 erklärte Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden ist für den Rechtsstreit unbeachtlich; die Klägerin hat die Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung nicht beantragt.
- 82
Zur Berechnung der gegenseitigen Zahlungsansprüche im Einzelnen:
aa)
- 83
Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz bis zum 31. August 2016 - dem Stichtag, den die Klägerin ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat - belaufen sich auf insgesamt 181.825,82 € (Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 162.859,80 € (1); Nutzungsersatz in Höhe von 18.966,02 € (2)). Ab dem 1. September 2016 schuldet die Beklagte weiter Nutzungsersatz für die herauszugebenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. (3).
(1)
- 84
Die Klägerin kann die Herausgabe aller von ihr geleisteter Zins- und Tilgungsraten verlangen.
(a)
- 85
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe bis zum Widerruf bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).
(b)
- 86
Überdies kann die Klägerin Herausgabe der Zahlungen verlangen, die sie nach Ausübung des Widerrufsrechts geleistet hat. Insoweit ergibt sich der Herausgabeanspruch der Klägerin jedoch nicht aus § 346 Abs. 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, juris Rn. 101, 112; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. April 2016 - 23 U 50/15, juris Rn. 65; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Juli 2016 - 17 U 218/15, juris Rn. 70; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2016 - 6 O 347/15, juris Rn. 41, 44). Die Klägerin hat auch nach dem Widerruf weiter auf die Darlehensverträge geleistet, nicht auf eine mögliche Schuld aus den Rückgewährschuldverhältnissen. Ihre mit den Einzugsermächtigungen ausgesprochene Tilgungsbestimmung ist nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass sich die Darlehensverträge durch den Widerruf - im Ergebnis - ex nunc in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben. Die Zahlungen nach Widerruf erfolgten letztlich weiterhin aufgrund der erteilten Einzugsermächtigungen und mithin der Darlehensverträge, welche die Klägerin, nachdem ihr Widerruf von der Beklagten zurückgewiesen worden ist, vorsorglich weiter bediente (vgl. OLG München, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 5 W 1046/16, juris Rn. 7).
- 87
Diesem Bereicherungsanspruch der Klägerin für nach dem Widerruf geleistete Zahlungen steht auch § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die Leistenden gewusst haben, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet waren. Der Rückforderungsausschluss erfordert die positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld. Zweifel am Bestehen der Verbindlichkeit schließen die Rückforderung ebensowenig aus wie ein (auch verschuldeter) Irrtum über den Rechtsgrund (Lorenz in: Staudinger, BGB, 2007, § 814 Rn. 4). Liegt die erforderliche Kenntnis vor, greift § 814 nur ein, wenn den Leistenden selbstwidersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10). Das ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn unter Vorbehalt geleistet wurde. An die Erklärung eines Vorbehalts sind dabei keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10; Buck-Heeb in: Erman BGB, 14. Aufl. 2014, § 814 BGB, Rn. 9). So kann ein konkludent erklärter Vorbehalt insbesondere dann angenommen werden, wenn es den Leistenden trotz ersichtlicher Bemühungen nicht gelungen ist, das Nichtbestehen der Verbindlichkeit nachzuweisen, und ihre Leistung aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht als Eingeständnis des Bestehens aufgefasst werden darf (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10).
- 88
Danach greift § 814 BGB vorliegend nicht. Es bestehen schon erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld hatte. Wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen war für sie nicht ansatzweise abzusehen, ob ihr Widerruf tatsächlich wirksam sein würde. Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Senat die hier streitgegenständliche Widerrufsbelehrung lange Zeit für ordnungsgemäß erachtet hat. Zumindest ergibt sich aber ein konkludenter Vorbehalt der Klägerin. Denn ihr ist es nicht gelungen, die Beklagte von der Wirksamkeit des Widerrufs zu überzeugen. Diese hat sich vielmehr auf die für sie bis dahin günstige Rechtsprechung des Senats zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung berufen, so dass die Klägerin den Rechtsweg beschreiten musste. Aus Sicht einer objektiven Empfängerin konnten die weiteren Leistungen der Klägerin danach nicht als Eingeständnis aufgefasst werden, dass der Widerruf nicht wirksam sei.
(c)
- 89
Die Klägerin kann daher die unstreitig bis zum 31. August 2016 geleisteten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 162.859,80 € zurückfordern.
(2)
- 90
Die Klägerin kann ferner gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB a.F. von der Beklagten die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzungen der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7). Auf die nach dem Widerruf erfolgten Zahlungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden (s.o. unter (1)), kann die Klägerin Nutzungswertersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB verlangen. Der Nutzungswertersatz ist dabei jeweils mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen.
- 91
Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06, Rn. 35). Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58). Der „übliche“ Verzugszins liegt bei Immobiliardarlehen wie dem hier vorliegenden gemäß § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung; im Folgenden § 497 BGB a.F.) bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, so dass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungswertersatzes heranzuziehen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 6 U 148/14, Rn. 69; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, Rn. 47; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, Rn. 106).
- 92
Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58), dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter diesem gesetzlichen Verzugszins zurückbleiben.
- 93
Danach hat die Klägerin nach ihren von der Beklagten insofern nicht bestrittenen Berechnungen im Schriftsatz vom 31. August 2016 bis zu diesem Tag einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von insgesamt 18.966,02 €.
(3)
- 94
Die Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der von der Klägerin geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen (s.o. unter (2)) schuldet die Beklagte über den der Berechnung zugrundeliegenden Stichtag des 31. August 2016 hinaus. Geschuldet wird der Nutzungsersatz aber nur auf die Zins- und Tilgungsleistungen, hier als auf 162.859,80 €, nicht auf den gesamten von der Beklagten herauszugebenden Betrag (Zins- und Tilgungsleistungen und Nutzungsersatz).
bb)
- 95
Die Ansprüche der Beklagten belaufen sich auf insgesamt 401.392,25 € (Darlehensvaluta in Höhe von 292.000,00 € (1); Nutzungswertersatz in Höhe von 109.392,25 € (2)). Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses (3).
(1)
- 96
Die Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta verlangen. Die Darlehensvaluta der drei Darlehensverträge beträgt 117.000,00 €, 75.000,00 € und 100.000,00 €, insgesamt also 292.000,00 €.
(2)
- 97
Daneben kann die Beklagte gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta verlangen.
(a)
- 98
Für die Höhe des Wertersatzes gilt § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dies bedeutet, dass dann, wenn Darlehensnehmende nachweisen können, dass der marktübliche Zins geringer als der vereinbarte war, sie nur den marktüblichen Zins zu zahlen haben (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 7 U 84/09, BeckRS 2010, 20609 m.w.N.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1001).
- 99
Der maßgebliche Zeitpunkt für diesen Nachweis ist der Leistungsaustausch, nicht der Zeitpunkt der Entstehung der Rückgewährpflicht nach Widerruf (Kaiser, in Staudinger, BGB, 2012, § 346 Rn. 107 m.w.N.). Wertersatz ist seitens der Darlehensnehmenden für die durch die Auszahlung der Darlehensvaluta eröffnete „Kapitalnutzungsmöglichkeit“ zu leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit als Leistung der darlehensgebenden Bank oder Sparkasse nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber eine einmalige, keine zeitlich gestreckte Leistung (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1096 f.). Überdies ist Ziel des Widerrufsrechts gerade, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin eine möglicherweise unüberlegte und übereilte Entscheidung betreffend eines sie langfristig und erheblich belastenden Vertrags wieder rückgängig machen kann, wodurch sie in die Situation vor Vertragsabschluss „zurückversetzt“ werden. Dann wären sie in der Lage gewesen wären, einen günstigeren Darlehensvertrag abzuschließen und so die Nutzungsmöglichkeit des von ihnen benötigten Kapitals zu besseren Konditionen zu erhalten, z.B. zum marktüblichen Zins. Dem entspricht es, dass Darlehensnehmenden durch § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ermöglicht wird, nachzuweisen, sie hätten aus der Nutzung des Darlehens nur einen geringeren Gebrauchsvorteil gezogen. Maßgeblich für diesen Nachweis bleibt dann aber der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil in diesem Zeitpunkt ein Kapitalbedarf bei der Verbraucherin oder dem Verbraucher bestand und in diesem Moment die benötigte Kapitalnutzungsmöglichkeit günstiger hätte erworben werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten dagegen nicht die Möglichkeit gehabt, den Kapitalbedarf monatlich auf Basis des jeweils bestehenden Marktzinses zu decken (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1097).
- 100
Eine zeitliche Schranke für die Herausgabe von gezogenen Nutzungen bis zur Rücktritts- oder Widerrufserklärung besteht nicht. Darlehensnehmende haben alle nach Leistungsempfang tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der geschuldete Wertersatz ist daher über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückführung der Darlehensvaluta zu leisten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Februar 2016 - 17 U 77/15, juris Rn. 43).
(b)
- 101
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe der vertraglichen Nominalzinssätze bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta. Einen bei Vertragsschluss niedrigeren marktüblichen Zins hat die Klägerin nicht behauptet. Nach der insoweit unbestrittenen Berechnung der Klägerin belaufen sich die für die Darlehen bis zum Widerruf geschuldeten Zinsen auf
- 102
35.753,91 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
- 103
22.919,16 € für das Darlehen Nr über 75.000,00 € und
- 104
36.328,69 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
- 105
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) sind für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2015 (Aufforderung der Klägerin zur Rückabwicklung der Darlehensverträge) bis zum 31. August 2016 weitere Zinsen angefallen in Höhe von
- 106
5.270,17 € sind das für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
- 107
3.378,34 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 € und
- 108
5.741,98 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
- 109
Danach ergibt sich ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta bis zum 31. August 2016 in Höhe von insgesamt 109.392,25 €.
(3)
- 110
Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses.
- 111
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten gemäß den Anlage BB2, BB3 und BB4 zum Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) belief sich die Restvaluta der Darlehensverträge auf
- 112
91.741,29 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €, Zinssatz: 4,23%,
- 113
58.808,43 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 €, Zinssatz: 4,23% und
- 114
88.071,03 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €, Zinssatz: 4,83%.
- 115
Mithin hat die Klägerin von dem von ihr herauszugeben Betrag ab dem 1. September 2016 einen Betrag von 150.549,72 € (91.741,29 € + 58.808,43 €) mit 4,23% p.a. und einen Betrag von 88.071,03 € mit 4,83% p.a. zu verzinsen.
c)
- 116
Auf den Antrag zu 4) ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Kläger zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € .
- 117
Zur Wirksamkeit des Widerrufs und der sich hieraus - auch hinsichtlich der Höhe des Nutzungsersatzes - ergebenden Rechtsfolgen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch die nach dem Zeitpunkt, auf den die Berechnung der gegenseitigen Leistungspflichten abstellt (hier: 31. August 2016), von der Klägerin gezahlten Raten sind zurückzuzahlen und entsprechend zu verzinsen.
d)
- 118
Über die Hilfsanträge zu 3 b) und 3 c) ist nicht zu entscheiden, weil die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist.
C.
- 119
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 120
Die Kosten waren vorliegend gegeneinander aufzuheben. Sind das Obsiegen und Unterliegen der Parteien ungefähr, nicht notwendig genau gleichwertig, ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Kosten gegeneinander aufzuheben (Schulz in: MüKo, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 92 Rn. 13; Jaspersen/Wache in: BeckOK, ZPO, Juli 2016, § 92 Rn. 5 m.w.N.).
- 121
Danach stimmt das Obsiegen und Unterliegen beider Parteien hier in etwa überein. Die Klägerin obsiegt mit dem Antrag zu 2. vollständig und mit den Anträgen zu 3. a) und 4. teilweise; mit den Anträgen zu 1) und 5. a) und 5. b) unterliegt sie vollständig. Das Obsiegen und Unterliegen der Beklagten stellt sich spiegelbildlich dar. Auch wenn die Klägerin mit einem ihrer Hauptanträge, dem Feststellungsantrag zu 2. durchdringt, ist zu berücksichtigen, dass sie mit dem Antrag zu 1. vollständig und bei den Zug um Zug-Verurteilungen gemäß den Anträgen zu 3. a) und 4. mit einem erheblichen Teil, bezogen auf die zu erbringende Gegenleistung sowie deren Verzinsung, unterliegt. Im Ergebnis rechtfertigt das nach Auffassung des Senats eine Kostenaufhebung.
D.
- 122
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die hier zu entscheidenden Fragen über die Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherkreditverträgen sind für die konkrete Fallkonstellation inzwischen höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15).
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 25.6.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen (1 O 365/14) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
1
G r ü n d e
2Die Berufung der Beklagten ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist und eine mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint, ist eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt. Im Einzelnen gilt:
31.
4Das Landgericht, auf dessen Ausführungen in diesem Zusammenhang zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen werden kann, hat zutreffend entschieden, dass die Widerrufsbelehrung, was die Angaben zum Beginn des Fristablaufs angeht, den Anforderungen, die der BGH in der Entscheidung vom 28.6.2011 (XI ZR 349/10) aufgestellt hat, nicht entspricht.
52.
6Auch die Angriffe der Berufung gegen die Auffassung der Kammer zur „Gesetzlichkeitsfiktion“, also der Frage des Vertrauensschutzes bei Abweichungen von der Musterbelehrung, sind unbegründet.
7a.
8Die Rechtsmeinung des Landgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates, der daran auch nach erneuter Überprüfung festhält, und des BGH (etwa III ZR 83/11 sowie das von der Beklagten angeführte Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10). Danach kann ein Unternehmer sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht. Entscheidend ist allein, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift er aber in den ihm zur Verfügung gestellten Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen. Das gilt unabhängig vom konkreten Umfang der von ihm vorgenommenen Änderung, zumal sich schon mit Rücksicht auf die Vielgestaltigkeit möglicher individueller Veränderungen des Musters keine verallgemeinerungsfähige bestimmte Grenze ziehen lässt, bei deren Einhaltung eine Schutzwirkung noch gelten und ab deren Überschreitung sie bereits entfallen soll. Auch aus der weiteren Entscheidung des BGH 20.11.2012 (II ZR 264/10), auf die sich die Beklagte beruft, ergibt sich nichts anderes.
9b.
10Letztlich kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nicht einmal an, denn im vorliegenden Fall enthalten beide streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen nicht nur eine redaktionelle, sondern eine klare inhaltliche Abweichung von der Musterbelehrung, soweit es um den Fußnotenzusatz zu der angegebenen Widerrufsfrist geht. Diese Fristangabe („zwei Wochen“) wird durch den Zusatz („Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“) inhaltlich relativiert, was eine inhaltliche Bearbeitung darstellt. Soweit die Beklagte dagegen anführt, dass es sich um einen nur an ihre Mitarbeiter gerichteten Ausfüllhinweis handele, ist das nicht nachvollziehbar. Die Formulierung legt – weil sich die Widerrufsbelehrung ersichtlich nicht an die Mitarbeiter der Beklagten, sondern an den Darlehensnehmer wendet - eine Deutung in dem Sinne, dass es der Darlehensnehmer sei, der die Prüfung vorzunehmen habe, mindestens nahe. Dem vorgedruckten Text lässt sich auch nicht entnehmen, ob die angegebene Frist (zwei Wochen) das Ergebnis der Einzelfallprüfung ist oder nur die Angabe der (noch) nicht überprüften Regelfrist.
113.
12Das Widerrufsrecht ist nicht verwirkt, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, weil die Darlehensverträge noch nicht vollständig erfüllt waren. Die dem entsprechenden Ausführungen des Landgerichts folgen der Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage, an der er uneingeschränkt festhält. Damit fehlt es an dem für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Auch für eine unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung möglicherweise relevante treuwidrige Motivation der Kläger zum Widerruf ergeben sich aus dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten vorgerichtlichen „Schriftwechsel“ (der nur aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25.8.2014 = GA 20 ff besteht) keine Anhaltspunkte.
134.
14Hinsichtlich der Höhe des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten im Zuge der ausgesprochenen Zug-um-Zug-Verurteilung ist die Entscheidung des Landgerichts ebenfalls nicht zu beanstanden. Mangels Vortrags konkreter Tatsachen zu einem dem Ansatz des Landgerichts nicht erreichenden Verzugszinssatz – dazu hat die Beklagte weder erstinstanzlich noch im Rahmen der Berufungsbegründung Ausführungen gemacht - ist die vom der Kammer zugrunde gelegte Bezugsgröße (5% über dem Basiszins) maßgeblich. Weitere Einwendungen werden insoweit nicht erhoben.
155.
16Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses. Die Frist kann nur unter den Voraussetzungen des § 224 Abs. 2 ZPO oder mit Zustimmung des Gegners verlängert werden. Auf die Möglichkeit einer kostensparenden Rücknahme der Berufung (KV-Nr. 1220, 1222 zu § 3 Abs. 2 GKG) wird hingewiesen.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
Tenor
Es wird festgestellt, dass sich die von den Parteien unter den Darlehensnummern #####/####, #####/####, #####/####, #####/#### und #####/#### geschlossenen Darlehensverträge infolge des von den Klägern unter dem 20. Oktober 2014 erklärten Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.Es wird weiter festgestellt, dass die Kläger der Beklagten zum Zeitpunkt des Widerrufs noch die Zahlung folgender Beträge schuldeten:- zum Darlehen #####/#### € 53.851,28;- zum Darlehen #####/#### € 17.271,08;- zum Darlehen #####/#### € 26.578,74;- zum Darlehen #####/#### € 93.727,43 und- zum Darlehen #####/#### € 29.266,67.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Im Oktober/November 2007 schlossen die Parteien fünf Verträge über von der Beklagten zu gewährende grundpfandrechtlich zu besichernde Darlehen in Höhe von insgesamt € 247.500. Bei drei dieser Verträge (Anlagen K1 bis K3), die jeweils auf Angeboten vom 2. November 2007 beruhen, handelt es sich um Förderdarlehen, bei den beiden weiteren Darlehen (Anlagen K4 und K5), die auf Angeboten vom 17. Oktober 2007 beruhen, um solche des regulären Bankgeschäfts der Beklagten. Wegen der Einzelheiten einschließlich des Wortlauts der in die Verträge aufgenommenen Widerrufsbelehrungen wird auf die von den Klägern als Anlagen K1 bis K5 zu den Akten gereichten Ablichtungen der Darlehensverträge Bezug genommen.
3Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen, die Beklagte wies dies unter dem 7. November 2014 zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Januar 2015 forderten die Kläger die Beklagte zur Bestätigung der Widerrufe und zur Freigabe der Sicherheiten Zug um Zug gegen Zahlung des Rückzahlungskapitals auf.
4Die Kläger halten die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen für fehlerhaft und meinen, deshalb habe eine Frist für die Erklärung des Widerrufs noch nicht begonnen. In ihrer Klageschrift erklären sie die Aufrechnung der von ihnen errechneten Rückgewähransprüche gegen die von ihnen errechneten Rückgewähransprüche der Beklagten.
5Nachdem sie während des Prozesses den von ihnen ihrer Ansicht nach der Beklagten geschuldeten Wertersatz neu berechnet haben, beantragen sie nunmehr,
61. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
72. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
83. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
94. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
105. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
116. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 50.157,93 schulden;
127. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 16.668,51 schulden;
138. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 24.857,83 schulden;
149. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 90.229,48 schulden;
1510. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 28.448,18 schulden;
1611. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 988,03 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 50.985,96 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1712. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 242,92 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 16.838,85 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1813. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 470,96 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 24.917,80 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1914. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 552,08 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 91.200,39 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2015. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 148,75 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 28.472,13 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2116. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 4.592,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Entscheidungsgründe
25I.
26Die Klageanträge zu 1 bis zu 5 sind entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Kläger mit ihnen insgesamt lediglich beantragen festzustellen, dass sich die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben und nicht (auch) die Feststellung, dass ihr Widerruf wirksam war. Gegenstand einer Feststellungsklage kann nach § 256 Abs. 1 ZPO nur die (Un-)Echtheit einer Urkunde und das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, nicht hingegen bloße Vorfragen wie die Wirksamkeit einer Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98, NJW 2000, 354 [unter 1]) oder – was dem gleichzustellen ist – die Wirksamkeit eines Widerrufes (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – XI ZR 260/07). Angesichts dessen ergibt die entsprechend §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung, die an dem allgemeinen Grundsatz auszurichten ist, wonach mit einer Prozesshandlung von der Partei im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – XI ZB 15/09 [unter II 1 b aa]; Urteil vom 2. Juli 2004 – V ZR 290/03 [unter II 1 a]), dass die Aufnahme des Wortes „wirksam“ in die Anträge nicht auf eine weitere, zulässig nicht zu erlangende Feststellung gerichtet ist, sondern lediglich ein überflüssiges begründendes Element darstellt.
27II.
28Die Klage ist zulässig.
291. Das gilt zunächst für die Klageanträge zu 1 bis zu 5.
30a) Sie sind – ohne dass es eines Feststellungsinteresses der Kläger bedürfte – als Zwischenfeststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Entgegen dem Wortlaut des § 256 Abs. 2 ZPO muss das zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags gemachte Rechtsverhältnis kein (erst) im Laufe des Prozesses streitig gewordenes sein, es kann vielmehr bereits vor der Hauptklage streitig gewesen und der Feststellungsantrag bereits in sie aufgenommen oder zunächst als selbständiges Feststellungsbegehren geltend gemachten worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 – IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318 [unter B II 5]). Die für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 256 Abs. 2 ZPO notwendige Vorgreiflichkeit der begehrten Feststellung für die Entscheidung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12 [unter II 1 b cc]) ist gegenüber dem mit den Klageanträgen zu 6 bis 15 geltend gemachten Ansprüchen gegeben. Deren Bestehen setzt voraus, dass sich der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Der Zulässigkeit der Anträge steht schließlich nicht der Umstand entgegen, dass für eine Zwischenfeststellungsklage grundsätzlich kein Raum ist, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 223/11 [unter II 2 a]). Letzteres ist nicht der Fall, da nach dem Widerruf weitere Ansprüche der Kläger – etwa auf Rückgewähr gestellter Sicherheiten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 – XI ZR 200/15 [unter II 2 b]) – in Betracht kommen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind.
31b) Unabhängig davon kann den Klägern aber auch ein gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1 bis zu 5 nicht abgesprochen werden. Kann ein Kläger sein Ziel mit einer Leistungsklage erreichen, lässt dies nicht ohne weiteres das Feststellungsinteresse entfallen; eine Feststellungsklage bleibt zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2006 – IV ZR 4/05 [unter II 1] m.w.N.). Das ist namentlich bei Klagen gegen Banken der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94, NJW 1995, 2221 [unter A II 1]) und gilt entsprechend für Klagen gegen Sparkassen.
322. Für die übrigen Feststellungsanträge (Klageanträge zu 6 bis zu 15) liegt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse aus den gerade unter I 1 b genannten Gründen vor.
333. Die Klageanträge zu 11 bis zu 15 sind nicht mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Sie mögen wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den „dann geltenden variablen Marktzins“ nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen genügen, weil ein eine solche Verweisung enthaltender Ausspruch mangels darin enthaltener genauer (oder sich zumindest aus öffentlichen Registern oder amtlichen Bekanntmachungen ergebender) Angabe der konkreten Höhe des Zinssatzes nicht vollstreckbar und damit zu unbestimmt ist. Die sich aus § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen gelten jedoch nur für Leistungsanträge, nicht hingegen für Feststellungsanträge (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725 [unter II 2 b und c]; Urteil vom 23. September 2004 – IX ZR 137/03 [unter VI]). Mit dem von ihnen gestellten Feststellungsantrag können die Kläger ihr Ziel erreichen die Frage verbindlich zu klären, ob sie nach dem Widerruf Wertersatz weiterhin in Höhe des vertraglichen oder eines anderen, statisch oder variabel zu bestimmenden Zinssatzes zu zahlen haben. Weitere Präzisierungen des Antrags sind derzeit weder sinnvoll noch – da der Antrag auch in die Zukunft reicht – möglich.
34III.
35Die Klage ist teilweise begründet.
361. Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 10. Juni 2010 geltenden Fassung (fortan BGB a.F.) weiter anzuwenden.
372. Der von den Klägern erklärte Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Vertragserklärungen führte zur Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse.
38a) Den Klägern stand bezüglich ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Erklärungen gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zu.
39b) Dieses Widerrufsrecht haben die Kläger in ihrem Schreiben vom 20. Oktober 2014 ausgeübt.
40c) Der Widerruf ist fristgerecht erklärt worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 und 3 BGB a.F. war im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen. Sie ist durch die von der Beklagten bei Abschluss der Verträge erteilten Widerrufsbelehrungen nicht in Gang gesetzt worden.
41aa) Die von der Beklagten erteilte Belehrung genügt nicht den an sie zu stellenden Anforderungen.
42(1) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Unterrichtung, die dem – regelmäßig rechtsunkundigen – Verbraucher nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht verschaffen, sondern ihn auch in die Lage versetzen soll, dieses tatsächlich auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 – XI ZR 101/15 [unter II 1 h aa]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b]; Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 55/00 [unter II 3 a]). Nach den Vorgaben des im Streitfall anzuwendenden Rechts (§ 355 Abs. 2 BGB a.F.) ist dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich machen muss und Namen und Anschrift desjenigen zu enthalten hat, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts.
43Ungeachtet des Erfordernisses, dass Angaben zum Widerruf nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Verbraucher klar und eindeutig informieren müssen, dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1994 – VIII ZR 223/93, NJW 1994, 1800 [unter II 3]). Ob Angaben zum Widerruf den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, ist aus der Sicht eines durchschnittlichen unbefangenen, rechtsunkundigen aber verständigen Kunden zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 224/04 [unter II 3 b]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b bb]; Urteil vom 24. März 2009 – XI ZR 456/07 [unter II 1 a aa]).
44(2) Diesen Vorgaben genügen die von der Beklagten erteilten Belehrungen nicht. Die in ihnen jeweils verwandte Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, da sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Begriffs „frühestens“ entnehmen, dass der Beginn der Frist gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll, wird jedoch darüber um Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – III ZR 252/11 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 28. Juni 2011 – XI ZR 349/10 [unter II 3 b bb]).
45bb) Die Beklagte kann sich nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung nach dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 – und damit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge im Oktober und November 2007 – geltenden Fassung berufen, weil die von ihr verwandten Belehrungen diesem Muster nicht entsprechen. Dies hat die Kammer in einem – ebenfalls die Beklagte betreffenden – Fall, dem eine gleichlautende Belehrung zugrundelag, entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 b bb = Rn. 24 bis 29 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Inhaltlich ist ihnen nichts hinzuzufügen, zumal der Bundesgerichtshof seine von der Kammer an der genannten Stelle zitierte Rechtsprechung in einem eine vergleichbare Widerrufsbelehrung betreffenden Fall zwischenzeitlich bestätigt hat (vgl. Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15).
46cc) Für den Lauf der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob den Klägern – etwa aufgrund ihrer von der Beklagten angeführten beruflichen Tätigkeit – ohnehin bekannt war, dass und innerhalb welcher Frist sie ihre Vertragserklärungen widerrufen konnten. Für den Lauf der Widerrufsfrist ist nicht die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall maßgeblich; entscheidend ist nur, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – XI ZR 156/08 [unter II 2 c]).
47d) Der Ausübung des Widerrufsrechts steht § 242 BGB nicht entgegen.
48aa) Das hat die Kammer in ihrem gerade genannten, einen vergleichbaren Fall betreffenden Urteil unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich aller von der Beklagten in dem hier zur Entscheidung anstehenden Fall angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 c = Rn. 30 bis 44 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die inhaltlich ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind und an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
49bb) Die von der Beklagten angeführte berufliche Tätigkeit der Kläger – beide sind seit über zehn Jahren Mitarbeiter des Bankhauses HSBC Trinkhaus & C AG und beide dessen Prokuristen, ferner war der Kläger zudem etwa fünf Jahre als Kundenberater der Stadtsparkasse Wermelskirchen tätig – und ihre dabei (möglicherweise) erworbenen Kenntnisse über die Widerruflichkeit von Verbraucherdarlehen rechtfertigen keine davon abweichende Beurteilung. Die berufliche Tätigkeit des Verbraucher und dabei etwa erworbene Kenntnisse hindern ihn grundsätzlich nicht gemäß § 242 BGB an der Ausübung eines ihm zustehenden gesetzlichen Widerrufsrechts. Es mag sein, dass die Kläger nicht in gleicher Weise schutzwürdig erscheinen wie ein in Bankgeschäften unerfahrener und unbedarfter Verbraucher. Die Regelungen über die Informations- und Belehrungspflichten des Unternehmers und die bei deren Verletzung eintretenden Folgen dienen jedoch auch der Generalprävention und zielen mit dem Aufschub des Fristbeginns – neben dem Schutz des gerade betroffenen Verbrauchers – darauf ab, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht zu zwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 – III ZR 30/82, bei juris [unter 1] zu § 1b AbzG). Von daher verlassen die Kläger unabhängig von ihren etwaigen Kenntnissen mit ihrem Widerruf nicht den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung. Anzeichen für ein arglistiges oder schikanöses Verhalten, das einen Widerruf nach § 242 BGB ausschlösse (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15 [unter II 2]), liegen nicht vor.
503. Durch den wirksamen Widerrufs ist der Darlehensvertrag gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Hieraus ergibt sich, dass die Klageanträge zu 1 bis zu 5, mit denen die Kläger eben diese Feststellung begehren, begründet sind.
514. Welche Ansprüche in welcher Höhe aus einem infolge des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages entstandenen Rückgewährschuldverhältnis grundsätzlich bestehen, hat die Kammer in dem bereits angesprochenen Urteil vom 8. April 2016 unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich der hier von den Parteien angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 3 = Rn. 45 bis 54 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass für die Berechnung des von dem Verbraucher zu zahlenden Wertersatzes regelmäßig der Vertragszins heranzuziehen und der Berechnung des von der Bank geschuldeten Nutzungsersatzes regelmäßig ein Zinssatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugrundezulegen ist. Die Auffassung der Kammer zu beiden Fragen ist (soweit aus der Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15 und der Schilderung des Begehrens der Parteien in jenem Fall in der Pressemeldung Nr. 98/2016 ersichtlich) zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof bestätigt worden.
52Klarstellend hinzuzufügen ist, dass – weil gemäß § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben sind – der von dem Darlehensnehmer geschuldete Wertersatz (nur) bezogen auf den ihm jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – IX ZR 116/15 [Rn. 7]; Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (2)]).
535. Von den hiernach den Klägern gegen die Beklagte zustehenden Ansprüchen auf Nutzungsersatz auf die erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen sind keine Beträge für Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen.
54a) Allerdings dürfte mit der Beklagten davon auszugehen sein, dass es sich bei den Nutzungsersatzansprüchen um eine steuerbare Leistung handelt.
55Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den nach dieser Vorschrift steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind, wobei es unerheblich ist, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt, und auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen kann (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 1 und 2]; Urteil vom 24. Mai 2011 – VIII R 3/09 [unter II 1 a]). Infolgedessen können Erstattungs-, Prozess- und Verzugszinsen steuerlich zu erfassen sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Auszahlung des Kapitals selbst steuerpflichtig ist (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 2]; Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 a]).
56Diese Grundsätze dürften ebenfalls für Nutzungsersatz gelten, den eine Bank in Fällen schuldet, in denen sich die Rechtsfolgen des Widerrufes eines Verbraucherdarlehensvertrages nach § 357 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung richten und die Rückabwicklung deshalb nach den §§ 346 ff. BGB durchzuführen ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG etwa ein von einem Kreditinstitut gezahlter Nutzungsersatz auf rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren zu versteuern (vgl. Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens betr. Einzelfragen zur Abgeltungssteuer vom 18. Januar 2016, BStBl. I S. 85, Tz. 8b). Dies erscheint folgerichtig, da eine auf einen Geldbetrag gemäß § 818 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes geschuldete Verzinsung ihrer Funktion nach derjenigen „echter“ Zinsen entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2013 – IV ZR 17/12 [unter II 3]), womit die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätze zur Steuerbarkeit geschuldeter Zinsen eingreifen. Dies dürfte nicht nur für Nutzungsersatz auf zu Unrecht vereinnahmte Bearbeitungsgebühren, sondern ebenso für den Nutzungsersatzanspruch im Rahmen der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages gelten.
57b) Gleichwohl scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen aus.
58Schuldner der Kapitalertragssteuer ist gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 EStG der Gläubiger der Kapitalerträge (im Falle der Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags mithin der Verbraucher). Erhoben wird die Steuer gemäß § 43 Abs. 1 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag. Den Steuerabzug hat gemäß § 44 Abs. 1 S. 3 und S. 5 EStG die Bank als Schuldnerin der Kapitalerträge vorzunehmen und die Steuer abzuführen.
59Diese abgabenrechtliche Überlagerung des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses führt nicht dazu, dass sich der zivilrechtliche Anspruch des Darlehensnehmers gegen die Bank vermindert. Das Abzugsverfahren als besondere Form der Steuererhebung lässt den zivilrechtlichen Anspruch unberührt, es wird lediglich die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, zugunsten des Steuergläubigers teilweise durchbrochen und die regelmäßig unmittelbare Zahlung in Höhe des Steuerabzugs durch eine bloß mittelbare Zahlung (die in der Verwendung des dem Steuerabzug entsprechenden Anteils zur Tilgung der Steuerschuld des Gläubigers zu sehen ist) ersetzt mit der Folge, dass der Leistung an den Steuergläubiger Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zukommt. Diese für das Abzugsverfahren bei der Lohn-, Umsatz- und Bauabzugssteuer anerkannten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2001 – X ZR 13/99 [unter II 1] und Urteil vom 12. Mai 2005 – VII ZR 97/04 [unter II 1 b]) gelten ebenso für das Abzugsverfahren bei der Kapitalertragssteuer (vgl. Knoblauch, DStR 2012, 1952 [1955]). Folglich mindert (erst) die Abführung der Steuer durch die Bank den Anspruch des Darlehensgebers (und zwar gemäß § 362 Abs. 1 BGB).
60Da eine Abführung von Steuern auf den Nutzungsersatz durch die Beklagte bislang unterblieben ist, besteht der Anspruch der Kläger in voller Höhe.
61c) Soweit – wie hier der Fall – der Darlehensnehmer die Aufrechnung mit aus dem Rückgewährschuldverhältnis wechselseitig bestehenden Forderungen erklärt, scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen ebenfalls aus.
62Insoweit fällt genauso Kapitalertragssteuer an wie in Fällen, in denen eine Aufrechnung unterbleibt. Sollte dem von den Klägern angeführten Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15, BeckRS 2016, 01603) die Auffassung zugrundeliegen, dass keine Kapitalertragsteuer anfällt, wenn infolge einer Aufrechnung der Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis letztlich kein Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers mehr verbleibt, könnte die Kammer dem nicht folgen. Es wäre inkonsequent anzunehmen, dass Steuer anfallen soll, wenn Darlehensnehmer und Bank einander die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auszahlen, nicht jedoch, wenn die Ansprüche – mit identischem wirtschaftlichen Ergebnis – gegeneinander aufgerechnet werden. Die Aufrechnung wirkte sich dann als Umgehung des Steuertatbestandes aus. Richtigerweise ist die Aufrechnung eine der Möglichkeiten des Zuflusses der Kapitalerträge an den Gläubiger. Dieser verfügt infolge der Aufrechnung wirtschaftlich über den aufgerechneten Betrag, indem dieser zum Zwecke der teilweisen Befreiung von der Gegenforderung genutzt wird. Folglich sind im Wege der Aufrechnung dem Gläubiger zugutegekommene Zinszahlungen als Kapitalertrag gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 EStG im Jahr des Zuflusses steuerrechtlich zu erfassen. Eine Besonderheit infolge der Aufrechnung besteht lediglich insofern, als es steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der durch die Aufrechnungserklärung bewirkten Leistung ankommt, die zivilrechtliche Rückwirkung nach § 389 BGB mithin einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 b und c]; Beschluss vom 2. Mai 2007 – VI B 139/06 [unter 3]).
63Einen Aufrechnungsausschluss hat die Entstehung der Kapitalertragssteuer nicht zur Folge. Es wäre zirkelschlüssig, wenn das Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung einerseits überhaupt erst die Kapitalertragssteuer zum Entstehen brächte, andererseits dieser Entstehungstatbestand die Wirkung haben soll, dass die Aufrechnung in Höhe der Steuerbeträge von vorne herein ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist ein solcher Aufrechnungsausschluss rechtlich nicht begründbar. Das ein der Höhe der Steuerbeträge entsprechender Teil der Kapitalerträge der Dispositionsbefugnis des Steuerschuldners entzogen sein soll, lässt sich den §§ 43 ff. EStG nicht entnehmen. Vielmehr stellt die Abfuhr der Kapitalertragsteuer durch ein Kreditinstitut lediglich eine Leistung auf eine fremde Steuerschuld dar, sodass ihr – so sie denn tatsächlich erfolgt ist – schuldbefreiende Wirkung in Bezug auf den Anspruch des Steuerschuldners auf Auszahlung seiner Kapitalerträge zukommen kann. Dies begründet aber weder ein Aufrechnungsverbot, noch eine die Aufrechnung hindernde Einrede des Kreditinstituts. Unterbleibt infolge einer von dem Darlehensnehmer erklärten Aufrechnung ein Steuerabzug durch die Bank, greifen die Regelungen in § 44 Abs. 5 EStG ein, aus denen sich keine zivilrechtlichen Wirkungen ableiten lassen. Einschränkungen der Aufrechenbarkeit, wie sie sich im Lohnsteuerabzugsverfahren aufgrund der § 394 BGB, §§ 850 ff. ZPO ergeben können, bestehen im Falle der Kapitalertragssteuer nicht.
646. Zusammenfassend ergibt sich aus den Ausführungen vorstehend unter III 4 und III 5 für die zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche:
65a) Die Kläger schuldeten der Beklagten zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs (mithin am 21. Oktober 2014, dem in entsprechender Anwendung von § 270 S. 2 ZPO zu erwartenden Zugangs des Widerrufsschreibens bei der Beklagten) ursprünglich die Rückzahlung des ihnen ausgezahlten Nettokreditbetrages zuzüglich Wertersatz in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes auf den ihnen jeweils tatsächlich überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
66b) Umgekehrt schuldete die Beklagte die Rückzahlung der erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger und darauf bezogen Nutzungsersatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
67Bezogen auf die drei im Oktober 2007 geschlossenen Verträge, die jeweils KfW-Förderdarlehen zum Gegenstand haben (Darlehen #####/####, #####/#### und #####/####), ist als Basis für die Berechnung des Nutzungsersatzes lediglich die auf die Beklagte entfallende Zinsmarge von 0,6 % p.a. zu berücksichtigen, da die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die Zahlungen der Kläger mit Ausnahme dieser Zinsmarge an die NRW.BANK als Zentralinstitut weitergeleitet zu haben. Da die Beklagte lediglich diese Zinsmarge behalten durfte, stand ihr auch nur diese zur Verfügung, um daraus Nutzungen zu ziehen.
68c) Infolge der von den Klägern in der Klageschrift erklärten Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis sind diese gemäß § 389 BGB – rückwirkend auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rückgewährschuldverhältnisses mit Wirksamwerden des Widerrufs (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (1)]) – erloschen, soweit sie sich decken.
697. Zur Berechnung der sich für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 ergebenden Ergebnisse ist hinsichtlich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Beklagten auf die Angaben der Kläger in ihrer Replik (dort ab S. 50) abzustellen. Die Berechnung der Kläger fußt auf den allgemein für die Rückabwicklungsansprüche geltenden, oben dargestellten Maßgaben. Ihre rechnerische Richtigkeit hat die Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Bezüglich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Kläger ist im Grundsatz die von der Beklagten vorgelegte Berechnung in der Klageerwiderung (dort ab S. 52) heranzuziehen. Sie berücksichtigt den insoweit maßgeblichen Zinssatz, zu unterbleiben hat der von der Beklagten für richtig gehaltene Steuerabzug. Unter weiterer Berücksichtigung der Aufrechnung führt dies für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 zu folgenden Ergebnissen:
70a) Klageantrag zu 1 – Darlehen Nr. #####/####
71ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 79.254,44
72ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 25.403,16
73Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 53.851,28
74b) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
75ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 22.839,47
76ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 5.568,39
77Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 17.271,08
78c) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
79ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 38.600,00
80ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 12.021,26
81Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 26.578,74
82d) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
83ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 140.978,01
84ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 47.250,58
85Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 93.727,43
86e) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
87ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 39.846,34
88ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 10.579,64
89Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 29.266,67
908. Keinen Erfolg haben die Klageanträge zu 11 bis zu 15. Auf die von ihnen mit diesen Anträgen erstrebte Feststellung, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten Annuitäten auf die per Saldo noch bestehenden Rückgewähransprüche der Beklagten unter Zugrundelegung des jeweils geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind, haben die Kläger keinen Anspruch.
91a) Für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs steht der Beklagten – was die Kläger der Sache nach zugestehen – ebenfalls ein Nutzungsersatzanspruch zu, dessen Höhe grundsätzlich dem vertraglich vereinbarten Zins entspricht.
92Der sich aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB a.F. ergebende Anspruch auf Ersatz der Nutzungen, die der Verbraucher aus der ihm aufgrund des widerrufenen Vertrages überlassenen Sache zieht, endet grundsätzlich nicht mit dem Wirksamwerden des Widerrufs, sondern erst in dem Moment, in dem der Verbraucher den Anspruch des Unternehmers auf Rückgewähr des Vertragsgegenstands aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. erfüllt und die Sache zurückgibt, oder – sofern die Voraussetzungen des Gläubigerverzugs vorliegen – gemäß § 302 BGB bereits vor der Rückgabe der Sache in dem Moment, in dem der Verbraucher aufhört, Nutzungen zu ziehen. Demgemäß schuldet der Verbraucher für die Zeit nach dem Widerruf weiterhin den vereinbarten Zinssatz auf den jeweils tatsächlich ihm noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
93b) Den Verbraucher an dem in dem widerrufenen Vertrag vereinbarten Zinssatz festzuhalten ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Darlehensgeber nach Erklärung des Widerrufs mit der Annahme der dem Verbraucher obliegenden Leistungen in Verzug gerät. Denn gemäß § 302 BGB beschränkt sich die Verpflichtung des Schuldners, der die Nutzungen eines Gegenstands herauszugeben oder zu ersetzen hat, während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht. Das sind bei einem Darlehensnehmer, der den Darlehensvertrag widerrufen hat und hinsichtlich der Darlehenssumme weiterhin einen Finanzierungsbedarf hat, diejenigen Zinsen, die er bei einer anderweitigen Abdeckung seines Finanzierungsbedarfes zahlen müsste, weshalb insoweit – mithin erst ab Eintritt des Annahmeverzuges des Darlehensgebers mit der Rückabwicklung – auf das zu diesem Zeitpunkt bestehende Zinsniveau abzustellen ist.
94c) Hieraus folgt, dass die Kläger für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs weiterhin den vertraglich vereinbarten Zins auf den noch bei ihnen verbliebenen Teil der Darlehensvaluta schulden. Einen Annahmeverzug der Beklagten für die Zeit nach dem 19. Februar 2015 haben die Kläger nicht herbeigeführt. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass die Kläger konkrete Beträge Zug um Zug als Gegenleistung anbieten. Vielmehr reicht es aus, dass die wechselseitig geschuldeten Beträge in korrekter Weise abstrakt benannt werden. Dies ist hier jedenfalls bis zur mündlichen Verhandlung nicht geschehen, da die Kläger die ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Ansprüche überhöht – nämlich unter Zugrundelegung eines von der Beklagten als Nutzungsersatz zu zahlenden Zinssatzes in Höhe von fünf (statt richtig nur zweieinhalb) Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – berechnet und damit der Beklagten per Saldo weniger angeboten haben, als ihr aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis zusteht.
959. Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten haben die Kläger nicht. Als Teil der Kosten der Rechtsverfolgung können sie entweder als Verzugsschaden oder im Rahmen der Geltendmachung eines deliktischen oder vertraglichen Schadenersatzanspruchs neben dem unmittelbar entstandenen Schaden als dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden erstattungsfähig sein. Beides ist hier nicht der Fall.
96a) Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, unter denen die Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden ersatzfähig wären, liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich zum Zeitpunkt der Mandatierung der klägerischen Prozessbevollmächtigten, welche die Entstehung der Rechtsverfolgungskosten ausgelöst hat, mit der Erfüllung einer ihr nach einem mit den Klägern bestehenden Schuldverhältnis obliegenden Pflicht in Verzug befunden hätte.
97b) Die Forderung lässt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB herleiten. Zwar mag die dem Unternehmer auferlegte Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht eine echte Rechtspflicht darstellen, deren Verletzung Ersatzansprüche zur Folge haben kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2006 – XI ZR 204/04 [unter III 2 b aa]; Urteil vom 26. Februar 2008 – XI ZR 74/06 [unter II 3 a]). Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich jedoch nicht, dass die fehlerhafte Belehrung für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre. Die Rechtsanwaltskosten sind vielmehr erst entstanden, als die Kläger sich nach Ausübung ihres Widerrufsrechts anwaltlicher Hilfe bedient haben.
98IV.
99Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Kläger ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
100Streitwert: € 96.038,52
101(= Summe der von den Klägern bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen; § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO).
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Tenor
Es wird festgestellt, dass sich die von den Parteien unter den Darlehensnummern #####/####, #####/####, #####/####, #####/#### und #####/#### geschlossenen Darlehensverträge infolge des von den Klägern unter dem 20. Oktober 2014 erklärten Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.Es wird weiter festgestellt, dass die Kläger der Beklagten zum Zeitpunkt des Widerrufs noch die Zahlung folgender Beträge schuldeten:- zum Darlehen #####/#### € 53.851,28;- zum Darlehen #####/#### € 17.271,08;- zum Darlehen #####/#### € 26.578,74;- zum Darlehen #####/#### € 93.727,43 und- zum Darlehen #####/#### € 29.266,67.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Im Oktober/November 2007 schlossen die Parteien fünf Verträge über von der Beklagten zu gewährende grundpfandrechtlich zu besichernde Darlehen in Höhe von insgesamt € 247.500. Bei drei dieser Verträge (Anlagen K1 bis K3), die jeweils auf Angeboten vom 2. November 2007 beruhen, handelt es sich um Förderdarlehen, bei den beiden weiteren Darlehen (Anlagen K4 und K5), die auf Angeboten vom 17. Oktober 2007 beruhen, um solche des regulären Bankgeschäfts der Beklagten. Wegen der Einzelheiten einschließlich des Wortlauts der in die Verträge aufgenommenen Widerrufsbelehrungen wird auf die von den Klägern als Anlagen K1 bis K5 zu den Akten gereichten Ablichtungen der Darlehensverträge Bezug genommen.
3Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen, die Beklagte wies dies unter dem 7. November 2014 zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Januar 2015 forderten die Kläger die Beklagte zur Bestätigung der Widerrufe und zur Freigabe der Sicherheiten Zug um Zug gegen Zahlung des Rückzahlungskapitals auf.
4Die Kläger halten die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen für fehlerhaft und meinen, deshalb habe eine Frist für die Erklärung des Widerrufs noch nicht begonnen. In ihrer Klageschrift erklären sie die Aufrechnung der von ihnen errechneten Rückgewähransprüche gegen die von ihnen errechneten Rückgewähransprüche der Beklagten.
5Nachdem sie während des Prozesses den von ihnen ihrer Ansicht nach der Beklagten geschuldeten Wertersatz neu berechnet haben, beantragen sie nunmehr,
61. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
72. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
83. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
94. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
105. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
116. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 50.157,93 schulden;
127. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 16.668,51 schulden;
138. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 24.857,83 schulden;
149. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 90.229,48 schulden;
1510. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 28.448,18 schulden;
1611. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 988,03 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 50.985,96 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1712. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 242,92 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 16.838,85 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1813. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 470,96 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 24.917,80 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1914. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 552,08 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 91.200,39 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2015. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 148,75 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 28.472,13 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2116. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 4.592,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Entscheidungsgründe
25I.
26Die Klageanträge zu 1 bis zu 5 sind entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Kläger mit ihnen insgesamt lediglich beantragen festzustellen, dass sich die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben und nicht (auch) die Feststellung, dass ihr Widerruf wirksam war. Gegenstand einer Feststellungsklage kann nach § 256 Abs. 1 ZPO nur die (Un-)Echtheit einer Urkunde und das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, nicht hingegen bloße Vorfragen wie die Wirksamkeit einer Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98, NJW 2000, 354 [unter 1]) oder – was dem gleichzustellen ist – die Wirksamkeit eines Widerrufes (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – XI ZR 260/07). Angesichts dessen ergibt die entsprechend §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung, die an dem allgemeinen Grundsatz auszurichten ist, wonach mit einer Prozesshandlung von der Partei im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – XI ZB 15/09 [unter II 1 b aa]; Urteil vom 2. Juli 2004 – V ZR 290/03 [unter II 1 a]), dass die Aufnahme des Wortes „wirksam“ in die Anträge nicht auf eine weitere, zulässig nicht zu erlangende Feststellung gerichtet ist, sondern lediglich ein überflüssiges begründendes Element darstellt.
27II.
28Die Klage ist zulässig.
291. Das gilt zunächst für die Klageanträge zu 1 bis zu 5.
30a) Sie sind – ohne dass es eines Feststellungsinteresses der Kläger bedürfte – als Zwischenfeststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Entgegen dem Wortlaut des § 256 Abs. 2 ZPO muss das zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags gemachte Rechtsverhältnis kein (erst) im Laufe des Prozesses streitig gewordenes sein, es kann vielmehr bereits vor der Hauptklage streitig gewesen und der Feststellungsantrag bereits in sie aufgenommen oder zunächst als selbständiges Feststellungsbegehren geltend gemachten worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 – IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318 [unter B II 5]). Die für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 256 Abs. 2 ZPO notwendige Vorgreiflichkeit der begehrten Feststellung für die Entscheidung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12 [unter II 1 b cc]) ist gegenüber dem mit den Klageanträgen zu 6 bis 15 geltend gemachten Ansprüchen gegeben. Deren Bestehen setzt voraus, dass sich der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Der Zulässigkeit der Anträge steht schließlich nicht der Umstand entgegen, dass für eine Zwischenfeststellungsklage grundsätzlich kein Raum ist, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 223/11 [unter II 2 a]). Letzteres ist nicht der Fall, da nach dem Widerruf weitere Ansprüche der Kläger – etwa auf Rückgewähr gestellter Sicherheiten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 – XI ZR 200/15 [unter II 2 b]) – in Betracht kommen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind.
31b) Unabhängig davon kann den Klägern aber auch ein gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1 bis zu 5 nicht abgesprochen werden. Kann ein Kläger sein Ziel mit einer Leistungsklage erreichen, lässt dies nicht ohne weiteres das Feststellungsinteresse entfallen; eine Feststellungsklage bleibt zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2006 – IV ZR 4/05 [unter II 1] m.w.N.). Das ist namentlich bei Klagen gegen Banken der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94, NJW 1995, 2221 [unter A II 1]) und gilt entsprechend für Klagen gegen Sparkassen.
322. Für die übrigen Feststellungsanträge (Klageanträge zu 6 bis zu 15) liegt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse aus den gerade unter I 1 b genannten Gründen vor.
333. Die Klageanträge zu 11 bis zu 15 sind nicht mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Sie mögen wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den „dann geltenden variablen Marktzins“ nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen genügen, weil ein eine solche Verweisung enthaltender Ausspruch mangels darin enthaltener genauer (oder sich zumindest aus öffentlichen Registern oder amtlichen Bekanntmachungen ergebender) Angabe der konkreten Höhe des Zinssatzes nicht vollstreckbar und damit zu unbestimmt ist. Die sich aus § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen gelten jedoch nur für Leistungsanträge, nicht hingegen für Feststellungsanträge (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725 [unter II 2 b und c]; Urteil vom 23. September 2004 – IX ZR 137/03 [unter VI]). Mit dem von ihnen gestellten Feststellungsantrag können die Kläger ihr Ziel erreichen die Frage verbindlich zu klären, ob sie nach dem Widerruf Wertersatz weiterhin in Höhe des vertraglichen oder eines anderen, statisch oder variabel zu bestimmenden Zinssatzes zu zahlen haben. Weitere Präzisierungen des Antrags sind derzeit weder sinnvoll noch – da der Antrag auch in die Zukunft reicht – möglich.
34III.
35Die Klage ist teilweise begründet.
361. Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 10. Juni 2010 geltenden Fassung (fortan BGB a.F.) weiter anzuwenden.
372. Der von den Klägern erklärte Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Vertragserklärungen führte zur Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse.
38a) Den Klägern stand bezüglich ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Erklärungen gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zu.
39b) Dieses Widerrufsrecht haben die Kläger in ihrem Schreiben vom 20. Oktober 2014 ausgeübt.
40c) Der Widerruf ist fristgerecht erklärt worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 und 3 BGB a.F. war im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen. Sie ist durch die von der Beklagten bei Abschluss der Verträge erteilten Widerrufsbelehrungen nicht in Gang gesetzt worden.
41aa) Die von der Beklagten erteilte Belehrung genügt nicht den an sie zu stellenden Anforderungen.
42(1) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Unterrichtung, die dem – regelmäßig rechtsunkundigen – Verbraucher nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht verschaffen, sondern ihn auch in die Lage versetzen soll, dieses tatsächlich auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 – XI ZR 101/15 [unter II 1 h aa]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b]; Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 55/00 [unter II 3 a]). Nach den Vorgaben des im Streitfall anzuwendenden Rechts (§ 355 Abs. 2 BGB a.F.) ist dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich machen muss und Namen und Anschrift desjenigen zu enthalten hat, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts.
43Ungeachtet des Erfordernisses, dass Angaben zum Widerruf nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Verbraucher klar und eindeutig informieren müssen, dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1994 – VIII ZR 223/93, NJW 1994, 1800 [unter II 3]). Ob Angaben zum Widerruf den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, ist aus der Sicht eines durchschnittlichen unbefangenen, rechtsunkundigen aber verständigen Kunden zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 224/04 [unter II 3 b]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b bb]; Urteil vom 24. März 2009 – XI ZR 456/07 [unter II 1 a aa]).
44(2) Diesen Vorgaben genügen die von der Beklagten erteilten Belehrungen nicht. Die in ihnen jeweils verwandte Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, da sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Begriffs „frühestens“ entnehmen, dass der Beginn der Frist gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll, wird jedoch darüber um Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – III ZR 252/11 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 28. Juni 2011 – XI ZR 349/10 [unter II 3 b bb]).
45bb) Die Beklagte kann sich nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung nach dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 – und damit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge im Oktober und November 2007 – geltenden Fassung berufen, weil die von ihr verwandten Belehrungen diesem Muster nicht entsprechen. Dies hat die Kammer in einem – ebenfalls die Beklagte betreffenden – Fall, dem eine gleichlautende Belehrung zugrundelag, entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 b bb = Rn. 24 bis 29 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Inhaltlich ist ihnen nichts hinzuzufügen, zumal der Bundesgerichtshof seine von der Kammer an der genannten Stelle zitierte Rechtsprechung in einem eine vergleichbare Widerrufsbelehrung betreffenden Fall zwischenzeitlich bestätigt hat (vgl. Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15).
46cc) Für den Lauf der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob den Klägern – etwa aufgrund ihrer von der Beklagten angeführten beruflichen Tätigkeit – ohnehin bekannt war, dass und innerhalb welcher Frist sie ihre Vertragserklärungen widerrufen konnten. Für den Lauf der Widerrufsfrist ist nicht die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall maßgeblich; entscheidend ist nur, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – XI ZR 156/08 [unter II 2 c]).
47d) Der Ausübung des Widerrufsrechts steht § 242 BGB nicht entgegen.
48aa) Das hat die Kammer in ihrem gerade genannten, einen vergleichbaren Fall betreffenden Urteil unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich aller von der Beklagten in dem hier zur Entscheidung anstehenden Fall angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 c = Rn. 30 bis 44 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die inhaltlich ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind und an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
49bb) Die von der Beklagten angeführte berufliche Tätigkeit der Kläger – beide sind seit über zehn Jahren Mitarbeiter des Bankhauses HSBC Trinkhaus & C AG und beide dessen Prokuristen, ferner war der Kläger zudem etwa fünf Jahre als Kundenberater der Stadtsparkasse Wermelskirchen tätig – und ihre dabei (möglicherweise) erworbenen Kenntnisse über die Widerruflichkeit von Verbraucherdarlehen rechtfertigen keine davon abweichende Beurteilung. Die berufliche Tätigkeit des Verbraucher und dabei etwa erworbene Kenntnisse hindern ihn grundsätzlich nicht gemäß § 242 BGB an der Ausübung eines ihm zustehenden gesetzlichen Widerrufsrechts. Es mag sein, dass die Kläger nicht in gleicher Weise schutzwürdig erscheinen wie ein in Bankgeschäften unerfahrener und unbedarfter Verbraucher. Die Regelungen über die Informations- und Belehrungspflichten des Unternehmers und die bei deren Verletzung eintretenden Folgen dienen jedoch auch der Generalprävention und zielen mit dem Aufschub des Fristbeginns – neben dem Schutz des gerade betroffenen Verbrauchers – darauf ab, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht zu zwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 – III ZR 30/82, bei juris [unter 1] zu § 1b AbzG). Von daher verlassen die Kläger unabhängig von ihren etwaigen Kenntnissen mit ihrem Widerruf nicht den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung. Anzeichen für ein arglistiges oder schikanöses Verhalten, das einen Widerruf nach § 242 BGB ausschlösse (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15 [unter II 2]), liegen nicht vor.
503. Durch den wirksamen Widerrufs ist der Darlehensvertrag gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Hieraus ergibt sich, dass die Klageanträge zu 1 bis zu 5, mit denen die Kläger eben diese Feststellung begehren, begründet sind.
514. Welche Ansprüche in welcher Höhe aus einem infolge des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages entstandenen Rückgewährschuldverhältnis grundsätzlich bestehen, hat die Kammer in dem bereits angesprochenen Urteil vom 8. April 2016 unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich der hier von den Parteien angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 3 = Rn. 45 bis 54 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass für die Berechnung des von dem Verbraucher zu zahlenden Wertersatzes regelmäßig der Vertragszins heranzuziehen und der Berechnung des von der Bank geschuldeten Nutzungsersatzes regelmäßig ein Zinssatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugrundezulegen ist. Die Auffassung der Kammer zu beiden Fragen ist (soweit aus der Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15 und der Schilderung des Begehrens der Parteien in jenem Fall in der Pressemeldung Nr. 98/2016 ersichtlich) zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof bestätigt worden.
52Klarstellend hinzuzufügen ist, dass – weil gemäß § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben sind – der von dem Darlehensnehmer geschuldete Wertersatz (nur) bezogen auf den ihm jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – IX ZR 116/15 [Rn. 7]; Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (2)]).
535. Von den hiernach den Klägern gegen die Beklagte zustehenden Ansprüchen auf Nutzungsersatz auf die erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen sind keine Beträge für Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen.
54a) Allerdings dürfte mit der Beklagten davon auszugehen sein, dass es sich bei den Nutzungsersatzansprüchen um eine steuerbare Leistung handelt.
55Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den nach dieser Vorschrift steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind, wobei es unerheblich ist, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt, und auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen kann (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 1 und 2]; Urteil vom 24. Mai 2011 – VIII R 3/09 [unter II 1 a]). Infolgedessen können Erstattungs-, Prozess- und Verzugszinsen steuerlich zu erfassen sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Auszahlung des Kapitals selbst steuerpflichtig ist (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 2]; Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 a]).
56Diese Grundsätze dürften ebenfalls für Nutzungsersatz gelten, den eine Bank in Fällen schuldet, in denen sich die Rechtsfolgen des Widerrufes eines Verbraucherdarlehensvertrages nach § 357 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung richten und die Rückabwicklung deshalb nach den §§ 346 ff. BGB durchzuführen ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG etwa ein von einem Kreditinstitut gezahlter Nutzungsersatz auf rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren zu versteuern (vgl. Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens betr. Einzelfragen zur Abgeltungssteuer vom 18. Januar 2016, BStBl. I S. 85, Tz. 8b). Dies erscheint folgerichtig, da eine auf einen Geldbetrag gemäß § 818 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes geschuldete Verzinsung ihrer Funktion nach derjenigen „echter“ Zinsen entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2013 – IV ZR 17/12 [unter II 3]), womit die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätze zur Steuerbarkeit geschuldeter Zinsen eingreifen. Dies dürfte nicht nur für Nutzungsersatz auf zu Unrecht vereinnahmte Bearbeitungsgebühren, sondern ebenso für den Nutzungsersatzanspruch im Rahmen der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages gelten.
57b) Gleichwohl scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen aus.
58Schuldner der Kapitalertragssteuer ist gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 EStG der Gläubiger der Kapitalerträge (im Falle der Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags mithin der Verbraucher). Erhoben wird die Steuer gemäß § 43 Abs. 1 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag. Den Steuerabzug hat gemäß § 44 Abs. 1 S. 3 und S. 5 EStG die Bank als Schuldnerin der Kapitalerträge vorzunehmen und die Steuer abzuführen.
59Diese abgabenrechtliche Überlagerung des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses führt nicht dazu, dass sich der zivilrechtliche Anspruch des Darlehensnehmers gegen die Bank vermindert. Das Abzugsverfahren als besondere Form der Steuererhebung lässt den zivilrechtlichen Anspruch unberührt, es wird lediglich die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, zugunsten des Steuergläubigers teilweise durchbrochen und die regelmäßig unmittelbare Zahlung in Höhe des Steuerabzugs durch eine bloß mittelbare Zahlung (die in der Verwendung des dem Steuerabzug entsprechenden Anteils zur Tilgung der Steuerschuld des Gläubigers zu sehen ist) ersetzt mit der Folge, dass der Leistung an den Steuergläubiger Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zukommt. Diese für das Abzugsverfahren bei der Lohn-, Umsatz- und Bauabzugssteuer anerkannten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2001 – X ZR 13/99 [unter II 1] und Urteil vom 12. Mai 2005 – VII ZR 97/04 [unter II 1 b]) gelten ebenso für das Abzugsverfahren bei der Kapitalertragssteuer (vgl. Knoblauch, DStR 2012, 1952 [1955]). Folglich mindert (erst) die Abführung der Steuer durch die Bank den Anspruch des Darlehensgebers (und zwar gemäß § 362 Abs. 1 BGB).
60Da eine Abführung von Steuern auf den Nutzungsersatz durch die Beklagte bislang unterblieben ist, besteht der Anspruch der Kläger in voller Höhe.
61c) Soweit – wie hier der Fall – der Darlehensnehmer die Aufrechnung mit aus dem Rückgewährschuldverhältnis wechselseitig bestehenden Forderungen erklärt, scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen ebenfalls aus.
62Insoweit fällt genauso Kapitalertragssteuer an wie in Fällen, in denen eine Aufrechnung unterbleibt. Sollte dem von den Klägern angeführten Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15, BeckRS 2016, 01603) die Auffassung zugrundeliegen, dass keine Kapitalertragsteuer anfällt, wenn infolge einer Aufrechnung der Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis letztlich kein Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers mehr verbleibt, könnte die Kammer dem nicht folgen. Es wäre inkonsequent anzunehmen, dass Steuer anfallen soll, wenn Darlehensnehmer und Bank einander die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auszahlen, nicht jedoch, wenn die Ansprüche – mit identischem wirtschaftlichen Ergebnis – gegeneinander aufgerechnet werden. Die Aufrechnung wirkte sich dann als Umgehung des Steuertatbestandes aus. Richtigerweise ist die Aufrechnung eine der Möglichkeiten des Zuflusses der Kapitalerträge an den Gläubiger. Dieser verfügt infolge der Aufrechnung wirtschaftlich über den aufgerechneten Betrag, indem dieser zum Zwecke der teilweisen Befreiung von der Gegenforderung genutzt wird. Folglich sind im Wege der Aufrechnung dem Gläubiger zugutegekommene Zinszahlungen als Kapitalertrag gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 EStG im Jahr des Zuflusses steuerrechtlich zu erfassen. Eine Besonderheit infolge der Aufrechnung besteht lediglich insofern, als es steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der durch die Aufrechnungserklärung bewirkten Leistung ankommt, die zivilrechtliche Rückwirkung nach § 389 BGB mithin einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 b und c]; Beschluss vom 2. Mai 2007 – VI B 139/06 [unter 3]).
63Einen Aufrechnungsausschluss hat die Entstehung der Kapitalertragssteuer nicht zur Folge. Es wäre zirkelschlüssig, wenn das Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung einerseits überhaupt erst die Kapitalertragssteuer zum Entstehen brächte, andererseits dieser Entstehungstatbestand die Wirkung haben soll, dass die Aufrechnung in Höhe der Steuerbeträge von vorne herein ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist ein solcher Aufrechnungsausschluss rechtlich nicht begründbar. Das ein der Höhe der Steuerbeträge entsprechender Teil der Kapitalerträge der Dispositionsbefugnis des Steuerschuldners entzogen sein soll, lässt sich den §§ 43 ff. EStG nicht entnehmen. Vielmehr stellt die Abfuhr der Kapitalertragsteuer durch ein Kreditinstitut lediglich eine Leistung auf eine fremde Steuerschuld dar, sodass ihr – so sie denn tatsächlich erfolgt ist – schuldbefreiende Wirkung in Bezug auf den Anspruch des Steuerschuldners auf Auszahlung seiner Kapitalerträge zukommen kann. Dies begründet aber weder ein Aufrechnungsverbot, noch eine die Aufrechnung hindernde Einrede des Kreditinstituts. Unterbleibt infolge einer von dem Darlehensnehmer erklärten Aufrechnung ein Steuerabzug durch die Bank, greifen die Regelungen in § 44 Abs. 5 EStG ein, aus denen sich keine zivilrechtlichen Wirkungen ableiten lassen. Einschränkungen der Aufrechenbarkeit, wie sie sich im Lohnsteuerabzugsverfahren aufgrund der § 394 BGB, §§ 850 ff. ZPO ergeben können, bestehen im Falle der Kapitalertragssteuer nicht.
646. Zusammenfassend ergibt sich aus den Ausführungen vorstehend unter III 4 und III 5 für die zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche:
65a) Die Kläger schuldeten der Beklagten zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs (mithin am 21. Oktober 2014, dem in entsprechender Anwendung von § 270 S. 2 ZPO zu erwartenden Zugangs des Widerrufsschreibens bei der Beklagten) ursprünglich die Rückzahlung des ihnen ausgezahlten Nettokreditbetrages zuzüglich Wertersatz in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes auf den ihnen jeweils tatsächlich überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
66b) Umgekehrt schuldete die Beklagte die Rückzahlung der erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger und darauf bezogen Nutzungsersatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
67Bezogen auf die drei im Oktober 2007 geschlossenen Verträge, die jeweils KfW-Förderdarlehen zum Gegenstand haben (Darlehen #####/####, #####/#### und #####/####), ist als Basis für die Berechnung des Nutzungsersatzes lediglich die auf die Beklagte entfallende Zinsmarge von 0,6 % p.a. zu berücksichtigen, da die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die Zahlungen der Kläger mit Ausnahme dieser Zinsmarge an die NRW.BANK als Zentralinstitut weitergeleitet zu haben. Da die Beklagte lediglich diese Zinsmarge behalten durfte, stand ihr auch nur diese zur Verfügung, um daraus Nutzungen zu ziehen.
68c) Infolge der von den Klägern in der Klageschrift erklärten Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis sind diese gemäß § 389 BGB – rückwirkend auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rückgewährschuldverhältnisses mit Wirksamwerden des Widerrufs (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (1)]) – erloschen, soweit sie sich decken.
697. Zur Berechnung der sich für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 ergebenden Ergebnisse ist hinsichtlich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Beklagten auf die Angaben der Kläger in ihrer Replik (dort ab S. 50) abzustellen. Die Berechnung der Kläger fußt auf den allgemein für die Rückabwicklungsansprüche geltenden, oben dargestellten Maßgaben. Ihre rechnerische Richtigkeit hat die Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Bezüglich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Kläger ist im Grundsatz die von der Beklagten vorgelegte Berechnung in der Klageerwiderung (dort ab S. 52) heranzuziehen. Sie berücksichtigt den insoweit maßgeblichen Zinssatz, zu unterbleiben hat der von der Beklagten für richtig gehaltene Steuerabzug. Unter weiterer Berücksichtigung der Aufrechnung führt dies für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 zu folgenden Ergebnissen:
70a) Klageantrag zu 1 – Darlehen Nr. #####/####
71ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 79.254,44
72ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 25.403,16
73Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 53.851,28
74b) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
75ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 22.839,47
76ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 5.568,39
77Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 17.271,08
78c) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
79ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 38.600,00
80ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 12.021,26
81Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 26.578,74
82d) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
83ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 140.978,01
84ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 47.250,58
85Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 93.727,43
86e) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
87ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 39.846,34
88ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 10.579,64
89Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 29.266,67
908. Keinen Erfolg haben die Klageanträge zu 11 bis zu 15. Auf die von ihnen mit diesen Anträgen erstrebte Feststellung, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten Annuitäten auf die per Saldo noch bestehenden Rückgewähransprüche der Beklagten unter Zugrundelegung des jeweils geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind, haben die Kläger keinen Anspruch.
91a) Für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs steht der Beklagten – was die Kläger der Sache nach zugestehen – ebenfalls ein Nutzungsersatzanspruch zu, dessen Höhe grundsätzlich dem vertraglich vereinbarten Zins entspricht.
92Der sich aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB a.F. ergebende Anspruch auf Ersatz der Nutzungen, die der Verbraucher aus der ihm aufgrund des widerrufenen Vertrages überlassenen Sache zieht, endet grundsätzlich nicht mit dem Wirksamwerden des Widerrufs, sondern erst in dem Moment, in dem der Verbraucher den Anspruch des Unternehmers auf Rückgewähr des Vertragsgegenstands aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. erfüllt und die Sache zurückgibt, oder – sofern die Voraussetzungen des Gläubigerverzugs vorliegen – gemäß § 302 BGB bereits vor der Rückgabe der Sache in dem Moment, in dem der Verbraucher aufhört, Nutzungen zu ziehen. Demgemäß schuldet der Verbraucher für die Zeit nach dem Widerruf weiterhin den vereinbarten Zinssatz auf den jeweils tatsächlich ihm noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
93b) Den Verbraucher an dem in dem widerrufenen Vertrag vereinbarten Zinssatz festzuhalten ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Darlehensgeber nach Erklärung des Widerrufs mit der Annahme der dem Verbraucher obliegenden Leistungen in Verzug gerät. Denn gemäß § 302 BGB beschränkt sich die Verpflichtung des Schuldners, der die Nutzungen eines Gegenstands herauszugeben oder zu ersetzen hat, während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht. Das sind bei einem Darlehensnehmer, der den Darlehensvertrag widerrufen hat und hinsichtlich der Darlehenssumme weiterhin einen Finanzierungsbedarf hat, diejenigen Zinsen, die er bei einer anderweitigen Abdeckung seines Finanzierungsbedarfes zahlen müsste, weshalb insoweit – mithin erst ab Eintritt des Annahmeverzuges des Darlehensgebers mit der Rückabwicklung – auf das zu diesem Zeitpunkt bestehende Zinsniveau abzustellen ist.
94c) Hieraus folgt, dass die Kläger für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs weiterhin den vertraglich vereinbarten Zins auf den noch bei ihnen verbliebenen Teil der Darlehensvaluta schulden. Einen Annahmeverzug der Beklagten für die Zeit nach dem 19. Februar 2015 haben die Kläger nicht herbeigeführt. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass die Kläger konkrete Beträge Zug um Zug als Gegenleistung anbieten. Vielmehr reicht es aus, dass die wechselseitig geschuldeten Beträge in korrekter Weise abstrakt benannt werden. Dies ist hier jedenfalls bis zur mündlichen Verhandlung nicht geschehen, da die Kläger die ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Ansprüche überhöht – nämlich unter Zugrundelegung eines von der Beklagten als Nutzungsersatz zu zahlenden Zinssatzes in Höhe von fünf (statt richtig nur zweieinhalb) Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – berechnet und damit der Beklagten per Saldo weniger angeboten haben, als ihr aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis zusteht.
959. Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten haben die Kläger nicht. Als Teil der Kosten der Rechtsverfolgung können sie entweder als Verzugsschaden oder im Rahmen der Geltendmachung eines deliktischen oder vertraglichen Schadenersatzanspruchs neben dem unmittelbar entstandenen Schaden als dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden erstattungsfähig sein. Beides ist hier nicht der Fall.
96a) Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, unter denen die Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden ersatzfähig wären, liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich zum Zeitpunkt der Mandatierung der klägerischen Prozessbevollmächtigten, welche die Entstehung der Rechtsverfolgungskosten ausgelöst hat, mit der Erfüllung einer ihr nach einem mit den Klägern bestehenden Schuldverhältnis obliegenden Pflicht in Verzug befunden hätte.
97b) Die Forderung lässt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB herleiten. Zwar mag die dem Unternehmer auferlegte Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht eine echte Rechtspflicht darstellen, deren Verletzung Ersatzansprüche zur Folge haben kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2006 – XI ZR 204/04 [unter III 2 b aa]; Urteil vom 26. Februar 2008 – XI ZR 74/06 [unter II 3 a]). Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich jedoch nicht, dass die fehlerhafte Belehrung für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre. Die Rechtsanwaltskosten sind vielmehr erst entstanden, als die Kläger sich nach Ausübung ihres Widerrufsrechts anwaltlicher Hilfe bedient haben.
98IV.
99Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Kläger ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
100Streitwert: € 96.038,52
101(= Summe der von den Klägern bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen; § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO).
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensverträge vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. …sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … aufgrund des erklärten Widerrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
- 1
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs von drei Verbraucherdarlehensverträgen.
- 2
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden geltend gemacht.
- 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs sei die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei bei Abschluss des Darlehensvertrags ordnungsgemäß belehrt worden. Die Belehrung habe zwar nicht den Anforderungen von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der damals geltenden Fassung genügt. Die Beklagte könne sich jedoch auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der maßgeblichen Fassung und das Muster der Anlage 2 hierzu berufen. Die von der Beklagten vorgenommenen Änderungen - insbesondere: Ergänzung der Überschrift, Fußnote, Belassen des Klammerzusatzes, Sammelbelehrung - stellten keine eigene inhaltliche Bearbeitung dar. Überdies sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.
- 4
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Die Beklagte könne sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen; die Belehrung entspreche dem Muster weder äußerlich noch inhaltlich in jeder Hinsicht vollständig. Die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Klägerin sei nicht rechtsmissbräuchlich.
- 5
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,
- 6
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und
- 7
1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. … und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
- 8
2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
- 9
3. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 10
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 11
4. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
- 12
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
- 13
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erforderlichkeit einer Bezifferung der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 ihre Anträge umgestellt und beantragt nunmehr,
- 14
das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. Februar 2016 - 3 O 201/15 - abzuändern und
- 15
1. festzustellen, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen vom 23. Januar 2007 über 117.000,00 € zu der Konto-Nr. …und über 75.000,00 € zu der Konto-Nr. … sowie vom 14. Mai 2007 über 100.000,00 € zu der Konto-Nr. … zur Zahlung von Zinsen aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs seit dem 6. Mai 2015 erloschen sind,
- 16
2. festzustellen, dass die unter 1. genannten Darlehensverträge aufgrund des erklärten Verbraucherwiderrufs vom 23. April 2015 in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden sind,
- 17
3. a) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 202.200,70 € [hilfsweise: 181.825,19 €] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. September 2016, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €, zu zahlen,
- 18
b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 19
c) hilfs-hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin im Rahmen der Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge einen Nutzungs(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von der Klägerin geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen auf diese Darlehen zu zahlen,
- 20
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die der Klägerin zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die unter 1. genannten Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 387.001,75 €.
- 21
5. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 6. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden,
- 22
b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der mit Schreiben vom 21. Mai 2015 verweigerten Anerkennung der Wirksamkeit des unter dem 23. April 2015 erklärten Widerrufs der auf den Abschluss der unter 1. genannten Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen/verweigerten Rückabwicklung der unter 1. genannten Darlehensverträge entstehen werden.
- 23
Die Beklagte beantragt,
- 24
die Berufung zurückzuweisen.
- 25
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Zu den Ansprüchen im Rahmen einer Rückabwicklung vertritt sie die Auffassung, nach dem Widerruf gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen seien nicht auf die Darlehensverträge, sondern auf die Ansprüche der Beklagten aus den Rückabwicklungsschuldverhältnissen geleistet. Zumindest stehe einer Rückforderung dieser Leistungen § 814 BGB entgegen.
- 26
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 27
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
- 28
Die Berufung ist zulässig (A.). Soweit die Klageanträge zulässig sind (B.), haben sie in der Sache zum Teil Erfolg (C.).
A.
- 29
Die Berufung ist zulässig.
- 30
Die Klageänderung ist gemäß § 533 ZPO zulässig, da die Einwilligung der Beklagten (§ 533 Nr. 1, 1. Alt. ZPO) in die Klageänderung gemäß § 267 ZPO anzunehmen ist, da sie sich - ohne der Klageänderung zu widersprechen - in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2016 auf die abgeänderte Klage eingelassen, nämlich einen Zurückweisungsantrag gestellt hat. Zudem kann die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).
B.
- 31
Die Klageanträge sind nur zum Teil zulässig.
1.
- 32
Der Feststellungsantrag zu 1) ist unzulässig. Der Antrag betrifft zwar einen zulässigen Gegenstand (a). Der Klägerin fehlt es aber am notwendigen Feststellungsinteresse (b).
a)
- 33
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).
- 34
Danach ist die erstrebte Feststellung, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen zur Zahlung von Zinsen aufgrund des Widerrufs erloschen sind, zulässig. Denn nach den dargestellten Maßstäben können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Bei der primären Zinszahlungspflicht handelt es sich um eine solche einzelne, sich aus den Darlehensverträgen ergebende Pflicht, nicht um ein bloßes Element eines Rechtsverhältnisses.
b)
- 35
Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 17; Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, Rn. 29 m.w.N.).
- 36
Danach ist ein rechtliches Interesse der Klägerin, neben dem zu Ziffer 2 gestellten allgemeinen Feststellungsantrag betreffend die Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse ein Erlöschen ihrer primären Zinszahlungspflicht aus den Darlehensverträgen feststellen zu lassen, nicht ersichtlich. Aus dem Antrag zu Ziffer 2 folgt zwanglos, dass die primären Leistungspflichten der Klägerin aus den Darlehensverträgen erloschen sind; die Pflichten aus den Rückgewährschuldverhältnissen sind keine primären Leistungspflichten aus den Darlehensverträgen. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. September 1999 entschiedenen Fall zielen die beiden parallel erhobenen Feststellungsbegehren der Klägerin von ihrem rechtlichen Gehalt und ihrer praktischen Bedeutung her nicht in verschiedene Richtungen, sondern in dieselbe Richtung (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, Rn. 18).
2.
- 37
Der Feststellungsantrag zu 2) ist zwar als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, jedoch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
a)
- 38
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn die Klagepartei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH, Urteil vom 19. April 2000 - XII ZR 332/97, juris Rn. 12; Urteil vom 20. Februar 2008 - VIII ZR 139/07, Rn. 9; Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/13, Rn. 7).
- 39
Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, wenn die Feststellung des Rechtsverhältnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits vorgreiflich ist, also ohnehin darüber befunden werden muss, ob das streitige Rechtsverhältnis besteht, es sei denn, über die Hauptsache wird unabhängig vom Bestand des streitigen Rechtsverhältnisses entschieden (BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, Rn. 17; Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 28). Bei der Zwischenfeststellungsklage macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, Rn. 29).
b)
- 40
Nach den genannten Maßstäben fehlt es für eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Die Klägerin hat ihre Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis nach Widerruf zuletzt beziffert. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung ist weder dargelegt noch ersichtlich.
- 41
Dagegen ist der Antrag als Zwischenfeststellungsklage zulässig. Mit Blick auf die weiteren Klageanträge ist ohnehin darüber zu befinden, ob sich die Darlehensverträge aufgrund des Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben oder nicht. Ein gesondertes Feststellungsinteresse ist dann nicht erforderlich.
3.
- 42
Die Anträge zu 5. a) und 5. b), mit denen die Klägerin eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Schäden wegen der verweigerten Anerkennung des Widerrufs feststellen lassen will, sind unzulässig.
a)
- 43
Neben den bereits dargestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Feststellungsbegehrens setzt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht die Möglichkeit des Schadeneintritts voraus. Bei reinen Vermögensschäden, die vorliegend in Rede stehen, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage darüber hinaus von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückgehenden Schadeneintritts ab (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, Rn. 27 m.w.N.; Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, Rn. 73; Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 445/10, Rn. 31; Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, Rn. 43).
b)
- 44
Danach sind die Anträge zu 5. a) und 5. b) unzulässig. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist weder dargelegt noch ist ein solcher ersichtlich. Die Klägerin stellt darauf ab, dass mit einem Anstieg der Marktzinsen zu rechnen sei. Das ist in Anbetracht der anhaltenden Niedrigzinsphase indes nicht ansatzweise ersichtlich.
4.
- 45
Im Übrigen sind die Klageanträge zulässig.
- 46
Der Antrag zu 4. ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich schon mit Blick darauf, dass die Beklagte die Auffassung vertritt, die nach Widerruf gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen seien auf ihre aus den Rückgewährschuldverhältnissen resultierenden Ansprüchen geleistet; zumindest stehe einer Rückforderung § 814 BGB entgegen.
- 47
Die Anträge zu 3. b) und 3. c) sind als Hilfsanträge zulässig, da sie von einer bloß innerprozessualen Bedingung, nämlich der Abweisung des Antrags zu 3. a) bzw. 3. b), abhängig gemacht werden. Sie sind nach den oben dargestellten Maßstäben auch als Feststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
B.
- 48
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
- 49
Der Widerruf der Klägerin war mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht nicht verfristet (1.). Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht verwirkt oder seine Ausübung sonst rechtsmissbräuchlich (2.). Der wirksame Widerruf führt zu den tenorierten Rechtsfolgen (3.).
1.
- 50
Der Klägerin stand zum Zeitpunkt, als sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt hat, noch ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht folgt aus § 495 Abs. 1 BGB in der vom 1. August 2002 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden § 495 BGB a.F.). Die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts war am 23. April 2015 (Widerruf der Klägerin) nicht abgelaufen. Die Frist beginnt nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB in der vom 8. Dezember 2004 bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im folgenden § 355 BGB a.F.) mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem dem Verbraucher oder der Verbraucherin eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht, die ihnen ihre Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Eine derartige Belehrung hat die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht erhalten, so dass die Widerrufsfrist im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen war. Die Belehrung entsprach weder den gesetzlichen Vorgaben (a) noch kann sich die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters in Anlage 2 in der vom 8. Dezember 2004 bis 31. März 2008 geltenden Fassung zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der vom 2. September 2002 bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung berufen (im Folgenden § 14 BGB-InfoV a.F.) (b). Auf die Kausalität der Belehrungsfehler kommt es nicht an (c).
a)
- 51
Die von der Beklagten erteilten Widerrufsbelehrungen zu den im Jahr 2007 geschlossenen Darlehensverträgen entsprachen nicht dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.
aa)
- 52
Zum einen informierten die Widerrufsbelehrungen mittels des Einschubs des Wortes „frühestens“ unzureichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist (vgl. nur zuletzt BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 18 m.w.N.).
bb)
- 53
Zum anderen unterrichteten die Widerrufsbelehrungen in ihrer konkreten Gestalt undeutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Zwar gaben sie die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. grundsätzlich richtig mit „zwei Wochen“ an. Durch den Zusatz einer Fußnote mit dem Fußnotentext „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ vermittelten die Belehrungen indessen hier den Eindruck, die Länge der Frist könne je nach den nicht mitgeteilten Umständen des Einzelfalls variieren und es sei Aufgabe des Verbrauchers oder der Verbraucherin, die im konkreten Fall geltende Frist selbst festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 19 m.w.N.).
b)
- 54
Der Beklagten kommt die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrungen gemäß Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht zugute.
aa)
- 55
Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. zu entnehmen. Diese Vorschrift knüpft die Gesetzlichkeitsfiktion an die Bedingung, dass „das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird“. Nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen allerdings, sofern sie das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung verwenden, „in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen“. Damit definiert § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 21 f.).
- 56
Entsprechend der durch § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zugeordnet wird oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt werden. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 23).
- 57
Greifen Unternehmer oder Unternehmerinnen dagegen in das Muster in einem Umfang ein, der den beispielhaft in § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. aufgelisteten Abweichungen nicht mehr entspricht, geht die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. verloren. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise - auch in Form von Fußnoten - in den Belehrungstext übernommen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 24).
bb)
- 58
Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung bei allen drei streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat in die Belehrungen jeweils zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah. Sie hat unter der Überschrift „Widerrufsrecht“ den Gestaltungshinweis 3 kursiv gesetzt in den Text übernommen. Unter der Überschrift „Finanzierte Geschäfte“ hat die Beklagte den Gestaltungshinweis 9 nicht vollständig umgesetzt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 25).
c)
- 59
Auf die Kausalität der unter a) aufgeführten Belehrungsfehler für das Unterbleiben des Widerrufs kommt es nicht an. Entscheidend ist nur, ob die Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher oder die Verbraucherin von der Ausübung seines bzw. ihres Widerrufsrechts abzuhalten (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 26).
2.
- 60
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt (a); seine Ausübung ist auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich (b).
a)
- 61
Das Widerrufsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt.
aa)
- 62
Auch das Widerrufsrecht kann verwirkt werden. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147; BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 39 und XI ZR 564/15, Rn. 34).
- 63
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten (BGH, Urteil vom 27. Juni 1957 - II ZR 15/56; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 87) setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich Schuldnerinnen oder Schuldner wegen der Untätigkeit ihrer Gläubiger oder Gläubigerinnen über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten dürfen und eingerichtet haben, diese werden ihr Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zum Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten der Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen der Verpflichteten rechtfertigen, die Berechtigten werden ihr Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 28. März 2006 - XI ZR 425/04, Rn. 35; Urteil vom 25. November 2008 - XI ZR 426/07, juris Rn. 22; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13, Rn. 13; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatgericht festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - XII ZR 224/03, juris Rn. 23; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40 und XI ZR 564/15, Rn. 37).
- 64
Hinsichtlich des Umstandsmoments können Unternehmer und Unternehmerinnen allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers oder der Verbraucherin ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher oder die Verbraucherin werde seine oder ihre auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39 m.w.N.). Insofern unterscheiden sich Fälle, in denen das Vertragsverhältnis noch andauert, von denen, in denen der Verbraucherdarlehensvertrag beendet ist. In letzteren kann das Vertrauen von Unternehmerinnen und Unternehmern auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihnen erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und sie es in der Folgezeit versäumt haben, den Verbraucher oder die Verbraucherin gemäß § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. nachzubelehren (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41).
- 65
Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, wie gewichtig der Fehler ist, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führt. Verbraucherinnen und Verbraucher sind entweder ordnungsgemäß belehrt oder nicht. Für die Bildung schutzwürdigen Vertrauens der Bank oder Sparkasse spielt es keine Rolle, dass sie den Verbraucher oder die Verbraucherin überhaupt belehrt hat (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Die Bank oder Sparkasse wird dadurch nicht unbillig belastet. Es ist ihr während der Schwebezeit bei laufenden Vertragsbeziehungen jederzeit möglich und zumutbar, durch eine Nachbelehrung des Verbrauchers oder der Verbraucherin die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 41).
bb)
- 66
Danach kann die beklagte Sparkasse sich auf die Einrede der Verwirkung nicht berufen.
- 67
Das Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 40), dürfte nach Ablauf von rund acht Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerruf zwar erfüllt sein. Es fehlt jedoch zumindest am Umstandsmoment. Allein aufgrund des laufend vertragstreuen Verhaltens der Klägerin konnte die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 39). Es kommt für das Umstandsmoment auch nicht darauf an, ob die Klägerin möglicherweise trotz der fehlerhaften Belehrung von ihrem Widerrufsrecht Kenntnis hatte. Denn darauf, wie gewichtig der Fehler war, der zur Wirkungslosigkeit der Widerrufsbelehrung führte, kommt es nicht an; entweder wurde ordnungsgemäß belehrt oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 40). Gerade weil die Beklagte die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilte, kann die Beklagte kein schutzwürdiges Vertrauen für sich in Anspruch nehmen (vgl. zum Versicherungsrecht EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - C-209/12, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 39). Zudem handelt es sich um laufende Darlehensverträge, liegt nicht etwa eine (vorzeitige) Beendigung vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 41). Andere Anhaltspunkte für das Umstandsmoment sind nicht ersichtlich.
b)
- 68
Die Klägerin verhält sich auch im Übrigen nicht rechtsmissbräuchlich. Weder ergibt sich ein ein im Einzelfall möglicher Rechtsmissbrauch (aa) aus widersprüchlichem Verhalten (bb) noch aus fehlendem schutzwürdigen Eigeninteresses (cc).
aa)
- 69
Die Ausübung eines Verbraucherwiderrufsrechts kann im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung aus sonstigen Gründen darstellen und in Widerspruch zu § 242 BGB stehen, obwohl die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vorliegen (BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, Rn. 20). Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 43 m.w.N.).
bb)
- 70
Ein Rechtsmissbrauch wegen widersprüchlicher Rechtsausübung liegt nicht vor.
- 71
Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 12. November 2008 - XII ZR 134/04, Rn. 41; Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40; Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 20; Urteile vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, Rn. 33 und IV ZR 88/13, Rn. 25; jeweils m.w.N.).
- 72
Diese Voraussetzungen sind regelmäßig nicht erfüllt, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin es versäumt hat, den Verbraucher oder die Verbraucherin über ein Widerrufsrecht zu belehren (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, Rn. 40). Denn das Gesetz knüpft die Ausübung des Widerrufsrechts, wie schon das Fehlen einer Begründungspflicht (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.) zeigt, nicht an ein berechtigtes Interesse des Verbrauchers oder der Verbraucherin, sondern überlässt es allein seinem bzw. ihrem freien Willen, ob und aus welchen Gründen er oder sie ihre Vertragserklärung widerruft (BGH, Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 146/15, Rn. 20). Damit kann auch aus dem Schutzzweck des Widerrufsrechts grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 45). Das gilt auch hier.
cc)
- 73
Es liegt auch keine unzulässige Rechtsausübung wegen fehlenden schutzwürdigen Eigeninteresses vor.
- 74
Eine unzulässige Rechtsausübung liegt unter anderem vor, wenn mit der Geltendmachung einer Rechtsposition kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt wird, die Ausübung eines Rechts also ein Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke ist (Olzen/Looschelders in: Staudinger, BGB, 2015, § 242 Rn. 258; Schubert in: MüKo, BGB, Bd. 2, § 242 Rn. 2; Grüneberg in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 242 Rn. 50; Scholz/Schmidt/Ditté, ZIP 2015, 605, 612; vgl. auch BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 3/08 R, juris Rn. 26).
- 75
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein Schutzzweckgesichtspunkte rechtfertigen nicht die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens beim Widerruf eines Darlehensvertrages (vgl. BGH, Urteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, Rn. 23 und XI ZR 564/15, Rn. 45 f.).
3.
- 76
Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt. Danach sind die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zum Teil begründet. Zu den zulässigen Klageanträgen im Einzelnen:
a)
- 77
Der Antrag zu 2) ist begründet. Aufgrund des wirksamen Widerrufs haben sich die Darlehensverträge mit Zugang des Widerrufs der Klägerin vom 23. April 2015 gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt.
b)
- 78
Der Antrag zu 3. a) ist lediglich im ausgeurteilten Umfang begründet.
- 79
Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs der Darlehensverträge sind nach §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren. Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer schulden dem Darlehensgeber oder der Darlehensgeberin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB a.F. Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Der Darlehensgeber oder die Darlehensgeberin schuldet dem Darlehensnehmer oder der Darlehensnehmerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).
- 80
Danach kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 181.825,82 € nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. auf 162.859,80 € seit dem 1. September 2016 (aa) Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € nebst 4,23% Zinsen p.a. auf 150.549,72 € und 4,83% Zinsen p.a. auf 88.071,03 € seit dem 1. September 2016 (bb) verlangen.
- 81
Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 31. August 2016 erklärte Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Gegenansprüche auf Zahlung sowie Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung hinsichtlich der als Sicherheiten für die drei Darlehen dienenden Grundschulden ist für den Rechtsstreit unbeachtlich; die Klägerin hat die Herausgabe einer löschungsfähigen Quittung nicht beantragt.
- 82
Zur Berechnung der gegenseitigen Zahlungsansprüche im Einzelnen:
aa)
- 83
Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der Zins- und Tilgungsleistungen nebst Nutzungsersatz bis zum 31. August 2016 - dem Stichtag, den die Klägerin ihren Berechnungen zugrunde gelegt hat - belaufen sich auf insgesamt 181.825,82 € (Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 162.859,80 € (1); Nutzungsersatz in Höhe von 18.966,02 € (2)). Ab dem 1. September 2016 schuldet die Beklagte weiter Nutzungsersatz für die herauszugebenden Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. (3).
(1)
- 84
Die Klägerin kann die Herausgabe aller von ihr geleisteter Zins- und Tilgungsraten verlangen.
(a)
- 85
Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe bis zum Widerruf bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7).
(b)
- 86
Überdies kann die Klägerin Herausgabe der Zahlungen verlangen, die sie nach Ausübung des Widerrufsrechts geleistet hat. Insoweit ergibt sich der Herausgabeanspruch der Klägerin jedoch nicht aus § 346 Abs. 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, juris Rn. 101, 112; OLG Frankfurt, Urteil vom 27. April 2016 - 23 U 50/15, juris Rn. 65; OLG Frankfurt, Urteil vom 20. Juli 2016 - 17 U 218/15, juris Rn. 70; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2016 - 6 O 347/15, juris Rn. 41, 44). Die Klägerin hat auch nach dem Widerruf weiter auf die Darlehensverträge geleistet, nicht auf eine mögliche Schuld aus den Rückgewährschuldverhältnissen. Ihre mit den Einzugsermächtigungen ausgesprochene Tilgungsbestimmung ist nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass sich die Darlehensverträge durch den Widerruf - im Ergebnis - ex nunc in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben. Die Zahlungen nach Widerruf erfolgten letztlich weiterhin aufgrund der erteilten Einzugsermächtigungen und mithin der Darlehensverträge, welche die Klägerin, nachdem ihr Widerruf von der Beklagten zurückgewiesen worden ist, vorsorglich weiter bediente (vgl. OLG München, Beschluss vom 5. Juli 2016 - 5 W 1046/16, juris Rn. 7).
- 87
Diesem Bereicherungsanspruch der Klägerin für nach dem Widerruf geleistete Zahlungen steht auch § 814 BGB nicht entgegen. Danach kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die Leistenden gewusst haben, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet waren. Der Rückforderungsausschluss erfordert die positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld. Zweifel am Bestehen der Verbindlichkeit schließen die Rückforderung ebensowenig aus wie ein (auch verschuldeter) Irrtum über den Rechtsgrund (Lorenz in: Staudinger, BGB, 2007, § 814 Rn. 4). Liegt die erforderliche Kenntnis vor, greift § 814 nur ein, wenn den Leistenden selbstwidersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10). Das ist zum Beispiel dann nicht der Fall, wenn unter Vorbehalt geleistet wurde. An die Erklärung eines Vorbehalts sind dabei keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10; Buck-Heeb in: Erman BGB, 14. Aufl. 2014, § 814 BGB, Rn. 9). So kann ein konkludent erklärter Vorbehalt insbesondere dann angenommen werden, wenn es den Leistenden trotz ersichtlicher Bemühungen nicht gelungen ist, das Nichtbestehen der Verbindlichkeit nachzuweisen, und ihre Leistung aus der Sicht eines objektiven Empfängers nicht als Eingeständnis des Bestehens aufgefasst werden darf (Wendehorst in: BeckOK, BGB, Stand: 1. Mai 2016, § 814 Rn. 10).
- 88
Danach greift § 814 BGB vorliegend nicht. Es bestehen schon erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Schuld hatte. Wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen war für sie nicht ansatzweise abzusehen, ob ihr Widerruf tatsächlich wirksam sein würde. Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Senat die hier streitgegenständliche Widerrufsbelehrung lange Zeit für ordnungsgemäß erachtet hat. Zumindest ergibt sich aber ein konkludenter Vorbehalt der Klägerin. Denn ihr ist es nicht gelungen, die Beklagte von der Wirksamkeit des Widerrufs zu überzeugen. Diese hat sich vielmehr auf die für sie bis dahin günstige Rechtsprechung des Senats zu der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung berufen, so dass die Klägerin den Rechtsweg beschreiten musste. Aus Sicht einer objektiven Empfängerin konnten die weiteren Leistungen der Klägerin danach nicht als Eingeständnis aufgefasst werden, dass der Widerruf nicht wirksam sei.
(c)
- 89
Die Klägerin kann daher die unstreitig bis zum 31. August 2016 geleisteten Zins- und Tilgungsraten in Höhe von insgesamt 162.859,80 € zurückfordern.
(2)
- 90
Die Klägerin kann ferner gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB a.F. von der Beklagten die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzungen der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen durch die Bank verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - XI ZR 116/15, Rn. 7). Auf die nach dem Widerruf erfolgten Zahlungen, die ohne Rechtsgrund erbracht wurden (s.o. unter (1)), kann die Klägerin Nutzungswertersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB verlangen. Der Nutzungswertersatz ist dabei jeweils mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bemessen.
- 91
Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank aus den eingenommenen Geldern Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 24. April 2007 - XI ZR 17/06, Rn. 35). Die in beide Richtungen widerlegliche Vermutung knüpft normativ spiegelbildlich an die Regelungen an, die die von den Banken beanspruchbaren Verzugszinsen normieren. Sie ist unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung am Zinsmarkt und wirkt sowohl zugunsten als auch zulasten beider Vertragsparteien (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58). Der „übliche“ Verzugszins liegt bei Immobiliardarlehen wie dem hier vorliegenden gemäß § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung; im Folgenden § 497 BGB a.F.) bei 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, so dass dieser Zinssatz für die Bemessung des geschuldeten Nutzungswertersatzes heranzuziehen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Oktober 2015 - 6 U 148/14, Rn. 69; OLG Nürnberg, Urteil vom 11. November 2015 - 14 U 2439/14, Rn. 47; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 - 4 U 79/15, Rn. 106).
- 92
Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, Rn. 58), dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter diesem gesetzlichen Verzugszins zurückbleiben.
- 93
Danach hat die Klägerin nach ihren von der Beklagten insofern nicht bestrittenen Berechnungen im Schriftsatz vom 31. August 2016 bis zu diesem Tag einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von insgesamt 18.966,02 €.
(3)
- 94
Die Herausgabe von Nutzungsersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der von der Klägerin geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen (s.o. unter (2)) schuldet die Beklagte über den der Berechnung zugrundeliegenden Stichtag des 31. August 2016 hinaus. Geschuldet wird der Nutzungsersatz aber nur auf die Zins- und Tilgungsleistungen, hier als auf 162.859,80 €, nicht auf den gesamten von der Beklagten herauszugebenden Betrag (Zins- und Tilgungsleistungen und Nutzungsersatz).
bb)
- 95
Die Ansprüche der Beklagten belaufen sich auf insgesamt 401.392,25 € (Darlehensvaluta in Höhe von 292.000,00 € (1); Nutzungswertersatz in Höhe von 109.392,25 € (2)). Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses (3).
(1)
- 96
Die Beklagte kann von der Klägerin gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB a.F. die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta verlangen. Die Darlehensvaluta der drei Darlehensverträge beträgt 117.000,00 €, 75.000,00 € und 100.000,00 €, insgesamt also 292.000,00 €.
(2)
- 97
Daneben kann die Beklagte gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta verlangen.
(a)
- 98
Für die Höhe des Wertersatzes gilt § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB. Danach ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dies bedeutet, dass dann, wenn Darlehensnehmende nachweisen können, dass der marktübliche Zins geringer als der vereinbarte war, sie nur den marktüblichen Zins zu zahlen haben (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 7 U 84/09, BeckRS 2010, 20609 m.w.N.; Hölldampf/Suchowerskyj, WM 2015, 999, 1001).
- 99
Der maßgebliche Zeitpunkt für diesen Nachweis ist der Leistungsaustausch, nicht der Zeitpunkt der Entstehung der Rückgewährpflicht nach Widerruf (Kaiser, in Staudinger, BGB, 2012, § 346 Rn. 107 m.w.N.). Wertersatz ist seitens der Darlehensnehmenden für die durch die Auszahlung der Darlehensvaluta eröffnete „Kapitalnutzungsmöglichkeit“ zu leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit als Leistung der darlehensgebenden Bank oder Sparkasse nach § 488 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber eine einmalige, keine zeitlich gestreckte Leistung (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1096 f.). Überdies ist Ziel des Widerrufsrechts gerade, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin eine möglicherweise unüberlegte und übereilte Entscheidung betreffend eines sie langfristig und erheblich belastenden Vertrags wieder rückgängig machen kann, wodurch sie in die Situation vor Vertragsabschluss „zurückversetzt“ werden. Dann wären sie in der Lage gewesen wären, einen günstigeren Darlehensvertrag abzuschließen und so die Nutzungsmöglichkeit des von ihnen benötigten Kapitals zu besseren Konditionen zu erhalten, z.B. zum marktüblichen Zins. Dem entspricht es, dass Darlehensnehmenden durch § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ermöglicht wird, nachzuweisen, sie hätten aus der Nutzung des Darlehens nur einen geringeren Gebrauchsvorteil gezogen. Maßgeblich für diesen Nachweis bleibt dann aber der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil in diesem Zeitpunkt ein Kapitalbedarf bei der Verbraucherin oder dem Verbraucher bestand und in diesem Moment die benötigte Kapitalnutzungsmöglichkeit günstiger hätte erworben werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten dagegen nicht die Möglichkeit gehabt, den Kapitalbedarf monatlich auf Basis des jeweils bestehenden Marktzinses zu decken (Müller/Fuchs, WM 2015, 1094, 1097).
- 100
Eine zeitliche Schranke für die Herausgabe von gezogenen Nutzungen bis zur Rücktritts- oder Widerrufserklärung besteht nicht. Darlehensnehmende haben alle nach Leistungsempfang tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Der geschuldete Wertersatz ist daher über den Zeitpunkt des Widerrufs hinaus bis zur vollständigen Rückführung der Darlehensvaluta zu leisten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Februar 2016 - 17 U 77/15, juris Rn. 43).
(b)
- 101
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe der vertraglichen Nominalzinssätze bis zur vollständigen Rückzahlung der Darlehensvaluta. Einen bei Vertragsschluss niedrigeren marktüblichen Zins hat die Klägerin nicht behauptet. Nach der insoweit unbestrittenen Berechnung der Klägerin belaufen sich die für die Darlehen bis zum Widerruf geschuldeten Zinsen auf
- 102
35.753,91 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
- 103
22.919,16 € für das Darlehen Nr über 75.000,00 € und
- 104
36.328,69 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
- 105
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) sind für den Zeitraum ab dem 6. Mai 2015 (Aufforderung der Klägerin zur Rückabwicklung der Darlehensverträge) bis zum 31. August 2016 weitere Zinsen angefallen in Höhe von
- 106
5.270,17 € sind das für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €,
- 107
3.378,34 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 € und
- 108
5.741,98 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €.
- 109
Danach ergibt sich ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta bis zum 31. August 2016 in Höhe von insgesamt 109.392,25 €.
(3)
- 110
Für den am 31. August 2016 jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet die Klägerin ab 1. September 2016 weiter Wertersatz für Gebrauchsvorteile in Höhe des Vertragszinses.
- 111
Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Angaben der Beklagten gemäß den Anlage BB2, BB3 und BB4 zum Schriftsatz vom 5. September 2016 (Bl. 491 ff. GA) belief sich die Restvaluta der Darlehensverträge auf
- 112
91.741,29 € für das Darlehen Nr. über 117.000,00 €, Zinssatz: 4,23%,
- 113
58.808,43 € für das Darlehen Nr. über 75.000,00 €, Zinssatz: 4,23% und
- 114
88.071,03 € für das Darlehen Nr. über 100.000,00 €, Zinssatz: 4,83%.
- 115
Mithin hat die Klägerin von dem von ihr herauszugeben Betrag ab dem 1. September 2016 einen Betrag von 150.549,72 € (91.741,29 € + 58.808,43 €) mit 4,23% p.a. und einen Betrag von 88.071,03 € mit 4,83% p.a. zu verzinsen.
c)
- 116
Auf den Antrag zu 4) ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin sämtliche Zahlungen nebst Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit der jeweiligen Zahlung zurückzugewähren, die die Kläger zwischen dem 31. August 2016 und der Rechtskraft dieses Urteils auf die Darlehensverträge geleistet hat, Zug um Zug gegen Zahlung von 401.392,25 € .
- 117
Zur Wirksamkeit des Widerrufs und der sich hieraus - auch hinsichtlich der Höhe des Nutzungsersatzes - ergebenden Rechtsfolgen kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch die nach dem Zeitpunkt, auf den die Berechnung der gegenseitigen Leistungspflichten abstellt (hier: 31. August 2016), von der Klägerin gezahlten Raten sind zurückzuzahlen und entsprechend zu verzinsen.
d)
- 118
Über die Hilfsanträge zu 3 b) und 3 c) ist nicht zu entscheiden, weil die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist.
C.
- 119
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
- 120
Die Kosten waren vorliegend gegeneinander aufzuheben. Sind das Obsiegen und Unterliegen der Parteien ungefähr, nicht notwendig genau gleichwertig, ist das Gericht grundsätzlich gehalten, die Kosten gegeneinander aufzuheben (Schulz in: MüKo, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 92 Rn. 13; Jaspersen/Wache in: BeckOK, ZPO, Juli 2016, § 92 Rn. 5 m.w.N.).
- 121
Danach stimmt das Obsiegen und Unterliegen beider Parteien hier in etwa überein. Die Klägerin obsiegt mit dem Antrag zu 2. vollständig und mit den Anträgen zu 3. a) und 4. teilweise; mit den Anträgen zu 1) und 5. a) und 5. b) unterliegt sie vollständig. Das Obsiegen und Unterliegen der Beklagten stellt sich spiegelbildlich dar. Auch wenn die Klägerin mit einem ihrer Hauptanträge, dem Feststellungsantrag zu 2. durchdringt, ist zu berücksichtigen, dass sie mit dem Antrag zu 1. vollständig und bei den Zug um Zug-Verurteilungen gemäß den Anträgen zu 3. a) und 4. mit einem erheblichen Teil, bezogen auf die zu erbringende Gegenleistung sowie deren Verzinsung, unterliegt. Im Ergebnis rechtfertigt das nach Auffassung des Senats eine Kostenaufhebung.
D.
- 122
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die hier zu entscheidenden Fragen über die Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen bei Verbraucherkreditverträgen sind für die konkrete Fallkonstellation inzwischen höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15).
Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstands herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht.
Tenor
Es wird festgestellt, dass sich die von den Parteien unter den Darlehensnummern #####/####, #####/####, #####/####, #####/#### und #####/#### geschlossenen Darlehensverträge infolge des von den Klägern unter dem 20. Oktober 2014 erklärten Widerrufs in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben.Es wird weiter festgestellt, dass die Kläger der Beklagten zum Zeitpunkt des Widerrufs noch die Zahlung folgender Beträge schuldeten:- zum Darlehen #####/#### € 53.851,28;- zum Darlehen #####/#### € 17.271,08;- zum Darlehen #####/#### € 26.578,74;- zum Darlehen #####/#### € 93.727,43 und- zum Darlehen #####/#### € 29.266,67.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Im Oktober/November 2007 schlossen die Parteien fünf Verträge über von der Beklagten zu gewährende grundpfandrechtlich zu besichernde Darlehen in Höhe von insgesamt € 247.500. Bei drei dieser Verträge (Anlagen K1 bis K3), die jeweils auf Angeboten vom 2. November 2007 beruhen, handelt es sich um Förderdarlehen, bei den beiden weiteren Darlehen (Anlagen K4 und K5), die auf Angeboten vom 17. Oktober 2007 beruhen, um solche des regulären Bankgeschäfts der Beklagten. Wegen der Einzelheiten einschließlich des Wortlauts der in die Verträge aufgenommenen Widerrufsbelehrungen wird auf die von den Klägern als Anlagen K1 bis K5 zu den Akten gereichten Ablichtungen der Darlehensverträge Bezug genommen.
3Mit Schreiben vom 20. Oktober 2014 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen, die Beklagte wies dies unter dem 7. November 2014 zurück. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Januar 2015 forderten die Kläger die Beklagte zur Bestätigung der Widerrufe und zur Freigabe der Sicherheiten Zug um Zug gegen Zahlung des Rückzahlungskapitals auf.
4Die Kläger halten die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen für fehlerhaft und meinen, deshalb habe eine Frist für die Erklärung des Widerrufs noch nicht begonnen. In ihrer Klageschrift erklären sie die Aufrechnung der von ihnen errechneten Rückgewähransprüche gegen die von ihnen errechneten Rückgewähransprüche der Beklagten.
5Nachdem sie während des Prozesses den von ihnen ihrer Ansicht nach der Beklagten geschuldeten Wertersatz neu berechnet haben, beantragen sie nunmehr,
61. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
72. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
83. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
94. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
105. festzustellen, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihnen zu der Darlehensnummer #####/#### durch ihren wirksamen Widerruf vom 20. Oktober 2014 zu einem Rückgewährschuldverhältnis geworden ist;
116. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 50.157,93 schulden;
127. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 16.668,51 schulden;
138. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 24.857,83 schulden;
149. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 90.229,48 schulden;
1510. festzustellen, dass sie der Beklagten zu der Darlehenskontonummer #####/#### zum Zeitpunkt des Widerrufs nur noch die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 28.448,18 schulden;
1611. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 988,03 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 50.985,96 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1712. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 242,92 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 16.838,85 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1813. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten vierteljährlichen Annuitäten in Höhe von € 470,96 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 24.917,80 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
1914. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 552,08 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 91.200,39 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2015. festzustellen, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten monatlichen Annuitäten in Höhe von € 148,75 auf den zum Widerrufszeitpunkt bestehenden Rückgewähranspruch in Höhe von € 28.472,13 zu der Darlehenskontonummer #####/#### unter Zugrundelegung des dann geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind;
2116. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 4.592,69 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Entscheidungsgründe
25I.
26Die Klageanträge zu 1 bis zu 5 sind entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Kläger mit ihnen insgesamt lediglich beantragen festzustellen, dass sich die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben und nicht (auch) die Feststellung, dass ihr Widerruf wirksam war. Gegenstand einer Feststellungsklage kann nach § 256 Abs. 1 ZPO nur die (Un-)Echtheit einer Urkunde und das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein, nicht hingegen bloße Vorfragen wie die Wirksamkeit einer Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1999 – XII ZR 313/98, NJW 2000, 354 [unter 1]) oder – was dem gleichzustellen ist – die Wirksamkeit eines Widerrufes (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – XI ZR 260/07). Angesichts dessen ergibt die entsprechend §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung, die an dem allgemeinen Grundsatz auszurichten ist, wonach mit einer Prozesshandlung von der Partei im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – XI ZB 15/09 [unter II 1 b aa]; Urteil vom 2. Juli 2004 – V ZR 290/03 [unter II 1 a]), dass die Aufnahme des Wortes „wirksam“ in die Anträge nicht auf eine weitere, zulässig nicht zu erlangende Feststellung gerichtet ist, sondern lediglich ein überflüssiges begründendes Element darstellt.
27II.
28Die Klage ist zulässig.
291. Das gilt zunächst für die Klageanträge zu 1 bis zu 5.
30a) Sie sind – ohne dass es eines Feststellungsinteresses der Kläger bedürfte – als Zwischenfeststellungsanträge gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Entgegen dem Wortlaut des § 256 Abs. 2 ZPO muss das zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags gemachte Rechtsverhältnis kein (erst) im Laufe des Prozesses streitig gewordenes sein, es kann vielmehr bereits vor der Hauptklage streitig gewesen und der Feststellungsantrag bereits in sie aufgenommen oder zunächst als selbständiges Feststellungsbegehren geltend gemachten worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1989 – IX ZR 280/88, NJW-RR 1990, 318 [unter B II 5]). Die für die Zulässigkeit eines Antrags nach § 256 Abs. 2 ZPO notwendige Vorgreiflichkeit der begehrten Feststellung für die Entscheidung des Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12 [unter II 1 b cc]) ist gegenüber dem mit den Klageanträgen zu 6 bis 15 geltend gemachten Ansprüchen gegeben. Deren Bestehen setzt voraus, dass sich der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Der Zulässigkeit der Anträge steht schließlich nicht der Umstand entgegen, dass für eine Zwischenfeststellungsklage grundsätzlich kein Raum ist, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2013 – VII ZR 223/11 [unter II 2 a]). Letzteres ist nicht der Fall, da nach dem Widerruf weitere Ansprüche der Kläger – etwa auf Rückgewähr gestellter Sicherheiten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 – XI ZR 200/15 [unter II 2 b]) – in Betracht kommen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind.
31b) Unabhängig davon kann den Klägern aber auch ein gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1 bis zu 5 nicht abgesprochen werden. Kann ein Kläger sein Ziel mit einer Leistungsklage erreichen, lässt dies nicht ohne weiteres das Feststellungsinteresse entfallen; eine Feststellungsklage bleibt zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2006 – IV ZR 4/05 [unter II 1] m.w.N.). Das ist namentlich bei Klagen gegen Banken der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1995 – XI ZR 78/94, NJW 1995, 2221 [unter A II 1]) und gilt entsprechend für Klagen gegen Sparkassen.
322. Für die übrigen Feststellungsanträge (Klageanträge zu 6 bis zu 15) liegt das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse aus den gerade unter I 1 b genannten Gründen vor.
333. Die Klageanträge zu 11 bis zu 15 sind nicht mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig. Sie mögen wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den „dann geltenden variablen Marktzins“ nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen genügen, weil ein eine solche Verweisung enthaltender Ausspruch mangels darin enthaltener genauer (oder sich zumindest aus öffentlichen Registern oder amtlichen Bekanntmachungen ergebender) Angabe der konkreten Höhe des Zinssatzes nicht vollstreckbar und damit zu unbestimmt ist. Die sich aus § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen gelten jedoch nur für Leistungsanträge, nicht hingegen für Feststellungsanträge (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 – VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725 [unter II 2 b und c]; Urteil vom 23. September 2004 – IX ZR 137/03 [unter VI]). Mit dem von ihnen gestellten Feststellungsantrag können die Kläger ihr Ziel erreichen die Frage verbindlich zu klären, ob sie nach dem Widerruf Wertersatz weiterhin in Höhe des vertraglichen oder eines anderen, statisch oder variabel zu bestimmenden Zinssatzes zu zahlen haben. Weitere Präzisierungen des Antrags sind derzeit weder sinnvoll noch – da der Antrag auch in die Zukunft reicht – möglich.
34III.
35Die Klage ist teilweise begründet.
361. Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 10. Juni 2010 geltenden Fassung (fortan BGB a.F.) weiter anzuwenden.
372. Der von den Klägern erklärte Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Vertragserklärungen führte zur Umwandlung der Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse.
38a) Den Klägern stand bezüglich ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Erklärungen gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB a.F. ein Widerrufsrecht zu.
39b) Dieses Widerrufsrecht haben die Kläger in ihrem Schreiben vom 20. Oktober 2014 ausgeübt.
40c) Der Widerruf ist fristgerecht erklärt worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 und 3 BGB a.F. war im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen. Sie ist durch die von der Beklagten bei Abschluss der Verträge erteilten Widerrufsbelehrungen nicht in Gang gesetzt worden.
41aa) Die von der Beklagten erteilte Belehrung genügt nicht den an sie zu stellenden Anforderungen.
42(1) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Unterrichtung, die dem – regelmäßig rechtsunkundigen – Verbraucher nicht nur Kenntnis von seinem Widerrufsrecht verschaffen, sondern ihn auch in die Lage versetzen soll, dieses tatsächlich auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 – XI ZR 101/15 [unter II 1 h aa]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b]; Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 55/00 [unter II 3 a]). Nach den Vorgaben des im Streitfall anzuwendenden Rechts (§ 355 Abs. 2 BGB a.F.) ist dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich machen muss und Namen und Anschrift desjenigen zu enthalten hat, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, sowie einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. über die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts.
43Ungeachtet des Erfordernisses, dass Angaben zum Widerruf nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein und den Verbraucher klar und eindeutig informieren müssen, dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1994 – VIII ZR 223/93, NJW 1994, 1800 [unter II 3]). Ob Angaben zum Widerruf den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, ist aus der Sicht eines durchschnittlichen unbefangenen, rechtsunkundigen aber verständigen Kunden zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 224/04 [unter II 3 b]; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08 [unter II 2 b bb]; Urteil vom 24. März 2009 – XI ZR 456/07 [unter II 1 a aa]).
44(2) Diesen Vorgaben genügen die von der Beklagten erteilten Belehrungen nicht. Die in ihnen jeweils verwandte Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, da sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Begriffs „frühestens“ entnehmen, dass der Beginn der Frist gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll, wird jedoch darüber um Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – III ZR 252/11 [unter II 2 b aa]; Urteil vom 28. Juni 2011 – XI ZR 349/10 [unter II 3 b bb]).
45bb) Die Beklagte kann sich nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung nach dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 – und damit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge im Oktober und November 2007 – geltenden Fassung berufen, weil die von ihr verwandten Belehrungen diesem Muster nicht entsprechen. Dies hat die Kammer in einem – ebenfalls die Beklagte betreffenden – Fall, dem eine gleichlautende Belehrung zugrundelag, entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 b bb = Rn. 24 bis 29 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Inhaltlich ist ihnen nichts hinzuzufügen, zumal der Bundesgerichtshof seine von der Kammer an der genannten Stelle zitierte Rechtsprechung in einem eine vergleichbare Widerrufsbelehrung betreffenden Fall zwischenzeitlich bestätigt hat (vgl. Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15).
46cc) Für den Lauf der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob den Klägern – etwa aufgrund ihrer von der Beklagten angeführten beruflichen Tätigkeit – ohnehin bekannt war, dass und innerhalb welcher Frist sie ihre Vertragserklärungen widerrufen konnten. Für den Lauf der Widerrufsfrist ist nicht die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall maßgeblich; entscheidend ist nur, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2009 – XI ZR 156/08 [unter II 2 c]).
47d) Der Ausübung des Widerrufsrechts steht § 242 BGB nicht entgegen.
48aa) Das hat die Kammer in ihrem gerade genannten, einen vergleichbaren Fall betreffenden Urteil unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich aller von der Beklagten in dem hier zur Entscheidung anstehenden Fall angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 2 c = Rn. 30 bis 44 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, die inhaltlich ohne Einschränkungen auf den hiesigen Fall übertragbar sind und an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
49bb) Die von der Beklagten angeführte berufliche Tätigkeit der Kläger – beide sind seit über zehn Jahren Mitarbeiter des Bankhauses HSBC Trinkhaus & C AG und beide dessen Prokuristen, ferner war der Kläger zudem etwa fünf Jahre als Kundenberater der Stadtsparkasse Wermelskirchen tätig – und ihre dabei (möglicherweise) erworbenen Kenntnisse über die Widerruflichkeit von Verbraucherdarlehen rechtfertigen keine davon abweichende Beurteilung. Die berufliche Tätigkeit des Verbraucher und dabei etwa erworbene Kenntnisse hindern ihn grundsätzlich nicht gemäß § 242 BGB an der Ausübung eines ihm zustehenden gesetzlichen Widerrufsrechts. Es mag sein, dass die Kläger nicht in gleicher Weise schutzwürdig erscheinen wie ein in Bankgeschäften unerfahrener und unbedarfter Verbraucher. Die Regelungen über die Informations- und Belehrungspflichten des Unternehmers und die bei deren Verletzung eintretenden Folgen dienen jedoch auch der Generalprävention und zielen mit dem Aufschub des Fristbeginns – neben dem Schutz des gerade betroffenen Verbrauchers – darauf ab, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht zu zwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 – III ZR 30/82, bei juris [unter 1] zu § 1b AbzG). Von daher verlassen die Kläger unabhängig von ihren etwaigen Kenntnissen mit ihrem Widerruf nicht den Schutzzweck der gesetzlichen Regelung. Anzeichen für ein arglistiges oder schikanöses Verhalten, das einen Widerruf nach § 242 BGB ausschlösse (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2016 – VIII ZR 146/15 [unter II 2]), liegen nicht vor.
503. Durch den wirksamen Widerrufs ist der Darlehensvertrag gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Hieraus ergibt sich, dass die Klageanträge zu 1 bis zu 5, mit denen die Kläger eben diese Feststellung begehren, begründet sind.
514. Welche Ansprüche in welcher Höhe aus einem infolge des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrages entstandenen Rückgewährschuldverhältnis grundsätzlich bestehen, hat die Kammer in dem bereits angesprochenen Urteil vom 8. April 2016 unter Einbeziehung und Abwägung der bei Widerrufen von Immobiliardarlehensverträgen typischerweise aufgeworfenen Fragen einschließlich der hier von den Parteien angesprochenen Gesichtspunkte entschieden und im Einzelnen begründet (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 8. April 2016 – 8 O 258/15, veröffentlicht bei juris sowie unter BeckRS 2016, 09297 [unter II 3 = Rn. 45 bis 54 bei juris]). Auf die dortigen Ausführungen, an denen die Kammer nach nochmaliger Überprüfung festhält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass für die Berechnung des von dem Verbraucher zu zahlenden Wertersatzes regelmäßig der Vertragszins heranzuziehen und der Berechnung des von der Bank geschuldeten Nutzungsersatzes regelmäßig ein Zinssatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugrundezulegen ist. Die Auffassung der Kammer zu beiden Fragen ist (soweit aus der Pressemeldung Nr. 119/2016 zu dem derzeit noch nicht im Volltext vorliegenden Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15 und der Schilderung des Begehrens der Parteien in jenem Fall in der Pressemeldung Nr. 98/2016 ersichtlich) zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof bestätigt worden.
52Klarstellend hinzuzufügen ist, dass – weil gemäß § 346 Abs. 1 BGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben sind – der von dem Darlehensnehmer geschuldete Wertersatz (nur) bezogen auf den ihm jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2015 – IX ZR 116/15 [Rn. 7]; Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (2)]).
535. Von den hiernach den Klägern gegen die Beklagte zustehenden Ansprüchen auf Nutzungsersatz auf die erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen sind keine Beträge für Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen.
54a) Allerdings dürfte mit der Beklagten davon auszugehen sein, dass es sich bei den Nutzungsersatzansprüchen um eine steuerbare Leistung handelt.
55Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den nach dieser Vorschrift steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung sind, wobei es unerheblich ist, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Rechtsgrund zugrunde liegt, und auch die vom Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen kann (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 1 und 2]; Urteil vom 24. Mai 2011 – VIII R 3/09 [unter II 1 a]). Infolgedessen können Erstattungs-, Prozess- und Verzugszinsen steuerlich zu erfassen sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Auszahlung des Kapitals selbst steuerpflichtig ist (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 – VIII R 36/05 [unter II 2]; Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 a]).
56Diese Grundsätze dürften ebenfalls für Nutzungsersatz gelten, den eine Bank in Fällen schuldet, in denen sich die Rechtsfolgen des Widerrufes eines Verbraucherdarlehensvertrages nach § 357 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung richten und die Rückabwicklung deshalb nach den §§ 346 ff. BGB durchzuführen ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG etwa ein von einem Kreditinstitut gezahlter Nutzungsersatz auf rückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren zu versteuern (vgl. Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens betr. Einzelfragen zur Abgeltungssteuer vom 18. Januar 2016, BStBl. I S. 85, Tz. 8b). Dies erscheint folgerichtig, da eine auf einen Geldbetrag gemäß § 818 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Nutzungsersatzes geschuldete Verzinsung ihrer Funktion nach derjenigen „echter“ Zinsen entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2013 – IV ZR 17/12 [unter II 3]), womit die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entwickelten Grundsätze zur Steuerbarkeit geschuldeter Zinsen eingreifen. Dies dürfte nicht nur für Nutzungsersatz auf zu Unrecht vereinnahmte Bearbeitungsgebühren, sondern ebenso für den Nutzungsersatzanspruch im Rahmen der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages gelten.
57b) Gleichwohl scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen aus.
58Schuldner der Kapitalertragssteuer ist gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 EStG der Gläubiger der Kapitalerträge (im Falle der Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags mithin der Verbraucher). Erhoben wird die Steuer gemäß § 43 Abs. 1 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag. Den Steuerabzug hat gemäß § 44 Abs. 1 S. 3 und S. 5 EStG die Bank als Schuldnerin der Kapitalerträge vorzunehmen und die Steuer abzuführen.
59Diese abgabenrechtliche Überlagerung des zivilrechtlichen Schuldverhältnisses führt nicht dazu, dass sich der zivilrechtliche Anspruch des Darlehensnehmers gegen die Bank vermindert. Das Abzugsverfahren als besondere Form der Steuererhebung lässt den zivilrechtlichen Anspruch unberührt, es wird lediglich die Regel, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag unmittelbar an den Gläubiger zu zahlen hat, zugunsten des Steuergläubigers teilweise durchbrochen und die regelmäßig unmittelbare Zahlung in Höhe des Steuerabzugs durch eine bloß mittelbare Zahlung (die in der Verwendung des dem Steuerabzug entsprechenden Anteils zur Tilgung der Steuerschuld des Gläubigers zu sehen ist) ersetzt mit der Folge, dass der Leistung an den Steuergläubiger Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zukommt. Diese für das Abzugsverfahren bei der Lohn-, Umsatz- und Bauabzugssteuer anerkannten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2001 – X ZR 13/99 [unter II 1] und Urteil vom 12. Mai 2005 – VII ZR 97/04 [unter II 1 b]) gelten ebenso für das Abzugsverfahren bei der Kapitalertragssteuer (vgl. Knoblauch, DStR 2012, 1952 [1955]). Folglich mindert (erst) die Abführung der Steuer durch die Bank den Anspruch des Darlehensgebers (und zwar gemäß § 362 Abs. 1 BGB).
60Da eine Abführung von Steuern auf den Nutzungsersatz durch die Beklagte bislang unterblieben ist, besteht der Anspruch der Kläger in voller Höhe.
61c) Soweit – wie hier der Fall – der Darlehensnehmer die Aufrechnung mit aus dem Rückgewährschuldverhältnis wechselseitig bestehenden Forderungen erklärt, scheidet ein Abzug entstandener Steuern bei Berechnung des dem Darlehensnehmer gegen die Bank zustehenden Forderung auf Nutzungsersatz auf unter dem Vertrag gezahlte Zins- und Tilgungsleistungen ebenfalls aus.
62Insoweit fällt genauso Kapitalertragssteuer an wie in Fällen, in denen eine Aufrechnung unterbleibt. Sollte dem von den Klägern angeführten Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2016 – 4 U 79/15, BeckRS 2016, 01603) die Auffassung zugrundeliegen, dass keine Kapitalertragsteuer anfällt, wenn infolge einer Aufrechnung der Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis letztlich kein Auszahlungsanspruch des Darlehensnehmers mehr verbleibt, könnte die Kammer dem nicht folgen. Es wäre inkonsequent anzunehmen, dass Steuer anfallen soll, wenn Darlehensnehmer und Bank einander die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis auszahlen, nicht jedoch, wenn die Ansprüche – mit identischem wirtschaftlichen Ergebnis – gegeneinander aufgerechnet werden. Die Aufrechnung wirkte sich dann als Umgehung des Steuertatbestandes aus. Richtigerweise ist die Aufrechnung eine der Möglichkeiten des Zuflusses der Kapitalerträge an den Gläubiger. Dieser verfügt infolge der Aufrechnung wirtschaftlich über den aufgerechneten Betrag, indem dieser zum Zwecke der teilweisen Befreiung von der Gegenforderung genutzt wird. Folglich sind im Wege der Aufrechnung dem Gläubiger zugutegekommene Zinszahlungen als Kapitalertrag gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 EStG im Jahr des Zuflusses steuerrechtlich zu erfassen. Eine Besonderheit infolge der Aufrechnung besteht lediglich insofern, als es steuerrechtlich auf den Zeitpunkt der durch die Aufrechnungserklärung bewirkten Leistung ankommt, die zivilrechtliche Rückwirkung nach § 389 BGB mithin einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1994 – VIII R 79/91, BeckRS 1994, 22011267 [unter II 3 b und c]; Beschluss vom 2. Mai 2007 – VI B 139/06 [unter 3]).
63Einen Aufrechnungsausschluss hat die Entstehung der Kapitalertragssteuer nicht zur Folge. Es wäre zirkelschlüssig, wenn das Wirksamwerden der Aufrechnungserklärung einerseits überhaupt erst die Kapitalertragssteuer zum Entstehen brächte, andererseits dieser Entstehungstatbestand die Wirkung haben soll, dass die Aufrechnung in Höhe der Steuerbeträge von vorne herein ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist ein solcher Aufrechnungsausschluss rechtlich nicht begründbar. Das ein der Höhe der Steuerbeträge entsprechender Teil der Kapitalerträge der Dispositionsbefugnis des Steuerschuldners entzogen sein soll, lässt sich den §§ 43 ff. EStG nicht entnehmen. Vielmehr stellt die Abfuhr der Kapitalertragsteuer durch ein Kreditinstitut lediglich eine Leistung auf eine fremde Steuerschuld dar, sodass ihr – so sie denn tatsächlich erfolgt ist – schuldbefreiende Wirkung in Bezug auf den Anspruch des Steuerschuldners auf Auszahlung seiner Kapitalerträge zukommen kann. Dies begründet aber weder ein Aufrechnungsverbot, noch eine die Aufrechnung hindernde Einrede des Kreditinstituts. Unterbleibt infolge einer von dem Darlehensnehmer erklärten Aufrechnung ein Steuerabzug durch die Bank, greifen die Regelungen in § 44 Abs. 5 EStG ein, aus denen sich keine zivilrechtlichen Wirkungen ableiten lassen. Einschränkungen der Aufrechenbarkeit, wie sie sich im Lohnsteuerabzugsverfahren aufgrund der § 394 BGB, §§ 850 ff. ZPO ergeben können, bestehen im Falle der Kapitalertragssteuer nicht.
646. Zusammenfassend ergibt sich aus den Ausführungen vorstehend unter III 4 und III 5 für die zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche:
65a) Die Kläger schuldeten der Beklagten zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs (mithin am 21. Oktober 2014, dem in entsprechender Anwendung von § 270 S. 2 ZPO zu erwartenden Zugangs des Widerrufsschreibens bei der Beklagten) ursprünglich die Rückzahlung des ihnen ausgezahlten Nettokreditbetrages zuzüglich Wertersatz in Höhe des vertraglich vereinbarten Zinssatzes auf den ihnen jeweils tatsächlich überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
66b) Umgekehrt schuldete die Beklagte die Rückzahlung der erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger und darauf bezogen Nutzungsersatz in Höhe von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
67Bezogen auf die drei im Oktober 2007 geschlossenen Verträge, die jeweils KfW-Förderdarlehen zum Gegenstand haben (Darlehen #####/####, #####/#### und #####/####), ist als Basis für die Berechnung des Nutzungsersatzes lediglich die auf die Beklagte entfallende Zinsmarge von 0,6 % p.a. zu berücksichtigen, da die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die Zahlungen der Kläger mit Ausnahme dieser Zinsmarge an die NRW.BANK als Zentralinstitut weitergeleitet zu haben. Da die Beklagte lediglich diese Zinsmarge behalten durfte, stand ihr auch nur diese zur Verfügung, um daraus Nutzungen zu ziehen.
68c) Infolge der von den Klägern in der Klageschrift erklärten Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis sind diese gemäß § 389 BGB – rückwirkend auf den Zeitpunkt des Entstehens des Rückgewährschuldverhältnisses mit Wirksamwerden des Widerrufs (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 – XI ZR 366/15 [unter II 2 b cc (1)]) – erloschen, soweit sie sich decken.
697. Zur Berechnung der sich für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 ergebenden Ergebnisse ist hinsichtlich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Beklagten auf die Angaben der Kläger in ihrer Replik (dort ab S. 50) abzustellen. Die Berechnung der Kläger fußt auf den allgemein für die Rückabwicklungsansprüche geltenden, oben dargestellten Maßgaben. Ihre rechnerische Richtigkeit hat die Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Bezüglich des jeweiligen ursprünglichen Rückgewähranspruchs der Kläger ist im Grundsatz die von der Beklagten vorgelegte Berechnung in der Klageerwiderung (dort ab S. 52) heranzuziehen. Sie berücksichtigt den insoweit maßgeblichen Zinssatz, zu unterbleiben hat der von der Beklagten für richtig gehaltene Steuerabzug. Unter weiterer Berücksichtigung der Aufrechnung führt dies für die Klageanträge zu 6 bis zu 10 zu folgenden Ergebnissen:
70a) Klageantrag zu 1 – Darlehen Nr. #####/####
71ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 79.254,44
72ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 25.403,16
73Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 53.851,28
74b) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
75ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 22.839,47
76ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 5.568,39
77Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 17.271,08
78c) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
79ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 38.600,00
80ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 12.021,26
81Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 26.578,74
82d) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
83ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 140.978,01
84ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 47.250,58
85Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 93.727,43
86e) Klageantrag zu 1 – Darlehen #####/####
87ursprünglicher Rückgewähranspruch der Beklagten: € 39.846,34
88ursprünglicher Rückgewähranspruch der Kläger: € 10.579,64
89Saldo zugunsten der Beklagten nach Aufrechnung: € 29.266,67
908. Keinen Erfolg haben die Klageanträge zu 11 bis zu 15. Auf die von ihnen mit diesen Anträgen erstrebte Feststellung, dass die von ihnen seit dem 19. Februar 2015 geleisteten Annuitäten auf die per Saldo noch bestehenden Rückgewähransprüche der Beklagten unter Zugrundelegung des jeweils geltenden variablen Marktzinses anzurechnen sind, haben die Kläger keinen Anspruch.
91a) Für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs steht der Beklagten – was die Kläger der Sache nach zugestehen – ebenfalls ein Nutzungsersatzanspruch zu, dessen Höhe grundsätzlich dem vertraglich vereinbarten Zins entspricht.
92Der sich aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB a.F. ergebende Anspruch auf Ersatz der Nutzungen, die der Verbraucher aus der ihm aufgrund des widerrufenen Vertrages überlassenen Sache zieht, endet grundsätzlich nicht mit dem Wirksamwerden des Widerrufs, sondern erst in dem Moment, in dem der Verbraucher den Anspruch des Unternehmers auf Rückgewähr des Vertragsgegenstands aus §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. erfüllt und die Sache zurückgibt, oder – sofern die Voraussetzungen des Gläubigerverzugs vorliegen – gemäß § 302 BGB bereits vor der Rückgabe der Sache in dem Moment, in dem der Verbraucher aufhört, Nutzungen zu ziehen. Demgemäß schuldet der Verbraucher für die Zeit nach dem Widerruf weiterhin den vereinbarten Zinssatz auf den jeweils tatsächlich ihm noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta.
93b) Den Verbraucher an dem in dem widerrufenen Vertrag vereinbarten Zinssatz festzuhalten ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt, wenn der Darlehensgeber nach Erklärung des Widerrufs mit der Annahme der dem Verbraucher obliegenden Leistungen in Verzug gerät. Denn gemäß § 302 BGB beschränkt sich die Verpflichtung des Schuldners, der die Nutzungen eines Gegenstands herauszugeben oder zu ersetzen hat, während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht. Das sind bei einem Darlehensnehmer, der den Darlehensvertrag widerrufen hat und hinsichtlich der Darlehenssumme weiterhin einen Finanzierungsbedarf hat, diejenigen Zinsen, die er bei einer anderweitigen Abdeckung seines Finanzierungsbedarfes zahlen müsste, weshalb insoweit – mithin erst ab Eintritt des Annahmeverzuges des Darlehensgebers mit der Rückabwicklung – auf das zu diesem Zeitpunkt bestehende Zinsniveau abzustellen ist.
94c) Hieraus folgt, dass die Kläger für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs weiterhin den vertraglich vereinbarten Zins auf den noch bei ihnen verbliebenen Teil der Darlehensvaluta schulden. Einen Annahmeverzug der Beklagten für die Zeit nach dem 19. Februar 2015 haben die Kläger nicht herbeigeführt. Hierzu ist zwar nicht erforderlich, dass die Kläger konkrete Beträge Zug um Zug als Gegenleistung anbieten. Vielmehr reicht es aus, dass die wechselseitig geschuldeten Beträge in korrekter Weise abstrakt benannt werden. Dies ist hier jedenfalls bis zur mündlichen Verhandlung nicht geschehen, da die Kläger die ihnen ihrer Meinung nach zustehenden Ansprüche überhöht – nämlich unter Zugrundelegung eines von der Beklagten als Nutzungsersatz zu zahlenden Zinssatzes in Höhe von fünf (statt richtig nur zweieinhalb) Prozentpunkten über dem Basiszinssatz – berechnet und damit der Beklagten per Saldo weniger angeboten haben, als ihr aus dem Rückabwicklungsschuldverhältnis zusteht.
959. Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten haben die Kläger nicht. Als Teil der Kosten der Rechtsverfolgung können sie entweder als Verzugsschaden oder im Rahmen der Geltendmachung eines deliktischen oder vertraglichen Schadenersatzanspruchs neben dem unmittelbar entstandenen Schaden als dem Schädiger zurechenbarer Folgeschaden erstattungsfähig sein. Beides ist hier nicht der Fall.
96a) Die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB, unter denen die Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden ersatzfähig wären, liegen nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich zum Zeitpunkt der Mandatierung der klägerischen Prozessbevollmächtigten, welche die Entstehung der Rechtsverfolgungskosten ausgelöst hat, mit der Erfüllung einer ihr nach einem mit den Klägern bestehenden Schuldverhältnis obliegenden Pflicht in Verzug befunden hätte.
97b) Die Forderung lässt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB herleiten. Zwar mag die dem Unternehmer auferlegte Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht eine echte Rechtspflicht darstellen, deren Verletzung Ersatzansprüche zur Folge haben kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2006 – XI ZR 204/04 [unter III 2 b aa]; Urteil vom 26. Februar 2008 – XI ZR 74/06 [unter II 3 a]). Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich jedoch nicht, dass die fehlerhafte Belehrung für den geltend gemachten Schaden ursächlich geworden wäre. Die Rechtsanwaltskosten sind vielmehr erst entstanden, als die Kläger sich nach Ausübung ihres Widerrufsrechts anwaltlicher Hilfe bedient haben.
98IV.
99Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der Kläger ist verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
100Streitwert: € 96.038,52
101(= Summe der von den Klägern bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen; § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO).
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.