Landgericht Landshut Beschluss, 06. Juli 2015 - 62 T 755/15

bei uns veröffentlicht am06.07.2015

Tenor

I.

Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Landshut vom 15.03.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Dem Betroffenen wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Raten bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt ... beigeordnet.

III.

Der Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

IV.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Der Beschwerdeführer ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste mit dem Schiff von Albanien nach Italien, wo er sich eine gefälschte italienische Identitätskarte kaufte. In der Identitätskarte war das Lichtbild ausgetauscht worden. Der Beschwerdeführer wollte dadurch den Anschein erwecken, dass er italienischer Staatsangehöriger sei.

Arn 12.03.2015 reiste der Beschwerdeführer per Flugzeug von Mailand nach München. Er führte den gefälschten italienischen Ausweis sowie seinen richtigen albanischen Pass mit sich. Am Flughafen München wies er sich bei seiner Ankunft mit seinem echten Reisepass aus. Anschließend fertigte er von dem Pass eine Kopie und schickte das Original zu seiner Schwester nach Albanien. Am 14.03.2015 versuchte der Betroffene über den Flughafen München nach England auszureisen und wies sich mit der gefälschten italienischen ID-Karte aus. Dabei wurde er festgenommen.

2. Im Rahmen seiner polizeilichen Befragung äußerte der Beschwerdeführer, dass er mit der Situation in Albanien nicht mehr zufrieden sei. Er sehe dort keine Perspektive. Seine Familie und seine Bekannten würden sich von ihm distanzieren. Er wolle nach England, um dort zu arbeiten.

Die Bundespolizei wertete diese Erklärung nicht als Asylantrag und stellte am 14.03.2015 Antrag auf Abschiebehaft. Der Antrag geht vom Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 1 und 5 des § 62 Abs. 3 AufenthG aus.

3. Bei seiner Anhörung durch den Jourrichter des Amtsgerichts Landshut am 15.03.2015 äußerte der Beschwerdeführer, dass er nicht nach Albanien zurück möchte. Eher werde er sich umbringen. Er bat darum, von seiner Inhaftierung eine Person namens ... zu verständigen. Eine Mitteilung des Beschlussinhalts an das Konsulat seines Heimatlandes wünsche er nicht. Der Haftrichter teilte ihm mit, dass eine Benachrichtigung seines Heimatlandes erfolgen müsse.

4. Mit Beschluss vom 15.03.2015 ordnete das Amtsgericht Landshut Abschiebehaft für die Dauer von höchstens 4 Wochen und deren sofortigen Wirksamkeit an mit Hinweis auf den Haftgrund § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG. Weiter findet sich in dem verwendeten Beschlussformular der vorgedruckte Satz:

„Die Abschiebehaft ist nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG anzuordnen.“

Das Beschlussformular sieht nicht die Möglichkeit vor, diesen Satz durch ankreuzen aus zuwählen. Erachtet der Richter die Voraussetzungen der Nr. 5 nicht als gegeben an, muss er den Satz durchstreichen (siehe Seite 3 des Formulars bzw. Blatt 13 d. A.).

5. Der Beschwerdeführer wurde in die JVA Mühldorf verbracht und am 19.03.2015 nach Tirana abgeschoben. Ob eine Verständigung der im Rahmen der Anhörung genannten Vertrauensperson erfolgte, ergibt sich nicht aus den Akten. Der ausserhalb des Reihendienstes zuständige Ermittlungsrichter stellte mit Vermerk vom 16.03.2015 (Montag, Blatt 16 RS d. A.) fest, dass die Verständigung mangels Adresse oder Telefonnummer nicht durchgeführt werden kann.

6. Mit Schriftsatz vom 22.03.2015 legte der Betroffene durch seinen anwaltlichen Beistand Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.03.2015 ein und beantragte die Feststellung, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde mit Entscheidung vom 24.03.2015 nicht abgeholfen.

Mit Schreiben vom 07.05.2015 rügte der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 104 Abs. 4 GG, § 432 FamFG, da die Benachrichtigung der Vertrauensperson unterblieben sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 15.06.2015 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die haftrichterliche Entscheidung im Fall eines multiple-choice-Textes unzureichend sei, insbesondere nicht dargelegt wurde, warum der Haftgrund der Nr. 5 als gegeben angenommen wird. Auch der Haftgrund Nr. 1 würde nicht vorliegen, da Rückführungshaft ebenso wie die sogenannte „Dublin-Haft“ nicht auf die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Nr. 1 und 5 AufenthG gestützt werden dürfe. Zudem wäre zu beachten, dass der Betroffene nicht in Deutschland bleiben, sondern weiterreisen wollte. Man hätte ihm Gelegenheit geben müssen, freiwillig nach Albanien auszureisen. Die Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 b WÜK sei falsch gewesen, da Albanien nicht zwingend zu benachrichtigen sei. Darüberhinaus verweist der Betroffene mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17.06.2015 auf eine weitere Entscheidung des EuGH vom 11.06.2015 C-554/13, wonach der illegale Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats allein nicht die Abschiebehaft begründen kann.

7. Die Kammer hat eine Kopie Akten der Bundespolizei (Bl. 46 bis 80 d. A.) beigezogen und zur Frage der Benachrichtigung der Vertrauensperson persönliche Rüchsprache mit dem Jourrichter und fernmündliche Rücksprache mit dem polizeilichen Sachbearbeiter gehalten, wobei hinsichtlich des Ergebnisses dieser Rücksprachen auf den Aktenvermerk des Berichterstatters vom 28.06.2015, Blatt 84 d. A., bezug genommen wird.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt. Die mittlerweile durchgeführte Abschiebung steht dem Feststellungsantrag des Beschwerdeführers nicht entgegen, da es sich vorliegend um einen schweren Rechtseingriff handelt (§ 62 FamFG).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich.

a) Der Antrag der gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 1 b AufenthG zuständigen Behörde genügt den formellen Anforderungen des § 417 Abs. 2 FamFG. Er enthält eine umfassende Sachverhaltsschilderung sowie die Feststellung, dass die Staatsanwaltschaft der Abschiebung zugestimmt hat, sowie Ausführungen zur Erforderlichkeit der Haft und der Notwendigkeit der Haftdauer. In dem Antrag wurde dezidiert dargelegt, dass mit einer Abschiebung voraussichtlich binnen 2 Wochen nach durchgeführter Passbeschaffung gerechnet werden kann. Es erfolgte eine Aushändigung und Übersetzung des Haftantrags, wie der Betroffene beim Haftrichter selbst bestätigt hat. Die antragstellende Behörde hat sich damit befasst, ob ein Asylantrag gestellt wurde und dies zutreffend verneint. Die Haft wurde in der JVA Mühldorf vollzogen, die für Abschiebehaft zuständig ist. Der Betroffene wurde am 15.03.2015 vom Richter persönlich angehört.

b) Es lagen die Haftgründe des § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 5 AufenthG vor.

aa) Auf den Sachverhalt ist nicht das Dublin-Übereinkommen, sondern die Rückführungsrichtlinie anzuwenden. Der Betroffene hat hier keinen Asylantrag gestellt und befindet sich auch in keinem anderen Mitgliedsstaat in einem Asylverfahren. Die Rechtssprechung des BGH ist daher nicht uneingeschränkt auf die Haftgründe gemäß der Rückführungsrichtlinie übertragbar (hierzu LG Nürnberg/Fürth, 18 T 522/15, 18.02.2015 sowie LG Stuttgart, 16.02.2015, 19 T 43/15). Die Kammer nimmt auf diese Entscheidungen Bezug und schließt sich den dortigen Ausführungen an.

bb) Der Beschwerdeführer war aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 62 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG).

Gemäß § 14 AufenthG ist die Einreise eines Ausländers unerlaubt, wenn er einen erforderlichen Pass oder den erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt. Der Betroffene hatte bei seiner Einreise zwar einen Pass dabei, den er dann zu seiner Schwester nach Albanien schickte, jedoch verfügte er nicht über einen Aufenthaltstitel. Gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG ist ein Aufenthaltstitel notwendig, sofern durch das Recht der Europäischen Union nicht etwas anderes bestimmt ist. Der Betroffene als sichtvermerksfreier Drittausländer konnte sich mit einem Reisepass und ohne Visum gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ in Deutschland frei bewegen, soweit die in Art. 5 Abs. 1 Buchstaben c, d und e Schengener Grenzkodex genannten Voraussetzungen vorlagen. Liegen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 nicht vor, erlischt das Reiserecht (Renner/Bergmann/Dienelt § 4 AufenthG Rdnr.: 16).

Vorliegend reiste der Betroffen mittels einer gefälschten ID-Karte in das Bundesgebiet ein, um nach England weiterzureisen und dort illegal zu arbeiten. Seinen Pass schickte er in die Heimat zurück.

Die Einreisevoraussetzungen für Drittstaatenangehörige im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Schengener-Grenzkode waren damit nicht gegeben. Der Betroffene stellte eine Gefahr für die öffentliche Ordnung (Buchstabe b) dar.

Die Kammer ist nicht der Meinung, dass in dem Verhalten des Betroffenen kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu sehen ist. Daran ändert nichts die Entscheidung des EuGH vom 11.06.2015, C 554/13 betreffend die Definition des Begriffs „öffentliche Ordnung“ in Zusammenhang mit der Rückführungsrichtlinie.

Die Entscheidung besagt lediglich, dass der Einzelfall zu prüfen ist und dass nicht pauschal mit dem Hinweis auf Straftaten ohne weitere Prüfung Abschiebehaft angeordnet werden darf. In Randnummer 50 der Entscheidung fordert der EuGH eine Prüfung im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, ob einer Gefahr gegen die öffentliche Ordnung entgegensteht, dass der Betreffende dabei ist, das Land zu verlassen. Ferner ist zu überprüfen, ob der Betroffene möglicherweise freiwillig ausreisen wird und ob deshalb Zwang erforderlich ist (Rdnr.: 69 der Entscheidung).

Vorliegend wollte der Betroffene entsprechend seinen Angaben bei der Polizei, Bl. 4 d. A., nach London/England, um dort zu leben und zu arbeiten, weil er für sich in der Heimat keine berufliche und keine private Perspektive sah. Dem Haftrichter erklärte er, er werde auf keinen Fall nach Albanien zurückkehren, eher würde er sich umbringen. Der Betroffene reiste mit gefälschten Papieren. Seinen richtigen Pass hatte er zurück zu seiner Schwester geschickt. Unter diesen Voraussetzungen kann nicht davon ausgegangen werden, der Betroffene wäre freiwillig nach Albanien zurückgekehrt. Ein Haftgrund kann nach Auffassung der Kammer auch nicht mit der Überlegung verneint werden, dass es dem Betroffenen möglicherweise gelungen wäre, im Fall einer Ausreise aus Deutschland von den britischen Behörden unbemerkt illegal nach England einzureisen.

cc) Es liegt auch der Haftgrund nach § 62 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG vor.

Zuzugeben ist dem Beschwerdeführer, dass sich im Beschluss des Gerichts dazu keine zureichenden Ausführungen finden. Das hier verwendete Formblatt ist unklar. In der EDV sind, was im Rahmen dieser Beschwerde festgestellt werden konnte, Formblätter für den Jourdienst enthalten, die speziell auf die Bestimmung des § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG zugeschnitten sind. Ein derartiges Formblatt wurde hier nicht verwendet. In dem hier verwendeten Formblatt sind mehrere Alternativen vorhanden, die man ankreuzen kann. Losgelöst vom ganzen und ohne einen Bezug auf die eine oder andere Variante findet sich am Ende dann der Satz, dass die Abschiebehaft nach § 62 Abs. 3 Abs. S. 1 Nr. 5 AufenthG anzuordnen ist. Nach Kenntnis des Berichterstatters führte die Verwendung dieses Formblatts schon einmal zu Problemen, da dem Ausländeramt Erding damals nicht klar war, ob der Richter die Abschiebehaft nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG anordnen wollte oder nicht. Damals hatte der Berichterstatter als Jourrichter, wie jetzt Richter Reindl, das Formblatt verwendet. Ob vorliegend ein Wille des Richters vorhanden war, die Haft auch auf die Nr. 5 zu stützen, oder ob der Richter es lediglich unbewusst unterlassen hat, den einschlägigen Satz (s.o. unter I Nr. 4) durchzustreichen, ergibt sich aus dem Formblattbeschluss nicht. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da im Rahmen der Beschwerde eine umfassende Überprüfung in materieller Hinsicht zu erfolgen hat. Eine bloß mangelhafte Begründung durch das Erstgericht kann im Rahmen des Beschwerderechtszuges nachgeholt werden. Derartiges heilt (Keidel, FamFG 17. Auflage, § 62 Rdnr.: 24). Sollte der Richter seinen Beschluss auch auf die Nr. 5 gestützt haben, was im Hinblick auf die Zweideutigkeit des verwendeten Formulars nach Ansicht der Kammer ohnehin nicht anzunehmen ist, lagen die Voraussetzungen dafür vor.

Vorliegend hat die Behörde in ihrem Antrag die Voraussetzungen sowohl des § 62 Abs. 3 Nr. 1 als auch der Nr. 5 AufenthG ausführlich dargelegt (dort Ziffer IV 4.). Das Amtsgericht nimmt in seinem Beschluss unter Ziffer I. auf diesen Antrag Bezug. In seinem Beschluss geht das Amtsgericht davon aus, dass der Betroffene mit gefälschten Papieren gereist ist, mittellos ist und keinen gültigen Pass besitzt. Der Betroffene wollte eine nicht bestehende Freizügigkeitsberechtigung vortäuschen. Er teilte dem Haftrichter mit, dass er sich lieber umbringen würde, als nach Albanien zurückzugehen. Dort sah er für sich weder eine persönliche noch eine berufliche Perspektive. Unter diesen Voraussetzungen bestand der begründete Verdacht, dass der Betroffene bei der angekündigten Abschiebung sich dieser entzogen hätte und dass er nicht freiwillig ausgereist wäre.

dd) Der Betroffene wurde im Rahmen der Anhörung über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt. Die Tatsache, dass der Erstrichter fälschlich erklärt haben soll, dass eine Verständigung des Heimatstaates vorgeschrieben ist, stellt keinen derart gravierenden Eingriff in grundrechtlich relevante Verfahrensrechte dar, dass deshalb die Haftanordnung insgesamt rechtswidrig erschiene.

Die Dauer der angeordneten Haft war angemessen. Das Beschleunigungsgebot wurde beachtet.

ee) Unzutreffend ist der Einwand, dass die Verständigung des Angehörigen rechtswidrig unterblieben ist. Die Verpflichtung, eine Vertrauensperson zu verständigen, ist in der Verfassung festgeschrieben. Die Verletzung derartiger Verfahrensgrundrechte ist einer gesonderten Feststellung zugänglich (Keidel, a. a. O. Rdnr.: 29 unter Hinweis auf Art. 36 Abs. 1 WÜK). Entsprechendes muss für die im Grundgesetz angeordnete Benachrichtigung von Angehörigen gelten, da der Bestimmung des Art. 104 Abs. 4 GG grundrechtssichernde Funktion zukommt (Renner, Bergmann, Dienelt, Ausländerrecht § 62 AufenthG Rdnr.: 453).

Ausweislich der Ermittlungen der Kammer (Aktenvermerk vom 28.06.2015) hat der Jourrichter dafür gesorgt, dass der Betroffene telefonieren kann. Er hat die Polizeibeamten gebeten, die auf dem Mobiltelefon des Betroffenen gespeicherte Telefonnummer seiner Vertrauensperson festzustellen und ein Telefonat zu ermöglichen. Die Beamten haben dies entsprechend der vom polizeilichen Sachbearbeiter mitgeteilten Praxis zugesagt. Warum diese Feststellungen der Kammer einen Grundrechtsverstoss belegen sollen, erschliesst sich nicht. Der Betroffene behauptet in seiner Stellungnahme zum Aktenvermerk vom 28.06.2015 nichteinmal, dass die Angaben des Jourrichters falsch sind oder dass ihm entgegen der Zusage der Beamten gegenüber dem Richter das Telefonat verweigert worden ist. Er sagt nichteinmal, ob er telefonieren durfte oder nicht.

ff) Die Kammer kann ohne persönliche Anhörung des Betroffenen entscheiden. Der Betroffene hat sich im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung und gegenüber dem Amtsgericht geäussert. Der Sachverhalt ist ausreichend aufgeklärt. Es kann ausgeschlossen werden, dass eine erneute Anhörung des Betroffenen zu Erkenntnissen führt, die für die Entscheidung von Bedeutung wären (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG). Unklar ist lediglich geblieben, ob der Betroffene nach der Vorführung beim Richter telefoniert hat, wenn nein, warum nicht. Dies erfordert aber nicht die persönliche Anhörung. Der anwaltlich vertretene Betroffene hatte ausreichend Gelegenheit, sich hiezu schriftlich zu äussern.

3. Dem Betroffenen war Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihm war ein Rechtsanwalt beizuordnen. Auch wenn die Beschwerde keinen Erfolg hatte, wirft das Verfahren schwierige Rechtsfragen auf, so die Frage der Europarechtskonformität der Rückführungsrichtlinie. Aus diesem Grund war, wie auch in den Fällen LG Nürnberg, 18.02.2015, sowie LG Stuttgart, 16.02.2015, Rechtsanwalt Fahlbusch aus Hannover beizuordnen.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 81 FamFG.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde nach §§ 70 ff. FamFG statthaft.

Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von 1 Monat beim

Bundesgerichtshof Karlsruhe

Herrenstraße 45 a

76133 Karlsruhe

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, ist das Datum der Zustellung maßgebend. Erfolgt die schriftliche Bekanntgabe durch Aufgabe zur Post und soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück 3 Tage nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Erlass (§ 38 Abs. 3 FamFG) des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen einer Rechtsbeschwerdeschrift eingelegt.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.

Die Beteiligten müssen sich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, der die Rechtsbeschwerdeschrift zu unterzeichnen hat.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Die zur Vertretung berechtigte Person muss die Befähigung zum Richteramt haben.

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf es nicht bei Beteiligten, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.

Soweit sich der Rechtsbeschwerdeführer nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen muss, ist die Rechtsbeschwerdeschrift durch ihn oder seinen Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde

(Rechtsbeschwerdeanträge);

2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar

a. die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;

b. soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

Mit der Rechtsbeschwerde soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses vorgelegt werden.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Landshut Beschluss, 06. Juli 2015 - 62 T 755/15

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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen
Landgericht Landshut Beschluss, 06. Juli 2015 - 62 T 755/15 zitiert 14 §§.

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(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

Von der Anordnung der Freiheitsentziehung und deren Verlängerung hat das Gericht einen Angehörigen des Betroffenen oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich zu benachrichtigen.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 15.01.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Betroffene zu tragen.

3. Dem Betroffenen wird Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt. Ihm wird Rechtsanwalt F. als Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

1.

Der Betroffene ist kosovarischer Staatsangehöriger. Er reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich am 12.09.2014 in N. an. Hierbei verwendete er einen gefälschten slowenischen Personalausweis (Bl. 16 d.A.). Die auf diesem Ausweis angegebene Person ist nicht existent. Der slowenische Ausweis mit der Nr. … wurde für eine andere Person ausgestellt.

Am 15.01.2015 wurde der Betroffene durch Beamte der Kriminalpolizei N. festgenommen und in Gewahrsam verbracht. Der Betroffene wurde als Beschuldigter vernommen (Bl. 8 d.A.). Nach Belehrung erklärte er, dass er sich die falschen Papiere im Kosovo beschafft habe, um nach Deutschland zu gelangen und dort arbeiten zu können. Für die Papiere - neben dem Ausweis auch Führerschein und Visa-Kreditkarte (Bl. 15/17 d.A.) - habe er 8.000,- € an einen Slowenen gezahlt. Seine echten Papiere befänden sich im Kosovo.

2.

Am 15.01.2015 beantragte die Stadt N., Einwohneramt - Ausländerwesen, beim Amtsgericht Nürnberg die Anordnung der Abschiebungshaft gegen den Betroffenen bis zum 26.03.2015, die sofortige Wirksamkeit der Haftanordnung sowie für den Fall, dass über den Antrag nicht sofort entschieden werden kann, die Sicherungshaft im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer von 3 Wochen gem. § 106 Abs. 2 S. 1 AufenthG, § 427 FamFG (Bl. 1 d.A.).

Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, der Betroffene habe durch seinen unerlaubten Aufenthalt und die vorgelegten gefälschten Ausweisdokumente zu erkennen gegeben, dass er den Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen der Bundesrepublik Deutschland keine Beachtung schenke. Er sei nach eigenen Angaben mittellos und nicht im Besitz eines Nationalpasses, so dass die freiwillige Ausreise nicht möglich sei. Es sei anzunehmen, dass der Betroffene seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme und sich der Abschiebung entziehe. Für die Erstellung eines Passersatzdokuments sei ein Bearbeitungszeitraum von 3 Wochen erforderlich. Anschließend könne die Buchung eines Fluges erfolgen. Die Justizvollzugsanstalt Mühldorf sei seine spezielle Einrichtung für den Vollzug der Abschiebungshaft. Die Aufnahme des Betroffenen dort könne am 15.01.2015 erfolgen.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erteilte ihr Einvernehmen zu der geplanten Abschiebung des Betroffenen (Bl. 22 d.A.).

3.

Der Betroffene wurde am 15.01.2015 vor dem Amtsgericht Nürnberg angehört (Bl. 23 d.A.). Er erklärte, wenn es möglich sei, würde er freiwillig in den Kosovo zurückkehren und die Reisekosten sogar selbst tragen. Er stelle keinen Asylantrag.

Anschließend ordnete das Amtsgericht Nürnberg mit Beschluss vom 15.01.2015 die Sicherungshaft gegen den Betroffenen bis zum 12.03.2015 und die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung an (Bl. 27 d.A.). Der Beschluss wurde in Gegenwart des Betroffenen verkündet und ihm eine Ausfertigung in deutscher Sprache ausgehändigt.

Der Betroffene befand sich seit dem 15.01.2015 in der Justizvollzugsanstalt Mühldorf am Inn (Bl. 49 d.A.).

4.

Mit einem am 23.01.2015 beim Amtsgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten ließ der Betroffene Beschwerde gegen den Beschluss vom 15.01.2015 erheben (Bl. 34 d.A.). Es wurde beantragt, festzustellen, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe. Dieser Antrag wurde mit Schriftsatz vom 10.02.2015 wiederholt (Bl. 50 d.A.). Außerdem beantragte der Betroffene die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

Die Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom 30.01.2015 näher begründet (Bl. 46 d.A.). Der Betroffene macht geltend, die Haft könne weder auf § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 noch auf § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des BGH für den Bereich der sog. Dublin-III-Verfahren. Diese Rechtsprechung sei auf das vorliegende Verfahren, das der Rückführungsrichtlinie unterfalle, zu übertragen. Auch diese Richtlinie verlange, dass die Fluchtgefahr anhand objektiver Kriterien gesetzlich festgelegt sei. An einer solchen richtlinienkonformen Regelung fehle es momentan in Deutschland.

5.

Das Amtsgericht Nürnberg hat der Beschwerde mit Verfügung vom 23.01.2015 nicht abgeholfen (Bl. 40 d.A.).

Der Betroffene wurde am 03.02.2015 in den Kosovo abgeschoben.

Die Stadt N. hat mit Schreiben vom 13.02.2015 zur Beschwerde Stellung genommen und beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen (Bl. 52 d.A.).

II.

1.

Die Beschwerde ist zulässig gem. §§ 58 Abs 1, 59 Abs. 1 FamFG. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG).

Nachdem der Betroffene am 03.02.2015 abgeschoben worden ist und sich nicht mehr in Haft befindet, hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt. Der Betroffene hat jedoch in zulässiger Weise den Antrag gestellt, festzustellen, dass er durch den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 15.01.2015 in seinen Rechten verletzt worden ist. Ein berechtigtes Interesse liegt vor (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG). Denn die Freiheitsentziehung stellt stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar (vgl. BGH, NJW 2012, 1582, 1583 m.w.Nachw.).

2.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Anordnung der Sicherungshaft durch den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 15.01.2015 ist nicht zu beanstanden.

a)

Der Antrag der beteiligten Behörde genügte den formellen Anforderungen des § 417 Abs. 2 FamFG und enthielt insbesondere Angaben zur erforderlichen Dauer der Freiheitsentziehung.

Die antragstellende Behörde war gem. § 71 Abs. 1 AufenthG, §§ 1 S. 1 Nr. 1, 2, 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZustVAuslR sachlich und örtlich zuständig.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen vor Erlass des angefochtenen Beschlusses mündlich angehört (§ 420 Abs. 1 S. 1 FamFG).

b)

Es lagen die Haftgründe der § 62 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG vor.

aa)

Der Betroffene war aufgrund unerlaubter Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG). Denn er war in das Bundesgebiet eingereist und hat sich darin aufgehalten, ohne einen anerkannten und gültigen Pass zu besitzen und ohne von der Passpflicht befreit gewesen zu sein (§§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 S. 1 AufenthG). Ebenso wenig besaß der Betroffene den erforderlichen Aufenthaltstitel (§§ 14 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 1 AufenthG).

bb)

Darüber hinaus hat sich der Betroffene in sonstiger Weise der Abschiebung entzogen (§ 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 AufenthG). Er versuchte, sich durch einen gefälschten slowenischen Pass auszuweisen und hat diesen bei der Stadt N. zur Anmeldung vorgelegt. Außerdem verfügte er über einen gefälschten slowenischen Führerschein und eine gefälschte, scheinbar in Slowenien ausgestellte Visa-Kreditkarte.

Dies war nach Ansicht der Kammer zumindest auch von der Absicht getragen, sich als Freizügigkeit genießender Unionsbürger auszugeben und auf diese Weise die Abschiebung zu verhindern oder zu erschweren. Eine solche Identitätstäuschung durch Benutzung gefälschter Personaldokumente, insbesondere die Täuschung über die Staatsangehörigkeit, stellt eine aktive Maßnahme dar, um sich der Abschiebung zu entziehen (vgl. auch BayObLG, FGPrax 1998, 120). Der vorliegende Fall hat daher eine andere Qualität als die bloße Passlosigkeit des Betroffenen (vgl. hierzu OLG Frankfurt, FGPrax 1998, 38).

cc)

Es ist unschädlich, dass der Haftantrag der Stadt Nürnberg sich nicht ausdrücklich auf § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 AufenthG bezieht. Gemäß § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FamFG genügt der Vortrag konkreter Tatsachen, die dem Gericht die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen erlauben. Zwar stellt das Gesetz an die Begründung eines Haftantrags strengere Anforderung als außerhalb von Freiheitsentziehungssachen. Diese Anforderungen dürfen aber nicht überspannt werden. Im vorliegenden Fall hat der Antrag vom 15.01.2015 alle für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falls angesprochen. Damit musste auch dem Betroffenen klar sein, welcher Sachverhalt die Grundlage für seine Verteidigung gegen den Haftantrag bildet.

dd)

Entgegen der Auffassung der Beschwerde sowie der hierzu vorgelegten Entscheidungen des Amtsgerichts Hannover (Beschl. v. 19.01.2015 - 44 XIV 64/14) und des Amtsgerichts Wennigsen (Beschl. v. 27.01.2015 - 2 XIV 2/15 B) begegnen § 62 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 und 4 AufenthG keinen europarechtlichen Bedenken.

Der vorliegende Fall betrifft die Rückführung eines illegal aufenthaltigen Drittstaatenangehörigen in sein Herkunftsland. Hierzu existieren unionsrechtliche Vorgaben in Gestalt der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 (Rückführungs-RL), welche durch den deutschen Gesetzgeber umzusetzen war. Die Rechtsprechung des BGH zur Einschränkung der Haftgründe gem. Dublin-III-VO ist nicht uneingeschränkt auf die Haftgründe gem. der Rückführungs-RL übertragbar.

Art. 15 Abs. 1 der Rückführungs-RL erlaubt den Mitgliedstaaten, Drittstaatenangehörige in Haft zu nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen. Im Gegensatz zu Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (Dublin-III-VO) beschränkt die Rückführungs-RL die zulässigen Haftgründe nicht auf das Bestehen einer Fluchtgefahr. Dies ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 S. 1 der Rückführungs-RL („und zwar insbesondere …“), der zeigt, dass die Aufzählung der Haftgründe nicht abschließend ist. Darüber hinaus nennt Art. 15 Abs. 1 S. 1 lit. b) der Rückführungs-RL ausdrücklich einen in Betracht kommenden weiteren Haftgrund, nämlich das Umgehen oder Behindern der Abschiebung durch den betroffenen Drittstaatenangehörigen. Dieses Verständnis einer nicht abschließenden Regelung entspricht dem Zweck der Rückführungs-RL. Sie erkennt das Recht der Mitgliedsstaaten an, die Rückkehr illegal aufenthaltiger Drittstaatenangehöriger sicherzustellen und will nur in Teilbereichen eine Harmonisierung des nationalen Rechts herbeiführen (Erwägungsgründe 5 und 8). Dabei soll das Mittel der Haft zwar nur begrenzt zum Einsatz kommen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (Erwägungsgrund 16). Eine Beschränkung auf Fälle der Fluchtgefahr ist aber gerade nicht geregelt worden.

In Fällen vollziehbarer Ausreisepflicht aufgrund unerlaubter Einreise rechtfertigt sich die Haft, um die Rückkehr des Ausländers vorzubereiten bzw. durchzuführen und steht mit dem allgemeinen Vorbehalt in Art. 15 Abs. 1 S. 1 der Rückführungs-RL in Einklang. Hat der Drittstaatenangehörige - wie hier - durch gefälschte Personaldokumente und Täuschung über seine Staatsangehörigkeit versucht, das Abschiebungsverfahren zu umgehen oder zu behindern, so gestattet Art. 15 Abs. 1 S. 1 lit. b) der Rückführungs-RL den Mitgliedsstaaten ausdrücklich die Inhaftnahme. Anders als in Fällen der Fluchtgefahr fordert die Richtlinie zu Art. 15 Abs. 1 S. 1 lit. b) keine weiteren gesetzlich festgelegten Kriterien.

ee)

Ob § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG mit der Rückführungs-RL in Einklang steht oder die zu den Anforderungen der Dublin-III-VO ergangene Entscheidung desBGH (Beschl. v. 26.06.2014 - V ZB 31/14, NVwZ 2014, 1397) einschränkungslos übertragen werden kann, bedarf hier keiner Erörterung. Denn die Haft war - wie ausgeführt - bereits aus anderen Gründen als der Entziehungsgefahr gerechtfertigt.

c)

Die Überwachung der Ausreise war gem. § 58 Abs. 1, Abs. 3 Nrn. 4 bis 7 AufenthG erforderlich, da der Betroffene mittellos ist, keinen Pass besaß und unter der Angabe veränderter Personalien gegenüber dem Einwohneramt der Stadt N. im Bundesgebiet verbleiben wollte. Er hat durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen werde. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte eine erhebliche Geldsumme - nach eigenen Angaben 8.000,- € - aufgewandt hat, um sich unter falschem Namen und mit falscher Staatangehörigkeit im Bundegebiet aufhalten zu können. Hierbei würde es sich aus der Sicht des Betroffenen im Falle der Abschiebung um vergebliche Aufwendungen handeln.

d)

Auch § 62 Abs. 3 S. 4 AufenthG stand der Sicherungshaft nicht entgegen. Der Betroffene war ohne kosovarische Papiere eingereist. Die Beschaffung von Ersatzpapieren und die anschließende Flugbuchung wären innerhalb von 3 Monaten möglich gewesen. Dies wurde nur deshalb hinfällig, weil - entgegen den Angaben des Betroffenen - ein in Deutschland lebender Verwandter am 16.01.2015 eine kosovarische ID-Card des Betroffenen bei der Stadt N. vorlegte.

e)

Auch die sonstigen Voraussetzungen der Sicherungshaft waren gegeben:

aa)

Ein Abschiebeverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG ist nicht ersichtlich.

bb)

Das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gem. § 72 Abs. 4 AufenthG lag vor.

cc)

Der Zweck der Haft konnte nicht durch mildere Mittel erreicht werden (§ 62 Abs. 1 S. 1 AufenthG). Insbesondere aufgrund der Identitätstäuschung des Betroffenen war mit Widerstand gegen die Abschiebung zu rechnen. Dem konnte nur durch eine freiheitsentziehende Maßnahme wirksam begegnet werden.

dd)

Auch ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot lag nicht vor. Nachdem unerwartet eine kosovarische ID-Card vorlag, konnte die Abschiebung bereits am 03.02.2015 erfolgen.

ee)

Der Betroffene wurde im Rahmen der Anhörung am 15.01.2015 über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt (Art. 36 Abs. 1 lit. b WKÜ).

f)

Die Dauer der angeordneten Sicherungshaft war angemessen. Insofern wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts Nürnberg im Beschluss vom 15.01.2015 (Seite 4) Bezug genommen.

g)

Die Kammer kann ausnahmsweise ohne persönliche Anhörung des Betroffenen entscheiden. Der Betroffene hat im Rahmen der polizeilichen Vernehmung und der Anhörungen durch das Amtsgericht Nürnberg Angaben zur Sache gemacht. Der Sachverhalt ist hinreichend ermittelt. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass eine erneute Anhörung des Betroffenen zu Erkenntnissen führt, die für die Entscheidung von Bedeutung wären (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

3.

Dem Betroffenen war Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt beizuordnen.

a)

Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist - trotz des Unterliegens in der Hauptsache - begründet.

aa)

Die Rechtsverteidigung des Betroffenen bietet zwar nach Ansicht der Kammer keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 76 Abs. 1 FamFG, § 114 S. 1 ZPO). In Hinblick auf die höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage, ob die vorliegenden Haftgründe in Hinblick auf die Rückführungs-RL europarechtskonform sind, darf jedoch unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip die Verfahrenskostenhilfe nicht verwehrt werden (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30 Aufl., § 114 Rrnr. 21 m.w.Nachw.).

bb)

Angesichts der durch den Betroffenen angegebenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Bl. 36-39 d.A.) ist ihm die Wahrnehmung seiner Rechte aus eigenen Mitteln nicht möglich.

b)

Zwar ist vorliegend kein Rechtsanwaltszwang gegeben. Dennoch war dem Betroffenen vorliegend ein Rechtsanwalt beizuordnen.

Nach § 78 Abs. 2 FamFG ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dabei kommt es nicht nur auf die objektiven Umstände, sondern auch auf die subjektiven Fähigkeiten des Betroffenen an, so dass einem unbemittelten Betroffenen ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, wenn ein bemittelter Betroffener in seiner Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 28.02.2013 - V ZB 138/12).

Die vorliegende Beschwerdebegründung, die Haftgründe wären mit der zu beachtenden Rückführungsrichtlinie nicht vereinbar und daher unanwendbar, ist lediglich mit Unterstützung eines Rechtsanwalts möglich, so dass auch eine bemittelte Partei in derselben Lage einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt hätte.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 79 Abs. 1 S. 1, 36 Abs. 1 und 3 GNotKG.

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.01.2015 - 209 XIV 187/15 - wird zurückgewiesen.

2. Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Raten bewilligt und Rechtsanwalt Fahlbusch, Hannover, beigeordnet.

3. Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Veranlassung für eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten besteht nicht.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: EUR 5.000,00

Gründe

 
I.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.01.2015 wurde auf Antrag der Antragstellerin/Regierungspräsidium Karlsruhe gegen den Antragsgegner, kosovarischer Staatsangehöriger, sofort wirksam die Abschiebehaft gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG bis 26.02.2015 angeordnet.
Bereits zuvor war der Antragsgegner am 06.12.2014 in Bad Feilnach durch Beamte der Bundespolizeiinspektion Rosenheim kontrolliert worden, wobei er keinen Pass, Passersatz und keinen Aufenthaltstitel vorweisen konnte. Am 22.12.2014 war er hierauf in den Kosovo abgeschoben worden. Am 15.01.2015 gegen 10.20 Uhr wurde er im Rahmen einer Verkehrskontrolle erneut in der Cannstatter Straße in 70190 Stuttgart als Mitfahrer in einem Fahrzeug mit österreichischer Zulassung angetroffen. Auch hierbei konnte er sich nicht ausweisen. Bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht mit Hilfe des Dolmetschers für albanische Sprache gab er an, er sei vor sechzehn bis siebzehn Tagen aus dem Kosovo geflüchtet, vor zwei bis drei Tagen nach Deutschland gekommen und beabsichtige in Karlsruhe Asyl zu beantragen.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 16.01.2015, der dem Antragsgegner im Anhörungstermin bekannt gegeben wurde, legte sein Verfahrensbevollmächtigter mit Telefax vom 22.01.2015 Beschwerde ein und beantragte,
festzustellen, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe, sowie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Der Beschwerde half das Amtsgericht nicht ab und legte die Akten dem Beschwerdegericht, mit Eingang am 29.01.2015, zur Entscheidung vor.
Von der Antragstellerin wurde auf die Anfrage des Beschwerdegerichts mitgeteilt, der Antragsgegner befinde sich in Haft in der Gewahrsamseinrichtung für Ausländer in Ingelheim/Rheinland-Pfalz.
Mit der Beschwerdebegründung vom 03.02.2015 führt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners aus, der Antragsgegner sei sofort freizulassen und die Rechtswidrigkeit des Beschlusses festzustellen. Gleichzeitig beantragt er, den angefochtenen Beschluss außer Vollzug zu setzen. Hierbei weist er auf den zwischenzeitlich am 26.01.2015 beim Bundesamt gestellten Asylantrag hin - über diesen ist noch nicht entschieden.
Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Beschlüssen vom 26.06.2014 - V ZB 31/14 - und vom 22.10.2014 - V ZB 124/14 - könne wie bei der Haft zur Sicherung von Überstellungsverfahren nach Art. 28 Dublin-III-Verordnung die Abschiebehaft bei Rückführungsverfahren nach der Richtlinie 2008/15/EG nicht auf den Haftgrund der Fluchtgefahr der nationalen Regelung nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Infolge des Asylantrages entfalle nunmehr der Haftgrund der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG. Die gemeinsame Unterbringung von Abzuschiebenden, die ein Asylbegehren gestellt haben, mit Betroffenen, bei denen dies nicht der Fall ist, sei im Hinblick auf Art. 10 der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU unzulässig. Die Ausführungen zur Haftdauer genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Haftantrag sei dem Antragsgegner nicht ausgehändigt worden.
Mit weiterem per Fax beim Amtsgericht eingegangenem und an das Amtsgericht adressiertem Schriftsatz vom 06.02.2015 beantragt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme des Antragsgegners vom 15.01.2015, 15.00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses am 16.01.2015 rechtswidrig gewesen sei.
10 
Auf die Stellungnahme der Antragstellerin vom 10.02.2015 und die hierzu erfolgte Äußerung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 11.02.2015 wird Bezug genommen.
11 
Die Kammer hat die angeforderte Akte des Regierungspräsidium Karlsruhe 81-a15/425957 per Fax am 12.02.2015 übermittelt erhalten. Aus der Auswertung der behördlichen Akte ergeben sich keine Gesichtspunkte, die für die Beurteilung der Haftvoraussetzungen, insbesondere der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Haft, von Bedeutung sind, zumal die hier relevanten Verfügungen im Verfahren vorgelegt worden sind.
II.
12 
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.
13 
Die Kammer legt das Rechtsmittel des Antragsgegners gegen die Entscheidung des Amtsgerichts als Beschwerde gegen die andauernde Haftanordnung des Amtsgerichts aus sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des bislang erfolgten Vollzugs der Haft.
14 
Auch der mit der Beschwerde erhobene Feststellungsantrag ist zulässig und kann unabhängig von einer Hauptsacheerledigung mit der Beschwerde gegen die Haftanordnung verbunden werden (BGH Beschluss v. 30.08.2012 - V ZB 12/12 - juris)
15 
Der Haftantrag ist ausreichend begründet gem. § 417 Abs. 2 S. 2 FamFG. Der Antrag legt Voraussetzungen, Durchführbarkeit und Dauer der beabsichtigten Abschiebung in das Kosovo im konkreten Fall hinreichend dar. Die Verfügung über die Abschiebungsandrohung der Bundespolizeiinspektion Rosenheim vom 06.12.2014 ist vorgelegt. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit Verfügung der Bundespolizeiinspektion Rosenheim vom 12.12.2014 - befristet bis 12.12.2016 - ist in Bezug genommen und mit dem Antrag vorgelegt. Der Empfang ist jeweils vom Antragsgegner unterschriftlich bestätigt.
16 
Auch die Abschiebungsandrohung der Antragstellerin vom 15.01.2015 ist vorgelegt und - nach der behördlichen Akte - der Erhalt gleichfalls unterschriftlich vom Antragsgegner bestätigt.
17 
Das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft gem. § 72 Abs. 4 AufenthG liegt vor.
18 
Der Haftantrag wurde dem Antragsgegner ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 16.01.2015 bekannt gegeben und mündlich mittels Dolmetscher in die albanische Sprache übersetzt. Auf Anforderung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die bislang angefallene Akte (einschließlich des Antrages mit Anlagen) durch das Beschwerdegericht zur Kenntnis übersandt, mithin konnte sich der Betroffene über seinen Verfahrensbevollmächtigten hierzu äußern und hat sich dieser geäußert.
19 
Grundsätzlich ist dem Betroffenen eine Ablichtung des Haftantrages zu übergeben, der erforderlichenfalls mündlich übersetzt werden muss; beides ist in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle zu vermerken (BGH Beschluss v. 16.07.2014 - V ZB 80/13 - juris).
20 
Die - möglicherweise hier - unterbliebene Aushändigung des Haftantrages führt allerdings nur dann zu einer Aufhebung der Haftanordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (BGH Beschluss v. 16.07.2014 - V ZB 80/13 - juris).
21 
Die Begründung des Haftantrages hier ist nicht so vielschichtig und umfangreich, dass sie bei einer mündlichen Übersetzung nicht hätte erfasst werden können. Dass der Antragsgegner - wenn ihm der Haftantrag bereits vor seiner Anhörung durch das Amtsgericht ausgehändigt worden wäre - tatsächliche oder rechtliche Umstände mit der Folge vorgebracht hätte, dass die Haftanordnung nicht ergangen wäre, wird mit der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt die protokollierte Einlassung des Antragsgegners vor dem Amtsgericht, dass er sich bewusst war, dass er zweimal illegal eingereist ist und bereits zuvor einmal abgeschoben worden war. Die Beschwerde befasst sich im Wesentlichen mit prozessualen und europarechtlichen Vorgaben.
22 
Der Antragsgegner ist aufgrund der Abschiebungsandrohung vom 15.01.2015 vollziehbar ausreisepflichtig (§§ 58, 59 AufenthG).
23 
Der Haftgrund der unerlaubten Einreise gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist nicht - mehr - gegeben.
24 
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Ausländer, die bei ihrer unerlaubten Einreise an der Außengrenze oder nach ihrer unerlaubten Einreise im Bundesgebiet um Asyl nachsuchen und dadurch kraft Gesetzes die Aufenthaltsgestattung erwerben (Winkelmann in Renner, Ausländerrecht, 10. Aufl. § 62 Rn. 60 m.w.N.).
25 
Der Antragsgegner hat aus der Haft am 26.01.2015 einen Asylantrag gestellt.
26 
Zu Recht hat das Amtsgericht gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG die Sicherungshaft angeordnet, da es beim Antragsgegner aufgrund der vorliegenden Umstände einen begründeten Verdacht angenommen hat, der Antragsgegner werde sich der Abschiebung entziehen.
27 
Der begründete Verdacht, dass sich der Ausländer der Abschiebung entziehen will, kann sich aus entsprechenden Erklärungen oder aus dem Verhalten des Ausländers ergeben. Diese Voraussetzung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn der Ausländer - wie hier - keine festen sozialen Bindungen im Bundesgebiet besitzt, keine verwandtschaftlichen Beziehung im Bundesgebiet hat oder mittellos ist. Hinzukommen müssen vielmehr konkrete Umstände, die den Verdacht der Absicht begründen, die Abschiebung zu verhindern oder ihr sonst zu entgehen (Winkelmann in Renner aaO Rn. 76, 77 m.w.N.).
28 
Solche weiteren konkreten Umstände sind hier gegeben. Der Antragsgegner ist - obgleich er kurz zuvor mit Sperrwirkung für eine erneute Einreise - bereits einmal abgeschoben worden war, erneut unerlaubt eingereist und hat sich illegal in Deutschland aufgehalten. Er ist nicht selbstständig und freiwillig nach dem Grenzübertritt bei der Ausländerbehörde erschienen. Bei einer Verkehrskontrolle konnte sein illegaler Aufenthalt festgestellt werden. Hierbei konnte er sich in keiner Weise ausweisen und war nicht im Besitz von Rückreisedokumenten. Nur mittels „FastID“ konnte seine Identität festgestellt werden. Mithin hat er durch Unterdrückung von Identitäts- oder Reisedokumenten über seine Identität getäuscht und muss unter Umgehung einer Grenzkontrolle eingereist sein. Diesem Sachverhalt tritt die Beschwerde auch nicht entgegen.
29 
Der Antragsgegner hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen wolle (§ 62 Abs. 3 S. 3 AufenthG).
30 
Der Anwendung der nationalen Vorschrift steht das Gemeinschaftsrecht hier nicht entgegen.
31 
Auf die Anwendbarkeit von Art. 28 Dublin-III-Verordnung und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Sicherstellung des Überführungsverfahrens in den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat mit Beschlüssen vom 26.06.2014 - V ZB 31/14 - und 22.10.2014 - V ZB 124/14 - (juris) kann sich der Antragsgegner direkt nicht berufen. Die Verordnung hat zwar gem. Art. 288 AEUV in der Fassung von 2012 allgemeine Geltung und ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Mithin enthält nunmehr das Gemeinschaftsrecht selbst Vorschriften für die Inhaftnahme von Ausländern zum Zwecke der Überstellung. Sie erfasst aber nach ihrem Regelungsgegenstand die vorliegende Konstellation einer Rückführung in den nicht dem Schengen-Abkommen unterliegenden Heimatstaat des Ausländers nicht, verlangt somit nicht für vorliegende Konstellation nach Art. 2 Buchstabe n Dublin-III-Verordnung gesetzlich festgelegte Kriterien zur Konkretisierung der im Gemeinschaftsrecht bestimmten Voraussetzungen der „Fluchtgefahr“, welche der Bundesgerichtshof in § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG nicht für gegeben erachtet.
32 
Die Rechtsgrundlage für die Abschiebungshaft im Rückführungsverfahren ergibt sich weiterhin aus dem nationalen Recht. Der Haftgrund der Fluchtgefahr bzw. Entziehungsabsicht ist im nationalen Recht auch durch die obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend konkretisiert, objektiv und einzelfallbezogen definiert. Selbst das Strafrecht kennt in § 112 StPO den Begriff der „Fluchtgefahr“.
33 
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich, wenn ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich umgesetzt hat, ein Einzelner gegenüber diesem Staat auf inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen der Richtlinie berufen (BGH, Beschluss vom 11.07.2013, V ZB 40/11; EuGH, Urteil vom 19.11.1991 in der Rechtssache C-6/90, Francovich u.a., Slg. 1991, I-5357 nach juris). Bei Art. 15 der Richtlinie 2008/115/EG handelt es sich um eine solche Bestimmung (Urteil vom 28.04.2011 in der Rechtssache C-61/11 PPU, El Dridi, Slg. 2011, I-3015 Rn. 47, zitiert nach juris).
34 
Zwar wurde durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex v. 22.11.2011 (BGBl. I 2258) eine deutsche Regelung zur Umsetzung der Richtlinienbestimmung getroffen. Mit dieser Regelung wurde die Richtlinienbestimmung zu Art. 15 jedoch nicht unzulänglich umgesetzt, indem die Haftgründe des § 62 Abs. 3 AufenthG beibehalten wurden.
35 
Die Inhaftnahme in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/15/EG ist offener als in der Dublin-III-Verordnung gestaltet. Die angeführten Haftgründe sind, wie die Einleitung „insbesondere“ zeigt, nicht abschließend, sondern lediglich angeführte Beispiele, bei deren Vorliegen eine Inhaftnahme möglich ist. Dass das Haftregime im gewöhnlichen Rückführungsverfahren weiter gestaltet ist, zeigt sich auch daran, dass die Rückführungsrichtlinie neben der Fluchtgefahr auch noch ausdrücklich den Haftgrund der Umgehung oder Behinderung der Vorbereitung der Rückkehr oder des Abschiebungsverfahrens in Art. 15 Abs. 1 Buchstabe b benennt. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber seinen Umsetzungsspielraum überschritten hat, auch wenn in Art. 3 Ziff. 7 der Richtlinie 2008/114/EU eine Definition des in der Richtlinie verwendeten Ausdruckes der „Fluchtgefahr“ enthalten ist, die Art. 2 Buchstabe n Dublin-III-VO entspricht.
36 
Wenn der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern eines Gesetzes zur Neubestimmung der Aufenthaltsbeendigung und des Bleiberechts in Art. 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes) zu Ziff. 1 Nr. 2 eine Konkretisierung des Begriffes der „Fluchtgefahr“ enthält, mithin wohl eine Angleichung an die Dublin-III-VO erfolgen soll, die auch eine Angleichung des Rückführungsgewahrsams beinhaltet, ist hieraus nicht der Rückschluss zwingend, das nationale Recht könne wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinie gegenwärtig keine Anwendung mehr finden.
37 
Auf die in der Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (Aufnahmerichtlinie) zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, in Art. 10 Ziff. 3 erwähnte getrennte Unterbringung von in Haft genommenen Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und solchen, die keinen Antrag gestellt haben, kann sich der Antragsgegner nicht berufen.
38 
Nach Art. 31 der Aufnahmerichtlinie haben die Mitgliedstaaten bis zum 20.07.2015 Zeit, die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Vor Ablauf der Umsetzungsfrist und vor Umsetzung im innerstaatlichen Raum entfalten Richtlinien - wie ausgeführt - für den Einzelnen keine Rechtswirkungen, mit der Folge, dass er sich unmittelbar auf die Bestimmungen einer EU-Richtlinie berufen könnte.
39 
Der in der Haft gestellte Asylantrag steht der Haft gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AsylVfG nicht entgegen. Danach entsteht durch Asylantragstellung abweichend von § 55 Abs. 1 AsylVfG kein gesetzliches Aufenthaltsrecht, wenn der Ausländer sich bei Antragstellung - wie hier - in Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG befindet. Die vierwöchige Frist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG ist im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch nicht ergebnislos abgelaufen.
40 
Die Haftdauer ist im Antrag ausreichend begründet und ist verhältnismäßig. Wie ausgeführt, war für den Antragsgegner die Zustimmung zur Rückübernahme seitens der kosovarischen Behörden einzuholen, die auch bereits seit 21.01.2015 vorliegt. Zu berücksichtigen ist die Bearbeitungsdauer der daraufhin folgenden Ausstellung des Passersatzpapieres mit ca. weiteren 10 Tagen. Sodann ist ein Flug zu buchen. Mithin ist die vom Amtsgerichts antragsgemäß für erforderlich und verhältnismäßig erachtete Dauer der Abschiebehaft von sechs Wochen nicht zu beanstanden.
41 
Von einer persönlichen Anhörung des Antragsgegners hat die Kammer ausnahmsweise abgesehen, da das Amtsgericht den Antragsgegner bereits persönlich angehört hat, eine weitere Anhörung keine neuen Erkenntnisse verspricht und der Betroffene sich durch seinen Verfahrensbevollmächtigten äußern konnte und zum Sachverhalt keine neuen Tatsachen vorgetragen worden sind.
42 
Soweit der Antragsgegner die Kostenentscheidung im Beschluss des Amtsgerichts angreift, ist die Beschwerde in diesem Punkt schon mangels Beschwer nicht zulässig.
43 
Das Amtsgericht hat zwar in der angegriffenen Entscheidung im Tenor eine Gebühr in Höhe von EUR 18,00 (in der Begründung nach der KostO, die seit 31.07.2013 außer Kraft ist) festgesetzt. Die Gerichtskosten im freiheitsentziehenden Verfahren richten sich dagegen nach dem seit 01.08.2013 geltenden GNotKG. Gemäß KVfG 15212 Ziff. 4 beträgt die Gebühr 0,5 nach dem Gegenstandswert in § 34 Tabelle A. Da der Gegenstandswert nach § 36 Abs. 3 GNotKG auf EUR 5.000,00 festzusetzen wäre, ergibt sich aus diesem Geschäftswert eine volle Gebühr in Höhe von EUR 146,00, mithin eine 0,5 Gebühr mit einem Betrag in Höhe von EUR 73,00. Dieser festgesetzte Betrag liegt weit über dem vom Amtsgericht genannten Betrag.
44 
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 81 FamFG und berücksichtigt die Verfahrenskostenhilfebewilligung.
45 
Die Rechtsbeschwerde war gem. § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zuzulassen, denn der Frage, wie Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/15/EG auszulegen ist und dies Wirkung auf das nationale Recht entfaltet, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.
46 
Wegen der Zulassung der Rechtsbeschwerde war die Kammer nicht verpflichtet, vor Erlass der Entscheidung die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV vorzulegen.
47 
Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG.
48 
Über den dem Landgericht vom Amtsgericht zur Akte weitergeleiteten, an das Amtsgericht adressierten Antrag hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Gewahrsams bis zum Erlass der Haftanordnung hat die Beschwerdekammer nicht zu entscheiden.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung). Für Registersachen kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.

(2) Der Beschluss enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Gerichtspersonen, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
die Beschlussformel.

(3) Der Beschluss ist zu begründen. Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(4) Einer Begründung bedarf es nicht, soweit

1.
die Entscheidung auf Grund eines Anerkenntnisses oder Verzichts oder als Versäumnisentscheidung ergeht und entsprechend bezeichnet ist,
2.
gleichgerichteten Anträgen der Beteiligten stattgegeben wird oder der Beschluss nicht dem erklärten Willen eines Beteiligten widerspricht oder
3.
der Beschluss in Gegenwart aller Beteiligten mündlich bekannt gegeben wurde und alle Beteiligten auf Rechtsmittel verzichtet haben.

(5) Absatz 4 ist nicht anzuwenden:

1.
in Ehesachen, mit Ausnahme der eine Scheidung aussprechenden Entscheidung;
2.
in Abstammungssachen;
3.
in Betreuungssachen;
4.
wenn zu erwarten ist, dass der Beschluss im Ausland geltend gemacht werden wird.

(6) Soll ein ohne Begründung hergestellter Beschluss im Ausland geltend gemacht werden, gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisentscheidungen entsprechend.