Landgericht Würzburg Endurteil, 04. Feb. 2016 - 63 O 1317/15

bei uns veröffentlicht am04.02.2016

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.635,42 festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand von drei Bausparverträgen, die von der Beklagten gekündigt wurden.

Die Beklagte betreibt eine Bausparkasse. Die Kläger schlossen als Kunden der Beklagten mit dieser die nachfolgenden drei Bausparverträge, die allesamt den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) der Beklagten unterlagen (vgl. Anlage K 12 der Akte):

  • 1.Die Laufzeit des Bausparvertrages unter der Nr. ... begann am 30.03.1985 mit einem Guthabenszins von 3 % p.a.. Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme auf 10.225,84 EUR umgerechnet. Die Mindestansparung von 4.090,34 EUR wurde erreicht, der Saldo betrug zum 31.12.2014 6.955,65 EUR. Das Recht, das Bauspardarlehen zu erhalten, wurde durch die Kläger nicht in Anspruch genommen.

  • 2.Ein weiterer Bausparvertrag unter der Nr. ... begann am 25.04.1996 mit einem Guthabenszins von 2,5 % p.a.. Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme auf 5.112,92 EUR umgerechnet. Die Mindestansparung von 2.045,17 EUR wurde erreicht, der Saldovortrag zum 31.12.2014 betrug 2.760,88 EUR. Das Recht, das Bauspardarlehen zu erhalten, wurde durch die Kläger nicht in Anspruch genommen.

  • 3.Die Laufzeit des dritten zwischen den Parteien geschlossenen Bausparvertrages unter der Nr. ... begann am 18.12.1987, der Guthabenszins dieses Vertrags betrug 3 % p.a.. Mit der Währungsumstellung wurde die Bausparsumme auf 15.338,76 EUR umgerechnet. Die Mindestansparung von 6.135,50 EUR wurde erreicht. Der Saldovortrag zum 31.12.2014 betrug 12.622,88 EUR. Das Recht, das Bauspardarlehen zu erhalten, wurde durch die Kläger nicht in Anspruch genommen.

Die drei vorgenannten Verträge wurden jeweils durch Schreiben der Beklagten, datiert auf den 16.02.2015, zum 20.08.2015, gekündigt. Die Kläger akzeptierten die Kündigung nicht.

Sie sind der Ansicht, dass eine Kündigung vorliegend nicht zulässig sei. Insbesondere stünde der Beklagten ein solches Kündigungsrecht gem. § 489 I Nr. 2 BGB nicht zu. Diese Vorschrift sei zum Schutz des Verbrauchers und nicht eines Unternehmers geschaffen worden (vgl. OLG München, Urteil v. 21.11.2011, Az. 19 U 3638/11). Ferner setze § 489 I Nr. 2 BGB den vollständigen Empfang des Darlehens voraus. Eine Valutierung des Darlehens an die Beklagte sei jedoch nicht mit Erreichen der Ansparsumme erfolgt. Diese könne frühestens mit Erreichen der Bausparsumme eintreten. Ferner sehen die ABB für die Verträge in § 21 der ABB ein Kündigungsrecht der Bausparkasse vor; dieses setze jedoch die Auszahlung des Bauspardarlehens voraus, was bis heute nicht geschehen sei. In der Ansparphase könne daher nur gem. § 5 III gekündigt werden. Ein weiteres Kündigungsrecht in der Ansparphase bestehe ferner gem. § 9 nur für den Bausparer.

Die Kläger beantragen:

  • 1.Es wird festgestellt, dass die Kündigungen der Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. ... vom 16.02.2015 unwirksam sind.

  • 2.Es wird festgestellt, dass die Bausparverträge der Kläger mit der Beklagten Nrn. ... über den 20.08.2015 ungekündigt fortbestehen.

  • 3.Die Beklagte trägt die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.217,45 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

  • 4.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Darlehen wirksam nach § 489 I Nr. 2 BGB gekündigt worden sei. Diese Norm sei nicht auf Verbraucher beschränkt und würde daher auch der Beklagten zustehen. Mit Zuteilungsreife des Bausparvertrages habe die Beklagte das von den Klägern jeweils gewährte Darlehen vollständig im Sinne von § 489 I Nr. 2 BGB empfangen, was aus der spezifischen Zweckrichtung und Vertragsnatur des Bausparvertrages folge und wonach es das vertragstypische Leitbild des Bausparvertrages sei, dass die Rolle von Darlehensgeber und Darlehensnehmer mit der Zuteilung des Vertrags wechsle. Insofern bestünde weder der geltend gemachte Feststellungsanspruch, noch seinen die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von der Beklagten zu zahlen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2016 verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Feststellung dahingehend zu, dass die Bausparverträge mit den Nrn. ... und ... über den 20.08.2015 hinaus fortbestehen und die Kündigung der Beklagten vom 16.02.2015 unwirksam ist, denn die Beklagte hat die streitgegenständlichen Verträge wirksam gem. § 489 I Nr. 2 BGB zum 20.08.2015 gekündigt.

1. Grundsätzlicher Zweck des Bausparvertrages ist nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, § 1 I ABB (vgl. Anlage B 4 der Akte). Es handelt sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Zunächst wird vom Bausparer bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben angespart. Hierfür erhält er die vereinbarte Guthabensverzinsung. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen. Der Bausparer ist jedoch nicht verpflichtet, nach Zuteilung das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Während der Ansparphase handelt es sich um einen Darlehensvertrag, in welchem der Kläger Darlehensgeber und die Beklagte Darlehensnehmerin ist. Es wird einheitlich die Meinung vertreten, dass in dem Bausparvertrag ein einheitlicher Darlehensvertrag dahingehend zu sehen ist, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Beklagte dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff BGB. Das Gericht schließt sich der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung an, dass für die beklagte Bausparkasse das Kündigungsrecht nach § 489 I S. 2 BGB gilt. Nach dieser Norm kann der Darlehensnehmer einen Darlehensbetrag mit gebundenem Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang und der Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Der Zweck der Vorschrift liegt im Interessenausgleich und im Schutz des Darlehensnehmers. Durch die Vorschrift sollen marktgerechte Zinsen ermöglicht werden. Die Vorschrift gilt für alle Arten von Darlehensverträgen, demzufolge auch für das hier vorliegende Darlehen aus dem Bausparvertrag. Die Vorschrift des § 489 I Nr. 2 BGB ist nicht auf Verbraucher beschränkt. Sie steht vielmehr auch anderen Darlehensnehmern und mithin auch der Beklagten zu. Denn § 489 BGB enthält keine Einschränkungen in personeller Hinsicht. Es handelt sich vielmehr um eine vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (vgl. hierzu insbesondere OLG Koblenz, Beschluss v. 18.01.2016, Az: 8 U 1064/15; Beschluss des OLG Hamm v. 30.12.2015, Az: 31 U 191/15 mit weiteren dort genannten Nachweisen).

Das Kündigungsrecht der Beklagten ist auch nicht nach § 9 I ABB der Beklagten ausgeschlossen. Zwar kann die Bausparkasse den Bausparvertrag gem. § 9 I ABB nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Diese Vorschrift betrifft jedoch allenfalls das Kündigungsrecht der Beklagten nach § 488 III BGB. Denn das Kündigungsrecht nach § 489 I Nr. 2 BGB ist nicht abdingbar. Vielmehr ist die betreffende Vorschrift zwingend. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig. Dies folgt aus § 489 IV S. 1 BGB. Darin heißt es, dass das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach Abs. I und II nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden kann (vgl. hierzu insbesondere OLG Koblenz, Beschluss v. 18.01.2016, Az: 8 U 1064/15; Beschluss des OLG Hamm v. 30.12.2015, Az: 31 U 191/15 mit weiteren dort genannten Nachweisen).

2. Die Voraussetzungen des § 489 I Nr. 2 BGB sind vorliegend gegeben; insbesondere ist der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 I Nr. 2 BGB gegeben.

In einem Bausparfall steht der vollständige Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 I Nr. 2 BGB der eingetretenen Zuteilungsreife gleich. Bereits mit erstmäligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gem. § 1 II S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen, also durch einseitiges Tun, einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Zweck des Bausparvertrages ist es folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens. Mit erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und es liegt allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 I Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinsen über die Dauer von zehn Jahren. Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus Sicht bei Vertragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die einbezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 I S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers, hier der beklagten Bausparkasse, handelt, ist es interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen (vgl. hierzu insbesondere OLG Koblenz, Beschluss v. 18.01.2016, Az: 8 U 1064/15; Beschluss des OLG Hamm v. 30.12.2015, Az: 31 U 191/15 mit weiteren dort genannten Nachweisen).

Nach alledem sind die geltend gemachten Feststellungsanträge unbegründet. Gleiches gilt für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufig Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf 10.635,42 € festgesetzt. Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es dabei zum einen maßgeblich auf den Wert der Leistung an, welche der Kläger sich damit erhalten will; mithin die zu erwartende Verzinsung, die in Anlehnung an § 9 Abs. 1 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezugs einzusetzten ist (730,34 € (Vertrag 1) + 241,57 € (Vertrag 2) + 1.325,40 € (Vertrag 3) = 2.297,31 €). Zum anderen aber auch mit dem Wert des Bauspardarlehens, welches die Klägerin bei Fortbestehen des Darlehensvertrages in Anspruch nehmen könnte (3.270,19 € (Vertrag Nr. 1) + 2.352,04 € (Vertrag Nr. 2) + 2.715,88 (Vertrag Nr. 3) = 8.338,11 €) (vgl. u.a. LG Ellwangen (Jagst), Urteil vom 12.10.2015, 5 O 222/15).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze bemisst sich der Streitwert auf 2.297,31 € + 8.338,11 € = 10.635,42 €.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Würzburg Endurteil, 04. Feb. 2016 - 63 O 1317/15

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Würzburg Endurteil, 04. Feb. 2016 - 63 O 1317/15

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 9 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen


Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere
Landgericht Würzburg Endurteil, 04. Feb. 2016 - 63 O 1317/15 zitiert 7 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers


(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,1.wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist,

Referenzen - Urteile

Landgericht Würzburg Endurteil, 04. Feb. 2016 - 63 O 1317/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 18. Jan. 2016 - 8 U 1064/15

bei uns veröffentlicht am 18.01.2016

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen. 2. Der Kläger erhält Gelegenhe

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 30. Dez. 2015 - 31 U 191/15

bei uns veröffentlicht am 30.12.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheit

Referenzen

(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,

1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.

(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

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Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.02.2016.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Bausparvertrags Tarif „Classic“, den der Kläger und seine Frau am 3.12.1997 mit der Beklagten abgeschlossen haben (Anlage K 1, GA Bl. 6).

2

Gemäß § 6 Abs. 1 der zum Gegenstand des Vertrages gemachten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (AAB, Anlage B 3, GA 56) wird das Bausparguthaben jährlich mit 2,5 % verzinst.

3

Mit Schreiben vom 5.02.2004 wurde dem Kläger die am 30.04.2004 eintretende Zuteilungsreife des Vertrages über die Bausparsumme von 16.000,00 € mitgeteilt (Anlage K 2, GA Bl. 8).

4

Von 2004 bis 2009 erhöhte sich das angesparte Bausparguthaben aufgrund der Zinsen auf 8.656,32 € und von 2010 bis 31.12.2013 - aufgrund weiterer Einzahlungen des Klägers - auf 13.577,87 €. Zum 31.12.2014 belief es sich auf 13.836,70 €.

5

Mit Schreiben vom 22.09.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 31.03.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 9, GA Bl. 15); der Kläger widersprach der Kündigung.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Bausparvertrages mit der Nummer …27 vom 22. September 2014 unwirksam sei und dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Urteil vom 31.08.2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (GA Bl. 84 - 90), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht, da die 10-Jahres-Frist mit Eintritt der Zuteilungsreife zu laufen begonnen habe.

11

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

12

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.10.2015 verwiesen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Wegen ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 18.12.2015 Bezug genommen.

II.

16

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

17

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zu, dass der Bausparvertrag über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe. Die Beklagte hat diesen Vertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zum 31.03.2015 gekündigt.

1.)

20

Nach herrschender Meinung ist der Bausparvertrag ein auf längerfristige Bindung der Vertragspartner abzielender einheitlicher Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer tauschen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11, Rn. 7, WM 13, 508; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Rn. 14 - 19 U 106/13 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2015 - 8 U 668/14 -; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 m. w. N.).

21

Die Einlagen des Bausparers während der Ansparphase stellen damit ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

2.)

22

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB.

23

Da die beklagte Bausparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu den in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB explizit genannten Institutionen gehört, gilt das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar und zwingend auch für sie (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 13; s. dazu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800-1806).

3.)

24

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um einen Verbraucher handelt oder nicht. Es handelt sich um eine - vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene - Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (Staudinger/Mülbert, a. a. O., § 489 Rn. 2; Palandt, a. a. O., § 489 Rn. 1; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079-3084).

25

Die Regelung soll den Nehmer eines festverzinslichen Darlehens nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zins bewahren (Staudinger, a. a. O., Rn 11 m. w. N.). Dieser Schutzgedanke gilt auch für die beklagte Bausparkasse, deren wirtschaftliche Bewegungsfreiheit durch die vorgenannte Norm im Kernbestand erhalten werden soll.

4.)

26

Zu Recht hat das Landgericht den „vollständigen Empfang“ der Darlehensvaluta durch die Beklagte i. S. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht.

27

Ein vollständiger Empfang i. S. dieser Vorschrift ist nämlich aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen (Staudinger, a. a. O., § 489 Rn. 51; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 m. w. N.).

28

Bereits mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen - also durch einseitiges Tun - einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Der Vertragszweck ergibt sich auch aus § 1 der AAB (Anlage B 3, GA Bl. 56): der Erwerb des „Anspruchs, aus den angesammelten Beträgen der Bausparer ein ... Tilgungsdarlehen (Bauspardarlehen) zu erhalten“.

29

Zweck des Bausparvertrages ist folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11 Rn. 12 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.09.2013 - 19 U 106/13 Rn. 2 - juris). Mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinssatz über die Dauer von 10 Jahren.

30

Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus der Sicht bei Ver-tragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die eingezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

31

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers - hier der beklagten Bausparkasse - handelt, ist es nach Auffassung des Senats interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen.

32

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

33

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und Prüfung, ob er seine Berufung aufrecht erhalten will. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III.

34

Bezüglich des Streitwerts weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, diesen für die Berufungsinstanz und - in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - auch für die erste Instanz auf 1.210,71 € festzusetzen.

35

Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der Kläger sich damit erhalten will. Dies ist bei objektiver Betrachtung vorliegend die Verzinsung seines Bausparguthabens (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 Rn. 22 - juris).

36

Bei dieser jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 S. 1 ZPO mit der Folge, dass der Streitwert in Höhe des dreieinhalbfachen Wertes des einjährigen Bezugs berechnet wird. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 1.210,71€ (13.836,70 € x 2,5 % x 3 1/2).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 1.600 EUR festgesetzt.


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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.02.2016.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Bausparvertrags Tarif „Classic“, den der Kläger und seine Frau am 3.12.1997 mit der Beklagten abgeschlossen haben (Anlage K 1, GA Bl. 6).

2

Gemäß § 6 Abs. 1 der zum Gegenstand des Vertrages gemachten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (AAB, Anlage B 3, GA 56) wird das Bausparguthaben jährlich mit 2,5 % verzinst.

3

Mit Schreiben vom 5.02.2004 wurde dem Kläger die am 30.04.2004 eintretende Zuteilungsreife des Vertrages über die Bausparsumme von 16.000,00 € mitgeteilt (Anlage K 2, GA Bl. 8).

4

Von 2004 bis 2009 erhöhte sich das angesparte Bausparguthaben aufgrund der Zinsen auf 8.656,32 € und von 2010 bis 31.12.2013 - aufgrund weiterer Einzahlungen des Klägers - auf 13.577,87 €. Zum 31.12.2014 belief es sich auf 13.836,70 €.

5

Mit Schreiben vom 22.09.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 31.03.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 9, GA Bl. 15); der Kläger widersprach der Kündigung.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Bausparvertrages mit der Nummer …27 vom 22. September 2014 unwirksam sei und dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Urteil vom 31.08.2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (GA Bl. 84 - 90), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht, da die 10-Jahres-Frist mit Eintritt der Zuteilungsreife zu laufen begonnen habe.

11

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

12

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.10.2015 verwiesen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Wegen ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 18.12.2015 Bezug genommen.

II.

16

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

17

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zu, dass der Bausparvertrag über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe. Die Beklagte hat diesen Vertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zum 31.03.2015 gekündigt.

1.)

20

Nach herrschender Meinung ist der Bausparvertrag ein auf längerfristige Bindung der Vertragspartner abzielender einheitlicher Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer tauschen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11, Rn. 7, WM 13, 508; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Rn. 14 - 19 U 106/13 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2015 - 8 U 668/14 -; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 m. w. N.).

21

Die Einlagen des Bausparers während der Ansparphase stellen damit ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

2.)

22

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB.

23

Da die beklagte Bausparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu den in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB explizit genannten Institutionen gehört, gilt das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar und zwingend auch für sie (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 13; s. dazu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800-1806).

3.)

24

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um einen Verbraucher handelt oder nicht. Es handelt sich um eine - vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene - Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (Staudinger/Mülbert, a. a. O., § 489 Rn. 2; Palandt, a. a. O., § 489 Rn. 1; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079-3084).

25

Die Regelung soll den Nehmer eines festverzinslichen Darlehens nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zins bewahren (Staudinger, a. a. O., Rn 11 m. w. N.). Dieser Schutzgedanke gilt auch für die beklagte Bausparkasse, deren wirtschaftliche Bewegungsfreiheit durch die vorgenannte Norm im Kernbestand erhalten werden soll.

4.)

26

Zu Recht hat das Landgericht den „vollständigen Empfang“ der Darlehensvaluta durch die Beklagte i. S. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht.

27

Ein vollständiger Empfang i. S. dieser Vorschrift ist nämlich aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen (Staudinger, a. a. O., § 489 Rn. 51; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 m. w. N.).

28

Bereits mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen - also durch einseitiges Tun - einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Der Vertragszweck ergibt sich auch aus § 1 der AAB (Anlage B 3, GA Bl. 56): der Erwerb des „Anspruchs, aus den angesammelten Beträgen der Bausparer ein ... Tilgungsdarlehen (Bauspardarlehen) zu erhalten“.

29

Zweck des Bausparvertrages ist folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11 Rn. 12 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.09.2013 - 19 U 106/13 Rn. 2 - juris). Mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinssatz über die Dauer von 10 Jahren.

30

Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus der Sicht bei Ver-tragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die eingezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

31

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers - hier der beklagten Bausparkasse - handelt, ist es nach Auffassung des Senats interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen.

32

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

33

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und Prüfung, ob er seine Berufung aufrecht erhalten will. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III.

34

Bezüglich des Streitwerts weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, diesen für die Berufungsinstanz und - in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - auch für die erste Instanz auf 1.210,71 € festzusetzen.

35

Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der Kläger sich damit erhalten will. Dies ist bei objektiver Betrachtung vorliegend die Verzinsung seines Bausparguthabens (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 Rn. 22 - juris).

36

Bei dieser jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 S. 1 ZPO mit der Folge, dass der Streitwert in Höhe des dreieinhalbfachen Wertes des einjährigen Bezugs berechnet wird. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 1.210,71€ (13.836,70 € x 2,5 % x 3 1/2).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 1.600 EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 31.08.2015 zurückzuweisen.

2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.02.2016.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Bausparvertrags Tarif „Classic“, den der Kläger und seine Frau am 3.12.1997 mit der Beklagten abgeschlossen haben (Anlage K 1, GA Bl. 6).

2

Gemäß § 6 Abs. 1 der zum Gegenstand des Vertrages gemachten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (AAB, Anlage B 3, GA 56) wird das Bausparguthaben jährlich mit 2,5 % verzinst.

3

Mit Schreiben vom 5.02.2004 wurde dem Kläger die am 30.04.2004 eintretende Zuteilungsreife des Vertrages über die Bausparsumme von 16.000,00 € mitgeteilt (Anlage K 2, GA Bl. 8).

4

Von 2004 bis 2009 erhöhte sich das angesparte Bausparguthaben aufgrund der Zinsen auf 8.656,32 € und von 2010 bis 31.12.2013 - aufgrund weiterer Einzahlungen des Klägers - auf 13.577,87 €. Zum 31.12.2014 belief es sich auf 13.836,70 €.

5

Mit Schreiben vom 22.09.2014 kündigte die Beklagte den Bausparvertrag zum 31.03.2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB (Anlage K 9, GA Bl. 15); der Kläger widersprach der Kündigung.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

festzustellen, dass die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Bausparvertrages mit der Nummer …27 vom 22. September 2014 unwirksam sei und dass das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Mit Urteil vom 31.08.2015, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (GA Bl. 84 - 90), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und ein Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht, da die 10-Jahres-Frist mit Eintritt der Zuteilungsreife zu laufen begonnen habe.

11

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt.

12

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 28.10.2015 verwiesen.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Wegen ihres Vorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 18.12.2015 Bezug genommen.

II.

16

Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

17

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

18

Die Klage ist unbegründet.

19

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung zu, dass der Bausparvertrag über den 31.03.2015 hinaus fortbestehe. Die Beklagte hat diesen Vertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB wirksam zum 31.03.2015 gekündigt.

1.)

20

Nach herrschender Meinung ist der Bausparvertrag ein auf längerfristige Bindung der Vertragspartner abzielender einheitlicher Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber bzw. Darlehensnehmer tauschen (OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11, Rn. 7, WM 13, 508; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.10.2013, Rn. 14 - 19 U 106/13 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 22.05.2015 - 8 U 668/14 -; Staudinger/Mülbert, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rn. 539 m. w. N.).

21

Die Einlagen des Bausparers während der Ansparphase stellen damit ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist.

2.)

22

Somit unterliegt der Bausparvertrag - unter Berücksichtigung von vertragsspezifischen Besonderheiten - den darlehensvertraglichen Bestimmungen der §§ 488 ff. BGB.

23

Da die beklagte Bausparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts nicht zu den in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB explizit genannten Institutionen gehört, gilt das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 S. 2 BGB unabdingbar und zwingend auch für sie (Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 489 Rn. 13; s. dazu Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800-1806).

3.)

24

§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Darlehensnehmer um einen Verbraucher handelt oder nicht. Es handelt sich um eine - vom Gesetzgeber in das allgemeine Darlehensrecht und nicht in die Verbraucherkreditregelungen aufgenommene - Schuldnerschutzbestimmung ohne Einschränkung des personellen Anwendungsbereichs (Staudinger/Mülbert, a. a. O., § 489 Rn. 2; Palandt, a. a. O., § 489 Rn. 1; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079-3084).

25

Die Regelung soll den Nehmer eines festverzinslichen Darlehens nach Ablauf einer längeren Zeit vor der Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zins bewahren (Staudinger, a. a. O., Rn 11 m. w. N.). Dieser Schutzgedanke gilt auch für die beklagte Bausparkasse, deren wirtschaftliche Bewegungsfreiheit durch die vorgenannte Norm im Kernbestand erhalten werden soll.

4.)

26

Zu Recht hat das Landgericht den „vollständigen Empfang“ der Darlehensvaluta durch die Beklagte i. S. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bejaht.

27

Ein vollständiger Empfang i. S. dieser Vorschrift ist nämlich aufgrund der strukturellen Eigenheiten des Bausparvertrages mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife anzunehmen (Staudinger, a. a. O., § 489 Rn. 51; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 1800 m. w. N.).

28

Bereits mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht; gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 BauSparkG erwirbt der Bausparer nach Leistung von Bauspareinlagen - also durch einseitiges Tun - einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens. Der Vertragszweck ergibt sich auch aus § 1 der AAB (Anlage B 3, GA Bl. 56): der Erwerb des „Anspruchs, aus den angesammelten Beträgen der Bausparer ein ... Tilgungsdarlehen (Bauspardarlehen) zu erhalten“.

29

Zweck des Bausparvertrages ist folglich nicht, die dauerhafte zinsgünstige Anlage von Geld, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011 - 9 U 151/11 Rn. 12 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.09.2013 - 19 U 106/13 Rn. 2 - juris). Mit erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife ist es dem Bausparer überlassen und allein in seiner Hand, seinen Anspruch auf Erhalt der Bausparsumme geltend zu machen. Für die Beklagte realisiert sich im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife das durch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB geschützte Risiko der Bindung an den vereinbarten Zinssatz über die Dauer von 10 Jahren.

30

Der Bausparer ist zwar zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht verpflichtet; des Weiteren kann er seinen Bausparvertrag trotz Zuteilungsreife fortsetzen und weiter besparen. Wie oben angegeben, entspricht die „überlange“ Besparung eines Bausparvertrages jedoch nicht dem Zweck des Bausparvertrages, nämlich der Erlangung eines (aus der Sicht bei Ver-tragsabschluss zinsgünstigen) Darlehens. Demzufolge kann die Dauer der Ansparphase nicht in das uneingeschränkte Belieben des Bausparers gestellt werden. Damit könnte er in Niedrigzinsphasen den Bausparvertrag zweckentfremden, nämlich ihn dazu nutzen, die bei Abschluss des Vertrags versprochenen, nicht mehr marktgerechten Zinsen für die eingezahlte Valuta für eine von ihm zu bestimmende Zeit zu generieren.

31

Unter Berücksichtigung des vorgenannten Zwecks des § 489 Abs. 1 S. 2 BGB, bei dem es sich um eine Schuldnerschutzvorschrift zu Gunsten des Darlehensnehmers - hier der beklagten Bausparkasse - handelt, ist es nach Auffassung des Senats interessengerecht, auf den Zeitpunkt des Eintritts der Zuteilungsreife als den „vollständigen Empfang“ des Darlehens durch die Bausparkasse abzustellen.

32

Nach alledem ist die Berufung unbegründet.

33

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und Prüfung, ob er seine Berufung aufrecht erhalten will. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

III.

34

Bezüglich des Streitwerts weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, diesen für die Berufungsinstanz und - in Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG - auch für die erste Instanz auf 1.210,71 € festzusetzen.

35

Der Wert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach dem objektiv zu ermittelnden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Fortführung des Vertrages. Bei der vorliegenden Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages kommt es maßgeblich auf den Wert der Leistungen an, welche der Kläger sich damit erhalten will. Dies ist bei objektiver Betrachtung vorliegend die Verzinsung seines Bausparguthabens (OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2015 - 8 W 536/15; OLG Hamm, Beschluss vom 26.10.2015 - I - 31 U 182/15 Rn. 22 - juris).

36

Bei dieser jährlichen Verzinsung handelt es sich um wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 9 S. 1 ZPO mit der Folge, dass der Streitwert in Höhe des dreieinhalbfachen Wertes des einjährigen Bezugs berechnet wird. Dies ergibt vorliegend einen Betrag in Höhe von 1.210,71€ (13.836,70 € x 2,5 % x 3 1/2).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.08.2015 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster (14 O 130/15) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 1.600 EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.