Landessozialgericht NRW Urteil, 11. Jan. 2016 - L 20 SO 132/13
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.01.2013 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten, ob der Klägerin gegenüber dem Beklagten für die Zeit vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere in Form des sog. ambulant betreuten Wohnens (BeWo) zustehen.
3Die am 00.00.1968 geborene Klägerin ist ungarische Staatsangehörige und Mutter mehrerer Kinder. Zwei Söhne, der am 00.00.1986 geborene Q und der am 00.00.1991 geborene H, leben ebenfalls in der Bundesrepublik.
4Nach Übersiedlung in die Bundesrepublik war die Klägerin seit dem 30.05.2005 in L gemeldet. Dort lebte bereits ihre Schwester, zu der sie durchgehend Kontakt hat. 2006 heiratete sie den 1940 geborenen und im Mai 2012 verstorbenen deutschen Staatsangehörigen I S. Das Ausländeramt der Stadt L bescheinigte am 15.10.2010 nach § 5 FreizügG/EU ein Aufenthaltsrecht der Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU.
5Der Ehemann der Klägerin litt unter einer Alkoholkrankheit. Der Sohn H ist lernbehindert. Dies äußert sich u.a. in einem Mangel an Kenntnissen sowohl der deutschen als auch der ungarischen Sprache. Schon in Ungarn hatte er eine Sonderschule besucht. Im Oktober 2010 war er noch Schüler der 10. Klasse. In Deutschland wurde er wiederholt straffällig. Nach dem hier streitigen Zeitraum wurde für ihn eine gesetzliche Betreuung eingerichtet. Auch der Sohn Q, der im streitigen Zeitraum zeitweise erwerbstätig war, hatte psychische Probleme (u.a. psychotische Symptome).
6Bei der Klägerin bestand im streitigen Zeitraum eine depressive Episode im Rahmen einer schizoaffektiven Störung. Dabei konsumierte sie häufiger Cannabis und Kokain. Am 13.01.2009 unternahm sie einen Suizidversuch. Wegen ihrer bereits in Ungarn in Erscheinung getretenen, dort aber unbehandelt gebliebenen psychischen Einschränkungen befand sie sich wiederholt (31.10. bis 18.12.2008, 07. bis 12.01.2009, 14.01. bis 06.03.2009, 17.11. bis 01.12.2011, 17.09. bis 18.10.2012 sowie 15.05. bis 16.06.2013) in stationärer Behandlung in einer Klinik des Beklagten in L (im Folgenden LVR-Klinik). Eine dort (in der Tagesklinik N) vom 06. bis 08.07.2011 aufgenommene teilstationäre Behandlung brach die Klägerin ab. Daneben befand sie sich seit dem 15.03.2009 in nervenärztlicher Behandlung (Neurologin E, L). Inzwischen wird die Klägerin fortlaufend ambulant in der LVR-Klinik (L) behandelt.
7Im Januar 2013 wurde auf Anregung der LVR-Klinik eine gesetzliche Betreuung für die Klägerin eingerichtet, die bis heute fortbesteht und den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimm ung, alle Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden sowie Befugnis zum Empfang von Post umfasst. Der im Betreuungsverfahren (AG L 56 XVII R 000) gehörte Psychiater und Psychotherapeut Dr. M gelangte in seinem Gutachten vom 29.11.2012 zu der Einschätzung, die Klägerin sei geschäftsfähig. Für den Bereich der Vermögenssorge wurde in der Folgezeit gleichwohl zusätzlich ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
8Die Klägerin erwarb in Ungarn einen Hauptschulabschluss; anschließend war sie dort zeitweise als Hilfsarbeiterin tätig. In Deutschland arbeitete sie vorübergehend in einer Schankwirtschaft. Im streitigen Zeitraum war sie nicht erwerbstätig. In der Gesetzlichen Krankenversicherung war sie über ihren Ehemann familienversichert; der Ehemann bezog eine monatliche Altersrente i.H.v. etwa 1.000 EUR netto. Vom 15.10.2010 bis zum 31.08.2014 bezog die Klägerin (zunächst noch gemeinsam mit beiden Söhnen, später allein mit dem Sohn H, ergänzende) Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende beim Jobcenter L. Im streitigen Zeitraum verfügte sie über keine sonstigen Einkünfte oder anrechenbares Vermögen; vielmehr war sie mit etwa 4.000 EUR verschuldet.
9Die Klägerin lebte im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen in einer 42m² großen Mietwohnung in L. Alleiniger Mieter war (bereits seit 1998) der Ehemann. Die Warmmiete betrug ab Oktober 2010 320 EUR; Mietrückstände bestanden zu diesem Zeitpunkt nicht. Die unterschiedlichen Einschränkungen der Familienmitglieder führten zu Schwierigkeiten im Zusammenleben; die im Wesentlichen durch die Klägerin wahrgenommene Haushaltsführung als solche war jedoch nicht beeinträchtigt. Nach dem Tod des Ehemannes angefallene Mietrückstände führten zu einer Räumungsklage (AG L - 224 C 000/12). Nach vergleichsweiser Beendigung dieses Verfahrens räumte die Klägerin im Februar 2014 die bisherige Wohnung und bezog mit dem Sohn H ihre jetzige Wohnung in L. Der Sohn Q war schon während des Räumungsverfahrens zur Schwester der Klägerin gezogen.
10Bereits seit dem 18.08.2010 wurde die Klägerin von Mitarbeitern der Beigeladenen betreut. Unter dem 15.11.2010 schloss sie mit der Beigeladenen einen entsprechenden "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen". Dieser nennt kein konkretes Datum für den Vertragsbeginn. § 4 Abs. 3 des Vertrages lautet: "Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungsstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger." Im Übrigen wird auf den Vertrag Bezug genommen.
11Zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten bestanden im streitigen Zeitraum Vergütungs-, Leistungs- und Prüfungsvereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII. Die "für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" geschlossene Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 02.02.2009 konkretisierte nach ihrer Präambel "die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII ["Abschnitt II Vergütung und Abrechnung"] und da insbesondere LT I "Betreutes Wohnen". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 02.02.2009 Bezug genommen. Die Beigeladene rechnet bei anderweitiger örtlicher Zuständigkeit auch mit anderen Leistungsträgern als dem Beklagten ab, daneben wird sie auf Grundlage von Einzelvereinbarungen auch für Träger der Jugendhilfe nach dem SGB VIII tätig. Zur Erbringung von Leistungen für andere Träger - insbesondere nach dem SGB V - ist sie nicht zugelassen.
12Am 14.09.2010 beantragte die Beigeladene für die Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII in Form von BeWo-Leistungen im Umfang von vier Fachleistungsstunden (FLS) pro Woche. Am 29.10.2010 wurde ein Hilfeplan für die Zeit vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 erstellt; auf diesen wird Bezug genommen (Blatt 15 bis 25 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten). Diesem Hilfeplan war eine fachärztliche Stellungnahme der Neurologin E vom 27.09.2010 beigefügt. Danach leidet die Klägerin unter einer seelischen Behinderung in Form einer schizoaffektiven Störung; diese drohe auf Dauer einzutreten. Der Klägerin fehle es an Tagesstruktur. Ihre Krankheitseinsicht sei nur gering. Sie betreibe Drogenmissbrauch und nehme ihre Medikamente nur unregelmäßig ein. In der Regelung ihrer Alltagstätigkeiten sei sie deutlich eingeschränkt.
13Der medizinisch-psychiatrische Dienst des Beklagten (MPD) gelangte in einer Stellungnahme vom 15.06.2011 zu der Einschätzung, die Klägerin erscheine grundsätzlich zur selbständigen Lebensführung in der Lage. Sie werde im Hilfeplan insbesondere als "gute und umsichtige Hausfrau" dargestellt. Die beschriebenen Krankheitssymptome führten zu keiner wesentlichen Einschränkung ihrer Teilhabefähigkeit. Beschrieben würden vielmehr allgemeine psycho-soziale Probleme, welche - insbesondere bei bürokratischen Anforderungen - durch den Migrationshintergrund verstärkt würden.
14Der Beklagte lehnte daraufhin eine Leistungsgewährung ab (Bescheid vom 16.06.2011). Zwar gehöre die Klägerin zu dem in § 53 Abs. 1 SGB XII genannten Personenkreis. Sie sei jedoch in der Lage, ihre Lebensführung eigenständig sicherzustellen.
15Mit ihrem Widerspruch reichte die Klägerin eine weitere ärztliche Bescheinigung der Neurologin E vom 12.07.2011 ein. Danach fällt es schwer, eine kontinuierliche Behandlung der Klägerin aufrecht zu erhalten. Dies liege an mangelhafter Tagesstruktur; diese habe sich leicht verbessert, seitdem die Klägerin von der Beigeladenen betreut werde. Für eine dauerhafte Stabilisierung reiche dies jedoch nicht aus. Die desolaten Familien- und die beengten Wohnverhältnisse müssten dringend verändert werden. Erschwerend komme eine ebenfalls schwere psychische Erkrankung eines Sohnes hinzu. Der alkoholkranke Ehemann lebe deshalb größtenteils bei seiner Mutter. Die Klägerin wünsche sich, mit ihrem Ehemann ein geregeltes Leben zu führen. Ohne Hilfe von außen sei dies jedoch nicht realisierbar. Unabdingbar seien Hilfestellungen zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme sowie zur Aufrechterhaltung der Tagesstruktur und zur Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Ansonsten könne sich eine dauerhafte Verschlechterung des psychischen Zustandes im Sinne einer seelischen Behinderung einstellen. Die Klägerin machte darüber hinaus geltend, im Hilfeplan fänden sich durchaus Krankheitssymptome mit Einfluss auf eine selbständige Lebensführung. So sei dort ausgeführt, sie könne "eigentlich gar nichts" ohne Probleme machen, ihr Kopf sei krank, und sie vergesse alles. Es sei zudem erkennbar, dass sie sich durch die häusliche Situation selbst überfordere. Diese Überforderung sei ein Krankheitssymptom und verstärke zugleich weitere Symptome wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche und Gedächtnislücken. Diese Symptome führten wiederum dazu, dass sie ihren Alltag nicht meistern könne. So verstehe sie etwa bei Ämtergängen die Zusammenhänge nicht, ohne dass dies auf Sprachprobleme zurückzuführen sei.
16Mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2012 wies der Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrender Dritter den Widerspruch zurück. Es sei nicht ersichtlich, ob die Klägerin seit Antragstellung ambulante Hilfen zur Aufarbeitung ihrer psychischen Probleme in Anspruch genommen habe, oder was dem ggf. entgegenstehe. Berichte über Krankenhausaufenthalte in den Jahren 2006 und 2009, aus denen sich ggf. eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, habe sie nicht vorgelegt. Die Klägerin missachte bei Fixierung auf BeWo vorrangige Leistungen; letztere führten aber jedenfalls zu einer Verringerung des geltend gemachten Anspruches.
17Trotz der Leistungsversagung betreuten Mitarbeiterinnen der Beigeladenen im streitigen Zeitraum die Klägerin weiterhin (in einem geringeren als dem ursprünglich geplanten Umfang). Im Wesentlichen geschah dies durch die Zeuginnen T (Koordinatorin) und I (Bezugsbetreuerin). Vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 wurden insgesamt 92,83 FLS erbracht; diese stellte die Beigeladene dem Beklagten (erst) unter dem 09.01.2014 mit einem Betrag von 5.614,56 EUR in Rechnung. Hinsichtlich der im Einzelnen erbrachten Betreuungsleistungen wird auf die beigezogene Betreuungsdokumentation Bezug genommen (Blatt 127 bis 135 der Gerichtsakte). Der Klägerin stellte die Beigeladene bis heute keine Rechnung, weil sie anderenfalls eine Dekompensation bei der Klägerin befürchtet.
18Am 01.09.2011 beantragte die Beigeladene für die Klägerin beim Beklagten die "Weiterbewilligung" von BeWo-Leistungen "ab dem 14.09.2011". Sie legte einen aktualisierten Hilfeplan vom 10.01.2012 für die Zeit vom 14.09.2011 bis zum 13.09.2012 vor. Darin wurden wöchentlich (zumindest) drei FLS als erforderlich genannt. Es schlossen sich unter dem 13.09.2012, dem 06.09.2013 und dem 26.08.2014 weitere Folgeanträge an (für die Zeiträume 14.09.2012 bis 13.09.2013, 15.09.2013 bis 13.09.2014 und 14.09.2014 bis 13.09.2015). Keiner dieser Anträge wurde bislang beschieden. Gegen Ende 2014 stellte die Beigeladene angesichts der fehlenden Kostenübernahme durch den Beklagten die Hilfeleistungen an die Klägerin vollständig ein.
19Am 28.02.2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Gleichzeitig beantragte sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung; dieser Antrag blieb (erst- wie zweitinstanzlich) ohne Erfolg (Beschlüsse SG Köln vom 28.03.2012 - S 10 SO 91/12 ER und LSG NRW vom 21.06.2012 - L 20 SO 1677/12 B ER).
20Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei keineswegs auf BeWo-Leistungen fixiert. Vielmehr benötige sie diese, um wieder am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Ihre Probleme seien erkrankungsbedingt. Im Herbst 2011 sei sie wegen Suizidgefahr erneut in der LVR-Klinik N stationär behandelt worden. Sie benötige BeWo-Leistungen gerade, um andere erforderliche Hilfsangebote wahrnehmen zu können. Eine gesetzliche Betreuung sei nicht angezeigt, weil sie Potenzial zur Verselbständigung besitze, welches über BeWo-Leistungen erschlossen werden könne.
21Die Klägerin hat beantragt,
22den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.06.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für Fachleistungsstunden im Rahmen des ambulant betreuten Einzelwohnens nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Aufgrund der schizoaffektiven Störung der Klägerin bestehe keineswegs zwingend ein Anspruch auf die geltend gemachten Hilfen. Ein Ausweg werde eher in einer psychiatrischen Behandlung gesehen. Für Schwierigkeiten bei Finanzen und Geldeinteilung erscheine eine gesetzliche Betreuung angezeigt. Die Klägerin sei offenbar bei der Beigeladenen erstmals auf ein funktionierendes Hilfesystem gestoßen und missachte deshalb andere Hilfesysteme vollständig. Ihr fehle eine adäquate medizinische Versorgung bzw. ergänzende medizinische Rehabilitation; daher empfehle sich eine erneute Behandlung in der Tagesklinik, die auch die Suchtkomponente angehen könnte. Erst nach einer adäquaten medizinischen Behandlung seien möglicherweise andere Maßnahmen sinnvoll. Nicht jeder psycho-sozialen Problemlage müsse mit BeWo-Leistungen begegnet werden. Die Abgrenzungsproblematik zu den erwachsenen Söhnen bzw. dem Ehemann gehöre zu einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Behandlung oder in die Betreuung durch eine Familienberatungsstelle. Regelmäßige Medikamenteneinnahme könne durch ambulante psychiatrische Pflege (APP) im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung sichergestellt werden. Für eine Anbindung an eine ambulante psychiatrische Behandlung sei eine Soziotherapie nach § 37a SGB V vorrangig; am Wohnort der Klägerin werde eine solche etwa durch den sog. "L Verein" erbracht. Daneben komme die Anbindung an eine Drogenberatungsstelle bzw. eine Kontaktaufnahme zum Sozialpsychiatrischen Kompetenzzentrum Migration in Betracht. Gegen ein vom Sozialgericht eingeholtes Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C hat der Beklagte eingewandt, der Sachverständige habe sich zu sehr von dem gegenwärtigen Zustand der Klägerin beeindrucken lassen und nicht gefragt, in welchem Ausmaß Teilhabeeinschränkungen und Hilfebedarf im Zeitraum September 2010 bis September 2011 tatsächlich vorgelegen hätten. Ein vom Sachverständigen für den Sohn H gesehener Hilfebedarf sei keinesfalls im Rahmen von Leistungen für die Klägerin zu decken. Hilfen zum BeWo seien keine Ersatzleistungen, um jegliche Bedarfe unabhängig von Zuständigkeitsbestimmungen abzudecken.
26Das Sozialgericht hat Befundberichte eingeholt. Die Allgemeinmedizinerin L, die die Klägerin zwischen März und November 2011 behandelt hatte, hat unter dem 11.06.2012 eine Hypercholesterinämie sowie einen Verdacht auf funktionelle Herzbeschwerden berichtet. Die Neurologin E hat unter dem 10.07.2012 ausgeführt, die Klägerin habe sich - unterbrochen durch Krankenhausaufenthalte - von März 2009 bis Mai 2012 mehr oder weniger kontinuierlich in ihrer Behandlung befunden. Sie habe in der Hauptsache über depressive Symptome und Ängste (um die - im November 2011 verstorbene - Mutter in Ungarn und die Söhne) geklagt. Auch hätten massive finanzielle Probleme sowie Konflikte mit dem alkoholkranken, deutlich älteren Partner bestanden. Der begleitende Gebrauch von Cannabis und Kokain habe immer wieder zu einer Exazerbation der Symptome geführt. Lange depressive Phasen seien teils in kurzer Zeit in euphorische Phasen übergegangen. Daneben sei es zu erheblichen Impulsdurchbrüchen gekommen. Im Rahmen der Erkrankung bestehe eine wechselhafte Compliance. Immer wieder komme es zu Therapieabbrüchen; Termine würden nicht eingehalten. In letzter Zeit habe sich eine beginnende Stabilisierung eingestellt; eine dauerhafte Medikamenteneinnahme scheine gewährleistet. Auch sei die Klägerin jetzt abstinent in Bezug auf Cannabis und Kokain. Sie habe von der Anbindung an das BeWo profitiert.
27Das Sozialgericht hat ferner ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C vom 24.09.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin eine akut dekompensierte, schizoaffektive Psychose sowie eine emotional instabile Persönlichkeit diagnostiziert. Es handele sich um ein schweres, chronifiziertes, die Wahrnehmung und Realitätsbewältigung dauerhaft einschränkendes Krankheitsbild. Die Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führe zu verzerrten und inadäquaten Realitätswahrnehmungen. Die hochgradige instabile Persönlichkeitsstörung gehe mit schnell wechselnden Stimmungen, Reizbarkeit, Ungeduld, Antriebsarmut und anhaltenden depressiven Versagenszuständen einher. Krankheitsbedingt fehle der Klägerin in weiten Bereichen die realistische Einschätzung ihrer Beeinträchtigungen und Fähigkeiten. Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnis seien stark beeinträchtigt. Die Klägerin sei schwerwiegend in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt und krankheitsbedingt nicht in der Lage, ihren Tagesablauf zu strukturieren, ihre Wohnung zu versorgen und sinnvoll einzukaufen; völlig überfordert sei sie damit, den Sohn H zu betreuen. Sie benötige (seit September 2010) Hilfe und Anleitung bei der Planung eines strukturierten Tagesablaufes sowie von Freizeitaktivitäten. BeWo-Leistungen seien nicht nur geeignet, sondern unbedingt erforderlich, diesen Hilfebedarf abzudecken. Gleichwertige oder bessere Alternativen stünden nicht zur Verfügung. Die Klägerin könne krankheitsbedingt nur mit einer Vertrauensperson kommunizieren; diese müsse sie kontinuierlich unterstützen. Die familiären Probleme und die notwendige fachpsychiatrische Behandlung könnten nur über eine solche Vertrauensperson gelöst bzw. gesteuert werden. Menschen mit derart schweren geistig-seelischen Erkrankungen benötigten eine feste Kommunikations- und Vertrauensperson nach außen. Anders als in zahlreichen Schreiben des Beklagten unterstellt, sei die Klägerin nicht in der Lage, sich selbständig an die unterschiedlichsten Stellen zu wenden, die ihr theoretisch bei der Bewältigung ihrer vielfältigen Probleme helfen könnten.
28Mit Urteil vom 16.01.2013 (dem Beklagten zugestellt am 21.02.2013) hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, die Kosten für FLS des BeWo in der Zeit vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Der Leistungsanspruch der Klägerin folge aus § 53 i.V.m. § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII und § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Die Klägerin gehöre mindestens seit September 2010 insbesondere wegen einer schizoaffektiven Psychose zum Personenkreis der wesentlich behinderten Menschen im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII; dies stelle der Beklagte auch nicht in Frage. Sie sei in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft wesentlich eingeschränkt. Dies ergebe sich aus dem nachvollziehbar begründeten Gutachten des Dr. C. Dass die vom Sachverständigen beschriebenen Einschränkungen bereits im streitbefangenen Zeitraum von September 2010 bis September 2011 vorgelegen hätten, lasse sich schon aus dessen Feststellung eines schweren, chronifizierten Krankheitsbildes ersehen. Auch die Neurologin E habe in ihrem Befundbericht die vom Sachverständigen für wesentlich gehaltenen Problemkreise (fehlende Tagesstruktur, fehlende Krankheitseinsicht, schlechte Compliance bei der Medikamenteneinnahme, deutlich eingeschränkte Regelungskompetenz bei Alltagstätigkeiten, Therapieabbrüche und mangelnde Einhaltung von Terminen) benannt. Selbst wenn zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. C ein akuter Krankheitsschub vorgelegen haben sollte, so sei aufgrund der weiteren Berichte doch eindeutig, dass bereits im September 2010 ein Hilfebedarf bestanden habe. Die Einschätzung des Sachverständigen, dass die Klägerin eine feste Bezugsperson benötige, um weitere Hilfsangebote wahrnehmen zu können, sei überzeugend, weil sie auf Beobachtungen in der Begutachtungssituation beruhe; nach den Erfahrungen der Kammer aus anderen BeWo-Fällen sei dergleichen im Übrigen für Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis typisch. Es gelinge diesem Personenkreis nur sehr schwer und nur nach längerer Zeit, Vertrauen zu fremden Personen aufzubauen. Anders als Dr. C habe der MPD keinen persönlichen Eindruck von der Klägerin erlangt. Die BeWo-Leistungen seien im streitigen Zeitraum auch erforderlich gewesen. Denn andere, gleichwertige Hilfemöglichkeiten hätten nicht zur Verfügung gestanden; der Klägerin sei es vielmehr nur mit Hilfe des BeWo möglich gewesen, weitere Hilfsangebote wahrzunehmen. Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe seien erfüllt.
29Dagegen richtet sich die am 11.03.2013 eingelegte Berufung des Beklagten. Er hält weiterhin andere Betreuungs- bzw. Therapiemaßnahmen, insbesondere solche nach dem SGB V, für vorrangig. Der Sachverständige Dr. C verkenne den Leistungskatalog des SGB V sowohl mit Blick auf die Soziotherapie (§ 37a SGB V) als auch auf die APP (§§ 37, 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 und Nr. 7 SGB V). Die Inanspruchnahme der BeWo-Leistungen habe sich insoweit sogar kontraproduktiv ausgewirkt. Der Beweiswert des Gutachtens des Dr. C reduziere sich im Übrigen auf Parteivortrag; denn der Sachverständige habe die Anamnese ausschließlich über die Mitarbeiterin der Beigeladenen I erhoben. Schon das Vorbringen der Klägerin selbst mache zudem deutlich, dass BeWo für sie nicht die zutreffende Hilfeart sei. Denn BeWo sei (nur) ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes, unverbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein weites Spektrum an Hilfeleistungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. Ziel sei es, der betreuten Person unabhängig von Art und Schwere der Behinderung eine weitgehend eigenständige Lebensführung, soziale Eingliederung und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Klägerin sei jedoch gesundheitlich gar nicht in der Lage, auf dieses Angebot einzugehen und es aktiv sowie eigenständig mitzugestalten. Im Bereich des SGB VI sei für die Gewährung von Teilhabeleistungen nach § 10 SGB VI eine "Reha-Fähigkeit" erforderlich. Zwar sei eine dementsprechende "BeWo-Fähigkeit" im SGB XII nicht gesetzlich vorgegeben; gleichwohl sei auch für Eingliederungshilfe zu verlangen, dass das vorbeschriebene Maßnahmeziel unter Berücksichtigung der jeweiligen Einschränkungen der betreuten Personen erreicht werden könne.
30Der Beklagte beantragt,
31das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.01.2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
32Die Klägerin beantragt,
33die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
34Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Der Beklagte ignoriere, dass sie Leistungen nach dem SGB V bereits in Anspruch genommen habe und zwischenzeitlich auch eine gesetzliche Betreuung eingerichtet worden sei. Diese Hilfen schlössen BeWo-Leistungen jedoch nicht aus, sondern seien hier begleitend (weiterhin) erforderlich. Insbesondere BeWo-Leistungen und gesetzliche Betreuung hätten unterschiedliche Zielrichtungen, so dass sich der Beklagte unter Hinweis auf die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung nicht seiner Verantwortung entziehen könne.
35Die mit Beschluss des Senats vom 21.01.2014 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hält die durch ihre Mitarbeiterinnen der Klägerin erbrachten Betreuungsleistungen für dringend erforderlich, wenn auch nicht für ausreichend. Die Klägerin sei an sie mit dem Willen herangetreten, unabhängig von externer Hilfe zu leben; dies entspreche genau dem Ansatz des BeWo. Den Ausführungen des Sachverständigen Dr. C stimme sie zu. Der vom Senat herangezogene Sachverständige Dr. P sei demgegenüber auf der Grundlage allein eines nur kurzen persönlichen Gesprächs und im Übrigen nur anhand fremdanamnestischer Angaben zu einer anderen Einschätzung gelangt als die behandelnde Neurologin E und der Sachverständige Dr. C; letztere aber hätten die Klägerin deutlich besser kennengelernt. Im Übrigen verkenne der Sachverständige Dr. P die Atteste der anderen Fachärzte, die zuvörderst die Einrichtung eines BeWo als zielführend erachtet hätten. BeWo übernehme häufig die Heranführung an medizinische Behandlungen und sonstige Hilfen. Hinsichtlich der von Dr. P als eingeschränkt festgestellten Teilhabebereiche macht die Beigeladene geltend, die Regelung finanzieller und sozialrechtlicher Angelegenheiten gehöre originär zum Leistungsspektrum des BeWo. Eine individuelle Basisversorgung sei nie Gegenstand der Hilfeplanung für die Klägerin gewesen. Die Reflektion von Abgrenzungsproblemen im sozialen Umfeld sowie das Einüben alternativer Handlungsmöglichkeiten seien häufig Inhalt von BeWo-Maßnahmen, was der Beklagte auch in der Regel nicht in Frage stelle. Die Unterstützung bzw. Hinführung zur Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben sei von § 53 SGB XII erfasst. Hätte ein größeres Zeitkontingent zur Verfügung gestanden, hätten auch formale Denkstörungen und der Ausgleich von Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefiziten der Klägerin angegangen werden können. BeWo sei zwar weder eine therapeutische noch eine medizinische Unterstützungsleistung; dennoch würden beim BeWo auch häufig Techniken angewandt, die u.a. die Bewältigung von Ängsten und paranoiden Symptomatiken unterstützten. Die insbesondere notwendige Medikamentencompliance hätte u.a. mit Erinnerung und Motivation durch die Mitarbeiterinnen der Beigeladenen deutlich gesteigert werden können; allerdings wäre dafür ein größerer Stundenumfang nötig gewesen. BeWo sei einer gesetzlichen Betreuung vorzuziehen, solange die Möglichkeit einer Anleitung zur Selbsthilfe bestehe. Im Übrigen hätten gesetzliche Betreuung und BeWo z.T. unterschiedliche Zielrichtungen. Beiden Maßnahmen könnten daher - so auch hier - durchaus parallel erforderlich sein und erbracht werden. So könnten BeWo-Leistungen etwa darauf gerichtet sein, den selbständigen Umgang mit Behörden (wieder) zu erlernen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass allein ambulante psychiatrische Behandlung für die Klägerin nicht ausreichend gewesen sei; vielmehr habe sie daneben Unterstützung in Form des BeWo benötigt. Auch sozialpsychiatrische Versorgung hätte sie nicht vorrangig in Anspruch nehmen können; denn sie wäre schlichtweg nicht beim Arzt angekommen. Eine Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum wäre sicher sinnvoll gewesen, hätte jedoch eine gewisse Phase der Begleitung erforderlich gemacht. APP sei in manchen Fällen das Richtige und werde bisweilen auch über BeWo initiiert; Nachteil der APP sei jedoch, dass sie zeitlich sehr eingeschränkt und daher bei der Erarbeitung einer dauerhaften Compliance nicht erste Wahl sei. Ein Vorteil von Soziotherapie sei bei dem Störungsbild der Klägerin nicht erkennbar. Insgesamt wäre es zwar grundsätzlich denkbar gewesen, bei der Klägerin eine Vielzahl von Diensten zu etablieren. Die Vielzahl der dann erforderlichen unterschiedlichen Fachkräfte aber hätte die Klägerin überfordert.
36Der Senat hat die Entlassungsberichte der LVR-Kliniken über die dortigen ambulanten und stationären Behandlungen der Klägerin beigezogen. Hierauf wird Bezug genommen.
37Auf Anforderung des Senats hat der Sachverständige Dr. C zwei schriftliche Stellungnahmen vom 08. und vom 31.01.2014 zu seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten abgegeben. Auch hierauf wird Bezug genommen (Blatt 151 f. und Blatt 161 f. der Gerichtsakten).
38Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. P eingeholt. Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten vom 07.01.2015 in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert. Auf das schriftliche Gutachten sowie auf die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen wird Bezug genommen (Blatt 206 bis 240 der Gerichtsakten bzw. Sitzungsniederschrift vom 11.01.2016).
39In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die beiden mit der Betreuung der Klägerin befassten Mitarbeiterinnen der Beigeladenen, die Sozialarbeiterin T und die Sozialpädagogin I, als Zeuginnen vernommen. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2016 Bezug genommen.
40Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten; Prozessakten des Sozialgerichts Köln S 10 SO 91/12 ER; Auszüge aus der die Klägerin betreffenden Betreuungsakte des Amtsgerichts L 56 XVII R 000). Der Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
41Entscheidungsgründe:
42A) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die erstinstanzliche Verurteilung des Beklagten durch das angefochtene Grundurteil (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) vom 16.01.2013 zur Übernahme der Kosten für die von der Beigeladenen in der Zeit vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 an die Klägerin im Rahmen des BeWo erbrachten FLS. Gegenstand des Klageverfahrens ist der Bescheid vom 16.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 (§ 95 SGG), mit dem es der Beklagte abgelehnt hat, Leistungen für die Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen der Beigeladenen durch die Klägerin zu erbringen.
43B) Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet.
44Die Verurteilung des Beklagten durch das Sozialgericht ist zu Unrecht erfolgt; die Klage war deshalb auf die Berufung des Beklagten abzuweisen.
45I. Zwar ist die Klage unter Berücksichtigung der Besonderheiten des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 56 SGG) statthaft (vgl. BSG, Urteile vom 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R Rn. 10 und vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 12) und auch im Übrigen zulässig.
46Im Rahmen eines solchen Dreiecksverhältnisses geht es um eine Verpflichtung (hier) des Beklagten als Sozialhilfeträger zu einem Schuldbeitritt zu der Zahlungsverpflichtung der Klägerin als (potenziell) Leistungsberechtigter gegenüber der Beigeladenen als Erbringer der tatsächlichen, in den erbrachten Betreuungstätigkeiten bestehenden Leistungen (steht deshalb keine eigentliche Geldleistung im Streit, so hätte das Sozialgericht auf die - nach seiner Rechtsansicht begründete - Klage den Beklagten [jedenfalls] nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gemäß § 130 Abs. 1 S. 1 SGG nur dem Grunde verurteilen dürfen [vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R Rn. 12; ferner Urteil des Senats vom 19.10.2015 - L 20 SO 255/12 Rn. 57, sowie LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 58]. Im Übrigen hätte es bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Beigeladene nach § 75 Abs. 2 Var. 1 SGG notwendig zum Verfahren hinzuzuziehen müssen; denn ihre mögliche Zahlungsforderung gegenüber der Klägerin ist noch nicht beglichen [vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N., sowie BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 13]).
47II. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 16.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 ist weder formell (dazu 1.) noch materiell (dazu 2.) rechtswidrig; damit ist die Klägerin nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
481. Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig.
49Der Beklagte ist insbesondere der für Leistungen des BeWo an die Klägerin nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW sowie § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AV-SGB XII. Neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII umfasst seine Zuständigkeit danach insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt § 98 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII; die Klägerin hat sich (abgesehen von vorübergehenden Besuchsaufenthalten in Ungarn) jedenfalls seit Mai 2005 stets in L und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten (vgl. § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten vom 07.09.2005).
50Für die Entscheidung über andere vom Regelungsbereich des SGB IX erfasste materiell-rechtliche Leistungsansprüche der Klägerin war der Beklagte jedenfalls gemäß § 14 SGB IX (im Außenverhältnis gegenüber der Klägerin) der zuständige Leistungsträger.
51Die nach § 116 SGB XII vor Erlass des Widerspruchsbescheides erforderliche Beteiligung sozial erfahrener Dritter hat stattgefunden.
522. Der Bescheid vom 16.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 ist auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Schuldbeitritt zu einer zivilrechtlichen Schuldverpflichtung, der sie sich von Seiten der Beigeladenen für die Zeit vom 14.09.2010 bis zum 30.09.2011 ausgesetzt sieht.
53a) Ein Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (BeWo).
54aa) Allerdings besteht eine beitrittsfähige Schuld der Klägerin gegenüber der Beigeladenen, und auch die sonstigen für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII geltenden (allgemeinen) tatbestandlichen Voraussetzungen sind erfüllt.
55(1) Die Klägerin ist aus dem Betreuungsvertrag vom 15.11.2010 mit der Beigeladenen einer zivilrechtlichen Forderung der Beigeladenen ausgesetzt. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieses Vertrages bestehen nicht. Insbesondere war die Klägerin bei seinem Abschluss nicht etwa geschäftsunfähig i.S.v. § 105 BGB. Zwar ist für sie mittlerweile eine gesetzliche Betreuung eingerichtet. Der im Betreuungsverfahren gehörte Psychiater und Psychotherapeut Dr. M hat jedoch noch in seinem Gutachten vom 29.11.2012 nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin zwar psychisch eingeschränkt sei, ihren Willen jedoch frei und unbeeinflusst bilden könne. Auch die im Übrigen vorliegenden medizinischen Unterlagen enthalten keine Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit der Klägerin im November 2010.
56Die vertragliche Vergütungspflicht für die von der Beigeladenen (nach § 2 des Betreuungsvertrages in Anlehnung an die Hilfeplanung) erbrachten Leistungen traf auch unmittelbar die Klägerin und nicht etwa den Beklagten. Dies ergibt sich insbesondere aus § 4 Abs. 3 S. 3 des Vertrages; daraus folgt eine originäre Zahlungspflicht des "Klienten", die (nur dann) entfällt, wenn und soweit ein zuständiger Kostenträger die Vergütung übernimmt (siehe für eine wortgleiche vertragliche Regelung ausführlich LSG NRW, Urteil vom 25.06.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 59). Dass der Vertrag erst auf den 15.11.2010 (etwa zwei Monate nach Beginn des streitigen Zeitraumes) datiert, steht einer Vergütungspflicht der Klägerin für Leistungen bereits ab dem 14.09.2010 nicht entgegen. Denn es ist evident, dass Beigeladene und Klägerin ihre vertragliche Beziehung nicht erst ab dem Tag des formalen Vertragsschlusses, sondern schon ab dem faktischen Einsetzen der - ohnehin von Anfang an im gegenseitigen Einvernehmen erbrachten - Leistungen beginnen lassen wollten. Dementsprechend haben im Übrigen weder Klägerin noch Beklagter im Nachhinein beanstandet, dass die Beigeladene erbrachte Leistungen bereits ab dem 14.09.2010 in Rechnung gestellt hat.
57Die Vergütungsforderung der Beigeladenen ist auch gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 des Betreuungsvertrages fällig geworden. Denn die Beigeladene hat ihre Forderung i.H.v. 5.614,56 EUR jedenfalls unter dem 09.01.2014 - und damit noch vor dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren - in Rechnung gestellt (vgl. entsprechend LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 68). Dass diese Rechnungsstellung nicht an die Klägerin selbst, sondern an den Beklagten erfolgte, steht nicht entgegen. Denn § 4 Abs. 3 S. 2 des Betreuungsvertrages sieht eine Abrechnung unmittelbar mit dem Kostenträger vor. Mit der rechtskonstruktiven Erfassung der wechselseitigen Leistungsbeziehungen in Fällen wie dem vorliegenden als (mögliches) sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis lässt sich eine solche Abrechnung "kurzer Hand" durchaus vereinbaren (im Übrigen wäre, wenn man eine Fälligkeit der Vergütungsforderung im Verhältnis zwischen Klägerin und Beigeladener verneinen wollte, jedenfalls ein Beitritt zu einer künftigen Schuld der Klägerin denkbar; vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R Rn. 16).
58Schließlich genügt die Vergütungsforderung der Beigeladenen auch den nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu erfüllenden Rahmenbedingungen. Denn im streitigen Zeitraum bestanden zwischen ihr und dem Beklagten entsprechende Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen für den Bereich des BeWo. Die Abrechnung hält sich im Rahmen dieser Vereinbarungen; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
59(2) Die Klägerin war im streitigen Zeitraum auch nicht etwa bereits wegen ihrer ungarischen Staatsangehörigkeit von Eingliederungshilfe nach dem SGB XII ausgeschlossen. Zwar kann gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII u.a. Eingliederungshilfe an Ausländer nur geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Diese Einschränkung gilt nach Satz 4 der Vorschrift jedoch nicht für solche Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten.
60Ob der Klägerin eine formale Niederlassungserlaubnis für Ehegatten nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 AufenthG erteilt worden war, ließ sich nicht feststellen. Aus der Bescheinigung über ein Daueraufenthaltsrecht der Klägerin nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU (i.d.F. bis 28.01.2013) FreizügG/EU lassen sich insoweit keine Rückschlüsse ziehen, da diese lediglich deklaratorische Bedeutung hat (vgl. Dienelt in Renner u.a., Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 5 FreizügG/EU Rn. 40). Doch lässt sich ein Recht der Klägerin zum Daueraufenthalt jedenfalls anhand des Regelungskonzepts der §§ 3 Abs. 1 FreizügG/EU und § 30 Abs. 1 AufenthG erschließen. Sind nach Maßgabe dieser Vorschriften schon Ehegatten eines EU-Freizügigkeitsberechtigten freizügigkeits- bzw. aufenthaltsberechtigt, kann für Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen nichts anderes gelten. Die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 S. 1 FreizügG/EU erfüllte die Klägerin im Übrigen im Zeitraum ab dem 14.09.2010 ohnehin; eine solche Erlaubnis zum Daueraufenthalt (EU) ist einer Niederlassungserlaubnis gleichgestellt (vgl. § 9a Abs. 1 AufenthG).
61Ob sich die Klägerin i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 4 SGB XII voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhielt, beurteilt sich nach einer Prognose. In Fällen einer Niederlassungserlaubnis fällt diese in der Regel positiv aus (vgl. Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 23 Rn. 28). Letztlich auch durch eine Beurteilung ex post bestätigt, sprach bereits 2010 alles dafür, dass die Klägerin auf Dauer in Deutschland verbleiben wollte. Zwar bestanden in gewissem Umfang familiäre Bindungen nach Ungarn, insbesondere zur erst im November 2011 verstorbenen Mutter. Ihren Lebensmittelpunkt hatte die Klägerin jedoch durch die beiden mit ihr lebenden Söhne, ihren Ehemann und ihre Schwester ersichtlich dauerhaft nach Deutschland verlegt. Anhaltspunkte für eine Rückkehrabsicht oder gar die konkrete Planung einer Rückkehr nach Ungarn sind nicht ersichtlich.
62(3) Wirtschaftliche Gründe stünden einem Leistungsanspruch der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII wird Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten ist. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum in diesem Sinne bedürftig. Sie verfügte weder über Erwerbseinkommen noch über Vermögen; allein mit dem seinen eigenen Bedarf überschreitenden Renteneinkommen des Ehemannes konnte der familiäre Gesamtbedarf nicht gedeckt werden. Dementsprechend bewilligte das Jobcenter L ergänzende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II; vor dem 15.10.2010 waren diese Leistungen nur mangels Antrags (dessen Anbringung der Klägerin erst mit Unterstützung der Beigeladenen gelang) nicht erbracht worden. Auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung der Beigeladenen gegenüber der Klägerin (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R Rn. 17; LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 69), also am 09.01.2014 (s.o.), stand die Klägerin noch (ohne dass zuvor eine Unterbrechung eingetreten war) im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und war damit bedürftig i.S.v. § 19 Abs. 3 SGB XII; Anhaltspunkte dafür, dass sich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit den Feststellungen des Jobcenters L zuwider irgendwann wesentlich gebessert hätte, bestehen nicht.
63(4) Der Leistungsbezug nach dem SGB II seit dem 15.10.2010 konnte im Übrigen einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach Sechsten Kapitel des SGB XII nicht von vornherein ausschließen. Denn die insoweit maßgebende Kollisionsvorschrift des § 21 S. 1 SGB XII erstreckt sich lediglich auf Leistungen zum Lebensunterhalt, sperrt ab einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nicht.
64(5) Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 3 EinglhV sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit in diesem Sinne zur Folge haben können, u.a. körperlich nicht begründbare Psychosen (Nr. 1) und Persönlichkeitsstörungen (Nr. 4). Da die diagnostisch gesicherte depressive Episode bei schizoaffektiver Störung der Klägerin nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht körperlich begründbar ist, liegt jedenfalls eine Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Nr. 1 EinglhV vor; dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Ob daneben der damalige Suchtmittelkonsum der Klägerin zusätzlich eine Suchtkrankheit als eigenständige (wesentliche) Behinderung i.S.v. § 3 Nr. 3 EinglhV ergab, lässt der Senat dahinstehen.
65Diese seelische Behinderung der Klägerin ist auch wesentlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.; dem folgend Urteil des Senats vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 59; LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 71) ist die Beurteilung insoweit, ebenso wie die Prüfung der Behinderung, wertend an den Auswirkungen auf die Eingliederung in die Gesellschaft auszurichten. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt. Nach den überzeugenden Ausführungen im Gutachten des Dr. P vom 07.01.2015, aber auch nach dem Inhalt des Hilfeplanes vom 29.10.2010 und den Entlassungsberichten der LVR-Klinik, ist evident, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum durch ihre Behinderung zumindest in einzelnen Teilhabebereichen (namentlich: Gestaltung und Unterhaltung sozialer Beziehungen, Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, Kommunikation und Orientierung sowie emotionale und psychische Entwicklung) z.T. massiv eingeschränkt war; dies rechtfertigt ohne Weiteres den Schluss auf die Wesentlichkeit der Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII. Gegenteiliges ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Gutachten des Dr. C, den Stellungnahmen der behandelnden Neurologin E oder des MPD des Beklagten.
66bb) Gleichwohl besteht ein Anspruch der Klägerin auf Schuldbeitritt durch den Beklagten nicht. Ihm steht entgegen, dass die von den Mitarbeiterinnen des Beigeladenen im streitigen Zeitraum der Klägerin erbrachten Betreuungsleistungen "ihrer Art nach" keine solchen des BeWo nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gewesen sind.
67Der Senat hat bereits (Urteil vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 61 ff., Revision anhängig B 8 SO 7/15 R) ausführlich dargelegt, welche Merkmale eine bestimmte Betreuungsleistung gerade als BeWo qualifizieren. Danach schadet es zwar nicht, wenn keine institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen vorliegt; BeWo-Leistungen können deshalb auch in einer - wie hier - vom Betroffenen privat gehaltenen Wohnung erbracht werden. Die fraglichen Leistungen müssen allerdings final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im (gewählten) Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen. Der vorliegende Fall wirft keine Aspekte auf, die den Senat zu einer geänderten Lesart veranlassen würden (auch der 9. Senat des LSG NRW hat zwischenzeitlich in gleicher Weise erkannt; vgl. Urteile vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 73 ff. und vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 Rn. 66 ff.; zustimmend auch Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 50.5 f.).
68Ob BeWo-Leistungen über die genannten Anforderungen hinaus stets von fachlich geschultem Personal zu erbringen sind und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein müssen (so der 9. Senat des LSG NRW, a.a.O. Rn. 76 bzw. Rn. 69, sowie im Urteil vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 Rn. 33), oder ob hiervon jedenfalls nach den besonderen Umständen des Einzelfalles Ausnahmen möglich sind, kann der Senat weiterhin offen lassen. Der vorliegende Fall bietet keine Veranlassung zu weitergehenden Festlegungen. Denn auch wenn Vieles dafür spricht, dass die von der Beigeladenen eingesetzten Mitarbeiterinnen (Sozialarbeiterin bzw. Sozialpädagogin) als für BeWo-Leistungen fachlich geschult anzusehen sind und darüber hinaus die tatsächlich erbrachten Leistungen im Rahmen eines strukturierten Gesamtkonzepts (des Hilfeplanes) erfolgt sein mögen, so fehlte jedenfalls eine finale Ausrichtung dieser Leistungen auf eine Selbständigkeit "beim Wohnen".
69(1) Die Leistungen waren bereits konzeptionell (d.h. nach dem Hilfeplan vom 29.10.2010) nach ihrer Hauptzielrichtung nicht wesentlich auf Hilfe "beim Wohnen" ausgerichtet. Lediglich die Hilfeplanung zu Nr. 1 ("Ich möchte eine neue Wohnung finden oder meine alte Wohnsituation verbessern, meinen Alltag in den Griff bekommen") weist thematisch einen unmittelbaren Bezug zum Wohnen auf. Die folgenden Nrn. 2 bis 5 des Hilfeplans sind hingegen im Wesentlichen auf die Bewältigung der medizinischen, familiären und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Klägerin gerichtet. Ein unmittelbarer - geschweige denn ein finaler - Bezug zur Beeinflussung ihrer Wohnsituation ergibt sich daraus nicht.
70(2) Wesentliche Bedeutung für die rechtliche Qualifizierung der tatsächlich erbrachten Leistungen kommt ohnehin der Betreuungsdokumentation der Beigeladenen zu, die sich im Übrigen mit den Angaben der Zeuginnen T und I in der mündlichen Verhandlung deckt. Danach haben die Mitarbeiterinnen der Beigeladenen im streitigen Zeitraum kaum Tätigkeiten entfaltet, denen ein finaler Bezug zum Wohnen zu entnehmen sein könnte. Deutlich im Vordergrund stand vielmehr eine allgemeine Stabilisierung der prekären Lebenssituation der Klägerin (Unterstützung beim Antrag auf Arbeitslosengeld II, Klärung des krankenversicherungsrechtlichen Status, Kommunikation mit Behörden und den anderen Familienmitgliedern sowie Versuch der Implementierung bzw. Strukturierung eines angemessenen medizinisch-therapeutischen Settings). Hinsichtlich des zu Nr. 1 des Hilfeplanes vom 29.10.2010 genannten Zieles lassen sich lediglich zwei Tage (17.01. und 17.03.2011) ausmachen, an denen überhaupt konkrete Aktivitäten mit Blick auf eine Veränderung oder Verbesserung der Wohnsituation der Klägerin erkennbar werden. Danach waren ein Auszug beider Söhne, zumindest aber des Sohnes Q, und kurzzeitige entlastende Herausnahmen der Klägerin aus dem Wohnumfeld beabsichtigt. Unabhängig davon, dass dies zumindest teilweise Betreuungsleistungen auch an die Söhne wären, sind sie jedenfalls schon nach ihrem zeitlichen Umfang derart untergeordnet, dass sie dem Tätigwerden der Beigeladenen insgesamt nicht das Gepräge einer BeWo-Leistung geben können.
71Dass der Betreuungsdokumentation zeitlich nach dem hier streitigen Zeitraum Aktivitäten der Beigeladenen zu entnehmen sind, die erstmals einen umfangreichen, deutlicheren und zielgerichteteren Bezug zum Wohnen zeigen mögen, kann für die Beurteilung der erbrachten Hilfeleistungen im hier streitigen Zeitraum von vornherein nichts ändern.
72(3) Dagegen kann die Klägerin nicht mit Erfolg einwenden, die weiteren zu den Nrn. 2 bis 5 des Hilfeplans genannten bzw. nach der Betreuungsdokumentation tatsächlich erbrachten Unterstützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen hätten letztlich (auch) Auswirkungen auf ihre Wohnsituation gehabt bzw. seien für eine Verbesserung ihres Wohnumfeldes notwendige Vorbereitungsmaßnahmen. Denn diesen Hilfestellungen fehlte, auch wenn sie sich auf eine spätere Verbesserung im selbständigen Wohnen möglicherweise günstig auswirken konnten, gleichwohl die notwendige finale Ausrichtung auf das Wohnen.
73Ohnehin ist eine akute Gefährdung der damaligen Wohnsituation bzw. ein Unterstützungsbedarf der Klägerin beim eigentlichen Wohnen weder aus der Hilfeplanung noch aus der Betreuungsdokumentation überhaupt erkennbar. Zum einen waren Mietschulden seinerzeit noch nicht aufgelaufen; der Ehemann trug zu Lebzeiten hinreichend Sorge für die rechtzeitigen Zahlungen. Zum anderen ist den Angaben in der Hilfeplanung, des Sachverständigen Dr. P und der Betreuerin für den streitigen Zeitraum übereinstimmend zu entnehmen, dass der Klägerin die Haushaltsführung als solche (Einkaufen, Sauberhalten der Wohnung etc.) keine Probleme bereitete, die Hilfen erfordert hätten.
74(4) Die Notwendigkeit von Unterstützungsmaßnahmen mit Bezug auf das Wohnen als solches lässt sich im Übrigen auch den Entlassungsberichten der LVR-Klinik nicht entnehmen. Dort wird wiederholt gerade von ausgeprägten Tätigkeiten der Klägerin im Haushalt berichtet; als Schwerpunktproblematiken erscheinen vielmehr eine mangelnde Medikamentencompliance sowie fehlende Tagesstruktur der Klägerin.
75(5) Das Gutachten des Dr. C (einschließlich der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahmen), die verschiedenen Äußerungen der behandelnden Neurologin E und das Gutachten des Dr. M aus dem Betreuungsverfahren geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
76So zeigen für den streitigen Zeitraum weder Dr. C noch die Neurologin E Schwierigkeiten der Klägerin bei der Haushaltsführung als solcher auf. Beide machen darüber hinaus nicht deutlich, worin bei den von ihnen für erforderlich gehaltenen Hilfen ein finaler Bezug zum Wohnen liegen soll. Vielmehr nehmen beide letztlich eine eigene (fehlerhafte) Zuordnung von als notwendig angesehenen Leistungen zum rechtlichen Begriff des BeWo vor; die rechtliche Qualifizierung der tatsächlichen Leistungen obliegt jedoch von vornherein nicht einer medizinischen Beurteilung.
77Dr. M hat im Zusammenhang einer Empfehlung zur Fortführung der BeWo-Leistungen zwar einen gewissen Wohnungsbezug hergestellt (schlichtende Beeinflussung bei etwaigen Konflikten mit Nachbarn bzw. dem Vermieter). Dass derartige Konflikte und damit ein entsprechendes Schlichtungsbedürfnis im streitigen Zeitraum überhaupt bestanden hätte, ist allerdings nicht ersichtlich.
78(6) Schließlich ergibt sich auch bei Berücksichtigung der umfangreichen Einwände der Beigeladenen kein Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Mangels greifbarer Anhaltspunkte in der Betreuungsdokumentation (s.o.) und in den Ausführungen der Zeuginnen T und I vermag allein die Behauptung des Bestehens eines finalen Bezuges der erbrachten Betreuungsleistungen zum Wohnen einen solchen nicht zu begründen. Dass die Unterstützungsleistungen für Klägerin seinerzeit hilfreich gewesen sein dürften, reicht für einen Anspruch auf Leistungen gerade des BeWo nicht aus; es kann die fehlende finale Ausrichtung der tatsächlich geleisteten Maßnahmen auf das Wohnen nicht ersetzen.
79b) Sind die von der Beigeladenen der Klägerin erbrachten Hilfestellungen deshalb keine Leistungen des BeWo, so besteht ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Eingliederungshilfe auch nicht unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten. In Betracht zu ziehen wäre insoweit § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX (Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben) oder i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (erforderliche und geeignete Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ermöglichung einer erreichbaren Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft), ferner auch ein sog. unbenannter Fall des § 55 Abs. 2 SGB IX (vgl. dazu auch LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 106 m.w.N.).
80aa) Einem Anspruch auf Schuldbeitritt durch den Beklagten steht jedoch insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene mit ihren außerhalb eines BeWo zu verortenden Leistungen an die Klägerin außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 02.02.2009 zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist; zugleich hat sie mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen.
81Denn nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung kann die Beigeladene (allein) "ambulante Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen" bereitstellen und bietet dafür "ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen". Sind danach aber Hilfeleistungen, die sich nicht auf das BeWo beziehen (und damit die von der Beigeladenen der Klägerin tatsächlich erbrachten Leistungen) ersichtlich von der Vereinbarung nicht erfasst, so ist der Beklagte nach § 75 Abs. 3 S. 1 SGB XII nicht zur Vergütung der von der Beigeladenen an die Klägerin erbrachten Betreuungsleistungen verpflichtet. Die Vorschrift gilt auch für Dienste (§ 75 Abs. 1 S. 2 SGB XII; vgl. H. Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Auflage 2014, § 75 Rn. 5).
82Eine Vergütungsverpflichtung lässt sich auch nicht etwa aus § 75 Abs. 4 S. 1 SGB XII herleiten. Dies würde einen vertragslosen Zustand voraussetzen. Ein solcher besteht zwischen Beigeladener und Beklagter aber gerade nicht; denn sie haben die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 02.02.2009 geschlossen. Beschränkt diese Vereinbarung die vergütungsfähigen Leistungen explizit auf solche des BeWo, kann diese einvernehmliche Beschränkung nicht durch eine Anwendung von § 75 Abs. 4 SGB XII umgangen werden; bei einer solchen Überschreitung der durch eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gerade vereinbarten Leistungsgrenzen ist ein Sozialhilfeanspruch im Rahmen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses ausgeschlossen (siehe dazu die ausführlichen Begründungen in den Entscheidungen des 9. Senats des LSG NRW vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 93 bis 103 und vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 Rn. 95 bis 105, denen sich der erkennende Senat anschließt).
83Ob hieraus zugleich folgt, dass damit auch ein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers (Beigeladene) gegenüber dem Leistungsberechtigten (Klägerin) entfällt (vgl. dazu LSG NRW a.a.O. Rn. 104 bzw. Rn. 106), kann der Senat offen lassen.
84bb) Unabhängig davon handelt es sich ohnehin bei den in Rede stehenden Betreuungsleistungen nicht um solche der Eingliederungshilfe im Sinne der Ermöglichung von Teilhabe am Gemeinschaftsleben nach § 55 Abs. 2 (Nr. 3 bzw. Nr. 7) SGB IX.
85Die Handlungsschwerpunkte bei den der Klägerin geleitsteten Hilfestellungen waren im streitigen Zeitraum ausweislich der Betreuungsdokumentation der Beigeladenen (1) Bemühungen um eine Behandlungsmotivation und -sicherung der Klägerin (gemeinsame Arztbesuche, Kontakte zu Ärzten und der LVR-Klinik, Versuch der Verbesserung der Medikamentencompliance, stützende Gespräche), (2) Aktivitäten zur Sicherung des Lebensunterhalts (Beantragung von Arbeitslosengeld II inkl. Beschaffung erforderlicher Bescheinigungen und Unterlagen, Klärung des krankenversicherungsrechtlichen Status der Klägerin, Beschaffung der Freizügigkeitsbescheinigung, Schulden- und Zahlungsmanagement, Unterstützung beim Antrag auf Kindergeld u.a.), (3) Aufklärung über Drogenmissbrauch und Selbstmedikation sowie (4) Unterstützung bei der Bewältigung innerfamiliärer Konflikte.
86(1) Die Bemühungen um die Behandlungsmotivation und -sicherung der Klägerin sind keine Leistungen zur Teilhabe i.S.v. § 55 Abs. 2 SGB XII. Vielmehr handelt es sich um solche der medizinischen Behandlung oder Rehabilitation.
87Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.10.2012 - 5 C 15/11 Rn. 17 ff. m.w.N.; BSG, Urteile vom 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R Rn. 17 und vom 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R Rn. 21), der sich der Senat (ebenso wie der 9. Senat des LSG NRW; vgl. dazu ausführlich LSG NRW, Urteile vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 109 bis 112 und vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 Rn. 111 bis 114) anschließt, sind Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben danach abzugrenzen, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht. Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen im Einzelfall zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (nach § 55 SGB IX) setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung. Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern. Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden. Leistungen der medizinischen Rehabilitation (nach § 26 SGB IX) knüpfen demgegenüber an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern.
88Bei den Bemühungen um eine Behandlungsmotivation und -sicherung der Klägerin stand insofern ausweislich der Betreuungsdokumentation nicht die soziale Teilhabe, sondern ihre medizinische Rehabilitation (durch Behandlung bzw. Stabilisierung der Grunderkrankung) im Vordergrund. Die Bemühungen sollten die Klägerin zu einer kontinuierlichen Behandlung bzw. Kontrolle ihrer psychischen Erkrankung veranlassen. Im Kern ging es deshalb zunächst um eine Stabilisierung bzw. Verbesserung der gesundheitlichen Situation, nicht aber um die Sicherstellung sozialer Teilhabe. Gestützt wird dies durch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. P, der nachvollziehbar ausgeführt hat, dass Maßnahmen zur Überwindung von Teilhabeeinschränkungen für die Klägerin erst dann sinnvoll hätten eingesetzt werden können, wenn ein gewisses Behandlungssetting bereits etabliert gewesen wäre. Letzteres war - worüber die Beteiligten auch nicht streiten - jedoch nicht der Fall.
89Mit dieser Einschätzung im vorliegenden Fall setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 (Rn. 87; Revision anhängig B 8 SO 7/15 R). Dort werden zwar auch eine Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Motivationsversuche hierzu den BeWo-Leistungen zugeordnet. Anders als im Falle der Klägerin beruhte dies jedoch wesentlich auf dem Umstand, dass die dort angestrebte Behandlung bzw. Therapie konkret auf eine Stabilisierung des dortigen Klägers in seinem häuslichen Umfeld gerichtet war und sich zudem im Vergleich zu den ansonsten erbrachten Betreuungsleistungen in einem überschaubaren Rahmen hielt. Die psychische Situation war in jenem Fall zudem - anders als bei der jetzigen Klägerin - bereits relativ stabil, so dass eine medizinische Rehabilitation nicht im Vordergrund stand.
90(2) Ob die Hilfestellungen der Beigeladenen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin inhaltlich als Leistungen der Eingliederungshilfe erfasst werden können, mit ihnen ein legitimes Ziel der Eingliederungshilfe verfolgt wurde und die Maßnahmen geeignet waren, das angestrebte Eingliederungsziel zu erreichen (vgl. zu diesen einzelnen Prüfungsschritten das Urteil des Senats vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 67 f.), kann offen bleiben. Denn jedenfalls fehlt es insoweit an der Erforderlichkeit der erbrachten Leistungen. Diese sind vielmehr dem Bereich der gesetzlichen Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) zuzuordnen; sie wären deshalb nicht als Sozialhilfe, sondern im Rahmen einer Betreuung abzudecken gewesen.
91(a) Der Senat hat (a.a.O. Rn. 79 ff.) zur Abgrenzung von gesetzlicher Betreuung und Eingliederungshilfe bereits ausgeführt, dass Aufgaben und Ziele der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB einerseits und der Leistungen des BeWo andererseits grundsätzlich voneinander zu unterscheiden sind. Zwar können beide Leistungen ineinander übergehen und sich in Teilbereichen auch überlagern; systematisch ergeben sich jedoch komplementäre, in der konkreten Zuordnung zu unterscheidende Leistungsbereiche. Dabei umfasst die (gesetzliche) Betreuung gemäß § 1901 Abs. 1 BGB im Grundsatz alle Tätigkeiten, die "erforderlich" sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (nach weiterer Maßgabe der betreuungsrechtlichen Vorschriften des BGB) "rechtlich" zu besorgen. Unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises ist deshalb ein Betreuer nur für die Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen selbst muss er hingegen nicht erbringen (vgl. dazu z.B. Kieß in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Auflage 2013, § 1901 BGB Rn. 13 ff.). Andererseits kann er sich nicht auf eine bloß verwaltungsmäßige Führung der Betreuung zurückziehen; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung, allerdings nur, soweit sie für die sachgerechte Durchführung der rechtlichen Betreuung geeignet und notwendig sind (Kieß a.a.O., Rn. 20 bis 28; BT-Drs. 13/7158 S. 33 f.). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser Eingliederungshilfe abgegrenzt (BGH, Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB dürfe ein Betreuer nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werde, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten. Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten. Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehörten insbesondere dann nicht zu seinem Aufgabenbereich, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die der Sozialhilfe - geregelt sei. Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst. Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum (vgl. LSG NRW, Urteile vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 130 und vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 Rn. 127).
92Sind danach Eingliederungshilfe und rechtliche Betreuung letztlich nach dem Schwerpunkt der tatsächlich erbrachten bzw. erforderlichen Unterstützungsleistungen abzugrenzen, sind die der Klägerin erbrachten Hilfestellungen (Antragstellung auf Arbeitslosengeld II inkl. Beschaffung erforderlicher Bescheinigungen und Unterlagen, Klärung des krankenversicherungsrechtlichen Status, Beschaffung der Freizügigkeitsbescheinigung, Schulden- und Zahlungsmanagement, Unterstützung beim Antrag auf Kindergeld etc.; vgl. dazu die in der Betreuungsdokumentation unter dem 04., 15., 19.10., 02. und 22.11.2010 aufgeführten Aktivitäten) der rechtlichen Betreuung, nicht der Eingliederungshilfe zuzuordnen. Denn es ging dabei im Schwerpunkt um die Unterstützung bei Rechtsangelegenheiten. Soweit dazu auch rein tatsächliche Unterstützungsleistungen (etwa das Sammeln oder Zusammenstellen von Unterlagen) erforderlich waren, gehören diese im vorliegenden Fall gleichwohl noch in den Rahmen einer Rechtsfürsorge und wären deshalb im Wege einer gesetzlichen Betreuung zu erbringen gewesen. Insoweit (insbesondere etwa beim Erstantrag auf Arbeitslosengeld II) zwischen reinem Rechtsakt (Antragstellung) und tatsächlicher Unterstützung (Sammeln von Unterlagen u.ä.) zu trennen, würde den einheitlichen Lebensvorgang in unpraktikabler und damit nicht sachgerechter Weise aufspalten. Dass demgegenüber bei einem (bereits) laufenden Leistungsbezug das Sichten von Post oder die Abwicklung von Schriftverkehr im Einzelfall nicht (mehr) dem Bereich der rechtlichen Betreuung zuzuordnen sein kann (vgl. dazu den vom Senat entschiedenen Fall im Urteil vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 88 f.), ändert daran nichts. Die (bisweilen schwierige) Abgrenzung zwischen rechtlicher Betreuung und Eingliederungshilfe kann bei einzelnen Unterstützungsmaßnahmen nur unter Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles erfolgen und hat letztlich danach zu fragen, ob der Schwerpunkt der jeweiligen Maßnahme Hilfe in rechtlichen oder in tatsächlichen Angelegenheiten erfordert.
93(b) Dass im streitigen Zeitraum für die Klägerin eine rechtliche Betreuung noch nicht eingerichtet gewesen ist, ändert nichts daran, dass die in Rede stehenden Hilfestellungen des Beigeladenen keine im sozialhilferechtlichen Sinne erforderliche Eingliederungshilfe darstellten. Eingliederungshilfe ist nicht in dem Sinne subsidiär gegenüber der Einrichtung einer rechtlichen Betreuung, dass sie (wieder) zum Zuge käme, wenn die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung versäumt wurde. Das Verhältnis zwischen Eingliederungshilfe und rechtlicher Betreuung ist vielmehr vergleichbar dem Verhältnis zwischen allgemeiner Sozialhilfe und der Prozesskostenhilfe nach den §§ 114 ff. ZPO. Ähnlich wie die §§ 114 ff. ZPO für die Prozesskostenhilfe enthalten die §§ 1896 ff. BGB in sich abschließende Regelungen für die rechtliche Betreuung, die für mittellose Personen auch kostenfrei zur Verfügung steht (vgl. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern). Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus (vgl. zum Ganzen ausführlich LSG NRW, Urteile vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 130 und vom 25.06.2015 - L 9 SO 24/13 Rn. 127).
94Wie zu entscheiden wäre, wenn trotz wesentlicher Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII die (medizinischen) Voraussetzungen für die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung nicht erfüllt sind, kann offen bleiben. Denn die Klägerin war jedenfalls auch im streitigen Zeitraum bereits betreuungsbedürftig, auch wenn damals keine Betreuung eingerichtet war. Dies lässt sich nicht nur den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P entnehmen; auch ausweislich der Betreuungsdokumentation der Beigeladenen wurde die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung schon im streitigen Zeitraum thematisiert.
95(3) Aufklärende Gespräche mit der Klägerin über Drogenkonsum und eine Abgrenzung zur Selbstmedikation waren ebenfalls nicht als Eingliederungshilfe erforderlich. Insoweit wären vielmehr ambulante Behandlungsmaßnahmen und etwa die Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum vorrangig gewesen. Der Senat folgt hierzu den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P in seinem schriftlichen Gutachten sowie in der mündlichen Verhandlung. Danach bestehen für den Senat auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin - etwa durch eine initiale Inanspruchnahme soziotherapeutischer Maßnahmen (§ 37a SGB V) - dauerhaft an eine fachpsychiatrische ambulante Behandlung oder an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum hätte angebunden werden können. Die tatsächliche Möglichkeit hierzu hätte gerade in dem damals von der Klägerin bewohnten Stadtteil über den sog. "L Verein" bestanden. Unter Berücksichtigung der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung der Richtlinien nach § 37a i.V.m. 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V (vom 23.08.2001) erfüllte die Klägerin im Übrigen nicht nur die diagnostischen Voraussetzungen für eine Soziotherapie (vgl. Ziff. II, 9. der Richtlinien). Schon im Vorfeld der Verordnung einer regulären Soziotherapie hätte sogar die Möglichkeit bestanden, die Klägerin mittels soziotherapeutischer Maßnahmen zur Wahrnehmung einer entsprechenden Überweisung an einen Facharzt zu motivieren (vgl. Ziff. IV, 16.1 und 16.2 der Richtlinien).
96(4) Die Unterstützung der Klägerin zur Bewältigung innerfamiliärer Schwierigkeiten unterfällt bereits deshalb nicht den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, weil letztere eine Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen bzw. von Kontakten außerhalb des Bereiches der Familie voraussetzen (vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R Rn. 16 f.; LSG NRW, Urteil vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 Rn. 121). Darüber hinaus kommen auch diesbezüglich ambulante psychotherapeutische Leistungen nach dem SGB V in Form einer Familientherapie vorrangig in Betracht (vgl. LSG NRW, a.a.O.).
97c) Bei einer Zuordnung von erbrachten Hilfestellungen zum Bereich medizinischer Leistungen ergäbe sich ein Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten (oder einem anderen Träger der Eingliederungshilfe) nicht etwa unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß der §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX.
98Selbst wenn die von der Beigeladenen erbrachten Betreuungsleistungen nicht als unmittelbare Behandlungs-, sondern als reine Rehabilitationsmaßnahmen einzustufen wären (vgl. zu dieser Abgrenzung ausführlich LSG NRW, Urteil vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 Rn. 61 ff. m.w.N.), stünde einem Anspruch jedenfalls § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII entgegen. Denn danach dürfen Leistungsberechtigte nur solche Leistungserbringer für ihre medizinische Rehabilitation wählen, die in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach den §§ 107 ff. SGB V zur Leistungserbringung zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich LSG NRW, a.a.O. Rn. 68). Zu diesen Leistungserbringern gehört die Beigeladene nicht. Ebenso wenig wurde mit ihr ein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation geschlossen (vgl. zu dieser Möglichkeit Jaritz/Eicher, in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 25.1).
99d) Gehört die Beigeladene nicht zu den in der Gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringern, scheidet auch ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung der von der Beigeladenen erbrachten Betreuungsleistungen nach dem SGB V ohne Weiteres aus. Eine Beiladung des für die Klägerin zuständigen Trägers der Gesetzlichen Krankenversicherung konnte deshalb unterbleiben.
100e) Ein Anspruch der Klägerin gegen das Jobcenter L auf kommunale Eingliederungsleistungen nach § 16a (Nr. 3) SGB II (ab Beantragung ihrer Leistungen nach dem SGB II) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar ist der Begriff der Leistungen nach § 16a Nr. 3 SGB II sehr weit zu verstehen. Er orientiert sich insbesondere an der Regelung des § 33 Abs. 6 SGB IX zum (weiten) Umfang der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, so dass er auch an die Klägerin tatsächlich erbrachte Betreuungsleistungen erfassen könnte (vgl. zum Ganzen Stölting in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 16a Rn. 17 f.; Harks in jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, § 16a Rn. 22). Anders als (Eingliederungshilfe-)Leistungen nach dem SGB XII sind Leistungen nach § 16a SGB II jedoch nur dann zu erbringen, wenn ein Bezug zu einer künftigen Erwerbstätigkeit besteht (so Harks a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Bezug ist im streitigen Zeitraum jedoch weder der Betreuungsdokumentation noch dem Vortrag der Klägerin oder der Beigeladenen zu entnehmen. In der Betreuungsdokumentation finden sich vielmehr erst ab Oktober 2011 überhaupt Ansätze auch für Bemühungen um eine berufliche Rehabilitation der Klägerin; zu einer solchen ist es im Übrigen letztlich jedoch nicht gekommen. Einer Beiladung des Jobcenters L bedurfte es deshalb ebenfalls nicht.
101f) Schließlich scheidet auch ein Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69 SGB XII) aus (für die unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW nicht der örtliche Sozialhilfeträger, sondern der Beklagte sachlich zuständig wäre).
102Der Senat lässt offen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen (nach § 67 S. 1 SGB XII i.V.m. § 1 der Verordnung zu § 69 SGB XII) überhaupt erfüllt sind. Denn Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten wären jedenfalls nachrangig. Zwar gehen nach § 67 S. 2 SGB XII (nur) Leistungen nach anderen Vorschriften des SGB XII oder des SGB VIII den Leistungen nach § 67 S. 1 SGB XII, soweit der Bedarf nach diesen anderen Vorschriften gedeckt wird, vor. Die Beigeladene hat der Klägerin jedoch gar keine Leistungen erbracht, welche unter das SGB XII fielen oder die dem SGB VIII zuzuordnen wären. Tatsächlich erbracht wurden vielmehr Leistungen, die der gesetzlichen Betreuung bzw. einer Soziotherapie, bei den Bemühungen um Medikamentencompliance auch einer APP, zuzuordnen gewesen wären (s.o.). Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 67 S. 2 SGB XII ist im Übrigen jedoch der allgemeine sozialihilferechtliche Nachrang zu beachten (vgl. Scheider in Schellhorn/Hohm/Scheider, 19. Auflage 2015, § 67 Rn. 27). Wären deshalb für die Klägerin die erforderlichen Hilfen als gesetzliche Betreuung bzw. Soziotherapie (ggf. i.V.m. APP) zu erbringen gewesen, so scheiden inhaltsgleiche Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten als nachrangig aus; den Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten kommt nicht etwa eine Auffangfunktion bei Versäumung der Inanspruchnahme von Leistungen außerhalb des SGB XII zu.
103C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für die Beigeladene findet schon deshalb nicht statt, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62 sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 3b).
104D) Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 11. Jan. 2016 - L 20 SO 132/13
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(1) Hält ein Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen (vereinbarten) Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht ein, ist die vereinbarte Vergütung für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen herzustellen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle. Für das Verfahren bei Entscheidungen durch die Schiedsstelle gilt § 77 Absatz 2 und 3 entsprechend.
(2) Der Kürzungsbetrag ist an den Träger der Sozialhilfe bis zu der Höhe zurückzuzahlen, in der die Leistung vom Träger der Sozialhilfe erbracht worden ist, und im Übrigen an den Leistungsberechtigten zurückzuzahlen.
(3) Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen refinanziert werden. Darüber hinaus besteht hinsichtlich des Kürzungsbetrags kein Anspruch auf Nachverhandlung gemäß § 77a Absatz 2.
(1) Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst im Rahmen des Absatzes 2 die im Einzelfall erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme. Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall.
(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Versorgung nach Absatz 1, insbesondere
- 1.
die Krankheitsbilder, bei deren Behandlung im Regelfall Soziotherapie erforderlich ist, - 2.
die Ziele, den Inhalt, den Umfang, die Dauer und die Häufigkeit der Soziotherapie, - 3.
die Voraussetzungen, unter denen Ärzte zur Verordnung von Soziotherapie berechtigt sind, - 4.
die Anforderungen an die Therapiefähigkeit des Patienten, - 5.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.
(3) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung je Kalendertag der Leistungsinanspruchnahme den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag an die Krankenkasse.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst im Rahmen des Absatzes 2 die im Einzelfall erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme. Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall.
(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Versorgung nach Absatz 1, insbesondere
- 1.
die Krankheitsbilder, bei deren Behandlung im Regelfall Soziotherapie erforderlich ist, - 2.
die Ziele, den Inhalt, den Umfang, die Dauer und die Häufigkeit der Soziotherapie, - 3.
die Voraussetzungen, unter denen Ärzte zur Verordnung von Soziotherapie berechtigt sind, - 4.
die Anforderungen an die Therapiefähigkeit des Patienten, - 5.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.
(3) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung je Kalendertag der Leistungsinanspruchnahme den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag an die Krankenkasse.
(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.
(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.
(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.
(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.
(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.
(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.
(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.
(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.
(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.
(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.
(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die
- 1.
ärztliche Behandlung, - 2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung, - 3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme, - 4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft, - 5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, - 6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes, - 7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches, - 8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation, - 9.
Bedarfsplanung, - 10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4, - 11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b, - 12.
Verordnung von Krankentransporten, - 13.
Qualitätssicherung, - 14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung, - 15.
Schutzimpfungen.
(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:
- 1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind, - 2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind, - 3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.
(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.
(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.
(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln
- 1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind, - 2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten, - 3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.
(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.
(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.
(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln
- 1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel, - 2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen, - 3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung, - 4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer, - 5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie - 6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.
(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.
(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.
(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln
- 1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung, - 2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus, - 3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt, - 4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), - 5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.
(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.
(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.
(1) Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und - 2.
bei denen voraussichtlich - a)
bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, - b)
bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, - c)
bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - aa)
der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder - bb)
ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
(2) Für Leistungen zur Teilhabe haben auch Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
- 1.
die im Bergbau vermindert berufsfähig sind und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder - 2.
bei denen der Eintritt von im Bergbau verminderter Berufsfähigkeit droht und bei denen voraussichtlich durch die Leistungen der Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit abgewendet werden kann.
(3) Für die Leistungen nach den §§ 14, 15a und 17 haben die Versicherten oder die Kinder die persönlichen Voraussetzungen bei Vorliegen der dortigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.
(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.
(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
-
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2012 aufgehoben. Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10. September 2010 werden zurückgewiesen.
-
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Im Streit ist die Übernahme der Kosten für nächtliche Sitzwachen (Nachtwachen) als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.4.2009 bis 7.12.2010 (Kläger zu 1) und vom 1.4.2009 bis 16.10.2010 (Kläger zu 2).
- 2
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Die Kläger sind Zwillingsbrüder und erheblich behindert; beide sind nahezu gehörlos und minderbegabt; es bestehen ein Aufmerksamkeitsdefizit, ein Hyperaktivitätssyndrom sowie eine emotional instabile Persönlichkeit. Sie befanden sich zunächst stationär im Landkreis T, wo sie vor dem Umzug der sie betreuenden Mutter nach M ihren ständigen Aufenthalt hatten, in einer Heimsonderschule und ab September 2002 im westfälischen Schülerinternat M ; im Juli 2005 wurden sie gemeinsam in ein Wohnheim der Beigeladenen aufgenommen. Dort vergewaltigten die Kläger im April 2006 gemeinschaftlich eine Mitbewohnerin. Nach Bekanntwerden der Tat waren sie mehrere Wochen in der W Klinik für Psychiatrie untergebracht, ab Juni 2006 wohnten sie wieder in nunmehr verschiedenen Wohnheimen der Beigeladenen (Kläger zu 1: Wohnstätte G Kinderhaus; Kläger zu 2: Wohnstätte Haus Gr ). Dort wurden Nachtwachen vor den Zimmern der Kläger aufgestellt (22 Uhr bis 6:30 Uhr), um das unbeaufsichtigte Verlassen der Zimmer zu unterbinden und die Mitbewohner zu schützen. Die in den Heimverträgen mit den Klägern vereinbarten Kosten übernahm der Beklagte. "Zur Abgeltung zusätzlicher Personalkosten" zahlte er zudem an die Beigeladene aufgrund mehrerer zeitlich befristeter Nebenabreden einen täglichen Zuschlag für die Zeit vom 1.6.2006 bis 31.3.2009 (Schreiben vom 16.1., 26.5. und 10.12.2008).
- 3
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Für die Zeit vom 1.4.2009 bis 31.3.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern nach Ablauf eines Leistungszeitraums erneut die bisherigen Leistungen, verwies jedoch hinsichtlich der "beantragten Verlängerung der Nebenabrede" jeweils auf ein als Anlage beigefügtes Schreiben an die Beigeladene, in dem die Übernahme weiterer Kosten für Nachtwachen abgelehnt wurde (Bescheide vom 21.1.2009; Widerspruchsbescheide vom 12.3.2009). Während die Klagen erstinstanzlich ohne Erfolg blieben (Urteil des Sozialgerichts Münster vom 10.9.2010), hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen den Beklagten verurteilt, die Kosten der nächtlichen Sitzwachen für den Kläger zu 1 in der Zeit vom 1.4.2009 bis 7.12.2010 und für den Kläger zu 2 in der Zeit vom 1.4.2009 bis 16.10.2010 "dem Grunde nach" zu übernehmen (Urteil vom 20.12.2012). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Nachtwachen könnten nicht isoliert vom therapeutischen Gesamtzusammenhang gesehen werden, in dem sie stünden; ohne sie wären die Eingliederungsmaßnahmen nicht durchführbar gewesen. Daher sei ohne Bedeutung, ob die Nachtwachen selbst einem pädagogischen Zweck dienten. Sie seien zur Erreichung des Eingliederungsziels geeignet und erforderlich. Die Beigeladene sei auch berechtigt, die dadurch bedingten Kosten gegenüber den Klägern geltend zu machen, sodass diese sie beim Beklagten einfordern könnten; das Erhöhungsverlangen finde seine Rechtsgrundlage in der Vergütungsvereinbarung iVm dem im Land geltenden Rahmenvertrag.
- 4
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Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision und rügt die Verletzung der §§ 19 Abs 3, 53, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 55 Abs 2 Nr 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Teilhabe der Kläger werde durch die Nachtwachen allenfalls in sehr geringem Umfang und nur indirekt positiv beeinflusst. Im Vordergrund stehe vielmehr die Vermeidung von Gefahren und Belästigungen der Mitbewohner. Das LSG verkenne, dass nicht jede Leistung, die dem Aufenthalt eines behinderten Menschen in einer Einrichtung förderlich sei, als Teilhabeleistung durch den Sozialhilfeträger finanziert werden müsse. Die Nachtwachen seien ohnedies nicht erforderlich gewesen, wie der Umstand belege, dass nach dem Auszug der Kläger aus den Einrichtungen keine mehr eingerichtet worden seien.
- 5
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Er beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Die Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Beide erachten die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Die Kläger haben keinen Anspruch auf Leistungen wegen der Nachtwachen. Zwar handelt es sich bei diesen um Leistungen der Eingliederungshilfe; die Kläger sind aber insoweit keinen Zahlungsansprüchen des Beigeladenen ausgesetzt, was Voraussetzung für die von den Klägern begehrte Kostenübernahme wäre.
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Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 21.9.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12.3.2009 (§ 95 SGG), vor deren Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9
Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534) , soweit der Beklagte darin die Gewährung eines Zuschlags (Kosten der Nachtwachen) abgelehnt hat. Insoweit handelt es sich um eigenständige Verfügungen (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) und um einen von den übrigen Leistungen der Eingliederungshilfe abtrennbaren Streitgegenstand. Davon ist der Beklagte selbst bei den früheren Vereinbarungen von "Nebenabreden" mit der Beigeladenen ausgegangen. Auch wenn der Beklagte zur Ablehnung dieser Leistungen lediglich auf die den Bescheiden als Anlagen beigefügten Schreiben an die Beigeladene verwiesen hat, mussten die Kläger dies nach Maßgabe eines objektiven Empfängerhorizonts (vgl zu dieser Voraussetzung nur BSGE 89, 90, 100 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 13) nicht anders verstehen, als dass es sich hierbei (auch) um eine Ablehnung ihnen gegenüber handelt. Dagegen wenden sich die Kläger mit kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen nach §§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4, 56 SGG. Einer Verpflichtungsklage bedarf es deshalb, weil die Kläger die Übernahme der Kosten der Nachtwachen durch Verwaltungsakt begehren, mit dem die Mitschuld des Beklagten gegenüber der Beigeladenen begründet werden soll (vgl: BSGE 102, 1 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 4-3500 § 53 Nr 1 und § 75 Nr 1).
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Ein Anspruch auf diese Leistungen besteht jedoch nicht. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch käme insoweit allenfalls § 19 Abs 3(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX (Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) in Betracht. Die Kläger erfüllen die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25) - (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Sie sind durch ihre Gehörlosigkeit in ihrer körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 5 Eingliederungshilfe-Verordnung), aber auch in ihrer geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-Verordnung).
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Die nächtlichen Sitzwachen vor den Zimmern der Kläger zählen auch als Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten zu den Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX. Nur mithilfe der Nachtwachen kann nämlich das Ziel der Eingliederungshilfe erreicht werden, die Kläger in die Gesellschaft einzugliedern, ihnen insbesondere die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erst zu ermöglichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 SGB XII). Dadurch, dass sie die Kläger am unkontrollierten Verlassen ihres Zimmers hinderten, wurde vermieden, dass sie die Zimmer anderer Bewohner ohne deren Einwilligung aufsuchen; erst dadurch waren die Kläger (neben anderen Hilfen, die während des Tages erbracht wurden) in der Lage, in der Gemeinschaft, der jeweiligen Einrichtung, zu leben und deren Regeln einzuhalten.
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Dass die Unterstützung nachts gewährleistet wurde, ändert an dem Ziel der Maßnahme nichts. Sie wird nicht dadurch zur reinen Schutzmaßnahme zugunsten Dritter, weil diese sich nachts möglichen (Grenz-)Verletzungen durch die Kläger hätten schlechter erwehren können. Dass die Nachtwachen der Wahrung der räumlichen und persönlichen Integrität Dritter dienten, macht diese Maßnahmen also noch nicht zu einer solchen der ausschließlichen Gefahrenabwehr; vielmehr kann ein und dieselbe Maßnahme mehrere Ziele verfolgen. Dies bestätigt in besonderer Weise die Beschreibung des für die Kläger maßgeblichen Leistungstyps 10 der Leistungsvereinbarung, nach der sich die Pflichten der Beigeladenen gegenüber den Klägern bestimmen (dazu später). Dort werden als Leistungsangebot bei Bedarf ausdrücklich Nachtwachen aufgeführt. Nach den nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - der Beklagte hat insoweit nicht dargelegt, zu welchen Ermittlungen sich seiner Auffassung nach das LSG hätte gedrängt fühlen müssen (vgl hierzu BSGE 94, 133 RdNr 16 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2), sondern allein Zweifel an dem vom LSG zur Beurteilung der Erforderlichkeit festgestellten Sachverhalt geäußert - waren die Nachtwachen auch erforderlich (§ 4 SGB IX). Allerdings haben die Kläger keinen Anspruch auf Übernahme zusätzlicher Kosten der Eingliederungshilfe durch den Beklagten, weil sie selbst der Beigeladenen weder aus einer gültigen Zusatzvereinbarung ("Nebenabrede") noch aus den Heimverträgen zur Zahlung dieser Kosten verpflichtet sind.
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Nach § 12 Abs 7 des "Rahmenvertrags gemäß § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII, Stand 2.7.2001" (Rahmenvertrag) kann zwar, wenn der Bedarf einzelner Leistungsberechtigter Leistungen erfordert, die durch einen Leistungstyp und entsprechende Maßnahmepauschalen nicht abgedeckt werden, zwischen dem Sozialhilfeträger und der Einrichtung ein "zusätzlicher Betrag" vereinbart werden. Allerdings fehlt es bereits an einer Vereinbarung für die Zeit ab 1.4.2009, sodass dahinstehen kann, ob derartige Vereinbarungen überhaupt systemgerecht sind und - etwa unter Berücksichtigung des § 17 Abs 2 SGB XII - getroffen werden dürfen und ob insbesondere daraus die Kläger verpflichtet werden könnten.
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Aus den Heimverträgen selbst sind die Kläger ebenso wenig zur Zahlung eines zusätzlichen Entgelts verpflichtet. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 102, 1 ff, 4 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), ist das Leistungserbringungsrecht in der Sozialhilfe im Bereich stationärer Leistungen (und ambulanter Dienste) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das gesetzlich in den §§ 75 ff SGB XII als Sachleistungsprinzip in der Gestalt der Sachleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Nach § 75 Abs 3 SGB XII ist der Sozialhilfeträger zur Vergütung von Leistungen nur verpflichtet, wenn mit dem Träger einer Einrichtung eine Vergütungsvereinbarung besteht; dies war hier hinsichtlich jeder der Einrichtungen, in denen die Kläger untergebracht waren, der Fall (Vergütungs-, Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für die Einrichtung Wohnstätte G Kinderhaus, gültig ab 1.1.2005 bzw 15.9.2009, und Vergütungs-, Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für die Einrichtung Wohnstätte Haus Gr, gültig ab 1.1.2005 bzw 1.10.2009); als Normverträge (vgl BSG SozR 4-3500 § 62 Nr 1 RdNr 15) nach § 77 Abs 1 Satz 2 SGB XII waren diese für den Beklagten bindend.
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Das gesetzliche Regelungskonzept geht aber davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an die Leistungsberechtigten erbringt, um diesen die Zahlung des Heimentgelts aus dem Heimvertrag zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an die Einrichtung erfolgt, die für die Maßnahme verantwortlich ist. Der Sozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger der Einrichtung schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden Schuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch der Einrichtung gegenüber dem Sozialhilfeträger geschaffen; der Primäranspruch des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger ist auf Zahlung an den Dritten gerichtet.
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Die Beigeladene hat jedoch aus dem jeweiligen Heimvertrag, den auszulegen der Senat wegen seines Charakters als Formularvertrag berechtigt war (vgl BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3 S 6 f), keinen Anspruch auf ein zusätzliches Entgelt gegenüber den Klägern. Nach § 4 Abs 1 der Heimverträge setzt sich das von den Klägern gegenüber der Beigeladenen geschuldete Entgelt - ausschließlich - aus den Vergütungsbestandteilen "Pauschale für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale), Pauschale für Betreuungsleistungen gemäß den Leistungstypen und ggf Hilfebedarfsgruppen (Maßnahmepauschale)" und dem "Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag)" zusammen. § 4 Abs 2 der Heimverträge führt das kalendertäglich zu zahlende Entgelt nach diesen Pauschalen getrennt im Einzelnen auf; die entsprechenden Leistungen hat der Beklagte auch erbracht.
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Aus § 6 der Heimverträge ergibt sich kein höherer bzw weiterer Anspruch. Darin ist zwar die Möglichkeit der Entgelterhöhung durch einseitige Erklärung der Einrichtung gegenüber dem Bewohner vorgesehen. Dies wäre aber ohnehin nur zulässig, wenn sich die bisherige Bemessungsgrundlage für die vereinbarte Vergütung geändert hätte. Unabhängig davon, ob eine Änderung im individuellen Bedarf eines Hilfeempfängers überhaupt ein derartiges Erhöhungsverlangen auslösen könnte (vgl insoweit § 7 der Heimverträge), scheidet die Anwendung der Vorschrift indes schon aus, weil Nachtwachen bereits mit der Aufnahme der Kläger in die Einrichtungen eingerichtet worden waren, also gerade keine Änderung des Bedarfs eingetreten ist. Gleiches gilt für die Möglichkeit der Leistungsanpassung durch die Einrichtung nach § 7 der Heimverträge bei - hier im Hinblick auf die Nachtwachen ebenfalls nicht eingetretener - Veränderung des Hilfebedarfs. Die Wirksamkeit dieser Regelungen unter Berücksichtigung des Heimgesetzes bzw des am 1.10.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- und Betreuungsleistungen, ist damit nicht entscheidungserheblich.
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Anders als das LSG meint, ist es für die Höhe der von den Klägern geschuldeten Vergütung ohne Belang, wenn in § 1 Abs 3 der Vergütungsvereinbarungen ausgeführt ist, dass die (tägliche) Vergütung "mindestens" aus der Grundpauschale, dem Investitionsbetrag und der Maßnahmepauschale besteht; insoweit wird lediglich die Formulierung des § 76 Abs 2 Satz 1 SGB XII wiederholt, ohne dass allein dadurch über die konkreten Regelungen der Heimverträge hinausgehende Vergütungsansprüche der Einrichtung begründet würden.
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Ein Anspruch der Kläger auf zusätzliche Leistungen der Eingliederungshilfe besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; §§ 683, 670 Bürgerliches Gesetzbuch). Grundsätzlich denkbar wäre zwar die Anwendung der Regelungen der GoA im Hinblick darauf, dass mit den Nachtwachen neben Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber den Klägern auch solche zum Schutz der übrigen Heimbewohner (= eigenes Geschäft der Einrichtung) im Interesse der Kläger erbracht worden sind (sog "Auch-fremdes-Geschäft"). Doch sind die Regelungen der GoA nach der Risikozuordnung der §§ 75 ff SGB XII im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nicht anwendbar(zu diesem Gedanken allgemein im Zivilrecht BGH, Urteil vom 23.9.1999 - III ZR 322/98 - RdNr 7). Rechte und Pflichten der Kläger im Verhältnis zur Einrichtung, insbesondere das Entgelt, sind in den Heimverträgen festgelegt, die durch die Normverträge nach §§ 75 ff SGB XII ergänzt und gerade im Hinblick auf die Vergütung der zu erbringenden Leistungen gestaltet werden. Dieses austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten würde durch das Recht, neben der Vergütung Aufwendungsersatz über das Rechtsinstitut der GoA zu verlangen, unterlaufen (vgl zu diesem Gedanken in anderem Zusammenhang BGH, Urteil vom 21.10.2003 - X ZR 66/01 - und vom 28.6.2011 - VI ZR 184/10).
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Das vertraglich geschuldete Entgelt umfasst ohnedies die Kosten für die Nachtwachen. Denn § 2 Abs 4 der Heimverträge sieht jeweils vor, dass die Bewohner die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten, wofür die für die Bewohner ermittelten Leistungstypen bzw die der Hilfebedarfsgruppe entsprechenden Leistungen nach Anlage 2 des Rahmenvertrags als maßgebend vereinbart sind. Zur Auslegung dieses Rahmenvertrags ist der Senat ebenfalls befugt, gleichgültig, ob dieser als Normvertrag (so Jaritz, Sozialrecht aktuell 2012, 105, 107, und Pöld-Krämer/Fahlbusch, RsDE 46, 4, 20; aA Flint in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 79 SGB XII RdNr 5, Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 79 SGB XII RdNr 12, und Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 79 RdNr 12, Stand August 2012) oder als formularmäßige Vereinbarung angesehen wird. Die Kläger wurden nach § 3 Abs 2 der jeweiligen Heimverträge dem Leistungstyp (LT) 10, Hilfebedarfsgruppe 3 sowie dem LT für die Tagesstruktur 25 (Werkstatt für behinderte Menschen) zugeordnet. Nach der Beschreibung des LT 10 ("Wohnangebote für Erwachsene mit geistiger Behinderung und hohem sozialen Integrationsbedarf") in Anlage 2 des Rahmenvertrags orientieren sich Art und Umfang der Angebote, zB die Sicherstellung einer "Rund-um-die-Uhr-Betreuung" einschließlich der dazugehörigen Tagesdienste, Nachtbereitschaften oder Nachtwachen an den individuellen Bedarfen der Bewohnerinnen und Bewohner. Deren Finanzierung wird folglich mit der Maßnahmepauschale bereits abgedeckt.
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Dass einige Betreute, die in LT 10 und Hilfebedarfsgruppe 3 eingruppiert sind, einen im Vergleich zum Durchschnitt der übrigen Bewohner im entsprechenden LT höheren Betreuungsbedarf haben und damit ggf auch höhere Kosten verursachen, ist der pauschalierten und abstrakten Kalkulation der jeweiligen Vergütung geschuldet. Da die Maßnahmepauschale von Durchschnittswerten ausgeht (vgl insoweit § 76 Abs 2 Satz 3 SGB XII, wonach die Maßnahmepauschale nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf kalkuliert werden kann), sind Abweichungen im tatsächlichen Bedarf nach oben und unten systemimmanent, ohne dass darin ein Verstoß gegen die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung (§ 75 Abs 3 Satz 2 SGB XII; vgl dazu Jaritz/Eicher, juris PraxisKommentar SGB XII, 2. Aufl 2014, § 76 SGB XII RdNr 62 mwN) liegt. Aus diesem Grund scheidet ein weiterer Leistungsanspruch der Kläger unter dem Gedanken des Systemversagens (vgl nur BSG SozR 4-3500 § 92a Nr 1 RdNr 39) ohnedies aus.
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Besteht mithin kein Anspruch der Kläger auf weitere Leistungen ist nicht weiter von Bedeutung, dass bei einer Kostenübernahme durch Schuldbeitritt der Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs 1 Satz 1 SGG ausgeschlossen ist, weil dies nur bei einer Klage auf Leistung in Geld vorgesehen ist(vgl BSG SozR 4-1500 § 130 Nr 4 RdNr 12).
(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.
(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Im Streit ist die Übernahme bislang nicht gezahlter Kosten für eine systemische Bewegungstherapie nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) ab 1.1.2008.
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Der im Landkreis E wohnende Kläger ist 1996 geboren und leidet seit der Geburt am Lowe-Syndrom, einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung. Bei ihm besteht eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung, eine geistige Behinderung, ein hirnorganisches Anfallsleiden, eine Niereninsuffizienz, eine allgemeine Muskelhypotonie, eine Entwicklungsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung sowie ein Zustand nach Linsenentfernung beider Augen bei Katarakt beidseits. Von 2000 bis Mitte 2004 hatte der Beklagte die Kosten von zuletzt 43,35 Euro wöchentlich für eine systemische Bewegungstherapie übernommen. Mit Aufnahme des Klägers in die Freie Waldorfschule zum Schuljahr 2004/2005 - das Schulamt F hatte der Erfüllung der Schulbesuchspflicht dort zugestimmt (bestandskräftiger Bescheid vom 8.7.2004) - machte der Beklagte die Übernahme der Kosten für die systemische Bewegungstherapie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern des Klägers abhängig (Schreiben vom 16.9.2004); ein "Extra-Schulgeld" für Assistenzdienste im Rahmen der Eingliederungshilfe von monatlich 235,05 Euro zahlte der Beklagte jedoch (Bescheid vom 19.11.2004). Nachdem die Eltern zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben gemacht hatten, versagte der Beklagte die Kostenübernahme für die Bewegungstherapie wegen fehlender Mitwirkung (bestandskräftiger Bescheid vom 15.11.2004; Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005).
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Den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen der Eltern vom 12.4.2007 lehnte der Beklagte unter Hinweis auf fehlenden schulischen Förderbedarf ab (Bescheid vom 1.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007). Die beim Sozialgericht (SG) Freiburg auf die Übernahme dieser Kosten ab Januar 2008 beschränkte Klage - die Forderung ist von der Therapeutin gestundet - war erst- und zweitinstanzlich im Sinne eines Grundurteils erfolgreich (Urteil des SG vom 14.12.2009; Urteil des Landessozialgerichts
Baden-Württemberg vom 23.2.2012) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.2.2012 in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten und ab 23.2.2012 auf Übernahme künftig entstehender Kosten von bis zu zwei Stunden wöchentlich als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Neben den durch die Waldorfschule geleisteten Integrationshilfen bestehe zusätzlicher Bedarf für eine derartige heilpädagogische Maßnahme, um Auffälligkeiten des Klägers im Sozialverhalten, die auf einer Überreizung im Schulalltag beruhen könnten, entgegenzuwirken.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und des § 2 SGB XII. Er ist der Ansicht, das LSG verkenne, dass Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe nur für den Besuch der allgemeinen Schule in Betracht komme; darunter sei die Grundschule und eine auf ihr aufbauende Schule zu verstehen, nicht aber eine Sonderschule. Dieser sei die Freie Waldorfschule im Sinne einer Schule für Geistigbehinderte gleichzusetzen, die der Kläger besucht habe, weil er aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen sei, dem gemeinsamen Bildungsgang in einer allgemeinen Schule zu folgen. Dies habe das LSG verkannt und habe damit zugleich den Nachrang der Sozialhilfe missachtet. Es hätte zudem die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde zur Beschulung des Klägers auf ihre Richtigkeit hin überprüfen müssen; der Besuch der Freien Waldorfschule sei keine angemessene Schulausbildung. Im Übrigen sei die Therapie nicht geeignet und erforderlich, den Schulbesuch zu ermöglichen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) ; das Verfahren leidet an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 1.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2007 (§ 95 SGG), bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9
Gesetz zur Ausführung des SGB XII , inhaltlich begrenzt auf die vom Vermögenseinsatz gänzlich und vom Einkommenseinsatz bis auf die Aufbringung der Kosten des Lebensunterhalts - insoweit hier nicht einschlägig - freigestellte (Eingliederungs-) Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (dazu später). Zwar könnte die systemische Bewegungstherapie ggf auch als Hilfe zum Erwerb praktischer Fähigkeiten, die geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534) ) förderfähig sein bzw eine Hilfe zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 4 SGB IX)oder eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 26 SGB IX) darstellen. Unabhängig davon, dass dem Senat eine Einordnung der systemischen Bewegungstherapie schon mangels tatsächlicher Feststellungen des LSG zum Inhalt der Therapie nicht möglich ist (dazu später), sind derartige Leistungen jedoch nicht nach § 92 Abs 2 SGB XII vom Einkommens- und Vermögenseinsatz des Klägers und seiner Eltern freigestellt, sodass dem Klageziel entsprechend derartige Leistungen nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Dem stünde auch die Bestandskraft des Versagungsbescheids (wegen fehlender Mitwirkung bei der Einkommens- und Vermögensermittlung) vom 15.11.2004 entgegen (vgl § 77 SGG). Der Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid gerade keinen neuen Verwaltungsakt erlassen, der den Versagungsbescheid vom 15.11.2004 als sog Zweitbescheid ersetzt hätte, sondern entgegen der früheren Prüfung über einen einkommens- und vermögensunabhängigen Anspruch entschieden.
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Das Verfahren leidet jedoch an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, weil das LSG nicht die Therapeutin, Frau S, gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG beigeladen hat. Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte nämlich dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); diese Voraussetzungen sind in Person der Therapeutin erfüllt, weil ein Anspruch auf Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung) im Streit steht, wegen der Stundung der Forderung also nicht ein Anspruch auf Kostenerstattung. Der Schuldbeitritt hat einen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Sozialhilfeträger und einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an den Leistungserbringer zur Folge (BSGE 102, 1 ff RdNr 25 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9 mwN); folglich kann die Entscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme gegenüber dem Kläger und der Therapeutin nur einheitlich ergehen (anders beim Streit um die Erstattung von Kosten als reiner Geldleistung, vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; anders auch bei dem - der späteren Kostenübernahme ggf vorgeschalteten - Streit um die Erteilung einer Zusicherung oder auf Erlass eines Grundlagenbescheids: vgl Jaritz/Eicher in juris PraxisKommentar
SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 119.5 f) . Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN).
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Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN) und hat davon abgesehen, weil tatsächliche Feststellungen, insbesondere zum konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie und ihrer Auswirkungen auf dessen Schulbildung, fehlen (§ 163 SGG); dies stünde einer Sachentscheidung des Senats ohnedies entgegen.
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SG und LSG haben außerdem verfahrensfehlerhaft ein Grundurteil erlassen. Dem steht § 130 Abs 1 Satz 1 SGG entgegen, der ein Grundurteil nur bei einer Leistung in Geld vorsieht(vgl auch zur Unzulässigkeit des Grundurteils im Zivilprozess bei einem Anspruch auf Schuldbefreiung: BGH, Urteil vom 30.1.1987 - V ZR 7/86 -, NJW-RR 1987, 756 f). Da es sich bei der Kostenübernahme um einen Schuldbeitritt, verbunden mit einem Anspruch auf Befreiung von der Schuld gegenüber dem Leistungserbringer, handelt, lagen die Voraussetzungen des § 130 Abs 1 Satz 1 SGG mithin nicht vor. Dieser in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist und (deshalb) die Grundlagen des weiteren Verfahrens berührt (vgl zur vergleichbaren Situation bei Erlass eines Urteils unter Missachtung der Voraussetzungen des § 131 Abs 5 SGG BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R - RdNr 10 ff), ist ebenfalls im Revisionsverfahren von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten.
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Ohne Verfahrensfehler hat das LSG hingegen von der Beiladung der Krankenkasse (KK) und des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG (echte notwendige Beiladung) abgesehen (vgl dazu umfassend BSGE 110, 301 ff RdNr 10 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um ein von der KK zu gewährendes Heilmittel iS der §§ 32, 92, 138 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) handelt. Denn als Heilmittel wäre die Therapie wohl keine Leistung zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX(zu dieser Problematik BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15) und schon aus diesem Grund eine Beiladung der KK nach der 1. Alt nicht erforderlich (BSG aaO). Jedenfalls fehlt es an der nach § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V erforderlichen ärztlichen Verordnung. Auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe war in diesem Zusammenhang nicht beizuladen, ohne dass darauf einzugehen ist, ob der Beklagte nicht auch als Jugendhilfeträger für die in Betracht kommende Leistung nach § 35a Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) zuständig wäre. Denn ohnedies besteht eine vorrangige Leistungspflicht des beklagten Sozialhilfeträgers (Leistungen der Eingliederungshilfe für ua geistig behinderte junge Menschen) gemäß § 10 Abs 4 SGB VIII(in der seit 1.10.2005 geltenden Fassung; vgl zum Ganzen BSGE 110, 301 ff RdNr 15 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Da beim Kläger jedenfalls eine wesentliche geistige Behinderung vorliegt, kann dahinstehen, ob sich eine Maßnahmenotwendigkeit auch aufgrund einer seelischen (= psychischen) Behinderung ergeben würde. Anhaltspunkte dafür liegen jedenfalls nicht vor. Ob die KK nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG (unechte notwendige Beiladung) als anderer möglicher Leistungsträger hätte beigeladen werden müssen, ist mangels entsprechender Rüge vom Senat nicht zu prüfen (zur Rügepflicht im Revisionsverfahren nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b mwN).
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Vor einer Beiladung der Therapeutin ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention)der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.
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Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme durch den zuständigen (§ 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 2 Satz 1 SGB XII und §§ 1, 2 AG-SGB XII)Beklagten - zur eigenständigen Prüfung des Landesrechts ist der Senat mangels Berücksichtigung durch das LSG entgegen § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt(vgl BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1) - bilden § 19 Abs 3(in den Normfassungen des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 - und des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) iVm § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022), § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung - Eingliederungshilfe-VO -(in der Fassung, die diese durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat) iVm § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII(in den Normfassungen des Gesetzes vom 27.12.2003 und vom 24.3.2011).
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Ob der Kläger nach diesen Vorschriften für die Zeit ab 1.1.2008 einen Anspruch auf Übernahme der Kosten hat, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Der Kläger hätte einen Anspruch auf Kostenübernahme - ohne Berücksichtigung von Vermögen und ohne Berücksichtigung seines Einkommens und des Einkommens seiner Eltern (§ 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII) - nur dann, wenn es sich bei der systemischen Bewegungstherapie um eine privilegierte Maßnahme nach § 92 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB XII handeln würde, also eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach werden Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der Kläger nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG durch seine Sehbehinderung in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 4 Eingliederungshilfe-VO), vor allem aber in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 14 mwN) beeinträchtigt ist (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-VO).
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Der geltend gemachte Anspruch bestünde nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 92 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB XII, wenn es sich um eine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht) handeln würde. Eine abschließende Beurteilung dazu ist nicht möglich. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst nach § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.
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Wie bereits § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII verdeutlicht ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liegt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde(BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22). Grundsätzlich kommen alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 101, 79 ff RdNr 27 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 1), soweit es sich nicht um solche handelt, die dem Kernbereich der eigentlichen Schulbildung zuzurechnen sind (vgl zuletzt BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 10 RdNr 15 f). Zu diesem Kernbereich gehört die lediglich unterstützende Tätigkeit der Therapeutin außerhalb des Schulbetriebs nicht.
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Jedoch hat das LSG weder den konkreten Inhalt der mit dem Kläger durchgeführten Therapie festgestellt noch dazu Ausführungen gemacht, wie sich die Therapie im Einzelnen auf seine Lernfähigkeit auswirkt. Das LSG hat nur begründet, weshalb aus seiner Sicht beim Kläger neben den durch die Schule geleisteten Integrationshilfen weiterer Förderbedarf bestehe. Inwieweit die Therapie jedoch die Verbesserung schulischer Fähigkeiten des Klägers zum Ziel hat, kann anhand der Ausführungen des LSG nicht nachvollzogen werden; zumindest genügen allgemein gehaltene Bewertungen der Therapie und ihrer Ziele sowie eine allgemein gehaltene Umschreibung der angewandten Methoden anhand von Internetrecherchen oder anderen Publikationen für die notwendige individuelle Beurteilung nicht (BSGE 110, 301 ff RdNr 23 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8); denn daraus lassen sich weder Schlüsse auf konkrete Inhalte noch auf erfolgversprechende Therapieansätze im konkreten Einzelfall ziehen.
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Anders als der Beklagte meint, kann dem Kläger allerdings nicht entgegengehalten werden, er besuche eine seiner Behinderung nicht angemessene Schule und dieser Bildungsgang vermittele keine angemessene Schulbildung. Dies würde im Ergebnis zu einer unzulässigen inzidenten Prüfung der Entscheidung der Schulbehörde über die Erfüllung der Schulbesuchspflicht durch den Sozialhilfeträger im Rahmen der §§ 53 ff SGB XII führen.
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Eine allgemeingültige Definition dessen, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist, findet sich weder im SGB XII noch im SGB IX; auch in § 12 Eingliederungshilfe-VO sind nur beispielhaft ("umfasst auch") Maßnahmen benannt, die Gegenstand der möglichen Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung sein können. Die Entscheidung darüber, was im Einzelfall für das behinderte Kind eine angemessene Schulbildung ist, beurteilt sich, wie der Verweis in § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 2. Halbsatz SGB XII deutlich macht, wonach die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt bleiben, nach den Schulgesetzen der Länder. Der Sozialhilfeträger ist folglich an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw über eine bestimmte Schulart gebunden (BVerwGE 123, 316 ff; 130, 1 ff; BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 5; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, § 54 SGB XII RdNr 48; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 54 SGB XII RdNr 45 und 55; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 54 RdNr 43 a, Stand Februar 2010; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 40; Bieritz-Harder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 54 SGB XII RdNr 55; vgl zur Letztverantwortlichkeit der Schulbehörde über die Form des Schulbesuchs für förderungsbedürftige Kinder auch BVerfGE 96, 288 ff). Deshalb verfängt auch, solange die Schulbehörde an ihrem Bescheid vom 8.7.2004 festhält, der auf das sog Nachrangprinzip des § 2 SGB XII gestützte weitere Einwand des Beklagten nicht, der Kläger hätte der Schulbesuchspflicht eigentlich in einer Sonderschule genügen müssen, weil er aufgrund seiner Behinderung gar nicht in der Lage sei, dem Schulbetrieb an der Waldorfschule zu folgen. Soweit der Beklagte mit seiner Revision in diesem Zusammenhang eine fehlerhafte Auslegung des Landesschulrechts durch das LSG rügt, kommt es darauf - unabhängig davon, ob der Senat diese Auslegung überhaupt überprüfen dürfte (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO) -für die Entscheidung nicht an.
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Bei seiner Entscheidung wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass das SG zu Unrecht nur ein Grundurteil erlassen hat (vgl zu den Konsequenzen BSG, Urteil vom 25.4.2013 - B 8 SO 21/11 R RdNr 18); sollten die Kosten bezahlt werden, wäre die Klage umzustellen (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG). Nur dann wären der Umfang der Maßnahme und die Höhe der Vergütung nicht näher zu prüfen, weil der Kläger dann einen einem Grundurteil zugänglichen Erstattungsanspruch geltend machen würde.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 verurteilt, dem Kläger Eingliederungshilfe für den Monat November 2005 in Höhe von 902,95 EUR und für den Monat Januar 2006 in Höhe von 934,95 EUR zu leisten. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für seine Unterbringung in einer vom Beigeladenen zu 2 getragenen Einrichtung der Nichtsesshaftenhilfe. Im Anschluss an einen Teilunterwerfungsvergleich im Berufungsverfahren stehen noch Leistungen für die Monate November 2005 und Januar 2006 im Streit.
3Der Kläger wurde am 00.00.1933 in F geboren. Er ist alleinstehend. Jedenfalls seit Juli 2005 und auch zuvor schon seit langem besteht bei ihm eine psychische Störung mit Verhaltensstörung durch ständigen Gebrauch von Alkohol sowie Tabakabhängigkeit, ein leichtes amnestisches Syndrom aufgrund langjähriger Alkoholeinwirkung, ferner eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Daneben leidet er an beidseitiger Unterschenkelvarikosis, wiederkehrenden Lendenwirbelsäulenbeschwerden bei massiver Kyphoskoliose, allergischem Ekzem, Polyarthritis und einer Leistenhernie rechts. Eine gesetzliche Betreuung wurde bisher nie eingerichtet.
4Seit September 2002 bezieht der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen (vormals Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen) eine Regelaltersrente (Stand November 2005 und Januar 2006 - ebenso wie im Dezember 2004 - 98,97 EUR netto). Die Rente wurde von Beginn an auf ein Konto des Beigeladenen zu 2 gezahlt; der Kläger selbst besitzt kein Bankkonto.
5Der Kläger wuchs bei seiner Großmutter bzw. in einem Kinderheim auf und besuchte von 1940 bis 1948 die Volksschule in F. Nach Abbruch einer Ausbildung zum Dreher übte er zwischen 1951 und 1965 verschiedene Aushilfstätigkeiten aus. Infolge psycho-sozialer Schwierigkeiten und eines bereits damals exzessiven Alkoholkonsums wurde er 1965 erstmals wohnungslos. Bis 1982 war er Gelegenheitsarbeiter und lebte in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Von 1982 bis 1992 lebte er in Mietwohnungen in F, wo er auch gemeldet war.
6Am 01.04.1992 wurde der Kläger in das "Haus N W" in S (Kreis C) - im Folgenden "N W" - aufgenommen. Dessen Träger ist der Beigeladene zu 2. Der Einrichtung ist - organisatorisch und juristisch getrennt - ein Altenpflegeheim angegliedert. Ausweislich seiner Satzung will der Beigeladene zu 2 " [ ...] in seinen Anstalten katholischen Menschen jeden Alters und Geschlechts, die in eine sittliche oder äußere Notlage geraten sind und deshalb der Fürsorge bedürfen (insbesondere wandernde Arbeitslose, Trinker, pflegebedürftige alte Leute, Fürsorgezöglinge), aus dem Geiste christlicher Nächstenliebe Unterkunft, leibliche Pflege und religiös sittliche Betreuung bieten. Sein besonderes Ziel ist, den Pfleglingen nach Möglichkeit zu einer geordneten Lebensstellung zu verhelfen. [ ...] Die Aufnahme von Personen anderen Bekenntnisses ist nicht ausgeschlossen." Nicht aufgenommen werden nach der Satzung Personen, denen das Angebot keine adäquate Hilfe bedeuten kann, oder für die es Spezialeinrichtungen gibt (z.B. Personen mit illegaler Drogenproblematik, schwer körperlich und/oder geistig Behinderte, schwer psychisch Kranke). Die Hilfsangebote reichen von bloßer Übernachtung bis hin zu Arbeitsangeboten in verschiedenen zu "N W" gehörenden Werkstätten. Ziel ist es zum einen, die bisher problemverursachende Lebensführung einsichtig zu machen, und zum anderen, erstrebenswerte neue Alternativen zu erarbeiten. Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten sollen in die Lage versetzt werden, außerhalb der Einrichtung selbstständig zu leben, d.h. ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und in einer normalen Wohnung zu leben. Personen, die außerhalb der Einrichtung allein nicht menschenwürdig leben können, sollen "beheimatet" werden; für sie richtet sich das Hilfsangebot im Wesentlichen darauf, sie in der Einrichtung gemeinschaftsfähig zu machen, sie ihren Fähigkeiten gemäß zu beschäftigen, ihnen ein stabilisierendes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu verschaffen und sie ggf. zu gegebener Zeit in das angegliederte Altenpflegeheim aufzunehmen.
7"N W" verfügt auf einer zusammenhängenden Anlage über mehrere hundert Plätze, verteilt auf verschiedene Gebäude ("Häuser"). Der Großteil entfällt auf den Resozialisierungs- bzw. Eingliederungsbereich sowie das Altenheim. In geringem Umfang gibt es zudem reine Übernachtungsplätze, im Übrigen eine Wohngruppenabteilung und einen Dauerwohnbereich. Hinsichtlich der Einzelheiten zu Struktur und Angebot von "N W" wird auf dessen Informationsbroschüre (Blatt 9 der Verwaltungsvorgänge) sowie den vom Beigeladenen zu 2 vorgelegten Jahresbericht 2011 (Anlage zu Blatt 326 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
8Nachdem der Kläger innerhalb von "N W" zunächst im "Haus M" und später im "Haus M1" gelebt hatte, bewohnt er inzwischen seit mehreren Jahren ein Einzelzimmer im "Haus T" (2. Etage). Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss dieses Hauses befindet sich ein Bereich, der zu der (getrennt geführten) Altenpflegeeinrichtung gehört. Der Umzug in das "Haus T" erfolgte wegen eines altersbedingt zu erwartenden (weiteren) Schwindens der Kräfte, um dem Kläger bereits eine gewisse Anbindung an die Altenpflegeeinrichtung zu bieten. Alle drei genannten Einzelhäuser sind solche des "stationären Basiswohnens". Ein anderer Wohnbereich (beispielsweise der Suchtkrankenhilfe) erschien für den Kläger ungeeignet. Denn zwar wurden ihm unmittelbar nach Aufnahme in "N W" wiederholt verschiedene qualifizierte Angebote insbesondere zur Suchttherapie gemacht; diese lehnte er jedoch konsequent ab.
9Sämtliche Bedarfe des Klägers wurden und werden innerhalb von "N W" gedeckt. Sein Zimmer wird (ca. einmal wöchentlich) von Mitarbeitern gereinigt. Unterstützung erhält er zudem durch einen "Haushelfer", der nach dem Rechten sieht und ihn z.B. zum Wäschewechsel auffordert. Mahlzeiten werden ihm zubereitet zur Verfügung gestellt. Frühstück nimmt er nicht ein; das Mittagessen holt er sich selbständig aus dem Speisesaal. Auch andere Mahlzeiten bereitet er sich nicht selbst zu. Über die Einteilung seiner Geldmittel erhält er wöchentliche Beratungen. Das ihm verfügbare Bargeld setzt er in der Regel in dem auf dem Gelände befindlichen kleinen Laden in Bier und Zigaretten um. Der Kläger nahm im Rahmen seiner körperlichen und geistigen Möglichkeiten bis 2011 freiwillig ein Arbeitsangebot (Montagetätigkeiten in der Werkstatt) wahr. Gelegentlich nimmt er an Gruppenveranstaltungen teil. Sonstige freizeitpädagogische Angebote in "N W" nimmt er nicht in Anspruch. Er verbringt seine Zeit vielmehr weitgehend mit Fernsehen, Radiohören, Rauchen und Biertrinken (in früheren Jahren auch Schnaps). Er versucht dabei, Alkohol und Tabak möglichst gemeinsam mit anderen Bewohnern zu konsumieren, wenn denn diese sich darauf einlassen. Engere soziale Kontakte hat er (verhaltensbedingt auch innerhalb von "N W") nicht. Seit Jahren erhält er durch Mitarbeiter der Einrichtung Unterstützung bei der Körperpflege sowie beim An- und Ablegen von Kompressionsstrümpfen; Pflegebedürftigkeit nach Maßgabe der Vorschriften des SGB XI besteht jedoch bisher nicht (hinsichtlich der Einzelheiten zur Feststellung einer etwaigen Pflegebedürftigkeit wird Bezug genommen auf das Gutachten des Fachbereichs Gesundheit des Kreises C vom 04.04.2006; Blatt 196 bis 205 der Gerichtsakten).
10Zwischen dem Beigeladenen zu 2, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und dem Kreis C bestanden (auch im streitigen Zeitraum) Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII. Auf Grundlage der in diesem Zusammenhang geschlossenen Vergütungsvereinbarung aus Juli 2003 fiel für die Unterbringung des Klägers in den Monaten November 2005 und Januar 2006 pro Vergütungstag eine Pauschale i.H.v. 47,30 EUR (Grundpauschale 10,16 EUR, Maßnahmepauschale 25,83 EUR, Investitionsbetrag 11,31 EUR) an.
11Zur Zeit der Aufnahme des Klägers und auch später noch wurden für die Betreuung in "N W" grundsätzlich keine schriftlichen Verträge mit Bewohnern geschlossen. Erst ab Einführung des Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) bzw. des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) im Dezember 2008 bzw. Oktober 2009 ging der Beigeladene zu 2 (der weder dem WTG noch dem WBVG unterfällt) dazu über, mit neu aufgenommenen Bewohnern schriftliche Heimverträge (orientiert an den Bestimmungen dieser Gesetze) abzuschließen. Sukzessiv wurden solche Verträge in der Folgezeit auch mit schon länger in "N W" lebenden Bewohnern geschlossen. Mit dem Kläger wurde eine solche Vertragsurkunde am 03.09.2013 "mit Wirkung vom 01.04.1992 auf unbestimmte Zeit" gefertigt. Die Höhe der Heimvergütung ergibt sich aus § 4 dieses Vertrages, der auf die Verträge des Beigeladenen zu 2 mit dem LWL und dem Kreis C nach §§ 75 ff. SGB XII Bezug nimmt.
12Nach Aufnahme in "N W" rechnete der Beigeladene zu 2 den Kläger bis 1994 als Leistungsberechtigten nach § 72 BSHG (Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) und anschließend nach § 11 BSHG (Hilfe zum Lebensunterhalt) ab; ab 2005 berechnete er ihn als Leistungsberechtigten nach § 35 SGB XII (i.d.F. bis 31.12.2010). Die Kosten trug von April 1992 bis Oktober 1994 der LWL (§ 72 BSHG), im Anschluss daran vorübergehend zunächst der Kreis C (§ 11 BSHG).
13Am 09.08.1994 beantragte "N W" für den Kläger bei der Beklagten (als dem nach § 97 Abs. 2 BSHG zuständig werdenden Sozialhilfeträger) die Übernahme der Heimkosten ab dem 02.10.1994 als Leistung nach § 11 BSHG; dabei sollten die Richtlinien des LWL für Leistungen nach § 72 BSHG weiterhin Gültigkeit haben.
14Die Beklagte verweigerte zunächst die Kostentragung, weil beim Kläger keine Heimpflegebedürftigkeit bestehe. Hiergegen wandte der Beigeladene zu 2 ein, der Kläger erhalte weiterhin stabilisierende pädagogische Hilfe, welche allerdings nicht mehr die Zielrichtung des § 72 BSHG verfolge. Eine ambulante Betreuung des Klägers sei nicht denkbar; nur bei permanenter Betreuung durch den Sozialdienst könne er - innerhalb des Heimumfeldes - ein relativ zufriedenes Leben führen. Daraufhin erteilte die Beklagte mit Schreiben vom 06.05.1996 "ab 02.10.1994" eine "Kostengarantie". In der Folgezeit rechnete der Beigeladene zu 2 laufend die monatlichen Kosten für die Betreuung des Klägers in "N W" mit der Beklagten ab; nach Einsetzen der Altersrente setzte er dabei die vereinnahmten Rentenzahlungen von den Kosten ab.
15Angesichts des bevorstehenden Rechtswechsels vom BSHG auf das SGB XII bat der Beigeladene zu 2 im November 2004 die Beklagte um Bestätigung, dass für Bewohner von "N W" ab dem 01.01.2005 entsprechende Hilfe nach dem SGB XII weiterhin geleistet werde. Unter dem 02.12.2004 teilte die Beklagte der Einrichtung mit, die Kostensicherung für den Kläger werde - vorbehaltlich seiner weiteren sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit - für die Zeit ab dem 01.01.2005 nach Maßgabe des SGB XII erfolgen, da sie nach § 98 Abs. 2 SGB XII weiterhin für die Leistungsgewährung örtlich zuständig sei.
16Mit Bescheiden vom 15.02.2005 und 21.12.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für Januar 2005 bis Juni 2006 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII i.H.v. monatlich 527,03 EUR.
17Mit Bescheid vom 08.06.2005 lehnte die Beklagte eine Übernahme der ungedeckten Heimkosten für den Kläger über den 30.06.2005 hinaus ab. Bisher sei sie zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Kläger Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (seit 01.01.2005 nach § 67 SGB XII, zuvor § 72 BSHG) in einer Einrichtung zu gewähren sei; für eine solche Leistung wäre sie nach § 98 Abs. 2 SGB XII (zuvor § 97 Abs. 2 BSHG) zuständig gewesen. Der Kläger halte sich jedoch offenbar nicht in einer solchen Einrichtung auf. Dafür spreche schon, dass der überörtliche Sozialhilfeträger, der gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 AV-SGB XII NRW eigentlich für stationäre Leistungen nach §§ 67 bis 69 SGB XII sachlich zuständig sei, die Kosten nicht trage. Wegen der Kosten ab dem 01.07.2006 möge sich der Kläger an den für ihn nach § 98 Abs. 1 SGB XII zuständigen Sozialhilfeträger wenden.
18Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Es sei nicht damit zu rechnen, dass er seine Mittellosigkeit und gesundheitlichen Einschränkungen in absehbarer Zeit überwinde. Vielmehr sei er dauerhaft auf ein Leben in "N W" angewiesen, da er wegen seiner gesundheitlichen und psycho-sozialen Probleme zu einer selbständigen Lebensführung nicht mehr in der Lage sei. Ziel der dortigen Unterbringung sei die Verhütung von Verschlimmerung seiner persönlichen Lebensverhältnisse durch den strukturierten Rahmen in "N W". Das Widerspruchsschreiben hatte der dort für den Kläger zuständige Bezugsbetreuer vorformuliert; es war von ihm wie auch vom Kläger unterzeichnet worden.
19Nach Beteiligung sozial erfahrener Personen wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 08.11.2005, dem Kläger zur Kenntnis gelangt am 10.11.2005). Maßgebend für die örtliche Zuständigkeit sei der gewöhnliche Aufenthalt; diesen habe der Kläger seit Jahren in der Gemeinde S. § 98 Abs. 2 SGB XII finde keine Anwendung. Denn "N W" sei keine stationäre Einrichtung; vielmehr werde es vom Kläger wegen seines langjährigen dortigen Aufenthaltes nur noch als Wohnstätte genutzt. Vieles spreche dafür, dass es allein noch um die Verhinderung von Obdachlosigkeit gehe; ein Therapiekonzept sei nicht (mehr) ersichtlich.
20Auch eine vorläufige weitere Kostentragung (nach § 43 SGB I) lehnte die Beklagte ab. Der Kläger verblieb gleichwohl bis zum heutigen Tag in "N W", ohne dass die laufenden Heimkosten (mit Ausnahme der Rentenzahlungen, zeitweisen Wohngeldzahlungen sowie Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII) gedeckt worden wären. Mittlerweile belaufen sich die ungedeckten Kosten auf knapp 185.000 EUR. Die Abrechnungen des Beigeladenen zu 2 für die Monate November 2005 und Januar 2006 weisen ungedeckte Kosten i.H.v. 902,95 EUR (November 2005) bzw. 934,95 EUR (Januar 2006) aus. Für November 2005 ergibt sich dieser Betrag aus der Pflegekostenpauschale (1.419 EUR = 30 Tage x 47,30 EUR) zuzüglich Grund- und Zusatzbarbetrag (89,70 EUR + 4,95 EUR) sowie einer Bekleidungspauschale (15,30 EUR = 30 Tage x 0,51 EUR) abzüglich Rentenzahlung (98,97 EUR) und Grundsicherungsleistung (527,03 EUR). Die Kalkulation der Bekleidungspauschale beruhte dabei auf den Vorgaben des LWL für Abrechnungen des Beigeladenen zu 2. Für Januar 2006 gingen nur die Pflegekostenpauschale (1.466,30 EUR = 31 Tage x 47,30 EUR) sowie der Grund- und Zusatzbarbetrag (89,70 EUR + 4,95 EUR) abzüglich Rentenzahlung (98,97 EUR) und Grundsicherungsleistung (527,03 EUR) in die Berechnung des Beigeladenen ein. Die entsprechenden Forderungen des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger sind nicht tituliert.
21Am 09.12.2005 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben, welches den Rechtsstreit an das Sozialgericht Münster verwiesen hat (Beschluss vom 28.12.2005). Der bearbeitende Rechtsanwalt hat dabei eine vom Kläger unterzeichnete Vollmachtsurkunde vom 15.11.2005 vorgelegt. Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, weshalb sich an der Zuständigkeit der Beklagten - welche diese im Dezember 2004 selbst noch anerkannt habe - zwischenzeitlich etwas geändert haben solle. Der Kläger erhalte schon längere Zeit keine Leistungen i.S.v. §§ 67 bis 69 SGB XII (früher § 75 BSHG) mehr, sondern solche i.S.v. § 35 SGB XII (früher § 11 BSHG); eine Delegation der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 AV-SGB XII NRW auf den Landschaftsverband finde deshalb nicht statt. "N W" erfülle im Übrigen die Voraussetzungen einer stationären Einrichtung gemäß § 13 Abs. 2 SGB XII und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
22Das Verfahren hat zwischenzeitlich geruht, um den Ausgang des weiteren beim Senat anhängigen Verfahrens L 20 SO 53/06 abzuwarten (dort Urteil vom 07.04.2008). Im Anschluss daran hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die für ihn notwendige zusammenhängende Versorgung, Begleitung, Beratung, Betreuung, Tagesstrukturierung und Krisenintervention sei einzig in stationärer Form möglich. Er benötige Förderung in unterschiedlichen Lebensbereichen und sei auf alltägliche Versorgungsleistungen dringend angewiesen. Insbesondere wegen der Suchtproblematik benötige er Motivation und Unterstützung für spezielle Hilfsangebote; ambulante Angebote reichten dazu nicht aus. Eine Verlegung in eine weniger betreute Wohnsituation sei nicht möglich. Aufgrund seines vorherigen Lebenswandels leide er unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen mit der dringenden Notwendigkeit einer kontinuierlichen medizinischen Grundversorgung, gewährleisteter Ernährung sowie der Sicherheit einer geschützten Unterkunft. Hilfsweise sei der Beigeladene zu 1 zu verpflichten, sofern die in "N W" erbrachten Leistungen nicht als notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen (§ 35 SGB XII), sondern auch als Eingliederungshilfe (§§ 53 ff. SGB XII) zu qualifizieren seien. In diesem Fall sei der Beigeladene zu 1 (entsprechend den Ausführungen im Urteil des Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06) gemäß § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW sachlich und nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII örtlich zuständig. Zum Nachweis seines konkreten Hilfebedarfs hat der Kläger einen Hilfeplan vom 25.02.2009, ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. U vom 26.02.2009 sowie das Pflegegutachten des Fachbereichs Gesundheit des Kreises C vom 04.04.2006 zu den Akten gereicht.
23Das Sozialgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 06.02.2006 darauf hingewiesen, streitbefangen könne allein der Zeitraum von Juli bis Ende November 2005 (Monat der Widerspruchsentscheidung) sein; der Kläger möge die Klage entsprechend beschränken. Dieser Anregung ist der Kläger nachgekommen (vgl. insbesondere Schriftsatz vom 03.03.2006).
24In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger gleichwohl beantragt,
25unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 08.11.2005 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.07.2005 die ungedeckten Kosten des Heimaufenthaltes des Klägers im Haus N W in S zu übernehmen, hilfsweise den Beigeladenen (zu 1) zu verurteilen, ab dem 01.07.2005 die ungedeckten Kosten des Heimaufenthaltes des Klägers im Haus N W in S zu übernehmen.
26Die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht geladene, dort aber nicht vertretene Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Sie hat daran festgehalten, nicht (mehr) der örtlich zuständige Leistungsträger zu sein. Denn eine Resozialisierung werde vom Kläger weder angestrebt, noch würden von "N W" entsprechende Hilfen für erforderlich gehalten. Dass sie in der Vergangenheit zu Unrecht Leistungen erbracht habe, begründe keine weitere Verpflichtung. Ggf. sei jedenfalls der Beigeladene zu 1 der zuständige Leistungsträger. Wegen seiner Suchterkrankung und psycho-sozialen Probleme gehöre der Kläger zum Personenkreis des § 53 SGB XII und sei auf ein Leben in einer stationären Einrichtung wie "N W" angewiesen, wo er die erforderlichen Leistungen erhalte. Sie sei damit einverstanden, wenn das Sozialgericht ohne Anwesenheit der Beklagten im Termin entscheide.
29Der mit Beschluss des Sozialgerichts vom 05.11.2008 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene zu 1 hat beantragt,
30die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.
31Es sei nicht hinreichend belegt, dass der Kläger zum von § 53 SGB XII erfassten Personenkreis gehöre. Sein Behinderungsbild und die daraus resultierenden Bedarfe seien unklar. Medizinische Unterlagen über die Ausprägung der Suchterkrankung lägen nicht vor. Im Übrigen sei nicht erkennbar, ob bzw. in welchem Umfang der Kläger an tagesstrukturierenden Maßnahmen teilgenommen habe, und ob bzw. mit welchem Ergebnis versucht worden sei, ihn in eine weniger betreute Wohnsituation zu verlegen. Eine Alkoholproblematik werde zwar beschrieben; eine Entwöhnungstherapie oder eine andere psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung seien bislang jedoch offenbar nicht durchgeführt worden. Ggf. müsse Beweis erhoben werden, welcher Art Hilfe der Kläger in "N W" erhalte, bzw. welcher Art Hilfe er aufgrund seines Behinderungsbildes benötige. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls seit seiner Aufnahme in "N W" bis zum Bescheid vom 08.06.2005 keine Eingliederungshilfe erhalten habe; deshalb seien jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW nicht erfüllt.
32Mit Urteil vom 07.03.2012 (dem Beigeladenen zu 1 zugestellt am 08.06.2012) hat das Sozialgericht den Beigeladenen zu 1 verurteilt, die Kosten für die Unterbringung des Klägers in "N W" ab dem 01.07.2005 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu tragen. Der Kläger bedürfe seit dem 01.07.2005 der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, die er in der Einrichtung auch erhalte. Hierfür sei der Beigeladene zu 1 sachlich und örtlich zuständig. Insoweit werde den Ausführungen im Urteil des Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 gefolgt. Diesem liege ein vergleichbarer Fall zu Grunde. Der Beigeladene zu 1 rüge zwar eine fehlerhafte rechtliche Bewertung durch jenes Urteil, zeige aber keine tatsächlichen Unterschiede zum vorliegenden Fall auf.
33Hiergegen hat der Beigeladene zu 1 am 04.07.2012 Berufung eingelegt. Er hält daran fest, dass der Kläger in "N W" jedenfalls bis 2005 keine Eingliederungshilfe erhalten habe und daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1b AV-SGB XII NRW nicht erfüllt seien. Das Sozialgericht habe belastbare Feststellungen dazu versäumt, ob der Kläger Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung benötige und in "N W" nicht lediglich seinen Wohnsitz (gehabt) habe. Der medizinische Dienst des Beigeladenen zu 1 (MPD) sei nach Auswertung der spärlichen aktenkundigen Angaben zu der Einschätzung gelangt, beim Kläger könne eine wesentliche Behinderung im Sinne des § 53 SGB XII nicht festgestellt werden. Die Suchterkrankung reiche insoweit nicht aus. Der Kläger gehöre lediglich zu dem in § 53 Abs. 1 S. 2 SGB XII genannten Personenkreis mit einer "anderen Behinderung", der Eingliederungshilfe lediglich als Ermessensleistung erhalten könne. Die Unterbringung in "N W" könne am ehesten als Hilfe zum Leben in selbstbestimmten Wohnmöglichkeiten (§ 55 SGB IX) verstanden werden. Der Kläger sei zu keinem Zeitpunkt alkoholabstinent gewesen; er habe sich auch keinerlei qualifizierten Therapiemaßnahmen (Entwöhnungsbehandlung o.ä.) unterzogen. Im Anschluss an eine Beweisaufnahme des Senats im Ortstermin vom 08.01.2014 stehe zudem fest, dass der Kläger keine Eingliederungshilfe erhalte, sondern nur pflegerische Leistungen, die sein Überleben sicherstellten. Weiterhin sei nicht erkennbar, dass die in "N W" erbrachten Leistungen die Suchterkrankung in irgendeiner Weise milderten, solange ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Leistungen und der Suchterkrankung nicht nachvollziehbar sei. Auch im Anschluss an ein im Berufungsverfahren eingeholtes suchtmedizinisches Sachverständigengutachten macht der Beigeladene zu 1 weiter geltend, die Betreuung in "N W" gehe nicht auf die Behinderung des Klägers und seine dadurch bedingte Teilhabeeinschränkung ein. Vielmehr handle es sich überwiegend um eine individuelle Basisversorgung einschließlich der notwendigen medizinisch-pflegerischen Maßnahmen lediglich zum Erhalt des status quo. Leistungen nach § 35 SGB XII könnten durchaus selbständig erbracht werden. Unabhängig von einer materiell-rechtlichen Zuständigkeit könne er - der Beigeladene zu 1 - schon deshalb nicht zur Leistung verpflichtet sein, weil etwaige heimvertragliche Zahlungsansprüche des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger jedenfalls für die Zeit vor dem 01.01.2014 verjährt seien. Einen Anspruch auf Eingliederungshilfe für die Begleichung bereits verjährter Forderungen sehe das SGB XII nicht vor. Er könne auch nicht nach § 75 Abs. 5 SGG anstelle der Beklagten verurteilt werden. Denn die Beklagte habe mit Schreiben vom 02.12.2004 an "N W" bereits über den 01.01.2005 hinaus die Kostentragung zugesichert. In dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 08.06.2005 sei ferner ein neuer Antrag auf Übernahme der Heimunterbringungskosten über den 30.06.2005 hinaus zu sehen, den die Beklagte nicht an den Beigeladenen zu 1 weitergeleitet habe. Hieraus folge nach § 14 SGB IX eine Zuständigkeit der Beklagten; diese hätte einen etwaigen Erstattungsanspruch innerhalb der Frist des § 111 SGB X anmelden müssen. All diese Regelungen könnten nicht durch Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG ausgehebelt werden.
34Der Beigeladene zu 1 beantragt schriftsätzlich,
35das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
36hilfsweise, anstelle des Beigeladenen zu 1 die Beklagte zu verurteilen.
37Zu Beginn der mündlichen Verhandlung hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten den bisher als Prozessbevollmächtigter des Klägers aufgetretenen Rechtsanwalt als dessen besonderen Vertreter (§ 72 Abs. 1 SGG) beigeordnet. Der besondere Vertreter hat sodann die gesamte bisherige Prozessführung der Klägerseite, mit Ausnahme der zeitlichen Einschränkung des Klagebegehrens (bis November 2005), genehmigt. Die Genehmigung hat er ausdrücklich auch auf die Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verwaltungsverfahren bezogen.
38Die Beteiligten unter Einschluss der beiden Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung mit Teil-Unterwerfungsvergleich den streitigen Leistungszeitraum im vorliegenden Verfahren auf die Monate November 2005 und Januar 2006 beschränkt.
39Der Kläger beantragt,
40die Berufung des Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen,
41hilfsweise, den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 und des Bescheides vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 zu verurteilen, ihm Eingliederungshilfe für den Monat November 2005 i.H.v. 902,95 EUR und für den Monat Januar 2006 i.H.v. 934,95 EUR zu leisten.
42Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und schließt sich den Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren an. Das Vorliegen einer Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sei angesichts seiner langjährigen, schweren Alkoholkrankheit offensichtlich. Keineswegs seien die Ansprüche des Beigeladenen zu 2 gegen ihn verjährt. Dass in der Vergangenheit zunächst keine Heimverträge geschlossen worden seien, sei unschädlich; eine Rechtspflicht hierzu habe nicht bestanden. Die Höhe der Vergütung ergebe sich aus den Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII. Selbst für den Fall der Verjährung bleibe der Beigeladene zu 1 eine Erklärung schuldig, aus welchem Grund dies seinen sozialhilferechtlichen Anspruch gegen den Beigeladenen zu 1 berühren solle. Verjährung sei ohnehin nicht von Amts wegen zu berücksichtigen. Er - der Kläger - habe sich gegenüber dem Beigeladenen zu 2 bisher nicht darauf berufen, und er werde dies auch nicht tun. Er könne nicht zur Verjährungseinrede gezwungen werden, zumal eine solche im vorliegenden Zusammenhang treuwidrig erschiene. Das Schreiben der Beklagten vom 02.12.2004 an "N W" beinhalte keine Zusicherung. § 14 SGB IX finde zu Lasten der Beklagten keine Anwendung.
43Die Beklagte beantragt,
44die Berufung des Beigeladenen zu 1 zurückzuweisen,
45hilfsweise, unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Münster vom 07.03.2012 die Klage abzuweisen.
46Auch sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1 spreche nichts dafür, dass der Kläger in "N W" lediglich seinen Wohnsitz (gehabt) habe. Die dortigen Leistungen seien auf die Verhinderung einer Verschlimmerung seines Zustandes gerichtet gewesen. Bereits das erfülle die Zielsetzung der Eingliederungshilfe. Aus den aktenkundigen Informationen ergebe sich hinreichend deutlich eine wesentliche Behinderung des Klägers. Mit dem Beigeladenen zu 1 stimme sie überein, dass etwaige Forderungen des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger verjährt seien. Entgegen der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 1 enthalte ihr Schreiben vom 02.12.2004 allerdings keine Zusicherung einer fortlaufenden Leistungserbringung an den Kläger, dies schon deshalb nicht, weil Adressat nicht der Kläger, sondern "N W" bzw. der Beigeladene zu 2 gewesen sei. Dem Schreiben habe ohnehin der für eine Zusicherung wesentliche Regelungswille gefehlt. Eine Leistungszuständigkeit der Beklagten folge auch nicht aus § 14 SGB IX. Die Vorschrift sei bei Heimaufnahme des Klägers noch gar nicht in Kraft gewesen. Dessen ungeachtet könne sich der Beigeladene zu 1 spätestens seit seiner Beiladung nicht auf eine fehlende Weiterleitung berufen; denn jedenfalls seit Ende 2004 habe der Kläger keinen neuen Leistungsantrag gestellt, welchen sie - die Beklagte - hätte weiterleiten können. Der Kläger habe lediglich im Klagewege die Verpflichtung der Beklagten oder des Beigeladenen zu 1 zur Leistungserbringung begehrt. Selbst wenn § 14 SGB IX anwendbar sein sollte, entspräche es nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Beklagte angesichts der wegen des laufenden gerichtlichen Verfahrens unterbliebenen Folgeanträge zu verpflichten, durchgehend seit dem 01.07.2005 die Kosten für die Unterbringung des Klägers zu übernehmen. Denn § 14 SGB IX solle lediglich durch rasche Zuständigkeitserklärung eine zügige und reibungslose Leistungserbringung gewährleisten; dies hindere jedoch im späteren Gerichtsverfahren nicht eine Verurteilung des Beigeladenen zu 1 gemäß § 75 Abs. 5 SGG.
47Der mit Beschluss des Senats vom 15.05.2013 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene zu 2 stellt keinen Antrag. Er schließt sich den Ausführungen des Klägers an.
48Der Senat hat Befundberichte bei den behandelnden Ärzten des Klägers (praktischen Arzt X, Allgemeinmediziner Dr. E sowie Allgemeinmedizinerin Dr. U) eingeholt.
49Im Ortstermin vom 08.01.2014 in "N W" ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen I (Bezugsbetreuer des Klägers), G (leitender Mitarbeiter in der Metallwerkstatt von "N W"), T (Hauswirtschaftsleiterin) und Anders (Pflegekraft) sowie X (Arzt) und Dr. U (Ärztin). Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 389 bis 408 der Gerichtsakten) Bezug genommen.
50Schließlich ist zu Inhalt und Umfang der Teilhabeeinschränkungen des Klägers Beweis erhoben worden durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie - Suchtmedizin Gv. - Dr. M vom 20.03.2015. Dieser hat das Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Klägers erstattet. Im Nachgang zu diesem Gutachten hat Dr. M auf Veranlassung des Senats unter dem 05.10.2015 ergänzend nach Aktenlage die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Klägers begutachtet. Auf beide Gutachten wird Bezug genommen (vgl. hierzu auch Blatt 516 bis 518, 524 bis 576, 641 f. und 650 bis 668 der Gerichtsakten).
51Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
52Entscheidungsgründe:
53A) Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Berufung des Beigeladenen zu 1, der durch das angefochtene Grundurteil (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) vom 07.03.2012 nach § 75 Abs. 5 SGG ab dem 01.07.2005 zukunftsoffen zur Tragung der Kosten für die Unterbringung des Klägers im "Haus N W" verurteilt wurde. Ist diese Verurteilung zu Unrecht erfolgt, hat der Senat zugleich über den ursprünglichen Antrag des Klägers zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2010 - B 8 SO 14/09 R Rn. 19 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 75 Rn. 18b m.w.N.). Denn der Kläger darf durch die Aufhebung der erstinstanzlichen Verurteilung des Beigeladenen zu 1 nicht schlechter gestellt werden, als wenn das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet hätte und diese Berufung führte.
54Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 08.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 (§ 95 SGG), mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Kosten für die Unterbringung des Klägers in "N W" über den 30.06.2005 hinaus zu tragen.
55B) Die Verpflichtung des Beigeladenen zu 1 im angefochtenen Urteil ab dem 01.07.2005 ist zukunftsoffen erfolgt. Seine Berufung ist deshalb ohne weiteres statthaft und auch im Übrigen zulässig.
56Sie ist auch begründet.
57Denn die Klage hat nicht gegen den Beigeladenen zu 1, sondern - dessen Hilfsantrag entsprechend - gegen die Beklagte Erfolg. Sie ist (in dem im Anschluss an den Teil-Unterwerfungsvergleich im Berufungsverfahren nach dem Hilfsantrag des Klägers geführten Umfang) gegenüber der Beklagten zulässig (dazu II.) und begründet (dazu III.). Dabei stehen Verfahrensfehler des Sozialgerichts einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen (dazu sogleich I.).
58I. Zu Recht moniert zwar der Beigeladene zu 1, das Sozialgericht habe seine Entscheidung allein auf eine vermeintliche Vergleichbarkeit des vorliegenden Falles mit demjenigen aus dem Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 gestützt und eine gebotene weitere (insbesondere medizinische) Sachaufklärung nach § 106 Abs. 3 SGG unterlassen. Ob dies an sich eine Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG gerechtfertigt hätte, lässt der Senat offen; denn im Rahmen des ihm insoweit zukommenden Ermessens erschiene schon angesichts der erheblichen Gesamtverfahrensdauer eine Zurückverweisung jedenfalls nicht sachgerecht.
59Aus gleichen Gründen offen lassen kann der Senat, ob die Entscheidung des Sozialgerichts durch Grundurteil (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 2 SGG verfahrensfehlerhaft war. Jedenfalls hätte ein Grundurteil nicht ergehen dürfen. Denn ist die Klage unter Berücksichtigung des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (dazu noch später) nicht auf eine Geldleistung als solche, sondern auf einen Schuldbeitritt der Beklagten (zu den zivilrechtlichen Verpflichtungen des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2) gerichtet, so kann ein solcher Schuldbeitritt nicht dem Grunde nach erfolgen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R Rn. 12; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 48).
60Ohne Verfahrensfehler hat das Sozialgericht in der Sache entschieden, ohne dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2012 vertreten gewesen ist. Denn sie ist zum Termin ordnungsgemäß geladen und dabei auf die Möglichkeit der Entscheidung nach § 126 SGG hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 SGG). Ohnehin hat sie eine Entscheidung des Sozialgerichts ohne ihre Teilnahme vorab ausdrücklich gewünscht (Schriftsatz vom 27.02.2012).
61II. Sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.
621. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage statthaft (§§ 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, 56 SGG). Im sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis müssen bei erfolgreicher Klage zum einen die ablehnenden Bescheide aufgehoben werden. Ferner muss der zuständige Sozialhilfeträger (hier: Beklagte) zum Erlass eines Verwaltungsaktes verpflichtet werden, mit dem er den Beitritt zur zivilrechtlichen Zahlungsverpflichtung des hilfebedürftigen Klägers gegenüber dem Leistungserbringer (Beigeladener zu 2) zum Ausgleich der noch offenen Maßnahmekosten (Unterbringungskosten des Klägers in "N W" für November 2005 und Januar 2006) erklärt; im Umfang des Schuldbeitritts schuldet der Träger dann Leistungen zur Zahlung an den Leistungserbringer (vgl. dazu BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R Rn. 10 m.w.N.).
632. Der Zulässigkeit der Klage steht die fehlende Prozessfähigkeit des Klägers (§ 71 Abs. 1 SGG) nicht (mehr) entgegen.
64Im Anschluss an die Feststellungen des Sachverständigen Dr. M (Gutachten vom 05.10.2015) ist der Senat von der Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt. In dieses Gutachten hat der Sachverständige auch die Erkenntnisse einfließen lassen, die er bei einer ausführlichen ambulanten Untersuchung des Klägers am 30.01.2015 in "N W" gewinnen konnte. Danach steht fest, dass der Kläger wegen erheblicher psychischer Einschränkungen, insbesondere langjähriger Alkoholabhängigkeit und deren Folgen, in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit jedenfalls seit Juli 2005 dauerhaft derart eingeschränkt ist, dass er nicht in der Lage ist, im Rechtsverkehr seinen Willen zu bilden oder nach gewonnenen Einsichten zu handeln. Ist er deshalb krankheitsbedingt geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB), so ist er zugleich prozessunfähig (vgl. hierzu J. Lange in jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, § 104 Rn. 11 bis 16, sowie Leitherer, a.a.O. § 71 Rn. 4 und 6, jeweils m.w.N.).
65Wegen fehlender Prozessfähigkeit hat der Senat gemäß § 72 Abs. 1 SGG für den Kläger einen besonderen Vertreter bestellt. Diesem stehen damit im vorliegenden Verfahren alle Rechte mit Ausnahme des Empfangs von Zahlungen für den Kläger zu. Der Kläger ist zuvor angehört worden und hat sich ausdrücklich mit der Bestellung des besonderen Vertreters einverstanden erklärt.
66Die Bestellung des besonderen Vertreters war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Kläger schon zuvor im Verfahren durch den jetzigen besonderen Vertreter in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß vertreten gewesen wäre. Denn die ihm am 15.11.2005 erteilte Prozessvollmacht war wegen der (erst im Berufungsverfahren nachträglich festgestellten) Geschäftsunfähigkeit unwirksam (§ 105 Abs. 1 BGB). Dieser Mangel war auch nicht gemäß § 73 Abs. 6 S. 5 a.E. SGG unbeachtlich. Denn das Gericht muss dem Mangel auch einer anwaltlichen Vollmacht ggf. von Amts wegen nach pflichtgemäßem Ermessen nachgehen, wenn sich - wie hier - Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht aufdrängen (vgl. Leitherer, a.a.O. § 73 Rn. 68, sowie Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Auflage 2014, § 73 Rn. 135, beide m.w.N.).
67Zugleich hat der Senat keine Bedenken, gerade den zuvor vermeintlich bevollmächtigten und für den Kläger von Beginn des Verfahrens an tätigen Rechtsanwalt zum besonderen Vertreter zu bestellen. Der Rechtsanwalt war aufgrund seiner Vortätigkeit ausführlich über das Verfahren informiert und hatte die rechtlichen Interessen des Klägers bereits eingehend verfolgt. Anzeichen dafür, dass er seine Bestellung als besonderer Vertreter in einer diesen Interessen nicht entsprechenden Weise nutzen würde, bestanden zum Zeitpunkt der Bestellung nicht; sie sind im Übrigen auch im Anschluss daran nicht erkennbar geworden.
683. Auch sonst begegnet die Zulässigkeit der Klage keinen Bedenken.
69Zweifel an der Wirksamkeit von Handlungen des Klägers oder der Beklagten im Verwaltungs- bzw. im Gerichtsverfahren bestehen im Anschluss an die Bestellung des besonderen Vertreters von vornherein nicht mehr. Denn der besondere Vertreter hat jedenfalls die bisherige Prozessführung (mit Ausnahme der zuvor auf Anregung des Sozialgerichts erfolgten zeitlichen Einschränkung des Klagebegehrens) einschließlich der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verwaltungsverfahren ausdrücklich genehmigt (vgl. zu dieser Möglichkeit Leitherer, a.a.O. § 72 Rn. 4b).
704. Die Beteiligten konnten den streitgegenständlichen Zeitraum in zulässiger Weise durch Teil-Unterwerfungsvergleich auf die Monate November 2005 und Januar 2006 beschränken (vgl. zu dieser Möglichkeit im Allgemeinen BSG, Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 4/11 R Rn. 11 f.).
71Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgend (vgl. nur Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 Rn. 8 m.w.N.), war ursprünglich der gesamte Leistungszeitraum, beginnend mit der Leistungseinstellung zum 01.07.2005, Verfahrensgegenstand, begrenzt erst auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz. Dem steht nicht entgegen, dass die Klage schon mit Schriftsatz vom 03.03.2006 auf einen streitigen Zeitraum für die Monate Juli bis November 2005 begrenzt worden war (und damit einem rechtlichen Hinweis des Sozialgerichts vom 06.02.2006 gefolgt war, der sich nach der vorgenannten - späteren - Entscheidung des Bundessozialgerichts als unzutreffend erwies, jedoch der bisherigen Handhabung in der bis Ende 2004 für sozialhilferechtliche Streitigkeiten zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit entsprach). Ein derartiger Schriftsatz beinhaltet zwar grundsätzlich eine teilweise Klagerücknahme, die nicht nachträglich - auch nicht etwa durch eine Klageerweiterung (§ 99 SGG) - wieder rückgängig gemacht werden kann (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 26.09.2011 - L 20 SO 160/10 n.V.; BSG, Urteil vom 21.02.1969 - 3 RK 99/65). Im vorliegenden Fall war die im Schriftsatz vom 03.03.2006 zum Ausdruck kommende Teil-Klagerücknahme jedoch wegen Prozessunfähigkeit des Klägers bzw. einer deshalb (zunächst unerkannt) unwirksamen Bevollmächtigung des für ihn auftretenden Rechtsanwalts (s.o.) schwebend unwirksam; sie blieb auch endgültig unwirksam, weil sie vom Vertreter später ausdrücklich von dessen Genehmigung der sonstigen bisherigen Verfahrenshandlungen ausgenommen worden ist. Bis zum Teil-Unterwerfungsvergleich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat blieb deshalb der gesamte Zeitraum seit dem 01.07.2005 streitbefangen (und im Anschluss an diesen Vergleich bleiben es auch die Leistungen für den Monat Januar 2006).
72III. Der Bescheid vom 08.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2005 ist rechtswidrig und der Kläger dadurch i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert. Der Kläger hat auch über den 30.06.2005 hinaus (jedenfalls in den Monaten November 2005 und Januar 2006) gegen die Beklagte Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Kosten für seine Unterbringung in "N W".
73Dieser Anspruch dürfte allerdings - was der Senat jedoch offen lassen kann - nicht bereits aus den Schreiben der Beklagten vom 06.05.1996 oder vom 02.12.2004 folgen. Denn diesen Schreiben dürfte dem Kläger gegenüber bereits kein Erklärungswert zukommen, da sie nicht an ihn, sondern an "N W" gerichtet waren.
74Offen bleiben kann dies, weil der Anspruch des Klägers ohnehin aus dem Sechsten Kapitels des SGB XII folgt (dazu 1.) und die Beklagte als im Außenverhältnis zum Kläger zuständiger Leistungsträger (dazu 2.) zu verpflichten ist, weil sie der schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Zahlung seiner Unterbringungskosten in der für die Monate November 2005 und Januar 2006 vom Beigeladenen zu 2 geltend gemachten Höhe beitreten muss (dazu 3.).
751. Der Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe ergibt sich aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII.
76a) Nach § 19 Abs. 3 SGB XII erhalten Personen Eingliederungshilfe, soweit ihnen bzw. den weiteren in der Vorschrift genannten Personen die Aufbringung der Mittel für ihre Eingliederung aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.
77Der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum über kein einsatzpflichtiges Vermögen i.S.v. § 90 SGB XII. Über Einkommen i.S.v. § 82 SGB XII verfügte er einzig durch die Rentenzahlungen der DRV Westfalen i.H.v. monatlich knapp 100 EUR sowie durch Grundsicherungsleistungen; dies konnte die Kosten für seine Unterbringung in "N W" ersichtlich nicht decken. Zwischen den Beteiligten ist denn auch nicht streitig, dass der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen für Eingliederungshilfeleistungen erfüllt.
78b) Der Kläger gehört zu dem in § 53 Abs. 1 SGB XII genannten Personenkreis. Auch hierüber streiten die Beteiligten nicht mehr. Klärungsbedürftig ist allein, ob bei ihm eine wesentliche Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII oder nur eine sonstige Behinderung im Sinne von § 53 Abs. 1 S. 2 SGB XII besteht (im letzteren Fall wäre die Beklagte nur zu einer Ermessensentscheidung verpflichtet gewesen).
79Nach § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII erhalten Personen Eingliederungshilfe, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
80Ausgehend von den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. M (Gutachten vom 20.03.2015) sind die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII hier erfüllt. Besteht danach beim Kläger ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, so leidet er an einer Suchtkrankheit im Sinne von § 3 Nr. 3 EinglHV. In Zusammenschau mit den übrigen Diagnosen (Tabakabhängigkeit, leichtes amnestisches Syndrom aufgrund langjähriger Alkoholeinwirkung, kombinierte Persönlichkeitsstörung) und den - insbesondere im Ortstermin vom 08.01.2014 bekannt gewordenen, aber auch vom Sachverständigen ausgiebig dargelegten - sonstigen Informationen zum mit der Sucht einhergehenden Verhalten des Klägers liegt sowohl die Wesentlichkeit der Behinderung des Klägers als auch die Wesentlichkeit seiner Teilhabeeinschränkung auf der Hand (vgl. zur "doppelten Wesentlichkeit" bei § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 53 Rn. 21). Der Sachverständige sowie insbesondere der Zeuge I haben nachvollziehbar ausgeführt, dass sich das Denken des Klägers nahezu ausschließlich um die Befriedigung seiner Sucht bewegt, die allein in dem geschützten Rahmen von "N W" in einem tolerablen Rahmen gehalten werden kann. Der Sachverständige hat zudem die Gründe für die Teilhabeeinschränkungen des Klägers benannt (eingeschränkte Steuerungsfähigkeit mit Neigung zu impulsivem, selbstschädigendem, verantwortungslosem und rücksichtslosem Verhalten sowie ausgeprägte Verwahrlosungstendenzen, erhebliche Verhaltensstörung mit Aggressionsneigung), diese Gründe nachvollziehbar aus seiner Anamnese hergeleitet und sie in Beziehung zu den gestellten Diagnosen gesetzt. Die vom Sachverständigen überzeugend beschriebenen Verhaltensmuster des Klägers decken sich im Übrigen mit den Beobachtungen von dessen langjährigem Bezugsbetreuer I.
81Die eingeholten Befundberichte sowie das Ergebnis der Vernehmung der Allgemeinmedizinerin Dr. U und des praktischen Arztes X im Ortstermin vom 08.01.2014 stützen im Übrigen die Einschätzung des Sachverständigen. So hat Dr. U ebenfalls ausgeführt, dass aus der Alkoholerkrankung des Klägers eine wesentliche Teilhabeeinschränkung resultiert. Der praktische Arzt X hatte zwar in seinem Befundbericht eine wesentliche Teilhabeeinschränkung verneint. Bei seiner Befragung als Zeuge hat er dies jedoch insoweit relativiert, als er der Einschätzung von Dr. U nicht widersprechen wollte, weil er den Kläger nur sporadisch gesehen und sich auf dessen somatische Beschwerden konzentriert habe.
82Demgegenüber rechtfertigen die Ausführungen des MPD des Beigeladenen zu 1 keine andere Beurteilung. Auch dieser stellt (jedenfalls seit einer Stellungnahme vom 22.06.2015) eine wesentliche Behinderung des Klägers nicht mehr in Abrede und räumt inzwischen ein, dass die Teilhabefähigkeit des Klägers in Bezug auf "interpersonale Interaktionen und soziale Beziehungen" erheblich eingeschränkt ist. Da dies zumal (schon angesichts seines Alters und der Lebensumstände) im streitigen Zeitraum letztlich die für den Kläger wesentlichen, wenn nicht gar einzig verbliebenen Teilhabebereiche waren, hält es der Senat für schlichtweg nicht nachvollziehbar, wenn der MPD die Wesentlichkeit der Behinderung des Klägers (im Sinne von § 53 Abs. 1 SGB XII) weiterhin in Abrede stellt. Diese Wesentlichkeit beurteilt sich wertend insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist nicht die Stärke der Beeinträchtigung als solche bzw. der Umfang eines Funktionsdefizits, sondern die Auswirkung der Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Soweit der MPD moniert, es sei nicht erkennbar, dass die dem Kläger zur Verfügung gestellten Leistungen auf die Überwindung seiner Teilhabeeinschränkungen gerichtet seien, ist dies für die Wesentlichkeit der Behinderung unerheblich; von Bedeutung kann es nur für die Frage sein, ob es sich bei den Leistungen um Eingliederungshilfe handelt (dazu sogleich).
83c) Zu dieser Frage der Qualifizierung der dem Kläger in "N W" erbrachten Betreuungsleistungen als Eingliederungshilfe kann der Senat offen lassen, ob es sich (entsprechend dem Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 53) um eine Leistung zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten (§§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) handelt oder um eine solche zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (§§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX), oder ob eine sonstige, unbenannte Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 SGB IX vorliegt. Einer Leistung zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten könnte jedenfalls entgegenstehen, dass eine solche nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 65) final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen muss. Gerade auf eine Verselbständigung des Klägers beim Wohnen dürften die Betreuungsleistungen in "N W" jedoch (jedenfalls seit 2005) nicht mehr ausgerichtet sein.
84Eine exaktere Vorortung der erbrachten Leistungen innerhalb des § 55 Abs. 2 SGB IX ist jedoch nicht erforderlich. Denn sie entsprechen jedenfalls den notwendigen und hinreichenden Merkmalen aller Eingliederungshilfeleistungen (vgl. zu diesen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erforderlichen Kriterien das Senatsurteil vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 67 ff. mit ausführlichen Nachweisen). Eingliederungshilfe liegt danach vor, wenn deren Ziele mit der begehrten Maßnahme erreicht werden können; dabei ist ein individueller, personenzentrierter Prüfmaßstab anzulegen. Die Ziele der Eingliederungshilfe bestehen darin (vgl. § 53 Abs. 3 S. 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist ihm die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 2 S. 2 SGB XII, § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs. 2 SGB XII).
85Davon ausgehend kommt es darauf an (vgl. Senatsurteil a.a.O. Rn. 68), welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden (dazu aa) sowie, ob die begehrte Eingliederungsmaßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet (dazu bb) und erforderlich (dazu cc) ist.
86aa) Die Leistungen an den Kläger waren (auch) im hier fraglichen Zeitraum im Wesentlichen darauf gerichtet, ihm in Ansehung seiner Suchtproblematik und seiner sonstigen psychischen Einschränkungen sowie der damit verbundenen Verhaltensauffälligkeiten ein relativ stabiles und zufriedenes Leben innerhalb der Heimgemeinschaft in "N W" zu ermöglichen. Dies ergibt sich insbesondere aus Schreiben des Hauses vom 11.11.1994 und 03.02.1995, aus den Bekundungen der Zeugen I, G und T bei ihrer Vernehmung im Ortstermin vom 08.01.2014 sowie aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015.
87Die Ausführungen der Zeugen I und G zeigen, dass dem Kläger - wenn auch auf geringerem Niveau - u.a. tagesstrukturierende und "integrative" Angebote gemacht wurden, die er auch angenommen hat.
88Die Eingliederung in die Heimgemeinschaft von "N W" ist ein legitimes Ziel, das mit Eingliederungshilfe verfolgt werden kann und darf. Es erscheint - insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Klägers - auch angemessen; denn es geht darum, dem Kläger unter Zurückdrängung der negativen Folgen seiner Suchtproblematik und seiner sonstigen psychischen und verhaltensbezogenen Einschränkungen ein möglichst normales und menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
89Dem steht nicht entgegen, dass diese Heimgemeinschaft einen nur sehr kleinen und relativ abgeschlossenen Teil der Gesellschaft bildet. Vielmehr reicht für eine Qualifizierung als Eingliederungshilfe aus, dass die Leistung den Berechtigten in die Lage versetzt, in der Gemeinschaft gerade der jeweiligen Einrichtung zu leben und deren Regeln zu befolgen (BSG, Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R Rn. 12). Eingliederungshilfe muss mithin nicht notwendig auf die Eingliederung in die Gesamtgesellschaft gerichtet sein. Unschädlich ist ferner - entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 1 -, dass im streitigen Zeitraum die Betreuungsleistungen für den Kläger in "N W" nicht (mehr) auf eine Verbesserung gerichtet waren, sondern nur mehr auf eine Erhaltung des bestehenden Zustandes. Denn eine "Milderung" der Folgen einer Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 3 SGB XII kann auch in der Gewährleistung einer "zustandserhaltenden Beheimatung" (als Leistung der Eingliederungshilfe) bestehen (vgl. bereits mit ausführlicher Begründung Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.; wohl zustimmend Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 53 SGB XII Rn. 12; ders. a.a.O. § 54 Rn. 50 m.w.N.).
90Für die Erfassung der dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen als Eingliederungshilfe ist schließlich ohne Bedeutung, dass sie in der Vergangenheit durchgehend als "Hilfe zum Lebensunterhalt" bezeichnet und vom Beigeladenen zu 2 (wohl bis heute) auch so abgerechnet wurden. Maßgebend ist nicht die (fehlerhafte) Bezeichnung, sondern allein der tatsächliche Inhalt der erbrachten Betreuungsleistungen (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2015 - B 8 SO 7/14 R Rn. 20). Dieser Inhalt erschöpfte sich eben nicht in der bloßen Sicherstellung des Lebensunterhaltes, sondern lieferte - gerade auch angesichts des fortbestehenden stetigen, vom Kläger weder vermiedenen noch wohl überhaupt vermeidbaren Alkoholkonsums - Alltagsbetreuung, gesundheitliche und soziale Beaufsichtigung, ggf. Krisenintervention sowie Strukturgebung.
91bb) Die dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen sind auch geeignet, die zuvor dargestellten Ziele zu erreichen. Denn sowohl seinen eigenen Angaben wie auch den Bekundungen der im Ortstermin als Zeugen gehörten Mitarbeiter von "N W", ferner dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015 lässt sich nachvollziehbar entnehmen, dass der Kläger so gut es geht in die dortigen Abläufe eingebunden ist, und dass die Auswirkungen seiner vom Sachverständigen festgestellten Einschränkungen so in einem tolerablen Rahmen gehalten werden. Dies zweifeln im Übrigen weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 1 an.
92cc) Die Betreuung des Klägers in "N W" ist schließlich auch erforderlich. Erforderlich ist eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Angesprochen ist damit die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrangs bzw. Nachrangs der dem Kläger in "N W" erbrachten Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist zu beurteilen, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die erhaltenen Leistungen gleich, gleichartig, ihnen entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 4. Auflage 2014, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2015, § 55 Rn. 22 ff., 23).
93Nach diesen Kriterien kommen vorrangige Alternativleistungen für den Kläger nicht in Betracht; vielmehr waren gerade die in "N W" erbrachten Leistungen erforderlich.
94(1) Zu einer isolierten Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach § 35 SGB XII (in der hier maßgebenden, bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) hat der Senat bereits ausführlich dargelegt, dass die Vorschrift von vornherein keine gegenüber §§ 53 ff. SB XII eigenständige Hilfeart regelt (vgl. Urteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 61). Sie liefert vielmehr nur Bestimmungen zum Umfang von Leistungen nach dem Dritten bzw. Vierten Kapitel des SGB XII für den Sonderfall, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt - wie hier - etwa im Zusammenhang mit Leistungen der Eingliederungshilfe in einer Einrichtung erbracht wird.
95Eine abweichende Beurteilung ist auch angesichts des vom Beigeladenen zu 1 herangezogenen Urteils des Verwaltungsgerichts Aachen vom 26.03.2003 - 6 K 1310/99 nicht veranlasst. Diese - noch zum BSHG ergangene - Entscheidung ist mit der allein die Leistungsbemessung, aber nicht eine eigene Leistungsart regelnden Vorschrift zur Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem SGB XII nicht vereinbar. Ohnehin verkennt sie, dass Eingliederungshilfe auch als bloße zustandserhaltende Beheimatung erbracht werden kann (s.o.).
96(2) Leistungen zur stationären Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII waren im fraglichen Zeitraum nicht die für den Kläger angemessenen Leistungen. Denn er ist bis heute nicht pflegebedürftig nach den Bestimmungen des SGB XI und bedurfte damit nicht ausschließlich der stationären Pflege in einer Einrichtung (wie sie etwa in dem "N W" angegliederten Altenpflegeheim geleistet wird). Dass der Kläger punktuell - etwa im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen, etc. - Pflegeleistungen im Umfang der sog. "Pflegestufe 0" benötigt und in "N W" auch erhalten hat, gibt den dortigen Leistungen nicht insgesamt das Gepräge einer Pflegeleistung.
97(3) Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII kommen schon deshalb nicht als vorrangig in Betracht, weil sie ihrerseits gegenüber der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII subsidiär sind (vgl. hierzu Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 59 f. m.w.N.).
98(4) Schließlich sind - möglicherweise kostengünstigere - ambulante Hilfen zum betreuten Wohnen für den Kläger keine taugliche alternative Hilfeform. Die Beweisaufnahme hat vielmehr deutlich gemacht, dass eine Verselbständigung des Klägers in einer eigenen Wohnung im hier fraglichen Zeitraum mangels entsprechender Ressourcen des Klägers nicht in Betracht kam. Danach ist sogar evident, dass der Kläger mittlerweile einzig in "N W" einigermaßen geordnet leben kann. Es liegt bei seiner Persönlichkeitsstruktur mit jahrzehntelanger Alkoholsucht, beruflicher Unstetigkeit sowie langen Zeiten der Wohnungslosigkeit und ersichtlich fehlenden Ressourcen zu vollständiger Heilung auf der Hand, dass er im Falle einer Beendigung seiner Betreuung in "N W" der konkreten Gefahr von Verwahrlosung, Wohnungslosigkeit und einer massiven Verschlimmerung seines Alkoholismus, letztlich also unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt wäre.
992. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit für den Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe läge bei Anwendung der Vorschriften des SGB XII zwar beim Beigeladenen zu 1 (dazu a). Diese Vorschriften werden jedoch im Außenverhältnis zum Kläger durch die Regelung des § 14 SGB IX überlagert; danach ist die Beklagte (weiterhin) der gegenüber dem Kläger zuständige Leistungsträger (dazu b).
100a) Die sachliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 bei Anwendbarkeit der Regelungen des Sozialhilferechts ergäbe sich aus § 97 Abs. 1 und Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1b AV-SGB XII NRW. Denn der Kläger hat seit der Vollendung seines 64. Lebensjahres (also seit dem 13.07.1997) Eingliederungshilfe in einer stationären Einrichtung erhalten.
101Dass es sich schon bei den dem Kläger seit Juli 1997 erbrachten Leistungen um Eingliederungshilfe (damals §§ 39 ff. BSHG) handelte, folgt aus den bereits zu 1. gemachten Ausführungen. Der Senat ist nach den Berichten aus "N W" vom 11.11.1994 und 03.02.1995 sowie den Auskünften des Zeugen I und dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 20.03.2015 überzeugt, dass der Kläger schon damals an einer wesentlichen Behinderung im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 1 BSHG litt und ihm seitdem Leistungen zur zustandserhaltenden Beheimatung erbracht wurden.
102Bei "N W" handelt es sich auch um eine stationäre Einrichtung i.S.v. § 13 Abs. 2 SGB XII (§ 97 Abs. 4 BSHG). Stationäre Einrichtungen sind danach alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen im Bereich der Sozialhilfe zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Bei Einrichtungen handelt es sich um einen in einer besonderen Organisationsform zusammengefassten Bedarf von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft. Sie müssen auf eine gewisse Dauer angelegt sowie auf einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten sein und Leistungen der Sozialhilfe erbringen. Weiteres wesentliches Merkmal einer Einrichtung im Sinne des Sozialhilferechts ist die räumliche Bindung an ein Gebäude. In stationären Einrichtungen übernimmt der Einrichtungsträger - anders als in teilstationären Einrichtungen - von der Aufnahme der leistungsberechtigten Person bis zu ihrer Entlassung nach Maßgabe eines angewandten Gesamtkonzepts die Verantwortung für die tägliche Lebensführung der leistungsberechtigten Person (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 13.02.2014 - B 8 SO 11/12 R Rn. 19 m.w.N.).
103Diese Voraussetzungen sind in "N W" erfüllt. Insbesondere bei der Beweisaufnahme vom 08.01.2014 ist deutlich geworden, dass dort die gesamte Lebensführung (Unterkunft, Ernährung, pflegerische Unterstützung und sonstige Betreuung) des Klägers gesichert und geordnet wurde und wird. Bereits in seiner Entscheidung vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 (Rn. 52) hat der Senat (bei ähnlichem Betreuungssetting des dortigen Klägers) ausführlich dargelegt, dass es sich bei "N W" um eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 13 Abs. 2 SGB XII handelt. Zwischen den Beteiligten ist dies auch wohl nicht mehr umstritten. Soweit zu Beginn der dortigen Unterbringung des Klägers im Hinblick auf die Kostentragung durch die Beklagte darüber gestritten wurde, ob sich der Kläger in einer stationären Einrichtung aufhielt, ist dies durch die zwischenzeitliche Präzisierung des Einrichtungsbegriffs in § 13 Abs. 2 SGB XII und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts überholt.
104Die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 bei Anwendung des Sozialhilferechts ergäbe sich aus § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII. Danach ist für stationäre Leistungen der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatten.
105Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII entspricht im Wesentlichen demjenigen in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I (statt aller Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 98 Rn. 51 m.w.N.). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgeblich ist, wo sich der Betroffene "bis auf Weiteres" im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibens aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (st. Rspr. des BVerwG, z.B. Urteil vom 13.12.2012 - 5 C 25/11 Rn. 23 m.w.N.; BSG, Urteil vom 13.02.2014 - B 8 SO 11/12 R Rn. 18). Ausgehend von diesen Kriterien ist der gewöhnliche Aufenthalt im Rahmen einer vorausschauenden Betrachtung (Prognoseentscheidung) unter Berücksichtigung aller für die Beurteilung der künftigen Entwicklung im Zeitpunkt des Eintreffens am maßgeblichen Ort erkennbaren Umstände zu ermitteln (BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 8 SO 19/13 R Rn. 15; BVerwG a.a.O.). Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts i.S.v. 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist sowohl ein objektives Element (Aufenthalt von gewisser Dauer) als auch ein voluntatives Element (Wille, einen bestimmten Ort zukunftsoffen zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen) erforderlich (vgl. insb. Böttinger in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 106 Rn. 43 bis 45; Hohm a.a.O. Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015, § 98 Rn. 23 ff.; Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 33. Erg.-Lfg. VIII/13, K § 98 Rn. 51).
106Der Kläger lebte vor seiner Aufnahme in "N W" etwa sieben Jahre, also für einen nicht unerheblichen Zeitraum, in F und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten in Mietwohnungen; dementsprechend war er auch bei der Beklagten gemeldet. Insofern war nach einer längeren Zeit der Nichtsesshaftigkeit zumindest hinsichtlich des Wohnsitzes eine gewisse Stabilisierung erkennbar. Der Wille, dort zukunftsoffen zu verweilen, ist durch seine einwohnerrechtliche Meldung dokumentiert. Dies und der Umstand, dass der Kläger In F geboren und aufgewachsen ist, rechtfertigen den Schluss, dass er vor der Aufnahme in "N W" auch subjektiv bis auf Weiteres im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten verbleiben wollte.
107Da das Stadtgebiet der Beklagten zum Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu 1 gehört (vgl. § 1 Abs. 1b der Hauptsatzung des Beigeladenen zu 1 vom 07.09.2005), ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 als überörtlicher Sozialhilfeträger.
108b) Jedoch sind für die Leistungszuständigkeit im Außenverhältnis zum Kläger nicht die Regelungen des SGB XII einschlägig. Die Zuständigkeit richtet sich vielmehr nach § 14 SGB IX. Diese Norm kann die materiell-rechtlichen Zuständigkeitsvorschriften überlagern (vgl. dazu Luik in jurisPK-SGB IX, 2. Auflage 2015, § 14 Rn. 43, 54); im vorliegenden Fall weist sie die Zuständigkeit für die Leistungserbringung an den Kläger (weiterhin) der Beklagten zu. Das Urteil des Sozialgerichts war dementsprechend zu ändern.
109§ 14 SGB IX ist grundsätzlich anwendbar. Denn es geht inhaltlich um eine Rehabilitationsleistung, und die Beklagte ist ein für solche Leistungen zuständiger Träger (vgl. §§ 6 Abs. 1 Nr. 7, 5 Nr. 4SGB IX). Zum hier fraglichen Zeitpunkt (Sommer 2005) war die Vorschrift bereits in Kraft; der Einwand der Beklagten, sie komme in zeitlicher Hinsicht nicht zur Anwendung, geht deshalb fehl. Dass die (entsprechend den nachfolgenden Ausführungen) maßgebliche Kenntnis der Beklagten vom Bedarf des Klägers (§ 14 Abs. 3 S. 2 SGB IX) bereits vor Inkrafttreten des § 14 SGB IX (am 01.07.2001) bestand, ist unbeachtlich, da die Kenntnis auch ab Geltung der Vorschrift weiter fortbestand, ohne dass zuvor im bedarfsauslösenden Sachverhalt eine Veränderung eingetreten gewesen wäre.
110Nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX wird unabhängig von den materiell-rechtlichen Zuständigkeitsregelungen derjenige Rehabilitationsträger für die Erbringung einer Rehabilitationsleistung zuständig, der einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 14 Abs. 1 SGB IX weiterleitet. Dabei handelt es sich um eine im Außenverhältnis gegenüber dem Leistungsberechtigten endgültige Zuständigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R Rn. 12; a.A. BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R).
111Dass die streitgegenständliche Leistungsablehnung aus einer laufenden Leistungsbeziehung heraus erfolgte, ohne dass sich der Kläger zuvor (noch einmal) ausdrücklich an die Beklagte gewandt hat, dass also gar kein weiterleitungsfähiger Leistungsantrag vorlag, steht - entgegen der Ansicht der Beklagten - der Anwendung von § 14 SGB IX nicht entgegen. Denn nach § 14 Abs. 3 SGB IX können die Rechtsfolgen der Abs. 1 und 2 der Regelung auch dann eintreten, wenn (ohne vorherigen Antrag) von Amts wegen über einen Anspruch auf Rehabilitationsleistungen entschieden wurde (vgl. Luik, a.a.O. Rn. 117). Dies entspricht ebenso dem Sinn und Zweck von § 14 SGB IX; dieser besteht nicht nur darin, Zuständigkeitszweifel zu beseitigen und dadurch eine möglichst zügige Leistungsgewährung zu gewährleisten, sondern auch darin, Rechtssicherheit schaffen, indem eine im Außenverhältnis einmal begründete Zuständigkeit erhalten bleibt (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.).
112Da bislang noch keine Zahlungen für die Betreuung des Kläger in "N W" während des streitigen Zeitraums erbracht wurden, erschiene es zwar denkbar (und möglicherweise prozessökonomisch und sachgerecht), entsprechend den materiell-rechtlichen Zuständigkeitsregelungen des SGB XII anstelle der Beklagten den Beigeladenen 1 zu verpflichten (so noch bei identischer Konstellation das Senatsurteil vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06). Dies widerspräche jedoch dem Charakter des § 14 SGB IX als einer abschließenden Zuständigkeitsbestimmung im Außenverhältnis zum Hilfeberechtigten. Die Beklagte ist daher darauf verwiesen, zur Herstellung des nach der materiell-rechtlichen Zuständigkeitsverteilung vorgesehenen wirtschaftlichen Ergebnisses ggf. nachträglich über § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen zu 1 geltend zu machen (über dessen Erfolgsaussichten etwa mit Blick auf die Frage einer rechtzeitigen Geltendmachung der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden hat).
113Der anderslautenden Entscheidung des Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 lag noch die Vorstellung zu Grunde, dass § 14 SGB IX lediglich eine alternative, nicht aber eine verdrängende Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers begründe (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2010 - L 20 SO 38/09 ZVW Rn. 93 m.w.N.). Hiervon hat sich der Senat jedoch (im Anschluss an BSG, Urteil vom 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R) gelöst (vgl. Urteil des Senats a.a.O. Rn. 94). Begründet aber § 14 SGB IX gegenüber dem Leistungsberechigten eine abschließende Zuständigkeit, kann dies durch (in manchen prozessualen Situationen nach langer Verfahrensdauer und klarer Zuständigkeit nach dem SGB XII deutlich greifbare) Gesichtspunkte sachgerechter Prozessökonomie (die der als obiter dictum geäußerten a.A. des BSG im Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R zugrundeliegen mögen) nicht umgangen werden.
1143. Ist aber die Beklagte der gegenüber dem Kläger allein zuständige Leistungsträger, so besteht in den beiden streitgegenständlichen Monaten auch eine zivilrechtliche Schuld des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 (dazu a) in zumindest der mit der Klage geltend gemachten Höhe (dazu b), für welche die Beklagte durch Schuldbeitritt Sozialhilfe zu leisten hat.
115a) Nach den Grundsätzen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (vgl. dazu z.B. Eicher/Jaritz in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 30 ff.; Eicher SGb 2013, 127 ff.; Senatsurteil vom 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 Rn. 54; auch der Bundesgerichtshof legt diese Grundsätze seiner neueren Rechtsprechung zu Grunde, vgl. Urteil vom 07.05.2015 - III ZR 304/14) erfolgt die Leistungserbringung auch im Bereich des Sechsten Kapitels des SGB XII auf der Grundlage eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes mit Drittwirkung, mit dem der Sozialhilfeträger der privatrechtlichen Schuld des Leistungsberechtigten (also hier des Klägers) gegenüber dem Leistungserbringer (hier also dem Beigeladenen zu 2) im sog. Erfüllungsverhältnis beitritt (vgl. Jaritz/Eicher a.a.O. Rn. 42 ff. mit ausführlichen Nachweisen u.a. der Rechtsprechung des BSG). Ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer solchen Schuld nicht denkbar (vgl. etwa Senatsurteil a.a.O. m.w.N.; ferner BSG, Urteile vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R Rn. 25, vom 02.02.2010 - B 8 SO 20/08 R Rn. 12 und vom 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R Rn. 15).
116aa) Allerdings dürfte ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2 zu keiner Zeit begründet worden sein.
117Der Senat geht (wie bereits ausgeführt) im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Dr. M davon aus, dass der Kläger (mindestens seit 2005) prozess- und damit auch geschäftsunfähig i.S.v. § 104 Nr. 2 BGB ist. Der zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 2 am 03.09.2013 mit Rückwirkung ab dem 01.04.1992 in schriftlicher Form geschlossene Heimvertrag ist damit nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB).
118Aber auch eine (denkbare) vertragliche Verpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 schon bei Heimaufnahme oder auch zu einem anderen, früheren Zeitpunkt in Form eines konkludent geschlossenen Vertrags über die Kostentragung für die (in "N W" ja tatsächlich in Anspruch genommenen) Betreuungsleistungen hält der Senat für ausgeschlossen. Denn seit der dortigen Aufnahme des Klägers ist sein mentaler bzw. psychischer Zustand und insbesondere das Bild seiner Suchterkrankung mit den damit einhergehenden Verhaltensstörungen erkennbar im Wesentlichen unverändert geblieben. Deshalb geht der Senat davon aus, dass eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers bereits bei Aufnahme in "N W" (April 1992) bestand; mithin konnte er gegenüber dem Beigeladenen zu 2 auch durch schlüssiges Verhalten keine wirksamen Willenserklärungen zum Abschluss eines Vertrages äußern (wollte man jedoch abweichend davon ausgehen, dass der Kläger bei Aufnahme in "N W" noch nicht geschäftsunfähig gewesen ist, läge allerdings ein durch schlüssiges Verhalten zustande gekommener Heimvertrag zwischen Kläger und Beigeladenem zu 2 durchaus nahe. Denn der Kläger konnte nicht annehmen, dass ihm die Leistungen in "N W" unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Dass er sich im Umfang seiner Leistungsfähigkeit an der Tilgung der Heimkosten im Rahmen einer eigenen Schuldverpflichtung beteiligen und der Beigeladene zu 2 ihm die erbrachten Leistungen nicht unentgeltlich zur Verfügung stellen wollte, ist im Übrigen dadurch dokumentiert, dass der Beigeladene zu 2 die Renten- und teilweise auch die Wohngeldzahlungen an den Kläger vereinnahmt hat, ohne dass dieser dem widersprochen hätte. Am Ergebnis einer bestehenden zivilrechtlichen Verpflichtung des Klägers, welcher die Beklagte beizutreten hat - siehe dazu sogleich -, änderte eine solche Sichtweise nichts).
119bb) Die zivilrechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2, welcher die Beklagte beitreten muss, folgt jedoch aus Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; §§ 683, 677 BGB).
120(1) Zwar sind die Regelungen zur GoA nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R Rn. 20 m.w.N., unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 23.09.1999 - III ZR 322/98 Rn. 7 ff.) nach der Risikozuordnung der §§ 75 ff. SGB XII im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (grundsätzlich) nicht anwendbar.
121Dieser Anwendungsausschluss stellt allerdings nur sicher, dass das Rechtsinstitut der GoA nicht dafür genutzt werden kann, in Umgehung der Regelungen des Heimvertrages i.V.m. den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII eine weitere bzw. höhere Heimvergütung gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend zu machen (vgl. dazu BSG a.a.O.). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine wirksame zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Leistungserbringer und Hilfeempfänger gerade fehlt, greift dieser Grund für den Anwendungsausschluss der GoA indes nicht. Dementsprechend sieht der Bundesgerichtshof (a.a.O. Rn. 10; auf diese Entscheidung hat sich das BSG selbst bezogen) in Fällen unerkannt nichtiger Verträge die Grundsätze der GoA regelmäßig als anwendbar an. Auch der Senat geht davon aus, dass in Fällen wie dem vorliegenden deren Anwendbarkeit gerade nicht ausgeschlossen ist.
122Die tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 677, 683 BGB (Geschäftsbesorgung, für einen anderen, ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung; vgl. zum Ganzen Sprau in Palandt, BGB, 73 Auflage 2014, § 677 Rn. 1 ff.) sind erfüllt. Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist weit zu ziehen; er kann sowohl tatsächliche als auch rechtliche Handlungen umfassen. Am Merkmal "für einen anderen" fehlt es nicht schon deshalb, weil der Beigeladene zu 2 mit der Aufnahme des Klägers in "N W" nicht nur dessen, sondern auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt hat (sog. "Auch-fremdes-Geschäft"; vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 6 für ein Altenheim, das einen pflegebedürftigen Rentner aufnimmt, dem ein Anspruch auf Pflegekosten gegen den Sozialhilfeträger zusteht). Wegen der Geschäftsunfähigkeit des Klägers ist der Beigeladene zu 2 auch objektiv ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung tätig geworden; dabei wäre es nicht von Bedeutung, wenn er sich irrtümlich für vertraglich verpflichtet gehalten haben sollte, den Kläger in "N W" zu versorgen (vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 11 m.w.N.).
123Der Geschäftsführer ohne Auftrag (hier: der Beigeladene zu 2) kann (hier: vom Kläger) wie ein Beauftragter Aufwendungsersatz verlangen (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Danach steht ihm der Ersatz der Aufwendungen zu, die er nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Umfasst werden Aufwendungen, die zu dem Zeitpunkt, in dem der Beauftragte seine Disposition getroffen hat, nach dem verständigen Ermessen des Beauftragten zur Verfolgung des Auftragszweckes geeignet waren, notwendig erschienen und in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Geschäftsführung für den Auftraggeber standen (Sprau, a.a.O. § 670 Rn. 4 m.w.N.). Die zivilrechtliche Forderung des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger kann sich deshalb an den Beträgen orientieren, die sich aus dem materiellen Sozialhilferecht einschließlich der Vereinbarungen auf der Grundlage der §§ 75 ff. SGB XII ergeben (vgl. hierzu mittelbar etwa OLG Köln, Urteil vom 20.01.1994 - 7 U 127/93; zur Höhe des Anspruchs im Einzelnen s.u. b).
124(2) Eine vom Kläger (ggf. als Selbsthilfemöglichkeit zur Vermeidung von Sozialhilfebedürftigkeit; § 2 SGB XII) zu erhebende Verjährungseinrede (vgl. § 194 Abs. 1 BGB), die sich bei Ansprüchen aus GoA nach der zivilrechtlichen Regelfrist des § 195 BGB richtet (vgl. Sprau, a.a.O. Rn. 15; ferner Jaritz/Eicher, a.a.O. Rn. 46.3 f. m.w.N.), steht dem Aufwendungsersatzanspruch des Beigeladenen gegen den Kläger von vornherein nicht entgegen.
125Offen bleiben kann dabei, ob aus systematischen Gründen eine Verjährungseinrede durch den Kläger selbst nicht schon deshalb unerheblich wäre, weil sie den Bestand der schuldrechtlichen Forderung des Beigeladenen zu 2 gar nicht berühren würde (und deshalb eine beitrittsfähige Schuld unabhängig von der Verjährung fortbestehen würde, welche die Beklagte - erst - nach Schuldbeitritt allerdings wiederum selbst einwenden könnte).
126Erwägungen zur Verjährung des Anspruches sind allerdings keineswegs schon deshalb überflüssig, weil der Kläger erklärt hat, die Verjährungseinrede auf keinen Fall erheben zu wollen. Denn im Falle eines Schuldbeitritts kann die Beklagte als Gesamtschuldner (vgl. dazu A. Röthel in Erman, BGB, 14. Auflage 2014, Vorbemerkungen vor § 414 Rn. 25) selbständig sämtliche Einreden geltend machen, die vor ihrem Beitritt gegen die Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 entstanden sind (§ 417 Abs. 1 BGB analog; A. Röthel, a.a.O. Rn. 26). Steht im vorliegenden Verfahren zugleich der zivilrechtliche Anspruch des Beigeladenen zu 2 gegen den Kläger als solcher nicht (auch nicht nur mittelbar) im Streit, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Verjährung etwa durch die Klageerhebung und/oder die Beiladung des Beigeladenen zu 2 gehemmt bzw. unterbrochen worden sein könnte (vgl. §§ 203 ff. BGB).
127In Fällen der vorliegenden Art wäre es jedoch sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte wegen unzulässiger Rechtsausübung treuwidrig (§ 242 BGB), sich auf Verjährung zu berufen. Im vorliegenden Fall könnte es deshalb dem Kläger - unabhängig davon, dass er erklärtermaßen eine Verjährungseinrede ohnehin nicht beabsichtigt - nicht etwa angesonnen werden, als Maßnahme der zumutbaren Selbsthilfe (§ 2 SGB XII) gegenüber dem Beigeladenen zu 2 die Verjährungseinrede zu erheben.
128Die Treuwidrigkeit ergibt sich nach Ansicht des Senats als Folge der rechtlichen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Kläger, Beigeladenem zu 2 und Beklagter als sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Innerhalb dieses Verhältnisses bedient sich die Beklagte als zuständiger Leistungsträger des Beigeladenen zu 2 als Erbringer der materiellen Hilfeleistung, um ihre ihr gegenüber dem Kläger als Leistungsberechtigtem obliegende Aufgabe (hier: Eingliederungshilfe) zu erfüllen. Verlangt in einem solchen Fall der Leistungsberechtigte rechtzeitig Sozialhilfe und kann er seine zivilrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer nur deshalb nicht erfüllen, weil der Leistungsträger (wie hier) die Hilfeleistung rechtswidrig verweigert, verbietet es die Rechtzeitigkeit der Klage auf Schuldbeitritt dem Sozialhilfeträger, sich selbst auf Verjährung zu berufen bzw. dies von dem Leistungsberechtigten als zumutbare Selbsthilfe zu verlangen. Denn der Leistungsberechtigte wäre seiner zivilrechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungserbringer ja nachgekommen, wenn der Leistungsträger rechtmäßig gehandelt hätte, d.h. der Schuldverpflichtung des Leistungsberechtigten im Erfüllungsverhältnis rechtzeitig beigetreten wäre. Die rechtskonstruktive Erfassung der Beziehungen zwischen Leistungserbringer, Leistungsberechtigtem und Leistungsträger als Dreiecksverhältnis darf den Leistungsträger bei rechtswidriger Verweigerung des Schuldbeitritts nicht dadurch entlasten, dass er dem Leistungsberechtigten die Erhebung der Verjährungseinrede abverlangt. Zwar hätte der Leistungsträger (hier: der Beigeladene zu 2) die rechtliche Möglichkeit gehabt, seine Forderung gegen den Leistungsempfänger (der Kläger) titulieren zu lassen. Es erscheint angesichts der rechtswidrigen Verweigerung des Schuldbeitritts jedoch treuwidrig, würde sich der Leistungsträger (der Beklagte) nur deshalb seiner an sich bestehenden Leistungspflicht endgültig entziehen können.
129b) Für die Monate November 2005 und Januar 2006 besteht ein Anspruch des Beigeladenen zu 2 auf Aufwendungsersatz gegenüber dem Kläger, welcher zumindest die mit der Klage geltend gemachte Höhe (902,95 EUR für November 2005 bzw. 934,95 EUR für Januar 2006) erreicht. In dieser Höhe ist die Beklagte dem Kläger deshalb - in Form eines entsprechenden Schuldbeitritts - zur Sozialhilfeleistung verpflichtet.
130Der Beigeladene zu 2 hat in seine Berechnung zunächst die pauschalierten Pflegekosten entsprechend seinen Vereinbarungen mit dem LWL bzw. dem Kreis C nach §§ 75 ff. SGB XII eingestellt; dies ist nicht zu beanstanden (s.o.). Hinzu kamen noch gesetzlich vorgesehene (Zusatz-)Barbeträge nach § 35 Abs. 2 S. 2 SGB XII (i.d.F. bis 31.12.2010) i.V.m. § 133a SGB XII. Berücksichtigungsfähig ist auch die (nur für November 2006 in Ansatz gebrachte) Bekleidungspauschale; denn diese beruht auf entsprechenden Vorgaben des LWL für die Abrechnung von Aufwendungen für Personen, die in "N W" untergebracht waren.
131Seine sich daraus ergebenden Ansprüche gegen den Kläger hat der Beigeladene zu 2 zutreffend ermittelt. Nach der Vergütungsvereinbarung zwischen ihm und dem LWL bzw. dem Kreis C war für die Betreuung des Klägers ein Tagessatz von 47,30 EUR zu berücksichtigen. Der Barbetrag gemäß § 35 Abs. 2 S. 2 belief sich auf 26% des Eckregelsatzes, der wiederum im fraglichen Zeitraum 345 EUR betrug; das ergibt einen Betrag von 89,70 EUR. Den Zusatzbarbetrag nach § 133a SGB XII hat der Beigeladene mit 4,95 EUR, d.h. mit 5% des Renteneinkommens i.H.v. 98,97 EUR, zutreffend bemessen, weil dieser Betrag 15% des Eckregelsatzes nicht übersteigt (vgl. § 21 Abs. 3 S. 4 BSHG).
132Danach ergibt sich für die Monate November 2005 bzw. Januar 2006 eine Vergütungsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 2 von 1.528,95 EUR (= 30 Tage x 47,30 EUR + 89,70 EUR + 4,95 EUR + 15,30 EUR) bzw. von 1.560,95 EUR (31 Tage x 47,30 EUR + 89,70 + 4,95 EUR).
133Der Kläger macht diese Beträge abzüglich der vom Beigeladenen zu 2 in den beiden Monaten bereits vereinnahmten Rentenzahlungen sowie der von der Beklagten gezahlten Grundsicherungsleistungen (insgesamt 626 EUR monatlich) geltend, so dass sich die streitgegenständlichen Beträge von 902,95 EUR für November 2005 (1.528,95 EUR abzgl. 626 EUR) bzw. 934,95 EUR für Januar 2006 (1.560,95 EUR abzgl. 626 EUR) ergeben. Zwar ist der Abzug dieser Einkünfte (jedenfalls hinsichtlich des Renteneinkommens) nicht zwingend. Denn es geht um stationäre Eingliederungshilfe, die nicht nach dem sog. Netto-, sondern nach dem sog. Bruttoprinzip erbracht wird (vgl. hierzu etwa BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 17/12 R). Deshalb hätte die Beklagte eigentlich die Leistungen zunächst ohne Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu erbringen gehabt; es hätte ihr oblegen, ggf. nachgelagert eine rechtlich getrennte Heranziehungsverfügung gegen den Kläger zu erlassen (vgl. BSG a.a.O.). Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil der Kläger bei Abzug seiner vom Beigeladenen zu 2 bereits vereinnahmten Einkünfte jedenfalls nicht zu viel von der Beklagten fordert.
134C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für den Beigeladenen zu 2 findet nicht statt, weil er keinen Antrag gestellt hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 18.04.2011 - L 20 SO 78/10 Rn. 62, sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 3b). Für den Beigeladenen zu 1 ergibt sich diese Folge aus § 193 Abs. 4 i.V.m. § 184 Abs. 1 S. 1 SGG.
135D) Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist.
(2) Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe wird nach Landesrecht bestimmt. Dabei soll berücksichtigt werden, dass so weit wie möglich für Leistungen im Sinne von § 8 Nr. 1 bis 6 jeweils eine einheitliche sachliche Zuständigkeit gegeben ist.
(3) Soweit Landesrecht keine Bestimmung nach Absatz 2 Satz 1 enthält, ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für
- 1.
(weggefallen) - 2.
Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66, - 3.
Leistungen der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69, - 4.
Leistungen der Blindenhilfe nach § 72
(4) Die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung umfasst auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind, sowie für eine Leistung nach § 74.
(5) (weggefallen)
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Für die Sozialhilfe örtlich zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung außerhalb seines Bereichs erbracht wird.
(1a) Abweichend von Absatz 1 ist im Falle der Auszahlung der Leistungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und bei Anwendung von § 34a Absatz 7 der nach § 34c zuständige Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die Schule liegt. Die Zuständigkeit nach Satz 1 umfasst auch Leistungen an Schülerinnen und Schüler, für die im Übrigen ein anderer Träger der Sozialhilfe nach Absatz 1 örtlich zuständig ist oder wäre.
(2) Für die stationäre Leistung ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend. Steht innerhalb von vier Wochen nicht fest, ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt nach Satz 1 oder 2 begründet worden ist oder ist ein gewöhnlicher Aufenthaltsort nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt ein Eilfall vor, hat der nach Absatz 1 zuständige Träger der Sozialhilfe über die Leistung unverzüglich zu entscheiden und sie vorläufig zu erbringen. Wird ein Kind in einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter.
(3) In den Fällen des § 74 ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete, in den anderen Fällen der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich der Sterbeort liegt.
(4) Für Hilfen an Personen, die sich in Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung aufhalten oder aufgehalten haben, gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 106 und 109 entsprechend.
(5) Für die Leistungen nach diesem Buch an Personen, die Leistungen nach dem Siebten und Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre. Vor Inkrafttreten dieses Buches begründete Zuständigkeiten bleiben hiervon unberührt.
(6) Soweit Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des Neunten Buches zu erbringen sind, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für gleichzeitig zu erbringende Leistungen nach diesem Buch nach § 98 des Neunten Buches, soweit das Landesrecht keine abweichende Regelung trifft.
(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.
(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.
(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.
(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.
(1) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sozial erfahrene Dritte zu hören, insbesondere aus Vereinigungen, die Bedürftige betreuen, oder aus Vereinigungen von Sozialleistungsempfängern.
(2) Soweit Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt, sind vor dem Erlass des Verwaltungsaktes über einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Sozialhilfe oder gegen die Festsetzung ihrer Art und Höhe Dritte, wie sie in Absatz 1 bezeichnet sind, beratend zu beteiligen.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass lediglich der Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 aufgehoben wird.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 440,65 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 440,65 Euro für die ambulante Pflege der im August 2011 verstorbenen Hilfeempfängerin E. S. (S).
- 2
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Die Klägerin, Betreiberin einer nach § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung, erbrachte der am 11.8.2011 verstorbenen Hilfeempfängerin, die keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhielt, im Juli 2011 häusliche Pflege; Grundlage war die zwischen diesen abgeschlossene Vereinbarung über die Erbringung von Pflegeleistungen vom 20.7.2011. Gegenüber S hatte die Beklagte die Übernahme angemessener Kosten für die Inanspruchnahme besonderer Pflegekräfte nach § 65 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) "ab sofort bis 31.7.2011" erklärt (bestandskräftiger Bescheid vom 15.7.2011). Dem Bescheid war in Anlage ein Schreiben der Beklagten an die Klägerin beigefügt, in dem diese eine "Kostenzusage für ambulante Pflegeleistungen" erteilte (Schreiben vom 15.7.2011). Gegen die Forderung der Klägerin vom 17.8.2011, für erbrachte Leistungen in der Zeit vom 1. bis 31.7.2011 440,65 Euro zu zahlen (575,65 Euro abzüglich eines "Eigenanteils" von 135 Euro), wandte die Beklagte ein, S sei bereits am 11.8.2011 verstorben. Da mit dem Tod deren Hilfeanspruch geendet habe, sei die Rechnung nicht mehr zu begleichen. Die Klägerin sei darauf zu verweisen, ihre Forderung gegenüber den Erben geltend zu machen (Schreiben vom 19.8.2011). Nachdem sich die Klägerin hiergegen mit einer erneuten Zahlungsaufforderung (vom 2.9.2011) gewandt hatte, erließ die Beklagte (unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter) einen Widerspruchsbescheid (vom 26.10.2011), mit dem sie "den Widerspruch" zurückwies und zusätzlich darauf verwies, dass sich auch kein Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII ergebe.
- 3
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Die auf Zahlung von 440,65 Euro gerichtete Klage, gestützt auf die im Bewilligungsbescheid enthaltene Zusage, hatte in beiden Instanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 21.8.2012; Urteil des Landessozialgerichts . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung wegen des Schuldbeitritts der Beklagten im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses, das auch für Leistungsbeziehungen mit ambulanten Pflegediensten Geltung beanspruche. Dass die Hilfeempfängerin vor der Rechnungserstellung gestorben sei, lasse den Anspruch unberührt.Nordrhein-Westfalen vom 23.9.2013)
- 4
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Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision und rügt eine Verletzung des § 19 Abs 6 SGB XII (Sonderrechtsnachfolge nach dem Tod des Sozialhilfeberechtigten nur für Einrichtungen). Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass diese Vorschrift, die von einem grundsätzlichen Untergang des Sozialhilfeanspruchs ausgehe, davon aber für Einrichtungen eine Ausnahme mache, nicht für ambulante Dienste gelte. Mithin sei mit dem Tod der Berechtigten der Anspruch der Klägerin erloschen. § 19 Abs 6 SGB XII stelle eine iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII abweichende Regelung dar.
- 6
-
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 7
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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
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Die vom LSG beigeladenen Rechtsnachfolger der S haben weder einen Antrag gestellt noch sich zur Sache geäußert.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 440,65 Euro gegen die Beklagte aus Schuldbeitritt zu, der auch nicht mit dem Tod der S untergegangen ist. Allerdings war entgegen der Entscheidung des SG und des LSG nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben, ohne dass dadurch die Klägerin teilweise unterliegen würde.
- 10
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Gegenstand des Verfahrens ist der Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011, mit dem die Beklagte aus der schlichten Erklärung (vom 19.8.2011) einen Verwaltungsakt gemacht hat (s zu dieser Konstellation nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 85 RdNr 7a mwN zur Rspr). Dagegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 iVm § 56 SGG) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 SGG), auch wenn es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine solche handelt, die ihre Grundlage im Zivilrecht findet (vgl: BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 3; Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R). Dies hat der Senat jedoch im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu prüfen (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz), sodass auch nicht mehr darüber zu befinden ist, ob das SG den (zivilrechtlichen) Streit um die Kostenerstattung vom Anfechtungsbegehren hätte abtrennen können. Für die Anfechtung des Widerspruchsbescheids kann, unabhängig von seinem Inhalt, nur der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sein. Mit der Aufhebung dieses Widerspruchsbescheids entfällt dessen umgestaltende Wirkung.
- 11
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Von Amts wegen zu berücksichtigende sonstige Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Ob, wie geschehen, die Erben der S noch nach der Verkündung, aber vor Zustellung des Urteils des LSG beigeladen werden konnten (zweifelnd wegen der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs <§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz> BSGE 108, 206 ff RdNr 17 mwN = SozR 4-2500 § 33 Nr 34), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls aber wären die Erben als Gesamtschuldner nicht notwendig (§ 75 Abs 2 SGG), sondern allenfalls einfach beizuladen gewesen; denn die Entscheidung hat jedem Gesamtschuldner gegenüber schon deshalb nicht einheitlich zu ergehen, weil von jedem die Begleichung der gesamten Schuld verlangt werden kann (§ 426 Bürgerliches Gesetzbuch
) . Für die Beigeladenen entstehen durch die Beiladung ohnedies keine nachteiligen Folgen, weil der Klägerin der gegen die Beklagte geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht (dazu gleich).
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Die Anfechtungsklage war jedoch nur erfolgreich, soweit sie den Widerspruchsbescheid betrifft. Zum Erlass dieses Bescheids war die Widerspruchsstelle wegen des Fehlens eines Ausgangsbescheids funktional und sachlich unzuständig (vgl BSG, Urteil vom 30.3.2004 - B 4 RA 48/01 R). Mit dem Schreiben vom 19.8.2011 hat die Beklagte nämlich zu Recht keinen Verwaltungsakt (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
) erlassen. Denn in dem durch den Schuldbeitritt begründeten Gleichordnungsverhältnis zur Klägerin fehlte es ihr an der Befugnis dazu. Für den Erlass eines Verwaltungsakts bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die sich entweder ausdrücklich aus dem Gesetz oder der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des Rechtsverhältnisses der Beteiligten ergeben kann (vgl nur BSG SozR 3-3100 § 62 Nr 4 mwN). Doch existiert hier weder eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Handeln durch Verwaltungsakt - was ohnehin in einem an sich zivilrechtlichen Verhältnis (dazu gleich) kaum vorstellbar wäre -, noch ergibt sich die Befugnis zum hoheitlichen Handeln aus der (zivilrechtlichen) Rechtsbeziehung beider. Das Schreiben der Beklagten vom 19.8.2011, mit dem sie abgelehnt hat, den von der Klägerin geltend gemachten zivilrechtlichen Anspruch auf Kostenerstattung zu erfüllen, ist deshalb zu Recht nicht als Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ergangen. Gegen diese Ablehnung hat sich die Klägerin folgerichtig auch nicht mit einem Widerspruch gewandt, sondern lediglich in der Sache ausgeführt, warum sie mit der Ablehnung durch die Beklagte nicht einverstanden ist und weiter eine Zahlung verlangt. An der funktionalen und sachlichen Unzuständigkeit der Widerspruchsstelle ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid erstmals neben dem zivilrechtlichen einen Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs 6 SGB XII abgelehnt hat. Der Tenor der SG-Entscheidung war deshalb abzuändern.
- 13
-
Die Beklagte hat es in der Sache zudem zu Unrecht abgelehnt, die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu zahlen, denn dieser Anspruch steht der Klägerin zu. Die Beklagte ist der, nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in dieser Höhe sachlich und rechnerisch zutreffend bezeichneten Schuld der S aus der Pflegevereinbarung (§§ 241, 421 BGB) mit der Klägerin beigetreten. Nach § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII richten sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen nach den Vorschriften des 8. Kapitels des SGB XI, wenn die Vereinbarungen - wie hier - im Einvernehmen mit dem Träger der Sozialhilfe getroffen worden sind (Versorgungsvertrag im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe über ambulante Pflegeleistungen nach § 72 SGB XI zwischen der Klägerin und den Landesverbänden der Pflegekassen und den Ersatzkassen vom 28.2.2005; Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen in Nordrhein-Westfalen
zwischen der Klägerin und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in NRW und der Ersatzkassen sowie dem örtlichen Träger der Sozialhilfe vom 28.12.2009; Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 SGB XI ua zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, deren Mitglied das Diakonische Werk als Träger der Klägerin ist, und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW vom 12.10.1995). Auch wenn unklar ist, ob S in der sozialen Pflegeversicherung versichert war, also § 75 Abs 5 Satz 1 und 2 SGB XII unmittelbar zur Anwendung kommen, steht dies einer Entscheidung des Senats nicht entgegen; denn in der Pflegevereinbarung zwischen der Klägerin und S ist auf die insoweit maßgeblichen Verträge Bezug genommen worden, sodass diese jedenfalls kraft Vereinbarung Anwendung fänden, wäre S nicht pflegeversichert gewesen. Mangels entsprechender Anhaltspunkte ist nicht davon auszugehen, dass in der Erklärung vom 15.7.2011 abweichend vom Regelfall ein (öffentlich-rechtliches) Schuldanerkenntnis liegt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - mwN).
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Das Leistungserbringungsrecht in der Sozialhilfe ist nicht nur im Bereich stationärer Leistungen (vgl BSGE 102, 1 ff, RdNr 15 ff = SozR 4-1500 § 75 Nr 9), sondern gemäß § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII auch im Bereich der ambulanten Dienste(vgl Senatsurteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das als Sachleistungsprinzip in der Gestalt der Sachleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Das gesetzliche Regelungskonzept geht also auch für die ambulanten Dienste davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem Vertrag über die Erbringung von ambulanten Pflegeleistungen zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet. Der Sozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger vertraglich dem ambulanten Dienst schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden zivilrechtlichen Schuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch des Dienstes gegenüber dem Sozialhilfeträger geschaffen; der Anspruch des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger ist auf Zahlung an diesen Dritten gerichtet.
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S hatte mit der Klägerin am 20.7.2011 wirksam einen Vertrag über die Erbringung von Pflegeleistungen (Pflegevereinbarung) abgeschlossen, die auszulegen der Senat wegen ihres Charakters als Formularvertrag berechtigt war (vgl BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3 S 6 f; zu den Heimverträgen vgl die Senatsentscheidung vom 25.9.2014 - B 8 SO 8/13 R -, SozR 4-3500 § 53 Nr 4 RdNr 17). Danach hatte sich S vertraglich verpflichtet, für die im Einzelnen aufgeführten Leistungen je Wochentag an die Klägerin einen bestimmten Preis zu zahlen; zusätzlich waren die monatlichen Gesamtkosten abzüglich eines "Eigenanteils" aufgeführt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat die Klägerin die vereinbarten Leistungen im geltend gemachten Umfang auch erbracht. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht nicht entgegen, dass im Bereich der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XII die ambulanten Dienstleister einen unmittelbaren öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch in Höhe der gesetzlichen Pflegeleistungen gegen die Pflegekasse besitzen (vgl BSG SozR 4-3300 § 72 Nr 1). Auch lag in der Vereinbarung zwischen Klägerin und der Verstorbenen kein Verstoß gegen § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I), wonach privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften des SGB abweichen, nichtig sind. Denn zumindest wenn unklar ist, ob eine Pflegeversicherung oder entsprechende Leistungsansprüche bestehen, müssen Individualvereinbarungen zulässig und wirksam sein (zum gleichartigen Problem in der gesetzlichen Krankenversicherung BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 21).
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Der Wirksamkeit des Schuldbeitritts selbst steht weder entgegen, dass er vor Abschluss des Pflegevertrags erfolgte, noch, dass im Bescheid und Schreiben vom 15.7.2011 die Schuld nicht summenmäßig aufgeführt ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Schuldbeitritts ist lediglich, dass die Verpflichtung nach Inhalt und Beschaffenheit im Zeitpunkt der Entscheidung hinreichend bestimmt war, wodurch vermieden werden kann, dass die Schuld des Beitretenden durch spätere Rechtsgeschäfte des Hauptschuldners ohne sein Zutun erweitert und damit gegen das Verbot der Fremddisposition verstoßen wird (vgl BGH, Urteil vom 7.11.1995 - XI ZR 235/94 - mwN). Diese Kriterien gelten gleichermaßen für die Wirksamkeit des Beitritts zu einer künftigen Schuld (dazu BGHZ 133, 220 ff). Diesen Anforderungen genügt der Bescheid der Beklagten iVm der Erklärung vom 15.7.2011. Denn die Häufigkeit und die Art der gegenüber der S zu erbringenden Leistungen mit der Zuordnung zu den Leistungskomplexen der Vergütungsvereinbarung - die der Senat als Normvertrag ebenfalls auszulegen berechtigt ist (vgl BSG SozR 4-3500 § 62 Nr 1 RdNr 15) - sind im Einzelnen aufgeführt. Zudem ist in Anlage 1 der Vergütungsvereinbarung jedem Leistungskomplex ein konkreter Preis zugeordnet, sodass lediglich die Nennung des jeweiligen Preises der so bestimmten Leistungen fehlt. Dies macht die Bewilligung noch nicht zu einem unzulässigen Schuldbeitritt "dem Grunde nach"; denn der Umfang der Schuld ist bestimmbar.
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Der Tod der S vor der Rechnungserstellung durch die Klägerin hat die zivilrechtliche Schuld der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht entfallen lassen. Ihr Tod führte nur dazu, dass die Beigeladenen als ihre Erben (§ 1922 BGB) für ihre Schuld als Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) haften. Er lässt die Stellung der Beklagten aus dem Schuldbeitritt und damit das Recht der Klägerin unberührt, auch allein die Beklagte für die gesamte Schuld in Anspruch zu nehmen. Der zusätzliche sozialhilferechtliche Anspruch der S gegenüber der Beklagten auf Zahlung durch diese an die Klägerin mag durch deren Tod "erloschen" sein; gleichwohl hat die Beklagte gegenüber der Hilfeempfängerin ihrer Sachleistungsverschaffungspflicht bereits mit dem Schuldbeitritt genügt und damit ihre Leistung teilweise erbracht. Die daraus resultierende Zahlungspflicht unmittelbar gegenüber der Klägerin ist (nur) die Folge des Schuldbeitritts, mithin die Erfüllung dieser Schuld, die nicht mit dem Tod der S nachträglich wieder erlöschen kann.
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§ 19 Abs 6 SGB XII führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung dem Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tod demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. Mit der Norm wird nichts Abweichendes iS des § 75 Abs 1 Satz 2 SGB XII bestimmt. Sie schließt, anders als die Beklagte meint, nicht jeglichen Vergütungsanspruch eines ambulanten Pflegedienstes gegen den Sozialhilfeträger nach dem Tod des Hilfebedürftigen aus, sondern basiert nur auf der Rechtsprechung zur Unvererblichkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche und schafft dafür in bestimmten Konstellationen ein sozialhilferechtliches Korrektiv (vgl: BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2; BSGE 110, 93 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 3). Zudem käme die Anwendung des § 19 Abs 6 SGB XII - außerhalb der Leistungsbeziehungen mit ambulanten Diensten - ohnehin nur in Betracht, wenn es, anders als hier, entweder um die Übernahme von Kosten vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid geht(vgl BSGE 102, 1 ff RdNr 27 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9) oder wenn die Übernahme von Kosten geltend gemacht wird, die gerade nicht vom Schuldbeitritt erfasst sind (vgl BSGE 106, 264 ff = SozR 4-3500 § 19 Nr 2).
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Entgegen der Auffassung der Beklagten laufen damit die Regelungen zum Anspruchsübergang nach den §§ 93, 94 SGB XII nicht leer. Zwar ist Voraussetzung für die Überleitungsanzeige bzw den Anspruchsübergang ua, dass Leistungen erbracht worden sind. Da aber mit dem Schuldbeitritt die Leistung gegenüber dem Hilfeempfänger teilweise erbracht ist, dürfte den Bedenken der Beklagten hiermit hinreichend Rechnung getragen sein. Dies gilt für den Kostenersatzanspruch nach § 102 SGB XII gleichermaßen(zum Verhältnis beider vgl BVerwGE 85, 136, 139).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 40, 47 Abs 1, § 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.
(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.
(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.
(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.
(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.
(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit
- 1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist, - 2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt, - 3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten, - 4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.
(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.
(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn
- 1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder - 3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
- 1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, - 2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7, - 3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und - 4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.
(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.
(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. Sie kann nur in den durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden. § 47 bleibt unberührt.
(2) Einem Ausländer ist die Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
- 1.
er seit fünf Jahren die Aufenthaltserlaubnis besitzt, - 2.
sein Lebensunterhalt gesichert ist, - 3.
er mindestens 60 Monate Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet hat oder Aufwendungen für einen Anspruch auf vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens nachweist; berufliche Ausfallzeiten auf Grund von Kinderbetreuung oder häuslicher Pflege werden entsprechend angerechnet, - 4.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen, - 5.
ihm die Beschäftigung erlaubt ist, sofern er Arbeitnehmer ist, - 6.
er im Besitz der sonstigen für eine dauernde Ausübung seiner Erwerbstätigkeit erforderlichen Erlaubnisse ist, - 7.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 8.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt und - 9.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
(3) Bei Ehegatten, die in ehelicher Lebensgemeinschaft leben, genügt es, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 durch einen Ehegatten erfüllt werden. Von der Voraussetzung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 wird abgesehen, wenn sich der Ausländer in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder einem Hochschulabschluss führt. Satz 1 gilt in den Fällen des § 26 Abs. 4 entsprechend.
(4) Auf die für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erforderlichen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis werden folgende Zeiten angerechnet:
- 1.
die Zeit des früheren Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis, wenn der Ausländer zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war, abzüglich der Zeit der dazwischen liegenden Aufenthalte außerhalb des Bundesgebiets, die zum Erlöschen der Niederlassungserlaubnis führten; angerechnet werden höchstens vier Jahre, - 2.
höchstens sechs Monate für jeden Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets, der nicht zum Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis führte, - 3.
die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts zum Zweck des Studiums oder der Berufsausbildung im Bundesgebiet zur Hälfte.
(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn
- 1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben, - 2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und - 3.
der Ausländer - a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt, - b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, - c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, - d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative, - e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative, - f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder - g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
- 1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat, - 2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen, - 3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte, - 4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf, - 5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist, - 6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder - 7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.
(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.
(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.
(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.
(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.
(1) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel. § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Soweit dieses Gesetz nichts anderes regelt, ist die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU der Niederlassungserlaubnis gleichgestellt.
(2) Einem Ausländer ist eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG zu erteilen, wenn
- 1.
er sich seit fünf Jahren mit Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält, - 2.
sein Lebensunterhalt und derjenige seiner Angehörigen, denen er Unterhalt zu leisten hat, durch feste und regelmäßige Einkünfte gesichert ist, - 3.
er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, - 4.
er über Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet verfügt, - 5.
Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen und - 6.
er über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
(3) Absatz 2 ist nicht anzuwenden, wenn der Ausländer
- 1.
einen Aufenthaltstitel nach Abschnitt 5 besitzt, der nicht auf Grund des § 23 Abs. 2 erteilt wurde, oder eine vergleichbare Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als international Schutzberechtigter anerkannt ist; Gleiches gilt, wenn er einen solchen Titel oder eine solche Rechtsstellung beantragt hat und über den Antrag noch nicht abschließend entschieden worden ist, - 2.
in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Antrag auf Anerkennung als international Schutzberechtigter gestellt oder vorübergehenden Schutz im Sinne des § 24 beantragt hat und über seinen Antrag noch nicht abschließend entschieden worden ist, - 3.
in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Rechtsstellung besitzt, die der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 beschriebenen entspricht, - 4.
sich mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a oder § 16b oder - 5.
sich zu einem sonstigen seiner Natur nach vorübergehenden Zweck im Bundesgebiet aufhält, insbesondere - a)
auf Grund einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c, wenn die Befristung der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit auf einer Verordnung nach § 42 Abs. 1 bestimmten Höchstbeschäftigungsdauer beruht, - b)
wenn die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen wurde oder - c)
wenn seine Aufenthaltserlaubnis der Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem Ausländer dient, der sich selbst nur zu einem seiner Natur nach vorübergehenden Zweck im Bundesgebiet aufhält, und bei einer Aufhebung der Lebensgemeinschaft kein eigenständiges Aufenthaltsrecht entstehen würde.
(1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.
(2) Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe.
(3) Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn
- 1.
sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, - 2.
sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder - 3.
sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.
- 1.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, - 2.
Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe nach § 35 und § 35a, einschließlich der Bedarfe nach § 30 Absatz 7, - 3.
die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und - 4.
Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3.
(3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen.
(4) Ausländer, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solcher Programme hinzuwirken.
(5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit ist ein Anspruch des Klägers auf Übernahme weiterer Kosten, die für die stationäre Unterbringung der am 13.1.2009 verstorbenen E W (E. W.) in der Zeit vom 27.2. bis 30.9.2008 entstanden sind.
- 2
-
Die in D (Kreis W) wohnhafte E. W. war seit dem 27.2.2008 in einem vom Kläger betriebenen Pflegeheim untergebracht. Sie erhielt im streitbefangenen Zeitraum Leistungen von der Pflegekasse, zuletzt ab 1.4.2008 nach der Pflegestufe III. Am 15.11.2007 war der Beklagte über die bevorstehende Heimaufnahme und darüber informiert worden, dass Sozialhilfe begehrt werde. Nach Vorlage umfangreicher Nachweise über die Einkommens- und Vermögenssituation der E. W. teilte der Beklagte der bevollmächtigten Tochter der Verstorbenen mit, dass er von einem Gesamtvermögenswert von 4362,45 Euro ausgehe, das, soweit es den Vermögensfreibetrag in Höhe von 3214 Euro überschreite, also in Höhe von 1148,45 Euro, einzusetzen sei. Im Hinblick hierauf überwies die Bevollmächtigte der Verstorbenen am 3.9.2008 einen Betrag von 1468 Euro an den Kläger.
- 3
-
Dieser beantragte am 13.1.2009 beim Beklagten die Zahlung der ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe an sich gemäß § 19 Abs 6 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der Beklagte bewilligte Leistungen in Form der vollen Übernahme der Heimkosten lediglich für die Zeit ab 1.10.2008, lehnte jedoch Leistungen für Februar 2008 ganz ab, weil die Heimkosten in diesem Monat die Höhe des einzusetzenden Vermögens nicht überstiegen, und gewährte im Ergebnis Leistungen für die Zeit vom 1.3. bis 30.9.2008 nur unter monatlicher Berücksichtigung von Einkommen, Leistungen der Pflegeversicherung und Pflegewohngeld und eines einzusetzenden Vermögensbetrags von 1148,45 Euro (Bescheid vom 27.1.2009; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 16.10.2009).
- 4
-
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts Duisburg
vom 9.11.2010; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Voraussetzungen für weitere Pflegeleistungen seien nicht erfüllt. Dem Kläger stünden gemäß § 19 Abs 6 SGB XII nur Leistungen zu, soweit sie auch der verstorbenen E. W. zugestanden hätten, weil nach der bezeichneten Vorschrift die Ansprüche der Verstorbenen auf den Kläger nur in der auch E. W. zustehenden Höhe übergegangen seien. Zutreffend habe das SG ausgeführt, einsetzbares und verwertbares Vermögen in Höhe von 1148,45 Euro habe einem Anspruch Monat für Monat bis zum 30.9.2008 entgegengestanden, weil erst im September eine Zahlung an den Kläger aus dem Vermögen der Verstorbenen erfolgt sei. Für die Annahme eines fiktiven Vermögensverbrauchs fehle es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.vom 15.6.2011)
- 5
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 19 Abs 6 SGB XII. Die Vorschrift normiere eine Sonderrechtsnachfolge, bei der zwar grundsätzlich der Schuldner dem neuen Gläubiger alle Einwendungen entgegenhalten könne, die zur Zeit des Forderungsübergangs gegen den bisherigen Gläubiger begründet gewesen seien. Dies könne jedoch nicht gelten für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit. Er (der Kläger) habe weder Einfluss auf die Dauer des Verwaltungsverfahrens noch Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten des Heimbewohners. Gälte das Verbot des fiktiven Vermögensverbrauchs auch im Falle des § 19 Abs 6 SGB XII, würden Sinn und Zweck der Vorschrift ins Leere gehen, insbesondere wenn sich erst Monate oder Jahre nach der Heimaufnahme herausstelle, dass ein kleiner Vermögensbetrag vorhanden sei, der in der bereits verstrichenen Zeit Monat für Monat der Hilfegewährung (teilweise) entgegenstehe.
- 6
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 27.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2009 zu verurteilen, für die Zeit vom 27.2. bis 30.9.2008 höhere Leistungen zu bewilligen.
- 7
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
) . Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung des Senats.
- 10
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 27.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG) vom 16.10.2009, soweit darin für die Zeit vom 27. bis 29.2.2008 Pflegeleistungen vollständig und für die Zeit vom 1.3. bis 30.9.2008 höhere Pflegeleistungen abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 iVm § 56 SGG).
- 11
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Für die vom Kläger geltend gemachte Leistung (Pflegeleistung gemäß § 61 Abs 1 und 2 SGB XII iVm § 28 Abs 1 Nr 8, § 43 Abs 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung -
und § 19 Abs 6 SGB XII) war und ist der Beklagte zwar sachlich und örtlich zuständig (§ 3 Abs 1 und 2, § 97 Abs 1 und 2, § 98 Abs 2 SGB XII iVm § 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt816 - iVm § 2 der Ausführungsverordnung zu diesem Gesetz vom 16.12.2004 - GVBl 816) , weil eine Heranziehung nach § 99 Abs 1 SGB XII nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nichts an der Zuständigkeit ändert(vgl dazu nur Söhngen in juris PraxisKommentarSGB XII, § 99 SGB XII RdNr 13 mwN); jedoch könnte der Beklagte den kreisangehörigen Gemeinden aufgrund landesrechtlicher Regelungen, die das LSG zu prüfen hat, die Durchführung der Aufgaben in eigenem Namen übertragen haben. Dies würde zwar nichts daran ändern, dass der richtige Beklagte nach § 70 Nr 1 SGG der Beklagte selbst ist, weil er den angefochtenen Bescheid erlassen hat; jedoch könnte der Bescheid formal rechtswidrig sein, und ggf wäre die herangezogene Stadt/Gemeinde analog § 75 Abs 2 2. Alt SGG beizuladen und entsprechend § 75 Abs 5 SGG zu höheren Leistungen zu verurteilen.
- 12
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Ansprüche der Klägerin können sich vorliegend nicht aus originärem Recht ergeben. Weder sind die Voraussetzungen des § 25 SGB XII (sog Nothilfe) erfüllt, noch haben die Erbringer besonderer Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII einen unmittelbaren Honoraranspruch gegen den Sozialhilfeträger aufgrund bestehender Vergütungsvereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII(vgl hierzu nur Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, § 75 SGB XII RdNr 28 ff mwN zur Rechtsprechung). Ansprüche des Klägers können sich nur aus § 19 Abs 6 SGB XII(idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) ergeben. Danach steht der Anspruch der Berechtigten ua auf Leistungen für Einrichtungen, soweit diese Leistungen dem Berechtigten erbracht worden wären, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht hat. Nach der ausdrücklichen Formulierung in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 13/3904, S 45 zu Nr 8b) regelt die Vorschrift einen besonderen Fall der Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis (BSGE 106, 264 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2 mwN; Senatsurteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 15/10 R -, BSGE 110, 93 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 19 Nr 3). Ob und in welcher Höhe dem Kläger ein über die bereits bewilligten Leistungen hinausgehender von Gesetzes wegen übergegangener Anspruch gegen den Beklagten zusteht, kann indes anhand der Entscheidung des LSG nicht entschieden werden. Es fehlen Feststellungen zur Höhe von Einkommen und Vermögen der E. W. und ihres Ehemanns. Im Urteil des LSG finden sich hierzu nur insoweit Aussagen, als mitgeteilt wird, von welchen die Bedürftigkeit der Verstorbenen E. W. beeinflussenden Faktoren der Beklagte ausgegangen ist, nicht jedoch eigene tatsächliche Feststellungen dazu. Auch der Hinweis des LSG, die Beteiligten hätten vor dem SG die Punkte im Einzelnen "unstreitig gestellt", entbindet den Senat nicht von einer eigenständigen Überprüfung; denn insoweit liegt weder ein wirksames Anerkenntnis noch ein wirksamer Prozessvergleich vor (vgl dazu das Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - RdNr 11 ff). Nicht überprüfbar ist mangels Feststellungen der zwischen den Beteiligten geltenden Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen und der zwischen der verstorbenen E. W. und dem Kläger getroffenen vertraglichen Regelung über die Heimvergütung (vgl zur Notwendigkeit derartiger Feststellungen nur das Senatsurteil vom 22.3.2012 - B 8 SO 1/11 R - RdNr 11 mwN) auch die Höhe der dem Kläger gegenüber der verstorbenen E. W. zustehenden Heimvergütung, die die Höhe des sozialhilferechtlichen Anspruchs auf Hilfe zur Pflege beeinflusst.
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Zu Recht ist das LSG in seiner Entscheidung jedoch davon ausgegangen, dass dem Kläger wegen des in § 19 Abs 6 SGB XII angeordneten gesetzlichen Anspruchsübergangs nur der Anspruch zustehen kann, der auch der verstorbenen E. W. gegenüber dem Beklagten zustand. Entgegen der Ansicht des Klägers kann er selbst also keine höheren Ansprüche geltend machen, als die Verstorbene hätte geltend machen können. Soweit der Kläger darauf verweist, entgegen §§ 412, 404 Bürgerliches Gesetzbuch könne ihm gleichwohl eine fehlende Bedürftigkeit der Verstorbenen nicht entgegengehalten werden, weil es sich um eine höchstpersönliche Einwendung handele, ist diese Rechtsansicht verfehlt. Bei der Bedürftigkeit bzw dem Umfang der Bedürftigkeit handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung für den Sozialhilfeanspruch; dies bedeutet, dass ein Anspruch, soweit Bedürftigkeit abzulehnen ist, überhaupt nicht existiert und damit auch gesetzlich nicht übergehen kann.
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Zu Recht hat das LSG auch entschieden, dass vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen so lange zu berücksichtigen ist, wie es vorhanden ist (BVerwGE 106, 105 ff; Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 19/10 R - RdNr 27; vgl auch zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -
BSG, Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 14/08 B) . In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage hierfür scheidet mithin ein sog fiktiver Vermögensverbrauch aus (BVerwG aaO; BSG aaO).
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Die gegenteilige Auffassung des Klägers findet weder im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze (vgl im Gegensatz dazu etwa die Regelungen zur Berücksichtigung von einmaligen Einkünften in § 3 Abs 3 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII und § 2 Abs 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung), noch lässt sie sich historisch mit der Entwicklung der Vorschriften zur Vermögensberücksichtigung im SGB XII begründen. Die Frage, ob vorhandenes oder zu verwertendes Vermögen einem Anspruch auf Sozialhilfe nur einmalig entgegengehalten werden kann, war dem Gesetzgeber bei der Schaffung des SGB XII bekannt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der bis 31.12.2001 geltenden Regelung des § 9 Arbeitslosenhilfe-Verordnung, die einen solchen fiktiven Vermögensverbrauch beim Recht der Arbeitslosenhilfe vorsah, aber mit Wirkung ab 1.1.2002 gestrichen wurde (vgl dazu näher Spellbrink in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, zu § 13 RdNr 184 ff). Dass die ursprüngliche Regelung weder in der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung noch im SGB XII aufgegriffen wurde, belegt deutlich den Willen des Gesetzgebers, einen fiktiven Vermögensverbrauch grundsätzlich nicht zuzulassen. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass dem Hilfebedürftigen bei einem mehrere Jahre andauernden Streit über Einsatz und Verwertung des Vermögens eine gewisse Unsicherheit verbleibt. Er hat es selbst in der Hand, das vorhandene Vermögen zumindest vorläufig einzusetzen und so das Risiko, sich jederzeit auf das vorhandene Vermögen zur Deckung des Bedarfs verweisen lassen zu müssen, auszuschließen (so schon BVerwGE 106, 105 ff). Rechtlich ohne Bedeutung ist, dass der Kläger, auf den der Sozialhilfeanspruch übergegangen ist, keinen Einfluss auf das Verhalten der Verstorbenen hatte.
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Notlagen des Hilfeempfängers kann über § 19 Abs 5 SGB XII (sog unechte Sozialhilfe gegen Aufwendungsersatz) Rechnung getragen werden(vgl dazu nur Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 54 mwN). Zwar kann auch dieser Anspruch des Hilfebedürftigen - vorliegend der E. W. - auf den Kläger im Wege der cessio legis nach § 19 Abs 6 SGB XII übergehen; jedoch liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs 5 SGB XII - unabhängig davon, ob nicht mit dem Anspruchsübergang auch die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz auf den Kläger übergehen würde und dies überhaupt seinem Interesse entspräche - nicht vor. Denn die Gewährung unechter Sozialhilfe setzt einen tatsächlichen aktuellen Bedarf voraus, der ohne Eingreifen des Sozialhilfeträgers nicht gedeckt würde (vgl dazu Coseriu aaO); diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
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Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG unter genauer Ermittlung des vorhandenen zu verwertenden und verwertbaren Vermögens sowie Einkommens zum Zeitpunkt des Bedarfsanfalls (BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1: Fälligkeit der Forderung des Klägers gegen die verstorbene E. W.) den ungedeckten Bedarf im Einzelnen zu ermitteln und festzustellen haben. Ob bei genauer und korrekter Berechnung für den Kläger daraus höhere Leistungen resultieren, ist für den Senat nicht absehbar. Ggf wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, erhalten keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Abweichend von Satz 1 können Personen, die nicht hilfebedürftig nach § 9 des Zweiten Buches sind, Leistungen nach § 36 erhalten. Bestehen über die Zuständigkeit zwischen den beteiligten Leistungsträgern unterschiedliche Auffassungen, so ist der zuständige Träger der Sozialhilfe für die Leistungsberechtigung nach dem Dritten oder Vierten Kapitel an die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Absatz 2 Satz 2 des Sechsten Buches und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Erwerbsfähigkeit nach § 44a Absatz 1 des Zweiten Buches gebunden.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
- 1
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Im Streit ist die Übernahme von Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
- 2
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Der 1997 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an dem sogenannten Rubinstein-Taybi-Syndrom mit Absence-Epilepsie, verzögerter Entwicklung, Minderwuchs und geistiger Behinderung, verbunden mit Hyperaktivität und teilweiser Aggressivität. Er lebt seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie, in die er direkt nach dem Klinikaufenthalt nach seiner Geburt aufgenommen wurde. Das staatliche Schulamt für den Landkreis G. und den V. stellte beim Kläger einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Sinne des Besuchs einer Schule für praktisch Bildbare fest und wies ihn zum 1.8.2005 der staatlichen M.-Schule in G. zu. Da die Pflegeeltern die sonderpädagogische Förderung des Klägers an der nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtenden privaten B.-Schule wünschten, erklärte das staatliche Schulamt gleichzeitig sein Einverständnis, den sonderpädagogischen Förderbedarf dort zu erfüllen, sofern die Frage der Kostenübernahme mit dem Schulverwaltungsamt des Kreisausschusses des Landkreises G. geklärt sei (Bescheid vom 31.5.2005). Nachdem die Pflegeeltern für den Kläger mit dem Träger der B.-Schule einen Schulvertrag ab 1.8.2005 abgeschlossen und dabei ein monatliches Schulgeld in Höhe von 303,92 Euro vereinbart hatten, wurde der Kläger am 5.9.2005 in die B.-Schule eingeschult. Den vom Träger der Schule - nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) - namens und im Auftrag der Pflegeeltern gestellten Antrag auf Übernahme des Schulgelds lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 22.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 19.4.2006).
- 3
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Gießen vom 11.11.2008; Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2010) . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Besuch der B.-Schule sei keine für eine angemessene Schulbildung des Klägers erforderliche Maßnahme. Hieran ändere auch die schulrechtliche Einstufung durch das staatliche Schulamt, an die der Sozialhilfeträger gebunden sei, nichts, weil eine Zuweisung nur an die staatliche M.-Schule erfolgt sei, während der Besuch der B.-Schule ausschließlich als mögliche Beschulungsalternative gestattet worden sei. Beide Schulen seien geeignete Förderschulen zur Erfüllung des besonderen sonderpädagogischen Bedarfs des Klägers. Auch das Elternrecht aus Art 6 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) biete als Abwehrrecht keinen Anspruch auf Vermittlung pädagogischer Lehrinhalte und Bildungsziele außerhalb öffentlicher Schulen. Ein Anspruch könne auch nicht aus Art 7 Abs 4 Satz 1 GG hergeleitet werden, weil insoweit nur das private Ersatzschulwesen geschützt werde, nicht jedoch auch das Recht der Eltern, eine private Ersatzschule kostenfrei zu wählen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) und macht Verfahrensfehler geltend. Zu Unrecht gehe das LSG davon aus, dass der Besuch einer privaten Förderschule und der damit verbundene Schulgeldaufwand bei Bestehen einer gleichwertigen kostenfreien Beschulungsmöglichkeit nicht erforderlich iS von § 12 Eingliederungshilfe-VO sei. Zwar hätte sein schulischer Förderbedarf auch durch den Besuch der M.-Schule sichergestellt werden können; das Berufungsgericht lasse aber unberücksichtigt, dass die Pflegeeltern mit ihrer Auswahlentscheidung den von den staatlichen Schulbehörden eingeräumten Rahmen mit einer für den beklagten Sozialhilfeträger ebenso verbindlichen Weise ausgefüllt hätten, wie dies durch eine förmliche Zuweisung der Schulbehörden geschehen wäre. Folge man der Auffassung des LSG liefen das eingeräumte Wahlrecht und letztlich die Bestimmung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII leer, wenn Eltern die mit dem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht aufbringen könnten. Sei schulrechtlich eine Wahlfreiheit zwischen öffentlicher Förder- und privater Ersatzschule eröffnet, setze eine generelle Beschränkung der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung auf den Besuch öffentlicher Schulen nach der Rechtsprechung des 6. Senats des LSG (Urteil vom 18.8.2010 - L 6 SO 5/10) verfassungsrechtlich eine ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers voraus. Durch den unterlassenen Hinweis, dem 6. Senat nicht folgen zu wollen, habe das LSG das rechtliche Gehör verletzt (Überraschungsentscheidung). Auch habe sich das LSG nicht mit dem Vortrag auseinandergesetzt, dass der Beklagte mit seiner (des Klägers) Beschulung in der B.-Schule einverstanden gewesen sei und sich hieraus die Verpflichtung ableite, auch für die entstehenden Beschulungskosten einzustehen. Unterblieben sei schließlich die Prüfung, ob eine Aufnahme in die M.-Schule nicht an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre.
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 303,92 Euro monatlich für die Zeit vom 1.8.2005 bis 18.10.2009 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Auffassung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
) . Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des monatlichen Schulgelds in Höhe von 303,92 Euro bzw in Höhe des für Oktober 2009 maßgeblichen Teils davon für den Besuch der B.-Schule.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zulässigerweise nur der Bescheid des Beklagten vom 22.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2006 (§ 95 SGG) über die Ablehnung der Übernahme des Schulgelds als abgrenzbaren Streitgegenstand im Rahmen der Eingliederungshilfe. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG). Sozial erfahrene Dritte waren vor Erlass des Widerspruchsbescheids nicht zu beteiligen (§ 116 Abs 2 SGB XII in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 iVm § 8 Abs 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
vom 20.12.2004 - GVBl 488) . Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für den Lebensunterhalt, auch nicht im Rahmen des sog Meistbegünstigungsprinzips, wonach zur Sicherstellung einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte (§ 2 Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil -; vgl dazu: Voelzke in juris PraxisKommentar SGB I, 2. Aufl 2011 - online -, § 2 RdNr 26; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 44, Stand Dezember 2005) , Anträge bzw Rechtsbehelfe ohne Bindung an den Wortlaut nach dem wirklichen Willen des Antragstellers auszulegen sind (BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2 RdNr 13); denn eine abweichende Festlegung des Bedarfs wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Schulgelds (§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII) kommt ohnedies nicht in Betracht (siehe dazu unten).
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Nach § 53 Abs 1 Satz 1(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) iVm § 54 Abs 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch; für die Zeit ab 5.8.2009 in der Normfassung des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs im Krankenhaus vom 30.7.2009 - BGBl I 2495) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
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Vorliegend ist es schon fraglich, ob der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 1 HAG/SGB XII idF des Gesetzes vom 20.12.2004) für den streitigen Anspruch auf Übernahme des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe der sachlich zuständige Sozialhilfeträger ist. Abweichend von § 100 Bundessozialhilfegesetz(BSHG; in der nach Art 68 Abs 2 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch bis 31.12.2006 fortgeltenden Fassung) bzw ab 1.7.2007 § 97 Abs 3 Nr 1 SGB XII (Art 70 Abs 2 S 6 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) regelt § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 Abs 1 Nr 1 HAG/SGB XII(bis 31.6.2006 in der nach § 13 Abs 3 HAG/SGB XII bestimmten Fassung) die sachliche Zuständigkeit von örtlichem bzw überörtlichem Sozialhilfeträger. Danach ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII nur sachlich zuständig, sofern diese in einer Einrichtung zur stationären oder teilstationären Betreuung zu gewähren sind. Eine (teilstationäre) "Einrichtung" im Sinne des SGB XII (§ 13 SGB XII)ist ein in einer besonderen Organisationsform zusammengefasster Bestand von personellen und sächlichen Mitteln unter verantwortlicher Trägerschaft, der auf gewisse Dauer angelegt und für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten ist und Leistungen der Sozialhilfe erbringt (BVerwGE 95, 149, 152; Bundesverwaltungsgericht
, Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 42/91 -, FEVS 45, 52 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 13/91 -, FEVS 45, 183 ff; Urteil vom 24.2.1994 - 5 C 17/91 -, ZfSH/SGB 1995, 535 ff; BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2) .
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Ob eine Schule (anders als etwa die der Schule angegliederte Behinderteneinrichtung) eine teilstationäre Einrichtung in diesem Sinne ist, insbesondere Leistungen der Sozialhilfe erbringt (vgl dazu BVerwGE 48, 228, 231, das zwischen allgemeinen Schulen und Schulen unterscheidet, in denen über die bloße Vermittlung des Lernstoffs hinaus ein besonderes Maß an Betreuung erforderlich ist), ist zweifelhaft, wobei es für die Ablehnung der Leistung wegen Unzuständigkeit genügt, dass Sozialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Für die Begründung der sachlichen Zuständigkeit ist es jedenfalls nicht - wie der Beklagte meint - ausreichend, dass er aufgrund langjähriger Praxis bei Pflegefamilienverhältnissen (im Rahmen des § 97 Abs 5 SGB XII) auch die Begleitkosten übernimmt, sofern diese übernahmefähig sind. Eine solche Annex-Kompetenz, wie sie etwa § 2 Abs 2 HAG/SGB XII(in der bis 31.12.2006 geltenden Fassung) vorsieht, setzt nämlich die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers für die im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses zu erbringende Eingliederungshilfe voraus, an der es vorliegend fehlen könnte. Im Ergebnis kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, weil der Kläger auch bei unterstellter sachlicher Zuständigkeit des Beklagten keinen Anspruch auf die im Streit stehende Leistung hat.
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Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Die Voraussetzungen für eine Behinderung nach § 2 Abs 1 SGB IX sind erfüllt, wenn die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach den Feststellungen des LSG liegt eine solche Behinderung vor.
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Die geistige Behinderung ist auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ist § 2 Eingliederungshilfe-VO zu entnehmen, wonach eine wesentliche Behinderung vorliegt, wenn infolge einer Schwäche der geistigen Kräfte in erheblichem Umfang die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Dies richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls und hängt deshalb von sehr unterschiedlichen, durch die individuelle Behinderung geprägten Umständen ab (BVerwG Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr 12 S 2). Insoweit ist wie bei der Prüfung der Behinderung auch ihre Wesentlichkeit wertend auszurichten, insbesondere an den Auswirkungen für die Eingliederung in die Gesellschaft. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Stehen - wie hier - die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen der erfolgreichen Teilnahme des Klägers am Unterricht in einer allgemeinen (Grund-)Schule entgegen (vgl auch BVerwG, Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02), weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen und verarbeitet werden können, und erfordert die geistige Behinderung deshalb einen sonderpädagogischen Förderbedarf, um die mögliche Vermittlung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten überhaupt erst zu ermöglichen, ist die Behinderung nach den oben aufgezeigten Grundsätzen wesentlich; denn eine Grundschulbildung bildet die essentielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn (vgl: BSGE 110, 301 ff RdNr 19 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 109, 199 ff RdNr 22 = SozR 4-2500 § 33 Nr 37).
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Gehört der Kläger danach zwar zu dem leistungsberechtigten Personenkreis, scheitert ein Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift ("Hilfen") nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von "Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung" spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, aaO, RdNr 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).
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Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht(hier: Art 56 ff Hessische Landesverfassung iVm dem Hessischen Schulgesetz idF vom 14.6.2005 - GVBl 441) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen (BSG aaO). Auch das BVerwG hat in seiner Entscheidung vom 13.8.1992 - 5 C 70/88 - (Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 16 S 3) ausgeführt, dass der Staat mit der Einrichtung der öffentlichen Grundschulen seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art 7 Abs 1 GG nachkomme und die Schulgeldfreiheit aus übergreifenden bildungs- und sozialpolitischen Gründen eine eigenständige (landesrechtliche) Regelung außerhalb des Sozialhilferechts gefunden habe, sodass für einen Rechtsanspruch gegen den Sozialhilfeträger zur Deckung eines im Grundschulalter angemessenen Bildungsbedarfs Aufnahmebeiträge und monatliches Schulgeld für den Besuch einer privaten Grundschule als Sozialhilfeleistung nicht zu übernehmen seien. Dabei ist das BVerwG in Bezug auf die erforderliche Hilfe nicht von einer nach Maßgabe des Nachranggrundsatzes der Sozialhilfe zu lösenden Anspruchskonkurrenz, sondern von einem Verhältnis der "Spezialität" ausgegangen, wobei es eine Ausnahme von diesem Grundsatz für möglich hielt, wenn der Besuch einer öffentlichen Grundschule aus objektiven Gründen (zB wegen ihrer räumlichen Entfernung vom Wohnort) oder aus schwerwiegenden subjektiven (persönlichen) Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG auch für Leistungen der Eingliederungshilfe bestätigt (Beschluss vom 2.9.2003 - 5 B 259/02) und ausdrücklich ausgeführt, dass ein nachrangiges Eintreten der Sozialhilfe (nur) für solche Bedarfe nicht ausgeschlossen sei, die nicht in der Deckung des unmittelbaren Ausbildungsbedarfs im Rahmen der Schulpflicht bestünden, sondern damit lediglich - mehr oder weniger eng - zusammenhingen, etwa wie bei der Bereitstellung eines Integrationshelfers für behinderte Kinder an Regelschulen.
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zahlung des Schulgelds als Leistung der Eingliederungshilfe. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele zu erreichen, in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch das vom Kläger begehrte Schulgeld unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Übernahme des Schulgelds die von der Schule selbst zu erbringende Leistung, also den Unterricht, finanziert, mithin den schulischen Bildungsauftrag erfüllt und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Wie die Entscheidung des Schulamts auszulegen ist und inwieweit sie auch für den Beklagten Bindungswirkung entfaltet (vgl dazu BVerwGE 130, 1 ff), ist danach ohne Belang. Ebenso spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass sich der Beklagte mit der Beschulung in die B.-Schule einverstanden erklärt hat. Die Ausübung eines Wahlrechts, welche Schule besucht wird, hat nicht zur Folge, dass der Sozialhilfeträger ein etwaiges Schulgeld zahlen müsste.
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Schulgeld wäre - abgesehen davon, dass es hier nicht Streitgegenstand ist (siehe oben) - auch nicht nach den Regelungen des Dritten bzw Vierten Kapitels des SGB XII zu erbringen. Entsprechende Leistungen könnten ggf zwar durch eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII in der bis 31.12.2010 geltenden alten Fassung erbracht werden, dies würde aber voraussetzen, dass der Bedarf unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abwiche. Der auf das Schulgeld gerichtete höhere Bedarf des Klägers wäre aber nicht unabweisbar. Nach den Feststellungen des LSG besteht für den Kläger eine gleichwertige und unentgeltliche Möglichkeit des Schulbesuchs an der Schule für praktisch Bildbare.
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Die erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht schon darin zu sehen, dass das LSG - ohne ausdrücklichen Hinweis - einer Entscheidung eines anderen Senats desselben Gerichts nicht folgt. Da der Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des Schulgelds hat, erübrigt sich im Übrigen - weil absolute Revisionsgründe nicht geltend gemacht werden - ein weiteres Eingehen auf den vermeintlichen Verfahrensfehler. Gleiches gilt für die behauptete Gehörsverletzung durch Übergehen des Vortrags, der Beklagte habe sich mit der Beschulung in der B.-Schule einverstanden erklärt (dazu auch oben). Soweit schließlich moniert wird, das LSG habe nicht geprüft, ob die Aufnahme in der M.-Schule an Kapazitäts- oder anderen Gründen gescheitert wäre (Verletzung der Amtsaufklärungspflicht; § 103 SGG), hätte dargelegt werden müssen (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG), warum sich das LSG - trotz Zuweisung des Klägers in die M.-Schule und Streitgegenstandsbegrenzung auf die Eingliederungshilfe - hätte gedrängt fühlen müssen, entsprechende Ermittlungen anzustellen. Für die Eingliederungshilfe wäre jedenfalls eine entsprechende Klärung ohne Bedeutung.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren verbleibt es bei der dortigen Kostenentscheidung. Im Übrigen findet eine Erstattung von Kosten nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten, ob bzw. in welchem Umfang dem Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Oktober 2010 bis Juli 2011 Leistungen der Eingliederungshilfe (insbesondere) in Form des sog. ambulant betreuten Wohnens (Bewo) zustehen.
3Der am 00.00.1987 geborene Kläger, der durchgehend im Raum C bzw. in L lebte, leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Sein Heranwachsen war begleitet von einem häufigen Wechsel der Bezugspersonen. Bereits im Jugendalter kam es zu delinquentem Verhalten und Drogenmissbrauch (im Wesentlichen in Form von Cannabiskonsum). In den Jahren 2006/2007 unternahm er mehrere Suizidversuche. Das Krankheitsbild ist geprägt einerseits von starken Stimmungsschwankungen sowie impulsivem und provozierendem Verhalten, andererseits von einer gewissen Blockadehaltung dann, wenn von außen versucht wird, den Kläger zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Der Umgang mit Geld bereitet dem Kläger große Probleme; ihm zur freien Verfügung stehende finanzielle Mittel gibt er nach dem Lustprinzip aus, ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen. Ein Grad der Behinderung von 50 ist zuerkannt.
4Im Oktober 2007 richtete das Amtsgericht C (5 XVII S 000/07) eine rechtliche Betreuung für den Kläger ein. Diese wird von einem Berufsbetreuer durchgeführt und erstreckt sich auf die Bereiche alle Vermögensangelegenheiten, Postkontrolle, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, Gesundheitsfürsorge sowie in deren Rahmen die Aufenthaltsbestimmung". Im Juni 2008 ordnete das Betreuungsgericht zusätzlich einen Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögensangelegenheiten an.
5Nach der Trennung seiner von den Philippinen stammenden Mutter von seinem (an einer schweren Alkoholkrankheit leidenden) Vater lebte der Kläger seit seinem siebten Lebensjahr zunächst bei seiner Mutter. Da diese im Schichtdienst arbeitete, war er parallel in wechselnden Pflegefamilien untergebracht. Weder innerhalb noch außerhalb der Herkunftsamilie konnte man dem Kläger jedoch erzieherisch gerecht werden, sodass er zu verwahrlosen drohte. Ab Februar 1996 wurde daher versucht, ihn in eine Kinderhausgruppe zu integrieren, was allerdings misslang. Anschließend erfolgte bis Dezember 1999 eine schrittweise Rückführung in den Haushalt der Mutter. Dort kam es im Laufe der Zeit wieder zu massiven Problemen, was die Unterbringung des Klägers in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung zur Folge hatte. Von April 2001 bis Januar 2004 lebte er in der Außenwohngruppe eines Kinderdorfes in C. Auch dort gestaltete sich das Zusammenleben schwierig; die Verhaltensauffälligkeiten konnten trotz Einsatzes eines zusätzlichen Einzelbetreuers nicht erfolgreich bearbeitet werden. Der Kläger entzog sich häufig dem Einfluss der Einrichtung und suchte den regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter. Anschließend lebte er wechselnd teils bei Freunden, Bekannten oder seiner Mutter, teils aber auch in Notunterkünften oder auf der Straße.
6Seit 1993 besuchte der Kläger verschiedene Grundschulen. 1999 wechselte er an eine Hauptschule in C, die er vor Abschluss des zweiten Halbjahres der Klasse 9 im Sommer 2002 verlassen musste. Ab Herbst 2002 schloss sich der Besuch einer Vorklasse zum Berufsgrundschuljahr an. 2004 oder 2005 holte der Kläger in Eigenregie den Hauptschulabschluss nach. Eine Lehrstelle oder eine feste Arbeit fand er in der Folgezeit nicht, sondern arbeitete in verschiedenen Aushilfsjobs, insbesondere auf dem Bau und im Malerbereich. Im Februar 2010 meldete er sich bei der Tages- und Abendrealschule L an; wegen hoher Fehlzeiten und Unzuverlässigkeit musste er die Schulausbildung im Herbst 2010 abbrechen. Nach Beginn der im vorliegenden Verfahren fraglichen Bewo-Maßnahme meldete sich der Kläger erneut zur Nachholung des Realschulabschlusses bei einer L Abendrealschule an, die er etwa seit Februar 2011 besuchte. Auch dieser Versuch scheiterte jedoch; bereits im Mai 2011 war absehbar, dass er den Abschluss wegen hoher Fehlzeiten nicht schaffen würde.
7Das Jugendamt C gewährte dem Kläger zweimal Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige (§ 41 KJHG i.V.m. § 35a SGB VIII). Der erste Leistungszeitraum begann am 02.01.2007 und umfasste fünf Fachleistungsstunden (FLS) pro Woche. Die Maßnahme brach der Kläger nach etwa sechs Monaten ab. Auf Initiative des zwischenzeitlich für ihn bestellten Betreuers bewilligte die Stadt C erneut Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige in einem Umfang von vier FLS pro Woche, beginnend ab dem 14.12.2007. Diese Leistungen wurden im Oktober 2008 eingestellt, weil der Kläger sich nicht kooperativ verhielt; er pflanzte Cannabis an und trat gegenüber den Bewo-Mitarbeitern aggressiv auf.
8Der Betreuer brachte den Kläger anschließend vorübergehend in einer Privatwohnung unter. Von dort zog der Kläger in eine Wohnung in L, die er sich selber gesucht und zum 01.05.2010 von einem privaten Vermieter angemietet hatte. Die Kosten für diese etwa 36 m² große Einzimmer-Wohnung beliefen sich einschließlich Heiz- und Nebenkostenvorauszahlung auf 280 EUR monatlich. Seinerzeit hatte der Kläger eine Freundin, die allerdings nicht bei ihm wohnte, und zu der er vorwiegend nur an den Wochenenden Kontakt hatte.
9Am 06.10.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin G der Beigeladenen, die damals Bewo-Leistungen noch als Einzelperson anbot, einen bis zum 05.10.2011 befristeten "Betreuungsvertrag". Zwischen Frau G und dem Beklagten bestand eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 SGB XII nach Maßgabe des Rahmenvertrages NRW auf der Grundlage von § 79 SGB XII.
10Ziffer 1 des Vertrages enthält unter der Überschrift "Ziel der Betreuung" folgende Regelung:
11"Grundsätzliches Ziel des betreuten Wohnens ist es, jede(n) Betreute(n) bei seiner/ihrer Lebensbewältigung gemäß seiner/ihrer Möglichkeiten zu unterstützen und zu fördern. Die Ausgestaltung der Betreuung erfolgt in beiderseitigem Einvernehmen und soll den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen möglichst weitgehend Rechnung tragen."
12Unter Ziffer 3 des Vertrages (Überschrift: "Grundsätzliche Betreuungsregelungen") findet sich folgender Passus:
13"3.1) die Betreuung erfolgt durch unsere/n Mitarbeiter Fr./Hr. S. Bei Krankheit und Urlaub wird sie/er durch eine/n Kolleginnen des betreuten Wohnens vertreten.
14[ ...]
153.3) Damit die erbrachten Leistungen mit dem Leistungsträger abgerechnet werden können, verpflichtet sich Fr./Hr. T die von uns erbrachten Leistungen zu quittieren.
163.4) Sofern sich durch wirtschaftliche Prüfung des Sozialhilfeträgers herausstellt, dass aufgrund des von Fr./Hr. T vorhandenen Einkommens und/oder Vermögens eine Finanzierung der Betreuungsleistungen durch den Sozialhilfeträger nur teilweise oder gar nicht übernommen wird, verpflichtet sich Fr./Hr. T hiermit, alle sich aus diesem Vertrag ergebenden finanziellen Verpflichtungen unverzüglich aus eigenen Mitteln an uns zu leisten.
17Sollte dieser Fall vorliegen, so wird Fr./Hr. T ein Sonderkündigungsrecht von 14 Tagen nach Bekanntwerden eingeräumt. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
18Die Zahlungsverpflichtung aus eigenen Mitteln gilt auch, wenn aufgrund fehlender Mitwirkung (z.B. fehlender Quittierung) eine Kostenübernahme durch den Kostenträger versagt wird."
19Darüber hinausgehende Regelungen zur Vergütung bzw. zum Inhalt der Betreuungsleistungen enthält der Vertrag nicht.
20Ab dem 06.10.2010 nahm der Zeuge S, der Sozialarbeiter ist, die Betreuung des Klägers auf. Bis zum 25.07.2011 wurden Betreuungsleistungen von insgesamt 31,33 FLS erbracht. Hinsichtlich des Inhalts dieser Leistungen im Einzelnen wird auf die Verlaufsdokumentation (Blatt 110 f. der Gerichtsakten) Bezug genommen. Unter Zugrundelegung der Vergütungsvereinbarung der Frau G mit dem Beklagten ergab sich nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Vergütungsforderung i.H.v. 1.894,84 EUR; diese ist nach wie vor nicht beglichen.
21Der vermögenslose Kläger verfügte in der Vergangenheit über Einkünfte durch Halbwaisenrente nach seinem 2005 verstorbenen Vater (unter 120 EUR monatlich), Kindergeld (184 EUR monatlich) und (zeitweise) BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich). Zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts bezog er zusätzlich für gewisse Zeiträume aufstockende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bzw. nach dem SGB II.
22Am 01.10.2010 zeigte Frau G dem Beklagten an, dass sie den Kläger ab dem 04.10.2010 betreue. In der Folgezeit übersandte sie als Beleg für die Notwendigkeit von Bewo-Leistungen eine fachärztliche Stellungnahme des den Kläger behandelnden Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. I vom 01.12.2010, bei dem sich der Kläger einmalig in Behandlung befunden hatte, sowie einen Hilfeplan vom 30.10.2010 für den Zeitraum vom 06.10.2010 bis 05.10.2011. In dem Hilfeplan waren 1,75 FLS pro Woche vorgesehen; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Hilfeplan (Blatt 9 bis 14 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten) Bezug genommen.
23Der medizinisch-psychosoziale Dienst (MPD) des Beklagten führte in einer fachlichen Stellungnahme vom 21.02.2011 aus, es sei von einer wesentlichen seelischen Behinderung des Klägers auszugehen. Mit Blick auf den Hilfebedarf bleibe zu prüfen, welche Aufgaben der gesetzliche Betreuer übernehmen könne, und welche Aufgaben nachrangig der Eingliederungshilfe zuzurechnen seien. Zudem sollten die Möglichkeiten einer Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum (SPZ) sowie die Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle geprüft werden.
24Mit (an den Kläger gerichtetem) Bescheid vom 31.03.2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Bewo-Leistungen ab. Nach § 2 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer die erforderlichen Leistungen vom Träger anderer Sozialleistungen oder von anderen Personen bzw. Organisationen erhalten könne. Aus dem Hilfeplan vom 30.10.2010 ergebe sich kein Hilfebedarf, der nicht vorrangig von anderen Leistungsträgern zu decken wäre. So sei seit Juli 2007 eine umfangreiche rechtliche Betreuung einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten angeordnet. Der Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge umfasse die Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung und Beratung. In den Aufgabenbereich des Betreuers falle zudem die Unterstützung des Klägers im Umgang mit Ämtern und Behörden sowie die Regelung von Formalitäten im Zusammenhang mit dem geplanten Schulbesuch. Wie im Hilfeplan beschrieben, nehme der Betreuer schließlich auch die Aufgabe wahr, den Umgang des Klägers mit seinen finanziellen Mitteln zu verbessern, indem er ihm das Geld einteile. Sinnvoll wäre zudem eine Anbindung an ein SPZ und eine Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle.
25Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, sein Eingliederungshilfebedarf sei durch die sachverständige Hilfeplankonferenz festgestellt. Die gesetzliche Betreuung diene dem Rechtsverkehr, nicht der Eingliederung. Hilfen des betreuten Wohnens würden auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch eine gesetzliche Betreuung abgedeckt.
26Nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011). Zur Begründung führte er ergänzend aus, der im Hilfeplan genannte Bedarf an Sichtung der Post und deren Bearbeitung, die Begleitung zu Behördenterminen, die Erstellung eines Haushaltsplanes sowie Gespräche über das Konsumverhalten würden bereits durch die rechtliche Betreuung abgedeckt. Einer Aufstellung eines Reinigungsplanes, Anleitung bei der Reinigung der Wohnung sowie Motivation des Klägers zur Reinigung und Überprüfung des Zustandes der Wohnung bedürfe es nicht; aus dem Hilfeplan gehe hervor, dass es der Kläger im Großen und Ganzen allein schaffe, in seiner Wohnung Ordnung zu halten. Zum selbständigen Wohnen sei es nicht nötig, dass sich die Wohnung immer in einem makellosen Zustand befinde, zumal jeder das Ausmaß von Sauberkeit und Ordnung unterschiedlich definiere. Durch Unsauberkeit und Unordnung werde selbständiges Wohnen erst dann gefährdet, wenn die Wohnung zu vermüllen drohe; davon sei im Hilfeplan jedoch nicht die Rede. Ein Motivationsbedarf zum regelmäßigen Schulbesuch oder eine Unterstützung bei den mit dem Schulbesuch verbundenen Formalitäten sei nicht erkennbar. Denn dem Kläger sei es schon in der Vergangenheit bei der Nachholung des Hauptschulabschlusses gelungen, die Formalitäten in Eigenregie zu bewältigen und selbständig eine Schule zu besuchen. Nach seinen eigenen Angaben scheitere der Schulbesuch auch nicht an mangelnder Motivation, sondern daran, dass ihm von einem Bekannten aufgelauert werde, der ihn verprügeln wolle. Der unregelmäßige Schulbesuch sei demnach nicht auf die (seelische) Behinderung, sondern auf die Bedrohung durch Dritte zurückzuführen.
27Am 13.08.2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Hilfebedarf sei durch die fachärztliche Stellungnahme des Dr. I, den Hilfeplan und ein im Betreuungsverfahren erstelltes Gutachten des Psychiaters Dr. P vom 20.09.2007 erwiesen. Dieser Bedarf sei nicht durch seinen Betreuer zu decken. Der Betreuer könne weder zur Unterstützung bei der Führung des Haushalts noch im Bereich der sozialen Lebensführung herangezogen werden. Dabei sei der Hilfebedarf des Klägers wegen seines Alters und der Art seiner seelischen Behinderung gerade auf diesem Gebiet besonders umfangreich. Hinsichtlich einer therapeutischen Anbindung habe er sich zwar unsicher gezeigt, diese aber mehrfach gewünscht. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei es in solchen Fällen, den Betroffenen zu motivieren, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, um eine Verbesserung des Erkrankungsbildes und somit eine größere Selbständigkeit bzw. Handlungsfähigkeit zu erlangen. Eine bloße Weiterleitung der Post an den Betreuer sei der Verselbständigung des Klägers nicht dienlich. Motivation und Anleitung zum Aufräumen und Säubern der Wohnung sei selbstverständlich erforderlich gewesen, um zu verhindern, dass diese in einen desolaten Zustand geriet. Wenn es erkrankungsbedingt Phasen gegeben habe, in denen der Kläger die Schule vernachlässigt habe, so habe dies durch Motivation und Unterstützung aufgefangen werden müssen. Bei seinem Behinderungsbild seien Schwankungen in sämtlichen Lebensbereichen üblich.
28Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
29den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 zu verurteilen, dem Kläger vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 31,33 FLS im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
30Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Einer Motivation zu einer psychiatrischen Behandlung habe es nicht bedurft, weil der Kläger - was zu respektieren sei - eine solche nicht gewünscht habe. Nach dem Hilfeplan sei er motiviert gewesen, die Realschule zu besuchen. Wenn er sie anschließend nur unregelmäßig besucht habe, so sei daraus zu folgern, dass er seinen Entschluss geändert habe und ihm ein weiterer Schulabschluss offenbar nicht mehr wichtig gewesen sei. Sein Bedarf an Gesprächen über den Umgang mit Geld habe vorrangig durch Gespräche mit seinem rechtlichen Betreuer gedeckt werden können.
33In einem Erörterungstermin vom 29.06.2012 hat das Sozialgericht den für den Kläger im Rahmen des Bewo tätig gewordenen Sozialarbeiter S als Zeugen vernommen und den gesetzlichen Betreuer des Klägers zu dessen damaligen Lebensumständen befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
34Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 03.05.2013 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger für den fraglichen Zeitraum Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für insgesamt 24,33 FLS im Rahmen des Bewo zu gewähren, und der Beklagten vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Der Kläger leide unstreitig unter einer wesentlichen (seelischen) Behinderung. Seinem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stehe die eingerichtete rechtliche Betreuung nicht entgegen. Betreuung und Bewo-Leistungen folgten unterschiedlichen Zielsetzungen. Der Betreuer sei im Rahmen seines Aufgabenkreises (nur) der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Dabei habe er zwar den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderlaufe (§ 1901 BGB). Motivationsgespräche, die Anleitung zu selbständigem Handeln, das Aufstellen von Reinigungsplänen u.ä. gehörten allerdings nicht zum Aufgabenbereich eines Betreuers. Der neben der rechtlichen Betreuung bestehende und durch sie nicht zu deckende Bedarf des Klägers sei vom Zeugen S anschaulich erläutert worden. Dass dieser Bedarf etwa durch Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können, sei nicht ersichtlich. Die dem Kläger durch den Zeugen zuteil gewordene Unterstützung stelle sich auch inhaltlich überwiegend nicht als rechtliche Betreuung, sondern als Bewo-Leistung dar. Allerdings gehöre zum Aufgabenbereich des Betreuers angesichts seiner Befugnis zum Empfang der Post deren Bearbeitung mit dem Kläger; die hierauf vom Zeugen verwandte Zeit habe der Beklagte nicht zu vergüten. Dabei sei es - abweichend von den Angaben des Zeugen im Termin am 29.06.2012 - sachgerecht, den zeitlichen Aufwand für die Bearbeitung von Post mit wöchentlich zehn Minuten anzusetzen. In dem streitigen Zeitraum von rund 42 Wochen seien damit insgesamt sieben von 31,33 erbrachten FLS nicht vom Beklagten zu vergüten.
35Gegen das ihm am 28.05.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.06.2013 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass der Bedarf vorrangig durch eine Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können. Auch wenn der Kläger im Hilfeplan das Ziel benannt habe, sich wieder in eine regelmäßige psychiatrische Behandlung begeben zu wollen, rechtfertige dies keinesfalls den Ansatz von (wöchentlich) 25 Betreuungsminuten. Im Übrigen habe die Vernehmung des Zeugen S ergeben, dass es lediglich zu zwei Besuchen bei einem Psychiater gekommen sei. Dem könne entnommen werden, dass der Kläger letztlich keine psychiatrische Behandlung habe durchführen wollen. Selbst wenn er diese doch gewünscht hätte, wäre hierfür eine Anbindung an ein SPZ ausgereichend gewesen; von dort hätte dann auch Hilfestellung bei der Suche nach einem geeigneten Psychiater geleistet werden können.
36Der Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
40Die Anbindung an ein SPZ oder an eine Drogenberatungsstelle wäre im streitigen Zeitraum nicht förderlich gewesen. Neben dem Chaos in seiner Wohnung habe es auch Probleme mit dem Vermieter gegeben, der ihn aus der Wohnung habe weisen wollen.
41Die mit Beschluss des Senats vom 10.07.2014 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene äußert sich inhaltlich nicht zum Verfahren und stellt auch keinen Antrag.
42Der Senat hat Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Allgemeinmediziner I1 sowie bei Dr. I eingeholt. Herr I1 hat im Wesentlichen mitgeteilt, ihm sei eine langjährige psychische Instabilität des Klägers bekannt; er habe ihn jedoch ausschließlich wegen somatischer Beschwerden behandelt. Dr. I hat ausgeführt, bei einer "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sei von einer lang anhaltenden Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit auszugehen. Den Cannabiskonsum des Klägers schätze er eher als sekundär ein. Eine alleinige Anbindung an eine Drogenberatungsstelle wäre nicht ausreichend gewesen. Das Bewo sei gerade für junge Patienten eine sehr wirksame und sinnvolle Hilfe. Eine Empfehlung zum zeitlichen Umfang von Bewo-Maßnahmen hat Dr. I nicht abgegeben.
43Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, Verwaltungsvorgänge der Stadt C, Auszüge aus der Betreuungsakte des Amtsgerichts C - 5 XVII S 000/07 [= Amtsgericht L - 53 XVII Sch 000]), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
44Entscheidungsgründe:
45I. Führt einzig der Beklagte Berufung, ist Gegenstand der zweitinstanzlichen Prüfung allein, ob ihn das Sozialgericht zu Recht verurteilt hat, Kosten für 24,33 FLS im Bewo des Klägers zu tragen. Ob der Kläger für den betroffenen Zeitraum vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 - entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag - darüber hinaus einen für sieben weitere FLS höheren Anspruch gehabt hat, hat der Senat mangels klägerseitiger Berufung nicht zu beurteilen.
46II. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn die Klage ist zulässig (dazu 1.) und (jedenfalls) in dem vom Sozialgericht ausgesprochenen Umfang begründet (dazu 2.).
471. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 (§ 95 SGG) ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Forderung der Beigeladenen für die von ihr erbrachten FLS ist nach wie vor nicht beglichen. Ausgehend vom sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (vgl. dazu näher etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 12) geht es deshalb nicht um eine Kostenerstattung an den Kläger (im Sinne einer Geldleistung des Sozialhilfeträgers an den Leistungsempfänger), sondern um einen Schuldbeitritt des Beklagten (Sozialhilfeträger) zu einer Zahlungsverpflichtung, welche der Kläger (Leistungsempfänger) gegenüber der Beigeladenen (Leistungserbringer) hat.
48In diesem Dreiecksverhältnis war die Beigeladene nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig beizuladen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 13). Andere natürliche oder juristische Personen waren nicht zu dem Verfahren hinzuzuziehen. Insbesondere kam eine Beiladung des Trägers der Jugendhilfe nicht in Betracht. Zwar kann der Jugendhilfeträger nach den §§ 41, 35a SGB VIII ebenso wie der Beklagte zur Eingliederungshilfe und somit auch zu Leistungen des Bewo verpflichtet sein; seine sachliche Zuständigkeit endet jedoch grundsätzlich mit der Vollendung des 21. Lebensjahres der leistungsberechtigten Person (§ 41 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Der Kläger war zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 jedoch bereits 23 Jahre alt.
492. Die Klage ist (jedenfalls) in dem hier zur Prüfung gestellten Umfang (s.o. I.) begründet. Die angefochtenen Bescheide sind zwar formell (dazu a und b), nicht jedoch materiell (dazu c) rechtmäßig. Der Kläger ist damit beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Er hat (zumindest) im Umfang von 24,33 FLS Anspruch auf Leistungen des Bewo (dazu d); dies führt zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
50a) Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW) der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger.
51Seine sachliche Zuständigkeit beruht auf § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII, § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AV-SGB XII. Danach ist für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII für behinderte Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern, der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII umfasst die Zuständigkeit insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann; die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers erstreckt sich in diesen Fällen auch auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
52Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII (vgl. dazu Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 51 und 56). Der Kläger hat sich zeitlebens in C bzw. L und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vgl. dazu § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten vom 07.09.2005) tatsächlich aufgehalten.
53b) Sozial erfahrene Dritte sind nach § 116a Abs. 2 SGB XII vor Erlass des Widerspruchsbescheides beteiligt worden.
54c) Der Leistungsanspruch des Klägers ergibt sich "dem Grunde nach" (im Wesentlichen) aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX; z.T. möglicherweise (was der Senat offen lassen kann; dazu d) zudem aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV.
55aa) Ein Leistungsanspruch scheidet nicht schon deshalb aus, weil bereits keine Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestünde, welcher der Beklagte beitreten könnte.
56Innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bedarf es für die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Schuldbeitritt (welche vorliegend allein im Streit steht; s.o. II.1.) allerdings notwendigerweise des Bestehens einer Schuld im sog. Erfüllungsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem (Kläger) und Leistungserbringer (Beigeladene); ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer Schuld nicht denkbar (vgl. dazu Eicher in SGb 2013, 127 ff., 128; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 34, 193 m.w.N.). Eine solche Schuld des Klägers begründet der von ihm mit der Beigeladenen geschlossene Betreuungsvertrag vom 06.10.2010. Aus ihm geht hinreichend deutlich eine (zivil-) rechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers im Erfüllungsverhältnis hervor.
57Zwar enthält dieser Vertrag keine eindeutig formulierte Regelung zu einer vorrangingen Vergütungspflicht des Klägers für die von der Beigeladenen zu erbringenden Bewo-Leistungen. In Ziff. 3.3) scheinen die Vertragsparteien mit dem Abstellen auf eine Abrechnung mit dem Leistungsträger vielmehr von einer regelhaften Vergütungszahlung durch den Beklagten auszugehen. Dass dem Vertrag gleichwohl die Vorstellung einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung der Vergütung zugrunde liegt, ergibt sich aus Ziff. 3.4). Denn die dort vereinbarte Zahlungspflicht des Klägers für den Fall, dass (abweichend vom ersichtlich angenommenen Regelfall) wegen einsatzpflichtigen Einkommens oder Vermögens des Klägers eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers ganz oder teilweise nicht bestehen sollte, erscheint nur sinnvoll, wenn sie von einer grundsätzlichen (zivilrechtlichen) Einstandspflicht des Klägers für die Vergütung der von der Beigeladenen erbrachten Leistungen ausgeht. Letztlich stimmt diese dem Vertrag zugrundeliegende Vorstellung der Vertragsparteien überein mit der rechtsdogmatischen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und (ggf.) Sozialhilfeträger durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis. Ob sich diese Lesart derartiger Verträge - bei vom vorliegenden Fall abweichender Vertragsgestaltung - auch aus einer öffentlich-rechtlichen Überlagerung zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen Hilfeempfängern und Leistungserbringern durch die Normverträge nach § 75 SGB XII (vgl. dazu Eicher a.a.O., sowie Eicher/Jaritz a.a.O. Rn. 34) herleiten lässt, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung.
58bb) Auch an den wirtschaftlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen für Bewo nicht. Von Belang sind allein etwaiges anspruchsschädliches Einkommen oder Vermögen des Klägers selbst; denn er war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und lebte allein in der von ihm angemieteten Wohnung (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Die Kontakte zu seiner damaligen Freundin beschränkten sich auf Wochenendbesuche. Greifbare Anhaltspunkte liegen weder für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft noch einer Einstandsgemeinschaft mit seiner Mutter vor.
59Über einsatzpflichtiges Einkommen oder Vermögen verfügte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2010 bis Juli 2011 nicht. Stimmen die Beteiligten hierin ohnehin überein, so ergibt sich dies auch aus den aktenkundigen Angaben des Betreuers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, und die angesichts der Lebensumstände des Klägers nachvollziehbar und glaubhaft sind. Dessen Einkünfte aus Halbwaisenrente (unter 120 EUR monatlich), zeitweisen BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich) und Kindergeld (184 EUR monatlich) erreichten auch in der Summe keinen Betrag, der es dem Kläger ermöglicht hätte, sein Existenzminimum sicherzustellen, geschweige denn, sich (nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII) an den Kosten für die streitbefangenen Leistungen nach dem Sechsten Kapitel SGB XII zu beteiligen.
60cc) Die persönlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen der Eingliederungshilfe - ohne dass insoweit ein Ermessen des Leistungsträgers bestünde - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 3 EinglHV sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit in diesem Sinne zur Folge haben können, u.a. Suchtkrankheiten (Nr. 3) und Persönlichkeitsstörungen (Nr. 4).
61Der Kläger weist eine wesentliche (seelische) Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf. Denn er leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und erfüllt damit zumindest die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 EinglHV. Ob eine Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere aus einem Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009 und der fachlichen Stellungnahme des MPD des Beklagten vom 21.11.2011 lässt sich entnehmen, dass es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nachhaltig u.a. an Planungsfähigkeit sowie Durchhaltevermögen mangelte, und dass er sich bei gleichzeitiger Externalisierung von Verantwortlichkeit häufig selbst überschätzte. Dies beeinträchtigte nicht allein massiv seine soziale Eingliederung im Allgemeinen, sondern auch seine Fähigkeit, sich eigenständig im häuslichen Bereich zurechtzufinden. Seine erheblichen Schwierigkeiten, sich in ein geeignetes Wohnumfeld zu integrieren oder integrieren zu lassen, ziehen sich im Grunde seit seiner Kindheit durch seinen gesamten Lebenslauf. Die wesentliche Behinderung des Klägers ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
62dd) Die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind ebenfalls erfüllt.
63(1) Das Gesetz selbst benennt insoweit kaum konkretere Vorgaben. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII - der im Vergleich zu der bis zum 30.06.2011 geltenden Vorläuferregelung (§ 19 EinglHV) zwar eine eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten liefern soll (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 111), ohne dass jedoch diese gesetzgeberische Absicht die Auslegung der Vorschrift weiter befördern kann - benennt die "Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" als Beispiel für die ansonsten ihrer Art nach offenen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 Abs. 1 SGB IX). Der Begriff der (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten findet sich sonst nur in der Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Auch an dieser Stelle gibt das Gesetz jedoch nichts zur Präzisierung des Begriffs her (vgl. dazu auch ausführlich Dannat/Dillmann, br 2012, 1 ff., 2). Sicher erscheint allerdings, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten in § 98 Abs. 5 SGB XII einerseits und in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX andererseits inhaltlich identisch ist (vgl. BT.-Drs. 15/1514 S. 67 zu § 98 Abs. 5 SGB XII). Dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII "zu selbstbestimmtem" und "Wohnmöglichkeiten" lässt sich deshalb lediglich als Anhaltspunkt im Sinne einer Mindestvoraussetzung entnehmen, dass Leistungen des Bewo stets wohnungsbezogen sein und sich final ("zu") darauf richten müssen, ein selbstbestimmtes Leben in einer solchen Wohnmöglichkeit zu führen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX). Aus § 55 Abs. 1 SGB IX ergibt sich ferner, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Allgemeinen nicht in Betracht kommen, sofern sie bereits nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel SGB IX zu erbringen sind; ebenso wie nach § 2 SGB XII sind insofern bei der Frage, was Leistungen für betreuten Wohnmöglichkeiten sind, Subsidiaritätsgesichtspunkte zu beachten.
64(2) Die bisher - im Wesentlichen zu § 98 Abs. 5 SGB XII - vorliegende Rechtsprechung (insbesondere des BSG; vgl. Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f., bestätigt durch Urteil vom 25.04.2013 - B 8 SO 16/11 R Rn. 17) gibt zwar Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung des Bewo; unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein Anspruch auf Bewo-Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe besteht, legt sie jedoch nicht umfassend dar:
65(a) Das Urteil des BSG vom 25.08.2011 (a.a.O. Rn. 15, unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 sowie OVG Bremen, Beschluss vom 26.06.2006 - S 3 B 188/06) führt zum Begriff des Bewo im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (lediglich) konkretisierend aus, es komme nicht darauf an, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt werde. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten werde im Gesetz nicht näher definiert, habe sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe deshalb in erster Linie anhand des Hilfezwecks zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim Bewo sei aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach dürfe es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln; Hauptzielrichtung müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder in Wohngemeinschaften. Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten auf solche Wohnformen zu begrenzen, bei denen Betreuung und Wohnen institutionell verknüpft seien, wäre mit dem Regelungszweck des § 55 SGB IX unvereinbar.
66(b) Nach dem Urteil des LSG NRW vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 (Rn. 31 bis 33 m.w.N.) steht der Gewährung von Bewo-Leistungen nicht entgegen, wenn der Leistungsberechtigte die Wohnung, in der bzw. für die die Betreuungsleistungen erbracht werden sollen, selber anmietet, ohne dass dies mit der Betreuungsleistung verknüpft ist. Beim Bewo sei weniger auf die Wohnform abzustellen als auf Art und Zielsetzung der Betreuungsleistungen. Allerdings handele es sich nur dann um Bewo, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei dürfe es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln; diese müssten vielmehr regelmäßig erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, welche auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein müsse. Die möglichen Hilfeleistungen umfassten insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch eine Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen könne der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolge, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen könne.
67(c) Der Senat schließt sich den vorgenannten Entscheidungen dahingehend an, dass Bewo-Leistungen nicht nur dann erbracht werden können, wenn eine institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen vorliegt (eine ältere gegenteilige Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.06.2007 - L 13 SO 5/07 ER, des SG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.2005 - S 2 SO 256/06 ER sowie des SG Stade, Urteile vom 21.12.2009 - S 33 SO 16/07 und S 33 SO 18/07 dürfte sich durch das Urteil des BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f. überholt haben). Allerdings müssen die fraglichen Leistungen final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen. Insofern besteht auch keine Differenz zur zu dieser Frage vorliegenden Literatur (vgl. z.B. Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 52 bis 54, oder Dannat/Dillmann, br 2012, S. 1 ff.). Ob die Leistungen (mit dem LSG NRW a.a.O.) allein von fachlich geschultem Personal erbracht werden können und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein müssen, oder ob hiervon je nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls Ausnahmen möglich sind, kann der Senat im vorliegenden Zusammenhang offen lassen; denn der für die Beigeladene tätig gewordene Zeuge S besaß als Sozialarbeiter eine einschlägige fachliche Qualifikation; außerdem bestand ausweislich des Hilfeplans vom 30.12.2010 ein mit dem Betreuer des Klägers abgestimmtes Gesamtkonzept zu dessen Unterstützung.
68Davon ausgehend steht dem Leistungsanspruch des Klägers nicht entgegen, dass er im fraglichen Zeitraum in einer selbst angemieteten Wohnung gewohnt hat und die Leistungen vom Zeugen S unabhängig von der Anmietung der Wohnung erbracht wurden. Ferner waren die Leistungen auf gewisse Dauer, also auf Kontinuität angelegt und auch - zumindest teilweise unstreitig - auf das Ziel eines selbständigen Wohnens des Klägers bezogen. Eine solche Finalität der Leistungen lässt sich jedenfalls Ziffer 1 des Betreuungsvertrages vom 06.11.2010 entnehmen.
69(3) Fehlen konkretere gesetzliche Vorgaben für die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bewo-Leistungen im Einzelnen, so hat sich dessen weitere Prüfung am individuellen, personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe und damit an den sich daraus ergebenden konkreten Anforderungen zu orientieren. Diese hat das BSG (insbesondere in den Urteilen vom 02.02.2012 - B 8 SO 9/10 R und vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R) anknüpfend an die Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 53 Abs. 3 S. 2 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 55 Abs. 1 SGB IX entwickelt (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 50 ff.). Zwar sind diese Entscheidungen zur KFZ-Hilfe (im Rahmen von § 8 Abs. 1 EinglHV und § 9 Abs. 1 Nr. 11 EinglHV) ergangen; gleichwohl legen sie ausdrücklich Prüfungsschritte für jegliche Maßnahme der Eingliederungshilfe dar (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 14; im Übrigen hat das BSG selbst auf sein Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 Rn.14 Bezug genommen, in dem es jedoch um eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX ging).
70Ausgehend von einem individuellen und personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe ist im Rahmen einer Prognose zu fragen, welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden - dazu (a) -, ob die Maßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet - dazu (b) - und ob sie erforderlich ist - dazu (c) - (vgl. dazu bereits ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 54 ff.).
71(a) Die für den Kläger vorgesehenen Maßnahmen waren ausweislich des Hilfeplanes vom 30.12.2010 und nach Ziff. 1 des Betreuungsvertrages vom 06.10.2010 - jedenfalls im Wesentlichen - auf das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung in einem eigenen Haushalt gerichtet. Ausgehend von der insoweit maßgeblichen Vergleichsgruppe nicht behinderter, nicht sozialhilfebedürftiger Personen gleichen Alters (vgl. dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 53 und 57 m.w.N.) ist dies (auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 SGB XII) ein angemessenes Eingliederungshilfeziel. Denn nicht behinderte und nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesene 23-jährige Erwachsene führen, sofern sie nicht mehr im Elternhaus leben, üblicherweise ein selbständiges Leben in einem eigenen Haushalt. Die Altersgrenze von 25 Jahren in § 22 Abs. 5 SGB II steht dem nicht entgegen; denn bei den dort erfassten jungen Leistungsberechtigten nach dem SGB II geht es nicht um die hier maßgebende Vergleichsgruppe. Ohnehin war für den Kläger angesichts seiner problematischen Beziehung zur Mutter und die in der Vergangenheit gescheiterten Unterbringungen in anderen betreuten Wohnformen im hier fraglichen Zeitraum keine geeignete Unterkunftsalternative erkennbar (vgl. dazu auch § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II).
72(b) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen waren (zumindest im Wesentlichen; zu einzelnen Teilmaßnahmen siehe noch unten d) auch geeignet, das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung des Klägers in einem eigenen Haushalt zu erreichen.
73Bestand zwischen Frau G und dem Beklagten ein Vertrag nach § 75 SGB XII, so ist davon auszugehen, dass die Leistungen qualitativ diesem Vertrag bzw. der Anlage I zum Landesrahmenvertrag nach § 79 SGB XII entsprachen. Abweichungen sind denn auch weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
74Die Geeignetheit der von dem Kläger in Anspruch genommenen Leistungen kann jedenfalls bei der notwendigen prognostischen Ex-ante-Sicht nicht etwas deshalb verneint werden, weil von vornherein absehbar gewesen wäre, dass sie aufgrund der konkreten Umstände des Falles (insbesondere des Krankheitsbildes des Klägers) keine Aussicht auf Erfolg haben konnten. Zwar waren in der Vergangenheit zwei (z.T. sehr intensive) Bemühungen des Trägers der Jugendhilfe zur Eingliederung des Klägers in eine Bewo-Maßnahme erfolglos. Zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 lag die letzte dieser beiden Maßnahme jedoch bereits etwa zwei Jahre zurück; angesichts des damaligen Alters des Klägers war ein zwischenzeitlicher Entwicklungsfortschritt durch Nachreifung nicht ausgeschlossen. Sowohl der Hilfeplan vom 30.12.2010 als auch die fachärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. I vom 01.12.2010 sowie dessen Befundbericht vom 16.05.2014 befürworteten denn auch eine erneute Bewo-Maßnahme. Im Übrigen wurde in der fachlichen Stellungnahme des MPD vom 21.02.2011 nicht die Sinnhaftigkeit einer Bewo-Maßnahme bezweifelt, sondern nur die Frage aufgeworfen, ob andere Maßnahmen vorrangig sein könnten. Schließlich sprechen für eine prognostische Eignung der Maßnahme aus Ex-ante-Sicht auch die Ausführungen des Zeugen S bei seiner Vernehmung am 29.06.2012 sowie die von dem Zeugen gefertigte Verlaufsdokumentation, die hinsichtlich des genannten Eingliederungsziels positive Ansätze und Fortschritte des Klägers (etwa im Umgang mit Geld) erkennen lassen. Selbst wenn solche Fortschritte nicht erkennbar oder absehbar gewesen wären, würde dies jedoch die Eignung der Bewo-Maßnahme nicht grundsätzlich in Frage stellen. Der Senat hält es mit Blick auf § 53 Abs. 3 SGB XII vielmehr schon für ausreichend, wenn in diesem Fall die Maßnahme geeignet gewesen wäre, dem Kläger das Leben in einer eigenen Häuslichkeit im Sinne einer Zustandserhaltung zu ermöglichen (vgl. insoweit zu einer "zustandserhaltenden Beheimatung" im Rahmen stationärer Eingliederungshilfe das Urteil des erkennenden Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.).
75(c) Die streitgegenständliche Bewo-Maßnahme war zudem (grundsätzlich) erforderlich.
76Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Dies betrifft die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrang-/Nachrangverhältnisses der hier fraglichen Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist jeweils danach zu differenzieren, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die Bewo-Maßnahme gleich, gleichartig, ihr entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 22 ff., 23).
77(aa) Insofern besteht vorliegend kein Vorrang von Leistungen nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel des SGB IX (wie ihn § 55 Abs. 1 SGB IX anordnet). Denn derartige Leistungen - d.h. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Fünftes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 33) sowie die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen (Sechstes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 44) - sind im Falle des Klägers schon begrifflich nicht einschlägig.
78Zwar ist im Vierten Kapitel des SGB IX (etwa unter § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB IX) die psychotherapeutische Behandlung - ggf. einschließlich der von dem Beklagten als vorrangig angesehenen Anbindung an ein SPZ - angesprochen. Ein Vorrang solcher Maßnahmen vor denen des Bewo besteht jedenfalls im vorliegenden Fall gleichwohl nicht. Denn letztlich geht es bei diesen Maßnahmen nach dem Vierten Kapitel des SGB IX um therapeutische Einwirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand im Sinne des SGB V; diese sind aber damit nicht (jedenfalls nicht primär) auf die Ermöglichung selbstbestimmten Wohnens gerichtet (vgl. dazu insb. § 1 Abs. 1 S. 1 und § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V). Solche Maßnahmen und das im Falle des Klägers fragliche Bewo fallen vielmehr schon von ihrer Zielrichtung her auseinander. Auch wenn eine etwaige Therapiemaßnahme durch eine allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustandes zugleich die Fähigkeit des Klägers steigern mag, sein Leben im eigenen Haushalt zu bewältigen, führt dies als bloße (mögliche) Nebenfolge der Therapiemaßnahme jedenfalls im vorliegenden Einzelfall zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger war gegenüber regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlungen skeptisch; krankheitsbedingt war er ersichtlich nicht in der Lage, für sich den Sinn ambulanter Hilfs- bzw. Therapieangebote zu erkennen (sei es in Form einer ambulanten Psychotherapie, sei es durch eine Anbindung an ein SPZ), geschweige denn solche Angebote in Anspruch zu nehmen. Ein Gegenstand der hier streitigen Bewo-Leistung sollte es denn auch gerade sein, ihn an eine psychotherapeutische Behandlung bzw. sonstige ambulante Therapiemaßnahmen heranzuführen. Die genannten Alternativmaßnahmen bildeten deshalb - jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum - keine naheliegende und damit vorrangige Gestaltungsmöglichkeit. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine psychotherapeutische Behandlung keine gegenüber dem Bewo vorrangige Maßnahme sein kann, wenn der Betroffene - wie der Kläger - nicht bereit oder in der Lage ist, sich einer solchen Therapie zu unterziehen.
79(bb) Für eine vom Beklagten bzw. seinem MPD ins Feld geführte Anbindung des Klägers an eine Drogenberatungsstelle gilt im Ergebnis nichts anderes. Eine Drogenberatung ist auf den Umgang von suchtkranken bzw. suchtgefährdeten Personen oder ihrer Angehörigen mit einer (drohenden) Sucht und ggf. die Initiierung entsprechender Therapiemaßnahmen gerichtet (vgl. hierzu etwa das Angebot der Caritas unter http://www.caritas.de/ onlineberatung/sucht), jedoch nicht (primär) auf die Herbeiführung oder Stärkung der Fähigkeit, sich in einer eigenen Häuslichkeit zurecht zu finden. Hinzu kommt, dass beim Kläger weder nach dem Hilfeplan noch nach den Aufzeichnungen und den Äußerungen des Zeugen S noch nach dem Befundbericht des Dr. I vom 16.05.2014 eine Suchtproblematik im Vordergrund stand; deshalb ist ohnehin zweifelhaft, ob in der damaligen Situation des Klägers für eine Drogenberatung überhaupt ein Bedürfnis bestand.
80(cc) Auch eine denkbare Inanspruchnahme von Leistungen der ambulanten psychiatrischen Pflege (APP) als Unterfall der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) kam -unbeschadet der Ausführungen unter (aa) - nicht als vorrangige Leistung in Betracht. Denn Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden nur als (Krankenhaus-)Vermeidungs- bzw. Behandlungssicherungspflege gewährt (vgl. § 37 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB V). Beim Kläger bestand jedoch ersichtlich weder Bedarf noch Bereitschaft für eine Krankenhausbehandlung oder für eine fachpsychiatrische Behandlung, deren Erfolg durch eine APP hätte gesichert werden können. Ob auch das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung - die im Übrigen auch nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann (vgl. dazu nur § 4 Abs. 2 der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V einschließlich Anlage unter 27a) - einen Vorrang von Leistungen der APP verhindern kann, muss der Senat deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden.
81(dd) Schließlich besteht mit Blick auf den Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII bei Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nicht etwa ein genereller Vorrang der Betreuerleistungen gegenüber Leistungen des Bewo. Stellt § 2 SGB XII ohnehin keine eigenständige Ausschlussnorm dar (vgl. dazu etwa Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 2 Rn. 8 ff. m.w.N.), sind Aufgaben und Ziele der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB einerseits und der Leistungen des Bewo anderseits grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Zwar mögen beide Leistungen ihrer Art nach ineinander übergehen und sich in Teilbereichen auch überlagern können; systematisch ergeben sich jedoch komplementäre, aber in der konkreten Zuordnung doch zu unterscheidende Leistungsbereiche.
82Denn die (gesetzliche) Betreuung umfasst gemäß § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die "erforderlich" sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (nach weiterer Maßgabe der betreuungsrechtlichen Vorschriften des BGB) "rechtlich" zu besorgen. Dabei erzeugt die Voraussetzung der Erforderlichkeit einerseits und die Beschränkung der Betreuung auf allein rechtliche Besorgung von Angelegenheiten andererseits ein Spannungsverhältnis, für dessen Auflösung insbesondere die historische Gesetzesentwicklung zu beachten ist. Ausufernden Kosten für Betreuertätigkeiten sollte durch Beschränkung der Betreuung auf das rechtlich Notwendige und durch Abgrenzung von einer bloßen "sozialen Zuwendung" begegnet werden (vgl. BT-Drs. 13/7158 S. 33 f.). Im Grundsatz ist deshalb ein Betreuer - unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises - nur für die Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen selbst muss er hingegen nicht erbringen (vgl. dazu z.B. Kieß in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Auflage 2013, § 1901 BGB Rn. 13 ff.). Andererseits kann er sich nicht auf eine bloß verwaltungsmäßige Führung der Betreuung zurückziehen; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung, allerdings nur, soweit sie für die sachgerechte Durchführung der rechtlichen Betreuung geeignet und notwendig sind (Kieß a.a.O., Rn. 20 bis 28; BT-Drs. a.a.O.). Maßnahmen des Betreuers, die diesen Rahmen überschreiten oder sogar jeglichen Bezug zu der ihm übertragenen Rechtsfürsorge vermissen lassen, sind - den Gesetzesmaterialien folgend - als Ausdruck menschlicher Zuwendung zwar wünschenswert und für den Betreuten im Regelfall von unschätzbarem Nutzen; sie gehören gleichwohl nicht zu den dem Betreuer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben rechtlicher Interessenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. a.a.O.).
83Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser Eingliederungshilfe abgegrenzt (BGH, Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB dürfe ein Betreuer nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werde, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten. Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten. Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehörten insbesondere dann nicht zu seinem Aufgabenbereich, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die der Sozialhilfe - geregelt sei. Davon ausgehend falle etwa die (tatsächliche) Verwaltung des sozialhilferechtlichen Barbetrages in einer stationären Einrichtung dem Heimpersonal als Leistung der Eingliederungshilfe zu. Die Subsidiarität der Sozialhilfe stehe der Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des Barbetrags nicht entgegen. Denn zwar werde Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter gewährt; dies wirke sich jedoch nicht aus, weil eine für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung den Betreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der Barbeträge verpflichte und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrige.
84Der Senat macht sich diese vom Bundesgerichtshof erkannte Abgrenzung zu Eigen; wegen der die Erforderlichkeit einer Betreuung begrenzenden Regelung in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB steht auch bei Überschneidungen der Aufgabenbereiche von Betreuung und Eingliederungshilfe der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII (hier insbesondere nach dessen Abs. 2) der Gewährung von Eingliederungshilfe trotz eingerichteter Betreuung nicht entgegen. Vielmehr ist - im Gegenteil - die Betreuerleistung nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ihrerseits subsidiär gegenüber den Leistungen der Eingliederungshilfe. Wie zu verfahren wäre, wenn im Einzelfall trotz Naheliegen einer Betreuung (noch) keine gesetzliche Betreuung eingerichtet ist, hat der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden.
85Im Falle des Klägers sind deshalb für die Abgrenzung zwischen dem Bewo zuzurechnenden Hilfestellungen (ebenso wie bei anderen, ggf. der Eingliederungshilfe zuzurechnenden Tätigkeiten) und solchen, die der rechtlichen Betreuung zuzuordnen sind, die jeweiligen Aktivitäten in den Blick zu nehmen, die mit bzw. für den Kläger tatsächlich durchgeführt wurden und in die Abrechnung der Beigeladenen eingeflossen sind (dazu sogleich). Weist insoweit die Betreuungsdokumentation der Beigeladenen nicht ausschließlich Tätigkeiten aus, welche allein der rechtlichen Unterstützung des Klägers dienten, so können von vornherein jedenfalls nicht sämtliche erbrachten Leistungen bereits über die rechtliche Betreuung abzudecken gewesen sein.
86d) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen fallen in einem zeitlichen Umfang von zumindest 24,33 FLS (also jedenfalls in einem Umfang, für den das Sozialgericht den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichtet hat) als Maßnahmen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (und nicht in den des gesetzlichen Betreuers).
87Der Senat legt insoweit im Wesentlichen die Informationen zu Grunde, die sich aus der vom Zeugen S erstellten (erst im Berufungsverfahren beigezogenen) Betreuungsdokumentation ergeben. Die dortigen Einzelvermerke geben sowohl zum Inhalt als auch zur Dauer der jeweiligen Betreuungsleistungen erheblich differenzierter Aufschluss als die Angaben des Zeugen vor dem Sozialgericht am 29.06.2012. Hat der Zeuge die einzelnen Dokumentationsbeiträge (offenbar) zeitnah zur jeweiligen Betreuungsleistung gefertigt, so erscheinen sie wesentlich verlässlicher als seine protokollierten mündlichen Angaben während seiner Vernehmung, welche erst etwa 15 Monate nach Auslaufen der Leistungen nur auf dem Gedächtnis des Zeugen beruhten.
88Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen zur Abgrenzung von der gesetzlichen Betreuung stellen sämtliche Leistungen des Zeugen S, die sich auf das Erstellen von Haushaltsplänen, auf Gespräche über Einkaufs- und Konsumverhalten, auf Schulung im Umgang mit Geld usw. beziehen, ohne Weiteres Bewo-Leistungen dar. Denn ohne Kenntnisse und Fertigkeiten in der Haushaltsführung ist ein selbständiges und eigenverantwortliches Wohnen nicht denkbar. Zugleich besteht keinerlei Zusammenhang mit einer allein rechtlichen Hilfestellung.
89Auch die Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Versuche, den Kläger zu solchen Behandlungen zu motivieren, sieht der Senat jedenfalls dann als Leistungen des Bewo an, wenn sie sich - wie im Einzelfall des Klägers - in einem überschaubaren Rahmen halten und die Behandlung bzw. Therapie auf eine Stabilisierung im häuslichen Umfeld gerichtet ist. Von Letzterem ist bei psychotherapeutischen Behandlungen für das Krankheitsbild des Klägers auszugehen (ob in einem - vorliegend nicht einschlägigen - Ausnahmefall des § 37a SGB V anderes gälte, muss der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden). Abzugrenzen ist insoweit von den rein rechtlichen Entscheidungen etwa über eine konkrete Therapieaufnahme, eine Auswahl des Therapeuten bzw. Arztes, die Abgabe von Einverständniserklärungen u.ä. Derartige rechtliche Hilfestellungen fielen im vorliegenden Fall jedoch nicht an; denn die Bemühungen des Zeugen S mündeten nicht in der konkreten Aufnahme einer (insbesondere psychotherapeutischen) Behandlung.
90Auch die Begleitung zu Ämtern und Behörden rechnet der Senat zu den Bewo-Leistungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Begleitung (hier etwa das Aufsuchen des Jobcenters) dazu dient, das Nötige zu tun, um den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft sicherzustellen. Nur sofern in diesem Rahmen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben sind, fällt dies in die Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S insoweit seinen Aufgabenbereich überschritten hätte, bestehen nicht; denn der Betreuer des Klägers hat im Erörterungstermin am 29.06.2012 nachvollziehbar angegeben, in der Regel habe er Termine bei Ämtern und Behörden wahrgenommen, bei denen der Zeuge manchmal mit dabei gewesen sei.
91In entsprechender Weise sind die Aufgabenkreise auch hinsichtlich der Bearbeitung von Post abzugrenzen. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat insoweit keine umfassende Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers, selbst wenn sich dessen Bestellung (auch) auf die Postkontrolle erstreckt. Denn rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren der Post sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem sind der Hilfe zur selbstständigen Lebensführung im Bewo zuzurechnen. Nur rechtlich bedeutsame Handlungen (etwa eine rechtsrelevante Bearbeitung von Post durch Prüfung, ob fristgerecht Widerspruch eingelegt werden soll, etc.) wären Aufgabe des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S in Überschreitung seines Aufgabenkreises für den Kläger solche Rechtshandlungen vollzogen hätte, ergeben sich weder aus seinen Aufzeichnungen noch aus den Übrigen dem Senat vorliegenden Informationen.
92Schließlich sind auch die Aktivitäten des Zeugen S, die sich auf den Besuch einer Abendrealschule beziehen, (jedenfalls im Grundsatz) dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuzuweisen. Der Senat kann offenlassen, ob es sich dabei (ebenfalls) um Bewo-Leistungen handelt oder (zumindest auch) um solche zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung (gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV). Einerseits ergeben sich Zweifel an der Zuordnung dieser Aktivitäten zum Bewo insoweit, als eine finale Ausrichtung auf das Wohnen fehlen könnte. Andererseits erscheint, anknüpfend an den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, eine Hilfe zur selbstbestimmten Lebensgestaltung in einer eigenen Häuslichkeit auch durch Unterstützung des Klägers beim Schulbesuch denkbar, also wiederum als Bewo-Leistung. Hierauf kommt es jedoch nicht an; denn es sind (jedenfalls auch) die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV erfüllt. Dass der Kläger zu Beginn des fraglichen Zeitraums bereits sein 23. Lebensjahr vollendet und spätestens mit der Nachholung des Hauptschulabschlusses auch seine allgemeine Schulpflicht erfüllt hatte, steht einer Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung nicht entgegen. Die genannten Leistungen können vielmehr auch nach der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht noch erbracht werden, wenn der Unterrichtsbesuch durch unverschuldete Unterrichtsausfälle, Krankheit o.ä. hinausgezögert wurde (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, § 54 Rn. 41; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 53 - beide unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 5 C 1/88). Unterstützung beim bzw. Motivation zu einem Schulbesuch fällt nicht etwa in den (Eingliederungshilfeleistungen ausschließenden) Kernbereich pädagogischer Arbeit (vgl. dazu Wehrhahn a.a.O. Rn. 54). Der Besuch einer Realschule ist in § 12 Nr. 3 EinglHV zudem ausdrücklich genannt, so dass hierauf gerichtete Hilfen ohne Weiteres zum Leistungsspektrum zählen. Ein Nachholen des Realschulabschlusses kann im vorliegenden Einzelfall schließlich auch nicht (im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII) als unangemessen angesehen werden. Denn zwar hatte der Kläger ersichtlich behinderungsbedingt Schwierigkeiten, bestimmte Ziele mit dem notwendigen Durchhaltevermögen zu verfolgen. Durch Nachholung des Hauptschulabschlusses im Jahr 2005 hatte er jedoch bereits gezeigt, zu einem gewissen Durchhaltevermögen durchaus gelangen zu können. Dementsprechend hat etwa das Jobcenter der Maßnahme Erfolgsaussichten beigemessen, wenn es mit Blick auf die (Wieder-)Aufnahme der Schulausbildung (wieder) zu aufstockenden Leistungen an den Kläger bereit war. Nach den dem Senat vorliegenden Informationen, insbesondere mit Blick auf das Gutachten des Dr. P vom 20.09.2007 aus dem Betreuungsverfahren und das Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009, liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Realschulabschluss das intellektuelle Leistungsvermögen des Klägers überfordern würde. Insofern wäre ein solcher Abschluss eine für den Kläger angemessene Schulbildung; der Einwand des Beklagten, der Kläger verfüge bereits über einen Hauptschulabschluss, verfängt deshalb nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW ist der Beklagte schließlich auch für die Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung zuständig.
93In der Gesamtschau handelt es sich bei nahezu sämtlichen laut der Verlaufsdokumentation vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Hilfestellungen um Eingliederungshilfe (i.S.v. §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und/oder § 12 EinglHV). Zweifel könnten allenfalls bestehen, ob die am 09.11.2010 und am 31.03.2011 erbrachten Leistungen "Begleitung zur Abendrealschule wg. Anmeldung. Anschließend Unterstützung bei Besorgungen" (190 Minuten) bzw. "Information, dass Antrag auf Bewo abgelehnt wurde und Erläuterung des Widerspruchsverfahrens. Geldauszahlung" (30 Minuten) vollständig dazu zu rechnen sind. Einer abschließenden Beurteilung bedarf dies jedoch nicht; denn selbst wenn man diese beiden Hilfestellungen vollständig von den insgesamt für den Kläger erbrachten FLS in Abzug bringt, verbleibt immer noch ein Zeitraum von (deutlich) mehr als 24,33 FLS.
94III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
95Durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten bleibt die - inhaltlich nicht zu beanstandende - Kostenentscheidung des Sozialgerichts bestehen. Da der Beklagte im Berufungsverfahren vollständig unterlegen ist, hat er die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers insoweit in vollem Umfang zu tragen.
96Es entspricht im vorliegenden Fall nicht billigem Ermessen, der Beigeladenen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; denn sie hat keinen Antrag gestellt und sich auch inhaltlich nicht am Verfahren beteiligt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 11a).
97IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren verbleibt es bei der dortigen Kostenentscheidung. Im Übrigen findet eine Erstattung von Kosten nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten, ob bzw. in welchem Umfang dem Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Oktober 2010 bis Juli 2011 Leistungen der Eingliederungshilfe (insbesondere) in Form des sog. ambulant betreuten Wohnens (Bewo) zustehen.
3Der am 00.00.1987 geborene Kläger, der durchgehend im Raum C bzw. in L lebte, leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Sein Heranwachsen war begleitet von einem häufigen Wechsel der Bezugspersonen. Bereits im Jugendalter kam es zu delinquentem Verhalten und Drogenmissbrauch (im Wesentlichen in Form von Cannabiskonsum). In den Jahren 2006/2007 unternahm er mehrere Suizidversuche. Das Krankheitsbild ist geprägt einerseits von starken Stimmungsschwankungen sowie impulsivem und provozierendem Verhalten, andererseits von einer gewissen Blockadehaltung dann, wenn von außen versucht wird, den Kläger zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Der Umgang mit Geld bereitet dem Kläger große Probleme; ihm zur freien Verfügung stehende finanzielle Mittel gibt er nach dem Lustprinzip aus, ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen. Ein Grad der Behinderung von 50 ist zuerkannt.
4Im Oktober 2007 richtete das Amtsgericht C (5 XVII S 000/07) eine rechtliche Betreuung für den Kläger ein. Diese wird von einem Berufsbetreuer durchgeführt und erstreckt sich auf die Bereiche alle Vermögensangelegenheiten, Postkontrolle, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, Gesundheitsfürsorge sowie in deren Rahmen die Aufenthaltsbestimmung". Im Juni 2008 ordnete das Betreuungsgericht zusätzlich einen Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögensangelegenheiten an.
5Nach der Trennung seiner von den Philippinen stammenden Mutter von seinem (an einer schweren Alkoholkrankheit leidenden) Vater lebte der Kläger seit seinem siebten Lebensjahr zunächst bei seiner Mutter. Da diese im Schichtdienst arbeitete, war er parallel in wechselnden Pflegefamilien untergebracht. Weder innerhalb noch außerhalb der Herkunftsamilie konnte man dem Kläger jedoch erzieherisch gerecht werden, sodass er zu verwahrlosen drohte. Ab Februar 1996 wurde daher versucht, ihn in eine Kinderhausgruppe zu integrieren, was allerdings misslang. Anschließend erfolgte bis Dezember 1999 eine schrittweise Rückführung in den Haushalt der Mutter. Dort kam es im Laufe der Zeit wieder zu massiven Problemen, was die Unterbringung des Klägers in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung zur Folge hatte. Von April 2001 bis Januar 2004 lebte er in der Außenwohngruppe eines Kinderdorfes in C. Auch dort gestaltete sich das Zusammenleben schwierig; die Verhaltensauffälligkeiten konnten trotz Einsatzes eines zusätzlichen Einzelbetreuers nicht erfolgreich bearbeitet werden. Der Kläger entzog sich häufig dem Einfluss der Einrichtung und suchte den regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter. Anschließend lebte er wechselnd teils bei Freunden, Bekannten oder seiner Mutter, teils aber auch in Notunterkünften oder auf der Straße.
6Seit 1993 besuchte der Kläger verschiedene Grundschulen. 1999 wechselte er an eine Hauptschule in C, die er vor Abschluss des zweiten Halbjahres der Klasse 9 im Sommer 2002 verlassen musste. Ab Herbst 2002 schloss sich der Besuch einer Vorklasse zum Berufsgrundschuljahr an. 2004 oder 2005 holte der Kläger in Eigenregie den Hauptschulabschluss nach. Eine Lehrstelle oder eine feste Arbeit fand er in der Folgezeit nicht, sondern arbeitete in verschiedenen Aushilfsjobs, insbesondere auf dem Bau und im Malerbereich. Im Februar 2010 meldete er sich bei der Tages- und Abendrealschule L an; wegen hoher Fehlzeiten und Unzuverlässigkeit musste er die Schulausbildung im Herbst 2010 abbrechen. Nach Beginn der im vorliegenden Verfahren fraglichen Bewo-Maßnahme meldete sich der Kläger erneut zur Nachholung des Realschulabschlusses bei einer L Abendrealschule an, die er etwa seit Februar 2011 besuchte. Auch dieser Versuch scheiterte jedoch; bereits im Mai 2011 war absehbar, dass er den Abschluss wegen hoher Fehlzeiten nicht schaffen würde.
7Das Jugendamt C gewährte dem Kläger zweimal Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige (§ 41 KJHG i.V.m. § 35a SGB VIII). Der erste Leistungszeitraum begann am 02.01.2007 und umfasste fünf Fachleistungsstunden (FLS) pro Woche. Die Maßnahme brach der Kläger nach etwa sechs Monaten ab. Auf Initiative des zwischenzeitlich für ihn bestellten Betreuers bewilligte die Stadt C erneut Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige in einem Umfang von vier FLS pro Woche, beginnend ab dem 14.12.2007. Diese Leistungen wurden im Oktober 2008 eingestellt, weil der Kläger sich nicht kooperativ verhielt; er pflanzte Cannabis an und trat gegenüber den Bewo-Mitarbeitern aggressiv auf.
8Der Betreuer brachte den Kläger anschließend vorübergehend in einer Privatwohnung unter. Von dort zog der Kläger in eine Wohnung in L, die er sich selber gesucht und zum 01.05.2010 von einem privaten Vermieter angemietet hatte. Die Kosten für diese etwa 36 m² große Einzimmer-Wohnung beliefen sich einschließlich Heiz- und Nebenkostenvorauszahlung auf 280 EUR monatlich. Seinerzeit hatte der Kläger eine Freundin, die allerdings nicht bei ihm wohnte, und zu der er vorwiegend nur an den Wochenenden Kontakt hatte.
9Am 06.10.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin G der Beigeladenen, die damals Bewo-Leistungen noch als Einzelperson anbot, einen bis zum 05.10.2011 befristeten "Betreuungsvertrag". Zwischen Frau G und dem Beklagten bestand eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 SGB XII nach Maßgabe des Rahmenvertrages NRW auf der Grundlage von § 79 SGB XII.
10Ziffer 1 des Vertrages enthält unter der Überschrift "Ziel der Betreuung" folgende Regelung:
11"Grundsätzliches Ziel des betreuten Wohnens ist es, jede(n) Betreute(n) bei seiner/ihrer Lebensbewältigung gemäß seiner/ihrer Möglichkeiten zu unterstützen und zu fördern. Die Ausgestaltung der Betreuung erfolgt in beiderseitigem Einvernehmen und soll den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen möglichst weitgehend Rechnung tragen."
12Unter Ziffer 3 des Vertrages (Überschrift: "Grundsätzliche Betreuungsregelungen") findet sich folgender Passus:
13"3.1) die Betreuung erfolgt durch unsere/n Mitarbeiter Fr./Hr. S. Bei Krankheit und Urlaub wird sie/er durch eine/n Kolleginnen des betreuten Wohnens vertreten.
14[ ...]
153.3) Damit die erbrachten Leistungen mit dem Leistungsträger abgerechnet werden können, verpflichtet sich Fr./Hr. T die von uns erbrachten Leistungen zu quittieren.
163.4) Sofern sich durch wirtschaftliche Prüfung des Sozialhilfeträgers herausstellt, dass aufgrund des von Fr./Hr. T vorhandenen Einkommens und/oder Vermögens eine Finanzierung der Betreuungsleistungen durch den Sozialhilfeträger nur teilweise oder gar nicht übernommen wird, verpflichtet sich Fr./Hr. T hiermit, alle sich aus diesem Vertrag ergebenden finanziellen Verpflichtungen unverzüglich aus eigenen Mitteln an uns zu leisten.
17Sollte dieser Fall vorliegen, so wird Fr./Hr. T ein Sonderkündigungsrecht von 14 Tagen nach Bekanntwerden eingeräumt. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
18Die Zahlungsverpflichtung aus eigenen Mitteln gilt auch, wenn aufgrund fehlender Mitwirkung (z.B. fehlender Quittierung) eine Kostenübernahme durch den Kostenträger versagt wird."
19Darüber hinausgehende Regelungen zur Vergütung bzw. zum Inhalt der Betreuungsleistungen enthält der Vertrag nicht.
20Ab dem 06.10.2010 nahm der Zeuge S, der Sozialarbeiter ist, die Betreuung des Klägers auf. Bis zum 25.07.2011 wurden Betreuungsleistungen von insgesamt 31,33 FLS erbracht. Hinsichtlich des Inhalts dieser Leistungen im Einzelnen wird auf die Verlaufsdokumentation (Blatt 110 f. der Gerichtsakten) Bezug genommen. Unter Zugrundelegung der Vergütungsvereinbarung der Frau G mit dem Beklagten ergab sich nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Vergütungsforderung i.H.v. 1.894,84 EUR; diese ist nach wie vor nicht beglichen.
21Der vermögenslose Kläger verfügte in der Vergangenheit über Einkünfte durch Halbwaisenrente nach seinem 2005 verstorbenen Vater (unter 120 EUR monatlich), Kindergeld (184 EUR monatlich) und (zeitweise) BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich). Zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts bezog er zusätzlich für gewisse Zeiträume aufstockende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bzw. nach dem SGB II.
22Am 01.10.2010 zeigte Frau G dem Beklagten an, dass sie den Kläger ab dem 04.10.2010 betreue. In der Folgezeit übersandte sie als Beleg für die Notwendigkeit von Bewo-Leistungen eine fachärztliche Stellungnahme des den Kläger behandelnden Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. I vom 01.12.2010, bei dem sich der Kläger einmalig in Behandlung befunden hatte, sowie einen Hilfeplan vom 30.10.2010 für den Zeitraum vom 06.10.2010 bis 05.10.2011. In dem Hilfeplan waren 1,75 FLS pro Woche vorgesehen; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Hilfeplan (Blatt 9 bis 14 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten) Bezug genommen.
23Der medizinisch-psychosoziale Dienst (MPD) des Beklagten führte in einer fachlichen Stellungnahme vom 21.02.2011 aus, es sei von einer wesentlichen seelischen Behinderung des Klägers auszugehen. Mit Blick auf den Hilfebedarf bleibe zu prüfen, welche Aufgaben der gesetzliche Betreuer übernehmen könne, und welche Aufgaben nachrangig der Eingliederungshilfe zuzurechnen seien. Zudem sollten die Möglichkeiten einer Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum (SPZ) sowie die Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle geprüft werden.
24Mit (an den Kläger gerichtetem) Bescheid vom 31.03.2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Bewo-Leistungen ab. Nach § 2 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer die erforderlichen Leistungen vom Träger anderer Sozialleistungen oder von anderen Personen bzw. Organisationen erhalten könne. Aus dem Hilfeplan vom 30.10.2010 ergebe sich kein Hilfebedarf, der nicht vorrangig von anderen Leistungsträgern zu decken wäre. So sei seit Juli 2007 eine umfangreiche rechtliche Betreuung einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten angeordnet. Der Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge umfasse die Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung und Beratung. In den Aufgabenbereich des Betreuers falle zudem die Unterstützung des Klägers im Umgang mit Ämtern und Behörden sowie die Regelung von Formalitäten im Zusammenhang mit dem geplanten Schulbesuch. Wie im Hilfeplan beschrieben, nehme der Betreuer schließlich auch die Aufgabe wahr, den Umgang des Klägers mit seinen finanziellen Mitteln zu verbessern, indem er ihm das Geld einteile. Sinnvoll wäre zudem eine Anbindung an ein SPZ und eine Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle.
25Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, sein Eingliederungshilfebedarf sei durch die sachverständige Hilfeplankonferenz festgestellt. Die gesetzliche Betreuung diene dem Rechtsverkehr, nicht der Eingliederung. Hilfen des betreuten Wohnens würden auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch eine gesetzliche Betreuung abgedeckt.
26Nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011). Zur Begründung führte er ergänzend aus, der im Hilfeplan genannte Bedarf an Sichtung der Post und deren Bearbeitung, die Begleitung zu Behördenterminen, die Erstellung eines Haushaltsplanes sowie Gespräche über das Konsumverhalten würden bereits durch die rechtliche Betreuung abgedeckt. Einer Aufstellung eines Reinigungsplanes, Anleitung bei der Reinigung der Wohnung sowie Motivation des Klägers zur Reinigung und Überprüfung des Zustandes der Wohnung bedürfe es nicht; aus dem Hilfeplan gehe hervor, dass es der Kläger im Großen und Ganzen allein schaffe, in seiner Wohnung Ordnung zu halten. Zum selbständigen Wohnen sei es nicht nötig, dass sich die Wohnung immer in einem makellosen Zustand befinde, zumal jeder das Ausmaß von Sauberkeit und Ordnung unterschiedlich definiere. Durch Unsauberkeit und Unordnung werde selbständiges Wohnen erst dann gefährdet, wenn die Wohnung zu vermüllen drohe; davon sei im Hilfeplan jedoch nicht die Rede. Ein Motivationsbedarf zum regelmäßigen Schulbesuch oder eine Unterstützung bei den mit dem Schulbesuch verbundenen Formalitäten sei nicht erkennbar. Denn dem Kläger sei es schon in der Vergangenheit bei der Nachholung des Hauptschulabschlusses gelungen, die Formalitäten in Eigenregie zu bewältigen und selbständig eine Schule zu besuchen. Nach seinen eigenen Angaben scheitere der Schulbesuch auch nicht an mangelnder Motivation, sondern daran, dass ihm von einem Bekannten aufgelauert werde, der ihn verprügeln wolle. Der unregelmäßige Schulbesuch sei demnach nicht auf die (seelische) Behinderung, sondern auf die Bedrohung durch Dritte zurückzuführen.
27Am 13.08.2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Hilfebedarf sei durch die fachärztliche Stellungnahme des Dr. I, den Hilfeplan und ein im Betreuungsverfahren erstelltes Gutachten des Psychiaters Dr. P vom 20.09.2007 erwiesen. Dieser Bedarf sei nicht durch seinen Betreuer zu decken. Der Betreuer könne weder zur Unterstützung bei der Führung des Haushalts noch im Bereich der sozialen Lebensführung herangezogen werden. Dabei sei der Hilfebedarf des Klägers wegen seines Alters und der Art seiner seelischen Behinderung gerade auf diesem Gebiet besonders umfangreich. Hinsichtlich einer therapeutischen Anbindung habe er sich zwar unsicher gezeigt, diese aber mehrfach gewünscht. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei es in solchen Fällen, den Betroffenen zu motivieren, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, um eine Verbesserung des Erkrankungsbildes und somit eine größere Selbständigkeit bzw. Handlungsfähigkeit zu erlangen. Eine bloße Weiterleitung der Post an den Betreuer sei der Verselbständigung des Klägers nicht dienlich. Motivation und Anleitung zum Aufräumen und Säubern der Wohnung sei selbstverständlich erforderlich gewesen, um zu verhindern, dass diese in einen desolaten Zustand geriet. Wenn es erkrankungsbedingt Phasen gegeben habe, in denen der Kläger die Schule vernachlässigt habe, so habe dies durch Motivation und Unterstützung aufgefangen werden müssen. Bei seinem Behinderungsbild seien Schwankungen in sämtlichen Lebensbereichen üblich.
28Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
29den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 zu verurteilen, dem Kläger vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 31,33 FLS im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
30Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Einer Motivation zu einer psychiatrischen Behandlung habe es nicht bedurft, weil der Kläger - was zu respektieren sei - eine solche nicht gewünscht habe. Nach dem Hilfeplan sei er motiviert gewesen, die Realschule zu besuchen. Wenn er sie anschließend nur unregelmäßig besucht habe, so sei daraus zu folgern, dass er seinen Entschluss geändert habe und ihm ein weiterer Schulabschluss offenbar nicht mehr wichtig gewesen sei. Sein Bedarf an Gesprächen über den Umgang mit Geld habe vorrangig durch Gespräche mit seinem rechtlichen Betreuer gedeckt werden können.
33In einem Erörterungstermin vom 29.06.2012 hat das Sozialgericht den für den Kläger im Rahmen des Bewo tätig gewordenen Sozialarbeiter S als Zeugen vernommen und den gesetzlichen Betreuer des Klägers zu dessen damaligen Lebensumständen befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
34Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 03.05.2013 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger für den fraglichen Zeitraum Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für insgesamt 24,33 FLS im Rahmen des Bewo zu gewähren, und der Beklagten vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Der Kläger leide unstreitig unter einer wesentlichen (seelischen) Behinderung. Seinem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stehe die eingerichtete rechtliche Betreuung nicht entgegen. Betreuung und Bewo-Leistungen folgten unterschiedlichen Zielsetzungen. Der Betreuer sei im Rahmen seines Aufgabenkreises (nur) der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Dabei habe er zwar den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderlaufe (§ 1901 BGB). Motivationsgespräche, die Anleitung zu selbständigem Handeln, das Aufstellen von Reinigungsplänen u.ä. gehörten allerdings nicht zum Aufgabenbereich eines Betreuers. Der neben der rechtlichen Betreuung bestehende und durch sie nicht zu deckende Bedarf des Klägers sei vom Zeugen S anschaulich erläutert worden. Dass dieser Bedarf etwa durch Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können, sei nicht ersichtlich. Die dem Kläger durch den Zeugen zuteil gewordene Unterstützung stelle sich auch inhaltlich überwiegend nicht als rechtliche Betreuung, sondern als Bewo-Leistung dar. Allerdings gehöre zum Aufgabenbereich des Betreuers angesichts seiner Befugnis zum Empfang der Post deren Bearbeitung mit dem Kläger; die hierauf vom Zeugen verwandte Zeit habe der Beklagte nicht zu vergüten. Dabei sei es - abweichend von den Angaben des Zeugen im Termin am 29.06.2012 - sachgerecht, den zeitlichen Aufwand für die Bearbeitung von Post mit wöchentlich zehn Minuten anzusetzen. In dem streitigen Zeitraum von rund 42 Wochen seien damit insgesamt sieben von 31,33 erbrachten FLS nicht vom Beklagten zu vergüten.
35Gegen das ihm am 28.05.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.06.2013 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass der Bedarf vorrangig durch eine Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können. Auch wenn der Kläger im Hilfeplan das Ziel benannt habe, sich wieder in eine regelmäßige psychiatrische Behandlung begeben zu wollen, rechtfertige dies keinesfalls den Ansatz von (wöchentlich) 25 Betreuungsminuten. Im Übrigen habe die Vernehmung des Zeugen S ergeben, dass es lediglich zu zwei Besuchen bei einem Psychiater gekommen sei. Dem könne entnommen werden, dass der Kläger letztlich keine psychiatrische Behandlung habe durchführen wollen. Selbst wenn er diese doch gewünscht hätte, wäre hierfür eine Anbindung an ein SPZ ausgereichend gewesen; von dort hätte dann auch Hilfestellung bei der Suche nach einem geeigneten Psychiater geleistet werden können.
36Der Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
40Die Anbindung an ein SPZ oder an eine Drogenberatungsstelle wäre im streitigen Zeitraum nicht förderlich gewesen. Neben dem Chaos in seiner Wohnung habe es auch Probleme mit dem Vermieter gegeben, der ihn aus der Wohnung habe weisen wollen.
41Die mit Beschluss des Senats vom 10.07.2014 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene äußert sich inhaltlich nicht zum Verfahren und stellt auch keinen Antrag.
42Der Senat hat Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Allgemeinmediziner I1 sowie bei Dr. I eingeholt. Herr I1 hat im Wesentlichen mitgeteilt, ihm sei eine langjährige psychische Instabilität des Klägers bekannt; er habe ihn jedoch ausschließlich wegen somatischer Beschwerden behandelt. Dr. I hat ausgeführt, bei einer "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sei von einer lang anhaltenden Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit auszugehen. Den Cannabiskonsum des Klägers schätze er eher als sekundär ein. Eine alleinige Anbindung an eine Drogenberatungsstelle wäre nicht ausreichend gewesen. Das Bewo sei gerade für junge Patienten eine sehr wirksame und sinnvolle Hilfe. Eine Empfehlung zum zeitlichen Umfang von Bewo-Maßnahmen hat Dr. I nicht abgegeben.
43Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, Verwaltungsvorgänge der Stadt C, Auszüge aus der Betreuungsakte des Amtsgerichts C - 5 XVII S 000/07 [= Amtsgericht L - 53 XVII Sch 000]), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
44Entscheidungsgründe:
45I. Führt einzig der Beklagte Berufung, ist Gegenstand der zweitinstanzlichen Prüfung allein, ob ihn das Sozialgericht zu Recht verurteilt hat, Kosten für 24,33 FLS im Bewo des Klägers zu tragen. Ob der Kläger für den betroffenen Zeitraum vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 - entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag - darüber hinaus einen für sieben weitere FLS höheren Anspruch gehabt hat, hat der Senat mangels klägerseitiger Berufung nicht zu beurteilen.
46II. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn die Klage ist zulässig (dazu 1.) und (jedenfalls) in dem vom Sozialgericht ausgesprochenen Umfang begründet (dazu 2.).
471. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 (§ 95 SGG) ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Forderung der Beigeladenen für die von ihr erbrachten FLS ist nach wie vor nicht beglichen. Ausgehend vom sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (vgl. dazu näher etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 12) geht es deshalb nicht um eine Kostenerstattung an den Kläger (im Sinne einer Geldleistung des Sozialhilfeträgers an den Leistungsempfänger), sondern um einen Schuldbeitritt des Beklagten (Sozialhilfeträger) zu einer Zahlungsverpflichtung, welche der Kläger (Leistungsempfänger) gegenüber der Beigeladenen (Leistungserbringer) hat.
48In diesem Dreiecksverhältnis war die Beigeladene nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig beizuladen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 13). Andere natürliche oder juristische Personen waren nicht zu dem Verfahren hinzuzuziehen. Insbesondere kam eine Beiladung des Trägers der Jugendhilfe nicht in Betracht. Zwar kann der Jugendhilfeträger nach den §§ 41, 35a SGB VIII ebenso wie der Beklagte zur Eingliederungshilfe und somit auch zu Leistungen des Bewo verpflichtet sein; seine sachliche Zuständigkeit endet jedoch grundsätzlich mit der Vollendung des 21. Lebensjahres der leistungsberechtigten Person (§ 41 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Der Kläger war zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 jedoch bereits 23 Jahre alt.
492. Die Klage ist (jedenfalls) in dem hier zur Prüfung gestellten Umfang (s.o. I.) begründet. Die angefochtenen Bescheide sind zwar formell (dazu a und b), nicht jedoch materiell (dazu c) rechtmäßig. Der Kläger ist damit beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Er hat (zumindest) im Umfang von 24,33 FLS Anspruch auf Leistungen des Bewo (dazu d); dies führt zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
50a) Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW) der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger.
51Seine sachliche Zuständigkeit beruht auf § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII, § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AV-SGB XII. Danach ist für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII für behinderte Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern, der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII umfasst die Zuständigkeit insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann; die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers erstreckt sich in diesen Fällen auch auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
52Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII (vgl. dazu Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 51 und 56). Der Kläger hat sich zeitlebens in C bzw. L und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vgl. dazu § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten vom 07.09.2005) tatsächlich aufgehalten.
53b) Sozial erfahrene Dritte sind nach § 116a Abs. 2 SGB XII vor Erlass des Widerspruchsbescheides beteiligt worden.
54c) Der Leistungsanspruch des Klägers ergibt sich "dem Grunde nach" (im Wesentlichen) aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX; z.T. möglicherweise (was der Senat offen lassen kann; dazu d) zudem aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV.
55aa) Ein Leistungsanspruch scheidet nicht schon deshalb aus, weil bereits keine Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestünde, welcher der Beklagte beitreten könnte.
56Innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bedarf es für die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Schuldbeitritt (welche vorliegend allein im Streit steht; s.o. II.1.) allerdings notwendigerweise des Bestehens einer Schuld im sog. Erfüllungsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem (Kläger) und Leistungserbringer (Beigeladene); ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer Schuld nicht denkbar (vgl. dazu Eicher in SGb 2013, 127 ff., 128; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 34, 193 m.w.N.). Eine solche Schuld des Klägers begründet der von ihm mit der Beigeladenen geschlossene Betreuungsvertrag vom 06.10.2010. Aus ihm geht hinreichend deutlich eine (zivil-) rechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers im Erfüllungsverhältnis hervor.
57Zwar enthält dieser Vertrag keine eindeutig formulierte Regelung zu einer vorrangingen Vergütungspflicht des Klägers für die von der Beigeladenen zu erbringenden Bewo-Leistungen. In Ziff. 3.3) scheinen die Vertragsparteien mit dem Abstellen auf eine Abrechnung mit dem Leistungsträger vielmehr von einer regelhaften Vergütungszahlung durch den Beklagten auszugehen. Dass dem Vertrag gleichwohl die Vorstellung einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung der Vergütung zugrunde liegt, ergibt sich aus Ziff. 3.4). Denn die dort vereinbarte Zahlungspflicht des Klägers für den Fall, dass (abweichend vom ersichtlich angenommenen Regelfall) wegen einsatzpflichtigen Einkommens oder Vermögens des Klägers eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers ganz oder teilweise nicht bestehen sollte, erscheint nur sinnvoll, wenn sie von einer grundsätzlichen (zivilrechtlichen) Einstandspflicht des Klägers für die Vergütung der von der Beigeladenen erbrachten Leistungen ausgeht. Letztlich stimmt diese dem Vertrag zugrundeliegende Vorstellung der Vertragsparteien überein mit der rechtsdogmatischen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und (ggf.) Sozialhilfeträger durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis. Ob sich diese Lesart derartiger Verträge - bei vom vorliegenden Fall abweichender Vertragsgestaltung - auch aus einer öffentlich-rechtlichen Überlagerung zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen Hilfeempfängern und Leistungserbringern durch die Normverträge nach § 75 SGB XII (vgl. dazu Eicher a.a.O., sowie Eicher/Jaritz a.a.O. Rn. 34) herleiten lässt, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung.
58bb) Auch an den wirtschaftlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen für Bewo nicht. Von Belang sind allein etwaiges anspruchsschädliches Einkommen oder Vermögen des Klägers selbst; denn er war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und lebte allein in der von ihm angemieteten Wohnung (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Die Kontakte zu seiner damaligen Freundin beschränkten sich auf Wochenendbesuche. Greifbare Anhaltspunkte liegen weder für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft noch einer Einstandsgemeinschaft mit seiner Mutter vor.
59Über einsatzpflichtiges Einkommen oder Vermögen verfügte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2010 bis Juli 2011 nicht. Stimmen die Beteiligten hierin ohnehin überein, so ergibt sich dies auch aus den aktenkundigen Angaben des Betreuers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, und die angesichts der Lebensumstände des Klägers nachvollziehbar und glaubhaft sind. Dessen Einkünfte aus Halbwaisenrente (unter 120 EUR monatlich), zeitweisen BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich) und Kindergeld (184 EUR monatlich) erreichten auch in der Summe keinen Betrag, der es dem Kläger ermöglicht hätte, sein Existenzminimum sicherzustellen, geschweige denn, sich (nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII) an den Kosten für die streitbefangenen Leistungen nach dem Sechsten Kapitel SGB XII zu beteiligen.
60cc) Die persönlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen der Eingliederungshilfe - ohne dass insoweit ein Ermessen des Leistungsträgers bestünde - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 3 EinglHV sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit in diesem Sinne zur Folge haben können, u.a. Suchtkrankheiten (Nr. 3) und Persönlichkeitsstörungen (Nr. 4).
61Der Kläger weist eine wesentliche (seelische) Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf. Denn er leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und erfüllt damit zumindest die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 EinglHV. Ob eine Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere aus einem Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009 und der fachlichen Stellungnahme des MPD des Beklagten vom 21.11.2011 lässt sich entnehmen, dass es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nachhaltig u.a. an Planungsfähigkeit sowie Durchhaltevermögen mangelte, und dass er sich bei gleichzeitiger Externalisierung von Verantwortlichkeit häufig selbst überschätzte. Dies beeinträchtigte nicht allein massiv seine soziale Eingliederung im Allgemeinen, sondern auch seine Fähigkeit, sich eigenständig im häuslichen Bereich zurechtzufinden. Seine erheblichen Schwierigkeiten, sich in ein geeignetes Wohnumfeld zu integrieren oder integrieren zu lassen, ziehen sich im Grunde seit seiner Kindheit durch seinen gesamten Lebenslauf. Die wesentliche Behinderung des Klägers ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
62dd) Die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind ebenfalls erfüllt.
63(1) Das Gesetz selbst benennt insoweit kaum konkretere Vorgaben. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII - der im Vergleich zu der bis zum 30.06.2011 geltenden Vorläuferregelung (§ 19 EinglHV) zwar eine eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten liefern soll (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 111), ohne dass jedoch diese gesetzgeberische Absicht die Auslegung der Vorschrift weiter befördern kann - benennt die "Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" als Beispiel für die ansonsten ihrer Art nach offenen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 Abs. 1 SGB IX). Der Begriff der (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten findet sich sonst nur in der Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Auch an dieser Stelle gibt das Gesetz jedoch nichts zur Präzisierung des Begriffs her (vgl. dazu auch ausführlich Dannat/Dillmann, br 2012, 1 ff., 2). Sicher erscheint allerdings, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten in § 98 Abs. 5 SGB XII einerseits und in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX andererseits inhaltlich identisch ist (vgl. BT.-Drs. 15/1514 S. 67 zu § 98 Abs. 5 SGB XII). Dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII "zu selbstbestimmtem" und "Wohnmöglichkeiten" lässt sich deshalb lediglich als Anhaltspunkt im Sinne einer Mindestvoraussetzung entnehmen, dass Leistungen des Bewo stets wohnungsbezogen sein und sich final ("zu") darauf richten müssen, ein selbstbestimmtes Leben in einer solchen Wohnmöglichkeit zu führen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX). Aus § 55 Abs. 1 SGB IX ergibt sich ferner, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Allgemeinen nicht in Betracht kommen, sofern sie bereits nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel SGB IX zu erbringen sind; ebenso wie nach § 2 SGB XII sind insofern bei der Frage, was Leistungen für betreuten Wohnmöglichkeiten sind, Subsidiaritätsgesichtspunkte zu beachten.
64(2) Die bisher - im Wesentlichen zu § 98 Abs. 5 SGB XII - vorliegende Rechtsprechung (insbesondere des BSG; vgl. Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f., bestätigt durch Urteil vom 25.04.2013 - B 8 SO 16/11 R Rn. 17) gibt zwar Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung des Bewo; unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein Anspruch auf Bewo-Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe besteht, legt sie jedoch nicht umfassend dar:
65(a) Das Urteil des BSG vom 25.08.2011 (a.a.O. Rn. 15, unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 sowie OVG Bremen, Beschluss vom 26.06.2006 - S 3 B 188/06) führt zum Begriff des Bewo im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (lediglich) konkretisierend aus, es komme nicht darauf an, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt werde. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten werde im Gesetz nicht näher definiert, habe sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe deshalb in erster Linie anhand des Hilfezwecks zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim Bewo sei aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach dürfe es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln; Hauptzielrichtung müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder in Wohngemeinschaften. Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten auf solche Wohnformen zu begrenzen, bei denen Betreuung und Wohnen institutionell verknüpft seien, wäre mit dem Regelungszweck des § 55 SGB IX unvereinbar.
66(b) Nach dem Urteil des LSG NRW vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 (Rn. 31 bis 33 m.w.N.) steht der Gewährung von Bewo-Leistungen nicht entgegen, wenn der Leistungsberechtigte die Wohnung, in der bzw. für die die Betreuungsleistungen erbracht werden sollen, selber anmietet, ohne dass dies mit der Betreuungsleistung verknüpft ist. Beim Bewo sei weniger auf die Wohnform abzustellen als auf Art und Zielsetzung der Betreuungsleistungen. Allerdings handele es sich nur dann um Bewo, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei dürfe es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln; diese müssten vielmehr regelmäßig erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, welche auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein müsse. Die möglichen Hilfeleistungen umfassten insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch eine Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen könne der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolge, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen könne.
67(c) Der Senat schließt sich den vorgenannten Entscheidungen dahingehend an, dass Bewo-Leistungen nicht nur dann erbracht werden können, wenn eine institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen vorliegt (eine ältere gegenteilige Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.06.2007 - L 13 SO 5/07 ER, des SG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.2005 - S 2 SO 256/06 ER sowie des SG Stade, Urteile vom 21.12.2009 - S 33 SO 16/07 und S 33 SO 18/07 dürfte sich durch das Urteil des BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f. überholt haben). Allerdings müssen die fraglichen Leistungen final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen. Insofern besteht auch keine Differenz zur zu dieser Frage vorliegenden Literatur (vgl. z.B. Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 52 bis 54, oder Dannat/Dillmann, br 2012, S. 1 ff.). Ob die Leistungen (mit dem LSG NRW a.a.O.) allein von fachlich geschultem Personal erbracht werden können und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein müssen, oder ob hiervon je nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls Ausnahmen möglich sind, kann der Senat im vorliegenden Zusammenhang offen lassen; denn der für die Beigeladene tätig gewordene Zeuge S besaß als Sozialarbeiter eine einschlägige fachliche Qualifikation; außerdem bestand ausweislich des Hilfeplans vom 30.12.2010 ein mit dem Betreuer des Klägers abgestimmtes Gesamtkonzept zu dessen Unterstützung.
68Davon ausgehend steht dem Leistungsanspruch des Klägers nicht entgegen, dass er im fraglichen Zeitraum in einer selbst angemieteten Wohnung gewohnt hat und die Leistungen vom Zeugen S unabhängig von der Anmietung der Wohnung erbracht wurden. Ferner waren die Leistungen auf gewisse Dauer, also auf Kontinuität angelegt und auch - zumindest teilweise unstreitig - auf das Ziel eines selbständigen Wohnens des Klägers bezogen. Eine solche Finalität der Leistungen lässt sich jedenfalls Ziffer 1 des Betreuungsvertrages vom 06.11.2010 entnehmen.
69(3) Fehlen konkretere gesetzliche Vorgaben für die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bewo-Leistungen im Einzelnen, so hat sich dessen weitere Prüfung am individuellen, personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe und damit an den sich daraus ergebenden konkreten Anforderungen zu orientieren. Diese hat das BSG (insbesondere in den Urteilen vom 02.02.2012 - B 8 SO 9/10 R und vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R) anknüpfend an die Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 53 Abs. 3 S. 2 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 55 Abs. 1 SGB IX entwickelt (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 50 ff.). Zwar sind diese Entscheidungen zur KFZ-Hilfe (im Rahmen von § 8 Abs. 1 EinglHV und § 9 Abs. 1 Nr. 11 EinglHV) ergangen; gleichwohl legen sie ausdrücklich Prüfungsschritte für jegliche Maßnahme der Eingliederungshilfe dar (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 14; im Übrigen hat das BSG selbst auf sein Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 Rn.14 Bezug genommen, in dem es jedoch um eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX ging).
70Ausgehend von einem individuellen und personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe ist im Rahmen einer Prognose zu fragen, welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden - dazu (a) -, ob die Maßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet - dazu (b) - und ob sie erforderlich ist - dazu (c) - (vgl. dazu bereits ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 54 ff.).
71(a) Die für den Kläger vorgesehenen Maßnahmen waren ausweislich des Hilfeplanes vom 30.12.2010 und nach Ziff. 1 des Betreuungsvertrages vom 06.10.2010 - jedenfalls im Wesentlichen - auf das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung in einem eigenen Haushalt gerichtet. Ausgehend von der insoweit maßgeblichen Vergleichsgruppe nicht behinderter, nicht sozialhilfebedürftiger Personen gleichen Alters (vgl. dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 53 und 57 m.w.N.) ist dies (auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 SGB XII) ein angemessenes Eingliederungshilfeziel. Denn nicht behinderte und nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesene 23-jährige Erwachsene führen, sofern sie nicht mehr im Elternhaus leben, üblicherweise ein selbständiges Leben in einem eigenen Haushalt. Die Altersgrenze von 25 Jahren in § 22 Abs. 5 SGB II steht dem nicht entgegen; denn bei den dort erfassten jungen Leistungsberechtigten nach dem SGB II geht es nicht um die hier maßgebende Vergleichsgruppe. Ohnehin war für den Kläger angesichts seiner problematischen Beziehung zur Mutter und die in der Vergangenheit gescheiterten Unterbringungen in anderen betreuten Wohnformen im hier fraglichen Zeitraum keine geeignete Unterkunftsalternative erkennbar (vgl. dazu auch § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II).
72(b) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen waren (zumindest im Wesentlichen; zu einzelnen Teilmaßnahmen siehe noch unten d) auch geeignet, das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung des Klägers in einem eigenen Haushalt zu erreichen.
73Bestand zwischen Frau G und dem Beklagten ein Vertrag nach § 75 SGB XII, so ist davon auszugehen, dass die Leistungen qualitativ diesem Vertrag bzw. der Anlage I zum Landesrahmenvertrag nach § 79 SGB XII entsprachen. Abweichungen sind denn auch weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
74Die Geeignetheit der von dem Kläger in Anspruch genommenen Leistungen kann jedenfalls bei der notwendigen prognostischen Ex-ante-Sicht nicht etwas deshalb verneint werden, weil von vornherein absehbar gewesen wäre, dass sie aufgrund der konkreten Umstände des Falles (insbesondere des Krankheitsbildes des Klägers) keine Aussicht auf Erfolg haben konnten. Zwar waren in der Vergangenheit zwei (z.T. sehr intensive) Bemühungen des Trägers der Jugendhilfe zur Eingliederung des Klägers in eine Bewo-Maßnahme erfolglos. Zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 lag die letzte dieser beiden Maßnahme jedoch bereits etwa zwei Jahre zurück; angesichts des damaligen Alters des Klägers war ein zwischenzeitlicher Entwicklungsfortschritt durch Nachreifung nicht ausgeschlossen. Sowohl der Hilfeplan vom 30.12.2010 als auch die fachärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. I vom 01.12.2010 sowie dessen Befundbericht vom 16.05.2014 befürworteten denn auch eine erneute Bewo-Maßnahme. Im Übrigen wurde in der fachlichen Stellungnahme des MPD vom 21.02.2011 nicht die Sinnhaftigkeit einer Bewo-Maßnahme bezweifelt, sondern nur die Frage aufgeworfen, ob andere Maßnahmen vorrangig sein könnten. Schließlich sprechen für eine prognostische Eignung der Maßnahme aus Ex-ante-Sicht auch die Ausführungen des Zeugen S bei seiner Vernehmung am 29.06.2012 sowie die von dem Zeugen gefertigte Verlaufsdokumentation, die hinsichtlich des genannten Eingliederungsziels positive Ansätze und Fortschritte des Klägers (etwa im Umgang mit Geld) erkennen lassen. Selbst wenn solche Fortschritte nicht erkennbar oder absehbar gewesen wären, würde dies jedoch die Eignung der Bewo-Maßnahme nicht grundsätzlich in Frage stellen. Der Senat hält es mit Blick auf § 53 Abs. 3 SGB XII vielmehr schon für ausreichend, wenn in diesem Fall die Maßnahme geeignet gewesen wäre, dem Kläger das Leben in einer eigenen Häuslichkeit im Sinne einer Zustandserhaltung zu ermöglichen (vgl. insoweit zu einer "zustandserhaltenden Beheimatung" im Rahmen stationärer Eingliederungshilfe das Urteil des erkennenden Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.).
75(c) Die streitgegenständliche Bewo-Maßnahme war zudem (grundsätzlich) erforderlich.
76Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Dies betrifft die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrang-/Nachrangverhältnisses der hier fraglichen Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist jeweils danach zu differenzieren, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die Bewo-Maßnahme gleich, gleichartig, ihr entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 22 ff., 23).
77(aa) Insofern besteht vorliegend kein Vorrang von Leistungen nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel des SGB IX (wie ihn § 55 Abs. 1 SGB IX anordnet). Denn derartige Leistungen - d.h. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Fünftes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 33) sowie die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen (Sechstes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 44) - sind im Falle des Klägers schon begrifflich nicht einschlägig.
78Zwar ist im Vierten Kapitel des SGB IX (etwa unter § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB IX) die psychotherapeutische Behandlung - ggf. einschließlich der von dem Beklagten als vorrangig angesehenen Anbindung an ein SPZ - angesprochen. Ein Vorrang solcher Maßnahmen vor denen des Bewo besteht jedenfalls im vorliegenden Fall gleichwohl nicht. Denn letztlich geht es bei diesen Maßnahmen nach dem Vierten Kapitel des SGB IX um therapeutische Einwirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand im Sinne des SGB V; diese sind aber damit nicht (jedenfalls nicht primär) auf die Ermöglichung selbstbestimmten Wohnens gerichtet (vgl. dazu insb. § 1 Abs. 1 S. 1 und § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V). Solche Maßnahmen und das im Falle des Klägers fragliche Bewo fallen vielmehr schon von ihrer Zielrichtung her auseinander. Auch wenn eine etwaige Therapiemaßnahme durch eine allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustandes zugleich die Fähigkeit des Klägers steigern mag, sein Leben im eigenen Haushalt zu bewältigen, führt dies als bloße (mögliche) Nebenfolge der Therapiemaßnahme jedenfalls im vorliegenden Einzelfall zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger war gegenüber regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlungen skeptisch; krankheitsbedingt war er ersichtlich nicht in der Lage, für sich den Sinn ambulanter Hilfs- bzw. Therapieangebote zu erkennen (sei es in Form einer ambulanten Psychotherapie, sei es durch eine Anbindung an ein SPZ), geschweige denn solche Angebote in Anspruch zu nehmen. Ein Gegenstand der hier streitigen Bewo-Leistung sollte es denn auch gerade sein, ihn an eine psychotherapeutische Behandlung bzw. sonstige ambulante Therapiemaßnahmen heranzuführen. Die genannten Alternativmaßnahmen bildeten deshalb - jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum - keine naheliegende und damit vorrangige Gestaltungsmöglichkeit. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine psychotherapeutische Behandlung keine gegenüber dem Bewo vorrangige Maßnahme sein kann, wenn der Betroffene - wie der Kläger - nicht bereit oder in der Lage ist, sich einer solchen Therapie zu unterziehen.
79(bb) Für eine vom Beklagten bzw. seinem MPD ins Feld geführte Anbindung des Klägers an eine Drogenberatungsstelle gilt im Ergebnis nichts anderes. Eine Drogenberatung ist auf den Umgang von suchtkranken bzw. suchtgefährdeten Personen oder ihrer Angehörigen mit einer (drohenden) Sucht und ggf. die Initiierung entsprechender Therapiemaßnahmen gerichtet (vgl. hierzu etwa das Angebot der Caritas unter http://www.caritas.de/ onlineberatung/sucht), jedoch nicht (primär) auf die Herbeiführung oder Stärkung der Fähigkeit, sich in einer eigenen Häuslichkeit zurecht zu finden. Hinzu kommt, dass beim Kläger weder nach dem Hilfeplan noch nach den Aufzeichnungen und den Äußerungen des Zeugen S noch nach dem Befundbericht des Dr. I vom 16.05.2014 eine Suchtproblematik im Vordergrund stand; deshalb ist ohnehin zweifelhaft, ob in der damaligen Situation des Klägers für eine Drogenberatung überhaupt ein Bedürfnis bestand.
80(cc) Auch eine denkbare Inanspruchnahme von Leistungen der ambulanten psychiatrischen Pflege (APP) als Unterfall der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) kam -unbeschadet der Ausführungen unter (aa) - nicht als vorrangige Leistung in Betracht. Denn Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden nur als (Krankenhaus-)Vermeidungs- bzw. Behandlungssicherungspflege gewährt (vgl. § 37 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB V). Beim Kläger bestand jedoch ersichtlich weder Bedarf noch Bereitschaft für eine Krankenhausbehandlung oder für eine fachpsychiatrische Behandlung, deren Erfolg durch eine APP hätte gesichert werden können. Ob auch das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung - die im Übrigen auch nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann (vgl. dazu nur § 4 Abs. 2 der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V einschließlich Anlage unter 27a) - einen Vorrang von Leistungen der APP verhindern kann, muss der Senat deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden.
81(dd) Schließlich besteht mit Blick auf den Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII bei Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nicht etwa ein genereller Vorrang der Betreuerleistungen gegenüber Leistungen des Bewo. Stellt § 2 SGB XII ohnehin keine eigenständige Ausschlussnorm dar (vgl. dazu etwa Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 2 Rn. 8 ff. m.w.N.), sind Aufgaben und Ziele der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB einerseits und der Leistungen des Bewo anderseits grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Zwar mögen beide Leistungen ihrer Art nach ineinander übergehen und sich in Teilbereichen auch überlagern können; systematisch ergeben sich jedoch komplementäre, aber in der konkreten Zuordnung doch zu unterscheidende Leistungsbereiche.
82Denn die (gesetzliche) Betreuung umfasst gemäß § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die "erforderlich" sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (nach weiterer Maßgabe der betreuungsrechtlichen Vorschriften des BGB) "rechtlich" zu besorgen. Dabei erzeugt die Voraussetzung der Erforderlichkeit einerseits und die Beschränkung der Betreuung auf allein rechtliche Besorgung von Angelegenheiten andererseits ein Spannungsverhältnis, für dessen Auflösung insbesondere die historische Gesetzesentwicklung zu beachten ist. Ausufernden Kosten für Betreuertätigkeiten sollte durch Beschränkung der Betreuung auf das rechtlich Notwendige und durch Abgrenzung von einer bloßen "sozialen Zuwendung" begegnet werden (vgl. BT-Drs. 13/7158 S. 33 f.). Im Grundsatz ist deshalb ein Betreuer - unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises - nur für die Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen selbst muss er hingegen nicht erbringen (vgl. dazu z.B. Kieß in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Auflage 2013, § 1901 BGB Rn. 13 ff.). Andererseits kann er sich nicht auf eine bloß verwaltungsmäßige Führung der Betreuung zurückziehen; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung, allerdings nur, soweit sie für die sachgerechte Durchführung der rechtlichen Betreuung geeignet und notwendig sind (Kieß a.a.O., Rn. 20 bis 28; BT-Drs. a.a.O.). Maßnahmen des Betreuers, die diesen Rahmen überschreiten oder sogar jeglichen Bezug zu der ihm übertragenen Rechtsfürsorge vermissen lassen, sind - den Gesetzesmaterialien folgend - als Ausdruck menschlicher Zuwendung zwar wünschenswert und für den Betreuten im Regelfall von unschätzbarem Nutzen; sie gehören gleichwohl nicht zu den dem Betreuer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben rechtlicher Interessenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. a.a.O.).
83Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser Eingliederungshilfe abgegrenzt (BGH, Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB dürfe ein Betreuer nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werde, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten. Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten. Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehörten insbesondere dann nicht zu seinem Aufgabenbereich, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die der Sozialhilfe - geregelt sei. Davon ausgehend falle etwa die (tatsächliche) Verwaltung des sozialhilferechtlichen Barbetrages in einer stationären Einrichtung dem Heimpersonal als Leistung der Eingliederungshilfe zu. Die Subsidiarität der Sozialhilfe stehe der Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des Barbetrags nicht entgegen. Denn zwar werde Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter gewährt; dies wirke sich jedoch nicht aus, weil eine für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung den Betreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der Barbeträge verpflichte und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrige.
84Der Senat macht sich diese vom Bundesgerichtshof erkannte Abgrenzung zu Eigen; wegen der die Erforderlichkeit einer Betreuung begrenzenden Regelung in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB steht auch bei Überschneidungen der Aufgabenbereiche von Betreuung und Eingliederungshilfe der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII (hier insbesondere nach dessen Abs. 2) der Gewährung von Eingliederungshilfe trotz eingerichteter Betreuung nicht entgegen. Vielmehr ist - im Gegenteil - die Betreuerleistung nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ihrerseits subsidiär gegenüber den Leistungen der Eingliederungshilfe. Wie zu verfahren wäre, wenn im Einzelfall trotz Naheliegen einer Betreuung (noch) keine gesetzliche Betreuung eingerichtet ist, hat der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden.
85Im Falle des Klägers sind deshalb für die Abgrenzung zwischen dem Bewo zuzurechnenden Hilfestellungen (ebenso wie bei anderen, ggf. der Eingliederungshilfe zuzurechnenden Tätigkeiten) und solchen, die der rechtlichen Betreuung zuzuordnen sind, die jeweiligen Aktivitäten in den Blick zu nehmen, die mit bzw. für den Kläger tatsächlich durchgeführt wurden und in die Abrechnung der Beigeladenen eingeflossen sind (dazu sogleich). Weist insoweit die Betreuungsdokumentation der Beigeladenen nicht ausschließlich Tätigkeiten aus, welche allein der rechtlichen Unterstützung des Klägers dienten, so können von vornherein jedenfalls nicht sämtliche erbrachten Leistungen bereits über die rechtliche Betreuung abzudecken gewesen sein.
86d) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen fallen in einem zeitlichen Umfang von zumindest 24,33 FLS (also jedenfalls in einem Umfang, für den das Sozialgericht den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichtet hat) als Maßnahmen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (und nicht in den des gesetzlichen Betreuers).
87Der Senat legt insoweit im Wesentlichen die Informationen zu Grunde, die sich aus der vom Zeugen S erstellten (erst im Berufungsverfahren beigezogenen) Betreuungsdokumentation ergeben. Die dortigen Einzelvermerke geben sowohl zum Inhalt als auch zur Dauer der jeweiligen Betreuungsleistungen erheblich differenzierter Aufschluss als die Angaben des Zeugen vor dem Sozialgericht am 29.06.2012. Hat der Zeuge die einzelnen Dokumentationsbeiträge (offenbar) zeitnah zur jeweiligen Betreuungsleistung gefertigt, so erscheinen sie wesentlich verlässlicher als seine protokollierten mündlichen Angaben während seiner Vernehmung, welche erst etwa 15 Monate nach Auslaufen der Leistungen nur auf dem Gedächtnis des Zeugen beruhten.
88Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen zur Abgrenzung von der gesetzlichen Betreuung stellen sämtliche Leistungen des Zeugen S, die sich auf das Erstellen von Haushaltsplänen, auf Gespräche über Einkaufs- und Konsumverhalten, auf Schulung im Umgang mit Geld usw. beziehen, ohne Weiteres Bewo-Leistungen dar. Denn ohne Kenntnisse und Fertigkeiten in der Haushaltsführung ist ein selbständiges und eigenverantwortliches Wohnen nicht denkbar. Zugleich besteht keinerlei Zusammenhang mit einer allein rechtlichen Hilfestellung.
89Auch die Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Versuche, den Kläger zu solchen Behandlungen zu motivieren, sieht der Senat jedenfalls dann als Leistungen des Bewo an, wenn sie sich - wie im Einzelfall des Klägers - in einem überschaubaren Rahmen halten und die Behandlung bzw. Therapie auf eine Stabilisierung im häuslichen Umfeld gerichtet ist. Von Letzterem ist bei psychotherapeutischen Behandlungen für das Krankheitsbild des Klägers auszugehen (ob in einem - vorliegend nicht einschlägigen - Ausnahmefall des § 37a SGB V anderes gälte, muss der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden). Abzugrenzen ist insoweit von den rein rechtlichen Entscheidungen etwa über eine konkrete Therapieaufnahme, eine Auswahl des Therapeuten bzw. Arztes, die Abgabe von Einverständniserklärungen u.ä. Derartige rechtliche Hilfestellungen fielen im vorliegenden Fall jedoch nicht an; denn die Bemühungen des Zeugen S mündeten nicht in der konkreten Aufnahme einer (insbesondere psychotherapeutischen) Behandlung.
90Auch die Begleitung zu Ämtern und Behörden rechnet der Senat zu den Bewo-Leistungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Begleitung (hier etwa das Aufsuchen des Jobcenters) dazu dient, das Nötige zu tun, um den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft sicherzustellen. Nur sofern in diesem Rahmen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben sind, fällt dies in die Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S insoweit seinen Aufgabenbereich überschritten hätte, bestehen nicht; denn der Betreuer des Klägers hat im Erörterungstermin am 29.06.2012 nachvollziehbar angegeben, in der Regel habe er Termine bei Ämtern und Behörden wahrgenommen, bei denen der Zeuge manchmal mit dabei gewesen sei.
91In entsprechender Weise sind die Aufgabenkreise auch hinsichtlich der Bearbeitung von Post abzugrenzen. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat insoweit keine umfassende Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers, selbst wenn sich dessen Bestellung (auch) auf die Postkontrolle erstreckt. Denn rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren der Post sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem sind der Hilfe zur selbstständigen Lebensführung im Bewo zuzurechnen. Nur rechtlich bedeutsame Handlungen (etwa eine rechtsrelevante Bearbeitung von Post durch Prüfung, ob fristgerecht Widerspruch eingelegt werden soll, etc.) wären Aufgabe des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S in Überschreitung seines Aufgabenkreises für den Kläger solche Rechtshandlungen vollzogen hätte, ergeben sich weder aus seinen Aufzeichnungen noch aus den Übrigen dem Senat vorliegenden Informationen.
92Schließlich sind auch die Aktivitäten des Zeugen S, die sich auf den Besuch einer Abendrealschule beziehen, (jedenfalls im Grundsatz) dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuzuweisen. Der Senat kann offenlassen, ob es sich dabei (ebenfalls) um Bewo-Leistungen handelt oder (zumindest auch) um solche zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung (gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV). Einerseits ergeben sich Zweifel an der Zuordnung dieser Aktivitäten zum Bewo insoweit, als eine finale Ausrichtung auf das Wohnen fehlen könnte. Andererseits erscheint, anknüpfend an den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, eine Hilfe zur selbstbestimmten Lebensgestaltung in einer eigenen Häuslichkeit auch durch Unterstützung des Klägers beim Schulbesuch denkbar, also wiederum als Bewo-Leistung. Hierauf kommt es jedoch nicht an; denn es sind (jedenfalls auch) die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV erfüllt. Dass der Kläger zu Beginn des fraglichen Zeitraums bereits sein 23. Lebensjahr vollendet und spätestens mit der Nachholung des Hauptschulabschlusses auch seine allgemeine Schulpflicht erfüllt hatte, steht einer Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung nicht entgegen. Die genannten Leistungen können vielmehr auch nach der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht noch erbracht werden, wenn der Unterrichtsbesuch durch unverschuldete Unterrichtsausfälle, Krankheit o.ä. hinausgezögert wurde (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, § 54 Rn. 41; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 53 - beide unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 5 C 1/88). Unterstützung beim bzw. Motivation zu einem Schulbesuch fällt nicht etwa in den (Eingliederungshilfeleistungen ausschließenden) Kernbereich pädagogischer Arbeit (vgl. dazu Wehrhahn a.a.O. Rn. 54). Der Besuch einer Realschule ist in § 12 Nr. 3 EinglHV zudem ausdrücklich genannt, so dass hierauf gerichtete Hilfen ohne Weiteres zum Leistungsspektrum zählen. Ein Nachholen des Realschulabschlusses kann im vorliegenden Einzelfall schließlich auch nicht (im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII) als unangemessen angesehen werden. Denn zwar hatte der Kläger ersichtlich behinderungsbedingt Schwierigkeiten, bestimmte Ziele mit dem notwendigen Durchhaltevermögen zu verfolgen. Durch Nachholung des Hauptschulabschlusses im Jahr 2005 hatte er jedoch bereits gezeigt, zu einem gewissen Durchhaltevermögen durchaus gelangen zu können. Dementsprechend hat etwa das Jobcenter der Maßnahme Erfolgsaussichten beigemessen, wenn es mit Blick auf die (Wieder-)Aufnahme der Schulausbildung (wieder) zu aufstockenden Leistungen an den Kläger bereit war. Nach den dem Senat vorliegenden Informationen, insbesondere mit Blick auf das Gutachten des Dr. P vom 20.09.2007 aus dem Betreuungsverfahren und das Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009, liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Realschulabschluss das intellektuelle Leistungsvermögen des Klägers überfordern würde. Insofern wäre ein solcher Abschluss eine für den Kläger angemessene Schulbildung; der Einwand des Beklagten, der Kläger verfüge bereits über einen Hauptschulabschluss, verfängt deshalb nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW ist der Beklagte schließlich auch für die Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung zuständig.
93In der Gesamtschau handelt es sich bei nahezu sämtlichen laut der Verlaufsdokumentation vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Hilfestellungen um Eingliederungshilfe (i.S.v. §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und/oder § 12 EinglHV). Zweifel könnten allenfalls bestehen, ob die am 09.11.2010 und am 31.03.2011 erbrachten Leistungen "Begleitung zur Abendrealschule wg. Anmeldung. Anschließend Unterstützung bei Besorgungen" (190 Minuten) bzw. "Information, dass Antrag auf Bewo abgelehnt wurde und Erläuterung des Widerspruchsverfahrens. Geldauszahlung" (30 Minuten) vollständig dazu zu rechnen sind. Einer abschließenden Beurteilung bedarf dies jedoch nicht; denn selbst wenn man diese beiden Hilfestellungen vollständig von den insgesamt für den Kläger erbrachten FLS in Abzug bringt, verbleibt immer noch ein Zeitraum von (deutlich) mehr als 24,33 FLS.
94III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
95Durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten bleibt die - inhaltlich nicht zu beanstandende - Kostenentscheidung des Sozialgerichts bestehen. Da der Beklagte im Berufungsverfahren vollständig unterlegen ist, hat er die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers insoweit in vollem Umfang zu tragen.
96Es entspricht im vorliegenden Fall nicht billigem Ermessen, der Beigeladenen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; denn sie hat keinen Antrag gestellt und sich auch inhaltlich nicht am Verfahren beteiligt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 11a).
97IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütungsvereinbarung Bezug genommen.
6Entsprechende Verträge ebenfalls für den Bereich des Betreuten Wohnens schloss die Beigeladene zu 1) mit der Stadt L als Trägerin der Jugendhilfe. Für andere Tätigkeitsbereiche und mit anderen Sozialhilfeträgern schloss die Beigeladene zu 1) keine Verträge.
72. Der im Mai 1970 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er absolvierte eine Ausbildung zum Koch, arbeitete jedoch vornehmlich in verschiedenen Tätigkeiten (Animation, Catering) in der Tourismusbranche in unterschiedlichen Ländern sowie als Aushilfe im Gastronomiebereich. Er ist Vater einer im Februar 2006 geborenen Tochter aus einer nach der Geburt der Tochter gescheiterten Beziehung zu einer Deutschen. Wegen der Tochter zog der Kläger im Januar 2009 nach Deutschland und ging hier zunächst einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma nach. Er bewohnt seit Februar 2010 eine 40 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung in L.
8Am 09.11.2009 begann der Kläger eine ambulante Verhaltenstherapie bei der Diplom-Psychologin und Ärztin I, die er im Dezember 2012 beendete. Seit dem 04.06.2010 war er arbeitsunfähig und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung Krankengeld und seit dem 01.09.2010 auch Wohngeld. Vom 08.06.2010 bis zum 06.08.2010 befand er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in der Klinik des Beklagten in L. Dort wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide diagnostiziert. Vom 08.02.2011 bis zum 13.05.2011 befand sich der Kläger in teilstationärer psychiatrischer Behandlung in der Tagesklinik der Klinik des Beklagten in L, wo u.a. eine Dialektisch-Behaviorale Therapie durchgeführt wurde.
9Der Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Krankengeld jedenfalls bis Anfang 2013 Leistungen nach dem SGB II. Seit Mitte April 2013 geht er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Kölner Uni-Mensa nach, die er zunächst in Vollzeit ausübte und später dann zeitlich beschränkte. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein Nettogehalt in Höhe von 1.030,- Euro.
103. Am 09.08.2010 suchte der Kläger erstmals die Beigeladene zu 1) auf. Am 16.08.2010 unterschrieb er einen von der Beigeladenen zu 1) vorformulierten, unbefristeten "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen", der ab dem 09.08.2010 gelten sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Betreuungsvertrages sollten u.a. die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen zu 1) mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Als Entgelt war gemäß § 4 Nr. 1 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart, die mit dem Abrechnungsfaktor 1,2 zu multiplizieren sein sollte. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 4 Nr. 3 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
11"Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger."
12Aufgrund des Betreuungsvertrages erbrachte die Beigeladene zu 1) überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter, vor allem ihres Geschäftsführers, Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 im Umfang von 63,67 Stunden und im Zeitraum 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 im Umfang von 36,00 Stunden. Allerdings stellte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung. Eine Rechnung an den Kläger erging erstmals im Juni 2012 über bis zum 22.06.2012 erbrachte 96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro. Weitere Rechnungen erhielt der Kläger nicht.
13In inhaltlicher Hinsicht befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) zum einen mit Behördenangelegenheiten des Klägers. Es ging dabei um die Gewährung von Krankengeld, die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Gewährung von Wohngeld und von Leistungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters L zur beruflichen Rehabilitation des Klägers. Zum anderen unterstützten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger in Sorgerechtsangelegenheiten in Bezug auf seine Tochter. Hierzu versuchten sie in Gesprächen mit dem Kläger und der Kindsmutter zu vermitteln und eine einvernehmliche Regelung herbei zu führen. Weiterhin stellten sie den Kontakt zum Jugendamt und zu einem Rechtsanwalt her und begleiteten den Kläger dorthin. Darüber hinaus ging es auch um die berufliche Zukunft des Klägers. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) erörterten mit dem Kläger die Möglichkeiten einer beruflichen Rehabilitation und stellten den Kontakt zu zwei Rehabilitationsträgern (Diakonie N und Berufliches Trainings Zentrum (BTZ) L) her. Eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm der Kläger aber letztlich nicht auf. Der letzte persönliche Kontakt des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) fand am 06.07.2012 statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Tätigkeitsdokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
144. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 09.08.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der Klinik des Beklagten vom 14.07.2010 bei. Darin wurde dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide bescheinigt. Mit Datum vom 23.11.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Als Ziele, die durch sie verwirklicht werden sollten, gab die Beigeladene dabei an, der Kläger solle einen Deutschkurs belegen (Ziel 1), einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen (Ziel 2) und es solle die Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten (Ziel 3) sowie ein weiterer Klinikaufenthalt vermieden werden (Ziel 5). Für Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele dienen sollten, veranschlagte die Beigeladen zu 1) wöchentlich 10 Minuten für Ziel 1, jeweils 20 Minuten für die Ziele 2 und 5 und 30 Minuten für Ziel 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 39 ff. ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
15Mit Bescheid vom 29.12.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere eine medizinische Behandlung. Bei unzureichendem Erfolg der angestrebten Dialektisch-Behavioralen Therapie wäre zunächst eine Intensivierung der psychiatrisch-therapeutischen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V beispielsweise in einer (Rehabilitations-) Klinik erforderlich. Das beschriebene Störungsbild des Klägers entspreche insgesamt nicht dem einer wesentlichen seelischen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII.
16Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, er nehme sehr wohl umfangreiche und adäquate Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, diese seien jedoch nicht ausreichend, um die in dem eingereichten Hilfeplan genannten Ziele zu erreichen.
17Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit sei nicht erkennbar. Die im Hilfeplan dargestellten Bedarfe seien auch keine Bedarfe, welche Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens bedingten. Der Kläger sei ausweislich des eingereichten Hilfeplans offensichtlich in der Lage, seinen Haushalt selbst zu führen und auch Termine bei seiner Therapeutin pünktlich und regelmäßig wahrzunehmen. Bezüglich der im Hilfeplan dargelegten Überforderung mit der Erledigung von Schriftverkehr, Behörden- und formellen Kontakten sei hier vorrangig die Hilfe einer freiwilligen gesetzlich bestellten Betreuung angezeigt. Die Steigerung des Selbstbewusstseins stelle keinen Bedarf dar, welchem mit Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens zu begegnen sei. Bei dem angemeldeten Bedarf, einen Deutschkurs zu besuchen, handele es sich nicht um behinderungsbedingte Einschränkungen. Der Bedarf zur Unterstützung im Bereich der Arbeit mit dem Ziel der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt gehöre zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten gegenüber der Tochter handele es sich nicht um Leistungen im Rahmen einer behinderungsbedingten Einschränkung. Im Bereich der Freizeitgestaltung sei eine wesentliche Einschränkung der Teilhabe nicht gegeben. Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenz könne der Unterstützungsbedarf u.a. durch den (mit Adresse angegebenen) Sozialpsychiatrischen Dienst abgedeckt werden.
185. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat vorgetragen, das Ambulant Betreute Wohnen sei von der Klinik des Beklagten während seines stationären Aufenthaltes im Jahre 2010 angeregt worden. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
19Das SG hat als Antrag des Klägers aufgenommen,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
24Das SG hat den Entlassungsbericht der Klinik des Beklagten über die teilstationäre Behandlung des Klägers dort vom 23.05.2011 beigezogen. Sodann hat es den Kläger am 08.12.2011 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige bei dem Kläger eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau (ICD-10 F 60.3) festgestellt und eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Der Kläger sei in seinem gesamten Sozialleben erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, seiner Tätigkeit als Koch nachzugehen. Die Einschränkungen bezögen sich aber nicht auf die Bereiche der Selbstversorgung, das häusliche Leben, staatsbürgerliche Leben, sondern mehr auf die Lebensbereiche der Kommunikation und der interpersonellen Interaktionen sowie der Aufnahme einer adäquaten Berufstätigkeit. Eine Indikation für ein Betreutes Wohnen sei aus nervenärztlicher Sich nicht gegeben. Der Kläger unterhalte einen intakten Kontakt zu ehemaligen Mitpatienten. Darüber hinaus sollte dringend eine Eingliederung in das BTZ erfolgen. Zudem befinde er sich in einer regelmäßigen Psychotherapie. Durch dieses Gesamtsetting sei eine psychosoziale Betreuung in umfassender Weise gegeben. Darüber hinaus gehende Betreuungen würden den Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach überfordern. Die sozialen bürokratischen Belange, mit denen der Kläger völlig überfordert sei, des Weiteren der Umgang mit Ämtern und Behörden, die juristische Auseinandersetzungen mit der Mutter seines Kindes, allgemeine soziale Fragen könnten über die eingerichtete Betreuung, die gutachterlicherseits als angemessen betrachtet werde, bewältigt werden.
25Im Anschluss an die Begutachtung hat der Kläger ein Attest von Frau I zu den Akten gereicht. Darin hat die behandelnde Psychotherapeutin ausgeführt, der Sachverständige habe ihr in einem persönlichen Gespräch bestätigt, dass der bisherige Betreuungsrahmen aufrechterhalten werden sollte, jedoch die Aufnahme in ein Heim oder eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranken nicht erforderlich sei. Auch aus ihrer Sicht sei die weitere Betreuung im Rahmen des Bewo dringend erforderlich.
26In einer daraufhin vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, er sei nicht davon ausgegangen, dass hier ein gesetzlicher Betreuer zu Seite gestellt worden sei. Er sei ebenso wie Frau I der Auffassung, dass der Kläger unbedingt weiterhin der Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, bedürfe. Diese Betreuung könne natürlich auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden und sollte auch dieser Institution übertragen werden, da dort eine sehr vertrauensvolle Anbindung bestehe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 55 ff., 76 und 84 der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Der Kläger hat am 15.07.2011 einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 gestellt und einen zweiten Hilfeplan für diesen Zeitraum eingereicht. Über diesen Antrag hat der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Verfahren nicht entschieden.
29Der Beklagte hat den Abschlussbericht der Beigeladenen zu 1) vom 18.12.2012 für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 ff. GA Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 09.11.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 verurteilt, "dem Kläger ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren." Zur Begründung hat es ausgeführt, streitgegenständlich sei ungeachtet des im Juli 2011 gestellten Folgeantrags der gesamte Zeitraum ab Antragstellung bis zum 08.08.2012. Die Voraussetzung von § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX lägen vor. Der Kläger benötige nach den Feststellungen von Dr. H Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten. Die erforderlichen Hilfen seien nach Auffassung der Kammer dem Bereich des selbstständigen Wohnens zuzuordnen, da hierzu auch die Bewältigung rechtlicher und sozialer Beziehungen gehöre. Ferner müsse sich der Kläger nicht auf eine rechtliche Betreuung verweisen lassen. Anders als bei einer Betreuung nehme der Betreute im Rahmen des Betreuten Wohnens seine Angelegenheiten weiterhin selbst wahr. Er werde durch das betreute Wohnen lediglich bei der Regelung seiner Angelegenheiten unterstützt. Die tatsächlich geleistete Unterstützung entspreche auch nicht einer rechtlichen Betreuung, sondern dem Betreuten Wohnen. Nach dem Abschlussbericht des Anbieters hätten die Ziele des Ambulant Betreuten Wohnens auch weitgehend erreicht werden können.
316. Gegen das ihm am 18.12.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Er meint im Falle des Klägers liege kein erforderlicher Betreuungsbedarf vor, der dem Bereich des Betreuten Wohnens gemäß § 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Nach den Ausführungen seiner behandelnden Psychotherapeutin liege der Schwerpunkt der Problematik des Klägers auf dem anstehenden Berufswechsel, der durch eine berufsbildende Maßnahme herbeigeführt werden müsse. Ein regelmäßiger quantitativer erheblicher Betreuungsbedarf in diesem Bereich lasse sich nicht feststellen. Das gleiche gelte für die Zielsetzung, einen Deutschkurs zu belegen. Die Stärkung des Selbstbewusstseins sei bereits Gegenstand der therapeutischen Versorgung. Lebenspraktische Bereiche, die nach der Hilfeplanung gestärkt werden sollten, würden nicht einzeln benannt. Der Kläger habe seine Wohnung, seine leibliche Versorgung und auch dem Umgang mit seiner Tochter im Griff. Die Betreuungsbedürftigkeit des Klägers im Bereich des Sorgerechts für seine Tochter seien vorrangig dem Bereich einer gesetzlichen Betreuung zuzuordnen. Auch ein gesetzlicher Betreuer sei verpflichtet, den Wünschen des Betreuten soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Allenfalls bestünde hier ein sporadischer, situativer Bedarf. Soweit der Hilfeplan schließlich als Ziele des Betreuten Wohnens auch die Erhaltung der Abstinenz und die Vermeidung neuer Klinikaufenthalte aufzähle, handele es sich um allgemein unspezifische Formeln ohne konkreten Gehalt. Auch die tatsächlichen Leistungen der Beigeladenen zu 1) wiesen keinen nachvollziehbaren Bezug zum selbstständigen Wohnen in der eigenen Wohnung auf. Vielmehr habe es sich ganz überwiegend um Unterstützungsleistungen gehandelt, die dem Bereich der gesetzlichen Betreuung zuzuordnen seien.
32Der Beklagte beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Der Kläger beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
37Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
38Sie ist der Auffassung, die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen. Soweit, wie im Falle des Klägers, eine Verselbständigung des Betreuten und die Entwicklung von Handlungskompetenzen möglich sei, seien hierzu dienende pädagogische Maßnahmen einer gesetzlichen Betreuung, die allein auf die Vertretung des Betreuten ausgerichtet sei, vorzuziehen. Sie habe dem Kläger z.B. aufgezeigt, wie er mit Hilfe seiner Anwältin seine Rechte als Vater adäquat einfordern könne. Sie habe ihm geholfen, die Anforderungen, die an ihn gestellt worden seien, zu verstehen und zu bewältigen. Das gleiche habe bei Behördenangelegenheiten, bei der Berufsfindung und auch bei der formellen Lebensführung allgemein gegolten. Hier hätten motivierende und reflektierende Gespräche stattgefunden. Solche Leistungen wären bei einer gesetzlichen Betreuung nicht erfolgt und auch nicht möglich gewesen. Die Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei auch nicht mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Lediglich Teilbereiche, wie die Psychoedukation hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation, seien nicht gänzlich abzugrenzen. Bei den erbrachten Leistungen handele es sich auch um typische Bewo-Leistungen, was sich auch aus der Leistungsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe. Allerdings blieben die Aufgaben des Betreuten Wohnens naturgemäß unübersichtlich und für Außenstehende oftmals diffus. Sie sei jedoch stets auch dann erreichbar, wenn die Therapeutin oder Ärztin nicht erreichbar sei, insbesondere wenn sich krisenauslösende Begebenheiten manifestierten. Die dann erbrachten krisenintervenierenden Maßnahmen und Entlastungsgespräche hätten keinen therapeutischen Ansatz, sondern seien von einem "Pack-An"-Ansatz geprägt. Dass ihre Leistungen sinnvoll und notwendig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass der Kläger nunmehr selbstständig lebe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe.
39Der Senat hat den Kläger am 23.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H1 untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige zunächst folgende Diagnosen gestellt:
40- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10: F 60.31G) - Rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradige Episode (ICD-10: F 31.1G) - Zustand nach schädlichem Konsum von Cannabinoide, derzeit weitgehende Abstinenz (ICD-10: F 12.20G)
41Eine posttraumatische Belastungsstörung hat der Sachverständige demgegenüber ausgeschlossen.
42Vor allem durch die bestehende emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bestehe eine deutliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten und der seelischen Gesundheit, welche von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate bestehe. Hierdurch sei der Kläger seit August 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Zu allererst seien hierbei die erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten des Klägers zu benennen. Zudem bestünden wegen des als einengend empfundenen Aufenthalts in Deutschland weiterhin erhebliche Spannungszustände. Es komme immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen bis hin zu suizidalen Impulsen. Hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und Mobilität hätten sich hingegen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Im Hinblick auf die hochgradigen Einschränkungen seiner Beziehungsfähigkeit habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit des Klägers vorgelegen. Er zähle zum Kreis der seelisch wesentlich behinderten Menschen mit Neurosen respektive Persönlichkeitsstörungen. Er habe in dem genannten Zeitraum Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation benötigt. Auch habe er der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter bedurft. Bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen habe er hingegen keiner Hilfe benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten.
43Die durchgeführten Leistungen der Beigeladenen seien geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers teilweise abzudecken, als hierdurch die Folgen der seelischen Behinderung hätten gemildert werden und somit eine verbesserte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten ermöglicht werden können. Ohne entsprechende Unterstützung wäre es dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen zu erreichen, dass er alle zwei Wochen ein Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter verbringen könne. Weiterhin zu nennen sei die Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe, welche er ohne fremde Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht hätte leisten können.
44Die Leistungen der Beigeladenen seien allerdings insofern nicht erforderlich gewesen, als andere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Hinsichtlich der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, der Berufsfindung sowie des Rechtsstreits mit der Mutter seiner Tochter wäre eine Unterstützung durch einen gesetzlichen Betreuer möglich und geeignet gewesen. Hinsichtlich der Einschränkung der sozialen Teilhabefähigkeit wäre eine Intensivierung der ambulanten Psychotherapie sinnvoll und geeignet gewesen. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden.
45Im Anschluss an die Begutachtung hat der Senat einen Befundbericht der Diplom-Psychologin und Ärztin I vom 19.09.2014 beigezogen. Diese hat u.a. ausgeführt, eine höherfrequente wöchentliche Stundenplanung sei kontraindiziert gewesen, die ambulante Therapie sei bei der Schwere der Symptomatik nicht ausreichend gewesen. Die in Anspruch genommenen Leistungen des Betreuten Wohnens seien im Sinne eines komplexen, multimodalen und soziotherapeutischen Ansatzes dringend notwendig gewesen. Die Therapie habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen. Das Betreute Wohnen sei besonders hilfreich gewesen, um ihn aus seiner sozialen Isolation herauszuführen und die Vermeidung alltäglicher Notwendigkeiten (Ämtergänge, Bezahlung von Rechnungen etc.) abzubauen.
46Der Senat hat sodann noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H1 vom 26.09.2014 eingeholt. Darin hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, die Geltendmachung juristischer Ansprüche stelle eine typische Indikation für eine gesetzliche Betreuung dar, die auch zeitlich befristet eingerichtet werden könne. Das selbstständige Wohnen des Klägers habe nie in Frage gestanden. Im Hinblick auf die Störungen im sozialen Bereich hätten Defizite im Sinne eine affektiven und Impulskontrollstörung bestanden, wie sie psychiatrisch und psychotherapeutisch zu behandeln seien. Hier habe auch die Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Pflege bestanden. Es falle nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen, die bei dem Kläger bestehenden strukturellen Defizite therapeutisch zu bearbeiten. Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Die Behauptung, dass es dem Kläger nur so gut gehe, weil der die Leistungen der Beigeladenen zu 1) erhalten habe, sei aus fachärztlicher Sicht nicht haltbar. Gerade bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen bestehe ein sehr schwankender Verlauf. Entgegen der Einschätzung von Frau I sei selbstverständlich bei unzureichendem Ansprechen und einer schwerwiegenden strukturellen Störung eine Intensivierung der Frequenz der Psychotherapie indiziert, ggf. dann in einem anderen, also tiefenpsychologisch fundierten Setting.
47Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 257 ff., 319 f. und 322 ff. der GA Bezug genommen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet.
51I. 1. Das Urteil des SG leidet zunächst unter Verfahrensfehlern, weil es das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zutreffend erfasst und zudem unzulässigerweise ein Grundurteil erlassen hat.
52Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach dem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen zu 1), die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Die Beiladung des Leistungserbringers ist nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
53Richtigerweise hätte das SG deshalb genau ausurteilen müssen, welche Verbindlichkeiten des Klägers wem gegenüber in welcher Höhe der Beklagte durch Schulbeitritt zu übernehmen hat. Ausgehend von den Rechnungen, die die Beigeladene zu 1) dem Beklagten erteilt hat, geht es um die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 3.850,76 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 (63,67 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 76,40 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro) und in Höhe von insgesamt 2.179,26 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 (36,00 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 43,20 Fachleistungsstunden, davon 41,40 Fachleistungsstunden bis zum 30.06.2012 zu je 50,40 Euro und 1,80 Fachleistungsstunden ab dem 01.07.2012 zu je 51,50 Euro), also insgesamt 6030,02 Euro.
542. Zutreffend ist das SG demgegenüber davon ausgegangen, dass in zeitlicher Hinsicht die gesamten Leistungen der Beigeladenen zu 1), die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 09.08.2011 einen weiteren Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit einen weiteren individuellen Hilfeplan eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2011, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) nach dem 08.08.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
55II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Kosten wegen der von ihr dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.030,02 Euro durch Schuldbeitritt übernimmt.
561. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
57a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
58b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt einer bestehenden, beitrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
59aa) In dem Betreuungsvertrag vom 16.08.2010, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) geschlossen hat, war in § 4 Nr. 1 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 4 Nr. 3 zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 4 Nr. 3 Satz 3 des Betreuungsvertrages lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klienten, d.h. hier des Klägers, voraus.
60bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen.
61Die Beigeladene zu 1) wäre, soweit sie Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erbracht hätte (siehe dazu unten e)), auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Der Kläger gehörte zu dem Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung, für die die Beigeladene zu 1) nach § 2 Abs. 2 der Leistungsvereinbarung Leistungen erbringen darf.
62cc) Die Forderungen der Beigeladenen zu 1) gegen den Kläger sind allerdings teilweise nicht fällig. Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 des Betreuungsvertrages, wonach die Vergütung gemäß § 4 Nr. 1 des Vertrages monatlich durch Rechnungstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Eine solche ist dem Kläger im Juni 2012 nur für die bis zum 22.06.2012 angefallene Vergütung (96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro) erteilt worden. Für den weiteren streitgegenständlichen Betrag (bis zum 30.06.2012 1,8 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 2,16 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro = 108,86 Euro + ab dem 01.07.2012 1,5 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 1,8 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro = 92,70 Euro; also insgesamt 201,56 Euro) fehlt es bislang an einer an den Kläger adressierten Rechnung.
63Die damit insoweit fehlende Fälligkeit führt aber nicht dazu, dass es insoweit an einem sozialhilferechtlichen Bedarf fehlt. Vielmehr kann die Beigeladene zu 1) dem Kläger jederzeit eine Rechnung erteilen und dadurch die Fälligkeit herbeiführen. Es besteht also bereits gegenwärtig eine hinreichend bestimmte und sicher zu erwartende zukünftige Verbindlichkeit. Insoweit kommt der Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld in Betracht (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
64c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnung aus Juni 2012 und den zukünftig zu erwartenden Rechnungen im Hinblick auf den weiteren streitigen Betrag von 201,56 Euro, verfügte bzw. verfügt der alleinstehende Kläger nicht über Vermögen, das den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 2.600,- Euro überstieg bzw. übersteigt. Im Juni 2012 floss dem Kläger lediglich Wohngeld und Krankengeld in Höhe von 725,10 Euro zu, dass die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht überstieg. Mit dem aus seiner Teilzeitbeschäftigung aktuell erzielten Gehalt von 1.030,- Euro netto überschreitet der Kläger diese Grenze ebenfalls nicht. Das nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen ist geringer als der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (aktuell 798,- Euro) zuzüglich der tatsächlichen und auch angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 336,40 Euro monatlich. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
65d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben. Nach § 3 Nr. 4 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59). Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1 litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung an erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten und Spannungszuständen. Er benötigte Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
66e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individueller Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
67aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
68Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
69Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
70Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XIII NRW deutlich zum Ausdruck.
71Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
72bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
73(1) Zum einen hat die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlt diesen Betreuungsleistungen jedoch in jedem Fall der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist und war nicht erkennbar. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen zu 1). Dies sollte auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall sein. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch eingeräumt.
74Ein Schwerpunkt der Bemühungen der Beigeladenen zu 1) bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) darin, den schriftlichen und persönlichen Verkehr zu Behörden, namentlich der Krankenkasse, dem Wohnungsamt, der Unterhaltsvorschusskasse, dem Jobcenter bzw. der Agentur für Arbeit, dem Jugendamt und dem Amtsgericht abzuwickeln und zu begleiten. Es ging dabei vor allem um die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) sowie um Sorgerechtsangelegenheiten. So telefonierten die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit den genannten Behörden, verfassten Schriftstücke an diese bzw. unterstützten den Kläger hierbei und begleiteten ihn zu Vorsprachen und Terminen bei den genannten Institutionen. Hiermit befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Schwerpunkt bei den Kontakten bzw. Tätigkeiten am 16.08.2010, 24.08.2010, 31.08.2010, 16.09.2010, 29.09.2010, 14.10.2010, 08.11.2010, 15.11.2010, 09.12.2010, 15.02.2011, 02.05.2011, 16.05.2011, 26.05.2011, 27.05.2011, 17.06.2011, 30.06.2011, 06.09.2011, 13.09.2011, 25.11.2011, 12.12.2011, 30.12.2011, 27.02.2011, 19.03.2011, 20.04.2012, 08.05.2012, 29.05.2012, 22.06.2012, 27.06.2012, 29.06.2012 und 06.07.2012, d.h. für die Dauer von insgesamt 43,80 Stunden. Hinzu kommen insoweit auch die Termine am 09.05.2011, 04.07.2011, 15.07.2011, 28.07.2011, 05.08.2011, 13.10.2011, 10.01.2012, 14.02.2012 (insgesamt weitere 10,33 Stunden), bei denen in den Tätigkeitsdokumentationen lediglich "formelle Lebensführung" eingetragen wurden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat meint "formelle Lebensführung" den Kontakt zu Behörden und Ämtern.
75Bei diesen Kontakten etc. ging es nicht um das selbstständige Wohnen des Klägers, sondern im Wesentlichen um die Wahrung seiner Rechte, insbesondere im Verhältnis zu den Sozialbehörden. Die Beigeladene hat insoweit allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von Leistungen, die, wie insbesondere das Wohngeld, zur Sicherung der Unterkunft bestimmt sind, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
76Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bildete die Problematik des Sorgerechts und des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter. Zusätzlich zu den bereits im vorstehenden Absatz behandelten, insoweit notwendigen behördlichen Kontakte fanden hierzu Gespräche und Kontakte mit dem Kläger allein, aber auch zusammen mit der Mutter der Tochter und der Rechtsanwältin, die den Kläger im familienrechtlichen Verfahren vertreten hat, statt, und zwar am 02.09.2010, 06.10.2010, 17.12.2010, 12.01.2011, 14.01.2011, 15.01.2011, 28.02.2011, 10.03.2011, 14.03.2011, 15.04.2011, 14.09.2011 und 29.06.2012. Insoweit ist ein Zeitaufwand von 8,67 Stunden entstanden. Ein Bezug zum selbstständigen Wohnen des Klägers ist bei diesen Leistungen nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit vielmehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich familienrechtlicher Angelegenheiten, nicht aber Hilfen zum selbstbestimmten Leben des Klägers in seiner Wohnung geleistet.
77Darüber hinaus befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit der beruflichen Zukunft des Klägers. Insoweit führten sie Gespräche mit dem Kläger, (potentiellen) Arbeitgebern (I) und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (Diakonie N und BTZ), verkehrten mit den zuletzt genannten Einrichtungen auch schriftlich und begleiteten den Kläger dorthin. Dies war Schwerpunkt der am 05.11.2010, 11.11.2010, 28.12.2010, 06.01.2011, 11.01.2011, 19.01.2011, 31.05.2011, 07.06.2011, 30.01.2011, 02.03.2012, 27.03.2012, 11.04.2012 und 13.06.2012 erbrachten Leistungen (insgesamt 16,33 Stunden). Auch insoweit ist eine finale Ausrichtung der Leistungen auf das selbstständige Wohnen des Klägers nicht erkennbar. Zwar können Anleitungen zur Tagesstrukturierungen wesentlichen Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem und vor allem ging es bei den auf die berufliche Zukunft gerichteten Leistungen der Beigeladenen zu 1) nicht um eine sinnvolle Tagesstrukturierung, sondern allein darum, wie der Kläger künftig seinen Lebensunterhalt verdienen und eine dauerhafte berufliche Perspektive entwickeln kann. Insoweit fehlt jeglicher Bezug zum Wohnen.
78Gleiches gilt für die Befassung mit der Gesundheit des Klägers (02.11.2010, 17.01.2011, 08.12.2011, 30.12.2011 und 12.06.2012 = 0,8 Stunden) und die Führung sog. Entlastungsgespräche (02.02.2011, 26.07.2011, 11.08.2011 und 05.09.2011 = 2 Stunden). Letztere wurden zudem offensichtlich im Hinblick auf die Probleme des Klägers hinsichtlich des Sorgerechts für seine Tochter und seine berufliche Zukunft geführt (vgl. insoweit vor allem die Dokumentationen zu den Terminen am 26.06.2012 und 15.04.2011, in denen ausdrücklich Entlastungsgespräche im Zusammenhang mit der Sorgerechtsangelegenheit erwähnt werden), und stellen deshalb auch nach den vorstehenden Ausführungen keinen Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
79Ein Wohnungsbezug ist allenfalls denkbar, soweit sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) am 13.12.2010, 17.12.2010, 25.01.2011, 19.04.2011 und 07.06.2011 für die Dauer von insgesamt 3,33 Stunden mit dem Mietvertrag und die Stromversorgung der Wohnung des Klägers befasst haben. Abgesehen davon, dass diese Themen offensichtlich nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bildeten, handelt es sich hierbei um rein verwaltungsmäßige Tätigkeiten, die mit den eingangs zu diesem Abschnitt behandelten Unterstützungshandlungen im Kontakt mit Behörden vergleichbar und nicht in ein spezifisch auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtetes Gesamtkonzept eingebettet sind.
80Die übrigen dokumentierten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) betrafen organisatorische Fragen im Hinblick auf den hier streitigen Sozialhilfeanspruch und können als Annexleistungen nur dann unter § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX subsumiert werden, wenn die Hauptleistungen selbst als Leistungen zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten einzuordnen wären. Dies ist jedoch nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.
81Ausgehend von den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplänen ergibt sich keine andere Bewertung.
82Wenn, wie hier, bereits Leistungen erbracht worden sind, kommt es für einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auf die tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht auf die Angaben im Hilfeplan an. Bei der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, so dass etwaige Änderungen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Wenn tatsächlich keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht worden sind, kann ein Anspruch auf eben diese Leistungen nicht dadurch begründet werden, dass diese ursprünglich einmal beabsichtigt waren.
83Unabhängig davon lassen auch die im ersten Hilfeplan angegebenen beabsichtigten Leistungen der Beigeladenen zu 1) keine finale Ausrichtung auf die Sicherung des selbstständigen Wohnens des Klägers in seiner Wohnung erkennen. Die durch Leistungen der Beigeladenen zu 1) nach den Hilfeplänen zu erreichenden Ziele (Deutschkurs belegen, einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen, Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten sowie einen weiteren Klinikaufenthalt vermeiden) haben mit Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens nichts zu tun. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Beklagten und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Was die Vermeidung eines weiteren stationären Aufenthaltes anbetrifft, ging es offensichtlich nicht darum, die selbstständige Wohnform zu erhalten und einen Wechsel in eine stationäre Wohnform zu verhindern. Eine solche stationäre Wohnform stand für den Kläger auch nach dem Hilfeplan nie zur Debatte. Der Hilfeplan formulierte insoweit lediglich das Ziel, eine nochmalige Verschlimmerung der psychischen Erkrankung und einen dann u.U. notwendigen kurativen und von vornherein zeitlich begrenzten stationären Aufenthalt zur Behandlung dieser Erkrankung zu verhindern. Ein etwaiger krankheitsbedingter stationärer Aufenthalt stellt aber die Aufrechterhaltung einer selbstständigen Wohnform nicht grundsätzlich in Frage. Zudem weist die Vermeidung eines weiteren Krankenhausaufenthaltes primär eine medizinische Zielrichtung auf und dient damit im Schwerpunkt nicht der Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
84Der zweite Hilfeplan für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 enthält zwar ausweislich des auf Bl. 108 ff. der GA befindlichen Abschlussberichtes insoweit einen gewissen Wohnungsbezug, als die Problematik einer nicht schließenden Wohnungstür angegangen werden und im Rahmen der Gewährleistung der formellen Lebensführung auch ein Finanzplan aufgestellt werden sollte. Insoweit handelt es sich aber um vereinzelte Bedarfslagen, die nicht in ein Gesamtkonzept zur Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens eingebettet sind. Die betreffenden Probleme sind auch im zweiten Hilfeplan letztlich Ausprägung der grundsätzlichen Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und privaten Dritten. Dass die beabsichtigten Hilfen im Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet sind, ist auch im zweiten Hilfeplan nicht erkennbar. Bezeichnenderweise werden für das Ziel "Meine Wohnung bleibt mir erhalten und es gelingt mir, entstehenden Probleme selbst zu regeln" lediglich 10 Minuten pro Woche veranschlagt.
85(2) Zum anderen und vor allem bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Alleinleben in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet. Der Kläger bedurfte zur Aufrechterhaltung der von ihm gewählten Wohnform keiner Hilfe.
86Der Sachverständige Dr. H1 hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 keine Hilfe bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden. Unterstützung habe der Kläger lediglich bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter benötigt.
87Der Sachverständige hat damit den spezifischen Bedarf, der durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt werden soll, ausdrücklich verneint. Der von ihm bejahte Hilfebedarf weist keinen Bezug zum Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit auf. Wie der Sachverständige selbst ausdrücklich festgestellt hat, stand die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform nie zur Debatte.
88Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sachverständigen an. Der Sachverständige hat den Kläger ausführlich exploriert und insbesondere eine ausführliche Anamnese erhoben. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal schlüssig und im Hinblick auf die im Gutachten wiedergegebenen Äußerungen des Klägers auch zutreffend betont, Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Solche Einschränkungen wären bei Erkrankung des Klägers auch nicht plausibel. Anders als beispielsweise bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei denen erhebliche Schwierigkeiten in der Planung der Tagesstruktur vorlägen, habe der Kläger aus der Längsschnittanamnese diesbezüglich keine höhergradigen Defizite gezeigt. Diese Ausführungen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
89Anhaltpunkte dafür, dass die Einschätzung des Sachverständigen unzutreffend sein könnte, sind nicht erkennbar. Soweit die Diplom-Psychologin und Ärztin I in ihrem Befundbericht vom 19.09.2014 ausgeführt hat, die "Therapie" (gemeint sind wohl die Maßnahmen der Beigeladenen zu 1)) habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen, hat sie nicht begründet, dass und warum der Kläger einer solchen Tagesstrukturierung bedurft hätte. Sie hat lediglich pauschal die in Anspruch genommenen "Leistungen des Betreuten Wohnens" für dringend notwendig erachtet. Was sie dabei unter dem Begriff des "betreuten Wohnens" versteht, hat sie nicht offen gelegt. Es liegt nahe, dass sie sämtliche Leistungen, die die Beigeladene zu 1) erbringt und dem Kläger gegenüber erbracht hat, als Leistungen des betreuten Wohnens ansieht, weil die Beigeladene zu 1) eben ein Anbieter solcher Leistungen ist. In jedem Fall geht sie, im Übrigen ebenso wie das SG, von einem anderen Begriffsverständnis aus als der Senat. Dass und warum der Kläger einen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Sinne der hier vertretenen Auffassung gehabt soll, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.
90Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1 deckt sich im Übrigen auch mit den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. Auch dieser hat Einschränkungen des Klägers bezogen auf die Bereiche der Selbstversorgung und das häusliche Leben und eine Indikation für ein Betreutes Wohnen ausdrücklich verneint. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich die Auffassung vertreten, der bestehende Bedarf des Klägers nach Unterstützung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, könne auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden. Damit hat er aber keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bejaht, sondern lediglich gemeint, dass auch die Beigeladene zu 1), die eben (auch) Leistungen des Betreuten Wohnens anbiete, den Bedarf des Klägers decken könne. An seiner Auffassung, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung eines selbstbestimmten Wohnens keiner Hilfe bedarf, hat Dr. H erkennbar festgehalten.
91Aus den aktenkundigen Entlassungsberichten im Anschluss an den stationären und den teilstationären Aufenthalte in der Klinik des Beklagten ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Dass und warum der Kläger einen Hilfebedarf im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seiner selbstbestimmten Wohnform haben sollte, wird in den Entlassungsberichten nicht dargelegt. Soweit während des stationären Aufenthaltes des Klägers Mitte 2010 tatsächlich eine Empfehlung für die Inanspruchnahme von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnen ausgesprochen worden sein sollte, was durch den Akteninhalt nicht belegt ist, ist nicht erkennbar, dass und warum eine Indikation für eine Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen gesehen wurde. Vermutlich waren die in der Klinik des Beklagten angestellten Sozialarbeiter der Überzeugung, der Kläger benötige bei seiner praktischen Lebensführung, z.B. bei Kontakten nach außen zu Behörden und Dritten, nach Beendigung des stationären Aufenthaltes weiterhin der Unterstützung. Dies entspricht durchaus der Einschätzung des Sachverständigen. Ein solcher allgemeiner Hilfebedarf stellt jedoch keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
92Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger keiner Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen bedurfte, haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) letztlich auch keine Einwände erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat vielmehr selbst in der Sache klargestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seines häuslichen Umfeldes keinen Bedarf hatte. Sie geht vielmehr auch nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem weiteren Begriff des "Betreuten Wohnens" aus als der Sachverständige und rechnet in der Sache sämtliche Leistungen, die unabhängig von einer finalen Ausrichtung auf das Wohnen auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben und eine selbstständige Lebensführung ausgerichtet sind, zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Damit legt sie ein Begriffsverständnis zugrunde, dass auch der Senat nicht teilt und dass den durch den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und die Systematik von § 54 SGB XII und § 55 SGB IX vorgegeben Rahmen überschreitet. Die Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen lediglich einen speziellen Teil der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar. Nicht alle Leistungen, die der Teilhabe am Gemeinschaftsleben dienen, sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen, wie z.B. die hier vom Sachverständigen Dr. H1 empfohlene Intensivierung der ambulanten Psychotherapie, der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und solche Leistungen für den Kläger auch nicht erforderlich waren und die Beigeladene zu 1) damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich und für andere Leistungen als die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladenen erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, dass nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) ergibt sich aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhanden Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen zu 1) oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen zu 1) vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene zu 1) damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene zu 1) implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene zu 1) hat in dem Betreuungsvertrag mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand des Betreuungsvertrags gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18), für deren Erbringung die Beigeladene zu 2) als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 97 Abs. 1 und 3 SGB XII in Ermangelung einer Zuweisung an den Beklagten durch die AV-SGB XII NRW eigentlich sachlich zuständig wäre, die der Beklagte jedoch mangels Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene zu 2) nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zu erbringen hätte.
109(1) Jedenfalls teilweise handelt es sich bei den in den Hilfeplänen aufgeführten und den von der Beigeladenen zu 1) tatsächlich erbrachten Leistungen nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
110(a) Dies gilt zunächst für alle sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers sowie für solche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet gewesen sind, den Kläger auch weiterhin dazu anzuhalten, auf Cannabis-Produkte zu verzichten. Letztere sind zwar in den vorlegten Tätigkeitsdokumentationen nicht explizit aufgeführt, sollen aber nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) stattgefunden haben sollen. Alle genannten Maßnahmen sind dem Bereich der medizinischen (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1), die sich unmittelbar auf den akuten Gesundheitszustand des Klägers und sein Gesundheitsverhalten bezogen, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen zu 1) konnte insoweit nur sein, die psychischen Krankheiten des Klägers und ihre unmittelbaren psychischen Auswirkungen zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen knüpften damit an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an (vgl. zur Abstinenzmotivation auch das Urteil des Senats vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene zu 1) "therapeutisch" gearbeitet hat oder ihre Maßnahmen von einem "Pack-An-Ansatz" getragen sind, wie sie selbst vorträgt. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Gespräche etc. unmittelbar auf die Linderung der unmittelbaren Krankheitsfolgen ausgerichtet sind. Der Kläger soll sich durch die "Entlastungsgespräche" etc. besser fühlen. Auf diese Weise soll eine akute psychische Krise überwunden werden. Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers.
116Ob entsprechende gesundheitsunterstützende Leistungen dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden können, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87), kann dahinstehen. Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX liegen nicht vor und waren auch nicht erforderlich (siehe dazu oben 1. e) bb)). Soweit die tatsächlichen Unterstützungshandlungen im persönlichen und schriftlichen Verkehr mit Behörden etc. den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zuzuordnen wären, waren diese ebenfalls nicht erforderlich (dazu sogleich unten (3)).
117Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren, oder ob insoweit medizinische Maßnahmen (Intensivierung von Psychotherapie, ambulante psychiatrische Pflege) indiziert und auch verfügbar waren, was der Sachverständige Dr. H1 einerseits und der Kläger, die Beigeladene zu 1) und Frau I unterschiedlich beurteilen.
118(b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die im Hilfeplan immerhin mit 20 Minuten wöchentlich veranschlagten Maßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Klinikaufenthalts. Allerdings gehen aus den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen auch keine entsprechenden, über die vorstehend erörterten Entlastungsgespräche etc. hinausgehenden Maßnahmen hervor.
119(c) Bei dem im Hilfeplan mit einem Aufwand von 10 Minuten pro Woche angegebenen Ziel, einen Deutschkurs zu belegen, handelt es sich bereits nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, denn fehlende Sprachkenntnisse sind keine Behinderung und die Behebung fehlender Sprachkenntnisse ist kein behinderungsspezifischer Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 22/13 R -, gegenwärtig nur als Terminmitteilung vorliegend). Allerdings lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) insoweit keinen tatsächlichen Aufwand erkennen.
120(2) Soweit die Beigeladene zu 1) entsprechend den Angaben im zweiten Hilfeplan für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 Leistungen im Hinblick auf die Planung von Handlungen und Finanzen des Klägers erbracht haben sollte, wären diese ohne Zweifel als Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewertenden Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig gewesen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben 1. e) bb (2)) folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur nicht der Hilfe Dritter bedurfte. Für eine irgendwie geartete Tages- und Handlungsplanung bestand daher kein Bedürfnis. Für die Finanzplanung gilt nichts anderes. Es ist weder in den Akten dokumentiert, noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung Schwierigkeiten hatte, "mit seinem Geld auszukommen". Über etwaige Schulden des Klägers ist nichts bekannt. Auch die vom SG und vom Senat beauftragten Sachverständigen haben in Bezug auf die Verwaltung der verfügbaren Finanzmittel keinen Hilfebedarf des Klägers festgestellt. Entsprechend der bei ihm vorliegenden strukturellen Persönlichkeitsstörung lagen die Schwierigkeiten des Klägers vielmehr darin, in Beziehung zu Dritten zu treten, und damit in der Verfolgung seiner rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten nach außen. Einer Finanzplanung bedurfte er deshalb nicht.
121(3) Die übrigen in den Hilfeplänen angegebenen und auch tatsächlich erfolgten lebenspraktischen Leistungen der Beigeladenen zu 1), d.h. die Unterstützungshandlungen im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter, die Bemühungen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers und die Hilfen bei der Erledigung des persönlichen und schriftlichen Verkehrs mit Behörden und privaten Vertragspartnern (Stromversorger, Vermieter, sonstige Gläubiger), waren als Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben jedenfalls nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
122Insoweit kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter bereits deshalb aus dem Kreis der Leistungen nach § 55 SGB IX auszuscheiden sind, weil Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben grundsätzlich darauf ausgerichtet sind, die Kontakte über den Bereich der Familie hinaus zu fördern (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Ebenso kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers nicht den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, sondern den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX zuzuordnen sind. Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang die Hilfe bei der Erledigung behördlicher Angelegenheiten etc. überhaupt den Leistungen der Eingliederungshilfe zuzuordnen ist, weil der Kläger ausweislich des Hilfeplans zur die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012, wie er in dem Abschlussbericht auf Bl. 108 ff. GA wiedergegeben wird, Hilfe insoweit jedenfalls auch aufgrund seiner unzureichenden Sprachkenntnisse begehrt hat und es damit möglicherweise zumindest teilweise gar nicht um Deckung eines behinderungsspezifischen Bedarfs ging.
123In jedem Fall standen dem Kläger zur Erreichung der Ziele dieser Bemühungen der Beigeladenen zu 1) andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen, die nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren sind und nicht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe und der Teilhabe im Übrigen gehören, zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
124Bei dem Kläger bestand zwar insoweit nach Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, denen der Senat folgt und denen die Beteiligten insoweit auch nicht entgegengetreten sind, auch ein behinderungsbedingter Bedarf, weil er in krisenhaften Zuspitzungen seiner Persönlichkeitsstörung mit behördlichen Angelegenheiten überfordert ist und im streitgegenständlichen Zeitraum war und Schwierigkeiten hat und hatte, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) haben diesen Bedarf des Klägers, was der Sachverständige ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat, auch tatsächlich - mit durchaus erheblichem Kostenaufwand - gedeckt. Dieser Bedarf hätte aber auch durch die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nach §§ 1896 ff BGB mit dem Aufgabenkreis der Erledigung von Vermögens-, familienrechtlichen und behördlichen Angelegenheiten vollständig abgedeckt werden können, weil es bei den genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten und die Wahrung insbesondere sozialer Rechte des Klägers geht. Das Rechtsinstitut der Betreuung schließt im Falle des Klägers Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben aus oder führt jedenfalls dazu, dass diese im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren.
125(a) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
126Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
127Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich sind, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
128Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XII bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
129(b) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Hilfeplänen und den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten praktischen Unterstützungsleistungen (zu den psychischen Hilfestellungen siehe oben (1) (a)) in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), bei der Sorgerechtsangelegenheit bezüglich der Tochter des Klägers, im Verhältnis zum Stromversorger und zum Vermieter des Klägers sowie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil insoweit die Einrichtung eine gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
130Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger wegen seiner seelischen Behinderung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter der Hilfe Dritter bedurfte, und denen der Senat folgt, lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 vor. Medizinische Gründe gegen die Bestellung eines Betreuers hat der Sachverständige nicht festgestellt.
131Der notwendige Hilfebedarf insoweit konnte auch vollständig durch einen gesetzlichen Betreuer abgedeckt werden. Es ging schwerpunktmäßig eindeutig um die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers, nämlich um die Verwirklichung seiner sozialrechtlichen Ansprüche auf Wohngeld, Krankengeld und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum Vermieter, z.B. hinsichtlich der im zweiten Hilfeplan genannten defekten Wohnungstür, und zum Stromversorger (Anpassung des Tarifs und der Abschläge) und vor allem auch die Verwirklichung seines Sorgerechts für seine Tochter. Die Besorgung dieser Angelegenheiten und die Unterstützung des Klägers insoweit wäre originäre Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers mit dem Aufgabenbereich Vermögens-, familienrechtliche und behördliche Angelegenheiten gewesen. Gleiches gilt für die Suche nach einer neuen Beschäftigung und einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Insoweit geht es um die Organisation der angestrebten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die als Vorbereitung für die Leistungsgewährung ebenfalls in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Betreuers gefallen wäre. Die in den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen aufgeführten Handlungen und Leistungen der Beigeladenen zu 1) gehen, soweit es um die tatkräftige Unterstützung geht (zu psychischen Unterstützungsleistungen siehe oben (1)), auch nicht über die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers hinaus. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten, Rechtsanwälten und Gerichten ist ebenso wie das Telefonieren mit diesen Personen und sonstigen Dritten und das Verfassen von schriftlichen Eingaben nichts anderes als die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten und deshalb auch typische Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers.
132Soweit die Beigeladene zu 1) behauptet hat, sie habe auch darauf hingewirkt, dass der Kläger die genannten Angelegenheiten künftig selbstständig und ohne Hilfe erledigen kann, und die Auffassung vertreten hat, bei einer Betreuung werde demgegenüber nur stellvertretend gehandelt, so dass im Falle des Klägers eine Betreuung auch nicht indiziert gewesen wäre, folgt der Senat diesen Einlassungen nicht.
133Die Beigeladene zu 1) verkennt zunächst ebenso wie das SG in rechtlicher Hinsicht, dass die gesetzliche Vertretung des Betreuten gemäß § 1902 BGB nur eine von vielen Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers ist. Die Betreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, und insoweit auch eine wichtige Angelegenheit vor ihrer Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen (§ 1901 Abs. 3 Satz 1 und 3 BGB). Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 Satz 1 BGB), und bei Besserung des Zustands ggf. auch eine Aufhebung der Betreuung anzuregen (vgl. § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbstständig ohne Hilfe des Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers. Dies hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. H1 seinem Gutachten zutreffend zugrunde gelegt.
134Darüber hinaus lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) nicht ansatzweise erkennen, was ihre Mitarbeiter genau und im Einzelnen unternommen haben, um die selbstständige Erledigung von behördlichen Angelegenheiten durch den Kläger zu fördern. Ausweislich der Tätigkeitsdokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), namentlich der Geschäftsführer, schriftliche Eingaben an Behörden etc. selbst verfasst und entsprechende Telefonate selbst geführt. Eine irgendwie geartete pädagogische Anleitung des Klägers zu selbstständigem Agieren ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat auch selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeiten für Außenstehende teilweise diffus erscheinen. Diesen Eindruck kann der Senat nur bestätigen. Diffuse Leistungen können aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme aus den Mitteln der Sozialhilfe begründen.
135Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die praktischen Unterstützungshandlungen der Beigeladenen zu 1) geeignet waren, die Selbstständigkeit des Klägers zu fördern. Der Sachverständige Dr. H1 hat dies gerade nicht angenommen. Er hat die Leistungen der Beigeladenen zu 1) ausdrücklich nur insoweit für geeignet gehalten, als sie tatsächlich dazu beigetragen hätten, eine für den Kläger angenehme Umgangsregelung und eine Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe herbei zu führen. In dem zuletzt genannten Gesichtspunkt ist allerdings bereits die Einschätzung des Sachverständigen zweifelhaft, weil sich die Bemühung der Beigeladenen zu 1) im Schwerpunkt auf die Aufnahme einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichtet haben, eine solche Maßnahme aber letztlich nicht aufgenommen wurde und sich der Kläger seine im Jahre 2013 aufgenommenen Beschäftigung ohne Hilfe der Beigeladenen zu 1) nach dem Ende ihrer Tätigkeit gesucht hat. In jedem Fall hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1) zur Steigerung der Selbstständigkeit des Klägers geführt hätten. Vielmehr hat er ausdrücklich ausgeführt, dass die Bekämpfung der überdauernden Defizite des Klägers im Hinblick auf die Beziehungsfähigkeit sowie die Affekt- und Impulskontrolle, die den Bedarf hinsichtlich Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten etc. auslösen, nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen fallen würden. Vor allem hat er der Einschätzung der Beigeladenen zu 1), der Umstand, dass der Kläger aktuell keine weitere Hilfe benötige, belege die Geeignetheit und die Erforderlichkeit ihrer Leistungen, ausdrücklich widersprochen und ausgeführt, es handele sich um eine bloße, nicht durch Tatsachen untermauerte Vermutung. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Es spricht viel dafür, dass ein etwaiger, aktuell fehlender Bedarf des Klägers im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger zur Zeit nichts bzw. wenig mit Behörden und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten zu tun hat. Die Sorgerechtsangelegenheit ist geregelt, auf Sozialleistungen zur Deckung des Lebensbedarfs ist der Kläger wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr angewiesen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht beantragt worden.
136bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) und (b) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene zu 1) gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
137cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
138dd) Schließlich begründen die auf die Aufnahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichteten Vorbereitungshandlungen der Beigeladenen zu 1) auch keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 IX oder nach dem Recht eines anderen Trägers solcher Leistungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) (b) entsprechend.
139III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
140IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Der Träger der Sozialhilfe darf Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel mit Ausnahme der Leistungen der häuslichen Pflege, soweit diese gemäß § 64 durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen werden, durch Dritte (Leistungserbringer) nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Träger des Leistungserbringers und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Sozialhilfe besteht. Die Vereinbarung kann auch zwischen dem Träger der Sozialhilfe und dem Verband, dem der Leistungserbringer angehört, geschlossen werden, soweit der Verband eine entsprechende Vollmacht nachweist. Die Vereinbarungen sind für alle übrigen Träger der Sozialhilfe bindend. Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Sie sind vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode für einen zukünftigen Zeitraum abzuschließen (Vereinbarungszeitraum); nachträgliche Ausgleiche sind nicht zulässig. Die Ergebnisse sind den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen.
(2) Sind geeignete Leistungserbringer vorhanden, soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung seiner Aufgaben eigene Angebote nicht neu schaffen. Geeignet ist ein Leistungserbringer, der unter Sicherstellung der Grundsätze des § 9 Absatz 1 die Leistungen wirtschaftlich und sparsam erbringen kann. Geeignete Träger von Einrichtungen dürfen nur solche Personen beschäftigen oder ehrenamtliche Personen, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, mit Aufgaben betrauen, die nicht rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs verurteilt worden sind. Die Leistungserbringer sollen sich von Fach- und anderem Betreuungspersonal, die in Wahrnehmung ihrer Aufgaben Kontakt mit Leistungsberechtigten haben, vor deren Einstellung oder Aufnahme einer dauerhaften ehrenamtlichen Tätigkeit und in regelmäßigen Abständen ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Nimmt der Leistungserbringer Einsicht in ein Führungszeugnis nach § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes, so speichert er nur den Umstand der Einsichtnahme, das Datum des Führungszeugnisses und die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer in Satz 3 genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Träger der Einrichtung darf diese Daten nur verändern und nutzen, soweit dies zur Prüfung der Eignung einer Person erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn im Anschluss an die Einsichtnahme keine Tätigkeit für den Leistungserbringer wahrgenommen wird. Sie sind spätestens drei Monate nach der letztmaligen Ausübung einer Tätigkeit für den Leistungserbringer zu löschen. Die durch den Leistungserbringer geforderte Vergütung ist wirtschaftlich angemessen, wenn sie im Vergleich mit der Vergütung vergleichbarer Leistungserbringer im unteren Drittel liegt (externer Vergleich). Liegt die geforderte Vergütung oberhalb des unteren Drittels, kann sie wirtschaftlich angemessen sein, sofern sie nachvollziehbar auf einem höheren Aufwand des Leistungserbringers beruht und wirtschaftlicher Betriebsführung entspricht. In den externen Vergleich sind die im Einzugsbereich tätigen Leistungserbringer einzubeziehen. Tariflich vereinbarte Vergütungen sowie entsprechende Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sind grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen, auch soweit die Vergütung aus diesem Grunde oberhalb des unteren Drittels liegt.
(3) Sind mehrere Leistungserbringer im gleichen Maße geeignet, hat der Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen vorrangig mit Leistungserbringern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und vergleichbarer Qualität der Leistung nicht höher ist als die anderer Leistungserbringer.
(4) Besteht eine schriftliche Vereinbarung, ist der Leistungserbringer im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen.
(5) Der Träger der Sozialhilfe darf die Leistungen durch Leistungserbringer, mit denen keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, nur erbringen, soweit
- 1.
dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist, - 2.
der Leistungserbringer ein schriftliches Leistungsangebot vorlegt, das für den Inhalt einer Vereinbarung nach § 76 gilt, - 3.
der Leistungserbringer sich schriftlich verpflichtet, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung zu beachten, - 4.
die Vergütung für die Erbringung der Leistungen nicht höher ist als die Vergütung, die der Träger der Sozialhilfe mit anderen Leistungserbringern für vergleichbare Leistungen vereinbart hat.
(6) Der Leistungserbringer hat gegen den Träger der Sozialhilfe einen Anspruch auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütungsvereinbarung Bezug genommen.
6Entsprechende Verträge ebenfalls für den Bereich des Betreuten Wohnens schloss die Beigeladene zu 1) mit der Stadt L als Trägerin der Jugendhilfe. Für andere Tätigkeitsbereiche und mit anderen Sozialhilfeträgern schloss die Beigeladene zu 1) keine Verträge.
72. Der im Mai 1970 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er absolvierte eine Ausbildung zum Koch, arbeitete jedoch vornehmlich in verschiedenen Tätigkeiten (Animation, Catering) in der Tourismusbranche in unterschiedlichen Ländern sowie als Aushilfe im Gastronomiebereich. Er ist Vater einer im Februar 2006 geborenen Tochter aus einer nach der Geburt der Tochter gescheiterten Beziehung zu einer Deutschen. Wegen der Tochter zog der Kläger im Januar 2009 nach Deutschland und ging hier zunächst einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma nach. Er bewohnt seit Februar 2010 eine 40 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung in L.
8Am 09.11.2009 begann der Kläger eine ambulante Verhaltenstherapie bei der Diplom-Psychologin und Ärztin I, die er im Dezember 2012 beendete. Seit dem 04.06.2010 war er arbeitsunfähig und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung Krankengeld und seit dem 01.09.2010 auch Wohngeld. Vom 08.06.2010 bis zum 06.08.2010 befand er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in der Klinik des Beklagten in L. Dort wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide diagnostiziert. Vom 08.02.2011 bis zum 13.05.2011 befand sich der Kläger in teilstationärer psychiatrischer Behandlung in der Tagesklinik der Klinik des Beklagten in L, wo u.a. eine Dialektisch-Behaviorale Therapie durchgeführt wurde.
9Der Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Krankengeld jedenfalls bis Anfang 2013 Leistungen nach dem SGB II. Seit Mitte April 2013 geht er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Kölner Uni-Mensa nach, die er zunächst in Vollzeit ausübte und später dann zeitlich beschränkte. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein Nettogehalt in Höhe von 1.030,- Euro.
103. Am 09.08.2010 suchte der Kläger erstmals die Beigeladene zu 1) auf. Am 16.08.2010 unterschrieb er einen von der Beigeladenen zu 1) vorformulierten, unbefristeten "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen", der ab dem 09.08.2010 gelten sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Betreuungsvertrages sollten u.a. die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen zu 1) mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Als Entgelt war gemäß § 4 Nr. 1 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart, die mit dem Abrechnungsfaktor 1,2 zu multiplizieren sein sollte. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 4 Nr. 3 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
11"Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger."
12Aufgrund des Betreuungsvertrages erbrachte die Beigeladene zu 1) überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter, vor allem ihres Geschäftsführers, Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 im Umfang von 63,67 Stunden und im Zeitraum 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 im Umfang von 36,00 Stunden. Allerdings stellte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung. Eine Rechnung an den Kläger erging erstmals im Juni 2012 über bis zum 22.06.2012 erbrachte 96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro. Weitere Rechnungen erhielt der Kläger nicht.
13In inhaltlicher Hinsicht befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) zum einen mit Behördenangelegenheiten des Klägers. Es ging dabei um die Gewährung von Krankengeld, die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Gewährung von Wohngeld und von Leistungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters L zur beruflichen Rehabilitation des Klägers. Zum anderen unterstützten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger in Sorgerechtsangelegenheiten in Bezug auf seine Tochter. Hierzu versuchten sie in Gesprächen mit dem Kläger und der Kindsmutter zu vermitteln und eine einvernehmliche Regelung herbei zu führen. Weiterhin stellten sie den Kontakt zum Jugendamt und zu einem Rechtsanwalt her und begleiteten den Kläger dorthin. Darüber hinaus ging es auch um die berufliche Zukunft des Klägers. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) erörterten mit dem Kläger die Möglichkeiten einer beruflichen Rehabilitation und stellten den Kontakt zu zwei Rehabilitationsträgern (Diakonie N und Berufliches Trainings Zentrum (BTZ) L) her. Eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm der Kläger aber letztlich nicht auf. Der letzte persönliche Kontakt des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) fand am 06.07.2012 statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Tätigkeitsdokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
144. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 09.08.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der Klinik des Beklagten vom 14.07.2010 bei. Darin wurde dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide bescheinigt. Mit Datum vom 23.11.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Als Ziele, die durch sie verwirklicht werden sollten, gab die Beigeladene dabei an, der Kläger solle einen Deutschkurs belegen (Ziel 1), einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen (Ziel 2) und es solle die Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten (Ziel 3) sowie ein weiterer Klinikaufenthalt vermieden werden (Ziel 5). Für Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele dienen sollten, veranschlagte die Beigeladen zu 1) wöchentlich 10 Minuten für Ziel 1, jeweils 20 Minuten für die Ziele 2 und 5 und 30 Minuten für Ziel 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 39 ff. ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
15Mit Bescheid vom 29.12.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere eine medizinische Behandlung. Bei unzureichendem Erfolg der angestrebten Dialektisch-Behavioralen Therapie wäre zunächst eine Intensivierung der psychiatrisch-therapeutischen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V beispielsweise in einer (Rehabilitations-) Klinik erforderlich. Das beschriebene Störungsbild des Klägers entspreche insgesamt nicht dem einer wesentlichen seelischen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII.
16Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, er nehme sehr wohl umfangreiche und adäquate Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, diese seien jedoch nicht ausreichend, um die in dem eingereichten Hilfeplan genannten Ziele zu erreichen.
17Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit sei nicht erkennbar. Die im Hilfeplan dargestellten Bedarfe seien auch keine Bedarfe, welche Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens bedingten. Der Kläger sei ausweislich des eingereichten Hilfeplans offensichtlich in der Lage, seinen Haushalt selbst zu führen und auch Termine bei seiner Therapeutin pünktlich und regelmäßig wahrzunehmen. Bezüglich der im Hilfeplan dargelegten Überforderung mit der Erledigung von Schriftverkehr, Behörden- und formellen Kontakten sei hier vorrangig die Hilfe einer freiwilligen gesetzlich bestellten Betreuung angezeigt. Die Steigerung des Selbstbewusstseins stelle keinen Bedarf dar, welchem mit Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens zu begegnen sei. Bei dem angemeldeten Bedarf, einen Deutschkurs zu besuchen, handele es sich nicht um behinderungsbedingte Einschränkungen. Der Bedarf zur Unterstützung im Bereich der Arbeit mit dem Ziel der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt gehöre zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten gegenüber der Tochter handele es sich nicht um Leistungen im Rahmen einer behinderungsbedingten Einschränkung. Im Bereich der Freizeitgestaltung sei eine wesentliche Einschränkung der Teilhabe nicht gegeben. Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenz könne der Unterstützungsbedarf u.a. durch den (mit Adresse angegebenen) Sozialpsychiatrischen Dienst abgedeckt werden.
185. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat vorgetragen, das Ambulant Betreute Wohnen sei von der Klinik des Beklagten während seines stationären Aufenthaltes im Jahre 2010 angeregt worden. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
19Das SG hat als Antrag des Klägers aufgenommen,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
24Das SG hat den Entlassungsbericht der Klinik des Beklagten über die teilstationäre Behandlung des Klägers dort vom 23.05.2011 beigezogen. Sodann hat es den Kläger am 08.12.2011 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige bei dem Kläger eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau (ICD-10 F 60.3) festgestellt und eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Der Kläger sei in seinem gesamten Sozialleben erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, seiner Tätigkeit als Koch nachzugehen. Die Einschränkungen bezögen sich aber nicht auf die Bereiche der Selbstversorgung, das häusliche Leben, staatsbürgerliche Leben, sondern mehr auf die Lebensbereiche der Kommunikation und der interpersonellen Interaktionen sowie der Aufnahme einer adäquaten Berufstätigkeit. Eine Indikation für ein Betreutes Wohnen sei aus nervenärztlicher Sich nicht gegeben. Der Kläger unterhalte einen intakten Kontakt zu ehemaligen Mitpatienten. Darüber hinaus sollte dringend eine Eingliederung in das BTZ erfolgen. Zudem befinde er sich in einer regelmäßigen Psychotherapie. Durch dieses Gesamtsetting sei eine psychosoziale Betreuung in umfassender Weise gegeben. Darüber hinaus gehende Betreuungen würden den Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach überfordern. Die sozialen bürokratischen Belange, mit denen der Kläger völlig überfordert sei, des Weiteren der Umgang mit Ämtern und Behörden, die juristische Auseinandersetzungen mit der Mutter seines Kindes, allgemeine soziale Fragen könnten über die eingerichtete Betreuung, die gutachterlicherseits als angemessen betrachtet werde, bewältigt werden.
25Im Anschluss an die Begutachtung hat der Kläger ein Attest von Frau I zu den Akten gereicht. Darin hat die behandelnde Psychotherapeutin ausgeführt, der Sachverständige habe ihr in einem persönlichen Gespräch bestätigt, dass der bisherige Betreuungsrahmen aufrechterhalten werden sollte, jedoch die Aufnahme in ein Heim oder eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranken nicht erforderlich sei. Auch aus ihrer Sicht sei die weitere Betreuung im Rahmen des Bewo dringend erforderlich.
26In einer daraufhin vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, er sei nicht davon ausgegangen, dass hier ein gesetzlicher Betreuer zu Seite gestellt worden sei. Er sei ebenso wie Frau I der Auffassung, dass der Kläger unbedingt weiterhin der Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, bedürfe. Diese Betreuung könne natürlich auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden und sollte auch dieser Institution übertragen werden, da dort eine sehr vertrauensvolle Anbindung bestehe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 55 ff., 76 und 84 der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Der Kläger hat am 15.07.2011 einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 gestellt und einen zweiten Hilfeplan für diesen Zeitraum eingereicht. Über diesen Antrag hat der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Verfahren nicht entschieden.
29Der Beklagte hat den Abschlussbericht der Beigeladenen zu 1) vom 18.12.2012 für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 ff. GA Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 09.11.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 verurteilt, "dem Kläger ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren." Zur Begründung hat es ausgeführt, streitgegenständlich sei ungeachtet des im Juli 2011 gestellten Folgeantrags der gesamte Zeitraum ab Antragstellung bis zum 08.08.2012. Die Voraussetzung von § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX lägen vor. Der Kläger benötige nach den Feststellungen von Dr. H Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten. Die erforderlichen Hilfen seien nach Auffassung der Kammer dem Bereich des selbstständigen Wohnens zuzuordnen, da hierzu auch die Bewältigung rechtlicher und sozialer Beziehungen gehöre. Ferner müsse sich der Kläger nicht auf eine rechtliche Betreuung verweisen lassen. Anders als bei einer Betreuung nehme der Betreute im Rahmen des Betreuten Wohnens seine Angelegenheiten weiterhin selbst wahr. Er werde durch das betreute Wohnen lediglich bei der Regelung seiner Angelegenheiten unterstützt. Die tatsächlich geleistete Unterstützung entspreche auch nicht einer rechtlichen Betreuung, sondern dem Betreuten Wohnen. Nach dem Abschlussbericht des Anbieters hätten die Ziele des Ambulant Betreuten Wohnens auch weitgehend erreicht werden können.
316. Gegen das ihm am 18.12.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Er meint im Falle des Klägers liege kein erforderlicher Betreuungsbedarf vor, der dem Bereich des Betreuten Wohnens gemäß § 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Nach den Ausführungen seiner behandelnden Psychotherapeutin liege der Schwerpunkt der Problematik des Klägers auf dem anstehenden Berufswechsel, der durch eine berufsbildende Maßnahme herbeigeführt werden müsse. Ein regelmäßiger quantitativer erheblicher Betreuungsbedarf in diesem Bereich lasse sich nicht feststellen. Das gleiche gelte für die Zielsetzung, einen Deutschkurs zu belegen. Die Stärkung des Selbstbewusstseins sei bereits Gegenstand der therapeutischen Versorgung. Lebenspraktische Bereiche, die nach der Hilfeplanung gestärkt werden sollten, würden nicht einzeln benannt. Der Kläger habe seine Wohnung, seine leibliche Versorgung und auch dem Umgang mit seiner Tochter im Griff. Die Betreuungsbedürftigkeit des Klägers im Bereich des Sorgerechts für seine Tochter seien vorrangig dem Bereich einer gesetzlichen Betreuung zuzuordnen. Auch ein gesetzlicher Betreuer sei verpflichtet, den Wünschen des Betreuten soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Allenfalls bestünde hier ein sporadischer, situativer Bedarf. Soweit der Hilfeplan schließlich als Ziele des Betreuten Wohnens auch die Erhaltung der Abstinenz und die Vermeidung neuer Klinikaufenthalte aufzähle, handele es sich um allgemein unspezifische Formeln ohne konkreten Gehalt. Auch die tatsächlichen Leistungen der Beigeladenen zu 1) wiesen keinen nachvollziehbaren Bezug zum selbstständigen Wohnen in der eigenen Wohnung auf. Vielmehr habe es sich ganz überwiegend um Unterstützungsleistungen gehandelt, die dem Bereich der gesetzlichen Betreuung zuzuordnen seien.
32Der Beklagte beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Der Kläger beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
37Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
38Sie ist der Auffassung, die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen. Soweit, wie im Falle des Klägers, eine Verselbständigung des Betreuten und die Entwicklung von Handlungskompetenzen möglich sei, seien hierzu dienende pädagogische Maßnahmen einer gesetzlichen Betreuung, die allein auf die Vertretung des Betreuten ausgerichtet sei, vorzuziehen. Sie habe dem Kläger z.B. aufgezeigt, wie er mit Hilfe seiner Anwältin seine Rechte als Vater adäquat einfordern könne. Sie habe ihm geholfen, die Anforderungen, die an ihn gestellt worden seien, zu verstehen und zu bewältigen. Das gleiche habe bei Behördenangelegenheiten, bei der Berufsfindung und auch bei der formellen Lebensführung allgemein gegolten. Hier hätten motivierende und reflektierende Gespräche stattgefunden. Solche Leistungen wären bei einer gesetzlichen Betreuung nicht erfolgt und auch nicht möglich gewesen. Die Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei auch nicht mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Lediglich Teilbereiche, wie die Psychoedukation hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation, seien nicht gänzlich abzugrenzen. Bei den erbrachten Leistungen handele es sich auch um typische Bewo-Leistungen, was sich auch aus der Leistungsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe. Allerdings blieben die Aufgaben des Betreuten Wohnens naturgemäß unübersichtlich und für Außenstehende oftmals diffus. Sie sei jedoch stets auch dann erreichbar, wenn die Therapeutin oder Ärztin nicht erreichbar sei, insbesondere wenn sich krisenauslösende Begebenheiten manifestierten. Die dann erbrachten krisenintervenierenden Maßnahmen und Entlastungsgespräche hätten keinen therapeutischen Ansatz, sondern seien von einem "Pack-An"-Ansatz geprägt. Dass ihre Leistungen sinnvoll und notwendig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass der Kläger nunmehr selbstständig lebe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe.
39Der Senat hat den Kläger am 23.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H1 untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige zunächst folgende Diagnosen gestellt:
40- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10: F 60.31G) - Rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradige Episode (ICD-10: F 31.1G) - Zustand nach schädlichem Konsum von Cannabinoide, derzeit weitgehende Abstinenz (ICD-10: F 12.20G)
41Eine posttraumatische Belastungsstörung hat der Sachverständige demgegenüber ausgeschlossen.
42Vor allem durch die bestehende emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bestehe eine deutliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten und der seelischen Gesundheit, welche von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate bestehe. Hierdurch sei der Kläger seit August 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Zu allererst seien hierbei die erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten des Klägers zu benennen. Zudem bestünden wegen des als einengend empfundenen Aufenthalts in Deutschland weiterhin erhebliche Spannungszustände. Es komme immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen bis hin zu suizidalen Impulsen. Hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und Mobilität hätten sich hingegen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Im Hinblick auf die hochgradigen Einschränkungen seiner Beziehungsfähigkeit habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit des Klägers vorgelegen. Er zähle zum Kreis der seelisch wesentlich behinderten Menschen mit Neurosen respektive Persönlichkeitsstörungen. Er habe in dem genannten Zeitraum Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation benötigt. Auch habe er der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter bedurft. Bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen habe er hingegen keiner Hilfe benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten.
43Die durchgeführten Leistungen der Beigeladenen seien geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers teilweise abzudecken, als hierdurch die Folgen der seelischen Behinderung hätten gemildert werden und somit eine verbesserte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten ermöglicht werden können. Ohne entsprechende Unterstützung wäre es dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen zu erreichen, dass er alle zwei Wochen ein Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter verbringen könne. Weiterhin zu nennen sei die Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe, welche er ohne fremde Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht hätte leisten können.
44Die Leistungen der Beigeladenen seien allerdings insofern nicht erforderlich gewesen, als andere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Hinsichtlich der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, der Berufsfindung sowie des Rechtsstreits mit der Mutter seiner Tochter wäre eine Unterstützung durch einen gesetzlichen Betreuer möglich und geeignet gewesen. Hinsichtlich der Einschränkung der sozialen Teilhabefähigkeit wäre eine Intensivierung der ambulanten Psychotherapie sinnvoll und geeignet gewesen. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden.
45Im Anschluss an die Begutachtung hat der Senat einen Befundbericht der Diplom-Psychologin und Ärztin I vom 19.09.2014 beigezogen. Diese hat u.a. ausgeführt, eine höherfrequente wöchentliche Stundenplanung sei kontraindiziert gewesen, die ambulante Therapie sei bei der Schwere der Symptomatik nicht ausreichend gewesen. Die in Anspruch genommenen Leistungen des Betreuten Wohnens seien im Sinne eines komplexen, multimodalen und soziotherapeutischen Ansatzes dringend notwendig gewesen. Die Therapie habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen. Das Betreute Wohnen sei besonders hilfreich gewesen, um ihn aus seiner sozialen Isolation herauszuführen und die Vermeidung alltäglicher Notwendigkeiten (Ämtergänge, Bezahlung von Rechnungen etc.) abzubauen.
46Der Senat hat sodann noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H1 vom 26.09.2014 eingeholt. Darin hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, die Geltendmachung juristischer Ansprüche stelle eine typische Indikation für eine gesetzliche Betreuung dar, die auch zeitlich befristet eingerichtet werden könne. Das selbstständige Wohnen des Klägers habe nie in Frage gestanden. Im Hinblick auf die Störungen im sozialen Bereich hätten Defizite im Sinne eine affektiven und Impulskontrollstörung bestanden, wie sie psychiatrisch und psychotherapeutisch zu behandeln seien. Hier habe auch die Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Pflege bestanden. Es falle nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen, die bei dem Kläger bestehenden strukturellen Defizite therapeutisch zu bearbeiten. Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Die Behauptung, dass es dem Kläger nur so gut gehe, weil der die Leistungen der Beigeladenen zu 1) erhalten habe, sei aus fachärztlicher Sicht nicht haltbar. Gerade bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen bestehe ein sehr schwankender Verlauf. Entgegen der Einschätzung von Frau I sei selbstverständlich bei unzureichendem Ansprechen und einer schwerwiegenden strukturellen Störung eine Intensivierung der Frequenz der Psychotherapie indiziert, ggf. dann in einem anderen, also tiefenpsychologisch fundierten Setting.
47Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 257 ff., 319 f. und 322 ff. der GA Bezug genommen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet.
51I. 1. Das Urteil des SG leidet zunächst unter Verfahrensfehlern, weil es das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zutreffend erfasst und zudem unzulässigerweise ein Grundurteil erlassen hat.
52Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach dem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen zu 1), die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Die Beiladung des Leistungserbringers ist nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
53Richtigerweise hätte das SG deshalb genau ausurteilen müssen, welche Verbindlichkeiten des Klägers wem gegenüber in welcher Höhe der Beklagte durch Schulbeitritt zu übernehmen hat. Ausgehend von den Rechnungen, die die Beigeladene zu 1) dem Beklagten erteilt hat, geht es um die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 3.850,76 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 (63,67 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 76,40 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro) und in Höhe von insgesamt 2.179,26 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 (36,00 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 43,20 Fachleistungsstunden, davon 41,40 Fachleistungsstunden bis zum 30.06.2012 zu je 50,40 Euro und 1,80 Fachleistungsstunden ab dem 01.07.2012 zu je 51,50 Euro), also insgesamt 6030,02 Euro.
542. Zutreffend ist das SG demgegenüber davon ausgegangen, dass in zeitlicher Hinsicht die gesamten Leistungen der Beigeladenen zu 1), die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 09.08.2011 einen weiteren Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit einen weiteren individuellen Hilfeplan eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2011, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) nach dem 08.08.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
55II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Kosten wegen der von ihr dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.030,02 Euro durch Schuldbeitritt übernimmt.
561. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
57a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
58b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt einer bestehenden, beitrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
59aa) In dem Betreuungsvertrag vom 16.08.2010, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) geschlossen hat, war in § 4 Nr. 1 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 4 Nr. 3 zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 4 Nr. 3 Satz 3 des Betreuungsvertrages lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klienten, d.h. hier des Klägers, voraus.
60bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen.
61Die Beigeladene zu 1) wäre, soweit sie Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erbracht hätte (siehe dazu unten e)), auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Der Kläger gehörte zu dem Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung, für die die Beigeladene zu 1) nach § 2 Abs. 2 der Leistungsvereinbarung Leistungen erbringen darf.
62cc) Die Forderungen der Beigeladenen zu 1) gegen den Kläger sind allerdings teilweise nicht fällig. Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 des Betreuungsvertrages, wonach die Vergütung gemäß § 4 Nr. 1 des Vertrages monatlich durch Rechnungstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Eine solche ist dem Kläger im Juni 2012 nur für die bis zum 22.06.2012 angefallene Vergütung (96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro) erteilt worden. Für den weiteren streitgegenständlichen Betrag (bis zum 30.06.2012 1,8 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 2,16 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro = 108,86 Euro + ab dem 01.07.2012 1,5 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 1,8 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro = 92,70 Euro; also insgesamt 201,56 Euro) fehlt es bislang an einer an den Kläger adressierten Rechnung.
63Die damit insoweit fehlende Fälligkeit führt aber nicht dazu, dass es insoweit an einem sozialhilferechtlichen Bedarf fehlt. Vielmehr kann die Beigeladene zu 1) dem Kläger jederzeit eine Rechnung erteilen und dadurch die Fälligkeit herbeiführen. Es besteht also bereits gegenwärtig eine hinreichend bestimmte und sicher zu erwartende zukünftige Verbindlichkeit. Insoweit kommt der Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld in Betracht (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
64c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnung aus Juni 2012 und den zukünftig zu erwartenden Rechnungen im Hinblick auf den weiteren streitigen Betrag von 201,56 Euro, verfügte bzw. verfügt der alleinstehende Kläger nicht über Vermögen, das den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 2.600,- Euro überstieg bzw. übersteigt. Im Juni 2012 floss dem Kläger lediglich Wohngeld und Krankengeld in Höhe von 725,10 Euro zu, dass die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht überstieg. Mit dem aus seiner Teilzeitbeschäftigung aktuell erzielten Gehalt von 1.030,- Euro netto überschreitet der Kläger diese Grenze ebenfalls nicht. Das nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen ist geringer als der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (aktuell 798,- Euro) zuzüglich der tatsächlichen und auch angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 336,40 Euro monatlich. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
65d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben. Nach § 3 Nr. 4 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59). Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1 litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung an erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten und Spannungszuständen. Er benötigte Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
66e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individueller Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
67aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
68Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
69Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
70Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XIII NRW deutlich zum Ausdruck.
71Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
72bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
73(1) Zum einen hat die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlt diesen Betreuungsleistungen jedoch in jedem Fall der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist und war nicht erkennbar. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen zu 1). Dies sollte auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall sein. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch eingeräumt.
74Ein Schwerpunkt der Bemühungen der Beigeladenen zu 1) bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) darin, den schriftlichen und persönlichen Verkehr zu Behörden, namentlich der Krankenkasse, dem Wohnungsamt, der Unterhaltsvorschusskasse, dem Jobcenter bzw. der Agentur für Arbeit, dem Jugendamt und dem Amtsgericht abzuwickeln und zu begleiten. Es ging dabei vor allem um die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) sowie um Sorgerechtsangelegenheiten. So telefonierten die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit den genannten Behörden, verfassten Schriftstücke an diese bzw. unterstützten den Kläger hierbei und begleiteten ihn zu Vorsprachen und Terminen bei den genannten Institutionen. Hiermit befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Schwerpunkt bei den Kontakten bzw. Tätigkeiten am 16.08.2010, 24.08.2010, 31.08.2010, 16.09.2010, 29.09.2010, 14.10.2010, 08.11.2010, 15.11.2010, 09.12.2010, 15.02.2011, 02.05.2011, 16.05.2011, 26.05.2011, 27.05.2011, 17.06.2011, 30.06.2011, 06.09.2011, 13.09.2011, 25.11.2011, 12.12.2011, 30.12.2011, 27.02.2011, 19.03.2011, 20.04.2012, 08.05.2012, 29.05.2012, 22.06.2012, 27.06.2012, 29.06.2012 und 06.07.2012, d.h. für die Dauer von insgesamt 43,80 Stunden. Hinzu kommen insoweit auch die Termine am 09.05.2011, 04.07.2011, 15.07.2011, 28.07.2011, 05.08.2011, 13.10.2011, 10.01.2012, 14.02.2012 (insgesamt weitere 10,33 Stunden), bei denen in den Tätigkeitsdokumentationen lediglich "formelle Lebensführung" eingetragen wurden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat meint "formelle Lebensführung" den Kontakt zu Behörden und Ämtern.
75Bei diesen Kontakten etc. ging es nicht um das selbstständige Wohnen des Klägers, sondern im Wesentlichen um die Wahrung seiner Rechte, insbesondere im Verhältnis zu den Sozialbehörden. Die Beigeladene hat insoweit allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von Leistungen, die, wie insbesondere das Wohngeld, zur Sicherung der Unterkunft bestimmt sind, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
76Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bildete die Problematik des Sorgerechts und des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter. Zusätzlich zu den bereits im vorstehenden Absatz behandelten, insoweit notwendigen behördlichen Kontakte fanden hierzu Gespräche und Kontakte mit dem Kläger allein, aber auch zusammen mit der Mutter der Tochter und der Rechtsanwältin, die den Kläger im familienrechtlichen Verfahren vertreten hat, statt, und zwar am 02.09.2010, 06.10.2010, 17.12.2010, 12.01.2011, 14.01.2011, 15.01.2011, 28.02.2011, 10.03.2011, 14.03.2011, 15.04.2011, 14.09.2011 und 29.06.2012. Insoweit ist ein Zeitaufwand von 8,67 Stunden entstanden. Ein Bezug zum selbstständigen Wohnen des Klägers ist bei diesen Leistungen nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit vielmehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich familienrechtlicher Angelegenheiten, nicht aber Hilfen zum selbstbestimmten Leben des Klägers in seiner Wohnung geleistet.
77Darüber hinaus befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit der beruflichen Zukunft des Klägers. Insoweit führten sie Gespräche mit dem Kläger, (potentiellen) Arbeitgebern (I) und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (Diakonie N und BTZ), verkehrten mit den zuletzt genannten Einrichtungen auch schriftlich und begleiteten den Kläger dorthin. Dies war Schwerpunkt der am 05.11.2010, 11.11.2010, 28.12.2010, 06.01.2011, 11.01.2011, 19.01.2011, 31.05.2011, 07.06.2011, 30.01.2011, 02.03.2012, 27.03.2012, 11.04.2012 und 13.06.2012 erbrachten Leistungen (insgesamt 16,33 Stunden). Auch insoweit ist eine finale Ausrichtung der Leistungen auf das selbstständige Wohnen des Klägers nicht erkennbar. Zwar können Anleitungen zur Tagesstrukturierungen wesentlichen Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem und vor allem ging es bei den auf die berufliche Zukunft gerichteten Leistungen der Beigeladenen zu 1) nicht um eine sinnvolle Tagesstrukturierung, sondern allein darum, wie der Kläger künftig seinen Lebensunterhalt verdienen und eine dauerhafte berufliche Perspektive entwickeln kann. Insoweit fehlt jeglicher Bezug zum Wohnen.
78Gleiches gilt für die Befassung mit der Gesundheit des Klägers (02.11.2010, 17.01.2011, 08.12.2011, 30.12.2011 und 12.06.2012 = 0,8 Stunden) und die Führung sog. Entlastungsgespräche (02.02.2011, 26.07.2011, 11.08.2011 und 05.09.2011 = 2 Stunden). Letztere wurden zudem offensichtlich im Hinblick auf die Probleme des Klägers hinsichtlich des Sorgerechts für seine Tochter und seine berufliche Zukunft geführt (vgl. insoweit vor allem die Dokumentationen zu den Terminen am 26.06.2012 und 15.04.2011, in denen ausdrücklich Entlastungsgespräche im Zusammenhang mit der Sorgerechtsangelegenheit erwähnt werden), und stellen deshalb auch nach den vorstehenden Ausführungen keinen Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
79Ein Wohnungsbezug ist allenfalls denkbar, soweit sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) am 13.12.2010, 17.12.2010, 25.01.2011, 19.04.2011 und 07.06.2011 für die Dauer von insgesamt 3,33 Stunden mit dem Mietvertrag und die Stromversorgung der Wohnung des Klägers befasst haben. Abgesehen davon, dass diese Themen offensichtlich nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bildeten, handelt es sich hierbei um rein verwaltungsmäßige Tätigkeiten, die mit den eingangs zu diesem Abschnitt behandelten Unterstützungshandlungen im Kontakt mit Behörden vergleichbar und nicht in ein spezifisch auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtetes Gesamtkonzept eingebettet sind.
80Die übrigen dokumentierten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) betrafen organisatorische Fragen im Hinblick auf den hier streitigen Sozialhilfeanspruch und können als Annexleistungen nur dann unter § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX subsumiert werden, wenn die Hauptleistungen selbst als Leistungen zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten einzuordnen wären. Dies ist jedoch nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.
81Ausgehend von den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplänen ergibt sich keine andere Bewertung.
82Wenn, wie hier, bereits Leistungen erbracht worden sind, kommt es für einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auf die tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht auf die Angaben im Hilfeplan an. Bei der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, so dass etwaige Änderungen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Wenn tatsächlich keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht worden sind, kann ein Anspruch auf eben diese Leistungen nicht dadurch begründet werden, dass diese ursprünglich einmal beabsichtigt waren.
83Unabhängig davon lassen auch die im ersten Hilfeplan angegebenen beabsichtigten Leistungen der Beigeladenen zu 1) keine finale Ausrichtung auf die Sicherung des selbstständigen Wohnens des Klägers in seiner Wohnung erkennen. Die durch Leistungen der Beigeladenen zu 1) nach den Hilfeplänen zu erreichenden Ziele (Deutschkurs belegen, einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen, Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten sowie einen weiteren Klinikaufenthalt vermeiden) haben mit Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens nichts zu tun. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Beklagten und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Was die Vermeidung eines weiteren stationären Aufenthaltes anbetrifft, ging es offensichtlich nicht darum, die selbstständige Wohnform zu erhalten und einen Wechsel in eine stationäre Wohnform zu verhindern. Eine solche stationäre Wohnform stand für den Kläger auch nach dem Hilfeplan nie zur Debatte. Der Hilfeplan formulierte insoweit lediglich das Ziel, eine nochmalige Verschlimmerung der psychischen Erkrankung und einen dann u.U. notwendigen kurativen und von vornherein zeitlich begrenzten stationären Aufenthalt zur Behandlung dieser Erkrankung zu verhindern. Ein etwaiger krankheitsbedingter stationärer Aufenthalt stellt aber die Aufrechterhaltung einer selbstständigen Wohnform nicht grundsätzlich in Frage. Zudem weist die Vermeidung eines weiteren Krankenhausaufenthaltes primär eine medizinische Zielrichtung auf und dient damit im Schwerpunkt nicht der Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
84Der zweite Hilfeplan für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 enthält zwar ausweislich des auf Bl. 108 ff. der GA befindlichen Abschlussberichtes insoweit einen gewissen Wohnungsbezug, als die Problematik einer nicht schließenden Wohnungstür angegangen werden und im Rahmen der Gewährleistung der formellen Lebensführung auch ein Finanzplan aufgestellt werden sollte. Insoweit handelt es sich aber um vereinzelte Bedarfslagen, die nicht in ein Gesamtkonzept zur Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens eingebettet sind. Die betreffenden Probleme sind auch im zweiten Hilfeplan letztlich Ausprägung der grundsätzlichen Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und privaten Dritten. Dass die beabsichtigten Hilfen im Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet sind, ist auch im zweiten Hilfeplan nicht erkennbar. Bezeichnenderweise werden für das Ziel "Meine Wohnung bleibt mir erhalten und es gelingt mir, entstehenden Probleme selbst zu regeln" lediglich 10 Minuten pro Woche veranschlagt.
85(2) Zum anderen und vor allem bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Alleinleben in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet. Der Kläger bedurfte zur Aufrechterhaltung der von ihm gewählten Wohnform keiner Hilfe.
86Der Sachverständige Dr. H1 hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 keine Hilfe bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden. Unterstützung habe der Kläger lediglich bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter benötigt.
87Der Sachverständige hat damit den spezifischen Bedarf, der durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt werden soll, ausdrücklich verneint. Der von ihm bejahte Hilfebedarf weist keinen Bezug zum Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit auf. Wie der Sachverständige selbst ausdrücklich festgestellt hat, stand die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform nie zur Debatte.
88Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sachverständigen an. Der Sachverständige hat den Kläger ausführlich exploriert und insbesondere eine ausführliche Anamnese erhoben. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal schlüssig und im Hinblick auf die im Gutachten wiedergegebenen Äußerungen des Klägers auch zutreffend betont, Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Solche Einschränkungen wären bei Erkrankung des Klägers auch nicht plausibel. Anders als beispielsweise bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei denen erhebliche Schwierigkeiten in der Planung der Tagesstruktur vorlägen, habe der Kläger aus der Längsschnittanamnese diesbezüglich keine höhergradigen Defizite gezeigt. Diese Ausführungen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
89Anhaltpunkte dafür, dass die Einschätzung des Sachverständigen unzutreffend sein könnte, sind nicht erkennbar. Soweit die Diplom-Psychologin und Ärztin I in ihrem Befundbericht vom 19.09.2014 ausgeführt hat, die "Therapie" (gemeint sind wohl die Maßnahmen der Beigeladenen zu 1)) habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen, hat sie nicht begründet, dass und warum der Kläger einer solchen Tagesstrukturierung bedurft hätte. Sie hat lediglich pauschal die in Anspruch genommenen "Leistungen des Betreuten Wohnens" für dringend notwendig erachtet. Was sie dabei unter dem Begriff des "betreuten Wohnens" versteht, hat sie nicht offen gelegt. Es liegt nahe, dass sie sämtliche Leistungen, die die Beigeladene zu 1) erbringt und dem Kläger gegenüber erbracht hat, als Leistungen des betreuten Wohnens ansieht, weil die Beigeladene zu 1) eben ein Anbieter solcher Leistungen ist. In jedem Fall geht sie, im Übrigen ebenso wie das SG, von einem anderen Begriffsverständnis aus als der Senat. Dass und warum der Kläger einen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Sinne der hier vertretenen Auffassung gehabt soll, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.
90Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1 deckt sich im Übrigen auch mit den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. Auch dieser hat Einschränkungen des Klägers bezogen auf die Bereiche der Selbstversorgung und das häusliche Leben und eine Indikation für ein Betreutes Wohnen ausdrücklich verneint. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich die Auffassung vertreten, der bestehende Bedarf des Klägers nach Unterstützung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, könne auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden. Damit hat er aber keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bejaht, sondern lediglich gemeint, dass auch die Beigeladene zu 1), die eben (auch) Leistungen des Betreuten Wohnens anbiete, den Bedarf des Klägers decken könne. An seiner Auffassung, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung eines selbstbestimmten Wohnens keiner Hilfe bedarf, hat Dr. H erkennbar festgehalten.
91Aus den aktenkundigen Entlassungsberichten im Anschluss an den stationären und den teilstationären Aufenthalte in der Klinik des Beklagten ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Dass und warum der Kläger einen Hilfebedarf im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seiner selbstbestimmten Wohnform haben sollte, wird in den Entlassungsberichten nicht dargelegt. Soweit während des stationären Aufenthaltes des Klägers Mitte 2010 tatsächlich eine Empfehlung für die Inanspruchnahme von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnen ausgesprochen worden sein sollte, was durch den Akteninhalt nicht belegt ist, ist nicht erkennbar, dass und warum eine Indikation für eine Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen gesehen wurde. Vermutlich waren die in der Klinik des Beklagten angestellten Sozialarbeiter der Überzeugung, der Kläger benötige bei seiner praktischen Lebensführung, z.B. bei Kontakten nach außen zu Behörden und Dritten, nach Beendigung des stationären Aufenthaltes weiterhin der Unterstützung. Dies entspricht durchaus der Einschätzung des Sachverständigen. Ein solcher allgemeiner Hilfebedarf stellt jedoch keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
92Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger keiner Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen bedurfte, haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) letztlich auch keine Einwände erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat vielmehr selbst in der Sache klargestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seines häuslichen Umfeldes keinen Bedarf hatte. Sie geht vielmehr auch nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem weiteren Begriff des "Betreuten Wohnens" aus als der Sachverständige und rechnet in der Sache sämtliche Leistungen, die unabhängig von einer finalen Ausrichtung auf das Wohnen auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben und eine selbstständige Lebensführung ausgerichtet sind, zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Damit legt sie ein Begriffsverständnis zugrunde, dass auch der Senat nicht teilt und dass den durch den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und die Systematik von § 54 SGB XII und § 55 SGB IX vorgegeben Rahmen überschreitet. Die Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen lediglich einen speziellen Teil der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar. Nicht alle Leistungen, die der Teilhabe am Gemeinschaftsleben dienen, sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen, wie z.B. die hier vom Sachverständigen Dr. H1 empfohlene Intensivierung der ambulanten Psychotherapie, der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und solche Leistungen für den Kläger auch nicht erforderlich waren und die Beigeladene zu 1) damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich und für andere Leistungen als die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladenen erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, dass nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) ergibt sich aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhanden Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen zu 1) oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen zu 1) vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene zu 1) damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene zu 1) implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene zu 1) hat in dem Betreuungsvertrag mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand des Betreuungsvertrags gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18), für deren Erbringung die Beigeladene zu 2) als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 97 Abs. 1 und 3 SGB XII in Ermangelung einer Zuweisung an den Beklagten durch die AV-SGB XII NRW eigentlich sachlich zuständig wäre, die der Beklagte jedoch mangels Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene zu 2) nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zu erbringen hätte.
109(1) Jedenfalls teilweise handelt es sich bei den in den Hilfeplänen aufgeführten und den von der Beigeladenen zu 1) tatsächlich erbrachten Leistungen nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
110(a) Dies gilt zunächst für alle sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers sowie für solche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet gewesen sind, den Kläger auch weiterhin dazu anzuhalten, auf Cannabis-Produkte zu verzichten. Letztere sind zwar in den vorlegten Tätigkeitsdokumentationen nicht explizit aufgeführt, sollen aber nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) stattgefunden haben sollen. Alle genannten Maßnahmen sind dem Bereich der medizinischen (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1), die sich unmittelbar auf den akuten Gesundheitszustand des Klägers und sein Gesundheitsverhalten bezogen, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen zu 1) konnte insoweit nur sein, die psychischen Krankheiten des Klägers und ihre unmittelbaren psychischen Auswirkungen zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen knüpften damit an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an (vgl. zur Abstinenzmotivation auch das Urteil des Senats vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene zu 1) "therapeutisch" gearbeitet hat oder ihre Maßnahmen von einem "Pack-An-Ansatz" getragen sind, wie sie selbst vorträgt. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Gespräche etc. unmittelbar auf die Linderung der unmittelbaren Krankheitsfolgen ausgerichtet sind. Der Kläger soll sich durch die "Entlastungsgespräche" etc. besser fühlen. Auf diese Weise soll eine akute psychische Krise überwunden werden. Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers.
116Ob entsprechende gesundheitsunterstützende Leistungen dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden können, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87), kann dahinstehen. Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX liegen nicht vor und waren auch nicht erforderlich (siehe dazu oben 1. e) bb)). Soweit die tatsächlichen Unterstützungshandlungen im persönlichen und schriftlichen Verkehr mit Behörden etc. den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zuzuordnen wären, waren diese ebenfalls nicht erforderlich (dazu sogleich unten (3)).
117Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren, oder ob insoweit medizinische Maßnahmen (Intensivierung von Psychotherapie, ambulante psychiatrische Pflege) indiziert und auch verfügbar waren, was der Sachverständige Dr. H1 einerseits und der Kläger, die Beigeladene zu 1) und Frau I unterschiedlich beurteilen.
118(b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die im Hilfeplan immerhin mit 20 Minuten wöchentlich veranschlagten Maßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Klinikaufenthalts. Allerdings gehen aus den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen auch keine entsprechenden, über die vorstehend erörterten Entlastungsgespräche etc. hinausgehenden Maßnahmen hervor.
119(c) Bei dem im Hilfeplan mit einem Aufwand von 10 Minuten pro Woche angegebenen Ziel, einen Deutschkurs zu belegen, handelt es sich bereits nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, denn fehlende Sprachkenntnisse sind keine Behinderung und die Behebung fehlender Sprachkenntnisse ist kein behinderungsspezifischer Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 22/13 R -, gegenwärtig nur als Terminmitteilung vorliegend). Allerdings lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) insoweit keinen tatsächlichen Aufwand erkennen.
120(2) Soweit die Beigeladene zu 1) entsprechend den Angaben im zweiten Hilfeplan für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 Leistungen im Hinblick auf die Planung von Handlungen und Finanzen des Klägers erbracht haben sollte, wären diese ohne Zweifel als Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewertenden Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig gewesen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben 1. e) bb (2)) folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur nicht der Hilfe Dritter bedurfte. Für eine irgendwie geartete Tages- und Handlungsplanung bestand daher kein Bedürfnis. Für die Finanzplanung gilt nichts anderes. Es ist weder in den Akten dokumentiert, noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung Schwierigkeiten hatte, "mit seinem Geld auszukommen". Über etwaige Schulden des Klägers ist nichts bekannt. Auch die vom SG und vom Senat beauftragten Sachverständigen haben in Bezug auf die Verwaltung der verfügbaren Finanzmittel keinen Hilfebedarf des Klägers festgestellt. Entsprechend der bei ihm vorliegenden strukturellen Persönlichkeitsstörung lagen die Schwierigkeiten des Klägers vielmehr darin, in Beziehung zu Dritten zu treten, und damit in der Verfolgung seiner rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten nach außen. Einer Finanzplanung bedurfte er deshalb nicht.
121(3) Die übrigen in den Hilfeplänen angegebenen und auch tatsächlich erfolgten lebenspraktischen Leistungen der Beigeladenen zu 1), d.h. die Unterstützungshandlungen im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter, die Bemühungen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers und die Hilfen bei der Erledigung des persönlichen und schriftlichen Verkehrs mit Behörden und privaten Vertragspartnern (Stromversorger, Vermieter, sonstige Gläubiger), waren als Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben jedenfalls nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
122Insoweit kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter bereits deshalb aus dem Kreis der Leistungen nach § 55 SGB IX auszuscheiden sind, weil Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben grundsätzlich darauf ausgerichtet sind, die Kontakte über den Bereich der Familie hinaus zu fördern (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Ebenso kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers nicht den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, sondern den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX zuzuordnen sind. Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang die Hilfe bei der Erledigung behördlicher Angelegenheiten etc. überhaupt den Leistungen der Eingliederungshilfe zuzuordnen ist, weil der Kläger ausweislich des Hilfeplans zur die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012, wie er in dem Abschlussbericht auf Bl. 108 ff. GA wiedergegeben wird, Hilfe insoweit jedenfalls auch aufgrund seiner unzureichenden Sprachkenntnisse begehrt hat und es damit möglicherweise zumindest teilweise gar nicht um Deckung eines behinderungsspezifischen Bedarfs ging.
123In jedem Fall standen dem Kläger zur Erreichung der Ziele dieser Bemühungen der Beigeladenen zu 1) andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen, die nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren sind und nicht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe und der Teilhabe im Übrigen gehören, zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
124Bei dem Kläger bestand zwar insoweit nach Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, denen der Senat folgt und denen die Beteiligten insoweit auch nicht entgegengetreten sind, auch ein behinderungsbedingter Bedarf, weil er in krisenhaften Zuspitzungen seiner Persönlichkeitsstörung mit behördlichen Angelegenheiten überfordert ist und im streitgegenständlichen Zeitraum war und Schwierigkeiten hat und hatte, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) haben diesen Bedarf des Klägers, was der Sachverständige ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat, auch tatsächlich - mit durchaus erheblichem Kostenaufwand - gedeckt. Dieser Bedarf hätte aber auch durch die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nach §§ 1896 ff BGB mit dem Aufgabenkreis der Erledigung von Vermögens-, familienrechtlichen und behördlichen Angelegenheiten vollständig abgedeckt werden können, weil es bei den genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten und die Wahrung insbesondere sozialer Rechte des Klägers geht. Das Rechtsinstitut der Betreuung schließt im Falle des Klägers Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben aus oder führt jedenfalls dazu, dass diese im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren.
125(a) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
126Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
127Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich sind, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
128Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XII bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
129(b) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Hilfeplänen und den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten praktischen Unterstützungsleistungen (zu den psychischen Hilfestellungen siehe oben (1) (a)) in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), bei der Sorgerechtsangelegenheit bezüglich der Tochter des Klägers, im Verhältnis zum Stromversorger und zum Vermieter des Klägers sowie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil insoweit die Einrichtung eine gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
130Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger wegen seiner seelischen Behinderung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter der Hilfe Dritter bedurfte, und denen der Senat folgt, lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 vor. Medizinische Gründe gegen die Bestellung eines Betreuers hat der Sachverständige nicht festgestellt.
131Der notwendige Hilfebedarf insoweit konnte auch vollständig durch einen gesetzlichen Betreuer abgedeckt werden. Es ging schwerpunktmäßig eindeutig um die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers, nämlich um die Verwirklichung seiner sozialrechtlichen Ansprüche auf Wohngeld, Krankengeld und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum Vermieter, z.B. hinsichtlich der im zweiten Hilfeplan genannten defekten Wohnungstür, und zum Stromversorger (Anpassung des Tarifs und der Abschläge) und vor allem auch die Verwirklichung seines Sorgerechts für seine Tochter. Die Besorgung dieser Angelegenheiten und die Unterstützung des Klägers insoweit wäre originäre Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers mit dem Aufgabenbereich Vermögens-, familienrechtliche und behördliche Angelegenheiten gewesen. Gleiches gilt für die Suche nach einer neuen Beschäftigung und einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Insoweit geht es um die Organisation der angestrebten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die als Vorbereitung für die Leistungsgewährung ebenfalls in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Betreuers gefallen wäre. Die in den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen aufgeführten Handlungen und Leistungen der Beigeladenen zu 1) gehen, soweit es um die tatkräftige Unterstützung geht (zu psychischen Unterstützungsleistungen siehe oben (1)), auch nicht über die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers hinaus. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten, Rechtsanwälten und Gerichten ist ebenso wie das Telefonieren mit diesen Personen und sonstigen Dritten und das Verfassen von schriftlichen Eingaben nichts anderes als die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten und deshalb auch typische Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers.
132Soweit die Beigeladene zu 1) behauptet hat, sie habe auch darauf hingewirkt, dass der Kläger die genannten Angelegenheiten künftig selbstständig und ohne Hilfe erledigen kann, und die Auffassung vertreten hat, bei einer Betreuung werde demgegenüber nur stellvertretend gehandelt, so dass im Falle des Klägers eine Betreuung auch nicht indiziert gewesen wäre, folgt der Senat diesen Einlassungen nicht.
133Die Beigeladene zu 1) verkennt zunächst ebenso wie das SG in rechtlicher Hinsicht, dass die gesetzliche Vertretung des Betreuten gemäß § 1902 BGB nur eine von vielen Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers ist. Die Betreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, und insoweit auch eine wichtige Angelegenheit vor ihrer Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen (§ 1901 Abs. 3 Satz 1 und 3 BGB). Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 Satz 1 BGB), und bei Besserung des Zustands ggf. auch eine Aufhebung der Betreuung anzuregen (vgl. § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbstständig ohne Hilfe des Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers. Dies hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. H1 seinem Gutachten zutreffend zugrunde gelegt.
134Darüber hinaus lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) nicht ansatzweise erkennen, was ihre Mitarbeiter genau und im Einzelnen unternommen haben, um die selbstständige Erledigung von behördlichen Angelegenheiten durch den Kläger zu fördern. Ausweislich der Tätigkeitsdokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), namentlich der Geschäftsführer, schriftliche Eingaben an Behörden etc. selbst verfasst und entsprechende Telefonate selbst geführt. Eine irgendwie geartete pädagogische Anleitung des Klägers zu selbstständigem Agieren ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat auch selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeiten für Außenstehende teilweise diffus erscheinen. Diesen Eindruck kann der Senat nur bestätigen. Diffuse Leistungen können aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme aus den Mitteln der Sozialhilfe begründen.
135Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die praktischen Unterstützungshandlungen der Beigeladenen zu 1) geeignet waren, die Selbstständigkeit des Klägers zu fördern. Der Sachverständige Dr. H1 hat dies gerade nicht angenommen. Er hat die Leistungen der Beigeladenen zu 1) ausdrücklich nur insoweit für geeignet gehalten, als sie tatsächlich dazu beigetragen hätten, eine für den Kläger angenehme Umgangsregelung und eine Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe herbei zu führen. In dem zuletzt genannten Gesichtspunkt ist allerdings bereits die Einschätzung des Sachverständigen zweifelhaft, weil sich die Bemühung der Beigeladenen zu 1) im Schwerpunkt auf die Aufnahme einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichtet haben, eine solche Maßnahme aber letztlich nicht aufgenommen wurde und sich der Kläger seine im Jahre 2013 aufgenommenen Beschäftigung ohne Hilfe der Beigeladenen zu 1) nach dem Ende ihrer Tätigkeit gesucht hat. In jedem Fall hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1) zur Steigerung der Selbstständigkeit des Klägers geführt hätten. Vielmehr hat er ausdrücklich ausgeführt, dass die Bekämpfung der überdauernden Defizite des Klägers im Hinblick auf die Beziehungsfähigkeit sowie die Affekt- und Impulskontrolle, die den Bedarf hinsichtlich Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten etc. auslösen, nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen fallen würden. Vor allem hat er der Einschätzung der Beigeladenen zu 1), der Umstand, dass der Kläger aktuell keine weitere Hilfe benötige, belege die Geeignetheit und die Erforderlichkeit ihrer Leistungen, ausdrücklich widersprochen und ausgeführt, es handele sich um eine bloße, nicht durch Tatsachen untermauerte Vermutung. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Es spricht viel dafür, dass ein etwaiger, aktuell fehlender Bedarf des Klägers im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger zur Zeit nichts bzw. wenig mit Behörden und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten zu tun hat. Die Sorgerechtsangelegenheit ist geregelt, auf Sozialleistungen zur Deckung des Lebensbedarfs ist der Kläger wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr angewiesen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht beantragt worden.
136bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) und (b) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene zu 1) gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
137cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
138dd) Schließlich begründen die auf die Aufnahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichteten Vorbereitungshandlungen der Beigeladenen zu 1) auch keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 IX oder nach dem Recht eines anderen Trägers solcher Leistungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) (b) entsprechend.
139III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
140IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tatbestand
- 1
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Der Kläger begehrt vom Beklagten als Träger der Jugendhilfe die Übernahme der Kosten für heilpädagogisches Reiten in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2010.
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Der am 16. Mai 2000 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an klassischem frühkindlichem (Kanner-)Autismus. Seit Mai 2004 nimmt er an einer heilpädagogischen Reittherapie teil. Die Kosten hierfür trug der Beklagte zunächst als Träger der Sozialhilfe im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe. Nach Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Kinder- und Jugendarztes Dr. med. H. des Sozialpädiatrischen Zentrums in T. vom 16. Oktober 2008, wonach frühkindlicher Autismus eine seelische Behinderung darstellt, gewährte der Beklagte rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 das heilpädagogische Reiten als Leistung der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe.
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Den unter dem 16. November 2009 gestellten Folgeantrag des Klägers für Fördereinheiten der heilpädagogischen Reittherapie ab 1. Januar 2010 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Januar 2010 ab. Daraufhin trugen die Eltern des Klägers seit Januar 2010 die Kosten des heilpädagogischen Reitens. Der Beklagte begründete die Ablehnung im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Übernahme der Kosten um eine freiwillige Leistung gehandelt habe. Das heilpädagogische Reiten sei eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, gehöre als solche aber nicht zu den in der Heilmittel-Richtlinie aufgenommenen verordnungsfähigen Heilmitteln. Als freiwillige Leistung werde die Hilfe für eine heilpädagogische Reittherapie generell nach zwei Jahren beendet. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Rechtsausschuss des Beklagten unter Bezugnahme auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - zurück. Diese Vorschrift beschränke den Anspruch auf heilpädagogische Leistungen im Rahmen der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe auf Kinder, die noch nicht eingeschult seien. Zu diesem Personenkreis gehöre der Kläger nicht. Er besuche eine Förderschule. Das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht ist dieser Rechtsauffassung gefolgt und hat dessen Klage abgewiesen.
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Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2010 wöchentlich eine Therapieeinheit heilpädagogisches Reiten zu bewilligen. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 35a Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII -. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei dem klassischen frühkindlichen (Kanner-)Autismus um eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom lebensaltertypischen Zustand für mehr als sechs Monate handele. Dem Kläger sei wegen seines frühkindlichen Autismus, der mit einer schweren Kommunikationsstörung und fehlendem Sprechvermögen verbunden sei, der Zugang zur Gesellschaft in erheblichem Umfang versperrt. Das heilpädagogische Reiten sei keine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, sondern eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Dass der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum eingeschult gewesen sei, stehe der Bewilligung dieser Leistung nicht entgegen. Die Vorschriften des § 55 Abs. 2 Nr. 2 und § 56 SGB IX seien nicht dahin zu verstehen, dass die Bewilligung von heilpädagogischen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nur für noch nicht eingeschulte Kinder vorgesehen werde. Nichts lasse darauf schließen, dass der Gesetzgeber angenommen habe, behinderte Kinder, die eine ihrer Behinderung entsprechende Schule besuchten, würden dort in dem erforderlichen Maß auch heilpädagogisch betreut. Das heilpädagogische Reiten sei für den Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum eine geeignete und erforderliche Eingliederungshilfe gewesen.
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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass der Anspruch eines eingeschulten Kindes auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form des heilpädagogischen Reitens nicht durch § 35a Abs. 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - ausgeschlossen werde, steht mit Bundesrecht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
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Der vom Kläger - wie nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt worden ist - der Sache nach von Beginn an geltend gemachte Anspruch auf Übernahme der vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2010 verauslagten Aufwendungen für eine Therapieeinheit heilpädagogischen Reitens pro Woche folgt aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII.
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Diese Vorschrift verleiht einen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für selbst beschaffte Hilfen. Das sind Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsberechtigten abweichend von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII selbst beschafft werden, ohne dass eine Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung durch diesen vorangegangen ist. Der Übernahmeanspruch setzt nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3).
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Die Beteiligten gehen, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, zu Recht übereinstimmend davon aus, dass der Kläger den Beklagten mit seinem unter dem 16. November 2009 gestellten "Folgeantrag für Fördereinheiten der heilpädagogischen Reittherapie ab 1. Januar 2010" rechtzeitig (vgl. Urteil vom 11. August 2005 - BVerwG 5 C 18.04 - BVerwGE 124, 83 <86 ff.> = Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 4 S. 10 ff.) vor Beginn des Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendungen beantragt wurde, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat. Des Weiteren steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe der vom Oberverwaltungsgericht zuerkannte Bedarf von einer wöchentlichen Therapieeinheit heilpädagogischen Reitens unaufschiebbar war. Zu entscheiden ist allein darüber, ob dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX ein Anspruch auf Gewährung heilpädagogischer Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zustand. Das ist der Fall.
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1. Nach § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr. 1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).
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Im Rahmen der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1, § 113 Abs. 5 VwGO) ist dagegen nicht zu prüfen, ob der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 35a Abs. 1a SGB VIII nachgekommen ist und hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 die Stellungnahme eines der dort in Nr. 1 bis 3 abschließend bezeichneten Ärzte oder Psychotherapeuten eingeholt hat. Denn über das Vorliegen des eingeklagten Anspruchs ist angesichts des Streitgegenstandes der Verpflichtungsklage ohne Rücksicht auf etwaige Mängel des Verwaltungsverfahrens zu entscheiden (vgl. Urteil vom 31. Juli 1984 - BVerwG 9 C 156.83 - Buchholz 402.25 § 6 AsylVfG Nr. 4 S. 3<7> m.w.N.).
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Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht dahin erkannt, dass die materiellen Anspruchsvoraussetzungen des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorlagen. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
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Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wich die seelische Gesundheit des seit seiner Geburt an klassischem frühkindlichem (Kanner-)Autismus leidenden Klägers länger als sechs Monate von dem lebensaltertypischen Zustand ab. Das Oberverwaltungsgericht hat sich im Rahmen seiner aus § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung zur Spruchreifmachung insoweit auf die bei den Akten befindlichen ärztlichen Bescheinigungen des Kinder- und Jugendarztes Dr. med. H. des Sozialpädiatrischen Zentrums in T. vom 16. Oktober 2008 und vom 10. Juni 2011 sowie dessen Schreiben vom 19. November 2010 gestützt und sich die dortigen Feststellungen zu Eigen gemacht. Dies ist, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieser Arzt nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zu den in § 35a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VIII bezeichneten Ärzten oder Psychotherapeuten gehört, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfahrensvorschrift des § 35a Abs. 1a SGB VIII verpflichtet allein den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Stellungnahme eines entsprechenden Arztes oder Psychotherapeuten einzuholen. Des Weiteren hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass dem Kläger aufgrund seines frühkindlichen Autismus mit schwerer Kommunikationsstörung und dem fehlenden Sprechvermögen der Zugang zur Gesellschaft in erheblichem Umfang versperrt ist. Die genannten Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend.
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2. § 35a Abs. 2 SGB VIII ordnet an, dass die Hilfe nach dem Bedarf im Einzelfall in ambulanter Form, in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen, durch geeignete Pflegepersonen und in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet wird. Aufgabe und Ziel der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie die Art der Leistungen richten sich gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII nach § 53 Abs. 3 und 4 Satz 1 sowie den §§ 54, 56 und 57 SGB XII, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden.
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a) Das heilpädagogische Reiten ist im konkreten Fall der Art nach eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX) und keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX). Das Oberverwaltungsgericht ist bei der Abgrenzung dieser beiden Leistungsarten von einem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen (aa). Diesen Maßstab hat es auch rechtsfehlerfrei angewandt (bb).
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aa) Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 <188> und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
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Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
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Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.).
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bb) Das Oberverwaltungsgericht hat in Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zu Recht eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bejaht. Das heilpädagogische Reiten knüpft nach den für den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall an die sozialen Folgen des frühkindlichen Autismus (z.B. Abkapselung und Beziehungsarmut) an. Es soll dem Kläger vorrangig den Zugang zur Gesellschaft, der ihm wegen seines Autismus mit schwerer Kommunikationsstörung und fehlendem Sprechvermögen in erheblichem Umfang versperrt ist, ermöglichen bzw. - soweit vorhanden - sichern. Ziel des heilpädagogischen Reitens ist es, den Kläger über den Kontakt zum Pferd und die nonverbale Kommunikation mit diesem emotional zu befähigen, sich zunehmend auch auf andere Personen, etwa die Heilpädagogin, Kinder auf dem Reiterhof oder seine Klassenkameraden einzulassen und mit ihnen zu kommunizieren.
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b) Der Anspruch auf Gewährung des heilpädagogischen Reitens als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist nicht deshalb gemäß § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX ausgeschlossen, weil der Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum eingeschult war und eine seiner Behinderung entsprechende Förderschule besuchte.
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Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX sind Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX insbesondere heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind. Die Vorschrift ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht dahin zu verstehen, dass sie die Gewährung heilpädagogischer Leistungen als jugendhilferechtliche Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für eingeschulte Kinder oder Jugendliche ausschließt. Die grammatikalische Auslegung zwingt nicht zu einem derartigen Normverständnis. Die Anwendung der anderen Auslegungskriterien weist eindeutig in die entgegengesetzte Richtung.
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(aa) Dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 SGB IX kann nicht ausschließlich oder zumindest hinreichend deutlich entnommen werden, dass es sich bei dem in Nr. 2 genannten Leistungstatbestand um einen in der Weise speziellen Tatbestand handelt, dass er den Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 55 Abs. 1 SGB IX versperrt.
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Aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt sich, dass § 55 Abs. 2 SGB IX von einem beispielhaften, offenen Leistungskatalog ausgeht (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 5 C 19.08 - BVerwGE 135, 159 = Buchholz 436.511 § 10 KJHG/SGB VIII Nr. 4 jeweils Rn. 14). Die Stellung des Wortes "insbesondere" ist auch für eine Auslegung dahin offen, dass es sich auf die in Absatz 2 ausdrücklich genannten Maßnahmen in ihrer Gesamtheit bezieht mit der Folge, dass sich die Beispielhaftigkeit nicht nur auf die in Nr. 2 genannten heilpädagogischen Leistungen, sondern auch auf den dort bezeichneten Personenkreis ("Kinder, die noch nicht eingeschult sind") erstreckt.
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(bb) Für eine Auslegung, dass der Anspruch eingeschulter Kinder oder Jugendlicher auf Gewährung heilpädagogischer Leistungen als jugendhilferechtliche Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dem Anwendungsbereich des § 55 Abs. 1 SGB IX unterfällt, spricht vor allem die Gesetzessystematik, die zugleich die Zielsetzung der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe widerspiegelt.
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Nach der gesetzgeberischen Konzeption ist das Leistungssystem der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe auf Offenheit und Lückenlosigkeit angelegt, da anders eine wirksame Erfüllung der in § 35a Abs. 3 SGB VIII i.V.m. § 53 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB XII normierten Aufgabe der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe nicht möglich und sicherzustellen wäre. Diese Aufgabe besteht darin, eine drohende seelische Behinderung von Kindern oder Jugendlichen zu verhüten oder ihre seelische Behinderung und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die betroffenen Kinder oder Jugendlichen in die Gesellschaft einzugliedern, wozu insbesondere gehört, ihnen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Aus dem sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz, der im Bereich der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe in § 35a Abs. 2 SGB VIII (vgl. "Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall ... geleistet") verankert ist, folgt, dass grundsätzlich der gesamte im konkreten Einzelfall anzuerkennende Hilfebedarf seelisch behinderter oder von einer solchen Behinderung bedrohter Kinder oder Jugendlicher abzudecken ist (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 6.11 - Buchholz 436.511 § 10 KJHG/SGB VIII Nr. 6 Rn. 12 m.w.N.). Das erfordert, dass sich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe bzw. im Fall der selbstbeschafften Hilfe der Leistungsberechtigte der Art und Form nach aller Leistungen und Hilfen bedienen kann, die zur Deckung des konkreten und individuellen eingliederungsrechtlichen Bedarfs geeignet und erforderlich sind.
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Die Offenheit des Leistungssystems hat in der Normstruktur des § 55 SGB IX insoweit ihren Niederschlag gefunden, als die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Absatz 1 generalklauselartig umschrieben und in Absatz 2 anhand eines nicht abschließenden Beispielskatalogs konkretisiert werden. Die systematische Gesamtschau mit den weiteren von § 35a Abs. 3 SGB VIII in Bezug genommenen Leistungstatbeständen unterstützt diesen Befund. Diese enthalten ebenfalls in der Regel - wie sich aus der jeweiligen Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt - beispielhafte Aufzählungen (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 26 Abs. 2 und 3 SGB IX, § 33 Abs. 3 und 6 SGB IX). Als weiterer in dieselbe Richtung weisender systematischer Aspekt tritt hinzu, dass § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII - wie das Wort "neben" belegt - die verschiedenen Leistungsarten der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe selbständig nebeneinander stellt.
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Aus dem Nebeneinander der Leistungsarten wird zugleich deutlich, dass der eingliederungsrechtliche Bedarf an heilpädagogischen Leistungen für den Zeitraum der Beschulung in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung, auf den auch für seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Kinder oder Jugendliche zurückzugreifen ist (vgl. Urteil vom 18. Oktober 2012 - BVerwG 5 C 21.11 - zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht abschließend und erschöpfend geregelt ist. Nach ihrer tatbestandlichen Ausgestaltung deckt diese Vorschrift nur den eingliederungsrechtlichen Bedarf ab, der durch den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bedingt ist. Danach sind heilpädagogische Maßnahmen zu gewähren, wenn diese erforderlich und geeignet sind, seelisch behinderten oder von einer solchen Behinderung bedrohten Kindern oder Jugendlichen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Mangels seines abschließenden Charakters bietet § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass bei eingeschulten Kindern oder Jugendlichen ein Anspruch auf Eingliederungshilfe im Interesse der sozialen Integration nicht aus § 55 Abs. 1 SGB IX hergeleitet werden kann. Ein anderes Verständnis liefe auch der auf Offenheit und Lückenlosigkeit gerichteten Zielsetzung der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe zuwider. Besteht zugunsten eines eingeschulten Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall ein eingliederungsrechtlicher Bedarf an heilpädagogischen Leistungen und dient die gebotene Leistung nicht einer angemessenen Schulbildung, könnte dieser Bedarf ansonsten weder auf der Grundlage des § 55 Abs. 1 SGB IX, noch unter Heranziehung des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII oder anderer Bestimmungen befriedigt werden. Dies stände mit der aufgezeigten Konzeption des Leistungssystems der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe nicht im Einklang.
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(cc) Die Entstehungsgeschichte bekräftigt dieses Auslegungsergebnis. Die Vorschriften des § 55 Abs. 2 Nr. 2 und § 56 SGB IX sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Regelungen des § 40 Abs. 1 Nr. 2a Bundessozialhilfegesetz - BSHG - i.V.m. § 11 Eingliederungshilfe-Verordnung zeitgerecht fortentwickeln, ohne deren Regelungsgehalt im Kern zu ändern (vgl. BTDrucks 14/5074 S. 111, 14/5531 S. 9 und 14/5800 S. 29). Während § 39 Abs. 1 BSHG - ähnlich § 55 Abs. 1 SGB IX - einen generalklauselartigen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe regelte, nannte § 40 Abs. 1 BSHG die im Rahmen der Eingliederungshilfe besonders bedeutsamen Maßnahmen. Demzufolge wollte der Gesetzgeber bereits mit der Einführung des § 40 Abs. 1 Nr. 2a BSHG durch das 3. BSHG-Änderungsgesetz vom 25. März 1974 (BGBl I S. 777), mit der die "heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind", erstmals einer ausdrücklichen formellgesetzlichen Regelung zugeführt wurden, lediglich die Bedeutung dieser Maßnahmen für die Effektivität der Eingliederungshilfe für Kinder, die von Geburt oder der frühen Kindheit an behindert sind, besonders hervorheben. Zu diesem Zweck löste er in § 40 Abs. 1 Nr. 2a BSHG die "heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind", von der Ausrichtung auf den Schulbesuch und stellte diesen Leistungstatbestand selbständig neben den Leistungstatbestand des § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG, der eine derartige Ausrichtung enthielt. § 11 Eingliederungshilfe-Verordnung bestimmte, dass heilpädagogische Maßnahmen im Sinne des § 40 Abs. 1 Nr. 2a BSHG auch gewährt werden, wenn die Behinderung eine spätere Schulbildung oder eine Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige angemessene Tätigkeit voraussichtlich nicht zulassen wird. Damit wurde klargestellt, dass die heilpädagogischen Möglichkeiten auch in schweren Behinderungsfällen ausgeschöpft werden sollen, wenn durch sie nur ganz allgemein die Möglichkeiten zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft verbessert werden können oder die Pflegebedürftigkeit um einiges gemildert werden kann (vgl. BTDrucks 7/308 S. 14 und BRDrucks 743/74 S. 4 f. sowie Urteil vom 30. Mai 2002 - BVerwG 5 C 36.01 - Buchholz 436.01 § 12 EingliederungshilfeVO Nr. 1 S. 3 f.). Es fehlt an jedem Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber § 40 Abs. 1 Nr. 2a BSHG i.V.m. § 11 Eingliederungshilfe-Verordnung als eine den Rückgriff auf die allgemeine Regelung des § 39 Abs. 1 BSHG sperrende Ausschlussregelung verstanden wissen wollte. Ebenso wenig ist den Gesetzesmaterialien ein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die heilpädagogischen Leistungen im Zeitraum der Beschulung in § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG i.V.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-Verordnung einer abschließenden und erschöpfenden Regelung zuführen wollte.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütungsvereinbarung Bezug genommen.
6Entsprechende Verträge ebenfalls für den Bereich des Betreuten Wohnens schloss die Beigeladene zu 1) mit der Stadt L als Trägerin der Jugendhilfe. Für andere Tätigkeitsbereiche und mit anderen Sozialhilfeträgern schloss die Beigeladene zu 1) keine Verträge.
72. Der im Mai 1970 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er absolvierte eine Ausbildung zum Koch, arbeitete jedoch vornehmlich in verschiedenen Tätigkeiten (Animation, Catering) in der Tourismusbranche in unterschiedlichen Ländern sowie als Aushilfe im Gastronomiebereich. Er ist Vater einer im Februar 2006 geborenen Tochter aus einer nach der Geburt der Tochter gescheiterten Beziehung zu einer Deutschen. Wegen der Tochter zog der Kläger im Januar 2009 nach Deutschland und ging hier zunächst einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma nach. Er bewohnt seit Februar 2010 eine 40 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung in L.
8Am 09.11.2009 begann der Kläger eine ambulante Verhaltenstherapie bei der Diplom-Psychologin und Ärztin I, die er im Dezember 2012 beendete. Seit dem 04.06.2010 war er arbeitsunfähig und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung Krankengeld und seit dem 01.09.2010 auch Wohngeld. Vom 08.06.2010 bis zum 06.08.2010 befand er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in der Klinik des Beklagten in L. Dort wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide diagnostiziert. Vom 08.02.2011 bis zum 13.05.2011 befand sich der Kläger in teilstationärer psychiatrischer Behandlung in der Tagesklinik der Klinik des Beklagten in L, wo u.a. eine Dialektisch-Behaviorale Therapie durchgeführt wurde.
9Der Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Krankengeld jedenfalls bis Anfang 2013 Leistungen nach dem SGB II. Seit Mitte April 2013 geht er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Kölner Uni-Mensa nach, die er zunächst in Vollzeit ausübte und später dann zeitlich beschränkte. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein Nettogehalt in Höhe von 1.030,- Euro.
103. Am 09.08.2010 suchte der Kläger erstmals die Beigeladene zu 1) auf. Am 16.08.2010 unterschrieb er einen von der Beigeladenen zu 1) vorformulierten, unbefristeten "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen", der ab dem 09.08.2010 gelten sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Betreuungsvertrages sollten u.a. die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen zu 1) mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Als Entgelt war gemäß § 4 Nr. 1 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart, die mit dem Abrechnungsfaktor 1,2 zu multiplizieren sein sollte. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 4 Nr. 3 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
11"Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger."
12Aufgrund des Betreuungsvertrages erbrachte die Beigeladene zu 1) überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter, vor allem ihres Geschäftsführers, Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 im Umfang von 63,67 Stunden und im Zeitraum 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 im Umfang von 36,00 Stunden. Allerdings stellte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung. Eine Rechnung an den Kläger erging erstmals im Juni 2012 über bis zum 22.06.2012 erbrachte 96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro. Weitere Rechnungen erhielt der Kläger nicht.
13In inhaltlicher Hinsicht befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) zum einen mit Behördenangelegenheiten des Klägers. Es ging dabei um die Gewährung von Krankengeld, die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Gewährung von Wohngeld und von Leistungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters L zur beruflichen Rehabilitation des Klägers. Zum anderen unterstützten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger in Sorgerechtsangelegenheiten in Bezug auf seine Tochter. Hierzu versuchten sie in Gesprächen mit dem Kläger und der Kindsmutter zu vermitteln und eine einvernehmliche Regelung herbei zu führen. Weiterhin stellten sie den Kontakt zum Jugendamt und zu einem Rechtsanwalt her und begleiteten den Kläger dorthin. Darüber hinaus ging es auch um die berufliche Zukunft des Klägers. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) erörterten mit dem Kläger die Möglichkeiten einer beruflichen Rehabilitation und stellten den Kontakt zu zwei Rehabilitationsträgern (Diakonie N und Berufliches Trainings Zentrum (BTZ) L) her. Eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm der Kläger aber letztlich nicht auf. Der letzte persönliche Kontakt des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) fand am 06.07.2012 statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Tätigkeitsdokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
144. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 09.08.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der Klinik des Beklagten vom 14.07.2010 bei. Darin wurde dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide bescheinigt. Mit Datum vom 23.11.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Als Ziele, die durch sie verwirklicht werden sollten, gab die Beigeladene dabei an, der Kläger solle einen Deutschkurs belegen (Ziel 1), einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen (Ziel 2) und es solle die Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten (Ziel 3) sowie ein weiterer Klinikaufenthalt vermieden werden (Ziel 5). Für Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele dienen sollten, veranschlagte die Beigeladen zu 1) wöchentlich 10 Minuten für Ziel 1, jeweils 20 Minuten für die Ziele 2 und 5 und 30 Minuten für Ziel 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 39 ff. ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
15Mit Bescheid vom 29.12.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere eine medizinische Behandlung. Bei unzureichendem Erfolg der angestrebten Dialektisch-Behavioralen Therapie wäre zunächst eine Intensivierung der psychiatrisch-therapeutischen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V beispielsweise in einer (Rehabilitations-) Klinik erforderlich. Das beschriebene Störungsbild des Klägers entspreche insgesamt nicht dem einer wesentlichen seelischen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII.
16Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, er nehme sehr wohl umfangreiche und adäquate Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, diese seien jedoch nicht ausreichend, um die in dem eingereichten Hilfeplan genannten Ziele zu erreichen.
17Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit sei nicht erkennbar. Die im Hilfeplan dargestellten Bedarfe seien auch keine Bedarfe, welche Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens bedingten. Der Kläger sei ausweislich des eingereichten Hilfeplans offensichtlich in der Lage, seinen Haushalt selbst zu führen und auch Termine bei seiner Therapeutin pünktlich und regelmäßig wahrzunehmen. Bezüglich der im Hilfeplan dargelegten Überforderung mit der Erledigung von Schriftverkehr, Behörden- und formellen Kontakten sei hier vorrangig die Hilfe einer freiwilligen gesetzlich bestellten Betreuung angezeigt. Die Steigerung des Selbstbewusstseins stelle keinen Bedarf dar, welchem mit Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens zu begegnen sei. Bei dem angemeldeten Bedarf, einen Deutschkurs zu besuchen, handele es sich nicht um behinderungsbedingte Einschränkungen. Der Bedarf zur Unterstützung im Bereich der Arbeit mit dem Ziel der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt gehöre zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten gegenüber der Tochter handele es sich nicht um Leistungen im Rahmen einer behinderungsbedingten Einschränkung. Im Bereich der Freizeitgestaltung sei eine wesentliche Einschränkung der Teilhabe nicht gegeben. Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenz könne der Unterstützungsbedarf u.a. durch den (mit Adresse angegebenen) Sozialpsychiatrischen Dienst abgedeckt werden.
185. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat vorgetragen, das Ambulant Betreute Wohnen sei von der Klinik des Beklagten während seines stationären Aufenthaltes im Jahre 2010 angeregt worden. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
19Das SG hat als Antrag des Klägers aufgenommen,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
24Das SG hat den Entlassungsbericht der Klinik des Beklagten über die teilstationäre Behandlung des Klägers dort vom 23.05.2011 beigezogen. Sodann hat es den Kläger am 08.12.2011 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige bei dem Kläger eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau (ICD-10 F 60.3) festgestellt und eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Der Kläger sei in seinem gesamten Sozialleben erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, seiner Tätigkeit als Koch nachzugehen. Die Einschränkungen bezögen sich aber nicht auf die Bereiche der Selbstversorgung, das häusliche Leben, staatsbürgerliche Leben, sondern mehr auf die Lebensbereiche der Kommunikation und der interpersonellen Interaktionen sowie der Aufnahme einer adäquaten Berufstätigkeit. Eine Indikation für ein Betreutes Wohnen sei aus nervenärztlicher Sich nicht gegeben. Der Kläger unterhalte einen intakten Kontakt zu ehemaligen Mitpatienten. Darüber hinaus sollte dringend eine Eingliederung in das BTZ erfolgen. Zudem befinde er sich in einer regelmäßigen Psychotherapie. Durch dieses Gesamtsetting sei eine psychosoziale Betreuung in umfassender Weise gegeben. Darüber hinaus gehende Betreuungen würden den Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach überfordern. Die sozialen bürokratischen Belange, mit denen der Kläger völlig überfordert sei, des Weiteren der Umgang mit Ämtern und Behörden, die juristische Auseinandersetzungen mit der Mutter seines Kindes, allgemeine soziale Fragen könnten über die eingerichtete Betreuung, die gutachterlicherseits als angemessen betrachtet werde, bewältigt werden.
25Im Anschluss an die Begutachtung hat der Kläger ein Attest von Frau I zu den Akten gereicht. Darin hat die behandelnde Psychotherapeutin ausgeführt, der Sachverständige habe ihr in einem persönlichen Gespräch bestätigt, dass der bisherige Betreuungsrahmen aufrechterhalten werden sollte, jedoch die Aufnahme in ein Heim oder eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranken nicht erforderlich sei. Auch aus ihrer Sicht sei die weitere Betreuung im Rahmen des Bewo dringend erforderlich.
26In einer daraufhin vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, er sei nicht davon ausgegangen, dass hier ein gesetzlicher Betreuer zu Seite gestellt worden sei. Er sei ebenso wie Frau I der Auffassung, dass der Kläger unbedingt weiterhin der Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, bedürfe. Diese Betreuung könne natürlich auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden und sollte auch dieser Institution übertragen werden, da dort eine sehr vertrauensvolle Anbindung bestehe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 55 ff., 76 und 84 der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Der Kläger hat am 15.07.2011 einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 gestellt und einen zweiten Hilfeplan für diesen Zeitraum eingereicht. Über diesen Antrag hat der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Verfahren nicht entschieden.
29Der Beklagte hat den Abschlussbericht der Beigeladenen zu 1) vom 18.12.2012 für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 ff. GA Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 09.11.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 verurteilt, "dem Kläger ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren." Zur Begründung hat es ausgeführt, streitgegenständlich sei ungeachtet des im Juli 2011 gestellten Folgeantrags der gesamte Zeitraum ab Antragstellung bis zum 08.08.2012. Die Voraussetzung von § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX lägen vor. Der Kläger benötige nach den Feststellungen von Dr. H Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten. Die erforderlichen Hilfen seien nach Auffassung der Kammer dem Bereich des selbstständigen Wohnens zuzuordnen, da hierzu auch die Bewältigung rechtlicher und sozialer Beziehungen gehöre. Ferner müsse sich der Kläger nicht auf eine rechtliche Betreuung verweisen lassen. Anders als bei einer Betreuung nehme der Betreute im Rahmen des Betreuten Wohnens seine Angelegenheiten weiterhin selbst wahr. Er werde durch das betreute Wohnen lediglich bei der Regelung seiner Angelegenheiten unterstützt. Die tatsächlich geleistete Unterstützung entspreche auch nicht einer rechtlichen Betreuung, sondern dem Betreuten Wohnen. Nach dem Abschlussbericht des Anbieters hätten die Ziele des Ambulant Betreuten Wohnens auch weitgehend erreicht werden können.
316. Gegen das ihm am 18.12.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Er meint im Falle des Klägers liege kein erforderlicher Betreuungsbedarf vor, der dem Bereich des Betreuten Wohnens gemäß § 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Nach den Ausführungen seiner behandelnden Psychotherapeutin liege der Schwerpunkt der Problematik des Klägers auf dem anstehenden Berufswechsel, der durch eine berufsbildende Maßnahme herbeigeführt werden müsse. Ein regelmäßiger quantitativer erheblicher Betreuungsbedarf in diesem Bereich lasse sich nicht feststellen. Das gleiche gelte für die Zielsetzung, einen Deutschkurs zu belegen. Die Stärkung des Selbstbewusstseins sei bereits Gegenstand der therapeutischen Versorgung. Lebenspraktische Bereiche, die nach der Hilfeplanung gestärkt werden sollten, würden nicht einzeln benannt. Der Kläger habe seine Wohnung, seine leibliche Versorgung und auch dem Umgang mit seiner Tochter im Griff. Die Betreuungsbedürftigkeit des Klägers im Bereich des Sorgerechts für seine Tochter seien vorrangig dem Bereich einer gesetzlichen Betreuung zuzuordnen. Auch ein gesetzlicher Betreuer sei verpflichtet, den Wünschen des Betreuten soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Allenfalls bestünde hier ein sporadischer, situativer Bedarf. Soweit der Hilfeplan schließlich als Ziele des Betreuten Wohnens auch die Erhaltung der Abstinenz und die Vermeidung neuer Klinikaufenthalte aufzähle, handele es sich um allgemein unspezifische Formeln ohne konkreten Gehalt. Auch die tatsächlichen Leistungen der Beigeladenen zu 1) wiesen keinen nachvollziehbaren Bezug zum selbstständigen Wohnen in der eigenen Wohnung auf. Vielmehr habe es sich ganz überwiegend um Unterstützungsleistungen gehandelt, die dem Bereich der gesetzlichen Betreuung zuzuordnen seien.
32Der Beklagte beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Der Kläger beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
37Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
38Sie ist der Auffassung, die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen. Soweit, wie im Falle des Klägers, eine Verselbständigung des Betreuten und die Entwicklung von Handlungskompetenzen möglich sei, seien hierzu dienende pädagogische Maßnahmen einer gesetzlichen Betreuung, die allein auf die Vertretung des Betreuten ausgerichtet sei, vorzuziehen. Sie habe dem Kläger z.B. aufgezeigt, wie er mit Hilfe seiner Anwältin seine Rechte als Vater adäquat einfordern könne. Sie habe ihm geholfen, die Anforderungen, die an ihn gestellt worden seien, zu verstehen und zu bewältigen. Das gleiche habe bei Behördenangelegenheiten, bei der Berufsfindung und auch bei der formellen Lebensführung allgemein gegolten. Hier hätten motivierende und reflektierende Gespräche stattgefunden. Solche Leistungen wären bei einer gesetzlichen Betreuung nicht erfolgt und auch nicht möglich gewesen. Die Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei auch nicht mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Lediglich Teilbereiche, wie die Psychoedukation hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation, seien nicht gänzlich abzugrenzen. Bei den erbrachten Leistungen handele es sich auch um typische Bewo-Leistungen, was sich auch aus der Leistungsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe. Allerdings blieben die Aufgaben des Betreuten Wohnens naturgemäß unübersichtlich und für Außenstehende oftmals diffus. Sie sei jedoch stets auch dann erreichbar, wenn die Therapeutin oder Ärztin nicht erreichbar sei, insbesondere wenn sich krisenauslösende Begebenheiten manifestierten. Die dann erbrachten krisenintervenierenden Maßnahmen und Entlastungsgespräche hätten keinen therapeutischen Ansatz, sondern seien von einem "Pack-An"-Ansatz geprägt. Dass ihre Leistungen sinnvoll und notwendig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass der Kläger nunmehr selbstständig lebe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe.
39Der Senat hat den Kläger am 23.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H1 untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige zunächst folgende Diagnosen gestellt:
40- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10: F 60.31G) - Rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradige Episode (ICD-10: F 31.1G) - Zustand nach schädlichem Konsum von Cannabinoide, derzeit weitgehende Abstinenz (ICD-10: F 12.20G)
41Eine posttraumatische Belastungsstörung hat der Sachverständige demgegenüber ausgeschlossen.
42Vor allem durch die bestehende emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bestehe eine deutliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten und der seelischen Gesundheit, welche von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate bestehe. Hierdurch sei der Kläger seit August 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Zu allererst seien hierbei die erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten des Klägers zu benennen. Zudem bestünden wegen des als einengend empfundenen Aufenthalts in Deutschland weiterhin erhebliche Spannungszustände. Es komme immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen bis hin zu suizidalen Impulsen. Hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und Mobilität hätten sich hingegen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Im Hinblick auf die hochgradigen Einschränkungen seiner Beziehungsfähigkeit habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit des Klägers vorgelegen. Er zähle zum Kreis der seelisch wesentlich behinderten Menschen mit Neurosen respektive Persönlichkeitsstörungen. Er habe in dem genannten Zeitraum Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation benötigt. Auch habe er der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter bedurft. Bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen habe er hingegen keiner Hilfe benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten.
43Die durchgeführten Leistungen der Beigeladenen seien geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers teilweise abzudecken, als hierdurch die Folgen der seelischen Behinderung hätten gemildert werden und somit eine verbesserte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten ermöglicht werden können. Ohne entsprechende Unterstützung wäre es dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen zu erreichen, dass er alle zwei Wochen ein Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter verbringen könne. Weiterhin zu nennen sei die Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe, welche er ohne fremde Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht hätte leisten können.
44Die Leistungen der Beigeladenen seien allerdings insofern nicht erforderlich gewesen, als andere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Hinsichtlich der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, der Berufsfindung sowie des Rechtsstreits mit der Mutter seiner Tochter wäre eine Unterstützung durch einen gesetzlichen Betreuer möglich und geeignet gewesen. Hinsichtlich der Einschränkung der sozialen Teilhabefähigkeit wäre eine Intensivierung der ambulanten Psychotherapie sinnvoll und geeignet gewesen. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden.
45Im Anschluss an die Begutachtung hat der Senat einen Befundbericht der Diplom-Psychologin und Ärztin I vom 19.09.2014 beigezogen. Diese hat u.a. ausgeführt, eine höherfrequente wöchentliche Stundenplanung sei kontraindiziert gewesen, die ambulante Therapie sei bei der Schwere der Symptomatik nicht ausreichend gewesen. Die in Anspruch genommenen Leistungen des Betreuten Wohnens seien im Sinne eines komplexen, multimodalen und soziotherapeutischen Ansatzes dringend notwendig gewesen. Die Therapie habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen. Das Betreute Wohnen sei besonders hilfreich gewesen, um ihn aus seiner sozialen Isolation herauszuführen und die Vermeidung alltäglicher Notwendigkeiten (Ämtergänge, Bezahlung von Rechnungen etc.) abzubauen.
46Der Senat hat sodann noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H1 vom 26.09.2014 eingeholt. Darin hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, die Geltendmachung juristischer Ansprüche stelle eine typische Indikation für eine gesetzliche Betreuung dar, die auch zeitlich befristet eingerichtet werden könne. Das selbstständige Wohnen des Klägers habe nie in Frage gestanden. Im Hinblick auf die Störungen im sozialen Bereich hätten Defizite im Sinne eine affektiven und Impulskontrollstörung bestanden, wie sie psychiatrisch und psychotherapeutisch zu behandeln seien. Hier habe auch die Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Pflege bestanden. Es falle nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen, die bei dem Kläger bestehenden strukturellen Defizite therapeutisch zu bearbeiten. Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Die Behauptung, dass es dem Kläger nur so gut gehe, weil der die Leistungen der Beigeladenen zu 1) erhalten habe, sei aus fachärztlicher Sicht nicht haltbar. Gerade bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen bestehe ein sehr schwankender Verlauf. Entgegen der Einschätzung von Frau I sei selbstverständlich bei unzureichendem Ansprechen und einer schwerwiegenden strukturellen Störung eine Intensivierung der Frequenz der Psychotherapie indiziert, ggf. dann in einem anderen, also tiefenpsychologisch fundierten Setting.
47Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 257 ff., 319 f. und 322 ff. der GA Bezug genommen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet.
51I. 1. Das Urteil des SG leidet zunächst unter Verfahrensfehlern, weil es das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zutreffend erfasst und zudem unzulässigerweise ein Grundurteil erlassen hat.
52Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach dem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen zu 1), die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Die Beiladung des Leistungserbringers ist nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
53Richtigerweise hätte das SG deshalb genau ausurteilen müssen, welche Verbindlichkeiten des Klägers wem gegenüber in welcher Höhe der Beklagte durch Schulbeitritt zu übernehmen hat. Ausgehend von den Rechnungen, die die Beigeladene zu 1) dem Beklagten erteilt hat, geht es um die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 3.850,76 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 (63,67 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 76,40 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro) und in Höhe von insgesamt 2.179,26 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 (36,00 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 43,20 Fachleistungsstunden, davon 41,40 Fachleistungsstunden bis zum 30.06.2012 zu je 50,40 Euro und 1,80 Fachleistungsstunden ab dem 01.07.2012 zu je 51,50 Euro), also insgesamt 6030,02 Euro.
542. Zutreffend ist das SG demgegenüber davon ausgegangen, dass in zeitlicher Hinsicht die gesamten Leistungen der Beigeladenen zu 1), die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 09.08.2011 einen weiteren Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit einen weiteren individuellen Hilfeplan eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2011, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) nach dem 08.08.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
55II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Kosten wegen der von ihr dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.030,02 Euro durch Schuldbeitritt übernimmt.
561. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
57a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
58b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt einer bestehenden, beitrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
59aa) In dem Betreuungsvertrag vom 16.08.2010, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) geschlossen hat, war in § 4 Nr. 1 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 4 Nr. 3 zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 4 Nr. 3 Satz 3 des Betreuungsvertrages lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klienten, d.h. hier des Klägers, voraus.
60bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen.
61Die Beigeladene zu 1) wäre, soweit sie Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erbracht hätte (siehe dazu unten e)), auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Der Kläger gehörte zu dem Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung, für die die Beigeladene zu 1) nach § 2 Abs. 2 der Leistungsvereinbarung Leistungen erbringen darf.
62cc) Die Forderungen der Beigeladenen zu 1) gegen den Kläger sind allerdings teilweise nicht fällig. Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 des Betreuungsvertrages, wonach die Vergütung gemäß § 4 Nr. 1 des Vertrages monatlich durch Rechnungstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Eine solche ist dem Kläger im Juni 2012 nur für die bis zum 22.06.2012 angefallene Vergütung (96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro) erteilt worden. Für den weiteren streitgegenständlichen Betrag (bis zum 30.06.2012 1,8 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 2,16 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro = 108,86 Euro + ab dem 01.07.2012 1,5 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 1,8 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro = 92,70 Euro; also insgesamt 201,56 Euro) fehlt es bislang an einer an den Kläger adressierten Rechnung.
63Die damit insoweit fehlende Fälligkeit führt aber nicht dazu, dass es insoweit an einem sozialhilferechtlichen Bedarf fehlt. Vielmehr kann die Beigeladene zu 1) dem Kläger jederzeit eine Rechnung erteilen und dadurch die Fälligkeit herbeiführen. Es besteht also bereits gegenwärtig eine hinreichend bestimmte und sicher zu erwartende zukünftige Verbindlichkeit. Insoweit kommt der Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld in Betracht (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
64c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnung aus Juni 2012 und den zukünftig zu erwartenden Rechnungen im Hinblick auf den weiteren streitigen Betrag von 201,56 Euro, verfügte bzw. verfügt der alleinstehende Kläger nicht über Vermögen, das den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 2.600,- Euro überstieg bzw. übersteigt. Im Juni 2012 floss dem Kläger lediglich Wohngeld und Krankengeld in Höhe von 725,10 Euro zu, dass die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht überstieg. Mit dem aus seiner Teilzeitbeschäftigung aktuell erzielten Gehalt von 1.030,- Euro netto überschreitet der Kläger diese Grenze ebenfalls nicht. Das nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen ist geringer als der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (aktuell 798,- Euro) zuzüglich der tatsächlichen und auch angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 336,40 Euro monatlich. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
65d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben. Nach § 3 Nr. 4 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59). Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1 litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung an erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten und Spannungszuständen. Er benötigte Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
66e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individueller Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
67aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
68Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
69Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
70Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XIII NRW deutlich zum Ausdruck.
71Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
72bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
73(1) Zum einen hat die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlt diesen Betreuungsleistungen jedoch in jedem Fall der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist und war nicht erkennbar. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen zu 1). Dies sollte auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall sein. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch eingeräumt.
74Ein Schwerpunkt der Bemühungen der Beigeladenen zu 1) bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) darin, den schriftlichen und persönlichen Verkehr zu Behörden, namentlich der Krankenkasse, dem Wohnungsamt, der Unterhaltsvorschusskasse, dem Jobcenter bzw. der Agentur für Arbeit, dem Jugendamt und dem Amtsgericht abzuwickeln und zu begleiten. Es ging dabei vor allem um die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) sowie um Sorgerechtsangelegenheiten. So telefonierten die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit den genannten Behörden, verfassten Schriftstücke an diese bzw. unterstützten den Kläger hierbei und begleiteten ihn zu Vorsprachen und Terminen bei den genannten Institutionen. Hiermit befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Schwerpunkt bei den Kontakten bzw. Tätigkeiten am 16.08.2010, 24.08.2010, 31.08.2010, 16.09.2010, 29.09.2010, 14.10.2010, 08.11.2010, 15.11.2010, 09.12.2010, 15.02.2011, 02.05.2011, 16.05.2011, 26.05.2011, 27.05.2011, 17.06.2011, 30.06.2011, 06.09.2011, 13.09.2011, 25.11.2011, 12.12.2011, 30.12.2011, 27.02.2011, 19.03.2011, 20.04.2012, 08.05.2012, 29.05.2012, 22.06.2012, 27.06.2012, 29.06.2012 und 06.07.2012, d.h. für die Dauer von insgesamt 43,80 Stunden. Hinzu kommen insoweit auch die Termine am 09.05.2011, 04.07.2011, 15.07.2011, 28.07.2011, 05.08.2011, 13.10.2011, 10.01.2012, 14.02.2012 (insgesamt weitere 10,33 Stunden), bei denen in den Tätigkeitsdokumentationen lediglich "formelle Lebensführung" eingetragen wurden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat meint "formelle Lebensführung" den Kontakt zu Behörden und Ämtern.
75Bei diesen Kontakten etc. ging es nicht um das selbstständige Wohnen des Klägers, sondern im Wesentlichen um die Wahrung seiner Rechte, insbesondere im Verhältnis zu den Sozialbehörden. Die Beigeladene hat insoweit allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von Leistungen, die, wie insbesondere das Wohngeld, zur Sicherung der Unterkunft bestimmt sind, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
76Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bildete die Problematik des Sorgerechts und des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter. Zusätzlich zu den bereits im vorstehenden Absatz behandelten, insoweit notwendigen behördlichen Kontakte fanden hierzu Gespräche und Kontakte mit dem Kläger allein, aber auch zusammen mit der Mutter der Tochter und der Rechtsanwältin, die den Kläger im familienrechtlichen Verfahren vertreten hat, statt, und zwar am 02.09.2010, 06.10.2010, 17.12.2010, 12.01.2011, 14.01.2011, 15.01.2011, 28.02.2011, 10.03.2011, 14.03.2011, 15.04.2011, 14.09.2011 und 29.06.2012. Insoweit ist ein Zeitaufwand von 8,67 Stunden entstanden. Ein Bezug zum selbstständigen Wohnen des Klägers ist bei diesen Leistungen nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit vielmehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich familienrechtlicher Angelegenheiten, nicht aber Hilfen zum selbstbestimmten Leben des Klägers in seiner Wohnung geleistet.
77Darüber hinaus befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit der beruflichen Zukunft des Klägers. Insoweit führten sie Gespräche mit dem Kläger, (potentiellen) Arbeitgebern (I) und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (Diakonie N und BTZ), verkehrten mit den zuletzt genannten Einrichtungen auch schriftlich und begleiteten den Kläger dorthin. Dies war Schwerpunkt der am 05.11.2010, 11.11.2010, 28.12.2010, 06.01.2011, 11.01.2011, 19.01.2011, 31.05.2011, 07.06.2011, 30.01.2011, 02.03.2012, 27.03.2012, 11.04.2012 und 13.06.2012 erbrachten Leistungen (insgesamt 16,33 Stunden). Auch insoweit ist eine finale Ausrichtung der Leistungen auf das selbstständige Wohnen des Klägers nicht erkennbar. Zwar können Anleitungen zur Tagesstrukturierungen wesentlichen Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem und vor allem ging es bei den auf die berufliche Zukunft gerichteten Leistungen der Beigeladenen zu 1) nicht um eine sinnvolle Tagesstrukturierung, sondern allein darum, wie der Kläger künftig seinen Lebensunterhalt verdienen und eine dauerhafte berufliche Perspektive entwickeln kann. Insoweit fehlt jeglicher Bezug zum Wohnen.
78Gleiches gilt für die Befassung mit der Gesundheit des Klägers (02.11.2010, 17.01.2011, 08.12.2011, 30.12.2011 und 12.06.2012 = 0,8 Stunden) und die Führung sog. Entlastungsgespräche (02.02.2011, 26.07.2011, 11.08.2011 und 05.09.2011 = 2 Stunden). Letztere wurden zudem offensichtlich im Hinblick auf die Probleme des Klägers hinsichtlich des Sorgerechts für seine Tochter und seine berufliche Zukunft geführt (vgl. insoweit vor allem die Dokumentationen zu den Terminen am 26.06.2012 und 15.04.2011, in denen ausdrücklich Entlastungsgespräche im Zusammenhang mit der Sorgerechtsangelegenheit erwähnt werden), und stellen deshalb auch nach den vorstehenden Ausführungen keinen Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
79Ein Wohnungsbezug ist allenfalls denkbar, soweit sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) am 13.12.2010, 17.12.2010, 25.01.2011, 19.04.2011 und 07.06.2011 für die Dauer von insgesamt 3,33 Stunden mit dem Mietvertrag und die Stromversorgung der Wohnung des Klägers befasst haben. Abgesehen davon, dass diese Themen offensichtlich nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bildeten, handelt es sich hierbei um rein verwaltungsmäßige Tätigkeiten, die mit den eingangs zu diesem Abschnitt behandelten Unterstützungshandlungen im Kontakt mit Behörden vergleichbar und nicht in ein spezifisch auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtetes Gesamtkonzept eingebettet sind.
80Die übrigen dokumentierten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) betrafen organisatorische Fragen im Hinblick auf den hier streitigen Sozialhilfeanspruch und können als Annexleistungen nur dann unter § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX subsumiert werden, wenn die Hauptleistungen selbst als Leistungen zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten einzuordnen wären. Dies ist jedoch nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.
81Ausgehend von den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplänen ergibt sich keine andere Bewertung.
82Wenn, wie hier, bereits Leistungen erbracht worden sind, kommt es für einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auf die tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht auf die Angaben im Hilfeplan an. Bei der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, so dass etwaige Änderungen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Wenn tatsächlich keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht worden sind, kann ein Anspruch auf eben diese Leistungen nicht dadurch begründet werden, dass diese ursprünglich einmal beabsichtigt waren.
83Unabhängig davon lassen auch die im ersten Hilfeplan angegebenen beabsichtigten Leistungen der Beigeladenen zu 1) keine finale Ausrichtung auf die Sicherung des selbstständigen Wohnens des Klägers in seiner Wohnung erkennen. Die durch Leistungen der Beigeladenen zu 1) nach den Hilfeplänen zu erreichenden Ziele (Deutschkurs belegen, einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen, Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten sowie einen weiteren Klinikaufenthalt vermeiden) haben mit Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens nichts zu tun. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Beklagten und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Was die Vermeidung eines weiteren stationären Aufenthaltes anbetrifft, ging es offensichtlich nicht darum, die selbstständige Wohnform zu erhalten und einen Wechsel in eine stationäre Wohnform zu verhindern. Eine solche stationäre Wohnform stand für den Kläger auch nach dem Hilfeplan nie zur Debatte. Der Hilfeplan formulierte insoweit lediglich das Ziel, eine nochmalige Verschlimmerung der psychischen Erkrankung und einen dann u.U. notwendigen kurativen und von vornherein zeitlich begrenzten stationären Aufenthalt zur Behandlung dieser Erkrankung zu verhindern. Ein etwaiger krankheitsbedingter stationärer Aufenthalt stellt aber die Aufrechterhaltung einer selbstständigen Wohnform nicht grundsätzlich in Frage. Zudem weist die Vermeidung eines weiteren Krankenhausaufenthaltes primär eine medizinische Zielrichtung auf und dient damit im Schwerpunkt nicht der Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
84Der zweite Hilfeplan für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 enthält zwar ausweislich des auf Bl. 108 ff. der GA befindlichen Abschlussberichtes insoweit einen gewissen Wohnungsbezug, als die Problematik einer nicht schließenden Wohnungstür angegangen werden und im Rahmen der Gewährleistung der formellen Lebensführung auch ein Finanzplan aufgestellt werden sollte. Insoweit handelt es sich aber um vereinzelte Bedarfslagen, die nicht in ein Gesamtkonzept zur Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens eingebettet sind. Die betreffenden Probleme sind auch im zweiten Hilfeplan letztlich Ausprägung der grundsätzlichen Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und privaten Dritten. Dass die beabsichtigten Hilfen im Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet sind, ist auch im zweiten Hilfeplan nicht erkennbar. Bezeichnenderweise werden für das Ziel "Meine Wohnung bleibt mir erhalten und es gelingt mir, entstehenden Probleme selbst zu regeln" lediglich 10 Minuten pro Woche veranschlagt.
85(2) Zum anderen und vor allem bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Alleinleben in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet. Der Kläger bedurfte zur Aufrechterhaltung der von ihm gewählten Wohnform keiner Hilfe.
86Der Sachverständige Dr. H1 hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 keine Hilfe bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden. Unterstützung habe der Kläger lediglich bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter benötigt.
87Der Sachverständige hat damit den spezifischen Bedarf, der durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt werden soll, ausdrücklich verneint. Der von ihm bejahte Hilfebedarf weist keinen Bezug zum Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit auf. Wie der Sachverständige selbst ausdrücklich festgestellt hat, stand die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform nie zur Debatte.
88Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sachverständigen an. Der Sachverständige hat den Kläger ausführlich exploriert und insbesondere eine ausführliche Anamnese erhoben. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal schlüssig und im Hinblick auf die im Gutachten wiedergegebenen Äußerungen des Klägers auch zutreffend betont, Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Solche Einschränkungen wären bei Erkrankung des Klägers auch nicht plausibel. Anders als beispielsweise bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei denen erhebliche Schwierigkeiten in der Planung der Tagesstruktur vorlägen, habe der Kläger aus der Längsschnittanamnese diesbezüglich keine höhergradigen Defizite gezeigt. Diese Ausführungen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
89Anhaltpunkte dafür, dass die Einschätzung des Sachverständigen unzutreffend sein könnte, sind nicht erkennbar. Soweit die Diplom-Psychologin und Ärztin I in ihrem Befundbericht vom 19.09.2014 ausgeführt hat, die "Therapie" (gemeint sind wohl die Maßnahmen der Beigeladenen zu 1)) habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen, hat sie nicht begründet, dass und warum der Kläger einer solchen Tagesstrukturierung bedurft hätte. Sie hat lediglich pauschal die in Anspruch genommenen "Leistungen des Betreuten Wohnens" für dringend notwendig erachtet. Was sie dabei unter dem Begriff des "betreuten Wohnens" versteht, hat sie nicht offen gelegt. Es liegt nahe, dass sie sämtliche Leistungen, die die Beigeladene zu 1) erbringt und dem Kläger gegenüber erbracht hat, als Leistungen des betreuten Wohnens ansieht, weil die Beigeladene zu 1) eben ein Anbieter solcher Leistungen ist. In jedem Fall geht sie, im Übrigen ebenso wie das SG, von einem anderen Begriffsverständnis aus als der Senat. Dass und warum der Kläger einen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Sinne der hier vertretenen Auffassung gehabt soll, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.
90Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1 deckt sich im Übrigen auch mit den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. Auch dieser hat Einschränkungen des Klägers bezogen auf die Bereiche der Selbstversorgung und das häusliche Leben und eine Indikation für ein Betreutes Wohnen ausdrücklich verneint. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich die Auffassung vertreten, der bestehende Bedarf des Klägers nach Unterstützung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, könne auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden. Damit hat er aber keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bejaht, sondern lediglich gemeint, dass auch die Beigeladene zu 1), die eben (auch) Leistungen des Betreuten Wohnens anbiete, den Bedarf des Klägers decken könne. An seiner Auffassung, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung eines selbstbestimmten Wohnens keiner Hilfe bedarf, hat Dr. H erkennbar festgehalten.
91Aus den aktenkundigen Entlassungsberichten im Anschluss an den stationären und den teilstationären Aufenthalte in der Klinik des Beklagten ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Dass und warum der Kläger einen Hilfebedarf im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seiner selbstbestimmten Wohnform haben sollte, wird in den Entlassungsberichten nicht dargelegt. Soweit während des stationären Aufenthaltes des Klägers Mitte 2010 tatsächlich eine Empfehlung für die Inanspruchnahme von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnen ausgesprochen worden sein sollte, was durch den Akteninhalt nicht belegt ist, ist nicht erkennbar, dass und warum eine Indikation für eine Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen gesehen wurde. Vermutlich waren die in der Klinik des Beklagten angestellten Sozialarbeiter der Überzeugung, der Kläger benötige bei seiner praktischen Lebensführung, z.B. bei Kontakten nach außen zu Behörden und Dritten, nach Beendigung des stationären Aufenthaltes weiterhin der Unterstützung. Dies entspricht durchaus der Einschätzung des Sachverständigen. Ein solcher allgemeiner Hilfebedarf stellt jedoch keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
92Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger keiner Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen bedurfte, haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) letztlich auch keine Einwände erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat vielmehr selbst in der Sache klargestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seines häuslichen Umfeldes keinen Bedarf hatte. Sie geht vielmehr auch nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem weiteren Begriff des "Betreuten Wohnens" aus als der Sachverständige und rechnet in der Sache sämtliche Leistungen, die unabhängig von einer finalen Ausrichtung auf das Wohnen auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben und eine selbstständige Lebensführung ausgerichtet sind, zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Damit legt sie ein Begriffsverständnis zugrunde, dass auch der Senat nicht teilt und dass den durch den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und die Systematik von § 54 SGB XII und § 55 SGB IX vorgegeben Rahmen überschreitet. Die Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen lediglich einen speziellen Teil der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar. Nicht alle Leistungen, die der Teilhabe am Gemeinschaftsleben dienen, sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen, wie z.B. die hier vom Sachverständigen Dr. H1 empfohlene Intensivierung der ambulanten Psychotherapie, der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und solche Leistungen für den Kläger auch nicht erforderlich waren und die Beigeladene zu 1) damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich und für andere Leistungen als die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladenen erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, dass nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) ergibt sich aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhanden Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen zu 1) oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen zu 1) vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene zu 1) damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene zu 1) implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene zu 1) hat in dem Betreuungsvertrag mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand des Betreuungsvertrags gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18), für deren Erbringung die Beigeladene zu 2) als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 97 Abs. 1 und 3 SGB XII in Ermangelung einer Zuweisung an den Beklagten durch die AV-SGB XII NRW eigentlich sachlich zuständig wäre, die der Beklagte jedoch mangels Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene zu 2) nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zu erbringen hätte.
109(1) Jedenfalls teilweise handelt es sich bei den in den Hilfeplänen aufgeführten und den von der Beigeladenen zu 1) tatsächlich erbrachten Leistungen nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
110(a) Dies gilt zunächst für alle sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers sowie für solche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet gewesen sind, den Kläger auch weiterhin dazu anzuhalten, auf Cannabis-Produkte zu verzichten. Letztere sind zwar in den vorlegten Tätigkeitsdokumentationen nicht explizit aufgeführt, sollen aber nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) stattgefunden haben sollen. Alle genannten Maßnahmen sind dem Bereich der medizinischen (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1), die sich unmittelbar auf den akuten Gesundheitszustand des Klägers und sein Gesundheitsverhalten bezogen, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen zu 1) konnte insoweit nur sein, die psychischen Krankheiten des Klägers und ihre unmittelbaren psychischen Auswirkungen zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen knüpften damit an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an (vgl. zur Abstinenzmotivation auch das Urteil des Senats vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene zu 1) "therapeutisch" gearbeitet hat oder ihre Maßnahmen von einem "Pack-An-Ansatz" getragen sind, wie sie selbst vorträgt. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Gespräche etc. unmittelbar auf die Linderung der unmittelbaren Krankheitsfolgen ausgerichtet sind. Der Kläger soll sich durch die "Entlastungsgespräche" etc. besser fühlen. Auf diese Weise soll eine akute psychische Krise überwunden werden. Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers.
116Ob entsprechende gesundheitsunterstützende Leistungen dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden können, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87), kann dahinstehen. Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX liegen nicht vor und waren auch nicht erforderlich (siehe dazu oben 1. e) bb)). Soweit die tatsächlichen Unterstützungshandlungen im persönlichen und schriftlichen Verkehr mit Behörden etc. den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zuzuordnen wären, waren diese ebenfalls nicht erforderlich (dazu sogleich unten (3)).
117Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren, oder ob insoweit medizinische Maßnahmen (Intensivierung von Psychotherapie, ambulante psychiatrische Pflege) indiziert und auch verfügbar waren, was der Sachverständige Dr. H1 einerseits und der Kläger, die Beigeladene zu 1) und Frau I unterschiedlich beurteilen.
118(b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die im Hilfeplan immerhin mit 20 Minuten wöchentlich veranschlagten Maßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Klinikaufenthalts. Allerdings gehen aus den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen auch keine entsprechenden, über die vorstehend erörterten Entlastungsgespräche etc. hinausgehenden Maßnahmen hervor.
119(c) Bei dem im Hilfeplan mit einem Aufwand von 10 Minuten pro Woche angegebenen Ziel, einen Deutschkurs zu belegen, handelt es sich bereits nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, denn fehlende Sprachkenntnisse sind keine Behinderung und die Behebung fehlender Sprachkenntnisse ist kein behinderungsspezifischer Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 22/13 R -, gegenwärtig nur als Terminmitteilung vorliegend). Allerdings lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) insoweit keinen tatsächlichen Aufwand erkennen.
120(2) Soweit die Beigeladene zu 1) entsprechend den Angaben im zweiten Hilfeplan für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 Leistungen im Hinblick auf die Planung von Handlungen und Finanzen des Klägers erbracht haben sollte, wären diese ohne Zweifel als Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewertenden Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig gewesen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben 1. e) bb (2)) folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur nicht der Hilfe Dritter bedurfte. Für eine irgendwie geartete Tages- und Handlungsplanung bestand daher kein Bedürfnis. Für die Finanzplanung gilt nichts anderes. Es ist weder in den Akten dokumentiert, noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung Schwierigkeiten hatte, "mit seinem Geld auszukommen". Über etwaige Schulden des Klägers ist nichts bekannt. Auch die vom SG und vom Senat beauftragten Sachverständigen haben in Bezug auf die Verwaltung der verfügbaren Finanzmittel keinen Hilfebedarf des Klägers festgestellt. Entsprechend der bei ihm vorliegenden strukturellen Persönlichkeitsstörung lagen die Schwierigkeiten des Klägers vielmehr darin, in Beziehung zu Dritten zu treten, und damit in der Verfolgung seiner rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten nach außen. Einer Finanzplanung bedurfte er deshalb nicht.
121(3) Die übrigen in den Hilfeplänen angegebenen und auch tatsächlich erfolgten lebenspraktischen Leistungen der Beigeladenen zu 1), d.h. die Unterstützungshandlungen im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter, die Bemühungen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers und die Hilfen bei der Erledigung des persönlichen und schriftlichen Verkehrs mit Behörden und privaten Vertragspartnern (Stromversorger, Vermieter, sonstige Gläubiger), waren als Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben jedenfalls nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
122Insoweit kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter bereits deshalb aus dem Kreis der Leistungen nach § 55 SGB IX auszuscheiden sind, weil Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben grundsätzlich darauf ausgerichtet sind, die Kontakte über den Bereich der Familie hinaus zu fördern (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Ebenso kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers nicht den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, sondern den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX zuzuordnen sind. Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang die Hilfe bei der Erledigung behördlicher Angelegenheiten etc. überhaupt den Leistungen der Eingliederungshilfe zuzuordnen ist, weil der Kläger ausweislich des Hilfeplans zur die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012, wie er in dem Abschlussbericht auf Bl. 108 ff. GA wiedergegeben wird, Hilfe insoweit jedenfalls auch aufgrund seiner unzureichenden Sprachkenntnisse begehrt hat und es damit möglicherweise zumindest teilweise gar nicht um Deckung eines behinderungsspezifischen Bedarfs ging.
123In jedem Fall standen dem Kläger zur Erreichung der Ziele dieser Bemühungen der Beigeladenen zu 1) andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen, die nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren sind und nicht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe und der Teilhabe im Übrigen gehören, zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
124Bei dem Kläger bestand zwar insoweit nach Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, denen der Senat folgt und denen die Beteiligten insoweit auch nicht entgegengetreten sind, auch ein behinderungsbedingter Bedarf, weil er in krisenhaften Zuspitzungen seiner Persönlichkeitsstörung mit behördlichen Angelegenheiten überfordert ist und im streitgegenständlichen Zeitraum war und Schwierigkeiten hat und hatte, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) haben diesen Bedarf des Klägers, was der Sachverständige ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat, auch tatsächlich - mit durchaus erheblichem Kostenaufwand - gedeckt. Dieser Bedarf hätte aber auch durch die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nach §§ 1896 ff BGB mit dem Aufgabenkreis der Erledigung von Vermögens-, familienrechtlichen und behördlichen Angelegenheiten vollständig abgedeckt werden können, weil es bei den genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten und die Wahrung insbesondere sozialer Rechte des Klägers geht. Das Rechtsinstitut der Betreuung schließt im Falle des Klägers Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben aus oder führt jedenfalls dazu, dass diese im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren.
125(a) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
126Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
127Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich sind, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
128Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XII bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
129(b) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Hilfeplänen und den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten praktischen Unterstützungsleistungen (zu den psychischen Hilfestellungen siehe oben (1) (a)) in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), bei der Sorgerechtsangelegenheit bezüglich der Tochter des Klägers, im Verhältnis zum Stromversorger und zum Vermieter des Klägers sowie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil insoweit die Einrichtung eine gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
130Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger wegen seiner seelischen Behinderung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter der Hilfe Dritter bedurfte, und denen der Senat folgt, lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 vor. Medizinische Gründe gegen die Bestellung eines Betreuers hat der Sachverständige nicht festgestellt.
131Der notwendige Hilfebedarf insoweit konnte auch vollständig durch einen gesetzlichen Betreuer abgedeckt werden. Es ging schwerpunktmäßig eindeutig um die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers, nämlich um die Verwirklichung seiner sozialrechtlichen Ansprüche auf Wohngeld, Krankengeld und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum Vermieter, z.B. hinsichtlich der im zweiten Hilfeplan genannten defekten Wohnungstür, und zum Stromversorger (Anpassung des Tarifs und der Abschläge) und vor allem auch die Verwirklichung seines Sorgerechts für seine Tochter. Die Besorgung dieser Angelegenheiten und die Unterstützung des Klägers insoweit wäre originäre Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers mit dem Aufgabenbereich Vermögens-, familienrechtliche und behördliche Angelegenheiten gewesen. Gleiches gilt für die Suche nach einer neuen Beschäftigung und einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Insoweit geht es um die Organisation der angestrebten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die als Vorbereitung für die Leistungsgewährung ebenfalls in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Betreuers gefallen wäre. Die in den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen aufgeführten Handlungen und Leistungen der Beigeladenen zu 1) gehen, soweit es um die tatkräftige Unterstützung geht (zu psychischen Unterstützungsleistungen siehe oben (1)), auch nicht über die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers hinaus. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten, Rechtsanwälten und Gerichten ist ebenso wie das Telefonieren mit diesen Personen und sonstigen Dritten und das Verfassen von schriftlichen Eingaben nichts anderes als die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten und deshalb auch typische Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers.
132Soweit die Beigeladene zu 1) behauptet hat, sie habe auch darauf hingewirkt, dass der Kläger die genannten Angelegenheiten künftig selbstständig und ohne Hilfe erledigen kann, und die Auffassung vertreten hat, bei einer Betreuung werde demgegenüber nur stellvertretend gehandelt, so dass im Falle des Klägers eine Betreuung auch nicht indiziert gewesen wäre, folgt der Senat diesen Einlassungen nicht.
133Die Beigeladene zu 1) verkennt zunächst ebenso wie das SG in rechtlicher Hinsicht, dass die gesetzliche Vertretung des Betreuten gemäß § 1902 BGB nur eine von vielen Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers ist. Die Betreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, und insoweit auch eine wichtige Angelegenheit vor ihrer Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen (§ 1901 Abs. 3 Satz 1 und 3 BGB). Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 Satz 1 BGB), und bei Besserung des Zustands ggf. auch eine Aufhebung der Betreuung anzuregen (vgl. § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbstständig ohne Hilfe des Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers. Dies hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. H1 seinem Gutachten zutreffend zugrunde gelegt.
134Darüber hinaus lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) nicht ansatzweise erkennen, was ihre Mitarbeiter genau und im Einzelnen unternommen haben, um die selbstständige Erledigung von behördlichen Angelegenheiten durch den Kläger zu fördern. Ausweislich der Tätigkeitsdokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), namentlich der Geschäftsführer, schriftliche Eingaben an Behörden etc. selbst verfasst und entsprechende Telefonate selbst geführt. Eine irgendwie geartete pädagogische Anleitung des Klägers zu selbstständigem Agieren ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat auch selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeiten für Außenstehende teilweise diffus erscheinen. Diesen Eindruck kann der Senat nur bestätigen. Diffuse Leistungen können aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme aus den Mitteln der Sozialhilfe begründen.
135Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die praktischen Unterstützungshandlungen der Beigeladenen zu 1) geeignet waren, die Selbstständigkeit des Klägers zu fördern. Der Sachverständige Dr. H1 hat dies gerade nicht angenommen. Er hat die Leistungen der Beigeladenen zu 1) ausdrücklich nur insoweit für geeignet gehalten, als sie tatsächlich dazu beigetragen hätten, eine für den Kläger angenehme Umgangsregelung und eine Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe herbei zu führen. In dem zuletzt genannten Gesichtspunkt ist allerdings bereits die Einschätzung des Sachverständigen zweifelhaft, weil sich die Bemühung der Beigeladenen zu 1) im Schwerpunkt auf die Aufnahme einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichtet haben, eine solche Maßnahme aber letztlich nicht aufgenommen wurde und sich der Kläger seine im Jahre 2013 aufgenommenen Beschäftigung ohne Hilfe der Beigeladenen zu 1) nach dem Ende ihrer Tätigkeit gesucht hat. In jedem Fall hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1) zur Steigerung der Selbstständigkeit des Klägers geführt hätten. Vielmehr hat er ausdrücklich ausgeführt, dass die Bekämpfung der überdauernden Defizite des Klägers im Hinblick auf die Beziehungsfähigkeit sowie die Affekt- und Impulskontrolle, die den Bedarf hinsichtlich Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten etc. auslösen, nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen fallen würden. Vor allem hat er der Einschätzung der Beigeladenen zu 1), der Umstand, dass der Kläger aktuell keine weitere Hilfe benötige, belege die Geeignetheit und die Erforderlichkeit ihrer Leistungen, ausdrücklich widersprochen und ausgeführt, es handele sich um eine bloße, nicht durch Tatsachen untermauerte Vermutung. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Es spricht viel dafür, dass ein etwaiger, aktuell fehlender Bedarf des Klägers im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger zur Zeit nichts bzw. wenig mit Behörden und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten zu tun hat. Die Sorgerechtsangelegenheit ist geregelt, auf Sozialleistungen zur Deckung des Lebensbedarfs ist der Kläger wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr angewiesen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht beantragt worden.
136bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) und (b) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene zu 1) gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
137cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
138dd) Schließlich begründen die auf die Aufnahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichteten Vorbereitungshandlungen der Beigeladenen zu 1) auch keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 IX oder nach dem Recht eines anderen Trägers solcher Leistungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) (b) entsprechend.
139III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
140IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.
(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,
- 1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden, - 2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern, - 3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens, - 4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist, - 5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden, - 6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden, - 7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13, - 8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind, - 9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie - 10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.
(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.
(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.
(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.
(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.
(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.
(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.
(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren verbleibt es bei der dortigen Kostenentscheidung. Im Übrigen findet eine Erstattung von Kosten nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten, ob bzw. in welchem Umfang dem Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Oktober 2010 bis Juli 2011 Leistungen der Eingliederungshilfe (insbesondere) in Form des sog. ambulant betreuten Wohnens (Bewo) zustehen.
3Der am 00.00.1987 geborene Kläger, der durchgehend im Raum C bzw. in L lebte, leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Sein Heranwachsen war begleitet von einem häufigen Wechsel der Bezugspersonen. Bereits im Jugendalter kam es zu delinquentem Verhalten und Drogenmissbrauch (im Wesentlichen in Form von Cannabiskonsum). In den Jahren 2006/2007 unternahm er mehrere Suizidversuche. Das Krankheitsbild ist geprägt einerseits von starken Stimmungsschwankungen sowie impulsivem und provozierendem Verhalten, andererseits von einer gewissen Blockadehaltung dann, wenn von außen versucht wird, den Kläger zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Der Umgang mit Geld bereitet dem Kläger große Probleme; ihm zur freien Verfügung stehende finanzielle Mittel gibt er nach dem Lustprinzip aus, ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen. Ein Grad der Behinderung von 50 ist zuerkannt.
4Im Oktober 2007 richtete das Amtsgericht C (5 XVII S 000/07) eine rechtliche Betreuung für den Kläger ein. Diese wird von einem Berufsbetreuer durchgeführt und erstreckt sich auf die Bereiche alle Vermögensangelegenheiten, Postkontrolle, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, Gesundheitsfürsorge sowie in deren Rahmen die Aufenthaltsbestimmung". Im Juni 2008 ordnete das Betreuungsgericht zusätzlich einen Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögensangelegenheiten an.
5Nach der Trennung seiner von den Philippinen stammenden Mutter von seinem (an einer schweren Alkoholkrankheit leidenden) Vater lebte der Kläger seit seinem siebten Lebensjahr zunächst bei seiner Mutter. Da diese im Schichtdienst arbeitete, war er parallel in wechselnden Pflegefamilien untergebracht. Weder innerhalb noch außerhalb der Herkunftsamilie konnte man dem Kläger jedoch erzieherisch gerecht werden, sodass er zu verwahrlosen drohte. Ab Februar 1996 wurde daher versucht, ihn in eine Kinderhausgruppe zu integrieren, was allerdings misslang. Anschließend erfolgte bis Dezember 1999 eine schrittweise Rückführung in den Haushalt der Mutter. Dort kam es im Laufe der Zeit wieder zu massiven Problemen, was die Unterbringung des Klägers in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung zur Folge hatte. Von April 2001 bis Januar 2004 lebte er in der Außenwohngruppe eines Kinderdorfes in C. Auch dort gestaltete sich das Zusammenleben schwierig; die Verhaltensauffälligkeiten konnten trotz Einsatzes eines zusätzlichen Einzelbetreuers nicht erfolgreich bearbeitet werden. Der Kläger entzog sich häufig dem Einfluss der Einrichtung und suchte den regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter. Anschließend lebte er wechselnd teils bei Freunden, Bekannten oder seiner Mutter, teils aber auch in Notunterkünften oder auf der Straße.
6Seit 1993 besuchte der Kläger verschiedene Grundschulen. 1999 wechselte er an eine Hauptschule in C, die er vor Abschluss des zweiten Halbjahres der Klasse 9 im Sommer 2002 verlassen musste. Ab Herbst 2002 schloss sich der Besuch einer Vorklasse zum Berufsgrundschuljahr an. 2004 oder 2005 holte der Kläger in Eigenregie den Hauptschulabschluss nach. Eine Lehrstelle oder eine feste Arbeit fand er in der Folgezeit nicht, sondern arbeitete in verschiedenen Aushilfsjobs, insbesondere auf dem Bau und im Malerbereich. Im Februar 2010 meldete er sich bei der Tages- und Abendrealschule L an; wegen hoher Fehlzeiten und Unzuverlässigkeit musste er die Schulausbildung im Herbst 2010 abbrechen. Nach Beginn der im vorliegenden Verfahren fraglichen Bewo-Maßnahme meldete sich der Kläger erneut zur Nachholung des Realschulabschlusses bei einer L Abendrealschule an, die er etwa seit Februar 2011 besuchte. Auch dieser Versuch scheiterte jedoch; bereits im Mai 2011 war absehbar, dass er den Abschluss wegen hoher Fehlzeiten nicht schaffen würde.
7Das Jugendamt C gewährte dem Kläger zweimal Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige (§ 41 KJHG i.V.m. § 35a SGB VIII). Der erste Leistungszeitraum begann am 02.01.2007 und umfasste fünf Fachleistungsstunden (FLS) pro Woche. Die Maßnahme brach der Kläger nach etwa sechs Monaten ab. Auf Initiative des zwischenzeitlich für ihn bestellten Betreuers bewilligte die Stadt C erneut Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige in einem Umfang von vier FLS pro Woche, beginnend ab dem 14.12.2007. Diese Leistungen wurden im Oktober 2008 eingestellt, weil der Kläger sich nicht kooperativ verhielt; er pflanzte Cannabis an und trat gegenüber den Bewo-Mitarbeitern aggressiv auf.
8Der Betreuer brachte den Kläger anschließend vorübergehend in einer Privatwohnung unter. Von dort zog der Kläger in eine Wohnung in L, die er sich selber gesucht und zum 01.05.2010 von einem privaten Vermieter angemietet hatte. Die Kosten für diese etwa 36 m² große Einzimmer-Wohnung beliefen sich einschließlich Heiz- und Nebenkostenvorauszahlung auf 280 EUR monatlich. Seinerzeit hatte der Kläger eine Freundin, die allerdings nicht bei ihm wohnte, und zu der er vorwiegend nur an den Wochenenden Kontakt hatte.
9Am 06.10.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin G der Beigeladenen, die damals Bewo-Leistungen noch als Einzelperson anbot, einen bis zum 05.10.2011 befristeten "Betreuungsvertrag". Zwischen Frau G und dem Beklagten bestand eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 SGB XII nach Maßgabe des Rahmenvertrages NRW auf der Grundlage von § 79 SGB XII.
10Ziffer 1 des Vertrages enthält unter der Überschrift "Ziel der Betreuung" folgende Regelung:
11"Grundsätzliches Ziel des betreuten Wohnens ist es, jede(n) Betreute(n) bei seiner/ihrer Lebensbewältigung gemäß seiner/ihrer Möglichkeiten zu unterstützen und zu fördern. Die Ausgestaltung der Betreuung erfolgt in beiderseitigem Einvernehmen und soll den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen möglichst weitgehend Rechnung tragen."
12Unter Ziffer 3 des Vertrages (Überschrift: "Grundsätzliche Betreuungsregelungen") findet sich folgender Passus:
13"3.1) die Betreuung erfolgt durch unsere/n Mitarbeiter Fr./Hr. S. Bei Krankheit und Urlaub wird sie/er durch eine/n Kolleginnen des betreuten Wohnens vertreten.
14[ ...]
153.3) Damit die erbrachten Leistungen mit dem Leistungsträger abgerechnet werden können, verpflichtet sich Fr./Hr. T die von uns erbrachten Leistungen zu quittieren.
163.4) Sofern sich durch wirtschaftliche Prüfung des Sozialhilfeträgers herausstellt, dass aufgrund des von Fr./Hr. T vorhandenen Einkommens und/oder Vermögens eine Finanzierung der Betreuungsleistungen durch den Sozialhilfeträger nur teilweise oder gar nicht übernommen wird, verpflichtet sich Fr./Hr. T hiermit, alle sich aus diesem Vertrag ergebenden finanziellen Verpflichtungen unverzüglich aus eigenen Mitteln an uns zu leisten.
17Sollte dieser Fall vorliegen, so wird Fr./Hr. T ein Sonderkündigungsrecht von 14 Tagen nach Bekanntwerden eingeräumt. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
18Die Zahlungsverpflichtung aus eigenen Mitteln gilt auch, wenn aufgrund fehlender Mitwirkung (z.B. fehlender Quittierung) eine Kostenübernahme durch den Kostenträger versagt wird."
19Darüber hinausgehende Regelungen zur Vergütung bzw. zum Inhalt der Betreuungsleistungen enthält der Vertrag nicht.
20Ab dem 06.10.2010 nahm der Zeuge S, der Sozialarbeiter ist, die Betreuung des Klägers auf. Bis zum 25.07.2011 wurden Betreuungsleistungen von insgesamt 31,33 FLS erbracht. Hinsichtlich des Inhalts dieser Leistungen im Einzelnen wird auf die Verlaufsdokumentation (Blatt 110 f. der Gerichtsakten) Bezug genommen. Unter Zugrundelegung der Vergütungsvereinbarung der Frau G mit dem Beklagten ergab sich nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Vergütungsforderung i.H.v. 1.894,84 EUR; diese ist nach wie vor nicht beglichen.
21Der vermögenslose Kläger verfügte in der Vergangenheit über Einkünfte durch Halbwaisenrente nach seinem 2005 verstorbenen Vater (unter 120 EUR monatlich), Kindergeld (184 EUR monatlich) und (zeitweise) BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich). Zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts bezog er zusätzlich für gewisse Zeiträume aufstockende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bzw. nach dem SGB II.
22Am 01.10.2010 zeigte Frau G dem Beklagten an, dass sie den Kläger ab dem 04.10.2010 betreue. In der Folgezeit übersandte sie als Beleg für die Notwendigkeit von Bewo-Leistungen eine fachärztliche Stellungnahme des den Kläger behandelnden Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. I vom 01.12.2010, bei dem sich der Kläger einmalig in Behandlung befunden hatte, sowie einen Hilfeplan vom 30.10.2010 für den Zeitraum vom 06.10.2010 bis 05.10.2011. In dem Hilfeplan waren 1,75 FLS pro Woche vorgesehen; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Hilfeplan (Blatt 9 bis 14 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten) Bezug genommen.
23Der medizinisch-psychosoziale Dienst (MPD) des Beklagten führte in einer fachlichen Stellungnahme vom 21.02.2011 aus, es sei von einer wesentlichen seelischen Behinderung des Klägers auszugehen. Mit Blick auf den Hilfebedarf bleibe zu prüfen, welche Aufgaben der gesetzliche Betreuer übernehmen könne, und welche Aufgaben nachrangig der Eingliederungshilfe zuzurechnen seien. Zudem sollten die Möglichkeiten einer Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum (SPZ) sowie die Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle geprüft werden.
24Mit (an den Kläger gerichtetem) Bescheid vom 31.03.2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Bewo-Leistungen ab. Nach § 2 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer die erforderlichen Leistungen vom Träger anderer Sozialleistungen oder von anderen Personen bzw. Organisationen erhalten könne. Aus dem Hilfeplan vom 30.10.2010 ergebe sich kein Hilfebedarf, der nicht vorrangig von anderen Leistungsträgern zu decken wäre. So sei seit Juli 2007 eine umfangreiche rechtliche Betreuung einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten angeordnet. Der Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge umfasse die Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung und Beratung. In den Aufgabenbereich des Betreuers falle zudem die Unterstützung des Klägers im Umgang mit Ämtern und Behörden sowie die Regelung von Formalitäten im Zusammenhang mit dem geplanten Schulbesuch. Wie im Hilfeplan beschrieben, nehme der Betreuer schließlich auch die Aufgabe wahr, den Umgang des Klägers mit seinen finanziellen Mitteln zu verbessern, indem er ihm das Geld einteile. Sinnvoll wäre zudem eine Anbindung an ein SPZ und eine Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle.
25Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, sein Eingliederungshilfebedarf sei durch die sachverständige Hilfeplankonferenz festgestellt. Die gesetzliche Betreuung diene dem Rechtsverkehr, nicht der Eingliederung. Hilfen des betreuten Wohnens würden auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch eine gesetzliche Betreuung abgedeckt.
26Nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011). Zur Begründung führte er ergänzend aus, der im Hilfeplan genannte Bedarf an Sichtung der Post und deren Bearbeitung, die Begleitung zu Behördenterminen, die Erstellung eines Haushaltsplanes sowie Gespräche über das Konsumverhalten würden bereits durch die rechtliche Betreuung abgedeckt. Einer Aufstellung eines Reinigungsplanes, Anleitung bei der Reinigung der Wohnung sowie Motivation des Klägers zur Reinigung und Überprüfung des Zustandes der Wohnung bedürfe es nicht; aus dem Hilfeplan gehe hervor, dass es der Kläger im Großen und Ganzen allein schaffe, in seiner Wohnung Ordnung zu halten. Zum selbständigen Wohnen sei es nicht nötig, dass sich die Wohnung immer in einem makellosen Zustand befinde, zumal jeder das Ausmaß von Sauberkeit und Ordnung unterschiedlich definiere. Durch Unsauberkeit und Unordnung werde selbständiges Wohnen erst dann gefährdet, wenn die Wohnung zu vermüllen drohe; davon sei im Hilfeplan jedoch nicht die Rede. Ein Motivationsbedarf zum regelmäßigen Schulbesuch oder eine Unterstützung bei den mit dem Schulbesuch verbundenen Formalitäten sei nicht erkennbar. Denn dem Kläger sei es schon in der Vergangenheit bei der Nachholung des Hauptschulabschlusses gelungen, die Formalitäten in Eigenregie zu bewältigen und selbständig eine Schule zu besuchen. Nach seinen eigenen Angaben scheitere der Schulbesuch auch nicht an mangelnder Motivation, sondern daran, dass ihm von einem Bekannten aufgelauert werde, der ihn verprügeln wolle. Der unregelmäßige Schulbesuch sei demnach nicht auf die (seelische) Behinderung, sondern auf die Bedrohung durch Dritte zurückzuführen.
27Am 13.08.2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Hilfebedarf sei durch die fachärztliche Stellungnahme des Dr. I, den Hilfeplan und ein im Betreuungsverfahren erstelltes Gutachten des Psychiaters Dr. P vom 20.09.2007 erwiesen. Dieser Bedarf sei nicht durch seinen Betreuer zu decken. Der Betreuer könne weder zur Unterstützung bei der Führung des Haushalts noch im Bereich der sozialen Lebensführung herangezogen werden. Dabei sei der Hilfebedarf des Klägers wegen seines Alters und der Art seiner seelischen Behinderung gerade auf diesem Gebiet besonders umfangreich. Hinsichtlich einer therapeutischen Anbindung habe er sich zwar unsicher gezeigt, diese aber mehrfach gewünscht. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei es in solchen Fällen, den Betroffenen zu motivieren, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, um eine Verbesserung des Erkrankungsbildes und somit eine größere Selbständigkeit bzw. Handlungsfähigkeit zu erlangen. Eine bloße Weiterleitung der Post an den Betreuer sei der Verselbständigung des Klägers nicht dienlich. Motivation und Anleitung zum Aufräumen und Säubern der Wohnung sei selbstverständlich erforderlich gewesen, um zu verhindern, dass diese in einen desolaten Zustand geriet. Wenn es erkrankungsbedingt Phasen gegeben habe, in denen der Kläger die Schule vernachlässigt habe, so habe dies durch Motivation und Unterstützung aufgefangen werden müssen. Bei seinem Behinderungsbild seien Schwankungen in sämtlichen Lebensbereichen üblich.
28Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
29den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 zu verurteilen, dem Kläger vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 31,33 FLS im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
30Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Einer Motivation zu einer psychiatrischen Behandlung habe es nicht bedurft, weil der Kläger - was zu respektieren sei - eine solche nicht gewünscht habe. Nach dem Hilfeplan sei er motiviert gewesen, die Realschule zu besuchen. Wenn er sie anschließend nur unregelmäßig besucht habe, so sei daraus zu folgern, dass er seinen Entschluss geändert habe und ihm ein weiterer Schulabschluss offenbar nicht mehr wichtig gewesen sei. Sein Bedarf an Gesprächen über den Umgang mit Geld habe vorrangig durch Gespräche mit seinem rechtlichen Betreuer gedeckt werden können.
33In einem Erörterungstermin vom 29.06.2012 hat das Sozialgericht den für den Kläger im Rahmen des Bewo tätig gewordenen Sozialarbeiter S als Zeugen vernommen und den gesetzlichen Betreuer des Klägers zu dessen damaligen Lebensumständen befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
34Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 03.05.2013 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger für den fraglichen Zeitraum Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für insgesamt 24,33 FLS im Rahmen des Bewo zu gewähren, und der Beklagten vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Der Kläger leide unstreitig unter einer wesentlichen (seelischen) Behinderung. Seinem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stehe die eingerichtete rechtliche Betreuung nicht entgegen. Betreuung und Bewo-Leistungen folgten unterschiedlichen Zielsetzungen. Der Betreuer sei im Rahmen seines Aufgabenkreises (nur) der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Dabei habe er zwar den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderlaufe (§ 1901 BGB). Motivationsgespräche, die Anleitung zu selbständigem Handeln, das Aufstellen von Reinigungsplänen u.ä. gehörten allerdings nicht zum Aufgabenbereich eines Betreuers. Der neben der rechtlichen Betreuung bestehende und durch sie nicht zu deckende Bedarf des Klägers sei vom Zeugen S anschaulich erläutert worden. Dass dieser Bedarf etwa durch Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können, sei nicht ersichtlich. Die dem Kläger durch den Zeugen zuteil gewordene Unterstützung stelle sich auch inhaltlich überwiegend nicht als rechtliche Betreuung, sondern als Bewo-Leistung dar. Allerdings gehöre zum Aufgabenbereich des Betreuers angesichts seiner Befugnis zum Empfang der Post deren Bearbeitung mit dem Kläger; die hierauf vom Zeugen verwandte Zeit habe der Beklagte nicht zu vergüten. Dabei sei es - abweichend von den Angaben des Zeugen im Termin am 29.06.2012 - sachgerecht, den zeitlichen Aufwand für die Bearbeitung von Post mit wöchentlich zehn Minuten anzusetzen. In dem streitigen Zeitraum von rund 42 Wochen seien damit insgesamt sieben von 31,33 erbrachten FLS nicht vom Beklagten zu vergüten.
35Gegen das ihm am 28.05.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.06.2013 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass der Bedarf vorrangig durch eine Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können. Auch wenn der Kläger im Hilfeplan das Ziel benannt habe, sich wieder in eine regelmäßige psychiatrische Behandlung begeben zu wollen, rechtfertige dies keinesfalls den Ansatz von (wöchentlich) 25 Betreuungsminuten. Im Übrigen habe die Vernehmung des Zeugen S ergeben, dass es lediglich zu zwei Besuchen bei einem Psychiater gekommen sei. Dem könne entnommen werden, dass der Kläger letztlich keine psychiatrische Behandlung habe durchführen wollen. Selbst wenn er diese doch gewünscht hätte, wäre hierfür eine Anbindung an ein SPZ ausgereichend gewesen; von dort hätte dann auch Hilfestellung bei der Suche nach einem geeigneten Psychiater geleistet werden können.
36Der Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
40Die Anbindung an ein SPZ oder an eine Drogenberatungsstelle wäre im streitigen Zeitraum nicht förderlich gewesen. Neben dem Chaos in seiner Wohnung habe es auch Probleme mit dem Vermieter gegeben, der ihn aus der Wohnung habe weisen wollen.
41Die mit Beschluss des Senats vom 10.07.2014 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene äußert sich inhaltlich nicht zum Verfahren und stellt auch keinen Antrag.
42Der Senat hat Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Allgemeinmediziner I1 sowie bei Dr. I eingeholt. Herr I1 hat im Wesentlichen mitgeteilt, ihm sei eine langjährige psychische Instabilität des Klägers bekannt; er habe ihn jedoch ausschließlich wegen somatischer Beschwerden behandelt. Dr. I hat ausgeführt, bei einer "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sei von einer lang anhaltenden Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit auszugehen. Den Cannabiskonsum des Klägers schätze er eher als sekundär ein. Eine alleinige Anbindung an eine Drogenberatungsstelle wäre nicht ausreichend gewesen. Das Bewo sei gerade für junge Patienten eine sehr wirksame und sinnvolle Hilfe. Eine Empfehlung zum zeitlichen Umfang von Bewo-Maßnahmen hat Dr. I nicht abgegeben.
43Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, Verwaltungsvorgänge der Stadt C, Auszüge aus der Betreuungsakte des Amtsgerichts C - 5 XVII S 000/07 [= Amtsgericht L - 53 XVII Sch 000]), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
44Entscheidungsgründe:
45I. Führt einzig der Beklagte Berufung, ist Gegenstand der zweitinstanzlichen Prüfung allein, ob ihn das Sozialgericht zu Recht verurteilt hat, Kosten für 24,33 FLS im Bewo des Klägers zu tragen. Ob der Kläger für den betroffenen Zeitraum vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 - entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag - darüber hinaus einen für sieben weitere FLS höheren Anspruch gehabt hat, hat der Senat mangels klägerseitiger Berufung nicht zu beurteilen.
46II. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn die Klage ist zulässig (dazu 1.) und (jedenfalls) in dem vom Sozialgericht ausgesprochenen Umfang begründet (dazu 2.).
471. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 (§ 95 SGG) ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Forderung der Beigeladenen für die von ihr erbrachten FLS ist nach wie vor nicht beglichen. Ausgehend vom sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (vgl. dazu näher etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 12) geht es deshalb nicht um eine Kostenerstattung an den Kläger (im Sinne einer Geldleistung des Sozialhilfeträgers an den Leistungsempfänger), sondern um einen Schuldbeitritt des Beklagten (Sozialhilfeträger) zu einer Zahlungsverpflichtung, welche der Kläger (Leistungsempfänger) gegenüber der Beigeladenen (Leistungserbringer) hat.
48In diesem Dreiecksverhältnis war die Beigeladene nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig beizuladen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 13). Andere natürliche oder juristische Personen waren nicht zu dem Verfahren hinzuzuziehen. Insbesondere kam eine Beiladung des Trägers der Jugendhilfe nicht in Betracht. Zwar kann der Jugendhilfeträger nach den §§ 41, 35a SGB VIII ebenso wie der Beklagte zur Eingliederungshilfe und somit auch zu Leistungen des Bewo verpflichtet sein; seine sachliche Zuständigkeit endet jedoch grundsätzlich mit der Vollendung des 21. Lebensjahres der leistungsberechtigten Person (§ 41 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Der Kläger war zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 jedoch bereits 23 Jahre alt.
492. Die Klage ist (jedenfalls) in dem hier zur Prüfung gestellten Umfang (s.o. I.) begründet. Die angefochtenen Bescheide sind zwar formell (dazu a und b), nicht jedoch materiell (dazu c) rechtmäßig. Der Kläger ist damit beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Er hat (zumindest) im Umfang von 24,33 FLS Anspruch auf Leistungen des Bewo (dazu d); dies führt zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
50a) Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW) der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger.
51Seine sachliche Zuständigkeit beruht auf § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII, § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AV-SGB XII. Danach ist für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII für behinderte Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern, der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII umfasst die Zuständigkeit insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann; die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers erstreckt sich in diesen Fällen auch auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
52Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII (vgl. dazu Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 51 und 56). Der Kläger hat sich zeitlebens in C bzw. L und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vgl. dazu § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten vom 07.09.2005) tatsächlich aufgehalten.
53b) Sozial erfahrene Dritte sind nach § 116a Abs. 2 SGB XII vor Erlass des Widerspruchsbescheides beteiligt worden.
54c) Der Leistungsanspruch des Klägers ergibt sich "dem Grunde nach" (im Wesentlichen) aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX; z.T. möglicherweise (was der Senat offen lassen kann; dazu d) zudem aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV.
55aa) Ein Leistungsanspruch scheidet nicht schon deshalb aus, weil bereits keine Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestünde, welcher der Beklagte beitreten könnte.
56Innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bedarf es für die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Schuldbeitritt (welche vorliegend allein im Streit steht; s.o. II.1.) allerdings notwendigerweise des Bestehens einer Schuld im sog. Erfüllungsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem (Kläger) und Leistungserbringer (Beigeladene); ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer Schuld nicht denkbar (vgl. dazu Eicher in SGb 2013, 127 ff., 128; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 34, 193 m.w.N.). Eine solche Schuld des Klägers begründet der von ihm mit der Beigeladenen geschlossene Betreuungsvertrag vom 06.10.2010. Aus ihm geht hinreichend deutlich eine (zivil-) rechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers im Erfüllungsverhältnis hervor.
57Zwar enthält dieser Vertrag keine eindeutig formulierte Regelung zu einer vorrangingen Vergütungspflicht des Klägers für die von der Beigeladenen zu erbringenden Bewo-Leistungen. In Ziff. 3.3) scheinen die Vertragsparteien mit dem Abstellen auf eine Abrechnung mit dem Leistungsträger vielmehr von einer regelhaften Vergütungszahlung durch den Beklagten auszugehen. Dass dem Vertrag gleichwohl die Vorstellung einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung der Vergütung zugrunde liegt, ergibt sich aus Ziff. 3.4). Denn die dort vereinbarte Zahlungspflicht des Klägers für den Fall, dass (abweichend vom ersichtlich angenommenen Regelfall) wegen einsatzpflichtigen Einkommens oder Vermögens des Klägers eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers ganz oder teilweise nicht bestehen sollte, erscheint nur sinnvoll, wenn sie von einer grundsätzlichen (zivilrechtlichen) Einstandspflicht des Klägers für die Vergütung der von der Beigeladenen erbrachten Leistungen ausgeht. Letztlich stimmt diese dem Vertrag zugrundeliegende Vorstellung der Vertragsparteien überein mit der rechtsdogmatischen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und (ggf.) Sozialhilfeträger durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis. Ob sich diese Lesart derartiger Verträge - bei vom vorliegenden Fall abweichender Vertragsgestaltung - auch aus einer öffentlich-rechtlichen Überlagerung zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen Hilfeempfängern und Leistungserbringern durch die Normverträge nach § 75 SGB XII (vgl. dazu Eicher a.a.O., sowie Eicher/Jaritz a.a.O. Rn. 34) herleiten lässt, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung.
58bb) Auch an den wirtschaftlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen für Bewo nicht. Von Belang sind allein etwaiges anspruchsschädliches Einkommen oder Vermögen des Klägers selbst; denn er war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und lebte allein in der von ihm angemieteten Wohnung (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Die Kontakte zu seiner damaligen Freundin beschränkten sich auf Wochenendbesuche. Greifbare Anhaltspunkte liegen weder für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft noch einer Einstandsgemeinschaft mit seiner Mutter vor.
59Über einsatzpflichtiges Einkommen oder Vermögen verfügte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2010 bis Juli 2011 nicht. Stimmen die Beteiligten hierin ohnehin überein, so ergibt sich dies auch aus den aktenkundigen Angaben des Betreuers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, und die angesichts der Lebensumstände des Klägers nachvollziehbar und glaubhaft sind. Dessen Einkünfte aus Halbwaisenrente (unter 120 EUR monatlich), zeitweisen BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich) und Kindergeld (184 EUR monatlich) erreichten auch in der Summe keinen Betrag, der es dem Kläger ermöglicht hätte, sein Existenzminimum sicherzustellen, geschweige denn, sich (nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII) an den Kosten für die streitbefangenen Leistungen nach dem Sechsten Kapitel SGB XII zu beteiligen.
60cc) Die persönlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen der Eingliederungshilfe - ohne dass insoweit ein Ermessen des Leistungsträgers bestünde - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 3 EinglHV sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit in diesem Sinne zur Folge haben können, u.a. Suchtkrankheiten (Nr. 3) und Persönlichkeitsstörungen (Nr. 4).
61Der Kläger weist eine wesentliche (seelische) Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf. Denn er leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und erfüllt damit zumindest die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 EinglHV. Ob eine Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere aus einem Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009 und der fachlichen Stellungnahme des MPD des Beklagten vom 21.11.2011 lässt sich entnehmen, dass es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nachhaltig u.a. an Planungsfähigkeit sowie Durchhaltevermögen mangelte, und dass er sich bei gleichzeitiger Externalisierung von Verantwortlichkeit häufig selbst überschätzte. Dies beeinträchtigte nicht allein massiv seine soziale Eingliederung im Allgemeinen, sondern auch seine Fähigkeit, sich eigenständig im häuslichen Bereich zurechtzufinden. Seine erheblichen Schwierigkeiten, sich in ein geeignetes Wohnumfeld zu integrieren oder integrieren zu lassen, ziehen sich im Grunde seit seiner Kindheit durch seinen gesamten Lebenslauf. Die wesentliche Behinderung des Klägers ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
62dd) Die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind ebenfalls erfüllt.
63(1) Das Gesetz selbst benennt insoweit kaum konkretere Vorgaben. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII - der im Vergleich zu der bis zum 30.06.2011 geltenden Vorläuferregelung (§ 19 EinglHV) zwar eine eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten liefern soll (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 111), ohne dass jedoch diese gesetzgeberische Absicht die Auslegung der Vorschrift weiter befördern kann - benennt die "Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" als Beispiel für die ansonsten ihrer Art nach offenen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 Abs. 1 SGB IX). Der Begriff der (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten findet sich sonst nur in der Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Auch an dieser Stelle gibt das Gesetz jedoch nichts zur Präzisierung des Begriffs her (vgl. dazu auch ausführlich Dannat/Dillmann, br 2012, 1 ff., 2). Sicher erscheint allerdings, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten in § 98 Abs. 5 SGB XII einerseits und in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX andererseits inhaltlich identisch ist (vgl. BT.-Drs. 15/1514 S. 67 zu § 98 Abs. 5 SGB XII). Dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII "zu selbstbestimmtem" und "Wohnmöglichkeiten" lässt sich deshalb lediglich als Anhaltspunkt im Sinne einer Mindestvoraussetzung entnehmen, dass Leistungen des Bewo stets wohnungsbezogen sein und sich final ("zu") darauf richten müssen, ein selbstbestimmtes Leben in einer solchen Wohnmöglichkeit zu führen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX). Aus § 55 Abs. 1 SGB IX ergibt sich ferner, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Allgemeinen nicht in Betracht kommen, sofern sie bereits nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel SGB IX zu erbringen sind; ebenso wie nach § 2 SGB XII sind insofern bei der Frage, was Leistungen für betreuten Wohnmöglichkeiten sind, Subsidiaritätsgesichtspunkte zu beachten.
64(2) Die bisher - im Wesentlichen zu § 98 Abs. 5 SGB XII - vorliegende Rechtsprechung (insbesondere des BSG; vgl. Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f., bestätigt durch Urteil vom 25.04.2013 - B 8 SO 16/11 R Rn. 17) gibt zwar Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung des Bewo; unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein Anspruch auf Bewo-Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe besteht, legt sie jedoch nicht umfassend dar:
65(a) Das Urteil des BSG vom 25.08.2011 (a.a.O. Rn. 15, unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 sowie OVG Bremen, Beschluss vom 26.06.2006 - S 3 B 188/06) führt zum Begriff des Bewo im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (lediglich) konkretisierend aus, es komme nicht darauf an, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt werde. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten werde im Gesetz nicht näher definiert, habe sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe deshalb in erster Linie anhand des Hilfezwecks zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim Bewo sei aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach dürfe es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln; Hauptzielrichtung müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder in Wohngemeinschaften. Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten auf solche Wohnformen zu begrenzen, bei denen Betreuung und Wohnen institutionell verknüpft seien, wäre mit dem Regelungszweck des § 55 SGB IX unvereinbar.
66(b) Nach dem Urteil des LSG NRW vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 (Rn. 31 bis 33 m.w.N.) steht der Gewährung von Bewo-Leistungen nicht entgegen, wenn der Leistungsberechtigte die Wohnung, in der bzw. für die die Betreuungsleistungen erbracht werden sollen, selber anmietet, ohne dass dies mit der Betreuungsleistung verknüpft ist. Beim Bewo sei weniger auf die Wohnform abzustellen als auf Art und Zielsetzung der Betreuungsleistungen. Allerdings handele es sich nur dann um Bewo, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei dürfe es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln; diese müssten vielmehr regelmäßig erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, welche auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein müsse. Die möglichen Hilfeleistungen umfassten insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch eine Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen könne der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolge, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen könne.
67(c) Der Senat schließt sich den vorgenannten Entscheidungen dahingehend an, dass Bewo-Leistungen nicht nur dann erbracht werden können, wenn eine institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen vorliegt (eine ältere gegenteilige Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.06.2007 - L 13 SO 5/07 ER, des SG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.2005 - S 2 SO 256/06 ER sowie des SG Stade, Urteile vom 21.12.2009 - S 33 SO 16/07 und S 33 SO 18/07 dürfte sich durch das Urteil des BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f. überholt haben). Allerdings müssen die fraglichen Leistungen final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen. Insofern besteht auch keine Differenz zur zu dieser Frage vorliegenden Literatur (vgl. z.B. Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 52 bis 54, oder Dannat/Dillmann, br 2012, S. 1 ff.). Ob die Leistungen (mit dem LSG NRW a.a.O.) allein von fachlich geschultem Personal erbracht werden können und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein müssen, oder ob hiervon je nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls Ausnahmen möglich sind, kann der Senat im vorliegenden Zusammenhang offen lassen; denn der für die Beigeladene tätig gewordene Zeuge S besaß als Sozialarbeiter eine einschlägige fachliche Qualifikation; außerdem bestand ausweislich des Hilfeplans vom 30.12.2010 ein mit dem Betreuer des Klägers abgestimmtes Gesamtkonzept zu dessen Unterstützung.
68Davon ausgehend steht dem Leistungsanspruch des Klägers nicht entgegen, dass er im fraglichen Zeitraum in einer selbst angemieteten Wohnung gewohnt hat und die Leistungen vom Zeugen S unabhängig von der Anmietung der Wohnung erbracht wurden. Ferner waren die Leistungen auf gewisse Dauer, also auf Kontinuität angelegt und auch - zumindest teilweise unstreitig - auf das Ziel eines selbständigen Wohnens des Klägers bezogen. Eine solche Finalität der Leistungen lässt sich jedenfalls Ziffer 1 des Betreuungsvertrages vom 06.11.2010 entnehmen.
69(3) Fehlen konkretere gesetzliche Vorgaben für die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bewo-Leistungen im Einzelnen, so hat sich dessen weitere Prüfung am individuellen, personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe und damit an den sich daraus ergebenden konkreten Anforderungen zu orientieren. Diese hat das BSG (insbesondere in den Urteilen vom 02.02.2012 - B 8 SO 9/10 R und vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R) anknüpfend an die Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 53 Abs. 3 S. 2 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 55 Abs. 1 SGB IX entwickelt (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 50 ff.). Zwar sind diese Entscheidungen zur KFZ-Hilfe (im Rahmen von § 8 Abs. 1 EinglHV und § 9 Abs. 1 Nr. 11 EinglHV) ergangen; gleichwohl legen sie ausdrücklich Prüfungsschritte für jegliche Maßnahme der Eingliederungshilfe dar (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 14; im Übrigen hat das BSG selbst auf sein Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 Rn.14 Bezug genommen, in dem es jedoch um eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX ging).
70Ausgehend von einem individuellen und personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe ist im Rahmen einer Prognose zu fragen, welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden - dazu (a) -, ob die Maßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet - dazu (b) - und ob sie erforderlich ist - dazu (c) - (vgl. dazu bereits ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 54 ff.).
71(a) Die für den Kläger vorgesehenen Maßnahmen waren ausweislich des Hilfeplanes vom 30.12.2010 und nach Ziff. 1 des Betreuungsvertrages vom 06.10.2010 - jedenfalls im Wesentlichen - auf das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung in einem eigenen Haushalt gerichtet. Ausgehend von der insoweit maßgeblichen Vergleichsgruppe nicht behinderter, nicht sozialhilfebedürftiger Personen gleichen Alters (vgl. dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 53 und 57 m.w.N.) ist dies (auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 SGB XII) ein angemessenes Eingliederungshilfeziel. Denn nicht behinderte und nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesene 23-jährige Erwachsene führen, sofern sie nicht mehr im Elternhaus leben, üblicherweise ein selbständiges Leben in einem eigenen Haushalt. Die Altersgrenze von 25 Jahren in § 22 Abs. 5 SGB II steht dem nicht entgegen; denn bei den dort erfassten jungen Leistungsberechtigten nach dem SGB II geht es nicht um die hier maßgebende Vergleichsgruppe. Ohnehin war für den Kläger angesichts seiner problematischen Beziehung zur Mutter und die in der Vergangenheit gescheiterten Unterbringungen in anderen betreuten Wohnformen im hier fraglichen Zeitraum keine geeignete Unterkunftsalternative erkennbar (vgl. dazu auch § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II).
72(b) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen waren (zumindest im Wesentlichen; zu einzelnen Teilmaßnahmen siehe noch unten d) auch geeignet, das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung des Klägers in einem eigenen Haushalt zu erreichen.
73Bestand zwischen Frau G und dem Beklagten ein Vertrag nach § 75 SGB XII, so ist davon auszugehen, dass die Leistungen qualitativ diesem Vertrag bzw. der Anlage I zum Landesrahmenvertrag nach § 79 SGB XII entsprachen. Abweichungen sind denn auch weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
74Die Geeignetheit der von dem Kläger in Anspruch genommenen Leistungen kann jedenfalls bei der notwendigen prognostischen Ex-ante-Sicht nicht etwas deshalb verneint werden, weil von vornherein absehbar gewesen wäre, dass sie aufgrund der konkreten Umstände des Falles (insbesondere des Krankheitsbildes des Klägers) keine Aussicht auf Erfolg haben konnten. Zwar waren in der Vergangenheit zwei (z.T. sehr intensive) Bemühungen des Trägers der Jugendhilfe zur Eingliederung des Klägers in eine Bewo-Maßnahme erfolglos. Zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 lag die letzte dieser beiden Maßnahme jedoch bereits etwa zwei Jahre zurück; angesichts des damaligen Alters des Klägers war ein zwischenzeitlicher Entwicklungsfortschritt durch Nachreifung nicht ausgeschlossen. Sowohl der Hilfeplan vom 30.12.2010 als auch die fachärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. I vom 01.12.2010 sowie dessen Befundbericht vom 16.05.2014 befürworteten denn auch eine erneute Bewo-Maßnahme. Im Übrigen wurde in der fachlichen Stellungnahme des MPD vom 21.02.2011 nicht die Sinnhaftigkeit einer Bewo-Maßnahme bezweifelt, sondern nur die Frage aufgeworfen, ob andere Maßnahmen vorrangig sein könnten. Schließlich sprechen für eine prognostische Eignung der Maßnahme aus Ex-ante-Sicht auch die Ausführungen des Zeugen S bei seiner Vernehmung am 29.06.2012 sowie die von dem Zeugen gefertigte Verlaufsdokumentation, die hinsichtlich des genannten Eingliederungsziels positive Ansätze und Fortschritte des Klägers (etwa im Umgang mit Geld) erkennen lassen. Selbst wenn solche Fortschritte nicht erkennbar oder absehbar gewesen wären, würde dies jedoch die Eignung der Bewo-Maßnahme nicht grundsätzlich in Frage stellen. Der Senat hält es mit Blick auf § 53 Abs. 3 SGB XII vielmehr schon für ausreichend, wenn in diesem Fall die Maßnahme geeignet gewesen wäre, dem Kläger das Leben in einer eigenen Häuslichkeit im Sinne einer Zustandserhaltung zu ermöglichen (vgl. insoweit zu einer "zustandserhaltenden Beheimatung" im Rahmen stationärer Eingliederungshilfe das Urteil des erkennenden Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.).
75(c) Die streitgegenständliche Bewo-Maßnahme war zudem (grundsätzlich) erforderlich.
76Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Dies betrifft die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrang-/Nachrangverhältnisses der hier fraglichen Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist jeweils danach zu differenzieren, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die Bewo-Maßnahme gleich, gleichartig, ihr entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 22 ff., 23).
77(aa) Insofern besteht vorliegend kein Vorrang von Leistungen nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel des SGB IX (wie ihn § 55 Abs. 1 SGB IX anordnet). Denn derartige Leistungen - d.h. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Fünftes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 33) sowie die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen (Sechstes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 44) - sind im Falle des Klägers schon begrifflich nicht einschlägig.
78Zwar ist im Vierten Kapitel des SGB IX (etwa unter § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB IX) die psychotherapeutische Behandlung - ggf. einschließlich der von dem Beklagten als vorrangig angesehenen Anbindung an ein SPZ - angesprochen. Ein Vorrang solcher Maßnahmen vor denen des Bewo besteht jedenfalls im vorliegenden Fall gleichwohl nicht. Denn letztlich geht es bei diesen Maßnahmen nach dem Vierten Kapitel des SGB IX um therapeutische Einwirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand im Sinne des SGB V; diese sind aber damit nicht (jedenfalls nicht primär) auf die Ermöglichung selbstbestimmten Wohnens gerichtet (vgl. dazu insb. § 1 Abs. 1 S. 1 und § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V). Solche Maßnahmen und das im Falle des Klägers fragliche Bewo fallen vielmehr schon von ihrer Zielrichtung her auseinander. Auch wenn eine etwaige Therapiemaßnahme durch eine allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustandes zugleich die Fähigkeit des Klägers steigern mag, sein Leben im eigenen Haushalt zu bewältigen, führt dies als bloße (mögliche) Nebenfolge der Therapiemaßnahme jedenfalls im vorliegenden Einzelfall zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger war gegenüber regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlungen skeptisch; krankheitsbedingt war er ersichtlich nicht in der Lage, für sich den Sinn ambulanter Hilfs- bzw. Therapieangebote zu erkennen (sei es in Form einer ambulanten Psychotherapie, sei es durch eine Anbindung an ein SPZ), geschweige denn solche Angebote in Anspruch zu nehmen. Ein Gegenstand der hier streitigen Bewo-Leistung sollte es denn auch gerade sein, ihn an eine psychotherapeutische Behandlung bzw. sonstige ambulante Therapiemaßnahmen heranzuführen. Die genannten Alternativmaßnahmen bildeten deshalb - jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum - keine naheliegende und damit vorrangige Gestaltungsmöglichkeit. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine psychotherapeutische Behandlung keine gegenüber dem Bewo vorrangige Maßnahme sein kann, wenn der Betroffene - wie der Kläger - nicht bereit oder in der Lage ist, sich einer solchen Therapie zu unterziehen.
79(bb) Für eine vom Beklagten bzw. seinem MPD ins Feld geführte Anbindung des Klägers an eine Drogenberatungsstelle gilt im Ergebnis nichts anderes. Eine Drogenberatung ist auf den Umgang von suchtkranken bzw. suchtgefährdeten Personen oder ihrer Angehörigen mit einer (drohenden) Sucht und ggf. die Initiierung entsprechender Therapiemaßnahmen gerichtet (vgl. hierzu etwa das Angebot der Caritas unter http://www.caritas.de/ onlineberatung/sucht), jedoch nicht (primär) auf die Herbeiführung oder Stärkung der Fähigkeit, sich in einer eigenen Häuslichkeit zurecht zu finden. Hinzu kommt, dass beim Kläger weder nach dem Hilfeplan noch nach den Aufzeichnungen und den Äußerungen des Zeugen S noch nach dem Befundbericht des Dr. I vom 16.05.2014 eine Suchtproblematik im Vordergrund stand; deshalb ist ohnehin zweifelhaft, ob in der damaligen Situation des Klägers für eine Drogenberatung überhaupt ein Bedürfnis bestand.
80(cc) Auch eine denkbare Inanspruchnahme von Leistungen der ambulanten psychiatrischen Pflege (APP) als Unterfall der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) kam -unbeschadet der Ausführungen unter (aa) - nicht als vorrangige Leistung in Betracht. Denn Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden nur als (Krankenhaus-)Vermeidungs- bzw. Behandlungssicherungspflege gewährt (vgl. § 37 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB V). Beim Kläger bestand jedoch ersichtlich weder Bedarf noch Bereitschaft für eine Krankenhausbehandlung oder für eine fachpsychiatrische Behandlung, deren Erfolg durch eine APP hätte gesichert werden können. Ob auch das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung - die im Übrigen auch nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann (vgl. dazu nur § 4 Abs. 2 der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V einschließlich Anlage unter 27a) - einen Vorrang von Leistungen der APP verhindern kann, muss der Senat deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden.
81(dd) Schließlich besteht mit Blick auf den Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII bei Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nicht etwa ein genereller Vorrang der Betreuerleistungen gegenüber Leistungen des Bewo. Stellt § 2 SGB XII ohnehin keine eigenständige Ausschlussnorm dar (vgl. dazu etwa Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 2 Rn. 8 ff. m.w.N.), sind Aufgaben und Ziele der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB einerseits und der Leistungen des Bewo anderseits grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Zwar mögen beide Leistungen ihrer Art nach ineinander übergehen und sich in Teilbereichen auch überlagern können; systematisch ergeben sich jedoch komplementäre, aber in der konkreten Zuordnung doch zu unterscheidende Leistungsbereiche.
82Denn die (gesetzliche) Betreuung umfasst gemäß § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die "erforderlich" sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (nach weiterer Maßgabe der betreuungsrechtlichen Vorschriften des BGB) "rechtlich" zu besorgen. Dabei erzeugt die Voraussetzung der Erforderlichkeit einerseits und die Beschränkung der Betreuung auf allein rechtliche Besorgung von Angelegenheiten andererseits ein Spannungsverhältnis, für dessen Auflösung insbesondere die historische Gesetzesentwicklung zu beachten ist. Ausufernden Kosten für Betreuertätigkeiten sollte durch Beschränkung der Betreuung auf das rechtlich Notwendige und durch Abgrenzung von einer bloßen "sozialen Zuwendung" begegnet werden (vgl. BT-Drs. 13/7158 S. 33 f.). Im Grundsatz ist deshalb ein Betreuer - unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises - nur für die Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen selbst muss er hingegen nicht erbringen (vgl. dazu z.B. Kieß in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Auflage 2013, § 1901 BGB Rn. 13 ff.). Andererseits kann er sich nicht auf eine bloß verwaltungsmäßige Führung der Betreuung zurückziehen; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung, allerdings nur, soweit sie für die sachgerechte Durchführung der rechtlichen Betreuung geeignet und notwendig sind (Kieß a.a.O., Rn. 20 bis 28; BT-Drs. a.a.O.). Maßnahmen des Betreuers, die diesen Rahmen überschreiten oder sogar jeglichen Bezug zu der ihm übertragenen Rechtsfürsorge vermissen lassen, sind - den Gesetzesmaterialien folgend - als Ausdruck menschlicher Zuwendung zwar wünschenswert und für den Betreuten im Regelfall von unschätzbarem Nutzen; sie gehören gleichwohl nicht zu den dem Betreuer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben rechtlicher Interessenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. a.a.O.).
83Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser Eingliederungshilfe abgegrenzt (BGH, Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB dürfe ein Betreuer nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werde, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten. Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten. Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehörten insbesondere dann nicht zu seinem Aufgabenbereich, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die der Sozialhilfe - geregelt sei. Davon ausgehend falle etwa die (tatsächliche) Verwaltung des sozialhilferechtlichen Barbetrages in einer stationären Einrichtung dem Heimpersonal als Leistung der Eingliederungshilfe zu. Die Subsidiarität der Sozialhilfe stehe der Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des Barbetrags nicht entgegen. Denn zwar werde Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter gewährt; dies wirke sich jedoch nicht aus, weil eine für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung den Betreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der Barbeträge verpflichte und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrige.
84Der Senat macht sich diese vom Bundesgerichtshof erkannte Abgrenzung zu Eigen; wegen der die Erforderlichkeit einer Betreuung begrenzenden Regelung in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB steht auch bei Überschneidungen der Aufgabenbereiche von Betreuung und Eingliederungshilfe der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII (hier insbesondere nach dessen Abs. 2) der Gewährung von Eingliederungshilfe trotz eingerichteter Betreuung nicht entgegen. Vielmehr ist - im Gegenteil - die Betreuerleistung nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ihrerseits subsidiär gegenüber den Leistungen der Eingliederungshilfe. Wie zu verfahren wäre, wenn im Einzelfall trotz Naheliegen einer Betreuung (noch) keine gesetzliche Betreuung eingerichtet ist, hat der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden.
85Im Falle des Klägers sind deshalb für die Abgrenzung zwischen dem Bewo zuzurechnenden Hilfestellungen (ebenso wie bei anderen, ggf. der Eingliederungshilfe zuzurechnenden Tätigkeiten) und solchen, die der rechtlichen Betreuung zuzuordnen sind, die jeweiligen Aktivitäten in den Blick zu nehmen, die mit bzw. für den Kläger tatsächlich durchgeführt wurden und in die Abrechnung der Beigeladenen eingeflossen sind (dazu sogleich). Weist insoweit die Betreuungsdokumentation der Beigeladenen nicht ausschließlich Tätigkeiten aus, welche allein der rechtlichen Unterstützung des Klägers dienten, so können von vornherein jedenfalls nicht sämtliche erbrachten Leistungen bereits über die rechtliche Betreuung abzudecken gewesen sein.
86d) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen fallen in einem zeitlichen Umfang von zumindest 24,33 FLS (also jedenfalls in einem Umfang, für den das Sozialgericht den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichtet hat) als Maßnahmen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (und nicht in den des gesetzlichen Betreuers).
87Der Senat legt insoweit im Wesentlichen die Informationen zu Grunde, die sich aus der vom Zeugen S erstellten (erst im Berufungsverfahren beigezogenen) Betreuungsdokumentation ergeben. Die dortigen Einzelvermerke geben sowohl zum Inhalt als auch zur Dauer der jeweiligen Betreuungsleistungen erheblich differenzierter Aufschluss als die Angaben des Zeugen vor dem Sozialgericht am 29.06.2012. Hat der Zeuge die einzelnen Dokumentationsbeiträge (offenbar) zeitnah zur jeweiligen Betreuungsleistung gefertigt, so erscheinen sie wesentlich verlässlicher als seine protokollierten mündlichen Angaben während seiner Vernehmung, welche erst etwa 15 Monate nach Auslaufen der Leistungen nur auf dem Gedächtnis des Zeugen beruhten.
88Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen zur Abgrenzung von der gesetzlichen Betreuung stellen sämtliche Leistungen des Zeugen S, die sich auf das Erstellen von Haushaltsplänen, auf Gespräche über Einkaufs- und Konsumverhalten, auf Schulung im Umgang mit Geld usw. beziehen, ohne Weiteres Bewo-Leistungen dar. Denn ohne Kenntnisse und Fertigkeiten in der Haushaltsführung ist ein selbständiges und eigenverantwortliches Wohnen nicht denkbar. Zugleich besteht keinerlei Zusammenhang mit einer allein rechtlichen Hilfestellung.
89Auch die Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Versuche, den Kläger zu solchen Behandlungen zu motivieren, sieht der Senat jedenfalls dann als Leistungen des Bewo an, wenn sie sich - wie im Einzelfall des Klägers - in einem überschaubaren Rahmen halten und die Behandlung bzw. Therapie auf eine Stabilisierung im häuslichen Umfeld gerichtet ist. Von Letzterem ist bei psychotherapeutischen Behandlungen für das Krankheitsbild des Klägers auszugehen (ob in einem - vorliegend nicht einschlägigen - Ausnahmefall des § 37a SGB V anderes gälte, muss der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden). Abzugrenzen ist insoweit von den rein rechtlichen Entscheidungen etwa über eine konkrete Therapieaufnahme, eine Auswahl des Therapeuten bzw. Arztes, die Abgabe von Einverständniserklärungen u.ä. Derartige rechtliche Hilfestellungen fielen im vorliegenden Fall jedoch nicht an; denn die Bemühungen des Zeugen S mündeten nicht in der konkreten Aufnahme einer (insbesondere psychotherapeutischen) Behandlung.
90Auch die Begleitung zu Ämtern und Behörden rechnet der Senat zu den Bewo-Leistungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Begleitung (hier etwa das Aufsuchen des Jobcenters) dazu dient, das Nötige zu tun, um den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft sicherzustellen. Nur sofern in diesem Rahmen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben sind, fällt dies in die Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S insoweit seinen Aufgabenbereich überschritten hätte, bestehen nicht; denn der Betreuer des Klägers hat im Erörterungstermin am 29.06.2012 nachvollziehbar angegeben, in der Regel habe er Termine bei Ämtern und Behörden wahrgenommen, bei denen der Zeuge manchmal mit dabei gewesen sei.
91In entsprechender Weise sind die Aufgabenkreise auch hinsichtlich der Bearbeitung von Post abzugrenzen. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat insoweit keine umfassende Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers, selbst wenn sich dessen Bestellung (auch) auf die Postkontrolle erstreckt. Denn rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren der Post sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem sind der Hilfe zur selbstständigen Lebensführung im Bewo zuzurechnen. Nur rechtlich bedeutsame Handlungen (etwa eine rechtsrelevante Bearbeitung von Post durch Prüfung, ob fristgerecht Widerspruch eingelegt werden soll, etc.) wären Aufgabe des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S in Überschreitung seines Aufgabenkreises für den Kläger solche Rechtshandlungen vollzogen hätte, ergeben sich weder aus seinen Aufzeichnungen noch aus den Übrigen dem Senat vorliegenden Informationen.
92Schließlich sind auch die Aktivitäten des Zeugen S, die sich auf den Besuch einer Abendrealschule beziehen, (jedenfalls im Grundsatz) dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuzuweisen. Der Senat kann offenlassen, ob es sich dabei (ebenfalls) um Bewo-Leistungen handelt oder (zumindest auch) um solche zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung (gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV). Einerseits ergeben sich Zweifel an der Zuordnung dieser Aktivitäten zum Bewo insoweit, als eine finale Ausrichtung auf das Wohnen fehlen könnte. Andererseits erscheint, anknüpfend an den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, eine Hilfe zur selbstbestimmten Lebensgestaltung in einer eigenen Häuslichkeit auch durch Unterstützung des Klägers beim Schulbesuch denkbar, also wiederum als Bewo-Leistung. Hierauf kommt es jedoch nicht an; denn es sind (jedenfalls auch) die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV erfüllt. Dass der Kläger zu Beginn des fraglichen Zeitraums bereits sein 23. Lebensjahr vollendet und spätestens mit der Nachholung des Hauptschulabschlusses auch seine allgemeine Schulpflicht erfüllt hatte, steht einer Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung nicht entgegen. Die genannten Leistungen können vielmehr auch nach der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht noch erbracht werden, wenn der Unterrichtsbesuch durch unverschuldete Unterrichtsausfälle, Krankheit o.ä. hinausgezögert wurde (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, § 54 Rn. 41; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 53 - beide unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 5 C 1/88). Unterstützung beim bzw. Motivation zu einem Schulbesuch fällt nicht etwa in den (Eingliederungshilfeleistungen ausschließenden) Kernbereich pädagogischer Arbeit (vgl. dazu Wehrhahn a.a.O. Rn. 54). Der Besuch einer Realschule ist in § 12 Nr. 3 EinglHV zudem ausdrücklich genannt, so dass hierauf gerichtete Hilfen ohne Weiteres zum Leistungsspektrum zählen. Ein Nachholen des Realschulabschlusses kann im vorliegenden Einzelfall schließlich auch nicht (im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII) als unangemessen angesehen werden. Denn zwar hatte der Kläger ersichtlich behinderungsbedingt Schwierigkeiten, bestimmte Ziele mit dem notwendigen Durchhaltevermögen zu verfolgen. Durch Nachholung des Hauptschulabschlusses im Jahr 2005 hatte er jedoch bereits gezeigt, zu einem gewissen Durchhaltevermögen durchaus gelangen zu können. Dementsprechend hat etwa das Jobcenter der Maßnahme Erfolgsaussichten beigemessen, wenn es mit Blick auf die (Wieder-)Aufnahme der Schulausbildung (wieder) zu aufstockenden Leistungen an den Kläger bereit war. Nach den dem Senat vorliegenden Informationen, insbesondere mit Blick auf das Gutachten des Dr. P vom 20.09.2007 aus dem Betreuungsverfahren und das Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009, liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Realschulabschluss das intellektuelle Leistungsvermögen des Klägers überfordern würde. Insofern wäre ein solcher Abschluss eine für den Kläger angemessene Schulbildung; der Einwand des Beklagten, der Kläger verfüge bereits über einen Hauptschulabschluss, verfängt deshalb nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW ist der Beklagte schließlich auch für die Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung zuständig.
93In der Gesamtschau handelt es sich bei nahezu sämtlichen laut der Verlaufsdokumentation vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Hilfestellungen um Eingliederungshilfe (i.S.v. §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und/oder § 12 EinglHV). Zweifel könnten allenfalls bestehen, ob die am 09.11.2010 und am 31.03.2011 erbrachten Leistungen "Begleitung zur Abendrealschule wg. Anmeldung. Anschließend Unterstützung bei Besorgungen" (190 Minuten) bzw. "Information, dass Antrag auf Bewo abgelehnt wurde und Erläuterung des Widerspruchsverfahrens. Geldauszahlung" (30 Minuten) vollständig dazu zu rechnen sind. Einer abschließenden Beurteilung bedarf dies jedoch nicht; denn selbst wenn man diese beiden Hilfestellungen vollständig von den insgesamt für den Kläger erbrachten FLS in Abzug bringt, verbleibt immer noch ein Zeitraum von (deutlich) mehr als 24,33 FLS.
94III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
95Durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten bleibt die - inhaltlich nicht zu beanstandende - Kostenentscheidung des Sozialgerichts bestehen. Da der Beklagte im Berufungsverfahren vollständig unterlegen ist, hat er die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers insoweit in vollem Umfang zu tragen.
96Es entspricht im vorliegenden Fall nicht billigem Ermessen, der Beigeladenen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; denn sie hat keinen Antrag gestellt und sich auch inhaltlich nicht am Verfahren beteiligt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 11a).
97IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütungsvereinbarung Bezug genommen.
6Entsprechende Verträge ebenfalls für den Bereich des Betreuten Wohnens schloss die Beigeladene zu 1) mit der Stadt L als Trägerin der Jugendhilfe. Für andere Tätigkeitsbereiche und mit anderen Sozialhilfeträgern schloss die Beigeladene zu 1) keine Verträge.
72. Der im Mai 1970 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er absolvierte eine Ausbildung zum Koch, arbeitete jedoch vornehmlich in verschiedenen Tätigkeiten (Animation, Catering) in der Tourismusbranche in unterschiedlichen Ländern sowie als Aushilfe im Gastronomiebereich. Er ist Vater einer im Februar 2006 geborenen Tochter aus einer nach der Geburt der Tochter gescheiterten Beziehung zu einer Deutschen. Wegen der Tochter zog der Kläger im Januar 2009 nach Deutschland und ging hier zunächst einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma nach. Er bewohnt seit Februar 2010 eine 40 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung in L.
8Am 09.11.2009 begann der Kläger eine ambulante Verhaltenstherapie bei der Diplom-Psychologin und Ärztin I, die er im Dezember 2012 beendete. Seit dem 04.06.2010 war er arbeitsunfähig und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung Krankengeld und seit dem 01.09.2010 auch Wohngeld. Vom 08.06.2010 bis zum 06.08.2010 befand er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in der Klinik des Beklagten in L. Dort wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide diagnostiziert. Vom 08.02.2011 bis zum 13.05.2011 befand sich der Kläger in teilstationärer psychiatrischer Behandlung in der Tagesklinik der Klinik des Beklagten in L, wo u.a. eine Dialektisch-Behaviorale Therapie durchgeführt wurde.
9Der Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Krankengeld jedenfalls bis Anfang 2013 Leistungen nach dem SGB II. Seit Mitte April 2013 geht er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Kölner Uni-Mensa nach, die er zunächst in Vollzeit ausübte und später dann zeitlich beschränkte. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein Nettogehalt in Höhe von 1.030,- Euro.
103. Am 09.08.2010 suchte der Kläger erstmals die Beigeladene zu 1) auf. Am 16.08.2010 unterschrieb er einen von der Beigeladenen zu 1) vorformulierten, unbefristeten "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen", der ab dem 09.08.2010 gelten sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Betreuungsvertrages sollten u.a. die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen zu 1) mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Als Entgelt war gemäß § 4 Nr. 1 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart, die mit dem Abrechnungsfaktor 1,2 zu multiplizieren sein sollte. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 4 Nr. 3 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
11"Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger."
12Aufgrund des Betreuungsvertrages erbrachte die Beigeladene zu 1) überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter, vor allem ihres Geschäftsführers, Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 im Umfang von 63,67 Stunden und im Zeitraum 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 im Umfang von 36,00 Stunden. Allerdings stellte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung. Eine Rechnung an den Kläger erging erstmals im Juni 2012 über bis zum 22.06.2012 erbrachte 96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro. Weitere Rechnungen erhielt der Kläger nicht.
13In inhaltlicher Hinsicht befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) zum einen mit Behördenangelegenheiten des Klägers. Es ging dabei um die Gewährung von Krankengeld, die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Gewährung von Wohngeld und von Leistungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters L zur beruflichen Rehabilitation des Klägers. Zum anderen unterstützten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger in Sorgerechtsangelegenheiten in Bezug auf seine Tochter. Hierzu versuchten sie in Gesprächen mit dem Kläger und der Kindsmutter zu vermitteln und eine einvernehmliche Regelung herbei zu führen. Weiterhin stellten sie den Kontakt zum Jugendamt und zu einem Rechtsanwalt her und begleiteten den Kläger dorthin. Darüber hinaus ging es auch um die berufliche Zukunft des Klägers. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) erörterten mit dem Kläger die Möglichkeiten einer beruflichen Rehabilitation und stellten den Kontakt zu zwei Rehabilitationsträgern (Diakonie N und Berufliches Trainings Zentrum (BTZ) L) her. Eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm der Kläger aber letztlich nicht auf. Der letzte persönliche Kontakt des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) fand am 06.07.2012 statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Tätigkeitsdokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
144. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 09.08.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der Klinik des Beklagten vom 14.07.2010 bei. Darin wurde dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide bescheinigt. Mit Datum vom 23.11.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Als Ziele, die durch sie verwirklicht werden sollten, gab die Beigeladene dabei an, der Kläger solle einen Deutschkurs belegen (Ziel 1), einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen (Ziel 2) und es solle die Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten (Ziel 3) sowie ein weiterer Klinikaufenthalt vermieden werden (Ziel 5). Für Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele dienen sollten, veranschlagte die Beigeladen zu 1) wöchentlich 10 Minuten für Ziel 1, jeweils 20 Minuten für die Ziele 2 und 5 und 30 Minuten für Ziel 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 39 ff. ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
15Mit Bescheid vom 29.12.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere eine medizinische Behandlung. Bei unzureichendem Erfolg der angestrebten Dialektisch-Behavioralen Therapie wäre zunächst eine Intensivierung der psychiatrisch-therapeutischen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V beispielsweise in einer (Rehabilitations-) Klinik erforderlich. Das beschriebene Störungsbild des Klägers entspreche insgesamt nicht dem einer wesentlichen seelischen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII.
16Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, er nehme sehr wohl umfangreiche und adäquate Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, diese seien jedoch nicht ausreichend, um die in dem eingereichten Hilfeplan genannten Ziele zu erreichen.
17Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit sei nicht erkennbar. Die im Hilfeplan dargestellten Bedarfe seien auch keine Bedarfe, welche Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens bedingten. Der Kläger sei ausweislich des eingereichten Hilfeplans offensichtlich in der Lage, seinen Haushalt selbst zu führen und auch Termine bei seiner Therapeutin pünktlich und regelmäßig wahrzunehmen. Bezüglich der im Hilfeplan dargelegten Überforderung mit der Erledigung von Schriftverkehr, Behörden- und formellen Kontakten sei hier vorrangig die Hilfe einer freiwilligen gesetzlich bestellten Betreuung angezeigt. Die Steigerung des Selbstbewusstseins stelle keinen Bedarf dar, welchem mit Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens zu begegnen sei. Bei dem angemeldeten Bedarf, einen Deutschkurs zu besuchen, handele es sich nicht um behinderungsbedingte Einschränkungen. Der Bedarf zur Unterstützung im Bereich der Arbeit mit dem Ziel der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt gehöre zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten gegenüber der Tochter handele es sich nicht um Leistungen im Rahmen einer behinderungsbedingten Einschränkung. Im Bereich der Freizeitgestaltung sei eine wesentliche Einschränkung der Teilhabe nicht gegeben. Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenz könne der Unterstützungsbedarf u.a. durch den (mit Adresse angegebenen) Sozialpsychiatrischen Dienst abgedeckt werden.
185. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat vorgetragen, das Ambulant Betreute Wohnen sei von der Klinik des Beklagten während seines stationären Aufenthaltes im Jahre 2010 angeregt worden. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
19Das SG hat als Antrag des Klägers aufgenommen,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
24Das SG hat den Entlassungsbericht der Klinik des Beklagten über die teilstationäre Behandlung des Klägers dort vom 23.05.2011 beigezogen. Sodann hat es den Kläger am 08.12.2011 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige bei dem Kläger eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau (ICD-10 F 60.3) festgestellt und eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Der Kläger sei in seinem gesamten Sozialleben erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, seiner Tätigkeit als Koch nachzugehen. Die Einschränkungen bezögen sich aber nicht auf die Bereiche der Selbstversorgung, das häusliche Leben, staatsbürgerliche Leben, sondern mehr auf die Lebensbereiche der Kommunikation und der interpersonellen Interaktionen sowie der Aufnahme einer adäquaten Berufstätigkeit. Eine Indikation für ein Betreutes Wohnen sei aus nervenärztlicher Sich nicht gegeben. Der Kläger unterhalte einen intakten Kontakt zu ehemaligen Mitpatienten. Darüber hinaus sollte dringend eine Eingliederung in das BTZ erfolgen. Zudem befinde er sich in einer regelmäßigen Psychotherapie. Durch dieses Gesamtsetting sei eine psychosoziale Betreuung in umfassender Weise gegeben. Darüber hinaus gehende Betreuungen würden den Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach überfordern. Die sozialen bürokratischen Belange, mit denen der Kläger völlig überfordert sei, des Weiteren der Umgang mit Ämtern und Behörden, die juristische Auseinandersetzungen mit der Mutter seines Kindes, allgemeine soziale Fragen könnten über die eingerichtete Betreuung, die gutachterlicherseits als angemessen betrachtet werde, bewältigt werden.
25Im Anschluss an die Begutachtung hat der Kläger ein Attest von Frau I zu den Akten gereicht. Darin hat die behandelnde Psychotherapeutin ausgeführt, der Sachverständige habe ihr in einem persönlichen Gespräch bestätigt, dass der bisherige Betreuungsrahmen aufrechterhalten werden sollte, jedoch die Aufnahme in ein Heim oder eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranken nicht erforderlich sei. Auch aus ihrer Sicht sei die weitere Betreuung im Rahmen des Bewo dringend erforderlich.
26In einer daraufhin vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, er sei nicht davon ausgegangen, dass hier ein gesetzlicher Betreuer zu Seite gestellt worden sei. Er sei ebenso wie Frau I der Auffassung, dass der Kläger unbedingt weiterhin der Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, bedürfe. Diese Betreuung könne natürlich auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden und sollte auch dieser Institution übertragen werden, da dort eine sehr vertrauensvolle Anbindung bestehe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 55 ff., 76 und 84 der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Der Kläger hat am 15.07.2011 einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 gestellt und einen zweiten Hilfeplan für diesen Zeitraum eingereicht. Über diesen Antrag hat der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Verfahren nicht entschieden.
29Der Beklagte hat den Abschlussbericht der Beigeladenen zu 1) vom 18.12.2012 für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 ff. GA Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 09.11.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 verurteilt, "dem Kläger ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren." Zur Begründung hat es ausgeführt, streitgegenständlich sei ungeachtet des im Juli 2011 gestellten Folgeantrags der gesamte Zeitraum ab Antragstellung bis zum 08.08.2012. Die Voraussetzung von § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX lägen vor. Der Kläger benötige nach den Feststellungen von Dr. H Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten. Die erforderlichen Hilfen seien nach Auffassung der Kammer dem Bereich des selbstständigen Wohnens zuzuordnen, da hierzu auch die Bewältigung rechtlicher und sozialer Beziehungen gehöre. Ferner müsse sich der Kläger nicht auf eine rechtliche Betreuung verweisen lassen. Anders als bei einer Betreuung nehme der Betreute im Rahmen des Betreuten Wohnens seine Angelegenheiten weiterhin selbst wahr. Er werde durch das betreute Wohnen lediglich bei der Regelung seiner Angelegenheiten unterstützt. Die tatsächlich geleistete Unterstützung entspreche auch nicht einer rechtlichen Betreuung, sondern dem Betreuten Wohnen. Nach dem Abschlussbericht des Anbieters hätten die Ziele des Ambulant Betreuten Wohnens auch weitgehend erreicht werden können.
316. Gegen das ihm am 18.12.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Er meint im Falle des Klägers liege kein erforderlicher Betreuungsbedarf vor, der dem Bereich des Betreuten Wohnens gemäß § 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Nach den Ausführungen seiner behandelnden Psychotherapeutin liege der Schwerpunkt der Problematik des Klägers auf dem anstehenden Berufswechsel, der durch eine berufsbildende Maßnahme herbeigeführt werden müsse. Ein regelmäßiger quantitativer erheblicher Betreuungsbedarf in diesem Bereich lasse sich nicht feststellen. Das gleiche gelte für die Zielsetzung, einen Deutschkurs zu belegen. Die Stärkung des Selbstbewusstseins sei bereits Gegenstand der therapeutischen Versorgung. Lebenspraktische Bereiche, die nach der Hilfeplanung gestärkt werden sollten, würden nicht einzeln benannt. Der Kläger habe seine Wohnung, seine leibliche Versorgung und auch dem Umgang mit seiner Tochter im Griff. Die Betreuungsbedürftigkeit des Klägers im Bereich des Sorgerechts für seine Tochter seien vorrangig dem Bereich einer gesetzlichen Betreuung zuzuordnen. Auch ein gesetzlicher Betreuer sei verpflichtet, den Wünschen des Betreuten soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Allenfalls bestünde hier ein sporadischer, situativer Bedarf. Soweit der Hilfeplan schließlich als Ziele des Betreuten Wohnens auch die Erhaltung der Abstinenz und die Vermeidung neuer Klinikaufenthalte aufzähle, handele es sich um allgemein unspezifische Formeln ohne konkreten Gehalt. Auch die tatsächlichen Leistungen der Beigeladenen zu 1) wiesen keinen nachvollziehbaren Bezug zum selbstständigen Wohnen in der eigenen Wohnung auf. Vielmehr habe es sich ganz überwiegend um Unterstützungsleistungen gehandelt, die dem Bereich der gesetzlichen Betreuung zuzuordnen seien.
32Der Beklagte beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Der Kläger beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
37Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
38Sie ist der Auffassung, die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen. Soweit, wie im Falle des Klägers, eine Verselbständigung des Betreuten und die Entwicklung von Handlungskompetenzen möglich sei, seien hierzu dienende pädagogische Maßnahmen einer gesetzlichen Betreuung, die allein auf die Vertretung des Betreuten ausgerichtet sei, vorzuziehen. Sie habe dem Kläger z.B. aufgezeigt, wie er mit Hilfe seiner Anwältin seine Rechte als Vater adäquat einfordern könne. Sie habe ihm geholfen, die Anforderungen, die an ihn gestellt worden seien, zu verstehen und zu bewältigen. Das gleiche habe bei Behördenangelegenheiten, bei der Berufsfindung und auch bei der formellen Lebensführung allgemein gegolten. Hier hätten motivierende und reflektierende Gespräche stattgefunden. Solche Leistungen wären bei einer gesetzlichen Betreuung nicht erfolgt und auch nicht möglich gewesen. Die Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei auch nicht mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Lediglich Teilbereiche, wie die Psychoedukation hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation, seien nicht gänzlich abzugrenzen. Bei den erbrachten Leistungen handele es sich auch um typische Bewo-Leistungen, was sich auch aus der Leistungsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe. Allerdings blieben die Aufgaben des Betreuten Wohnens naturgemäß unübersichtlich und für Außenstehende oftmals diffus. Sie sei jedoch stets auch dann erreichbar, wenn die Therapeutin oder Ärztin nicht erreichbar sei, insbesondere wenn sich krisenauslösende Begebenheiten manifestierten. Die dann erbrachten krisenintervenierenden Maßnahmen und Entlastungsgespräche hätten keinen therapeutischen Ansatz, sondern seien von einem "Pack-An"-Ansatz geprägt. Dass ihre Leistungen sinnvoll und notwendig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass der Kläger nunmehr selbstständig lebe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe.
39Der Senat hat den Kläger am 23.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H1 untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige zunächst folgende Diagnosen gestellt:
40- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10: F 60.31G) - Rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradige Episode (ICD-10: F 31.1G) - Zustand nach schädlichem Konsum von Cannabinoide, derzeit weitgehende Abstinenz (ICD-10: F 12.20G)
41Eine posttraumatische Belastungsstörung hat der Sachverständige demgegenüber ausgeschlossen.
42Vor allem durch die bestehende emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bestehe eine deutliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten und der seelischen Gesundheit, welche von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate bestehe. Hierdurch sei der Kläger seit August 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Zu allererst seien hierbei die erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten des Klägers zu benennen. Zudem bestünden wegen des als einengend empfundenen Aufenthalts in Deutschland weiterhin erhebliche Spannungszustände. Es komme immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen bis hin zu suizidalen Impulsen. Hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und Mobilität hätten sich hingegen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Im Hinblick auf die hochgradigen Einschränkungen seiner Beziehungsfähigkeit habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit des Klägers vorgelegen. Er zähle zum Kreis der seelisch wesentlich behinderten Menschen mit Neurosen respektive Persönlichkeitsstörungen. Er habe in dem genannten Zeitraum Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation benötigt. Auch habe er der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter bedurft. Bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen habe er hingegen keiner Hilfe benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten.
43Die durchgeführten Leistungen der Beigeladenen seien geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers teilweise abzudecken, als hierdurch die Folgen der seelischen Behinderung hätten gemildert werden und somit eine verbesserte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten ermöglicht werden können. Ohne entsprechende Unterstützung wäre es dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen zu erreichen, dass er alle zwei Wochen ein Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter verbringen könne. Weiterhin zu nennen sei die Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe, welche er ohne fremde Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht hätte leisten können.
44Die Leistungen der Beigeladenen seien allerdings insofern nicht erforderlich gewesen, als andere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Hinsichtlich der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, der Berufsfindung sowie des Rechtsstreits mit der Mutter seiner Tochter wäre eine Unterstützung durch einen gesetzlichen Betreuer möglich und geeignet gewesen. Hinsichtlich der Einschränkung der sozialen Teilhabefähigkeit wäre eine Intensivierung der ambulanten Psychotherapie sinnvoll und geeignet gewesen. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden.
45Im Anschluss an die Begutachtung hat der Senat einen Befundbericht der Diplom-Psychologin und Ärztin I vom 19.09.2014 beigezogen. Diese hat u.a. ausgeführt, eine höherfrequente wöchentliche Stundenplanung sei kontraindiziert gewesen, die ambulante Therapie sei bei der Schwere der Symptomatik nicht ausreichend gewesen. Die in Anspruch genommenen Leistungen des Betreuten Wohnens seien im Sinne eines komplexen, multimodalen und soziotherapeutischen Ansatzes dringend notwendig gewesen. Die Therapie habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen. Das Betreute Wohnen sei besonders hilfreich gewesen, um ihn aus seiner sozialen Isolation herauszuführen und die Vermeidung alltäglicher Notwendigkeiten (Ämtergänge, Bezahlung von Rechnungen etc.) abzubauen.
46Der Senat hat sodann noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H1 vom 26.09.2014 eingeholt. Darin hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, die Geltendmachung juristischer Ansprüche stelle eine typische Indikation für eine gesetzliche Betreuung dar, die auch zeitlich befristet eingerichtet werden könne. Das selbstständige Wohnen des Klägers habe nie in Frage gestanden. Im Hinblick auf die Störungen im sozialen Bereich hätten Defizite im Sinne eine affektiven und Impulskontrollstörung bestanden, wie sie psychiatrisch und psychotherapeutisch zu behandeln seien. Hier habe auch die Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Pflege bestanden. Es falle nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen, die bei dem Kläger bestehenden strukturellen Defizite therapeutisch zu bearbeiten. Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Die Behauptung, dass es dem Kläger nur so gut gehe, weil der die Leistungen der Beigeladenen zu 1) erhalten habe, sei aus fachärztlicher Sicht nicht haltbar. Gerade bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen bestehe ein sehr schwankender Verlauf. Entgegen der Einschätzung von Frau I sei selbstverständlich bei unzureichendem Ansprechen und einer schwerwiegenden strukturellen Störung eine Intensivierung der Frequenz der Psychotherapie indiziert, ggf. dann in einem anderen, also tiefenpsychologisch fundierten Setting.
47Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 257 ff., 319 f. und 322 ff. der GA Bezug genommen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet.
51I. 1. Das Urteil des SG leidet zunächst unter Verfahrensfehlern, weil es das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zutreffend erfasst und zudem unzulässigerweise ein Grundurteil erlassen hat.
52Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach dem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen zu 1), die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Die Beiladung des Leistungserbringers ist nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
53Richtigerweise hätte das SG deshalb genau ausurteilen müssen, welche Verbindlichkeiten des Klägers wem gegenüber in welcher Höhe der Beklagte durch Schulbeitritt zu übernehmen hat. Ausgehend von den Rechnungen, die die Beigeladene zu 1) dem Beklagten erteilt hat, geht es um die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 3.850,76 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 (63,67 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 76,40 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro) und in Höhe von insgesamt 2.179,26 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 (36,00 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 43,20 Fachleistungsstunden, davon 41,40 Fachleistungsstunden bis zum 30.06.2012 zu je 50,40 Euro und 1,80 Fachleistungsstunden ab dem 01.07.2012 zu je 51,50 Euro), also insgesamt 6030,02 Euro.
542. Zutreffend ist das SG demgegenüber davon ausgegangen, dass in zeitlicher Hinsicht die gesamten Leistungen der Beigeladenen zu 1), die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 09.08.2011 einen weiteren Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit einen weiteren individuellen Hilfeplan eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2011, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) nach dem 08.08.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
55II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Kosten wegen der von ihr dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.030,02 Euro durch Schuldbeitritt übernimmt.
561. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
57a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
58b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt einer bestehenden, beitrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
59aa) In dem Betreuungsvertrag vom 16.08.2010, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) geschlossen hat, war in § 4 Nr. 1 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 4 Nr. 3 zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 4 Nr. 3 Satz 3 des Betreuungsvertrages lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klienten, d.h. hier des Klägers, voraus.
60bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen.
61Die Beigeladene zu 1) wäre, soweit sie Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erbracht hätte (siehe dazu unten e)), auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Der Kläger gehörte zu dem Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung, für die die Beigeladene zu 1) nach § 2 Abs. 2 der Leistungsvereinbarung Leistungen erbringen darf.
62cc) Die Forderungen der Beigeladenen zu 1) gegen den Kläger sind allerdings teilweise nicht fällig. Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 des Betreuungsvertrages, wonach die Vergütung gemäß § 4 Nr. 1 des Vertrages monatlich durch Rechnungstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Eine solche ist dem Kläger im Juni 2012 nur für die bis zum 22.06.2012 angefallene Vergütung (96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro) erteilt worden. Für den weiteren streitgegenständlichen Betrag (bis zum 30.06.2012 1,8 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 2,16 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro = 108,86 Euro + ab dem 01.07.2012 1,5 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 1,8 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro = 92,70 Euro; also insgesamt 201,56 Euro) fehlt es bislang an einer an den Kläger adressierten Rechnung.
63Die damit insoweit fehlende Fälligkeit führt aber nicht dazu, dass es insoweit an einem sozialhilferechtlichen Bedarf fehlt. Vielmehr kann die Beigeladene zu 1) dem Kläger jederzeit eine Rechnung erteilen und dadurch die Fälligkeit herbeiführen. Es besteht also bereits gegenwärtig eine hinreichend bestimmte und sicher zu erwartende zukünftige Verbindlichkeit. Insoweit kommt der Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld in Betracht (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
64c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnung aus Juni 2012 und den zukünftig zu erwartenden Rechnungen im Hinblick auf den weiteren streitigen Betrag von 201,56 Euro, verfügte bzw. verfügt der alleinstehende Kläger nicht über Vermögen, das den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 2.600,- Euro überstieg bzw. übersteigt. Im Juni 2012 floss dem Kläger lediglich Wohngeld und Krankengeld in Höhe von 725,10 Euro zu, dass die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht überstieg. Mit dem aus seiner Teilzeitbeschäftigung aktuell erzielten Gehalt von 1.030,- Euro netto überschreitet der Kläger diese Grenze ebenfalls nicht. Das nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen ist geringer als der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (aktuell 798,- Euro) zuzüglich der tatsächlichen und auch angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 336,40 Euro monatlich. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
65d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben. Nach § 3 Nr. 4 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59). Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1 litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung an erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten und Spannungszuständen. Er benötigte Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
66e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individueller Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
67aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
68Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
69Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
70Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XIII NRW deutlich zum Ausdruck.
71Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
72bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
73(1) Zum einen hat die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlt diesen Betreuungsleistungen jedoch in jedem Fall der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist und war nicht erkennbar. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen zu 1). Dies sollte auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall sein. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch eingeräumt.
74Ein Schwerpunkt der Bemühungen der Beigeladenen zu 1) bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) darin, den schriftlichen und persönlichen Verkehr zu Behörden, namentlich der Krankenkasse, dem Wohnungsamt, der Unterhaltsvorschusskasse, dem Jobcenter bzw. der Agentur für Arbeit, dem Jugendamt und dem Amtsgericht abzuwickeln und zu begleiten. Es ging dabei vor allem um die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) sowie um Sorgerechtsangelegenheiten. So telefonierten die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit den genannten Behörden, verfassten Schriftstücke an diese bzw. unterstützten den Kläger hierbei und begleiteten ihn zu Vorsprachen und Terminen bei den genannten Institutionen. Hiermit befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Schwerpunkt bei den Kontakten bzw. Tätigkeiten am 16.08.2010, 24.08.2010, 31.08.2010, 16.09.2010, 29.09.2010, 14.10.2010, 08.11.2010, 15.11.2010, 09.12.2010, 15.02.2011, 02.05.2011, 16.05.2011, 26.05.2011, 27.05.2011, 17.06.2011, 30.06.2011, 06.09.2011, 13.09.2011, 25.11.2011, 12.12.2011, 30.12.2011, 27.02.2011, 19.03.2011, 20.04.2012, 08.05.2012, 29.05.2012, 22.06.2012, 27.06.2012, 29.06.2012 und 06.07.2012, d.h. für die Dauer von insgesamt 43,80 Stunden. Hinzu kommen insoweit auch die Termine am 09.05.2011, 04.07.2011, 15.07.2011, 28.07.2011, 05.08.2011, 13.10.2011, 10.01.2012, 14.02.2012 (insgesamt weitere 10,33 Stunden), bei denen in den Tätigkeitsdokumentationen lediglich "formelle Lebensführung" eingetragen wurden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat meint "formelle Lebensführung" den Kontakt zu Behörden und Ämtern.
75Bei diesen Kontakten etc. ging es nicht um das selbstständige Wohnen des Klägers, sondern im Wesentlichen um die Wahrung seiner Rechte, insbesondere im Verhältnis zu den Sozialbehörden. Die Beigeladene hat insoweit allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von Leistungen, die, wie insbesondere das Wohngeld, zur Sicherung der Unterkunft bestimmt sind, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
76Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bildete die Problematik des Sorgerechts und des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter. Zusätzlich zu den bereits im vorstehenden Absatz behandelten, insoweit notwendigen behördlichen Kontakte fanden hierzu Gespräche und Kontakte mit dem Kläger allein, aber auch zusammen mit der Mutter der Tochter und der Rechtsanwältin, die den Kläger im familienrechtlichen Verfahren vertreten hat, statt, und zwar am 02.09.2010, 06.10.2010, 17.12.2010, 12.01.2011, 14.01.2011, 15.01.2011, 28.02.2011, 10.03.2011, 14.03.2011, 15.04.2011, 14.09.2011 und 29.06.2012. Insoweit ist ein Zeitaufwand von 8,67 Stunden entstanden. Ein Bezug zum selbstständigen Wohnen des Klägers ist bei diesen Leistungen nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit vielmehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich familienrechtlicher Angelegenheiten, nicht aber Hilfen zum selbstbestimmten Leben des Klägers in seiner Wohnung geleistet.
77Darüber hinaus befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit der beruflichen Zukunft des Klägers. Insoweit führten sie Gespräche mit dem Kläger, (potentiellen) Arbeitgebern (I) und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (Diakonie N und BTZ), verkehrten mit den zuletzt genannten Einrichtungen auch schriftlich und begleiteten den Kläger dorthin. Dies war Schwerpunkt der am 05.11.2010, 11.11.2010, 28.12.2010, 06.01.2011, 11.01.2011, 19.01.2011, 31.05.2011, 07.06.2011, 30.01.2011, 02.03.2012, 27.03.2012, 11.04.2012 und 13.06.2012 erbrachten Leistungen (insgesamt 16,33 Stunden). Auch insoweit ist eine finale Ausrichtung der Leistungen auf das selbstständige Wohnen des Klägers nicht erkennbar. Zwar können Anleitungen zur Tagesstrukturierungen wesentlichen Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem und vor allem ging es bei den auf die berufliche Zukunft gerichteten Leistungen der Beigeladenen zu 1) nicht um eine sinnvolle Tagesstrukturierung, sondern allein darum, wie der Kläger künftig seinen Lebensunterhalt verdienen und eine dauerhafte berufliche Perspektive entwickeln kann. Insoweit fehlt jeglicher Bezug zum Wohnen.
78Gleiches gilt für die Befassung mit der Gesundheit des Klägers (02.11.2010, 17.01.2011, 08.12.2011, 30.12.2011 und 12.06.2012 = 0,8 Stunden) und die Führung sog. Entlastungsgespräche (02.02.2011, 26.07.2011, 11.08.2011 und 05.09.2011 = 2 Stunden). Letztere wurden zudem offensichtlich im Hinblick auf die Probleme des Klägers hinsichtlich des Sorgerechts für seine Tochter und seine berufliche Zukunft geführt (vgl. insoweit vor allem die Dokumentationen zu den Terminen am 26.06.2012 und 15.04.2011, in denen ausdrücklich Entlastungsgespräche im Zusammenhang mit der Sorgerechtsangelegenheit erwähnt werden), und stellen deshalb auch nach den vorstehenden Ausführungen keinen Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
79Ein Wohnungsbezug ist allenfalls denkbar, soweit sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) am 13.12.2010, 17.12.2010, 25.01.2011, 19.04.2011 und 07.06.2011 für die Dauer von insgesamt 3,33 Stunden mit dem Mietvertrag und die Stromversorgung der Wohnung des Klägers befasst haben. Abgesehen davon, dass diese Themen offensichtlich nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bildeten, handelt es sich hierbei um rein verwaltungsmäßige Tätigkeiten, die mit den eingangs zu diesem Abschnitt behandelten Unterstützungshandlungen im Kontakt mit Behörden vergleichbar und nicht in ein spezifisch auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtetes Gesamtkonzept eingebettet sind.
80Die übrigen dokumentierten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) betrafen organisatorische Fragen im Hinblick auf den hier streitigen Sozialhilfeanspruch und können als Annexleistungen nur dann unter § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX subsumiert werden, wenn die Hauptleistungen selbst als Leistungen zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten einzuordnen wären. Dies ist jedoch nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.
81Ausgehend von den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplänen ergibt sich keine andere Bewertung.
82Wenn, wie hier, bereits Leistungen erbracht worden sind, kommt es für einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auf die tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht auf die Angaben im Hilfeplan an. Bei der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, so dass etwaige Änderungen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Wenn tatsächlich keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht worden sind, kann ein Anspruch auf eben diese Leistungen nicht dadurch begründet werden, dass diese ursprünglich einmal beabsichtigt waren.
83Unabhängig davon lassen auch die im ersten Hilfeplan angegebenen beabsichtigten Leistungen der Beigeladenen zu 1) keine finale Ausrichtung auf die Sicherung des selbstständigen Wohnens des Klägers in seiner Wohnung erkennen. Die durch Leistungen der Beigeladenen zu 1) nach den Hilfeplänen zu erreichenden Ziele (Deutschkurs belegen, einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen, Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten sowie einen weiteren Klinikaufenthalt vermeiden) haben mit Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens nichts zu tun. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Beklagten und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Was die Vermeidung eines weiteren stationären Aufenthaltes anbetrifft, ging es offensichtlich nicht darum, die selbstständige Wohnform zu erhalten und einen Wechsel in eine stationäre Wohnform zu verhindern. Eine solche stationäre Wohnform stand für den Kläger auch nach dem Hilfeplan nie zur Debatte. Der Hilfeplan formulierte insoweit lediglich das Ziel, eine nochmalige Verschlimmerung der psychischen Erkrankung und einen dann u.U. notwendigen kurativen und von vornherein zeitlich begrenzten stationären Aufenthalt zur Behandlung dieser Erkrankung zu verhindern. Ein etwaiger krankheitsbedingter stationärer Aufenthalt stellt aber die Aufrechterhaltung einer selbstständigen Wohnform nicht grundsätzlich in Frage. Zudem weist die Vermeidung eines weiteren Krankenhausaufenthaltes primär eine medizinische Zielrichtung auf und dient damit im Schwerpunkt nicht der Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
84Der zweite Hilfeplan für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 enthält zwar ausweislich des auf Bl. 108 ff. der GA befindlichen Abschlussberichtes insoweit einen gewissen Wohnungsbezug, als die Problematik einer nicht schließenden Wohnungstür angegangen werden und im Rahmen der Gewährleistung der formellen Lebensführung auch ein Finanzplan aufgestellt werden sollte. Insoweit handelt es sich aber um vereinzelte Bedarfslagen, die nicht in ein Gesamtkonzept zur Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens eingebettet sind. Die betreffenden Probleme sind auch im zweiten Hilfeplan letztlich Ausprägung der grundsätzlichen Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und privaten Dritten. Dass die beabsichtigten Hilfen im Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet sind, ist auch im zweiten Hilfeplan nicht erkennbar. Bezeichnenderweise werden für das Ziel "Meine Wohnung bleibt mir erhalten und es gelingt mir, entstehenden Probleme selbst zu regeln" lediglich 10 Minuten pro Woche veranschlagt.
85(2) Zum anderen und vor allem bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Alleinleben in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet. Der Kläger bedurfte zur Aufrechterhaltung der von ihm gewählten Wohnform keiner Hilfe.
86Der Sachverständige Dr. H1 hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 keine Hilfe bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden. Unterstützung habe der Kläger lediglich bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter benötigt.
87Der Sachverständige hat damit den spezifischen Bedarf, der durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt werden soll, ausdrücklich verneint. Der von ihm bejahte Hilfebedarf weist keinen Bezug zum Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit auf. Wie der Sachverständige selbst ausdrücklich festgestellt hat, stand die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform nie zur Debatte.
88Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sachverständigen an. Der Sachverständige hat den Kläger ausführlich exploriert und insbesondere eine ausführliche Anamnese erhoben. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal schlüssig und im Hinblick auf die im Gutachten wiedergegebenen Äußerungen des Klägers auch zutreffend betont, Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Solche Einschränkungen wären bei Erkrankung des Klägers auch nicht plausibel. Anders als beispielsweise bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei denen erhebliche Schwierigkeiten in der Planung der Tagesstruktur vorlägen, habe der Kläger aus der Längsschnittanamnese diesbezüglich keine höhergradigen Defizite gezeigt. Diese Ausführungen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
89Anhaltpunkte dafür, dass die Einschätzung des Sachverständigen unzutreffend sein könnte, sind nicht erkennbar. Soweit die Diplom-Psychologin und Ärztin I in ihrem Befundbericht vom 19.09.2014 ausgeführt hat, die "Therapie" (gemeint sind wohl die Maßnahmen der Beigeladenen zu 1)) habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen, hat sie nicht begründet, dass und warum der Kläger einer solchen Tagesstrukturierung bedurft hätte. Sie hat lediglich pauschal die in Anspruch genommenen "Leistungen des Betreuten Wohnens" für dringend notwendig erachtet. Was sie dabei unter dem Begriff des "betreuten Wohnens" versteht, hat sie nicht offen gelegt. Es liegt nahe, dass sie sämtliche Leistungen, die die Beigeladene zu 1) erbringt und dem Kläger gegenüber erbracht hat, als Leistungen des betreuten Wohnens ansieht, weil die Beigeladene zu 1) eben ein Anbieter solcher Leistungen ist. In jedem Fall geht sie, im Übrigen ebenso wie das SG, von einem anderen Begriffsverständnis aus als der Senat. Dass und warum der Kläger einen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Sinne der hier vertretenen Auffassung gehabt soll, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.
90Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1 deckt sich im Übrigen auch mit den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. Auch dieser hat Einschränkungen des Klägers bezogen auf die Bereiche der Selbstversorgung und das häusliche Leben und eine Indikation für ein Betreutes Wohnen ausdrücklich verneint. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich die Auffassung vertreten, der bestehende Bedarf des Klägers nach Unterstützung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, könne auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden. Damit hat er aber keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bejaht, sondern lediglich gemeint, dass auch die Beigeladene zu 1), die eben (auch) Leistungen des Betreuten Wohnens anbiete, den Bedarf des Klägers decken könne. An seiner Auffassung, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung eines selbstbestimmten Wohnens keiner Hilfe bedarf, hat Dr. H erkennbar festgehalten.
91Aus den aktenkundigen Entlassungsberichten im Anschluss an den stationären und den teilstationären Aufenthalte in der Klinik des Beklagten ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Dass und warum der Kläger einen Hilfebedarf im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seiner selbstbestimmten Wohnform haben sollte, wird in den Entlassungsberichten nicht dargelegt. Soweit während des stationären Aufenthaltes des Klägers Mitte 2010 tatsächlich eine Empfehlung für die Inanspruchnahme von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnen ausgesprochen worden sein sollte, was durch den Akteninhalt nicht belegt ist, ist nicht erkennbar, dass und warum eine Indikation für eine Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen gesehen wurde. Vermutlich waren die in der Klinik des Beklagten angestellten Sozialarbeiter der Überzeugung, der Kläger benötige bei seiner praktischen Lebensführung, z.B. bei Kontakten nach außen zu Behörden und Dritten, nach Beendigung des stationären Aufenthaltes weiterhin der Unterstützung. Dies entspricht durchaus der Einschätzung des Sachverständigen. Ein solcher allgemeiner Hilfebedarf stellt jedoch keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
92Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger keiner Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen bedurfte, haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) letztlich auch keine Einwände erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat vielmehr selbst in der Sache klargestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seines häuslichen Umfeldes keinen Bedarf hatte. Sie geht vielmehr auch nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem weiteren Begriff des "Betreuten Wohnens" aus als der Sachverständige und rechnet in der Sache sämtliche Leistungen, die unabhängig von einer finalen Ausrichtung auf das Wohnen auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben und eine selbstständige Lebensführung ausgerichtet sind, zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Damit legt sie ein Begriffsverständnis zugrunde, dass auch der Senat nicht teilt und dass den durch den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und die Systematik von § 54 SGB XII und § 55 SGB IX vorgegeben Rahmen überschreitet. Die Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen lediglich einen speziellen Teil der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar. Nicht alle Leistungen, die der Teilhabe am Gemeinschaftsleben dienen, sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen, wie z.B. die hier vom Sachverständigen Dr. H1 empfohlene Intensivierung der ambulanten Psychotherapie, der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und solche Leistungen für den Kläger auch nicht erforderlich waren und die Beigeladene zu 1) damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich und für andere Leistungen als die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladenen erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, dass nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) ergibt sich aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhanden Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen zu 1) oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen zu 1) vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene zu 1) damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene zu 1) implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene zu 1) hat in dem Betreuungsvertrag mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand des Betreuungsvertrags gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18), für deren Erbringung die Beigeladene zu 2) als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 97 Abs. 1 und 3 SGB XII in Ermangelung einer Zuweisung an den Beklagten durch die AV-SGB XII NRW eigentlich sachlich zuständig wäre, die der Beklagte jedoch mangels Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene zu 2) nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zu erbringen hätte.
109(1) Jedenfalls teilweise handelt es sich bei den in den Hilfeplänen aufgeführten und den von der Beigeladenen zu 1) tatsächlich erbrachten Leistungen nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
110(a) Dies gilt zunächst für alle sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers sowie für solche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet gewesen sind, den Kläger auch weiterhin dazu anzuhalten, auf Cannabis-Produkte zu verzichten. Letztere sind zwar in den vorlegten Tätigkeitsdokumentationen nicht explizit aufgeführt, sollen aber nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) stattgefunden haben sollen. Alle genannten Maßnahmen sind dem Bereich der medizinischen (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1), die sich unmittelbar auf den akuten Gesundheitszustand des Klägers und sein Gesundheitsverhalten bezogen, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen zu 1) konnte insoweit nur sein, die psychischen Krankheiten des Klägers und ihre unmittelbaren psychischen Auswirkungen zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen knüpften damit an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an (vgl. zur Abstinenzmotivation auch das Urteil des Senats vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene zu 1) "therapeutisch" gearbeitet hat oder ihre Maßnahmen von einem "Pack-An-Ansatz" getragen sind, wie sie selbst vorträgt. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Gespräche etc. unmittelbar auf die Linderung der unmittelbaren Krankheitsfolgen ausgerichtet sind. Der Kläger soll sich durch die "Entlastungsgespräche" etc. besser fühlen. Auf diese Weise soll eine akute psychische Krise überwunden werden. Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers.
116Ob entsprechende gesundheitsunterstützende Leistungen dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden können, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87), kann dahinstehen. Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX liegen nicht vor und waren auch nicht erforderlich (siehe dazu oben 1. e) bb)). Soweit die tatsächlichen Unterstützungshandlungen im persönlichen und schriftlichen Verkehr mit Behörden etc. den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zuzuordnen wären, waren diese ebenfalls nicht erforderlich (dazu sogleich unten (3)).
117Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren, oder ob insoweit medizinische Maßnahmen (Intensivierung von Psychotherapie, ambulante psychiatrische Pflege) indiziert und auch verfügbar waren, was der Sachverständige Dr. H1 einerseits und der Kläger, die Beigeladene zu 1) und Frau I unterschiedlich beurteilen.
118(b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die im Hilfeplan immerhin mit 20 Minuten wöchentlich veranschlagten Maßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Klinikaufenthalts. Allerdings gehen aus den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen auch keine entsprechenden, über die vorstehend erörterten Entlastungsgespräche etc. hinausgehenden Maßnahmen hervor.
119(c) Bei dem im Hilfeplan mit einem Aufwand von 10 Minuten pro Woche angegebenen Ziel, einen Deutschkurs zu belegen, handelt es sich bereits nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, denn fehlende Sprachkenntnisse sind keine Behinderung und die Behebung fehlender Sprachkenntnisse ist kein behinderungsspezifischer Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 22/13 R -, gegenwärtig nur als Terminmitteilung vorliegend). Allerdings lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) insoweit keinen tatsächlichen Aufwand erkennen.
120(2) Soweit die Beigeladene zu 1) entsprechend den Angaben im zweiten Hilfeplan für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 Leistungen im Hinblick auf die Planung von Handlungen und Finanzen des Klägers erbracht haben sollte, wären diese ohne Zweifel als Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewertenden Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig gewesen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben 1. e) bb (2)) folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur nicht der Hilfe Dritter bedurfte. Für eine irgendwie geartete Tages- und Handlungsplanung bestand daher kein Bedürfnis. Für die Finanzplanung gilt nichts anderes. Es ist weder in den Akten dokumentiert, noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung Schwierigkeiten hatte, "mit seinem Geld auszukommen". Über etwaige Schulden des Klägers ist nichts bekannt. Auch die vom SG und vom Senat beauftragten Sachverständigen haben in Bezug auf die Verwaltung der verfügbaren Finanzmittel keinen Hilfebedarf des Klägers festgestellt. Entsprechend der bei ihm vorliegenden strukturellen Persönlichkeitsstörung lagen die Schwierigkeiten des Klägers vielmehr darin, in Beziehung zu Dritten zu treten, und damit in der Verfolgung seiner rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten nach außen. Einer Finanzplanung bedurfte er deshalb nicht.
121(3) Die übrigen in den Hilfeplänen angegebenen und auch tatsächlich erfolgten lebenspraktischen Leistungen der Beigeladenen zu 1), d.h. die Unterstützungshandlungen im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter, die Bemühungen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers und die Hilfen bei der Erledigung des persönlichen und schriftlichen Verkehrs mit Behörden und privaten Vertragspartnern (Stromversorger, Vermieter, sonstige Gläubiger), waren als Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben jedenfalls nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
122Insoweit kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter bereits deshalb aus dem Kreis der Leistungen nach § 55 SGB IX auszuscheiden sind, weil Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben grundsätzlich darauf ausgerichtet sind, die Kontakte über den Bereich der Familie hinaus zu fördern (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Ebenso kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers nicht den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, sondern den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX zuzuordnen sind. Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang die Hilfe bei der Erledigung behördlicher Angelegenheiten etc. überhaupt den Leistungen der Eingliederungshilfe zuzuordnen ist, weil der Kläger ausweislich des Hilfeplans zur die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012, wie er in dem Abschlussbericht auf Bl. 108 ff. GA wiedergegeben wird, Hilfe insoweit jedenfalls auch aufgrund seiner unzureichenden Sprachkenntnisse begehrt hat und es damit möglicherweise zumindest teilweise gar nicht um Deckung eines behinderungsspezifischen Bedarfs ging.
123In jedem Fall standen dem Kläger zur Erreichung der Ziele dieser Bemühungen der Beigeladenen zu 1) andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen, die nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren sind und nicht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe und der Teilhabe im Übrigen gehören, zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
124Bei dem Kläger bestand zwar insoweit nach Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, denen der Senat folgt und denen die Beteiligten insoweit auch nicht entgegengetreten sind, auch ein behinderungsbedingter Bedarf, weil er in krisenhaften Zuspitzungen seiner Persönlichkeitsstörung mit behördlichen Angelegenheiten überfordert ist und im streitgegenständlichen Zeitraum war und Schwierigkeiten hat und hatte, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) haben diesen Bedarf des Klägers, was der Sachverständige ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat, auch tatsächlich - mit durchaus erheblichem Kostenaufwand - gedeckt. Dieser Bedarf hätte aber auch durch die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nach §§ 1896 ff BGB mit dem Aufgabenkreis der Erledigung von Vermögens-, familienrechtlichen und behördlichen Angelegenheiten vollständig abgedeckt werden können, weil es bei den genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten und die Wahrung insbesondere sozialer Rechte des Klägers geht. Das Rechtsinstitut der Betreuung schließt im Falle des Klägers Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben aus oder führt jedenfalls dazu, dass diese im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren.
125(a) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
126Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
127Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich sind, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
128Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XII bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
129(b) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Hilfeplänen und den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten praktischen Unterstützungsleistungen (zu den psychischen Hilfestellungen siehe oben (1) (a)) in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), bei der Sorgerechtsangelegenheit bezüglich der Tochter des Klägers, im Verhältnis zum Stromversorger und zum Vermieter des Klägers sowie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil insoweit die Einrichtung eine gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
130Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger wegen seiner seelischen Behinderung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter der Hilfe Dritter bedurfte, und denen der Senat folgt, lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 vor. Medizinische Gründe gegen die Bestellung eines Betreuers hat der Sachverständige nicht festgestellt.
131Der notwendige Hilfebedarf insoweit konnte auch vollständig durch einen gesetzlichen Betreuer abgedeckt werden. Es ging schwerpunktmäßig eindeutig um die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers, nämlich um die Verwirklichung seiner sozialrechtlichen Ansprüche auf Wohngeld, Krankengeld und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum Vermieter, z.B. hinsichtlich der im zweiten Hilfeplan genannten defekten Wohnungstür, und zum Stromversorger (Anpassung des Tarifs und der Abschläge) und vor allem auch die Verwirklichung seines Sorgerechts für seine Tochter. Die Besorgung dieser Angelegenheiten und die Unterstützung des Klägers insoweit wäre originäre Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers mit dem Aufgabenbereich Vermögens-, familienrechtliche und behördliche Angelegenheiten gewesen. Gleiches gilt für die Suche nach einer neuen Beschäftigung und einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Insoweit geht es um die Organisation der angestrebten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die als Vorbereitung für die Leistungsgewährung ebenfalls in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Betreuers gefallen wäre. Die in den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen aufgeführten Handlungen und Leistungen der Beigeladenen zu 1) gehen, soweit es um die tatkräftige Unterstützung geht (zu psychischen Unterstützungsleistungen siehe oben (1)), auch nicht über die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers hinaus. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten, Rechtsanwälten und Gerichten ist ebenso wie das Telefonieren mit diesen Personen und sonstigen Dritten und das Verfassen von schriftlichen Eingaben nichts anderes als die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten und deshalb auch typische Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers.
132Soweit die Beigeladene zu 1) behauptet hat, sie habe auch darauf hingewirkt, dass der Kläger die genannten Angelegenheiten künftig selbstständig und ohne Hilfe erledigen kann, und die Auffassung vertreten hat, bei einer Betreuung werde demgegenüber nur stellvertretend gehandelt, so dass im Falle des Klägers eine Betreuung auch nicht indiziert gewesen wäre, folgt der Senat diesen Einlassungen nicht.
133Die Beigeladene zu 1) verkennt zunächst ebenso wie das SG in rechtlicher Hinsicht, dass die gesetzliche Vertretung des Betreuten gemäß § 1902 BGB nur eine von vielen Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers ist. Die Betreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, und insoweit auch eine wichtige Angelegenheit vor ihrer Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen (§ 1901 Abs. 3 Satz 1 und 3 BGB). Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 Satz 1 BGB), und bei Besserung des Zustands ggf. auch eine Aufhebung der Betreuung anzuregen (vgl. § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbstständig ohne Hilfe des Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers. Dies hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. H1 seinem Gutachten zutreffend zugrunde gelegt.
134Darüber hinaus lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) nicht ansatzweise erkennen, was ihre Mitarbeiter genau und im Einzelnen unternommen haben, um die selbstständige Erledigung von behördlichen Angelegenheiten durch den Kläger zu fördern. Ausweislich der Tätigkeitsdokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), namentlich der Geschäftsführer, schriftliche Eingaben an Behörden etc. selbst verfasst und entsprechende Telefonate selbst geführt. Eine irgendwie geartete pädagogische Anleitung des Klägers zu selbstständigem Agieren ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat auch selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeiten für Außenstehende teilweise diffus erscheinen. Diesen Eindruck kann der Senat nur bestätigen. Diffuse Leistungen können aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme aus den Mitteln der Sozialhilfe begründen.
135Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die praktischen Unterstützungshandlungen der Beigeladenen zu 1) geeignet waren, die Selbstständigkeit des Klägers zu fördern. Der Sachverständige Dr. H1 hat dies gerade nicht angenommen. Er hat die Leistungen der Beigeladenen zu 1) ausdrücklich nur insoweit für geeignet gehalten, als sie tatsächlich dazu beigetragen hätten, eine für den Kläger angenehme Umgangsregelung und eine Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe herbei zu führen. In dem zuletzt genannten Gesichtspunkt ist allerdings bereits die Einschätzung des Sachverständigen zweifelhaft, weil sich die Bemühung der Beigeladenen zu 1) im Schwerpunkt auf die Aufnahme einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichtet haben, eine solche Maßnahme aber letztlich nicht aufgenommen wurde und sich der Kläger seine im Jahre 2013 aufgenommenen Beschäftigung ohne Hilfe der Beigeladenen zu 1) nach dem Ende ihrer Tätigkeit gesucht hat. In jedem Fall hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1) zur Steigerung der Selbstständigkeit des Klägers geführt hätten. Vielmehr hat er ausdrücklich ausgeführt, dass die Bekämpfung der überdauernden Defizite des Klägers im Hinblick auf die Beziehungsfähigkeit sowie die Affekt- und Impulskontrolle, die den Bedarf hinsichtlich Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten etc. auslösen, nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen fallen würden. Vor allem hat er der Einschätzung der Beigeladenen zu 1), der Umstand, dass der Kläger aktuell keine weitere Hilfe benötige, belege die Geeignetheit und die Erforderlichkeit ihrer Leistungen, ausdrücklich widersprochen und ausgeführt, es handele sich um eine bloße, nicht durch Tatsachen untermauerte Vermutung. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Es spricht viel dafür, dass ein etwaiger, aktuell fehlender Bedarf des Klägers im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger zur Zeit nichts bzw. wenig mit Behörden und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten zu tun hat. Die Sorgerechtsangelegenheit ist geregelt, auf Sozialleistungen zur Deckung des Lebensbedarfs ist der Kläger wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr angewiesen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht beantragt worden.
136bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) und (b) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene zu 1) gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
137cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
138dd) Schließlich begründen die auf die Aufnahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichteten Vorbereitungshandlungen der Beigeladenen zu 1) auch keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 IX oder nach dem Recht eines anderen Trägers solcher Leistungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) (b) entsprechend.
139III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
140IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren verbleibt es bei der dortigen Kostenentscheidung. Im Übrigen findet eine Erstattung von Kosten nicht statt. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten, ob bzw. in welchem Umfang dem Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit von Oktober 2010 bis Juli 2011 Leistungen der Eingliederungshilfe (insbesondere) in Form des sog. ambulant betreuten Wohnens (Bewo) zustehen.
3Der am 00.00.1987 geborene Kläger, der durchgehend im Raum C bzw. in L lebte, leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Sein Heranwachsen war begleitet von einem häufigen Wechsel der Bezugspersonen. Bereits im Jugendalter kam es zu delinquentem Verhalten und Drogenmissbrauch (im Wesentlichen in Form von Cannabiskonsum). In den Jahren 2006/2007 unternahm er mehrere Suizidversuche. Das Krankheitsbild ist geprägt einerseits von starken Stimmungsschwankungen sowie impulsivem und provozierendem Verhalten, andererseits von einer gewissen Blockadehaltung dann, wenn von außen versucht wird, den Kläger zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Der Umgang mit Geld bereitet dem Kläger große Probleme; ihm zur freien Verfügung stehende finanzielle Mittel gibt er nach dem Lustprinzip aus, ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen. Ein Grad der Behinderung von 50 ist zuerkannt.
4Im Oktober 2007 richtete das Amtsgericht C (5 XVII S 000/07) eine rechtliche Betreuung für den Kläger ein. Diese wird von einem Berufsbetreuer durchgeführt und erstreckt sich auf die Bereiche alle Vermögensangelegenheiten, Postkontrolle, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden, Gesundheitsfürsorge sowie in deren Rahmen die Aufenthaltsbestimmung". Im Juni 2008 ordnete das Betreuungsgericht zusätzlich einen Einwilligungsvorbehalt für den Bereich Vermögensangelegenheiten an.
5Nach der Trennung seiner von den Philippinen stammenden Mutter von seinem (an einer schweren Alkoholkrankheit leidenden) Vater lebte der Kläger seit seinem siebten Lebensjahr zunächst bei seiner Mutter. Da diese im Schichtdienst arbeitete, war er parallel in wechselnden Pflegefamilien untergebracht. Weder innerhalb noch außerhalb der Herkunftsamilie konnte man dem Kläger jedoch erzieherisch gerecht werden, sodass er zu verwahrlosen drohte. Ab Februar 1996 wurde daher versucht, ihn in eine Kinderhausgruppe zu integrieren, was allerdings misslang. Anschließend erfolgte bis Dezember 1999 eine schrittweise Rückführung in den Haushalt der Mutter. Dort kam es im Laufe der Zeit wieder zu massiven Problemen, was die Unterbringung des Klägers in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung zur Folge hatte. Von April 2001 bis Januar 2004 lebte er in der Außenwohngruppe eines Kinderdorfes in C. Auch dort gestaltete sich das Zusammenleben schwierig; die Verhaltensauffälligkeiten konnten trotz Einsatzes eines zusätzlichen Einzelbetreuers nicht erfolgreich bearbeitet werden. Der Kläger entzog sich häufig dem Einfluss der Einrichtung und suchte den regelmäßigen Kontakt zu seiner Mutter. Anschließend lebte er wechselnd teils bei Freunden, Bekannten oder seiner Mutter, teils aber auch in Notunterkünften oder auf der Straße.
6Seit 1993 besuchte der Kläger verschiedene Grundschulen. 1999 wechselte er an eine Hauptschule in C, die er vor Abschluss des zweiten Halbjahres der Klasse 9 im Sommer 2002 verlassen musste. Ab Herbst 2002 schloss sich der Besuch einer Vorklasse zum Berufsgrundschuljahr an. 2004 oder 2005 holte der Kläger in Eigenregie den Hauptschulabschluss nach. Eine Lehrstelle oder eine feste Arbeit fand er in der Folgezeit nicht, sondern arbeitete in verschiedenen Aushilfsjobs, insbesondere auf dem Bau und im Malerbereich. Im Februar 2010 meldete er sich bei der Tages- und Abendrealschule L an; wegen hoher Fehlzeiten und Unzuverlässigkeit musste er die Schulausbildung im Herbst 2010 abbrechen. Nach Beginn der im vorliegenden Verfahren fraglichen Bewo-Maßnahme meldete sich der Kläger erneut zur Nachholung des Realschulabschlusses bei einer L Abendrealschule an, die er etwa seit Februar 2011 besuchte. Auch dieser Versuch scheiterte jedoch; bereits im Mai 2011 war absehbar, dass er den Abschluss wegen hoher Fehlzeiten nicht schaffen würde.
7Das Jugendamt C gewährte dem Kläger zweimal Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige (§ 41 KJHG i.V.m. § 35a SGB VIII). Der erste Leistungszeitraum begann am 02.01.2007 und umfasste fünf Fachleistungsstunden (FLS) pro Woche. Die Maßnahme brach der Kläger nach etwa sechs Monaten ab. Auf Initiative des zwischenzeitlich für ihn bestellten Betreuers bewilligte die Stadt C erneut Bewo-Leistungen als Hilfe für junge Volljährige in einem Umfang von vier FLS pro Woche, beginnend ab dem 14.12.2007. Diese Leistungen wurden im Oktober 2008 eingestellt, weil der Kläger sich nicht kooperativ verhielt; er pflanzte Cannabis an und trat gegenüber den Bewo-Mitarbeitern aggressiv auf.
8Der Betreuer brachte den Kläger anschließend vorübergehend in einer Privatwohnung unter. Von dort zog der Kläger in eine Wohnung in L, die er sich selber gesucht und zum 01.05.2010 von einem privaten Vermieter angemietet hatte. Die Kosten für diese etwa 36 m² große Einzimmer-Wohnung beliefen sich einschließlich Heiz- und Nebenkostenvorauszahlung auf 280 EUR monatlich. Seinerzeit hatte der Kläger eine Freundin, die allerdings nicht bei ihm wohnte, und zu der er vorwiegend nur an den Wochenenden Kontakt hatte.
9Am 06.10.2010 schloss der Kläger mit der Gesellschafterin G der Beigeladenen, die damals Bewo-Leistungen noch als Einzelperson anbot, einen bis zum 05.10.2011 befristeten "Betreuungsvertrag". Zwischen Frau G und dem Beklagten bestand eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 SGB XII nach Maßgabe des Rahmenvertrages NRW auf der Grundlage von § 79 SGB XII.
10Ziffer 1 des Vertrages enthält unter der Überschrift "Ziel der Betreuung" folgende Regelung:
11"Grundsätzliches Ziel des betreuten Wohnens ist es, jede(n) Betreute(n) bei seiner/ihrer Lebensbewältigung gemäß seiner/ihrer Möglichkeiten zu unterstützen und zu fördern. Die Ausgestaltung der Betreuung erfolgt in beiderseitigem Einvernehmen und soll den individuellen Bedürfnissen und Erfordernissen möglichst weitgehend Rechnung tragen."
12Unter Ziffer 3 des Vertrages (Überschrift: "Grundsätzliche Betreuungsregelungen") findet sich folgender Passus:
13"3.1) die Betreuung erfolgt durch unsere/n Mitarbeiter Fr./Hr. S. Bei Krankheit und Urlaub wird sie/er durch eine/n Kolleginnen des betreuten Wohnens vertreten.
14[ ...]
153.3) Damit die erbrachten Leistungen mit dem Leistungsträger abgerechnet werden können, verpflichtet sich Fr./Hr. T die von uns erbrachten Leistungen zu quittieren.
163.4) Sofern sich durch wirtschaftliche Prüfung des Sozialhilfeträgers herausstellt, dass aufgrund des von Fr./Hr. T vorhandenen Einkommens und/oder Vermögens eine Finanzierung der Betreuungsleistungen durch den Sozialhilfeträger nur teilweise oder gar nicht übernommen wird, verpflichtet sich Fr./Hr. T hiermit, alle sich aus diesem Vertrag ergebenden finanziellen Verpflichtungen unverzüglich aus eigenen Mitteln an uns zu leisten.
17Sollte dieser Fall vorliegen, so wird Fr./Hr. T ein Sonderkündigungsrecht von 14 Tagen nach Bekanntwerden eingeräumt. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
18Die Zahlungsverpflichtung aus eigenen Mitteln gilt auch, wenn aufgrund fehlender Mitwirkung (z.B. fehlender Quittierung) eine Kostenübernahme durch den Kostenträger versagt wird."
19Darüber hinausgehende Regelungen zur Vergütung bzw. zum Inhalt der Betreuungsleistungen enthält der Vertrag nicht.
20Ab dem 06.10.2010 nahm der Zeuge S, der Sozialarbeiter ist, die Betreuung des Klägers auf. Bis zum 25.07.2011 wurden Betreuungsleistungen von insgesamt 31,33 FLS erbracht. Hinsichtlich des Inhalts dieser Leistungen im Einzelnen wird auf die Verlaufsdokumentation (Blatt 110 f. der Gerichtsakten) Bezug genommen. Unter Zugrundelegung der Vergütungsvereinbarung der Frau G mit dem Beklagten ergab sich nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Vergütungsforderung i.H.v. 1.894,84 EUR; diese ist nach wie vor nicht beglichen.
21Der vermögenslose Kläger verfügte in der Vergangenheit über Einkünfte durch Halbwaisenrente nach seinem 2005 verstorbenen Vater (unter 120 EUR monatlich), Kindergeld (184 EUR monatlich) und (zeitweise) BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich). Zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts bezog er zusätzlich für gewisse Zeiträume aufstockende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII bzw. nach dem SGB II.
22Am 01.10.2010 zeigte Frau G dem Beklagten an, dass sie den Kläger ab dem 04.10.2010 betreue. In der Folgezeit übersandte sie als Beleg für die Notwendigkeit von Bewo-Leistungen eine fachärztliche Stellungnahme des den Kläger behandelnden Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. I vom 01.12.2010, bei dem sich der Kläger einmalig in Behandlung befunden hatte, sowie einen Hilfeplan vom 30.10.2010 für den Zeitraum vom 06.10.2010 bis 05.10.2011. In dem Hilfeplan waren 1,75 FLS pro Woche vorgesehen; hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Hilfeplan (Blatt 9 bis 14 der Verwaltungsvorgänge des Beklagten) Bezug genommen.
23Der medizinisch-psychosoziale Dienst (MPD) des Beklagten führte in einer fachlichen Stellungnahme vom 21.02.2011 aus, es sei von einer wesentlichen seelischen Behinderung des Klägers auszugehen. Mit Blick auf den Hilfebedarf bleibe zu prüfen, welche Aufgaben der gesetzliche Betreuer übernehmen könne, und welche Aufgaben nachrangig der Eingliederungshilfe zuzurechnen seien. Zudem sollten die Möglichkeiten einer Anbindung an ein Sozialpsychiatrisches Zentrum (SPZ) sowie die Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle geprüft werden.
24Mit (an den Kläger gerichtetem) Bescheid vom 31.03.2011 lehnte der Beklagte die Gewährung von Bewo-Leistungen ab. Nach § 2 SGB XII erhalte Sozialhilfe nicht, wer die erforderlichen Leistungen vom Träger anderer Sozialleistungen oder von anderen Personen bzw. Organisationen erhalten könne. Aus dem Hilfeplan vom 30.10.2010 ergebe sich kein Hilfebedarf, der nicht vorrangig von anderen Leistungsträgern zu decken wäre. So sei seit Juli 2007 eine umfangreiche rechtliche Betreuung einschließlich eines Einwilligungsvorbehalts für Vermögensangelegenheiten angeordnet. Der Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge umfasse die Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einschließlich der ärztlichen Versorgung und Beratung. In den Aufgabenbereich des Betreuers falle zudem die Unterstützung des Klägers im Umgang mit Ämtern und Behörden sowie die Regelung von Formalitäten im Zusammenhang mit dem geplanten Schulbesuch. Wie im Hilfeplan beschrieben, nehme der Betreuer schließlich auch die Aufgabe wahr, den Umgang des Klägers mit seinen finanziellen Mitteln zu verbessern, indem er ihm das Geld einteile. Sinnvoll wäre zudem eine Anbindung an ein SPZ und eine Kontaktaufnahme zu einer Drogenberatungsstelle.
25Dagegen wandte der Kläger im Widerspruchsverfahren ein, sein Eingliederungshilfebedarf sei durch die sachverständige Hilfeplankonferenz festgestellt. Die gesetzliche Betreuung diene dem Rechtsverkehr, nicht der Eingliederung. Hilfen des betreuten Wohnens würden auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch eine gesetzliche Betreuung abgedeckt.
26Nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011). Zur Begründung führte er ergänzend aus, der im Hilfeplan genannte Bedarf an Sichtung der Post und deren Bearbeitung, die Begleitung zu Behördenterminen, die Erstellung eines Haushaltsplanes sowie Gespräche über das Konsumverhalten würden bereits durch die rechtliche Betreuung abgedeckt. Einer Aufstellung eines Reinigungsplanes, Anleitung bei der Reinigung der Wohnung sowie Motivation des Klägers zur Reinigung und Überprüfung des Zustandes der Wohnung bedürfe es nicht; aus dem Hilfeplan gehe hervor, dass es der Kläger im Großen und Ganzen allein schaffe, in seiner Wohnung Ordnung zu halten. Zum selbständigen Wohnen sei es nicht nötig, dass sich die Wohnung immer in einem makellosen Zustand befinde, zumal jeder das Ausmaß von Sauberkeit und Ordnung unterschiedlich definiere. Durch Unsauberkeit und Unordnung werde selbständiges Wohnen erst dann gefährdet, wenn die Wohnung zu vermüllen drohe; davon sei im Hilfeplan jedoch nicht die Rede. Ein Motivationsbedarf zum regelmäßigen Schulbesuch oder eine Unterstützung bei den mit dem Schulbesuch verbundenen Formalitäten sei nicht erkennbar. Denn dem Kläger sei es schon in der Vergangenheit bei der Nachholung des Hauptschulabschlusses gelungen, die Formalitäten in Eigenregie zu bewältigen und selbständig eine Schule zu besuchen. Nach seinen eigenen Angaben scheitere der Schulbesuch auch nicht an mangelnder Motivation, sondern daran, dass ihm von einem Bekannten aufgelauert werde, der ihn verprügeln wolle. Der unregelmäßige Schulbesuch sei demnach nicht auf die (seelische) Behinderung, sondern auf die Bedrohung durch Dritte zurückzuführen.
27Am 13.08.2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Hilfebedarf sei durch die fachärztliche Stellungnahme des Dr. I, den Hilfeplan und ein im Betreuungsverfahren erstelltes Gutachten des Psychiaters Dr. P vom 20.09.2007 erwiesen. Dieser Bedarf sei nicht durch seinen Betreuer zu decken. Der Betreuer könne weder zur Unterstützung bei der Führung des Haushalts noch im Bereich der sozialen Lebensführung herangezogen werden. Dabei sei der Hilfebedarf des Klägers wegen seines Alters und der Art seiner seelischen Behinderung gerade auf diesem Gebiet besonders umfangreich. Hinsichtlich einer therapeutischen Anbindung habe er sich zwar unsicher gezeigt, diese aber mehrfach gewünscht. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei es in solchen Fällen, den Betroffenen zu motivieren, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, um eine Verbesserung des Erkrankungsbildes und somit eine größere Selbständigkeit bzw. Handlungsfähigkeit zu erlangen. Eine bloße Weiterleitung der Post an den Betreuer sei der Verselbständigung des Klägers nicht dienlich. Motivation und Anleitung zum Aufräumen und Säubern der Wohnung sei selbstverständlich erforderlich gewesen, um zu verhindern, dass diese in einen desolaten Zustand geriet. Wenn es erkrankungsbedingt Phasen gegeben habe, in denen der Kläger die Schule vernachlässigt habe, so habe dies durch Motivation und Unterstützung aufgefangen werden müssen. Bei seinem Behinderungsbild seien Schwankungen in sämtlichen Lebensbereichen üblich.
28Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
29den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 zu verurteilen, dem Kläger vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 31,33 FLS im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
30Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Einer Motivation zu einer psychiatrischen Behandlung habe es nicht bedurft, weil der Kläger - was zu respektieren sei - eine solche nicht gewünscht habe. Nach dem Hilfeplan sei er motiviert gewesen, die Realschule zu besuchen. Wenn er sie anschließend nur unregelmäßig besucht habe, so sei daraus zu folgern, dass er seinen Entschluss geändert habe und ihm ein weiterer Schulabschluss offenbar nicht mehr wichtig gewesen sei. Sein Bedarf an Gesprächen über den Umgang mit Geld habe vorrangig durch Gespräche mit seinem rechtlichen Betreuer gedeckt werden können.
33In einem Erörterungstermin vom 29.06.2012 hat das Sozialgericht den für den Kläger im Rahmen des Bewo tätig gewordenen Sozialarbeiter S als Zeugen vernommen und den gesetzlichen Betreuer des Klägers zu dessen damaligen Lebensumständen befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
34Durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 03.05.2013 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger für den fraglichen Zeitraum Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für insgesamt 24,33 FLS im Rahmen des Bewo zu gewähren, und der Beklagten vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. Der Kläger leide unstreitig unter einer wesentlichen (seelischen) Behinderung. Seinem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stehe die eingerichtete rechtliche Betreuung nicht entgegen. Betreuung und Bewo-Leistungen folgten unterschiedlichen Zielsetzungen. Der Betreuer sei im Rahmen seines Aufgabenkreises (nur) der gesetzliche Vertreter des Betreuten. Dabei habe er zwar den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderlaufe (§ 1901 BGB). Motivationsgespräche, die Anleitung zu selbständigem Handeln, das Aufstellen von Reinigungsplänen u.ä. gehörten allerdings nicht zum Aufgabenbereich eines Betreuers. Der neben der rechtlichen Betreuung bestehende und durch sie nicht zu deckende Bedarf des Klägers sei vom Zeugen S anschaulich erläutert worden. Dass dieser Bedarf etwa durch Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können, sei nicht ersichtlich. Die dem Kläger durch den Zeugen zuteil gewordene Unterstützung stelle sich auch inhaltlich überwiegend nicht als rechtliche Betreuung, sondern als Bewo-Leistung dar. Allerdings gehöre zum Aufgabenbereich des Betreuers angesichts seiner Befugnis zum Empfang der Post deren Bearbeitung mit dem Kläger; die hierauf vom Zeugen verwandte Zeit habe der Beklagte nicht zu vergüten. Dabei sei es - abweichend von den Angaben des Zeugen im Termin am 29.06.2012 - sachgerecht, den zeitlichen Aufwand für die Bearbeitung von Post mit wöchentlich zehn Minuten anzusetzen. In dem streitigen Zeitraum von rund 42 Wochen seien damit insgesamt sieben von 31,33 erbrachten FLS nicht vom Beklagten zu vergüten.
35Gegen das ihm am 28.05.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.06.2013 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe sich nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass der Bedarf vorrangig durch eine Anbindung an ein SPZ und/oder eine Drogenberatungsstelle hätte gedeckt werden können. Auch wenn der Kläger im Hilfeplan das Ziel benannt habe, sich wieder in eine regelmäßige psychiatrische Behandlung begeben zu wollen, rechtfertige dies keinesfalls den Ansatz von (wöchentlich) 25 Betreuungsminuten. Im Übrigen habe die Vernehmung des Zeugen S ergeben, dass es lediglich zu zwei Besuchen bei einem Psychiater gekommen sei. Dem könne entnommen werden, dass der Kläger letztlich keine psychiatrische Behandlung habe durchführen wollen. Selbst wenn er diese doch gewünscht hätte, wäre hierfür eine Anbindung an ein SPZ ausgereichend gewesen; von dort hätte dann auch Hilfestellung bei der Suche nach einem geeigneten Psychiater geleistet werden können.
36Der Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.05.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
40Die Anbindung an ein SPZ oder an eine Drogenberatungsstelle wäre im streitigen Zeitraum nicht förderlich gewesen. Neben dem Chaos in seiner Wohnung habe es auch Probleme mit dem Vermieter gegeben, der ihn aus der Wohnung habe weisen wollen.
41Die mit Beschluss des Senats vom 10.07.2014 zum Verfahren hinzugezogene Beigeladene äußert sich inhaltlich nicht zum Verfahren und stellt auch keinen Antrag.
42Der Senat hat Befundberichte bei dem den Kläger behandelnden Allgemeinmediziner I1 sowie bei Dr. I eingeholt. Herr I1 hat im Wesentlichen mitgeteilt, ihm sei eine langjährige psychische Instabilität des Klägers bekannt; er habe ihn jedoch ausschließlich wegen somatischer Beschwerden behandelt. Dr. I hat ausgeführt, bei einer "Borderline-Persönlichkeitsstörung" sei von einer lang anhaltenden Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit auszugehen. Den Cannabiskonsum des Klägers schätze er eher als sekundär ein. Eine alleinige Anbindung an eine Drogenberatungsstelle wäre nicht ausreichend gewesen. Das Bewo sei gerade für junge Patienten eine sehr wirksame und sinnvolle Hilfe. Eine Empfehlung zum zeitlichen Umfang von Bewo-Maßnahmen hat Dr. I nicht abgegeben.
43Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten (Verwaltungsvorgänge des Beklagten, Verwaltungsvorgänge der Stadt C, Auszüge aus der Betreuungsakte des Amtsgerichts C - 5 XVII S 000/07 [= Amtsgericht L - 53 XVII Sch 000]), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
44Entscheidungsgründe:
45I. Führt einzig der Beklagte Berufung, ist Gegenstand der zweitinstanzlichen Prüfung allein, ob ihn das Sozialgericht zu Recht verurteilt hat, Kosten für 24,33 FLS im Bewo des Klägers zu tragen. Ob der Kläger für den betroffenen Zeitraum vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 - entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag - darüber hinaus einen für sieben weitere FLS höheren Anspruch gehabt hat, hat der Senat mangels klägerseitiger Berufung nicht zu beurteilen.
46II. Die nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Denn die Klage ist zulässig (dazu 1.) und (jedenfalls) in dem vom Sozialgericht ausgesprochenen Umfang begründet (dazu 2.).
471. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 (§ 95 SGG) ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Forderung der Beigeladenen für die von ihr erbrachten FLS ist nach wie vor nicht beglichen. Ausgehend vom sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (vgl. dazu näher etwa BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 12) geht es deshalb nicht um eine Kostenerstattung an den Kläger (im Sinne einer Geldleistung des Sozialhilfeträgers an den Leistungsempfänger), sondern um einen Schuldbeitritt des Beklagten (Sozialhilfeträger) zu einer Zahlungsverpflichtung, welche der Kläger (Leistungsempfänger) gegenüber der Beigeladenen (Leistungserbringer) hat.
48In diesem Dreiecksverhältnis war die Beigeladene nach § 75 Abs. 2, 1. Var. SGG notwendig beizuladen (vgl. dazu Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 54, 193 m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 Rn. 13). Andere natürliche oder juristische Personen waren nicht zu dem Verfahren hinzuzuziehen. Insbesondere kam eine Beiladung des Trägers der Jugendhilfe nicht in Betracht. Zwar kann der Jugendhilfeträger nach den §§ 41, 35a SGB VIII ebenso wie der Beklagte zur Eingliederungshilfe und somit auch zu Leistungen des Bewo verpflichtet sein; seine sachliche Zuständigkeit endet jedoch grundsätzlich mit der Vollendung des 21. Lebensjahres der leistungsberechtigten Person (§ 41 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Der Kläger war zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 jedoch bereits 23 Jahre alt.
492. Die Klage ist (jedenfalls) in dem hier zur Prüfung gestellten Umfang (s.o. I.) begründet. Die angefochtenen Bescheide sind zwar formell (dazu a und b), nicht jedoch materiell (dazu c) rechtmäßig. Der Kläger ist damit beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Er hat (zumindest) im Umfang von 24,33 FLS Anspruch auf Leistungen des Bewo (dazu d); dies führt zur vollständigen Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
50a) Der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl. § 1 Abs. 1 AG-SGB XII NRW) der sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger.
51Seine sachliche Zuständigkeit beruht auf § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII, § 2 Abs. 1 lit. a AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 AV-SGB XII. Danach ist für alle Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII für behinderte Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern, der überörtliche Träger der Sozialhilfe zuständig. Neben den Leistungen nach §§ 53, 54 SGB XII umfasst die Zuständigkeit insbesondere auch die Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 SGB IX und andere im Einzelfall notwendige Hilfen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, ohne die ein selbstständiges Wohnen nicht erreicht oder gesichert werden kann; die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers erstreckt sich in diesen Fällen auch auf die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.
52Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten folgt aus § 98 Abs. 5 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII (vgl. dazu Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 51 und 56). Der Kläger hat sich zeitlebens in C bzw. L und damit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten (vgl. dazu § 1 Abs. 1 der Hauptsatzung des Beklagten vom 07.09.2005) tatsächlich aufgehalten.
53b) Sozial erfahrene Dritte sind nach § 116a Abs. 2 SGB XII vor Erlass des Widerspruchsbescheides beteiligt worden.
54c) Der Leistungsanspruch des Klägers ergibt sich "dem Grunde nach" (im Wesentlichen) aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX; z.T. möglicherweise (was der Senat offen lassen kann; dazu d) zudem aus § 19 Abs. 3 i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 und 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV.
55aa) Ein Leistungsanspruch scheidet nicht schon deshalb aus, weil bereits keine Schuld des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestünde, welcher der Beklagte beitreten könnte.
56Innerhalb des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses bedarf es für die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zum Schuldbeitritt (welche vorliegend allein im Streit steht; s.o. II.1.) allerdings notwendigerweise des Bestehens einer Schuld im sog. Erfüllungsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem (Kläger) und Leistungserbringer (Beigeladene); ein Schuldbeitritt ist ohne das Bestehen einer Schuld nicht denkbar (vgl. dazu Eicher in SGb 2013, 127 ff., 128; Jaritz/Eicher in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 Rn. 34, 193 m.w.N.). Eine solche Schuld des Klägers begründet der von ihm mit der Beigeladenen geschlossene Betreuungsvertrag vom 06.10.2010. Aus ihm geht hinreichend deutlich eine (zivil-) rechtliche Zahlungsverpflichtung des Klägers im Erfüllungsverhältnis hervor.
57Zwar enthält dieser Vertrag keine eindeutig formulierte Regelung zu einer vorrangingen Vergütungspflicht des Klägers für die von der Beigeladenen zu erbringenden Bewo-Leistungen. In Ziff. 3.3) scheinen die Vertragsparteien mit dem Abstellen auf eine Abrechnung mit dem Leistungsträger vielmehr von einer regelhaften Vergütungszahlung durch den Beklagten auszugehen. Dass dem Vertrag gleichwohl die Vorstellung einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung der Vergütung zugrunde liegt, ergibt sich aus Ziff. 3.4). Denn die dort vereinbarte Zahlungspflicht des Klägers für den Fall, dass (abweichend vom ersichtlich angenommenen Regelfall) wegen einsatzpflichtigen Einkommens oder Vermögens des Klägers eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers ganz oder teilweise nicht bestehen sollte, erscheint nur sinnvoll, wenn sie von einer grundsätzlichen (zivilrechtlichen) Einstandspflicht des Klägers für die Vergütung der von der Beigeladenen erbrachten Leistungen ausgeht. Letztlich stimmt diese dem Vertrag zugrundeliegende Vorstellung der Vertragsparteien überein mit der rechtsdogmatischen Erfassung der Leistungsbeziehungen zwischen Leistungsempfänger, Leistungserbringer und (ggf.) Sozialhilfeträger durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis. Ob sich diese Lesart derartiger Verträge - bei vom vorliegenden Fall abweichender Vertragsgestaltung - auch aus einer öffentlich-rechtlichen Überlagerung zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen Hilfeempfängern und Leistungserbringern durch die Normverträge nach § 75 SGB XII (vgl. dazu Eicher a.a.O., sowie Eicher/Jaritz a.a.O. Rn. 34) herleiten lässt, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung.
58bb) Auch an den wirtschaftlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen für Bewo nicht. Von Belang sind allein etwaiges anspruchsschädliches Einkommen oder Vermögen des Klägers selbst; denn er war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und lebte allein in der von ihm angemieteten Wohnung (vgl. § 19 Abs. 3 SGB XII). Die Kontakte zu seiner damaligen Freundin beschränkten sich auf Wochenendbesuche. Greifbare Anhaltspunkte liegen weder für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft noch einer Einstandsgemeinschaft mit seiner Mutter vor.
59Über einsatzpflichtiges Einkommen oder Vermögen verfügte der Kläger im maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2010 bis Juli 2011 nicht. Stimmen die Beteiligten hierin ohnehin überein, so ergibt sich dies auch aus den aktenkundigen Angaben des Betreuers, die er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal bestätigt hat, und die angesichts der Lebensumstände des Klägers nachvollziehbar und glaubhaft sind. Dessen Einkünfte aus Halbwaisenrente (unter 120 EUR monatlich), zeitweisen BAföG-Leistungen (302 EUR monatlich) und Kindergeld (184 EUR monatlich) erreichten auch in der Summe keinen Betrag, der es dem Kläger ermöglicht hätte, sein Existenzminimum sicherzustellen, geschweige denn, sich (nach Maßgabe von §§ 82 ff. SGB XII) an den Kosten für die streitbefangenen Leistungen nach dem Sechsten Kapitel SGB XII zu beteiligen.
60cc) Die persönlichen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen der Eingliederungshilfe - ohne dass insoweit ein Ermessen des Leistungsträgers bestünde - (nur) an Personen erbracht, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 3 EinglHV sind seelische Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit in diesem Sinne zur Folge haben können, u.a. Suchtkrankheiten (Nr. 3) und Persönlichkeitsstörungen (Nr. 4).
61Der Kläger weist eine wesentliche (seelische) Behinderung i.S.v. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII auf. Denn er leidet unter einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und erfüllt damit zumindest die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 EinglHV. Ob eine Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R Rn. 14 m.w.N.). Insbesondere aus einem Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009 und der fachlichen Stellungnahme des MPD des Beklagten vom 21.11.2011 lässt sich entnehmen, dass es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nachhaltig u.a. an Planungsfähigkeit sowie Durchhaltevermögen mangelte, und dass er sich bei gleichzeitiger Externalisierung von Verantwortlichkeit häufig selbst überschätzte. Dies beeinträchtigte nicht allein massiv seine soziale Eingliederung im Allgemeinen, sondern auch seine Fähigkeit, sich eigenständig im häuslichen Bereich zurechtzufinden. Seine erheblichen Schwierigkeiten, sich in ein geeignetes Wohnumfeld zu integrieren oder integrieren zu lassen, ziehen sich im Grunde seit seiner Kindheit durch seinen gesamten Lebenslauf. Die wesentliche Behinderung des Klägers ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
62dd) Die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind ebenfalls erfüllt.
63(1) Das Gesetz selbst benennt insoweit kaum konkretere Vorgaben. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII - der im Vergleich zu der bis zum 30.06.2011 geltenden Vorläuferregelung (§ 19 EinglHV) zwar eine eindeutige Rechtsgrundlage für Hilfen zur Verselbständigung in betreuten Wohnmöglichkeiten liefern soll (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 111), ohne dass jedoch diese gesetzgeberische Absicht die Auslegung der Vorschrift weiter befördern kann - benennt die "Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" als Beispiel für die ansonsten ihrer Art nach offenen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 Abs. 1 SGB IX). Der Begriff der (ambulant) betreuten Wohnmöglichkeiten findet sich sonst nur in der Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII. Auch an dieser Stelle gibt das Gesetz jedoch nichts zur Präzisierung des Begriffs her (vgl. dazu auch ausführlich Dannat/Dillmann, br 2012, 1 ff., 2). Sicher erscheint allerdings, dass der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten in § 98 Abs. 5 SGB XII einerseits und in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX andererseits inhaltlich identisch ist (vgl. BT.-Drs. 15/1514 S. 67 zu § 98 Abs. 5 SGB XII). Dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII "zu selbstbestimmtem" und "Wohnmöglichkeiten" lässt sich deshalb lediglich als Anhaltspunkt im Sinne einer Mindestvoraussetzung entnehmen, dass Leistungen des Bewo stets wohnungsbezogen sein und sich final ("zu") darauf richten müssen, ein selbstbestimmtes Leben in einer solchen Wohnmöglichkeit zu führen (vgl. dazu auch § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX). Aus § 55 Abs. 1 SGB IX ergibt sich ferner, dass die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft im Allgemeinen nicht in Betracht kommen, sofern sie bereits nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel SGB IX zu erbringen sind; ebenso wie nach § 2 SGB XII sind insofern bei der Frage, was Leistungen für betreuten Wohnmöglichkeiten sind, Subsidiaritätsgesichtspunkte zu beachten.
64(2) Die bisher - im Wesentlichen zu § 98 Abs. 5 SGB XII - vorliegende Rechtsprechung (insbesondere des BSG; vgl. Urteil vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f., bestätigt durch Urteil vom 25.04.2013 - B 8 SO 16/11 R Rn. 17) gibt zwar Anhaltspunkte für eine inhaltliche Konkretisierung des Bewo; unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen ein Anspruch auf Bewo-Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe besteht, legt sie jedoch nicht umfassend dar:
65(a) Das Urteil des BSG vom 25.08.2011 (a.a.O. Rn. 15, unter Hinweis auf LSG NRW, Urteil vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 sowie OVG Bremen, Beschluss vom 26.06.2006 - S 3 B 188/06) führt zum Begriff des Bewo im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (lediglich) konkretisierend aus, es komme nicht darauf an, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt werde. Der Begriff der betreuten Wohnmöglichkeiten werde im Gesetz nicht näher definiert, habe sich allerdings über den Verweis in § 54 Abs. 1 SGB XII an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu orientieren. Die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen habe deshalb in erster Linie anhand des Hilfezwecks zu erfolgen. Sinn der Betreuungsleistungen beim Bewo sei aber nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach dürfe es sich bei der Betreuung aber nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln; Hauptzielrichtung müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein. Die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen seien ihrer Art nach äußerst vielfältig und erfassten unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder in Wohngemeinschaften. Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten auf solche Wohnformen zu begrenzen, bei denen Betreuung und Wohnen institutionell verknüpft seien, wäre mit dem Regelungszweck des § 55 SGB IX unvereinbar.
66(b) Nach dem Urteil des LSG NRW vom 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 (Rn. 31 bis 33 m.w.N.) steht der Gewährung von Bewo-Leistungen nicht entgegen, wenn der Leistungsberechtigte die Wohnung, in der bzw. für die die Betreuungsleistungen erbracht werden sollen, selber anmietet, ohne dass dies mit der Betreuungsleistung verknüpft ist. Beim Bewo sei weniger auf die Wohnform abzustellen als auf Art und Zielsetzung der Betreuungsleistungen. Allerdings handele es sich nur dann um Bewo, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei dürfe es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln; diese müssten vielmehr regelmäßig erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, welche auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein müsse. Die möglichen Hilfeleistungen umfassten insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch eine Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen könne der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolge, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen könne.
67(c) Der Senat schließt sich den vorgenannten Entscheidungen dahingehend an, dass Bewo-Leistungen nicht nur dann erbracht werden können, wenn eine institutionelle Verknüpfung von Betreuung und Wohnen vorliegt (eine ältere gegenteilige Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21.06.2007 - L 13 SO 5/07 ER, des SG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.2005 - S 2 SO 256/06 ER sowie des SG Stade, Urteile vom 21.12.2009 - S 33 SO 16/07 und S 33 SO 18/07 dürfte sich durch das Urteil des BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R Rn. 15 f. überholt haben). Allerdings müssen die fraglichen Leistungen final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein sowie eine gewisse Kontinuität aufweisen. Insofern besteht auch keine Differenz zur zu dieser Frage vorliegenden Literatur (vgl. z.B. Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 98 Rn. 52 bis 54, oder Dannat/Dillmann, br 2012, S. 1 ff.). Ob die Leistungen (mit dem LSG NRW a.a.O.) allein von fachlich geschultem Personal erbracht werden können und in ein Gesamtkonzept eingebunden sein müssen, oder ob hiervon je nach den Notwendigkeiten des Einzelfalls Ausnahmen möglich sind, kann der Senat im vorliegenden Zusammenhang offen lassen; denn der für die Beigeladene tätig gewordene Zeuge S besaß als Sozialarbeiter eine einschlägige fachliche Qualifikation; außerdem bestand ausweislich des Hilfeplans vom 30.12.2010 ein mit dem Betreuer des Klägers abgestimmtes Gesamtkonzept zu dessen Unterstützung.
68Davon ausgehend steht dem Leistungsanspruch des Klägers nicht entgegen, dass er im fraglichen Zeitraum in einer selbst angemieteten Wohnung gewohnt hat und die Leistungen vom Zeugen S unabhängig von der Anmietung der Wohnung erbracht wurden. Ferner waren die Leistungen auf gewisse Dauer, also auf Kontinuität angelegt und auch - zumindest teilweise unstreitig - auf das Ziel eines selbständigen Wohnens des Klägers bezogen. Eine solche Finalität der Leistungen lässt sich jedenfalls Ziffer 1 des Betreuungsvertrages vom 06.11.2010 entnehmen.
69(3) Fehlen konkretere gesetzliche Vorgaben für die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bewo-Leistungen im Einzelnen, so hat sich dessen weitere Prüfung am individuellen, personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe und damit an den sich daraus ergebenden konkreten Anforderungen zu orientieren. Diese hat das BSG (insbesondere in den Urteilen vom 02.02.2012 - B 8 SO 9/10 R und vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R) anknüpfend an die Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 53 Abs. 3 S. 2 und Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 55 Abs. 1 SGB IX entwickelt (vgl. dazu ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 50 ff.). Zwar sind diese Entscheidungen zur KFZ-Hilfe (im Rahmen von § 8 Abs. 1 EinglHV und § 9 Abs. 1 Nr. 11 EinglHV) ergangen; gleichwohl legen sie ausdrücklich Prüfungsschritte für jegliche Maßnahme der Eingliederungshilfe dar (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 14; im Übrigen hat das BSG selbst auf sein Urteil vom 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 Rn.14 Bezug genommen, in dem es jedoch um eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX ging).
70Ausgehend von einem individuellen und personenzentrierten Begriff der Eingliederungshilfe ist im Rahmen einer Prognose zu fragen, welche Eingliederungsziele mit der begehrten Maßnahme verfolgt werden - dazu (a) -, ob die Maßnahme für die Verfolgung dieser Ziele geeignet - dazu (b) - und ob sie erforderlich ist - dazu (c) - (vgl. dazu bereits ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 54 ff.).
71(a) Die für den Kläger vorgesehenen Maßnahmen waren ausweislich des Hilfeplanes vom 30.12.2010 und nach Ziff. 1 des Betreuungsvertrages vom 06.10.2010 - jedenfalls im Wesentlichen - auf das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung in einem eigenen Haushalt gerichtet. Ausgehend von der insoweit maßgeblichen Vergleichsgruppe nicht behinderter, nicht sozialhilfebedürftiger Personen gleichen Alters (vgl. dazu näher Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 53 und 57 m.w.N.) ist dies (auch unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 SGB XII) ein angemessenes Eingliederungshilfeziel. Denn nicht behinderte und nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesene 23-jährige Erwachsene führen, sofern sie nicht mehr im Elternhaus leben, üblicherweise ein selbständiges Leben in einem eigenen Haushalt. Die Altersgrenze von 25 Jahren in § 22 Abs. 5 SGB II steht dem nicht entgegen; denn bei den dort erfassten jungen Leistungsberechtigten nach dem SGB II geht es nicht um die hier maßgebende Vergleichsgruppe. Ohnehin war für den Kläger angesichts seiner problematischen Beziehung zur Mutter und die in der Vergangenheit gescheiterten Unterbringungen in anderen betreuten Wohnformen im hier fraglichen Zeitraum keine geeignete Unterkunftsalternative erkennbar (vgl. dazu auch § 22 Abs. 5 S. 2 SGB II).
72(b) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen waren (zumindest im Wesentlichen; zu einzelnen Teilmaßnahmen siehe noch unten d) auch geeignet, das Ziel einer selbständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung des Klägers in einem eigenen Haushalt zu erreichen.
73Bestand zwischen Frau G und dem Beklagten ein Vertrag nach § 75 SGB XII, so ist davon auszugehen, dass die Leistungen qualitativ diesem Vertrag bzw. der Anlage I zum Landesrahmenvertrag nach § 79 SGB XII entsprachen. Abweichungen sind denn auch weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst aus den Akten ersichtlich.
74Die Geeignetheit der von dem Kläger in Anspruch genommenen Leistungen kann jedenfalls bei der notwendigen prognostischen Ex-ante-Sicht nicht etwas deshalb verneint werden, weil von vornherein absehbar gewesen wäre, dass sie aufgrund der konkreten Umstände des Falles (insbesondere des Krankheitsbildes des Klägers) keine Aussicht auf Erfolg haben konnten. Zwar waren in der Vergangenheit zwei (z.T. sehr intensive) Bemühungen des Trägers der Jugendhilfe zur Eingliederung des Klägers in eine Bewo-Maßnahme erfolglos. Zu Beginn des hier fraglichen Zeitraumes am 06.10.2010 lag die letzte dieser beiden Maßnahme jedoch bereits etwa zwei Jahre zurück; angesichts des damaligen Alters des Klägers war ein zwischenzeitlicher Entwicklungsfortschritt durch Nachreifung nicht ausgeschlossen. Sowohl der Hilfeplan vom 30.12.2010 als auch die fachärztliche Stellungnahme des Psychiaters Dr. I vom 01.12.2010 sowie dessen Befundbericht vom 16.05.2014 befürworteten denn auch eine erneute Bewo-Maßnahme. Im Übrigen wurde in der fachlichen Stellungnahme des MPD vom 21.02.2011 nicht die Sinnhaftigkeit einer Bewo-Maßnahme bezweifelt, sondern nur die Frage aufgeworfen, ob andere Maßnahmen vorrangig sein könnten. Schließlich sprechen für eine prognostische Eignung der Maßnahme aus Ex-ante-Sicht auch die Ausführungen des Zeugen S bei seiner Vernehmung am 29.06.2012 sowie die von dem Zeugen gefertigte Verlaufsdokumentation, die hinsichtlich des genannten Eingliederungsziels positive Ansätze und Fortschritte des Klägers (etwa im Umgang mit Geld) erkennen lassen. Selbst wenn solche Fortschritte nicht erkennbar oder absehbar gewesen wären, würde dies jedoch die Eignung der Bewo-Maßnahme nicht grundsätzlich in Frage stellen. Der Senat hält es mit Blick auf § 53 Abs. 3 SGB XII vielmehr schon für ausreichend, wenn in diesem Fall die Maßnahme geeignet gewesen wäre, dem Kläger das Leben in einer eigenen Häuslichkeit im Sinne einer Zustandserhaltung zu ermöglichen (vgl. insoweit zu einer "zustandserhaltenden Beheimatung" im Rahmen stationärer Eingliederungshilfe das Urteil des erkennenden Senats vom 07.04.2008 - L 20 SO 53/06 Rn. 56 f.).
75(c) Die streitgegenständliche Bewo-Maßnahme war zudem (grundsätzlich) erforderlich.
76Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn das angestrebte Eingliederungsziel nicht auch durch andere (gleich geeignete und zumutbare) Maßnahmen erreicht werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R Rn. 17 f.; Urteil des erkennenden Senats vom 24.06.2014 - L 20 SO 388/13 Rn. 63 ff.). Dies betrifft die in § 55 Abs. 1 SGB IX und § 2 SGB XII zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Eingliederungshilfe. Zur Beurteilung des Vorrang-/Nachrangverhältnisses der hier fraglichen Leistungen im Vergleich zu möglichen Alternativmaßnahmen ist jeweils danach zu differenzieren, auf welches Ziel denkbare Alternativen gerichtet sind, und ob sie mit Blick auf die Bewo-Maßnahme gleich, gleichartig, ihr entsprechend oder deckungsgleich sind (vgl. dazu Lachwitz in HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 55 Rn. 8 ff., 12; Luthe in jurisPK-SGB IX, § 55 Rn. 22 ff., 23).
77(aa) Insofern besteht vorliegend kein Vorrang von Leistungen nach dem Vierten bis Sechsten Kapitel des SGB IX (wie ihn § 55 Abs. 1 SGB IX anordnet). Denn derartige Leistungen - d.h. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Fünftes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 33) sowie die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen (Sechstes Kapitel SGB IX; vgl. dort § 44) - sind im Falle des Klägers schon begrifflich nicht einschlägig.
78Zwar ist im Vierten Kapitel des SGB IX (etwa unter § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB IX) die psychotherapeutische Behandlung - ggf. einschließlich der von dem Beklagten als vorrangig angesehenen Anbindung an ein SPZ - angesprochen. Ein Vorrang solcher Maßnahmen vor denen des Bewo besteht jedenfalls im vorliegenden Fall gleichwohl nicht. Denn letztlich geht es bei diesen Maßnahmen nach dem Vierten Kapitel des SGB IX um therapeutische Einwirkungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand im Sinne des SGB V; diese sind aber damit nicht (jedenfalls nicht primär) auf die Ermöglichung selbstbestimmten Wohnens gerichtet (vgl. dazu insb. § 1 Abs. 1 S. 1 und § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V). Solche Maßnahmen und das im Falle des Klägers fragliche Bewo fallen vielmehr schon von ihrer Zielrichtung her auseinander. Auch wenn eine etwaige Therapiemaßnahme durch eine allgemeine Verbesserung des Gesundheitszustandes zugleich die Fähigkeit des Klägers steigern mag, sein Leben im eigenen Haushalt zu bewältigen, führt dies als bloße (mögliche) Nebenfolge der Therapiemaßnahme jedenfalls im vorliegenden Einzelfall zu keiner anderen Beurteilung. Denn der Kläger war gegenüber regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlungen skeptisch; krankheitsbedingt war er ersichtlich nicht in der Lage, für sich den Sinn ambulanter Hilfs- bzw. Therapieangebote zu erkennen (sei es in Form einer ambulanten Psychotherapie, sei es durch eine Anbindung an ein SPZ), geschweige denn solche Angebote in Anspruch zu nehmen. Ein Gegenstand der hier streitigen Bewo-Leistung sollte es denn auch gerade sein, ihn an eine psychotherapeutische Behandlung bzw. sonstige ambulante Therapiemaßnahmen heranzuführen. Die genannten Alternativmaßnahmen bildeten deshalb - jedenfalls im hier fraglichen Zeitraum - keine naheliegende und damit vorrangige Gestaltungsmöglichkeit. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine psychotherapeutische Behandlung keine gegenüber dem Bewo vorrangige Maßnahme sein kann, wenn der Betroffene - wie der Kläger - nicht bereit oder in der Lage ist, sich einer solchen Therapie zu unterziehen.
79(bb) Für eine vom Beklagten bzw. seinem MPD ins Feld geführte Anbindung des Klägers an eine Drogenberatungsstelle gilt im Ergebnis nichts anderes. Eine Drogenberatung ist auf den Umgang von suchtkranken bzw. suchtgefährdeten Personen oder ihrer Angehörigen mit einer (drohenden) Sucht und ggf. die Initiierung entsprechender Therapiemaßnahmen gerichtet (vgl. hierzu etwa das Angebot der Caritas unter http://www.caritas.de/ onlineberatung/sucht), jedoch nicht (primär) auf die Herbeiführung oder Stärkung der Fähigkeit, sich in einer eigenen Häuslichkeit zurecht zu finden. Hinzu kommt, dass beim Kläger weder nach dem Hilfeplan noch nach den Aufzeichnungen und den Äußerungen des Zeugen S noch nach dem Befundbericht des Dr. I vom 16.05.2014 eine Suchtproblematik im Vordergrund stand; deshalb ist ohnehin zweifelhaft, ob in der damaligen Situation des Klägers für eine Drogenberatung überhaupt ein Bedürfnis bestand.
80(cc) Auch eine denkbare Inanspruchnahme von Leistungen der ambulanten psychiatrischen Pflege (APP) als Unterfall der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) kam -unbeschadet der Ausführungen unter (aa) - nicht als vorrangige Leistung in Betracht. Denn Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden nur als (Krankenhaus-)Vermeidungs- bzw. Behandlungssicherungspflege gewährt (vgl. § 37 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB V). Beim Kläger bestand jedoch ersichtlich weder Bedarf noch Bereitschaft für eine Krankenhausbehandlung oder für eine fachpsychiatrische Behandlung, deren Erfolg durch eine APP hätte gesichert werden können. Ob auch das Fehlen einer vertragsärztlichen Verordnung - die im Übrigen auch nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann (vgl. dazu nur § 4 Abs. 2 der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 6 SGB V einschließlich Anlage unter 27a) - einen Vorrang von Leistungen der APP verhindern kann, muss der Senat deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden.
81(dd) Schließlich besteht mit Blick auf den Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII bei Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nicht etwa ein genereller Vorrang der Betreuerleistungen gegenüber Leistungen des Bewo. Stellt § 2 SGB XII ohnehin keine eigenständige Ausschlussnorm dar (vgl. dazu etwa Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 2 Rn. 8 ff. m.w.N.), sind Aufgaben und Ziele der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB einerseits und der Leistungen des Bewo anderseits grundsätzlich voneinander zu unterscheiden. Zwar mögen beide Leistungen ihrer Art nach ineinander übergehen und sich in Teilbereichen auch überlagern können; systematisch ergeben sich jedoch komplementäre, aber in der konkreten Zuordnung doch zu unterscheidende Leistungsbereiche.
82Denn die (gesetzliche) Betreuung umfasst gemäß § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die "erforderlich" sind, um die Angelegenheiten des Betreuten (nach weiterer Maßgabe der betreuungsrechtlichen Vorschriften des BGB) "rechtlich" zu besorgen. Dabei erzeugt die Voraussetzung der Erforderlichkeit einerseits und die Beschränkung der Betreuung auf allein rechtliche Besorgung von Angelegenheiten andererseits ein Spannungsverhältnis, für dessen Auflösung insbesondere die historische Gesetzesentwicklung zu beachten ist. Ausufernden Kosten für Betreuertätigkeiten sollte durch Beschränkung der Betreuung auf das rechtlich Notwendige und durch Abgrenzung von einer bloßen "sozialen Zuwendung" begegnet werden (vgl. BT-Drs. 13/7158 S. 33 f.). Im Grundsatz ist deshalb ein Betreuer - unabhängig vom Umfang seines Aufgabenkreises - nur für die Organisation erforderlicher tatsächlicher Maßnahmen verantwortlich; die tatsächlichen Hilfestellungen selbst muss er hingegen nicht erbringen (vgl. dazu z.B. Kieß in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 3. Auflage 2013, § 1901 BGB Rn. 13 ff.). Andererseits kann er sich nicht auf eine bloß verwaltungsmäßige Führung der Betreuung zurückziehen; ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. -erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung ist vielmehr weiterhin Bestandteil jeder Betreuung, allerdings nur, soweit sie für die sachgerechte Durchführung der rechtlichen Betreuung geeignet und notwendig sind (Kieß a.a.O., Rn. 20 bis 28; BT-Drs. a.a.O.). Maßnahmen des Betreuers, die diesen Rahmen überschreiten oder sogar jeglichen Bezug zu der ihm übertragenen Rechtsfürsorge vermissen lassen, sind - den Gesetzesmaterialien folgend - als Ausdruck menschlicher Zuwendung zwar wünschenswert und für den Betreuten im Regelfall von unschätzbarem Nutzen; sie gehören gleichwohl nicht zu den dem Betreuer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben rechtlicher Interessenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. a.a.O.).
83Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die rechtliche Betreuung gerade von sozialhilfeweiser Eingliederungshilfe abgegrenzt (BGH, Urteil vom 02.12.2010 - III ZR 19/10 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB dürfe ein Betreuer nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werde, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten. Die Betreuung erstrecke sich vielmehr nur auf Tätigkeiten, die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Hiervon seien solche Tätigkeiten nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpften, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der Betreuer habe solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten. Tätigkeiten außerhalb der Besorgung rechtlicher Angelegenheiten gehörten insbesondere dann nicht zu seinem Aufgabenbereich, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die der Sozialhilfe - geregelt sei. Davon ausgehend falle etwa die (tatsächliche) Verwaltung des sozialhilferechtlichen Barbetrages in einer stationären Einrichtung dem Heimpersonal als Leistung der Eingliederungshilfe zu. Die Subsidiarität der Sozialhilfe stehe der Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des Barbetrags nicht entgegen. Denn zwar werde Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter gewährt; dies wirke sich jedoch nicht aus, weil eine für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung den Betreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der Barbeträge verpflichte und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrige.
84Der Senat macht sich diese vom Bundesgerichtshof erkannte Abgrenzung zu Eigen; wegen der die Erforderlichkeit einer Betreuung begrenzenden Regelung in § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB steht auch bei Überschneidungen der Aufgabenbereiche von Betreuung und Eingliederungshilfe der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII (hier insbesondere nach dessen Abs. 2) der Gewährung von Eingliederungshilfe trotz eingerichteter Betreuung nicht entgegen. Vielmehr ist - im Gegenteil - die Betreuerleistung nach § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB ihrerseits subsidiär gegenüber den Leistungen der Eingliederungshilfe. Wie zu verfahren wäre, wenn im Einzelfall trotz Naheliegen einer Betreuung (noch) keine gesetzliche Betreuung eingerichtet ist, hat der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht zu entscheiden.
85Im Falle des Klägers sind deshalb für die Abgrenzung zwischen dem Bewo zuzurechnenden Hilfestellungen (ebenso wie bei anderen, ggf. der Eingliederungshilfe zuzurechnenden Tätigkeiten) und solchen, die der rechtlichen Betreuung zuzuordnen sind, die jeweiligen Aktivitäten in den Blick zu nehmen, die mit bzw. für den Kläger tatsächlich durchgeführt wurden und in die Abrechnung der Beigeladenen eingeflossen sind (dazu sogleich). Weist insoweit die Betreuungsdokumentation der Beigeladenen nicht ausschließlich Tätigkeiten aus, welche allein der rechtlichen Unterstützung des Klägers dienten, so können von vornherein jedenfalls nicht sämtliche erbrachten Leistungen bereits über die rechtliche Betreuung abzudecken gewesen sein.
86d) Die vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Leistungen fallen in einem zeitlichen Umfang von zumindest 24,33 FLS (also jedenfalls in einem Umfang, für den das Sozialgericht den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichtet hat) als Maßnahmen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten (und nicht in den des gesetzlichen Betreuers).
87Der Senat legt insoweit im Wesentlichen die Informationen zu Grunde, die sich aus der vom Zeugen S erstellten (erst im Berufungsverfahren beigezogenen) Betreuungsdokumentation ergeben. Die dortigen Einzelvermerke geben sowohl zum Inhalt als auch zur Dauer der jeweiligen Betreuungsleistungen erheblich differenzierter Aufschluss als die Angaben des Zeugen vor dem Sozialgericht am 29.06.2012. Hat der Zeuge die einzelnen Dokumentationsbeiträge (offenbar) zeitnah zur jeweiligen Betreuungsleistung gefertigt, so erscheinen sie wesentlich verlässlicher als seine protokollierten mündlichen Angaben während seiner Vernehmung, welche erst etwa 15 Monate nach Auslaufen der Leistungen nur auf dem Gedächtnis des Zeugen beruhten.
88Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen zur Abgrenzung von der gesetzlichen Betreuung stellen sämtliche Leistungen des Zeugen S, die sich auf das Erstellen von Haushaltsplänen, auf Gespräche über Einkaufs- und Konsumverhalten, auf Schulung im Umgang mit Geld usw. beziehen, ohne Weiteres Bewo-Leistungen dar. Denn ohne Kenntnisse und Fertigkeiten in der Haushaltsführung ist ein selbständiges und eigenverantwortliches Wohnen nicht denkbar. Zugleich besteht keinerlei Zusammenhang mit einer allein rechtlichen Hilfestellung.
89Auch die Anbahnung ärztlicher oder therapeutischer Behandlungen bzw. Versuche, den Kläger zu solchen Behandlungen zu motivieren, sieht der Senat jedenfalls dann als Leistungen des Bewo an, wenn sie sich - wie im Einzelfall des Klägers - in einem überschaubaren Rahmen halten und die Behandlung bzw. Therapie auf eine Stabilisierung im häuslichen Umfeld gerichtet ist. Von Letzterem ist bei psychotherapeutischen Behandlungen für das Krankheitsbild des Klägers auszugehen (ob in einem - vorliegend nicht einschlägigen - Ausnahmefall des § 37a SGB V anderes gälte, muss der Senat im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheiden). Abzugrenzen ist insoweit von den rein rechtlichen Entscheidungen etwa über eine konkrete Therapieaufnahme, eine Auswahl des Therapeuten bzw. Arztes, die Abgabe von Einverständniserklärungen u.ä. Derartige rechtliche Hilfestellungen fielen im vorliegenden Fall jedoch nicht an; denn die Bemühungen des Zeugen S mündeten nicht in der konkreten Aufnahme einer (insbesondere psychotherapeutischen) Behandlung.
90Auch die Begleitung zu Ämtern und Behörden rechnet der Senat zu den Bewo-Leistungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Begleitung (hier etwa das Aufsuchen des Jobcenters) dazu dient, das Nötige zu tun, um den notwendigen Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft sicherzustellen. Nur sofern in diesem Rahmen rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben sind, fällt dies in die Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S insoweit seinen Aufgabenbereich überschritten hätte, bestehen nicht; denn der Betreuer des Klägers hat im Erörterungstermin am 29.06.2012 nachvollziehbar angegeben, in der Regel habe er Termine bei Ämtern und Behörden wahrgenommen, bei denen der Zeuge manchmal mit dabei gewesen sei.
91In entsprechender Weise sind die Aufgabenkreise auch hinsichtlich der Bearbeitung von Post abzugrenzen. Anders als das Sozialgericht sieht der Senat insoweit keine umfassende Zuständigkeit des gesetzlichen Betreuers, selbst wenn sich dessen Bestellung (auch) auf die Postkontrolle erstreckt. Denn rein lebenspraktische Vorgänge wie das Sichten, inhaltliche Erfassen und Vorsortieren der Post sowie das Trennen von tatsächlich Wichtigem und Unwichtigem sind der Hilfe zur selbstständigen Lebensführung im Bewo zuzurechnen. Nur rechtlich bedeutsame Handlungen (etwa eine rechtsrelevante Bearbeitung von Post durch Prüfung, ob fristgerecht Widerspruch eingelegt werden soll, etc.) wären Aufgabe des gesetzlichen Betreuers. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge S in Überschreitung seines Aufgabenkreises für den Kläger solche Rechtshandlungen vollzogen hätte, ergeben sich weder aus seinen Aufzeichnungen noch aus den Übrigen dem Senat vorliegenden Informationen.
92Schließlich sind auch die Aktivitäten des Zeugen S, die sich auf den Besuch einer Abendrealschule beziehen, (jedenfalls im Grundsatz) dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten zuzuweisen. Der Senat kann offenlassen, ob es sich dabei (ebenfalls) um Bewo-Leistungen handelt oder (zumindest auch) um solche zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung (gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV). Einerseits ergeben sich Zweifel an der Zuordnung dieser Aktivitäten zum Bewo insoweit, als eine finale Ausrichtung auf das Wohnen fehlen könnte. Andererseits erscheint, anknüpfend an den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, eine Hilfe zur selbstbestimmten Lebensgestaltung in einer eigenen Häuslichkeit auch durch Unterstützung des Klägers beim Schulbesuch denkbar, also wiederum als Bewo-Leistung. Hierauf kommt es jedoch nicht an; denn es sind (jedenfalls auch) die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV erfüllt. Dass der Kläger zu Beginn des fraglichen Zeitraums bereits sein 23. Lebensjahr vollendet und spätestens mit der Nachholung des Hauptschulabschlusses auch seine allgemeine Schulpflicht erfüllt hatte, steht einer Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung nicht entgegen. Die genannten Leistungen können vielmehr auch nach der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht noch erbracht werden, wenn der Unterrichtsbesuch durch unverschuldete Unterrichtsausfälle, Krankheit o.ä. hinausgezögert wurde (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 31. Erg.-Lfg. V/13, § 54 Rn. 41; Wehrhahn in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 54 Rn. 53 - beide unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30.04.1992 - 5 C 1/88). Unterstützung beim bzw. Motivation zu einem Schulbesuch fällt nicht etwa in den (Eingliederungshilfeleistungen ausschließenden) Kernbereich pädagogischer Arbeit (vgl. dazu Wehrhahn a.a.O. Rn. 54). Der Besuch einer Realschule ist in § 12 Nr. 3 EinglHV zudem ausdrücklich genannt, so dass hierauf gerichtete Hilfen ohne Weiteres zum Leistungsspektrum zählen. Ein Nachholen des Realschulabschlusses kann im vorliegenden Einzelfall schließlich auch nicht (im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII) als unangemessen angesehen werden. Denn zwar hatte der Kläger ersichtlich behinderungsbedingt Schwierigkeiten, bestimmte Ziele mit dem notwendigen Durchhaltevermögen zu verfolgen. Durch Nachholung des Hauptschulabschlusses im Jahr 2005 hatte er jedoch bereits gezeigt, zu einem gewissen Durchhaltevermögen durchaus gelangen zu können. Dementsprechend hat etwa das Jobcenter der Maßnahme Erfolgsaussichten beigemessen, wenn es mit Blick auf die (Wieder-)Aufnahme der Schulausbildung (wieder) zu aufstockenden Leistungen an den Kläger bereit war. Nach den dem Senat vorliegenden Informationen, insbesondere mit Blick auf das Gutachten des Dr. P vom 20.09.2007 aus dem Betreuungsverfahren und das Gutachten des S Kreises vom 13.07.2009, liegen zudem keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Realschulabschluss das intellektuelle Leistungsvermögen des Klägers überfordern würde. Insofern wäre ein solcher Abschluss eine für den Kläger angemessene Schulbildung; der Einwand des Beklagten, der Kläger verfüge bereits über einen Hauptschulabschluss, verfängt deshalb nicht. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW ist der Beklagte schließlich auch für die Gewährung von Leistungen zur Erlangung einer angemessenen Schulbildung zuständig.
93In der Gesamtschau handelt es sich bei nahezu sämtlichen laut der Verlaufsdokumentation vom Zeugen S für den Kläger erbrachten Hilfestellungen um Eingliederungshilfe (i.S.v. §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und/oder § 12 EinglHV). Zweifel könnten allenfalls bestehen, ob die am 09.11.2010 und am 31.03.2011 erbrachten Leistungen "Begleitung zur Abendrealschule wg. Anmeldung. Anschließend Unterstützung bei Besorgungen" (190 Minuten) bzw. "Information, dass Antrag auf Bewo abgelehnt wurde und Erläuterung des Widerspruchsverfahrens. Geldauszahlung" (30 Minuten) vollständig dazu zu rechnen sind. Einer abschließenden Beurteilung bedarf dies jedoch nicht; denn selbst wenn man diese beiden Hilfestellungen vollständig von den insgesamt für den Kläger erbrachten FLS in Abzug bringt, verbleibt immer noch ein Zeitraum von (deutlich) mehr als 24,33 FLS.
94III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
95Durch die Zurückweisung der Berufung des Beklagten bleibt die - inhaltlich nicht zu beanstandende - Kostenentscheidung des Sozialgerichts bestehen. Da der Beklagte im Berufungsverfahren vollständig unterlegen ist, hat er die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers insoweit in vollem Umfang zu tragen.
96Es entspricht im vorliegenden Fall nicht billigem Ermessen, der Beigeladenen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten; denn sie hat keinen Antrag gestellt und sich auch inhaltlich nicht am Verfahren beteiligt (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 11a).
97IV. Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
(1) Das Familiengericht hat die Feststellung der Berufsmäßigkeit gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, dass dem Vormund in absehbarer Zeit Vormundschaften in diesem Umfang übertragen sein werden. Berufsmäßigkeit liegt im Regelfall vor, wenn
- 1.
der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder - 2.
die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.
(2) Trifft das Familiengericht die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1, so hat es dem Vormund oder dem Gegenvormund eine Vergütung zu bewilligen. Ist der Mündel mittellos im Sinne des § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so kann der Vormund die nach Satz 1 zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abgeändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene zu 1) ist eine gemeinnützige GmbH und bietet unter der Firma "T - Betreutes Wohnen" Betreuungsleistungen an. Sie beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, vornehmlich Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 26.01.2009 bzw. 02.02.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis u.a. der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen.
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zu 1) zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der bis zum 30.06.2012 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Nach der vom 01.07.2012 bis zum 28.02.2014 gültigen Fassung der Vergütungsvereinbarung sollte die Vergütung durch einen Stundensatz von 51,50 Euro, ab dem 01.04.2013 in Höhe von 52,30 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen. Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarungen aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 5 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Vergütungsvereinbarung Bezug genommen.
6Entsprechende Verträge ebenfalls für den Bereich des Betreuten Wohnens schloss die Beigeladene zu 1) mit der Stadt L als Trägerin der Jugendhilfe. Für andere Tätigkeitsbereiche und mit anderen Sozialhilfeträgern schloss die Beigeladene zu 1) keine Verträge.
72. Der im Mai 1970 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er absolvierte eine Ausbildung zum Koch, arbeitete jedoch vornehmlich in verschiedenen Tätigkeiten (Animation, Catering) in der Tourismusbranche in unterschiedlichen Ländern sowie als Aushilfe im Gastronomiebereich. Er ist Vater einer im Februar 2006 geborenen Tochter aus einer nach der Geburt der Tochter gescheiterten Beziehung zu einer Deutschen. Wegen der Tochter zog der Kläger im Januar 2009 nach Deutschland und ging hier zunächst einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma nach. Er bewohnt seit Februar 2010 eine 40 m² große Zwei-Zimmer-Wohnung in L.
8Am 09.11.2009 begann der Kläger eine ambulante Verhaltenstherapie bei der Diplom-Psychologin und Ärztin I, die er im Dezember 2012 beendete. Seit dem 04.06.2010 war er arbeitsunfähig und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung Krankengeld und seit dem 01.09.2010 auch Wohngeld. Vom 08.06.2010 bis zum 06.08.2010 befand er sich in stationärer psychiatrischer Behandlung in der Klinik des Beklagten in L. Dort wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide diagnostiziert. Vom 08.02.2011 bis zum 13.05.2011 befand sich der Kläger in teilstationärer psychiatrischer Behandlung in der Tagesklinik der Klinik des Beklagten in L, wo u.a. eine Dialektisch-Behaviorale Therapie durchgeführt wurde.
9Der Kläger bezog nach Erschöpfung seines Anspruchs auf Krankengeld jedenfalls bis Anfang 2013 Leistungen nach dem SGB II. Seit Mitte April 2013 geht er einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in der Kölner Uni-Mensa nach, die er zunächst in Vollzeit ausübte und später dann zeitlich beschränkte. Er erhält aus dieser Tätigkeit ein Nettogehalt in Höhe von 1.030,- Euro.
103. Am 09.08.2010 suchte der Kläger erstmals die Beigeladene zu 1) auf. Am 16.08.2010 unterschrieb er einen von der Beigeladenen zu 1) vorformulierten, unbefristeten "Betreuungsvertrag über ambulante Hilfen zum selbständigen Wohnen", der ab dem 09.08.2010 gelten sollte. Nach § 1 Nr. 2 des Betreuungsvertrages sollten u.a. die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen zu 1) mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Als Entgelt war gemäß § 4 Nr. 1 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart, die mit dem Abrechnungsfaktor 1,2 zu multiplizieren sein sollte. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 4 Nr. 3 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
11"Die Vergütung ist monatlich nach Rechnungstellung fällig. Sofern die Vergütung von einem zuständigen Kostenträger übernommen wird, rechnet der Leistungserbringer direkt mit dem Kostenträger ab. Die Zahlungsverpflichtung des Klienten entfällt im Umfang der Leistung durch den zuständigen Kostenträger."
12Aufgrund des Betreuungsvertrages erbrachte die Beigeladene zu 1) überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter, vor allem ihres Geschäftsführers, Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 im Umfang von 63,67 Stunden und im Zeitraum 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 im Umfang von 36,00 Stunden. Allerdings stellte die Beigeladene zu 1) dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung. Eine Rechnung an den Kläger erging erstmals im Juni 2012 über bis zum 22.06.2012 erbrachte 96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro. Weitere Rechnungen erhielt der Kläger nicht.
13In inhaltlicher Hinsicht befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) zum einen mit Behördenangelegenheiten des Klägers. Es ging dabei um die Gewährung von Krankengeld, die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei der Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Gewährung von Wohngeld und von Leistungen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters L zur beruflichen Rehabilitation des Klägers. Zum anderen unterstützten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger in Sorgerechtsangelegenheiten in Bezug auf seine Tochter. Hierzu versuchten sie in Gesprächen mit dem Kläger und der Kindsmutter zu vermitteln und eine einvernehmliche Regelung herbei zu führen. Weiterhin stellten sie den Kontakt zum Jugendamt und zu einem Rechtsanwalt her und begleiteten den Kläger dorthin. Darüber hinaus ging es auch um die berufliche Zukunft des Klägers. Die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) erörterten mit dem Kläger die Möglichkeiten einer beruflichen Rehabilitation und stellten den Kontakt zu zwei Rehabilitationsträgern (Diakonie N und Berufliches Trainings Zentrum (BTZ) L) her. Eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nahm der Kläger aber letztlich nicht auf. Der letzte persönliche Kontakt des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) fand am 06.07.2012 statt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Tätigkeitsdokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
144. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 09.08.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der Klinik des Beklagten vom 14.07.2010 bei. Darin wurde dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ und ein Abhängigkeitssyndrom Cannabinoide bescheinigt. Mit Datum vom 23.11.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Als Ziele, die durch sie verwirklicht werden sollten, gab die Beigeladene dabei an, der Kläger solle einen Deutschkurs belegen (Ziel 1), einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen (Ziel 2) und es solle die Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten (Ziel 3) sowie ein weiterer Klinikaufenthalt vermieden werden (Ziel 5). Für Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele dienen sollten, veranschlagte die Beigeladen zu 1) wöchentlich 10 Minuten für Ziel 1, jeweils 20 Minuten für die Ziele 2 und 5 und 30 Minuten für Ziel 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 39 ff. ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
15Mit Bescheid vom 29.12.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere eine medizinische Behandlung. Bei unzureichendem Erfolg der angestrebten Dialektisch-Behavioralen Therapie wäre zunächst eine Intensivierung der psychiatrisch-therapeutischen Krankenbehandlung nach § 27 SGB V beispielsweise in einer (Rehabilitations-) Klinik erforderlich. Das beschriebene Störungsbild des Klägers entspreche insgesamt nicht dem einer wesentlichen seelischen Behinderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII.
16Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, er nehme sehr wohl umfangreiche und adäquate Leistungen der Krankenbehandlung in Anspruch, diese seien jedoch nicht ausreichend, um die in dem eingereichten Hilfeplan genannten Ziele zu erreichen.
17Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit sei nicht erkennbar. Die im Hilfeplan dargestellten Bedarfe seien auch keine Bedarfe, welche Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens bedingten. Der Kläger sei ausweislich des eingereichten Hilfeplans offensichtlich in der Lage, seinen Haushalt selbst zu führen und auch Termine bei seiner Therapeutin pünktlich und regelmäßig wahrzunehmen. Bezüglich der im Hilfeplan dargelegten Überforderung mit der Erledigung von Schriftverkehr, Behörden- und formellen Kontakten sei hier vorrangig die Hilfe einer freiwilligen gesetzlich bestellten Betreuung angezeigt. Die Steigerung des Selbstbewusstseins stelle keinen Bedarf dar, welchem mit Leistungen des ambulant Betreuten Wohnens zu begegnen sei. Bei dem angemeldeten Bedarf, einen Deutschkurs zu besuchen, handele es sich nicht um behinderungsbedingte Einschränkungen. Der Bedarf zur Unterstützung im Bereich der Arbeit mit dem Ziel der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt gehöre zu den Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Auch bei der Wahrnehmung von Rechten und Pflichten gegenüber der Tochter handele es sich nicht um Leistungen im Rahmen einer behinderungsbedingten Einschränkung. Im Bereich der Freizeitgestaltung sei eine wesentliche Einschränkung der Teilhabe nicht gegeben. Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenz könne der Unterstützungsbedarf u.a. durch den (mit Adresse angegebenen) Sozialpsychiatrischen Dienst abgedeckt werden.
185. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat vorgetragen, das Ambulant Betreute Wohnen sei von der Klinik des Beklagten während seines stationären Aufenthaltes im Jahre 2010 angeregt worden. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
19Das SG hat als Antrag des Klägers aufgenommen,
20den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.
24Das SG hat den Entlassungsbericht der Klinik des Beklagten über die teilstationäre Behandlung des Klägers dort vom 23.05.2011 beigezogen. Sodann hat es den Kläger am 08.12.2011 von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige bei dem Kläger eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Niveau (ICD-10 F 60.3) festgestellt und eine posttraumatische Belastungsstörung ausgeschlossen. Der Kläger sei in seinem gesamten Sozialleben erheblich eingeschränkt und nicht in der Lage, seiner Tätigkeit als Koch nachzugehen. Die Einschränkungen bezögen sich aber nicht auf die Bereiche der Selbstversorgung, das häusliche Leben, staatsbürgerliche Leben, sondern mehr auf die Lebensbereiche der Kommunikation und der interpersonellen Interaktionen sowie der Aufnahme einer adäquaten Berufstätigkeit. Eine Indikation für ein Betreutes Wohnen sei aus nervenärztlicher Sich nicht gegeben. Der Kläger unterhalte einen intakten Kontakt zu ehemaligen Mitpatienten. Darüber hinaus sollte dringend eine Eingliederung in das BTZ erfolgen. Zudem befinde er sich in einer regelmäßigen Psychotherapie. Durch dieses Gesamtsetting sei eine psychosoziale Betreuung in umfassender Weise gegeben. Darüber hinaus gehende Betreuungen würden den Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach überfordern. Die sozialen bürokratischen Belange, mit denen der Kläger völlig überfordert sei, des Weiteren der Umgang mit Ämtern und Behörden, die juristische Auseinandersetzungen mit der Mutter seines Kindes, allgemeine soziale Fragen könnten über die eingerichtete Betreuung, die gutachterlicherseits als angemessen betrachtet werde, bewältigt werden.
25Im Anschluss an die Begutachtung hat der Kläger ein Attest von Frau I zu den Akten gereicht. Darin hat die behandelnde Psychotherapeutin ausgeführt, der Sachverständige habe ihr in einem persönlichen Gespräch bestätigt, dass der bisherige Betreuungsrahmen aufrechterhalten werden sollte, jedoch die Aufnahme in ein Heim oder eine Wohngemeinschaft für psychisch Kranken nicht erforderlich sei. Auch aus ihrer Sicht sei die weitere Betreuung im Rahmen des Bewo dringend erforderlich.
26In einer daraufhin vom SG eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2012 hat der Sachverständige ausgeführt, er sei nicht davon ausgegangen, dass hier ein gesetzlicher Betreuer zu Seite gestellt worden sei. Er sei ebenso wie Frau I der Auffassung, dass der Kläger unbedingt weiterhin der Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, bedürfe. Diese Betreuung könne natürlich auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden und sollte auch dieser Institution übertragen werden, da dort eine sehr vertrauensvolle Anbindung bestehe.
27Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 55 ff., 76 und 84 der Gerichtsakte Bezug genommen.
28Der Kläger hat am 15.07.2011 einen weiteren Antrag auf Bewilligung von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 gestellt und einen zweiten Hilfeplan für diesen Zeitraum eingereicht. Über diesen Antrag hat der Beklagte im Hinblick auf das anhängige Verfahren nicht entschieden.
29Der Beklagte hat den Abschlussbericht der Beigeladenen zu 1) vom 18.12.2012 für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 zu den Akten gereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 108 ff. GA Bezug genommen.
30Mit Urteil vom 09.11.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2011 verurteilt, "dem Kläger ab Antragstellung bis zum 08.08.2012 Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zum betreuten Wohnen in einem Umfang von höchstens 1 1/3 Fachleistungsstunden wöchentlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren." Zur Begründung hat es ausgeführt, streitgegenständlich sei ungeachtet des im Juli 2011 gestellten Folgeantrags der gesamte Zeitraum ab Antragstellung bis zum 08.08.2012. Die Voraussetzung von § 53 Abs. 1 und 3 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX lägen vor. Der Kläger benötige nach den Feststellungen von Dr. H Betreuung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten. Die erforderlichen Hilfen seien nach Auffassung der Kammer dem Bereich des selbstständigen Wohnens zuzuordnen, da hierzu auch die Bewältigung rechtlicher und sozialer Beziehungen gehöre. Ferner müsse sich der Kläger nicht auf eine rechtliche Betreuung verweisen lassen. Anders als bei einer Betreuung nehme der Betreute im Rahmen des Betreuten Wohnens seine Angelegenheiten weiterhin selbst wahr. Er werde durch das betreute Wohnen lediglich bei der Regelung seiner Angelegenheiten unterstützt. Die tatsächlich geleistete Unterstützung entspreche auch nicht einer rechtlichen Betreuung, sondern dem Betreuten Wohnen. Nach dem Abschlussbericht des Anbieters hätten die Ziele des Ambulant Betreuten Wohnens auch weitgehend erreicht werden können.
316. Gegen das ihm am 18.12.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 14.01.2013 Berufung eingelegt. Er meint im Falle des Klägers liege kein erforderlicher Betreuungsbedarf vor, der dem Bereich des Betreuten Wohnens gemäß § 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden könne. Nach den Ausführungen seiner behandelnden Psychotherapeutin liege der Schwerpunkt der Problematik des Klägers auf dem anstehenden Berufswechsel, der durch eine berufsbildende Maßnahme herbeigeführt werden müsse. Ein regelmäßiger quantitativer erheblicher Betreuungsbedarf in diesem Bereich lasse sich nicht feststellen. Das gleiche gelte für die Zielsetzung, einen Deutschkurs zu belegen. Die Stärkung des Selbstbewusstseins sei bereits Gegenstand der therapeutischen Versorgung. Lebenspraktische Bereiche, die nach der Hilfeplanung gestärkt werden sollten, würden nicht einzeln benannt. Der Kläger habe seine Wohnung, seine leibliche Versorgung und auch dem Umgang mit seiner Tochter im Griff. Die Betreuungsbedürftigkeit des Klägers im Bereich des Sorgerechts für seine Tochter seien vorrangig dem Bereich einer gesetzlichen Betreuung zuzuordnen. Auch ein gesetzlicher Betreuer sei verpflichtet, den Wünschen des Betreuten soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Allenfalls bestünde hier ein sporadischer, situativer Bedarf. Soweit der Hilfeplan schließlich als Ziele des Betreuten Wohnens auch die Erhaltung der Abstinenz und die Vermeidung neuer Klinikaufenthalte aufzähle, handele es sich um allgemein unspezifische Formeln ohne konkreten Gehalt. Auch die tatsächlichen Leistungen der Beigeladenen zu 1) wiesen keinen nachvollziehbaren Bezug zum selbstständigen Wohnen in der eigenen Wohnung auf. Vielmehr habe es sich ganz überwiegend um Unterstützungsleistungen gehandelt, die dem Bereich der gesetzlichen Betreuung zuzuordnen seien.
32Der Beklagte beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.11.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
34Der Kläger beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
37Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
38Sie ist der Auffassung, die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sei im Falle des Klägers kontraindiziert gewesen. Soweit, wie im Falle des Klägers, eine Verselbständigung des Betreuten und die Entwicklung von Handlungskompetenzen möglich sei, seien hierzu dienende pädagogische Maßnahmen einer gesetzlichen Betreuung, die allein auf die Vertretung des Betreuten ausgerichtet sei, vorzuziehen. Sie habe dem Kläger z.B. aufgezeigt, wie er mit Hilfe seiner Anwältin seine Rechte als Vater adäquat einfordern könne. Sie habe ihm geholfen, die Anforderungen, die an ihn gestellt worden seien, zu verstehen und zu bewältigen. Das gleiche habe bei Behördenangelegenheiten, bei der Berufsfindung und auch bei der formellen Lebensführung allgemein gegolten. Hier hätten motivierende und reflektierende Gespräche stattgefunden. Solche Leistungen wären bei einer gesetzlichen Betreuung nicht erfolgt und auch nicht möglich gewesen. Die Zwecksetzung von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sei auch nicht mit der Zwecksetzung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung identisch. Lediglich Teilbereiche, wie die Psychoedukation hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation, seien nicht gänzlich abzugrenzen. Bei den erbrachten Leistungen handele es sich auch um typische Bewo-Leistungen, was sich auch aus der Leistungsvereinbarung mit dem Beklagten ergebe. Allerdings blieben die Aufgaben des Betreuten Wohnens naturgemäß unübersichtlich und für Außenstehende oftmals diffus. Sie sei jedoch stets auch dann erreichbar, wenn die Therapeutin oder Ärztin nicht erreichbar sei, insbesondere wenn sich krisenauslösende Begebenheiten manifestierten. Die dann erbrachten krisenintervenierenden Maßnahmen und Entlastungsgespräche hätten keinen therapeutischen Ansatz, sondern seien von einem "Pack-An"-Ansatz geprägt. Dass ihre Leistungen sinnvoll und notwendig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass der Kläger nunmehr selbstständig lebe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe.
39Der Senat hat den Kläger am 23.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H1 untersuchen lassen. In seinem schriftlichen Gutachten vom gleichen Tage hat der Sachverständige zunächst folgende Diagnosen gestellt:
40- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (ICD-10: F 60.31G) - Rezidivierende depressive Störung derzeit mittelgradige Episode (ICD-10: F 31.1G) - Zustand nach schädlichem Konsum von Cannabinoide, derzeit weitgehende Abstinenz (ICD-10: F 12.20G)
41Eine posttraumatische Belastungsstörung hat der Sachverständige demgegenüber ausgeschlossen.
42Vor allem durch die bestehende emotional-instabile Persönlichkeitsstörung bestehe eine deutliche Beeinträchtigung der geistigen Fähigkeiten und der seelischen Gesundheit, welche von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate bestehe. Hierdurch sei der Kläger seit August 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Zu allererst seien hierbei die erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten des Klägers zu benennen. Zudem bestünden wegen des als einengend empfundenen Aufenthalts in Deutschland weiterhin erhebliche Spannungszustände. Es komme immer wieder zu krisenhaften Zuspitzungen bis hin zu suizidalen Impulsen. Hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und Mobilität hätten sich hingegen keine wesentlichen Einschränkungen ergeben. Im Hinblick auf die hochgradigen Einschränkungen seiner Beziehungsfähigkeit habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit des Klägers vorgelegen. Er zähle zum Kreis der seelisch wesentlich behinderten Menschen mit Neurosen respektive Persönlichkeitsstörungen. Er habe in dem genannten Zeitraum Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation benötigt. Auch habe er der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter bedurft. Bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen habe er hingegen keiner Hilfe benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten.
43Die durchgeführten Leistungen der Beigeladenen seien geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers teilweise abzudecken, als hierdurch die Folgen der seelischen Behinderung hätten gemildert werden und somit eine verbesserte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hätten ermöglicht werden können. Ohne entsprechende Unterstützung wäre es dem Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelungen zu erreichen, dass er alle zwei Wochen ein Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter verbringen könne. Weiterhin zu nennen sei die Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe, welche er ohne fremde Hilfe mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls nicht hätte leisten können.
44Die Leistungen der Beigeladenen seien allerdings insofern nicht erforderlich gewesen, als andere Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten. Hinsichtlich der Unterstützung bei Behördenangelegenheiten, der Berufsfindung sowie des Rechtsstreits mit der Mutter seiner Tochter wäre eine Unterstützung durch einen gesetzlichen Betreuer möglich und geeignet gewesen. Hinsichtlich der Einschränkung der sozialen Teilhabefähigkeit wäre eine Intensivierung der ambulanten Psychotherapie sinnvoll und geeignet gewesen. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden.
45Im Anschluss an die Begutachtung hat der Senat einen Befundbericht der Diplom-Psychologin und Ärztin I vom 19.09.2014 beigezogen. Diese hat u.a. ausgeführt, eine höherfrequente wöchentliche Stundenplanung sei kontraindiziert gewesen, die ambulante Therapie sei bei der Schwere der Symptomatik nicht ausreichend gewesen. Die in Anspruch genommenen Leistungen des Betreuten Wohnens seien im Sinne eines komplexen, multimodalen und soziotherapeutischen Ansatzes dringend notwendig gewesen. Die Therapie habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen. Das Betreute Wohnen sei besonders hilfreich gewesen, um ihn aus seiner sozialen Isolation herauszuführen und die Vermeidung alltäglicher Notwendigkeiten (Ämtergänge, Bezahlung von Rechnungen etc.) abzubauen.
46Der Senat hat sodann noch eine ergänzende Stellungnahme von Dr. H1 vom 26.09.2014 eingeholt. Darin hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, die Geltendmachung juristischer Ansprüche stelle eine typische Indikation für eine gesetzliche Betreuung dar, die auch zeitlich befristet eingerichtet werden könne. Das selbstständige Wohnen des Klägers habe nie in Frage gestanden. Im Hinblick auf die Störungen im sozialen Bereich hätten Defizite im Sinne eine affektiven und Impulskontrollstörung bestanden, wie sie psychiatrisch und psychotherapeutisch zu behandeln seien. Hier habe auch die Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Pflege bestanden. Es falle nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen, die bei dem Kläger bestehenden strukturellen Defizite therapeutisch zu bearbeiten. Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Die Behauptung, dass es dem Kläger nur so gut gehe, weil der die Leistungen der Beigeladenen zu 1) erhalten habe, sei aus fachärztlicher Sicht nicht haltbar. Gerade bei emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen bestehe ein sehr schwankender Verlauf. Entgegen der Einschätzung von Frau I sei selbstverständlich bei unzureichendem Ansprechen und einer schwerwiegenden strukturellen Störung eine Intensivierung der Frequenz der Psychotherapie indiziert, ggf. dann in einem anderen, also tiefenpsychologisch fundierten Setting.
47Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Bl. 257 ff., 319 f. und 322 ff. der GA Bezug genommen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat der zulässigen Klage zu Unrecht stattgegeben, denn die Klage ist unbegründet.
51I. 1. Das Urteil des SG leidet zunächst unter Verfahrensfehlern, weil es das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zutreffend erfasst und zudem unzulässigerweise ein Grundurteil erlassen hat.
52Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach dem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen zu 1), die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Die Beiladung des Leistungserbringers ist nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
53Richtigerweise hätte das SG deshalb genau ausurteilen müssen, welche Verbindlichkeiten des Klägers wem gegenüber in welcher Höhe der Beklagte durch Schulbeitritt zu übernehmen hat. Ausgehend von den Rechnungen, die die Beigeladene zu 1) dem Beklagten erteilt hat, geht es um die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 3.850,76 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2011 (63,67 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 76,40 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro) und in Höhe von insgesamt 2.179,26 Euro für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 (36,00 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 43,20 Fachleistungsstunden, davon 41,40 Fachleistungsstunden bis zum 30.06.2012 zu je 50,40 Euro und 1,80 Fachleistungsstunden ab dem 01.07.2012 zu je 51,50 Euro), also insgesamt 6030,02 Euro.
542. Zutreffend ist das SG demgegenüber davon ausgegangen, dass in zeitlicher Hinsicht die gesamten Leistungen der Beigeladenen zu 1), die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG sind. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 09.08.2011 einen weiteren Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene zu 1) erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit einen weiteren individuellen Hilfeplan eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 29.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2011, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladene zu 1) nach dem 08.08.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
55II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die von der Beigeladenen zu 1) geltend gemachten Kosten wegen der von ihr dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.030,02 Euro durch Schuldbeitritt übernimmt.
561. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
57a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
58b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt einer bestehenden, beitrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
59aa) In dem Betreuungsvertrag vom 16.08.2010, den der Kläger mit der Beigeladenen zu 1) geschlossen hat, war in § 4 Nr. 1 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 4 Nr. 3 zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 4 Nr. 3 Satz 3 des Betreuungsvertrages lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klienten, d.h. hier des Klägers, voraus.
60bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen.
61Die Beigeladene zu 1) wäre, soweit sie Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erbracht hätte (siehe dazu unten e)), auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Der Kläger gehörte zu dem Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung, für die die Beigeladene zu 1) nach § 2 Abs. 2 der Leistungsvereinbarung Leistungen erbringen darf.
62cc) Die Forderungen der Beigeladenen zu 1) gegen den Kläger sind allerdings teilweise nicht fällig. Nach § 4 Nr. 3 Satz 1 des Betreuungsvertrages, wonach die Vergütung gemäß § 4 Nr. 1 des Vertrages monatlich durch Rechnungstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Eine solche ist dem Kläger im Juni 2012 nur für die bis zum 22.06.2012 angefallene Vergütung (96,50 Fachleistungsstunden zum Stundensatz von 50,40 Euro, multipliziert mit 1,2, d.h. über einen Gesamtbetrag von 5.836,32 Euro) erteilt worden. Für den weiteren streitgegenständlichen Betrag (bis zum 30.06.2012 1,8 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 2,16 Fachleistungsstunden zu je 50,40 Euro = 108,86 Euro + ab dem 01.07.2012 1,5 Fachleistungsstunden multipliziert mit 1,2 = 1,8 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro = 92,70 Euro; also insgesamt 201,56 Euro) fehlt es bislang an einer an den Kläger adressierten Rechnung.
63Die damit insoweit fehlende Fälligkeit führt aber nicht dazu, dass es insoweit an einem sozialhilferechtlichen Bedarf fehlt. Vielmehr kann die Beigeladene zu 1) dem Kläger jederzeit eine Rechnung erteilen und dadurch die Fälligkeit herbeiführen. Es besteht also bereits gegenwärtig eine hinreichend bestimmte und sicher zu erwartende zukünftige Verbindlichkeit. Insoweit kommt der Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld in Betracht (vgl. zu dieser Möglichkeit BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
64c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnung aus Juni 2012 und den zukünftig zu erwartenden Rechnungen im Hinblick auf den weiteren streitigen Betrag von 201,56 Euro, verfügte bzw. verfügt der alleinstehende Kläger nicht über Vermögen, das den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 2.600,- Euro überstieg bzw. übersteigt. Im Juni 2012 floss dem Kläger lediglich Wohngeld und Krankengeld in Höhe von 725,10 Euro zu, dass die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht überstieg. Mit dem aus seiner Teilzeitbeschäftigung aktuell erzielten Gehalt von 1.030,- Euro netto überschreitet der Kläger diese Grenze ebenfalls nicht. Das nach § 82 Abs. 1 und 2 SGB XII berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen ist geringer als der Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (aktuell 798,- Euro) zuzüglich der tatsächlichen und auch angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 336,40 Euro monatlich. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
65d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben. Nach § 3 Nr. 4 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Neurosen und Persönlichkeitsstörungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59). Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1 litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung an erheblichen sozialen Kontaktschwierigkeiten und Spannungszuständen. Er benötigte Unterstützung bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
66e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individueller Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
67aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
68Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen muss die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
69Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
70Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XIII NRW deutlich zum Ausdruck.
71Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
72bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
73(1) Zum einen hat die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger jedenfalls im Schwerpunkt keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen Betreuungsleistungen überhaupt im Schwerpunkt um erforderliche Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gehandelt hat, fehlt diesen Betreuungsleistungen jedoch in jedem Fall der erforderliche finale Bezug und die konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist und war nicht erkennbar. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen zu 1). Dies sollte auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall sein. Die Beigeladene zu 1) hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch eingeräumt.
74Ein Schwerpunkt der Bemühungen der Beigeladenen zu 1) bestand ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen der Mitarbeit der Beigeladenen zu 1) darin, den schriftlichen und persönlichen Verkehr zu Behörden, namentlich der Krankenkasse, dem Wohnungsamt, der Unterhaltsvorschusskasse, dem Jobcenter bzw. der Agentur für Arbeit, dem Jugendamt und dem Amtsgericht abzuwickeln und zu begleiten. Es ging dabei vor allem um die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) sowie um Sorgerechtsangelegenheiten. So telefonierten die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit den genannten Behörden, verfassten Schriftstücke an diese bzw. unterstützten den Kläger hierbei und begleiteten ihn zu Vorsprachen und Terminen bei den genannten Institutionen. Hiermit befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) jedenfalls im Schwerpunkt bei den Kontakten bzw. Tätigkeiten am 16.08.2010, 24.08.2010, 31.08.2010, 16.09.2010, 29.09.2010, 14.10.2010, 08.11.2010, 15.11.2010, 09.12.2010, 15.02.2011, 02.05.2011, 16.05.2011, 26.05.2011, 27.05.2011, 17.06.2011, 30.06.2011, 06.09.2011, 13.09.2011, 25.11.2011, 12.12.2011, 30.12.2011, 27.02.2011, 19.03.2011, 20.04.2012, 08.05.2012, 29.05.2012, 22.06.2012, 27.06.2012, 29.06.2012 und 06.07.2012, d.h. für die Dauer von insgesamt 43,80 Stunden. Hinzu kommen insoweit auch die Termine am 09.05.2011, 04.07.2011, 15.07.2011, 28.07.2011, 05.08.2011, 13.10.2011, 10.01.2012, 14.02.2012 (insgesamt weitere 10,33 Stunden), bei denen in den Tätigkeitsdokumentationen lediglich "formelle Lebensführung" eingetragen wurden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat meint "formelle Lebensführung" den Kontakt zu Behörden und Ämtern.
75Bei diesen Kontakten etc. ging es nicht um das selbstständige Wohnen des Klägers, sondern im Wesentlichen um die Wahrung seiner Rechte, insbesondere im Verhältnis zu den Sozialbehörden. Die Beigeladene hat insoweit allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von Leistungen, die, wie insbesondere das Wohngeld, zur Sicherung der Unterkunft bestimmt sind, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine schwerpunktmäßige Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
76Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) bildete die Problematik des Sorgerechts und des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter. Zusätzlich zu den bereits im vorstehenden Absatz behandelten, insoweit notwendigen behördlichen Kontakte fanden hierzu Gespräche und Kontakte mit dem Kläger allein, aber auch zusammen mit der Mutter der Tochter und der Rechtsanwältin, die den Kläger im familienrechtlichen Verfahren vertreten hat, statt, und zwar am 02.09.2010, 06.10.2010, 17.12.2010, 12.01.2011, 14.01.2011, 15.01.2011, 28.02.2011, 10.03.2011, 14.03.2011, 15.04.2011, 14.09.2011 und 29.06.2012. Insoweit ist ein Zeitaufwand von 8,67 Stunden entstanden. Ein Bezug zum selbstständigen Wohnen des Klägers ist bei diesen Leistungen nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit vielmehr Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Bereich familienrechtlicher Angelegenheiten, nicht aber Hilfen zum selbstbestimmten Leben des Klägers in seiner Wohnung geleistet.
77Darüber hinaus befassten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) mit der beruflichen Zukunft des Klägers. Insoweit führten sie Gespräche mit dem Kläger, (potentiellen) Arbeitgebern (I) und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (Diakonie N und BTZ), verkehrten mit den zuletzt genannten Einrichtungen auch schriftlich und begleiteten den Kläger dorthin. Dies war Schwerpunkt der am 05.11.2010, 11.11.2010, 28.12.2010, 06.01.2011, 11.01.2011, 19.01.2011, 31.05.2011, 07.06.2011, 30.01.2011, 02.03.2012, 27.03.2012, 11.04.2012 und 13.06.2012 erbrachten Leistungen (insgesamt 16,33 Stunden). Auch insoweit ist eine finale Ausrichtung der Leistungen auf das selbstständige Wohnen des Klägers nicht erkennbar. Zwar können Anleitungen zur Tagesstrukturierungen wesentlichen Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem und vor allem ging es bei den auf die berufliche Zukunft gerichteten Leistungen der Beigeladenen zu 1) nicht um eine sinnvolle Tagesstrukturierung, sondern allein darum, wie der Kläger künftig seinen Lebensunterhalt verdienen und eine dauerhafte berufliche Perspektive entwickeln kann. Insoweit fehlt jeglicher Bezug zum Wohnen.
78Gleiches gilt für die Befassung mit der Gesundheit des Klägers (02.11.2010, 17.01.2011, 08.12.2011, 30.12.2011 und 12.06.2012 = 0,8 Stunden) und die Führung sog. Entlastungsgespräche (02.02.2011, 26.07.2011, 11.08.2011 und 05.09.2011 = 2 Stunden). Letztere wurden zudem offensichtlich im Hinblick auf die Probleme des Klägers hinsichtlich des Sorgerechts für seine Tochter und seine berufliche Zukunft geführt (vgl. insoweit vor allem die Dokumentationen zu den Terminen am 26.06.2012 und 15.04.2011, in denen ausdrücklich Entlastungsgespräche im Zusammenhang mit der Sorgerechtsangelegenheit erwähnt werden), und stellen deshalb auch nach den vorstehenden Ausführungen keinen Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
79Ein Wohnungsbezug ist allenfalls denkbar, soweit sich die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) am 13.12.2010, 17.12.2010, 25.01.2011, 19.04.2011 und 07.06.2011 für die Dauer von insgesamt 3,33 Stunden mit dem Mietvertrag und die Stromversorgung der Wohnung des Klägers befasst haben. Abgesehen davon, dass diese Themen offensichtlich nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bildeten, handelt es sich hierbei um rein verwaltungsmäßige Tätigkeiten, die mit den eingangs zu diesem Abschnitt behandelten Unterstützungshandlungen im Kontakt mit Behörden vergleichbar und nicht in ein spezifisch auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtetes Gesamtkonzept eingebettet sind.
80Die übrigen dokumentierten Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) betrafen organisatorische Fragen im Hinblick auf den hier streitigen Sozialhilfeanspruch und können als Annexleistungen nur dann unter § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX subsumiert werden, wenn die Hauptleistungen selbst als Leistungen zum selbstbestimmten Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten einzuordnen wären. Dies ist jedoch nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.
81Ausgehend von den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplänen ergibt sich keine andere Bewertung.
82Wenn, wie hier, bereits Leistungen erbracht worden sind, kommt es für einen Anspruch auf Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auf die tatsächlich erbrachten Leistungen und nicht auf die Angaben im Hilfeplan an. Bei der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich, so dass etwaige Änderungen bis zu diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Wenn tatsächlich keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht worden sind, kann ein Anspruch auf eben diese Leistungen nicht dadurch begründet werden, dass diese ursprünglich einmal beabsichtigt waren.
83Unabhängig davon lassen auch die im ersten Hilfeplan angegebenen beabsichtigten Leistungen der Beigeladenen zu 1) keine finale Ausrichtung auf die Sicherung des selbstständigen Wohnens des Klägers in seiner Wohnung erkennen. Die durch Leistungen der Beigeladenen zu 1) nach den Hilfeplänen zu erreichenden Ziele (Deutschkurs belegen, einen Arbeits- bzw. Maßnahmeplatz dauerhaft besetzen, Besuchsregelung zu seiner Tochter aufrecht erhalten sowie einen weiteren Klinikaufenthalt vermeiden) haben mit Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens nichts zu tun. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Beklagten und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Was die Vermeidung eines weiteren stationären Aufenthaltes anbetrifft, ging es offensichtlich nicht darum, die selbstständige Wohnform zu erhalten und einen Wechsel in eine stationäre Wohnform zu verhindern. Eine solche stationäre Wohnform stand für den Kläger auch nach dem Hilfeplan nie zur Debatte. Der Hilfeplan formulierte insoweit lediglich das Ziel, eine nochmalige Verschlimmerung der psychischen Erkrankung und einen dann u.U. notwendigen kurativen und von vornherein zeitlich begrenzten stationären Aufenthalt zur Behandlung dieser Erkrankung zu verhindern. Ein etwaiger krankheitsbedingter stationärer Aufenthalt stellt aber die Aufrechterhaltung einer selbstständigen Wohnform nicht grundsätzlich in Frage. Zudem weist die Vermeidung eines weiteren Krankenhausaufenthaltes primär eine medizinische Zielrichtung auf und dient damit im Schwerpunkt nicht der Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
84Der zweite Hilfeplan für die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 enthält zwar ausweislich des auf Bl. 108 ff. der GA befindlichen Abschlussberichtes insoweit einen gewissen Wohnungsbezug, als die Problematik einer nicht schließenden Wohnungstür angegangen werden und im Rahmen der Gewährleistung der formellen Lebensführung auch ein Finanzplan aufgestellt werden sollte. Insoweit handelt es sich aber um vereinzelte Bedarfslagen, die nicht in ein Gesamtkonzept zur Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens eingebettet sind. Die betreffenden Probleme sind auch im zweiten Hilfeplan letztlich Ausprägung der grundsätzlichen Schwierigkeiten des Klägers im Umgang mit Behörden und privaten Dritten. Dass die beabsichtigten Hilfen im Schwerpunkt auf die Aufrechterhaltung der Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet sind, ist auch im zweiten Hilfeplan nicht erkennbar. Bezeichnenderweise werden für das Ziel "Meine Wohnung bleibt mir erhalten und es gelingt mir, entstehenden Probleme selbst zu regeln" lediglich 10 Minuten pro Woche veranschlagt.
85(2) Zum anderen und vor allem bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Alleinleben in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet. Der Kläger bedurfte zur Aufrechterhaltung der von ihm gewählten Wohnform keiner Hilfe.
86Der Sachverständige Dr. H1 hat festgestellt, der Kläger habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 keine Hilfe bei der Körperpflege, beim Anziehen, beim Zubereiten von Nahrung, beim Essen und Trinken, beim Aufräumen und Reinigen der Wohnung und der Wäsche sowie beim Einkaufen benötigt. Dies gelte auch hinsichtlich der Planung eines strukturierten Tagesablaufs und bei der Planung und Durchführung von Freizeitaktivitäten. Eine Notwendigkeit zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung habe im Zeitraum vom 08.08.2010 bis zum 08.08.2012 nicht bestanden. Unterstützung habe der Kläger lediglich bei der Erlernung einer verbesserten Impulskontrolle, der Affektkontrolle, seiner langfristigen Lebensziele, seiner sozialen Fähigkeiten und hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sowie bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter benötigt.
87Der Sachverständige hat damit den spezifischen Bedarf, der durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt werden soll, ausdrücklich verneint. Der von ihm bejahte Hilfebedarf weist keinen Bezug zum Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit auf. Wie der Sachverständige selbst ausdrücklich festgestellt hat, stand die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform nie zur Debatte.
88Der Senat schließt sich dieser Beurteilung des Sachverständigen an. Der Sachverständige hat den Kläger ausführlich exploriert und insbesondere eine ausführliche Anamnese erhoben. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme noch einmal schlüssig und im Hinblick auf die im Gutachten wiedergegebenen Äußerungen des Klägers auch zutreffend betont, Einschränkungen der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur hätten sich nicht explorieren lassen. Solche Einschränkungen wären bei Erkrankung des Klägers auch nicht plausibel. Anders als beispielsweise bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei denen erhebliche Schwierigkeiten in der Planung der Tagesstruktur vorlägen, habe der Kläger aus der Längsschnittanamnese diesbezüglich keine höhergradigen Defizite gezeigt. Diese Ausführungen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
89Anhaltpunkte dafür, dass die Einschätzung des Sachverständigen unzutreffend sein könnte, sind nicht erkennbar. Soweit die Diplom-Psychologin und Ärztin I in ihrem Befundbericht vom 19.09.2014 ausgeführt hat, die "Therapie" (gemeint sind wohl die Maßnahmen der Beigeladenen zu 1)) habe im Wesentlichen zur Strukturierung seines Lebens beigetragen, hat sie nicht begründet, dass und warum der Kläger einer solchen Tagesstrukturierung bedurft hätte. Sie hat lediglich pauschal die in Anspruch genommenen "Leistungen des Betreuten Wohnens" für dringend notwendig erachtet. Was sie dabei unter dem Begriff des "betreuten Wohnens" versteht, hat sie nicht offen gelegt. Es liegt nahe, dass sie sämtliche Leistungen, die die Beigeladene zu 1) erbringt und dem Kläger gegenüber erbracht hat, als Leistungen des betreuten Wohnens ansieht, weil die Beigeladene zu 1) eben ein Anbieter solcher Leistungen ist. In jedem Fall geht sie, im Übrigen ebenso wie das SG, von einem anderen Begriffsverständnis aus als der Senat. Dass und warum der Kläger einen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX im Sinne der hier vertretenen Auffassung gehabt soll, geht aus ihren Ausführungen nicht hervor.
90Die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1 deckt sich im Übrigen auch mit den Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. H. Auch dieser hat Einschränkungen des Klägers bezogen auf die Bereiche der Selbstversorgung und das häusliche Leben und eine Indikation für ein Betreutes Wohnen ausdrücklich verneint. Er hat in seiner ergänzenden Stellungnahme lediglich die Auffassung vertreten, der bestehende Bedarf des Klägers nach Unterstützung bei allen Problemen, die mit Ämtern, Behörden und sozialen Diensten zu tun hätten, könne auch über das Betreute Wohnen vermittelt werden. Damit hat er aber keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bejaht, sondern lediglich gemeint, dass auch die Beigeladene zu 1), die eben (auch) Leistungen des Betreuten Wohnens anbiete, den Bedarf des Klägers decken könne. An seiner Auffassung, dass der Kläger zur Aufrechterhaltung eines selbstbestimmten Wohnens keiner Hilfe bedarf, hat Dr. H erkennbar festgehalten.
91Aus den aktenkundigen Entlassungsberichten im Anschluss an den stationären und den teilstationären Aufenthalte in der Klinik des Beklagten ergibt sich ebenfalls keine andere Bewertung. Dass und warum der Kläger einen Hilfebedarf im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seiner selbstbestimmten Wohnform haben sollte, wird in den Entlassungsberichten nicht dargelegt. Soweit während des stationären Aufenthaltes des Klägers Mitte 2010 tatsächlich eine Empfehlung für die Inanspruchnahme von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnen ausgesprochen worden sein sollte, was durch den Akteninhalt nicht belegt ist, ist nicht erkennbar, dass und warum eine Indikation für eine Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen gesehen wurde. Vermutlich waren die in der Klinik des Beklagten angestellten Sozialarbeiter der Überzeugung, der Kläger benötige bei seiner praktischen Lebensführung, z.B. bei Kontakten nach außen zu Behörden und Dritten, nach Beendigung des stationären Aufenthaltes weiterhin der Unterstützung. Dies entspricht durchaus der Einschätzung des Sachverständigen. Ein solcher allgemeiner Hilfebedarf stellt jedoch keinen spezifischen Bedarf im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar.
92Gegen die Einschätzung des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger keiner Hilfe zum selbstbestimmten Wohnen bedurfte, haben der Kläger und die Beigeladene zu 1) letztlich auch keine Einwände erhoben. Die Beigeladene zu 1) hat vielmehr selbst in der Sache klargestellt, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufrechterhaltung seines häuslichen Umfeldes keinen Bedarf hatte. Sie geht vielmehr auch nach ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem weiteren Begriff des "Betreuten Wohnens" aus als der Sachverständige und rechnet in der Sache sämtliche Leistungen, die unabhängig von einer finalen Ausrichtung auf das Wohnen auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben und eine selbstständige Lebensführung ausgerichtet sind, zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Damit legt sie ein Begriffsverständnis zugrunde, dass auch der Senat nicht teilt und dass den durch den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX und die Systematik von § 54 SGB XII und § 55 SGB IX vorgegeben Rahmen überschreitet. Die Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX stellen lediglich einen speziellen Teil der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar. Nicht alle Leistungen, die der Teilhabe am Gemeinschaftsleben dienen, sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen, wie z.B. die hier vom Sachverständigen Dr. H1 empfohlene Intensivierung der ambulanten Psychotherapie, der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene zu 1) nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und solche Leistungen für den Kläger auch nicht erforderlich waren und die Beigeladene zu 1) damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich und für andere Leistungen als die nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladenen erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, dass nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1) ergibt sich aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhanden Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von Beigeladenen zu 1) erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen zu 1) oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen zu 1) vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene zu 1) damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene zu 1) implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene zu 1) hat in dem Betreuungsvertrag mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand des Betreuungsvertrags gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18), für deren Erbringung die Beigeladene zu 2) als örtlicher Sozialhilfeträger nach § 97 Abs. 1 und 3 SGB XII in Ermangelung einer Zuweisung an den Beklagten durch die AV-SGB XII NRW eigentlich sachlich zuständig wäre, die der Beklagte jedoch mangels Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene zu 2) nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zu erbringen hätte.
109(1) Jedenfalls teilweise handelt es sich bei den in den Hilfeplänen aufgeführten und den von der Beigeladenen zu 1) tatsächlich erbrachten Leistungen nicht um Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben.
110(a) Dies gilt zunächst für alle sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers sowie für solche Maßnahmen, die darauf ausgerichtet gewesen sind, den Kläger auch weiterhin dazu anzuhalten, auf Cannabis-Produkte zu verzichten. Letztere sind zwar in den vorlegten Tätigkeitsdokumentationen nicht explizit aufgeführt, sollen aber nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) stattgefunden haben sollen. Alle genannten Maßnahmen sind dem Bereich der medizinischen (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Beigeladenen zu 1), die sich unmittelbar auf den akuten Gesundheitszustand des Klägers und sein Gesundheitsverhalten bezogen, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen zu 1) konnte insoweit nur sein, die psychischen Krankheiten des Klägers und ihre unmittelbaren psychischen Auswirkungen zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen knüpften damit an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an (vgl. zur Abstinenzmotivation auch das Urteil des Senats vom 28.05.2015 - L 9 SO 231/12 -, zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladene zu 1) "therapeutisch" gearbeitet hat oder ihre Maßnahmen von einem "Pack-An-Ansatz" getragen sind, wie sie selbst vorträgt. Entscheidend ist, dass die entsprechenden Gespräche etc. unmittelbar auf die Linderung der unmittelbaren Krankheitsfolgen ausgerichtet sind. Der Kläger soll sich durch die "Entlastungsgespräche" etc. besser fühlen. Auf diese Weise soll eine akute psychische Krise überwunden werden. Es geht damit eindeutig im Schwerpunkt um die Verhütung der Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers.
116Ob entsprechende gesundheitsunterstützende Leistungen dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden können, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sind (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87), kann dahinstehen. Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX liegen nicht vor und waren auch nicht erforderlich (siehe dazu oben 1. e) bb)). Soweit die tatsächlichen Unterstützungshandlungen im persönlichen und schriftlichen Verkehr mit Behörden etc. den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zuzuordnen wären, waren diese ebenfalls nicht erforderlich (dazu sogleich unten (3)).
117Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die sog. Entlastungsgespräche und im weitesten Sinne seelische Unterstützungshandlungen anlässlich psychischer Krisen des Klägers im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren, oder ob insoweit medizinische Maßnahmen (Intensivierung von Psychotherapie, ambulante psychiatrische Pflege) indiziert und auch verfügbar waren, was der Sachverständige Dr. H1 einerseits und der Kläger, die Beigeladene zu 1) und Frau I unterschiedlich beurteilen.
118(b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die im Hilfeplan immerhin mit 20 Minuten wöchentlich veranschlagten Maßnahmen zur Vermeidung eines weiteren Klinikaufenthalts. Allerdings gehen aus den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen auch keine entsprechenden, über die vorstehend erörterten Entlastungsgespräche etc. hinausgehenden Maßnahmen hervor.
119(c) Bei dem im Hilfeplan mit einem Aufwand von 10 Minuten pro Woche angegebenen Ziel, einen Deutschkurs zu belegen, handelt es sich bereits nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe, denn fehlende Sprachkenntnisse sind keine Behinderung und die Behebung fehlender Sprachkenntnisse ist kein behinderungsspezifischer Bedarf (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 24.03.2015 - B 8 SO 22/13 R -, gegenwärtig nur als Terminmitteilung vorliegend). Allerdings lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) insoweit keinen tatsächlichen Aufwand erkennen.
120(2) Soweit die Beigeladene zu 1) entsprechend den Angaben im zweiten Hilfeplan für den Zeitraum vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012 Leistungen im Hinblick auf die Planung von Handlungen und Finanzen des Klägers erbracht haben sollte, wären diese ohne Zweifel als Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu bewertenden Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig gewesen. Wie bereits ausgeführt (siehe oben 1. e) bb (2)) folgt der Senat der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kläger hinsichtlich der selbstbestimmten Lebensführung und der Tagesstruktur nicht der Hilfe Dritter bedurfte. Für eine irgendwie geartete Tages- und Handlungsplanung bestand daher kein Bedürfnis. Für die Finanzplanung gilt nichts anderes. Es ist weder in den Akten dokumentiert, noch wird es von den Beteiligten vorgetragen, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung Schwierigkeiten hatte, "mit seinem Geld auszukommen". Über etwaige Schulden des Klägers ist nichts bekannt. Auch die vom SG und vom Senat beauftragten Sachverständigen haben in Bezug auf die Verwaltung der verfügbaren Finanzmittel keinen Hilfebedarf des Klägers festgestellt. Entsprechend der bei ihm vorliegenden strukturellen Persönlichkeitsstörung lagen die Schwierigkeiten des Klägers vielmehr darin, in Beziehung zu Dritten zu treten, und damit in der Verfolgung seiner rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten nach außen. Einer Finanzplanung bedurfte er deshalb nicht.
121(3) Die übrigen in den Hilfeplänen angegebenen und auch tatsächlich erfolgten lebenspraktischen Leistungen der Beigeladenen zu 1), d.h. die Unterstützungshandlungen im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter, die Bemühungen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers und die Hilfen bei der Erledigung des persönlichen und schriftlichen Verkehrs mit Behörden und privaten Vertragspartnern (Stromversorger, Vermieter, sonstige Gläubiger), waren als Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt von Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben jedenfalls nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
122Insoweit kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen zu 1) im Hinblick auf die Regelung des Sorgerechts des Klägers für seine Tochter bereits deshalb aus dem Kreis der Leistungen nach § 55 SGB IX auszuscheiden sind, weil Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben grundsätzlich darauf ausgerichtet sind, die Kontakte über den Bereich der Familie hinaus zu fördern (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Ebenso kann dahinstehen, ob die Bemühungen der Beigeladenen in Bezug auf die berufliche Zukunft des Klägers nicht den Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, sondern den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX zuzuordnen sind. Schließlich braucht auch nicht entschieden zu werden, ob und in welchem Umfang die Hilfe bei der Erledigung behördlicher Angelegenheiten etc. überhaupt den Leistungen der Eingliederungshilfe zuzuordnen ist, weil der Kläger ausweislich des Hilfeplans zur die Zeit vom 09.08.2011 bis zum 08.08.2012, wie er in dem Abschlussbericht auf Bl. 108 ff. GA wiedergegeben wird, Hilfe insoweit jedenfalls auch aufgrund seiner unzureichenden Sprachkenntnisse begehrt hat und es damit möglicherweise zumindest teilweise gar nicht um Deckung eines behinderungsspezifischen Bedarfs ging.
123In jedem Fall standen dem Kläger zur Erreichung der Ziele dieser Bemühungen der Beigeladenen zu 1) andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen, die nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe zu finanzieren sind und nicht zu den Leistungen der Eingliederungshilfe und der Teilhabe im Übrigen gehören, zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Notwendigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
124Bei dem Kläger bestand zwar insoweit nach Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, denen der Senat folgt und denen die Beteiligten insoweit auch nicht entgegengetreten sind, auch ein behinderungsbedingter Bedarf, weil er in krisenhaften Zuspitzungen seiner Persönlichkeitsstörung mit behördlichen Angelegenheiten überfordert ist und im streitgegenständlichen Zeitraum war und Schwierigkeiten hat und hatte, mit Fremden in Kontakt zu treten. Die genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) haben diesen Bedarf des Klägers, was der Sachverständige ebenfalls nicht in Abrede gestellt hat, auch tatsächlich - mit durchaus erheblichem Kostenaufwand - gedeckt. Dieser Bedarf hätte aber auch durch die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers nach §§ 1896 ff BGB mit dem Aufgabenkreis der Erledigung von Vermögens-, familienrechtlichen und behördlichen Angelegenheiten vollständig abgedeckt werden können, weil es bei den genannten Leistungen der Beigeladenen zu 1) um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten und die Wahrung insbesondere sozialer Rechte des Klägers geht. Das Rechtsinstitut der Betreuung schließt im Falle des Klägers Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben aus oder führt jedenfalls dazu, dass diese im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren.
125(a) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
126Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
127Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich sind, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
128Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XII bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
129(b) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Hilfeplänen und den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten praktischen Unterstützungsleistungen (zu den psychischen Hilfestellungen siehe oben (1) (a)) in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen (Wohngeld, Krankengeld, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), bei der Sorgerechtsangelegenheit bezüglich der Tochter des Klägers, im Verhältnis zum Stromversorger und zum Vermieter des Klägers sowie bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil insoweit die Einrichtung eine gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
130Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H1, wonach der Kläger wegen seiner seelischen Behinderung bei Behördenangelegenheiten und insbesondere auch hinsichtlich der Rechtsstreitigkeiten mit der Mutter seiner Tochter der Hilfe Dritter bedurfte, und denen der Senat folgt, lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 09.08.2010 bis zum 08.08.2012 vor. Medizinische Gründe gegen die Bestellung eines Betreuers hat der Sachverständige nicht festgestellt.
131Der notwendige Hilfebedarf insoweit konnte auch vollständig durch einen gesetzlichen Betreuer abgedeckt werden. Es ging schwerpunktmäßig eindeutig um die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers, nämlich um die Verwirklichung seiner sozialrechtlichen Ansprüche auf Wohngeld, Krankengeld und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um die Wahrung seiner Rechte im Verhältnis zum Vermieter, z.B. hinsichtlich der im zweiten Hilfeplan genannten defekten Wohnungstür, und zum Stromversorger (Anpassung des Tarifs und der Abschläge) und vor allem auch die Verwirklichung seines Sorgerechts für seine Tochter. Die Besorgung dieser Angelegenheiten und die Unterstützung des Klägers insoweit wäre originäre Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers mit dem Aufgabenbereich Vermögens-, familienrechtliche und behördliche Angelegenheiten gewesen. Gleiches gilt für die Suche nach einer neuen Beschäftigung und einer geeigneten Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Insoweit geht es um die Organisation der angestrebten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die als Vorbereitung für die Leistungsgewährung ebenfalls in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich eines Betreuers gefallen wäre. Die in den eingereichten Tätigkeitsdokumentationen aufgeführten Handlungen und Leistungen der Beigeladenen zu 1) gehen, soweit es um die tatkräftige Unterstützung geht (zu psychischen Unterstützungsleistungen siehe oben (1)), auch nicht über die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Klägers hinaus. Die Begleitung zu Behörden, Ärzten, Rechtsanwälten und Gerichten ist ebenso wie das Telefonieren mit diesen Personen und sonstigen Dritten und das Verfassen von schriftlichen Eingaben nichts anderes als die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten und deshalb auch typische Aufgabe eines gesetzlichen Betreuers.
132Soweit die Beigeladene zu 1) behauptet hat, sie habe auch darauf hingewirkt, dass der Kläger die genannten Angelegenheiten künftig selbstständig und ohne Hilfe erledigen kann, und die Auffassung vertreten hat, bei einer Betreuung werde demgegenüber nur stellvertretend gehandelt, so dass im Falle des Klägers eine Betreuung auch nicht indiziert gewesen wäre, folgt der Senat diesen Einlassungen nicht.
133Die Beigeladene zu 1) verkennt zunächst ebenso wie das SG in rechtlicher Hinsicht, dass die gesetzliche Vertretung des Betreuten gemäß § 1902 BGB nur eine von vielen Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers ist. Die Betreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen. Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht, wobei zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 BGB). Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist, und insoweit auch eine wichtige Angelegenheit vor ihrer Erledigung mit dem Betreuten zu besprechen (§ 1901 Abs. 3 Satz 1 und 3 BGB). Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (§ 1901 Abs. 4 Satz 1 BGB), und bei Besserung des Zustands ggf. auch eine Aufhebung der Betreuung anzuregen (vgl. § 1901 Abs. 5 Satz 1 BGB). Die Aktivierung und Förderung der Möglichkeiten des Betreuten, selbstständig ohne Hilfe des Betreuers zu handeln, ist danach originäre gesetzliche Aufgabe eines Betreuers. Dies hat im Übrigen auch der Sachverständige Dr. H1 seinem Gutachten zutreffend zugrunde gelegt.
134Darüber hinaus lassen die Tätigkeitsdokumentationen der Beigeladenen zu 1) nicht ansatzweise erkennen, was ihre Mitarbeiter genau und im Einzelnen unternommen haben, um die selbstständige Erledigung von behördlichen Angelegenheiten durch den Kläger zu fördern. Ausweislich der Tätigkeitsdokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1), namentlich der Geschäftsführer, schriftliche Eingaben an Behörden etc. selbst verfasst und entsprechende Telefonate selbst geführt. Eine irgendwie geartete pädagogische Anleitung des Klägers zu selbstständigem Agieren ist nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) hat auch selbst eingeräumt, dass ihre Tätigkeiten für Außenstehende teilweise diffus erscheinen. Diesen Eindruck kann der Senat nur bestätigen. Diffuse Leistungen können aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme aus den Mitteln der Sozialhilfe begründen.
135Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht festzustellen, dass die praktischen Unterstützungshandlungen der Beigeladenen zu 1) geeignet waren, die Selbstständigkeit des Klägers zu fördern. Der Sachverständige Dr. H1 hat dies gerade nicht angenommen. Er hat die Leistungen der Beigeladenen zu 1) ausdrücklich nur insoweit für geeignet gehalten, als sie tatsächlich dazu beigetragen hätten, eine für den Kläger angenehme Umgangsregelung und eine Anknüpfung an die berufliche Tätigkeit als Küchenhilfe herbei zu führen. In dem zuletzt genannten Gesichtspunkt ist allerdings bereits die Einschätzung des Sachverständigen zweifelhaft, weil sich die Bemühung der Beigeladenen zu 1) im Schwerpunkt auf die Aufnahme einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichtet haben, eine solche Maßnahme aber letztlich nicht aufgenommen wurde und sich der Kläger seine im Jahre 2013 aufgenommenen Beschäftigung ohne Hilfe der Beigeladenen zu 1) nach dem Ende ihrer Tätigkeit gesucht hat. In jedem Fall hat der Sachverständige nicht festgestellt, dass die Leistungen der Beigeladenen zu 1) zur Steigerung der Selbstständigkeit des Klägers geführt hätten. Vielmehr hat er ausdrücklich ausgeführt, dass die Bekämpfung der überdauernden Defizite des Klägers im Hinblick auf die Beziehungsfähigkeit sowie die Affekt- und Impulskontrolle, die den Bedarf hinsichtlich Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten etc. auslösen, nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen oder anderer therapeutischer Mitarbeiter eines Anbieters von Betreutem Wohnen fallen würden. Vor allem hat er der Einschätzung der Beigeladenen zu 1), der Umstand, dass der Kläger aktuell keine weitere Hilfe benötige, belege die Geeignetheit und die Erforderlichkeit ihrer Leistungen, ausdrücklich widersprochen und ausgeführt, es handele sich um eine bloße, nicht durch Tatsachen untermauerte Vermutung. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Es spricht viel dafür, dass ein etwaiger, aktuell fehlender Bedarf des Klägers im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger zur Zeit nichts bzw. wenig mit Behörden und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten zu tun hat. Die Sorgerechtsangelegenheit ist geregelt, auf Sozialleistungen zur Deckung des Lebensbedarfs ist der Kläger wegen der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht mehr angewiesen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nicht beantragt worden.
136bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) und (b) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene zu 1) gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
137cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
138dd) Schließlich begründen die auf die Aufnahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gerichteten Vorbereitungshandlungen der Beigeladenen zu 1) auch keinen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 33 IX oder nach dem Recht eines anderen Trägers solcher Leistungen. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) (b) entsprechend.
139III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
140IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Versicherte, die wegen schwerer psychischer Erkrankung nicht in der Lage sind, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen, haben Anspruch auf Soziotherapie, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. Die Soziotherapie umfasst im Rahmen des Absatzes 2 die im Einzelfall erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen sowie Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme. Der Anspruch besteht für höchstens 120 Stunden innerhalb von drei Jahren je Krankheitsfall.
(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Versorgung nach Absatz 1, insbesondere
- 1.
die Krankheitsbilder, bei deren Behandlung im Regelfall Soziotherapie erforderlich ist, - 2.
die Ziele, den Inhalt, den Umfang, die Dauer und die Häufigkeit der Soziotherapie, - 3.
die Voraussetzungen, unter denen Ärzte zur Verordnung von Soziotherapie berechtigt sind, - 4.
die Anforderungen an die Therapiefähigkeit des Patienten, - 5.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.
(3) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung je Kalendertag der Leistungsinanspruchnahme den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag an die Krankenkasse.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten für Leistungen, die die Beigeladene gegenüber dem Kläger im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat.
31. Die Beigeladene ist Diplom-Sozialpädagogin. Sie bot ursprünglich unter der Firma Ambulant Betreutes Wohnen - AmBeWo - V I (heute: V I - Praxis für Betreutes Wohnen, Suchthilfe und Systematische Therapie) Betreuungsleistungen an und beschäftigt insoweit mehrere Mitarbeiter, u.a. Sozialpädagogen.
4Sie schloss am 03.07.2006 mit Wirkung zum 01.07.2006 mit dem Beklagten eine "Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung" (im Folgenden: Leistungs- und Prüfungsvereinbarung) ab. Diese Vereinbarung sollte ausdrücklich die Bestimmungen des ambulanten Rahmenvertrages NRW nach § 79 SGB XII insbesondere im Hinblick auf den Leistungstyp (LT) I "Betreutes Wohnen" konkretisieren. Nach § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung leistet die Beigeladene ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX. Es handele sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbst bestimmtes Leben in einer Wohnung in der Gemeinde ermögliche. Das Ambulant Betreute Wohnen sei zu verstehen als ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes und verbindlich vereinbartes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen beziehe und der sozialen Integration diene. In den folgenden Absätzen des § 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung werden Ziele und Inhalte der Leistungen näher beschrieben. Nach § 2 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung richtet sich das Angebot des Leistungserbringers an den speziellen/eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 183 ff. GA). Erst durch ergänzende Vereinbarung vom 13.12.2013 wurde der Personenkreis auf Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung erweitert. Insoweit wird auf die zu den Akten gereichte Ergänzungsvereinbarung Bezug genommen (Bl. 229 GA)
5Darüber hinaus schloss die Beigeladene zeitgleich mit der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten ab. Nach der vom 01.04.2010 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung der Vergütungsvereinbarung vom 24.02.2010 sollte die Vergütung durch einen Stundensatz in Höhe von 50,40 Euro pro Fachleistungsstunde erfolgen (§ 1 Satz 1 der Vergütungsvereinbarung). Die Fachleistungsstunde setzt sich nach § 1 Satz 2 der Vergütungsvereinbarung aus 50 Minuten direkter Betreuungsleistung und 10 Minuten mittelbarer, klientenbezogener Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 4 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zusammen. Bei den zuletzt genannten mittelbaren, klientenbezogenen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten ohne direkten Kontakt zur betreuten Person. Mit dem Stundensatz sollten alle direkten, mittelbaren und indirekten Leistungen abgegolten sein (§ 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung). Nach § 2 Abs. 6 der Vergütungsvereinbarung erfolgt die Vergütung der Leistung aufgrund gegenüber den Klienten erlassener Bewilligungsbescheide durch monatliche Abschlagszahlungen auf Basis der Anzahl der bewilligten Fachleistungsstunden. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erfolgt eine Verrechnung der Abschlagszahlungen mit den quittierten Fachleistungsstunden.
6Mit anderen Sozialleistungs- und Sozialhilfeträgern hat die Beigeladene keine Vereinbarungen getroffen.
72. Der im Februar 1939 geborene Kläger ist Metzgermeister und war zuletzt bis 2005 als Betreiber eines Imbisswagens selbstständig tätig. Er ist seit 1964 mit seiner 1940 geborenen Ehefrau, einer gebürtigen Spanierin, verheiratet. Anfang 2010 bezogen die Eheleute Altersrenten in Höhe von 513,82 Euro und 476,39 Euro netto. Seit 1995 wohnten die Eheleute in einer 122 m² großen Wohnung am L 00 in der L Südstadt, für die sie Anfang 2010 eine Bruttowarmmiete (inklusive Heizkostenvorauszahlung) in Höhe von 636,80 Euro zu zahlen hatten. Über Vermögen verfügten die Eheleute zu diesem Zeitpunkt und auch zu späteren Zeitpunkten nicht. Existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhielten die Eheleute bis zum 30.04.2010 nicht, weil sie sich bis dahin nicht an die Sozialhilfebehörden gewandt hatten.
8Der Kläger nahm bereits seit seiner Lehrzeit in den 1960er Jahren regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich. Nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit nahm sein Alkoholkonsum weiter zu. Der Kläger schaffte es immer weniger, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Wegen erheblicher Mietrückstände kündigte der Vermieter Anfang 2010 den Mietvertrag mit dem Kläger und seiner Ehefrau. Darüber hinaus hatte die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, wegen Beitragsrückständen die Versorgung des Klägers gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf Notfallbehandlungen eingeschränkt. Gleiches galt für die Krankenversicherung seiner Ehefrau. Darüber hinaus bestanden weitere Schulden.
93. Durch Vermittlung seiner Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin C1, suchte der Kläger erstmals am 22.04.2010 die Beigeladene auf, deren Büro im gleichen Gebäude liegt wie die Praxis von Frau C1. Noch am gleichen Tag unterschrieben er und die Beigeladene einen von der Beigeladenen vorformulierten "Betreuungsvertrag für das Ambulant Betreute Wohnen" (im Folgenden: Betreuungsvertrag), der für die Zeit vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 gelten sollte. Nach § 1 Abs. 3 des Betreuungsvertrages sollten die Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung der Beigeladenen mit dem Beklagten Grundlage des Vertrages sein. Der Kläger sollte die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß der Leistungsvereinbarung erhalten (§ 2 Satz 1 des Betreuungsvertrages). Als Entgelt war gemäß § 4 des Betreuungsvertrages eine Vergütung aufgrund der Vergütungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten in Höhe von 49,90 Euro pro Fachleistungsstunde vereinbart. Zur Fälligkeit und Zahlung des Entgelts enthielt § 5 des Betreuungsvertrages folgende Regelung:
10"Das Entgelt gemäß § 4 dieses Vertrages ist monatlich durch Rechnungsstellung fällig. Sofern Entgelte von dem Träger der Sozialhilfe übernommen werden, kann die Einrichtung diese direkt mit dem Träger der Sozialhilfe abrechnen. Die Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers/der Hilfeempfängerin entfällt im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe. Der Hilfeempfänger/die Hilfeempfängerin wird über die Höhe des übernommenen Anteils informiert."
11Für die Zeit vom 01.04.2011 bis zum 30.09.2011 und vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 schloss der Kläger mit der Beigeladenen am 10.04.2011 und am 25.09.2011 inhaltlich identische Betreuungsverträge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien der Betreuungsverträge Bezug genommen (Bl. 170 ff. GA).
12Aufgrund der Betreuungsverträge erbrachte die Beigeladene überwiegend durch Einsatz ihrer Mitarbeiter Betreuungsleistungen, u.a. durch Hausbesuche, individuelle Gespräche mit dem Kläger, dessen Begleitung zu Ärzten und Ämtern und selbstständige Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden, und zwar im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011 im Umfang von 89,33 Stunden, im Zeitraum vom 22.04.2011 im Umfang von 39,83 Stunden und im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.03.2012 im Umfang von 26,17 Stunden. Die betreffenden Betreuungsleistungen quittierte der Kläger jeweils pro Monat auf ihm dafür von der Beigeladenen überreichten Formularen. Allerdings stellte die Beigeladene dem Kläger die Kosten für diese Betreuungsleistungen zunächst nicht in Rechnung.
13Inhaltlich ging es bei der Betreuung des Klägers anfangs vornehmlich um den Umzug in eine neue Wohnung, die der Kläger zum 01.07.2010 in L-G in der T-straße 00anmietete, die Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und seiner Ehefrau einschließlich der Beitragsrückstände sowie die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter, die am 07.05.2010 erfolgte und zur Gewährung von das Renteneinkommen des Klägers und seiner Ehefrau aufstockenden Grundsicherungsleistungen durch die Stadt L ab dem 01.05.2010 führte. Bei der Gewährung der Grundsicherungsleistungen berücksichtigte die Stadt L dabei u.a. die Beiträge des Klägers und seiner Ehefrau zur gesetzlichen Krankenversicherung als Bedarf und zahlte die entsprechenden Beiträge direkt an die Barmer GEK, die daraufhin spätestens ab Mitte August auch ihrerseits wieder vom vollen Krankenversicherungsschutz des Klägers und seiner Ehefrau ausging.
14Darüber hinaus sprachen die Mitarbeiter der Beigeladenen fortlaufend den Alkoholkonsum des Klägers an und begleiteten den Kläger am 15.06.2010 und 17.08.2010 zu Terminen in der psychosomatischen Klinik in C. Weiterhin halfen die Mitarbeiter der Beigeladenen dem Kläger beim schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Sozialamt der Stadt L und der Barmer GEK sowie, nachdem im Januar 2011 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden war, mit dem gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter.
15Im Hinblick auf die ungeordneten Unterlagen des Klägers regten die Mitarbeiter der Beigeladenen Mitte Februar 2011 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung an und stellten den Kontakt zu Frau L vom Caritasverband her. Nachdem der durch die Mitarbeiter der Beigeladenen initierte Antrag auf Bestellung eines Betreuers im Mai 2011 zunächst abgelehnt worden war, bestellte das Amtsgericht L mit Beschluss vom 20.06.2011 Frau T L vom Caritasverband L e.V. (später dann Frau N, ebenfalls vom Caritasverband L e.V.) zur Betreuerin für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Befugnis zum Empfang von Post. Seitdem waren die Mitarbeiter der Beigeladenen nicht mehr mit den behördlichen Angelegenheiten des Klägers befasst.
16In der Folgezeit begleiteten die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger weiterhin zu Ärzten und regten seine Teilnahme an Selbsthilfegruppen und einer Entwöhnungstherapie an.
17Vom 02.11.2011 bis zum 21.02.2012 erfolgte auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung eine Alkohol-Entwöhnungsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik C. Im Entlassungsbericht vom 03.05.2012 empfahl die Klinik als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L und verwies den Kläger ergänzend auf die Suchtambulanz der Klinik.
18Das genannte Therapiezentrum suchte der Kläger nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung ein paarmal auf. Ein Antrag des Therapiezentrums auf Übernahme der Kosten durch den Beklagten blieb ohne Erfolg. Der letzte Kontakt mit den Mitarbeitern der Beigeladenen erfolgte am 30.03.2012.
194. Bereits am Tag der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen, am 22.04.2010, beantragte diese für den Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die durch sie erfolgende Betreuung im "Ambulant Betreuten Wohnen" und fügte die fachärztliche Stellungnahme der behandelnden Ärztin Frau C1 vom gleichen Tage bei. Darin bescheinigte Frau C1 dem Kläger eine seelische Behinderung aufgrund einer Alkoholstörung, einer durch Alkohol bedingten psychischen und Verhaltensstörung und einer depressiven Entwicklung. Weiterhin wurde der Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. T aus L vom 04.06.2010 zu den Akten gereicht. In dem Bericht wird ausgeführt, die Betreuung des Klägers bestehe seit zwei Monaten, man habe zunächst eine Krankenversicherung organisiert und sei die Schuldenproblematik angegangen, jetzt kümmere man sich um eine Behandlung. Als Therapieempfehlung ist eine Entwöhnungsbehandlung und betreutes Wohnen für mindestens ein Jahr angegeben. Mit Datum vom 07.07.2010 legte die Beigeladene einen individuellen Hilfeplan für den Kläger vor. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.
20Mit Bescheid vom 15.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, das Störungsbild des Klägers erfordere Behandlung und könne über Leistungen der medizinischen Behandlung und Rehabilitation abgedeckt werden. Die weiteren Bedarfe könnten durch andere Leistungsträger vorrangig geleistet werden, z.B. würden bei Überschuldung psychosoziale, rechtliche und finanzielle Hilfen von Schuldnerberatungsstellen geleistet. Zudem könne auf Hilfen aus dem familiären Umfeld zurückgegriffen werden.
21Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte geltend, seine Ehefrau sei aufgrund ihrer spanischen Abstammung nicht in der Lage, sich um die gemeinsamen persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Ohne die Begleitung durch den Bewo-Anbieter würde er den Aufbau einer neuen Lebensperspektive nicht schaffen.
22Der Beklagte wies den Widerspruch nach beratender Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 zurück. Der Kläger gehöre nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe, weil er nicht wesentlich behindert sei. Zudem hätten bislang hinsichtlich der Alkoholproblematik weder ambulante noch stationäre medizinische Ansätze stattgefunden; vorrangig sei eine Entwöhnungsbehandlung.
235. Der Kläger hat am 17.01.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat auf die im Verwaltungsverfahren eingeholten Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte Bezug genommen.
24Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG ausdrücklich beantragt,
25ihm unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 ambulante Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.
26Der Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Er hat auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen. Er ist bei seiner Auffassung geblieben.
29Der Kläger hat für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die Leistungen der Beigeladenen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 71 ff. und 92 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Eine Entscheidung über diese Anträge ist im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren nicht erfolgt.
30Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Frau C1, Herr H, Oberarzt in der Psychosomatischen Klinik C, und Dr. T eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 20 ff. GA Bezug genommen.
31Anschließend hat das SG den Kläger von dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. C untersuchen lassen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 02.11.2011, d.h. vor der Durchführung der Entwöhnungsbehandlung, ausgeführt, bei dem Kläger liege eine chronische Alkoholkrankheit in fortgeschrittenem Stadium vor und er sei in seiner Fähigkeit an der Gesellschaft teilzunehmen wesentlich beeinträchtigt. Es sei kürzlich eine vierzehntägige Entgiftungsmaßnahme durchgeführt worden, an die sich nunmehr eine sechswöchige Entwöhnungsbehandlung anschließe. Diese Therapie müsse um einen wenigstens ein Jahr andauernden Zeitraum der Versorgung in einer betreuten Wohneinrichtung ergänzt werden. Leistungen des Ambulant Betreuten Einzelwohnens seien (noch) nicht erfolgsversprechend bzw. ausreichend.
32Im Anschluss an die Begutachtung hat der Beklagte durch seinen medizinisch-psychiatrischen Dienst weiterhin eine wesentliche Behinderung des Klägers bestritten und ausgeführt, dem Gutachten von Dr. C sei zu entnehmen, dass von AntragsteIlung bis Gutachtenerstellung ein Hilfebedarf im Rahmen von Leistungen der Krankenversicherung bestanden habe.
33Der Kläger hat geltend gemacht, der Gutachter halte weitergehende Hilfen für angezeigt, die Maßnahmen zum ambulant betreuten Wohnen stellten sich insoweit als erste Hilfe dar, um weitergehende Hilfen zu eröffnen. Weiterhin hat er einen Bericht der Psychosomatischen Klinik C vom 29.3.2012 zu den Akten gereicht, der nach dem Ende der Entwöhnungsbehandlung ergangen ist. Darin heißt es u.a., der Kläger benötige im Anschluss an die Entwöhnungsbehandlung weiter eine dauerhafte Außenstabilisierung. Zudem wurde, wie später auch im Entlassungsbericht, als Erweiterung des Betreuten Wohnens eine Anbindung des Klägers an das Tageszentrum des AHG Therapiezentrums und Adaptionshauses in L für notwendig erachtet.
34Das SG hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. C eingeholt. Dr. C hat mit Schreiben vom 11.04.2012 dargelegt, aufgrund des Verlaufs der Erkrankung des Klägers halte er nach wie vor zunächst für ein Jahr eine Unterbringung des Klägers in einem Wohnheim für notwendig und sinnvoll. Wenn diese Phase der Rehabilitation abgeschlossen sei, könne sich zu einem dann zu bestimmenden Zeitpunkt die ambulante freizügigere, im Brief vom 29.03.2012 beschriebene Therapie anschließen.
35Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. C seien Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens zu keinem Zeitpunkt geeignet und erforderlich gewesen. Zunächst seien eine stationäre Entgiftungs- und anschließend eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme als medizinische Behandlungen der schweren chronischen Alkoholkrankheit des Klägers notwendig gewesen. Nach dem Abschluss dieser Maßnahmen müsse sich zwingend eine Nachbetreuung des Klägers durch eine außerhäusliche, stationäre Unterbringung in einem Wohnheim bzw. einer Wohneinrichtung für mindestens ein Jahr anschließen, damit eine Versorgung des Klägers unter enger Kontrolle gewährleistet sei, um Rückfälle auszuschließen. Wenn der Kläger geltend mache, die vom Bewo-Anbieter in der Vergangenheit erbrachten Maßnahmen stellten sich als erste Hilfe zur Heranführung an die weitergehenden Hilfen wie die stationären Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen dar und müssten daher von dem Beklagten übernommen werden, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Denn der für das Sozialhilferecht in § 2 SGB XII verankerte Nachranggrundsatz gelte in vollem Umfang auch für die Leistungen der Eingliederungshilfe. Wenn der Bewo-Anbieter in der Vergangenheit nach Aufnahme der Betreuung im April 2010 für den Kläger zunächst die Versicherung in einer Krankenkasse herbeigeführt, die Schuldenproblematik geklärt (Einleitung einer Privatinsolvenz) und die Behandlung des Klägers eingeleitet habe, handele es sich hierbei nicht um Aufgaben eines Bewo-Anbieters, weil diese Hilfen nicht dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile in unmittelbarem Bezug mit dem selbständigen Leben in einer eigenen Wohnung dienten und diese Hilfebedarfe durch Leistungen anderer Träger bzw. Stellen vorrangig gedeckt werden könnten und sollten, beispielsweise durch einen amtlich bestellten Betreuer im Rahmen einer gesetzlichen Betreuung mit den Aufgabenbereichen Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten oder durch Schuldnerberatungsstellen etc. Eine gesetzliche Betreuung mit den Aufgabenbereichen Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Befugnis zum Empfang von Post bestehe für den Kläger seit Juli 2011 und hätte auch bereits früher zur Unterstützung des Klägers eingerichtet werden können. Der Beklagte habe zu Recht in seinem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2010 darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Leistungserbringung des ambulant betreuten Wohnens kein allumfassendes Paket mit allen denkbaren Hilfen für den Behinderten durch den Bewo-Anbieter erbracht werden soll, der Bewo-Anbieter könne bzw. solle insbesondere nicht Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers übernehmen bzw. diesen ersetzen. Auch könne der Bewo-Anbieter einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht dadurch herbeiführen, dass er unter Nichtbeachtung des Nachranggrundsatzes Leistungen, die nicht in seinen Kompetenzbereich fallen, tatsächlich erbringe, für die vorrangig andere Leistungsträger oder Stellen im sozialen Gefüge zur Verfügung stünden, denn es stehe nicht im Belieben des Anspruchstellers zwischen der zumutbaren Inanspruchnahme der für entsprechende Leistungen zuständigen Träger oder Stellen und der Sozialhilfe zu wählen. Letztlich bleibe auszuführen, dass die Betreuung des Klägers durch den Bewo-Anbieter nichts an seinen Trinkgewohnheiten habe verändern können und es auch während der Betreuung zu Alkoholexzessen gekommen sei. Dies mache deutlich, dass zunächst die Suchterkrankung des Klägers durch medizinische Behandlung und Rehabilitation therapiert und Abstinenz erreicht werden müsse, bevor ambulante Maßnahmen des betreuten Wohnens zur (Wieder-)Eingliederung des Klägers in die Gesellschaft erfolgreich greifen könnten.
36Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das SG einen Hinblick auf die angekündigte Einstellung des Ambulant Betreuten Wohnens zum 26.03.2012 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Az.: S 21 SO 137/12 ER). Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.
376. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.05.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem 11.06.2012, Berufung eingelegt. Er meint, die Hilfen des Betreuten Wohnens hätten seine soziale Lage durch Abwendung von Obdachlosigkeit und Wiederherstellung des Krankenversicherungsschutzes verbessert. Erst danach habe er sich der Wiederherstellung seiner Gesundheit und der Therapie öffnen können. Ohne Wohnung wäre auch ein eigenes Wohnen behinderungsbedingt nicht möglich gewesen. Ohne Krankenversicherungsschutz hätte auch kein Psychotherapeut aufgesucht werden können, wobei insoweit ohnehin Wartezeiten bestanden hätten. Im Übrigen habe auch der Sachverständige Dr. C in der Sache die Notwendigkeit der Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens für die Zeit bis zur Entwöhnungsbehandlung bestätigt. Der Kläger hat insoweit ergänzend eine Bescheinigung der Psychosomatischen Klinik C vom 27.07.2012 und eine Stellungnahme derselben Klinik vom 06.05.2013 zu den Akten gereicht. Dort heißt es u.a. an der Herausbildung und Weiterentwicklung der Motivation des Klägers, sich auf die Entwöhnungsbehandlung einzulassen, sei das "Aufsuchend Betreute Wohnen" maßgeblich beteiligt gewesen. Es sei ein krankheitstypischer Verlauf bei Suchterkrankungen, dass häufig erst zahlreiche ambulante Kontakte notwendig seien, bis der betroffene Suchtpatient für eine Entwöhnungsbehandlung bereit sei. Angebote der ambulanten Suchtberatung oder ambulante Psychotherapie habe er wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie die Beantragung einer gesetzlichen Betreuung. Es bestehe im Übrigen kein Nachrangverhältnis der Leistungen der Eingliederungshilfe zu den Leistungen nach dem SGB V, denn die Leistungen hätten unterschiedliche Zielrichtungen. Die Beigeladene habe für ihn, so der Kläger weiter, nach der mit dem Beklagten abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung auch tätig werden dürfen, da die bei ihm vorliegende Alkoholerkrankung zu den psychischen Erkrankungen gehöre.
38Unter dem 16.03.2015 hat die Beigeladene an den Kläger drei Rechnungen adressiert und zwar über 107 Fachleistungsstunden zu je 51,50 Euro im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 21.04.2011, d.h. über insgesamt 5.510,50 Euro, über 46 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2011 bis zum 21.10.2011 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 2.369,00 Euro, und über 31 Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.10.2011 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. über insgesamt 1.596,50 Euro. Bei der Berechnung der Fachleistungsstunden hat die Beigeladene den gesamten Zeitaufwand für den Kläger mit 1,2 multipliziert.
39Der Kläger beantragt,
40das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2010 zu verurteilen, die Kosten für insgesamt 184 mit Rechnungen vom 16.03.2015 von der Beigeladenen abgerechnete Fachleistungsstunden im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 zu je 51,50 Euro, d.h. insgesamt 9.476,- Euro, durch Beitritt zu seinen insoweit gegenüber der Beigeladenen bestehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen.
41Der Beklagte beantragt,
42die Berufung zurückzuweisen.
43Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend meint er, die Beigeladene habe nach der zwischen ihm und ihr abgeschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht für den Kläger tätig werden dürfen, weil eine Alkoholerkrankung eindeutig die Voraussetzungen des Bereichs "Sucht" erfülle, für den die Beigeladene in dem Zeitraum, in dem sie für den Kläger tätig gewesen sei, keine Zulassung besessen habe. Darüber hinaus seien die Leistungen der Beigeladenen auch nicht dem Betreuten Wohnen zuzurechnen und hätten auch nicht dessen Zielsetzung, nämlich eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche Lebensform zu ermöglichen, entsprochen. Der Kläger sei vielmehr gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen, ein entsprechendes Betreuungsangebot wahrzunehmen. Die Bewahrung vor Obdachlosigkeit, die Gewährleistung von Krankenversicherungsschutz und Therapiemotivation seien nicht das spezifische Ziel des Betreuten Wohnens. Für die Therapiemotivation fehle der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern zudem die Fachkompetenz.
44Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
45Sie hat auf Befragen des Senats mit Schriftsatz vom 27.11.2013 u.a. im Einzelnen beschrieben, welche Leistungen sie dem Kläger gegenüber erbracht habe, und die Dokumentation ihrer Mitarbeiter über die einzelnen Kontakte mit dem Kläger und den zu seinen Gunsten erfolgten Tätigkeiten zu den Akten gereicht. Insoweit wird auf Bl. 166 f. und Bl. 293 ff. GA Bezug genommen. Sie meint, die Hinführung zu den weiterführenden ambulanten und auch medizinischen und suchttherapeutischen Hilfen sei Teil der Eingliederungshilfe. Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens fielen als Leistungen der Eingliederungshilfe in den Zuständigkeitsbereich des Sozialhilfeträgers. Angebote der ambulanten Suchtberatung, Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und ambulanter Psychotherapie und ambulante psychiatrischer Pflege habe der Kläger wegen seiner wesentlichen Behinderung ebenso wenig wahrnehmen können wie eine gesetzliche Betreuung. Genau so wenig habe sich der Kläger selbstständig bei einer Entwöhnungstherapie anmelden können.
46Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich als Sachverständigen bestellten Dr. C eingeholt. Dieser hat in seiner schriftlichen Äußerung vom 11.03.2013 ausgeführt, die seit dem 22.04.2010 durchgeführte Behandlung sei aus nervenfachärztlicher Sicht nicht ausreichend gewesen. Die beantragten ambulanten Hilfen hätten absehbar den medizinischen Behandlungsbedarf nicht decken können. Angesichts der unzureichenden ambulanten medizinischen Behandlung sei allerdings die Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen für den gesamten Zeitraum bis zu seiner Begutachtung notwendig gewesen, um einer noch weitergehenden körperlichen und seelischen Verelendung des Kläger vorzubeugen.
47Der Senat hat den Kläger sodann am 15.05.2014 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H untersuchen lassen. Dieser hat zunächst folgende Diagnosen gestellt:
48- Langjährige Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent (ICD-10: F 10.20G)
49- Anhaltende kognitive Beeinträchtigung nach langjähriger Alkoholabhängigkeit (ICD-10: F 10.74G)
50- Leichtgradige alkoholtoxische Polyneuropathie (ICD-10: G 62.1G)
51Darüber hinaus habe im April 2010 auch eine depressive Symptomatik bestanden, die jedoch im Rahmen von Alkoholerkrankungen häufig auftrete und keine eigenständige Störung darstelle. Eine dependente Persönlichkeitsstörung oder eine posttraumatische Belastungsstörung hätten nicht vorgelegen.
52Durch die genannten Erkrankungen sei der Kläger seit 2010 im Verhältnis zu einem gleichaltrigen nicht behinderten Menschen eingeschränkt gewesen. Dies gelte hinsichtlich der Ausführung geistiger Tätigkeiten, des sozialen Zusammenlebens und der selbstbestimmten Lebensführung. Es liege auch eine wesentliche Teilhabeeinschränkung vor. Hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme sei der Kläger seit April 2010 zwar nur unwesentlich beeinträchtigt gewesen, wobei er allerdings insoweit durch seine Ehefrau unterstützt worden sei. In jedem Fall sei der Kläger durchgehend bis heute hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt gewesen. Weiterhin hätten Schwierigkeiten bestanden, den Alltag zu strukturieren, wobei es hier jedoch nach der Entwöhnungsbehandlung zu einer deutlichen Besserung gekommen sei.
53Der Kläger habe im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 Hilfe bei Behördengängen benötigt. Demgegenüber habe er über die Hilfe seiner Ehefrau hinaus keiner Hilfe bei der Planung eines strukturieren Tagesablaufs oder der Planung von Freizeitaktivitäten benötigt.
54Die Leistungen der Beigeladenen seien teilweise geeignet gewesen, den Hilfebedarf des Klägers abzudecken, weil die Beigeladene insbesondere auf die stationäre Entwöhnungsbehandlung hingewirkt habe, ohne die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die derzeitige Abstinenz und somit deutliche gesundheitliche Stabilisierung nicht erreicht worden wäre. Allerdings seien die Leistungen der Beigeladenen nicht erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsmaßnahmen, die auf Kosten eines anderen Sozialleistungsträgers hätten durchgeführt werden können, zur Verfügung gestanden hätten. Vor der Durchführung von Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens wären zunächst Leistungen der ambulanten Suchtberatung, der ambulanten Psychotherapie, der ambulanten psychiatrischen Pflege und eine intensivierte psychiatrische Fachtherapie möglich gewesen. Hinsichtlich der Wohnungssuche, der Anmeldung bei der Krankenversicherung und der Einleitung des Insolvenzverfahrens hätte zu einem früheren Zeitpunkt eine gesetzliche Betreuung stattfinden können. Die entscheidende Therapiemaßnahme sei die stationäre Entwöhnungsbehandlung gewesen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit hinsichtlich der Motivation für diese Behandlung Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens erforderlich gewesen seien, zumal es insoweit um eine genuin psychiatrische Aufgabe handele. Für die Aufrechterhaltung der Abstinenzmotivation sei ein Sozialpädagoge nicht hinreichend qualifiziert.
55Im Anschluss an Einwendungen des Klägers und der Beigeladenen hat der Senat noch eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen eingeholt. In seiner schriftlichen Äußerung vom 03.09.2014 hat er ausgeführt, er habe eine rein medizinische Bewertung aus ex-ante-Sicht abgegeben. Aus medizinischer Sicht seien andere Maßnahmen als Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens indiziert gewesen. Er teile die Auffassung des Klägers und der Beigeladenen, der Kläger sei zu anderen Maßnahmen nicht in der Lage gewesen, nicht. Ein einziger Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L hätten ausgereicht, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten. Er könne nicht erkennen, wieso der Kläger nicht auch ohne Hilfe der Beigeladenen in der Lage gewesen wäre, einen ambulant niedergelassenen, psychiatrischen Facharzt aufzusuchen. Eine Vorstellung in der psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der Klinik B Str. in der L Südstadt, hätte zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen können. Er weise erneut darauf hin, dass die Erzielung und Aufrechterhaltung einer Abstinenzmotivation eine genuin ärztliche und psychotherapeutische Aufgabe darstelle und nicht in den Kompetenzbereich von Sozialpädagogen falle.
56Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Bezug genommen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
58Entscheidungsgründe:
59Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
60I. 1. Das Begehren des Klägers im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach seinem wohlverstanden Interesse inhaltlich auf die Gewährung einer Sachleistung in Gestalt der Sachleistungsverschaffung gerichtet. Der Beklagte hätte die begehrte Leistung nicht durch Zahlung von Geld, sondern dadurch zu erbringen, dass er durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung der Schuld beitritt, die der Kläger durch Beauftragung der Beigeladenen, die ihrerseits Leistungen gegen Entgelt bereitstellt und mit dem Beklagten als Sozialhilfeträger Verträge nach § 76 SGB XII geschlossen hat, begründet hat (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R -, juris Rn. 10; sog. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis; hierzu ebenso für Leistungen des Ambulanten Betreuten Wohnens LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 45). Dementsprechend scheidet auch eine Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG aus, da keine Geldleistung im Streit steht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Der Senat hat deshalb gemäß §§ 153 Abs. 1, 106 Abs. 1 SGG den Antrag des Klägers anders als das SG gefasst. Die Beiladung der Leistungserbringerin war nach § 75 Abs. 2 1. Alt. SGG notwendig (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 10).
612. In zeitlicher Hinsicht sind die gesamten Leistungen der Beigeladenen, die diese dem Kläger gegenüber im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbracht hat, zulässiger Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5, 56 SGG. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger für die Zeit ab dem 22.04.2011 und ab dem 01.10.2011 weitere Anträge auf Übernahme der Kosten für die durch die Beigeladene erbrachten Leistungen bei dem Beklagten gestellt und insoweit jeweils weitere individuelle Hilfepläne eingereicht hat. Ebenso wenig ist entscheidend, ob die verwaltungsinternen Verfahrensbestimmungen des Beigeladenen eine Individuelle Hilfeplanung (IHP) nur für einen jeweils zeitlich begrenzten Zeitraum (ein Jahr oder sechs Monate) vorsehen. Maßgeblich ist vielmehr, dass der angefochtene Bescheid vom 15.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2010, die gemäß § 95 SGG den Gegenstand der Klage bilden, keine Anhaltspunkte für eine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung erkennen lassen. Bei zeitlich unbeschränkter Ablehnung ist der gesamte Zeitraum bis letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren streitgegenständlich (vgl. BSG Urt. v. 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, juris Rn. 8 m.w.N; Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, juris Rn. 9). Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich hier lediglich in tatsächlicher Hinsicht daraus, dass die Beigeladenen nach dem 31.03.2012 keine Leistungen mehr für den Kläger erbracht hat.
62II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die dem Kläger von der Beigeladenen in Rechnung gestellten Kosten für die von ihr im Zeitraum vom 22.04.2010 bis zum 31.03.2012 erbrachten Leistungen durch Schuldbeitritt übernimmt.
631. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
64a) Für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten) wäre der Beklagte nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 Buchstabe a) AG-SGB XII NRW und § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz AV-SGB XII NRW (Leistungen der Eingliederungshilfe für volljährige behinderte Menschen außerhalb einer teilstationären oder stationären Einrichtung, die mit dem Ziel geleistet werden sollen, selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern) sachlich und gemäß § 98 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 SGB XII wegen des unveränderten Aufenthalts des Klägers in L auch örtlich zuständig. Auf § 14 SGB IX käme es insoweit nicht an.
65b) Ein Anspruch aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX scheitert nicht von vornherein an einem fehlenden Bedarf des Klägers in Gestalt eine bestehenden, betrittsfähigen zivilrechtlichen Schuld im Verhältnis zur Beigeladenen (zu diesem Erfordernis in dem hier streitgegenständlichen sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis vgl. BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 13 ff.).
66aa) In den Betreuungsverträgen, die der Kläger am 22.04.2010, am 10.04.2011 und am 25.09.2011 mit der Beigeladenen geschlossen hat, war in § 4 eindeutig geregelt, dass der Kläger - unabhängig von etwaigen Leistungen eines Sozialleistungsträgers - für die Leistungen der Beigeladenen ein Entgelt zu zahlen hatte. Gerade auch die Regelung des § 5 der Betreuungsverträge zeigt, dass diese Zahlungspflicht nicht davon abhängig, ob und in welchem Umfang ein Sozialleistungsträger die Kosten übernahm. Vielmehr sollte die Zahlungspflicht des Klägers gemäß § 5 Satz 3 der Betreuungsverträge lediglich im Umfang der Leistung durch den Träger der Sozialhilfe entfallen. Diese Regelung setzt mithin eine grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Hilfeempfängers, d.h. hier des Klägers, voraus.
67bb) An der Wirksamkeit der vereinbarten Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beigeladenen bestehen im Hinblick auf die hier zunächst erörterten Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Zweifel. Zwar ist ein Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung eines Erbringers ambulanter Dienstleistungen gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 SGB XII nur verpflichtet, wenn er mit dem Leistungserbringer oder seinem seinem Verband eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (Leistungsvereinbarung), die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) geschlossen hat. Solche Vereinbarungen hat die Beigeladene aber mit dem Beklagten für den Leistungsbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung geschlossen. Damit sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX abgedeckt.
68Die Beigeladene ist, soweit es um etwaige Leistungen des Ambulant betreuten Wohnens geht, auch innerhalb der zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geblieben. Sie durfte nach § 2 Abs. 2 dieser Vereinbarung zwar nur für den ausdrücklich eingegrenzten Personenkreis der Menschen mit psychischer Behinderung im Einzugsgebiet der Stadt L tätig werden. Der Kläger gehörte jedoch zu diesem Personenkreis. Nach den überzeugen Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. H leidet und litt der Kläger im Zeitraum seit dem 22.04.2010 an psychischen Erkrankungen und gehörte zum Kreis der seelisch behinderten Menschen. Dr. H hat ausdrücklich psychische Erkrankungen nach ICD-10 diagnostiziert und festgestellt, dass die seelische Gesundheit des Klägers von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweicht (vgl. insoweit auch § 2 Abs. 1 SGB IX). Seine Feststellungen decken sich hinsichtlich der Feststellung einer psychischen Behinderung auch mit den Einschätzungen der behandelnden Ärzte des Klägers, wie sie sich aus den zahlreichen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Bescheinigungen und Stellungnahmen ergeben.
69Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine andere Bewertung nicht daraus, dass der Kläger an einer Alkoholkrankheit leidet und litt und die Beigeladene bis Ende 2013 keine vertragliche "Zulassung" für Menschen mit einer chronischen Sucherkrankung besaß. Zwar gehört auch die Alkoholkrankheit zu den Suchterkrankungen. Der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung vom 03.07.2006 verwandte Begriff "Menschen mit psychischer Behinderung" erfasst jedoch auch Menschen, die an einer Alkoholkrankheit leiden. Dies ergibt eine Auslegung des Vertrages aus objektiver Empfängersicht unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 61 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Entscheidend ist insoweit, dass die Alkoholkrankheit nach ICD-10 zu den psychischen Erkrankungen gehört und für die Beigeladene, die seit Jahren auch auf Kosten des Beklagten für alkoholabhängige Menschen Leistungen erbracht hat, nicht erkennbar war, dass der Beklagte Alkoholkranke nicht unter die Gruppe von Menschen mit psychischer Behinderung subsumieren will. Vor allem geht aus den zu den Akten gereichten E-Mails des Beklagten an die Beigeladene hervor, dass sich der Beklagte vornehmlich daran gestört hat, dass die Beigeladene auch im Bereich der illegalen Sucht tätig geworden ist. Alkohol gehört jedoch zu den legalen Suchtmitteln.
70cc) Die Entgeltforderungen der Beigeladenen aus den Betreuungsverträgen mit dem Kläger sind auch fällig. Nach § 5 Satz 1 der Betreuungsverträge, wonach das Entgelt gemäß § 4 der Verträge monatlich durch Rechnungsstellung fällig ist, bedurfte es für die Fälligkeit der Vergütung - abweichend vom Regelfall (vgl. hierzu Kerwer, in: jurisPK-BGB, § 271 Rn. 19 mit zahlreichen w.N.) - einer Rechnung. Diese ist dem Kläger mit drei Schreiben vom 16.03.2015 erteilt worden, so dass die Fälligkeit der Forderungen der Beigeladenen noch vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren herbeigeführt wurde. Es kann deshalb dahinstehen, wie bei noch nicht fälligen Ansprüchen im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zu entscheiden wäre (vgl. zur Möglichkeit eines Beitritts zu einer künftigen Schuld BSG, Urt. v. 18.11.2014 - B 8 SO 23/13 R -, juris Rn. 16).
71c) Ebenso wenig fehlt es an den Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beigeladenen (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.), d.h. mit Zugang der Rechnungen vom 16.03.2015, verfügten der Kläger und seine von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nach § 19 Abs. 3 SGB XII mit zu berücksichtigen sind, nicht über Vermögen, dass den Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b), Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DV § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) in Höhe von 3.214,- Euro überstieg. Vielmehr war gar kein Vermögen vorhanden. Einkommen fließ und floss dem Kläger und seiner Ehefrau nur in Höhe der Altersrenten zu, die noch nicht einmal den Bedarf, wie er sich für beide aus § 42 SGB XII ergibt, überstiegen, so dass die Stadt L fortlaufend Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII gewährt und gewährte. Das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau übersteigt damit die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 SGB XII offensichtlich nicht. Ein Einkommenseinsatz unterhalb der Einkommensgrenze kommt nach § 88 SGB XII ebenfalls offensichtlich nicht in Betracht.
72d) Der Kläger gehört auch zum Kreis der wesentlichen behinderten Menschen, die gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe als Pflichtleistung haben.
73Nach § 3 Nr. 3 der Verordnung nach § 60 SGB XII - Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) gehören Suchterkrankungen, wozu auch die beim Kläger vorliegende Alkoholkrankheit gehört, zu den seelischen Störungen, die eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zur Folge haben können. Ob die seelische Behinderung wesentlich ist, ergibt sich aus einer wertenden Betrachtung des Einzelfalles, ausgerichtet an den Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabemöglichkeiten (so zur geistigen Behinderung BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Rn. 14 m.w.N., und zur seelischen Behinderung LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 59).
74Danach ist die seelische Behinderung des Klägers wesentlich. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H litt der Kläger im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seine langjährigen Alkoholkrankheit an kognitiven Defiziten und war deshalb hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren. Er war, was sich auch aus den Aufzeichnungen der Beigeladenen und den übrigen zu den Akten gereichten medizinischen Unterlagen ergibt, nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen und ihm zustehende Sozialleistungen selbst ohne Hilfe Dritter zu beantragen. Dies stellen erhebliche Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten dar.
75e) Allerdings liegen die Voraussetzungen für Leistungen nach 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor. Die von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger erbrachten Leistungen stellen keine Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar. Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX waren auch für den Kläger nicht notwendig im Sinne von § 4 Abs. 1 (hier Nr. 4) SGB IX, denn sie waren bei Anwendung eines individuellen Prüfungsmaßstabs bei vorausschauender Betrachtung zum Erreichen der Ziele der Eingliederungshilfe, hier der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, im Sinne von § 53 Abs. 3 SGB XII nicht unentbehrlich (vgl. zur generellen Voraussetzung der Notwendigkeit von Eingliederungshilfeleistungen und zum Prüfungsmaßstab siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14).
76aa) Was unter "Hilfen zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten" im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. insoweit auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61). Aus diesen geht lediglich hervor, dass sich der in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandte Begriff der "Formen ambulant betreuter Wohnmöglichkeiten" an § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX orientieren soll (vgl. BT-Drucks 15/1514, S. 67 zu § 93 (Örtliche Zuständigkeit)). Die Rechtsprechung hat hieraus abgeleitet, dass die sowohl in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als auch in § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII verwandten Begriffe "betreute Wohnmöglichkeiten" inhaltlich identisch sind (vgl. BSG, Urt. v. 25.08.2011 - B 8 SO 7/10 R -, juris Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).
77Das BSG hat insoweit konstatiert, dass die von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erfassten Leistungen ihrer Art nach äußerst vielfältig sind und unterschiedlichste Betreuungsleistungen sowohl in der eigenen Wohnung, in Wohngruppen oder Wohngemeinschaften erfassen (BSG, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.). Ebenso wie bereits zuvor der Senat (vgl. Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 31) hat das BSG klargestellt, dass es nicht darauf ankommt, ob die betreffende Wohnung/Wohnmöglichkeit nur gekoppelt mit der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr können Hilfen in "betreuten Wohnmöglichkeiten" auch in der selbst angemieteten Wohnung erbracht werden. Das BSG hat weiterhin entschieden, dass die Eingrenzung der von dieser Leistungsform umfassten Hilfen in erster Linie anhand des Zwecks der Hilfen zu erfolgen hat. Sinn der Betreuungsleistungen beim Betreuten Wohnen ist nicht die gegenständliche Zurverfügungstellung der Wohnung, sondern (nur) die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei Erledigung der alltäglichen Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung. Der Art nach darf es sich bei der Betreuung nicht um eine vorwiegend medizinische oder pflegerische Betreuung handeln, sondern Hauptzielrichtung der Leistungen müsse die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sein (BSG, a.a.O., Rn. 15).
78Entsprechende, teilweise aber auch weitergehende Konkretisierungsansätze hat auch der Senat entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist das Selbstbestimmungspostulat wesentlicher Bestandteil des gesetzlichen Selbstverständnisses in §§ 1 und 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX und bedingt eine angemessene Berücksichtigung der Wohn- und Lebensvorstellungen des behinderten Menschen nebst der hierauf bezogenen berechtigten Wünsche im Sinne des § 9 SGB IX bei der Konkretisierung der Leistungen und ihrer Voraussetzungen. Der Sache nach soll der behinderte Mensch durch Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX so weit wie möglich befähigt werden, alle wichtigen Alltagsverrichtungen in seinem Wohnbereich selbstständig vornehmen zu können, sich im Wohnumfeld zu orientieren oder zumindest dies alles mit sporadischer Unterstützung Dritter zu erreichen. Hierzu kann auch die Motivierung des Betroffenen gehören, die für ihn gegebenenfalls neue Lebenssituation anzunehmen und konstruktiv zu bewältigen. Eine betreute Wohnmöglichkeit liegt nur dann vor, wenn fachlich geschulte Personen Betreuungsleistungen erbringen, die darauf gerichtet sind, dem Leistungsberechtigten Fähigkeiten und Kenntnisse zum selbstbestimmten Leben zu vermitteln. Dabei darf es sich nicht um sporadische, situativ bedingte Betreuungsleistungen handeln, sondern diese müssen in einer regelmäßigen Form erbracht werden und in eine Gesamtkonzeption eingebunden sein, die auf die Verwirklichung einer möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet sein muss. Die möglichen Hilfeleistungen, die das erforderliche Merkmal der Betreuung erfüllen, umfassen insbesondere die Vermittlung von Fähigkeiten, sich selbstständig in der Wohnung zurechtzufinden, die Wohnung eigenverantwortlich sauber zu halten, den sozialen Umgang mit den Mitbewohnern und anderen Mietern im Haus zu erlernen, eigene Interessen zu artikulieren und adäquat zu vertreten. Auch die Begleitung in die nähere Umgebung zu Einkäufen, notwendigen Arztbesuchen oder in der Nähe wohnenden Familienangehörigen kann beispielsweise der Hilfe nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zugeordnet werden, wenn sie das Ziel verfolgt, die leistungsberechtigte Person so an ihre Umgebung zu gewöhnen, dass sie sich nach einer Orientierungs- und Trainingsphase möglichst selbstständig inner- und außerhalb der Wohnung bewegen kann (Urt. v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 32 f.).
79Diese Ansätze aufgreifend hat der 20. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf den Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX die Auffassung vertreten, die Leistungen des Betreuten Wohnens müssten wohnungsbezogen sein und final auf die Selbstständigkeit "beim Wohnen" und im Wohnumfeld ausgerichtet sein (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 61, 65). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Verknüpfung der Betreuung mit dem Wohnen in § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX macht deutlich, dass nicht jede Form von sozialer oder psychischer Unterstützung unter diese Vorschrift subsumiert werden kann. Sonst würde auch die besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, die, wie bereits ausgeführt, ebenso wie § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszulegen ist, übermäßig erweitert. Vielmehr müssen Hilfen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX eine konzeptionelle Ausrichtung auf das Wohnen und das Wohnumfeld und auf die Förderung der Selbstbestimmung des Wohnens in der gewählten Wohnform (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) im Rahmen der individuellen Möglichkeiten des behinderten Menschen aufweisen. Ohne eine solche konzeptionelle Ausrichtung wäre auch der Schutzzweck des § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII nicht einschlägig (so das Urt. des Senats v. 17.06.2010 - L 9 SO 15/09 -, juris Rn. 34; die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes demgegenüber offen lassend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 65). Die erforderliche finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens kommt auch in der landesrechtlichen Zuständigkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW deutlich zum Ausdruck.
80Daran anknüpfend können Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nur dann im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig sein, wenn bei dem Leistungsempfänger ein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten, selbstbestimmten Wohnform besteht. Dies ist dann der Fall, wenn die vom Leistungsempfänger gewählte, dem ihm möglichen Niveau an Selbstständigkeit entsprechende Wohnform gefährdet ist und der Leistungsempfänger ohne Unterstützung Dritter in eine weniger selbstbestimmte Wohnform, insbesondere in eine stationäre Einrichtung, wechseln müsste. Demgegenüber sind Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht erforderlich im Sinne von unerlässlich, wenn der behinderte Mensch zwar in diverser Hinsicht bei seiner Lebensführung der Hilfe bedarf, dieser Hilfebedarf jedoch nicht mit der von ihm gewählten Wohnform im Zusammenhang steht oder sich nicht auf die Aufrechterhaltung einer selbstbestimmten Wohnform bezieht. Gleiches gilt, wenn die Aufrechterhaltung des selbstbestimmten Wohnens durch Angehörige, insbesondere solche, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 SGB XII zu berücksichtigen ist, sicher gestellt wird. Dann stehen nämlich andere gleich geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zur Verfügung (vgl. insoweit zu den Voraussetzungen der Erforderlichkeit auch BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -, juris Rn. 17 f.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74).
81bb) Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX nicht vor.
82(1) Zum einen hat die Beigeladene gegenüber dem Kläger keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geleistet. Sie hat zwar diverse Betreuungsleistungen gegenüber dem Kläger erbracht. Bei diesen Betreuungsleistungen handelt es sich jedoch im Schwerpunkt bereits nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben (siehe dazu im Einzelnen unten 2. b) aa)). In jedem Fall fehlt den erbrachten Leistungen der erforderliche finale Wohnungsbezug. Ein auf die Aufrechterhaltung der vom Kläger gewählten Wohnform und den von ihm erstrebten Grad der Selbstständigkeit des Wohnens gerichtetes Konzept ist nicht erkennbar. Dies war auch bei ex-ante-Betrachtung nach den beim Beklagten eingereichten Hilfeplänen nicht der Fall.
83Wie sich auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen ergibt, bestand die vom Kläger gewünschte Wohnform darin, weiterhin zusammen mit seiner Ehefrau selbstständig in einer angemieteten Wohnung zu leben, so wie es der Kläger bereits während seiner gesamten, mittlerweile über 50jährigen Ehe getan hatte. Ausweislich der von der Beigeladenen zu den Akten gereichten Dokumentation der Kontakte ihrer Mitarbeiter mit dem Kläger war das selbstständige Leben in dieser Wohnform zu keinem Zeitpunkt Thema der Gespräche mit dem Kläger. Dass die Mitarbeiter der Beigeladenen irgendwelche Anregungen oder konkrete Hilfestellungen in Bezug auf das selbstständige Wohnen des Klägers zusammen mit seiner Ehefrau gegeben hätten, geht aus den Dokumentationen ebenso wenig hervor wie aus der schriftlichen Einlassung der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013. Haushaltsführung, Lebensgestaltung in der Wohnung und das Zurechtfinden in der Umgebung, insbesondere nach dem Umzug, war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Bemühungen der Beigeladenen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Hilfeplänen.
84Überwiegend beschäftigten sich die Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Alkoholkonsum und dem übrigen Gesundheitszustand des Klägers und wirkten immer wieder auf ihn ein, seine Suchtproblematik zu erkennen und sich um eine Entwöhnungsbehandlung zu bemühen. Ausweislich der zu den Akten gereichten Dokumentationen betrafen die Kontakte und Telefonate mit dem Kläger und anderen Personen, z.B. Ärzten, am 22.04.2010, 10.05.2010, 11.05.2010, 14.05.2010, 17.05.2010, 04.06.2010, 15.06.2010, 06.07.2010, 20.07.2010, 17.08.2010, 15.09.2010, 03.11.2010, 30.11.2010, 27.12.2010, 27.01.2011, 31.01.2011, 03.02.2011, 21.02.2011, 08.03.2011, 21.03.2011, 30.03.2011, 31.03.2011, 06.04.2011, 14.04.2011, 20.04.2011, 05.05.2011, 16.05.2011, 23.05.2011, 25.05.2011, 27.05.2011, 30.05.2011, 15.06.2011, 30.06.2011, 06.07.2011, 14.07.2011, 25.07.2011, 05.08.2011, 24.08.2011, 25.08.2011, 29.08.2011, 31.08.2011, 07.09.2011, 12.09.2011 und sämtliche Tätigkeiten und Kontakte seitdem, d.h. insgesamt ca. 102 Stunden, zumindest im Schwerpunkt diesen Themenkomplex. Bei diesen Kontakten etc. ging es um die Beseitigung und Bekämpfung des zentralen Problems des Klägers, nämlich seines krankhaften übermäßigen Alkoholkonsums. Die Beigeladene hat insoweit (allenfalls) allgemeine Lebenshilfe geleistet. Diese Hilfe war jedoch nicht spezifisch und konzeptionell auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichtet. Es kann dahinstehen, ob die Beschäftigung mit der Grunderkrankung des Leistungsempfängers und Therapiemotivation Bestandteil von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein kann, wenn das Gesamtkonzept des Leistungserbringers auf die Wohnform und das selbstständige Wohnen ausgerichtet ist (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 87). Ohne eine entsprechende gesamtkonzeptionelle Ausrichtung stellen entsprechende Handlungen des Leistungserbringers jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen dar.
85Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Mitarbeiter der Beigeladenen bildete vornehmlich in der Anfangszeit der Betreuung des Klägers die Erledigung von Verwaltungs- und sonstigen rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. So waren die Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, die Klärung des Krankenversicherungsversicherungsverhältnisses, die Schuldenproblematik einschließlich der Einleitung eines Insolvenzverfahrens und die Einleitung einer rechtlichen Betreuung die schwerpunktmäßigen Themen der Kontakte und Telefonate am 26.04.2010, 30.04.2010, 03.05.2010, 05.05.2010, 07.05.2010, 17.05.2010, 28.05.2010, 17.06.2010, 07.07.2010, 12.07.2010, 13.07.2010, 16.07.2010, 30.07.2010, 02.08.2010, 09.08.2010, 10.08.2010, 13.08.2010, 02.09.2010, 28.09.2010, 29.09.2010, 05.10.2010, 03.01.2011, 08.02.2011, 14.02.2011, 01.03.2011, 12.04.2011, 10.05.2011, 06.06.2011, 04.07.2011 und 19.08.2011 (insgesamt ca. 30 Stunden). Auch insoweit ist keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar. Ob Leistungen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bei einer entsprechenden gesamtkonzeptionellen Ausrichtung auf das selbstbestimmte Wohnen auch im weiteren Sinne verwaltungsmäßige Handlungen, wie die Begleitung zu Ämtern und Behörden und insbesondere die Beantragung von existenzsichernden Leistungen, die auch Leistungen für die Unterkunft enthalten, umfassen können (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 88), kann dahinstehen. Für sich genommen, d.h., wenn, wie hier, keine Ausrichtung auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens erkennbar ist, stellen diese Handlungen jedoch keine Hilfe zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX dar, weil es an der spezifischen Zielsetzung dieser Leistungen fehlt.
86Nichts anderes gilt für die Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die zum 01.07.2010 angemietete Wohnung in L-G (Kontakte und Telefonate am 24.06.2010, 30.06.2010, 09.07.2010, 13.07.2010, 02.08.2010, 17.08.2010 und 12.10.2010, ca. 6 Stunden). Das Zurverfügungstellen einer Wohnung gehört nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht zu den Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Denkbar ist es allenfalls, Leistungen zur Beschaffung einer Unterkunft als Vorbereitungs- oder Begleithandlungen zu den Leistungen nah § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX zu rechnen, wenn in der neuen Unterkunft nach der Gesamtkonzeption der Leistungen eine spezifische Förderung des selbstbestimmten Wohnens stattfinden soll (in diesem Sinne auch § 1 Abs. 2 dritter Spiegelstrich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten). An einer solchen gesamtkonzeptionellen Ausrichtung der Leistungen fehlt es hier jedoch.
87Ein anderes Ergebnis folgt nicht daraus, dass die Mitarbeiter der Beigeladenen bei einzelnen Kontakten mit dem Kläger auch die Tages- und Freizeitgestaltung des Klägers thematisiert haben (ausweislich er Dokumentationen neben anderen Themen angesprochen am 05.10.2010, 20.04.2011, 05.05.2011, 25.05.2011, 15.06.2011, 14.07.2011 und 12.09.2011). Anleitungen zur Tagesstrukturierung können zwar wesentlicher Bestandteil der Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sein, wenn sie in das Gesamtkonzept eingebunden sind. An einem solchen, auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichteten Gesamtkonzept fehlt es hier jedoch. Zudem finden sich in den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nur diverse Anregungen für eine Tages- und Freizeitgestaltung. Eine konsequente Verfolgung bestimmter Maßnahmen oder auch nur der Versuch einer konkreteren Tagesplanung ist nicht erkennbar. Insgesamt bilden die insoweit unternommenen Versuche der Mitarbeiter der Beigeladenen erkennbar nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit und können dementsprechend nicht dazu führen, dass von Hilfen im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX auszugehen ist.
88Schließlich ist eine andere Bewertung auch nicht für die Zeit nach Beendigung der Entwöhnungsbehandlung, d.h. nach dem 21.02.2012, geboten. Zwar haben der Kläger, die Mitarbeiter der Beigeladenen und die behandelnden Ärzte des Klägers über die zukünftige Wohnform des Klägers (soziotherapeutisches Wohnheim oder tagesklinische Anbindung zur Strukturierung des Tagesablaufs) diskutiert. Ein irgendwie geartetes Konzept im Hinblick auf die Förderung selbstbestimmten Wohnens hat die Beigeladene jedoch in der kurzen verbleibenden Zeit der Betreuung des Klägers (bis 31.03.2012) nicht entwickelt.
89(2) Zum anderen bestand bei dem Kläger auch aus ex-ante-Sicht kein spezifischer individueller Bedarf für Hilfeleistungen in Bezug auf die Aufrechterhaltung der von ihm gewählten selbstbestimmte Wohnform, so dass Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX als solche auch nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig waren. Die vom Kläger gewünschte Wohnform, das selbstständige Zusammenleben mit seiner Ehefrau in einer angemieteten Wohnung, war zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Behinderung des Klägers gefährdet.
90Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht und gegen die weder der Kläger noch die Beigeladene insoweit Einwendungen erhoben haben, war der Kläger im gesamten Zeitraum seit dem 22.04.2010 aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und hatte Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, wohingegen hinsichtlich einfacher praktischer Tätigkeiten wie Körperpflege, Anziehen und Nahrungsaufnahme nur unwesentliche Einschränkungen bestanden. Schwierigkeiten bei der Tagesstrukturierung können zwar einen Bedarf für Leitungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX begründen. Jedoch wurden die Schwierigkeiten des Klägers insoweit, was der Sachverständige auch zutreffend festgestellt hat, sich aber auch aus den zu den Akten gereichten Individuellen Hilfeplänen des Klägers ergibt, vollständig und ausreichend durch seine Ehefrau kompensiert. Sie übernahm auch die Haushaltsführung und hielt den Kläger zur Körperpflege und Ähnlichem an (vgl. insoweit auch Bl. 95 der VA). Durch die Unterstützung der Ehefrau war deshalb auch die Aufrechterhaltung der gewählten Wohnform zu keinem Zeitpunkt grundlegend gefährdet. Die Ehefrau des Klägers hat zwar unter dem Alkoholkonsum des Klägers gelitten. Eine Trennung der Eheleute oder die Einstellung ihrer Unterstützung stand zu keinem Zeitpunkt ernsthaft im Raum. Ausweislich der Dokumentationen der Beigeladenen hat der Kläger zwar in seinem Aufnahmegespräch am 22.04.2010 geäußert, seine Frau wolle ihn rausschmeißen und seine Kinder wollten keinen Kontakt mehr zu ihm. Hierbei handelte es sich aber offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krise, die auch ursächlich für den Besuch bei der Hausärztin Frau C1 war. In keinem der späteren Kontakte der Mitarbeiter der Beigeladenen mit dem Kläger und seiner Familie wurde nach den vorliegenden Dokumentationen eine mögliche Trennung der Eheleute oder eine Einstellung der Unterstützung durch die Ehefrau thematisiert. Entsprechendes geht auch nicht aus den bei dem Beklagten eingereichten Hilfeplanungen oder der von dem Sachverständigen Dr. H anlässlich der psychiatrischen Untersuchung erhobenen Anamnese des Klägers hervor. Vor diesem Hintergrund benötigte der Kläger zur Sicherung des selbstbestimmten Wohnen nicht der (kostenpflichtigen) Hilfe Dritter.
91Die Ehefrau des Klägers war aufgrund ihrer Sprachschwierigkeiten und ihres Bildungsstandes allerdings nicht in der Lage, die Beeinträchtigungen des Klägers in Bezug auf behördliche Angelegenheiten und kognitive Fähigkeiten zu kompensieren. Der insoweit bestehende behinderungsbedingte Bedarf des Klägers betrifft jedoch nicht das selbstbestimmte Wohnen, sondern die Lebensführung des Klägers im Allgemeinen und begründet für sich betrachtet keinen Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX.
92Zudem war der Bedarf des Klägers im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend medizinischer Natur. Die gerichtlich bestellten Sachverständigen haben übereinstimmend festgestellt, dass die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers, nämlich der Alkoholabhängigkeit, der entscheidende Schritt war, um die Lebensverhältnisse des Klägers zu verbessern. Der Kläger bedurfte vor allem einer Entwöhnungsbehandlung. Vor der Durchführung dieser Entwöhnungsbehandlung bestand kein Bedarf und, ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H, auch kein sinnvoller Raum für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX. Dies zeigt auch die Entwicklung nach Durchführung der Entwöhnungsmaßnahme. Der Kläger hat nach deren Abschluss bis auf den sporadischen Besuch eines Psychiaters im Wesentlichen keine weiteren Hilfen in Anspruch genommen und ist trotzdem, bis auf einen Rückfall Mitte 2012, abstinent geblieben. Während seiner Exploration durch den Sachverständigen hat er zudem von einer deutlichen Verbesserung seiner Lebensbedingungen berichtet. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass und warum im streitgegenständlichen Zeitraum ein Bedarf für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX bestanden haben sollte.
93Fehlt es damit bereits an einem spezifischen Bedarf des Klägers für Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen medizinische Maßnahmen der Notwendigkeit von Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX entgegenstehen können (hierzu im Schwerpunkt LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 74 ff.).
942. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgrundlagen. Aus diesem Grund konnte auch eine Beiladung anderer Rehabilitationsträger, die unabhängig von der aus § 14 SGB IX folgenden Zuständigkeit des Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger "eigentlich" zuständig wären, oder sonstiger Sozialleistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG unterbleiben.
95a) Dem Anspruch steht insoweit bereits entgegen, dass die Beigeladene nach den vorstehenden Ausführungen dem Kläger gegenüber keine Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX erbracht hat und damit außerhalb der in § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zwischen ihr und dem Beklagten festgelegten Leistungsart tätig geworden ist und mit anderen Leistungs- und Sozialhilfeträgern für deren Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Verträge geschlossen hat.
96aa) Auch wenn die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nicht ausdrücklich genannt ist, ergibt die Auslegung der Vereinbarung, dass nur diese Leistungen erfasst sind. Mit ambulanter "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" im Sinne von § 1 Abs. 1 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung können nur Leistungen nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX gemeint sein, da sich die Vertragsparteien offensichtlich an gesetzlich vorgesehenen Leistungen orientieren wollten. Im Übrigen bringen die Formulierungen der Vereinbarung auch deutlich zum Ausdruck, dass die Hilfen, die die Beigeladene erbringt, wohnungsbezogen sein müssen, d.h. final auf die Förderung des selbstbestimmten Wohnens ausgerichtet sein müssen. Unabhängig von der fehlenden Nennung des § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX geht die Leistungs- und Prüfungsvereinbarung damit von dem Begriffsverständnis aus, das nach der hier vertretenen Auslegung auch für § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX maßgeblich ist.
97Hierfür spricht auch entscheidend, dass der Beklagte als der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung allein genannte Sozialhilfeträger nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AV-SGB XII NRW als überörtlicher Träger nur für solche Leistungen außerhalb von stationären und teilstationären Einrichtungen sachlich zuständig ist, die mit dem Ziel geleistet werden, ein selbstständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Für Leistungen ohne finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit hätte der Beklagte gar keine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung schließen dürfen.
98Aus den in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung aufgeführten Einzelzielen (u.a. Beseitigung, Milderung oder Verhütung von Verschlimmerung einer vorhandenen Behinderung und deren Folgen, möglichst selbstständige Lebensführung und Ausübung einer angemessenen Tätigkeit/eines angemessenen Berufs) ergibt sich kein weitergehender Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Wie sich bereits aus der Bezeichnung "Einzelziele" ergibt, sind diese im Lichte des Gesamtziels zu betrachten und zudem auf die Maßnahme des Ambulant Betreuten Wohnens bezogen. Sie sind im Rahmen einer auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens ausgerichteten Maßnahme anzustreben. Ihre Verfolgung als solche vermag aber eine Maßnahme ohne entsprechende finale Ausrichtung auf das Wohnen nicht zu einer "Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen" zu machen. Die in § 1 Abs. 2 der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung genannten Einzelziele beschreiben zudem in der Sache allgemein die Ziele von Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. insoweit auch § 53 Abs. 3 SGB XII) und sind damit fast jeder Maßnahme der Eingliederungshilfe zu Eigen. Sie sind deshalb nicht geeignet, den Geltungsbereich der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu bestimmen. Entscheidend bleibt insoweit allein, ob die Maßnahme final auf die Aufrechterhaltung und Gewährleistung eines selbstbestimmten Wohnens gerichtet und hierfür erforderlich ist. Dies ist bei den von der Beigeladenen erbrachten Leistungen, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall.
99Schließlich ergäbe sich auch dann nichts anderes, wenn der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten für Leistungen der Beigeladenen oder eines anderen Anbieters von Leistungen des Ambulant Betreuten Wohnens aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen hätte, obwohl den Leistungen eine finale Ausrichtung auf das Wohnen und dessen Selbstbestimmtheit, wie hier, gefehlt hat. Der Beklagte hätte dann seinerseits außerhalb der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung und im Übrigen auch außerhalb seines sachlichen Zuständigkeitsbereichs und damit rechtswidriger Weise Leistungen erbracht. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Auf keinen Fall entspricht das von der Beigeladenen vertretene weitergehende Verständnis der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung einer ständigen Übung zwischen den Vertragsparteien. Wie dem Senat aus anderen bei ihm anhängig gewesenen Verfahren bekannt ist, vertritt der Beklagte grundsätzlich die - nach Auffassung des Senats zutreffende - Auffassung, dass er für Betreuungsleistungen ohne finale Ausrichtung auf die Selbstbestimmtheit des Wohnens keine Leistungen zu erbringen hat.
100bb) Ist die Beigeladene damit außerhalb ihrer mit dem Beklagten vereinbarten vertraglichen "Zulassung" tätig geworden, ist die Übernahme der Vergütung durch den Beklagten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Beigeladene über andere Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX keine Vereinbarung mit dem Beklagten oder einem anderen Sozialhilfeträger getroffen hat und es damit an Vereinbarungen im Sinne von § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII in Bezug auf die konkret erbrachte Leistung insgesamt fehlt.
101Eine "Einzelfallzulassung" nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht.
102§ 75 Abs. 4 SGB XII enthält eine Ausnahmevorschrift und setzt einen vertragslosen Zustand ("Vereinbarungen nicht abgeschlossen") voraus. Im Sinne einer funktionsdifferenten Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals kann ein vertragsloser Zustand i.S.d. § 75 Abs. 4 SGB XII richtigerweise nur dann angenommen werden, wenn feststeht, dass eine Einigung auf vertraglicher Ebene nicht (mehr) möglich oder zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu keiner Zeit angestrebt wurde, endgültig gescheitert ist, wenn die zu erbringende Leistung von einer bestehenden Vereinbarung nicht erfasst wird und eine Vereinbarungsergänzung endgültig gescheitert ist oder wenn eine Vereinbarung gekündigt wurde. § 75 Abs. 4 SGB XII gilt nicht für eine beabsichtigte Änderung oder Anpassung des Vertrages. Insbesondere bildet § 75 Abs. 4 SGB XII keine Grundlage für die Geltendmachung einer höheren als der vereinbarten Vergütung (so zum Ganzen Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 133 m.w.N.).
103Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XII nicht vor. Über sonstige Leistungen als solche nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX haben keine Verhandlungen zwischen der Beigeladenen und dem Beklagten stattgefunden. Die Beigeladene hat vielmehr, ohne den Versuch einer Ergänzung der bestehenden Leistungs- und Prüfungsvereinbarung zu unternehmen, (bewusst oder unbewusst) ihren vertraglich festgelegten Tätigkeitsrahmen überschritten und sich damit außerhalb der bestehenden Vereinbarung gestellt. Wäre auch in einer solchen Konstellation eine Einzelfallentscheidung nach § 75 Abs. 4 Satz 1 SGB XI möglich, würde das gesetzlich vorgesehene Vereinbarungssystem insgesamt ausgehebelt. Die Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII könnten ihre Funktion nicht mehr erfüllen, wenn ein Leistungserbringer seinen vertraglich festgelegten Leistungsbereich nach Belieben überschreiten und auf eine Einzelfallzulassung nach § 75 Abs. 4 SGB XII spekulieren könnte. Durch den Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung für den Bereich des Ambulant Betreuten Wohnens hat die Beigeladene implizit erklärt, dass sie (nur) in dem vertraglich vereinbarten Tätigkeitsfeld Leistungen erbringen möchte. Nur für dieses Tätigkeitsfeld hat sie auch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten geschlossen. An diesen Erklärungen muss sie sich festhalten lassen und kann nicht durch tatsächliches Überschreiten des vertraglich fixierten Tätigkeitsrahmens über § 75 Abs. 4 SGB XII eine Ausweitung ihrer vertraglichen Zulassung erzwingen.
104cc) Bei Überschreiten der in der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung geregelten inhaltlichen Grenzen der Tätigkeit des Leistungserbringers scheidet ein Sozialhilfeanspruch im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis insgesamt aus.
105Das BSG hat das Fehlen einer Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zum Schutze des Leistungsempfängers bislang nur dann für unschädlich gehalten, wenn der Leistungsempfänger die Kosten für die Inanspruchnahme des Leistungserbringers aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter bereits beglichen hat und nunmehr einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geltend macht (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12). Ist dies, wie hier, nicht der Fall, regelt § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII eindeutig, dass der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung nicht verpflichtet ist.
106Darüber hinaus scheidet auch der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Hilfeempfänger in (entsprechender) Anwendung von § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) aus, so dass kein sozialhilferechtlicher Bedarf im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses besteht (vgl. zur Anwendung von § 32 SGB I im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Leistungserbringer Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 53; BSG, Urt. v. 02.02.2012 - B 8 SO 5/10 R -, juris Rn. 15; zum Charakter der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII als Normverträge, die Vergütungsansprüchen im Verhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Leistungserbringer entgegenstehen können, BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn. 20 f.). Die Beigeladene hat in den Betreuungsverträgen mit dem Kläger die Vereinbarungen mit dem Beklagten ausdrücklich zum Gegenstand der Betreuungsverträge gemacht. Für eine Tätigkeit außerhalb dieser Vereinbarungen hat sie dementsprechend mit dem Kläger keine Vergütung vereinbart. Durch die Anwendung der Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder von §§ 812 ff. BGB darf das durch die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII austarierte Verhältnis von Rechten und Pflichten nicht unterlaufen werden (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 25.09.2014 - B 8 SO 8/13 R -, juris Rn.20 a.E.).
107b) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen weiterer in Betracht kommender Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt.
108aa) Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Beauftragung der Beigeladenen entstandenen Kosten ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt sonstiger (unbenannter) Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (zum möglichen Charakter von § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX als Auffangvorschrift und zum fehlenden abschließenden Charakter von § 55 Abs. 2 SGB IX vgl. BSG, Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18) und § 14 SGB IX. Zumindest ganz überwiegend handelt es sich bei den von der Beigeladenen und ihren Mitarbeitern erbrachten Leistungen nicht um Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX. In jedem Fall waren die erbrachten Leistungen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
109(1) Die Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst nicht in Bezug auf die Maßnahmen der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter erfüllt, die durch Gespräche etc. darauf gerichtet waren, den Kläger zu einer Entwöhnungstherapie und Alkoholabstinenz zu motivieren, und die nach den Ausführungen zu 1. e) bb) (1) den Schwerpunkt der Tätigkeit der Beigeladenen bildeten.
110(a) Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen stellen bereits keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben im Sinne von § 55 SGB IX dar, sondern sind dem Bereich medizinischer (Rehabilitations)Leistungen zuzuordnen.
111Zur Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben hat das BVerwG zuletzt Folgendes ausgeführt (Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 17 ff.):
112"Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, d.h. zur sozialen Rehabilitation, und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind anhand der Bedürfnisse, die mit der Leistung befriedigt werden sollen, voneinander abzugrenzen (vgl. BSG, Urteile vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 32/07 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 5 Rn. 17 und vom 29. September 2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4-3500 § 54 SGB XII Nr. 6 Rn. 21). Entscheidend ist, welches konkrete Ziel mit der fraglichen Leistung in erster Linie verfolgt wird, d.h. welcher Leistungszweck im Vordergrund steht (BSG, Urteile vom 31. März 1998 - B 1 KR 12/96 - FEVS 49, 184 (188) und vom 3. September 2003 - B 1 KR 34/01 R - SozR 4-2500 § 18 SGB V Nr. 1 Rn. 10). Dies ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Bedürfnisse und Heilungschancen des einzelnen Behandlungsfalles zu bestimmen, wobei die Art der Erkrankung und ihr Bezug zu den eingesetzten Mitteln sowie die damit verbundenen Nah- und Fernziele eine Rolle spielen (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.).
113Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Abs. 1 SGB IX setzen an den sozialen Folgen einer Krankheit bzw. Behinderung an und dienen deren Überwindung (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 1998 a.a.O.). Sie sollen die Auswirkungen der Krankheit bzw. Behinderung auf die Lebensgestaltung auffangen oder abmildern (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O. Rn. 11). Ihr Ziel ist es einerseits, den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung in (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, die Teilhabe zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden. Dem behinderten Menschen soll der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 a.a.O. Rn. 16 f.). Des Weiteren zielen die Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft darauf, den behinderten Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (vgl. § 55 Abs. 1 SGB IX).
114Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 26 SGB IX knüpfen an der Krankheit selbst und ihren Ursachen an. Sie dienen dazu, Behinderungen, einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, eine Verschlimmerung zu verhüten (Abs. 1 Nr. 1) oder Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern (Abs. 1 Nr. 2). Für die Einordnung als medizinische Behandlung ist nicht entscheidend, ob die gestellten Ziele objektiv erreichbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2003 a.a.O.)."
115Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, sind sämtliche Kontakte und Maßnahmen der Beigeladenen, die sich auf das Gesundheitsverhalten des Klägers und insbesondere seinen Alkoholkonsum bezogen und darauf gerichtet waren, den Kläger zur Abstinenz und einer Entwöhnungsbehandlung zu motivieren, als medizinische Maßnahmen und nicht als Leistungen zur sozialen Rehabilitation zu bewerten. Ziel der Leistungen der Beigeladenen war insoweit, die Ursache der Behinderung des Klägers, nämlich die Alkoholabhängigkeit, zu bekämpfen. Die entsprechenden Maßnahmen der Beigeladenen dienten damit unmittelbar dazu, die Behinderung des Klägers zu lindern und knüpften an die Krankheit selbst und ihre Ursachen an.
116Ob Therapiemotivation etc. dann zu den Leistungen der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gerechnet werden kann, wenn solche eigentlich dem medizinischen Bereich zuzuordnenden Maßnahmen unselbstständiger Bestandteil einer insgesamt schwerpunktmäßig auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichteten Maßnahme, z.B. nach §§ 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, sind, kann dahinstehen (siehe insoweit auch oben 1. e) bb) (1)). Hier bildeten die auf die Grunderkrankung des Klägers bezogenen Handlungen und Gespräche der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter eindeutig den Schwerpunkt der Tätigkeit. Darüber hinaus lassen die Dokumentationen der Tätigkeiten durch die Mitarbeiter der Beigeladenen, wie bereits unter 1. e) bb) (1) ausgeführt, ein übergreifendes, auf die Teilhabe am Gemeinschaftsleben ausgerichtetes Gesamtkonzept nicht erkennen.
117(b) Darüber hinaus waren die auf die Bekämpfung der Grunderkrankung des Klägers ausgerichteten Handlungen der Beigeladenen nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX erforderlich.
118Es ist bereits zweifelhaft, ob die Leistungen der Beigeladenen insoweit überhaupt geeignet waren. Zwar haben sowohl der Sachverständige Dr. C als auch der Sachverständige Dr. H die Bemühungen der Beigeladenen zumindest für teilweise geeignet gehalten. Auch die behandelnden Ärzte haben ausweislich der vom Kläger bei Gericht eingereichten ärztlichen Berichte und Stellungnahmen die Leistungen der Beigeladenen für sinnvoll gehalten. Dr. H hat jedoch deutlich betont, dass Abstinenz- und Therapiemotivation eine genuin medizinische, namentlich psychiatrische Aufgabe ist, für die einer Sozialpädagogin, wie der Beigeladenen, die fachliche Kompetenz fehlt. Darüber hinaus waren die - zeitlich durchaus umfangreichen - Bemühungen der Beigeladenen über lange Zeit weitgehend erfolglos. Zwar hat sich der Kläger Ende 2011 zu einer Entgiftung und einer anschließenden Entwöhnungstherapie entschlossen. Es spricht jedoch viel dafür, dass hierfür ein völliger körperlicher und nervlicher Zusammenbruch des Klägers im Herbst 2011 der wesentlich ausschlaggebende Punkt war.
119In jedem Fall standen dem Kläger zumutbare Alternativen zur Verfügung, die auf das gleiche Ziel (Bekämpfung der Alkoholabhängigkeit) gerichtet gewesen wären und zu Lasten der Krankenversicherung hätten erbracht werden können.
120Nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H wäre gerade auch bei vorausschauender Betrachtung eine psychiatrische, suchttherapeutische Behandlung das an sich geeignete Mittel der Wahl gewesen. An der Aufnahme einer solchen Behandlung auf Kosten der Krankenversicherung wäre der Kläger nach den Ausführungen von Dr. H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 gesundheitlich nicht gehindert gewesen. Die Richtigkeit dieser Einschätzung zeigt sich im Übrigen schon daran, dass der Kläger offensichtlich auch in der Lage war, seine Hausärztin aufzusuchen.
121Solche Behandlungsmöglichen standen auch nach den Ausführungen von Dr. H auch tatsächlich zu Verfügung. Selbst wenn bei einem niedergelassenen Fachpsychiater eine längere Terminierung erforderlich gewesen wäre, hätte sich der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Ambulanz, z.B. in der B Str. in der L Südstadt, wo der Kläger bei Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen gewohnt hat, vorstellen können. Hier hätte nach den Ausführungen des Sachverständigen auch eine Notfallbehandlung stattfinden können. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln.
122Ein entsprechende psychiatrische Notfallbehandlung hätte der Kläger im Übrigen nach § 16 Abs. 3a Satz 2 1. Halbsatz SGB V trotz des Ruhens seines Anspruchs aus der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Mit Bewilligung der Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ab dem 01.05.2010 bestand zudem gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V wieder voller Versicherungsschutz.
123(2) Soweit die Beigeladene Leistungen zur Förderung des familiären Zusammenhalts erbracht haben will, gilt Entsprechendes. Etwaige Leistungen zur Stabilisierung von ehelichen oder familiären Beziehungen sind keine Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben, denn bei diesen Leistungen geht es, soweit die Förderung und Stabilisierung sozialer Beziehungen betroffen ist, um die Förderung von Kontakten über den Bereich der Familie hinaus (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.). Zudem sind insoweit psychotherapeutische Maßnahmen, z.B. in Gestalt einer Familientherapie, zu Lasten der Krankenversicherung das geeignete Mittel der Wahl. Darüber hinaus ergibt sich aus den Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen nicht, dass und ggf. in welchem Umfang Maßnahmen in Bezug auf den Zusammenhalt der Eheleute und der Familie konkret durchgeführt wurden. Über die bereits unter (1) behandelten Aktivitäten hinaus lassen die Dokumentationen Maßnahmen, die auf die Stabilisierung der familiären Beziehungen gerichtet sind, nicht erkennen. Wie bereits unter 1. e) bb) (2) dargelegt, stand darüber hinaus eine Trennung der Eheleute und ein Abbruch des Kontakts mit den Kindern nicht ernsthaft im Raum. Vielmehr handelte es sich bei der entsprechenden Äußerung des Klägers anlässlich der ersten Kontaktaufnahme mit der Beigeladenen offensichtlich um eine Momentaufnahme in einer konkreten Krisensituation. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen hat insbesondere die Tochter des Klägers beim Umzug geholfen. Zudem wollten der Kläger und seine Ehefrau gerade auch in die Nähe der Tochter ziehen. Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 27.11.2013, wonach die Kinder des Klägers den Kontakt zu diesem abbrechen wollten und die Ehe auseinander zu brechen drohte, nicht haltbar.
124(3) Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben besteht auch nicht in Bezug auf die im Zusammenhang mit dem Umzug des Klägers in die Wohnung in L-G erbrachten Leistungen der Beigeladenen.
125Insoweit liegen für sich betrachtet bereits keine Eingliederungshilfeleistungen in der Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben vor. Ausweislich der Dokumentationen haben die Mitarbeiter der Beigeladenen den Kläger und seine Angehörigen zwar bei Organisation und Abwicklung des Umzugs tatkräftig unterstützt und sich auch um die Entsorgung nicht mehr benötigter Gegenstände gekümmert. Die entsprechenden Handlungen lassen jedoch als solche keinen Bezug zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben erkennen. Zielrichtung der Leistungen war allein der Bezug der Unterkunft und damit die Deckung des Wohnbedarfs. Dass dem Kläger durch den Umzug der Kontakt mit seiner Umwelt, nicht nur mit Familie und Nachbarschaft, sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglicht und hierdurch die Begegnung und der Umgang mit nichtbehinderten Menschen gefördert werden sollte (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R-, juris Rn. 16 f.), war nicht erkennbar. Dem Kläger ging es vielmehr im Wesentlichen darum, in die Nähe seiner Tochter zu ziehen, so dass der Umzug allenfalls auf die Intensivierung familiärer Kontakte, nicht aber auf die Kontaktförderung zu anderen Personen ausgerichtet war. Umzugskosten gehören, soweit sie, wie hier, allein der Deckung des Wohnbedarfs dienen, als solche zu den Leistungen für Unterkunft, die der für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen zuständige Sozialhilfeträger unter den Voraussetzungen von §§ 42 Nr. 4 1. Halbsatz, 35 Abs. 2 Satz 5 SGB XII zu übernehmen hat.
126Hinsichtlich der Anmietung der neuen Wohnung und damit zur Vermeidung der durch die Kündigung der alten Wohnung in der L Südstadt drohenden Obdachlosigkeit bedurfte es von vornherein keiner Sozialleistungen. Die Wohnung haben sich der Kläger und seine Ehefrau, möglicherweise mit Hilfe ihrer Tochter, selbst gesucht. Die Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen lassen nicht erkennen, dass diese einen wesentlichen Beitrag zum Finden und Anmieten der Wohnung geleistet haben. In dem Vermerk über den Kontakt am 30.04.2010 wird lediglich erwähnt, dass die neue Wohnung am 01.07.2010 bezogen werden könne. Eine irgendwie geartete Kontaktaufnahme mit potentiellen Vermietern oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche sind jedoch nicht dokumentiert.
127(4) Etwaige Leistungen der Beigeladenen zur Tagesstrukturierung waren nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig, weil der Kläger insoweit ausreichende Unterstützung durch seine Ehefrau erhielt. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 1. e) bb) (2) Bezug genommen.
128(5) Schließlich sind die Voraussetzungen von 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch nicht in Bezug auf die Unterstützungshandlungen der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger erfüllt. Die betreffenden Unterstützungshandlungen stellen keine im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben dar.
129(a) Dies folgt zu einem daraus, dass es bei den genannten Unterstützungshandlungen um die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für den Kläger geht.
130(aa) Zwar kann auch die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten begrifflich unter Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen subsumiert werden, weil ein behinderter Mensch nur dann gleichberechtigt wie ein nicht behinderter Mensch leben kann, wenn er wie nicht behinderte Menschen die ihm zustehenden Leistungen erhalten bzw. seine Rechte verwirklichen kann und hierdurch nicht durch seine Behinderung abgehalten wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Betreuung gerade für solche Menschen geschaffen hat, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB).
131Die Frage nach einer Abgrenzung der gesetzlichen Betreuung nach §§ 1896 ff. BGB und der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben als Teil der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX stellt sich einerseits deshalb, weil sich die Leistungen zumindest in Teilbereichen überlagern können. Grundsätzlich beschränkt § 1901 Abs. 1 BGB den Aufgabenkreis eines Betreuers auf die Tätigkeiten, die zur rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten erforderlich sind. Allerdings ist ein gewisses Maß an vertrauensbildenden bzw. erhaltenden Maßnahmen und persönlicher Zuwendung, soweit sie für die rechtliche Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten geeignet und erforderlich sind, faktisch notwendiger Bestandteil jeder Betreuung (vgl. BT- Drucks 13/7158, S. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 80). Andererseits handelt es sich sowohl bei der Betreuung als auch bei den Leistungen nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX um jeweils nachrangige Maßnahmen. Ein Betreuer darf nach § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist u.a. nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betreuten durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Leistungen der Eingliederungshilfe sind wie alle Sozialhilfeleistungen nach § 2 SGB XII grundsätzlich nachrangig. Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind zudem gemäß § 55 Abs. 1 SGB IX gegenüber sonstigen Teilhabeleistungen nachrangig. Vor allem stehen auch sie gemäß § 4 Abs. 1 SGB IX unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit.
132Dieses Spannungsverhältnis ist dahingehend aufzulösen, dass Tätigkeiten Dritter, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den Betroffenen erschöpfen, ohne für dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein, aus den Mitteln der Sozialhilfe als Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu finanzieren sind, falls sie wegen der Behinderung erforderlich sind. Die Bestellung eines Betreuers wegen solcher Tätigkeiten ist nicht im Sinne von § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich, denn der Betreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (so BGH, Urt. v. 02.12.2010 - III ZR 19/10 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Umgekehrt ist der spezifische Anwendungsreich des Betreuungsrechts eröffnet, wenn der Schwerpunkt der notwendigen Hilfe Dritter darin besteht, den Hilfebedürftigen rechtlich zu unterstützen und seine Angelegenheiten rechtlich zu besorgen, was auch die Organisation tatsächlicher Hilfen umfasst (ähnlich wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22.12.2014 - L 20 SO 236/13 -, juris Rn. 83). Für Leistungen der Eingliederungshilfe bleibt dann insoweit kein Raum.
133Für diese Abgrenzung spricht auch, dass die Wahrung der rechtlichen Interessen von im Sinne von § 19 SGB XI bedürftigen Personen und die Besorgung ihrer rechtlichen Angelegenheiten auch im Übrigen grundsätzlich nicht Gegenstand des im SGB XII geregelten Sozialhilferechts sind. Vielmehr wird dieser Bedarf abschließend außerhalb des Sozialhilferechts nach dem SGB XII in anderen Rechtsvorschriften geregelt. So stellt sich die Prozesskostenhilfe nach §§ 114 ff. ZPO (ggf. i.V.m. § 73 SGG) als spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1991 - 5 B 127/90 -, juris Rn. 3 m.N.), wobei es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347 (357)). Prozesskosten können deshalb generell nicht aus den Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden (vgl. BVerwG, a.a.O.). Für Kosten eines verwaltungsmäßigen Rechtsschutzverfahrens kann nichts anderes gelten, da bedürftigen Personen insoweit Beratungshilfe zu gewähren ist (vgl. dazu BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 -, juris Rn. 26 ff.). Dem System der Prozesskosten- und der Beratungshilfe entsprechend werden die Kosten für die Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers bei mittellosen Betreuten gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG) aus der Staatskasse getragen. Es existiert damit außerhalb des SGB XII ein System, dass die Übernahme von Kosten für die Besorgung rechtlicher Angelegenheiten für Menschen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen diese Kosten nicht selbst tragen können, abschließend regelt. Dies schließt Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den behinderungsbedingten Hilfebedarf, der durch einen gesetzlichen Betreuer gedeckt werden kann, aus.
134(bb) Nach diesen Grundsätzen stellen die in den Dokumentationen der Mitarbeiter aufgeführten Unterstützungsleistungen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger keine nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu deckenden erforderlichen Leistungen der Eingliederungshilfe dar, weil die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung angezeigt und vorrangig gewesen wäre.
135Der Kläger war nach den überzeugenden und von den Beteiligten auch nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen Dr. H wegen seiner Alkoholanhängigkeit hinsichtlich behördlicher Angelegenheiten und der Erfassung komplexer geistiger Zusammenhänge eingeschränkt und benötigte für die Wahrnehmung behördlicher und rechtlicher Angelegenheiten Hilfe. Dementsprechend lagen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers nach § 1896 Abs. 1 BGB bereits seit dem 22.04.2010 vor. Dies wird im Übrigen auch dadurch indiziert, dass das Amtsgericht L bei unverändertem Gesundheitszustand des Klägers im Juni 2011 tatsächlich eine Betreuung eingerichtet hat.
136Die im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens für den Kläger dokumentierten Unterstützungsleistungen der Mitarbeiter der Beigeladenen erschöpften sich in der Besorgung der rechtlichen Angelegenheiten des Klägers. Sie gingen nicht über das hinaus, was zur Realisierung der Rechtsansprüche des Klägers gegenüber der Stadt L als zuständigem Sozialhilfeträger für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und der Barmer GEK notwendig war. Entsprechendes gilt für die Unterstützungsleistungen im Hinblick auf die Schulden des Klägers. Ausweislich der Dokumentationen der Mitarbeiter der Beigeladenen veranlassten diese nur das rechtlich Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und stellten lediglich die Unterlagen für den Insolvenzverwalter zusammen. Sämtliche Handlungen fielen in den Aufgabenbereich eines Betreuers gemäß § 1901 Abs. 1 BGB. Bezeichnenderweise fanden auch nach Einrichtung der Betreuung keinerlei Verwaltungshandlungen im weiteren Sinne der Mitarbeiter der Beigeladenen mehr statt. Der Hilfebedarf des Klägers bei der Wahrnehmung behördlicher Angelegenheiten wurde also vollständig durch seine Betreuerin gedeckt.
137Die betreffenden Tätigkeiten der Beigeladenen und ihrer Mitarbeiter gehören auch nicht deshalb zu den nach §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX zu erbringenden Leistungen, weil sie unselbstständiger Bestandteil anderer Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben sind. Nach den vorstehenden Ausführungen zu (1) bis (4) sind die Voraussetzungen von §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX auch für die übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen nicht erfüllt, so dass eine Gesamtbetrachtung aller Leistungen nicht zu einer anderen Bewertung hinsichtlich des Vorrangs einer gesetzlichen Betreuung führen kann.
138Die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger wäre auch vor dem 20.06.2011 und auch vor dem 22.04.2010 tatsächlich möglich gewesen. Die gegenteilige Behauptung des Klägers und der Beigeladenen ist durch die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H widerlegt. Dieser hat insbesondere in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.09.2014 dargelegt, dass ein Anruf des Klägers oder seiner Ehefrau bei der Betreuungsstelle der Stadt L jederzeit möglich gewesen wäre und auch eine Eilbetreuung hätte eingerichtet werden können. Gesundheitsbedingte Einschränkungen des Klägers hat der Sachverständige insoweit nicht erkennen können. Diese Einschätzung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil der Kläger immerhin in der Lage war, seine behandelnde Ärztin, Frau C1, aufzusuchen und auf deren Veranlassung hin auch mit der Beigeladenen Kontakt aufgenommen hat. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum sich der Kläger nicht auch mit der Betreuungsstelle der Stadt L hätte in Verbindung setzen können. Im Übrigen hätte auch Frau C1 ohne weiteres die Einleitung eines Betreuungsverfahrens veranlassen können. Sie hat dies offensichtlich nicht getan, weil ihr die Vermittlung des Klägers an die im gleichen Haus ansässige Beigeladene einfacher erschien. An der leistungsrechtlichen Vorrangigkeit der Einrichtung einer Betreuung ändert dies nichts.
139(b) Zum anderen standen auch unabhängig von der Einrichtung einer Betreuung kostengünstigere Maßnahmen zur Verfügung, die zur Erreichung des Ziels der Unterstützungshandlungen der Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses des Klägers und der Initiierung des Insolvenzverfahrens gleich geeignet und dem Kläger zumutbar waren. Auch deshalb waren Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben insoweit nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 SGB IX notwendig.
140So bieten zahlreiche freie und kirchliche Träger, z.B. auch die Caritas, die später auch die Betreuerinnen des Klägers stellte, kostenlose Sozial- und Schuldnerberatung an. Das Beratungsangebot der Caritas umfasst beispielsweise Beratung bei Fragen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) sowie Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung (Sozialhilfe SGB XII), Beratung und Unterstützung bei Problemen mit Behörden, Unterstützung bei der Durchsetzung von sozialrechtlichen Ansprüchen und Krisenintervention und Existenzsicherungsberatung (vgl. http://caritas.erzbistum-koeln.de/koeln-cv/menschen in krisen/sozial- und schuldnerberatung).
141Der Kläger wäre entsprechend den vorstehendenden Ausführungen nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. H gesundheitlich durchaus in der Lage gewesen, solche Beratungsstellen aufzusuchen, zumal die Mitarbeiter insbesondere der Caritas durchaus auch Erfahrung mit alkoholabhängigen Personen haben. Aus dem Umstand, dass die behandelnde Ärztin des Klägers diesen - wohl der Einfachheit halber - an die Beigeladene und nicht an kostenlose Beratungsstellen vermittelt hat, kann nicht geschlossen werden, dass nur die Beigeladene, nicht jedoch die genannten kostenlosen Beratungsstellen in der Lage waren, die Interessen des Klägers angemessen wahrzunehmen. Auch im Übrigen bestehen insoweit keinerlei Anhaltspunkte.
142Über die genannten kostenlosen Beratungsstellen, insbesondere der Caritas, hätten sich die rechtlichen Interessen des Klägers auch ebenso gut verwirklichen lassen. Die notwendigen Unterlagen für die Beantragung von Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hätten dort ebenso gut zusammengestellt werden können, zumal auch die Stadt L insoweit Beratungspflichten trafen (vgl. § 14 SGB I). Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen war gemäß § 16 Abs. 3a Satz 2 2. Halbsatz SGB V auch entscheidend für die Beendigung des Ruhens des Krankenversicherungsschutzes. Über die genannten Beratungsstellen hätte auch alles Notwendige für die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens veranlasst werden können.
143bb) Hinsichtlich der nach den Ausführungen zu aa) (1) (a) dem Bereich medizinischer Leistungen zuzuordnenden Tätigkeiten der Beigeladenen (v.a. Therapie- und Abstinenzmotivation) ergibt sich ein Anspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 26 und 14 SGB IX. Abgesehen davon, dass die Leistungen der Beigeladenen insoweit keine Rehabilitationsmaßnahmen, sondern unmittelbare Behandlungsmaßnahmen gewesen sein dürften (vgl. insoweit das Urteil des Senats vom 28.08.2014 - L 9 SO 286/12 -, juris Rn. 61 ff. m.w.N.), scheitert der Anspruch insoweit an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII. Hilfeempfänger dürfen danach nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, a.a.O., Rn. 68). Die Beigeladene gehört nicht dazu. Mit ihr ist auch für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation kein Vertrag nach §§ 75 ff. SGB XII geschlossen worden (zu dieser Möglichkeit siehe Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25.1).
144cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Anspruch nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung i.V.m. § 14 SGB IX.
145dd) Schließlich sind die Kosten für Leistungen der Beigeladenen hinsichtlich der Unterstützung des Klägers beim Umzug, der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung, der Klärung des Krankenversicherungsverhältnisses und der Initiierung des Insolvenzverfahren für den Kläger auch nicht nach §§ 67, 68 SGB XII (Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) zu übernehmen. Abgesehen davon, dass die Erbringung solcher Leistungen nicht in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten fiele, da die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AV-SGB XII NRW offensichtlich nicht vorliegen, und § 14 SGB IX insoweit nicht einschlägig wäre, liegen die materiellen Voraussetzungen für diese Leistungen nicht vor. Drohende Obdachlosigkeit, Sucht und hohe Schulden können zwar besondere Lebensverhältnisse, die mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, darstellen (vgl. dazu im Einzelnen Wehrhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 67 Rn. 17 ff. m.w.N.). Die Leistungen umfassen jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (DV § 69 SGB XII) nur die Dienst-, Geld- und Sachleistungen, die notwendig sind, um die besonderen sozialen Schwierigkeiten nachhaltig abzuwenden, zu beseitigen, zu mildern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten. Leistungen der Beigeladenen waren insoweit nicht notwendig. Insoweit gelten die Ausführungen zu aa) (3) und (5) entsprechend.
146III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
147IV. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.
(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,
- 1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden, - 2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern, - 3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens, - 4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist, - 5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden, - 6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden, - 7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13, - 8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind, - 9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie - 10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.
(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.
(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.
(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.
(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.
(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.
(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.
(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig sind Kosten der stationären Aufenthalte der Klägerin im Rahmen des Behandlungskonzepts "Auf die Beine".
3Bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" handelt es sich um ein interdisziplinäres Behandlungskonzept für Kinder und Jugendliche mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit, das von Ärzten, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftlern sowie unter Beteiligung der Barmer GEK entwickelt wurde und von einer von der Uniklinik Köln (Anstalt des öffentlichen Rechts) als Alleingesellschafterin gegründeten GmbH (ursprünglich N GmbH; heute V GmbH) angeboten wird. Im Rahmen des 12 Monate dauernden Behandlungskonzeptes finden u.a. zwei stationäre Aufenthalte für die Dauer von 13 und 6 Tagen statt. Während der stationären Aufenthalte erfolgt ein intensives physiotherapeutisches Trainingsprogramm, das Vibrationstraining mit einem von der Uniklinik L entwickelten Geh- und Stehtrainer ("Galileo - Kölner Geh- und Stehtrainer"), medizinisches Gerätetraining und klassische Physiotherapie nach Bobath und Vojta kombiniert mit funktionellem Koordinations- und Gleichgewichtstraining auf dem Laufband, der Gangschule und Übungen im Bewegungsbad umfasst. Zusätzlich werden Sozial-, Ernährungs- und Hilfsmittelberatung angeboten. Neben Eingangs- und Zwischenuntersuchungen umfasst das Konzept auch häusliche Trainingseinheiten mit einem ausgeliehenen Geh- und Stehtrainer.
4Ein kassenübergreifender Versorgungsvertrag im Sinne von § 111 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) wurde weder mit der N GmbH noch mit der V GmbH abgeschlossen. Allerdings schloss die Barmer GEK bereits im Jahre 2004 mit der V Köln und der N GmbH einen Vertrag über die integrierte Versorgung im Sinne von §§ 140a, 140b SGB V (Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung) ab. Diesem Vertrag traten im Jahre 2006 die AOK Rheinland/Hamburg, die IKK classic, die KKH Kaufmännische Krankenkasse, die Techniker Krankenkasse, die DAK Gesundheit und die Knappschaft bzw. deren Rechtsvorgänger bei.
5Die am 00.00.2005 geborene Klägerin lebt zusammen mit ihren Eltern in einem Haushalt. Sie leidet seit ihrer Geburt an einer spastischen Paraplegie der unteren Extremitäten unklarer Genese sowie an einer grobmotorischen Entwicklungsstörung und kann nicht selbstständig laufen. Bei ihr waren seit dem 30.05.2008 ein Grad der Behinderung von 80 sowie die Merkzeichen "G" und "aG" anerkannt.
6Ebenso wie beide Eltern ist die Klägerin bei der DKV privat krankenversichert in Gestalt einer Vollversicherung, ausdrücklich ausgenommen von der Leistungsverpflichtung sind Kur- und Rehabilitationsmaßnahmen. Der Vater der Klägerin ist freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Beitragsentrichtung zur Beigeladenen.
7Die Klägerin ist wegen ihrer Gesundheitsstörungen laufend in ärztlicher Behandlung. U.a. fanden Untersuchungen im Zentrum Kinderheilkunde und Jugendmedizin der Medizinischen Hochschule I (Befundbericht vom 09.05.2007), im Sozialpädiatrischem Ambulanz- und Therapiezentrum am Krankenhaus N in N (Befundbericht vom 14.02.2008), im Sozial Pädiatrischen Zentrum (SPZ) Westmünsterland in D (Befundberichte vom 25.11.2008, 21.09.2009 und 23.12.2009), im Clemenshospital in N (Befundberichte vom 14.10.2008 und 04.02.2009) und im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums F (Befundbericht vom 04.08.2008) statt. Wegen der Untersuchungsergebnisse im Einzelnen wird auf Bl. 8 bis 12, 16 bis 25, 58 bis 59 und 65 bis 68 der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
8Seit 2008 erhielt die Klägerin zweimal wöchentlich ambulante Physiotherapie. In der ersten Jahreshälfte 2010 erhielt die Klägerin zumindest teilweise auf Kosten der DKV zweimal wöchentlich Krankengymnastik nach Bobath, zweimal wöchentlich Hippotherapie und einmal wöchentlich Logopädie.
9Im September 2009 fassten die Eltern der Klägerin den Entschluss, die Klägerin an dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" teilnehmen zu lassen. Im Rahmen der Eingangsuntersuchung kam die N GmbH im Dezember 2009 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für eine Teilnahme am Behandlungskonzept geeignet sei.
10Auf Anfrage der Eltern der Klägerin teilte die DKV mit Schreiben vom 25.01.2010 mit, dass sie für das Behandlungskonzept "Auf die Beine" keine Leistungszusage erteilen könne, da es sich hierbei um eine Rehabilitationsleistung handle, die nach den Versicherungsbedingungen vom Versicherungsschutz ausgenommen sei. Die Klägerin solle sich an die gesetzlichen Rehabilitationsträger (Rentenversicherung, Sozialhilfeträger) wenden.
11Noch am gleichen Tag stellten die Eltern für die Klägerin einen Antrag auf Leistungsgewährung aus den Mitteln der Sozialhilfe bei der Stadt N, die den Antrag ebenfalls noch am gleichen Tag an den Beklagten weiterleitete.
12Der Beklagte wandte sich zunächst mit Schreiben vom 26.01.2010 an die DKV und vertrat die Auffassung, bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" handele sich um eine Krankenbehandlung und nicht um eine Reha-Maßnahme. Dies vertrat auch das SPZ Westmünsterland in einer von der Klägerin zu den Akten gereichten Stellungnahme vom 29.01.2010. In dieser Bescheinigung hieß es außerdem, aus neuroorthopädischer und physiotherapeutischer Sicht bestehe die Notwendigkeit zur Teilnahme am Galileo-Programm der Uniklinik L. Mit Schreiben vom 28.01.2010 und 05.02.2010 hielt die DKV dennoch an ihrer Ablehnung mit der Begründung fest, auch aus den Informationsmaterialien der N GmbH gehe hervor, dass es sich um eine Rehabilitationsmaßnahme handele.
13Mit Bescheid vom 10.03.2010 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten für die Teilnahme am Behandlungskonzept "Auf die Beine" mit der Begründung ab, es handele sich bei der beantragten Hilfe um eine Hilfe bei Krankheit im Sinne von § 48 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), für die vorrangige Ansprüche gegen die private Krankenkasse bestünden.
14Die Eltern der Klägerin reichten zunächst ein Schreiben der N GmbH an die DKV vom 05.03.2010 bei dem Beklagten ein, in dem es hieß, bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" handele es sich weder im Rahmen der Abrechnung noch inhaltlich um eine Rehabilitationsmaßnahme. Es bestünden weder Verträge mit den Rentenversicherungsträgern noch werde die Leistung als Rehabilitationsmaßnahme mit den Krankenkassen verrechnet. Es bestehe lediglich mit einigen Krankenkassen ein Vertrag im Rahmen der integrierten Versorgung.
15Am 22.03.2010 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 10.02.2010 Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, die Maßnahme "Auf die Beine" sei als Leistung der Eingliederungshilfe in Gestalt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 26 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) förderungsfähig. Eine Anrechnung des Einkommens der Eltern sei gemäß § 92 Abs. 2 SGB XII auf Kosten für den Lebensunterhalt begrenzt.
16Vom 18.04.2010 bis zum 01.05.2010 absolvierte die Klägerin den 13tätigen stationären Aufenthalt im Rahmen des Programms "Auf die Beine". Anfang August 2010 folgte der sechstätige stationäre Aufenthalt. Nach dem ersten stationären Aufenthalt erhielt sie zumindest teilweise auf Kosten der DKV viermal wöchentlich Krankengymnastik, zweimal wöchentlich Hippotherapie und einmal wöchentlich Logopädie.
17Nachdem der Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass gegen eine Vorfinanzierung der Maßnahme durch die Eltern keine Bedenken bestünden, wies er den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2010 als unbegründet zurück. Die Klägerin gehöre zwar zum anspruchsberechtigten Personenkreis für die Eingliederungshilfe. Zuständiger Leistungsträger sei jedoch in ihrem Falle die Krankenkasse. Nach den von ihr eingereichten Unterlagen handele es sich nicht um eine Rehabilitationsleistung, sondern um eine intensive Therapie, die die regelmäßig durchgeführte physiotherapeutische Ganzbehandlung ergänze.
18Die Klägerin hat am 22.09.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, die Behandlung sei auch als Maßnahme der sozialen Teilhabe in Gestalt der Hilfe für eine angemessene Schulbildung förderungsfähig. Sie habe durch die Therapie an Selbstbewusstsein gewonnen. Die Verbesserung der Motorik fördere u.a. zugleich Leistungsbereitschaft, Kontaktfähigkeit und Sprachentwicklung.
19Die Eltern der Klägerin haben im Erörterungstermin am 21.09.2011 vorgetragen, sie verfügten über Einkommen und Vermögen oberhalb der Schonvermögensbeträge des SGB XII. Dies gelte insbesondere für die Zeit zwischen Februar 2010 und Ende 2010.
20Die Klägerin hat während des Klageverfahrens das Behandlungskonzept abgeschlossen. Die vorgesehenen Zwischenuntersuchungen haben am 11.11.2010 und am 05.05.2011 stattgefunden. Für die Behandlung hat die N GmbH der Klägerin bzw. ihren Eltern folgende Beträge in Rechnung gestellt:
21229,48 Euro für die Eingangsuntersuchung 4.877,47 Euro für den 13tätigen stationären Aufenthalt 2.251,14 Euro für den sechstätigen stationären Aufenthalt 166,30 Euro für die Untersuchung vom 11.11.2010 166,30 Euro für die Untersuchung vom 05.05.2011
22Die Eltern der Klägerin haben diese Rechnungen aus eigenen Mitteln beglichen.
23Die Klägerin hat beantragt,
24den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2010 zu verurteilen, ihre Kosten für ihre Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme bei der N GmbH im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 7128,91 Euro zu übernehmen.
25Der Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Er hat auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
28Mit Urteil vom 25.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
29Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.06.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.07.2012 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihre bereits im Klageverfahren vertretene Auffassung, wonach es sich bei der Behandlungsmaßnahme auch um eine Leistung der sozialen Rehabilitation handele. Die Teilnahme an dem Behandlungskonzept habe sich auch insoweit positiv ausgewirkt, dass sie nunmehr eine Regelschule besuchen könne und eine erhöhte Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen erlangt habe. Daran zeige sich auch die Erforderlichkeit der Maßnahme. Es liege deshalb keine Überversorgung vor, wie das SG meine.
30Die Klägerin beantragt,
31das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.04.2012 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2010 zu verurteilen, die ihr entstandenen Kosten für die stationären Aufenthalte vom 18.04.2010 bis zum 01.05.2010 und Anfang August 2010 im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" der N GmbH in Höhe von insgesamt 7128,91 Euro zu erstatten.
32Der Beklagte beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, die Behandlungsmaßnahme sei sozialhilferechtlich nicht erforderlich gewesen. Außerdem ist er weiterhin der Auffassung, das Behandlungskonzept sei den Hilfen zur Gesundheit zuzuordnen.
35Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
36Sie meint, das Programm "Auf die Beine" gehe über das Angebotsspektrum des SGB VI hinaus. Es handele sich nicht um eine Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers, sondern um ein Trainingsprogramm im Rahmen der Akutversorgung und deshalb um eine Krankenkassenleistung. Im Übrigen habe sie keinen Vertrag mit der V GmbH oder ihrer Rechtsvorgängerin geschlossen.
37Die Klägerin hat hierauf vorgetragen, nach den Arbeitsanweisungen der Beigeladenen lägen die Voraussetzungen für eine Kinderrehabilitation vor. Es gebe keine vergleichbare Einrichtung wie die V GmbH in Deutschland. Bei ihr bedürfe es besonderer, auf den Einzelfall abgestimmter Rehabilitationsmaßnahmen. Das ihr zustehende Ermessen habe die Beigeladene nicht ausüben können, weil sie keine Kenntnis von der Einrichtung der V GmbH habe. Es handele sich nicht um eine Akutversorgung.
38Der Senat hat zunächst mit Richterbrief vom 09.10.2012, auf dessen Inhalt (Bl. 74 der GA) Bezug genommen wird, die V GmbH als Rechtsnachfolgerin der N GmbH schriftlich befragt. Die V GmbH hat in ihrer schriftlichen Antwort vom 09.11.2012 Veröffentlichungen und Studien zur medizinischen Wirksamkeit des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" in Kopie übersandt und ausgeführt, bei dem Behandlungskonzept handele es sich um eine Rehabilitationsmaßnahme mit dem Schwerpunkt auf der Grobmotorik. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes würden Physiotherapie nach Bobath, Vojta und im Bewegungsbad angeboten. Zudem umfasse das Therapieangebot medizinisches Training an Geräten inkl. Motomed-, Lokomat- und Laufbandtraining. Es erfolge außerdem eine Anleitung der Eltern an das Vibrationsgerät "Galileo". Rehabilitationsmaßnahmen dienten der Minderung der Behinderung bzw. von deren funktionellen Auswirkungen. Auch eine Prophylaxe vor Verschlimmerung sei ein Ziel von physiotherapeutischen Maßnahmen. Das oberste Ziel dieser Interventionen sei die möglichst optimale Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 78 bis 138 der Gerichtsakte Bezug genommen.
39Mit Richterbrief vom 19.12.2012, auf dessen Inhalt (Bl. 147 der Gerichtsakte) Bezug genommen wird, hat der Senat darüber hinaus die Barmer GEK, die AOK Rheinland/Hamburg, die IKK classic, die KKH Kaufmännische Krankenkasse, die Techniker Krankenkasse, die DAK Gesundheit und die Knappschaft u.a. zur Einordnung als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation und zur therapeutischen Wirksamkeit schriftlich befragt. Wegen der einzelnen Antworten wird auf Bl. 150 bis 161 der Gerichtsakte Bezug genommen.
40Der Senat hat die Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013 zu ihrem Einkommen und Vermögen im Zeitpunkt der Fälligkeit der streitgegenständlichen Kosten befragt. Die Eltern haben übereinstimmend erklärt, dass sie zu ihrem Einkommen und insbesondere zu ihrem Vermögen keinerlei Angaben machen und insofern jede Auskunftserteilung verweigern.
41Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe:
43Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
44I. Die Klägerin begehrt im Sinne von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht mehr die Übernahme der Kosten des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" in Gestalt eines Schuldbeitritts durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung und damit eine Sachleistung im weiten Sinne, was ursprünglich ihr gegenüber dem Beklagten verfolgtes Anliegen war (vgl. zur Rechtsnatur des Anspruchs auf Übernahme von Kosten von Maßnahmen, die in Einrichtungen oder von Diensten im Sinne von § 75 Abs. 1 SGB XII erbracht werden, ausführlich BSG, Urt. v. 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R -, juris Rn. 15 ff.). Vielmehr begehrt sie die Erstattung der bereits durch ihre Eltern beglichenen Kosten als Geldleistung (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 16 a.E.).
45Ihr geht es in der Sache allerdings nicht um die Erstattung der gesamten Kosten des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine", sondern nur um die Erstattung der Kosten der stationären Aufenthalte, die vom 18.04.2010 bis zum 01.05.2010 und für die Dauer von sechs Tagen Anfang August 2010 stattgefunden haben. Dies ergibt sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 10.11.2011, in dem sie den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch mit insgesamt 7.128,91 Euro beziffert und insoweit auf Rechnungen der N GmbH in Höhe von 4.877,47 Euro und 2.2.51,14 Euro Bezug genommen hat, sowie aus ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2013. Ausweislich der schriftlichen Antwort der V GmbH vom 09.12.2012 entsprechen diese Rechnungsbeträge den der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten für den 13tägigen und den sechstägigen stationären Aufenthalt. Die Kosten der Eingangsuntersuchung von Dezember 2009 und der Zwischenuntersuchungen vom 11.11.2010 und 05.05.2011 macht die Klägerin im Gerichtsverfahren nicht geltend.
46Dementsprechend ist Gegenstand der von der Klägerin erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., Abs. 4 SGG der Bescheid des Beklagten vom 10.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.08.2010 (§ 95 SGG), soweit der Beklagte darin die Übernahme der Kosten für die stationären Aufenthalte der Klägerin im Rahmen des Behandlungskonzepts "Auf die Beine" in Höhe von insgesamt 7.128,91 Euro abgelehnt hat.
47II. Weitere notwendige Beiladungen im Sinne von § 75 Abs. 2 SGG waren im vorliegenden Fall nicht vorzunehmen.
481. Die Stadt Münster war nicht als erstangegangener und damit nach Maßgabe von § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zuständig gewordener Träger beizuladen, weil sie den Antrag der Klägerin noch am 26.01.2010, d.h. am Tage seines Eingangs bei ihr, und damit unverzüglich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX an den Beklagten weitergeleitet hat.
49Die Stadt Münster war auch nicht als nach dem maßgeblichen Leistungsrecht "eigentlich zuständiger" Träger notwendig beizuladen. Vielmehr hat sie den Antrag der Klägerin zu Recht an den Beklagten weitergeleitet, soweit es um die hier allein streitgegenständlichen Kosten für die stationären Aufenthalte geht. Denn der Beklagte ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe gemäß § 97 Abs. 2 und 3 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Landesausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Ausführungsverordnung zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen (AV-SGB XII NRW) für die hier streitigen Leistungen in einer stationären Einrichtung zuständig. Die auf § 3 Abs. 1 AG-SGB XII NRW beruhende Satzung des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe (Heranziehungssatzung) sieht für den vorliegenden Fall keine abweichende Zuständigkeitsregelung vor (vgl. § 1 Nr. 1 Buchst. c), Nr. 2 Buchst. a) Satz 2 der Heranziehungssatzung).
50Die Stadt Münster ist auch nicht als Träger der öffentlichen Jugendhilfe beizuladen, weil der Beklagte gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) für die Leistungen der Eingliederungshilfe für körperlich behinderte junge Menschen, zu denen die Klägerin gehört, vorrangig zuständig ist (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 15).
512. Die V GmbH als Rechtsnachfolgerin der N GmbH ist nicht als Leistungserbringer im Sinne des § 75 SGB XII notwendig beizuladen, weil die Klägerin nicht die Kostenübernahme durch Schuldbeitritt im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses, sondern eine Geldleistung in Gestalt der Erstattung der von ihren Eltern verauslagten Kosten der stationären Aufenthalte begehrt (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 16 a.E.). Es kann deshalb an dieser Stelle dahinstehen, ob und ggf. in welcher Hinsicht die §§ 75 ff. SGB XII im Verhältnis zu den Anbietern des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" überhaupt Anwendung finden können (vgl. insoweit Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25).
52III. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihren Eltern vorauslagen Kosten für die stationären Aufenthalte im Rahmen des von ihr absolvierten Behandlungsprogramms "Auf die Beine".
531. Ein Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus Sozialhilferecht gegen den nach den Ausführungen zu II. 1. nicht nur als zweitangegangenen Träger im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX, sondern auch "eigentlich" zuständigen Beklagten. Allein in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist insoweit § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 17). Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
54a) Der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin scheitert allerdings nicht von vornherein daran, dass ihre Eltern die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG)) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BSG ist dabei in der hier vorliegenden Konstellation einer Einsatzgemeinschaft bestehend aus Eltern mit ihrem in einem Haushalt zusammenlebenden minderjährigen Kind unerheblich, ob das Kind im Falle des Klageerfolgs seinen Eltern die Auslagen erstatten müsste (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 26 f.; Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 25).
55b) Ebenso ist für den Kostenerstattungsanspruch ohne Bedeutung, dass der Beklagte mit der N GmbH keine Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII getroffen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann sich die rechtliche Unsicherheit wegen einer fehlenden, nach § 75 Abs. 3 SGB XII aber an sich für eine Kostenübernahme notwendigen Vereinbarung zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer nicht zu Lasten der Leistungen begehrenden Person auswirken (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2008 - B 8/9b SO 10/07 R -, juris Rn. 12; Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 24). Es kann deshalb auch hier dahinstehen, ob und ggf. in welcher Hinsicht die §§ 75 ff. SGB XII im Verhältnis zu den Anbietern des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" überhaupt Anwendung finden können.
56c) Es liegen jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht vor.
57aa) Bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" hat es sich ohne Zweifel nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt. Dies zeigt sich schon daran, dass die Klägerin den ursprünglich anvisierten Termin für den ersten stationären Aufenthalt, den 31.01.2010 (vgl. Bl. 40 f. VA), hat verstreichen lassen. Im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass der spätere Beginn den Erfolg der Behandlung in irgendeiner Form beeinträchtigt hat (zu diesem Erfordernis vgl. Luik, in: jurisPK-SGB IX, § 15 Rn. 39).
58bb) Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für die stationären Aufenthalte im Rahmen des Behandlungskonzepts "Auf die Beine" auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin hatte nach den allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden Vorschriften des § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine".
59Hilfen nach § 19 Abs. 3 SGB XII werden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist.
60Diese Voraussetzungen lagen im maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten der Klägerin bzw. ihrer Eltern gegenüber der N GmbH (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 20/11 R -, juris Rn. 17 m.N.) nicht vor, wobei dahinstehen kann, ob die Verbindlichkeiten gegenüber der N GmbH nach Beendigung der stationären Aufenthalte im Mai und August 2010 oder mit der Inrechnungstellung der geforderten Vergütung, die spätestens im November 2011 erfolgt ist (vgl. den Schriftsatz der Klägerin vom 10.11.2011), fällig geworden sind.
61(1) Die Klägerin hatte zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch auf Übernahme der streitgegenständlichen Kosten für die stationären Aufenthalte unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Teil der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX.
62(a) Die Klägerin erfüllt allerdings die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die körperliche Funktion mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dies war und ist bei der Klägerin, die an einer spastischen Paraplegie der unteren Extremitäten leidet und nicht selbstständig laufen kann und konnte, der Fall. Diese Behinderung war auch wesentlich. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus § 1 Eingliederungshilfe-VO. Nach § 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO sind durch körperliche Gebrechen wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit eingeschränkt im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch u.a. Personen, deren Bewegungsfähigkeit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- oder Bewegungssystems in erheblichem Umfange eingeschränkt ist. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin durchgehend seit ihrer Geburt vor.
63(b) Entgegen der Auffassung des Beklagten stellen jedenfalls die allein streitgegenständlichen stationären Aufenthalte im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" auch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX dar und sind nicht als Krankenbehandlung im Sinne von § 48 SGB XII, die gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII uneingeschränkt vom Einkommen und Vermögen der Eltern abhängig wären, einzuordnen.
64Hilfe bei Krankheit im Sinne von § 48 SGB XII und medizinische Rehabilitation sind zunächst in inhaltlicher Hinsicht nach Art und Charakteristik der jeweiligen Behandlung voneinander abzugrenzen. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie im Krankenversicherungsrecht, in dem gemäß § 40 SGB V zwischen ambulanter Krankenbehandlung und Rehabilitationsleistungen unterschieden wird. Während bei der Krankenbehandlung der Schwerpunkt auf der einzelnen ärztlichen Behandlung durch Einwirkung auf die Ursachen der Funktionsstörung liegt, ist für die medizinische Rehabilitation ein Gesamtkomplex ineinandergreifender Leistungen durch Ärzte und andere Fachkräfte wie Physiotherapeuten charakteristisch, unter denen begleitende ärztliche Behandlung - anders als bei der Krankenbehandlung - keine hervorgehobene Rolle spielt und somit den übrigen Leistungen nebengeordnet ist (vgl. Bieritz-Harder, in: LPK-SGB XII, § 54 Rn. 7; Nellissen, in: jurisPK-SGB IX, § 26 Rn. 21; Waßer, in: jurisPK-SGB V, § 40 Rn. 29).
65Darüber hinaus unterscheiden sich Krankenbehandlung und medizinische Rehabilitation von ihrer Zielrichtung her. Ist Ziel der Behandlung die Heilung, Beseitigung oder Vermeidung einer Verschlimmerung einer Erkrankung, handelt es sich um Krankenbehandlung. Geht es dagegen um das Beseitigen, Vorbeugen, Verbessern oder Abwenden von wesentlichen Verschlechterungen von Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen als Folge von Krankheit, handelt es sich um medizinische Rehabilitation (Nellissen, in: jurisPK-SGB IX, § 26 Rn. 21). Zwar soll die gegenüber den Leistungen nach § 48 Satz 1 SGB XII vorrangige Krankenbehandlung im Sinne von § 264 SGB V (§ 48 Satz 2 SGB XII) auch die medizinische Rehabilitation nach § 40 SGB V umfassen. Die am Begriff der Krankheit ansetzende medizinische Rehabilitation in diesem Sinne ist jedoch von der insoweit nachrangigen (§ 2 Abs. 2 SGB XII), am Begriff der Behinderung ansetzenden Eingliederungshilfe (§ 54 Abs. 1 SGB XII) abzugrenzen (vgl. BSG, Urt. v. 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R -, juris Rn. 35). Für die Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation verbleibt mithin jedenfalls dann ein eigener Anwendungsbereich, wenn eine an den Merkmalen des § 53 SGB XII zu messende, bestehende oder drohende Behinderung zu rehabilitieren ist (vgl. Werhahn, in: jurisPK-SGB XII, § 54 Rn. 14).
66Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei stationären Leistungen im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" um Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation im Sinne des Rechts der Eingliederungshilfe. Wie die N GmbH im Verwaltungsverfahren selbst ausgeführt hat, stellt das Behandlungskonzept eine multimodale Komplextherapie dar. Nach einem vorgegebenen ärztlichen Plan greifen physiotherapeutische Maßnahmen, sportliches Training und weitergehende Beratung zu Hilfsmitteln und Ernährung ineinander. Dabei stehen die physiotherapeutischen Maßnahmen im Vordergrund. Das Behandlungskonzept bezweckt nach der vom Senat eingeholten Auskunft der V GmbH die Stärkung der Grobmotorik. Es knüpft deshalb an die Behinderung an und bezweckt die Minderung von deren Folgen. Demgegenüber steht die Bekämpfung der regelmäßig, wie im Falle der Klägerin auch, unbekannten Ursachen der Gesundheitsstörungen der behandelten Kinder und Jugendlichen nicht an erster Stelle. Es geht vielmehr vor allem darum, die Bewegungsfähigkeit der dauerhaft körperlich behinderten Kinder und Jugendlichen im Alltag zu verbessern.
67(c) Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung stand und steht auch der Nachranggrundsatz gemäß § 2 SGB XII im Hinblick auf etwaige Ansprüche der Klägerin gegen ihre private Krankenkasse, die DKV, einem Anspruch gegen den Beklagten aus § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, die vom Beklagten konsequent ignoriert wird, handelt es sich bei § 2 SGB XII nicht um eine isolierte Ausschlussnorm. Ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist danach allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (vgl. BSG, Urt. v. 26.08.2008 - B 8/9b SO 16/07 R -, juris Rn. 15; Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris Rn. 20; Urt. v. 02.02.2010 - B 8 SO 21/08 R -, juris Rn. 13; Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 25; ausführlich dazu auch Coseriu, in: jurisPK-SGB XII, § 2 Rn. 8 ff.). Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor. Die DKV hat die Gewährung von Krankenversicherungsschutz unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" um eine Rehabilitationsmaßnahme, für die nach dem Versicherungsvertrag der Klägerin kein Versicherungsschutz bestünde. Abgesehen davon, dass diese Auffassung nach den vorstehenden Ausführungen zutreffend sein dürfte, sind etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die DKV daher nicht ohne weiteres realisierbar.
68(d) Abweichend von der Grundregel des § 19 Abs. 3 SGB XII stand auch das Einkommen und Vermögen der Eltern der Klägerin dem Anspruch auf Übernahme der Kosten für die stationären Aufenthalte unter dem Gesichtspunkt der medizinischen Rehabilitation nicht entgegen. Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, wie sie hier nach den Ausführungen zu (b) vorliegen, sind vielmehr nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 und 3 SGB XII dergestalt privilegiert, dass sie ohne Berücksichtigung von Vermögen zu erbringen sind und der Einkommenseinsatz auf die Kosten für den Lebensunterhalt begrenzt auf häusliche Ersparnis während der stationären Aufenthalte begrenzt ist.
69(e) Der Anspruch der Klägerin aus §§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX scheitert jedoch an den Schranken von § 52 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 SGB XII und § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII.
70Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Wie bei der Hilfe zur Gesundheit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden danach Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe mit den Leistungen der Krankenversicherung so verknüpft, dass sie nach Art und Umfang nicht über die Leistungen nach dem SGB V, hier des § 40 SGB V, hinausgehen (vgl. BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R -, juris Rn. 21 m.N.; Urt. v. 17.12.2013 - B 1 KR 50/12 R -, juris Rn. 17 a.E.). Damit soll eine Besserstellung der Empfänger der Eingliederungshilfe und ergänzender Leistungen der Eingliederungshilfe gegenüber Berechtigten der Krankenversicherung vermieden werden (Wehrhan, in: jurisPK-SGB XII, § 54 Rn. 17 m.N.). § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII wird dabei ergänzt durch die gemäß § 52 Abs. 5 SGB XII auf die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 52 Abs. 2 Satz 1 SGB XII. Danach haben Leistungsberechtigte die freie Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten sowie den Krankenhäusern (nur) entsprechend den Bestimmungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies bedeutet, dass die Hilfeempfänger nur solche Erbringer von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wählen dürfen, die von den gesetzlichen Krankenkassen zur Leistungserbringung nach den §§ 107 ff. SGB V zugelassen sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 24.08.2011 - L 8 SO 15/08 -, juris Rn. 95; Bieritz-Harder/Birk, in: LPK-SGB XII, § 52 Rn. 3; Bieritz-Harder, in: LPK-SGB XII § 54 Rn. 13; Söhngen, in: jurisPK-SGB XII, § 52 Rn. 13; Wehrhan, in: jurisPK-SGB XII, § 54 Rn. 17).
71Die stationären Aufenthalte im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" entsprechen weder in inhaltlicher noch in institutioneller Hinsicht, d.h. was den Leistungserbringer anbetrifft, den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in diesem Sinne. Die multimodale Komplextherapie im Rahmen des Behandlungskonzeptes geht über die Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 40 SGB V hinaus. Es umfasst zwar einen rehabilitativen Teil, enthält jedoch Angebote der Sozial- und Ernährungsberatung, die über die Versorgung nach § 40 SGB V hinausgehen (vgl. insoweit die Ausführungen der KKH Kaufmännische Krankenkasse vom 11.01.2013, Bl. 155 R GA). Soweit die vom Senat befragten gesetzlichen Krankenkassen das Behandlungskonzept als Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation eingeordnet haben, haben sie überwiegend ausdrücklich lediglich eine Analogie zu § 40 SGB V gezogen (vgl. die schriftlichen Antworten der Barmer GEK vom 27.12.2012 (Bl. 150 GA), der IKK classic vom 07.01.2013 (Bl. 153 GA) und der Techniker Krankenkasse vom 09.01.2013 (Bl. 159 GA)). Die Knappschaft hat in ihrer schriftlichen Antwort vom 04.01.2013 (Bl. 157 GA) zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Einordnung als Maßnahme der stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 40 Abs. 2 SGB V voraussetzen würde, dass mit der N GmbH als Leistungserbringerin ein kassenübergreifender Versorgungsvertrag im Sinne von § 111 SGB V geschlossen worden wäre. Daran fehlt es hier aber, so dass die N GmbH auch nicht zur Leistungserbringung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zugelassen war.
72Dass die N GmbH mit der Barmer GEK, der AOK Rheinland/Hamburg, der IKK classic, der KKH Kaufmännische Krankenkasse, der Techniker Krankenkasse, der DAK Gesundheit und der Knappschaft einen Vertrag über die integrierte Versorgung im Sinne von § 140b SGB V geschlossen hat und für diese Krankenkassen Leistungen der integrierten Versorgung nach § 140a SGB V erbringt, führt zu keiner anderen Bewertung. Mit "(Rehabilitations-)Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung" im Sinne von §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist vielmehr nur die Regelversorgung, wie sie sich aus dem Dritten Kapitel des SGB V (§§ 11 ff. SGB V) ergibt, gemeint (vgl. insoweit auch Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, § 75 Rn. 25, die vom "Leistungskatalog" der gesetzlichen Krankenversicherung sprechen). Leistungserbringer entsprechend "den Bestimmungen der gesetzlichen Krankenversicherung" im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 SGB XII sind deshalb auch nur die zur Regelversorgung zugelassenen Leistungserbringer. Leistungen der integrierten Versorgung im Sinne von §§ 140a ff. SGB V, die gerade außerhalb der Regelversorgung erbracht werden und diese ersetzen sollen (vgl. BSG, Urt. v. 06.02.2008 - B 6 KA 27/07 R -, juris Rn. 14 ff.), sind deshalb nicht als Leistungen der medizinischen Rehabilitation §§ 53 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX aus den Mitteln der Sozialhilfe zu gewähren.
73Für dieses Ergebnis spricht bereits der Wortlaut der §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Indem auf die Leistungen "der gesetzlichen Krankenversicherung" abgestellt wird, macht der Gesetzgeber deutlich, dass die von der gesetzlichen Krankenversicherung allgemein bereitgestellten und allen Versicherten gleichermaßen zustehenden Leistungen den inhaltlichen Rahmen der Sozialhilfeleistungen vorgeben. Leistungen der integrierten Versorgung nach den §§ 140a ff. SGB V werden aber in der Regel, wie auch hier, nur von einzelnen gesetzlichen Krankenkassen aufgrund besonderer vertraglicher Vereinbarungen angeboten und stehen daher nicht allen gesetzlich Krankenversicherten zur Verfügung.
74Dass die Leistungen der medizinischen Rehabilitation aus den Mitteln der Sozialhilfe auf die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt sind, folgt vor allem aus systematischen Erwägungen:
75Für Hilfen zur Gesundheit ordnet § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB XII an, dass der Sozialhilfeträger, anders als im Rahmen der gebundenen Entscheidung nach § 48 Satz i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, über Umfang und Inhalt der Hilfen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, soweit Krankenkassen in ihrer Satzung Umfang und Inhalt der Leistungen bestimmen können. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass mit "Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung" im Sinne von § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und damit auch im Sinne der im Wesentlichen gleichlautenden Vorschrift des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XI nur die Leistungen der Regelversorgung ohne die durch Satzung der Krankenkassen zu regelnden besonderen Leistungen gemeint sein können. Für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX fehlt zudem eine § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung, so dass eine Beschränkung auf die Regelversorgung für Leistungen der medizinischen Rehabilitation noch näher liegt als im Bereich der allgemeinen Hilfen zur Gesundheit. § 52 Abs. 5 SGB XII verweist gerade nicht auf § 52 Abs. 1 SGB XII. Darüber hinaus werden die Leistungen der integrierten Versorgung auch nicht von § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst, denn die integrierte Versorgung wird nach §§ 140a f. SGB V ausschließlich durch Verträge und nicht durch die Satzung der Krankenkasse geregelt. Für die Gewährung von Leistungen der integrierten Versorgung als Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des Rechts der Eingliederungshilfe fehlt deshalb jegliche Rechtgrundlage.
76Das in § 52 Abs. 3 SGB XII geregelte und für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII entsprechend geltende (§ 52 Abs. 5 SGB XII) Leistungserbringerrecht bestätigt dieses Ergebnis. Die Anwendung der §§ 140a ff. SGB V wird zwar durch § 52 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Regelung des § 52 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, wonach Ärzte, Psychotherapeuten im Sinne des § 28 Abs. 3 Satz 1 SGB V und Zahnärzte für ihre Leistungen Anspruch auf die Vergütung haben, welche die Ortskrankenkasse, in deren Bereich der Arzt, Psychotherapeut oder der Zahnarzt niedergelassen ist, für ihre Mitglieder zahlt, zeigt jedoch, dass der Gesetzgeber nur die Regelversorgung und damit den für alle gesetzlich Krankenversicherten geltenden Leistungskatalog im Auge hatte. Denn nur hierfür existiert bei jeder Ortskrankenkasse eine Vergütungsregelung. § 52 Abs. 3 Satz 3 SGB XII bestätigt diesen Befund, denn auf die Vorschrift des § 295a SGB V, die gerade auch für die integrierte Versorgung nach § 140a SGB V gilt, wird dort nicht verwiesen.
77Schließlich entspricht es auch dem Sinn und Zweck des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, dass Leistungen der integrierten Versorgung nicht zu den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne dieser Vorschrift gehören. Andernfalls würden Privatversicherte, wie die Klägerin, von vertraglichen Regelungen profitieren, die einzelne gesetzliche Krankenkassen zugunsten ihrer Versicherten vereinbart haben. Damit würden sie nicht nur besser gestellt als diejenigen gesetzlich Versicherten, die bei anderen gesetzlichen Krankenkassen versichert sind. Sie erhielten vielmehr auch neben den Vorteilen einer privaten Krankenversicherung zugleich den besten Schutz, den die gesetzliche Krankenversicherung unter Berücksichtigung aller besonderen Leistungen aller gesetzlichen Krankenkassen zu bieten hat. Dies liefe dem Ziel des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, eine Besserstellung von Sozialhilfeempfängern gegenüber gesetzlich Krankenversicherten zu vermeiden, zuwider. Könnte die Klägerin über die Leistungen der medizinischen Rehabilitation im Rahmen der Eingliederungshilfe auch Leistungen der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V erhalten, könnte sie sich zwischen der privaten Krankenversicherung einerseits und der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits "die Rosinen herauspicken".
78(f) Sind damit die streitgegenständlichen stationären Aufenthalte im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" schon ihrer Art nach und, was den Leistungserbringer anbetrifft, nicht vom Umfang der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfasst, kommt es nicht mehr darauf an, ob die stationären Aufenthalten im Sinne von §§ 4 Abs. 1, 26 Abs. 3 SGB IX nach dem gebotenen individuellen Prüfungsmaßstab bei vorausschauender Betrachtung (vgl. BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris Rn. 23) erforderlich, d.h. zum Erreichen der Leistungsziele unentbehrlich (vgl. BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 14), waren, was im Hinblick auf die zeitlich mit der Absolvierung des Behandlungskonzeptes erfolgte Intensivierung der ambulanten Physiotherapie und die eher bescheidenen Erfolge der Behandlung zweifelhaft sein könnte.
79(2) Die Klägerin hatte auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der stationären Aufenthalte im Rahmen des Behandlungskonzeptes "Auf die Beine" unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX.
80Ein Leistungsanspruch insoweit scheidet zwar nicht bereits deshalb aus, weil es sich bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" um eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation handelt, die nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Behandlungskonzept nach seiner Zielrichtung zumindest auch bezweckt, den Kontakt des behinderten Menschen mit seiner Umwelt und seine Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen und hierdurch insgesamt die Begegnung und den Umgang mit nichtbehinderten Menschen zu fördern (vgl. BSG, Urt. v. 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R -, juris Rn. 17; Urt. v. 29.09.2009 - B 8 SO 19/08 R -, juris Rn. 18, 21 ff.).
81Ob dies indes entsprechend den Ausführungen der V GmbH im Schreiben vom 09.11.2012 der Fall ist oder ob ein Anspruch auf Leistungen unter dem Aspekt der Teilhabe am Gemeinschaftsleben hier deshalb von vornherein ausscheidet, weil, was der Senat in tatsächlicher Hinsicht ausdrücklich feststellt, die Maßnahme eindeutig an die Krankheit selbst anknüpft (vgl. zu diesem Abgrenzungskriterium BVerwG, Urt. v. 18.10.2012 - 5 C 15/11 -, juris Rn. 19) und deshalb der medizinische Leistungszweck eindeutig im Vordergrund steht (vgl. insoweit LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 20.08.2012 - L 20 SO 25/09 -, juris Rn. 62 ff.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urt. v. 27.02.2013 - L 9 SO 17/11 -, juris Rn. 36), kann in rechtlicher Hinsicht dahinstehen. In jedem Fall liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII in Bezug auf die Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben nicht vor. Unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe am Gemeinschaftsleben gemäß §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX bestand ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der stationären Aufenthalte vom 18.04.2010 bis zum 01.05.2010 und Anfang August 2010 nur unter Berücksichtigung des Einkommens- und Vermögens ihrer Eltern. Ihren Eltern war jedoch zu den genannten Zeitpunkten bzw. Zeiträumen und auch noch bis November 2011 der Einsatz ihres Vermögens zur Deckung der Kosten der Maßnahme im Sinne von § 19 Abs. 3 i.V.m. § 90 SGB XII zumutbar.
82(a) Bei dem Behandlungskonzept "Auf die Beine" handelt es sich unter dem Aspekt der Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben nicht um eine privilegierte Maßnahme im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, die nach § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen wäre.
83(aa) Das Behandlungskonzept "Auf die Beine" stellt offensichtlich keine heilpädagogische Maßnahme im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB XII dar. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass im Rahmen des Behandlungskonzeptes heilpädagogische Maßnahmen in nennenswertem Umfang angeboten würden. Selbst wenn man die optional angebotene Sozial- und Ernährungsberatung als heilpädagogische Leistung einstufen würde, tritt diese, sowohl was den Leistungsumfang als auch die Bedeutung der Leistung betrifft, eindeutig und offensichtlich hinter die medizinischen Leistungen, insbesondere die physiotherapeutischen Maßnahmen zurück.
84(bb) Entgegen der von der Klägerin und wohl auch vom SG vertretenen Auffassung ist das Behandlungskonzept "Auf die Beine" auch keine Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne von §§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII.
85Allen Privilegierungsfällen des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII, gerade auch den Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, ist gemeinsam, dass sie einen spezifischen Förderbedarf und eine entsprechende Förderung voraussetzen, zu dem die vermögens- und einkommensprivilegierte Hilfe einen (objektiv) finalen Bezug dergestalt aufweisen muss, dass der Schwerpunkt der zu erbringenden Leistung nicht allein oder vorrangig bei der allgemeinen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, sondern zumindest gleichwertig bei den von ihnen verfolgten beruflichen, schulischen, ausbildungsbezogenen und medizinischen Zielen liegt (BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 18). Die bloß mittelbare Förderung der Schulausbildung genügt nicht (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 19). Vielmehr muss die Leistung unmittelbar mit einer konkreten (Bildungs-)Maßnahme bzw. dem Schulbesuch verknüpft sein und allein dieser spezifischen Fördermaßnahme dienen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 21 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG).
86Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob die Behandlung bei der N GmbH auch dazu beigetragen hat, dass die Klägerin nunmehr eine Regelschule besucht. Selbst wenn dies der Fall wäre, worüber nach Auffassung des Senats nur spekuliert werden kann, wäre die Behandlung nur dann gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einkommens- und vermögensprivilegiert, wenn sie spezifisch auf die Ermöglichung der Regelschulbesuchs ausgerichtet gewesen wäre. Dies ist und war nicht der Fall. Nach den Angaben der V GmbH gegenüber dem Senat bezweckte die Maßnahme "Auf die Beine" eine Verbesserung der Grobmotorik. Sie zielte damit allgemein auf eine Verbesserung der Alltagsbewältigung bzw. der persönlichen Lebensführung. Einen spezifischen Bildungsbezug, insbesondere in Bezug auf die Ermöglichung des Regelschulbesuchs, wies die Maßnahme dagegen erkennbar nicht auf. Abgesehen davon, dass der Behandlungsplan keinerlei Bildungsmaßnahmen enthielt, spielten noch nicht einmal die besonderen motorischen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Besuch einer Regelschule eine Rolle. Vielmehr ging es allein um die Förderung der Beweglichkeit im Allgemeinen. Es kann dahinstehen, ob, wie die Klägerin behauptet, durch eine Verbesserung der Motorik zugleich Konzentrationsfähigkeit und Leistungsbereitschaft gefördert werden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde es sich nur um faktische Nebeneffekte der eindeutig auf andere Zwecke hin ausgerichteten Behandlung handeln. Gleiches gilt für die von der Klägerin behauptete, angeblich durch die verbesserte Motorik bewirkte Steigerung ihres Selbstbewusstseins. Selbst wenn die Steigerung des Selbstbewusstseins durch die Maßnahme bezweckt gewesen sein sollte, geht es auch insoweit allgemein um die Verbesserung der persönlichen Lebensführung ohne spezifischen Schulbezug.
87(cc) Entsprechend den vorstehenden Ausführungen ist und war die Maßnahme auch nicht nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII ("Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll"), einkommens- und vermögensprivilegiert. Nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, kann § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII nicht als allgemeine Auffangnorm für alle denkbaren gesellschaftsbezogenen Bedarfe zugunsten nicht eingeschulter behinderter Menschen verstanden werden; § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB XII hätte dann keine eigenständige Bedeutung mehr. Deshalb verlangt § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB XII aus systematischen und teleologischen Gründen eine einschränkende Auslegung dahin, dass die Regelung spezifische, an der Person des behinderten Menschen ansetzende Maßnahmen voraussetzt, auf die die Hilfen ausgerichtet sein müssen. Dies macht nicht zuletzt die Formulierung "noch nicht eingeschulte Menschen" deutlich. Es sollen also Personen erfasst werden, die (noch) nicht unter Nr. 2 fallen, denen aber Maßnahmen angeboten werden können, die ihrem Bildungsstand entsprechen. Darüber hinaus muss der Schwerpunkt der Hilfen bei spezifischen Bildungszielen liegen (BSG, Urt. v. 20.09.2012 - B 8 SO 15/11 R -, juris Rn. 20). Einen solchen spezifischen Bildungsbezug weist das Behandlungskonzept "Auf die Beine" nicht auf. Es dient allein dem allgemeinen, "basalen" (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 21) Teilhabezweck, dass die Klägerin sich besser bewegen kann.
88(b) Der Einsatz ihres nach den vorstehenden Ausführungen voll zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens ist den Eltern der Klägerin gemäß § 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 82 ff., 90 SGB XII auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten gegenüber der N GmbH zuzumuten gewesen. Die genauen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der N GmbH (Mai und August 2010 bzw. November 2011, siehe oben c) bb)) stehen zwar nicht fest. Dies liegt jedoch allein daran, dass die Eltern, die allein insoweit zu Angaben in der Lage wären, auf ausdrückliche Nachfrage des Senats jegliche Auskunft verweigert haben. Dies macht weitere Ermittlungen von Amts wegen unmöglich. Der Senat hat deshalb nach Ausschöpfung der ihm möglichen Amtsermittlungsmaßnahmen eine Beweislastentscheidung zu treffen. Diese geht zu Lasten der Klägerin, die die materielle Beweislast (Feststellungslast) für die für sie günstigen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 SGB XII zu tragen hat. Es ist deshalb für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits davon auszugehen, dass die Eltern zu den genannten Zeitpunkten zumindest über im Sinne von § 90 Abs. 1 SGB XII verwertbares und nach Maßgabe von § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII auch einzusetzendes Vermögen, das die Kosten der stationären Aufenthalte überstieg, verfügten.
892. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich gegen den Beklagten auch nicht gemäß § 14 SGB IX aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar ist die Existenz eines Kostenerstattungsanspruch in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX oder von § 13 Abs. 3 SGB V bei der hier vorliegenden selbstbeschafften Teilhabeleistung auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R -, juris Rn. 21 f. m.w.N.). Die nach den Ausführungen zu 1. c) aa) allein in Betracht kommende Alternative der zu Unrecht erfolgten Ablehnung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V, § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt SGB IX) ist jedoch im Verhältnis zum Beklagten auch unter Berücksichtigung des Rentenversicherungsrechts aus mehreren Gründen nicht gegeben.
90a) Ein Anspruch gegen den Beklagten nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung kommt von vornherein nur nach § 14 SGB IX in Betracht, weil der Beklagte entweder wegen der Weiterleitung des Antrags der Klägerin durch die Stadt Münster insgesamt im Außenverhältnis allzuständiger zweitangegangener Rehabilitationsträger geworden ist oder wegen der fehlenden Weiterleitung des Antrags an die Beigeladenen als - vermeintlich - "eigentlich zuständigen" Rehabilitationsträger über den Rehabilitationsbedarfs auch unter Berücksichtigung der Vorschriften des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu entscheiden hatte. § 14 SGB IX kann jedoch keinen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten begründen.
91Die Klägerin, die unstreitig nicht selbst nach §§ 1 bis 4 SGB VI Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung ist, erfüllt offensichtlich die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI für eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach § 15 SGB VI i.V.m. §§ 26 bis 31 SGB IX, für die allein die Beigeladene hier als Rehabilitationsträger gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 5 Nr. 1 SGB IX in Betracht kommt, nicht. Für sie käme allenfalls eine stationäre Heilbehandlung für Kinder von Versicherten gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI (sog. Kinderrehabilitation) in Betracht, weil ihr Vater in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist. Für die Kinderrehabilitation im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI gilt jedoch § 14 SGB IX nicht, d.h. für die Kinderrehabilitation kann nicht über § 14 SGB IX die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers als des zuständigen Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, d.h. eines Rehabilitationsträgers im Sinne von §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 7, 6a SGB IX, im Außenverhältnis zum Antragsteller begründet werden. Dies ergibt sich zwingend aus der Systematik des SGB VI und des SGB IX.
92§ 14 SGB IX gilt nach seinem Wortlaut und seinem systematischen Zusammenhang nur für Rehabilitationsträger im Sinne von §§ 6, 6a SGB IX. Die Eigenschaft eines Rehabilitationsträgers kann einem Sozialleistungsträger nach §§ 6, 6a SGB IX nur in Bezug auf die in § 5 SGB IX abschließend ausgeführten Leistungsgruppen zukommen. Die in § 5 Nr. 1 SGB IX genannten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, für die u.a. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX Rehabilitationsträger sind, regelt das SGB IX in den §§ 26 bis 31 SGB IX. Damit korrespondiert im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung § 15 SGB VI, der nach seiner amtlichen Überschrift "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" regelt und auf §§ 26 bis 31 SGB IX verweist. Die Kinderrehabilitation wird demgegenüber in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI unter der eindeutigen amtlichen Überschrift als "sonstige Leistung" ohne Bezugnahme auf die Vorschriften des SGB IX geregelt. Der Gesetzgeber gibt damit klar zu erkennen, dass er die Kinderrehabilitation nicht als medizinischen Rehabilitation ansieht, weder im Sinne des SGB VI noch im Sinne des SGB IX. In jedem Fall handelt es sich um eine Leistung außerhalb der Vorgaben des SGB IX (vgl. Luthe, in: jurisPK-SGB IX, § 6 Rn. 25). Dies entzieht einer Anwendung von § 14 SGB IX von vornherein den Boden.
93Aus dem Sinn und Zweck des § 14 SGB IX, eine möglichst rasche und umfassende Entscheidung über den Rehabilitationsbedarfs des behinderten Menschen herbeizuführen, folgt nichts anderes. § 14 SGB IX ist im Zusammenhang mit den §§ 10 ff. SGB IX zu sehen, in denen die Kooperation und Koordination der Rehabilitationsträger als eines der wichtigsten Strukturprinzipien des SGB IX geregelt ist (vgl. Luik, in: jurisPK-SGB IX, § 14 Rn. 30 f.). Soweit ein Leistungsträger besondere, außerhalb der Rehabilitationsleistungen des SGB IX stehende Leistungen erbringt, wie der Rentenversicherungsträger im Falle der Kinderrehabilitation, ist eine Zuständigkeitskonkurrenz oder eine Kooperation zwischen verschiedenen Rehabilitationsträgern nicht denkbar, so dass es auch keiner umfassenden Zuständigkeit im Außenverhältnis nach § 14 SGB IX bedarf.
94b) Selbst wenn § 14 SGB IX auf die Kinderrehabilitation anwendbar wäre, kommt ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten nicht in Betracht, denn der Beklagte hat auch dann, wenn er die Gewährung einer Kinderrehabilitation nach § 14 SGB IX i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI zu prüfen gehabt hätte, die begehrte Leistung nicht zu Unrecht im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V analog bzw. § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt. SGB IX analog abgelehnt.
95Die Gewährung einer Kinderrehabilitation steht sowohl hinsichtlich des "Ob" als auch hinsichtlich des "Wie" der Gewährung nach den allgemeinen, auch die sonstigen Leistungen nach § 31 SGB VI erfassenden Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im Ermessen des Rentenversicherungsträgers (vgl. auch Haack, in: jurisPK-SGB VI, § 31 Rn. 8 m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob ein Kostenerstattungsanspruch in dem hier einschlägigen Falle einer selbstbeschafften Kinderrehabilitation nur dann bestehen kann, wenn sich das dem Rentenversicherungsträger zustehende und vom Beklagten als - hier hilfsweise unterstellt - nach § 14 SGB IX zuständigem Träger auszuübende Auswahlermessen auf die Bewilligung der selbstbeschafften Leistung (hier: der stationären Aufenthalte bei der N GmbH im Rahmen des Programms "Auf die Beine") auf Null reduziert hätte (so LSG Baden-Württtemberg, Urt. v. 05.08.2003 - L 13 RA 4868/02 -, juris Rn. 13; ebenso für Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 15 SGB VI LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.08.2012 - L 11 R 5319/11 -, juris Rn. 23), oder ob bei ermessensfehlerhafter Ablehnung ein Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich zu bejahen ist (in diesem Sinne Luik, in: jurisPK-SGB IX, § 15 Rn. 35) bzw. ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht. In jedem Fall war die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat zwar in den angefochtenen Bescheiden erkennbar kein Ermessen ausgeübt, weil er sich - rechtsfehlerhaft (siehe dazu oben 1.) - nicht für zuständig gehalten hat. Darin liegt jedoch kein Ermessensfehler im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs, weil sich das (rentenversicherungsrechtliche) Ermessen des Beklagten hinsichtlich der Ablehnung der begehrten Förderung der stationären Aufenthalte der Klägerin im Rahmen des Programms "Auf die Beine" auf Null reduziert hatte. Die Beigeladene wäre als der - hier abweichend von den Ausführungen zu a) unterstellt - eigentlich zuständige Rehabilitationsträger nicht zur Gewährung der begehrten Leistungen berechtigt gewesen. Entsprechendes muss für den Beklagten im Rahmen von § 14 SGB IX gelten.
96aa) Die streitgegenständlichen stationären Aufenthalte im Rahmen des Programms "Auf die Beine" entsprechen schon ihrer Art nach nicht den Kinderrehabilitationsleistungen im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Nach § 5 Abs. 3 der Gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI für Kinderheilbehandlungen (Kinderreha-Richtlinien), die gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI für die Erbringung von Kinderrehabilitationen zu Lasten des Rentenversicherungsträgers maßgeblich sind, werden Kinderrehabilitationen stets für die Dauer von für vier Wochen erbracht und können ggf. verlängert werden. Eine Maßnahme wie das Programm "Auf die Beine" mit zwei getrennten, jeweils deutlich kürzeren stationären Aufenthalten stellt demgegenüber ein aliud dar und ist mit den stationären Leistungen im Rahmen der Kinderrehabilitation des Rentenversicherungsträgers auch nicht vergleichbar. Eine solche Maßnahme ist vom Leistungsspektrum des Rentenversicherungsträgers von vornherein nicht umfasst.
97bb) Zudem erfüllt die N GmbH bzw. ihre Rechtsnachfolgerin die institutionellen Voraussetzungen für Leistungen der Kinderrehabilitation im Sinne von § 31 Abs. 1 satz 1 Nr. 4 SGB VI nicht.
98Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden die stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht, die unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal entweder von dem Träger der Rentenversicherung selbst betrieben werden oder mit denen ein Vertrag nach § 21 SGB IX besteht.
99Diese Vorschrift bewirkt, dass Leistungen der medizinischen Rehabilitation in Einrichtungen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, grundsätzlich abzulehnen sind. Ein Wahlrecht des Versicherten und damit auch ein Auswahlermessen des Rentenversicherungsträgers besteht von vornherein grundsätzlich nur zwischen Einrichtungen, mit denen der Rentenversicherungsträger einen Vertrag abgeschlossen hat (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.01.2004 - L 2 RJ 160/03 -, juris Rn. 25; Bayerisches LSG, urt. v. 22.07.2010 - L 14 R 382/09 -, juris Rn. 24; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.08.2012 - L 11 R 5319/11 -, juris Rn. 23). Eine von diesem Grundsatz abweichende Ermessensentscheidung ist vom Rentenversicherungsträger nur dann zu treffen, wenn ein atypischer Fall vorliegt. Dies ist etwa dann gegeben, wenn der Rentenversicherungsträger nicht in der Lage ist, von ihm belegte Einrichtungen zum Beispiel bei besonderen Erkrankungen anzubieten und die vom Versicherten gewünschte Einrichtung die vorgeschriebenen Anforderungen erfüllt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rn. 27; Bayerisches LSG, a.a.O., Rn. 25).
100Diese Grundsätze müssen nicht zuletzt wegen der § 15 Abs. 2 Satz 1 SGB VI entsprechenden Vorschrift des § 6 Satz 2 der Kinderreha-Richtlinien bei einer Kinderrehabilitation, vor allem wenn man sie dem Reglement des § 14 SGB IX unterwirft und damit wie eine Leistung der medizinischen Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers behandelt, entsprechend gelten (so auch LSG Baden-Württtemberg, Urt. v. 05.08.2003 - L 13 RA 4868/02 -, juris Rn. 16 f.).
101Nach diesen Grundsätzen war für die Gewährung der begehrten Leistungen als Kinderrehabilitation nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI kein Raum. Die Beigeladene als zuständiger Rentenversicherungsträger hat weder mit der N GmbH noch mit ihrer Rechtsnachfolgerin einen Vertrag geschlossen.
102Es liegt auch kein atypischer Fall vor. Dass der Rehabilitationsbedarf der Klägerin, sofern die übrigen Voraussetzungen für eine Kinderrehabilitation nach § 31 Abs. 2 Satz 2 SGB VI i.V.m. Kinderreha-Richtlinien vorliegen oder im Zeitpunkt der stationären Aufenthalte der Klägerin im Rahmen des Programms "Auf die Beine" vorlagen, nicht durch Einrichtungen gedeckt werden könnte bzw. hätte gedeckt werden können, die die Beigeladene selbst betreibt oder mit denen sie einen Vertrag geschlossen hat, ist nicht ersichtlich. Zwar mag es, wie die Klägerin vorträgt, bundesweit kein vergleichbares Programm geben. Die nach der vom Senat eingeholte Auskunft der V GmbH wesentlichen Leistungen des Programms (Physiotherapie nach Bobath, Vojta und im Bewegungsbad, medizinisches Training an Geräten inkl. Motomed-, Lokomat- und Laufbandtraining) sind jedoch Bestandteil zahlreicher anderer stationärer Maßnahmen. Zudem haben sich die grobmotorischen Fähigkeiten der Klägerin ausweislich des im Abschlussbericht der V GmbH vom 18.10.2012 bezogen auf den 05.05.2011 festgehaltenen physiotherapeutischen Befundes teils gar nicht und teils nur minimal verbessert. Ob die motorischen Verbesserungen (zunehmend selbstständiges Fortbewegen im Rollstuhl, besserer Transfer in den Rollstuhl und aus dem Rollstuhl, verbesserte Statik) tatsächlich auf das Programm oder sogar die allein streitige stationären Aufenthalte zurückzuführen sind oder auf andere Maßnahmen, insbesondere die intensivierte Krankengymnastik, kann nicht beurteilt werden und geht auch aus den Berichten der V GmbH nicht hervor. Vor diesem Hintergrund, insbesondere aufgrund der sehr bescheidenen Erfolge des Programms bei der Klägerin, ist der Senat davon überzeugt, dass es im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen andere, gleichwertige Maßnahmen gegeben hätte, die die Klägerin bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kinderrehabilitation hätte erhalten können, wenn sich ihre Eltern um solche Maßnahmen beim Rentenversicherungsträger bemüht hätten.
103Zudem wäre der Abschluss eines Vertrages mit der N GmbH für die Beigeladene nach den Ausführungen zu aa) auch nicht möglich gewesen.
1043. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen scheidet auch ein unmittelbarer Anspruch gegen die Beigeladene und deren Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG aus. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin vor der Durchführung des Programms "Auf die Beine" keinen Kontakt zur Beigeladenen aufgenommen hat und es deshalb an der nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V analog bzw. § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt. SGB IX analog erforderlichen Kausalität zwischen den entstandenen Kosten und der Ablehnung der Leistung fehlt (vgl. insoweit BSG, Urt. v. 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R -, juris Rn. 23).
105IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
106V. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Die wesentlichen Rechtsfragen sind entweder höchstrichterlich geklärt oder lassen sich ohne weiteres durch Auslegung dem Gesetz entnehmen. Es handelt sich zudem um einen besonderen Einzelfall, dem keinerlei Breitenwirkung zukommt.
107.
Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden:
- 1.
die Betreuung minderjähriger Kinder oder von Kindern mit Behinderungen oder die häusliche Pflege von Angehörigen, - 2.
die Schuldnerberatung, - 3.
die psychosoziale Betreuung, - 4.
die Suchtberatung.
Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.
Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden:
- 1.
die Betreuung minderjähriger Kinder oder von Kindern mit Behinderungen oder die häusliche Pflege von Angehörigen, - 2.
die Schuldnerberatung, - 3.
die psychosoziale Betreuung, - 4.
die Suchtberatung.
Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sind Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten und Neunten Buches gedeckt wird, gehen diese der Leistung nach Satz 1 vor.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmungen über die Abgrenzung des Personenkreises nach § 67 sowie über Art und Umfang der Maßnahmen nach § 68 Abs. 1 erlassen.
Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sind Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Soweit der Bedarf durch Leistungen nach anderen Vorschriften dieses Buches oder des Achten und Neunten Buches gedeckt wird, gehen diese der Leistung nach Satz 1 vor.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.