Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. März 2016 - I-12 U 36/15
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.05.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Duisburg (2 O 7/15) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte auf den vom Landgericht ausgeurteilten Betrag von 50.233,96 EUR Zinsen lediglich i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2014 schuldet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
I.
2Die Klägerin macht als Insolvenzverwalterin über das Vermögen des I O (Schuldner) Rückgewähransprüche wegen einer Abbuchung von dessen Konto geltend. Der Schuldner, der einen Brennstoffhandel betrieb, wurde von der Beklagten aufgrund eines Rahmenvertrages mit Diesel und Heizöl beliefert. In dem Rahmenvertrag vom 23.12.2011/30.01.2012 (Anl. BK 1) war geregelt, dass Rechnungen 30 Tage nach Lieferung fällig sind und die Zahlung mittels Bankabbuchungsauftragsverfahren erfolgt. Der Schuldner hatte seiner Bank, der Sparkasse X , einen Abbuchungsauftrag zugunsten der Beklagten erteilt. Dem Geschäftsverkehr zwischen dem Schuldner und der Sparkasse lagen deren „Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungs- und Abbuchungsauftragsverfahren“ (AGB Lastschrift), Fassung Oktober 2009, zugrunde, die u.a. folgende Regelungen vorsahen:
3„B. Zahlungen mittels Lastschrift im Abbuchungsauftragsverfahren
42.2.2 Widerruf des Abbuchungsauftrags
5Der Abbuchungsauftrag kann vom Kunden durch Erklärung gegenüber seiner Sparkasse widerrufen werden. Der Widerruf muss der Sparkasse schriftlich oder, wenn im Rahmen der Geschäftsbeziehung der elektronische Kommunikationsweg vereinbart wurde (z.B. Online-Banking), auf diesem Wege zugehen. Der Widerruf wird am auf den Eingang folgenden Geschäftstag … wirksam.
62.2.3 Zurückweisung einzelner Lastschriften
7(1) Der Kunde kann der Sparkasse gesondert die Weisung erteilen, Zahlungen aus bestimmten Abbuchungsauftragslastschriften des Zahlungsempfängers nicht zu bewirken. Diese Weisung muss der Sparkasse bis spätestens zum Ende des Geschäftstages … vor dem Tag der Vorlage der bestimmten Abbuchungsauftragslastschrift bei der Sparkasse … zugehen. …
8…
92.4.1 Belastung des Kontos des Kunden mit dem Lastschriftbetrag
10(1) Eingehende Abbuchungsauftragslastschriften des Zahlungsempfängers werden am Tag der Vorlage mit dem vom Zahlungsempfänger angegebenen Lastschriftbetrag dem Konto des Kunden belastet. …
11(2) Eine Kontobelastung erfolgt nicht oder wird spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht (siehe Nummer B.2.4.2), wenn
12…
13- der Abbuchungsauftrag gemäß Nummer B.2.2.2 vom Kunden widerrufen worden ist,
14- der Sparkasse eine Zurückweisung des Kunden gemäß Nummer B.2.2.3 zugegangen ist, …
152.4.2 Einlösung von Abbuchungsauftragslastschriften
16Abbuchungsauftragslastschriften sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung auf dem Konto des Kunden nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird.“
17Am 27.02.2012 beantragte der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. An diesem Tag wurde sein Konto aufgrund einer von der Beklagten übermittelten Abbuchungsauftragslastschrift mit einem Betrag von 50.233,96 EUR belastet. Mit Beschluss vom 28.02.2012 bestellte das AG Aachen (91 IN 59/12) die Klägerin zur vorläufigen Insolvenzverwalterin und ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners über Gegenstände seines Vermögens nur noch mit deren Zustimmung wirksam seien. Hiervon unterrichtete die Klägerin die Beklagte per Fax am selben Tag. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte am 01.06.2012.
18Die Klägerin hält die Lastschrift für anfechtbar gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO, da die für die Anfechtung nach § 140 Abs. 1 InsO maßgebliche Einlösung der Lastschrift gemäß den AGB Lastschrift der Sparkasse X erst am 29.02.2012 erfolgt sei, als die Beklagte bereits Kenntnis von dem Insolvenzantrag gehabt habe. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Lastschrift sei bereits mit der Gutschrift des Betrages auf ihrem Konto am 27.02.2012 wirksam geworden, denn die Bank habe aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses mit dem Schuldner eine Vorprüfung vorgenommen und mit der Ausführung der Abbuchungsauftragslastschrift ihren Einlösungswillen zum Ausdruck gebracht. Mit der Ausführung des Auftrags durch die Bank habe der Schuldner seine Befugnis zum Widerruf verloren. Die 2-Tages-Frist komme vorliegend nicht zur Geltung, da im konkreten Fall die Möglichkeit eines Widerrufs des Abbuchungsauftrages und damit der Rückholung der Zahlung am maßgeblichen Tag der Kenntniserlangung (28.02.2012) nicht mehr bestanden habe. Da es sich bei der Regelung in Nr. 2.4.2 der AGB Lastschrift nur um eine Rechtsfolgenregelung handele, die voraussetze, dass eine konkrete Widerrufsmöglichkeit bestehe, solle hiermit nicht das Wirksamwerden der Abbuchung allgemein hinausgeschoben werden. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
19Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 50.233,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.07.2014 verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Lastschrift sei nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, denn maßgeblicher Zeitpunkt der wirksamen Einlösung sei hier der zweite Tag nach dem Eingang der Lastschrift gewesen, also der 29.02.2012, als die Beklagte unstreitig bereits Kenntnis von dem Eröffnungsantrag gehabt habe. Die AGB Lastschrift der Sparkasse X regelten in Nr. 2.4.2 allgemein, wann die Einlösung eine Abbuchungsauftragslastschrift erfolge, ohne dass es darauf ankomme, ob die betroffene Buchung im konkreten Fall widerruflich sei. Ein früherer Einlösungswillen der Sparkasse ergebe sich auch nicht allgemein aus den Prüfungsabläufen, wie sie sich aus den Bedingungen der Sparkasse X ergäben. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass im Einzelfall eine Vordisposition stattgefunden habe, bei der sämtliche Einlösungsvoraussetzungen einschließlich des Fehlens von Widerrufsgründen geprüft worden seien, habe die Beklagte nicht vorgetragen, obwohl sie selbst erkannt habe, dass die Frage der Vor- oder Nachdisposition einen entscheidungserheblichen Umstand darstelle. Eine Vordisposition im konkreten Fall ergebe sich auch nicht aus der schriftlichen Stellungnahme der Sparkasse X vom 11.07.2014, in der lediglich ausgeführt sei, die Lastschrift habe ausgeführt werden müssen, da Zurückweisungsgründe nicht vorgelegen hätten.
20Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht dem Klageantrag vollumfänglich stattgegeben, denn sie – die Beklagte – habe in dem nach § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Zeitpunkt keine Kenntnis von dem Insolvenzeröffnungsantrag gehabt. Die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.01.2013, IX ZR 184/10, NJW-RR 2013, 492, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die maßgeblichen AGB der Sparkasse X und deren praktische Umsetzung in wesentlichen Punkten von dem dort entschiedenen Fall abwichen. Die Sparkasse X habe rechtlich wirksam über ihre Zahlung disponiert, bevor sie – die Beklagte – Kenntnis von dem Insolvenzeröffnungsantrag erlangt habe, was aus mehreren Gründen folge, die bereits im unstreitigen Tatsachenvortrag der Parteien und in deren Beweisangeboten Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen seien. Bereits mit Vorlage des als Anl. K 3 gekennzeichneten Kontoauszugs sei der Wille der Sparkasse X dokumentiert, ihren Abbuchungsauftrag auf den 27.02.2012 einzulösen, denn die Überweisung sei auf dem Kontoauszug (ohne Datum) auf den 27.02.2012 dokumentiert und bei ihr – der Beklagten – gutgeschrieben worden. Nach Auskunft der Sparkasse X werde der Lastschrifteinzug mittels Kontoauszug unmittelbar mit, d.h. zum Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs von der Sparkasse X bereitgestellt; durch Ausdruck oder Übersendung werde er gegebenenfalls später zur Verfügung gestellt, sofern dies entsprechend zwischen Sparkasse und Kunden vereinbart sei. Mit dem am 27.02.2012 erstellten Kontoauszug habe die Sparkasse X damit ihren Einlösungswillen auf den Zeitpunkt dokumentiert. Die Annahme einer Nachdisposition sei insoweit unrichtig; hiervon habe das Landgericht nicht ohne Hinweis ausgehen dürfen, sondern wäre gehalten gewesen, die Parteien dazu anzuhalten, sich über die Tatsache des Zeitpunkts der Erstellung des Kontoauszugs zu erklären. Die konkrete Praxis der Vordisposition im Einzugs- und Abbuchungsverfahren ergebe sich unmittelbar aus den Geschäftsbedingungen der Sparkasse X. Auch das Schreiben der Sparkasse X belege entgegen der Ansicht des Landgerichts die Tatsache, dass die Sparkasse die Voraussetzungen ihrer AGB (2.4.1) grundsätzlich im Rahmen einer Vordisposition elektronisch prüfe und dass eine Vorprüfung auch bei dem streitgegenständlichen Abbuchungsauftrag und bei der streitgegenständlichen Zahlung erfolgt sei. Mit dem Hinweis auf fehlende Zurückweisungsgründe sei gemeint, dass diese Zurückweisungsgründe im Zeitpunkt der Belastungsbuchung geprüft gewesen seien, denn diese würden bereits unmittelbar mit Lastschrifteinzug im Rahmen eines elektronischen Verfahrens geprüft, ehe die (automatisierte) Belastungsprüfung erfolge; eine Einzelfallprüfung oder eine Nachdisposition erfolge grundsätzlich nicht. Ferner habe das Landgericht Duisburg verkannt, dass es sich bei der Zahlung um ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO gehandelt habe, das nicht der Anfechtung unterliege. Dies habe sich bereits unmittelbar aus dem Sachvortrag der Klägerin ergeben, wonach sie – die Beklagte – eine der vier größten Lieferanten des Schuldners gewesen sei, der bei ihr fast täglich Rohstoffe bezogen habe. Mit der Zahlung am 27.02.2012 seien entsprechende Lieferungen ihrerseits vom 27.01.2012 an den Schuldner (Rechnungen Anl. BK 2) bezahlt worden. Im Übrigen habe keine unbedingte Verurteilung erfolgen dürfen, sondern nur bedingt im Rahmen einer Zug-um Zug-Verurteilung gegen Übertragung von Schadensersatzansprüchen der Masse gegen die Sparkasse X, die die Klägerin geltend gemacht habe, weil die Sparkasse am 27.02.2012 noch Abbuchungsaufträge zulasten des Kontos des Schuldners zugelassen habe.
21Die Beklagte beantragt,
22unter Abänderung des am 27.05.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Duisburg (2 O 7/15) die Klage abzuweisen.
23Die Klägerin beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, die Ausführungen im Rahmen der Berufungsbegründung seien unerheblich und überwiegend verspätet; darüber hinaus sei der dortige Vortrag zum Teil nachweislich falsch. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung habe die Beklagte keinerlei konkrete Umstände vortragen können, woraus sich ergeben sollte, dass die Sparkasse X eine Vordisposition vorgenommen habe. Auch der Einwand des Bargeschäftes sei gänzlich neu und werde als verspätet gerügt. Der Einwand komme vorliegend auch nicht zur Anwendung, da insoweit die Anfechtungsvorschrift des § 133 InsO einschlägig sei, auf die das Klagebegehren aufgrund des neuerlichen Vortrags ebenfalls gestützt werde. Eine Zug-um-Zug Verurteilung sei erstinstanzlich weder beantragt worden, noch liege ein entsprechender Sachverhalt vor. Der Insolvenzmasse stehe kein abtretbarer Schadenersatzanspruch gegen die Sparkasse X zu.
26Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
27II.
28Die zulässige Berufung hat in der Hauptsache aus den in der mündlichen Verhandlung erörterten Gründen des Hinweisbeschlusses vom 01.02.2016 ganz überwiegend keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht zur Rückgewähr des im Wege der Abbuchungsauftragslastschrift erhaltenen Betrages von 50.233,96 EUR verurteilt, da sie diesen anfechtbar erlangt hat. Dies folgt, weil die Voraussetzungen eines Bargeschäfts vorliegen, zwar nicht aus § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO, die Zahlung ist jedoch nach § 133 Abs. 1 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar. Hinsichtlich der Zinsen ist die Klage nur in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes gemäß § 288 Abs. 1 S. 1 BGB begründet, da der Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB ist.
1.
29Die streitgegenständliche Lastschriftzahlung im Wege des Abbuchungsauftragslastschriftverfahrens ist im Ergebnis nicht nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, weil der Leistungsaustausch ein Bargeschäft (§ 142 InsO) darstellt.
1.1.
30Das Landgericht hat die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO allerdings mit Recht bejaht. Die Beklagte hat als Insolvenzgläubigerin durch die streitgegenständliche Lastschrift nach dem Eröffnungsantrag eine kongruente Deckung für ihre offenen Forderungen aus Rohstofflieferungen zu einem Zeitpunkt erhalten, als sie den Eröffnungsantrag bereits kannte.
31Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen gemäß § 140 Abs. 1 InsO ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der 27.02.2012, also der Tag der Vorlage der Abbuchungsauftragslastschrift und der vertragsgemäßen Belastung des Kontos des Schuldners durch seine Bank (Nr. 2.4.1 AGB Lastschrift), vielmehr kommt es beim Einzug einer Lastschrift darauf an, wann die Belastung des Schuldnerkontos wirksam wird, weil erst dadurch die gläubigerbenachteiligende Wirkung eintritt. Entscheidend ist daher, wann die Lastschrift von der Schuldnerbank eingelöst wird, wobei die bloße Belastung des Schuldnerkontos nur ausreicht, wenn darin der Einlösungswille der Bank zum Ausdruck kommt (BGH, Urt. v. 17.01.2013 – IX ZR 184/10 = NJW-RR 2013, 492 Tz. 7 f.). Das war hier, wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, gemäß Nr. 2.4.2 der AGB Lastschrift der Sparkasse X erst zwei Bankarbeitstage nach Vornahme der Belastungsbuchung auf dem Konto des Schuldners der Fall (vgl. Ellenberger, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 42; Werner, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., 7. Teil Rn. 7.462; ders. in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 1. Aufl., 4. Kap., § 675f BGB Rn. 20; Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., (7) Bankgeschäfte Rn. D/13). Unerheblich ist, dass der Schuldner den Abbuchungsauftrag bereits am 27.02.2012 nicht mehr widerrufen konnte (§ 675p Abs. 2 S. 2 BGB), denn bei der Regelung in Nr. 2.4.2 AGB Lastschrift handelt es sich nicht lediglich um eine Rechtsfolgenregelung. Die zweitägige Stornofrist in den AGB der Kreditinstitute, mit deren Ablauf eine endgültige Einlösung eintritt, soll vielmehr dem technischen Ablauf bei einer EDV-mäßigen Bearbeitung der Inkassopapiere Rechnung tragen. Diese für die Einlösung maßgebliche Frist gilt schon aus Gründen der Rechtsklarheit ohne Rücksicht auf das angewandte Verfahren und unabhängig davon, ob der Belastungsbuchung eine Prüfung vorausgegangen ist (Vordisposition) oder ob einen Nachdisposition erfolgt (Werner, in: Kümpel/Wittig, a.a.O. Rn. 7.466; vgl. BGH, Urt. v. 13.06.1988 – II ZR 324/87 = NJW 1988, 3149, 3142 zum Scheckinkasso). Deshalb kommt es auf das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten schon nicht an. Abgesehen davon hat das Landgericht mit Recht darauf hingewiesen, dass sich aus den AGB Lastschrift der Sparkasse X gerade nicht ergibt, dass diese bei Abbuchungsauftragslastschriften die Wirksamkeitsvoraussetzungen stets vor der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto prüft (Vordisposition). Dann bedürfte es nämlich einer Regelung über die Rückgängigmachung der Kontobelastung (Nr. 2.4.1. (2), 2. Alt. AGB Lastschrift) nicht. Eine Einlösung vor Ablauf der Stornofrist kann nur angenommen werden, wenn die Bank ausnahmsweise einen von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichenden individuellen Einlösungsvorbehalt erklärt (BGH, Urt. v. 17.01.2013, a.a.O. Tz. 8). Hierzu fehlt allerdings, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, konkreter Vortrag der Beklagten, die auch im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit keine neuen Aspekte aufgezeigt hat, die eine andere Beurteilung rechtfertigten. Anhaltspunkte für einen individuellen Einlösungsvorbehalt vor Ablauf der 2-Tages-Frist ergeben sich auch nicht aus dem Schreiben der Sparkasse X vom 11.07.2014 (Bl. 61), da dieses sich nicht zum Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift verhält. Der Einlösungswille der Sparkasse X auf den Tag der Vorlage der Abbuchungsauftragslastschrift ergibt sich auch nicht aus dem Kontoauszug (Anl. K 3 = Bl. 26), denn dieser dokumentiert nur den Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf dem Konto des Schuldners, der nicht mit dem Zeitpunkt der Einlösung gleichzusetzen ist. Allein in der – bestrittenen – Bereitstellung des Kontoauszugs bereits am 27.02.2012 kann daher nicht die Kundgabe eines von der Frist in Nr. 2.4.2 AGB Lastschrift abweichenden Einlösungswillens der Sparkasse gesehen werden (in der von der Beklagten zitierten Entscheidung BGH, Urt. v. 19.12.2003 – IX ZR 377/99, NJW-RR 2003, 837, 837 wird der Ablauf der 2-Tages-Frist als [frühester] Zeitpunkt der Einlösung bezeichnet), weshalb dahinstehen kann, ob dieses neue Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO überhaupt zu berücksichtigen wäre. Da die Einlösung der Abbuchungsauftragslastschrift danach erst am 29.02.2012 erfolgte und die Beklagte zu diesem Zeitpunkt unstreitig Kenntnis von dem Insolvenzantrag hatte, sind die Anfechtungsvoraussetzungen des § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO erfüllt.
1.2.
32Die Anfechtung nach § 130 InsO ist indessen ausgeschlossen, weil die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) vorliegen, worauf sich die Beklagte in zweiter Instanz berufen hat. Danach ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind. Der Bargeschäftseinwand ist vorliegend zu berücksichtigen, da die Klägerin sich darauf beschränkt hat, Verspätung zu rügen, die zu Grunde liegenden Tatsachen jedoch unstreitig sind. Neue unstreitige Tatsachen sind ohne die Einschränkung des § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 229/03 = MDR 2005, 527 f.).
33Die Voraussetzungen eines Bargeschäfts im Sinne des § 142 InsO liegen nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien vor: Danach bezog sich die Lastschrift, wie auch aus dem Kontoauszug Anl. K 3 ersichtlich ist, auf zwei Rechnungen der Beklagten vom 27.01.2012, die Lieferungen vom selben Tag zum Gegenstand hatten (Anl. BK 2). In dem Rahmenliefervertrag zwischen dem Schuldner und der Beklagten war eine Zahlung 30 Tage nach Lieferung mittels Bankabbuchungsauftragsverfahren vereinbart. Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit ist genügt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Dieser Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen; er hängt von der Art der Leistungen und den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs ab. Entscheidend ist, ob die Leistung des anderen bereits als Gewährung eines Kredits oder noch als übliche Erfüllung aufgefasst wird (vgl. Kupka, in: Haarmeyer/Huber/Schmittmann, Praxis der Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Teil III, § 142 InsO Rn. 12). Hier haben die Parteien des Liefervertrages eine im Geschäftsverkehr durchaus übliche und an § 286 Abs. 3 S. 1 BGB ausgerichtete Zahlungsvereinbarung getroffen, bei deren Einhaltung noch die Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs gewahrt ist. So dürfen bei einem Kaufvertrag über bewegliche Sachen jedenfalls zwischen Leistung und Gegenleistung nicht mehr als 30 Tage liegen (BGH, Urt. v. 21.06.2007 – IX ZR 231/04 = NZI 2007, 517, 521 Tz. 51; Schäfer, Insolvenzanfechtung, 4. Aufl., § 142 InsO Rn. 1118; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 142 Rn. 29; Rogge/Leptien, in: A. Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl., § 142 InsO Rn. 5; MüKoInsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 17). Diese Frist ist mit der streitgegenständlichen Lastschrift eingehalten. Dabei kommt es für die Beurteilung der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs – anders als nach § 140 Abs. 1 InsO – nicht auf den Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift an, sondern auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs. Dies hat der Bundesgerichtshof für das Einzugsermächtigungsverfahren ausdrücklich entschieden (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – IX ZR 42/07 = NZI 2008, 482, 483 Tz. 13 ff.; ebenso für das SEPA-Lastschriftverfahren: BGH, Urt. v. 20.07.2010 – XI ZR 236/07 = BB 2010, 2458, 2460 Tz. 34). Maßgebend hierfür ist, dass der Gläubiger schon vorher über den gutgeschriebenen Betrag tatsächlich verfügen kann und dem Schuldner wegen der unmittelbar mit der Gutschrift korrespondierenden Belastung seines Kontos vom Gläubiger kein Kredit gewährt wird. Für das Abbuchungsauftragsverfahren gelten diese Erwägungen erst recht (MüKoInsO/Kirchhof, a.a.O. Fn. 140). Da hier die Lieferung am 27.01.2012 erfolgte und das Ende der Zahlungsfrist auf einen Sonntag (26.02.2012) fiel, war die Zahlung am 27.02.2012 fällig. An diesem Tag erfolgte ungeachtet der erst zwei Tage später eingetretenen Einlösung auch der Lastschrifteinzug.
2.
34Das Urteil des Landgerichts ist dennoch richtig, weil sich die Anfechtbarkeit im konkreten Fall auch aus § 133 Abs. 1 InsO ergibt. Unerheblich ist, dass die Klägerin sich in erster Instanz nicht auf diese Vorschrift berufen hat, denn der Übergang von einem Anfechtungstatbestand zu einem anderen stellt keine Klageänderung dar, sofern der zugrunde liegende Lebenssachverhalt – wie hier – derselbe bleibt (vgl. Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., § 129 InsO Rn. B 552).
35Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 InsO vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Die fragliche Lastschrift beruhte auf einer Rechtshandlung des Schuldners, da dieser der Sparkasse einen Abbuchungsauftrag erteilt hat. Durch diese Mitwirkungshandlung des Schuldners ist der gesamte Lastschriftzahlungsvorgang als einheitliche Rechtshandlung des Schuldners zu qualifizieren (BGH, Urt. v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99 = NJW-RR 2003, 837, 841; Uhlenbruck/Ede/Hirte, a.a.O. § 133 Rn. 151). Der Schuldner wusste im Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift, dass er zahlungsunfähig war, was sich schon daraus ergibt, dass er am 27.02.2012 Insolvenzantrag gestellt hatte. Daher spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er mit dem Vorsatz gehandelt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen. In Fällen kongruenter Leistungen hat der Bundesgerichtshof allerdings anerkannt, dass der Schuldner trotz der vorgenannten Vermutungsregel ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn er seine Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt. Der subjektive Tatbestand kann hiernach entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der potenziell anfechtbaren Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet. Dem liegt zu Grunde, dass dem Schuldner in diesem Fall infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein kann (BGH, Urt. v. 12.02.2015 − IX ZR 180/12 = NZI 2015, 320, 323 Tz. 22). Das kommt hier indessen nicht in Betracht, weil aufgrund des Insolvenzantrags ein Nutzen der Gegenleistung für die Gläubiger im Allgemeinen ausscheidet. Die Beklagte kannte im gemäß § 140 Abs. 1 InsO maßgeblichen Zeitpunkt der Einlösung der Abbuchungsauftragslastschrift sowohl die (zumindest drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners als auch die Gläubigerbenachteiligung, da sie von der Klägerin über den Insolvenzantrag und die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens informiert worden war. Ihr Bestreiten der Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung beruht auf der unzutreffenden Annahme, dass der maßgebliche Zeitpunkt der 27.02.2012 ist. Insoweit kann auf die Ausführungen unter Zif. 1.1. verwiesen werden.
36Der Hinweis der Beklagten auf die beabsichtigte Änderung des § 133 InsO im Hinblick auf das Vorliegen einer bargeschäftsähnlichen Lage rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass für das Eingreifen der Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO in diesen Fällen künftig die Kenntnis dereingetretenen Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist, rechtfertigt für das geltende Recht nicht die Auslegung, dass die Kenntnis der nur drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenachteiligung entgegen dem Gesetzeswortlaut zur Begründung der Vermutung der Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht ausreicht.
37Danach hat die Beklagte die angefochtene Zahlung zurückzugewähren bzw. Wertersatz zu leisten. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Abtretung vermeintlicher Schadensersatzansprüche der Masse gegen die Sparkasse X kommt nicht in Betracht, da die Beklagte das Bestehen eines solchen Anspruchs schon nicht schlüssig dargelegt hat. Der Ersatzbetrag ist gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu verzinsen (BGH, Urt. v. 01.02.2007 – IX ZR 96/04 = NJW-RR 2007, 557, 558 Tz. 11 ff.). Der höhere Zinssatz des § 288 Abs. 2 BGB in der bis 28.07.2014 geltenden Fassung ist nicht maßgebend, da es sich bei dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch nicht um eine Entgeltforderung im Sinne dieser Vorschrift handelt.
38III.
39Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
40Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.
41Die Beschwer der Beklagten liegt über 20.000 EUR, die der Klägerin darunter.
42Streitwert: 50.233,96 EUR.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. März 2016 - I-12 U 36/15
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Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 10. März 2016 - I-12 U 36/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Eigenantrag vom 14. April 2008 am 13. Mai 2008 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der E. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin handelte im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems mit Kraftfahrzeugen. Sie bot ihren Kunden Fahrzeuge zum Kauf oder zum Mietkauf zu Preisen an, die bis zu 35 vom Hundert unter dem Listenpreis lagen. Im Falle des Kaufs sollte das Fahrzeug für die ersten ein oder zwei Jahre auf die Schuldnerin zugelassen werden. Die überwiegende Anzahl der Fahrzeuge leaste die Schuldnerin bei verschiedenen Leasingunternehmen , zwischen 50 und 60 Fahrzeuge auch bei der Beklagten. Am 1. April 2008 schloss die Schuldnerin erneut einen Leasingvertrag mit der Beklagten und vereinbarte eine bis zum 2. April 2008 fällige Sonderzahlung in Höhe von 28.000 €. Aufgrund eines der Schuldnerbank erteilten Abbuchungsauftrags veranlasste die Beklagte am 2. April 2008, den Betrag von einem Konto der Schuldnerin abzubuchen. Am gleichen Tag wurden die Geschäftsräume der Schuldnerin durch Beamte der Staatsanwaltschaft und des Landeskriminalamts durchsucht und der faktische Geschäftsführer der Schuldnerin H. verhaftet.
- 2
- Der Kläger hat die Beklagte unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung auf Rückgewähr des abgebuchten Betrags von 28.000 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch gemäß §§ 130, 143 InsO bestehe nicht. Es könne offen bleiben, ob - was zwischen den Parteien unstreitig sei - die Schuldnerin seit Oktober 2007 zahlungsunfähig gewesen sei. Jedenfalls könne eine Kenntnis der Beklagten davon nicht sicher festgestellt werden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe sich zwar im Sommer 2007 gefragt, wie das Geschäftsmodell der Schuldnerin funktionieren könne. Er habe sich aber mit der Erklärung des H. beruhigt, dass die entstehenden Verluste durch Gewinne aus "Tradinggeschäften" mehr als ausgeglichen würden. Auf ein betrügerisches Schneeballsystem habe er daraus nicht schließen müssen. Der Kläger habe nicht beweisen können, dass der Geschäftsführer der Beklagten einen Gesamtüberblick über die Verträge der Schuldnerin gehabt habe, die zu ihrer Zahlungsunfähigkeit geführt hätten. Ob eine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin in Betracht komme, wenn der Geschäftsführer der Beklagten die Abbuchung in Kenntnis der Verhaftung des H. veranlasst habe, könne offen bleiben, weil diese Kenntnis nicht festgestellt werden könne. Zwar habe der Kläger vorgetragen, H. habe den Geschäftsführer der Beklagten am 2. April 2008 angerufen, ihm die Durchsuchung der Geschäftsräume und seine Verhaftung mitgeteilt und ihn gebeten, ihm einen Verteidiger zu besorgen. Die Vernehmung der vom Kläger hierfür benannten Zeugen sei aber nicht geboten gewesen, weil nach den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten die Abbuchung entweder bereits am Vortag zur Bank gegeben oder der Betrag am 2. April 2008 morgens um 8:00 Uhr per Online-Banking eingezogen worden sei. Es könne deshalb nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass die Abbuchung eine Reaktion auf die Verhaftung des H. gewesen sei.
II.
- 5
- Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
- 6
- Die Abbuchung der Leasing-Sonderzahlung am 2. April 2008 ist nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, wenn die Schuldnerin zahlungsunfähig war und die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit kannte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht verneinen. Die Annahme, es komme nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der Beklagten am 2. April 2008 über die Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin und die Verhaftung ihres faktischen Geschäftsführers informiert worden sei, weil er die Abbuchung schon zuvor veranlasst habe, verkennt den maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gegeben sein muss.
- 7
- 1. Zahlungsunfähigkeit und Kenntnis hiervon müssen zur Zeit der angefochtenen Rechtshandlung vorliegen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO). Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 140 Abs. 1 InsO). Beim Einzug einer Lastschrift kommt es darauf an, wann die Belastung des Schuldnerkontos wirksam wird, weil dadurch die gläubigerbenachteiligende Wirkung eintritt. Zu unterscheiden ist zwischen einem Einzug im Einzugsermächtigungsverfahren, bei dem der Schuldner seinen Gläubiger ermächtigt, Forderungen im Lastschriftwege von seinem Konto einzuziehen, und einem Einzug im Abbuchungsauftragsverfahren , bei dem der Schuldner seiner Bank den Auftrag erteilt, Lastschriften seines namentlich bezeichneten Gläubigers einzulösen.
- 8
- 2. Im Streitfall erfolgte der Einzug im Abbuchungsauftragsverfahren. Bei diesem Verfahren wird die Belastung des Schuldnerkontos wirksam, wenn die Lastschrift von der Schuldnerbank eingelöst wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 525 f). Denn damit ist der Auftrag ausgeführt und es endet die Befugnis des Schuldners, den Abbuchungsauftrag zu widerrufen (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1978 - II ZR 96/77, BGHZ 72, 343, 345; Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch , 4. Aufl., § 58 Rn. 46; vgl. auch HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 140 Rn. 3; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 140 Rn. 11; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 140 Rn. 5B; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 140 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 140 Rn. 12). Eingelöst ist die Lastschrift mit der Belastung des Schuldnerkontos, sofern diese den Einlösungswillen der Schuldnerbank zum Ausdruck bringt. Dies ist anzunehmen, wenn die Bank die Voraussetzungen der Abbuchung geprüft hat, bevor sie die Buchung vornimmt (Vordisposition). Anderes kann gelten, wenn die Prüfung erst nach der (automatisierten) Belastungsbuchung erfolgt (Nachdisposition). Nach Nr. 9 Abs. 2 AGB-Banken aF gelten Abbuchungsauftragslastschriften als eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Sind diese Geschäftsbedingungen vereinbart, tritt somit die Wirkung der Einlösung mit Ablauf der Zwei-Tages-Frist ein, sofern die Bank nicht ausnahmsweise einen von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichenden individuellen Einlösungsvorbehalt erklärt (Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 4. Aufl., § 14 Rn. 29 ff; Ellenberger, aaO § 58 Rn. 38 ff).
- 9
- 3. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin war sonach, ausgehend von einer Belastung des Schuldnerkontos im Laufe des 2. April 2008, bei Geltung der AGB-Banken der Ablauf des 4. April 2008, ansonsten frühestens der Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto, jedenfalls aber nicht - wovon das Berufungsgericht ausgeht - der Zeitpunkt, zu dem die Beklagte das Abbuchungsverfahren einleitete.
III.
- 10
- Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
- 11
- 1. Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich die Klageforderung nicht aus § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 143 Abs. 1 InsO. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte mit dem abgebuchten Betrag eine inkongruente Deckung erlangte. Der Sachvortrag des Klägers rechtfertigt nicht den Schluss, der Leasingvertrag vom 1. April 2008 sei nichtig, weil im Abschluss und in der Durchführung dieses Vertrags eine strafbare Beihilfe zum Betrug an den Kunden der Schuldnerin liege. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das am 1. April 2008 von der Schuldnerin geleaste Fahrzeug im Rahmen eines Kauf- oder Mietkaufvertrags einem Endkunden zur Verfügung gestellt werden sollte, der aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums den Vertrag geschlossen und die vertragsgemäße Leistung erbracht hat. Ausführungen zum Geschäftsmodell der Schuldnerin im Allgemeinen ersetzen einen Vortrag zu dem im Streit stehenden Einzelfall nicht.
- 12
- 2. Kann auch nach gegebenenfalls ergänztem Vortrag des Klägers eine inkongruente Deckung nicht festgestellt werden, wird das Berufungsgericht auf der Grundlage noch zu treffender tatrichterlicher Feststellungen in einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der Regelung in § 130 Abs. 2 InsO neu beurteilen müssen, ob die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte. Waren, was nahe liegt, zwischen der Schuldnerin und ihrer Bank die AGB-Banken vereinbart, kommt es auf den Kenntnisstand der Beklagten am Ende des 4. April 2008 an. Nach der bestrittenen, aber unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers war der Geschäftsführer der Beklagten seit dem 2. April 2008 über die Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin und die Verhaftung ihres faktischen Geschäftsführers informiert. Gab es diese Information, konnte der Geschäftsführer der Beklagten angesichts der Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht annehmen, die Verhaftung habe auch auf Gründen beruhen können, die mit der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin nichts zu tun hatten. Die Beklagte hat ferner eingeräumt, durch die gemeinsame Pressemitteilung des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft vom 4. April 2008 Kenntnis von dem betrügerischen Schneeballsystem erlangt zu haben; offen ist allerdings , zu welchem Zeitpunkt sie Kenntnis vom Inhalt dieser Pressemitteilung erlangte.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 01.02.2010 - 6 O 256/09 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 27.09.2010 - 6 U 41/10 -
(1) Der Zahlungsdienstnutzer kann einen Zahlungsauftrag vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 nach dessen Zugang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht mehr widerrufen.
(2) Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister, vom Zahlungsempfänger oder über diesen ausgelöst, so kann der Zahler den Zahlungsauftrag nicht mehr widerrufen, nachdem er dem Zahlungsauslösedienstleister die Zustimmung zur Auslösung des Zahlungsvorgangs oder dem Zahlungsempfänger die Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs erteilt hat. Im Fall einer Lastschrift kann der Zahler den Zahlungsauftrag jedoch unbeschadet seiner Rechte gemäß § 675x bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Fälligkeitstag widerrufen.
(3) Ist zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister ein bestimmter Termin für die Ausführung eines Zahlungsauftrags (§ 675n Abs. 2) vereinbart worden, kann der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsauftrag bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Tag widerrufen.
(4) Nach den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Zeitpunkten kann der Zahlungsauftrag nur widerrufen werden, wenn der Zahlungsdienstnutzer und der jeweilige Zahlungsdienstleister dies vereinbart haben. In den Fällen des Absatzes 2 ist zudem die Zustimmung des Zahlungsempfängers zum Widerruf erforderlich. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag für die Bearbeitung eines solchen Widerrufs ein Entgelt vereinbaren.
(5) Der Teilnehmer an Zahlungsverkehrssystemen kann einen Auftrag zugunsten eines anderen Teilnehmers von dem in den Regeln des Systems bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr widerrufen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.
(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem am 30. September 2005 über das Vermögen der e. GmbH (fortan: Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren; auf den Eigenantrag der Schuldnerin war er bereits am 5. August 2005 zum vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden.
- 2
- Die Beklagte belieferte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung die Schuldnerin mit Waren. Aufgrund einer ihr erteilten Einziehungsermächtigung zog die Beklagte zwischen dem 4. April und 30. September 2005 Rechnungsbeträge über insgesamt 18.401,63 € von einem stets im Guthabenbereich geführten Konto der Schuldnerin ein. Der Schuldnerin wurden von ihrer Bank am 30. Juni und 30. September 2005 Rechnungsabschlüsse erteilt. Die Lieferungen der Beklagten und die nachfolgenden Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin erfolgten jeweils binnen weniger Tage.
- 3
- Der Kläger verlangt unter dem Gesichtpunkt der Insolvenzanfechtung die Rückgewähr der von der Beklagten eingezogenen Beträge. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Revision "hinsichtlich des geltend gemachten Rückgewähranspruchs in Höhe von 12.043,63 €" zugelassen. In diesem Umfang verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Revision weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.
I.
- 5
- Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die auf alsbaldigen Austausch gleichwertiger Leistungen gerichteten Rechtshandlungen der Schuldnerin seien als Bargeschäft einer Anfechtung entzogen. Die Wahl des Einziehungsermächtigungsverfahrens ändere nichts daran, dass gleichwertige Leistungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht worden seien. Eine absolute zeitliche Grenze für ein Bargeschäft gebe es nicht. Entsprechend den Bedürfnissen des modernen Zahlungsverkehrs werde das Rechtsgeschäft zwischen der Schuldnerin und der Beklagten unter Berücksichtigung der üblichen Leistungsgebräuche nach der Verkehrsauffassung als Bardeckung beurteilt. Der Gläubiger könne nach Einlösung der Lastschrift über den eingezogenen Betrag bereits verfügen, obwohl eine Vermögensminderung bei dem Schuldner erst eintrete, wenn die Lastschrift nicht mehr durch einen Widerspruch rückgängig gemacht werden könne. Anerkennenswerte Gründe für einen Widerspruch habe der Schuldner nur, wenn er keine Einziehungsermächtigung erteilt habe oder der Anspruch des Gläubigers unbegründet oder zwar an sich begründet sei, der Schuldner aber in dem Zeitpunkt, in dem ihm der Kontoauszug mit der Belastungsbuchung zugehe, zu Recht ein Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs - oder Aufrechnungsrecht geltend machen wolle. Ein Schuldner, der einer Belastung seines Kontos widerspreche, um Zahlungen auf begründete und von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgängig zu machen, nutze sein Widerspruchsrecht zweckfremd aus und handele gegebenenfalls sittenwidrig. Auch deshalb scheitere eine Einziehung per Lastschrift in verhältnismäßig seltenen Fällen. Die Möglichkeit, die Genehmigung einer Lastschrift im Falle der Insolvenz zu verweigern, sei von der Frage zu trennen, ob eine wirksam erteilte Genehmigung der insolvenzrechtlichen Anfechtung unterliege.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand. Die von der Schuldnerin im Einziehungsermächtigungsverfahren geleisteten Zahlungen unterliegen als Bardeckung (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 InsO. Genehmigt der Schuldner oder - wie hier - der Insolvenzverwalter die Lastschrift , ist bei der Beurteilung, ob die zeitlichen Voraussetzungen eines Bargeschäfts eingreifen, auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs und nicht den Zeitpunkt der späteren Genehmigung abzustellen.
- 7
- 1. Die beschränkte Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist wirksam.
- 8
- Das Berufungsgericht hat die Revision im Urteilstenor für einen Teilbetrag in Höhe von 12.043,63 € des Klageanspruchs zugelassen. Zwar darf die Zulassung nicht auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen beschränkt werden. Es ist jedoch möglich, die Revision hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zuzulassen, über den ein Teilurteil ergehen könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (BGHZ 101, 276, 278; BGH, Urt. v. 28. Oktober 2004 - VII ZR 18/03, BGH-Report 2005, 393; st. Rspr.). Danach begegnet die Beschränkung der Zulassung auf den Teil der Klageforderung, der erkennbar die in der Zeit vom 4. April bis 30. Juni 2005 eingegangenen Beträge betrifft, keinen Bedenken.
- 9
- 2. Die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden, im Zeitraum vom 4. April bis 16. Juni 2005 vorgenommenen Lastschriften in Höhe von insgesamt 12.043,63 € galten wegen des zum 30. Juni 2005 erfolgten Rechnungsabschlusses gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken mit Ablauf von sechs Wochen nach dessen Mitteilung frühestens am 15. August 2005 als genehmigt. Der Kläger war jedoch bereits am 5. August 2005 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt worden. Ohne dessen Zustimmung, die seinerzeit nicht erteilt worden ist, konnte die Schuldnerin die Lastschriften nicht wirksam genehmigen. Da der schwache Insolvenzverwalter aus eigenem Recht eine Belastungsbuchung nicht genehmigen kann, löst der Ablauf der Frist des Nr. 7 AGB-Banken ihm gegenüber ebenfalls keine Rechtswirkungen aus (BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, ZIP 2007, 2273, 2276 Rn. 24 z.V. in BGHZ 174, 84 ff bestimmt).
- 10
- Der Kläger hat jedoch nach seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter die Lastschriften durch eine besondere Erklärung gegenüber der Bank des Klägers genehmigt. Im Berufungsrechtszug hat er ausdrücklich vorgetragen, als Insolvenzverwalter sei er berechtigt gewesen, Lastschriften sowohl zu genehmigen als auch von einem Widerspruch abzusehen. Er habe sich gezwungen gesehen , die Lastschriften gegenüber der Bank zu genehmigen, weil diese im Falle eines Widerrufs lediglich die Verbindlichkeiten verrechnet hätte, ohne dass zugunsten des Masse Sicherheiten frei geworden wären (vgl. zu den Handlungsalternativen des Insolvenzverwalters Ganter WM 2005, 1557, 1561 f). An dieses Vorbringen ist der Kläger gebunden, weil es durch die Antragstellung im folgenden Termin vom 8. Februar 2007 Geständniswirkung (§ 288 ZPO) erlangt hat (BGH, Urt. v. 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, NJW-RR 2007, 1563, 1565 Rn. 16).
- 11
- 3. Die Erfüllung einer Verbindlichkeit durch die Genehmigung der Belastungsbuchung ist nach Insolvenzeröffnung gegenüber dem Gläubiger grundsätzlich anfechtbar (BGHZ 161, 49, 56; BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 aaO S. 2278 Rn. 44). Der auf § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO beruhenden Anfechtung steht jedoch der Einwand des Bargeschäfts (§ 142 InsO) entgegen.
- 12
- a) Eine Bardeckung ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden; vielmehr genügt es, wenn sie aufgrund einer Parteivereinbarung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs voll- zieht (BGHZ 167, 190, 199 Rn. 31 m.w.N.). Bei Kaufverträgen ist eine Zeitspanne von rund einer Woche zwischen Lieferung und Zahlung nicht zu lang, um ein Bargeschäft anzunehmen (BGH, Urt. v. 21. Mai 1980 - VIII ZR 40/79, WM 1980, 779, 780). Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen wurde diese Frist zwischen den Lieferungen der Beklagten und den Lastschriften auf dem Konto der Schuldnerin stets eingehalten.
- 13
- b) Zwar ist die Erfüllung (§ 362 BGB) der Forderungen der Beklagten nicht schon im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs von dem Konto der Schuldnerin , sondern erst im nachfolgenden Zeitpunkt der Genehmigung durch den Kläger eingetreten (BGHZ 161, 49, 53 f; BGH, Urt. v. 25. Oktober 2007 aaO S. 2274 Rn. 13 ff). Der Zeitablauf bis zur Erteilung der Genehmigung steht jedoch der Annahme eines Bargeschäfts nicht entgegen, weil insoweit der frühere Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs maßgeblich ist.
- 14
- aa) Der Gläubiger kann seine Forderungen im Wege des Lastschriftverfahrens einziehen, wenn ihm diese Befugnis im Valutaverhältnis durch seinen Schuldner eingeräumt worden ist. Reicht der Gläubiger bei seiner Bank als erster Inkassostelle eine Lastschrift ein, wird der Lastschriftbetrag seinem Konto unter dem Vorbehalt des Eingangs gutgeschrieben. Die Bank des Schuldners belastet nach Erhalt der Lastschrift als Zahlstelle ohne nähere Prüfung das Konto des Schuldners, sofern es eine ausreichende Deckung aufweist (vgl. van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Handbuch des Bankrechts 3. Aufl. § 56 Rn. 40 ff). Rechtlich wirksam wird die Belastungsbuchung erst mit der Genehmigung durch den Schuldner bzw. den Insolvenzverwalter (BGHZ 161, 49, 53).
- 15
- Das Einzugsermächtigungsverfahren setzt den Gläubiger in den Stand, von sich aus den Zeitpunkt des Zahlungsflusses zu bestimmen und durch einen am jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt orientierten Forderungseinzug Verzögerungen bei der Beitreibung seiner Außenstände zu vermeiden (van Gelder aaO Rn. 58 ff). Obwohl Belastung und Gutschrift unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch den Schuldner stehen, kann der Gläubiger über den seinem Konto gutgeschriebenen Betrag bereits vor Erteilung der Genehmigung tatsächlich verfügen. Umgekehrt wird dem Schuldner wegen der unmittelbar mit der Gutschrift korrespondierenden Belastung seines Kontos von dem Gläubiger kein Kredit gewährt. Eine Rückabwicklung dieser durch die Einziehungsermächtigung ausgelösten Zahlungsfolgen findet nur auf Widerspruch des Schuldners statt (BGHZ 74, 300, 304; 74; 309, 312). Erlangt hingegen der mit der Last- und Gutschrift faktisch abgeschlossene Zahlungsvorgang infolge der Genehmigung des Schuldners dauerhaft rechtlichen Bestand, ist es sachgerecht, bei der Prüfung der zeitlichen Anforderungen des § 142 InsO auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs abzustellen (LG Köln NZI 2007, 469, 472; MünchKomm.InsO /Kirchhof, 2. Aufl. § 142 Rn. 17; a.A. Jaeger/Henckel, InsO § 142 Rn. 16). Da der Schuldner im Zeitraum zwischen dem Lastschrifteinzug und seiner Genehmigung nicht in Verzug gerät (MünchKomm-BGB/Wenzel, 5. Aufl. § 362 Rn. 26), wäre es ungereimt, in dieser Konstellation dem Gläubiger den Rechtsvorteil der Bardeckung zu versagen. Diese rechtliche Würdigung entspricht, weil mittels einer Einziehungsermächtigung bewirkte Zahlungen in aller Regel nachfolgend genehmigt werden, den im Rahmen des § 142 InsO zu beachtenden verkehrsüblichen Gepflogenheiten (vgl. BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488, 493; BGHZ 167, 190, 199 Rn. 31).
- 16
- bb) Der für ein Bargeschäft erforderliche zeitliche Zusammenhang ist auch deshalb gegeben, weil die Genehmigung des Schuldners gemäß § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Lastschrifteinzugs zurückwirkt. Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gilt die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs erbracht. War der Leistungsaustausch danach mit dem Lastschrifteinzug rechtsverbindlich abgeschlossen, ist folgerichtig auch im Rahmen des § 142 InsO eine Bardeckung erfolgt (LG Köln aaO; Bork in FS Gerhardt, 2004 S. 69, 85 bezogen auf eine Anfechtung gegenüber der Zahlstelle; Schröder ZInsO 2006, 1, 3 f; aA LG Oldenburg NZI 2007, 53, 54). Diesem Ergebnis steht nicht der Umstand entgegen, dass bei einem genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft eine anfechtbare Rechtshandlung erst mit der Genehmigung vorliegt (BGH, Urt. v. 19. Dezember 2002 aaO S. 490) und etwaige Anfechtungsfristen erst ab der Genehmigung und nicht bereits rückwirkend in Gang gesetzt werden (BGH, Urt. v. 20. September 1978 - VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102, 103). Durch das Hinausschieben der Anfechtungsfrist wird die materiell rechtliche Rückwirkung der Genehmigung nicht berührt, die vielmehr auch der Anfechtungsberechtigte gegen sich gelten lassen muss.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Ravensburg, Entscheidung vom 10.08.2006 - 6 O 226/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.02.2007 - 19 U 161/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) von der beklagten Bank die Auszahlung der im Mai 2004 im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbeträge.
- 2
- Die Schuldnerin eröffnete bei der Beklagten im Januar 2004 ein auf Guthabenbasis geführtes Girokonto, für das die Geltung der AGB-Banken und monatliche Rechnungsabschlüsse vereinbart waren. Mit Beschluss vom 8. Juli 2004 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Am darauf folgenden Tag widersprach er per Telefax gegenüber der Beklagten allen noch nicht genehmigten Lastschriften aus Einzugsermächtigungen und verlangte die Auszahlung des sich durch die Rückbuchung ergebenden weiteren Guthabens. Dieser Aufforderung kam die Beklagte hinsichtlich der seit dem 1. Juni 2004 zu Lasten des Schuldnerkontos ausgeführten Lastschriften nach; die Gutschrift der im Mai 2004 eingezogenen Lastschriftbeträge - darunter eine Steuerforderung des Freistaates Bayern (Streithelfer der Beklagten) in Höhe von 18.044,27 € - lehnte sie jedoch ab. Am 1. Oktober 2004 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
- 3
- Der Kläger ist der Ansicht, infolge seines Widerspruchs seien auch die Lastschriftbuchungen im Zeitraum vom 1. bis 31. Mai 2004 in Höhe von insgesamt 82.841,74 € dem Schuldnerkonto wieder gutzuschreiben. Die Beklagte meint, die Schuldnerin habe die Einziehung dieser Lastschriften vor dem Widerspruch des Klägers bereits konkludent genehmigt; zumindest stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe zu, da der Widerspruch nicht unverzüglich erfolgt sei und zudem - was unstreitig ist - auch durch keine sachlichen Einwendungen gegen die zugrunde liegenden Forderungen gerechtfertigt sei.
- 4
- Das Landgericht hat der auf Zahlung von 82.841,74 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist - bis auf einen Teil des Zinsausspruchs - ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte mit Unterstützung des Streithelfers ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2007, 883 ff. veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Weder die Schuldnerin noch der Kläger hätten die im Mai 2004 erfolgten Lastschriftbuchungen genehmigt, so dass die Beklagte keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 670 BGB erworben habe. Eine fingierte Genehmigung nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger widersprochen habe, bevor die Sechs-Wochen-Frist nach dem am 31. Mai 2004 erteilten Rechnungsabschluss abgelaufen gewesen sei. Es liege auch keine konkludente Genehmigung gegenüber der Beklagten vor. Im bloßen Schweigen auf Tageskontoauszüge liege - auch bei Kaufleuten - keine Genehmigung der Kontobelastungen. Ob dies anders sei, wenn Kontobelastungen über mehrere Monate unbeanstandet geblieben seien, könne dahinstehen, da dies hier nicht der Fall gewesen sei. Die von der Beklagten angeführten Umstände , wie die besonders intensive Nutzung des Kontos, die Höhe der eingezogenen Beträge und der wiederkehrende Einzug in laufenden Geschäftsbeziehungen , seien von vorneherein keine geeigneten Anknüpfungspunkte für eine rechtsgeschäftliche Erklärung durch schlüssiges Verhalten. Woraus für die Beklagte ersichtlich sein solle, dass kein sachlicher Grund für einen Widerspruch bestehe, erkläre sie nicht. Dabei bleibe zudem offen, nach welchem Zeitraum und welchem konkreten Verhalten oder Unterlassen diese Erklä- rungswirkung angenommen werden könne und solle. Außerdem seien seit Aufnahme der Genehmigungsfiktion in die AGB-Banken eher höhere Anforderungen an eine konkludente Genehmigung der Lastschriftabbuchungen zu stellen.
- 8
- Der Beklagten stehe auch kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB wegen eines sachlich nicht gerechtfertigten Lastschriftwiderspruchs zu. Deshalb ergebe sich hieraus auch kein Einwand gegen die Inanspruchnahme durch den Kläger nach § 242 BGB. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs sei der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt berechtigt, die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu verhindern, auch wenn sachliche Einwendungen gegen die eingezogene Forderung nicht erhoben würden. Nach Nr. 7 Abs. 3 der AGB-Banken könne der Bankkunde einer von ihm noch nicht genehmigten Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren alle Einwendungen entgegensetzen, die bis zur Genehmigung der Lastschrift entstanden seien, wozu auch die nachträgliche Anordnung einer Verfügungsbeschränkung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO gehöre.
II.
- 9
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen den vom Kläger geltend gemachten girovertraglichen Anspruch auf Auszahlung des sich nach Rückbuchung der im Mai 2004 erfolgten Lastschriftbuchungen ergebenden Guthabens bejaht, weil die Beklagte aufgrund des Widerspruchs des Klägers vom 9. Juli 2004 mangels Genehmigung der Lastschriftbuchungen keinen Aufwendungsersatzanspruch aus § 670 BGB habe. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine kon- kludente Genehmigung der im Mai 2004 erfolgten Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin verneint hat, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
- 10
- 1. Das Berufungsgericht legt der rechtlichen Einordnung des Lastschriftverfahrens aufgrund der von der Schuldnerin erteilten Einzugsermächtigung im Deckungsverhältnis die Genehmigungstheorie zugrunde, die sich in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durchgesetzt hat (erstmals ausdrücklich Senat, Urteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; nachfolgend st. Rspr., siehe nur BGHZ 144, 349, 353 f.; 161, 49, 53; 162, 294, 302 f.; 167, 171, Tz. 11 f.; 174, 84, Tz. 12; 177, 69, Tz. 15; BGH, Urteil vom 21. April 2009 - VI ZR 304/07, WM 2009, 1073, Tz. 9). Danach beinhaltet die vom Schuldner dem Gläubiger erteilte Einzugsermächtigung nur die Gestattung , das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des Lastschrifteinzugs zu nutzen (BGHZ 167, 171, Tz. 11). Beauftragt der Gläubiger seine Bank, den Geldbetrag einzuziehen, so leitet diese als Inkassostelle den Auftrag an die Schuldnerbank als Zahlstelle weiter, die den Betrag vom Schuldnerkonto abbucht, ohne dazu vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben. Mangels girovertraglicher Weisung steht der Zahlstelle im Deckungsverhältnis damit solange kein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 670 BGB zu, bis der Schuldner die unberechtigte Belastung seines Kontos nach § 684 Satz 2 BGB genehmigt hat. Verweigert er die Genehmigung, indem er der Belastungsbuchung widerspricht, muss die Zahlstelle die ausgewiesene Belastung berichtigen. Erfolgt der Widerspruch innerhalb von sechs Wochen nach der Belastungsbuchung , so kann die Zahlstelle die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurückgeben (Abschn. III Nr. 1 und 2 des Abkommens über den Lastschriftverkehr ); die Inkassostelle belastet sodann das Gläubigerkonto mit dem zuvor gutgeschriebenen Betrag einschließlich Rücklastschriftgebühren (BGHZ 177, 69, Tz. 14). War diese Frist bei Widerspruch des Schuldners bereits abgelaufen, hat die Zahlstelle die Möglichkeit, den Zahlbetrag beim Gläubiger zu kondizie- ren (BGHZ 167, 171, Tz. 16 ff.). Bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung oder deren Fiktion mit Ablauf der in Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken aF (jetzt: Abschn. A Nr. 2.4 der Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr) vereinbarten Frist von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses besteht damit ein Schwebezustand im Deckungsverhältnis zwischen dem Schuldner und seiner Bank, der sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch auf das Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger auswirkt. Auch die dem Einzug zugrunde liegende Forderung erlischt erst mit Genehmigung der Belastungsbuchung (BGHZ 161, 49, 53 f.; 174, 84, Tz. 13 f.; BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, Tz. 13; zweifelnd - im Ergebnis jedoch offen - der erkennende Senat in BGHZ 177, 69, Tz. 20 ff.). Wird der Rechnungsabschluss - wie üblich - quartalsweise erteilt, kann dieser Schwebezustand bis zum Eintritt der Genehmigungsfiktion über einen Zeitraum von viereinhalb Monaten andauern.
- 11
- 2. Auf Grundlage der Genehmigungstheorie ist die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung nicht insolvenzfest. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt - wie der Kläger - ist, auch wenn er die Belastungsbuchung aus eigenem Recht nicht selbst genehmigen kann, in der Lage, die Genehmigung des Schuldners und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er der Belastungsbuchung widerspricht (BGHZ 174, 84, Tz. 19 und 24; 177, 69, Tz. 38; BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, Tz. 9). Die Genehmigung ist eine Verfügung im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO, weil erst durch sie die bis dahin unberechtigte Kontobelastung wirksam wird und der Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank entsteht (BGHZ 177, 69, Tz. 31 m.w.N.; im Ergebnis ebenso BGHZ 174, 84, Tz. 19). Der "starke" vorläufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 InsO) und der endgültige Insolvenzverwalter können die Ge- nehmigung der Belastungsbuchung aus eigenem Recht erteilen oder verweigern (BGHZ 174, 84, Tz. 28; 177, 69, Tz. 38).
- 12
- Dies führt zu teilweise nicht interessengerechten Ergebnissen, wenn der Insolvenzverwalter - wie hier der Kläger - von dieser Möglichkeit in der Weise Gebrauch macht, dass er allen noch nicht genehmigten Lastschriften pauschal und unabhängig davon widerspricht, ob gegen die dem Einzug zugrunde liegenden Forderung eine sachlich berechtigte Einwendung besteht. Erfolgt der Widerspruch innerhalb der Frist von sechs Wochen nach der Belastungsbuchung , in der die Zahlstelle die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurückreichen kann, erweist sich dies als misslich für den Gläubiger, da die ihm bereits gutgeschriebenen Beträge zur Insolvenzmasse gezogen werden, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO erfüllt sind. War - wie hier - die Frist zur Rückgabe der Lastschrift gegenüber der Gläubigerbank bei Widerspruch des Insolvenzverwalters bereits verstrichen, so ist Leidtragende die Zahlstelle - hier die Beklagte -, die dann versuchen muss, den Lastschriftbetrag im Wege der Nichtleistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB beim Gläubiger zu kondizieren (dazu BGHZ 167, 171, Tz. 16 ff.). Hält man mit der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats ein solches Verhalten des (vorläufigen) Insolvenzverwalters - als zwingende Konsequenz der Genehmigungstheorie - aus insolvenzrechtlichen Gründen für berechtigt (BGHZ 161, 49, 52 ff.; 174, 84, Tz. 11; BGH, Urteile vom 21. September 2006 - IX ZR 173/02, WM 2006, 2092, Tz. 8 f. und vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477, Tz. 13; anders der erkennende Senat, BGHZ 177, 69, Tz. 19), macht sich dieser durch den pauschalen Widerspruch auch nicht schadensersatzpflichtig. Damit fällt mit Beantragung des Insolvenzverfahrens ein Korrektiv weg, das geeignet ist, den Schuldner von unberechtigten Lastschriftwidersprüchen abzuhalten (vgl. BGHZ 74, 300, 304 ff.; 101, 153, 156 f.).
- 13
- 3. In Anbetracht dessen hat der Senat in seinem Urteil vom 10. Juni 2008 (BGHZ 177, 69, Tz. 20 ff.) in Erwägung gezogen, im Valutaverhältnis den rechtlichen Schwebezustand bereits mit vorbehaltloser Gutschrift des eingezogenen Betrages auf dem Konto des Gläubigers zu beenden. Beurteilt man das Valutaverhältnis unabhängig von der im Deckungsverhältnis noch ausstehenden Genehmigung , spricht viel dafür, zwischen Gläubiger und Schuldner eine Erfüllungsvereinbarung (§ 364 BGB) dahingehend anzunehmen, dass eine fällige und einredefreie Forderung bereits zu diesem Zeitpunkt erlöschen soll. Der Lastschriftschuldner wird insbesondere bei termingerecht zu erfüllenden Verbindlichkeiten nicht davon ausgehen, dass die Erfüllung Monate nach der Belastung seines Kontos noch nicht eingetreten ist, der Lastschriftgläubiger wird dem Schuldner nach vorbehaltloser Gutschrift des Betrages auf seinem Konto keinen Kredit gewähren wollen (Senat aaO, Tz. 22 m.w.N.; ebenso Aderhold, FS H.P. Westermann, S. 3, 12 f.; Ellenberger, FS Beuthien, S. 483, 487 f.; MünchKommBGB/Casper, 5. Aufl., Vor § 676a Rn. 50; Nobbe, WM 2009, 1537, 1544 f.; ders., FS Krämer, S. 497, 503 ff.; Peschke, ZInsO 2006, 470, 471 ff.; Staudinger/Olzen, BGB (2006), Vorbem. zu §§ 362 ff. Rn. 74 f.). Da die Erfüllung im Valutaverhältnis den (vorläufigen) Insolvenzverwalter nicht daran hindert , im Deckungsverhältnis der Belastungsbuchung zu widersprechen (vgl. BGHZ 174, 84, Tz. 16; aA Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 433 Rn. 210), lässt sich das Problem der mangelnden Insolvenzfestigkeit der Lastschriftbuchung indessen durch die zeitliche Vorverlagerung der Erfüllung im Valutaverhältnis allein nicht lösen. Im Deckungsverhältnis zwischen dem Schuldner und seiner Bank wäre damit noch keine Endgültigkeit der Buchung erreicht. Solange der Aufwendungsersatzanspruch in diesem Rechtsverhältnis weiterhin von einer Genehmigungserteilung abhängt, hat es der (vorläufige) Insolvenzverwalter in der Hand, diesen zu verhindern (BGHZ 174, 84, Tz. 16; Fischer, WM 2009, 629, 636 f.).
- 14
- 4. Im Schrifttum wird zur Erzielung der Insolvenzfestigkeit daher vorgeschlagen , die Genehmigungstheorie zusätzlich auch im Deckungsverhältnis weiterzuentwickeln. Der Schuldnerbank soll bereits dann ein Aufwendungsersatzanspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683, 670 BGB zustehen, wenn sie mit Einlösen der Lastschrift eine Verbindlichkeit des Zahlungspflichtigen zum Erlöschen gebracht hat (Nobbe, WM 2009, 1537, 1545 f.; Piekenbrock, KTS 2007, 179, 184). Dies hätte zur Folge, dass der Zahlungspflichtige nur noch solche Buchungen genehmigen müsste, denen keine Verbindlichkeit im Valutaverhältnis zugrunde liegt oder für die er keine Einzugsermächtigung erteilt hat. Damit könnte er aber auch nur noch in solchen Fällen der Belastungsbuchung auf seinem Konto widersprechen. Einem solchen Ansatz folgt der Senat nicht. Die Geschäftsbesorgung durch Einlösung der Lastschrift ist auf Grundlage der Genehmigungstheorie im Verhältnis zum Schuldner bereits deshalb unberechtigt, weil seine Bank ohne girovertragliche Weisung auf sein Konto zugreift. Der Schuldner ist in den Verfügungen über sein Konto frei. Dies gilt unabhängig davon, ob die dem Einzug unterliegende Forderung tatsächlich besteht (BGHZ 74, 309, 312; 95, 103, 106; 144, 349, 353 f.).
- 15
- 5. Die insolvenzrechtlichen Probleme sind indes gelöst, wenn der Schuldner mit Erteilung der Einzugsermächtigung zugleich auch der Belastung seines Kontos zustimmt. Der Weg zu einer solchen - von der Genehmigungstheorie abweichenden - Parteivereinbarung im Deckungsverhältnis wird durch die Neufassung des Zahlungsdiensterechts in den §§ 675c bis 676c BGB in Umsetzung der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdiensterichtlinie - ABl. EU Nr. L 319 S. 1) für Zahlungsvorgänge ab dem 31. Oktober 2009 (vgl. Art. 229 § 22 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) eröffnet.
- 16
- a) Gemäß § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB ist für die Wirksamkeit des Zahlungsvorgangs nunmehr maßgeblich, ob der "Zahler" diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Ohne Autorisierung kann der "Zahlungsdienstleister" gegenüber seinem Kunden keine Rechte herleiten, insbesondere steht ihm kein Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 675c Abs. 1, § 670 BGB zu (§ 675u Satz 1 BGB). Die Autorisierung des Zahlungsvorgangs kann vorab oder - falls zwischen dem Zahler und seinem Kreditinstitut vereinbart - auch nachträglich erfolgen (§ 675j Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 17
- Auf dieser Grundlage bestimmen die zum Oktober 2009 neu gefassten "Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr", die als Allgemeine Geschäftsbedingungen den Zahlungsdiensterahmenvertrag konkretisieren, dass der Zahlungsvorgang mittels Einzugsermächtigungslastschrift durch den Kunden erst nachträglich über die Genehmigung der entsprechenden Lastschriftbuchung auf seinem Konto autorisiert wird (Abschn. A. Nr. 2.1.1 und Nr. 2.4). Demgegenüber ist die Zahlung mittels Lastschrift im SEPA-Lastschriftverfahren, das auf europäischer Ebene neu eingeführt wurde, gegenüber der Zahlstelle bereits vorab mit Erteilung des SEPA-Lastschriftmandats autorisiert (Abschn. C. und D. jeweils Nr. 2.2.1). Das SEPA-Mandat beinhaltet nämlich nicht nur - wie die Einzugsermächtigung (Abschn. A. Nr. 2.1.1) - die Gestattung des Zahlungsempfängers , den Betrag vom Konto des Zahlungspflichtigen einzuziehen, sondern darüber hinaus auch die an die Zahlstelle gerichtete Weisung, die vom Zahlungsempfänger auf das Schuldnerkonto gezogene SEPA-Lastschrift einzulösen (Abschn. C. und D. jeweils Nr. 2.2.1). In dieser Generalweisung liegt nach der neuen Terminologie des Gesetzes der Zahlungsauftrag gemäß § 675f Abs. 3 Satz 2 BGB. Durch diesen autorisiert der Zahler gemäß dieser Parteivereinbarung den Zahlungsvorgang bereits vor Ausführung in Form einer Einwilligung gemäß § 675j Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB. Der Zahlungsauftrag, der an die Schuldnerbank zu erteilen ist, wird dieser im SEPA-Lastschriftverfahren durch den Zahlungsempfänger als Erklärungsboten (vgl. § 120 BGB) über sein Kreditinstitut übermittelt (Hadding, FS Hüffer, S. 273, 286; Laitenberger, NJW 2010, 192, 193; Lohmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 20/102; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 675f Rn. 40). Geht der Zahlungsauftrag der Schuldnerbank auf diesem Wege zu, wird er wirksam (§ 675n Abs. 1 Satz 1 BGB). Da der als Generalweisung vorab erteilte Zahlungsauftrag noch der Präzisierung bedarf, ermächtigt der Zahlende mit dem Mandat zugleich den Zahlungsempfänger, diesen durch die Einreichung bezifferter Lastschriften zu konkretisieren (Hadding, FS Hüffer, S. 273, 287).
- 18
- b) Aufgrund dieses rechtlichen Inhalts des SEPA-Mandats hat die mittels eines SEPA-Lastschriftverfahrens bewirkte Zahlung auch dann Bestand, wenn nach der Belastungsbuchung über das Vermögen des Zahlungspflichtigen das Insolvenzverfahren eröffnet wird bzw. in einem Eröffnungsverfahren entsprechende Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. Nach Verfahrenseröffnung kommt allein die Anfechtung unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO in Betracht.
- 19
- aa) Im Deckungsverhältnis findet der Vermögensabfluss beim Schuldner bereits mit Belastung seines Kontos statt. Da er den Zahlungsvorgang vorab autorisiert hat, ist die Vornahme der Buchung wirksam, so dass die Bank ihren Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 675c Abs. 1, § 670 BGB in den Kontokorrent einstellen kann. Wird nach diesem Zeitpunkt Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt bzw. das Verfahren eröffnet, so ist ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter nicht in der Lage, die Entstehung des Anspruchs noch zu verhindern. Insbesondere hängt die Wirksamkeit der Kontobelastung von keiner "Verfügung" im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO mehr ab, die der Zustimmung des vorläufigen "schwachen" Insolvenzverwalters bedürfte. Auch der Schuldner hat in der Regel keine Möglichkeit, seinem Kreditinstitut diesen Aufwendungsersatzanspruch durch einseitige Erklärung wieder zu entziehen. Nach Zugang des Zahlungsauftrags bzw. der darin liegenden Autorisierung bei seiner Bank kann er diese nur noch "bis zum Ende des Geschäftstages vor dem vereinbarten Fälligkeitstag" widerrufen (§ 675j Abs. 2 Satz 1, § 675p Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB). Nur wenn der Zahlstelle der Widerruf bis zu diesem Zeitpunkt zugeht, ist die gleichwohl vorgenommene Belastungsbuchung ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang, der gemäß § 675u Satz 2 BGB zu berichtigen ist (Hadding, FS Hüffer, S. 273, 289).
- 20
- Ohne Einfluss auf den fortbestehenden Aufwendungsersatzanspruch der Zahlstelle ist das Recht des Zahlers, gemäß § 675x Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB binnen acht Wochen ab Belastungsbuchung von seiner Bank Erstattung des Zahlbetrages verlangen zu können. Diese Vorschrift lässt sich nicht als verlängertes Recht des Zahlers zum Widerruf der Autorisierung deuten (so aber Lohmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 20/107; Obermüller/ Kuder, ZIP 2010, 349, 354; missverständlich auch Grundmann, WM 2009, 1157, 1160; ders. in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, 2. Aufl., BankR II Rn. 149b "spezielles Widerspruchsrecht"). Der Widerruf ist in § 675j Abs. 2 Satz 1, § 675p BGB abschließend geregelt. Schon dem eindeutigen Wortlaut nach gibt § 675x BGB dem Zahler vielmehr einen eigenständigen Anspruch als aktives Gegenrecht, der die Autorisierung des Zahlungsvorgangs nicht entfallen lässt. Ebenso wenig eröffnet § 675p Abs. 4 Satz 1 BGB im Fall der Lastschrift die Möglichkeit, die Frist zum Widerruf des Zahlungsauftrags durch vertragliche Vereinbarung zwischen Schuldner und Schuldnerbank zu verlängern (unzutreffend Rogge/Leptien, InsVZ 2010, 163, 170). Nach § 675p Abs. 4 Satz 2 BGB bedürfte eine solche Vereinbarung im Fall der Lastschrift (§ 675p Abs. 2 Satz 2 BGB) der Zustimmung des Zahlungsempfängers.
- 21
- bb) Im SEPA-Lastschriftverfahren ist die Forderung des Gläubigers bereits mit vorbehaltloser Gutschrift des Zahlbetrages auf seinem Konto erfüllt. Hat die Gutschrift bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners Bestand, ist der Lastschriftgläubiger von vorneherein kein Insolvenzgläubiger.
- 22
- (1) Gemäß § 362 Abs. 1 BGB erlischt ein Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird. Das Bewirken der geschuldeten Leistung besteht in der Herbeiführung des Leistungserfolges (BGHZ 179, 298, Tz. 5; BGH, Urteile vom 28. Oktober 1998 - VIII ZR 157/97, WM 1999, 11 und vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703, Tz. 26, jeweils m.w.N.). Maßgebliches Anknüpfungskriterium für die Frage, wann Erfüllung eintritt, ist daher der Parteiwille von Gläubiger und Schuldner. Bei einer Geldschuld wird dieser Erfolg - mangels anderer Vereinbarung - nur dann erzielt, wenn der Gläubiger den Geldbetrag , den er beanspruchen kann, endgültig zur freien Verfügung erhält; darf er den Betrag nicht behalten, tritt der Leistungserfolg nicht ein (BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703, Tz. 26 m.w.N.).
- 23
- (2) Nach diesen Maßstäben ist die dem Einzug zugrunde liegende Forderung bereits mit vorbehaltloser Gutschrift auf dem Gläubigerkonto - auflösend bedingt - erfüllt. Mit vorbehaltloser Gutschrift erlangt der Gläubiger die erforderliche uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über den Zahlbetrag. Im Inkassoverhältnis zwischen Gläubiger und Gläubigerbank ergeben sich insoweit im SEPA-Verfahren keine Änderungen (vgl. dazu Obermüller/Kuder, ZIP 2010, 349, 351 f.).
- 24
- Allerdings hat der Gläubiger im SEPA-Basis-Lastschriftverfahren - anders als im SEPA-Firmenlastschriftverfahren (§ 675e Abs. 4 BGB i.V.m. Abschn. D. Nr. 2.1.1 am Ende) - erst acht Wochen nach der Belastungsbu- chung auch eine endgültig gesicherte Rechtsposition erlangt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Zahler von seiner Bank ohne Angabe von Gründen Erstattung des Zahlbetrages verlangen (§ 675x Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB i.V.m. Abschn. C. Nr. 2.5 Abs. 1). Nach dem im Interbankenverhältnis maßgeblichen SEPA-Rulebook kann solange auch die Schuldnerbank die Lastschrift gegenüber der Gläubigerbank zurückgeben ("Time Cycle" nach 4.3.4 des SEPA Core Direct Debit Scheme Rulebook). Macht sie hiervon Gebrauch, hat die Gläubigerbank ihrerseits aus der Inkassovereinbarung mit dem Gläubiger die Möglichkeit , die Gutschrift auf dessen Konto mit Einreichungswertstellung wieder rückgängig zu machen (vgl. dazu van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts -Handbuch, 3. Aufl., § 58 Rn. 168). Diese Rückbelastungsmöglichkeit, die der Schuldner mit seinem Erstattungsverlangen auslösen kann, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, der Parteiwille im Valutaverhältnis gehe dahin, dass auch der geschuldete Leistungserfolg erst nach Ablauf der Acht-Wochen-Frist erbracht ist (Obermüller/Kuder, ZIP 2010, 349, 353; aA Lohmann, Die grenzüberschreitende Lastschrift, S. 220 f.; zweifelnd Hadding, FS Hüffer, S. 273, 291). Dies würde dem Umstand nicht gerecht, dass Zahlungen im Lastschriftverfahren in der Regel Bestand haben und nur ausnahmsweise eine Rückbelastung erfolgt.
- 25
- Allerdings hat der Gläubiger ein anerkennenswertes Interesse daran, den Schuldner wieder aus der ursprünglichen Forderung auf Zahlung in Anspruch nehmen zu können, wenn die Gutschrift auf seinem Konto in Folge des Erstattungsverlangens des Schuldners entfällt. Der Interessenlage der Parteien wird daher am ehesten eine Auslegung gerecht, nach der die Erfüllung nur dann rückwirkend (§ 159 BGB) entfällt, wenn es - ausnahmsweise - zu einer entsprechenden Rückbelastung kommt (für das Einzugsermächtigungsverfahren ebenso Bork, FS Gerhardt, S. 69, 74 ff.; ders., ZIP 2004, 2446; Krepold/Spiegel in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 6/507b f.; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren, S. 64 ff.; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankenpraxis, 7. Aufl., Rn. 3.452a; auf Grundlage der Ermächtigungstheorie schon Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., 5. Abschn., Rn. 636 und - mit abweichender Begründung - Einsele, AcP 209 (2009), S. 719, 749 ff.). Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Gesetz kenne nur aufschiebend oder auflösend bedingte Rechtsgeschäfte, jedoch keine bedingten Rechtsfolgen (so Fallscheer-Schlegel, Das Lastschriftverfahren - Entwicklung und Rechtsprobleme, S. 34 f.; Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 433 Rn. 212; zweifelnd auch Nobbe, FS Krämer, S. 497, 508 f.). Richtig ist zwar, dass die Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB grundsätzlich als Rechtsfolge der Leistungsbewirkung eintritt, ohne dass es einer dahingehenden Vereinbarung bedürfte (Theorie der realen Leistungsbewirkung). Eine rechtsgeschäftliche Erfüllungsvereinbarung ist jedoch ausnahmsweise dann erforderlich, wenn eine andere als die geschuldete Leistung erbracht wird (§ 364 Abs. 1 BGB). So liegen die Dinge hier. Im Fall des Einzugs der Forderung mittels Lastschrift bewirkt der Schuldner mit der Kontogutschrift nicht die originär geschuldete Geldzahlung, sondern verschafft dem Gläubiger stattdessen einen Auszahlungsanspruch gegen dessen Kreditinstitut. Eine solche rechtgeschäftliche Erfüllungsvereinbarung kann unter einer auflösenden Bedingung stehen, so dass die Rechtsfolge der Erfüllung im Falle des Bedingungseintritts entfällt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1987 - II ZR 121/86, WM 1987, 400, 401).
- 26
- (3) Der Schuldner hat mit Erteilung des SEPA-Mandats auch die für eine Erfüllung erforderliche Leistungshandlung vorgenommen. Durch die im Valutaverhältnis getroffene Lastschriftabrede wird die Zahlungsverpflichtung des Schuldners zur Holschuld. Der Schuldner hat das aus seiner Sicht zur Erfüllung Erforderliche somit getan, wenn er den Leistungsgegenstand zur Abholung durch den Gläubiger bereithält, d.h. im Lastschriftverfahren dafür sorgt, dass ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist (Senat, BGHZ 177, 69, Tz. 24 m.w.N.). Verlangt man mit der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats für eine dem Schuldner zurechenbare Leistungshandlung darüber hinaus, dass der Geldbetrag aus dem Vermögen des Schuldners abgeflossen sein muss (BGHZ 161, 49, 54; 174, 84, Tz. 13), führt dies für die Zahlung mittels SEPA-Lastschrift zu keiner abweichenden Beurteilung. Der mit dem SEPA-Mandat erteilte Zahlungsauftrag , mit dem der Schuldner den Zahlungsvorgang vorab autorisiert, bewirkt, dass die Belastung seines Kontos von Anfang an wirksam ist. Die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto beruht daher auch unter diesen Anforderungen auf einer Leistungshandlung des Schuldners.
- 27
- cc) Die Zahlung ist auch dann insolvenzfest, wenn vor Ablauf der AchtWochen -Frist des § 675x Abs. 4 BGB das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zahlungspflichtigen eröffnet wird bzw. in einem Eröffnungsverfahren entsprechende Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden.
- 28
- (1) Für das Verfahren der SEPA-Firmenlastschrift ergibt sich dies bereits daraus, dass nach den Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr selbst der Zahlende keine Möglichkeit hat, den Zahlbetrag zurückzuerlangen. Der Erstattungsanspruch des § 675x Abs. 1 BGB wurde für diese Verfahrensart abbedungen (Abschn. D. Nr. 2.1.1 am Ende). Da die SEPA-Firmenlastschrift nur von Kunden genutzt werden kann, die keine Verbraucher sind, ist eine solche Vereinbarung zulässig (§ 675e Abs. 4 BGB).
- 29
- (2) Zwar hat der Zahler im SEPA-Basislastschriftverfahren - wie bereits dargelegt - binnen acht Wochen die Möglichkeit, mit seinem - voraussetzungslosen - Erstattungsverlangen, die Erfüllungswirkung im Valutaverhältnis entfallen zu lassen. Dieser Anspruch fällt jedoch im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht in die Insolvenzmasse, so dass der Insolvenzverwalter insoweit keine Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO erlangt. Damit kann auch der vorläufige "starke" Insolvenzverwalter keine entsprechenden Befugnisse unter Vorwegnahme der Rechtsfolge des § 80 Abs. 1 InsO (vgl. BGHZ 174, 84, Tz. 28) für sich herleiten.
- 30
- (a) Dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB. Danach ist das Recht des Schuldners, eine von ihm zur Schuldbefreiung hinterlegte Sache zurückzunehmen (§ 376 BGB), unpfändbar mit der Folge, dass der Anspruch auch nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO). Ist die Hinterlegung wirksam und das Annahmerecht des Gläubigers nach § 382 BGB noch nicht erloschen, hat der Insolvenzverwalter keine Möglichkeit , die hinterlegte Sache zur Masse zu ziehen (Jaeger/Henckel, InsO, § 36, Rn. 28, Rn. 30 f.; MünchKommInsO/Peters, 2. Aufl., § 36 Rn. 49; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 206). Dies hat seinen Grund darin, dass eine mit der Hinterlegung begonnene Befriedigung des Gläubigers durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter bzw. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht verhindert werden soll (MünchKommBGB/Wenzel, 5. Aufl., § 377 Rn. 1; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 377 Rn. 1). Der hinterlegungsbegünstigte Gläubiger soll nicht Gefahr laufen, sich aus dem hinterlegten Gegenstand nicht voll befrieden zu können, sondern im Insolvenzverfahren nur eine Quote zu erhalten oder gar leer auszugehen (Staudinger/Olzen, BGB (2006), § 377 Rn. 5).
- 31
- (b) Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf die mittels SEPA-Lastschrift bewirkte Zahlung übertragen. Mit Erteilung des Zahlungsauftrags an seine Bank hat der Schuldner gleichermaßen die endgültige Befriedigung des Gläubigers begonnen. Dabei hat er dem Gläubiger bereits uneingeschränkte Verfügungsmacht über das Geld und damit eine noch weitergehende Rechtsposition als im Hinterlegungsverfahren verschafft (vgl. §§ 12 ff. HinterlO). In diesen Zahlungsvorgang darf der Insolvenzverwalter nicht mehr eingreifen. Aufgrund der zuvor bereits eingetretenen Erfüllung der Verbindlichkeit ist sein Auftrag, eine ungleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zu verhindern, von vorneherein nicht tangiert. Keine analoge Anwendung findet hingegen § 377 Abs. 2 BGB. Verlangt der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Erstattung des Zahlbetrages, führt dies zu einem Neuerwerb der Insolvenzmasse.
- 32
- (c) Dass der Insolvenzverwalter in vorab autorisierte und begonnene Zahlungsvorgänge nicht eingreifen können soll, bringt auch die Vorschrift des § 116 Satz 3 InsO zum Ausdruck. Danach bestehen vom Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilte Zahlungsaufträge - abweichend vom Grundsatz des § 116 Satz 1, § 115 Abs. 1 InsO - fort und sind zu Lasten der Masse auszuführen. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die Insolvenzfestigkeit laufender Zahlungen sicherzustellen; das beruht auf der Erkenntnis, dass dies für ein funktionierendes Zahlungssystem von wesentlicher Bedeutung ist (BT-Drucks. 14/745, S. 29). Führt die Zahlstelle einen ihr vor Insolvenzeröffnung mittels SEPA-Mandat erteilten konkreten Zahlungsauftrag nach Verfahrenseröffnung aus, erwirbt sie daher einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Masse (für die Zahlung mittels Überweisung BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - IX ZR 78/07, WM 2009, 662, Tz. 18 m.w.N.). Könnte der Insolvenzverwalter nach Ausführung der Zahlung gemäß § 675x BGB dennoch von der Zahlstelle Erstattung des Zahlbetrages verlangen, liefe dies dem Regelungszweck zuwider.
- 33
- (d) Dem steht das Urteil des IX. Zivilsenats vom 25. Oktober 2007 (BGHZ 174, 84, Tz. 15) nicht entgegen. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor Insolvenzeröffnung bedingt begründete Rechte an Gegenständen des Schuldnervermögens nur dann insolvenzfest, wenn der Schuldner keine Möglichkeit mehr hatte, diese Rechtsstellung einseitig wieder zu entziehen (BGHZ 155, 87, 93; BGH, Urteil vom 17. November 2005 - IX ZR 162/04, WM 2006, 144, 145). Auch wenn der Gläubiger mit der Gutschrift nur eine auflösend bedingte Rechtsposition erlangt hat (Lohmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 20/107; Obermüller/Kuder, ZIP 2010, 349, 351 f.; für das Einzugsermächtigungsverfahren BGHZ 74, 309, 315; Nobbe/ Ellenberger, WM 2006, 1885, 1891 m.w.N.), die ihm der Schuldner durch sein Erstattungsverlangen wieder entziehen kann, ist diese Rechtsprechung auf die mittels einer SEPA-Lastschrift bewirkte Zahlung nicht übertragbar, weil - wie oben dargelegt - der Erstattungsanspruch nicht in die Masse fällt und der Schuldner selbst nicht wider Treu und Glauben den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeiführen darf (§ 162 Abs. 2 BGB).
- 34
- (3) Dies führt auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Insolvenzgläubiger. Selbst wenn der Insolvenzverwalter den Zahlbetrag in entsprechender Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB nicht durch Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 675x BGB zur Masse ziehen kann, so bleibt sein Anfechtungsrecht nach §§ 129 ff. InsO hiervon unberührt (für das Hinterlegungsverfahren ebenso MünchKommBGB/Wenzel, 5. Aufl., § 377 Rn. 3; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 377 Rn. 1; PWW/Pfeiffer, BGB, 5. Aufl., § 377 Rn. 2; Staudinger/Olzen, BGB (2006), § 377 Rn. 11). Für die Frage, ob ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vorliegt, weil der Zahlung eine auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbare Gegenleistung des Zahlungsempfängers gegenübersteht , kommt es auch im SEPA-Verfahren auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs an (Obermüller/Kuder, ZIP 2010, 349, 355; für das Einzugsermächtigungsverfahren BGHZ 177, 69, Tz. 47; BGH, Urteile vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, Tz. 15 und vom 2. April 2009 - IX ZR 171/07, WM 2009, 958, Tz. 10).
- 35
- c) Mit einer dem SEPA-Mandat entsprechenden Parteivereinbarung im Deckungsverhältnis zwischen dem Zahlungspflichtigen und seinem Kreditinsti- tut - Vorabautorisierung des Zahlungsvorgangs durch Erteilung des Zahlungsauftrags - wären aus den eben dargelegten Gründen auch die im Einzugsermächtigungsverfahren bewirkten Zahlungen insolvenzfest, so dass sie allein im Wege der Anfechtung unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO zur Masse gezogen werden könnten (im Ergebnis ebenso Fischer, WM 2009, 629, 637).
- 36
- aa) In der derzeitigen Ausgestaltung bestimmen die Sonderbedingungen für die Einzugsermächtigungslastschrift allerdings, dass der Zahlende den Zahlungsvorgang mit Erteilung der Einzugsermächtigung nicht vorab autorisiert. Die (nachträgliche) Autorisierung hängt vielmehr von der Erteilung der Genehmigung gegenüber der Schuldnerbank ab (Abschn. A. Nr. 2.1.1 und Nr. 2.4). Ganz überwiegend wird angenommen, dass eine solche Parteivereinbarung mit § 675j Abs. 1 Satz 2 BGB und dem nahezu inhaltsgleichen Art. 54 Abs. 1 Satz 2 der Zahlungsdiensterichtlinie vereinbar ist und daher das deutsche Einzugsermächtigungsverfahren mit der rechtlichen Deutung der Genehmigungstheorie auch unter Geltung des neuen Rechts Bestand haben kann (Berger, NJW 2009, 473, 476; Grundmann, WM 2009, 1157, 1158; Hadding, FS Hüffer, S. 273, 278 f.; Hadding/Häuser in MünchKommHGB, 2. Aufl., Band 5, Recht des Zahlungsverkehrs , Rn. C 13; Laitenberger, NJW 2010, 192, 193; Lohmann in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 20/100; Lohmann/Koch, WM 2008, 57, 62; Rühl, DStR 2009, 2256, 2257; Werner, BKR 2010, 9 f.; so auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/11643, S. 105 f.; aA Einsele, AcP 209 (2009), S. 719, 742 Fn. 57 und 744 f.). Mangels Vorabautorisierung des Zahlungsvorgangs fällt das Einzugsermächtigungsverfahren in der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung daher nicht in den Anwendungsbereich des § 675x BGB (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/11643, S. 115 zu § 675x BGB und S. 116 zu Abs. 6; ebenso Laitenberger, NJW 2010, 192, 194; Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 675x Rn. 3; PWW/Fehrenbacher, BGB, 5. Aufl., § 675x Rn. 1; aA Burghardt/Wegmann, NZI 2009, 752, 757; Grundmann, WM 2009, 1157, 1160; Rogge/Leptien, InsVZ 2010, 163, 169 f.). Die Vorschrift des § 675x Abs. 6 BGB stellt klar, dass erst nachträglich autorisierte Zahlungsvorgänge nicht erfasst werden. Einer Auslegung der Lastschriftbedingungen dahingehend, dass der Zahlungsvorgang bereits mit Erteilung der Einzugsermächtigung vorab autorisiert wird (so Einsele, AcP 209 (2009), S. 719, 743 ff.), steht der eindeutige Wortlaut entgegen.
- 37
- bb) Unzweifelhaft wäre aber auch eine davon abweichende Parteivereinbarung , nach der der Schuldner mit der Einzugsermächtigung zugleich auch der Zahlstelle den Zahlungsauftrag erteilt, die Lastschrift auszuführen, gemäß § 675j Abs. 1 BGB zulässig. Eine solche Vereinbarung könnte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden und würde der Klauselkontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhalten. Namentlich die Kreditwirtschaft hat es damit in der Hand, durch eine Neugestaltung der Sonderbedingungen für die Einzugsermächtigungslastschrift die Insolvenzfestigkeit der auf diesem Weg bewirkten Zahlungen herbeizuführen.
- 38
- (1) Dem steht nicht entgegen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Einzugsermächtigung bislang weder eine an die Schuldnerbank gerichtete girovertragliche Weisung des Zahlenden (so Piekenbrock, KTS 2007, 179, 202 ff.) noch die Ermächtigung des Zahlungsempfängers nach § 185 BGB, eine solche Weisung in eigenem Namen zu erteilen (sog. Ermächtigungstheorie , grundlegend Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., 5. Abschn., Rn. 532; ebenso Burghardt, WM 2006, 1892, 1894 f.; Burghardt/Wegmann, NZI 2009, 752, 755 f.; MünchKommBGB/Casper, 5. Aufl., Vor § 676a Rn. 40; differenzierend Langenbucher, Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, S. 193 ff.), entnommen hat. Beide Ansätze haben sich in der Rechtsprechung bislang zu Recht nicht durchgesetzt. Gegen sie wird - für die Zeit vor Geltung des neuen Zahlungsdiensterechts - zutreffend eingewandt, dass sich keine rechtlich überzeugende Begründung finden lässt, warum dem Zahlenden trotz der erteilten Weisung das Recht zustehen soll, die Belastung seines Kontos rückgängig zu machen (Hadding/Häuser in MünchKommHGB, 2. Aufl., Band 5, Recht des Zahlungsverkehrs, Rn. C 33; Nobbe, WM 2009, 1537, 1542; van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 57 Rn. 29). Der Begründungsansatz, im Deckungsverhältnis ein Recht zum Widerruf der Weisung binnen sechs Wochen nach Belastungsbuchung als "Reflexwirkung" aus der Rückgabemöglichkeit im Interbankenverhältnis abzuleiten (Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., 5. Abschn., Rn. 560), kann nicht überzeugen.
- 39
- (2) Nunmehr haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch geändert. Das Bedürfnis, den einmal begründeten Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank über einen Widerruf der Weisung entfallen zu lassen, besteht unter Geltung des neuen Zahlungsdiensterechts nicht mehr. Der Zahler hat trotz Autorisierung des Zahlungsvorgangs gemäß § 675x Abs. 1, Abs. 4 BGB einen gesetzlichen Erstattungsanspruch als aktives Gegenrecht, den die Parteien nach § 675x Abs. 2 BGB voraussetzungslos vereinbaren können. Einer Ermächtigung des Zahlungsempfängers, den Zahlungsauftrag zu erteilen bzw. zu konkretisieren, kann zudem nicht mehr entgegengehalten werden, dies führe zu einer unzulässigen Verpflichtungsermächtigung (vgl. dazu van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 57 Rn. 26 m.w.N.). In den neuen gesetzlichen Vorschriften ist ausdrücklich vorgesehen, dass der Zahlungsauftrag dem Zahlungsdienstleister des Zahlers "unmittelbar oder mittelbar über den Zahlungsempfänger" erteilt wird (§ 675f Abs. 3 Satz 2 BGB). Der Erstattungsanspruch des § 675x Abs. 1 BGB setzt - ohne vertragliche Erweiterung des Anwendungsbereichs - voraus, dass der Zahlungsvorgang "vom oder über den Zahlungsempfänger" ausgelöst wurde und der Zahlende bei seiner Autorisierung den genauen Zahlbetrag noch nicht angegeben hat, sondern dies erst durch den Zahlungsempfänger erfolgt.
- 40
- (3) Die Vereinbarung einer Vorabautorisierung hätte - neben der Insolvenzfestigkeit der Zahlung - zudem den Vorteil, dass der Zahlende sowohl im SEPA-Basisverfahren, als auch im Einzugsermächtigungsverfahren einheitlich binnen acht Wochen nach Belastungsbuchung Erstattung des Zahlbetrages verlangen könnte. Dies wäre ein Beitrag zu mehr Rechtssicherheit. Zudem wäre jeglichen Zweifeln, ob die deutsche Einzugsermächtigungslastschrift dem Ziel der Zahlungsdiensterichtlinie, eine Vollharmonisierung zu erreichen (Art. 86 und Erwägungsgrund Nr. 4), gerecht wird (vgl. Einsele, AcP 209 (2009), S. 719, 744 f.), der Boden entzogen. Unter der Voraussetzung, dass Erstattung ohne Angabe von Gründen verlangt werden könnte und damit wie beim SEPABasisverfahren von der nach § 675x Abs. 2 BGB eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht würde, bestünden keine Bedenken, die bereits erteilten Einzugsermächtigungen unter einer neuen rechtlichen Ausgestaltung des Verfahrens fortbestehen zu lassen.
- 41
- 6. Für die Beurteilung der streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen im Jahr 2004 ist jedoch im Deckungsverhältnis weiterhin die Genehmigungstheorie zugrunde zu legen. Zu Recht hat das Berufungsgericht daher für erheblich gehalten, ob die Schuldnerin die zunächst unberechtigte Belastung ihres Kontos nachträglich genehmigt hat. Wäre eine solche Genehmigung zeitlich vor Anordnung des Zustimmungsvorbehalts (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) am 8. Juli 2004 erfolgt, wäre der vom Kläger einen Tag später erklärte Widerspruch wirkungslos. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Genehmigung der Schuldnerin durch schlüssiges Verhalten abgelehnt hat, hält revisionsrechtlicher Prüfung allerdings nicht stand.
- 42
- a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht eine fingierte Genehmigung gemäß Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken aF, die nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in den Girovertrag zwischen Schuldnerin und Beklagter einbezogen wurden, verneint. Der Kläger hat durch seinen am 9. Juli 2004 gegenüber der Beklagten erklärten Widerspruch gegen alle noch nicht genehmigten Lastschriften den Eintritt der Genehmigungsfiktion für die im Mai 2004 erfolgten Belastungsbuchungen verhindert. Zu diesem Zeitpunkt waren seit Zugang des vereinbarungsgemäß zum 31. Mai 2004 zu erstellenden monatlichen Rechnungsabschlusses noch keine sechs Wochen verstrichen. Mit seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt am 8. Juli 2004 war der Kläger in der Lage , die Genehmigung der Einzugsermächtigungslastschriften durch die Schuldnerin zu verhindern. Indem er den Belastungsbuchungen widersprochen hat, hat er seine Zustimmung verweigert und damit eine wirksame Genehmigung der Schuldnerin - auch in Form der Genehmigungsfiktion des Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken aF - verhindert (vgl. BGHZ 177, 69, Tz. 38).
- 43
- b) Im Ansatz richtig ist das Berufungsgericht weiterhin davon ausgegangen , dass der Kontoinhaber die Belastungsbuchung gegenüber seiner Bank auch durch schlüssiges Verhalten genehmigen kann (BGHZ 95, 103, 108; 144, 349, 354; 161, 49, 53; 174, 84, Tz. 34; BGH, Urteile vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521 und vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 526). Eine ausdrückliche oder konkludente Genehmigung kommt auch bereits vor Ablauf der in Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken vereinbarten Frist in Betracht. Wie sich aus der Regelung ergibt, handelt es sich um eine Maximalfrist, die unterschritten werden kann ("Hat der Kunde eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, […], nicht schon genehmigt, […]"; ebenso Casper in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 38; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn. 96; Pamp in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Rn. B 33). Der Kontoinhaber ist nach Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken aF bzw. Nr. 20 Abs. 1 lit. g) AGB-Sparkassen aF verpflichtet, Einwendungen unverzüglich zu erheben. Er kann daher nicht erwarten, dass vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist aus seinem Verhalten keine Rechtsfolgen abgeleitet werden. Ob seinem Verhalten allerdings aus der maßgeblichen objektiven Sicht der Zahlstelle als Erklärungsempfängerin (§§ 133, 157 BGB) ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden kann, richtet sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, kann dabei das bloße Schweigen des Kontoinhabers auf die zugegangenen Kontoauszüge ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Genehmigung der darin enthaltenen Lastschriftbuchungen gewertet werden (BGHZ 95, 103, 108; 144, 349, 354; 174, 84, Tz. 33 m.w.N.).
- 44
- c) Mit Erfolg beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht dem weiteren Verhalten der Schuldnerin keine Anknüpfungspunkte für eine rechtsgeschäftliche Genehmigungserklärung durch schlüssiges Verhalten entnommen hat. Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer - auch konkludenten - Individualerklärung revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133, Tz. 12 m.w.N.). Stets nachprüfbar ist dabei allerdings, ob alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402, Tz. 25 m.w.N.). Dieser Überprüfung hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand. Sie lässt zu Unrecht außer Acht, dass nach dem - revisionsrechtlich zu unterstellenden - Vortrag der Beklagten den Lastschriftbuchungen vornehmlich Forderungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen bzw. regelmä- ßig wiederkehrende Forderungen zugrunde lagen und den Abbuchungen niemals zuvor widersprochen worden ist.
- 45
- aa) Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht allerdings dem Vorbringen der Beklagten, die Schuldnerin habe in Kenntnis der Belastungsbuchungen ihr Konto nach den streitgegenständlichen Belastungsbuchungen bis zur Erklärung des Widerspruchs durch den Kläger intensiv weitergenutzt , in diesem Zusammenhang zu Recht keine Bedeutung zugemessen.
- 46
- Ob dem Fortsetzen des Zahlungsverkehrs über das Konto, das mit Lastschriftbuchungen belastet worden ist, der Erklärungswert einer Genehmigung durch schlüssiges Verhalten zukommen kann, hat der Senat in seinem Urteil vom 6. Juni 2000 offen gelassen (BGHZ 144, 349, 354). Die Frage ist im Schrifttum und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Teilweise wird angenommen, der Kontoinhaber genehmige konkludent, wenn er das Konto in Kenntnis der Belastungsbuchungen nach einer angemessenen Prüf- und Überlegungsfrist aktiv weiternutze, indem er beispielsweise Schecks auf sein Konto ziehe oder Überweisungsaufträge erteile. In diesem Fall könne die Schuldnerbank davon ausgehen, dass er die Belastungen bei seinen weiteren Dispositionen zugrunde gelegt habe (OLG Düsseldorf, BKR 2007, 514, 516; Fischer, WM 2009, 629, 633; Knees/Kröger, ZInsO 2006, 393; Krepold in Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rn. 6/441a; Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885, 1887; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl., Rn. 3.434c f.; Schulz, WuB I D 2. - 3.05; van Gelder, FS Kümpel, S. 131, 139; Wittig, FS Nobbe, S. 237, 248 f.). Nach der gegenteiligen Ansicht kommt dem Weiterbenutzen des Kontos innerhalb der sechswöchigen Frist zur Erhebung des Widerspruchs nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken aF kein Erklärungswert zu (OLG Dresden, ZInsO 2005, 1272, 1274; OLG Köln, WM 2009, 889, 891; LG Ulm, WM 2010, 461, 463; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 BGB Rn. 96; Rogge/Leptien, InsVZ 2010, 163, 166; Tetzlaff, ZInsO 2010, 161, 164).
- 47
- Der Senat folgt keiner der genannten Auffassungen. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Allein dem Vornehmen weiterer Kontodispositionen kann die kontoführende Bank nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige den um die Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand. Richtig ist zwar, dass der Kontoinhaber (nur) über diesen geminderten Saldo verfügt. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass er gerade im Hinblick auf den geringeren Tagessaldo weitere Dispositionen unterlässt. Nur diesem Unterlassen könnte aber der für die Genehmigung erforderliche Erklärungswert beigemessen werden, er sei mit den Belastungen einverstanden. Um aus dem Weiterbenutzen des Kontos auf eine konkludente Genehmigung der Belastungsbuchungen zu schließen, müssen daher weitere Umstände hinzutreten. Solche Umstände können beispielsweise zu bejahen sein, wenn der Kunde seinen Zahlungsverkehr unter Berücksichtigung des Kontostandes und den danach möglichen Dispositionen mit seinem Kreditinstitut abstimmt (OLG München, ZIP 2005, 2102, 2103; Ganter, WM 2005, 1557, 1562 Fn. 48a; Nobbe, WM 2009, 1537, 1541; Spliedt, NZI 2007, 72, 79 Fn. 82; Wegmann, ZInsO 2010, 78, 80). In einem solchen Fall kann - zumindest nach einer angemessenen Prüffrist - aus Sicht der Bank der Schluss gerechtfertigt sein, dass die Lastschriftbuchungen Bestand haben, da sich ihr Kunde andernfalls auf leichterem Wege Liquidität verschaffen würde, indem er den Belastungsbuchungen widerspricht. Dass die Schuldnerin ihre Kontoverfügungen hier erst nach Abstimmung mit der Beklagten getroffen hat, ist jedoch weder dargetan noch sonst ersichtlich.
- 48
- bb) Hingegen rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht dem Vorbringen der Beklagten, es handele sich bei den Lastschriftbuchungen vornehmlich um solche aus laufenden Geschäftsverbindungen, die bisher unbeanstandet geblieben seien, keine Bedeutung beigemessen hat. Unter der Voraussetzung, dass der Kontoinhaber eine entsprechende Lastschriftbuchung in der Vergangenheit bereits einmal gegenüber der Zahlstelle genehmigt hat - sei es auch nur gemäß der Fiktion des Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken aF -, kann dem Umstand, dass eine erneute Belastung unbeanstandet bleibt, je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus Erklärungswert zukommen. Eine konkludente Genehmigung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der den bereits genehmigten betragsmäßig nicht wesentlich übersteigt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben. Eine solche Annahme ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil die Zahlstelle beim Einzugsermächtigungsverfahren in der derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung zwar einerseits - für den Kontoinhaber erkennbar - auf seine rechtsgeschäftliche Genehmigungserklärung angewiesen ist, um die Buchung wirksam werden zu lassen, das Verfahren aber andererseits darauf ausgelegt ist, dass der Kontoinhaber keine ausdrückliche Erklärung abgibt. In einer solchen Situation sind an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHZ 174, 84, Tz. 20). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Konto - wie hier - im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird. In diesem Fall kann die Zahlstelle damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden.
- 49
- Nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vorbringen der Beklagten lagen den im Mai 2004 erfolgten 22 Lastschriftbuchungen in der Gesamthö- he von 82.841,74 € "vornehmlich" regelmäßig wiederkehrende Forderungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen bzw. Dauerschuldverhältnissen zugrunde , deren Einzug die Schuldnerin, die über den aktuellen Kontostand stets informiert war, zuvor niemals widersprochen hat. Für diese - im Parteivortrag noch konkret zu bezeichnenden - Buchungen spricht einiges für die Annahme einer konkludenten Genehmigung. Auch wenn das Konto erst im Januar 2004 eröffnet wurde, liegt es angesichts des monatlich zu erteilenden Rechnungsabschlusses nahe, dass zumindest eine der vorausgegangenen Buchungen bereits nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken als genehmigt galt, als im Mai 2004 der neuerliche Einzug erfolgte. Das Berufungsgericht hätte daher dieses Vorbringen im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung nicht unberücksichtigt lassen dürfen.
- 50
- 7. Die obigen Rechtsausführungen unter Gliederungspunkt 5. und 6. werden vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mitgetragen, wie eine entsprechende Anfrage ergeben hat.
III.
- 51
- Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
- 52
- Sollte es für die neue Entscheidung darauf ankommen, ob der Beklagten der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zu- steht, weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht einen solchen Anspruch im Ergebnis zu Recht verneint hat.
- 53
- 1. Selbst wenn man mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats, der bei Neugestaltung des Einzugsermächtigungsverfahrens durch die Kreditwirtschaft keine Bedeutung mehr zukommt, dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter keine weitergehenden Widerspruchsrechte als dem Schuldner zubilligt (BGHZ 177, 69, Tz. 19), scheidet ein Schadensersatzanspruch der Zahlstelle allein wegen eines im Valutaverhältnis unberechtigten Widerspruchs aus. Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof zur sittenwidrigen Ausnutzung der Widerspruchsmöglichkeit im Einzugsermächtigungsverfahren entwickelt hat, sind auf das Verhältnis zwischen Zahlstelle und Zahlungspflichtigem grundsätzlich nicht anwendbar (BGHZ 95, 103, 107; OLG Düsseldorf, BKR 2007, 514, 517; aA Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Band 2, 2. Aufl., BankR II Rn. 158). Der Schuldner verhält sich in diesem Rechtsverhältnis durch die Verweigerung seiner Genehmigung bereits deshalb nicht pflichtwidrig, weil die Kontobelastung ohne seine Weisung erfolgt ist. Er hat unabhängig vom Bestehen der dem Einzug zugrunde liegenden Forderung das Recht, frei über sein Konto zu verfügen, und die Bank muss einen Widerspruch auch bei erkannter Missbräuchlichkeit im Valutaverhältnis beachten (BGHZ 74, 309, 312 f.; 95, 103, 106; 144, 349, 353 f.).
- 54
- 2. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch zu, weil die Schuldnerin den Lastschriften unter Verstoß gegen Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken aF und ihrer Nebenpflichten aus dem Kontokorrentvertrag nicht unverzüglich widersprochen habe. Eine solche Pflichtverletzung der Schuldnerin, die grundsätzlich ein Schadensersatzbegehren der Zahlstelle rechtfertigen kann (BGHZ 95, 103, 108 f.; 144, 349, 356), kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil sie selbst keinen - und damit auch keinen verspäteten - Lastschriftwiderspruch erhoben hat. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion wurde allein dadurch verhindert, dass sie durch die Anordnung des insolvenzrechtlichen Zustimmungsvorbehalts ihre alleinige Verfügungsbefugnis verloren hat und der Kläger - einen Tag nach seiner Bestellung - seine Zustimmung verweigerte.
Wiechers Müller Ellenberger Maihold Matthias
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 28.08.2006 - 27 O 20542/05 -
OLG München, Entscheidung vom 29.03.2007 - 19 U 4837/06 -
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156.108,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 10. April 2007 über das Vermögen der B. -GmbH und Co. Abwick- lungs KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Juni 2007 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Schuldnerin stellte Backwaren her. Zutaten, insbesondere Mehl, bezog sie von der Beklagten.
- 2
- Die von der Beklagten verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Mühlenprodukte sahen in Nr. VII Abs. 1 eine Zahlungsfrist von 14 Tagen ab Rechnungsdatum vor. In Nr. XIII war ein Eigentumsvorbehalt vorgesehen. Nach Absatz 4 dieser Bedingung war die Schuldnerin als Käuferin zu einem Weiterverkauf der Vorbehaltsware berechtigt. Die ihr hieraus gegen die Kunden zustehenden Forderungen trat sie im Voraus zur Sicherung sämtlicher Ansprüche aus der Geschäftsverbindung an die Beklagte ab, wobei sie zum Einzug dieser Forderungen berechtigt sein sollte, solange sie alle Zahlungsverpflichtungen aus der Geschäftsverbindung mit der Beklagten ordnungsgemäß erfüllte. Nach Absatz 6 war die Schuldnerin zu einer Bearbeitung, Vermischung oder Verarbeitung der Vorbehaltsware berechtigt. Die Beklagte sollte in diesen Fällen als Herstellerin anzusehen sein und das Eigentum an der neuen Sache erwerben. Bei Verwendung von Vorbehaltsware anderer Vorlieferanten sollte sie gemäß § 947 BGB Miteigentum erwerben. Die Regelung des Absatz 4 sollte für diese Fälle entsprechend gelten.
- 3
- Ab April 2006 ließ die Schuldnerin vermehrt Beitragsrückstände bei den Sozialversicherungsträgern entstehen. Ab Ende August 2006 erfüllte sie eine Mehrzahl der Lohnforderungen ihrer Arbeitnehmer nicht mehr. Zum 1. September 2006 betrugen die Zahlungsrückstände gegenüber Lieferanten einschließlich der Beklagten 141.063,73 €. Auf ihrem Hauptgeschäftskonto, von welchem die Hauptlieferanten ihre jeweils fälligen Forderungen einziehen konnten, war der Schuldnerin ein Kontokorrentkredit in Höhe von 100.000 € eingeräumt. Der Tagessaldo bewegte sich jedoch ab dem 1. Juli 2006 arbeitstäglich über dem eingeräumten Kreditlimit. Ab dem 3. Juli 2006 kam es zu einer Vielzahl von Rücklastschriften, von welchen auch die Beklagte betroffen war. Allerdings glich die Schuldnerin nach dem Eingang von Erlösen aus ihren Warenverkäufen ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung aus. Auf diese Weise erbrachte sie vom 5. September 2006 bis zur Stellung des Insolvenzantrages an die Beklagte Zahlungen für Warenlieferungen in einer Gesamthöhe von 156.108,89 €.
- 4
- Der Kläger hat die Zahlungen insolvenzrechtlich angefochten. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat weitgehend Erfolg. Sie führt zur Verurteilung der Beklagten. Lediglich wegen einer Zinsmehrforderung ist die Klage unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Sowohl eine Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO als auch eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO scheide aus, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Es sei ein verlängerter Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart worden. Die Schuldnerin habe durch ihre Zahlungen daher lediglich ein Absonderungsrecht abgelöst. Für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO fehle überdies der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Zahlungen seien kongruente Leistungen gewesen, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlich gewesen seien.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Die erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ist gegeben. Eine Benachteiligung der Gläubiger ist zwar ausgeschlossen , wenn ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht durch eine den Wert ausgleichende Zahlung aus dem Schuldnervermögen abgelöst wird (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, ZIP 2004, 1509, 1511; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 21; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 129 Rn. 58). Dies war bei den Zahlungen der Schuldnerin jedoch nicht der Fall.
- 9
- a) Die Geschäftsbeziehung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten beruhte auf einem durch die Beklagte fortlaufend neu ausgereichten Warenkredit , für welchen diese eine Sicherheit nach Maßgabe von Nr. XIII der von ihr gestellten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen verlangte. Nach Absatz 1 der genannten Bedingung lieferte die Beklagte die zur Weiterverarbeitung durch die Schuldnerin bestimmten Backzutaten nur unter Eigentumsvorbehalt. Gemäß Absatz 4 war dieser nicht nur als verlängerter (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 449 Rn. 18), sondern auch als erweiterter Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehaltes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 4. März 1991 - II ZR 36/90, ZIP 1991, 665, 667; vom 9. Februar 1994 - VIII ZR 176/92, BGHZ 125, 83, 87; vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, BGHZ 189, 1 Rn. 20 ff; MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 449 Rn. 81 f) ausgestaltet, so dass die im Voraus abgetretenen Forderungen aus der Weiterveräußerung der Vorbehaltsware sämtliche offene Forderungen der Beklagten aus der mit der Schuldnerin bestehenden Geschäftsverbindung sicherten. Dies ist im kaufmännischen Verkehr regelmäßig unbedenklich (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1994, aaO), und zwar auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 24). Überdies sah Absatz 6 zugleich eine Verarbeitungs - beziehungsweise Herstellerklausel (vgl. Palandt/Bassenge, aaO § 950 Rn. 9) vor, nach welcher die Beklagte als Herstellerin der unter Verwendung der von ihr gelieferten Zutaten neu hergestellten Backwaren anzusehen war. Für die neue Ware sollten die Bestimmungen für den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt nach Nr. XIII. Abs. 4 entsprechend gelten. Ferner war die Schuldnerin nach Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 zum Einzug der vorzedierten Forderungen ermächtigt. Der Beklagten stand demzufolge eine revolvierende Sicherheit zu (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. März 2011, aaO Rn. 41).
- 10
- b) Mit ihren Zahlungen an die Beklagte löste die Schuldnerin jedoch kein Absonderungsrecht der Beklagten ab. In diesem Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob, wie die Revision geltend macht, Nr. XIII Abs. 6 Buchst. d der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegen das im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigende Bestimmtheitsgebot (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1989 - III ZR 72/88, BGHZ 108, 98, 105; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 398 Rn. 42) verstößt. Hierauf kommt es nicht an. Die Beklagte hatte auch bei Wirksamkeit der Bedingung durch die Einziehung der sicherungsabgetretenen Forderungen aus Warenveräußerungen durch die Schuldnerin ein an ihnen etwaig bestehendes Absonderungsrecht verloren, ohne dass ein Ersatzabsonderungsrecht oder ein sonstiges Absonderungsrecht an dem Erlös entstanden wäre.
- 11
- aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schuldnerin in Ausübung ihrer Einziehungsermächtigung aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungsund Zahlungsbedingungen die Forderungen aus den Warenverkäufen auch nach dem 4. September 2006, also im Anfechtungszeitraum, weiterhin eingezogen und die Erlöse ihrem allgemeinen Geschäftskonto gutgebracht hatte. Durch die Zahlung des jeweiligen Kunden auf die sicherungszedierte Forderung erlosch diese jedoch auch mit Wirkung gegenüber der Beklagten gemäß § 362 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, ZIP 2006, 959 Rn. 14). Zugleich erlosch ein daran bestehendes Absonderungsrecht (BGH, Urteil vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Rn. 17 mwN). Den Verlust ihrer Sicherheit hätte die Beklagte nur vermeiden können, wenn sie die Abtretung offen gelegt und die Forderungen selbst eingezogen oder wenn sie eine Anschlusssicherheit vereinbart hätte (vgl. BGH, aaO mwN). Beides ist nicht geschehen.
- 12
- bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, sie habe an den eingezogenen Erlösen ein Ersatzabsonderungsrecht entsprechend § 48 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2003 - IX ZR 222/02, ZIP 2004, 326, 328; vom 19. Januar 2006 - IX ZR 154/03, aaO Rn. 22) erworben, weil die Schuldnerin die sicherungsabgetretenen Forderungen aus den Warenverkäufen unberechtigt eingezogen habe.
- 13
- (1) Der Anspruch setzte jedenfalls voraus, dass der Gegenstand, an dem das Absonderungsrecht bestand, vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner oder nach Eröffnung vom Insolvenzverwalter unberechtigt veräußert worden ist. Da dies ausscheidet, wenn der Schuldner oder der Insolvenzverwalter mit Einwilligung oder Genehmigung des Gläubigers gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1977 - VIII ZR 215/75, BGHZ 68, 199, 201; vom 6. April 2006, aaO Rn. 18; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 17 mwN), konnte hier nur die unbefugte Einziehung einer mit einem Absonderungsrecht belasteten Forderung das Ersatzabsonderungsrecht nach § 48 InsO auslösen (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02, ZIP 2003, 1404, 1406; HK-InsO/Lohmann, 7. Aufl., § 48 Rn. 17 ff).
- 14
- (2) Hiervon kann selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn die Schuldnerin aus Nr. XIII Abs. 4 Satz 3 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen gegenüber der Beklagten zur weiteren Einziehung nicht mehr berechtigt gewesen sein sollte, weil sie dieser gegenüber nicht alle Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hatte. Denn die Beklagte hat der Fortsetzung des Forderungseinzugs zugestimmt. Eine Genehmigung kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - XI ZR 148/01, BGHR BGB § 177 Abs. 1 Genehmigung 2; Beschluss vom 10. Mai 2006 - II ZR 209/04, ZIP 2006, 1343 Rn. 4; Urteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 146/07, BGHZ 184, 35 Rn. 18 ff). Dies setzt regelmäßig voraus, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unberechtigt anzusehende Geschäft auch für sich als verbindlich anzuerkennen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1996 - XI ZR 249/95, WM 1996, 2230, 2232; vom 14. Mai 2002, aaO; MünchKomm-BGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 182 Rn. 11). So liegt es hier. Es entsprach der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten bestehenden Vereinbarung, dass die Schuldnerin zum Einzug der vorzedierten Forderungen aus Warenverkäufen ermächtigt war, auch um diese zur Befriedigung der Forderungen der Beklagten gegenüber der Schuldnerin einsetzen zu können. Soweit die Beklagte in Kenntnis der bestehenden Zahlungsrückstände gleichwohl Zahlungen der Schuldnerin aus Veräußerungserlösen entgegennahm , ohne den wegen § 407 BGB wirksam erfolgten Forderungseinzug zu beanstanden und den künftigen Forderungseinzug durch ausdrücklichen Widerruf gegenüber der Schuldnerin oder Offenlegung der Sicherungsabtretung gegenüber den Drittschuldnern an sich zu ziehen, genehmigte sie vorausgegangene Einziehungen und stimmte der Fortsetzung dieser Übung zu.
- 15
- 2. Die Schuldnerin nahm die Zahlungen an die Beklagte mit dem Vorsatz vor, ihre Gläubiger zu benachteiligen (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz getroffenen gegenteiligen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, ZIP 2013, 2318 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 18). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand.
- 16
- a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Ein solcher Vorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge, sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines erstrebten anderen Vorteils, erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß er, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14 mwN; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 15; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 14; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 17). So liegt der Fall auch hier.
- 17
- aa) Das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht verweist, hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Schuldnerin ab Mitte des Jahres 2006 zahlungsunfähig war und die Zahlungsunfähigkeit bis zur Insolvenzeröffnung fortbestand.
- 18
- (1) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Insolvenzanfechtungsrecht nach § 17 InsO (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, wobei die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (BGH, Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 8). Dem werden die Darlegungen des klagenden Verwalters zu den stichtagsbezogenen Unterdeckungen zwar nicht gerecht, weil sie keine Angaben zu kurzfristig verfügbaren Mittel enthalten. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 20 mwN). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zah- lungspflichten zu erfüllen. Sie kann auch, wie hier, aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender Beweisanzeichen gefolgert werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12 f; vom 6. Dezember 2012 aaO; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 10; jeweils mwN).
- 19
- (2) Spätestens ab Mitte des Jahres 2006 schob die Schuldnerin infolge der ständig verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich her und operierte demzufolge ersichtlich am finanziellen Abgrund (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 16; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 21). Den Hauptlieferanten der Schuldnerin war von dieser ermöglicht worden, ihre fälligen Forderungen im Abbuchungsauftrags- oder Einziehungsermächtigungsverfahren einzuziehen. Hierbei kam es jedoch zu Rücklastschriften in erheblichem Umfang (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10) und zwar zwischen dem 3. Juli 2006 und dem 31. Dezember 2006 in einer Gesamthöhe von 886.000 € und zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 11. April 2007 in Höhe von weiteren 987.000 €. Die Schuldnerin widerrief Lastschriften, die vom Überziehungskredit des Geschäftskontos nicht gedeckt waren, und glich in arbeitstäglicher Abstimmung mit der kontoführenden Bank nach dem Eingang von Erlösen aus Warenverkäufen bei den betroffenen Gläubigern ausgewählte Forderungen durch erneute Vorlage der Lastschriftermächtigung oder durch Scheckzahlung wieder aus. Ihre betriebswirtschaftliche Unterdeckung vergrößerte sich von 289.653,57 € zum 30. Juni 2006 auf 585.820,55 € bis zum 31. Dezember 2006. Auch ließ sie erhebliche Beitragsrückstände gegenüber den Sozialversicherungsträgern auflaufen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457 Rn. 6; vom 11. April 2013 - IX ZB 256/11, ZIP 2013, 1086 Rn. 10) und zwar ab April 2006 der A. gegenüber in Höhe von 87.173,59 €. Weitere Beweisan- zeichen sind die ab dem 31. August 2006 aufgelaufenen und bis zur Insolvenzeröffnung am 1. Juni 2007 nicht mehr ausgeglichenen Lohnforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 Rn. 20; vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, ZIP 2009, 2306 Rn. 13) und die gegenüber Hauptlieferanten entstandenen mehrmonatigen Zahlungsrückstände (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 17 Rn. 33). Dafür, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen und damit die eingetretene Zahlungseinstellung beseitigt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 109; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 24 mwN), besteht kein Anhalt.
- 20
- bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Feststellung, dass die Zahlungsunfähigkeit dem schuldnerischen Geschäftsführer infolge der ihm geläufigen Indizien bekannt war.
- 21
- b) Die damit für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bestehende Vermutung kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung entkräftet werden, die Zahlungen an die Beklagte seien kongruente Leistungen, die Zug um Zug gegen eine zur Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht worden seien, die den Gläubigern im Allgemeinen nutze.
- 22
- aa) Die genannten Grundsätze gelten grundsätzlich auch bei Anfechtung kongruenter Deckungen, wenn der Schuldner nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig oder drohend zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 15; vom 25. April 2013 - IX ZR 235/12, ZInsO 2013, 1077 Rn. 25). In Fällen kongruenter Leistungen hat der Senat allerdings anerkannt, dass der Schuldner trotz der vorgenannten Vermutungsregel ausnahmsweise nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt, wenn er diese Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3; Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 24; vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, ZIP 2014, 1595 Rn. 29). Der subjektive Tatbestand kann hiernach entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der potentiell anfechtbaren Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - IX ZR 240/13, aaO mwN; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 28). Dem liegt zugrunde, dass dem Schuldner in diesem Fall infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eingetretene mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, aaO; Kayser, NJW 2014, 422, 427; Fischer, NZI 2008, 588, 594).
- 23
- bb) Die Voraussetzungen für das gegenläufige Indiz einer berücksichtigungsfähigen bargeschäftsähnlichen Lage liegen jedoch nicht vor.
- 24
- (1) Mit Blick auf den in Nr. XIII Abs. 4 der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen vorgesehenen verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt in Form des sogenannten Kontokorrentvorbehalts fehlt es für die Annahme einer bargeschäftsähnlichen Lage an dem für das Bargeschäft erforderlichen unmittelbaren Austausch zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. BT-Drucks.
- 25
- (2) Selbst wenn eine bargeschäftsähnliche Situation in dem genannten Sinne vorliegt, wird sich der Schuldner der eintretenden mittelbaren Gläubigerbenachteiligung jedoch gleichwohl bewusst werden, wenn er weiß, dass er trotz Belieferung zu marktgerechten Preisen fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb bei der Fortführung seines Geschäfts mittels der durch bargeschäftsähnliche Handlungen erworbenen Gegenstände weitere Verluste anhäuft, die die Befriedigungsaussichten der Gläubiger weiter mindern, ohne dass auf längere Sicht Aussicht auf Ausgleich besteht. Deshalb konnte auch die Schuldnerin nicht davon ausgehen, dass der durch die angefochtenen Zahlungen ermöglichte weitere Bezug der Zutaten den Gläubigern auch nur im Allgemeinen genutzt hätte. Die Fortführung der Produktion war hier für die Gläubiger ohne Nutzen, weil die Schuldnerin nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers unwirtschaftlich arbeitete und damit die Zahlungsrückstände ständig erhöhte. Die betriebswirtschaftliche Unterdeckung der Schuldnerin vergrößerte sich von Mitte bis zum Ende des Jahres 2006 von 289.653,57 € auf 585.820,55 €. Angesichts ihrer Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit fehlte der Schuldnerin die berechtigte Erwartung, durch die Fortsetzung der Produktion die eigene Insolvenz noch abwenden oder einen anderen Nutzen für ihre Gläubiger erzielen zu können.
III.
- 27
- 1. Durch die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte sind die Gläubiger im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO objektiv benachteiligt worden. Deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne diese Rechtshandlungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet. Durch die angefochtenen Zahlungen auf die Lieferforderungen der Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der anderen Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 12 mwN; vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 9).
- 28
- 2. Die Beklagte hatte zumindest gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Nach dieser Vorschrift wird die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners widerleglich vermutet , wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte, wobei es für die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausreicht, wenn der Gläubiger Umstände kennt, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuten (BGH, Urteil vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189 Rn. 10; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, ZIP 2014, 1887 Rn. 26; jeweils mwN).
- 29
- a) Hiernach ist eine entsprechende Kenntnis bereits nach dem unstreitigen Vorbringen zu vermuten. Sie ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem Anfechtungsgegner, wie hier, über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 24; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 Rn. 10). Mit solchen musste die Beklagte schon angesichts der gewerblichen Tätigkeit der Schuldnerin rechnen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO Rn. 14; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZIP 2012, 2355 Rn. 30). Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis der Beklagten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ist der Umstand, dass ihre Lastschriften zurückgegeben wurden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZIP 2013, 228 Rn. 44). Es ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, ob die Rückgabe aufgrund fehlender Kontodeckung oder aufgrund nicht näher begründeten Widerspruchs der Schuldnerin erfolgte, zumal die Beklagte eingeräumt hat, Kenntnis von den Liquiditätsproblemen der Schuldnerin und dem Wunsch nach längeren Zahlungsfristen gehabt zu haben.
- 30
- b) Die Einwände der Beklagten gegen die aus den vorgenannten Beweisanzeichen abzuleitenden Vermutungswirkung sind demgegenüber unerheblich.
- 31
- aa) Die Beklagte kann sich nicht damit entlasten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe immer wieder versichert und dies auch plausibel dargestellt, er werde durch den Verkauf der Filialen und deren Umstellung auf Franchising die seit dem Jahr 2005 aufgelaufenen Verbindlichkeiten erfüllen können. Ist der Schuldner bereits zahlungsunfähig, handelt er zwar ohne Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung seiner Krise rechnen kann; droht ihm die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 8; vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 15). Entsprechendes gilt für die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 9). Solche Umstände, etwa ein in Kürze bevorstehender Verkauf von kostenträchtigen Filialen, hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend dargelegt. Ihr Vortrag beschränkt sich auf die Wiedergabe einer entsprechenden Hoffnung, ohne deren Stichhaltigkeit zu begründen.
- 32
- bb) Die Beklagte kann die Vermutungswirkung auch nicht damit entkräften , Nr. XIII der von ihr verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sehe einen umfassenden Eigentumsvorbehalt vor, der eine Gläubigerbenachteiligung ausschließe. Gleiches gilt für den Hinweis, die Schuldnerin habe ihre Zahlungen im Rahmen einer bargeschäftsähnlichen Lage erbracht. Der Beklagten waren alle tatsächlichen Umstände bekannt, welche eine umfassende Sicherung ihrer Ansprüche ausschließen. Mit Blick auf den von ihr geforderten Kontokorrentvorbehalt war ihr auch bekannt, dass die Schuldnerin für ihre Zahlungen keine gleichwertigen Gegenleistungen erhielt.
IV.
- 33
- Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und der Klage unter Abänderung auch des erstinstanzlichen Urteils bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgeben. Der Hauptanspruch folgt in Höhe der Klageforderung aus § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Der Zinsausspruch beruht auf § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der weitergehende Antrag, gerichtet auf einen bereits mit Vornahme der angefochtenen Handlung einsetzenden Zinsbeginn, ist demgegenüber unbegründet, weil der Masse für den Zeitraum vor Insolvenzeröffnung kei- ne Prozesszinsen zustehen (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 19 f; vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11, ZIP 2012, 1299 Rn. 6).
Pape Möhring
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 27.09.2011 - 4 O 38/11 (1) -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 04.07.2012 - 12 U 2181/11 -
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.