Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 20. Feb. 2014 - I-12 U 91/13

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2014:0220.I12U91.13.00
bei uns veröffentlicht am20.02.2014

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 25.06.2013 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 20. Feb. 2014 - I-12 U 91/13

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 20. Feb. 2014 - I-12 U 91/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht
Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 20. Feb. 2014 - I-12 U 91/13 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 546 Begriff der Rechtsverletzung


Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

Insolvenzordnung - InsO | § 133 Vorsätzliche Benachteiligung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

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Referenzen

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 52/10
Verkündet am:
21. Februar 2013
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
InsO § 133 Abs. 1; BGB § 826 Gg; GmbHG aF §§ 32a, 32b, 30f analog
Zu den anfechtungs- und gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen des Insolvenzverwalters
einer schuldnerischen Gesellschaft aus dem Verkauf ihrer Vermögensgegenstände
an eine, dem Gesellschafter gleichgestellte Person.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10 - OLG Jena
LG Gera
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Februar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 17. Februar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) Ansprüche unter den rechtlichen Gesichtspunkten der Insolvenzanfechtung, des existenzvernichtenden Eingriffs sowie des Verstoßes gegen eigenkapitalersatzrechtliche Bindung geltend. Die Schuldnerin befasste sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Replikationsanlagen zur Herstellung optischer Datenträger. Einen Bestandteil dieser Anlagen bildete jeweils eine Spritzgussmaschine, welche die Schuldnerin von einem japanischen Hersteller zukaufte. Die Beklagte zu 1 ist eine Beteiligungsgesellschaft. Sie gehörte seit dem Jahr 1997 zur Un- ternehmensgruppe der Beklagten zu 2, welche eine Mehrheit von 96,81 v.H. der Aktien der Beklagten zu 1 erworben hatte. Die Beklagte zu 1 erwarb ihrerseits ab Juli 1998 Anteile an der Schuldnerin. Ab Mai 1999 hielt sie Geschäftsanteile an der Schuldnerin im Nennbetrag von 411.500 DM bei einem Stammkapital in Höhe von 500.000 DM.
2
Am 13. Juli 1999 vereinbarte die Beklagte zu 2 mit der Schuldnerin deren Übernahme in ihr Cash-Management. Ausweislich der auf unbestimmte Zeit geschlossenen und binnen Wochenfrist kündbaren Vereinbarung wurde das Bankkonto der Schuldnerin zu Gunsten oder zu Lasten des Kontos der Beklagten zu 2 täglich durch einen automatischen Kontoübertrag auf Null gestellt. Die Umsätze wurden bei der Beklagten zu 2 als täglich fälliges Guthaben beziehungsweise Darlehen der Schuldnerin verwaltet.
3
Am 23. Februar und am 30. März 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenüber der Schuldnerin auf Forderungen aus dem Cash-Management in Höhe von 3.000.000 DM und 3.500.000 DM. Mit Wirkung zum 1. April 2000 trat die Beklagte zu 1, die am 27. April 2000 Alleingesellschafterin der Schuldnerin wurde, an Stelle der Beklagten zu 2 in das Cash-Management-Verhältnis ein. Unter dem 22. Juni/ 5. Juli 2000 bezifferten die Beklagte zu 1 und die Schuldnerin in einer Rangrücktrittsvereinbarung die Forderungen der Beklagten zu 1 gegen die Schuldnerin aus dem Cash-Management mit 35.786.000 DM. Übereinstimmend stellten sie die Überschuldung der Schuldnerin fest und vereinbarten, dass die Beklagte zu 1 aus dem vorgenannten Betrag mit einer Forderung von 10.000.000 DM unwiderruflich hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger solange und soweit zurücktritt, als die Schuldnerin überschuldet ist. Am 31. Juli 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenüber der Schuldnerin auf einen weiteren Teil-Rückzahlungsanspruch aus dem CashManagement in Höhe von 6.255.000 DM.
4
Am 1. Oktober 2000 gründete die Beklagte zu 1 als deren Alleingesellschafterin die Beklagte zu 3. Am 15. November 2000 verzichtete sie gegenüber der Schuldnerin auf eine weitere Forderung aus dem Cash-Management in Höhe von 4.000.000 DM. Durch Kaufvertrag vom 16. November 2000 übernahm die Beklagte zu 3 von der Schuldnerin alle Aktiva und Passiva, welche sich auf die Spritzgussmaschinen bezogen. Als Gegenleistung hatte die Beklagte zu 3 an die Schuldnerin einen Betrag in Höhe von 9.567.600,72 DM (4.891.836,57 €) dadurch zu erbringen, dass sie betragsgleich Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten zu 1 mit befreiender Wirkung übernahm. Die Beklagte zu 1 stimmte dieser Vereinbarung zu.
5
Bis zum 9. Oktober 2001 erweiterte die Beklagte zu 1 den Rangrücktritt vom 22. Juni/5. Juli 2000 auf insgesamt 30.000.000 DM. Am 28. Mai 2002 veräußerte sie 24,9 v.H. ihrer Geschäftsanteile an der Schuldnerin. Durch Vereinbarung vom 12. Juni 2002 legte sie gemeinsam mit der Schuldnerin deren Verbindlichkeiten ihr gegenüber auf 1.270.000 € zuzüglich Zinsen fest und verzichtete auf darüber hinausgehende Ansprüche. Unter Aufhebung der bestehenden Rangrücktritte vereinbarte sie mit der Schuldnerin, dass sie mit der genannten Forderung hinter sämtliche Forderungen derzeitiger und künftiger Gläubiger solange und soweit zurücktrete, wie die Schuldnerin bilanziell überschuldet sei. Auf Antrag der Schuldnerin vom 12. Februar 2004 wurde am 1. Mai 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

6
Der Kläger verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung des in dem Kaufvertrag vom 16. November 2000 vereinbarten Betrags von 4.891.836,57 € nebst Zinsen zur Insolvenzmasse. Die Klage hat in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO mit der Begründung verneint, die Schuldnerin habe bei Abschluss des Vertrages vom 16. November 2000 und damit auch bei der darin enthaltenen Verrechnungsabrede nicht den Vorsatz gehabt, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Der Benachteiligungsvorsatz könne nicht vermutet werden, weil die Schuldnerin nach dem erstinstanzlichen Beweisergebnis zwar ihre drohende Zahlungsunfähigkeit gekannt habe, aber aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise habe rechnen können und auch gerechnet habe. Denn es sei ein schlüssiges Sanierungskonzept erstellt und durch den Kaufvertrag vom 16. November 2000 umgesetzt worden. Dabei sei die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin zwar von einer Fortsetzung der finanziellen Unterstützung durch die Beklagte zu 1 und insbesondere einer weiteren Einbe- ziehung in das Cash-Management abhängig gewesen. Die Schuldnerin habe mit einer Fortsetzung der finanziellen Unterstützung der Beklagten zu 1 jedoch sicher rechnen dürfen, nachdem diese bereits auf Forderungen verzichtet und Rangrücktritte erklärt habe. Soweit die Schuldnerin der Beklagten zu 1 in der Krise eine inkongruente Deckung gewährt habe, könne wegen der Einbindung in einen ernsthaften, wenn auch letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuch hieraus nicht auf einen Vorsatz geschlossen werden, die Gläubiger zu benachteiligen. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheide ebenfalls aus. Die Beklagten zu 1 und 3 hätten der Schuldnerin nicht planmäßig den Gläubigern haftendes Vermögen entzogen, sondern eine finanzielle Entlastung der Schuldnerin erstrebt. Dies folge aus den durch die Beklagte zu 1 erklärten Rangrücktritten und Forderungsverzichten sowie dem unter Beteiligung der Beklagten zu 1 und 3 erstellten Sanierungskonzept. Ansprüche aus § 31 GmbHG aF beziehungsweise analog § 31 GmbHG aF seien verjährt, weil aus den vorgenannten Gründen eine bösliche Handlungsweise im Sinne des § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG aF nicht festzustellen sei.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
10
1. Ein Rückgewähranspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden, aufgrund des im Kaufvertrag vom 16. November 2000 umgesetzten Sanierungskonzeptes könne eine vorsätzliche Benachteiligung der Gläubiger ausgeschlossen werden. Ein möglicher Anspruch wegen Insolvenzanfechtung ist jedoch verjährt.
11
a) Sowohl der Gesichtspunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch derjenige der Inkongruenz können ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273; vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00, WM 2004, 1037, 1039; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, WM 2009, 117 Rn. 52; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17; vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11 und 18; vgl. auch Gehrlein, WM 2011, 577, 578 ff). Denn in diesem Fall ist die Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet, und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger tritt infolgedessen in den Hintergrund (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 11). Voraussetzung ist, dass zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegt, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO; vom 8. Dezember 2011, aaO; jeweils mwN).
12
Ein solches schlüssiges Sanierungskonzept, das zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung begründete Aussicht auf Erfolg bot, hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.
13
Die Feststellungen lassen kein geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin erkennen. Es ist nicht erkennbar, ob die Ausgliederung des Geschäfts mit den Spritzgussmaschinen auf die Beklagte zu 3 geeignet war, die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin dauerhaft zu stabilisieren, oder ob lediglich eine entsprechende Hoffnung bestand. Darüber hinaus ging die Schuldnerin selbst trotz Umsetzung des Sanierungskonzepts von einem fortdauernden Finanzbedarf aus. Die bloße Aussicht, der jeweilige Finanzbedarf werde von der Beklagten zu 1 im Rahmen des Cash-Managements gedeckt, rechtfertigte schon deshalb nicht die Annahme, die drohende Zahlungsunfähigkeit abwenden und alle Gläubiger befriedigen zu können, weil die dem Cash-Management zugrunde liegende Vereinbarung binnen Wochenfrist kündbar war.
14
b) Ein Rückgewähranspruch wegen Vorsatzanfechtung ist allerdings verjährt. Alle Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.
15
aa) Die Verjährung richtet sich im Streitfall nach der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung des § 146 Abs. 1 InsO. Danach verjährt der Anfechtungsanspruch in zwei Jahren seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Neufassung dieser Vorschrift durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3214) wirkt sich nach den maßgeblichen Übergangsvorschriften nicht aus, weil die Verjährungsfrist des neuen Rechts länger ist als diejenige des alten Rechts (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2, Art. 229 § 6 Abs. 1 und 3 EGBGB). Die Verjährungsfrist von zwei Jahren wurde durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2004 in Gang gesetzt. Sie wurde durch die Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags für eine auf Zahlung von 6.891.836,57 € gerichtete und ausdrücklich auch auf eine Vorsatzanfechtung gestützte Klage, dessen Bekanntgabe vom Gericht demnächst veranlasst wurde, am 28. April 2006 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB). Die Hemmung endete am 9. August 2007, sechs Monate nach Zustellung des Beschlusses des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23. Januar 2007 an den Kläger, durch den dessen sofortige Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung des Landgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen wurde (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB). Verjährung trat sonach mit Ablauf des 13. August 2007 ein (§ 209 BGB).
16
bb) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs wurde nicht vor ihrem Eintritt durch die Einreichung der Klage am 6. August 2007 erneut gehemmt.
17
Der Umfang der durch Erhebung einer Klage bewirkten Hemmung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) wird durch den Streitgegenstand der Klage bestimmt (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 93/04, NJW 2005, 2004, 2005 mwN; vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560 Rn. 15). Gegenstand des Rechtsstreits ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 f; vom 28. September 2006 - IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 Rn. 8; st. Rspr.).
18
Der Anspruch aus Insolvenzanfechtung gehörte danach nicht zum Streitgegenstand der am 6. August 2007 eingereichten Klage. Der Klageantragwar - anders als in dem Klageentwurf, der dem Antrag auf Prozesskostenhilfe beigefügt gewesen war - nun auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagten verpflichtet sind, „dem Kläger sämtliche durch die Insolvenz der Firma D. GmbH entstandenen Schäden unter Abzug einer etwaigen vor- handenen Insolvenzmasse, die zur Gläubigerbefriedigung erforderlich sind, zu ersetzen.“ Ferner sollte festgestellt werden, dass die Beklagten zum Ersatz der Kosten des Insolvenzverfahrens verpflichtet sind. Im Rubrum der Klage war der Gegenstand der Klage mit "Konzernhaftung/Existenzvernichtungshaftung, §§ 826 BGB" bezeichnet. Die Ausführungen zur Rechtslage befassten sich ausschließlich mit Ansprüchen nach § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB. Zwar war der vorgetragene Sachverhalt teilweise auch für die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO von Bedeutung. Der Anfechtungsanspruch ist aber auf Rückgewähr desjenigen gerichtet, was anfechtbar aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben und dadurch dem Zugriff der Gläubiger entzogen wurde. Die Verpflichtung zum Ersatz des mit der Klage geltend gemachten Insolvenzschadens kann nicht Rechtsfolge einer Insolvenzanfechtung sein. Mit der offenbar bewusst abweichend vom Prozesskostenhilfeantrag vorgenommenen Festlegung auf das gewählte Klageziel hat der Kläger deshalb die insolvenzrechtliche Anfechtung des Kaufvertrags vom 16. November 2000 aus dem Streitgegenstand seiner Klage ausgenommen. Sie wurde erst Gegenstand der Klage, als der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Mai 2008 den Hilfsantrag ankündigte, die Beklagten auf Zahlung des im Kaufvertrag vereinbarten Gegenwerts der Kaufgegenstände in Höhe von 4.891.836,57 € nebst Zinsen zu verurteilen, nachdem er zuvor erstmals mit seinem Schriftsatz vom 31. März 2008 die Klage auch auf eine Vorsatzanfechtung gestützt hatte. Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs konnte zu beiden Zeitpunkten nicht mehr gehemmt werden, weil sie bereits eingetreten war.
19
2. Auch die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht einen gegen die Beklagten gerichteten Anspruch auf Schadensersatz wegen existenzver- nichtenden Eingriffs ausgeschlossen hat, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
20
a) Die Haftung wegen Existenzvernichtung begründet einen originären Anspruch der GmbH gegen einen Gesellschafter, der seine Grundlage in § 826 BGB findet (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 - II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 Rn. 17 ff; vom 13. Dezember 2007 - IX ZR 116/06, WM 2008, 449 Rn. 10). Eine Existenzvernichtung liegt vor, wenn der Gesellschafter auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens keine angemessene Rücksicht nimmt, indem er der Gesellschaft durch offene oder verdeckte Entnahmen ohne angemessenen Ausgleich Vermögenswerte entzieht, die sie zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, und sie dadurch in die Insolvenz führt oder eine bereits bestehende Insolvenz vertieft (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 256/02, WM 2005, 332, 333 f; vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 18; vom 13. Dezember 2007, aaO; vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, WM 2012, 1034 Rn. 13). Der existenzvernichtende Eingriff ist sittenwidrig, weil die Gesellschaft dadurch um Vermögen gebracht wird, das sie zur vorrangigen Befriedigung ihrer Gläubiger benötigt (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 30; vom 13. Dezember 2007, aaO Rn. 10). Als Haftende kommen neben dem unmittelbaren Gesellschafter der GmbH auch mittelbare Gesellschafter (Gesellschafter-Gesellschafter, vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 44) sowie Mittäter, Anstifter und Gehilfen (§ 830 BGB; BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 46; vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, WM 2012, 1779 Rn. 14) in Betracht, im Streitfall somit grundsätzlich sämtliche Beklagte.
21
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagten haben der Schuldnerin nicht planvoll Vermögen entzogen, das Gegenteil sei der Fall, beruht auf einem Rechtsfehler. Sie unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdi- gung im Sinne des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwar nur der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dieses kann lediglich prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen ist und ob er den Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- oder Erfahrungsgesetze gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, WM 2012, 1034 Rn. 13; Hk-ZPO/Saenger, 5. Aufl., § 286 Rn. 37). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil aber nicht gerecht. Das Berufungsgericht verkennt die subjektiven Voraussetzungen der Haftung wegen Existenzvernichtung. Es stützt sich maßgeblich darauf, dass das Sanierungskonzept , an dem die Beklagten zu 1 und 3 beteiligt gewesen seien, nicht darauf gerichtet gewesen sei, der Schuldnerin Vermögen zu entziehen oder sie gar auszuplündern, sondern sie finanziell zu entlasten. Damit stellt das Berufungsgericht die von den Beklagten vermeintlich verfolgten Ziele in den Mittelpunkt. Eine besondere auf die Schädigung der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger gerichtete Absicht setzt die Haftung wegen Existenzvernichtung aber nicht voraus. Die Sittenwidrigkeit folgt bereits aus der Erfüllung der objektiven Voraussetzungen. In subjektiver Hinsicht genügt bedingter Vorsatz. Ein solcher liegt vor, wenn dem handelnden Gesellschafter bewusst ist, dass durch von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung veranlasste Maßnahmen das Gesellschaftsvermögen sittenwidrig geschädigt wird; dafür reicht es aus, dass ihm die Tatsachen bewusst sind, die den Eingriff sittenwidrig machen, während ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit nicht erforderlich ist. Eine derartige Sittenwidrigkeit betrifft nicht nur die Fälle, in denen die Vermögensentziehung geschieht, um den Zugriff der Gläubiger auf dieses Vermögen zu verhindern, sondern ist auch dann anzunehmen, wenn die faktische dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten die voraussehbare Folge des Eingriffs ist und der Gesellschafter diese Rechtsfolge in Erkenntnis ihres möglichen Eintritts billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 16. Juli 2007, aaO Rn. 30).

22
c) Ein Anspruch des Klägers wegen existenzvernichtenden Eingriffs kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen verneint werden.
23
aa) Die Übertragung von Vermögen der Schuldnerin auf eine von ihrem Alleingesellschafter beherrschte Schwestergesellschaft kann zur Haftung des Gesellschafters wegen Existenzvernichtung führen, wenn die Übertragung ohne angemessenen Wertausgleich erfolgt (BGH, Urteil vom 24. Juni 2002 - II ZR 300/00, BGHZ 151, 181, 187; vom 20. September 2004 - II ZR 302/02, ZIP 2004, 2138, 2140; vom 23. April 2012 - II ZR 252/10, ZIP 2012, 1071 Rn. 17 f). An einem solchen Wertausgleich kann es im Streitfall fehlen, falls die von der Beklagten zu 3 übernommenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten zu 1 Darlehen betrafen, die nach den damals geltenden Grundsätzen zum Eigenkapitalersatz rechtlich gebunden waren. Dann konnten sie von der Beklagten zu 1 nicht zurückgefordert werden und waren im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin nachrangig. Die Übernahme solcher Verbindlichkeiten durch die Beklagte zu 3 konnte aus der Sicht der Gläubiger der Schuldnerin den Verlust des übertragenen Vermögens nicht ausgleichen.
24
Ob die Darlehen der Beklagten zu 1 als Kapitalersatz gebunden waren, lässt sich mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Eine Qualifizierung als funktionales Eigenkapital kommt in Betracht, wenn die Schuldnerin bei der Gewährung der Darlehen und bis zum Vertragsschluss vom 16. November 2000 nicht nur bilanziell, sondern im insolvenzrechtlichenSinne überschuldet war. Rangrücktritte der Beklagten zu 1 sind bei dieser Beurteilung zu berücksichtigen, sofern sie die Voraussetzungen eines so genannten qualifi- zierten Rücktritts erfüllen; in diesem Fall sind die betroffenen Darlehensverbindlichkeiten nicht zu passivieren (BGH, Urteil vom 8. Januar 2001 - II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 271 f; vom 1. März 2010 - II ZR 13/09, ZIP 2010, 1078 Rn. 6).
25
bb) Von weiteren Feststellungen hängt auch ab, ob ein Anspruch wegen Existenzvernichtung zum Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) im Jahr 2006 bereits verjährt war. Weil sich der Anspruch auf § 826 BGB stützt, richtet sich die Verjährung nicht nach den Sondervorschriften des GmbH-Gesetzes, sondern nach den allgemeinen Regeln (BGH, Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 292/07, BGHZ 179, 344 Rn. 33; vom 24. Juli 2012 - II ZR 177/11, WM 2012, 1779 Rn. 14). Die Verjährung des Anspruchs kann sich unter Berücksichtigung der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB entweder aus § 852 BGB aF oder aus § 195, § 199 Abs. 1 BGB nF ergeben. Beide Normen knüpfen den Beginn der Verjährung an subjektive Voraussetzungen in der Person des Anspruchsinhabers. Da dieser im Streitfall eine GmbH ist, kommt es auf die Kenntnisse ihrer Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter an. Eine Zurechnung scheidet allerdings aus, soweit diese selbst als Schädiger anzusehen sind, weil sie am Abschluss der vertraglichen Vereinbarung vom 16. November 2000 als schädigender Handlung beteiligt waren (BGH, Urteil 12. Juni 1989 - II ZR 334/87, DB 1989, 1762, 1764; vom 9. Februar 2009, aaO Rn. 34). Zurechenbar sind hingegen Kenntnisse von gesetzlichen Vertretern, die an der schädigenden Handlung nicht beteiligt waren, gleichviel ob sie ihre Organstellung zu diesem Zeitpunkt bereits innehatten oder erst später erworben haben. Es kommt daher für die Bestimmung des Verjährungsbeginns darauf an, ob die Schuldnerin neben den beiden Geschäftsführern B. und R. , die den Kaufvertrag vom 16. November 2000 für die Schuldnerin unterzeichneten, damals noch weitere Geschäftsführer hatte, die an der Übertragung der Assets nicht beteiligt waren, oder ob sie zu einem späteren Zeitpunkt einen oder mehrere neue Geschäftsführer erhielt, welche über die vorausgesetzten Kenntnisse verfügten.
26
3. Ansprüche unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes hat das Berufungsgericht als verjährt erachtet, weil den Beklagten keine "bösliche Handlungsweise" zur Last falle. Die gegebene Begründung trägt diese Beurteilung jedoch nicht.
27
a) Anzuwenden ist das Eigenkapitalersatzrecht in Gestalt der Novellenregeln (§§ 32b, 32a Abs. 2, 3 GmbHG aF) und der Rechtsprechungsregeln (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF analog). Denn das Insolvenzverfahren ist am 1. Mai 2004 und damit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) am 1. November 2008 eröffnet worden (BGH, Urteil vom 26. Januar 2009 - II ZR 260/07, BGHZ 179, 249 Rn. 15 ff; vom 28. Februar 2012 - II ZR 115/11, WM 2012, 843 Rn. 14).
28
Nach § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG in der bis zum 14. Dezember 2004 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10, § 6 Abs. 3 EGBGB unterliegen die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche aus § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF im Grundsatz der fünfjährigen Verjährung ab Zahlung mit der Folge, dass Ansprüche bereits bei Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs im Jahr 2006 - dem frühesten in Betracht kommenden Hemmungstatbestand - verjährt waren. Bei böslicher Handlungsweise des Verpflichteten gilt hingegen eine Verjährungsfrist von zehn Jahren, beginnend mit Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet wurde (§ 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG nF iVm Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). In diesem Fall wäre ein Anspruch wegen einer im Jahr 2000 erbrachten Zahlung noch nicht verjährt, weil die Verjährung vor ihrem Eintritt im November 2010 gehemmt wurde, spätestens als der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 den Hilfsantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.891.836,57 € ankündigte und ihn (auch) mit einer Verletzung der kapitalersatzrechtlichen Bindung begründete (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
29
b) Eine bösliche Handlungsweise der Beklagten kann derzeit nicht ausgeschlossen werden. Es ist bereits nicht erkennbar, ob das Berufungsgericht den richtigen Prüfungsmaßstab angelegt hat. Eine bösliche Handlungsweise im Sinne von § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG aF liegt vor, wenn der Gesellschafter die Zahlung der Gesellschaft in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt. Dies setzt bei der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens voraus, dass der Gesellschafter die Tatsachen kennt, aus denen sich die Qualifizierung des Darlehens als funktionales Eigenkapital ergibt. Darüber hinaus muss er wissen, dass bereits eine Überschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder dass infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird (BGH, Urteil vom 23. Juni 1997 - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 131 mwN; vom 29. September 2008 - II ZR 234/07, WM 2008, 2215 Rn. 23). Das Berufungsgericht verweist demgegenüber lediglich auf die Begründung des Landgerichts, eine bösliche Handlungsweise falle den Beklagten im Hinblick auf die Ausführungen zu den subjektiven Merkmalen von Ansprüchen insbesondere aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO, § 826 BGB nicht zur Last. Diese subjektiven Merkmale unterscheiden sich von den Voraussetzungen einer böslichen Handlungsweise. Darüber hinaus sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Merkmalen der vorgenannten Ansprüche nicht ohne Rechtsfehler (vgl. oben II. 1. a und II. 2. b). Auch deshalb vermögen sie nicht die Auffassung zu tragen, eine böswillige Handlungsweise liege nicht vor.

III.


30
Die Sache ist nach dem festgestellten Sachverhältnis nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den Voraussetzungen der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (§ 826 BGB) und eines Verstoßes gegen die kapitalersatzrechtliche Bindung (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG aF direkt oder analog) keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Das Gleiche gilt für die Voraussetzungen der Verjährung dieser Ansprüche. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 29.05.2009 - 3 O 652/06 -
OLG Jena, Entscheidung vom 17.02.2010 - 6 U 555/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 156/09
Verkündet am:
8. Dezember 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Vereinbarung einer Zahlungsverpflichtung entfällt als kongruenzbegründender
Schuldgrund für die angefochtene Zahlung, wenn sie selbst der Insolvenzanfechtung
unterliegt.

b) Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung werden
durch den Einwand eines Sanierungsversuchs nicht entkräftet, wenn es an jeder
Darlegung zu den Inhalten und zu den Grundlagen des Sanierungskonzepts
fehlt.

c) Ein erfolgversprechender, den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners
ausschließender Sanierungsversuch kann auch dann vorliegen, wenn Regelungen
mit einzelnen Gläubigern dem Schuldner neue Liquidität verschaffen sollen, mittels
der er seine übrigen Gläubiger befriedigen kann.
BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. Juli 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Verwalterin in dem am 3. Januar 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der G. (fortan: Schuldnerin).
2
Die Schuldnerin befand sich Ende des Jahres 2003 in einer wirtschaftlichen Krise. Mit Hilfe eines Unternehmensberaters versuchte sie, bei ihren Gläubigerbanken einen teilweisen Forderungsverzicht zu erreichen. Die Beklagte hatte der Schuldnerin ein Darlehen in Höhe von 2,3 Mio. € gewährt. Am 23. März/15. April 2004 schloss die Schuldnerin mit der Beklagten einen Ver- gleichsvertrag. Darin verpflichtete sich die Schuldnerin, an die Beklagte 16 vom Hundert des Darlehens zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen, insgesamt 401.582,81 € zu zahlen. Für den Fall fristgerechter Zahlung verzichtete die Beklagte auf ihre weiteren Ansprüche aus dem Darlehensvertrag. Der Vergleich wurde unter den Vorbehalt gestellt, dass die Schuldnerin mit keiner anderen Gläubigerbank eine Vereinbarung schloss, nach der die Bank auf weniger als 84 vom Hundert ihrer Forderung verzichtete. Im Falle der Vereinbarung eines geringeren Verzichts sollte auch der Vergleich mit der Beklagten entsprechend angepasst und der Unterschiedsbetrag nachbezahlt werden. Am 20. April 2004 zahlte die Schuldnerin an die Beklagte den Vergleichsbetrag. Zu Vereinbarungen mit anderen Gläubigerbanken über einen teilweisen Forderungsverzicht kam es nicht mehr. Am 8. November 2004 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen.
3
Die auf Rückzahlung von 401.582,81 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat beim Landgericht Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg. Die Sache ist jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Tatsache, dass zwischen der Schuldnerin und anderen Gläubigerbanken keine Vereinbarungen über einen teilweisen Forderungsverzicht zustande gekommen seien, habe den Vergleich mit der Beklagten nicht hinfällig gemacht. Die diesbezügliche Regelung im Vergleichsvertrag sei keine Bedingung für dessen Zustandekommen, sondern allenfalls für eine mögliche Nachforderung der Beklagten. Die Zahlung an die Beklagte unterliege auch nicht der Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO. Die Klägerin habe nicht beweisen können, dass die Schuldnerin den Vorsatz gehabt habe , andere Gläubiger zu benachteiligen. Die Zahlung sei kongruent gewesen, weil sie auf dem Vergleichsvertrag beruht habe. Gegen einen Benachteiligungsvorsatz sprächen verschiedene Umstände. Nach den erfolgreichen Verhandlungen mit der Beklagten habe die Schuldnerin erwarten dürfen, dass die Gespräche mit den anderen Banken zu ähnlichen Vereinbarungen führten. Dass eine der anderen Banken die Zahlung an die Beklagte ausgeführt habe, habe gezeigt, dass auch diese Bank von einer Erfolgsaussicht der Sanierungsbemühungen ausgegangen sei. Eine weitere Bank habe den Erfolg der angestrebten Sanierung erst im August 2004 in Frage gestellt. Jedenfalls könne unter diesen Umständen nicht von einer Kenntnis der Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin ausgegangen werden.

II.


6
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten Stand.
7
1. Mit Recht verneint das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch der Klägerin wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB). Der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten geschlossene Vergleich als Rechtsgrund der geleisteten Zahlung war in seinem Bestand nicht vom Abschluss entsprechender Vereinbarungen mit anderen Gläubigerbanken abhängig. Dies wird von der Revision nicht in Frage gestellt. Rechtsfehler des Berufungsgerichts sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
8
2. Ein Rückgewähranspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO kann hingegen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht ausgeschlossen werden.
9
a) Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass der Schuldner mit dem Vorsatz handelte, seine Gläubiger zu benachteiligen. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal kann regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden.
10
aa) Ein erhebliches Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist nach der Rechtsprechung des Senats gegeben , wenn der Gläubiger eine Befriedigung erhält, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, mithin eine inkongruente Befriedigung (etwa BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17 mwN). Im Streitfall hatte die Beklagte aufgrund des Vergleichsvertrags zwar einen Anspruch auf die geleistete Zahlung. Die im Vergleich von der Schuldnerin eingegangene Zahlungsverpflichtung war jedoch ihrerseits inkongruent, weil die Beklagte aus dem ungekündigten Darlehen keine Zahlung verlangen konnte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann dieser Umstand dazu führen , dass auch die Zahlung aufgrund des Vergleichs inkongruent war. Denn die Vergleichsvereinbarung entfällt als kongruenzbegründender Schuldgrund für die geleistete Zahlung, wenn sie ihrerseits anfechtbar ist (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 325; vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 39; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 131 Rn. 37; FK-InsO/Dauernheim, 6. Aufl., § 131 Rn. 4; HmbKommInsO /Rogge, 3. Aufl., § 131 Rn. 3).
11
bb) Die Indizwirkung der Inkongruenz für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann allerdings durch die Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen sein, wenn diese ergeben, dass die angefochtene Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Gewährung einer inkongruenten Befriedigung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist (BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 236/91, WM 1993, 270, 273; vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00, ZIP 2004, 957, 959; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 183/06, ZIP 2009, 91 Rn. 52; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 17). Die bloße Hoffnung des Schuldners auf eine Sanierung räumt jedoch seinen Benachteiligungsvorsatz nicht aus, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen sind. Es muss vielmehr zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 26. März 1984 - II ZR 171/83, ZIP 1984, 572, 580; vom 12. November 1992, aaO; vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248, 251; vom 16. Oktober 2008, aaO).

12
cc) Ein solches schlüssiges Sanierungskonzept, das zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung begründete Aussicht auf Erfolg bot, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
13
Entgegen der Ansicht der Revision setzt ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept zwar nicht in jedem Fall eine Einbeziehung sämtlicher Gläubiger voraus. Ein Sanierungsversuch kann auch aussichtsreich sein, wenn sich die beabsichtigten Maßnahmen nur auf einen Teil der Gläubiger erstrecken, etwa wenn - wie hier - umfangreiche Forderungsverzichte der hauptsächlichen Kreditgeber dem Schuldner neue Liquidität verschaffen sollen, mittels der er in die Lage versetzt wird, seine übrigen Gläubiger vollständig zu befriedigen.
14
Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich aber schon nicht der wesentliche Inhalt des Sanierungskonzepts entnehmen. Es ist nicht ersichtlich, dass ein in sich geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin entwickelt wurde. Es bleibt offen, welche weiteren Vereinbarungen - neben dem Vergleich mit der Beklagten - Bestandteil des Konzepts sein sollten. Es ist auch nicht erkennbar, auf welchen tatsächlichen Grundlagen das Sanierungskonzept beruhte und was bei einer unvoreingenommenen , fachkundigen Prüfung der Lage der Schuldnerin die Annahme rechtfertigte, dass bei einer Realisierung des Konzepts die übrigen Gläubiger vollständig befriedigt werden konnten.
15
Des Weiteren lassen die bisherigen Feststellungen nicht den Schluss zu, dass die Schuldnerin noch mit einer erfolgreichen Durchführung des Konzepts rechnen konnte, als sie mit der Beklagten den in Rede stehenden Vergleichsvertrag schloss und die darin vereinbarte Zahlung leistete. Weder der Umstand, dass mit der Beklagten die erstrebte Einigung gelungen war, noch die Tatsache , dass die S. als eine der weiteren am Sanierungskonzept beteiligten Banken bereit war, die Zahlung an die Beklagte auszuführen, begründete die Erwartung, dass auch die vorgesehenen Vereinbarungen mit den übrigen Banken zustande kommen würden und erfüllt werden konnten. Gegen die Realisierbarkeit des Sanierungskonzepts sprach insbesondere, dass die Verhandlungen mit der B. von der Schuldnerin selbst als gescheitert betrachtet wurden. Jene Bank hatte mehrere der Schuldnerin gewährte Darlehen in Höhe von insgesamt mehr als 1 Mio. € bereits im Februar 2004 gekündigt und fällig gestellt. Nach einer zwischenzeitlich mit Blick auf die laufenden Verhandlungen gewährten Stundung hatte sie die Schuldnerin mit Schreiben vom 13. April 2004 zur Zahlung bis zum 23. April 2004 aufgefordert. Daraufhin hatte die Schuldnerin mit Schreiben vom 20. April 2004 an die S. mitgeteilt, die bisher dort für eine Vergleichszahlung an die B. separierten Mittel in Höhe von 230.000 € könnten nun auf das Geschäftskonto der Schuldnerin übertragen werden, von dem sodann die Zahlung an die Beklagte veranlasst wurde.
16
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es könne unter diesen Umständen jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt habe, beruht auf den gleichen Erwägungen, die das Berufungsgericht auch zum Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin angestellt hat. Dies ist im Ansatz nicht zu beanstanden, weil die Kenntnis des Anfechtungsgegners spiegelbildlich zum Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu beurteilen ist (BGH, Urteil vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248, 253; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 21; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 133 Rn. 25). Wegen der dargestellten Rechtsfehler tragen die Erwägungen des Berufungsgerichts aber die Beurteilung zur Kenntnis der Beklagten so wenig wie diejenige zum Vorsatz der Schuldnerin.

III.


17
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil die bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine abschließende Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nicht erlauben (§ 563 Abs. 3 ZPO).
18
Das Berufungsgericht wird bei seiner neuen Beurteilung insbesondere zu prüfen haben, ob die angefochtene Zahlung inkongruent war, weil bereits der die Zahlungspflicht begründende Vergleich anfechtbar war. Neben einer Inkongruenz der Zahlung kommt als weiteres Beweisanzeichen für einen Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen, eine zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung bestehende, der Schuldnerin bekannte Zahlungsunfähigkeit in Betracht. Sofern eines oder mehrere Beweisanzeichen festgestellt werden können, ist zu prüfen, ob die Zahlung im Rahmen eines den oben dargelegten Anforderungen genügenden Sanierungsversuchs erfolgte, wodurch sowohl der Gesichtspunkt der Inkongruenz als auch derjenige der erkannten Zahlungsunfähigkeit ihre Bedeutung als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners verlieren können. Kann danach ein Vorsatz des Schuldners , seine Gläubiger zu benachteiligen, festgestellt werden, ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte hiervon Kenntnis hatte, auch die gesetzliche Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu berücksichtigen. In jedem Fall ist über das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu befinden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.12.2008 - 318 O 266/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.07.2009 - 9 U 26/09 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 176/08
vom
10. Februar 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann
und den Richter Dr. Fischer
am 10. Februar 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg vom 4. September 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 37.579,95 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und zulässig, hat aber keinen Erfolg, weil sie keinen Zulassungsgrund aufzeigt. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
2
Beklagte Der hat zwar bestritten, von dem Sanierungsversuch der Schuldnerin Kenntnis gehabt zu haben. Das Berufungsgericht nimmt aber - wie schon bei den Voraussetzungen zu der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - auch insoweit lediglich eine Prüfung der Schlüssigkeit des als wahr unterstellten Vortrags des Klägers vor und verneint diese. Dadurch wird das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Das Berufungsgericht hat gesehen, dass nicht mit allen Gläubigern Vergleiche abgeschlossen wurden. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt auch sonst nicht vor.
3
An die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO sind hinsichtlich der Voraussetzungen eines ernsthaften Sanierungsversuchs nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie für die Schuldnerin oder deren Geschäftsführer gelten. Dies scheidet schon deshalb aus, weil der Anfechtungsgegner nicht über dieselben Informationen verfügt. Es müssen lediglich konkrete Umstände dargelegt werden, die es nahe liegend erscheinen lassen, dass ihm der (hier: unterstellte) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 9).
4
Die Frage, ob zumindest 90 v.H. aller Gläubiger einen ernsthaften Sanierungsversuch mit gleichen Risiken tragen müssen, damit die Vermutungsregelung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO entkräftet werden kann, ist nicht allgemein klärbar. Eine notwendige Zustimmung aller Gläubiger kommt wegen praktischer Unerreichbarkeit keinesfalls in Betracht. Die für einen ernsthaften Sanierungsversuch erforderliche Quote hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
5
Im Vergleichswege ausgehandelte unterschiedliche Befriedigungsquoten der Gläubiger hindern ein ernsthaftes Sanierungskonzept nicht, weil die Berücksichtigung verkehrswertbestimmender Faktoren ihrer Forderungen bei der Festlegung der Vergleichsquote zulässig sein muss und den Gläubigern der Abschluss des Vergleichs frei steht.

6
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
LG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 15.10.2007 - 1 O 118/06 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 04.09.2008 - 4 U 181/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 97/06
Verkündet am:
24. Mai 2007
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO muss der Anfechtungsgegner
konkrete Umstände darlegen und beweisen, die es naheliegend erscheinen
lassen, dass ihm der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners
nicht bekannt war.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. April 2006 und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 6. Juli 2005 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 191.419,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Oktober 2003 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese - ein Unternehmen mit etwa 70 bis 80 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz von mehr als 5 Mio. Euro, das überwiegend für öffentliche Auftraggeber arbeitete - geriet ab März 2002 mit der Abführung von Lohn- und Umsatzsteuern in Rückstand. Am 17. Mai 2002 stundete das zuständige Finanzamt des beklagten Landes die Rückstände von zu diesem Zeitpunkt 117.251,91 Euro. Die vereinbarten Raten wurden nicht entrichtet. Im Juli 2002 betrugen die Rückstände 165.276,70 Euro, Mitte August 2002 327.157,70 Euro. Mit Schreiben vom 19. August 2002 lehnte das Finanzamt eine erneute Stundung ab und erklärte, der Vorgang werde nunmehr der Vollstreckungsstelle übergeben. Mit Schreiben vom 2. September 2002 kündigte die Schuldnerin die Zahlung eines Betrages von 87.366 Euro sowie monatlicher Raten von 20.000 Euro ab September 2002 auf die Rückstände an. Zahlungen erfolgten am 20. September 2002 in Höhe von 107.366 Euro, am 20. November 2002 in Höhe von 19.749,08 Euro und am 17. Dezember 2002 in Höhe von 64.304,68 Euro. Im Dezember 2002 betrugen die Rückstände 472.789,37 Euro. Im Jahre 2003 stiegen die Rückstände auf 550.245,48 Euro im Januar und 613.070,19 Euro im Februar an. Ende März 2003 begann die Vollstreckungsstelle mit Vollstreckungsmaßnahmen und richtete ein Aufrechnungsersuchen bezüglich öffentlicher Baumaßnahmen an das Baureferat. Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 8. Mai 2003 wurde am 26. August 2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger Rückgewähr der drei Zahlungen von insgesamt 191.419,76 Euro nebst Zinsen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur antragsgemäßen Verurteilung des beklagten Landes.

I.


4
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes des § 133 Abs. 1 InsO für nicht erfüllt angesehen. Im Anschluss an die Entscheidungsgründe des Landgerichts hat es den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sowie die Kenntnis der für das beklagte Land handelnden Sachbearbeiterin von einer mindestens drohenden Zahlungsunfähigkeit und einer Benachteiligung anderer Gläubiger unterstellt. Dem beklagten Land sei jedoch der Gegenbeweis gelungen. Die Sachbearbeiterin sei davon ausgegangen , dass der "Liquiditätsengpass" vorübergehend sei und aufgrund der hohen Außenstände mit Sicherheit überwunden werden könne, so dass die Ansprüche anderer ungesicherter Gläubiger nicht gefährdet seien. Diese Überzeugung habe auf objektiv nachprüfbaren Umständen beruht, die den Schluss auf das Fehlen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes nachvollziehbar erscheinen ließen. Noch im Zeitpunkt der letzten angefochtenen Zahlung am 17. Dezember 2002 habe Steuerschulden von 472.789,37 Euro und Verbindlichkeiten bei Sozialversicherungsträgern von 280.518,46 Euro ein Forderungsbestand von 748.067,85 Euro gegenüber gestanden; im Zeitraum davor habe der Forderungsbestand die Steuerschulden und sonstigen Verbindlichkeiten überstiegen.

II.


5
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
Grundlage des Begehrens des Klägers ist § 143 Abs. 1 in Verbindung mit § 133 Abs. 1 InsO. Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Das Berufungsgericht hat - dem Landgericht folgend - angenommen , dass die für das Finanzamt des beklagten Landes handelnde Sachbearbeiterin die drohende Zahlungsunfähigkeit sowie die Benachteiligung der Gläubiger kannte. Dem Beklagten sei es jedoch gelungen, die daraus folgende Vermutung von der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO) zu widerlegen. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
1. Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Während die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO vom Insolvenzverwalter zu beweisen sind, obliegt dem Anfechtungsgegner dann, wenn der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben ist, der Gegenbeweis. Dieser hat sich auf die Vermutungsfolge zu beziehen, also die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung. Der Anfechtungsgegner muss darlegen und beweisen , dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners wusste.
8
2. Der Schuldner handelt dann mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (BGHZ 155, 72, 84; 162, 143, 153; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NZI 2006, 159, 161). Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder aber sich diese Folge als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen. Ist der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung bereits zahlungsunfähig, handelt er folglich nur dann nicht mit dem Vorsatz , die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände , die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann.
9
Entsprechende Anforderungen sind an die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu stellen. Entgegen der Ansicht der Revision treffen den Anfechtungsgegner insoweit zwar nicht die Sorgfaltspflichten, welche das Gesetz etwa dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auferlegt. Der Gesetzgeber des § 133 Abs. 1 InsO hat den Schutz des Rechtsverkehrs ebenso im Blick gehabt hat wie das Interesse an einer Masseanreicherung durch eine Verschärfung des Anfechtungsrechts. Die von der Revision für erforderlich gehaltenen Prüfungen könnte der Anfechtungsgegner außerdem schon deshalb nicht vornehmen, weil er nicht über die erforderlichen Informationen verfügt. Der Schuldner ist weder verpflichtet, ihm Auskünfte zu erteilen, noch muss er ihm eigene Prüfungen ermöglichen. Gleichwohl kann von demjenigen Gläubiger, der bereits die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die Benachteiligung der Gläubigergesamtheit kennt, verlangt werden, dass er konkrete Umstände darlegt und beweist, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war.
10
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die vom Beklagten vorgetragenen und als erwiesen festgestellten Umstände hätten aus der Sicht der Sachbearbeiterin im Zeitpunkt der Zahlungen den Schluss auf eine baldige Überwindung der Krise der Schuldnerin zugelassen, beruht auf einer unvollständigen Auswertung des Sachverhalts (§ 286 Abs. 1 ZPO).
11
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Vorliegen eines Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners vom Tatrichter aufgrund des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 ZPO zu entscheiden (BGHZ 131, 189, 195 f; BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NZI 2003, 597). Dabei sind die in der Rechtsprechung entwickelten Beweisanzeichen und Erfahrungssätze (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, WM 2006, 190, 192 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 133 Rn. 27 ff) zu berücksichtigen. Für die Kenntnis des Anfechtungsgegners gilt das ebenso.
12
b) Dass die feste Überzeugung der Sachbearbeiterin, die Schuldnerin werde "wieder auf die Füße kommen", zur Widerlegung der Vermutung des § 138 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht ausreicht, hat das Berufungsgericht selbst gesehen.
13
c) Das Berufungsgericht hat ergänzend darauf hingewiesen, die finanziellen Schwierigkeiten seien auch auf eine Erkrankung des Geschäftsführers der Schuldnerin zurückzuführen gewesen, welcher sich in der Vergangenheit stets als zuverlässig erwiesen und Zusagen eingehalten habe. Der Geschäftsführer der Schuldnerin mag aus den genannten Gründen zahlungswillig gewesen sein. Ob und wann die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit wieder erlangen würde, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.

14
d) Im Wesentlichen hat das Berufungsgericht auf die Forderungs- und Auftragsbestände verwiesen, welche der Geschäftsführer der Schuldnerin im Zeitraum 22. März 2002 bis 17. Dezember 2002 dem Finanzamt dargelegt habe. Die Forderungen hätten sich ganz überwiegend gegen öffentliche Auftraggeber gerichtet, seien also sicher gewesen, und hätten bis einschließlich Dezember 2002 die gesamten ungesicherten Verbindlichkeiten der Schuldnerin abgedeckt.
15
Grundsätzlich können hohe Forderungen gegen solvente Gläubiger ein taugliches Mittel zur Überwindung einer Krise darstellen. Voraussetzung ist jedoch , dass sie bestehen, fällig sind und mit baldiger Zahlung zu rechnen ist, so dass die Eingänge alsbald zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen. Im vorliegenden Fall hat sich die Sachbearbeiterin des beklagten Landes aber allein auf die nicht näher belegten Angaben des Geschäftsführers der Schuldnerin verlassen. Diese bezogen sich, wie die Zeugin ausgesagt hat, auf Rechnungen der Schuldnerin, die bis dahin nicht geprüft worden waren, deren Höhe also noch nicht feststand. Folglich war noch offen, wann und in welchem Umfang Zahlungen auf die behaupteten hohen Werklohnansprüche eingehen würden. Außerdem hatte der seit März 2002 behauptete Auftrags- und Forderungsbestand nichts an dem stetigen Anstieg der Rückstände geändert, was der Sachbearbeiterin ebenfalls bekannt war. Die Sachbearbeiterin wusste von den hohen laufenden Kosten sowie dem eingeschränkten Kreditrahmen der Schuldnerin. Ihrer eigenen Aussage nach achtete sie nur darauf, ob die Forderungen des Schuldners die Steuerschulden deckten , und bewilligte den Zahlungsaufschub insbesondere deshalb, weil gegebenenfalls die Möglichkeit bestand, mit Forderungen öffentlicher Auftraggeber aufzurechnen. Dass sie ein Scheitern der Schuldnerin nicht wenigstens für möglich hielt, ist in Anbetracht aller dieser Umstände auszuschließen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts bilden damit keine tragfähige rechtliche Grundlage für eine Widerlegung der gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO geltenden Vermutung.

III.


16
Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Schon nach dem unstreitigen Sachverhalt liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 143 Abs. 1 InsO, § 133 Abs. 1 InsO vor.
17
1. Die angefochtenen Zahlungen vom 20. September, 20. November und 17. Dezember 2002 stellten Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger führten.
18
2. Die Schuldnerin handelte mit Benachteiligungsvorsatz.
19
a) Benachteiligungsvorsatz hat, wer bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (BGHZ 155, 72, 84; 162, 143, 153). Gewährt der Schuldner dem Anfechtungsgegner - wie hier - eine kongruente Deckung, also nur das, worauf dieser Anspruch hatte, sind an den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes zwar erhöhte Anforderungen zu stellen. In einem solchen Fall will der Schuldner in der Regel nur seine Verbindlichkeiten begleichen (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003, aaO S. 598; HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 133 Rn. 14; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 133 Rn. 33). Nach ständi- ger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Schuldner die angefochtene Rechtshandlung jedoch dann mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen, wenn er zur Zeit ihrer Wirksamkeit (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153; 167, 190, 195; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005, aaO S. 193; krit. Bork, Handbuch des Anfechtungsrechts Kap. 5 Rn. 46, 48).
20
b) Die Schuldnerin war im Zeitpunkt der Zahlungen zahlungsunfähig.
21
aa) Zahlungsunfähig ist ein Schuldner, der nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen , wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 InsO).
22
Das bb) Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, hat zutreffend angenommen, dass die Schuldnerin bereits vor der ersten Zahlung am 20. September 2002, nämlich spätestens im August 2002, ihre Zahlungen eingestellt hatte, weil sie nicht in der Lage war, die fälligen Steuern in Höhe von insgesamt 327.233,65 Euro sowie die offenen Sozialversicherungsbeiträge von 222.828,63 Euro (am 31. Juli 2002) bzw. 206.034 Euro (am 31. August 2002) zu begleichen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht auch dann für eine Zahlungseinstellung aus, wenn die tatsächlich noch geleisteten Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, NZI 2007, 36, 37).
23
cc) Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass der Schuldner seine Zahlungen insgesamt wieder aufnimmt (BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005, aaO S. 193; Urt. v. 12. Oktober 2006, aaO). Das war hier nicht der Fall. Die Schuldnerin hat zwar bis einschließlich Dezember 2002 nicht nur die hier streitigen Zahlungen von 191.419,76 Euro an das beklagte Bundesland erbracht, sondern auch die Nettolöhne und -gehälter ihrer etwa 70 bis 80 Arbeitnehmer entrichtet, insgesamt 80.000 Euro an Sozialversicherungsträger gezahlt und auch die übrigen laufenden Kosten des Betriebes aufgebracht. Lieferantenrechnungen sind - bis auf einen Betrag von 26.000 Euro, der aber frühestens im November 2002 in Rechnung gestellt worden sein kann - anscheinend ebenfalls bezahlt worden. Die Steuerschulden sind jedoch bis Dezember 2002 auf insgesamt 472.789,37 Euro angestiegen; die Rückstände bei den Sozialversicherungsträgern betrugen am 31. Dezember 2002 schließlich 280.518,46 Euro. Von einer Wiederaufnahme der Zahlungen kann angesichts dessen nicht die Rede sein.
24
Weitere 3. Voraussetzung des Anfechtungstatbestandes des § 133 Abs. 1 InsO ist schließlich, dass der Anfechtungsgegner den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte. Seine Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und jenem den Umständen nach bekannt ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (vgl. BGHZ 155, 75, 85 f; BGH, Urt. v. 17. Februar 2004 - IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669, 671). Solche Umstände lagen unstreitig vor.
25
a) Der Beklagte wusste von einer - drohenden oder bereits eingetretenen - Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Kennt ein Gläubiger tatsächliche Umstände, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinweisen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er auch die (drohende) Zahlungsunfähigkeit kennt (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003, aaO S. 599; Urt. v. 12. Oktober 2006, aaO S. 38). Das war hier der Fall. Die im fraglichen Zeitraum zuständige Sachbearbeiterin des Finanzamts des beklagten Landes wusste von den hohen Steuerrückständen, die im Verlauf des Jahres 2002 stetig angestiegen waren. Die Schuldnerin hatte - etwa im Schreiben vom 2. September 2002 - Raten mit dem Hinweis angeboten, zu höheren Zahlungen derzeit nicht in der Lage zu sein; auch die in diesem Schreiben und in der Folgezeit versprochenen Zahlungen wurden nur teilweise oder gar nicht erbracht. Trotz der streitgegenständlichen erheblichen Zahlungen gelang es der Schuldnerin nicht, die Rückstände zu begleichen und die laufenden Zahlungen aufzunehmen; vielmehr stiegen die Rückstände auch in der Zeit von August bis Dezember 2002 weiter auf zuletzt 472.789,37 Euro am 17. Dezember 2002 an.
26
b) Der Beklagte hatte schließlich auch Kenntnis von der durch die Zahlungen bewirkten Gläubigerbenachteiligung. Die zuständige Sachbearbeiterin kannte die Größenordnung der Lohn- und Umsatzsteueranmeldungen der Schuldnerin und wusste daher auch von der Existenz anderer Gläubiger, insbesondere der Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger. Dass die Schuldnerin nicht nur die Steuern nicht vollständig zahlen konnte, lag angesichts der Höhe der Rückstände und der Dauer der Krise, die sich im August 2002 bereits seit mehr als einem halben Jahr hinzog, auf der Hand. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass gleichwohl bis auf die Steuern sämtliche Verbindlichkeiten beglichen werden konnten und beglichen worden waren, hatte die Sachbearbeiterin nicht. Sie wusste vielmehr, dass die Zahlungen an den Beklagten auch zur Vermeidung eines Aufrechnungsersuchens geleistet wurden, welches die Schuldnerin von der Vergabe weiterer öffentlicher Aufträge ausgeschlossen hätte und das der Geschäftsführer der Schuldnerin deshalb besonders fürchtete. Die Benachteiligung anderer Gläubiger, die über ein vergleichbares Druckmittel nicht verfügten, lag angesichts dessen auf der Hand.

IV.


27
DasangefochteneUrteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg. Gemäß § 133 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO hat der Beklagte die ge- zahlten 191.419,76 Euro zurückzugewähren. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 BGB.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.07.2005 - 9 O 9165/04 -
OLG München, Entscheidung vom 12.04.2006 - 15 U 3980/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 97/08
vom
13. Januar 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den
Richter Dr. Pape
am 13. Januar 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Mai 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 168.649,63 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und zulässig, hat aber keinen Erfolg, weil sie keinen Zulassungsgrund aufzeigt. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
2
Das Berufungsgericht hat sich anhand der festgestellten Umstände davon überzeugt, dass der Beklagte und sein Rechtsanwalt wegen des Sanierungsversuchs nicht davon ausgehen mussten, dass andere Gläubiger der Schuldnerin benachteiligt werden würden.
3
im Die Vergleichswege ausgehandelten unterschiedlichen Befriedigungsquoten der Gläubiger begründen keine Gläubigerbenachteiligung, weil die Berücksichtigung von verkehrswertbestimmenden Faktoren bei der Quote zulässig war.
4
Die Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob alle oder zumindest mehr als 90 % aller Gläubiger einen Sanierungsversuch mit gleichen Risiken tragen müssen, ist nicht dargelegt, weil offen ist, wie nach dem Sanierungskonzept mit den Gläubigern verfahren werden sollte, die einem Sanierungsvergleich nicht zustimmten oder denen ein Vergleich nicht angeboten worden war.
5
Die Verfahrensgrundrechte des Klägers wurden nicht verletzt.
6
einer Von weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Kayser Raebel Vill Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 28.06.2007 - 21 O 1522/06 -
OLG München, Entscheidung vom 21.05.2008 - 20 U 4231/07 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.