Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 30. Apr. 2014 - VI-U (Kart) 15/13

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2014:0430.VI.U.KART15.13.00
bei uns veröffentlicht am30.04.2014

Tenor

  • I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 7. Mai 2013 verkündete Teilurteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.
  • II. Auf die Berufung der Beklagten wird das vorbezeichnete Teilurteil abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

  • III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  • IV. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  • V. Die Revision wird nicht zugelassen.
  • VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 617.341,71 € festgesetzt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 20 Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer oder überlegener Marktmacht


(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Wei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 632 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige V

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Tenor 1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, s

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
KZR 2/02 Verkündet am:
4. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:ja
BGHZ: nein
BGHR: ____ ja
Depotkosmetik im Internet
GWB §§ 33, 20 Abs. 1 und 2; GVO 2790/99 Art. 4 lit. b
Es stellt eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, wenn ein
Hersteller eines Markenparfums, der seine Ware über ein selektives Vertriebssystem
vertreibt, einerseits seinen Depositären den Verkauf über das
Internet unter der Bedingung gestattet, daß die Internetumsätze nicht mehr
als die Hälfte der im stationären Handel erzielten Umsätze ausmachen, und
andererseits Händler von der Belieferung ausschließt, die ausschließlich
über das Internet verkaufen.
BGH, Vers.-Urteil vom 4. November 2003 – KZR 2/02 – OLG München
LG München I
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. September 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum
und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Dezember 2001 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte stellt bekannte Markenparfums her, die sie ausschließlich über ein Netz ausgesuchter Depositäre des Parfumeinzelhandels vertreibt. Die Depositäre müssen nach den Depotverträgen, die die Beklagte mit ihnen schließt, ein bestimmten Anforderungen genügendes Ladengeschäft unterhalten. Die Beklagte gestattet ihren Depositären den Vertrieb ihrer Produkte auch über das Internet, wobei sie sich eine Kündigung für den Fall vorbehalten hat, daß bei dem Depositär der Internet-Umsatz den Umsatz im stationären Handel übersteigt. Mit Unterneh-
men, die die Vertriebsanforderungen der Beklagten nicht erfüllen, die insbesondere nicht über ein stationäres Fachgeschäft verfügen, schließt die Beklagte keine Depotverträge ab und verweigert ihnen die Belieferung. Die Beklagte führt mit den Marken Lancaster, Jil Sander, Davidoff und JOOP! den deutschen Markt für Markenparfums mit einem Anteil von 18 % an. Es ist unstreitig, daß der stationäre Kosmetikfachhandel in Deutschland jedenfalls dann darauf angewiesen ist, durch die Beklagte beliefert zu werden, wenn er von keinen anderen Herstellern bekannter Markenparfums beliefert wird.
Die Klägerin ist ein kleineres Unternehmen, das kosmetische Produkte ausschließlich über das Internet vertreibt. Da sie kein Ladengeschäft betreibt, wird sie weder von der Beklagten noch von anderen namhaften Herstellern von Markenparfums direkt beliefert. Daher ist die Klägerin darauf angewiesen, ihren Bedarf an Markenparfums bei Depositären der Beklagten und anderen Fachhändlern zu decken.
Mit der vorliegenden Klage möchte die Klägerin eine Belieferung durch die Beklagte erreichen. Sie hat diese Klage als Widerklage im Berufungsrechtszug eines Rechtsstreits umgekehrten Rubrums erhoben, in dem sie auf Unterlassung eines behaupteten „Schleichbezugs“ in Anspruch genommen worden war. Nach der Trennung der beiden Verfahrensteile ist diese (Wider-)Klage alleiniger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden. Nachdem die Klägerin zunächst einen auf Belieferung gerichteten Leistungsantrag gestellt hatte, hat sie zuletzt beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin entsprechend ihren Bestellungen mit den Produkten der Marken Lancaster, Jil Sander, Davidoff und JOOP! zu den Konditionen der mit den anderen Kunden der Beklagten abgeschlossenen Depotverträge zu beliefern.
Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben (OLG München GRUR-RR 2002, 207). Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Während des Revisionsverfahrens ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet worden. Die Insolvenzverwalterin hat die Aufnahme des Rechtsstreits abgelehnt; daraufhin hat die Beklagte den Rechtsstreit aufgenommen. Die Klägerin war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


I. Über die Revision ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§ 555 Abs. 1, § 331 ZPO). Das Urteil beruht allerdings nicht auf der Säumnis. Es wäre nach dem der Revisionsentscheidung gemäß § 559 ZPO zugrundezulegenden Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn die Klägerin nicht säumig gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
II. Das Berufungsgericht hat einen Belieferungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten bejaht. Es hat in der Weigerung der Beklagten, die Klägerin mit Parfums der Marken Lancaster, Jil Sander, Davidoff und JOOP! zum Vertrieb über das Internet zu beliefern, eine unbillige Behinderung und eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber gleichartigen Unternehmen nach § 20 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 GWB gesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Bei der Klägerin handele es sich um ein kleines Unternehmen i.S. von § 20 Abs. 2 GWB. Die Klägerin sei auch abhängig von der Belieferung durch die Beklagte. Es sei nicht ersichtlich, daß die Verbraucher von einem Unternehmen, das Luxus-Kosmetika im Internet anbiete, eine geringere Sortimentsbreite erwarteten
als vom stationären Fachhandel. Die Klägerin habe auch keine Möglichkeiten, auf andere Hersteller auszuweichen, da auch diese eine Belieferung ablehnten. Es handele sich um einen Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen – wozu der stationäre Fachhandel zu zählen sei – zugänglich sei.
Eine Abwägung der Interessen der Parteien ergebe, daß die in der Nichtbelieferung der Klägerin liegende Ungleichbehandlung sachlich nicht zu rechtfertigen und die darin ebenfalls liegende Behinderung unbillig sei. Zwar sei es der Beklagten nicht verwehrt, im Rahmen ihres selektiven Vertriebssystems strenge Selektionskriterien aufzustellen. Es könne auch unterstellt werden, daß die Maßstäbe, die sie für den stationären Fachhandel aufstelle, angemessen seien. Es sei auch nicht darüber zu entscheiden, ob es gerechtfertigt sei, den Internetvertrieb als eine den qualitativen Anforderungen nicht genügende Vertriebsform generell von einer Belieferung auszuschließen. Denn die Beklagte habe ihren Depositären die Möglichkeit eröffnet, die in Rede stehenden Produkte auch über das Internet zu bewerben , anzubieten und zu vertreiben. Das von der Beklagten aufgestellte Erfordernis , daß neben dem Internetvertrieb auch noch ein stationäres Geschäftslokal unterhalten werden müsse, sei nicht sachgerecht und nicht angemessen. Es sei nicht ersichtlich, wie ein stationäres Ladengeschäft zur Aufrechterhaltung des „Luxus -Image“ beitragen solle.
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht die Beklagte als Normadressatin des kartellrechtlichen Diskriminierungs - und Behinderungsverbots (§ 20 Abs. 1 und 2 GWB) angesehen hat. Zwar handelt es sich bei der Beklagten erkennbar nicht um ein marktbeherrschendes
Unternehmen. Die Beklagte verfügt jedoch gegenüber einem kleinen Unternehmen wie der Klägerin über eine relative Marktmacht i.S. von § 20 Abs. 2 GWB.
Es ist unstreitig, daß jedenfalls der stationäre Einzelhandel auf die Produkte der Beklagten nicht verzichten kann, zumal ein breites Sortiment durchweg Voraussetzung für die Belieferung mit Exklusivmarken ist. Die Geschäfte des stationären Fachhandels zeichnen sich durchweg durch eine besondere Sortimentstiefe aus. Auch die Beklagte verlangt von ihren Depositären, daß sie auch zahlreiche andere bekannte Parfums führen. Damit ist freilich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts noch nicht gesagt, daß für den Internethandel entsprechende Verhältnisse gelten. In manchen Branchen mag das Publikum von einem Internethandel eine ebenso große oder sogar eine noch größere Sortimentstiefe erwarten. Es ist aber ebenso denkbar, daß – wie die Revision geltend macht – im Internet Spezialanbieter tätig sind, von denen das Publikum nicht die gleiche Sortimentsbreite und -tiefe erwartet wie vom stationären Fachhandel. Feststellungen hat das Berufungsgericht hierzu nicht getroffen.
Die Normadressateneigenschaft der Beklagten hängt indessen nicht davon ab, daß die Klägerin gerade auf die Produkte der Beklagten angewiesen ist. Eine sortimentsbedingte Abhängigkeit der Klägerin besteht auch dann, wenn die Beklagte zu einer Spitzengruppe gehört und die Klägerin von keinem Hersteller aus dieser Gruppe beliefert wird, obwohl sie zumindest die Produkte eines Herstellers benötigt (vgl. zur sog. Spitzengruppenabhängigkeit BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WuW/E DE-R 206 – Depotkosmetik; Urt. v. 9.5.2000 – KZR 28/98, WuW/E DE-R 481, 482 ff. – Designer-Polstermöbel, m.w.N.). Jedenfalls von einer solchen Konstellation ist im Streitfall auszugehen. Auch wenn die Verbraucher vom Internethandel mit Markenparfums nicht dieselbe Sortimentstiefe erwarten sollten wie von dem – üblicherweise besonders gut sortierten – stationären Fachhandel , benötigt die Klägerin doch zumindest die Produkte eines Herstellers. Da
sie von keinem Hersteller aus dieser Gruppe beliefert wird, besteht gegenüber jedem dieser Hersteller – so auch gegenüber der Beklagten – eine sortimentsbedingte Abhängigkeit i.S. von § 20 Abs. 2 GWB.
2. Auch die Gleichartigkeit des in Rede stehenden Geschäftsverkehrs zieht die Revision zu Unrecht in Zweifel. In der Vergangenheit hat der Senat dieses „nur der groben Sichtung“ dienende Merkmal großzügig bejaht, wenn die zu vergleichenden Unternehmen nach unternehmerischer Tätigkeit und wirtschaftlicher Funktion im Verhältnis zur Marktgegenseite dieselben Anforderungen erfüllen (BGHZ 101, 72, 79 – Krankentransporte; BGH, Urt. v. 23.10.1979 – KZR 19/78, WuW/E 1635, 1637 – Plaza SB-Warenhaus; Urt. v. 13.11.1990 – KZR 25/89, WuW/E 2683, 2686 – Zuckerrübenanlieferungsrecht; Urt. v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 f. – Bahnhofsbuchhandel). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor (vgl. für das Verhältnis von Versandhandel und stationärem Handel BGH, Urt. v. 24.9.1979 – KZR 20/78, WuW/E 1629, 1631 – Modellbauartikel

II).


3. Ist die Gleichartigkeit zwischen Internet- und stationärem Handel zu bejahen , fehlt es – entgegen der Ansicht der Revision – auch nicht an dem Merkmal, daß der fragliche Geschäftsverkehr „allgemein zugänglich“ sein muß.
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte könne sich für den Ausschluß von Händlern, die nicht zumindest die Hälfte des Umsatzes mit den fraglichen Produkten im stationären Handel erzielten, auf keine schützenswerten Interessen berufen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann es der Beklagten nicht verwehrt werden, Händler, die – wie die Klägerin – ausschließlich über das Internet vertreiben, von der Belieferung auszuschließen.

a) Der Internethandel entspricht in vielen Punkten strukturell dem her- kömmlichen Versandhandel. Hinsichtlich dieser Vertriebsform ist aber anerkannt, daß die Betreiber eines selektiven Vertriebssystems für hochwertige Markenparfums ein berechtigtes Interesse haben, diese Vertriebsform auszuschließen.
Die Beklagte legt Wert darauf, daß ihre Produkte dem Verbraucher in einem anspruchsvollen, die Aura des Exklusiven vermittelnden Umfeld präsentiert werden. Hierauf zielen zahlreiche Anforderungen ab, die sie ihren Depositären stellt. Darüber hinaus geht es ihr darum, den Kunden die Gelegenheit zu bieten, das jeweilige Parfum oder sonstige Duftwasser auszuprobieren und sich von kundigem Fachpersonal eingehend beraten zu lassen. Diese qualitätsbezogenen Anforderungen kann der Internethandel ebenso wie der klassische Versandhandel nicht erfüllen. In der Vergangenheit hat daher der Senat ebenso wie die Europäische Kommission den Ausschluß des Versandhandels in den Vertriebssystemen der Parfumhersteller durchweg als berechtigt anerkannt (vgl. BGH WuW/E DE-R 206, 210 – Depotkosmetik; EG-Kommission, GRUR Int. 1992, 915, 918 – Yves Saint Laurent Parfums).

b) Die Beklagte ist auch nicht deswegen zur Belieferung der Klägerin als einer ausschließlichen Internethändlerin verpflichtet, weil sie ihren Depositären in einem gewissen Rahmen den Internethandel gestattet. Denn für die darin liegende Ungleichbehandlung der Klägerin auf der einen und der Depositäre auf der anderen Seite bestehen sachliche Gründe, die gleichzeitig die in der Nichtbelieferung liegende Behinderung nicht als unbillig erscheinen lassen. Die Beklagte hat sich durch die Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikalverträge Nr. 2790/99 vom 22. Dezember 1999 (sog. Schirm-VO) veranlaßt gesehen, ihren Depositären, die sämtlich auch stationäre Fachgeschäfte betreiben, in gewissem Umfang auch den Vertrieb über das Internet zu gestatten. Die Verordnung Nr. 2790/99 gebietet es dagegen nicht, auch den reinen Internethandel zu beliefern.
Art. 4 lit. b der Verordnung Nr. 2790/99 nimmt u.a. Vereinbarungen von der (Gruppen-)Freistellung aus, die den Kundenkreis beschränken, an den der Händ- ler Vertragswaren verkaufen darf. Die Leitlinien für vertikale Beschränkungen, die die Kommission hierzu herausgegeben hat (ABl. EG 2000/C 291/01), machen deutlich, daß die Kommission darunter gerade auch den Internethandel versteht (vgl. Tz. 51 der Leitlinien; ferner Pautke/Schultze, BB 2001, 317, 318); denn der Internethandel wird im allgemeinen als ein passiver Verkauf im Sinne der in den Leitlinien vorgenommenen Definition (Leitlinien aaO Tz. 50 a.E.) verstanden. Das Begriffspaar „aktiv/passiv“ wird dabei in der Weise verwendet, daß als „aktiver“ Verkauf die aktive Ansprache individueller Kunden, als „passiver“ Verkauf die Erfüllung unaufgeforderter Bestellungen individueller Kunden verstanden wird. Der Internethandel, der sich daraus ergibt, daß Kunden die Website eines Händlers aufsuchen und über sie Ware bestellen, wird dabei ausdrücklich als passiver Verkauf verstanden (Leitlinien aaO Tz. 51). In welchem Umfang danach der Internethandel zugelassen werden muß, mag im einzelnen noch offen sein. Fest steht indessen , daß es die Verordnung einerseits nicht gebietet, auf das Erfordernis eines stationären Ladenlokals als regelmäßigen Absatzweg zu verzichten, daß sie andererseits den vollständigen Ausschluß des Internethandels nicht zuläßt, vielmehr in einem generellen Ausschluß des Internetvertriebs eine sog. Schwarze Klausel sieht (Art. 4 lit. c Verordnung Nr. 2790/99; vgl. auch Leitlinie aaO Tz. 53; ferner M. Bauer, WRP 2003, 243, 247).
Unter diesen Umständen kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden , sie habe selbst den Handel über das Internet eröffnet und müsse nunmehr auch diejenigen Händler beliefern, die ihre Ware ausschließlich über das Internet vertreiben. Vielmehr hat die Beklagte lediglich ihren Depositären in dem Umfang den Internethandel gestattet, der nach ihrer Auffassung durch die Verordnung Nr. 2790/99 geboten war. Ein solches Verhalten ist nach § 20 Abs. 1 GWB ge-
rechtfertigt, ohne daß es eines Rückgriffs auf den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts bedarf (dazu M. Bauer, WRP 2003, 243, 248).
IV. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen. Der Klägerin sind die Kosten des abgetrennten Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens aufzuerlegen. Insoweit beruht die Entscheidung auf § 91 Abs. 1 ZPO und – soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug ihre angekündigten Anträge nicht verlesen hat – auf § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

Tenor

1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich

festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht,

zur gesonderten Entscheidung

a b g e t r e n n t.

b) In diesem Umfang wird der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 17 a Abs. 2 GVG für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige

V e r w a l t u n g s g e r i c h t   S t u t t g a r t

v e r w i e s e n.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.03.2013

z u r ü c k g e w i e s e n .

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 1.900.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach, soweit der Streitstoff in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fällt und nicht abgetrennt und verwiesen werden muss, keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte für die Aufnahme (Einspeisung) und Zuführung seiner Programmsignale in und über das Kabelnetzsystem der Klägerin an deren Programmendabnehmer eine Einspeisungsvergütung zu entrichten hat.
Die Klägerin begehrt im Kern die Fortsetzung eines Einspeisungsverhältnisses (Verurteilung zum Vertragsabschluss, Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Kündigung und Vorenthaltung eines solchen Vertrages) sowie die Feststellung, dass der Beklagte wegen dessen Einspeisungsvorgängen an die Klägerin Entgelte zu zahlen hat.
Die Klägerin hat Breitbandkabelnetze der D. B. übernommen, die sie in einigen Bundesländern, insbesondere in R., nicht aber in B. betreibt. Der Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der Länder B. und R., versorgt mit seinen Programmen die Empfänger über dessen Antennenanlagen oder über das Netz der Klägerin, welche von Zwischenvertreibern oder dem Endbenutzer Entgelte erhält. In R. wurden 2011 von den ca. 1,79 Millionen TV-Haushalten etwa 690.000 über das Klägernetz versorgt. Die Programmsignale des Beklagten gehen auch über Satellit, terrestrisch oder über Breitbandkabelnetze anderer, kleinerer Kabelnetzbetreiber oder internetbasiert an die Endbenutzer.
Die Klägerin hatte mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunkveranstaltern Einspeisungsverträge geschlossen. So am 27.02.2008 (K 9) auch einen u.a. mit den zur X. zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten, in dessen Präambel in Ziff. 6 bereits festgehalten war, dass die Vertragsparteien unterschiedlicher Auffassung über die Einspeisungsentgelte und die Pflichtigkeit dazu seien. Gemäß § 8 hatten die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter ein Gesamtentgelt von 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr zu leisten. Der Vertrag nahm seinen Beginn am 01.01.2008 und hatte eine Laufzeit bis 31.12.2012 mit einer Verlängerungsoption, falls nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werde. Seine Rechte nach dem UrhG lässt der Beklagte über die GEMA durch Lizenzen auch gegenüber der Klägerin wahren.
Mit Schreiben vom 19.06.2012 kündigte der Beklagte den Einspeisungsvertrag 2008 zum 31.12.2012; die übrigen Rundfunkanstalten sprachen ebenfalls die Kündigung zu diesem Zeitpunkt aus. Seit dem 01.01.2013 zahlen die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter keine Entgelte mehr an die Klägerin für die Verbreitung von ihren Programmen im Breitbandkabelnetz der Klägerin; die Klägerin verbreitet in R. die Programmsignale des Beklagten weiterhin.
Die Klägerin hat dafür gehalten,
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dass sie gesetzlich verpflichtet sei, die streitgegenständlichen Programme des Beklagten zur analogen wie digitalen Verbreitung aufzunehmen. Der Beklagte seinerseits sei verpflichtet, seine Programme auch über bestehende Breitbandkabelnetze zu verbreiten. Da in R. rund 807.000 TV-Haushalte durch das Breitbandkabelnetz der Klägerin versorgt würden, stelle auch dies die Art des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrages des Beklagten dar. Der Beklagte könne diese Nutzer nicht auf andere Übertragungswege verweisen, da der Beklagte die Übertragungstechnik selbst zur Verfügung zu stellen und an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten habe, was er gegenüber der Europäischen Kommission übernommen und wozu er nach europäischem Beihilferecht verpflichtet sei. So leiste er auch gegenüber anderen Infrastrukturbetreibern, insbesondere Satellitennetzbetreibern, in Erfüllung bestehender Verträge weiterhin sein Entgelt. In einem Kündigungskartell schlösse auch der Beklagte die Klägerin vom Einspeisungsentgelt nun aber aus, obgleich das Kabel die mit Abstand günstigste Infrastruktur für die Sendeunternehmen sei.
11 
Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Fortsetzung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) sei begründet, da die Kündigung sittenwidrig, jedenfalls grob treuwidrig sei. Der Beklagte sei auch aufgrund eines Kontrahierungszwangs zum Abschluss eines Einspeisungsvertrages verpflichtet. Er missbrauche im Zusammenspiel mit seinen Kartellanten sein Nachfragemonopol, um, in Abweichung von privaten Rundfunkanstalten, unentgeltlich einspeisen zu können, obgleich auch der Beklagte neben anderen, auch öffentlich-rechtlichen Entgelten vom Endkunden über die Rundfunkgebühr bereits zwangsweise ausreichend finanziell ausgestattet werde. Die urheberrechtlichen Lizenzverträge beinhalteten gerade eine Einspeisungsvergütung, da die Lizenzhöhe mit der Höhe dieser Vergütung korrespondiere. Die Parteien unterlägen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei höchstrichterlich geklärt sei, dass das öffentlich-rechtliche Kabelbelegungsregime nicht die Unentgeltlichkeit der Signaldurchleitung bedinge. Der Beklagte, schon für sich, jedenfalls im Verbund mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein marktbeherrschendes Unternehmen, betreibe Ausbeutungsmissbrauch (§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB) hinsichtlich des Nachfragemarktes für die Kapazitäten, die für den Beklagten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 33 LMG, 52 b RStV) reserviert seien. Die Behauptung des Beklagten, bei den Einspeisungsentgelten handle es sich um eine überholte Subventionierung der Rundfunkveranstalter zum Netzausbau, sei falsch, da die Entgelte auf der Grundlage von tatsächlichen Verbreitungskosten kalkuliert seien. Der Beklagte übe auch Diskriminierung gemäß § 20 Abs. 1 GWB, da er andere Verbreiter, wie Satellitenbetreiber, entlohne, die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund aber nicht. Die ausgesprochene Kündigung und die gleichzeitige Verweigerung eines Neuvertrages stellten eine koordinierte Maßnahme zur Änderung der Marktbedingungen dar. Dass die Klägerin in ihren Abnehmerbeziehungen Entgelte erhalte, betreffe eine eigene Leistungsebene der Klägerin, welche der Beklagte nicht abschöpfen könne. Die von ihm bevorzugten Satellitenbetreiber würden ebenfalls Endbenutzerentgelte (etwa durch die Vermarktung von Programmen privater Veranstalter) erzielen. Dass die Klägerin bislang teilweise über Satellit verbreitete Programmsignale an Kabelkopfstellen entgegengenommen und in ihr Netz eingespeist habe, ändere nichts daran, dass sie der erhöhten Qualität des leitungsgebundenen Signals, welche auch die jeweiligen Rundfunkveranstalter bevorzugten, durch Verbesserung ihrer Netze Rechnung trage. Die privaten Fernseh- wie Rundfunkveranstalter leisteten ihrerseits sehr wohl Einspeisungsentgelte.
12 
Der Hilfsantrag Ziff. 1 b (Verurteilung zur Annahme des Standardvertragsangebotes) wie auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c (Feststellung der Pflicht zum Schadenersatz) und der Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz und Bereicherungsausgleich) seien die Folge der aufgezeigten Rechtsverstöße.
13 
Die Klägerin hat beantragt:
14 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
15 
- S. Fernsehen R.,
16 
und die Radioprogramme:
17 
- S.1 R.,
- S.2,
- S.3,
- S.4 R.,
- D.
18 
sowie ausschließlich digital:
19 
- S. Info und
- S. 4 B.
20 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
21 
hilfsweise,
22 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b beigefügten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1.a) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
23 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen a) und b))
24 
c) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1.a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1.b) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 entstehen werden;
25 
und
26 
d) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und zur Herausgabe der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Bereicherung verpflichtet ist, die im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziff. 1 a genannten Programme entstanden sind oder entstehen.
27 
und
28 
e) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1.a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange der Beklagte keinen Vertrag mit der Klägerin über die Einspeisung hat.
29 
Der Beklagte hat beantragt,
30 
die Klage abzuweisen.
31 
Er hat im Wesentlichen eingewandt,
32 
die Einspeisungsentgelte hätten ursprünglich dazu gedient, angesichts knapper Kabelkapazitäten der D. B. den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur zu ermöglichen, was anfänglich auch im Interesse der Rundfunkanstalten gelegen habe, was der Klägerin als Übernehmerin dieser Struktur nun aber eine Monopolstellung verschafft habe. Dieses historische Relikt komme bei rund 350 anderen Breitbandkabelnetzbetreibern nicht mehr zum Tragen. Angesichts der Veränderung der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließe sich die Zahlung von Einspeisungsentgelten nicht mehr rechtfertigen. Im digitalen Zeitalter sei keine Knappheitssituation mehr gegeben, über 350 andere Netzbetreiber betrieben ebenfalls Breitbandkabelnetze wie auch die Betreiber anderer Festnetze, welche ihren Kunden Programme über das Internet anböten. Seine Kündigung habe dazu gedient, die Privilegierung der Klägerin durch die Doppelvergütung durch einerseits den Beklagten und andererseits die die Signale abnehmende Wohnwirtschaft und Haushalte zu beenden, um einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Infrastrukturplattformen zu ermöglichen. Der Beklagte generiere durch sein aufwändig und teuer hergestelltes Produkt mit jährlich etwa 2,35 Milliarden EUR für die Kabelnetzbetreiber jenseits der Telefonie- und Internetangebote einen weiteren erheblichen Mehrwert. Im Jahre 2011 habe die Klägerin Umsatzerlöse in Höhe von rund 541.000.000,00 EUR im Bereich Internet- und Telefonie-Business und von rund 1,16 Milliarden EUR im Bereich TV-Business erzielt, darin eingeschlossen die Einspeiseentgelte mit rund 163 Mio. EUR. Der Nettoprofit der Klägerin liege bei 160 Mio. EUR, umgekehrt die Einnahmen der X.-Rundfunkanstalten aus urheberrechtlicher Vergütung bei ca. 2,6 Mio. EUR. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfüllten ihren Grundversorgungsauftrag durch die Einspeisung ihrer Signale in Satellit und terrestrische Sendenetze. Deren Betreiber enthielten anders als die Betreiber von Festnetzen kein werthaltiges Vorprodukt, da die Programmsignale von dort unverschlüsselt und somit von jedermann empfangen werden könnten. Die Klägerin müsse, um gegenüber diesem Angebot über Satellit oder Internet überhaupt konkurrenzfähig zu sein, die Programmleistung auch des Beklagten mit anbieten; für diese Wertabschöpfung solle der Beklagte nach dem Verständnis der Klägerin nun auch noch bezahlen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geforderten Einspeiseentgelte weder im Inland noch im Ausland noch bei anderen Festnetzbetreibern üblich. Die Klägerin sei auf allen die Vermarktung der Rundfunksignale betreffenden Märkten marktbeherrschend, weshalb sie zwischen 2007 und 2010 sektorspezifisch durch die Bundesnetzagentur reguliert worden sei. Verlange sie anders als nahezu alle Festnetzbetreiber in Deutschland eine Einspeisevergütung, so handle sie vielmehr als Monopolistin kartellrechtswidrig.
33 
Die Hauptanträge seien bereits unzulässig, da ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorliege. Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Feststellung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) scheitere schon daran, dass auch der Beklagte die Verbreitungsleistung von der Klägerin ab 01.01.2013 nicht mehr nachfrage. Wenn diese gleichwohl die Programme verbreite, komme sie ihrer eigenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach den „Must-Carry“-Regelungen der §§ 33 LMG, 52 b RStV nach und ihrer Vertragspflicht gegenüber ihren Gläubigern (Wohnwirtschaft und Haushalten), diese auch mit den Programmen der Rundfunkanstalten als unverzichtbare Bestandteile ihrer Leistungspakete zu versorgen. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Kontrahierungszwangs unwirksam gewesen, da die Fortsetzung des Einspeisungsvertrages 2008 nur einen rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten hätte. Auch der verfassungsrechtliche Grundversorgungsauftrag des Beklagten verpflichte diesen nicht, mit der Klägerin eine Vergütungsabrede zu treffen. Dem genüge der Beklagte durch Ausstrahlung des Programmsignals über Satellit und terrestrische Sendetechnik. Dieser Auftrag schließe nicht die Pflicht ein, jede verfügbare Übertragungstechnik zu betreiben. Auch aus einfachgesetzlichen Regeln könne der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht hergeleitet werden. LMG und RStV gäben nur die aufeinander abgestimmte Pflicht vor, dass die Klägerin öffentlich-rechtliche Programme weiter zu verbreiten habe, während die Rundfunkanstalten auch der Klägerin ihre Signale zu überlassen hätten; auch aus § 19 RStV lasse sich eine Pflicht zum Abschluss von entgeltlichen Verbreitungsverträgen nicht ableiten. Anderes gäben auch die §§ 52 b, 52 b RStV nicht vor, da dort nur die Verbreitungspflicht der Kabelnetzbetreiber verankert sei. Dieses Konzept stehe auch nicht in Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben: Art. 31 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie ermögliche es den Mitgliedsstaaten, Netzbetreibern im öffentlichen Interesse Übertragungspflichten aufzuerlegen, Abs. 2 spreche nur von der „Möglichkeit“ der Mitgliedsstaaten, hierfür ein angemessenes Entgelt festzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik Deutschland gerade keinen Gebrauch gemacht. Auch das europäische Beihilferecht gelte nur zwischen der Europäischen Kommission und dem Mitgliedsstaat, nicht aber zwischen der Kommission und dem Beklagten als durch Beihilfe Begünstigten. Auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG fordere keine Entschädigungspflicht, da ein unverhältnismäßiger Eingriff zu Lasten der Klägerin nicht vorliege, weil diese selbst einer Sozialbindung unterliege und sich durch die Weiterverbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme ohnehin gewinnbringend refinanziere. Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB unwirksam, da der Beklagte mangels Nachfrage der Einspeiseleistung bei der Klägerin ab 01.01.2013 schon nicht Normadressat sei. Die X.-Anstalten verfügten nicht über eine Marktbeherrschung, auch sei die Zahlung einer Einspeisevergütung die Ausnahme, schon gar nicht könne festgestellt werden, dass die von der Klägerin geforderten oder andere bei wirksamem Wettbewerb gezahlt würden. Die Vorenthaltung einer Vergütung zwinge die Klägerin auch nicht, ihre Leistung unterhalb der Kosten bereitzustellen, da die Vielzahl anderer Netzbetreiber die Auskömmlichkeit ihres Angebotes ohne Vergütungserhebung belege. Die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB scheitere nicht nur an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung des Beklagten, sondern auch daran, dass keine Diskriminierung vorliege, da durch die Kündigung gerade eine Gleichbehandlung mit 99 % der übrigen Kabelnetzbetreiber hergestellt werde. Der Markt der Satellitennetz- und terrestrischen Sendenetzbetreiber, denen der Beklagte eine Vergütung zahle, sei nicht vergleichbar, da jene Netzbetreiber mangels Verschlüsselung ihrer Signale sich bei Nutzern nicht refinanzieren könnten. Auch ein verbotenes Kartell zwischen den X.-Rundfunkanstalten und dem Y. liege nicht vor, allenfalls sei ein kartellrechtlich bedenkliches Zusammenwirken durch Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 beendet worden. Die Rechtmäßigkeit bzw. Rückkehr zur Rechtmäßigkeit im Kündigungsverhalten des Beklagten stehe auch den geltend gemachten Hilfsanträgen entgegen; hinsichtlich des Hilfsantrages Ziff. 1 d gelte zudem, dass die Klägerin ausschließlich ein eigenes Geschäft besorge.
34 
(Private) Rundfunksender haben ihren Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten wieder zurückgenommen. Über die Kosten der Nebenintervention hat das Landgericht mit gesondertem Beschluss vom 18.03.2013 entschieden.
35 
Das Landgericht hat die Klage in allen Antragspunkten abgewiesen.
36 
Hinsichtlich des Hauptantrages (Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages) verneinte es allerdings den Unzulässigkeitseinwand, dass alle Rundfunkanstalten notwendige Streitgenossen seien. Die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB, da die schon in der Präambel angekündigte Klärungsbedürftigkeit, in deren Zusammenhang auch das ordentliche Kündigungsrecht nach § 13 des Einspeisungsvertrages stehe, nicht durch diese Vorschrift wieder ausgehebelt werden könne. Auch verstoße die Kündigung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, da die Klägerin von dem Beklagten an Satellit und auf terrestrischem Wege ausgestrahlte Programmsignale erst zu einem für sie werthaltigen Leistungspaket schnüre. So sei nicht bestritten, dass mit Ausnahme der beiden Regionalgesellschaften alle Kabelnetzbetreiber (rund 350 Kabelnetzbetreiber) bei ebenfalls Übernahme der unverschlüsselten Programmsignale der öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter in ihre Breitbandkabelnetze ihre Gewinne ausschließlich aus ihren Endkundenbeziehungen zögen. Sei dies aber das Marktmodell, könne die daran ausgerichtete einheitliche Handhabung nicht anstößig sein. Ein Kontrahierungszwang, der schon einer Kündigung eines bestehenden Vertrages entgegenstehe, eröffne § 20 GWB nicht. Zwar sei der Beklagte, da Unternehmen im Sinne des § 130 GWB, Normadressat als zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung zusammen mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Mitglied eines marktbeherrschenden Oligopols im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2 GWB. Zum sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehörten alle Rundfunkveranstalter im örtlich relevanten Markt des Netzbetriebs der Klägerin in R.. Das Fehlen einer Ausweichmöglichkeit auf andere Nachfrager ergebe sich für die digitale Verbreitung aus § 52 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a RStV, für die analoge Verbreitung aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG, da sie Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorhalten müsse; ihr eigenes Produkt sei aber ohne dieses Leistungsangebot praktisch nicht absetzbar. Es liege keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Mit der Kündigung der Einspeisungsverträge, die ausschließlich mit den Regionalgesellschaften, also der Klägerin und der U./K., geschlossen gewesen seien, sei der Regelzustand hergestellt. Dass der Beklagte an Betreibern von Satelliten oder terrestrischen Anlagen Einspeiseentgelte zahle, sei nicht vergleichbar, da diese aus Endkundenbeziehungen für die Signalbelieferung keine Vergütung erhielten. In der Verweigerung des Abschlusses eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages (nach dem Vertrag 2008 zuletzt 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr) manifestiere sich auch keine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB, da nahezu alle anderen Netzbetreiber keine Einspeisungsentgelte erhöben und die Klägerin entsprechend dem nahezu durchgängigen Vermarktungsmodell der übrigen Netzbetreiber weiterhin ungehindert die Programmsignale des Beklagten wertschöpfend vermarkten dürfe und vermarkte.
37 
Auch die einschlägigen rundfunk-, telekommunikations-, europa- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen gäben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung im Sinne einer Vergütungspflicht und damit Pflicht des Beklagten zum Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages. Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und Diensten (sog. Universaldienstrichtlinie [im folgenden kurz: UDRL]) eröffne zwar die Begründung von Übertragungspflichten, stelle dem Mitgliedsstaat aber die Begründung einer Entgeltfestlegung frei; von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik gerade keinen Gebrauch gemacht. Eine solche Gebrauchmachung liege nicht in § 33 LMG (analoge Verbreitung), da dort nur eine Programmreihenfolge bei Kapazitätsbeschränkungen, nicht aber eine Entgeltlichkeit in Ansehung dieser Pflichten bestimmt sei. Auch § 52 b RStV (digitale Verbreitung) regele auf der Grundlage von Art. 31 UDRL gewisse Programmaufnahmepflichten („Must-Carry“), gebe aber auch keine Vergütungspflicht vor; auch § 52 d RStV bestimme nur das Wie einer Entgelteausgestaltung, nicht aber das Dass/Ob. Nichts anderes ergebe sich aus dem TKG, zumal der Einspeisungsmarkt keiner Regulierung durch die Bundesnetzagentur mehr unterliege. Auch nach Art. 14 oder 12 GG bestehe kein Anspruch, da die Übertragungspflicht Ausdruck einer eigenen Sozialgebundenheit des Eigentums der Klägerin sei und damit keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung einhergehe, da der Kabelnetzbetreiber durch die Einspeisung seinerseits ein verwertbares werthaltiges Gut erlange und § 19 RStV die Rundfunkanstalten nicht ihrerseits verpflichte, jeglichen Übertragungsweg auch auszulasten. Andernfalls würde die Bejahung eines Kontrahierungszwanges die Autonomie der Rundfunkanstalten dahin prägen, dass diese jeden technisch möglichen Übertragungsweg bedienen müssten und dafür Entgelt zu entrichten hätten. Auch die koordinierte Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 stehe nicht für eine kartellrechtswidrig abgestimmte Verhaltensweise, sondern entspringe dem praktischen Gebot einer naturgemäß einheitlichen Handhabung. Da in der Kündigung kein Gesetzesverstoß begründet sei, auch nicht gegen § 1 GWB, drücke sich in der konzertierten Aktion auch kein verbotenes Handeln eines Kartells. Zwar seien die Hilfsanträge Ziff. 1 b und c zulässig, nach den vorigen Ausführungen jedoch unbegründet. Dies gelte im Ergebnis auch für den Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz/Bereicherung), da die Klägerin nach dem Gesetz ein eigenes Geschäft ohne Entgeltanspruch geführt habe und führe; im Übrigen widerspräche eine Geschäftsführung für den Beklagten dessen durch die Kündigung klar ausgedrücktem entgegenstehendem Willen. Dieser entgegenstehende Wille sei auch nicht unerheblich, denn die Klägerin erfülle eine eigene gesetzlich begründete Pflicht, der keine gleichgerichtete gesetzliche Pflicht des Beklagten gegenüberstehe. Diese gesetzliche Risikoverteilung stehe auch der Annahme entgegen, der Beklagte erlange „etwas“ im Sinne des § 812 BGB durch die Einspeisung seiner Programmsignale durch die Klägerin in deren Breitbandkabelnetz. Der Hilfsantrag Ziff. 1 e (negative Feststellung, ohne Entgeltvertrag nicht zu Einspeisung verpflichtet zu sein) sei unzulässig, da der Beklagte sich eines solchen Einspeisungsanspruchs nicht berühmt habe, auch jetzt insofern keine Leistung verlange, sondern nur auf eine für unentgeltlich erachtete, gesetzliche Einspeisungspflicht der Klägerin verweise.
38 
Dagegen wendet sich die zulässige, weil auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin,
39 
welche unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und der damit verbundenen Wertungen im Wesentlichen vorbringt,
40 
zwar habe das Landgericht den Sachverhalt weitgehend zutreffend festgestellt, die festgestellte Marktbeherrschung und das Beklagtenverhalten aber fehlerhaft in das Rechtssystem des Rundfunkrechts eingeordnet. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Freiheit, darüber zu bestimmen, auf welchem Wege und zu welchen Konditionen er seine Programmsignale weiterverbreite. Diese geminderte Freiheit präge seine privatrechtlichen Verhaltenspflichten aus bürgerlichem Recht und Kartellrecht dahin, dass er die Leistungen der Klägerin nicht unentgeltlich in Anspruch nehmen dürfe. Denn der Beklagte müsse nach seinem rundfunkgesetzlichen Auftrag Programme über die Netze der Klägerin gebührenfinanziert verbreiten, wozu ihm das Rundfunkrecht ein öffentlich-rechtliches Verbreitungsrecht nach Maßgabe des privaten Rechtes gebe, während die Klägerin den Netzzugang als entgeltliche Leistung zur Verfügung stelle, was alle anderen Fernsehveranstalter in Deutschland annähmen und entsprechend vergüteten. Ansonsten könne der Beklagte den ihm übertragenen Grundversorgungsauftrag auf die Klägerin gänzlich umlegen und auf deren Kosten erfüllen.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
unter Abänderung des am 20. März 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 215/12,
43 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
44 
- S. Fernsehen R.,
45 
und die Radioprogramme:
46 
- S.1 R.,
- S.2,
- S. 3,
- S.4 R.,
- D.
47 
sowie ausschließlich digital:
48 
- S. Info und
- S. 4 B.
49 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
50 
hilfsweise zu 1. a),
51 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b in der ersten Instanz vorgelegten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
52 
und hilfsweise zu 1. a) und 1. b)
53 
c) den Beklagten zum Abschluss eines Einspeisungsvertrags für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen zu verurteilen;
54 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen 1. a) und kumulativ zu 1. b) bzw. 1. c)),
55 
d) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1. a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1. b) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 entstanden sind und noch entstehen werden;
56 
und
57 
e) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit dem 1. Januar 2013 im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziffer 1 a) genannten Programme entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und der Bereicherung verpflichtet ist;
58 
und höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit dem Anträgen 1. a), 1. b) und 1. c) und kumulativ zu den Anträgen 1. d) und 1. e)),
59 
f) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht;
60 
2. dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, Abschriften folgender Urkunden vollständig und ungeschwärzt vorzulegen:
61 
a) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. Februar 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 und die Anlagen hierzu [Blatt 42-236 der Verfahrensakte des BKartA]
62 
b) Schreiben des Bundeskartellamts an die Sozietät H. vom 24. Februar 2012 im Verfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 256-260 der Verfahrensakte des BKartA]
63 
c) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 nebst Anlagen [Blatt 340-347 der Verfahrensakte des BKartA]
64 
d) Vermerk zum Gespräch der Beschlussabteilung B 7 mit Vertretern von X. und Y. am 16. April 2012 [Blatt 353/001-012 der Verfahrensakte des BKartA]
65 
e) Schriftsatz der Sozietät H. vom 26. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 375-376 der Verfahrensakte des BKartA]
66 
f) Entscheidungsvorlagen des Beklagten zur Kündigung und zur Anmeldung der Verbreitungsentgelte für die Kabelverbreitung bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF);
67 
3. dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
68 
Der Beklagte beantragt,
69 
die Berufung zurückzuweisen.
70 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
71 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
72 
Der Zulässigkeit der Klage steht mit dem Landgericht nicht der ohnehin schon von Amts wegen zu berücksichtigende Gesichtspunkt entgegen, dass die Klägerin nur den Beklagten und nicht zugleich alle übrigen Veranstalter von öffentlich-rechtlichen Regionalprogrammen mit verklagt hat. Denn eine notwendige Streitgenossenschaft als besondere Prozessführungsbefugnis (BGHZ 192, 245 [Tz. 19] - Tintenpatrone II) besteht nicht.
1.
73 
Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn wegen der gleichgerichteten Wirkung der Entscheidung gegen alle Beteiligten oder einer nur gemeinsamen Rechtsausübung der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung erforderlich ist (vgl. etwa BGHZ a.a.O. [Tz. 19] - Tintenpatrone II; NZG 2011, 506 [Tz. 15]).
2.
74 
Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Streitgegenstand sind ausschließlich die vom Beklagten veranstalteten Programme im Land R., nicht auch Rechtsverhältnisse aus der Beteiligung des Beklagten an den Gemeinschaftsprogrammen mit anderen Landesrundfunkanstalten (so Klägerin Gerichtsakte Band I Bl. 8 [im Folgenden kurz: I 8]). Insoweit ist kein Gebot ersichtlich, dass die ganz maßgeblich medienrechtlich geprägte Rechtsbeurteilung in Bezug auf den Beklagten eine genau gleiche Behandlung erfahren muss wie - etwa - der rundfunkrechtliche Programmveranstalter in Berlin hinsichtlich seines Regionalprogrammes auf der Grundlage der dortigen medienrechtlichen Vorgaben, gar ungeachtet dieser. Auch § 13 Ziff. 3 (c) des Einspeisungsvertrages vom 27.02.2008 (K 9) belegt die Richtigkeit dieser Bewertung, da die Parteien dort selbst von der Kündbarkeit des Vertrages durch nur einen einzigen Programmgestalter ausgegangen sind (vgl. ebenso: LG München I U. v. 25.04.2013 - 17 HK O 16920/12 - B 24 [V 547 bis 574, dort 561]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 - B 26 [V 600 bis 616, dort 608]; offengelassen in LG Berlin U. v. 30.04.2013 - 16 O 389/12 Kart - B 25 [V 575 bis 599, dort 587/588] = AfP 2013, 344, wenngleich auch dieser Auffassung zuneigend).
C
75 
Die Klägerin hat nach landesrechtlichen Vorgaben Kapazitäten ihres Kabelnetzes, über welches schon unter der Vorgängerbetreiberin Endkunden Programme der Rundfunkanstalten empfangen haben, weiterhin zur Übermittlung solcher Programme zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat aufgrund seines auch verfassungsrechtlich verankerten Grundversorgungsauftrages Endkunden mit seinen Programmsignalen zu beliefern; dies geschah bislang über Satellit, terrestrische Senderanlagen, Internet, aber auch über das Kabelnetz u.a. der Klägerin. Die Einspeisung in Letzteres hat der Beklagte eingestellt. Die Klägerin kann gleichwohl kostenlos die Signale des Beklagten etwa der Satellitenausstrahlung entnehmen, bei sich einstellen und ihrem Endkunden, sei es wiederum einem Kabelnetzbetreiber, sei es der Wohnungswirtschaft oder dem Endverbraucher selbst, entgeltlich zur Verfügung stellen.
76 
Kernfrage des Rechtsstreits ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, korrespondierend zur Vorhaltepflicht der Klägerin seine Programme in das Kabelnetz der Klägerin einzuspeisen und - im Rechtsstreit entscheidend - hierfür eine Einspeisungsvergütung zu entrichten.
1.
77 
Unmittelbare vertragliche Ansprüche bestehen nach formal ordnungsgemäßer Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 auf den 31.12.2012 nicht.
2.
78 
Da der Beklagte ab 01.01.2013 auch selbst nichts mehr ins Kabelnetz der Klägerin im Sinne einer aktiven, selbst veranlassten, zweckgerichteten Leistung einspeist, können Ansprüche aus faktischer Inanspruchnahme der nur entgeltlich vorgehaltenen Infrastruktur der Klägerin nicht hergeleitet werden.
3.
79 
Soweit die Klägerin (weiterhin) in Bezug auf den Beklagten, und sei es auch nur über die GEMA, für deren Programme urheberrechtliche Lizenzen entrichtet, wird auch damit keinem gewillkürten Leistungsaustausch Rechnung getragen. Zum einen beruht dieses Entgelt entscheidend auf dem Umstand der (einseitigen) Inanspruchnahme des Beklagtenprogramms durch die Klägerin; zum anderen gilt dieses Entgelt dem Leistungsbeitrag der Künstler (vgl. I 75 unten). Diese Zahlung ist danach ungeeignet, eine irgendwie geartete, gar synallagmatische Verknüpfung zwischen den Leistungspaketen der Parteien herzustellen (vergleiche auch Klägerin IV 353).
4.
80 
Die Klägerin kann nur dann ein Entgelt vom Beklagten verlangen, wenn ihrer, ihr gesetzlich auferlegten und von ihr gehandhabten Übertragungspflicht der Rundfunkprogramme (auch) des Beklagten eine korrespondierende Pflicht des Beklagten gegenüber steht, gerade diese Versorgungsleistung der Klägerin - und sei es in Teilen - als eigene Leistung zu erbringen und damit zu vergüten.
81 
Dass Grundversorgungspflicht der Klägerin (Kabelbelegungsregime) und Grundversorgungspflicht des Beklagten nicht bloß unverbunden nebeneinanderstehen, sondern in einer solchen Pflichtigkeit miteinander verschränkt wären (die Klägerin bezeichnet dies so: „Die Parteien unterliegen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang“ [I 32]; Beklagter: nur „vertikal aufeinander abgestimmte Verpflichtungen ... horizontale Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten sind nicht vorgegeben“ [I 88], Klägerin: nur „durch komplementäre Pflichten die positive, vielfaltsichernde Ordnung geschaffen“ [I 94]; „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ [VI 887, 889, 891]), vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Ergebnis nicht zu erkennen.
a)
82 
Etliche Argumente der Klägerin stellen nur eine vorwegnehmende Behauptung dessen dar, was erst noch zu beweisen ist (petitio principii), in immer nur geändertem, neuem argumentativen Gewand. So etwa:
aa)
83 
Rundfunkgebühren.
84 
Die Rundfunkgebühren selbst dienen nur dazu, (auch) dem Beklagten die Herstellung wie auch die Verbreitung seines Programmes zu ermöglichen. Damit wird aber die grundsätzliche Frage nicht zugleich beantwortet, welche Verbreitungsart Inhalt des Grundversorgungsauftrags des Beklagten ist. Dass der Endbenutzer des Beklagtenprogramms - erhöht die Klägerin bei Ausfall der Einspeisungsvergütung des Beklagten um diesen Anteil gegenüber dem Endkunden seinen Leistungstarif (vorbehaltlich einer wirksamen Anpassungsklausel) - über die Rundfunkgebühren und diesen dann kalkulatorisch eingepreisten Tarifanteil die Herstellungs- und Verbreitungsleistung des Beklagten zweimal vergüten müsste, stellt nur die nämliche argumentative Variante zur Grundfrage dar: Ist Bestandteil des Grundversorgungsauftrages des Beklagten dessen Pflicht, gerade bei der Klägerin einzuspeisen? Nimmt also der Beklagte mit der Einspeisung bei der Klägerin eine eigene Leistungspflicht wahr oder - im Fall der Passivität des Beklagten und der gleichgerichteten Leistungsvornahme der Klägerin (Einspeisung als klägerischer Doppeltatbestand, da zugleich Erfüllung seiner vertraglichen Leistungspflicht gegenüber dem Endkunden) - erfüllt die Klägerin durch ihre eigene Einspeisung zugleich die Leistungspflicht des Beklagten?
bb)
85 
Werbeeinnahmen (auch) des Beklagten.
86 
Zwar hängt das Werbeaufkommen und damit zugleich das Werbeeinkommen des Beklagten vom Verbreitungsgrad seiner Werbung ab. Die Verbreitungsleistung der Klägerin ist danach Preisparameter für die Werbeeinnahmen des Beklagten. Die klägerische Verbreitungsleistung ist mithin beim Beklagten eingepreist. Zwar mag eine Wechselbezüglichkeit vorliegen zwischen den Werbeeinnahmen des Beklagten, aber auch dem Entgeltaufkommen der Klägerin, weil ihr Leistungspaket gegenüber dem Endkunden (jenseits reiner Telefonie- oder Internetverbindungsleistung) durch das Programmangebot des Beklagten nachhaltig aufgewertet wird, wie diese selbst einräumt (I 133). Auf welcher Seite ein Saldoüberschuss insoweit liegt, bedarf keiner Entscheidung, da dieser Gesichtspunkt nicht, dann schon gar nicht einen festen (Einspeisungsvergütungs-)Zahlbeitrag als Ergebnis eines Leistungsaustausches rechtfertigen kann. Gibt es dem Grunde nach keine Zahlungspflicht, kann auch der zufällig beiden Seiten günstige Verbreitungsgrad einer Leistung kein (entgeltliches) Leistungsverhältnis begründen. In anderem (umgekehrtem) Zusammenhang (eigene Endkundenumsätze der Klägerin) will sie den Verweis auf solche Wertzuwachsabschöpfungen wegen der angeblichen Unterschiedlichkeit der (nachgelagerten) Märkte selbst nicht gelten lassen (IV 360). Ungeachtet dessen ist dieses Argument schon deshalb in wesentlichen Teilen nicht tragfähig, weil die Klägerin selbst vorgegeben hat, dass Streitgegenstand nur die Verbreitung des vom Beklagten veranstalteten Programms und nicht die Beteiligung des Beklagten am Gemeinschaftsprogramm der X. sei (I 8); unstreitig ist jedoch, dass dem Beklagten in seinem - nur streitgegenständlichen - Programm, und zwar in Bezug auf Herstellung und Verbreitung von Fernsehsendungen, Werbung verboten ist und eine solche ersichtlich auch nicht stattfindet (vgl. § 16 Abs. 2 RStV; V 486).
cc)
87 
Art. 14 Abs. 1 S. 1/Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG.
88 
Soweit die Klägerin vorbringt, der Beklagte „missbraucht ... seine marktbeherrschende Stellung dazu, dass die Klägerin aufgrund der Must-carry-Regeln ihre Leistungen ihm nunmehr unentgeltlich zur Verfügung stellt“, (IV 362), wird die Must-Carry-Pflicht, das sog. Kabelbelegungsregime, nicht als staatlicher Zuweisungsakt, sondern als Outsourcing einer originär in der Pflichtigkeit des Beklagten stehenden Aufgabe behauptet. Diese diesem Argument innewohnende Grundannahme ist und bleibt aber die Streitfrage. Die reine Leistungsentsprechung (Programmtransport) schafft für sich nicht die von der Klägerin postulierte „privatrechtliche Leistungsbeziehung zwischen den Parteien“ (IV 363), wenn der Leistungsentsprechung nicht zugleich eine spezialgesetzliche oder sich aus allgemeinen Rechtsregeln ergebende Pflichtigkeitszuweisung zu Grunde liegt, welche in Eigenregie nur kostenintensiv oder in der Fremdübernahme nur entgeltlich geschehen kann. Im Übrigen kann aufgrund einer - einmal gedachten - rechtswidrigen Beauflagung einer Privatperson durch den Staat im Regelfall nur der Staat, dem das gesetzgebende Organ zuzuordnen ist, wegen dieses gesetzgeberischen Übermaßes bei der Auferlegung eines Sonderopfers im Interesse der Allgemeinheit in Haftung genommen werden, nicht unmittelbar ein Dritter, dem diese - rechtswidrige - Aufgabenübertragung mittelbar zugutekommt.
dd)
89 
§§ 826, 242, 138 BGB.
(1)
90 
Nicht anders verhält es sich mit dem Argument, die Kündigung sei nicht auf eine Beendigung der Leistungsbeziehung, „sondern auf die - rechtswidrige - unentgeltliche Inanspruchnahme der Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin“ gerichtet gewesen (IV 364). Denn ist der Beklagte nicht entgeltpflichtig, wird ohne Selbstwiderspruch nur der rechtmäßige Zustand hergestellt.
(2)
91 
Zwar mag denkbar sein, dass die abgestimmte - berechtigte - Kündigung nur zu dem Zwecke geschehen ist, durch den Missbrauch einer formalen Rechtsposition die Klägerin objektiv sittenwidrig und vorwerfbar verwerflich zu schädigen, wie dies etwa angenommen wird bei Ausübung eines Kündigungsrechts in letzter Stunde, um dem Gekündigten die Möglichkeit einer Schadensabwendung zu nehmen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 72. Aufl. [2013], § 826, 5; Oechsler in Staudinger, BGB, § 826 [2013], 197; abl. Wagner in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2013], § 826, 58). Dafür ist aber weder etwas dargetan noch sonst hinreichend ersichtlich gemacht. Die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes mit einem - vertraglich vorgesehenen - Vorlauf von einem halben Jahr bezüglich eines Vertrages, dessen Gegenstand eine Partei bei Vertragsabschluss als demnächst hinfällig bezeichnet hat, steht nach dem Sachstand für nicht mehr als die Wahrnehmung einer vertraglich vorgesehenen Dispositionsmöglichkeit und einen schwelenden, bewusst ungeklärten Grundstreit, der sich vorhersehbar stellte und nun ausgetragen werden muss.
ee)
92 
Verweis auf Entgelthandhabung gegenüber anderen Kabelnetz- oder Satelliten-/Terrestrikbetreibern.
93 
Auch insoweit ist aus der unterschiedlichen tatsächlichen Handhabung je nach Blickwinkel und Standort behauptend einmal das Rechtsmäßigkeitsmodell oder einmal postulierend das Beispiel für eine auch dort bloß kartellrechtswidrige Verhaltensweise abzuleiten. Welcher Blickwinkel richtig ist, ergibt nur die Grundantwort, nämlich, welches Modell auch hier für den Beklagten bindend ist.
ff)
94 
Kartellverstoß gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 1 und 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB.
(1)
95 
Das Nämliche gilt auch insoweit, wie die Ausführungen der Klägerin selbst offenbaren: „Die gemeinsame Kündigung eines gemeinsamen Vertrages mag für sich gesehen kartellrechtlich unproblematisch sein. Das gilt jedoch dann nicht mehr, wenn zugleich rechtswidrig verabredet wird, dass trotz eines bestehenden Kontrahierungszwanges kein Nachfolgevertrag mehr abgeschlossen und die Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin künftig unentgeltlich in Anspruch genommen werden sollen“ (IV 364). Bestand kein Kontrahierungszwang, jedenfalls kein Anspruch auf den Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages, war die Verabredung zur Kündigung ebenso wenig rechtswidrig wie die nachfolgende Verweigerung eines (Neu-)Abschlusses eines solchen Vertrages.
96 
(2) aaa)
97 
Zwar kann auch ein aufeinander abgestimmtes Verhalten, ein bewusst auf Zusammenwirken gerichtetes „Signaling“ dieses Merkmal in § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 AEUV (vgl. zum Verhältnis der Normen etwa Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 1, 4) erfüllen (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 23; ferner Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 11. Aufl. [2011], § 1, 71 und 79) ungeachtet der nachgeordneten Frage, ob im behaupteten koordinierten Verhalten eine bezweckte Beschränkung oder Behinderung liegt (vgl. zum Zweckmerkmal etwa EuGH U. v. 29.10.2009 - C-439/09 [Tz. 47] - Fabre Dermo-Cosmétiqe SAS; U. v. 13.10.2010 - C-32/11 [Tz. 38] - Allianz Hungária [jeweils zu selektiven Vertriebssystemen]) oder bewirkt (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 36; Bunte a.a.O. § 1, 230).
98 
bbb)
99 
Kein abgestimmtes Verhalten ist jedoch das - bewusste oder unbewusste - Nachahmen und das (nur) gleichförmige Verhalten, das für oligopolistische Machtstrukturen typisch ist (Bechtold a.a.O. § 1, 25; Bunte a.a.O. § 1, 74). Zudem schützt § 1 GWB den Wettbewerb nur unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um rechtmäßigen Wettbewerb handelt. Ein vertraglicher Ausschluss der rechtlich gar nicht anerkannten Handlungsfreiheit ist keine „Beschränkung des Wettbewerbs“ im Sinne von § 1 GWB (Bunte a.a.O. § 1, 22).
100 
ccc)
101 
Vorliegend sah der Einspeisungsvertrag vom 27.02.2008 (K 9) schon ein Laufzeitende zum 31.12.2012 vor (§ 13 Ziff. 1 S. 1). Zudem war eine die Verlängerungsklausel hindernde Kündbarkeit für jede der Parteien vorgesehen, wobei die Passage in ihrer Terminologie ersichtlich dort von einem Zweiparteienverhältnis (hier Klägerin, dort Programmveranstalter) ausging („nicht von einer der Parteien ...“, „... für beide Parteien ...“ [§ 13 Ziff. 3 {a}]). Hindert die eine Partei vertraglich - die Verlängerungsklausel hinweggedacht - angelegt die Fortsetzung des Vertragswerks einfach durch sein Auslaufenlassen, so manifestiert sich darin nur ein vertragsimmanentes Dispositionsrecht. Dieses privatautonom angesichts der Personenmehrheit im Lager einer Vertragspartei für jeden Beteiligten auf dieser Vertragsseite vorausgedachte gleichgerichtete Vertragsverhalten macht die vertragsgerecht Vorgehenden nicht zu Kartellanten. Ansonsten wäre etwa jede Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags durch eine nicht nur von einer einzigen Rechtsperson gebildete Mieterseite ein verbotenes Kartell.
102 
ddd)
103 
Erst der außerhalb der reinen Privatautonomie bestehende gesetzliche Druck, solch einen Vertrag (wieder) zu schließen oder ihn erst gar nicht aufzukündigen, ist dann der maßgebliche Ansatz für die Bewertung seiner (Un-)Kündbarkeit.
b)
104 
Diese Pflicht ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Regelkreis im Zusammenhang mit der Übertragungspflicht der Klägerin.
aa)
105 
Die Klägerin trifft eine Übertragungs-/Verbreitungspflicht. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG R. sind die dort genannten - analogen - Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei einer nicht ausreichenden analogen Übertragungskapazität zwingend an erster Stelle zu berücksichtigen. Nach § 52 b Abs. 1 Nr. 1 a des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (RStV) haben Plattformen privater Anbieter mit Fernsehprogrammen innerhalb einer technischen Kapazität im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die für die bundesweite Verbreitung gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme sowie für die Dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich programmbegleitender Dienste, zur Verfügung stehen.
bb)
106 
Dass dieser Pflichtigkeit zugleich Entgelterhebungsregeln beigestellt wären, kann nicht erkannt werden.
(1)
107 
§ 33 LMG dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/22/EG (so auch Hain/Steffen/Wierny [Privatgutachter auf Beklagtenseite] B 33 = VI 693, 701; vgl. auch Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 7 [Privatgutachter für U. M. K. B. GmbH]). Diese sog. Universaldienstrichtlinie (UDRL) hat den Zweck, aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung eines Zugangs zu den bezeichneten Medien zu für jedermann erschwinglichen Bedingungen verfügbar zu machen (vgl. etwa Erwägungsgrund 13, 14 und 37; so letztlich auch Art. 3 Abs. 1 UDRL). Die Mitgliedsstaaten können anhand objektiver Kriterien entscheiden, welchen Unternehmen Universaldienstverpflichtungen auferlegt werden (Erwägungsgrund 14 und 43). Nach Erwägungsgrund 18 sollten die Mitgliedsstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Erwägungsgrund 21 sieht vor: „Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedsstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgelegte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden“. Nach Art. 31 Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten zur Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle und -dienste den unter ihre Gerichtsbarkeit fallenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang von Hör- und Fernsehsendungen nutzen. Abs. 2 S. 1 1. Hs. dieser Norm gab vor, dass weder Abs. 1 dieses Artikels noch Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie) die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten beeinträchtigt, in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen ggf. ein angemessenes Entgelt festzulegen. Sofern ein Entgelt vorgesehen ist, stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass die Erhebung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in transparenter Weise erfolgt (S. 2).
(2)
108 
Danach ging die Richtlinie davon aus, dass den Unternehmen grundsätzlich bis an die Grenze der Kostenunterdeckung die Zugangsleistung abverlangt werden kann im Dienst und Interesse der überragenden Bedeutung der Zugangseröffnung zu solchen Medien für den Bürger als Bestandteil seiner gesellschaftlichen Teilhabe. Die Richtlinie verschloss den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einer Entgeltregelung für die Inpflichtnahme der Unternehmen für diese Leistungserbringung allerdings nicht (vgl. auch Holznagel/Salwitzek, K&R 2013, 454, 455 = B 43 = VI 854, 855; ferner Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 17, wonach Art. 31 UDRL nur das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern regele. „Für das Verhältnis zwischen dem von den Übertragungspflichten Begünstigten und dem verpflichteten Infrastrukturbetreiber ist Art. 31 Abs. 2 UDRL ohne Aussage. Grundsätzlich geht die dort angesprochene Entgeltregulierung von einer Vergütung im Verhältnis zwischen Transporteur und dem transportnachfragenden Inhalteanbieter aus“ - was bloße Behauptung bleibt). Danach hat die Richtlinie einen Entgeltanspruch als Pendant zur (Sozial-)Pflichtigkeit des Netzunternehmens im Sinne der Klägerin als „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ (VI 887, 889 und 891) gerade nicht geschaffen (so auch Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 703).
(3)
109 
In der Umsetzung dieser Richtlinie haben weder der RStV noch das LMG von der grundsätzlich nach Art. 31 Abs. 1 UDRL eröffneten Möglichkeit einer Entgeltregelung Gebrauch gemacht, gar im Sinne einer Entgeltpflicht eines Nutzers.
110 
aaa)
111 
Nachdem das LMG eine Umsetzung der Richtlinie darstellt, kann angesichts der aufgezeigten Regelungsstruktur der Richtlinie (Entgelt die Ausnahme, von der Gebrauch gemacht werden kann) ohnehin erwartet werden, dass eine Gebrauchmachung kenntlich gemacht wird und sich nicht aus einem bloßen Umkehrschluss ergibt, zumal der Beklagte als öffentlich-rechtliche Anstalt angesichts seiner Unterworfenheit unter ein Sparsamkeitsgebot (§§ 14 Abs. 1, 35 Abs. 10 S. 2 RStV) und der Überprüfung seines Finanzbedarfs (§ 14 Abs. 2 RStV; ferner zu Beteiligungsbeschränkungen § 16 b RStV) einer besonderen Legitimation bedarf, um im Umfang von Millionen (Einspeiseentgeltanteil des Beklagten im Jahr: 1,9 Mio. EUR [I 13, 50]) Gelder zu verauslagen, die nicht - so aber die petitio der Klägerin - einzig in einer Komplementarität in der Leistungskoexistenz oder des bloß gedanklichen Vorausgesetztseins liegen kann.
112 
bbb)
113 
Aus § 31 Abs. 3 S. 3 LMG, aus dem die Klägerin die Vergütungspflicht eines Nutzers im Umkehrschluss aber ableitet (I 35), kann solches schon nicht herausgelesen werden. Die Norm korrespondiert mit § 33 Abs. 1 Nr. 3 LMG, auf den sie Bezug nimmt, und bestimmt vielmehr, dass ein analoger Fernsehkanal, bei digitaler Verbreitung wahlweise die digitale Übertragungskapazität, für ein Fernsehprogramm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Die Regelung fügt sich danach bruchlos in das System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit ein.
(4)
114 
Auch § 52 b RStV verhält sich zu Entgelten nicht, auch nicht bloß mittelbar. Soweit die Klägerin auf die Begründung zur 8. Änderung des RStV abstellt (IV 351/352), gibt diese nur den Erwägungsgrund 44 der UDRL wieder, nimmt danach das dortige System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit auf und kann damit nicht als Argument für eine Vergütungspflicht nutzbar gemacht werden.
(5)
115 
Auch aus § 52 d RStV folgt nichts anderes.
116 
§ 52 d S. 1 RStV gibt ein Benachteiligungsverbot vor, S. 2 verpflichtet, dass die Must-Carry-Verbreitung „zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen“ hat, S. 3 will, dass Entgelte und Tarife für Must-Carry-Angebote offenzulegen sind, S. 4, dass diese so zu gestalten sind, dass auch regionale und lokale Angebote angemessene Bedingungen erhalten; S. 5 verweist auf die Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote, welche unberührt bleiben. In den maßgeblichen Sätzen 2 bis 4 ist zwar von Entgelten und Tarifen die Rede. Dass sie unbedingt erhoben werden und insbesondere von den Begünstigten der Must-Carry-Regelung getragen werden müssten, ergibt sich daraus zwingend nicht. § 52 d schafft keinen Entgeltanspruch der Klägerin, sondern sieht nur vor, wenn es zu Entgeltvereinbarungen kommt, welchen Anforderungen diese zu genügen haben (Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 712; so auch LG Berlin AfP 2013, 344 [juris Tz. 84]). Nichts anderes ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung (vgl. auch VI 888). Begünstigte dieser Norm sind allein die Anbieter von Rundfunkprogrammen und vergleichbare Telemedien, nicht aber etwa die Kabelnetzbetreiber. Damit scheidet § 52 d RStV als Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Netzbetreiber aus (so auch Holznagel/Salwitzek a.a.O. 455 m.w.N.; ebenso Dörr ZUM 2013, 81, 98, 99, 105 und 109 = vor B 20 [seinerseits Privatgutachten für das Y.]; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 40, insoweit; auch diese, obgleich beide Privatgutachter für den Kabelnetzbetreiber U. K. GmbH, gelangen nur zum Ergebnis: „... ist also bei der Aushandlung der Einspeiseentgelte zum einen vorgegeben, dass diese offenzulegen sind und dass die Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Eine ausdrückliche Verpflichtung der KNB“ (Kabelnetzbetreiber) „zur unentgeltlichen Weiterleitung erhält die Norm auf jeden Fall nicht“ - einen (ausdrücklichen) Entgeltanspruch vermögen auch diese Autoren insoweit nicht zu entwickeln; ähnlich Trute/Broemel MMR-Beil. 2012, 1, 17 in deren Privatgutachten nun für K. D.: „Diese Vorschrift sieht also im Grunde die Vielfaltsicherung auf der Inhaltsebene durch bestimmte rundfunkrechtliche Rahmenbedingungen“ vor und - ebenfalls nur behauptend -, dass die „Befugnis des Plattformanbieters zur Gestaltung von Entgelten und Tarifen ... mit der Regelung des § 52d RStV vorausgesetzt“ werde [dort S. 18]).
cc)
117 
Soweit die Klägerin auf § 87 Abs. 5 UrhG als systemgleiches Beispiel eines aufeinander bezogenen Kontrahierungszwangs verweist (etwa VI 889), so ist dort in S. 1 1. Hs. geregelt, dass Sendeunternehmen und Kabelunternehmen gegenseitig verpflichtet sind, einen Vertrag über die Kabelweitersendung im Sinne des § 20 b Abs. 1 S. 1 zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht (vgl. allg. Meckel in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. [2013], § 87, 8; Hillig in BeckOK-UrhG, § 87 [Stand: 01.09.2013], 45). Diese schon 1998 (vgl. Hillig a.a.O. 44) eingeführte Regelung kann jedoch gerade als Gegenargument fruchtbar gemacht werden. Denn dort ist der Kontrahierungszwang (OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603; Hillig a.a.O. 45; Dörr ZUM 2013, 81, 107) ausdrücklich gesetzlich niedergelegt. Hat der Gesetzgeber trotz dieser seit über 15 Jahren bestehenden klaren Interessenlösung in einem von der Klägerin für vergleichbar erachteten Rechtskreis aber von einer solchen gesetzgeberischen Vorgabe abgesehen, weshalb die Privatgutachter der Kabelnetzwirtschaft selbst von einer „Asymmetrie in der Ausgestaltung des Kontrahierungszwangs“ sprechen (vgl. Fink/Keber a.a.O. 37), so kann dem Postulat der Klägerin nicht gefolgt werden, hieraus ergebe sich, dass der Interessenkonflikt identisch zu lösen sei.
dd)
118 
Auch Art. 87 f Abs. 2 GG, der u.a. bestimmt, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, die der Bund flächendeckend angemessen und ausreichend gewährleistet (Abs. 1), als privatwirtschaftliche Tätigkeit durch die aus dem Sondervermögen D. B. hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden, gibt der Klägerin keinen Entgeltanspruch. Denn damit geschieht nur eine organisatorische Vorgabe für ein Handeln in Privatrechtsform (vgl. Nachweise bei Cornils in BeckOK-TKG, 4. Aufl. [2013], A, 19, FN 52). Selbst wenn man annimmt, Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG garantiere den in den Post- und Telekommunikationsmärkten tätigen Unternehmen, auch und ohne Unterschied denjenigen mit Bundesbeteiligung, materielle Privatautonomie, d.h. nicht durch spezifisch öffentlich-rechtliche Gemeinwohlbindungen überlagerte Handlungsfreiheit, typischerweise ausgerichtet auf die unternehmerische ratio des Erwerbsstrebens und eingebunden nur in die für jedermann geltenden privat- und wirtschaftsrechtlichen Regeln (Cornils a.a.O. 19), so herrscht doch auch insoweit die Ansicht vor, dass Art. 87 f Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Gewährleistung unmittelbar nur den Staat, nicht aber die privaten Akteure verpflichte (Cornils a.a.O. 19; Windthorst in Sachs, GG, 6. Aufl. [2011], Art. 87 f, 9). Denn Art. 87 f GG steht nur für einen Transfer des Versorgungsmodells. Selbst wenn mit der Privatwirtschaftlichkeit ein berechtigtes Gewinnstreben auch durch die Erhebung von Entgelten einhergeht, ist damit nichts darüber ausgesagt - ungeachtet des personalen Anwendungsbereichs der Norm -, ob der privatwirtschaftlich Tätige nicht gleichwohl einer besonderen Sozialpflichtigkeit unterworfen ist, welche für die Wirtschaftstätigkeit im Gewährleistungsbereich des Art. 87 f GG angenommen wird (vgl. etwa Möstl in Maunz/Dürig, GG, Art. 87 f [10/2010], 43; LG Berlin a.a.O. [V 593/594]). Deshalb gelangen selbst Trute/Broemel a.a.O. [S.18] insoweit zum Ergebnis: „Auf eine explizite rundfunkrechtliche Entgeltregulierung unter Vielfaltsgesichtspunkten wird ausdrücklich verzichtet und die Bildung von Entgelten dem Markt überlassen, ...“.
ee)
119 
Diese aufgezeigte besondere Pflichtigkeit ist auch Schrankenbestandteil des Art. 14 GG, den die Klägerin zur Grundlage eines Entgeltanspruchs erhebt. Ungeachtet des schon oben angesprochenen Umstandes, dass Art. 14 Abs. 1 GG eine Geltungsanordnung mit unmittelbarer Drittwirkung nicht zukommt (Papier in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 14 [7/2010], 219; Scholz in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 12 [6/2006], 77), ist das Eigentum ohnehin einer Inhalts- und Schrankenbestimmung unterworfen. Begrenzungen der Eigentumsbefugnisse sind als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BVerfGE 100, 226, 241; BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 19]). Dies gilt gerade für Universaldienstleistungen. Denn hinsichtlich der Basisversorgung mit Universaldiensten ist das Telekommunikationsgesetz also nicht nur aus europarechtlichen Gründen, sondern auch schon verfassungsrechtlich Ertrag der Erfüllung einer legislatorischen Pflichtaufgabe (Cornils a.a.O. 13; vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 13, 14, 37 und 44 zur UDRL; ferner EuGH EuZW 2013, 347 [Tz. 45 f] - Sky Österreich, dort zur Beschränkbarkeit der durch Art. 16 der Charta gewährleisteten Unternehmensfreiheit auch in Bezug auf Übertragungsrechte wegen Kurzberichterstattungsrechte Dritter). Die Klägerin hat danach das Netz als Universaldienstmedium mit dieser Pflichtigkeit erworben. Wird sie davon - wie europarechtlich als Möglichkeit vorgesehen - nicht im Wege einer Kompensation befreit, kann sie diese Pflichtigkeit ohne gesetzliche Entgeltregelung, schon gar nicht aus dem allgemeinen Gedanken der Art. 14 oder 12 GG, nicht gleichwohl kommerzialisieren (vgl. allg. BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 21], dort auch zu denkbaren kompensatorischen Entschädigungsansprüchen, aber auch zum Adressaten eines solchen Anspruchs).
ff)
120 
Auch die Behauptung, die hier streitige Rechtsfrage sei bereits höchstrichterlich im Sinne der Klägerin geklärt, verfängt nicht. Die dazu angeführte Entscheidung BGH NJW 1996, 2656 - Pay-TV-Durchleitung bezieht sich ohnehin auf einen Rechtszustand vor der UDRL 2002 und befasst sich, abgesehen von nicht bejahten Ansprüchen nach dem damaligen RStV (vgl. BGH a.a.O. [juris Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung, offengelassen, ob Art. 5 GG einen Durchleitungsanspruch auszulösen vermag: a.a.O. [juris Tz. 21]), ausschließlich mit kartellrechtlichen Fragen (vgl. auch Dörr a.a.O. 107).
gg)
121 
Danach kann weder dem Telekommunikationsrecht noch den genannten Regeln des Rundfunkrechts eine legislative Entscheidung über eine Entgeltpflicht entnommen werden noch kann eine einseitige unternehmerische Prärogative zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber als bindend vorausgesetzt werden (so auch Ladeur ZUM 2012, 939, 943 = B 10).
c)
122 
Auch dem spezialrechtlichen Rechtskreis, der sich auf den Beklagten und dessen Stellung bezieht, ist dessen Entgeltlichkeitspflicht nicht zu entnehmen.
aa)
123 
Eine solche Pflicht zur Entgeltlichkeit ergibt sich zu Lasten des Beklagten nicht aus Bestimmungen des RStV.
(1)
124 
§ 11 Abs. 1 S. 1 RStV gibt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Auftrag u.a. vor, „durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken“. § 19 definiert den Versorgungsauftrag dahin: „Die in der X. zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das Y. und das ...radio können ihrem gesetzlichen Auftrag durch Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Bei der Auswahl des Übertragungswegs sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme ist unzulässig“.
(2)
125 
Diesen Versorgungsauftrag erfüllt der Beklagte nach Kündigung des Einspeisungsvertrages durch Herstellung seiner Programme und - hier entscheidend - deren Verbreitung über Satellit und DVB-T (terrestrische Sendeanlagen).
(3)
126 
Dass der Verbreitungsauftrag die - weitere - Einspeisung und Bedienung auch des Kabelnetzes der Klägerin mit umfassen würde, folgt aus den genannten Bestimmungen des RStV nicht. § 11 RStV umschreibt mit nachgerader Selbstverständlichkeit die Kernaufgabe solcher öffentlich-rechtlicher Einrichtungen (vgl. auch BVerfGE 78, 118 [juris Tz. 89]; E 119, 181 [juris Tz. 122]). Dass die Aufgabe der Rundfunkanstalten auch auf das Verbreiten angelegt ist, ist nahezu Wesensmerkmal des Rund-Funks. Neben dieser Wesensumschreibung leistet die Norm nichts dazu, wie diese Aufgabe konkret zu bewältigen ist, insbesondere auf welchem technischen Wege (ebenfalls verneinend in diesem Sinne LG Köln ZUM 2013, 505 [juris Tz. 94] = B 22; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 34).
(4)
127 
Auch § 19 RStV, welcher die Nutzung geeigneter Übertragungswege vorschreibt, gibt nicht - und sei es im Verbund mit dem Grundversorgungsauftrag und der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 GG - das vor, was die Klägerin als Inhalt dieser Pflichtigkeit ansieht, nämlich dass der Beklagte das Netz der Klägerin unbedingt benutzen muss (ebenso verneinend LG Köln a.a.O. [juris Tz. 96]).
128 
aaa)
129 
§ 19 RStV räumt der Rundfunkanstalt ersichtlich ein Ermessen ein, auf welchem technischen Wege sie ihrer Verbreitungspflicht nachkommen will (ebenso LG Mannheim U. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart [B 23 = V 527 f, 541]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 [B 26 = V 600 f, 611]).
130 
bbb)
131 
Der Funktionsauftrag des öffentlichen Rundfunks schließt auch ein, da das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offenbleiben muss, dass der Auftrag dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist; der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmatischer, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden. Die Finanzierung muss entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht ausgestaltet werden. Dem entspricht die Garantie funktionsgerechter Finanzierung. Die Mittelausstattung muss nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden (BVerfGE 119, 181 [juris Tz. 130]). Von der Freiheit öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Programmautonomie umfasst. Die Entscheidung über die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms steht den Rundfunkanstalten zu. Eingeschlossen ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme (BVerfGE a.a.O. [juris Tz. 131]).
132 
ccc)
133 
Zwar erschöpft sich die Rundfunkfreiheit nicht in einem Schutzanspruch der Rundfunkanstalten selbst, ist also nicht ausschließlich Selbstzweck für diese. Die Rundfunkanstalt hat in ihrer Funktion wegen ihres gesicherten Status‘ auch in ihrer Finanzierungssicherheit eine dienende Funktion (so auch Trute/Broemel a.a.O. 8), was sie verpflichtet, ihre Beiträge zum demokratischen Diskurs auch breitmöglichst nach außen zu tragen und zur Verfügung zu stellen.
bb)
134 
Dieser Aufgabe kommt die Rundfunkanstalt allerdings nach, indem sie ihr Programm so verbreitet, dass es verfügbar ist für die Aufnahmewilligen über die für diesen maßgebliche, weil im Zeitpunkt der Verbreitung des Programmsignals vorherrschende Infrastruktur. Insoweit genügt der Beklagte seiner Pflichtigkeit, indem er ein Signal verbreitet, das von solchen herrschenden Infrastrukturen aufgenommen, verarbeitet, verbreitet und zu einem Empfänger transportiert werden kann. Es ist nicht Inhalt der Versorgungspflicht, dass ähnlich der Stromversorgung die Rundfunkanstalt einen eigenen Kabelanschluss für jeden Haushalt herstellen müsste. Es genügt vielmehr, dass das Signal empfangbar ist. Dass die Ausstrahlung des Programmsignals auf terrestrischem Wege und insbesondere über Satellit dieses Erfordernis der Empfangbarkeit nicht erfüllt, wird nicht behauptet, da die Klägerin selbst es auf diesem Wege aufnimmt und an den Empfänger versendet/transportiert. Dass aufgrund technischer Entwicklung manche Hörer/Seher das Programmsignal über ein zwischengeschaltetes Kabelnetz empfangen, schlägt auf die Erfüllung der Grundversorgungsaufgabe des Beklagten ebenso wenig durch, wie dass ein steigender Anteil der Endkunden seine Programme über internetspezifische Netze aufnimmt. Auch insoweit wird schwerlich zu fordern sein, dass der Beklagte dem Zeitenwandel folgend ein eigenes internetfähiges Versorgungsnetz aufbauen muss. Können solche fremdbetriebenen Netze sein Signal aufnehmen, so stellt dieser Transport eine zwischengeschaltete Leistung eines Dritten dar, welche vom Grundsignal des Beklagten lebt, nicht aber wesensmäßigen Bestandteil der notwendigen Infrastruktur des Beklagten für seinen Grundversorgungsauftrag darstellt. Schon gar nicht ergibt sich aus dieser Zwischenschaltung, dass der Beklagte für die Umwandlung seines Signals und dessen Zwischentransport zugleich zu zahlen hat. Zu Ende gedacht, müsste der Beklagte sonst auch dem Internetanbieter eine Vergütung dafür erbringen, dass dieser das Programmsignal des Beklagten als Teil des eigenen Internetangebotes auflädt und dem Endkunden zuführt. Die heute noch nicht absehbare Diversifizierung der Rezeptionsstrukturen und damit Rezeptionsmittlermodelle wird möglicherweise dazu führen, dass der Beklagte sein Programmsignal auch für dann maßgebliche Techniken in einem gewissen Umfang kompatibel wird machen müssen, nicht aber dazu, dass er jedem Veranstalter eines jeglichen Transportmodells ein eigenes Entgelt entrichtet. Dass die Anbieter von Internetplattformen den Transport des Beklagtensignals freiwillig vornehmen, während die Klägerin dies im Rahmen des sog. Kabelbelegungsregimes gezwungenermaßen leistet, ist Bestandteil ihres Geschäftsmodells, mit dem sie ihren Marktauftritt genommen hat, und damit zu verorten bei der Frage, ob sie für diesen Leistungszwang gesetzliche Kompensation verlangen kann - was nach dem Vorgenannten zu verneinen ist -, und ist für sich nicht durchschlagender Gesichtspunkt, die Leistungsbezüglichkeit zwischen Klägerin und Beklagtem durch Einspeisungsentgelte zu kommerzialisieren.
cc)
135 
Auch soweit die Klägerin an unionsrechtliche Beihilfegrundsätze anknüpft (I 42 und 43, insbes. Trute/Broemel a.a.O. 22 f), führt diese Sicht, dass die Gebührenfinanzierung der Rundfunkanstalten als Beihilfe, weil strukturelle Koppelung von unabhängiger Finanzierung und Erfüllung des Gemeinwohlauftrages, eine Technologieneutralität bedinge, mit der Verpflichtung, die Kabelnetzbetreiber gegenüber anderen Betreibern von Übertragungsinfrastrukturen nicht zu benachteiligen, in der langen argumentativen Verknüpfungskette schon daran vorbei, dass das Beihilferecht zwar einem Konkurrenten subjektive Rechte einräumt (BGHZ 196, 254 [Tz. 14] - CEPS-Pipeline; Z 188, 326 [Tz. 19 f] - Flughafen Hahn), nicht aber gegenüber jedermann, der von dem Einsatz der Beihilfe betroffen sein könnte, eine Schutzwirkung entfaltet (Rennert EuZW 2011, 576, 582; vgl. auch Ladeur a.a.O. 942). Ohnehin, gelangte man in dieser Argumentationskette überhaupt zu einer Technikneutralität als anspruchsgebendem Rechtssatz, ist die Frage, ob diese Neutralität gerade die mit der Klage eingeforderte Kompensation zur Folge hat, zu verneinen (so auch Ladeur a.a.O. 942).
5.
136 
Da die Klägerin nach der gesetzlichen Ausgestaltung ihrer Übertragungspflicht (sog. Kabelbelegungsregime) nicht gleichsam für den Beklagten handelt und der Beklagte seinerseits nicht verpflichtet ist, als Bestandteil seines eigenen Grundversorgungsauftrages die Infrastruktur der Klägerin zu nutzen, somit weder ausdrücklich noch in einer ersichtlichen gesetzlichen Wechselbezüglichkeit die Versorgungsbeiträge der Parteien aufeinander bezogen sind unter gleichzeitiger Zuweisung der wirtschaftlichen Lasten an den Beklagten, kann sich allenfalls aufgrund von Marktpositionen und einer an der Freiheit des Wettbewerbs ausgerichteten Bewertung ergeben, dass der Beklagte gehalten sein muss, Kosten des Signaltransportes zu tragen. Da aus spezialrechtlichen Bestimmungen aus der bloßen Bezogenheit der Leistungshandlungen der Parteien aufeinander keine Entgeltpflicht des Beklagten abzuleiten ist, bleibt nur noch die Prüfung, ob ein Machtgefälle zwischen ihnen besteht und ob dieses hinreichender Ansatz sein kann, im Rahmen eines wettbewerblichen Ordnungsschutzes (Kartellrecht) eine Korrektur im Sinne des klägerischen Anliegens herbeizuführen (so auch Ladeur a.a.O. 944).
137 
Dies ist mit dem Landgericht im Ergebnis zu verneinen.
a)
138 
Anspruch gemäß § 19 Abs. 1 GWB.
aa)
139 
Darüber, dass der Beklagte unter den Unternehmensbegriff dieser Norm fällt (vgl. BGHZ 110, 371 [juris Tz. 35] - Sportübertragungen; vgl. auch Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 130, 9; Stadler in Langen/Bunte a.a.O. § 130, 13), streiten die Parteien zu Recht selbst nicht.
bb)
140 
Zwar ist das GWB seit Vertragsschluss, Vertragsbeendigung zum 31.12.2010 und auch vor und nach dem erstinstanzlichen Urteil (20.03.2010) geändert worden gerade auch in seinen §§ 18 bis 20 GWB. Auch mag abweichend von der wohl landgerichtlichen Sicht mit dem Gesichtspunkt des zeitlich relevanten Marktes zum 31.12.2012 (US 40) auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sein, wenn es um den reinen Kontrahierungszwang als (auch) aktuelle Pflicht zum Neuabschluss geht. Allerdings sind sachliche Änderungen mit der Neuregelung (vgl. im Einzelnen Bechtold a.a.O. § 19, 1 und § 18, 1, mit Ausnahme des Marktanteils für die Monopolvermutung) nicht verbunden (BT-Drs. 17/9852 [S. 23 und 24]; Bechtold a.a.O. § 19, 1). Deshalb legt der Senat die Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung seiner weiteren Sachbefassung zu Grunde.
141 
cc)
(1)
142 
Zwar ist der Beklagte für seine Programmsignale, da es keine anderen als seine insoweit gibt, ebenso marktbeherrschend wie die Klägerin mit identischer Erwägung für ihr eigenes Kabelnetz.
(2)
143 
Die je nach Verbotstatbestand differenzierend zu handhabende Feststellung des relevanten Marktes folgt aber dem sog. Bedarfsmarktkonzept, nach welchem einem bestimmten relevanten Markt alle Produkte oder Dienstleistungen zuzurechnen sind, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (BGHZ a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung; GRUR 2000, 95 [juris Tz. 8] - Feuerwehrgeräte; vgl. auch Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20 f). Auszugehen ist von der Nachfrage der Anbieter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen nach der Durchleitung ihrer Programme zu den Empfängern mittels Kabeln oder anderen technischen Vorrichtungen, die denselben Erfolg gewährleisten, nämlich dass die Anbieter mit ihren Programmen die Empfänger erreichen. Räumlich ist der jeweilige Markt davon bestimmt, dass es den die Durchleitungen nachfragenden Programmanbietern darum geht, gerade die von ihnen ins Auge gefassten Empfänger - nicht beliebige andere Empfänger - zu erreichen (so BGH a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung, dort aber zum umgekehrten Prüfansatz des von einem Sender geltend gemachten Anspruchs auf unentgeltliche Durchleitung).
144 
dd)
(1)
145 
Vorliegend leitet der Beklagte nichts (mehr) ein im Sinne einer zielgerichteten, bewussten Signalzufuhr zur Klägerin. Diese bedient sich einer vom Beklagten an jedermann gestreuten Programmsendung. Danach fragt der Beklagte keine Einspeisungsleistung der Klägerin mehr nach.
(2)
146 
Auf dem Signalbelieferungsmarkt ist der Beklagte dann als Anbieter nicht marktbeherrschend, da er nur etwa 2 % (vgl. I 77, 79, 100, 101, II 184) des Signalangebots des Gesamtmarkts der Signalanbieter, gemessen am Zuschaueranteil und danach in etwa der Signalmenge der tatsächlich einspeisenden und Programmdaten liefernden Sender, bedient, womit der Beklagte nicht als marktbeherrschend angesehen werden kann (vgl. § 18 Abs. 4 GWB; so auch LG Berlin a.a.O. V 596).
(3)
147 
Auch wenn die Programmsignale der vormaligen Gegenpartei (Personenmehrheit) des Einspeisungsvertrages 2008 als Maßstab herangezogen werden, so liegt deren Marktanteil, wie ebenfalls unwidersprochen geblieben ist (Klägerin selbst I 38), bei 26 % nur auf die X. bezogen (I 70), auf alle Mitglieder der Vertragspartner der Klägerin im Einspeisungsvertrag bei ca. 41,7 % (vgl. etwa I 70, II 184), womit allenfalls ein Fall des § 18 Abs. 5 GWB erfüllt wäre.
ee)
148 
Auch wenn man mit dem Landgericht - dort mit einer anderen Marktabgrenzung - den Beklagten im Verbund mit den übrigen Begünstigten des Must-Carry-Status‘ als Oligopol (§ 19 Abs. 2 S. 2 GWB [a.F.], nun § 19 Abs. 5 GWB) ansieht, zumal die Klägerin auf den Bezug auch der Programmsignale dieser Vertragspartei angewiesen ist, kann der landgerichtlichen Wertung im Ergebnis ebenfalls beigetreten werden.
(1)
149 
Denn ein Missbrauch, insbesondere dadurch, dass die Klägerin unmittelbar oder mittelbar behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt wird als gleichartige Unternehmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB; vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 GWB als getrennt geregelte Behinderungsverbote: Bechtold a.a.O. § 19, 1 und 6), liegt nicht vor.
150 
aaa)
151 
Die Unbilligkeit kann nicht im unentgeltlichen Angebot des Programms an sich liegen. Denn anderes bieten auch andere, auch private Sender, nicht.
152 
bbb)
153 
Die Klägerin sieht denn auch den Missbrauch darin, dass der Beklagte ihr sein Anerbieten unentgeltlich macht, obgleich er - wie unstreitig ist - gegenüber den Betreibern von Satelliten oder - soweit der Beklagte nicht selbst Betreiber ist - von terrestrischen Sendeanlagen ein Entgelt entrichtet. Der Missbrauch soll im unterschiedlichen Entgeltlichkeitsangebot des Beklagten liegen.
154 
ccc)
155 
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Fall GWB legt marktbeherrschenden Unternehmen zusätzliche Rücksichtnahmepflichten auf, welche sie verpflichten, wettbewerbsinkonformes, leistungsfremdes Marktverhalten zu unterlassen, um so einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen entgegenzuwirken (Bechtold a.a.O. § 19, 7); er verbietet die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen (Bechtold a.a.O. § 19, 8; so auch vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB); erfasst sind die den betreffenden Unternehmen objektiv nachteilige Maßnahmen (BGH WuW/E 863, 869 - Rinderbesamung II; Z 81, 322 [juris Tz. 26] - Original-VW-Ersatzteile; Bechtold a.a.O. § 19, 14; Nothdurft in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 145; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 19, 112 f; so schon Bechtold, GWB, 6. Aufl. [2010], § 19 [a.F.], 77). Die Behinderung wird erst unbillig aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes (Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 19, 16). Dabei wird die gebotene Interessenabwägung auch durch gesetzliche Wertungen in anderen Bereichen beeinflusst (BGH WuW/E 2805, 2809 - Stromeinspeisung; Bechtold a.a.O. 17 m.umfängl.N.).
156 
ddd)
157 
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass in der Nichtzahlung eines anderweitig anerbotenen und entrichteten Entgeltes zwar eine Beeinträchtigung im Sinne der Norm liegt. Dieser Umstand allein trägt jedoch nicht das weiter notwendige qualitative Unwerturteil der Unbilligkeit. Denn der Beklagte hat - wie aufgezeigt - seine ihm übertragene Aufgabe durch die Abgabe seines Programmsignals an Satelliten oder terrestrische Sendeanlagen erfüllt. Bietet er auch der Klägerin sein Sendesignal, und zwar kostenlos, an, so stellt dies nur einen Annex seines Grundversorgungsauftrags dar, der sich gegenüber weiteren Transporteuren wie der Klägerin nur auf die Nichtvorenthaltung seines Signals beschränkt. Die Klägerin fragt aufgrund eigener Pflichtigkeit nach. Ist aber der Grundversorgungsauftrag des Beklagten durch Weiterleitung seiner Programmsignale an die erstaufnehmende Verbreitungstechnik (Satellit und DVB-T) erfüllt, so endet auch dort die mit seinem Kernauftrag notwendigerweise einhergehende Verbreitungslast, sprich sein Finanzaufwand insoweit. Es ist nicht unbillig, wenn er für eine darüber hinausgehende kostenlose Freimachung seines Signals für weitere Signalmittler nicht zusätzlich die gleichen Aufwendungen zu Gunsten dieser Nachfrager tätigt. Das Verständnis der Koexistenz gleichwohl aufeinander bezogener Pflichtigkeiten bestimmt auch das Unwerturteil, hier Werturteil in ihrem ordnungsrechtlichen Begegnen.
ff)
158 
Nichts anderes gilt für § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. GWB.
(1)
159 
Betreiber von Satelliten und terrestrischen Anlagen sind in Bezug auf die Klägerin schon nicht gleichartige Unternehmen, da diese in ihrer Grundfunktion (vgl. hierzu BGHZ 101, 72 [juris Tz. 29] - Krankentransporte; Bechtold a.a.O. § 19, 37; Nothdurft a.a.O. § 20, 97) unterschiedlich sind, hier die Erfüllung der Grundversorgung, dort die bloß allgemeine Zugänglichmachung des Programmsignals für zusätzliche Programmverwerter.
(2)
160 
Zudem gibt es auch neben der Unterschiedlichkeit in der Grundfunktion dieser Unternehmen als sachlichen Grund für eine abweichende Behandlung auch den in die gebotene Interessenabwägung (vgl. BGH GRUR 2005, 177 [juris Tz. 14] - Sparberaterin; Bechtold a.a.O. § 19, 42; Nothdurft a.a.O. § 20, 121; vgl. auch BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, dort zu diesem Tatbestand in § 26 Abs. 2 GWB ) einzustellenden weiteren Gesichtspunkt, dass die Klägerin das Programmangebot des Beklagten - anders als die Betreiber der Satelliten- oder terrestrischen Sendeanlagen - zu einem äußerst werthaltigen und für sie unverzichtbaren Produkt (Klägerin selbst I 133) als wesentlichen Bestandteil ihres Geschäftsmodells macht, damit Wertschöpfungen vornimmt und sich mit diesem Teil ihres Gesamtleistungspaketes in nennenswertem Umfang finanziert.
(3)
161 
Und nicht zuletzt tritt als weiterer, eigenständiger Gesichtspunkt hinzu, dass der Beklagte gleichartige Unternehmen, nämlich 350 Kabelnetzbetreiber, nicht anders behandelt - wie unstreitig ist (vgl. Klägerin IV 354, 358). Dass diese wegen deren angeblicher Beschränkung auf die Netzebenen 3 und 4, mithin auf die Vermittlungsstufen unmittelbar am Endkunden, nicht gleichartig zur Klägerin seien, kann nicht erkannt werden. Dem Beklagten geht es nur um die Versorgung von Endkunden mit seinem Signal und nicht um die Stärkung von Zwischennetzen. Letzteres ist die originäre Zusatzaufgabe der Klägerin als Netzübernehmerin, welche sie in ihrer Grundfunktion der Endkundenversorgung im Rahmen von Universaldiensten nicht andersartig macht. Dass jene 350 Kabelnetzbetreiber sich nur der missbräuchlich ausgenutzten Marktmacht des Beklagten, seinem Diktat insoweit unterworfen hätten, entwertet das Vergleichsmarktmerkmal in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB per se und ist damit schon nicht systemkonformer Einwand. Im Übrigen ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass nur 4 - und diese ohnehin konzernverbunden - von diesen 350 Kabelnetzbetreibern ein Verfahren gegen ihn angestrengt hätten und allenfalls in einem von diesen nach dem jeweiligen dortigen Verfahrensstand überhaupt noch eine dem Beklagten ungünstige Entscheidung denktheoretisch erwartbar sein könne. Nichts anderes ergibt sich im Kern nach dem bisherigen Streitstand (Klägerin IV 359, K 26 und BK 5 = IV 462 - 466)
gg)
162 
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ist ebenfalls nicht erfüllt, auch wenn unter sonstigen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu etwa Bechtold a.a.O. § 19, 53; Nothdurft a.a.O. § 19, 135) auch das hier unentgeltliche, in anderen Bezügen entgeltliche Leistungsangebot des Beklagten erfasst werden kann. Der Beklagte fordert aber nichts. Er verlangt keinen Einspeisungsvorgang. Im Übrigen bleibt der Verweis auf die 350 Kabelnetzbetreiber mit vergleichbarer Funktion, denen gegenüber der Beklagte ebenfalls nichts entrichtet.
hh)
163 
Hinsichtlich § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB gelten die nämlichen Erwägungen mit einem nicht vorhandenen Fordern und einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung.
ii)
164 
§ 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB (vormals § 20 Abs. 3 S. 1 GWB) soll Nachfragemacht-Missbrauch erfassen und bezweckt nicht den Schutz der Marktgegenseite (so Bechtold a.a.O. § 19, 84 m.N.), sondern nach überwiegender Meinung den Wettbewerber des Nachfragers und allenfalls sekundär einen Schutz des Anbieters vor einem markstarken Nachfrager (Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, KartellR, 2. Aufl. [2009], § 20 [a.F.], 113 m. N.). Beim vorliegenden Wertungsansatz ist der Beklagte schon nicht Nachfrager. Jedenfalls aber entscheidet über die Erfüllung diese Verbotstatbestandes letztlich wiederum nur eine Interessenabwägung, die genügend Spielraum zwischen wettbewerbsschädlichem und wettbewerbskonformem Verhalten eröffnet. Damit kommt der Interessenabwägung die zentrale Bedeutung zu, die sie auch im Tatbestand des § 20 Abs. 1 GWB hat (Nothdurft a.a.O. § 20 [a.F.], 218; so auch Loewenheim a.a.O. 116 und 121; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 20 [a.F.], 220 f., und zur Systematik 239; wonach sich die Vorschriften nach § 19 Abs.1 und 4 und § 20 Abs. 3 und 4 GWB [jeweils a.F.] fast vollständig überschneiden, was für die nur redaktionell anders geordneten Nachfolgenormen in gleicher Weise zutrifft). Damit gilt auch fort, dass das Streben nach günstigen Konditionen sowohl auf Abnehmer- wie Anbieterseite als solches wettbewerbskonform ist; daraus, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bedingungen und Preisen geführt hat, kann nicht ohne weiteres ein Verstoß hergeleitet werden (so BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, noch zu § 26 Abs. 2 GWG [a.F.]). Besteht aber der vom Senat zu Grunde gelegte Unterschied in der Verbreitungsfunktion der Klägerin einerseits und den Betreibern von Satelliten und terrestrischen Anlagen andererseits in Bezug auf den Auftrag des Beklagten, so behandelt dieser nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches berechtigt unterschiedlich, was auch das Ergebnis der gebotenen Interessenabwägung des Beklagten zwingend als nicht fehlsam bestimmt und einer Tatbestandsverwirklichung insoweit entgegensteht.
b)
165 
Auch § 20 GWB ist der Klägerin mit seinen nun nicht in § 19 GWB [n.F.] verorteten weiteren Tatbeständen nicht behilflich.
aa)
166 
Die Klägerin kann mit ihrem Gewinn von 159,4 Mio. EUR (so Klägerin selbst: I 7) und einer unwidersprochen gebliebenen Umsatzangabe von 1,158 Milliarden EUR (I 67, 68, II 195) nicht als kleines oder mittleres Unternehmen angesehen werden (vgl. hierzu Bechtold a.a.O. § 20, 10 m.N.). Darauf stellt die Klägerin selbst nicht ab.
bb)
167 
Im Übrigen ergeben sich gegenüber den im Einzelnen behandelten Gesichtspunkten zu § 19 GWB hier keine abweichenden Wertungsansätze.
c)
168 
Doch auch wenn man mit der Klägerin (so etwa I 38, IV 344, VI 875), dem Landgericht (US 40), dem LG Mannheim (V 541, 542), dem LG München I (V 566) und einer verbreiteten Spruchpraxis des Bundeskartellamtes (wohl allerdings noch unter der Gegebenheit eines Einspeisungsvertrages) davon ausgehen würde, dass bei dem juristischen Bewertungsvorgang der Bestimmung des relevanten Marktes (Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20: „zweckbezogen... anzuwenden“) der Einspeisemarkt der maßgebliche ist (so nur in einer Alternativbetrachtung: LG Berlin [V 596]; offengelassen von LG Bremen [V 613]), auf dem der Beklagte Nachfrager ist, und zwar in R. (vgl. auch IV 344) - was insbesondere geboten sein könnte bei der Prüfung, ob die Kündigung unwirksam, da kartellrechtswidrig war, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Einspeisevertrag und damit eine Einspeiseleistung des Beklagten noch vorlagen -, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes.
aa)
169 
Mit dem Landgericht stünden sich bei diesem Bewertungsansatz (Beklagter als Nachfrager einer Einspeisungsleistung der Klägerin) aus Sicht der Anbieter für Einspeiseleistungen, also der Breitbandkabelnetzbetreiber, was die bloße Einspeisung als objektiv nachgefragte Leistung anbelangt, dann die Programmsignale, also sowohl der privaten als auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, hinsichtlich ihrer Eigenschaften, ihres Verwendungszwecks und ihrer Preislage so nahe, dass sie bezüglich der Einspeiseleistung als solcher als gegeneinander austauschbar und funktionell gleichwertig angesehen werden. Zu dem sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehören daher alle Rundfunkveranstalter, die ihre Programmsignale in das Breitbandkabelnetz der Netzbetreiber einspeisen lassen bzw. für eine solche Einspeisung objektiv zur Verfügung stellen (so LG US 40).
bb)
170 
Daran gemessen ist der Beklagte für sich genommen wiederum nicht marktbeherrschend, da die Klägerin ausreichende Ausweichmöglichkeiten besitzt. Dass, worauf sich die Klägerin bezieht, der Beklagte aufgrund seines Must-Carry-Status‘ „als Nachfrager für die speziell ihm medienrechtlich reservierten Kapazitäten gesetzt ist“ (VI 875), er deshalb „ein rechtlich begründetes Nachfragemonopol“ innehabe (VI 875), was auch kartellrechtlich relevant sei, wird von der insoweit von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 42, 318 - Rinderbesamung I nicht getragen. Denn dort war die Rinderbesamungsgemeinschaft ohne Wettbewerber, was zumindest zu einem wesentlichen Teil auf einem gesetzlich zugewiesenen Monopol beruhte („Zustellung als ‚Besamungsstelle‘“; vgl. BGHZ a.a.O. [juris Tz. 12] - Rinderbesamung I). Hier ist das Monopol, der Anbieterzwang, aber der Klägerin auferlegt, was dem LG Bremen u.a. Anlass war, einen kartellrechtlichen Verstoßtatbestand zu verneinen (V 613).
cc)
171 
Doch auch insoweit, auch wenn der Beklagte im Verbund mit den übrigen Vertragsbeteiligten auf seiner Seite als Oligopolist gewertet würde, führte dies nur zu den oben a) und b) schon dargestellten Wertungen, insbesondere auch unmittelbar zu denjenigen des Landgerichts, auf welche der Senat bei diesem Wertungsansatz Bezug nimmt. Auch unter einer - insoweit - anderen Ausrichtung der Marktabgrenzung kommt auch dem Umstand, dass etwa R. oder P. Entgelte (weiterhin) an die Klägerin für die Einspeisung von deren Programmsignalen entrichten, kein Üblichkeitscharakter und damit keine Maßstäblichkeit zu. Denn zum einen entspricht es dem Vortrag der Klägerin, dass dies auch wegen deren besonderer Anforderung im Zusammenhang mit der HD-Technik erfolgt (II 137, VI 870); zum anderen ist den Privatsendern wegen des mit deren Reichweite verknüpften Werbeaufkommens in weit höherem Maße als den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an der Aufnahme ins Programm der Klägerin überhaupt, zudem an einer besonders bequemen Kanalbelegung gelegen.
6.
172 
Dieses Ergebnis im Rahmen des aufgezeigten Anspruchsgefüges führt dazu:
a)
173 
Der Hauptantrag (Ziff. 1 a: Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages 2008 über den 31.12.2012 hinaus) ist unbegründet, da der Kündigung keine durchgreifenden Rechte der Klägerin entgegenstehen, auch nicht im Sinne eines sogleich greifenden Kontrahierungszwanges.
b)
174 
Dies macht auch den Hilfsantrag (Antrag Ziff. 1 b) unbegründet, da auch kein Anspruch auf den Abschluss eines gleichgerichteten Standard-Einspeisungsvertrages besteht.
c)
175 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c scheitert, da das Gericht mangels Kontrahierungszwanges auch nicht Bedingungen eines abzuschließenden Einspeisungsvertrages bestimmen muss.
d)
176 
Da die vorgenannten Ansprüche unbegründet sind, ergeben sich auch keine Schadensersatzansprüche aus Kündigung oder Nichtabschluss eines Neuvertrages.
e)
177 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 e verfängt nicht, da die Klägerin mit der Einspeisung nur ihr Geschäft und keines der Beklagten erbracht und diese somit auch nichts auf Kosten der Klägerin ab 01.01.2013 ungerechtfertigt erlangt hat. Der entgegenstehende Wille des Beklagten bleibt beachtlich und ist im Rahmen des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu übergehen, weil es auch einen Geschäftsauftrag für den Beklagten wie von der Klägerin behauptet nicht gibt.
178 
f)
aa)
179 
Soweit die Klägerin mit diesem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass sie zur Netzeinspeisung und Vorhaltung von Kapazitäten nicht verpflichtet sei, soweit und solange kein wirksamer Einspeisungsvertrag zwischen den Parteien besteht, erstrebt sie die Klärung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit nach § 33 LMG und § 52 b RStV, ob sie ihrer gesetzlichen Pflicht noch nachkommen muss, wenn der Beklagte nichts (mehr) bezahlt. Die Klärung dieser öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit der Klägerin ist aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen (so zutreffend LG Mannheim B. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart - B 45 = VI 861 bis 863; dort Verweisung an das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Verfahrensabtrennung insoweit). Soweit die Klägerin auf den Hinweis des Senats darauf und seine geplante Verfahrensbehandlung in Übereinstimmung mit der Vorgehensweise des Landgerichts Mannheim entgegengehalten hat, dass dieser Antrag dem im Verfahren BGH GRUR 1996, 808 - Pay-TV-Durchleitung entspreche und der BGH dort solche Rechtswegbedenken nicht gehegt habe, trägt dieser Einwand nicht. Zwar ist richtig, dass der dortige Antrag (BGH a.a.O. [juris Tz. 3 i.V.m. 11] - Pay-TV-Durchleitung) dem hiesigen gleichgerichtet war. Dort ging es jedoch ausschließlich um eine von kartellrechtlichen Fragen bestimmte Auseinandersetzung zwischen einer Kabelnetzbetreiberin und einem Pay-TV-Unternehmen, der unentgeltlich einspeisen wollte. Da in den Landesmediengesetzen die Richtlinie 2002/22/EG denknotwendig erst nach dieser BGH-Entscheidung vom 19.03.1996 umgesetzt worden ist, der damals gültigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages vom 31.08,1991 keine Must-Carry-Regelung zu entnehmen ist (vgl. § 35 Abs. 2 RStV [1991], folglich auch keine Bestimmungen über Einspeiseentgeltpflichten [vgl. BGH a.a.O. [Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung) und sich anderes auch nicht aus dem Landesmedienrecht ergab, kann aus jenem BGH-Urteil, das sich nicht zur öffentlich-rechtlich begründeten Pflichtigkeit eines Kabelnetzbetreibers unter dem sog. Kabelbelegungsregime verhalten konnte, auch nichts abgeleitet werden in Bezug auf die Rechtswegeinordnung der Übertragungspflicht der Klägerin als ihr eigenständig gesetzlich auferlegte Last. Diese Frage konnte sich erst nach jener BGH-Entscheidung stellen und ist nun wie befunden zu beantworten. Der Antrag findet sein Rechtsschutzinteresse und möglicherweise seine dann abweichend zu beurteilende Einordnung hinsichtlich der Rechtswegzuständigkeit nicht darin, dass sich der Beklagte eines Anspruchs auf unentgeltliche Einspeisung und Verbreitung seiner Programmsignale durch die Klägerin berühmt hätte. Dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur ergänzend (so schon etwa V 526) noch einmal bekräftigt. Soweit die Klägerin insoweit Bezug genommen hat auf Verlautbarungen des „M. in Person der Intendantin .... und“ des „W. ...“ (IV 368 und der dazu in Bezug genommenen Anlagen [etwa K 39]), welche dem Beklagten zugerechnet werden mögen, wird dort die Signalaufnahme- und Verbreitungspflicht der Klägerin als bloßer gedanklicher Reflex einer bewertenden Betrachtung der tatsächlich aufeinander bezogenen Systeme dargestellt. Die Intendantin fordert denn auch nicht die Klägerin zur unentgeltlichen Leistung auf, sondern äußert gegenüber den dortigen Adressaten ihres Schreibens, den Landesmedienanstalten, die „Bitte um die Durchsetzung der Must-Carry-Regeln“ (K 39 S. 5).
bb)
180 
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Entscheidung des Senates über diese Frage mit dem ergänzenden Verweis auf § 17 Abs. 2 GVG einfordert, ist ihr im Ausgangspunkt zuzugeben, dass durch diese Norm grundsätzlich eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz eröffnet ist (etwa Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 17 GVG, 5). Dies gilt allerdings nur für einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Werden im Wege der Klagehäufung mehrere selbstständige Ansprüche gemeinsam geltend gemacht, so muss die Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs für jeden Anspruch getrennt geprüft werden und ggf. eine Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO erfolgen; andernfalls wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet (BGH NJW 1998, 826, 828; OLG München NJW-RR 2011, 1002 [juris Tz. 5]; Lückemann a.a.O. § 17, 6; Wittschier in Musielak, ZPO, 10. Aufl. [2013], § 17 GVG, 9; Zimmermann in MünchKomm-ZPO, 4. Aufl. [2013], § 17 GVG, 13).
cc)
181 
Der Senat ist danach nicht zur Entscheidung über diese ihm im Wege objektiver Klagehäufung mit vorgelegte Frage berufen.
182 
Deshalb hat auch hier die nämliche Verfahrensweise hinsichtlich dieses Hilfsantrages wie beim Landgericht Mannheim zu geschehen.
7.
183 
Soweit die Klägerin die Vorlage von Aktenbestandteilen von vor dem Bundeskartellamt geführten Verfahren begehrt, ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte über § 142 ZPO der Klägerin Hilfsmittel zur weiteren Begründung ihrer Position verschaffen soll. Dies wird von der Funktion des § 142 ZPO nicht gedeckt (BGH NZM 2013, 126 [Tz. 10]; B. v. 21.01.2010 - VI ZR 162/09 [Tz. 2]). Im Übrigen würde auf diese Weise auch das dem Bundeskartellamt in seinem Verfahren zustehende Recht, über ein dort anzubringendes Akteneinsichtsgesuch selbst zu entscheiden, auf diese Weise unterlaufen.
II.
184 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
185 
Die Revision ist zuzulassen, da diese Frage nicht nur in Bezug auf den Beklagten, sondern auch die übrigen Beteiligten der Gegenpartei des Einspeisungsvertrages 2008 der grundsätzlichen und damit höchstrichterlichen Klärung harrt (vgl. etwa BGH WM 2013, 45 [Tz. 2]; BGH B. v. 12.09.2012 - IV ZR 189/11 [Tz. 6])
186 
Hinsichtlich der Wertbemessung folgt der Senat ebenfalls der landgerichtlichen Festsetzung, welche auf einer Wertvorgabe der Klägerin beruht (I 2, 13, 50), die keinen Widerspruch erfahren hat und mit der reinen Jahresbetrachtung (arg. § 41 Abs. 1 S.1 GKG) auch Gefolgschaft verdient.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich

festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht,

zur gesonderten Entscheidung

a b g e t r e n n t.

b) In diesem Umfang wird der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 17 a Abs. 2 GVG für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige

V e r w a l t u n g s g e r i c h t   S t u t t g a r t

v e r w i e s e n.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.03.2013

z u r ü c k g e w i e s e n .

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 1.900.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach, soweit der Streitstoff in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fällt und nicht abgetrennt und verwiesen werden muss, keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte für die Aufnahme (Einspeisung) und Zuführung seiner Programmsignale in und über das Kabelnetzsystem der Klägerin an deren Programmendabnehmer eine Einspeisungsvergütung zu entrichten hat.
Die Klägerin begehrt im Kern die Fortsetzung eines Einspeisungsverhältnisses (Verurteilung zum Vertragsabschluss, Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Kündigung und Vorenthaltung eines solchen Vertrages) sowie die Feststellung, dass der Beklagte wegen dessen Einspeisungsvorgängen an die Klägerin Entgelte zu zahlen hat.
Die Klägerin hat Breitbandkabelnetze der D. B. übernommen, die sie in einigen Bundesländern, insbesondere in R., nicht aber in B. betreibt. Der Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der Länder B. und R., versorgt mit seinen Programmen die Empfänger über dessen Antennenanlagen oder über das Netz der Klägerin, welche von Zwischenvertreibern oder dem Endbenutzer Entgelte erhält. In R. wurden 2011 von den ca. 1,79 Millionen TV-Haushalten etwa 690.000 über das Klägernetz versorgt. Die Programmsignale des Beklagten gehen auch über Satellit, terrestrisch oder über Breitbandkabelnetze anderer, kleinerer Kabelnetzbetreiber oder internetbasiert an die Endbenutzer.
Die Klägerin hatte mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunkveranstaltern Einspeisungsverträge geschlossen. So am 27.02.2008 (K 9) auch einen u.a. mit den zur X. zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten, in dessen Präambel in Ziff. 6 bereits festgehalten war, dass die Vertragsparteien unterschiedlicher Auffassung über die Einspeisungsentgelte und die Pflichtigkeit dazu seien. Gemäß § 8 hatten die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter ein Gesamtentgelt von 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr zu leisten. Der Vertrag nahm seinen Beginn am 01.01.2008 und hatte eine Laufzeit bis 31.12.2012 mit einer Verlängerungsoption, falls nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werde. Seine Rechte nach dem UrhG lässt der Beklagte über die GEMA durch Lizenzen auch gegenüber der Klägerin wahren.
Mit Schreiben vom 19.06.2012 kündigte der Beklagte den Einspeisungsvertrag 2008 zum 31.12.2012; die übrigen Rundfunkanstalten sprachen ebenfalls die Kündigung zu diesem Zeitpunkt aus. Seit dem 01.01.2013 zahlen die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter keine Entgelte mehr an die Klägerin für die Verbreitung von ihren Programmen im Breitbandkabelnetz der Klägerin; die Klägerin verbreitet in R. die Programmsignale des Beklagten weiterhin.
Die Klägerin hat dafür gehalten,
10 
dass sie gesetzlich verpflichtet sei, die streitgegenständlichen Programme des Beklagten zur analogen wie digitalen Verbreitung aufzunehmen. Der Beklagte seinerseits sei verpflichtet, seine Programme auch über bestehende Breitbandkabelnetze zu verbreiten. Da in R. rund 807.000 TV-Haushalte durch das Breitbandkabelnetz der Klägerin versorgt würden, stelle auch dies die Art des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrages des Beklagten dar. Der Beklagte könne diese Nutzer nicht auf andere Übertragungswege verweisen, da der Beklagte die Übertragungstechnik selbst zur Verfügung zu stellen und an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten habe, was er gegenüber der Europäischen Kommission übernommen und wozu er nach europäischem Beihilferecht verpflichtet sei. So leiste er auch gegenüber anderen Infrastrukturbetreibern, insbesondere Satellitennetzbetreibern, in Erfüllung bestehender Verträge weiterhin sein Entgelt. In einem Kündigungskartell schlösse auch der Beklagte die Klägerin vom Einspeisungsentgelt nun aber aus, obgleich das Kabel die mit Abstand günstigste Infrastruktur für die Sendeunternehmen sei.
11 
Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Fortsetzung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) sei begründet, da die Kündigung sittenwidrig, jedenfalls grob treuwidrig sei. Der Beklagte sei auch aufgrund eines Kontrahierungszwangs zum Abschluss eines Einspeisungsvertrages verpflichtet. Er missbrauche im Zusammenspiel mit seinen Kartellanten sein Nachfragemonopol, um, in Abweichung von privaten Rundfunkanstalten, unentgeltlich einspeisen zu können, obgleich auch der Beklagte neben anderen, auch öffentlich-rechtlichen Entgelten vom Endkunden über die Rundfunkgebühr bereits zwangsweise ausreichend finanziell ausgestattet werde. Die urheberrechtlichen Lizenzverträge beinhalteten gerade eine Einspeisungsvergütung, da die Lizenzhöhe mit der Höhe dieser Vergütung korrespondiere. Die Parteien unterlägen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei höchstrichterlich geklärt sei, dass das öffentlich-rechtliche Kabelbelegungsregime nicht die Unentgeltlichkeit der Signaldurchleitung bedinge. Der Beklagte, schon für sich, jedenfalls im Verbund mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein marktbeherrschendes Unternehmen, betreibe Ausbeutungsmissbrauch (§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB) hinsichtlich des Nachfragemarktes für die Kapazitäten, die für den Beklagten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 33 LMG, 52 b RStV) reserviert seien. Die Behauptung des Beklagten, bei den Einspeisungsentgelten handle es sich um eine überholte Subventionierung der Rundfunkveranstalter zum Netzausbau, sei falsch, da die Entgelte auf der Grundlage von tatsächlichen Verbreitungskosten kalkuliert seien. Der Beklagte übe auch Diskriminierung gemäß § 20 Abs. 1 GWB, da er andere Verbreiter, wie Satellitenbetreiber, entlohne, die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund aber nicht. Die ausgesprochene Kündigung und die gleichzeitige Verweigerung eines Neuvertrages stellten eine koordinierte Maßnahme zur Änderung der Marktbedingungen dar. Dass die Klägerin in ihren Abnehmerbeziehungen Entgelte erhalte, betreffe eine eigene Leistungsebene der Klägerin, welche der Beklagte nicht abschöpfen könne. Die von ihm bevorzugten Satellitenbetreiber würden ebenfalls Endbenutzerentgelte (etwa durch die Vermarktung von Programmen privater Veranstalter) erzielen. Dass die Klägerin bislang teilweise über Satellit verbreitete Programmsignale an Kabelkopfstellen entgegengenommen und in ihr Netz eingespeist habe, ändere nichts daran, dass sie der erhöhten Qualität des leitungsgebundenen Signals, welche auch die jeweiligen Rundfunkveranstalter bevorzugten, durch Verbesserung ihrer Netze Rechnung trage. Die privaten Fernseh- wie Rundfunkveranstalter leisteten ihrerseits sehr wohl Einspeisungsentgelte.
12 
Der Hilfsantrag Ziff. 1 b (Verurteilung zur Annahme des Standardvertragsangebotes) wie auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c (Feststellung der Pflicht zum Schadenersatz) und der Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz und Bereicherungsausgleich) seien die Folge der aufgezeigten Rechtsverstöße.
13 
Die Klägerin hat beantragt:
14 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
15 
- S. Fernsehen R.,
16 
und die Radioprogramme:
17 
- S.1 R.,
- S.2,
- S.3,
- S.4 R.,
- D.
18 
sowie ausschließlich digital:
19 
- S. Info und
- S. 4 B.
20 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
21 
hilfsweise,
22 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b beigefügten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1.a) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
23 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen a) und b))
24 
c) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1.a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1.b) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 entstehen werden;
25 
und
26 
d) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und zur Herausgabe der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Bereicherung verpflichtet ist, die im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziff. 1 a genannten Programme entstanden sind oder entstehen.
27 
und
28 
e) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1.a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange der Beklagte keinen Vertrag mit der Klägerin über die Einspeisung hat.
29 
Der Beklagte hat beantragt,
30 
die Klage abzuweisen.
31 
Er hat im Wesentlichen eingewandt,
32 
die Einspeisungsentgelte hätten ursprünglich dazu gedient, angesichts knapper Kabelkapazitäten der D. B. den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur zu ermöglichen, was anfänglich auch im Interesse der Rundfunkanstalten gelegen habe, was der Klägerin als Übernehmerin dieser Struktur nun aber eine Monopolstellung verschafft habe. Dieses historische Relikt komme bei rund 350 anderen Breitbandkabelnetzbetreibern nicht mehr zum Tragen. Angesichts der Veränderung der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließe sich die Zahlung von Einspeisungsentgelten nicht mehr rechtfertigen. Im digitalen Zeitalter sei keine Knappheitssituation mehr gegeben, über 350 andere Netzbetreiber betrieben ebenfalls Breitbandkabelnetze wie auch die Betreiber anderer Festnetze, welche ihren Kunden Programme über das Internet anböten. Seine Kündigung habe dazu gedient, die Privilegierung der Klägerin durch die Doppelvergütung durch einerseits den Beklagten und andererseits die die Signale abnehmende Wohnwirtschaft und Haushalte zu beenden, um einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Infrastrukturplattformen zu ermöglichen. Der Beklagte generiere durch sein aufwändig und teuer hergestelltes Produkt mit jährlich etwa 2,35 Milliarden EUR für die Kabelnetzbetreiber jenseits der Telefonie- und Internetangebote einen weiteren erheblichen Mehrwert. Im Jahre 2011 habe die Klägerin Umsatzerlöse in Höhe von rund 541.000.000,00 EUR im Bereich Internet- und Telefonie-Business und von rund 1,16 Milliarden EUR im Bereich TV-Business erzielt, darin eingeschlossen die Einspeiseentgelte mit rund 163 Mio. EUR. Der Nettoprofit der Klägerin liege bei 160 Mio. EUR, umgekehrt die Einnahmen der X.-Rundfunkanstalten aus urheberrechtlicher Vergütung bei ca. 2,6 Mio. EUR. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfüllten ihren Grundversorgungsauftrag durch die Einspeisung ihrer Signale in Satellit und terrestrische Sendenetze. Deren Betreiber enthielten anders als die Betreiber von Festnetzen kein werthaltiges Vorprodukt, da die Programmsignale von dort unverschlüsselt und somit von jedermann empfangen werden könnten. Die Klägerin müsse, um gegenüber diesem Angebot über Satellit oder Internet überhaupt konkurrenzfähig zu sein, die Programmleistung auch des Beklagten mit anbieten; für diese Wertabschöpfung solle der Beklagte nach dem Verständnis der Klägerin nun auch noch bezahlen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geforderten Einspeiseentgelte weder im Inland noch im Ausland noch bei anderen Festnetzbetreibern üblich. Die Klägerin sei auf allen die Vermarktung der Rundfunksignale betreffenden Märkten marktbeherrschend, weshalb sie zwischen 2007 und 2010 sektorspezifisch durch die Bundesnetzagentur reguliert worden sei. Verlange sie anders als nahezu alle Festnetzbetreiber in Deutschland eine Einspeisevergütung, so handle sie vielmehr als Monopolistin kartellrechtswidrig.
33 
Die Hauptanträge seien bereits unzulässig, da ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorliege. Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Feststellung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) scheitere schon daran, dass auch der Beklagte die Verbreitungsleistung von der Klägerin ab 01.01.2013 nicht mehr nachfrage. Wenn diese gleichwohl die Programme verbreite, komme sie ihrer eigenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach den „Must-Carry“-Regelungen der §§ 33 LMG, 52 b RStV nach und ihrer Vertragspflicht gegenüber ihren Gläubigern (Wohnwirtschaft und Haushalten), diese auch mit den Programmen der Rundfunkanstalten als unverzichtbare Bestandteile ihrer Leistungspakete zu versorgen. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Kontrahierungszwangs unwirksam gewesen, da die Fortsetzung des Einspeisungsvertrages 2008 nur einen rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten hätte. Auch der verfassungsrechtliche Grundversorgungsauftrag des Beklagten verpflichte diesen nicht, mit der Klägerin eine Vergütungsabrede zu treffen. Dem genüge der Beklagte durch Ausstrahlung des Programmsignals über Satellit und terrestrische Sendetechnik. Dieser Auftrag schließe nicht die Pflicht ein, jede verfügbare Übertragungstechnik zu betreiben. Auch aus einfachgesetzlichen Regeln könne der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht hergeleitet werden. LMG und RStV gäben nur die aufeinander abgestimmte Pflicht vor, dass die Klägerin öffentlich-rechtliche Programme weiter zu verbreiten habe, während die Rundfunkanstalten auch der Klägerin ihre Signale zu überlassen hätten; auch aus § 19 RStV lasse sich eine Pflicht zum Abschluss von entgeltlichen Verbreitungsverträgen nicht ableiten. Anderes gäben auch die §§ 52 b, 52 b RStV nicht vor, da dort nur die Verbreitungspflicht der Kabelnetzbetreiber verankert sei. Dieses Konzept stehe auch nicht in Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben: Art. 31 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie ermögliche es den Mitgliedsstaaten, Netzbetreibern im öffentlichen Interesse Übertragungspflichten aufzuerlegen, Abs. 2 spreche nur von der „Möglichkeit“ der Mitgliedsstaaten, hierfür ein angemessenes Entgelt festzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik Deutschland gerade keinen Gebrauch gemacht. Auch das europäische Beihilferecht gelte nur zwischen der Europäischen Kommission und dem Mitgliedsstaat, nicht aber zwischen der Kommission und dem Beklagten als durch Beihilfe Begünstigten. Auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG fordere keine Entschädigungspflicht, da ein unverhältnismäßiger Eingriff zu Lasten der Klägerin nicht vorliege, weil diese selbst einer Sozialbindung unterliege und sich durch die Weiterverbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme ohnehin gewinnbringend refinanziere. Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB unwirksam, da der Beklagte mangels Nachfrage der Einspeiseleistung bei der Klägerin ab 01.01.2013 schon nicht Normadressat sei. Die X.-Anstalten verfügten nicht über eine Marktbeherrschung, auch sei die Zahlung einer Einspeisevergütung die Ausnahme, schon gar nicht könne festgestellt werden, dass die von der Klägerin geforderten oder andere bei wirksamem Wettbewerb gezahlt würden. Die Vorenthaltung einer Vergütung zwinge die Klägerin auch nicht, ihre Leistung unterhalb der Kosten bereitzustellen, da die Vielzahl anderer Netzbetreiber die Auskömmlichkeit ihres Angebotes ohne Vergütungserhebung belege. Die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB scheitere nicht nur an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung des Beklagten, sondern auch daran, dass keine Diskriminierung vorliege, da durch die Kündigung gerade eine Gleichbehandlung mit 99 % der übrigen Kabelnetzbetreiber hergestellt werde. Der Markt der Satellitennetz- und terrestrischen Sendenetzbetreiber, denen der Beklagte eine Vergütung zahle, sei nicht vergleichbar, da jene Netzbetreiber mangels Verschlüsselung ihrer Signale sich bei Nutzern nicht refinanzieren könnten. Auch ein verbotenes Kartell zwischen den X.-Rundfunkanstalten und dem Y. liege nicht vor, allenfalls sei ein kartellrechtlich bedenkliches Zusammenwirken durch Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 beendet worden. Die Rechtmäßigkeit bzw. Rückkehr zur Rechtmäßigkeit im Kündigungsverhalten des Beklagten stehe auch den geltend gemachten Hilfsanträgen entgegen; hinsichtlich des Hilfsantrages Ziff. 1 d gelte zudem, dass die Klägerin ausschließlich ein eigenes Geschäft besorge.
34 
(Private) Rundfunksender haben ihren Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten wieder zurückgenommen. Über die Kosten der Nebenintervention hat das Landgericht mit gesondertem Beschluss vom 18.03.2013 entschieden.
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Das Landgericht hat die Klage in allen Antragspunkten abgewiesen.
36 
Hinsichtlich des Hauptantrages (Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages) verneinte es allerdings den Unzulässigkeitseinwand, dass alle Rundfunkanstalten notwendige Streitgenossen seien. Die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB, da die schon in der Präambel angekündigte Klärungsbedürftigkeit, in deren Zusammenhang auch das ordentliche Kündigungsrecht nach § 13 des Einspeisungsvertrages stehe, nicht durch diese Vorschrift wieder ausgehebelt werden könne. Auch verstoße die Kündigung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, da die Klägerin von dem Beklagten an Satellit und auf terrestrischem Wege ausgestrahlte Programmsignale erst zu einem für sie werthaltigen Leistungspaket schnüre. So sei nicht bestritten, dass mit Ausnahme der beiden Regionalgesellschaften alle Kabelnetzbetreiber (rund 350 Kabelnetzbetreiber) bei ebenfalls Übernahme der unverschlüsselten Programmsignale der öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter in ihre Breitbandkabelnetze ihre Gewinne ausschließlich aus ihren Endkundenbeziehungen zögen. Sei dies aber das Marktmodell, könne die daran ausgerichtete einheitliche Handhabung nicht anstößig sein. Ein Kontrahierungszwang, der schon einer Kündigung eines bestehenden Vertrages entgegenstehe, eröffne § 20 GWB nicht. Zwar sei der Beklagte, da Unternehmen im Sinne des § 130 GWB, Normadressat als zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung zusammen mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Mitglied eines marktbeherrschenden Oligopols im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2 GWB. Zum sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehörten alle Rundfunkveranstalter im örtlich relevanten Markt des Netzbetriebs der Klägerin in R.. Das Fehlen einer Ausweichmöglichkeit auf andere Nachfrager ergebe sich für die digitale Verbreitung aus § 52 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a RStV, für die analoge Verbreitung aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG, da sie Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorhalten müsse; ihr eigenes Produkt sei aber ohne dieses Leistungsangebot praktisch nicht absetzbar. Es liege keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Mit der Kündigung der Einspeisungsverträge, die ausschließlich mit den Regionalgesellschaften, also der Klägerin und der U./K., geschlossen gewesen seien, sei der Regelzustand hergestellt. Dass der Beklagte an Betreibern von Satelliten oder terrestrischen Anlagen Einspeiseentgelte zahle, sei nicht vergleichbar, da diese aus Endkundenbeziehungen für die Signalbelieferung keine Vergütung erhielten. In der Verweigerung des Abschlusses eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages (nach dem Vertrag 2008 zuletzt 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr) manifestiere sich auch keine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB, da nahezu alle anderen Netzbetreiber keine Einspeisungsentgelte erhöben und die Klägerin entsprechend dem nahezu durchgängigen Vermarktungsmodell der übrigen Netzbetreiber weiterhin ungehindert die Programmsignale des Beklagten wertschöpfend vermarkten dürfe und vermarkte.
37 
Auch die einschlägigen rundfunk-, telekommunikations-, europa- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen gäben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung im Sinne einer Vergütungspflicht und damit Pflicht des Beklagten zum Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages. Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und Diensten (sog. Universaldienstrichtlinie [im folgenden kurz: UDRL]) eröffne zwar die Begründung von Übertragungspflichten, stelle dem Mitgliedsstaat aber die Begründung einer Entgeltfestlegung frei; von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik gerade keinen Gebrauch gemacht. Eine solche Gebrauchmachung liege nicht in § 33 LMG (analoge Verbreitung), da dort nur eine Programmreihenfolge bei Kapazitätsbeschränkungen, nicht aber eine Entgeltlichkeit in Ansehung dieser Pflichten bestimmt sei. Auch § 52 b RStV (digitale Verbreitung) regele auf der Grundlage von Art. 31 UDRL gewisse Programmaufnahmepflichten („Must-Carry“), gebe aber auch keine Vergütungspflicht vor; auch § 52 d RStV bestimme nur das Wie einer Entgelteausgestaltung, nicht aber das Dass/Ob. Nichts anderes ergebe sich aus dem TKG, zumal der Einspeisungsmarkt keiner Regulierung durch die Bundesnetzagentur mehr unterliege. Auch nach Art. 14 oder 12 GG bestehe kein Anspruch, da die Übertragungspflicht Ausdruck einer eigenen Sozialgebundenheit des Eigentums der Klägerin sei und damit keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung einhergehe, da der Kabelnetzbetreiber durch die Einspeisung seinerseits ein verwertbares werthaltiges Gut erlange und § 19 RStV die Rundfunkanstalten nicht ihrerseits verpflichte, jeglichen Übertragungsweg auch auszulasten. Andernfalls würde die Bejahung eines Kontrahierungszwanges die Autonomie der Rundfunkanstalten dahin prägen, dass diese jeden technisch möglichen Übertragungsweg bedienen müssten und dafür Entgelt zu entrichten hätten. Auch die koordinierte Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 stehe nicht für eine kartellrechtswidrig abgestimmte Verhaltensweise, sondern entspringe dem praktischen Gebot einer naturgemäß einheitlichen Handhabung. Da in der Kündigung kein Gesetzesverstoß begründet sei, auch nicht gegen § 1 GWB, drücke sich in der konzertierten Aktion auch kein verbotenes Handeln eines Kartells. Zwar seien die Hilfsanträge Ziff. 1 b und c zulässig, nach den vorigen Ausführungen jedoch unbegründet. Dies gelte im Ergebnis auch für den Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz/Bereicherung), da die Klägerin nach dem Gesetz ein eigenes Geschäft ohne Entgeltanspruch geführt habe und führe; im Übrigen widerspräche eine Geschäftsführung für den Beklagten dessen durch die Kündigung klar ausgedrücktem entgegenstehendem Willen. Dieser entgegenstehende Wille sei auch nicht unerheblich, denn die Klägerin erfülle eine eigene gesetzlich begründete Pflicht, der keine gleichgerichtete gesetzliche Pflicht des Beklagten gegenüberstehe. Diese gesetzliche Risikoverteilung stehe auch der Annahme entgegen, der Beklagte erlange „etwas“ im Sinne des § 812 BGB durch die Einspeisung seiner Programmsignale durch die Klägerin in deren Breitbandkabelnetz. Der Hilfsantrag Ziff. 1 e (negative Feststellung, ohne Entgeltvertrag nicht zu Einspeisung verpflichtet zu sein) sei unzulässig, da der Beklagte sich eines solchen Einspeisungsanspruchs nicht berühmt habe, auch jetzt insofern keine Leistung verlange, sondern nur auf eine für unentgeltlich erachtete, gesetzliche Einspeisungspflicht der Klägerin verweise.
38 
Dagegen wendet sich die zulässige, weil auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin,
39 
welche unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und der damit verbundenen Wertungen im Wesentlichen vorbringt,
40 
zwar habe das Landgericht den Sachverhalt weitgehend zutreffend festgestellt, die festgestellte Marktbeherrschung und das Beklagtenverhalten aber fehlerhaft in das Rechtssystem des Rundfunkrechts eingeordnet. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Freiheit, darüber zu bestimmen, auf welchem Wege und zu welchen Konditionen er seine Programmsignale weiterverbreite. Diese geminderte Freiheit präge seine privatrechtlichen Verhaltenspflichten aus bürgerlichem Recht und Kartellrecht dahin, dass er die Leistungen der Klägerin nicht unentgeltlich in Anspruch nehmen dürfe. Denn der Beklagte müsse nach seinem rundfunkgesetzlichen Auftrag Programme über die Netze der Klägerin gebührenfinanziert verbreiten, wozu ihm das Rundfunkrecht ein öffentlich-rechtliches Verbreitungsrecht nach Maßgabe des privaten Rechtes gebe, während die Klägerin den Netzzugang als entgeltliche Leistung zur Verfügung stelle, was alle anderen Fernsehveranstalter in Deutschland annähmen und entsprechend vergüteten. Ansonsten könne der Beklagte den ihm übertragenen Grundversorgungsauftrag auf die Klägerin gänzlich umlegen und auf deren Kosten erfüllen.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
unter Abänderung des am 20. März 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 215/12,
43 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
44 
- S. Fernsehen R.,
45 
und die Radioprogramme:
46 
- S.1 R.,
- S.2,
- S. 3,
- S.4 R.,
- D.
47 
sowie ausschließlich digital:
48 
- S. Info und
- S. 4 B.
49 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
50 
hilfsweise zu 1. a),
51 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b in der ersten Instanz vorgelegten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
52 
und hilfsweise zu 1. a) und 1. b)
53 
c) den Beklagten zum Abschluss eines Einspeisungsvertrags für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen zu verurteilen;
54 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen 1. a) und kumulativ zu 1. b) bzw. 1. c)),
55 
d) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1. a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1. b) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 entstanden sind und noch entstehen werden;
56 
und
57 
e) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit dem 1. Januar 2013 im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziffer 1 a) genannten Programme entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und der Bereicherung verpflichtet ist;
58 
und höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit dem Anträgen 1. a), 1. b) und 1. c) und kumulativ zu den Anträgen 1. d) und 1. e)),
59 
f) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht;
60 
2. dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, Abschriften folgender Urkunden vollständig und ungeschwärzt vorzulegen:
61 
a) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. Februar 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 und die Anlagen hierzu [Blatt 42-236 der Verfahrensakte des BKartA]
62 
b) Schreiben des Bundeskartellamts an die Sozietät H. vom 24. Februar 2012 im Verfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 256-260 der Verfahrensakte des BKartA]
63 
c) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 nebst Anlagen [Blatt 340-347 der Verfahrensakte des BKartA]
64 
d) Vermerk zum Gespräch der Beschlussabteilung B 7 mit Vertretern von X. und Y. am 16. April 2012 [Blatt 353/001-012 der Verfahrensakte des BKartA]
65 
e) Schriftsatz der Sozietät H. vom 26. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 375-376 der Verfahrensakte des BKartA]
66 
f) Entscheidungsvorlagen des Beklagten zur Kündigung und zur Anmeldung der Verbreitungsentgelte für die Kabelverbreitung bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF);
67 
3. dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
68 
Der Beklagte beantragt,
69 
die Berufung zurückzuweisen.
70 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
71 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
72 
Der Zulässigkeit der Klage steht mit dem Landgericht nicht der ohnehin schon von Amts wegen zu berücksichtigende Gesichtspunkt entgegen, dass die Klägerin nur den Beklagten und nicht zugleich alle übrigen Veranstalter von öffentlich-rechtlichen Regionalprogrammen mit verklagt hat. Denn eine notwendige Streitgenossenschaft als besondere Prozessführungsbefugnis (BGHZ 192, 245 [Tz. 19] - Tintenpatrone II) besteht nicht.
1.
73 
Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn wegen der gleichgerichteten Wirkung der Entscheidung gegen alle Beteiligten oder einer nur gemeinsamen Rechtsausübung der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung erforderlich ist (vgl. etwa BGHZ a.a.O. [Tz. 19] - Tintenpatrone II; NZG 2011, 506 [Tz. 15]).
2.
74 
Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Streitgegenstand sind ausschließlich die vom Beklagten veranstalteten Programme im Land R., nicht auch Rechtsverhältnisse aus der Beteiligung des Beklagten an den Gemeinschaftsprogrammen mit anderen Landesrundfunkanstalten (so Klägerin Gerichtsakte Band I Bl. 8 [im Folgenden kurz: I 8]). Insoweit ist kein Gebot ersichtlich, dass die ganz maßgeblich medienrechtlich geprägte Rechtsbeurteilung in Bezug auf den Beklagten eine genau gleiche Behandlung erfahren muss wie - etwa - der rundfunkrechtliche Programmveranstalter in Berlin hinsichtlich seines Regionalprogrammes auf der Grundlage der dortigen medienrechtlichen Vorgaben, gar ungeachtet dieser. Auch § 13 Ziff. 3 (c) des Einspeisungsvertrages vom 27.02.2008 (K 9) belegt die Richtigkeit dieser Bewertung, da die Parteien dort selbst von der Kündbarkeit des Vertrages durch nur einen einzigen Programmgestalter ausgegangen sind (vgl. ebenso: LG München I U. v. 25.04.2013 - 17 HK O 16920/12 - B 24 [V 547 bis 574, dort 561]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 - B 26 [V 600 bis 616, dort 608]; offengelassen in LG Berlin U. v. 30.04.2013 - 16 O 389/12 Kart - B 25 [V 575 bis 599, dort 587/588] = AfP 2013, 344, wenngleich auch dieser Auffassung zuneigend).
C
75 
Die Klägerin hat nach landesrechtlichen Vorgaben Kapazitäten ihres Kabelnetzes, über welches schon unter der Vorgängerbetreiberin Endkunden Programme der Rundfunkanstalten empfangen haben, weiterhin zur Übermittlung solcher Programme zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat aufgrund seines auch verfassungsrechtlich verankerten Grundversorgungsauftrages Endkunden mit seinen Programmsignalen zu beliefern; dies geschah bislang über Satellit, terrestrische Senderanlagen, Internet, aber auch über das Kabelnetz u.a. der Klägerin. Die Einspeisung in Letzteres hat der Beklagte eingestellt. Die Klägerin kann gleichwohl kostenlos die Signale des Beklagten etwa der Satellitenausstrahlung entnehmen, bei sich einstellen und ihrem Endkunden, sei es wiederum einem Kabelnetzbetreiber, sei es der Wohnungswirtschaft oder dem Endverbraucher selbst, entgeltlich zur Verfügung stellen.
76 
Kernfrage des Rechtsstreits ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, korrespondierend zur Vorhaltepflicht der Klägerin seine Programme in das Kabelnetz der Klägerin einzuspeisen und - im Rechtsstreit entscheidend - hierfür eine Einspeisungsvergütung zu entrichten.
1.
77 
Unmittelbare vertragliche Ansprüche bestehen nach formal ordnungsgemäßer Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 auf den 31.12.2012 nicht.
2.
78 
Da der Beklagte ab 01.01.2013 auch selbst nichts mehr ins Kabelnetz der Klägerin im Sinne einer aktiven, selbst veranlassten, zweckgerichteten Leistung einspeist, können Ansprüche aus faktischer Inanspruchnahme der nur entgeltlich vorgehaltenen Infrastruktur der Klägerin nicht hergeleitet werden.
3.
79 
Soweit die Klägerin (weiterhin) in Bezug auf den Beklagten, und sei es auch nur über die GEMA, für deren Programme urheberrechtliche Lizenzen entrichtet, wird auch damit keinem gewillkürten Leistungsaustausch Rechnung getragen. Zum einen beruht dieses Entgelt entscheidend auf dem Umstand der (einseitigen) Inanspruchnahme des Beklagtenprogramms durch die Klägerin; zum anderen gilt dieses Entgelt dem Leistungsbeitrag der Künstler (vgl. I 75 unten). Diese Zahlung ist danach ungeeignet, eine irgendwie geartete, gar synallagmatische Verknüpfung zwischen den Leistungspaketen der Parteien herzustellen (vergleiche auch Klägerin IV 353).
4.
80 
Die Klägerin kann nur dann ein Entgelt vom Beklagten verlangen, wenn ihrer, ihr gesetzlich auferlegten und von ihr gehandhabten Übertragungspflicht der Rundfunkprogramme (auch) des Beklagten eine korrespondierende Pflicht des Beklagten gegenüber steht, gerade diese Versorgungsleistung der Klägerin - und sei es in Teilen - als eigene Leistung zu erbringen und damit zu vergüten.
81 
Dass Grundversorgungspflicht der Klägerin (Kabelbelegungsregime) und Grundversorgungspflicht des Beklagten nicht bloß unverbunden nebeneinanderstehen, sondern in einer solchen Pflichtigkeit miteinander verschränkt wären (die Klägerin bezeichnet dies so: „Die Parteien unterliegen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang“ [I 32]; Beklagter: nur „vertikal aufeinander abgestimmte Verpflichtungen ... horizontale Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten sind nicht vorgegeben“ [I 88], Klägerin: nur „durch komplementäre Pflichten die positive, vielfaltsichernde Ordnung geschaffen“ [I 94]; „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ [VI 887, 889, 891]), vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Ergebnis nicht zu erkennen.
a)
82 
Etliche Argumente der Klägerin stellen nur eine vorwegnehmende Behauptung dessen dar, was erst noch zu beweisen ist (petitio principii), in immer nur geändertem, neuem argumentativen Gewand. So etwa:
aa)
83 
Rundfunkgebühren.
84 
Die Rundfunkgebühren selbst dienen nur dazu, (auch) dem Beklagten die Herstellung wie auch die Verbreitung seines Programmes zu ermöglichen. Damit wird aber die grundsätzliche Frage nicht zugleich beantwortet, welche Verbreitungsart Inhalt des Grundversorgungsauftrags des Beklagten ist. Dass der Endbenutzer des Beklagtenprogramms - erhöht die Klägerin bei Ausfall der Einspeisungsvergütung des Beklagten um diesen Anteil gegenüber dem Endkunden seinen Leistungstarif (vorbehaltlich einer wirksamen Anpassungsklausel) - über die Rundfunkgebühren und diesen dann kalkulatorisch eingepreisten Tarifanteil die Herstellungs- und Verbreitungsleistung des Beklagten zweimal vergüten müsste, stellt nur die nämliche argumentative Variante zur Grundfrage dar: Ist Bestandteil des Grundversorgungsauftrages des Beklagten dessen Pflicht, gerade bei der Klägerin einzuspeisen? Nimmt also der Beklagte mit der Einspeisung bei der Klägerin eine eigene Leistungspflicht wahr oder - im Fall der Passivität des Beklagten und der gleichgerichteten Leistungsvornahme der Klägerin (Einspeisung als klägerischer Doppeltatbestand, da zugleich Erfüllung seiner vertraglichen Leistungspflicht gegenüber dem Endkunden) - erfüllt die Klägerin durch ihre eigene Einspeisung zugleich die Leistungspflicht des Beklagten?
bb)
85 
Werbeeinnahmen (auch) des Beklagten.
86 
Zwar hängt das Werbeaufkommen und damit zugleich das Werbeeinkommen des Beklagten vom Verbreitungsgrad seiner Werbung ab. Die Verbreitungsleistung der Klägerin ist danach Preisparameter für die Werbeeinnahmen des Beklagten. Die klägerische Verbreitungsleistung ist mithin beim Beklagten eingepreist. Zwar mag eine Wechselbezüglichkeit vorliegen zwischen den Werbeeinnahmen des Beklagten, aber auch dem Entgeltaufkommen der Klägerin, weil ihr Leistungspaket gegenüber dem Endkunden (jenseits reiner Telefonie- oder Internetverbindungsleistung) durch das Programmangebot des Beklagten nachhaltig aufgewertet wird, wie diese selbst einräumt (I 133). Auf welcher Seite ein Saldoüberschuss insoweit liegt, bedarf keiner Entscheidung, da dieser Gesichtspunkt nicht, dann schon gar nicht einen festen (Einspeisungsvergütungs-)Zahlbeitrag als Ergebnis eines Leistungsaustausches rechtfertigen kann. Gibt es dem Grunde nach keine Zahlungspflicht, kann auch der zufällig beiden Seiten günstige Verbreitungsgrad einer Leistung kein (entgeltliches) Leistungsverhältnis begründen. In anderem (umgekehrtem) Zusammenhang (eigene Endkundenumsätze der Klägerin) will sie den Verweis auf solche Wertzuwachsabschöpfungen wegen der angeblichen Unterschiedlichkeit der (nachgelagerten) Märkte selbst nicht gelten lassen (IV 360). Ungeachtet dessen ist dieses Argument schon deshalb in wesentlichen Teilen nicht tragfähig, weil die Klägerin selbst vorgegeben hat, dass Streitgegenstand nur die Verbreitung des vom Beklagten veranstalteten Programms und nicht die Beteiligung des Beklagten am Gemeinschaftsprogramm der X. sei (I 8); unstreitig ist jedoch, dass dem Beklagten in seinem - nur streitgegenständlichen - Programm, und zwar in Bezug auf Herstellung und Verbreitung von Fernsehsendungen, Werbung verboten ist und eine solche ersichtlich auch nicht stattfindet (vgl. § 16 Abs. 2 RStV; V 486).
cc)
87 
Art. 14 Abs. 1 S. 1/Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG.
88 
Soweit die Klägerin vorbringt, der Beklagte „missbraucht ... seine marktbeherrschende Stellung dazu, dass die Klägerin aufgrund der Must-carry-Regeln ihre Leistungen ihm nunmehr unentgeltlich zur Verfügung stellt“, (IV 362), wird die Must-Carry-Pflicht, das sog. Kabelbelegungsregime, nicht als staatlicher Zuweisungsakt, sondern als Outsourcing einer originär in der Pflichtigkeit des Beklagten stehenden Aufgabe behauptet. Diese diesem Argument innewohnende Grundannahme ist und bleibt aber die Streitfrage. Die reine Leistungsentsprechung (Programmtransport) schafft für sich nicht die von der Klägerin postulierte „privatrechtliche Leistungsbeziehung zwischen den Parteien“ (IV 363), wenn der Leistungsentsprechung nicht zugleich eine spezialgesetzliche oder sich aus allgemeinen Rechtsregeln ergebende Pflichtigkeitszuweisung zu Grunde liegt, welche in Eigenregie nur kostenintensiv oder in der Fremdübernahme nur entgeltlich geschehen kann. Im Übrigen kann aufgrund einer - einmal gedachten - rechtswidrigen Beauflagung einer Privatperson durch den Staat im Regelfall nur der Staat, dem das gesetzgebende Organ zuzuordnen ist, wegen dieses gesetzgeberischen Übermaßes bei der Auferlegung eines Sonderopfers im Interesse der Allgemeinheit in Haftung genommen werden, nicht unmittelbar ein Dritter, dem diese - rechtswidrige - Aufgabenübertragung mittelbar zugutekommt.
dd)
89 
§§ 826, 242, 138 BGB.
(1)
90 
Nicht anders verhält es sich mit dem Argument, die Kündigung sei nicht auf eine Beendigung der Leistungsbeziehung, „sondern auf die - rechtswidrige - unentgeltliche Inanspruchnahme der Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin“ gerichtet gewesen (IV 364). Denn ist der Beklagte nicht entgeltpflichtig, wird ohne Selbstwiderspruch nur der rechtmäßige Zustand hergestellt.
(2)
91 
Zwar mag denkbar sein, dass die abgestimmte - berechtigte - Kündigung nur zu dem Zwecke geschehen ist, durch den Missbrauch einer formalen Rechtsposition die Klägerin objektiv sittenwidrig und vorwerfbar verwerflich zu schädigen, wie dies etwa angenommen wird bei Ausübung eines Kündigungsrechts in letzter Stunde, um dem Gekündigten die Möglichkeit einer Schadensabwendung zu nehmen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 72. Aufl. [2013], § 826, 5; Oechsler in Staudinger, BGB, § 826 [2013], 197; abl. Wagner in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2013], § 826, 58). Dafür ist aber weder etwas dargetan noch sonst hinreichend ersichtlich gemacht. Die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes mit einem - vertraglich vorgesehenen - Vorlauf von einem halben Jahr bezüglich eines Vertrages, dessen Gegenstand eine Partei bei Vertragsabschluss als demnächst hinfällig bezeichnet hat, steht nach dem Sachstand für nicht mehr als die Wahrnehmung einer vertraglich vorgesehenen Dispositionsmöglichkeit und einen schwelenden, bewusst ungeklärten Grundstreit, der sich vorhersehbar stellte und nun ausgetragen werden muss.
ee)
92 
Verweis auf Entgelthandhabung gegenüber anderen Kabelnetz- oder Satelliten-/Terrestrikbetreibern.
93 
Auch insoweit ist aus der unterschiedlichen tatsächlichen Handhabung je nach Blickwinkel und Standort behauptend einmal das Rechtsmäßigkeitsmodell oder einmal postulierend das Beispiel für eine auch dort bloß kartellrechtswidrige Verhaltensweise abzuleiten. Welcher Blickwinkel richtig ist, ergibt nur die Grundantwort, nämlich, welches Modell auch hier für den Beklagten bindend ist.
ff)
94 
Kartellverstoß gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 1 und 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB.
(1)
95 
Das Nämliche gilt auch insoweit, wie die Ausführungen der Klägerin selbst offenbaren: „Die gemeinsame Kündigung eines gemeinsamen Vertrages mag für sich gesehen kartellrechtlich unproblematisch sein. Das gilt jedoch dann nicht mehr, wenn zugleich rechtswidrig verabredet wird, dass trotz eines bestehenden Kontrahierungszwanges kein Nachfolgevertrag mehr abgeschlossen und die Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin künftig unentgeltlich in Anspruch genommen werden sollen“ (IV 364). Bestand kein Kontrahierungszwang, jedenfalls kein Anspruch auf den Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages, war die Verabredung zur Kündigung ebenso wenig rechtswidrig wie die nachfolgende Verweigerung eines (Neu-)Abschlusses eines solchen Vertrages.
96 
(2) aaa)
97 
Zwar kann auch ein aufeinander abgestimmtes Verhalten, ein bewusst auf Zusammenwirken gerichtetes „Signaling“ dieses Merkmal in § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 AEUV (vgl. zum Verhältnis der Normen etwa Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 1, 4) erfüllen (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 23; ferner Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 11. Aufl. [2011], § 1, 71 und 79) ungeachtet der nachgeordneten Frage, ob im behaupteten koordinierten Verhalten eine bezweckte Beschränkung oder Behinderung liegt (vgl. zum Zweckmerkmal etwa EuGH U. v. 29.10.2009 - C-439/09 [Tz. 47] - Fabre Dermo-Cosmétiqe SAS; U. v. 13.10.2010 - C-32/11 [Tz. 38] - Allianz Hungária [jeweils zu selektiven Vertriebssystemen]) oder bewirkt (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 36; Bunte a.a.O. § 1, 230).
98 
bbb)
99 
Kein abgestimmtes Verhalten ist jedoch das - bewusste oder unbewusste - Nachahmen und das (nur) gleichförmige Verhalten, das für oligopolistische Machtstrukturen typisch ist (Bechtold a.a.O. § 1, 25; Bunte a.a.O. § 1, 74). Zudem schützt § 1 GWB den Wettbewerb nur unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um rechtmäßigen Wettbewerb handelt. Ein vertraglicher Ausschluss der rechtlich gar nicht anerkannten Handlungsfreiheit ist keine „Beschränkung des Wettbewerbs“ im Sinne von § 1 GWB (Bunte a.a.O. § 1, 22).
100 
ccc)
101 
Vorliegend sah der Einspeisungsvertrag vom 27.02.2008 (K 9) schon ein Laufzeitende zum 31.12.2012 vor (§ 13 Ziff. 1 S. 1). Zudem war eine die Verlängerungsklausel hindernde Kündbarkeit für jede der Parteien vorgesehen, wobei die Passage in ihrer Terminologie ersichtlich dort von einem Zweiparteienverhältnis (hier Klägerin, dort Programmveranstalter) ausging („nicht von einer der Parteien ...“, „... für beide Parteien ...“ [§ 13 Ziff. 3 {a}]). Hindert die eine Partei vertraglich - die Verlängerungsklausel hinweggedacht - angelegt die Fortsetzung des Vertragswerks einfach durch sein Auslaufenlassen, so manifestiert sich darin nur ein vertragsimmanentes Dispositionsrecht. Dieses privatautonom angesichts der Personenmehrheit im Lager einer Vertragspartei für jeden Beteiligten auf dieser Vertragsseite vorausgedachte gleichgerichtete Vertragsverhalten macht die vertragsgerecht Vorgehenden nicht zu Kartellanten. Ansonsten wäre etwa jede Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags durch eine nicht nur von einer einzigen Rechtsperson gebildete Mieterseite ein verbotenes Kartell.
102 
ddd)
103 
Erst der außerhalb der reinen Privatautonomie bestehende gesetzliche Druck, solch einen Vertrag (wieder) zu schließen oder ihn erst gar nicht aufzukündigen, ist dann der maßgebliche Ansatz für die Bewertung seiner (Un-)Kündbarkeit.
b)
104 
Diese Pflicht ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Regelkreis im Zusammenhang mit der Übertragungspflicht der Klägerin.
aa)
105 
Die Klägerin trifft eine Übertragungs-/Verbreitungspflicht. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG R. sind die dort genannten - analogen - Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei einer nicht ausreichenden analogen Übertragungskapazität zwingend an erster Stelle zu berücksichtigen. Nach § 52 b Abs. 1 Nr. 1 a des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (RStV) haben Plattformen privater Anbieter mit Fernsehprogrammen innerhalb einer technischen Kapazität im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die für die bundesweite Verbreitung gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme sowie für die Dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich programmbegleitender Dienste, zur Verfügung stehen.
bb)
106 
Dass dieser Pflichtigkeit zugleich Entgelterhebungsregeln beigestellt wären, kann nicht erkannt werden.
(1)
107 
§ 33 LMG dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/22/EG (so auch Hain/Steffen/Wierny [Privatgutachter auf Beklagtenseite] B 33 = VI 693, 701; vgl. auch Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 7 [Privatgutachter für U. M. K. B. GmbH]). Diese sog. Universaldienstrichtlinie (UDRL) hat den Zweck, aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung eines Zugangs zu den bezeichneten Medien zu für jedermann erschwinglichen Bedingungen verfügbar zu machen (vgl. etwa Erwägungsgrund 13, 14 und 37; so letztlich auch Art. 3 Abs. 1 UDRL). Die Mitgliedsstaaten können anhand objektiver Kriterien entscheiden, welchen Unternehmen Universaldienstverpflichtungen auferlegt werden (Erwägungsgrund 14 und 43). Nach Erwägungsgrund 18 sollten die Mitgliedsstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Erwägungsgrund 21 sieht vor: „Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedsstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgelegte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden“. Nach Art. 31 Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten zur Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle und -dienste den unter ihre Gerichtsbarkeit fallenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang von Hör- und Fernsehsendungen nutzen. Abs. 2 S. 1 1. Hs. dieser Norm gab vor, dass weder Abs. 1 dieses Artikels noch Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie) die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten beeinträchtigt, in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen ggf. ein angemessenes Entgelt festzulegen. Sofern ein Entgelt vorgesehen ist, stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass die Erhebung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in transparenter Weise erfolgt (S. 2).
(2)
108 
Danach ging die Richtlinie davon aus, dass den Unternehmen grundsätzlich bis an die Grenze der Kostenunterdeckung die Zugangsleistung abverlangt werden kann im Dienst und Interesse der überragenden Bedeutung der Zugangseröffnung zu solchen Medien für den Bürger als Bestandteil seiner gesellschaftlichen Teilhabe. Die Richtlinie verschloss den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einer Entgeltregelung für die Inpflichtnahme der Unternehmen für diese Leistungserbringung allerdings nicht (vgl. auch Holznagel/Salwitzek, K&R 2013, 454, 455 = B 43 = VI 854, 855; ferner Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 17, wonach Art. 31 UDRL nur das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern regele. „Für das Verhältnis zwischen dem von den Übertragungspflichten Begünstigten und dem verpflichteten Infrastrukturbetreiber ist Art. 31 Abs. 2 UDRL ohne Aussage. Grundsätzlich geht die dort angesprochene Entgeltregulierung von einer Vergütung im Verhältnis zwischen Transporteur und dem transportnachfragenden Inhalteanbieter aus“ - was bloße Behauptung bleibt). Danach hat die Richtlinie einen Entgeltanspruch als Pendant zur (Sozial-)Pflichtigkeit des Netzunternehmens im Sinne der Klägerin als „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ (VI 887, 889 und 891) gerade nicht geschaffen (so auch Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 703).
(3)
109 
In der Umsetzung dieser Richtlinie haben weder der RStV noch das LMG von der grundsätzlich nach Art. 31 Abs. 1 UDRL eröffneten Möglichkeit einer Entgeltregelung Gebrauch gemacht, gar im Sinne einer Entgeltpflicht eines Nutzers.
110 
aaa)
111 
Nachdem das LMG eine Umsetzung der Richtlinie darstellt, kann angesichts der aufgezeigten Regelungsstruktur der Richtlinie (Entgelt die Ausnahme, von der Gebrauch gemacht werden kann) ohnehin erwartet werden, dass eine Gebrauchmachung kenntlich gemacht wird und sich nicht aus einem bloßen Umkehrschluss ergibt, zumal der Beklagte als öffentlich-rechtliche Anstalt angesichts seiner Unterworfenheit unter ein Sparsamkeitsgebot (§§ 14 Abs. 1, 35 Abs. 10 S. 2 RStV) und der Überprüfung seines Finanzbedarfs (§ 14 Abs. 2 RStV; ferner zu Beteiligungsbeschränkungen § 16 b RStV) einer besonderen Legitimation bedarf, um im Umfang von Millionen (Einspeiseentgeltanteil des Beklagten im Jahr: 1,9 Mio. EUR [I 13, 50]) Gelder zu verauslagen, die nicht - so aber die petitio der Klägerin - einzig in einer Komplementarität in der Leistungskoexistenz oder des bloß gedanklichen Vorausgesetztseins liegen kann.
112 
bbb)
113 
Aus § 31 Abs. 3 S. 3 LMG, aus dem die Klägerin die Vergütungspflicht eines Nutzers im Umkehrschluss aber ableitet (I 35), kann solches schon nicht herausgelesen werden. Die Norm korrespondiert mit § 33 Abs. 1 Nr. 3 LMG, auf den sie Bezug nimmt, und bestimmt vielmehr, dass ein analoger Fernsehkanal, bei digitaler Verbreitung wahlweise die digitale Übertragungskapazität, für ein Fernsehprogramm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Die Regelung fügt sich danach bruchlos in das System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit ein.
(4)
114 
Auch § 52 b RStV verhält sich zu Entgelten nicht, auch nicht bloß mittelbar. Soweit die Klägerin auf die Begründung zur 8. Änderung des RStV abstellt (IV 351/352), gibt diese nur den Erwägungsgrund 44 der UDRL wieder, nimmt danach das dortige System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit auf und kann damit nicht als Argument für eine Vergütungspflicht nutzbar gemacht werden.
(5)
115 
Auch aus § 52 d RStV folgt nichts anderes.
116 
§ 52 d S. 1 RStV gibt ein Benachteiligungsverbot vor, S. 2 verpflichtet, dass die Must-Carry-Verbreitung „zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen“ hat, S. 3 will, dass Entgelte und Tarife für Must-Carry-Angebote offenzulegen sind, S. 4, dass diese so zu gestalten sind, dass auch regionale und lokale Angebote angemessene Bedingungen erhalten; S. 5 verweist auf die Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote, welche unberührt bleiben. In den maßgeblichen Sätzen 2 bis 4 ist zwar von Entgelten und Tarifen die Rede. Dass sie unbedingt erhoben werden und insbesondere von den Begünstigten der Must-Carry-Regelung getragen werden müssten, ergibt sich daraus zwingend nicht. § 52 d schafft keinen Entgeltanspruch der Klägerin, sondern sieht nur vor, wenn es zu Entgeltvereinbarungen kommt, welchen Anforderungen diese zu genügen haben (Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 712; so auch LG Berlin AfP 2013, 344 [juris Tz. 84]). Nichts anderes ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung (vgl. auch VI 888). Begünstigte dieser Norm sind allein die Anbieter von Rundfunkprogrammen und vergleichbare Telemedien, nicht aber etwa die Kabelnetzbetreiber. Damit scheidet § 52 d RStV als Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Netzbetreiber aus (so auch Holznagel/Salwitzek a.a.O. 455 m.w.N.; ebenso Dörr ZUM 2013, 81, 98, 99, 105 und 109 = vor B 20 [seinerseits Privatgutachten für das Y.]; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 40, insoweit; auch diese, obgleich beide Privatgutachter für den Kabelnetzbetreiber U. K. GmbH, gelangen nur zum Ergebnis: „... ist also bei der Aushandlung der Einspeiseentgelte zum einen vorgegeben, dass diese offenzulegen sind und dass die Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Eine ausdrückliche Verpflichtung der KNB“ (Kabelnetzbetreiber) „zur unentgeltlichen Weiterleitung erhält die Norm auf jeden Fall nicht“ - einen (ausdrücklichen) Entgeltanspruch vermögen auch diese Autoren insoweit nicht zu entwickeln; ähnlich Trute/Broemel MMR-Beil. 2012, 1, 17 in deren Privatgutachten nun für K. D.: „Diese Vorschrift sieht also im Grunde die Vielfaltsicherung auf der Inhaltsebene durch bestimmte rundfunkrechtliche Rahmenbedingungen“ vor und - ebenfalls nur behauptend -, dass die „Befugnis des Plattformanbieters zur Gestaltung von Entgelten und Tarifen ... mit der Regelung des § 52d RStV vorausgesetzt“ werde [dort S. 18]).
cc)
117 
Soweit die Klägerin auf § 87 Abs. 5 UrhG als systemgleiches Beispiel eines aufeinander bezogenen Kontrahierungszwangs verweist (etwa VI 889), so ist dort in S. 1 1. Hs. geregelt, dass Sendeunternehmen und Kabelunternehmen gegenseitig verpflichtet sind, einen Vertrag über die Kabelweitersendung im Sinne des § 20 b Abs. 1 S. 1 zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht (vgl. allg. Meckel in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. [2013], § 87, 8; Hillig in BeckOK-UrhG, § 87 [Stand: 01.09.2013], 45). Diese schon 1998 (vgl. Hillig a.a.O. 44) eingeführte Regelung kann jedoch gerade als Gegenargument fruchtbar gemacht werden. Denn dort ist der Kontrahierungszwang (OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603; Hillig a.a.O. 45; Dörr ZUM 2013, 81, 107) ausdrücklich gesetzlich niedergelegt. Hat der Gesetzgeber trotz dieser seit über 15 Jahren bestehenden klaren Interessenlösung in einem von der Klägerin für vergleichbar erachteten Rechtskreis aber von einer solchen gesetzgeberischen Vorgabe abgesehen, weshalb die Privatgutachter der Kabelnetzwirtschaft selbst von einer „Asymmetrie in der Ausgestaltung des Kontrahierungszwangs“ sprechen (vgl. Fink/Keber a.a.O. 37), so kann dem Postulat der Klägerin nicht gefolgt werden, hieraus ergebe sich, dass der Interessenkonflikt identisch zu lösen sei.
dd)
118 
Auch Art. 87 f Abs. 2 GG, der u.a. bestimmt, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, die der Bund flächendeckend angemessen und ausreichend gewährleistet (Abs. 1), als privatwirtschaftliche Tätigkeit durch die aus dem Sondervermögen D. B. hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden, gibt der Klägerin keinen Entgeltanspruch. Denn damit geschieht nur eine organisatorische Vorgabe für ein Handeln in Privatrechtsform (vgl. Nachweise bei Cornils in BeckOK-TKG, 4. Aufl. [2013], A, 19, FN 52). Selbst wenn man annimmt, Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG garantiere den in den Post- und Telekommunikationsmärkten tätigen Unternehmen, auch und ohne Unterschied denjenigen mit Bundesbeteiligung, materielle Privatautonomie, d.h. nicht durch spezifisch öffentlich-rechtliche Gemeinwohlbindungen überlagerte Handlungsfreiheit, typischerweise ausgerichtet auf die unternehmerische ratio des Erwerbsstrebens und eingebunden nur in die für jedermann geltenden privat- und wirtschaftsrechtlichen Regeln (Cornils a.a.O. 19), so herrscht doch auch insoweit die Ansicht vor, dass Art. 87 f Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Gewährleistung unmittelbar nur den Staat, nicht aber die privaten Akteure verpflichte (Cornils a.a.O. 19; Windthorst in Sachs, GG, 6. Aufl. [2011], Art. 87 f, 9). Denn Art. 87 f GG steht nur für einen Transfer des Versorgungsmodells. Selbst wenn mit der Privatwirtschaftlichkeit ein berechtigtes Gewinnstreben auch durch die Erhebung von Entgelten einhergeht, ist damit nichts darüber ausgesagt - ungeachtet des personalen Anwendungsbereichs der Norm -, ob der privatwirtschaftlich Tätige nicht gleichwohl einer besonderen Sozialpflichtigkeit unterworfen ist, welche für die Wirtschaftstätigkeit im Gewährleistungsbereich des Art. 87 f GG angenommen wird (vgl. etwa Möstl in Maunz/Dürig, GG, Art. 87 f [10/2010], 43; LG Berlin a.a.O. [V 593/594]). Deshalb gelangen selbst Trute/Broemel a.a.O. [S.18] insoweit zum Ergebnis: „Auf eine explizite rundfunkrechtliche Entgeltregulierung unter Vielfaltsgesichtspunkten wird ausdrücklich verzichtet und die Bildung von Entgelten dem Markt überlassen, ...“.
ee)
119 
Diese aufgezeigte besondere Pflichtigkeit ist auch Schrankenbestandteil des Art. 14 GG, den die Klägerin zur Grundlage eines Entgeltanspruchs erhebt. Ungeachtet des schon oben angesprochenen Umstandes, dass Art. 14 Abs. 1 GG eine Geltungsanordnung mit unmittelbarer Drittwirkung nicht zukommt (Papier in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 14 [7/2010], 219; Scholz in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 12 [6/2006], 77), ist das Eigentum ohnehin einer Inhalts- und Schrankenbestimmung unterworfen. Begrenzungen der Eigentumsbefugnisse sind als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BVerfGE 100, 226, 241; BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 19]). Dies gilt gerade für Universaldienstleistungen. Denn hinsichtlich der Basisversorgung mit Universaldiensten ist das Telekommunikationsgesetz also nicht nur aus europarechtlichen Gründen, sondern auch schon verfassungsrechtlich Ertrag der Erfüllung einer legislatorischen Pflichtaufgabe (Cornils a.a.O. 13; vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 13, 14, 37 und 44 zur UDRL; ferner EuGH EuZW 2013, 347 [Tz. 45 f] - Sky Österreich, dort zur Beschränkbarkeit der durch Art. 16 der Charta gewährleisteten Unternehmensfreiheit auch in Bezug auf Übertragungsrechte wegen Kurzberichterstattungsrechte Dritter). Die Klägerin hat danach das Netz als Universaldienstmedium mit dieser Pflichtigkeit erworben. Wird sie davon - wie europarechtlich als Möglichkeit vorgesehen - nicht im Wege einer Kompensation befreit, kann sie diese Pflichtigkeit ohne gesetzliche Entgeltregelung, schon gar nicht aus dem allgemeinen Gedanken der Art. 14 oder 12 GG, nicht gleichwohl kommerzialisieren (vgl. allg. BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 21], dort auch zu denkbaren kompensatorischen Entschädigungsansprüchen, aber auch zum Adressaten eines solchen Anspruchs).
ff)
120 
Auch die Behauptung, die hier streitige Rechtsfrage sei bereits höchstrichterlich im Sinne der Klägerin geklärt, verfängt nicht. Die dazu angeführte Entscheidung BGH NJW 1996, 2656 - Pay-TV-Durchleitung bezieht sich ohnehin auf einen Rechtszustand vor der UDRL 2002 und befasst sich, abgesehen von nicht bejahten Ansprüchen nach dem damaligen RStV (vgl. BGH a.a.O. [juris Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung, offengelassen, ob Art. 5 GG einen Durchleitungsanspruch auszulösen vermag: a.a.O. [juris Tz. 21]), ausschließlich mit kartellrechtlichen Fragen (vgl. auch Dörr a.a.O. 107).
gg)
121 
Danach kann weder dem Telekommunikationsrecht noch den genannten Regeln des Rundfunkrechts eine legislative Entscheidung über eine Entgeltpflicht entnommen werden noch kann eine einseitige unternehmerische Prärogative zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber als bindend vorausgesetzt werden (so auch Ladeur ZUM 2012, 939, 943 = B 10).
c)
122 
Auch dem spezialrechtlichen Rechtskreis, der sich auf den Beklagten und dessen Stellung bezieht, ist dessen Entgeltlichkeitspflicht nicht zu entnehmen.
aa)
123 
Eine solche Pflicht zur Entgeltlichkeit ergibt sich zu Lasten des Beklagten nicht aus Bestimmungen des RStV.
(1)
124 
§ 11 Abs. 1 S. 1 RStV gibt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Auftrag u.a. vor, „durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken“. § 19 definiert den Versorgungsauftrag dahin: „Die in der X. zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das Y. und das ...radio können ihrem gesetzlichen Auftrag durch Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Bei der Auswahl des Übertragungswegs sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme ist unzulässig“.
(2)
125 
Diesen Versorgungsauftrag erfüllt der Beklagte nach Kündigung des Einspeisungsvertrages durch Herstellung seiner Programme und - hier entscheidend - deren Verbreitung über Satellit und DVB-T (terrestrische Sendeanlagen).
(3)
126 
Dass der Verbreitungsauftrag die - weitere - Einspeisung und Bedienung auch des Kabelnetzes der Klägerin mit umfassen würde, folgt aus den genannten Bestimmungen des RStV nicht. § 11 RStV umschreibt mit nachgerader Selbstverständlichkeit die Kernaufgabe solcher öffentlich-rechtlicher Einrichtungen (vgl. auch BVerfGE 78, 118 [juris Tz. 89]; E 119, 181 [juris Tz. 122]). Dass die Aufgabe der Rundfunkanstalten auch auf das Verbreiten angelegt ist, ist nahezu Wesensmerkmal des Rund-Funks. Neben dieser Wesensumschreibung leistet die Norm nichts dazu, wie diese Aufgabe konkret zu bewältigen ist, insbesondere auf welchem technischen Wege (ebenfalls verneinend in diesem Sinne LG Köln ZUM 2013, 505 [juris Tz. 94] = B 22; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 34).
(4)
127 
Auch § 19 RStV, welcher die Nutzung geeigneter Übertragungswege vorschreibt, gibt nicht - und sei es im Verbund mit dem Grundversorgungsauftrag und der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 GG - das vor, was die Klägerin als Inhalt dieser Pflichtigkeit ansieht, nämlich dass der Beklagte das Netz der Klägerin unbedingt benutzen muss (ebenso verneinend LG Köln a.a.O. [juris Tz. 96]).
128 
aaa)
129 
§ 19 RStV räumt der Rundfunkanstalt ersichtlich ein Ermessen ein, auf welchem technischen Wege sie ihrer Verbreitungspflicht nachkommen will (ebenso LG Mannheim U. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart [B 23 = V 527 f, 541]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 [B 26 = V 600 f, 611]).
130 
bbb)
131 
Der Funktionsauftrag des öffentlichen Rundfunks schließt auch ein, da das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offenbleiben muss, dass der Auftrag dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist; der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmatischer, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden. Die Finanzierung muss entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht ausgestaltet werden. Dem entspricht die Garantie funktionsgerechter Finanzierung. Die Mittelausstattung muss nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden (BVerfGE 119, 181 [juris Tz. 130]). Von der Freiheit öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Programmautonomie umfasst. Die Entscheidung über die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms steht den Rundfunkanstalten zu. Eingeschlossen ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme (BVerfGE a.a.O. [juris Tz. 131]).
132 
ccc)
133 
Zwar erschöpft sich die Rundfunkfreiheit nicht in einem Schutzanspruch der Rundfunkanstalten selbst, ist also nicht ausschließlich Selbstzweck für diese. Die Rundfunkanstalt hat in ihrer Funktion wegen ihres gesicherten Status‘ auch in ihrer Finanzierungssicherheit eine dienende Funktion (so auch Trute/Broemel a.a.O. 8), was sie verpflichtet, ihre Beiträge zum demokratischen Diskurs auch breitmöglichst nach außen zu tragen und zur Verfügung zu stellen.
bb)
134 
Dieser Aufgabe kommt die Rundfunkanstalt allerdings nach, indem sie ihr Programm so verbreitet, dass es verfügbar ist für die Aufnahmewilligen über die für diesen maßgebliche, weil im Zeitpunkt der Verbreitung des Programmsignals vorherrschende Infrastruktur. Insoweit genügt der Beklagte seiner Pflichtigkeit, indem er ein Signal verbreitet, das von solchen herrschenden Infrastrukturen aufgenommen, verarbeitet, verbreitet und zu einem Empfänger transportiert werden kann. Es ist nicht Inhalt der Versorgungspflicht, dass ähnlich der Stromversorgung die Rundfunkanstalt einen eigenen Kabelanschluss für jeden Haushalt herstellen müsste. Es genügt vielmehr, dass das Signal empfangbar ist. Dass die Ausstrahlung des Programmsignals auf terrestrischem Wege und insbesondere über Satellit dieses Erfordernis der Empfangbarkeit nicht erfüllt, wird nicht behauptet, da die Klägerin selbst es auf diesem Wege aufnimmt und an den Empfänger versendet/transportiert. Dass aufgrund technischer Entwicklung manche Hörer/Seher das Programmsignal über ein zwischengeschaltetes Kabelnetz empfangen, schlägt auf die Erfüllung der Grundversorgungsaufgabe des Beklagten ebenso wenig durch, wie dass ein steigender Anteil der Endkunden seine Programme über internetspezifische Netze aufnimmt. Auch insoweit wird schwerlich zu fordern sein, dass der Beklagte dem Zeitenwandel folgend ein eigenes internetfähiges Versorgungsnetz aufbauen muss. Können solche fremdbetriebenen Netze sein Signal aufnehmen, so stellt dieser Transport eine zwischengeschaltete Leistung eines Dritten dar, welche vom Grundsignal des Beklagten lebt, nicht aber wesensmäßigen Bestandteil der notwendigen Infrastruktur des Beklagten für seinen Grundversorgungsauftrag darstellt. Schon gar nicht ergibt sich aus dieser Zwischenschaltung, dass der Beklagte für die Umwandlung seines Signals und dessen Zwischentransport zugleich zu zahlen hat. Zu Ende gedacht, müsste der Beklagte sonst auch dem Internetanbieter eine Vergütung dafür erbringen, dass dieser das Programmsignal des Beklagten als Teil des eigenen Internetangebotes auflädt und dem Endkunden zuführt. Die heute noch nicht absehbare Diversifizierung der Rezeptionsstrukturen und damit Rezeptionsmittlermodelle wird möglicherweise dazu führen, dass der Beklagte sein Programmsignal auch für dann maßgebliche Techniken in einem gewissen Umfang kompatibel wird machen müssen, nicht aber dazu, dass er jedem Veranstalter eines jeglichen Transportmodells ein eigenes Entgelt entrichtet. Dass die Anbieter von Internetplattformen den Transport des Beklagtensignals freiwillig vornehmen, während die Klägerin dies im Rahmen des sog. Kabelbelegungsregimes gezwungenermaßen leistet, ist Bestandteil ihres Geschäftsmodells, mit dem sie ihren Marktauftritt genommen hat, und damit zu verorten bei der Frage, ob sie für diesen Leistungszwang gesetzliche Kompensation verlangen kann - was nach dem Vorgenannten zu verneinen ist -, und ist für sich nicht durchschlagender Gesichtspunkt, die Leistungsbezüglichkeit zwischen Klägerin und Beklagtem durch Einspeisungsentgelte zu kommerzialisieren.
cc)
135 
Auch soweit die Klägerin an unionsrechtliche Beihilfegrundsätze anknüpft (I 42 und 43, insbes. Trute/Broemel a.a.O. 22 f), führt diese Sicht, dass die Gebührenfinanzierung der Rundfunkanstalten als Beihilfe, weil strukturelle Koppelung von unabhängiger Finanzierung und Erfüllung des Gemeinwohlauftrages, eine Technologieneutralität bedinge, mit der Verpflichtung, die Kabelnetzbetreiber gegenüber anderen Betreibern von Übertragungsinfrastrukturen nicht zu benachteiligen, in der langen argumentativen Verknüpfungskette schon daran vorbei, dass das Beihilferecht zwar einem Konkurrenten subjektive Rechte einräumt (BGHZ 196, 254 [Tz. 14] - CEPS-Pipeline; Z 188, 326 [Tz. 19 f] - Flughafen Hahn), nicht aber gegenüber jedermann, der von dem Einsatz der Beihilfe betroffen sein könnte, eine Schutzwirkung entfaltet (Rennert EuZW 2011, 576, 582; vgl. auch Ladeur a.a.O. 942). Ohnehin, gelangte man in dieser Argumentationskette überhaupt zu einer Technikneutralität als anspruchsgebendem Rechtssatz, ist die Frage, ob diese Neutralität gerade die mit der Klage eingeforderte Kompensation zur Folge hat, zu verneinen (so auch Ladeur a.a.O. 942).
5.
136 
Da die Klägerin nach der gesetzlichen Ausgestaltung ihrer Übertragungspflicht (sog. Kabelbelegungsregime) nicht gleichsam für den Beklagten handelt und der Beklagte seinerseits nicht verpflichtet ist, als Bestandteil seines eigenen Grundversorgungsauftrages die Infrastruktur der Klägerin zu nutzen, somit weder ausdrücklich noch in einer ersichtlichen gesetzlichen Wechselbezüglichkeit die Versorgungsbeiträge der Parteien aufeinander bezogen sind unter gleichzeitiger Zuweisung der wirtschaftlichen Lasten an den Beklagten, kann sich allenfalls aufgrund von Marktpositionen und einer an der Freiheit des Wettbewerbs ausgerichteten Bewertung ergeben, dass der Beklagte gehalten sein muss, Kosten des Signaltransportes zu tragen. Da aus spezialrechtlichen Bestimmungen aus der bloßen Bezogenheit der Leistungshandlungen der Parteien aufeinander keine Entgeltpflicht des Beklagten abzuleiten ist, bleibt nur noch die Prüfung, ob ein Machtgefälle zwischen ihnen besteht und ob dieses hinreichender Ansatz sein kann, im Rahmen eines wettbewerblichen Ordnungsschutzes (Kartellrecht) eine Korrektur im Sinne des klägerischen Anliegens herbeizuführen (so auch Ladeur a.a.O. 944).
137 
Dies ist mit dem Landgericht im Ergebnis zu verneinen.
a)
138 
Anspruch gemäß § 19 Abs. 1 GWB.
aa)
139 
Darüber, dass der Beklagte unter den Unternehmensbegriff dieser Norm fällt (vgl. BGHZ 110, 371 [juris Tz. 35] - Sportübertragungen; vgl. auch Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 130, 9; Stadler in Langen/Bunte a.a.O. § 130, 13), streiten die Parteien zu Recht selbst nicht.
bb)
140 
Zwar ist das GWB seit Vertragsschluss, Vertragsbeendigung zum 31.12.2010 und auch vor und nach dem erstinstanzlichen Urteil (20.03.2010) geändert worden gerade auch in seinen §§ 18 bis 20 GWB. Auch mag abweichend von der wohl landgerichtlichen Sicht mit dem Gesichtspunkt des zeitlich relevanten Marktes zum 31.12.2012 (US 40) auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sein, wenn es um den reinen Kontrahierungszwang als (auch) aktuelle Pflicht zum Neuabschluss geht. Allerdings sind sachliche Änderungen mit der Neuregelung (vgl. im Einzelnen Bechtold a.a.O. § 19, 1 und § 18, 1, mit Ausnahme des Marktanteils für die Monopolvermutung) nicht verbunden (BT-Drs. 17/9852 [S. 23 und 24]; Bechtold a.a.O. § 19, 1). Deshalb legt der Senat die Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung seiner weiteren Sachbefassung zu Grunde.
141 
cc)
(1)
142 
Zwar ist der Beklagte für seine Programmsignale, da es keine anderen als seine insoweit gibt, ebenso marktbeherrschend wie die Klägerin mit identischer Erwägung für ihr eigenes Kabelnetz.
(2)
143 
Die je nach Verbotstatbestand differenzierend zu handhabende Feststellung des relevanten Marktes folgt aber dem sog. Bedarfsmarktkonzept, nach welchem einem bestimmten relevanten Markt alle Produkte oder Dienstleistungen zuzurechnen sind, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (BGHZ a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung; GRUR 2000, 95 [juris Tz. 8] - Feuerwehrgeräte; vgl. auch Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20 f). Auszugehen ist von der Nachfrage der Anbieter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen nach der Durchleitung ihrer Programme zu den Empfängern mittels Kabeln oder anderen technischen Vorrichtungen, die denselben Erfolg gewährleisten, nämlich dass die Anbieter mit ihren Programmen die Empfänger erreichen. Räumlich ist der jeweilige Markt davon bestimmt, dass es den die Durchleitungen nachfragenden Programmanbietern darum geht, gerade die von ihnen ins Auge gefassten Empfänger - nicht beliebige andere Empfänger - zu erreichen (so BGH a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung, dort aber zum umgekehrten Prüfansatz des von einem Sender geltend gemachten Anspruchs auf unentgeltliche Durchleitung).
144 
dd)
(1)
145 
Vorliegend leitet der Beklagte nichts (mehr) ein im Sinne einer zielgerichteten, bewussten Signalzufuhr zur Klägerin. Diese bedient sich einer vom Beklagten an jedermann gestreuten Programmsendung. Danach fragt der Beklagte keine Einspeisungsleistung der Klägerin mehr nach.
(2)
146 
Auf dem Signalbelieferungsmarkt ist der Beklagte dann als Anbieter nicht marktbeherrschend, da er nur etwa 2 % (vgl. I 77, 79, 100, 101, II 184) des Signalangebots des Gesamtmarkts der Signalanbieter, gemessen am Zuschaueranteil und danach in etwa der Signalmenge der tatsächlich einspeisenden und Programmdaten liefernden Sender, bedient, womit der Beklagte nicht als marktbeherrschend angesehen werden kann (vgl. § 18 Abs. 4 GWB; so auch LG Berlin a.a.O. V 596).
(3)
147 
Auch wenn die Programmsignale der vormaligen Gegenpartei (Personenmehrheit) des Einspeisungsvertrages 2008 als Maßstab herangezogen werden, so liegt deren Marktanteil, wie ebenfalls unwidersprochen geblieben ist (Klägerin selbst I 38), bei 26 % nur auf die X. bezogen (I 70), auf alle Mitglieder der Vertragspartner der Klägerin im Einspeisungsvertrag bei ca. 41,7 % (vgl. etwa I 70, II 184), womit allenfalls ein Fall des § 18 Abs. 5 GWB erfüllt wäre.
ee)
148 
Auch wenn man mit dem Landgericht - dort mit einer anderen Marktabgrenzung - den Beklagten im Verbund mit den übrigen Begünstigten des Must-Carry-Status‘ als Oligopol (§ 19 Abs. 2 S. 2 GWB [a.F.], nun § 19 Abs. 5 GWB) ansieht, zumal die Klägerin auf den Bezug auch der Programmsignale dieser Vertragspartei angewiesen ist, kann der landgerichtlichen Wertung im Ergebnis ebenfalls beigetreten werden.
(1)
149 
Denn ein Missbrauch, insbesondere dadurch, dass die Klägerin unmittelbar oder mittelbar behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt wird als gleichartige Unternehmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB; vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 GWB als getrennt geregelte Behinderungsverbote: Bechtold a.a.O. § 19, 1 und 6), liegt nicht vor.
150 
aaa)
151 
Die Unbilligkeit kann nicht im unentgeltlichen Angebot des Programms an sich liegen. Denn anderes bieten auch andere, auch private Sender, nicht.
152 
bbb)
153 
Die Klägerin sieht denn auch den Missbrauch darin, dass der Beklagte ihr sein Anerbieten unentgeltlich macht, obgleich er - wie unstreitig ist - gegenüber den Betreibern von Satelliten oder - soweit der Beklagte nicht selbst Betreiber ist - von terrestrischen Sendeanlagen ein Entgelt entrichtet. Der Missbrauch soll im unterschiedlichen Entgeltlichkeitsangebot des Beklagten liegen.
154 
ccc)
155 
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Fall GWB legt marktbeherrschenden Unternehmen zusätzliche Rücksichtnahmepflichten auf, welche sie verpflichten, wettbewerbsinkonformes, leistungsfremdes Marktverhalten zu unterlassen, um so einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen entgegenzuwirken (Bechtold a.a.O. § 19, 7); er verbietet die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen (Bechtold a.a.O. § 19, 8; so auch vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB); erfasst sind die den betreffenden Unternehmen objektiv nachteilige Maßnahmen (BGH WuW/E 863, 869 - Rinderbesamung II; Z 81, 322 [juris Tz. 26] - Original-VW-Ersatzteile; Bechtold a.a.O. § 19, 14; Nothdurft in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 145; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 19, 112 f; so schon Bechtold, GWB, 6. Aufl. [2010], § 19 [a.F.], 77). Die Behinderung wird erst unbillig aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes (Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 19, 16). Dabei wird die gebotene Interessenabwägung auch durch gesetzliche Wertungen in anderen Bereichen beeinflusst (BGH WuW/E 2805, 2809 - Stromeinspeisung; Bechtold a.a.O. 17 m.umfängl.N.).
156 
ddd)
157 
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass in der Nichtzahlung eines anderweitig anerbotenen und entrichteten Entgeltes zwar eine Beeinträchtigung im Sinne der Norm liegt. Dieser Umstand allein trägt jedoch nicht das weiter notwendige qualitative Unwerturteil der Unbilligkeit. Denn der Beklagte hat - wie aufgezeigt - seine ihm übertragene Aufgabe durch die Abgabe seines Programmsignals an Satelliten oder terrestrische Sendeanlagen erfüllt. Bietet er auch der Klägerin sein Sendesignal, und zwar kostenlos, an, so stellt dies nur einen Annex seines Grundversorgungsauftrags dar, der sich gegenüber weiteren Transporteuren wie der Klägerin nur auf die Nichtvorenthaltung seines Signals beschränkt. Die Klägerin fragt aufgrund eigener Pflichtigkeit nach. Ist aber der Grundversorgungsauftrag des Beklagten durch Weiterleitung seiner Programmsignale an die erstaufnehmende Verbreitungstechnik (Satellit und DVB-T) erfüllt, so endet auch dort die mit seinem Kernauftrag notwendigerweise einhergehende Verbreitungslast, sprich sein Finanzaufwand insoweit. Es ist nicht unbillig, wenn er für eine darüber hinausgehende kostenlose Freimachung seines Signals für weitere Signalmittler nicht zusätzlich die gleichen Aufwendungen zu Gunsten dieser Nachfrager tätigt. Das Verständnis der Koexistenz gleichwohl aufeinander bezogener Pflichtigkeiten bestimmt auch das Unwerturteil, hier Werturteil in ihrem ordnungsrechtlichen Begegnen.
ff)
158 
Nichts anderes gilt für § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. GWB.
(1)
159 
Betreiber von Satelliten und terrestrischen Anlagen sind in Bezug auf die Klägerin schon nicht gleichartige Unternehmen, da diese in ihrer Grundfunktion (vgl. hierzu BGHZ 101, 72 [juris Tz. 29] - Krankentransporte; Bechtold a.a.O. § 19, 37; Nothdurft a.a.O. § 20, 97) unterschiedlich sind, hier die Erfüllung der Grundversorgung, dort die bloß allgemeine Zugänglichmachung des Programmsignals für zusätzliche Programmverwerter.
(2)
160 
Zudem gibt es auch neben der Unterschiedlichkeit in der Grundfunktion dieser Unternehmen als sachlichen Grund für eine abweichende Behandlung auch den in die gebotene Interessenabwägung (vgl. BGH GRUR 2005, 177 [juris Tz. 14] - Sparberaterin; Bechtold a.a.O. § 19, 42; Nothdurft a.a.O. § 20, 121; vgl. auch BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, dort zu diesem Tatbestand in § 26 Abs. 2 GWB ) einzustellenden weiteren Gesichtspunkt, dass die Klägerin das Programmangebot des Beklagten - anders als die Betreiber der Satelliten- oder terrestrischen Sendeanlagen - zu einem äußerst werthaltigen und für sie unverzichtbaren Produkt (Klägerin selbst I 133) als wesentlichen Bestandteil ihres Geschäftsmodells macht, damit Wertschöpfungen vornimmt und sich mit diesem Teil ihres Gesamtleistungspaketes in nennenswertem Umfang finanziert.
(3)
161 
Und nicht zuletzt tritt als weiterer, eigenständiger Gesichtspunkt hinzu, dass der Beklagte gleichartige Unternehmen, nämlich 350 Kabelnetzbetreiber, nicht anders behandelt - wie unstreitig ist (vgl. Klägerin IV 354, 358). Dass diese wegen deren angeblicher Beschränkung auf die Netzebenen 3 und 4, mithin auf die Vermittlungsstufen unmittelbar am Endkunden, nicht gleichartig zur Klägerin seien, kann nicht erkannt werden. Dem Beklagten geht es nur um die Versorgung von Endkunden mit seinem Signal und nicht um die Stärkung von Zwischennetzen. Letzteres ist die originäre Zusatzaufgabe der Klägerin als Netzübernehmerin, welche sie in ihrer Grundfunktion der Endkundenversorgung im Rahmen von Universaldiensten nicht andersartig macht. Dass jene 350 Kabelnetzbetreiber sich nur der missbräuchlich ausgenutzten Marktmacht des Beklagten, seinem Diktat insoweit unterworfen hätten, entwertet das Vergleichsmarktmerkmal in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB per se und ist damit schon nicht systemkonformer Einwand. Im Übrigen ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass nur 4 - und diese ohnehin konzernverbunden - von diesen 350 Kabelnetzbetreibern ein Verfahren gegen ihn angestrengt hätten und allenfalls in einem von diesen nach dem jeweiligen dortigen Verfahrensstand überhaupt noch eine dem Beklagten ungünstige Entscheidung denktheoretisch erwartbar sein könne. Nichts anderes ergibt sich im Kern nach dem bisherigen Streitstand (Klägerin IV 359, K 26 und BK 5 = IV 462 - 466)
gg)
162 
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ist ebenfalls nicht erfüllt, auch wenn unter sonstigen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu etwa Bechtold a.a.O. § 19, 53; Nothdurft a.a.O. § 19, 135) auch das hier unentgeltliche, in anderen Bezügen entgeltliche Leistungsangebot des Beklagten erfasst werden kann. Der Beklagte fordert aber nichts. Er verlangt keinen Einspeisungsvorgang. Im Übrigen bleibt der Verweis auf die 350 Kabelnetzbetreiber mit vergleichbarer Funktion, denen gegenüber der Beklagte ebenfalls nichts entrichtet.
hh)
163 
Hinsichtlich § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB gelten die nämlichen Erwägungen mit einem nicht vorhandenen Fordern und einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung.
ii)
164 
§ 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB (vormals § 20 Abs. 3 S. 1 GWB) soll Nachfragemacht-Missbrauch erfassen und bezweckt nicht den Schutz der Marktgegenseite (so Bechtold a.a.O. § 19, 84 m.N.), sondern nach überwiegender Meinung den Wettbewerber des Nachfragers und allenfalls sekundär einen Schutz des Anbieters vor einem markstarken Nachfrager (Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, KartellR, 2. Aufl. [2009], § 20 [a.F.], 113 m. N.). Beim vorliegenden Wertungsansatz ist der Beklagte schon nicht Nachfrager. Jedenfalls aber entscheidet über die Erfüllung diese Verbotstatbestandes letztlich wiederum nur eine Interessenabwägung, die genügend Spielraum zwischen wettbewerbsschädlichem und wettbewerbskonformem Verhalten eröffnet. Damit kommt der Interessenabwägung die zentrale Bedeutung zu, die sie auch im Tatbestand des § 20 Abs. 1 GWB hat (Nothdurft a.a.O. § 20 [a.F.], 218; so auch Loewenheim a.a.O. 116 und 121; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 20 [a.F.], 220 f., und zur Systematik 239; wonach sich die Vorschriften nach § 19 Abs.1 und 4 und § 20 Abs. 3 und 4 GWB [jeweils a.F.] fast vollständig überschneiden, was für die nur redaktionell anders geordneten Nachfolgenormen in gleicher Weise zutrifft). Damit gilt auch fort, dass das Streben nach günstigen Konditionen sowohl auf Abnehmer- wie Anbieterseite als solches wettbewerbskonform ist; daraus, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bedingungen und Preisen geführt hat, kann nicht ohne weiteres ein Verstoß hergeleitet werden (so BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, noch zu § 26 Abs. 2 GWG [a.F.]). Besteht aber der vom Senat zu Grunde gelegte Unterschied in der Verbreitungsfunktion der Klägerin einerseits und den Betreibern von Satelliten und terrestrischen Anlagen andererseits in Bezug auf den Auftrag des Beklagten, so behandelt dieser nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches berechtigt unterschiedlich, was auch das Ergebnis der gebotenen Interessenabwägung des Beklagten zwingend als nicht fehlsam bestimmt und einer Tatbestandsverwirklichung insoweit entgegensteht.
b)
165 
Auch § 20 GWB ist der Klägerin mit seinen nun nicht in § 19 GWB [n.F.] verorteten weiteren Tatbeständen nicht behilflich.
aa)
166 
Die Klägerin kann mit ihrem Gewinn von 159,4 Mio. EUR (so Klägerin selbst: I 7) und einer unwidersprochen gebliebenen Umsatzangabe von 1,158 Milliarden EUR (I 67, 68, II 195) nicht als kleines oder mittleres Unternehmen angesehen werden (vgl. hierzu Bechtold a.a.O. § 20, 10 m.N.). Darauf stellt die Klägerin selbst nicht ab.
bb)
167 
Im Übrigen ergeben sich gegenüber den im Einzelnen behandelten Gesichtspunkten zu § 19 GWB hier keine abweichenden Wertungsansätze.
c)
168 
Doch auch wenn man mit der Klägerin (so etwa I 38, IV 344, VI 875), dem Landgericht (US 40), dem LG Mannheim (V 541, 542), dem LG München I (V 566) und einer verbreiteten Spruchpraxis des Bundeskartellamtes (wohl allerdings noch unter der Gegebenheit eines Einspeisungsvertrages) davon ausgehen würde, dass bei dem juristischen Bewertungsvorgang der Bestimmung des relevanten Marktes (Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20: „zweckbezogen... anzuwenden“) der Einspeisemarkt der maßgebliche ist (so nur in einer Alternativbetrachtung: LG Berlin [V 596]; offengelassen von LG Bremen [V 613]), auf dem der Beklagte Nachfrager ist, und zwar in R. (vgl. auch IV 344) - was insbesondere geboten sein könnte bei der Prüfung, ob die Kündigung unwirksam, da kartellrechtswidrig war, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Einspeisevertrag und damit eine Einspeiseleistung des Beklagten noch vorlagen -, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes.
aa)
169 
Mit dem Landgericht stünden sich bei diesem Bewertungsansatz (Beklagter als Nachfrager einer Einspeisungsleistung der Klägerin) aus Sicht der Anbieter für Einspeiseleistungen, also der Breitbandkabelnetzbetreiber, was die bloße Einspeisung als objektiv nachgefragte Leistung anbelangt, dann die Programmsignale, also sowohl der privaten als auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, hinsichtlich ihrer Eigenschaften, ihres Verwendungszwecks und ihrer Preislage so nahe, dass sie bezüglich der Einspeiseleistung als solcher als gegeneinander austauschbar und funktionell gleichwertig angesehen werden. Zu dem sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehören daher alle Rundfunkveranstalter, die ihre Programmsignale in das Breitbandkabelnetz der Netzbetreiber einspeisen lassen bzw. für eine solche Einspeisung objektiv zur Verfügung stellen (so LG US 40).
bb)
170 
Daran gemessen ist der Beklagte für sich genommen wiederum nicht marktbeherrschend, da die Klägerin ausreichende Ausweichmöglichkeiten besitzt. Dass, worauf sich die Klägerin bezieht, der Beklagte aufgrund seines Must-Carry-Status‘ „als Nachfrager für die speziell ihm medienrechtlich reservierten Kapazitäten gesetzt ist“ (VI 875), er deshalb „ein rechtlich begründetes Nachfragemonopol“ innehabe (VI 875), was auch kartellrechtlich relevant sei, wird von der insoweit von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 42, 318 - Rinderbesamung I nicht getragen. Denn dort war die Rinderbesamungsgemeinschaft ohne Wettbewerber, was zumindest zu einem wesentlichen Teil auf einem gesetzlich zugewiesenen Monopol beruhte („Zustellung als ‚Besamungsstelle‘“; vgl. BGHZ a.a.O. [juris Tz. 12] - Rinderbesamung I). Hier ist das Monopol, der Anbieterzwang, aber der Klägerin auferlegt, was dem LG Bremen u.a. Anlass war, einen kartellrechtlichen Verstoßtatbestand zu verneinen (V 613).
cc)
171 
Doch auch insoweit, auch wenn der Beklagte im Verbund mit den übrigen Vertragsbeteiligten auf seiner Seite als Oligopolist gewertet würde, führte dies nur zu den oben a) und b) schon dargestellten Wertungen, insbesondere auch unmittelbar zu denjenigen des Landgerichts, auf welche der Senat bei diesem Wertungsansatz Bezug nimmt. Auch unter einer - insoweit - anderen Ausrichtung der Marktabgrenzung kommt auch dem Umstand, dass etwa R. oder P. Entgelte (weiterhin) an die Klägerin für die Einspeisung von deren Programmsignalen entrichten, kein Üblichkeitscharakter und damit keine Maßstäblichkeit zu. Denn zum einen entspricht es dem Vortrag der Klägerin, dass dies auch wegen deren besonderer Anforderung im Zusammenhang mit der HD-Technik erfolgt (II 137, VI 870); zum anderen ist den Privatsendern wegen des mit deren Reichweite verknüpften Werbeaufkommens in weit höherem Maße als den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an der Aufnahme ins Programm der Klägerin überhaupt, zudem an einer besonders bequemen Kanalbelegung gelegen.
6.
172 
Dieses Ergebnis im Rahmen des aufgezeigten Anspruchsgefüges führt dazu:
a)
173 
Der Hauptantrag (Ziff. 1 a: Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages 2008 über den 31.12.2012 hinaus) ist unbegründet, da der Kündigung keine durchgreifenden Rechte der Klägerin entgegenstehen, auch nicht im Sinne eines sogleich greifenden Kontrahierungszwanges.
b)
174 
Dies macht auch den Hilfsantrag (Antrag Ziff. 1 b) unbegründet, da auch kein Anspruch auf den Abschluss eines gleichgerichteten Standard-Einspeisungsvertrages besteht.
c)
175 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c scheitert, da das Gericht mangels Kontrahierungszwanges auch nicht Bedingungen eines abzuschließenden Einspeisungsvertrages bestimmen muss.
d)
176 
Da die vorgenannten Ansprüche unbegründet sind, ergeben sich auch keine Schadensersatzansprüche aus Kündigung oder Nichtabschluss eines Neuvertrages.
e)
177 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 e verfängt nicht, da die Klägerin mit der Einspeisung nur ihr Geschäft und keines der Beklagten erbracht und diese somit auch nichts auf Kosten der Klägerin ab 01.01.2013 ungerechtfertigt erlangt hat. Der entgegenstehende Wille des Beklagten bleibt beachtlich und ist im Rahmen des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu übergehen, weil es auch einen Geschäftsauftrag für den Beklagten wie von der Klägerin behauptet nicht gibt.
178 
f)
aa)
179 
Soweit die Klägerin mit diesem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass sie zur Netzeinspeisung und Vorhaltung von Kapazitäten nicht verpflichtet sei, soweit und solange kein wirksamer Einspeisungsvertrag zwischen den Parteien besteht, erstrebt sie die Klärung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit nach § 33 LMG und § 52 b RStV, ob sie ihrer gesetzlichen Pflicht noch nachkommen muss, wenn der Beklagte nichts (mehr) bezahlt. Die Klärung dieser öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit der Klägerin ist aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen (so zutreffend LG Mannheim B. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart - B 45 = VI 861 bis 863; dort Verweisung an das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Verfahrensabtrennung insoweit). Soweit die Klägerin auf den Hinweis des Senats darauf und seine geplante Verfahrensbehandlung in Übereinstimmung mit der Vorgehensweise des Landgerichts Mannheim entgegengehalten hat, dass dieser Antrag dem im Verfahren BGH GRUR 1996, 808 - Pay-TV-Durchleitung entspreche und der BGH dort solche Rechtswegbedenken nicht gehegt habe, trägt dieser Einwand nicht. Zwar ist richtig, dass der dortige Antrag (BGH a.a.O. [juris Tz. 3 i.V.m. 11] - Pay-TV-Durchleitung) dem hiesigen gleichgerichtet war. Dort ging es jedoch ausschließlich um eine von kartellrechtlichen Fragen bestimmte Auseinandersetzung zwischen einer Kabelnetzbetreiberin und einem Pay-TV-Unternehmen, der unentgeltlich einspeisen wollte. Da in den Landesmediengesetzen die Richtlinie 2002/22/EG denknotwendig erst nach dieser BGH-Entscheidung vom 19.03.1996 umgesetzt worden ist, der damals gültigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages vom 31.08,1991 keine Must-Carry-Regelung zu entnehmen ist (vgl. § 35 Abs. 2 RStV [1991], folglich auch keine Bestimmungen über Einspeiseentgeltpflichten [vgl. BGH a.a.O. [Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung) und sich anderes auch nicht aus dem Landesmedienrecht ergab, kann aus jenem BGH-Urteil, das sich nicht zur öffentlich-rechtlich begründeten Pflichtigkeit eines Kabelnetzbetreibers unter dem sog. Kabelbelegungsregime verhalten konnte, auch nichts abgeleitet werden in Bezug auf die Rechtswegeinordnung der Übertragungspflicht der Klägerin als ihr eigenständig gesetzlich auferlegte Last. Diese Frage konnte sich erst nach jener BGH-Entscheidung stellen und ist nun wie befunden zu beantworten. Der Antrag findet sein Rechtsschutzinteresse und möglicherweise seine dann abweichend zu beurteilende Einordnung hinsichtlich der Rechtswegzuständigkeit nicht darin, dass sich der Beklagte eines Anspruchs auf unentgeltliche Einspeisung und Verbreitung seiner Programmsignale durch die Klägerin berühmt hätte. Dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur ergänzend (so schon etwa V 526) noch einmal bekräftigt. Soweit die Klägerin insoweit Bezug genommen hat auf Verlautbarungen des „M. in Person der Intendantin .... und“ des „W. ...“ (IV 368 und der dazu in Bezug genommenen Anlagen [etwa K 39]), welche dem Beklagten zugerechnet werden mögen, wird dort die Signalaufnahme- und Verbreitungspflicht der Klägerin als bloßer gedanklicher Reflex einer bewertenden Betrachtung der tatsächlich aufeinander bezogenen Systeme dargestellt. Die Intendantin fordert denn auch nicht die Klägerin zur unentgeltlichen Leistung auf, sondern äußert gegenüber den dortigen Adressaten ihres Schreibens, den Landesmedienanstalten, die „Bitte um die Durchsetzung der Must-Carry-Regeln“ (K 39 S. 5).
bb)
180 
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Entscheidung des Senates über diese Frage mit dem ergänzenden Verweis auf § 17 Abs. 2 GVG einfordert, ist ihr im Ausgangspunkt zuzugeben, dass durch diese Norm grundsätzlich eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz eröffnet ist (etwa Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 17 GVG, 5). Dies gilt allerdings nur für einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Werden im Wege der Klagehäufung mehrere selbstständige Ansprüche gemeinsam geltend gemacht, so muss die Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs für jeden Anspruch getrennt geprüft werden und ggf. eine Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO erfolgen; andernfalls wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet (BGH NJW 1998, 826, 828; OLG München NJW-RR 2011, 1002 [juris Tz. 5]; Lückemann a.a.O. § 17, 6; Wittschier in Musielak, ZPO, 10. Aufl. [2013], § 17 GVG, 9; Zimmermann in MünchKomm-ZPO, 4. Aufl. [2013], § 17 GVG, 13).
cc)
181 
Der Senat ist danach nicht zur Entscheidung über diese ihm im Wege objektiver Klagehäufung mit vorgelegte Frage berufen.
182 
Deshalb hat auch hier die nämliche Verfahrensweise hinsichtlich dieses Hilfsantrages wie beim Landgericht Mannheim zu geschehen.
7.
183 
Soweit die Klägerin die Vorlage von Aktenbestandteilen von vor dem Bundeskartellamt geführten Verfahren begehrt, ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte über § 142 ZPO der Klägerin Hilfsmittel zur weiteren Begründung ihrer Position verschaffen soll. Dies wird von der Funktion des § 142 ZPO nicht gedeckt (BGH NZM 2013, 126 [Tz. 10]; B. v. 21.01.2010 - VI ZR 162/09 [Tz. 2]). Im Übrigen würde auf diese Weise auch das dem Bundeskartellamt in seinem Verfahren zustehende Recht, über ein dort anzubringendes Akteneinsichtsgesuch selbst zu entscheiden, auf diese Weise unterlaufen.
II.
184 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
185 
Die Revision ist zuzulassen, da diese Frage nicht nur in Bezug auf den Beklagten, sondern auch die übrigen Beteiligten der Gegenpartei des Einspeisungsvertrages 2008 der grundsätzlichen und damit höchstrichterlichen Klärung harrt (vgl. etwa BGH WM 2013, 45 [Tz. 2]; BGH B. v. 12.09.2012 - IV ZR 189/11 [Tz. 6])
186 
Hinsichtlich der Wertbemessung folgt der Senat ebenfalls der landgerichtlichen Festsetzung, welche auf einer Wertvorgabe der Klägerin beruht (I 2, 13, 50), die keinen Widerspruch erfahren hat und mit der reinen Jahresbetrachtung (arg. § 41 Abs. 1 S.1 GKG) auch Gefolgschaft verdient.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) Ein Kostenanschlag ist im Zweifel nicht zu vergüten.

Tenor

1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich

festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht,

zur gesonderten Entscheidung

a b g e t r e n n t.

b) In diesem Umfang wird der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 17 a Abs. 2 GVG für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige

V e r w a l t u n g s g e r i c h t   S t u t t g a r t

v e r w i e s e n.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.03.2013

z u r ü c k g e w i e s e n .

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 1.900.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat der Sache nach, soweit der Streitstoff in die Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit fällt und nicht abgetrennt und verwiesen werden muss, keinen Erfolg.
A
Zum einen wird auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend und ergänzend:
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte für die Aufnahme (Einspeisung) und Zuführung seiner Programmsignale in und über das Kabelnetzsystem der Klägerin an deren Programmendabnehmer eine Einspeisungsvergütung zu entrichten hat.
Die Klägerin begehrt im Kern die Fortsetzung eines Einspeisungsverhältnisses (Verurteilung zum Vertragsabschluss, Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Kündigung und Vorenthaltung eines solchen Vertrages) sowie die Feststellung, dass der Beklagte wegen dessen Einspeisungsvorgängen an die Klägerin Entgelte zu zahlen hat.
Die Klägerin hat Breitbandkabelnetze der D. B. übernommen, die sie in einigen Bundesländern, insbesondere in R., nicht aber in B. betreibt. Der Beklagte, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der Länder B. und R., versorgt mit seinen Programmen die Empfänger über dessen Antennenanlagen oder über das Netz der Klägerin, welche von Zwischenvertreibern oder dem Endbenutzer Entgelte erhält. In R. wurden 2011 von den ca. 1,79 Millionen TV-Haushalten etwa 690.000 über das Klägernetz versorgt. Die Programmsignale des Beklagten gehen auch über Satellit, terrestrisch oder über Breitbandkabelnetze anderer, kleinerer Kabelnetzbetreiber oder internetbasiert an die Endbenutzer.
Die Klägerin hatte mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Rundfunkveranstaltern Einspeisungsverträge geschlossen. So am 27.02.2008 (K 9) auch einen u.a. mit den zur X. zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten, in dessen Präambel in Ziff. 6 bereits festgehalten war, dass die Vertragsparteien unterschiedlicher Auffassung über die Einspeisungsentgelte und die Pflichtigkeit dazu seien. Gemäß § 8 hatten die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter ein Gesamtentgelt von 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr zu leisten. Der Vertrag nahm seinen Beginn am 01.01.2008 und hatte eine Laufzeit bis 31.12.2012 mit einer Verlängerungsoption, falls nicht spätestens 6 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werde. Seine Rechte nach dem UrhG lässt der Beklagte über die GEMA durch Lizenzen auch gegenüber der Klägerin wahren.
Mit Schreiben vom 19.06.2012 kündigte der Beklagte den Einspeisungsvertrag 2008 zum 31.12.2012; die übrigen Rundfunkanstalten sprachen ebenfalls die Kündigung zu diesem Zeitpunkt aus. Seit dem 01.01.2013 zahlen die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter keine Entgelte mehr an die Klägerin für die Verbreitung von ihren Programmen im Breitbandkabelnetz der Klägerin; die Klägerin verbreitet in R. die Programmsignale des Beklagten weiterhin.
Die Klägerin hat dafür gehalten,
10 
dass sie gesetzlich verpflichtet sei, die streitgegenständlichen Programme des Beklagten zur analogen wie digitalen Verbreitung aufzunehmen. Der Beklagte seinerseits sei verpflichtet, seine Programme auch über bestehende Breitbandkabelnetze zu verbreiten. Da in R. rund 807.000 TV-Haushalte durch das Breitbandkabelnetz der Klägerin versorgt würden, stelle auch dies die Art des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrages des Beklagten dar. Der Beklagte könne diese Nutzer nicht auf andere Übertragungswege verweisen, da der Beklagte die Übertragungstechnik selbst zur Verfügung zu stellen und an den Bedürfnissen der Nutzer auszurichten habe, was er gegenüber der Europäischen Kommission übernommen und wozu er nach europäischem Beihilferecht verpflichtet sei. So leiste er auch gegenüber anderen Infrastrukturbetreibern, insbesondere Satellitennetzbetreibern, in Erfüllung bestehender Verträge weiterhin sein Entgelt. In einem Kündigungskartell schlösse auch der Beklagte die Klägerin vom Einspeisungsentgelt nun aber aus, obgleich das Kabel die mit Abstand günstigste Infrastruktur für die Sendeunternehmen sei.
11 
Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Fortsetzung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) sei begründet, da die Kündigung sittenwidrig, jedenfalls grob treuwidrig sei. Der Beklagte sei auch aufgrund eines Kontrahierungszwangs zum Abschluss eines Einspeisungsvertrages verpflichtet. Er missbrauche im Zusammenspiel mit seinen Kartellanten sein Nachfragemonopol, um, in Abweichung von privaten Rundfunkanstalten, unentgeltlich einspeisen zu können, obgleich auch der Beklagte neben anderen, auch öffentlich-rechtlichen Entgelten vom Endkunden über die Rundfunkgebühr bereits zwangsweise ausreichend finanziell ausgestattet werde. Die urheberrechtlichen Lizenzverträge beinhalteten gerade eine Einspeisungsvergütung, da die Lizenzhöhe mit der Höhe dieser Vergütung korrespondiere. Die Parteien unterlägen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei höchstrichterlich geklärt sei, dass das öffentlich-rechtliche Kabelbelegungsregime nicht die Unentgeltlichkeit der Signaldurchleitung bedinge. Der Beklagte, schon für sich, jedenfalls im Verbund mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein marktbeherrschendes Unternehmen, betreibe Ausbeutungsmissbrauch (§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB) hinsichtlich des Nachfragemarktes für die Kapazitäten, die für den Beklagten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 33 LMG, 52 b RStV) reserviert seien. Die Behauptung des Beklagten, bei den Einspeisungsentgelten handle es sich um eine überholte Subventionierung der Rundfunkveranstalter zum Netzausbau, sei falsch, da die Entgelte auf der Grundlage von tatsächlichen Verbreitungskosten kalkuliert seien. Der Beklagte übe auch Diskriminierung gemäß § 20 Abs. 1 GWB, da er andere Verbreiter, wie Satellitenbetreiber, entlohne, die Klägerin ohne rechtfertigenden Grund aber nicht. Die ausgesprochene Kündigung und die gleichzeitige Verweigerung eines Neuvertrages stellten eine koordinierte Maßnahme zur Änderung der Marktbedingungen dar. Dass die Klägerin in ihren Abnehmerbeziehungen Entgelte erhalte, betreffe eine eigene Leistungsebene der Klägerin, welche der Beklagte nicht abschöpfen könne. Die von ihm bevorzugten Satellitenbetreiber würden ebenfalls Endbenutzerentgelte (etwa durch die Vermarktung von Programmen privater Veranstalter) erzielen. Dass die Klägerin bislang teilweise über Satellit verbreitete Programmsignale an Kabelkopfstellen entgegengenommen und in ihr Netz eingespeist habe, ändere nichts daran, dass sie der erhöhten Qualität des leitungsgebundenen Signals, welche auch die jeweiligen Rundfunkveranstalter bevorzugten, durch Verbesserung ihrer Netze Rechnung trage. Die privaten Fernseh- wie Rundfunkveranstalter leisteten ihrerseits sehr wohl Einspeisungsentgelte.
12 
Der Hilfsantrag Ziff. 1 b (Verurteilung zur Annahme des Standardvertragsangebotes) wie auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c (Feststellung der Pflicht zum Schadenersatz) und der Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz und Bereicherungsausgleich) seien die Folge der aufgezeigten Rechtsverstöße.
13 
Die Klägerin hat beantragt:
14 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
15 
- S. Fernsehen R.,
16 
und die Radioprogramme:
17 
- S.1 R.,
- S.2,
- S.3,
- S.4 R.,
- D.
18 
sowie ausschließlich digital:
19 
- S. Info und
- S. 4 B.
20 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
21 
hilfsweise,
22 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b beigefügten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1.a) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
23 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen a) und b))
24 
c) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1.a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1.b) für die Zeit ab dem 01. Januar 2013 entstehen werden;
25 
und
26 
d) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und zur Herausgabe der seit 01.01.2013 entstandenen und noch entstehenden Bereicherung verpflichtet ist, die im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziff. 1 a genannten Programme entstanden sind oder entstehen.
27 
und
28 
e) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1.a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange der Beklagte keinen Vertrag mit der Klägerin über die Einspeisung hat.
29 
Der Beklagte hat beantragt,
30 
die Klage abzuweisen.
31 
Er hat im Wesentlichen eingewandt,
32 
die Einspeisungsentgelte hätten ursprünglich dazu gedient, angesichts knapper Kabelkapazitäten der D. B. den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur zu ermöglichen, was anfänglich auch im Interesse der Rundfunkanstalten gelegen habe, was der Klägerin als Übernehmerin dieser Struktur nun aber eine Monopolstellung verschafft habe. Dieses historische Relikt komme bei rund 350 anderen Breitbandkabelnetzbetreibern nicht mehr zum Tragen. Angesichts der Veränderung der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließe sich die Zahlung von Einspeisungsentgelten nicht mehr rechtfertigen. Im digitalen Zeitalter sei keine Knappheitssituation mehr gegeben, über 350 andere Netzbetreiber betrieben ebenfalls Breitbandkabelnetze wie auch die Betreiber anderer Festnetze, welche ihren Kunden Programme über das Internet anböten. Seine Kündigung habe dazu gedient, die Privilegierung der Klägerin durch die Doppelvergütung durch einerseits den Beklagten und andererseits die die Signale abnehmende Wohnwirtschaft und Haushalte zu beenden, um einen fairen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Infrastrukturplattformen zu ermöglichen. Der Beklagte generiere durch sein aufwändig und teuer hergestelltes Produkt mit jährlich etwa 2,35 Milliarden EUR für die Kabelnetzbetreiber jenseits der Telefonie- und Internetangebote einen weiteren erheblichen Mehrwert. Im Jahre 2011 habe die Klägerin Umsatzerlöse in Höhe von rund 541.000.000,00 EUR im Bereich Internet- und Telefonie-Business und von rund 1,16 Milliarden EUR im Bereich TV-Business erzielt, darin eingeschlossen die Einspeiseentgelte mit rund 163 Mio. EUR. Der Nettoprofit der Klägerin liege bei 160 Mio. EUR, umgekehrt die Einnahmen der X.-Rundfunkanstalten aus urheberrechtlicher Vergütung bei ca. 2,6 Mio. EUR. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfüllten ihren Grundversorgungsauftrag durch die Einspeisung ihrer Signale in Satellit und terrestrische Sendenetze. Deren Betreiber enthielten anders als die Betreiber von Festnetzen kein werthaltiges Vorprodukt, da die Programmsignale von dort unverschlüsselt und somit von jedermann empfangen werden könnten. Die Klägerin müsse, um gegenüber diesem Angebot über Satellit oder Internet überhaupt konkurrenzfähig zu sein, die Programmleistung auch des Beklagten mit anbieten; für diese Wertabschöpfung solle der Beklagte nach dem Verständnis der Klägerin nun auch noch bezahlen. Im Übrigen seien die von der Klägerin geforderten Einspeiseentgelte weder im Inland noch im Ausland noch bei anderen Festnetzbetreibern üblich. Die Klägerin sei auf allen die Vermarktung der Rundfunksignale betreffenden Märkten marktbeherrschend, weshalb sie zwischen 2007 und 2010 sektorspezifisch durch die Bundesnetzagentur reguliert worden sei. Verlange sie anders als nahezu alle Festnetzbetreiber in Deutschland eine Einspeisevergütung, so handle sie vielmehr als Monopolistin kartellrechtswidrig.
33 
Die Hauptanträge seien bereits unzulässig, da ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorliege. Der Hauptantrag Ziff. 1 a (Feststellung des Fortbestandes des Einspeisungsvertrages 2008) scheitere schon daran, dass auch der Beklagte die Verbreitungsleistung von der Klägerin ab 01.01.2013 nicht mehr nachfrage. Wenn diese gleichwohl die Programme verbreite, komme sie ihrer eigenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nach den „Must-Carry“-Regelungen der §§ 33 LMG, 52 b RStV nach und ihrer Vertragspflicht gegenüber ihren Gläubigern (Wohnwirtschaft und Haushalten), diese auch mit den Programmen der Rundfunkanstalten als unverzichtbare Bestandteile ihrer Leistungspakete zu versorgen. Die Kündigung sei auch nicht wegen eines Kontrahierungszwangs unwirksam gewesen, da die Fortsetzung des Einspeisungsvertrages 2008 nur einen rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten hätte. Auch der verfassungsrechtliche Grundversorgungsauftrag des Beklagten verpflichte diesen nicht, mit der Klägerin eine Vergütungsabrede zu treffen. Dem genüge der Beklagte durch Ausstrahlung des Programmsignals über Satellit und terrestrische Sendetechnik. Dieser Auftrag schließe nicht die Pflicht ein, jede verfügbare Übertragungstechnik zu betreiben. Auch aus einfachgesetzlichen Regeln könne der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht hergeleitet werden. LMG und RStV gäben nur die aufeinander abgestimmte Pflicht vor, dass die Klägerin öffentlich-rechtliche Programme weiter zu verbreiten habe, während die Rundfunkanstalten auch der Klägerin ihre Signale zu überlassen hätten; auch aus § 19 RStV lasse sich eine Pflicht zum Abschluss von entgeltlichen Verbreitungsverträgen nicht ableiten. Anderes gäben auch die §§ 52 b, 52 b RStV nicht vor, da dort nur die Verbreitungspflicht der Kabelnetzbetreiber verankert sei. Dieses Konzept stehe auch nicht in Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben: Art. 31 Abs. 1 der Universaldienstrichtlinie ermögliche es den Mitgliedsstaaten, Netzbetreibern im öffentlichen Interesse Übertragungspflichten aufzuerlegen, Abs. 2 spreche nur von der „Möglichkeit“ der Mitgliedsstaaten, hierfür ein angemessenes Entgelt festzulegen. Von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik Deutschland gerade keinen Gebrauch gemacht. Auch das europäische Beihilferecht gelte nur zwischen der Europäischen Kommission und dem Mitgliedsstaat, nicht aber zwischen der Kommission und dem Beklagten als durch Beihilfe Begünstigten. Auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG fordere keine Entschädigungspflicht, da ein unverhältnismäßiger Eingriff zu Lasten der Klägerin nicht vorliege, weil diese selbst einer Sozialbindung unterliege und sich durch die Weiterverbreitung der öffentlich-rechtlichen Programme ohnehin gewinnbringend refinanziere. Die Kündigung sei auch nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 4 GWB unwirksam, da der Beklagte mangels Nachfrage der Einspeiseleistung bei der Klägerin ab 01.01.2013 schon nicht Normadressat sei. Die X.-Anstalten verfügten nicht über eine Marktbeherrschung, auch sei die Zahlung einer Einspeisevergütung die Ausnahme, schon gar nicht könne festgestellt werden, dass die von der Klägerin geforderten oder andere bei wirksamem Wettbewerb gezahlt würden. Die Vorenthaltung einer Vergütung zwinge die Klägerin auch nicht, ihre Leistung unterhalb der Kosten bereitzustellen, da die Vielzahl anderer Netzbetreiber die Auskömmlichkeit ihres Angebotes ohne Vergütungserhebung belege. Die Anwendung des § 20 Abs. 1 GWB scheitere nicht nur an der fehlenden marktbeherrschenden Stellung des Beklagten, sondern auch daran, dass keine Diskriminierung vorliege, da durch die Kündigung gerade eine Gleichbehandlung mit 99 % der übrigen Kabelnetzbetreiber hergestellt werde. Der Markt der Satellitennetz- und terrestrischen Sendenetzbetreiber, denen der Beklagte eine Vergütung zahle, sei nicht vergleichbar, da jene Netzbetreiber mangels Verschlüsselung ihrer Signale sich bei Nutzern nicht refinanzieren könnten. Auch ein verbotenes Kartell zwischen den X.-Rundfunkanstalten und dem Y. liege nicht vor, allenfalls sei ein kartellrechtlich bedenkliches Zusammenwirken durch Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 beendet worden. Die Rechtmäßigkeit bzw. Rückkehr zur Rechtmäßigkeit im Kündigungsverhalten des Beklagten stehe auch den geltend gemachten Hilfsanträgen entgegen; hinsichtlich des Hilfsantrages Ziff. 1 d gelte zudem, dass die Klägerin ausschließlich ein eigenes Geschäft besorge.
34 
(Private) Rundfunksender haben ihren Beitritt als Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten wieder zurückgenommen. Über die Kosten der Nebenintervention hat das Landgericht mit gesondertem Beschluss vom 18.03.2013 entschieden.
35 
Das Landgericht hat die Klage in allen Antragspunkten abgewiesen.
36 
Hinsichtlich des Hauptantrages (Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages) verneinte es allerdings den Unzulässigkeitseinwand, dass alle Rundfunkanstalten notwendige Streitgenossen seien. Die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB, da die schon in der Präambel angekündigte Klärungsbedürftigkeit, in deren Zusammenhang auch das ordentliche Kündigungsrecht nach § 13 des Einspeisungsvertrages stehe, nicht durch diese Vorschrift wieder ausgehebelt werden könne. Auch verstoße die Kündigung nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, da die Klägerin von dem Beklagten an Satellit und auf terrestrischem Wege ausgestrahlte Programmsignale erst zu einem für sie werthaltigen Leistungspaket schnüre. So sei nicht bestritten, dass mit Ausnahme der beiden Regionalgesellschaften alle Kabelnetzbetreiber (rund 350 Kabelnetzbetreiber) bei ebenfalls Übernahme der unverschlüsselten Programmsignale der öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter in ihre Breitbandkabelnetze ihre Gewinne ausschließlich aus ihren Endkundenbeziehungen zögen. Sei dies aber das Marktmodell, könne die daran ausgerichtete einheitliche Handhabung nicht anstößig sein. Ein Kontrahierungszwang, der schon einer Kündigung eines bestehenden Vertrages entgegenstehe, eröffne § 20 GWB nicht. Zwar sei der Beklagte, da Unternehmen im Sinne des § 130 GWB, Normadressat als zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung zusammen mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Mitglied eines marktbeherrschenden Oligopols im Sinne des § 19 Abs. 2 S. 2 GWB. Zum sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehörten alle Rundfunkveranstalter im örtlich relevanten Markt des Netzbetriebs der Klägerin in R.. Das Fehlen einer Ausweichmöglichkeit auf andere Nachfrager ergebe sich für die digitale Verbreitung aus § 52 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a RStV, für die analoge Verbreitung aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG, da sie Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorhalten müsse; ihr eigenes Produkt sei aber ohne dieses Leistungsangebot praktisch nicht absetzbar. Es liege keine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Mit der Kündigung der Einspeisungsverträge, die ausschließlich mit den Regionalgesellschaften, also der Klägerin und der U./K., geschlossen gewesen seien, sei der Regelzustand hergestellt. Dass der Beklagte an Betreibern von Satelliten oder terrestrischen Anlagen Einspeiseentgelte zahle, sei nicht vergleichbar, da diese aus Endkundenbeziehungen für die Signalbelieferung keine Vergütung erhielten. In der Verweigerung des Abschlusses eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages (nach dem Vertrag 2008 zuletzt 27 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer pro Jahr) manifestiere sich auch keine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB, da nahezu alle anderen Netzbetreiber keine Einspeisungsentgelte erhöben und die Klägerin entsprechend dem nahezu durchgängigen Vermarktungsmodell der übrigen Netzbetreiber weiterhin ungehindert die Programmsignale des Beklagten wertschöpfend vermarkten dürfe und vermarkte.
37 
Auch die einschlägigen rundfunk-, telekommunikations-, europa- und verfassungsrechtlichen Bestimmungen gäben keinen Anlass zu einer anderen Bewertung im Sinne einer Vergütungspflicht und damit Pflicht des Beklagten zum Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages. Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG vom 07.03.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und Diensten (sog. Universaldienstrichtlinie [im folgenden kurz: UDRL]) eröffne zwar die Begründung von Übertragungspflichten, stelle dem Mitgliedsstaat aber die Begründung einer Entgeltfestlegung frei; von dieser Möglichkeit habe die Bundesrepublik gerade keinen Gebrauch gemacht. Eine solche Gebrauchmachung liege nicht in § 33 LMG (analoge Verbreitung), da dort nur eine Programmreihenfolge bei Kapazitätsbeschränkungen, nicht aber eine Entgeltlichkeit in Ansehung dieser Pflichten bestimmt sei. Auch § 52 b RStV (digitale Verbreitung) regele auf der Grundlage von Art. 31 UDRL gewisse Programmaufnahmepflichten („Must-Carry“), gebe aber auch keine Vergütungspflicht vor; auch § 52 d RStV bestimme nur das Wie einer Entgelteausgestaltung, nicht aber das Dass/Ob. Nichts anderes ergebe sich aus dem TKG, zumal der Einspeisungsmarkt keiner Regulierung durch die Bundesnetzagentur mehr unterliege. Auch nach Art. 14 oder 12 GG bestehe kein Anspruch, da die Übertragungspflicht Ausdruck einer eigenen Sozialgebundenheit des Eigentums der Klägerin sei und damit keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung einhergehe, da der Kabelnetzbetreiber durch die Einspeisung seinerseits ein verwertbares werthaltiges Gut erlange und § 19 RStV die Rundfunkanstalten nicht ihrerseits verpflichte, jeglichen Übertragungsweg auch auszulasten. Andernfalls würde die Bejahung eines Kontrahierungszwanges die Autonomie der Rundfunkanstalten dahin prägen, dass diese jeden technisch möglichen Übertragungsweg bedienen müssten und dafür Entgelt zu entrichten hätten. Auch die koordinierte Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 stehe nicht für eine kartellrechtswidrig abgestimmte Verhaltensweise, sondern entspringe dem praktischen Gebot einer naturgemäß einheitlichen Handhabung. Da in der Kündigung kein Gesetzesverstoß begründet sei, auch nicht gegen § 1 GWB, drücke sich in der konzertierten Aktion auch kein verbotenes Handeln eines Kartells. Zwar seien die Hilfsanträge Ziff. 1 b und c zulässig, nach den vorigen Ausführungen jedoch unbegründet. Dies gelte im Ergebnis auch für den Hilfsantrag Ziff. 1 d (Aufwendungsersatz/Bereicherung), da die Klägerin nach dem Gesetz ein eigenes Geschäft ohne Entgeltanspruch geführt habe und führe; im Übrigen widerspräche eine Geschäftsführung für den Beklagten dessen durch die Kündigung klar ausgedrücktem entgegenstehendem Willen. Dieser entgegenstehende Wille sei auch nicht unerheblich, denn die Klägerin erfülle eine eigene gesetzlich begründete Pflicht, der keine gleichgerichtete gesetzliche Pflicht des Beklagten gegenüberstehe. Diese gesetzliche Risikoverteilung stehe auch der Annahme entgegen, der Beklagte erlange „etwas“ im Sinne des § 812 BGB durch die Einspeisung seiner Programmsignale durch die Klägerin in deren Breitbandkabelnetz. Der Hilfsantrag Ziff. 1 e (negative Feststellung, ohne Entgeltvertrag nicht zu Einspeisung verpflichtet zu sein) sei unzulässig, da der Beklagte sich eines solchen Einspeisungsanspruchs nicht berühmt habe, auch jetzt insofern keine Leistung verlange, sondern nur auf eine für unentgeltlich erachtete, gesetzliche Einspeisungspflicht der Klägerin verweise.
38 
Dagegen wendet sich die zulässige, weil auch form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin,
39 
welche unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und der damit verbundenen Wertungen im Wesentlichen vorbringt,
40 
zwar habe das Landgericht den Sachverhalt weitgehend zutreffend festgestellt, die festgestellte Marktbeherrschung und das Beklagtenverhalten aber fehlerhaft in das Rechtssystem des Rundfunkrechts eingeordnet. Denn der Beklagte verfüge nicht über die Freiheit, darüber zu bestimmen, auf welchem Wege und zu welchen Konditionen er seine Programmsignale weiterverbreite. Diese geminderte Freiheit präge seine privatrechtlichen Verhaltenspflichten aus bürgerlichem Recht und Kartellrecht dahin, dass er die Leistungen der Klägerin nicht unentgeltlich in Anspruch nehmen dürfe. Denn der Beklagte müsse nach seinem rundfunkgesetzlichen Auftrag Programme über die Netze der Klägerin gebührenfinanziert verbreiten, wozu ihm das Rundfunkrecht ein öffentlich-rechtliches Verbreitungsrecht nach Maßgabe des privaten Rechtes gebe, während die Klägerin den Netzzugang als entgeltliche Leistung zur Verfügung stelle, was alle anderen Fernsehveranstalter in Deutschland annähmen und entsprechend vergüteten. Ansonsten könne der Beklagte den ihm übertragenen Grundversorgungsauftrag auf die Klägerin gänzlich umlegen und auf deren Kosten erfüllen.
41 
Die Klägerin beantragt,
42 
unter Abänderung des am 20. März 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 11 O 215/12,
43 
1. a) festzustellen, dass der Vertrag über die Einspeisung und Verbreitung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen und -angeboten in Breitbandkabelnetze zwischen der Klägerin und dem Beklagten vom 27. Februar 2008 im Hinblick auf das Fernsehprogramm:
44 
- S. Fernsehen R.,
45 
und die Radioprogramme:
46 
- S.1 R.,
- S.2,
- S. 3,
- S.4 R.,
- D.
47 
sowie ausschließlich digital:
48 
- S. Info und
- S. 4 B.
49 
auch nach Ablauf des 31. Dezember 2012 für die Verbreitung in R. fortbesteht;
50 
hilfsweise zu 1. a),
51 
b) den Beklagten zur Annahme des als Anlage K1a und K1b in der ersten Instanz vorgelegten Standard-Vertragsangebots der Klägerin für einen Einspeisungsvertrag für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu verurteilen;
52 
und hilfsweise zu 1. a) und 1. b)
53 
c) den Beklagten zum Abschluss eines Einspeisungsvertrags für die Programme zu 1. a) für die Zeit ab Rechtskraft des Berufungsurteils beschränkt auf eine Verbreitung in R. zu angemessenen und marktüblichen Bedingungen zu verurteilen;
54 
höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen 1. a) und kumulativ zu 1. b) bzw. 1. c)),
55 
d) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz sämtlicher Schäden verpflichtet ist, die der Klägerin aus der mit den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgestimmten Kündigung des Vertrags zu 1. a) und Verweigerung des Abschlusses des Vertrags im Sinne des Antrags zu 1. b) für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 entstanden sind und noch entstehen werden;
56 
und
57 
e) hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte zum Ersatz der seit dem 1. Januar 2013 im Hinblick auf die Einspeisung der im Antrag Ziffer 1 a) genannten Programme entstandenen und noch entstehenden Aufwendungen und der Bereicherung verpflichtet ist;
58 
und höchst hilfsweise (für den Fall des Unterliegens mit dem Anträgen 1. a), 1. b) und 1. c) und kumulativ zu den Anträgen 1. d) und 1. e)),
59 
f) festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, soweit und solange zwischen der Klägerin und der Beklagten kein wirksamer Vertrag über die Einspeisung besteht;
60 
2. dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, Abschriften folgender Urkunden vollständig und ungeschwärzt vorzulegen:
61 
a) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. Februar 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 und die Anlagen hierzu [Blatt 42-236 der Verfahrensakte des BKartA]
62 
b) Schreiben des Bundeskartellamts an die Sozietät H. vom 24. Februar 2012 im Verfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 256-260 der Verfahrensakte des BKartA]
63 
c) Schriftsatz der Sozietät H. vom 12. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 nebst Anlagen [Blatt 340-347 der Verfahrensakte des BKartA]
64 
d) Vermerk zum Gespräch der Beschlussabteilung B 7 mit Vertretern von X. und Y. am 16. April 2012 [Blatt 353/001-012 der Verfahrensakte des BKartA]
65 
e) Schriftsatz der Sozietät H. vom 26. April 2012 an das Bundeskartellamt im Kartellverwaltungsverfahren zu Geschäftszeichen B7 20/12 [Blatt 375-376 der Verfahrensakte des BKartA]
66 
f) Entscheidungsvorlagen des Beklagten zur Kündigung und zur Anmeldung der Verbreitungsentgelte für die Kabelverbreitung bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF);
67 
3. dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
68 
Der Beklagte beantragt,
69 
die Berufung zurückzuweisen.
70 
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.
71 
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B
72 
Der Zulässigkeit der Klage steht mit dem Landgericht nicht der ohnehin schon von Amts wegen zu berücksichtigende Gesichtspunkt entgegen, dass die Klägerin nur den Beklagten und nicht zugleich alle übrigen Veranstalter von öffentlich-rechtlichen Regionalprogrammen mit verklagt hat. Denn eine notwendige Streitgenossenschaft als besondere Prozessführungsbefugnis (BGHZ 192, 245 [Tz. 19] - Tintenpatrone II) besteht nicht.
1.
73 
Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn wegen der gleichgerichteten Wirkung der Entscheidung gegen alle Beteiligten oder einer nur gemeinsamen Rechtsausübung der Beteiligten eine einheitliche Entscheidung erforderlich ist (vgl. etwa BGHZ a.a.O. [Tz. 19] - Tintenpatrone II; NZG 2011, 506 [Tz. 15]).
2.
74 
Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Streitgegenstand sind ausschließlich die vom Beklagten veranstalteten Programme im Land R., nicht auch Rechtsverhältnisse aus der Beteiligung des Beklagten an den Gemeinschaftsprogrammen mit anderen Landesrundfunkanstalten (so Klägerin Gerichtsakte Band I Bl. 8 [im Folgenden kurz: I 8]). Insoweit ist kein Gebot ersichtlich, dass die ganz maßgeblich medienrechtlich geprägte Rechtsbeurteilung in Bezug auf den Beklagten eine genau gleiche Behandlung erfahren muss wie - etwa - der rundfunkrechtliche Programmveranstalter in Berlin hinsichtlich seines Regionalprogrammes auf der Grundlage der dortigen medienrechtlichen Vorgaben, gar ungeachtet dieser. Auch § 13 Ziff. 3 (c) des Einspeisungsvertrages vom 27.02.2008 (K 9) belegt die Richtigkeit dieser Bewertung, da die Parteien dort selbst von der Kündbarkeit des Vertrages durch nur einen einzigen Programmgestalter ausgegangen sind (vgl. ebenso: LG München I U. v. 25.04.2013 - 17 HK O 16920/12 - B 24 [V 547 bis 574, dort 561]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 - B 26 [V 600 bis 616, dort 608]; offengelassen in LG Berlin U. v. 30.04.2013 - 16 O 389/12 Kart - B 25 [V 575 bis 599, dort 587/588] = AfP 2013, 344, wenngleich auch dieser Auffassung zuneigend).
C
75 
Die Klägerin hat nach landesrechtlichen Vorgaben Kapazitäten ihres Kabelnetzes, über welches schon unter der Vorgängerbetreiberin Endkunden Programme der Rundfunkanstalten empfangen haben, weiterhin zur Übermittlung solcher Programme zur Verfügung zu stellen. Der Beklagte hat aufgrund seines auch verfassungsrechtlich verankerten Grundversorgungsauftrages Endkunden mit seinen Programmsignalen zu beliefern; dies geschah bislang über Satellit, terrestrische Senderanlagen, Internet, aber auch über das Kabelnetz u.a. der Klägerin. Die Einspeisung in Letzteres hat der Beklagte eingestellt. Die Klägerin kann gleichwohl kostenlos die Signale des Beklagten etwa der Satellitenausstrahlung entnehmen, bei sich einstellen und ihrem Endkunden, sei es wiederum einem Kabelnetzbetreiber, sei es der Wohnungswirtschaft oder dem Endverbraucher selbst, entgeltlich zur Verfügung stellen.
76 
Kernfrage des Rechtsstreits ist, ob der Beklagte verpflichtet ist, korrespondierend zur Vorhaltepflicht der Klägerin seine Programme in das Kabelnetz der Klägerin einzuspeisen und - im Rechtsstreit entscheidend - hierfür eine Einspeisungsvergütung zu entrichten.
1.
77 
Unmittelbare vertragliche Ansprüche bestehen nach formal ordnungsgemäßer Kündigung des Einspeisungsvertrages 2008 auf den 31.12.2012 nicht.
2.
78 
Da der Beklagte ab 01.01.2013 auch selbst nichts mehr ins Kabelnetz der Klägerin im Sinne einer aktiven, selbst veranlassten, zweckgerichteten Leistung einspeist, können Ansprüche aus faktischer Inanspruchnahme der nur entgeltlich vorgehaltenen Infrastruktur der Klägerin nicht hergeleitet werden.
3.
79 
Soweit die Klägerin (weiterhin) in Bezug auf den Beklagten, und sei es auch nur über die GEMA, für deren Programme urheberrechtliche Lizenzen entrichtet, wird auch damit keinem gewillkürten Leistungsaustausch Rechnung getragen. Zum einen beruht dieses Entgelt entscheidend auf dem Umstand der (einseitigen) Inanspruchnahme des Beklagtenprogramms durch die Klägerin; zum anderen gilt dieses Entgelt dem Leistungsbeitrag der Künstler (vgl. I 75 unten). Diese Zahlung ist danach ungeeignet, eine irgendwie geartete, gar synallagmatische Verknüpfung zwischen den Leistungspaketen der Parteien herzustellen (vergleiche auch Klägerin IV 353).
4.
80 
Die Klägerin kann nur dann ein Entgelt vom Beklagten verlangen, wenn ihrer, ihr gesetzlich auferlegten und von ihr gehandhabten Übertragungspflicht der Rundfunkprogramme (auch) des Beklagten eine korrespondierende Pflicht des Beklagten gegenüber steht, gerade diese Versorgungsleistung der Klägerin - und sei es in Teilen - als eigene Leistung zu erbringen und damit zu vergüten.
81 
Dass Grundversorgungspflicht der Klägerin (Kabelbelegungsregime) und Grundversorgungspflicht des Beklagten nicht bloß unverbunden nebeneinanderstehen, sondern in einer solchen Pflichtigkeit miteinander verschränkt wären (die Klägerin bezeichnet dies so: „Die Parteien unterliegen einem wechselseitigen Kontrahierungszwang“ [I 32]; Beklagter: nur „vertikal aufeinander abgestimmte Verpflichtungen ... horizontale Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten sind nicht vorgegeben“ [I 88], Klägerin: nur „durch komplementäre Pflichten die positive, vielfaltsichernde Ordnung geschaffen“ [I 94]; „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ [VI 887, 889, 891]), vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Ergebnis nicht zu erkennen.
a)
82 
Etliche Argumente der Klägerin stellen nur eine vorwegnehmende Behauptung dessen dar, was erst noch zu beweisen ist (petitio principii), in immer nur geändertem, neuem argumentativen Gewand. So etwa:
aa)
83 
Rundfunkgebühren.
84 
Die Rundfunkgebühren selbst dienen nur dazu, (auch) dem Beklagten die Herstellung wie auch die Verbreitung seines Programmes zu ermöglichen. Damit wird aber die grundsätzliche Frage nicht zugleich beantwortet, welche Verbreitungsart Inhalt des Grundversorgungsauftrags des Beklagten ist. Dass der Endbenutzer des Beklagtenprogramms - erhöht die Klägerin bei Ausfall der Einspeisungsvergütung des Beklagten um diesen Anteil gegenüber dem Endkunden seinen Leistungstarif (vorbehaltlich einer wirksamen Anpassungsklausel) - über die Rundfunkgebühren und diesen dann kalkulatorisch eingepreisten Tarifanteil die Herstellungs- und Verbreitungsleistung des Beklagten zweimal vergüten müsste, stellt nur die nämliche argumentative Variante zur Grundfrage dar: Ist Bestandteil des Grundversorgungsauftrages des Beklagten dessen Pflicht, gerade bei der Klägerin einzuspeisen? Nimmt also der Beklagte mit der Einspeisung bei der Klägerin eine eigene Leistungspflicht wahr oder - im Fall der Passivität des Beklagten und der gleichgerichteten Leistungsvornahme der Klägerin (Einspeisung als klägerischer Doppeltatbestand, da zugleich Erfüllung seiner vertraglichen Leistungspflicht gegenüber dem Endkunden) - erfüllt die Klägerin durch ihre eigene Einspeisung zugleich die Leistungspflicht des Beklagten?
bb)
85 
Werbeeinnahmen (auch) des Beklagten.
86 
Zwar hängt das Werbeaufkommen und damit zugleich das Werbeeinkommen des Beklagten vom Verbreitungsgrad seiner Werbung ab. Die Verbreitungsleistung der Klägerin ist danach Preisparameter für die Werbeeinnahmen des Beklagten. Die klägerische Verbreitungsleistung ist mithin beim Beklagten eingepreist. Zwar mag eine Wechselbezüglichkeit vorliegen zwischen den Werbeeinnahmen des Beklagten, aber auch dem Entgeltaufkommen der Klägerin, weil ihr Leistungspaket gegenüber dem Endkunden (jenseits reiner Telefonie- oder Internetverbindungsleistung) durch das Programmangebot des Beklagten nachhaltig aufgewertet wird, wie diese selbst einräumt (I 133). Auf welcher Seite ein Saldoüberschuss insoweit liegt, bedarf keiner Entscheidung, da dieser Gesichtspunkt nicht, dann schon gar nicht einen festen (Einspeisungsvergütungs-)Zahlbeitrag als Ergebnis eines Leistungsaustausches rechtfertigen kann. Gibt es dem Grunde nach keine Zahlungspflicht, kann auch der zufällig beiden Seiten günstige Verbreitungsgrad einer Leistung kein (entgeltliches) Leistungsverhältnis begründen. In anderem (umgekehrtem) Zusammenhang (eigene Endkundenumsätze der Klägerin) will sie den Verweis auf solche Wertzuwachsabschöpfungen wegen der angeblichen Unterschiedlichkeit der (nachgelagerten) Märkte selbst nicht gelten lassen (IV 360). Ungeachtet dessen ist dieses Argument schon deshalb in wesentlichen Teilen nicht tragfähig, weil die Klägerin selbst vorgegeben hat, dass Streitgegenstand nur die Verbreitung des vom Beklagten veranstalteten Programms und nicht die Beteiligung des Beklagten am Gemeinschaftsprogramm der X. sei (I 8); unstreitig ist jedoch, dass dem Beklagten in seinem - nur streitgegenständlichen - Programm, und zwar in Bezug auf Herstellung und Verbreitung von Fernsehsendungen, Werbung verboten ist und eine solche ersichtlich auch nicht stattfindet (vgl. § 16 Abs. 2 RStV; V 486).
cc)
87 
Art. 14 Abs. 1 S. 1/Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG.
88 
Soweit die Klägerin vorbringt, der Beklagte „missbraucht ... seine marktbeherrschende Stellung dazu, dass die Klägerin aufgrund der Must-carry-Regeln ihre Leistungen ihm nunmehr unentgeltlich zur Verfügung stellt“, (IV 362), wird die Must-Carry-Pflicht, das sog. Kabelbelegungsregime, nicht als staatlicher Zuweisungsakt, sondern als Outsourcing einer originär in der Pflichtigkeit des Beklagten stehenden Aufgabe behauptet. Diese diesem Argument innewohnende Grundannahme ist und bleibt aber die Streitfrage. Die reine Leistungsentsprechung (Programmtransport) schafft für sich nicht die von der Klägerin postulierte „privatrechtliche Leistungsbeziehung zwischen den Parteien“ (IV 363), wenn der Leistungsentsprechung nicht zugleich eine spezialgesetzliche oder sich aus allgemeinen Rechtsregeln ergebende Pflichtigkeitszuweisung zu Grunde liegt, welche in Eigenregie nur kostenintensiv oder in der Fremdübernahme nur entgeltlich geschehen kann. Im Übrigen kann aufgrund einer - einmal gedachten - rechtswidrigen Beauflagung einer Privatperson durch den Staat im Regelfall nur der Staat, dem das gesetzgebende Organ zuzuordnen ist, wegen dieses gesetzgeberischen Übermaßes bei der Auferlegung eines Sonderopfers im Interesse der Allgemeinheit in Haftung genommen werden, nicht unmittelbar ein Dritter, dem diese - rechtswidrige - Aufgabenübertragung mittelbar zugutekommt.
dd)
89 
§§ 826, 242, 138 BGB.
(1)
90 
Nicht anders verhält es sich mit dem Argument, die Kündigung sei nicht auf eine Beendigung der Leistungsbeziehung, „sondern auf die - rechtswidrige - unentgeltliche Inanspruchnahme der Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin“ gerichtet gewesen (IV 364). Denn ist der Beklagte nicht entgeltpflichtig, wird ohne Selbstwiderspruch nur der rechtmäßige Zustand hergestellt.
(2)
91 
Zwar mag denkbar sein, dass die abgestimmte - berechtigte - Kündigung nur zu dem Zwecke geschehen ist, durch den Missbrauch einer formalen Rechtsposition die Klägerin objektiv sittenwidrig und vorwerfbar verwerflich zu schädigen, wie dies etwa angenommen wird bei Ausübung eines Kündigungsrechts in letzter Stunde, um dem Gekündigten die Möglichkeit einer Schadensabwendung zu nehmen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 72. Aufl. [2013], § 826, 5; Oechsler in Staudinger, BGB, § 826 [2013], 197; abl. Wagner in MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2013], § 826, 58). Dafür ist aber weder etwas dargetan noch sonst hinreichend ersichtlich gemacht. Die Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kündigungsrechtes mit einem - vertraglich vorgesehenen - Vorlauf von einem halben Jahr bezüglich eines Vertrages, dessen Gegenstand eine Partei bei Vertragsabschluss als demnächst hinfällig bezeichnet hat, steht nach dem Sachstand für nicht mehr als die Wahrnehmung einer vertraglich vorgesehenen Dispositionsmöglichkeit und einen schwelenden, bewusst ungeklärten Grundstreit, der sich vorhersehbar stellte und nun ausgetragen werden muss.
ee)
92 
Verweis auf Entgelthandhabung gegenüber anderen Kabelnetz- oder Satelliten-/Terrestrikbetreibern.
93 
Auch insoweit ist aus der unterschiedlichen tatsächlichen Handhabung je nach Blickwinkel und Standort behauptend einmal das Rechtsmäßigkeitsmodell oder einmal postulierend das Beispiel für eine auch dort bloß kartellrechtswidrige Verhaltensweise abzuleiten. Welcher Blickwinkel richtig ist, ergibt nur die Grundantwort, nämlich, welches Modell auch hier für den Beklagten bindend ist.
ff)
94 
Kartellverstoß gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 1 und 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB.
(1)
95 
Das Nämliche gilt auch insoweit, wie die Ausführungen der Klägerin selbst offenbaren: „Die gemeinsame Kündigung eines gemeinsamen Vertrages mag für sich gesehen kartellrechtlich unproblematisch sein. Das gilt jedoch dann nicht mehr, wenn zugleich rechtswidrig verabredet wird, dass trotz eines bestehenden Kontrahierungszwanges kein Nachfolgevertrag mehr abgeschlossen und die Einspeise- und Transportleistungen der Klägerin künftig unentgeltlich in Anspruch genommen werden sollen“ (IV 364). Bestand kein Kontrahierungszwang, jedenfalls kein Anspruch auf den Abschluss eines entgeltlichen Einspeisungsvertrages, war die Verabredung zur Kündigung ebenso wenig rechtswidrig wie die nachfolgende Verweigerung eines (Neu-)Abschlusses eines solchen Vertrages.
96 
(2) aaa)
97 
Zwar kann auch ein aufeinander abgestimmtes Verhalten, ein bewusst auf Zusammenwirken gerichtetes „Signaling“ dieses Merkmal in § 1 GWB oder Art. 101 Abs. 1 AEUV (vgl. zum Verhältnis der Normen etwa Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 1, 4) erfüllen (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 23; ferner Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 11. Aufl. [2011], § 1, 71 und 79) ungeachtet der nachgeordneten Frage, ob im behaupteten koordinierten Verhalten eine bezweckte Beschränkung oder Behinderung liegt (vgl. zum Zweckmerkmal etwa EuGH U. v. 29.10.2009 - C-439/09 [Tz. 47] - Fabre Dermo-Cosmétiqe SAS; U. v. 13.10.2010 - C-32/11 [Tz. 38] - Allianz Hungária [jeweils zu selektiven Vertriebssystemen]) oder bewirkt (vgl. Bechtold a.a.O. § 1, 36; Bunte a.a.O. § 1, 230).
98 
bbb)
99 
Kein abgestimmtes Verhalten ist jedoch das - bewusste oder unbewusste - Nachahmen und das (nur) gleichförmige Verhalten, das für oligopolistische Machtstrukturen typisch ist (Bechtold a.a.O. § 1, 25; Bunte a.a.O. § 1, 74). Zudem schützt § 1 GWB den Wettbewerb nur unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um rechtmäßigen Wettbewerb handelt. Ein vertraglicher Ausschluss der rechtlich gar nicht anerkannten Handlungsfreiheit ist keine „Beschränkung des Wettbewerbs“ im Sinne von § 1 GWB (Bunte a.a.O. § 1, 22).
100 
ccc)
101 
Vorliegend sah der Einspeisungsvertrag vom 27.02.2008 (K 9) schon ein Laufzeitende zum 31.12.2012 vor (§ 13 Ziff. 1 S. 1). Zudem war eine die Verlängerungsklausel hindernde Kündbarkeit für jede der Parteien vorgesehen, wobei die Passage in ihrer Terminologie ersichtlich dort von einem Zweiparteienverhältnis (hier Klägerin, dort Programmveranstalter) ausging („nicht von einer der Parteien ...“, „... für beide Parteien ...“ [§ 13 Ziff. 3 {a}]). Hindert die eine Partei vertraglich - die Verlängerungsklausel hinweggedacht - angelegt die Fortsetzung des Vertragswerks einfach durch sein Auslaufenlassen, so manifestiert sich darin nur ein vertragsimmanentes Dispositionsrecht. Dieses privatautonom angesichts der Personenmehrheit im Lager einer Vertragspartei für jeden Beteiligten auf dieser Vertragsseite vorausgedachte gleichgerichtete Vertragsverhalten macht die vertragsgerecht Vorgehenden nicht zu Kartellanten. Ansonsten wäre etwa jede Kündigung eines gewerblichen Mietvertrags durch eine nicht nur von einer einzigen Rechtsperson gebildete Mieterseite ein verbotenes Kartell.
102 
ddd)
103 
Erst der außerhalb der reinen Privatautonomie bestehende gesetzliche Druck, solch einen Vertrag (wieder) zu schließen oder ihn erst gar nicht aufzukündigen, ist dann der maßgebliche Ansatz für die Bewertung seiner (Un-)Kündbarkeit.
b)
104 
Diese Pflicht ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Regelkreis im Zusammenhang mit der Übertragungspflicht der Klägerin.
aa)
105 
Die Klägerin trifft eine Übertragungs-/Verbreitungspflicht. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 LMG R. sind die dort genannten - analogen - Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei einer nicht ausreichenden analogen Übertragungskapazität zwingend an erster Stelle zu berücksichtigen. Nach § 52 b Abs. 1 Nr. 1 a des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (RStV) haben Plattformen privater Anbieter mit Fernsehprogrammen innerhalb einer technischen Kapazität im Umfang von höchstens einem Drittel der für die digitale Verbreitung von Rundfunk zur Verfügung stehenden Gesamtkapazität sicherzustellen, dass die erforderlichen Kapazitäten für die für die bundesweite Verbreitung gesetzlich bestimmten beitragsfinanzierten Programme sowie für die Dritten Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einschließlich programmbegleitender Dienste, zur Verfügung stehen.
bb)
106 
Dass dieser Pflichtigkeit zugleich Entgelterhebungsregeln beigestellt wären, kann nicht erkannt werden.
(1)
107 
§ 33 LMG dient der Umsetzung der Richtlinie 2002/22/EG (so auch Hain/Steffen/Wierny [Privatgutachter auf Beklagtenseite] B 33 = VI 693, 701; vgl. auch Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 7 [Privatgutachter für U. M. K. B. GmbH]). Diese sog. Universaldienstrichtlinie (UDRL) hat den Zweck, aufgrund der großen gesellschaftlichen Bedeutung eines Zugangs zu den bezeichneten Medien zu für jedermann erschwinglichen Bedingungen verfügbar zu machen (vgl. etwa Erwägungsgrund 13, 14 und 37; so letztlich auch Art. 3 Abs. 1 UDRL). Die Mitgliedsstaaten können anhand objektiver Kriterien entscheiden, welchen Unternehmen Universaldienstverpflichtungen auferlegt werden (Erwägungsgrund 14 und 43). Nach Erwägungsgrund 18 sollten die Mitgliedsstaaten bei Bedarf Verfahren für die Finanzierung der Nettokosten von Universaldienstverpflichtungen in den Fällen einrichten, in denen nachgewiesen wird, dass die Verpflichtungen nur mit Verlust oder zu Nettokosten, die außerhalb der üblichen geschäftlichen Standards liegen, erfüllt werden können. Erwägungsgrund 21 sieht vor: „Stellt eine Universaldienstverpflichtung eine unzumutbare Belastung für ein Unternehmen dar, so sollten die Mitgliedsstaaten Mechanismen zur effektiven Anlastung der Nettokosten festlegen können. Deckung durch öffentliche Mittel ist ein mögliches Verfahren zur Anlastung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen. Vertretbar ist auch, dass festgelegte Nettokosten von allen Nutzern in transparenter Weise durch Abgaben auf die Unternehmen getragen werden“. Nach Art. 31 Abs. 1 können die Mitgliedsstaaten zur Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle und -dienste den unter ihre Gerichtsbarkeit fallenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkdiensten genutzte elektronische Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als Hauptmittel zum Empfang von Hör- und Fernsehsendungen nutzen. Abs. 2 S. 1 1. Hs. dieser Norm gab vor, dass weder Abs. 1 dieses Artikels noch Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie) die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten beeinträchtigt, in Bezug auf die nach diesem Artikel auferlegten Verpflichtungen ggf. ein angemessenes Entgelt festzulegen. Sofern ein Entgelt vorgesehen ist, stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass die Erhebung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in transparenter Weise erfolgt (S. 2).
(2)
108 
Danach ging die Richtlinie davon aus, dass den Unternehmen grundsätzlich bis an die Grenze der Kostenunterdeckung die Zugangsleistung abverlangt werden kann im Dienst und Interesse der überragenden Bedeutung der Zugangseröffnung zu solchen Medien für den Bürger als Bestandteil seiner gesellschaftlichen Teilhabe. Die Richtlinie verschloss den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einer Entgeltregelung für die Inpflichtnahme der Unternehmen für diese Leistungserbringung allerdings nicht (vgl. auch Holznagel/Salwitzek, K&R 2013, 454, 455 = B 43 = VI 854, 855; ferner Fink/Keber MMR-Beil. 2013, 1, 17, wonach Art. 31 UDRL nur das Verhältnis zwischen Mitgliedsstaaten und Netzbetreibern regele. „Für das Verhältnis zwischen dem von den Übertragungspflichten Begünstigten und dem verpflichteten Infrastrukturbetreiber ist Art. 31 Abs. 2 UDRL ohne Aussage. Grundsätzlich geht die dort angesprochene Entgeltregulierung von einer Vergütung im Verhältnis zwischen Transporteur und dem transportnachfragenden Inhalteanbieter aus“ - was bloße Behauptung bleibt). Danach hat die Richtlinie einen Entgeltanspruch als Pendant zur (Sozial-)Pflichtigkeit des Netzunternehmens im Sinne der Klägerin als „beiderseitigen Kontrahierungszwang“ (VI 887, 889 und 891) gerade nicht geschaffen (so auch Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 703).
(3)
109 
In der Umsetzung dieser Richtlinie haben weder der RStV noch das LMG von der grundsätzlich nach Art. 31 Abs. 1 UDRL eröffneten Möglichkeit einer Entgeltregelung Gebrauch gemacht, gar im Sinne einer Entgeltpflicht eines Nutzers.
110 
aaa)
111 
Nachdem das LMG eine Umsetzung der Richtlinie darstellt, kann angesichts der aufgezeigten Regelungsstruktur der Richtlinie (Entgelt die Ausnahme, von der Gebrauch gemacht werden kann) ohnehin erwartet werden, dass eine Gebrauchmachung kenntlich gemacht wird und sich nicht aus einem bloßen Umkehrschluss ergibt, zumal der Beklagte als öffentlich-rechtliche Anstalt angesichts seiner Unterworfenheit unter ein Sparsamkeitsgebot (§§ 14 Abs. 1, 35 Abs. 10 S. 2 RStV) und der Überprüfung seines Finanzbedarfs (§ 14 Abs. 2 RStV; ferner zu Beteiligungsbeschränkungen § 16 b RStV) einer besonderen Legitimation bedarf, um im Umfang von Millionen (Einspeiseentgeltanteil des Beklagten im Jahr: 1,9 Mio. EUR [I 13, 50]) Gelder zu verauslagen, die nicht - so aber die petitio der Klägerin - einzig in einer Komplementarität in der Leistungskoexistenz oder des bloß gedanklichen Vorausgesetztseins liegen kann.
112 
bbb)
113 
Aus § 31 Abs. 3 S. 3 LMG, aus dem die Klägerin die Vergütungspflicht eines Nutzers im Umkehrschluss aber ableitet (I 35), kann solches schon nicht herausgelesen werden. Die Norm korrespondiert mit § 33 Abs. 1 Nr. 3 LMG, auf den sie Bezug nimmt, und bestimmt vielmehr, dass ein analoger Fernsehkanal, bei digitaler Verbreitung wahlweise die digitale Übertragungskapazität, für ein Fernsehprogramm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Die Regelung fügt sich danach bruchlos in das System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit ein.
(4)
114 
Auch § 52 b RStV verhält sich zu Entgelten nicht, auch nicht bloß mittelbar. Soweit die Klägerin auf die Begründung zur 8. Änderung des RStV abstellt (IV 351/352), gibt diese nur den Erwägungsgrund 44 der UDRL wieder, nimmt danach das dortige System der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit auf und kann damit nicht als Argument für eine Vergütungspflicht nutzbar gemacht werden.
(5)
115 
Auch aus § 52 d RStV folgt nichts anderes.
116 
§ 52 d S. 1 RStV gibt ein Benachteiligungsverbot vor, S. 2 verpflichtet, dass die Must-Carry-Verbreitung „zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen“ hat, S. 3 will, dass Entgelte und Tarife für Must-Carry-Angebote offenzulegen sind, S. 4, dass diese so zu gestalten sind, dass auch regionale und lokale Angebote angemessene Bedingungen erhalten; S. 5 verweist auf die Sondervorschriften für Offene Kanäle und vergleichbare Angebote, welche unberührt bleiben. In den maßgeblichen Sätzen 2 bis 4 ist zwar von Entgelten und Tarifen die Rede. Dass sie unbedingt erhoben werden und insbesondere von den Begünstigten der Must-Carry-Regelung getragen werden müssten, ergibt sich daraus zwingend nicht. § 52 d schafft keinen Entgeltanspruch der Klägerin, sondern sieht nur vor, wenn es zu Entgeltvereinbarungen kommt, welchen Anforderungen diese zu genügen haben (Hain/Steffen/Wierny a.a.O. VI 712; so auch LG Berlin AfP 2013, 344 [juris Tz. 84]). Nichts anderes ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung (vgl. auch VI 888). Begünstigte dieser Norm sind allein die Anbieter von Rundfunkprogrammen und vergleichbare Telemedien, nicht aber etwa die Kabelnetzbetreiber. Damit scheidet § 52 d RStV als Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Netzbetreiber aus (so auch Holznagel/Salwitzek a.a.O. 455 m.w.N.; ebenso Dörr ZUM 2013, 81, 98, 99, 105 und 109 = vor B 20 [seinerseits Privatgutachten für das Y.]; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 40, insoweit; auch diese, obgleich beide Privatgutachter für den Kabelnetzbetreiber U. K. GmbH, gelangen nur zum Ergebnis: „... ist also bei der Aushandlung der Einspeiseentgelte zum einen vorgegeben, dass diese offenzulegen sind und dass die Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Eine ausdrückliche Verpflichtung der KNB“ (Kabelnetzbetreiber) „zur unentgeltlichen Weiterleitung erhält die Norm auf jeden Fall nicht“ - einen (ausdrücklichen) Entgeltanspruch vermögen auch diese Autoren insoweit nicht zu entwickeln; ähnlich Trute/Broemel MMR-Beil. 2012, 1, 17 in deren Privatgutachten nun für K. D.: „Diese Vorschrift sieht also im Grunde die Vielfaltsicherung auf der Inhaltsebene durch bestimmte rundfunkrechtliche Rahmenbedingungen“ vor und - ebenfalls nur behauptend -, dass die „Befugnis des Plattformanbieters zur Gestaltung von Entgelten und Tarifen ... mit der Regelung des § 52d RStV vorausgesetzt“ werde [dort S. 18]).
cc)
117 
Soweit die Klägerin auf § 87 Abs. 5 UrhG als systemgleiches Beispiel eines aufeinander bezogenen Kontrahierungszwangs verweist (etwa VI 889), so ist dort in S. 1 1. Hs. geregelt, dass Sendeunternehmen und Kabelunternehmen gegenseitig verpflichtet sind, einen Vertrag über die Kabelweitersendung im Sinne des § 20 b Abs. 1 S. 1 zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht (vgl. allg. Meckel in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl. [2013], § 87, 8; Hillig in BeckOK-UrhG, § 87 [Stand: 01.09.2013], 45). Diese schon 1998 (vgl. Hillig a.a.O. 44) eingeführte Regelung kann jedoch gerade als Gegenargument fruchtbar gemacht werden. Denn dort ist der Kontrahierungszwang (OLG Dresden GRUR 2003, 601, 603; Hillig a.a.O. 45; Dörr ZUM 2013, 81, 107) ausdrücklich gesetzlich niedergelegt. Hat der Gesetzgeber trotz dieser seit über 15 Jahren bestehenden klaren Interessenlösung in einem von der Klägerin für vergleichbar erachteten Rechtskreis aber von einer solchen gesetzgeberischen Vorgabe abgesehen, weshalb die Privatgutachter der Kabelnetzwirtschaft selbst von einer „Asymmetrie in der Ausgestaltung des Kontrahierungszwangs“ sprechen (vgl. Fink/Keber a.a.O. 37), so kann dem Postulat der Klägerin nicht gefolgt werden, hieraus ergebe sich, dass der Interessenkonflikt identisch zu lösen sei.
dd)
118 
Auch Art. 87 f Abs. 2 GG, der u.a. bestimmt, dass Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation, die der Bund flächendeckend angemessen und ausreichend gewährleistet (Abs. 1), als privatwirtschaftliche Tätigkeit durch die aus dem Sondervermögen D. B. hervorgegangenen Unternehmen und durch andere private Anbieter erbracht werden, gibt der Klägerin keinen Entgeltanspruch. Denn damit geschieht nur eine organisatorische Vorgabe für ein Handeln in Privatrechtsform (vgl. Nachweise bei Cornils in BeckOK-TKG, 4. Aufl. [2013], A, 19, FN 52). Selbst wenn man annimmt, Art. 87 f Abs. 2 S. 1 GG garantiere den in den Post- und Telekommunikationsmärkten tätigen Unternehmen, auch und ohne Unterschied denjenigen mit Bundesbeteiligung, materielle Privatautonomie, d.h. nicht durch spezifisch öffentlich-rechtliche Gemeinwohlbindungen überlagerte Handlungsfreiheit, typischerweise ausgerichtet auf die unternehmerische ratio des Erwerbsstrebens und eingebunden nur in die für jedermann geltenden privat- und wirtschaftsrechtlichen Regeln (Cornils a.a.O. 19), so herrscht doch auch insoweit die Ansicht vor, dass Art. 87 f Abs. 1 und Abs. 2 GG zur Gewährleistung unmittelbar nur den Staat, nicht aber die privaten Akteure verpflichte (Cornils a.a.O. 19; Windthorst in Sachs, GG, 6. Aufl. [2011], Art. 87 f, 9). Denn Art. 87 f GG steht nur für einen Transfer des Versorgungsmodells. Selbst wenn mit der Privatwirtschaftlichkeit ein berechtigtes Gewinnstreben auch durch die Erhebung von Entgelten einhergeht, ist damit nichts darüber ausgesagt - ungeachtet des personalen Anwendungsbereichs der Norm -, ob der privatwirtschaftlich Tätige nicht gleichwohl einer besonderen Sozialpflichtigkeit unterworfen ist, welche für die Wirtschaftstätigkeit im Gewährleistungsbereich des Art. 87 f GG angenommen wird (vgl. etwa Möstl in Maunz/Dürig, GG, Art. 87 f [10/2010], 43; LG Berlin a.a.O. [V 593/594]). Deshalb gelangen selbst Trute/Broemel a.a.O. [S.18] insoweit zum Ergebnis: „Auf eine explizite rundfunkrechtliche Entgeltregulierung unter Vielfaltsgesichtspunkten wird ausdrücklich verzichtet und die Bildung von Entgelten dem Markt überlassen, ...“.
ee)
119 
Diese aufgezeigte besondere Pflichtigkeit ist auch Schrankenbestandteil des Art. 14 GG, den die Klägerin zur Grundlage eines Entgeltanspruchs erhebt. Ungeachtet des schon oben angesprochenen Umstandes, dass Art. 14 Abs. 1 GG eine Geltungsanordnung mit unmittelbarer Drittwirkung nicht zukommt (Papier in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 14 [7/2010], 219; Scholz in Maunz/Dürig a.a.O. Art. 12 [6/2006], 77), ist das Eigentum ohnehin einer Inhalts- und Schrankenbestimmung unterworfen. Begrenzungen der Eigentumsbefugnisse sind als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BVerfGE 100, 226, 241; BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 19]). Dies gilt gerade für Universaldienstleistungen. Denn hinsichtlich der Basisversorgung mit Universaldiensten ist das Telekommunikationsgesetz also nicht nur aus europarechtlichen Gründen, sondern auch schon verfassungsrechtlich Ertrag der Erfüllung einer legislatorischen Pflichtaufgabe (Cornils a.a.O. 13; vgl. auch Erwägungsgründe Nr. 13, 14, 37 und 44 zur UDRL; ferner EuGH EuZW 2013, 347 [Tz. 45 f] - Sky Österreich, dort zur Beschränkbarkeit der durch Art. 16 der Charta gewährleisteten Unternehmensfreiheit auch in Bezug auf Übertragungsrechte wegen Kurzberichterstattungsrechte Dritter). Die Klägerin hat danach das Netz als Universaldienstmedium mit dieser Pflichtigkeit erworben. Wird sie davon - wie europarechtlich als Möglichkeit vorgesehen - nicht im Wege einer Kompensation befreit, kann sie diese Pflichtigkeit ohne gesetzliche Entgeltregelung, schon gar nicht aus dem allgemeinen Gedanken der Art. 14 oder 12 GG, nicht gleichwohl kommerzialisieren (vgl. allg. BVerwG U. v. 26.06.2013 - C 1/12 [Tz. 21], dort auch zu denkbaren kompensatorischen Entschädigungsansprüchen, aber auch zum Adressaten eines solchen Anspruchs).
ff)
120 
Auch die Behauptung, die hier streitige Rechtsfrage sei bereits höchstrichterlich im Sinne der Klägerin geklärt, verfängt nicht. Die dazu angeführte Entscheidung BGH NJW 1996, 2656 - Pay-TV-Durchleitung bezieht sich ohnehin auf einen Rechtszustand vor der UDRL 2002 und befasst sich, abgesehen von nicht bejahten Ansprüchen nach dem damaligen RStV (vgl. BGH a.a.O. [juris Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung, offengelassen, ob Art. 5 GG einen Durchleitungsanspruch auszulösen vermag: a.a.O. [juris Tz. 21]), ausschließlich mit kartellrechtlichen Fragen (vgl. auch Dörr a.a.O. 107).
gg)
121 
Danach kann weder dem Telekommunikationsrecht noch den genannten Regeln des Rundfunkrechts eine legislative Entscheidung über eine Entgeltpflicht entnommen werden noch kann eine einseitige unternehmerische Prärogative zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber als bindend vorausgesetzt werden (so auch Ladeur ZUM 2012, 939, 943 = B 10).
c)
122 
Auch dem spezialrechtlichen Rechtskreis, der sich auf den Beklagten und dessen Stellung bezieht, ist dessen Entgeltlichkeitspflicht nicht zu entnehmen.
aa)
123 
Eine solche Pflicht zur Entgeltlichkeit ergibt sich zu Lasten des Beklagten nicht aus Bestimmungen des RStV.
(1)
124 
§ 11 Abs. 1 S. 1 RStV gibt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Auftrag u.a. vor, „durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken“. § 19 definiert den Versorgungsauftrag dahin: „Die in der X. zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das Y. und das ...radio können ihrem gesetzlichen Auftrag durch Nutzung geeigneter Übertragungswege nachkommen. Bei der Auswahl des Übertragungswegs sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme ist unzulässig“.
(2)
125 
Diesen Versorgungsauftrag erfüllt der Beklagte nach Kündigung des Einspeisungsvertrages durch Herstellung seiner Programme und - hier entscheidend - deren Verbreitung über Satellit und DVB-T (terrestrische Sendeanlagen).
(3)
126 
Dass der Verbreitungsauftrag die - weitere - Einspeisung und Bedienung auch des Kabelnetzes der Klägerin mit umfassen würde, folgt aus den genannten Bestimmungen des RStV nicht. § 11 RStV umschreibt mit nachgerader Selbstverständlichkeit die Kernaufgabe solcher öffentlich-rechtlicher Einrichtungen (vgl. auch BVerfGE 78, 118 [juris Tz. 89]; E 119, 181 [juris Tz. 122]). Dass die Aufgabe der Rundfunkanstalten auch auf das Verbreiten angelegt ist, ist nahezu Wesensmerkmal des Rund-Funks. Neben dieser Wesensumschreibung leistet die Norm nichts dazu, wie diese Aufgabe konkret zu bewältigen ist, insbesondere auf welchem technischen Wege (ebenfalls verneinend in diesem Sinne LG Köln ZUM 2013, 505 [juris Tz. 94] = B 22; vgl. auch Fink/Keber a.a.O. 34).
(4)
127 
Auch § 19 RStV, welcher die Nutzung geeigneter Übertragungswege vorschreibt, gibt nicht - und sei es im Verbund mit dem Grundversorgungsauftrag und der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 GG - das vor, was die Klägerin als Inhalt dieser Pflichtigkeit ansieht, nämlich dass der Beklagte das Netz der Klägerin unbedingt benutzen muss (ebenso verneinend LG Köln a.a.O. [juris Tz. 96]).
128 
aaa)
129 
§ 19 RStV räumt der Rundfunkanstalt ersichtlich ein Ermessen ein, auf welchem technischen Wege sie ihrer Verbreitungspflicht nachkommen will (ebenso LG Mannheim U. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart [B 23 = V 527 f, 541]; LG Bremen U. v. 11.07.2013 - 12 O 244/12 [B 26 = V 600 f, 611]).
130 
bbb)
131 
Der Funktionsauftrag des öffentlichen Rundfunks schließt auch ein, da das Programmangebot auch für neue Inhalte, Formate und Genres sowie für neue Verbreitungsformen offenbleiben muss, dass der Auftrag dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden ist; der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmatischer, finanzieller und technischer Hinsicht beschränkt werden. Die Finanzierung muss entwicklungsoffen und entsprechend bedarfsgerecht ausgestaltet werden. Dem entspricht die Garantie funktionsgerechter Finanzierung. Die Mittelausstattung muss nach Art und Umfang den jeweiligen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht werden (BVerfGE 119, 181 [juris Tz. 130]). Von der Freiheit öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Programmautonomie umfasst. Die Entscheidung über die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms steht den Rundfunkanstalten zu. Eingeschlossen ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme (BVerfGE a.a.O. [juris Tz. 131]).
132 
ccc)
133 
Zwar erschöpft sich die Rundfunkfreiheit nicht in einem Schutzanspruch der Rundfunkanstalten selbst, ist also nicht ausschließlich Selbstzweck für diese. Die Rundfunkanstalt hat in ihrer Funktion wegen ihres gesicherten Status‘ auch in ihrer Finanzierungssicherheit eine dienende Funktion (so auch Trute/Broemel a.a.O. 8), was sie verpflichtet, ihre Beiträge zum demokratischen Diskurs auch breitmöglichst nach außen zu tragen und zur Verfügung zu stellen.
bb)
134 
Dieser Aufgabe kommt die Rundfunkanstalt allerdings nach, indem sie ihr Programm so verbreitet, dass es verfügbar ist für die Aufnahmewilligen über die für diesen maßgebliche, weil im Zeitpunkt der Verbreitung des Programmsignals vorherrschende Infrastruktur. Insoweit genügt der Beklagte seiner Pflichtigkeit, indem er ein Signal verbreitet, das von solchen herrschenden Infrastrukturen aufgenommen, verarbeitet, verbreitet und zu einem Empfänger transportiert werden kann. Es ist nicht Inhalt der Versorgungspflicht, dass ähnlich der Stromversorgung die Rundfunkanstalt einen eigenen Kabelanschluss für jeden Haushalt herstellen müsste. Es genügt vielmehr, dass das Signal empfangbar ist. Dass die Ausstrahlung des Programmsignals auf terrestrischem Wege und insbesondere über Satellit dieses Erfordernis der Empfangbarkeit nicht erfüllt, wird nicht behauptet, da die Klägerin selbst es auf diesem Wege aufnimmt und an den Empfänger versendet/transportiert. Dass aufgrund technischer Entwicklung manche Hörer/Seher das Programmsignal über ein zwischengeschaltetes Kabelnetz empfangen, schlägt auf die Erfüllung der Grundversorgungsaufgabe des Beklagten ebenso wenig durch, wie dass ein steigender Anteil der Endkunden seine Programme über internetspezifische Netze aufnimmt. Auch insoweit wird schwerlich zu fordern sein, dass der Beklagte dem Zeitenwandel folgend ein eigenes internetfähiges Versorgungsnetz aufbauen muss. Können solche fremdbetriebenen Netze sein Signal aufnehmen, so stellt dieser Transport eine zwischengeschaltete Leistung eines Dritten dar, welche vom Grundsignal des Beklagten lebt, nicht aber wesensmäßigen Bestandteil der notwendigen Infrastruktur des Beklagten für seinen Grundversorgungsauftrag darstellt. Schon gar nicht ergibt sich aus dieser Zwischenschaltung, dass der Beklagte für die Umwandlung seines Signals und dessen Zwischentransport zugleich zu zahlen hat. Zu Ende gedacht, müsste der Beklagte sonst auch dem Internetanbieter eine Vergütung dafür erbringen, dass dieser das Programmsignal des Beklagten als Teil des eigenen Internetangebotes auflädt und dem Endkunden zuführt. Die heute noch nicht absehbare Diversifizierung der Rezeptionsstrukturen und damit Rezeptionsmittlermodelle wird möglicherweise dazu führen, dass der Beklagte sein Programmsignal auch für dann maßgebliche Techniken in einem gewissen Umfang kompatibel wird machen müssen, nicht aber dazu, dass er jedem Veranstalter eines jeglichen Transportmodells ein eigenes Entgelt entrichtet. Dass die Anbieter von Internetplattformen den Transport des Beklagtensignals freiwillig vornehmen, während die Klägerin dies im Rahmen des sog. Kabelbelegungsregimes gezwungenermaßen leistet, ist Bestandteil ihres Geschäftsmodells, mit dem sie ihren Marktauftritt genommen hat, und damit zu verorten bei der Frage, ob sie für diesen Leistungszwang gesetzliche Kompensation verlangen kann - was nach dem Vorgenannten zu verneinen ist -, und ist für sich nicht durchschlagender Gesichtspunkt, die Leistungsbezüglichkeit zwischen Klägerin und Beklagtem durch Einspeisungsentgelte zu kommerzialisieren.
cc)
135 
Auch soweit die Klägerin an unionsrechtliche Beihilfegrundsätze anknüpft (I 42 und 43, insbes. Trute/Broemel a.a.O. 22 f), führt diese Sicht, dass die Gebührenfinanzierung der Rundfunkanstalten als Beihilfe, weil strukturelle Koppelung von unabhängiger Finanzierung und Erfüllung des Gemeinwohlauftrages, eine Technologieneutralität bedinge, mit der Verpflichtung, die Kabelnetzbetreiber gegenüber anderen Betreibern von Übertragungsinfrastrukturen nicht zu benachteiligen, in der langen argumentativen Verknüpfungskette schon daran vorbei, dass das Beihilferecht zwar einem Konkurrenten subjektive Rechte einräumt (BGHZ 196, 254 [Tz. 14] - CEPS-Pipeline; Z 188, 326 [Tz. 19 f] - Flughafen Hahn), nicht aber gegenüber jedermann, der von dem Einsatz der Beihilfe betroffen sein könnte, eine Schutzwirkung entfaltet (Rennert EuZW 2011, 576, 582; vgl. auch Ladeur a.a.O. 942). Ohnehin, gelangte man in dieser Argumentationskette überhaupt zu einer Technikneutralität als anspruchsgebendem Rechtssatz, ist die Frage, ob diese Neutralität gerade die mit der Klage eingeforderte Kompensation zur Folge hat, zu verneinen (so auch Ladeur a.a.O. 942).
5.
136 
Da die Klägerin nach der gesetzlichen Ausgestaltung ihrer Übertragungspflicht (sog. Kabelbelegungsregime) nicht gleichsam für den Beklagten handelt und der Beklagte seinerseits nicht verpflichtet ist, als Bestandteil seines eigenen Grundversorgungsauftrages die Infrastruktur der Klägerin zu nutzen, somit weder ausdrücklich noch in einer ersichtlichen gesetzlichen Wechselbezüglichkeit die Versorgungsbeiträge der Parteien aufeinander bezogen sind unter gleichzeitiger Zuweisung der wirtschaftlichen Lasten an den Beklagten, kann sich allenfalls aufgrund von Marktpositionen und einer an der Freiheit des Wettbewerbs ausgerichteten Bewertung ergeben, dass der Beklagte gehalten sein muss, Kosten des Signaltransportes zu tragen. Da aus spezialrechtlichen Bestimmungen aus der bloßen Bezogenheit der Leistungshandlungen der Parteien aufeinander keine Entgeltpflicht des Beklagten abzuleiten ist, bleibt nur noch die Prüfung, ob ein Machtgefälle zwischen ihnen besteht und ob dieses hinreichender Ansatz sein kann, im Rahmen eines wettbewerblichen Ordnungsschutzes (Kartellrecht) eine Korrektur im Sinne des klägerischen Anliegens herbeizuführen (so auch Ladeur a.a.O. 944).
137 
Dies ist mit dem Landgericht im Ergebnis zu verneinen.
a)
138 
Anspruch gemäß § 19 Abs. 1 GWB.
aa)
139 
Darüber, dass der Beklagte unter den Unternehmensbegriff dieser Norm fällt (vgl. BGHZ 110, 371 [juris Tz. 35] - Sportübertragungen; vgl. auch Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 130, 9; Stadler in Langen/Bunte a.a.O. § 130, 13), streiten die Parteien zu Recht selbst nicht.
bb)
140 
Zwar ist das GWB seit Vertragsschluss, Vertragsbeendigung zum 31.12.2010 und auch vor und nach dem erstinstanzlichen Urteil (20.03.2010) geändert worden gerade auch in seinen §§ 18 bis 20 GWB. Auch mag abweichend von der wohl landgerichtlichen Sicht mit dem Gesichtspunkt des zeitlich relevanten Marktes zum 31.12.2012 (US 40) auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sein, wenn es um den reinen Kontrahierungszwang als (auch) aktuelle Pflicht zum Neuabschluss geht. Allerdings sind sachliche Änderungen mit der Neuregelung (vgl. im Einzelnen Bechtold a.a.O. § 19, 1 und § 18, 1, mit Ausnahme des Marktanteils für die Monopolvermutung) nicht verbunden (BT-Drs. 17/9852 [S. 23 und 24]; Bechtold a.a.O. § 19, 1). Deshalb legt der Senat die Vorschriften in ihrer jeweils gültigen Fassung seiner weiteren Sachbefassung zu Grunde.
141 
cc)
(1)
142 
Zwar ist der Beklagte für seine Programmsignale, da es keine anderen als seine insoweit gibt, ebenso marktbeherrschend wie die Klägerin mit identischer Erwägung für ihr eigenes Kabelnetz.
(2)
143 
Die je nach Verbotstatbestand differenzierend zu handhabende Feststellung des relevanten Marktes folgt aber dem sog. Bedarfsmarktkonzept, nach welchem einem bestimmten relevanten Markt alle Produkte oder Dienstleistungen zuzurechnen sind, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (BGHZ a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung; GRUR 2000, 95 [juris Tz. 8] - Feuerwehrgeräte; vgl. auch Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20 f). Auszugehen ist von der Nachfrage der Anbieter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen nach der Durchleitung ihrer Programme zu den Empfängern mittels Kabeln oder anderen technischen Vorrichtungen, die denselben Erfolg gewährleisten, nämlich dass die Anbieter mit ihren Programmen die Empfänger erreichen. Räumlich ist der jeweilige Markt davon bestimmt, dass es den die Durchleitungen nachfragenden Programmanbietern darum geht, gerade die von ihnen ins Auge gefassten Empfänger - nicht beliebige andere Empfänger - zu erreichen (so BGH a.a.O. [Tz. 24] - Pay-TV-Durchleitung, dort aber zum umgekehrten Prüfansatz des von einem Sender geltend gemachten Anspruchs auf unentgeltliche Durchleitung).
144 
dd)
(1)
145 
Vorliegend leitet der Beklagte nichts (mehr) ein im Sinne einer zielgerichteten, bewussten Signalzufuhr zur Klägerin. Diese bedient sich einer vom Beklagten an jedermann gestreuten Programmsendung. Danach fragt der Beklagte keine Einspeisungsleistung der Klägerin mehr nach.
(2)
146 
Auf dem Signalbelieferungsmarkt ist der Beklagte dann als Anbieter nicht marktbeherrschend, da er nur etwa 2 % (vgl. I 77, 79, 100, 101, II 184) des Signalangebots des Gesamtmarkts der Signalanbieter, gemessen am Zuschaueranteil und danach in etwa der Signalmenge der tatsächlich einspeisenden und Programmdaten liefernden Sender, bedient, womit der Beklagte nicht als marktbeherrschend angesehen werden kann (vgl. § 18 Abs. 4 GWB; so auch LG Berlin a.a.O. V 596).
(3)
147 
Auch wenn die Programmsignale der vormaligen Gegenpartei (Personenmehrheit) des Einspeisungsvertrages 2008 als Maßstab herangezogen werden, so liegt deren Marktanteil, wie ebenfalls unwidersprochen geblieben ist (Klägerin selbst I 38), bei 26 % nur auf die X. bezogen (I 70), auf alle Mitglieder der Vertragspartner der Klägerin im Einspeisungsvertrag bei ca. 41,7 % (vgl. etwa I 70, II 184), womit allenfalls ein Fall des § 18 Abs. 5 GWB erfüllt wäre.
ee)
148 
Auch wenn man mit dem Landgericht - dort mit einer anderen Marktabgrenzung - den Beklagten im Verbund mit den übrigen Begünstigten des Must-Carry-Status‘ als Oligopol (§ 19 Abs. 2 S. 2 GWB [a.F.], nun § 19 Abs. 5 GWB) ansieht, zumal die Klägerin auf den Bezug auch der Programmsignale dieser Vertragspartei angewiesen ist, kann der landgerichtlichen Wertung im Ergebnis ebenfalls beigetreten werden.
(1)
149 
Denn ein Missbrauch, insbesondere dadurch, dass die Klägerin unmittelbar oder mittelbar behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt wird als gleichartige Unternehmen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB; vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 und § 20 Abs. 1 GWB als getrennt geregelte Behinderungsverbote: Bechtold a.a.O. § 19, 1 und 6), liegt nicht vor.
150 
aaa)
151 
Die Unbilligkeit kann nicht im unentgeltlichen Angebot des Programms an sich liegen. Denn anderes bieten auch andere, auch private Sender, nicht.
152 
bbb)
153 
Die Klägerin sieht denn auch den Missbrauch darin, dass der Beklagte ihr sein Anerbieten unentgeltlich macht, obgleich er - wie unstreitig ist - gegenüber den Betreibern von Satelliten oder - soweit der Beklagte nicht selbst Betreiber ist - von terrestrischen Sendeanlagen ein Entgelt entrichtet. Der Missbrauch soll im unterschiedlichen Entgeltlichkeitsangebot des Beklagten liegen.
154 
ccc)
155 
§ 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Fall GWB legt marktbeherrschenden Unternehmen zusätzliche Rücksichtnahmepflichten auf, welche sie verpflichten, wettbewerbsinkonformes, leistungsfremdes Marktverhalten zu unterlassen, um so einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen entgegenzuwirken (Bechtold a.a.O. § 19, 7); er verbietet die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen (Bechtold a.a.O. § 19, 8; so auch vormals § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB); erfasst sind die den betreffenden Unternehmen objektiv nachteilige Maßnahmen (BGH WuW/E 863, 869 - Rinderbesamung II; Z 81, 322 [juris Tz. 26] - Original-VW-Ersatzteile; Bechtold a.a.O. § 19, 14; Nothdurft in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 145; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 19, 112 f; so schon Bechtold, GWB, 6. Aufl. [2010], § 19 [a.F.], 77). Die Behinderung wird erst unbillig aufgrund einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes (Bechtold, GWB, 7. Aufl. [2013], § 19, 16). Dabei wird die gebotene Interessenabwägung auch durch gesetzliche Wertungen in anderen Bereichen beeinflusst (BGH WuW/E 2805, 2809 - Stromeinspeisung; Bechtold a.a.O. 17 m.umfängl.N.).
156 
ddd)
157 
Die Umsetzung dieser Grundsätze ergibt, dass in der Nichtzahlung eines anderweitig anerbotenen und entrichteten Entgeltes zwar eine Beeinträchtigung im Sinne der Norm liegt. Dieser Umstand allein trägt jedoch nicht das weiter notwendige qualitative Unwerturteil der Unbilligkeit. Denn der Beklagte hat - wie aufgezeigt - seine ihm übertragene Aufgabe durch die Abgabe seines Programmsignals an Satelliten oder terrestrische Sendeanlagen erfüllt. Bietet er auch der Klägerin sein Sendesignal, und zwar kostenlos, an, so stellt dies nur einen Annex seines Grundversorgungsauftrags dar, der sich gegenüber weiteren Transporteuren wie der Klägerin nur auf die Nichtvorenthaltung seines Signals beschränkt. Die Klägerin fragt aufgrund eigener Pflichtigkeit nach. Ist aber der Grundversorgungsauftrag des Beklagten durch Weiterleitung seiner Programmsignale an die erstaufnehmende Verbreitungstechnik (Satellit und DVB-T) erfüllt, so endet auch dort die mit seinem Kernauftrag notwendigerweise einhergehende Verbreitungslast, sprich sein Finanzaufwand insoweit. Es ist nicht unbillig, wenn er für eine darüber hinausgehende kostenlose Freimachung seines Signals für weitere Signalmittler nicht zusätzlich die gleichen Aufwendungen zu Gunsten dieser Nachfrager tätigt. Das Verständnis der Koexistenz gleichwohl aufeinander bezogener Pflichtigkeiten bestimmt auch das Unwerturteil, hier Werturteil in ihrem ordnungsrechtlichen Begegnen.
ff)
158 
Nichts anderes gilt für § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2. Alt. GWB.
(1)
159 
Betreiber von Satelliten und terrestrischen Anlagen sind in Bezug auf die Klägerin schon nicht gleichartige Unternehmen, da diese in ihrer Grundfunktion (vgl. hierzu BGHZ 101, 72 [juris Tz. 29] - Krankentransporte; Bechtold a.a.O. § 19, 37; Nothdurft a.a.O. § 20, 97) unterschiedlich sind, hier die Erfüllung der Grundversorgung, dort die bloß allgemeine Zugänglichmachung des Programmsignals für zusätzliche Programmverwerter.
(2)
160 
Zudem gibt es auch neben der Unterschiedlichkeit in der Grundfunktion dieser Unternehmen als sachlichen Grund für eine abweichende Behandlung auch den in die gebotene Interessenabwägung (vgl. BGH GRUR 2005, 177 [juris Tz. 14] - Sparberaterin; Bechtold a.a.O. § 19, 42; Nothdurft a.a.O. § 20, 121; vgl. auch BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, dort zu diesem Tatbestand in § 26 Abs. 2 GWB ) einzustellenden weiteren Gesichtspunkt, dass die Klägerin das Programmangebot des Beklagten - anders als die Betreiber der Satelliten- oder terrestrischen Sendeanlagen - zu einem äußerst werthaltigen und für sie unverzichtbaren Produkt (Klägerin selbst I 133) als wesentlichen Bestandteil ihres Geschäftsmodells macht, damit Wertschöpfungen vornimmt und sich mit diesem Teil ihres Gesamtleistungspaketes in nennenswertem Umfang finanziert.
(3)
161 
Und nicht zuletzt tritt als weiterer, eigenständiger Gesichtspunkt hinzu, dass der Beklagte gleichartige Unternehmen, nämlich 350 Kabelnetzbetreiber, nicht anders behandelt - wie unstreitig ist (vgl. Klägerin IV 354, 358). Dass diese wegen deren angeblicher Beschränkung auf die Netzebenen 3 und 4, mithin auf die Vermittlungsstufen unmittelbar am Endkunden, nicht gleichartig zur Klägerin seien, kann nicht erkannt werden. Dem Beklagten geht es nur um die Versorgung von Endkunden mit seinem Signal und nicht um die Stärkung von Zwischennetzen. Letzteres ist die originäre Zusatzaufgabe der Klägerin als Netzübernehmerin, welche sie in ihrer Grundfunktion der Endkundenversorgung im Rahmen von Universaldiensten nicht andersartig macht. Dass jene 350 Kabelnetzbetreiber sich nur der missbräuchlich ausgenutzten Marktmacht des Beklagten, seinem Diktat insoweit unterworfen hätten, entwertet das Vergleichsmarktmerkmal in § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB per se und ist damit schon nicht systemkonformer Einwand. Im Übrigen ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat der Vortrag des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass nur 4 - und diese ohnehin konzernverbunden - von diesen 350 Kabelnetzbetreibern ein Verfahren gegen ihn angestrengt hätten und allenfalls in einem von diesen nach dem jeweiligen dortigen Verfahrensstand überhaupt noch eine dem Beklagten ungünstige Entscheidung denktheoretisch erwartbar sein könne. Nichts anderes ergibt sich im Kern nach dem bisherigen Streitstand (Klägerin IV 359, K 26 und BK 5 = IV 462 - 466)
gg)
162 
§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB ist ebenfalls nicht erfüllt, auch wenn unter sonstigen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu etwa Bechtold a.a.O. § 19, 53; Nothdurft a.a.O. § 19, 135) auch das hier unentgeltliche, in anderen Bezügen entgeltliche Leistungsangebot des Beklagten erfasst werden kann. Der Beklagte fordert aber nichts. Er verlangt keinen Einspeisungsvorgang. Im Übrigen bleibt der Verweis auf die 350 Kabelnetzbetreiber mit vergleichbarer Funktion, denen gegenüber der Beklagte ebenfalls nichts entrichtet.
hh)
163 
Hinsichtlich § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB gelten die nämlichen Erwägungen mit einem nicht vorhandenen Fordern und einer ausreichenden sachlichen Rechtfertigung.
ii)
164 
§ 19 Abs. 2 Nr. 5 GWB (vormals § 20 Abs. 3 S. 1 GWB) soll Nachfragemacht-Missbrauch erfassen und bezweckt nicht den Schutz der Marktgegenseite (so Bechtold a.a.O. § 19, 84 m.N.), sondern nach überwiegender Meinung den Wettbewerber des Nachfragers und allenfalls sekundär einen Schutz des Anbieters vor einem markstarken Nachfrager (Loewenheim in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, KartellR, 2. Aufl. [2009], § 20 [a.F.], 113 m. N.). Beim vorliegenden Wertungsansatz ist der Beklagte schon nicht Nachfrager. Jedenfalls aber entscheidet über die Erfüllung diese Verbotstatbestandes letztlich wiederum nur eine Interessenabwägung, die genügend Spielraum zwischen wettbewerbsschädlichem und wettbewerbskonformem Verhalten eröffnet. Damit kommt der Interessenabwägung die zentrale Bedeutung zu, die sie auch im Tatbestand des § 20 Abs. 1 GWB hat (Nothdurft a.a.O. § 20 [a.F.], 218; so auch Loewenheim a.a.O. 116 und 121; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl. [2007], § 20 [a.F.], 220 f., und zur Systematik 239; wonach sich die Vorschriften nach § 19 Abs.1 und 4 und § 20 Abs. 3 und 4 GWB [jeweils a.F.] fast vollständig überschneiden, was für die nur redaktionell anders geordneten Nachfolgenormen in gleicher Weise zutrifft). Damit gilt auch fort, dass das Streben nach günstigen Konditionen sowohl auf Abnehmer- wie Anbieterseite als solches wettbewerbskonform ist; daraus, dass es im Einzelfall zu unterschiedlichen Bedingungen und Preisen geführt hat, kann nicht ohne weiteres ein Verstoß hergeleitet werden (so BGH GRUR 1996, 808 [juris Tz. 31] - Pay-TV-Durchleitung, noch zu § 26 Abs. 2 GWG [a.F.]). Besteht aber der vom Senat zu Grunde gelegte Unterschied in der Verbreitungsfunktion der Klägerin einerseits und den Betreibern von Satelliten und terrestrischen Anlagen andererseits in Bezug auf den Auftrag des Beklagten, so behandelt dieser nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches berechtigt unterschiedlich, was auch das Ergebnis der gebotenen Interessenabwägung des Beklagten zwingend als nicht fehlsam bestimmt und einer Tatbestandsverwirklichung insoweit entgegensteht.
b)
165 
Auch § 20 GWB ist der Klägerin mit seinen nun nicht in § 19 GWB [n.F.] verorteten weiteren Tatbeständen nicht behilflich.
aa)
166 
Die Klägerin kann mit ihrem Gewinn von 159,4 Mio. EUR (so Klägerin selbst: I 7) und einer unwidersprochen gebliebenen Umsatzangabe von 1,158 Milliarden EUR (I 67, 68, II 195) nicht als kleines oder mittleres Unternehmen angesehen werden (vgl. hierzu Bechtold a.a.O. § 20, 10 m.N.). Darauf stellt die Klägerin selbst nicht ab.
bb)
167 
Im Übrigen ergeben sich gegenüber den im Einzelnen behandelten Gesichtspunkten zu § 19 GWB hier keine abweichenden Wertungsansätze.
c)
168 
Doch auch wenn man mit der Klägerin (so etwa I 38, IV 344, VI 875), dem Landgericht (US 40), dem LG Mannheim (V 541, 542), dem LG München I (V 566) und einer verbreiteten Spruchpraxis des Bundeskartellamtes (wohl allerdings noch unter der Gegebenheit eines Einspeisungsvertrages) davon ausgehen würde, dass bei dem juristischen Bewertungsvorgang der Bestimmung des relevanten Marktes (Bechtold a.a.O. § 18, 5; Ruppelt in Langen/Bunte a.a.O. § 19, 20: „zweckbezogen... anzuwenden“) der Einspeisemarkt der maßgebliche ist (so nur in einer Alternativbetrachtung: LG Berlin [V 596]; offengelassen von LG Bremen [V 613]), auf dem der Beklagte Nachfrager ist, und zwar in R. (vgl. auch IV 344) - was insbesondere geboten sein könnte bei der Prüfung, ob die Kündigung unwirksam, da kartellrechtswidrig war, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Einspeisevertrag und damit eine Einspeiseleistung des Beklagten noch vorlagen -, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes.
aa)
169 
Mit dem Landgericht stünden sich bei diesem Bewertungsansatz (Beklagter als Nachfrager einer Einspeisungsleistung der Klägerin) aus Sicht der Anbieter für Einspeiseleistungen, also der Breitbandkabelnetzbetreiber, was die bloße Einspeisung als objektiv nachgefragte Leistung anbelangt, dann die Programmsignale, also sowohl der privaten als auch der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, hinsichtlich ihrer Eigenschaften, ihres Verwendungszwecks und ihrer Preislage so nahe, dass sie bezüglich der Einspeiseleistung als solcher als gegeneinander austauschbar und funktionell gleichwertig angesehen werden. Zu dem sachlich relevanten Nachfragemarkt für die Einspeisung von Programmsignalen gehören daher alle Rundfunkveranstalter, die ihre Programmsignale in das Breitbandkabelnetz der Netzbetreiber einspeisen lassen bzw. für eine solche Einspeisung objektiv zur Verfügung stellen (so LG US 40).
bb)
170 
Daran gemessen ist der Beklagte für sich genommen wiederum nicht marktbeherrschend, da die Klägerin ausreichende Ausweichmöglichkeiten besitzt. Dass, worauf sich die Klägerin bezieht, der Beklagte aufgrund seines Must-Carry-Status‘ „als Nachfrager für die speziell ihm medienrechtlich reservierten Kapazitäten gesetzt ist“ (VI 875), er deshalb „ein rechtlich begründetes Nachfragemonopol“ innehabe (VI 875), was auch kartellrechtlich relevant sei, wird von der insoweit von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 42, 318 - Rinderbesamung I nicht getragen. Denn dort war die Rinderbesamungsgemeinschaft ohne Wettbewerber, was zumindest zu einem wesentlichen Teil auf einem gesetzlich zugewiesenen Monopol beruhte („Zustellung als ‚Besamungsstelle‘“; vgl. BGHZ a.a.O. [juris Tz. 12] - Rinderbesamung I). Hier ist das Monopol, der Anbieterzwang, aber der Klägerin auferlegt, was dem LG Bremen u.a. Anlass war, einen kartellrechtlichen Verstoßtatbestand zu verneinen (V 613).
cc)
171 
Doch auch insoweit, auch wenn der Beklagte im Verbund mit den übrigen Vertragsbeteiligten auf seiner Seite als Oligopolist gewertet würde, führte dies nur zu den oben a) und b) schon dargestellten Wertungen, insbesondere auch unmittelbar zu denjenigen des Landgerichts, auf welche der Senat bei diesem Wertungsansatz Bezug nimmt. Auch unter einer - insoweit - anderen Ausrichtung der Marktabgrenzung kommt auch dem Umstand, dass etwa R. oder P. Entgelte (weiterhin) an die Klägerin für die Einspeisung von deren Programmsignalen entrichten, kein Üblichkeitscharakter und damit keine Maßstäblichkeit zu. Denn zum einen entspricht es dem Vortrag der Klägerin, dass dies auch wegen deren besonderer Anforderung im Zusammenhang mit der HD-Technik erfolgt (II 137, VI 870); zum anderen ist den Privatsendern wegen des mit deren Reichweite verknüpften Werbeaufkommens in weit höherem Maße als den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an der Aufnahme ins Programm der Klägerin überhaupt, zudem an einer besonders bequemen Kanalbelegung gelegen.
6.
172 
Dieses Ergebnis im Rahmen des aufgezeigten Anspruchsgefüges führt dazu:
a)
173 
Der Hauptantrag (Ziff. 1 a: Feststellung des Fortbestehens des Einspeisungsvertrages 2008 über den 31.12.2012 hinaus) ist unbegründet, da der Kündigung keine durchgreifenden Rechte der Klägerin entgegenstehen, auch nicht im Sinne eines sogleich greifenden Kontrahierungszwanges.
b)
174 
Dies macht auch den Hilfsantrag (Antrag Ziff. 1 b) unbegründet, da auch kein Anspruch auf den Abschluss eines gleichgerichteten Standard-Einspeisungsvertrages besteht.
c)
175 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 c scheitert, da das Gericht mangels Kontrahierungszwanges auch nicht Bedingungen eines abzuschließenden Einspeisungsvertrages bestimmen muss.
d)
176 
Da die vorgenannten Ansprüche unbegründet sind, ergeben sich auch keine Schadensersatzansprüche aus Kündigung oder Nichtabschluss eines Neuvertrages.
e)
177 
Auch der Hilfsantrag Ziff. 1 e verfängt nicht, da die Klägerin mit der Einspeisung nur ihr Geschäft und keines der Beklagten erbracht und diese somit auch nichts auf Kosten der Klägerin ab 01.01.2013 ungerechtfertigt erlangt hat. Der entgegenstehende Wille des Beklagten bleibt beachtlich und ist im Rahmen des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu übergehen, weil es auch einen Geschäftsauftrag für den Beklagten wie von der Klägerin behauptet nicht gibt.
178 
f)
aa)
179 
Soweit die Klägerin mit diesem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, dass sie zur Netzeinspeisung und Vorhaltung von Kapazitäten nicht verpflichtet sei, soweit und solange kein wirksamer Einspeisungsvertrag zwischen den Parteien besteht, erstrebt sie die Klärung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit nach § 33 LMG und § 52 b RStV, ob sie ihrer gesetzlichen Pflicht noch nachkommen muss, wenn der Beklagte nichts (mehr) bezahlt. Die Klärung dieser öffentlich-rechtlichen Pflichtigkeit der Klägerin ist aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit zugewiesen (so zutreffend LG Mannheim B. v. 19.04.2013 - 7 O 228/12 Kart - B 45 = VI 861 bis 863; dort Verweisung an das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach Verfahrensabtrennung insoweit). Soweit die Klägerin auf den Hinweis des Senats darauf und seine geplante Verfahrensbehandlung in Übereinstimmung mit der Vorgehensweise des Landgerichts Mannheim entgegengehalten hat, dass dieser Antrag dem im Verfahren BGH GRUR 1996, 808 - Pay-TV-Durchleitung entspreche und der BGH dort solche Rechtswegbedenken nicht gehegt habe, trägt dieser Einwand nicht. Zwar ist richtig, dass der dortige Antrag (BGH a.a.O. [juris Tz. 3 i.V.m. 11] - Pay-TV-Durchleitung) dem hiesigen gleichgerichtet war. Dort ging es jedoch ausschließlich um eine von kartellrechtlichen Fragen bestimmte Auseinandersetzung zwischen einer Kabelnetzbetreiberin und einem Pay-TV-Unternehmen, der unentgeltlich einspeisen wollte. Da in den Landesmediengesetzen die Richtlinie 2002/22/EG denknotwendig erst nach dieser BGH-Entscheidung vom 19.03.1996 umgesetzt worden ist, der damals gültigen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages vom 31.08,1991 keine Must-Carry-Regelung zu entnehmen ist (vgl. § 35 Abs. 2 RStV [1991], folglich auch keine Bestimmungen über Einspeiseentgeltpflichten [vgl. BGH a.a.O. [Tz. 20] - Pay-TV-Durchleitung) und sich anderes auch nicht aus dem Landesmedienrecht ergab, kann aus jenem BGH-Urteil, das sich nicht zur öffentlich-rechtlich begründeten Pflichtigkeit eines Kabelnetzbetreibers unter dem sog. Kabelbelegungsregime verhalten konnte, auch nichts abgeleitet werden in Bezug auf die Rechtswegeinordnung der Übertragungspflicht der Klägerin als ihr eigenständig gesetzlich auferlegte Last. Diese Frage konnte sich erst nach jener BGH-Entscheidung stellen und ist nun wie befunden zu beantworten. Der Antrag findet sein Rechtsschutzinteresse und möglicherweise seine dann abweichend zu beurteilende Einordnung hinsichtlich der Rechtswegzuständigkeit nicht darin, dass sich der Beklagte eines Anspruchs auf unentgeltliche Einspeisung und Verbreitung seiner Programmsignale durch die Klägerin berühmt hätte. Dies hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur ergänzend (so schon etwa V 526) noch einmal bekräftigt. Soweit die Klägerin insoweit Bezug genommen hat auf Verlautbarungen des „M. in Person der Intendantin .... und“ des „W. ...“ (IV 368 und der dazu in Bezug genommenen Anlagen [etwa K 39]), welche dem Beklagten zugerechnet werden mögen, wird dort die Signalaufnahme- und Verbreitungspflicht der Klägerin als bloßer gedanklicher Reflex einer bewertenden Betrachtung der tatsächlich aufeinander bezogenen Systeme dargestellt. Die Intendantin fordert denn auch nicht die Klägerin zur unentgeltlichen Leistung auf, sondern äußert gegenüber den dortigen Adressaten ihres Schreibens, den Landesmedienanstalten, die „Bitte um die Durchsetzung der Must-Carry-Regeln“ (K 39 S. 5).
bb)
180 
Soweit die Klägerin gleichwohl eine Entscheidung des Senates über diese Frage mit dem ergänzenden Verweis auf § 17 Abs. 2 GVG einfordert, ist ihr im Ausgangspunkt zuzugeben, dass durch diese Norm grundsätzlich eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz eröffnet ist (etwa Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 17 GVG, 5). Dies gilt allerdings nur für einen einheitlichen prozessualen Anspruch. Werden im Wege der Klagehäufung mehrere selbstständige Ansprüche gemeinsam geltend gemacht, so muss die Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtswegs für jeden Anspruch getrennt geprüft werden und ggf. eine Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO erfolgen; andernfalls wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet (BGH NJW 1998, 826, 828; OLG München NJW-RR 2011, 1002 [juris Tz. 5]; Lückemann a.a.O. § 17, 6; Wittschier in Musielak, ZPO, 10. Aufl. [2013], § 17 GVG, 9; Zimmermann in MünchKomm-ZPO, 4. Aufl. [2013], § 17 GVG, 13).
cc)
181 
Der Senat ist danach nicht zur Entscheidung über diese ihm im Wege objektiver Klagehäufung mit vorgelegte Frage berufen.
182 
Deshalb hat auch hier die nämliche Verfahrensweise hinsichtlich dieses Hilfsantrages wie beim Landgericht Mannheim zu geschehen.
7.
183 
Soweit die Klägerin die Vorlage von Aktenbestandteilen von vor dem Bundeskartellamt geführten Verfahren begehrt, ist nicht ersichtlich, warum der Beklagte über § 142 ZPO der Klägerin Hilfsmittel zur weiteren Begründung ihrer Position verschaffen soll. Dies wird von der Funktion des § 142 ZPO nicht gedeckt (BGH NZM 2013, 126 [Tz. 10]; B. v. 21.01.2010 - VI ZR 162/09 [Tz. 2]). Im Übrigen würde auf diese Weise auch das dem Bundeskartellamt in seinem Verfahren zustehende Recht, über ein dort anzubringendes Akteneinsichtsgesuch selbst zu entscheiden, auf diese Weise unterlaufen.
II.
184 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
185 
Die Revision ist zuzulassen, da diese Frage nicht nur in Bezug auf den Beklagten, sondern auch die übrigen Beteiligten der Gegenpartei des Einspeisungsvertrages 2008 der grundsätzlichen und damit höchstrichterlichen Klärung harrt (vgl. etwa BGH WM 2013, 45 [Tz. 2]; BGH B. v. 12.09.2012 - IV ZR 189/11 [Tz. 6])
186 
Hinsichtlich der Wertbemessung folgt der Senat ebenfalls der landgerichtlichen Festsetzung, welche auf einer Wertvorgabe der Klägerin beruht (I 2, 13, 50), die keinen Widerspruch erfahren hat und mit der reinen Jahresbetrachtung (arg. § 41 Abs. 1 S.1 GKG) auch Gefolgschaft verdient.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 11/01 Verkündet am:
12. November 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ausrüstungsgegenstände für Feuerlöschzüge
GWB §§ 1, 4 Abs. 2

a) Beschaffen sich Gemeinden Waren
über eine von einem kommunalen Spitzenverband gegründete Gesellschaft,
die gemeinsame Ausschreibungen durchführt und so die Nachfrage der Gemeinden
bündelt, dann liegt darin ein unter das Kartellverbot nach § 1 GWB
fallendes Verhalten.

b) Auch kleine und mittlere Gemeinden können Einkaufsgemeinschaften im
Sinne des § 4 Abs. 2 GWB bilden.
BGH, Urteil vom 12. November 2002 - KZR 11/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. November 2002 durch den
Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch und die Richter
Prof. Dr. Goette, Ball, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Raum

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats bei dem Oberlandesgericht Celle vom 31. Mai 2001 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerinnen sind Handelsunternehmen, die in unterschiedlichem Umfang niedersächsische Kommunen mit Ausrüstungsgegenständen für Feuerlöschzüge beliefern. Die 1995 gegründete Beklagte ist eine 100%ige Tochter des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes e.V., in dem 80 % der niedersächsischen Kommunen organisiert sind. Die Beklagte wurde errichtet, um den Einkauf der Kommunen zu koordinieren. In den Jahren 1995 und 1996 informierte der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund e.V. seine Mitgliedsgemeinden , daß der Einkauf von Feuerwehrfahrzeugen und dazu gehörigen Ausrüstungsgegenständen über die Beklagte im Wege einer Sammelbestellung erfolgen solle. Er bezog sich dabei auf eine Initiative, die er gemeinsam
mit dem Niedersächsischen Innenministerium ergriffen hatte, um künftig Feuerwehrbedarf durch Sammelbestellungen zu befriedigen. Im November 1996 forderte der kommunale Spitzenverband seine Mitgliedsgemeinden auf, entsprechende Bedarfsmeldungen an die Beklagte zu richten und die Beschaffung von Preßluftatmern und Tragkraftspritzen über diese zu veranlassen. Nachdem im Oktober 1996 bereits eine erste Ausschreibung stattgefunden hatte, schrieb die Beklagte am 16. Juli 1997 insgesamt 27 Tragkraftspritzen und 241 Preßluftatmer europaweit aus. Auf diese Ausschreibung hin gaben unter anderem auch Hersteller dieser Produkte direkt an die Beklagte Angebote ab.
Die Klägerinnen wenden sich gegen diese Ausschreibungspraxis der Beklagten. Sie begehren mit ihrer Klage die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung von Nachfragebündelungen und gemeinsamen Ausschreibungen. Nach ihrer Auffassung begründet die Bündelung von Nachfragemacht ein verbotenes Kartell im Sinne des § 1 GWB; die Freistellungsklausel nach § 4 Abs. 2 GWB sei auf Kommunen nicht anwendbar, weil diese nicht miteinander im Wettbewerb stünden und mithin ihre Wettbewerbssituation auch nicht verbessert werden könne.
Die Klägerinnen hatten vor dem Landgericht Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG Celle NJW-RR 2002, 476). Mit ihrer Revision erstreben die Klägerinnen die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerinnen bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäß § 33 i.V. mit § 1 GWB verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob die durch die Beklagte vorgenommene Zusammenführung der Nachfrage der einzelnen Kommunen überhaupt dem Kartellverbot nach § 1 GWB unterfalle. Ebenso könne offenbleiben, inwieweit diese Nachfragebündelung die Spürbarkeitsschwelle nach § 1 GWB überschreite. Das Verhalten der Beklagten erfülle jedenfalls den Privilegierungstatbestand des § 4 Abs. 2 GWB. Diese Regelung sei auf das Beschaffungsverhalten der öffentlichen Hand anwendbar. Für kleinere und mittlere Gemeinden gelte insofern gleichermaßen der Grundgedanke, strukturelle Nachteile, die auf der geringen Größe der Kommunen beruhten, durch die Bildung von Einkaufskooperationen auszugleichen. Bei der hier gewählten Form der Beschaffung werde für die einzelne Gemeinde auch kein über den Einzelfall hinausgehender Bezugszwang begründet.
Der Ausschlußtatbestand des § 4 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 Nr. 1 GWB liege nicht vor, weil der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt werde. Bei der Bestimmung des relevanten Marktes sei dabei sowohl auf die Anbieterseite als auch auf die Nachfragerseite abzustellen. Der räumlich relevante Markt erstrecke sich auf das Gebiet der gesamten Bundesrepublik; dies belege auch die Marktstruktur, die durch mehrere überregional tätige Händler geprägt sei. Das Nachfragepotential des gesamten Bedarfs für Freiwillige Feuerwehren in Niedersachsen betrage bei Tragkraftspritzen etwa 13 % und bei
Preßluftatmern etwa 10 %. Selbst wenn es der Beklagten gelänge, 75 % dieses Nachfragepotentials zu bündeln, ergäbe sich damit ein Nachfragepotential der Beklagten, das insgesamt unter 10 % läge. Damit könne aber von einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht ausgegangen werden. Selbst soweit sich gelegentlich größere Kommunen an einer gemeinsamen Beschaffung durch die Beklagte beteiligten, lasse dies den Erlaubnistatbestand nicht entfallen, weil auch dann der Zweck der Beseitigung von Nachteilen für kleine und mittlere Unternehmen gewahrt bleibe.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß eine Wettbewerbsbeschränkung im Horizontalverhältnis vorliegt, weil die Beklagte das Nachfrageverhalten der Kommunen bündelt.

a) Die Beklagte koordiniert das Nachfrageverhalten der sie beauftragenden Kommunen, die im Hinblick auf die Ausrüstungsgegenstände miteinander im Nachfragewettbewerb stehen. Sie übt diese Koordinierungstätigkeit als 100%ige Tochter des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes e.V. aus. Dieser Spitzenverband hat die Beklagte gegründet, um durch sie das Nachfrageverhalten der Kommunen zu bündeln. Insoweit hat er die Steuerung des Nachfrageverhaltens der Gemeinden auf die Beklagte verlagert. Die Beklagte nimmt in erheblichem Umfang die Nachfrage für die Gemeinden wahr. Die Funktion der Beklagten besteht darin, den Bedarf hinsichtlich der einzelnen Feuerwehrausrüstungsgegenstände zusammenzuführen und dadurch günstigere Preise und Bedingungen im Einkauf zu erzielen. Die Beklagte bewirkt hierdurch aber zugleich eine Abstimmung der Gemeinden im Nachfrageverhalten.
Da die Gemeinden als Nachfrager jeweils auf derselben Ebene stehen, liegt eine Wettbewerbsbeschränkung im Horizontalverhältnis vor. Ein solches Verhalten unterfällt dem Kartellverbot des § 1 GWB (vgl. BGH, Beschl. v. 9.3.1999 - KVR 20/97, WuW/E DE-R 289, 294 - Lottospielgemeinschaft).

b) Die Beklagte tritt dabei nicht als selbständiger Zwischenhändler auf. Sie nimmt nur die Funktion eines Vermittlers der von dem Spitzenverband bezweckten Nachfragekoordination wahr. Die Beklagte trägt kein eigenes Risiko, weil die Gemeinden, die sie hinsichtlich einer jeweils konkreten Beschaffungsmaßnahme beauftragen, dann zur Abnahme der Ware und zur Zahlung eines Fixums in Höhe von 3 % des Einkaufspreises verpflichtet sind. Da die Beklagte ihrer Zweckbestimmung nach für den kommunalen Spitzenverband das Nachfrageverhalten der einzelnen Gemeinden abstimmt, hat das Berufungsgericht zu Recht in den jeweiligen Einzelaufträgen der Kommunen auch keine Vertikalvereinbarungen im Sinne der §§ 14 ff. GWB gesehen. Eine Wettbewerbsbeschränkung liegt nämlich nicht im Verhältnis der einzelnen Gemeinden zur Beklagten , sondern in den Beziehungen zwischen den Gemeinden, die ihr Wettbewerbsverhältnis als Nachfrager untereinander faktisch dadurch aufheben, daß sie jeweils die Beklagte beauftragen.

c) Zwar haben die Gemeinden selbst als Nachfrager keine entsprechende Absprache oder Abstimmung vorgenommen. Eine Koordination ihres Nachfrageverhaltens kann aber auch über sogenannte "Sternverträge" erfolgen (vgl. Zimmer in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rdn. 186). In diesen Fällen wird die Verhaltensabstimmung über die Vielzahl gleichartiger Beauftragungen eines Dritten bewirkt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.1975 - KVR 2/74, WuW/E 1367, 1369 - Zementverkaufsstelle Niedersachsen). Entscheidend ist insoweit, daß die jeweiligen Gemeinden über die Beklagte eine Nachfragebündelung be-
absichtigt und erreicht haben. Dabei geht die Tätigkeit der Beklagten über die bloße Vermittlung jeweils zugunsten der einzelnen Gemeinde hinaus. Sie liegt in der Zusammenführung mehrerer gleichgerichteter Beschaffungsvorhaben verschiedener Gemeinden, um so in einer Hand ein größeres Marktnachfragepotential zu erreichen. Insoweit vermittelt die Beklagte die Abstimmung der sich an dem Beschaffungsvorgang beteiligenden Gemeinden, die dann ihrerseits - jedenfalls hinsichtlich des konkreten Nachfragevorgangs - als eigene Nachfrager am Markt ausscheiden. Unter dem Gesichtspunkt des § 1 GWB ist es dabei unschädlich, daß die Verhaltensabstimmung über einen Dritten bewirkt wird (Zimmer in Immenga/Mestmäcker aaO § 1 Rdn. 111). Die Beauftragung der Beklagten dient nämlich dazu, die (für sich betrachtet) jeweils geringere Nachfragemacht der Gemeinden zu bündeln und hierdurch niedrigere Preise und günstigere Einkaufskonditionen für die beteiligten Gemeinden zu erzielen.

d) Die Gemeinden stehen als Nachfrager untereinander im Wettbewerb. Als Träger hoheitlicher Gewalt unterfallen sie nach dem funktionellen Unternehmensbegriff dann dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, wenn sie sich wirtschaftlich betätigen (§ 130 Abs. 1 GWB). Die wirtschaftliche Betätigung liegt hier in der Nachfrage der Gemeinden, die sich auf dem Markt mit Ausrüstungsgegenständen für Feuerlöschzüge eindecken. Dabei spielt es weder eine Rolle, ob sich die Nachfrage auf Gegenstände richtet, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit stehen, noch ob die Gemeinde im Hinblick auf den nachgefragten Gegenstand Endverbraucher ist. Greift ein Hoheitsträger im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Aufgaben zu den von der Privatrechtsordnung bereitgestellten Mitteln, unterliegt er in diesem Bereich den gleichen Beschränkungen wie jeder andere Teilnehmer und hat dabei insbesondere die durch das Wettbewerbsrecht gezogenen Grenzen
einer solchen Tätigkeit zu beachten (BGHZ 107, 40, 43 ff. - Krankentransportbestellung ; BGH WuW/E DE-R 289, 293 - Lottospielgemeinschaft).

e) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch unberücksichtigt gelassen, daß eine entsprechende Nachfragebündelung geeignet ist, dem Sparsamkeitsgebot in besonderem Maße Rechnung zu tragen. Dieser Grundsatz, der den Trägern hoheitlicher Gewalt die Pflicht zu einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung überbürdet (§ 6 Abs. 1 HGrG; § 82 Abs. 2 NGO), vermag das Kartellverbot nach § 1 GWB nicht einzuschränken oder zu modifizieren. Insoweit findet eine Rechtsgüterabwägung nicht statt (vgl. Bunte, WuW 1998, 1037, 1042 f.; derselbe in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 1 GWB Rdn. 214). Eine Berücksichtigung des Sparsamkeitsgebotes liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß die sich am Wettbewerb beteiligenden Träger hoheitlicher Gewalt letztlich zu Lasten anderer Marktteilnehmer Vorteile erlangen könnten (vgl. zu einer ähnlichen Problemlage bei der Berücksichtigung sportpolitischer Ziele BGHZ 137, 297, 311 f. - Europapokalheimspiele ). Die jeweilige Kommune hat vielmehr ihre Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit innerhalb der allgemein geltenden kartellund wettbewerbsrechtlichen Regelungen zu erfüllen (vgl. zu dem ebenfalls als Rechtfertigung eines Kartells angeführten Abwehreinwand BGH, Beschl. v. 13.1.1998 - KVR 40/96, WuW/E DE-R 115, 121 - Carpartner). In diesem Sinne ist das Sparsamkeitsgebot dem Kartellverbot nachgelagert.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des Freistellungstatbestandes nach § 4 Abs. 2 GWB bejaht.

a) Die Freistellungsregelung des § 4 Abs. 2 GWB ist auf Gemeinden und die von ihnen gebildeten Einkaufskartelle anwendbar. Zwar wird dies aus dem
Wortlaut der Bestimmung nicht ohne weiteres deutlich, weil nach der gesetzli- chen Überschrift "Mittelstandskartelle" geregelt werden sollen und es um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen geht. Aus dem Regelungszusammenhang sowie dem Normzweck der Vorschrift erschließt sich jedoch ihre Anwendbarkeit auch auf kommunale Einkaufskartelle. Wenn Gemeinden im Blick auf ihre wirtschaftliche Betätigung als Unternehmen im Sinne des § 1 GWB anzusehen sind, kommt auf der Privilegierungsebene des § 4 Abs. 2 GWB keine andere Auslegung des Unternehmensbegriffes in Betracht. Entgegen der Auffassung der Revision besteht hinsichtlich der Beschaffung von Gütern zwischen den Kommunen - wie oben ausgeführt - ein Wettbewerbsverhältnis. Insoweit wird die Nachfragetätigkeit der Kommunen auch vom Normzweck des § 4 Abs. 2 GWB umfaßt (vgl. OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 150, 153 f.). Maßgebliches Ziel des Gesetzgebers war es, strukturelle Nachteile zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen gegenüber Großunternehmen auszugleichen, die schon allein aufgrund ihrer Größe am Markt privilegiert sind. Dieses strukturelle Defizit, das sich darin ausdrückt, daß günstige Beschaffungskonditionen schwieriger zu erzielen sind, besteht aber im Verhältnis von kleinen zu großen Gemeinden in gleicher Weise wie im Verhältnis von kleinen zu großen Wirtschaftsbetrieben (vgl. Bunte, WuW 1998, 1037, 1046). Eine Differenzierung zwischen privatrechtlich und öffentlich-rechtlich strukturierten Unternehmen verbietet sich deshalb unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten.

b) Die über die Beklagte bewirkte Bündelung der Nachfrage dient dazu, die Wettbewerbsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Abs. 2 GWB zu verbessern. Insoweit ist nach dem Schutzzweck dieser Vorschrift allein auf den Nachfragemarkt abzustellen, weil sie strukturelle Defizite in der Nachfragemacht , die sich allein aufgrund der geringeren Größe ergeben, ausgleichen soll
(vgl. OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 150, 153 f.). Durch eine Nachfragebündelung werden auf seiten der Kommunen bessere Einkaufsbedingungen erreicht. Damit ist diese Voraussetzung erfüllt.
Dabei ist unerheblich, ob die Dienstleistungen der Beklagten bei der Beschaffung auch großen Kommunen offenstehen. Maßgeblich ist nämlich nicht der Ausschluß großer Unternehmen bzw. Kommunen, sondern daß die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Kommunen hierdurch verbessert wird. Dies läßt sich "erst recht" erreichen, wenn sich große Kommunen beteiligen, weil von deren Nachfragepotential die kleinen und mittleren Gemeinden regelmäßig profitieren werden (Bunte, WuW 1998, 1037, 1046). Eine andere - und hiervon zu trennende - Frage ist, ob durch die Beteiligung von großen Kommunen ebenso wie von Großunternehmen die Nachfragemacht in einem Maße verstärkt wird, daß hierdurch der Wettbewerb wesentlich beeinträchtigt wird. Diese (negative) Voraussetzung ist jedoch im Rahmen des Ausschlußtatbestandes des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GWB zu prüfen, der auch für Einkaufskooperationen nach § 4 Abs. 2 GWB gilt (vgl. Immenga in Immenga/Mestmäcker aaO § 4 Rdn. 71 f.).

c) Entgegen der Auffassung der Revision besteht auch kein über den Einzelfall hinausgehender Bezugszwang für die Gemeinden. Die Gemeinden verpflichten sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar gegenüber der Beklagten, das ausgeschriebene und für die jeweilige Kommune erworbene Gerät abzunehmen, wenn sie dort ihren Bedarf zum Zwecke der Ausschreibung anmelden. Sie sind jedoch generell frei, sich überhaupt an den über die Beklagte veranlaßten Ausschreibungen zu beteiligen. Insoweit können die jeweiligen Gemeinden von Fall zu Fall entscheiden, ob sie die Beklagte mit der Beschaffung beauftragen. Allein der Umstand, daß sich Gemeinden aus dem
Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit möglicherweise gedrängt sehen könnten, die Beklagte praktisch immer einzuschalten, begründet ebensowenig einen allgemeinen Beschaffungszwang über die Beklagte wie der Umstand, daß Alleingesellschafter der Beklagten ein kommunaler Spitzenverband ist. Die bloße Möglichkeit zu einem häufig günstigeren Einkauf ist der Zweck sämtlicher Einkaufskooperationen und in diesem Institut regelmäßig angelegt. Diese wirtschaftliche Sogwirkung ist systemimmanent und wird vom Gesetz hingenommen. Einen generellen Bezugszwang begründet dieser regelmäßig für eine Nachfragebündelung sprechende wirtschaftliche Vorteil nicht (vgl. die Begründung des RegE zur 5. GWB-Novelle - § 5c GWB a.F. - BT-Drs. 11/4610, S. 15). Der Umstand, daß die Kommunen gesetzlich zu sparsamer Wirtschaftsführung angehalten sind, ändert hieran nichts. Das Sparsamkeitsgebot verpflichtet sie nicht unmittelbar zum Bezug über die Beklagte. Es kann allenfalls mittelbar die einzelne Gemeinde veranlassen, über die Beklagte zu beziehen. Dies reicht aber für die Annahme eines allgemeinen Bezugszwanges nicht aus. Zudem bleiben Sachverhaltskonstellationen denkbar, in denen der Bezug über einen lokalen Händler (etwa verbunden mit einem Service- und Wartungspaket) die wirtschaftlich insgesamt günstigste Lösung darstellen kann. Darüber hinausgehende tatsächliche oder rechtliche Druckmittel, welche die einzelnen Gemeinden zu einer Beschaffung über die Beklagte nötigen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

d) Das Berufungsgericht hat zutreffend eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs im Sinne des § 4 Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 Nr. 1 GWB ausgeschlossen.
aa) Mit der Einfügung dieser einschränkenden Voraussetzung wollte der Gesetzgeber die Erlangung einer allzu großen Marktstärke der Einkaufsge-
meinschaften verhindern (vgl. Begründung aaO S. 16). Erreicht die Einkaufskooperation ihrerseits als Nachfrager auf dem Beschaffungsmarkt eine erhebliche Stärke, ist dies für die dort herrschenden Wettbewerbsbedingungen im Ergebnis schädlich (so ausdrücklich nochmals die Begründung des RegE zur 6. GWB-Novelle BR-Drs. 852/97, S. 34). Eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GWB bedeutet daher nicht, daß - wie die Revision meint - die Marktverhältnisse so fortbestehen müßten, wie sie sich bislang ohne die Einkaufskooperation entwickelt hatten. Es kommt weder auf die Erhaltung der bisherigen Strukturen noch darauf an, ob die Bildung einer solchen Einkaufskooperation das Beschaffungsverhalten von deren Mitgliedern wesentlich verändert. Eine wesentliche Beeinträchtigung ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die Einkaufskooperation selbst eine zu hohe Nachfragemacht erreicht. Die Grenze der Zulässigkeit liegt dabei unterhalb der Schwelle der Marktbeherrschung (vgl. Begründung, BT-Drs. 11/4610, S. 16). Sie ist im Einzelfall aufgrund einer Gesamtabwägung von quantitativen und qualitativen Kriterien zu bestimmen. Qualitativ spielen dabei Art und Intensität der Wettbewerbsbeschränkung eine entscheidende Rolle (vgl. Immenga in Immenga /Mestmäcker aaO § 4 Rdn. 60). Quantitativ bildet der auf die Kooperative entfallende Umsatzanteil im Vergleich zu dem am Markt insgesamt bestehenden Nachfragevolumen das insoweit maßgebende Entscheidungskriterium.
bb) Zur Prüfung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung ist deshalb zunächst die Bestimmung des relevanten Marktes erforderlich. Für die Abgrenzung des relevanten Marktes kommt es auf die Sicht der Marktgegenseite (hier: der Anbieter der Feuerwehrartikel) an (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1990 - KZR 25/89, WuW/E 2683, 2685 - Zuckerrübenanlieferungsrecht; Urt. v. 23.2.1988 - KZR 17/86, WuW/E 2483, 2487 f. - Sonderungsverfahren). Maßgeblich ist also , wie sich die Nachfragebündelung auf diese auswirkt und über welche Aus-
weichmöglichkeiten die Anbieter bzw. Lieferanten verfügen. Dies ergibt sich schon aus dem Schutzzweck der Vorschrift, lediglich Größennachteile kleinerer Unternehmen auszugleichen, ohne dadurch den Wettbewerb insgesamt zu beeinträchtigen. Diese potentiell negativen Auswirkungen, die hierdurch begrenzt werden sollen, können sich nur auf die Marktgegenseite beziehen, weil nur diese durch eine Kartellierung der Nachfrage beeinträchtigt sein kann (vgl. Immenga in Immenga/Mestmäcker aaO § 4 Rdn. 131 ff.).
Im vorliegenden Fall hat allerdings das Berufungsgericht eine Marktabgrenzung sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite vorgenommen. Dies wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus, weil das Berufungsgericht die Prüfung kumulativ durchgeführt und weder im Blick auf die Nachfragenoch auf die Angebotsseite eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs festgestellt hat.
cc) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf der Seite der Anbieter verneint hat, lassen jedenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Markt für Ausrüstungsgegenstände von Feuerwehrfahrzeugen als eigenständigen und nicht regional begrenzten Markt angesehen. Dies hat es zu Recht daraus gefolgert, daß Anbieter bundesweit tätig sind und die Versorgung von Ausrüstungsgegenständen für Feuerlöschzüge in Niedersachsen zu etwa 50 % durch ein in Süddeutschland ansässiges Unternehmen erfolgt. Weiterhin sind noch zwei größere Unternehmen bundesweit tätig; im übrigen verkauft auch die Klägerin zu 6 überregional vorwiegend in den süddeutschen Raum. Weder regionale Eigentümlichkeiten noch höhere Transportkosten legen eine räumliche Einschränkung nahe. Gerade die Existenz überregional tätiger
Händler zeigt, daß die Marktgegebenheiten eine entsprechende räumliche Begrenzung nicht erfordern.
Soweit die Revision auf die vor allem im niedersächsischen Raum regional tätigen kleineren Händler abhebt, vermag sie nicht zu belegen, daß deren begrenztes Einzugsgebiet mit den Besonderheiten des Marktes in Zusammenhang steht. Die Existenz etlicher kleiner Händler zwingt nicht dazu, die Marktabgrenzung ausschließlich an deren jetzigen, auf die Erhaltung des status quo gerichteten Bedürfnissen vorzunehmen. Vielmehr ist auch hier zu prüfen, ob diese Händler räumlich weiter entfernte Nachfragekreise bedienen können und ihnen das auch wirtschaftlich zumutbar ist. Eine Ausweitung des räumlichen Bezirks, innerhalb dessen Absatzbemühungen stattfinden, wird auch kleineren Händlern ohne größeren Aufwand möglich sein, zumal das Feuerlöschzubehör häufig im Wege von allgemeinen Ausschreibungen nachgefragt wird. Deshalb wird sich die Notwendigkeit einer Kundenpflege, die über große Distanzen durch kleinere Händler ohne Zweigstellen nur schwierig zu bewerkstelligen wäre , hier in geringerem Umfang ergeben. Eine räumliche Ausdehnung der Angebotspraxis läßt sich ohne erhebliche betriebliche Umstrukturierung erreichen.
Der Einwand der Revision, die Gewohnheiten der Nachfrager seien durch starke traditionelle Bindungen bestimmt und erschwerten so wesentlich das Ausweichen auf andere Nachfrager, überzeugt nicht. Die übrigens nicht nur in Niedersachsen, sondern im gesamten Bundesgebiet im Vordringen befindliche Tendenz zur Bündelung der Nachfrage und die damit verbundene wesentliche Erweiterung von europaweiten Ausschreibungen bedingen insgesamt eine Objektivierung des Wettbewerbs. Durch die Notwendigkeit, das wirtschaftlich günstigste Angebot abgeben zu müssen, werden sich - bislang ohne Ausschreibung bestehende - traditionelle Absatzbeziehungen einem Preiswettbe-
werb stellen müssen. Eine insgesamt durch eine zunehmende Anzahl von Ausschreibungen geprägte Entwicklung des bundesweiten Markts für Ausrüstungsgegenstände von Feuerlöschfahrzeugen mag zwar für kleinere Händler die Absatzchancen im Hinblick auf ihre angestammten kommunalen Abnehmer beeinträchtigen. Eine solche Entwicklung erhöht jedoch auch die Möglichkeit kleinerer Händler, neue Abnehmer zu gewinnen. Sie eröffnet ihnen gleichzeitig die Chance, bei den regelmäßig umfangreichen Ausschreibungen im Falle eines Zuschlages dann höhere Umsätze zu erzielen.
Der Schutzzweck des Kartellgesetzes gebietet es nicht, solchen häufig ohne Ausschreibung begründeten Lieferverhältnissen quasi Bestandsschutz zuzugestehen. Dies wäre aber die Folge einer - von der Revision erstrebten - sich auf traditionelle Bindungen stützenden Marktabgrenzung. Eine solche Abgrenzung entspricht nicht den gegebenen Marktstrukturen. Vielmehr ist es den kleineren Händlern jedenfalls möglich und zumutbar, ihre Vertriebskonzepte den dann veränderten Marktverhältnissen anzupassen und ihre Absatzaktivitäten auch auf potentielle Abnehmer auszudehnen, die in größerer räumlicher Entfernung angesiedelt sind.
dd) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Marktabgrenzung in sachlicher Hinsicht ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Die hier von der Revision angestrebte Einbeziehung von Beratungs-, Service- und Reparaturleistungen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß abgelehnt. Danach sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die eine zwingende Verbindung zwischen diesen Serviceleistungen einerseits und dem Verkauf der Ausrüstungsgegenstände andererseits herstellen könnten. Nach den getroffenen Feststellungen sind diese Produkte weder so beschaffen, daß die Wartungsarbeiten nur von speziell geschultem Personal hochspezialisierter Betriebe auszuführen wären noch daß
wegen der Art der Aufgabe eine besondere Form der Ersatzteilvorratshaltung erforderlich wäre, die nur durch in der Nähe ansässige lokale Unternehmen erbracht werden könnte. Wenn die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, daß bei einer solchen Beschränkung des Marktes für die kleineren Händler nur noch Kleinteile übrig blieben und das Wegbrechen des Handels mit Ausrüstungsgegenständen zu einer Existenzbedrohung dieser Händler führen würde, dann zeigt dieser Gesichtspunkt nicht ohne weiteres eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf. Maßgeblich ist nämlich auch insoweit die Möglichkeit des Ausweichens auf andere Nachfrager und auch die räumliche Ausdehnung der Verkaufsanstrengungen, um möglicherweise neue Kunden zu erreichen. Hierzu hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der betreffende Markt es ohne weiteres erlaubt, den Vertriebskreis auszuweiten und so Umsatzeinbrüche im lokalen Geschäft zu kompensieren. Wenn die kleineren Händler dies bislang unterlassen haben, dann beruht die lokale Beschränkung ihrer Betätigung auf ihrer eigenen unternehmerischen Entscheidung. Solche unternehmensstrategischen Gesichtspunkte , die sich nicht notwendig aus den Bedingungen des Marktes ergeben, sind aber für die Bestimmung des relevanten Marktes ohne Belang (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1993 - KZR 1/92, WuW/E 2855, 2857 - Flaschenkästen).
ee) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der von ihm zutreffend vorgenommenen Marktabgrenzung das Merkmal der "nicht wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs" ohne Rechtsfehler bejaht. Es hat die auf die gebündelte Nachfrage entfallenden Umsatzanteile rechtsfehlerfrei bestimmt. Bezogen auf den gesamten Bedarf in Deutschland hat es zunächst die auf Niedersachsen entfallende Quote für die von den Kommunen getragenen Freiwilligen Feuerwehren errechnet und dabei einen Umsatzanteil von 13,06 % bezüglich des Artikels "Tragkraftspritze" und von 10,3 % bezüglich des Artikels
"Preßluftatmer" festgestellt. Soweit der von den Klägerinnen geltend gemachte Unterlassungsanspruch noch andere Ausrüstungsgegenstände für Feuerwehren erfassen soll, lassen sich auch insoweit keine höheren Quoten feststellen.
Das Berufungsgericht ist weiterhin lebensnah davon ausgegangen, daß höchstens 75 % des gesamten Beschaffungsbedarfs der Kommunen über die Beklagte geleitet wird. Schon bei Zugrundelegung dieser Zahlen ergibt sich, daß die betroffenen Umsatzanteile unter 10 % liegen. Zusätzlich muß aber noch der Bedarf berücksichtigt werden, der bei betrieblichen Feuerwehren, Berufsfeuerwehren , Flughafenfeuerwehren und sonstigen privaten Feuerwehren entsteht. Die Hinzurechnung dieses auf dieselben Waren gerichteten Nachfragepotentials würde nochmals zu einer niedrigeren Quote führen. Jedenfalls auf diesen Märkten ist damit die Grenze der "nicht wesentlichen Beeinträchtigung" nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GWB nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht erreicht. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten.
In Anbetracht dieser Zahlenverhältnisse kann - entgegen der Auffassung der Revision - dahinstehen, ob die Nachfragebündelung im Ergebnis dazu führt, daß die Hersteller sich unmittelbar an den Ausschreibungen beteiligen. Selbst wenn auf diese Weise in dem festgestellten Umfang die Handelsebene insgesamt ausgeschaltet würde, wäre aufgrund der Größenordnungen des Nachfragepotentials dieser Umstand nicht geeignet, eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung zu begründen.
3. Eine Verletzung von § 1 UWG ist gleichfalls nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen, daß die Klägerinnen zu den spezifisch wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen in den Tatsacheninstanzen bislang nicht vorgetragen haben,
scheidet ein Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 UWG deshalb aus, weil die Vorgehensweise der Beklagten jedenfalls nicht sittenwidrig im Sinne dieser Bestimmung ist. Entgegen der Auffassung der Revision liegt auch kein Verstoß gegen die landesrechtliche Vorschrift des § 108 NGO vor, die gegenüber den Gemeinden die Befugnis zur Errichtung eigener wirtschaftlicher Unternehmen begrenzt. Damit soll aber nur eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Gemeinden unterbunden werden. Die bloße Beschaffungstätigkeit der Gemeinden - auch wenn sie über eine ausgegliederte Person des Privatrechts erfolgt - erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Im übrigen führt allein der Verstoß gegen eine entsprechende öffentlich-rechtliche Vorschrift nicht zu einem Anspruch anderer Marktteilnehmer nach § 1 UWG (vgl. BGHZ 150, 343 ff. - Elektroarbeiten

).


Hirsch Goette Ball
Bornkamm Raum

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 18/01 Verkündet am:
24. Juni 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR: ja
Wiederverwendbare Hilfsmittel
Es verstößt weder gegen das Pluralitätsgebot noch gegen sonstige sozialversicherungsrechtliche
Grundsätze, wenn eine Krankenkasse zur Versorgung ihrer
Mitglieder mit wiederverwendbaren Hilfsmitteln für einen bestimmten Zeitraum
nur solche Leistungserbringer zuläßt, die sich vorher in einem Ausschreibungsverfahren
durchgesetzt haben.
BGH, Urt. v. 24. Juni 2003 - KZR 18/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. April 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum
und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Dresden - Kartellsenat - vom 23. August 2001 unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig - 2. Kammer für Handelssachen - vom 1. September 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen wird.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist eine Handwerksinnung, deren Bezirk sich auf das Gebiet des gesamten Freistaates Sachsen erstreckt. Sie verfügt über 68 Mitglieder und vertritt die Interessen der Handwerksbereiche Bandagisten, Orthopädie- und
Chirurgiemechaniker. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, die im Bergbau Beschäftigte versichert (§ 177 SGB V). Bundesweit hat die Beklagte über 1,4 Millionen Mitglieder, von denen etwa 144.000 in Sachsen ansässig sind.
Die Klägerin schloß im Januar 1991 mit etlichen gesetzlichen Krankenkassen , u. a. der AOK und dem Landesverband der Betriebskrankenkassen, einen Rahmenvertrag gemäß § 127 SGB V, der sowohl Regelungen über die Zulassung als auch über die Vergütung von Leistungserbringern für orthetische und orthopädische Heil- und Hilfsmittel enthielt. Die Beklagte stimmte diesem Vertrag zu und berücksichtigte zunächst die dort getroffenen Regelungen. Diesen Vertrag kündigte sie zum 31. Juli 2000.
Im Februar 1998 führte die Beklagte über ihre Hauptverwaltung eine öffentliche Ausschreibung zur Versorgung knappschaftlich Berechtigter mit Krankenfahrzeugen sowie sonstigen wiederverwendbaren Hilfsmitteln mit einem Kaufpreis von jeweils mehr als 300 DM durch, soweit diese Hilfsmittel keiner Preisvereinbarung unterlagen. Als Teilnehmer waren die Leistungserbringer zugelassen, ihre Verbände wurden nicht beteiligt.
Ausgeschrieben hat die Beklagte Gebiets- und Fachlose. Pro Gebietsund Fachlos erhielten zwei Bieter den Zuschlag. Im Jahre 2000 führte sie für Sachsen wiederum eine öffentliche Ausschreibung durch. Im Ergebnis dieser Ausschreibung schloß sie mit elf Anbietern (den Ausschreibungsgewinnern) Sonderverträge ab. Diese Ausschreibungsgewinner wurden verpflichtet, die Hilfsmittel an die Versicherten zu bestimmten Bedingungen abzugeben und ggf. Instandsetzungen und Umrüstungen zu gewährleisten.
Die Beklagte verfährt jetzt folgendermaßen: Sie beauftragt nur Ausschreibungsgewinner mit der Versorgung ihrer Versicherten, soweit es sich um wiederverwendbare Hilfsmittel nach § 33 Abs. 5 SGB V handelt, die keiner landesweit geltenden Preisliste unterfallen. Legt der Versicherte eine entsprechende ärztliche Verordnung vor, wird er an die Ausschreibungsgewinner verwiesen, die den Versicherten aus ihren Beständen mit vorhandenen oder mit neu angefertigten Hilfsmitteln versorgen. Anderen Leistungserbringern, die im Auftrag von Versicherten unter Vorlage der ärztlichen Verordnungen Kostenvoranschläge einreichen, wird mitgeteilt - und zwar auch dann, wenn die Preise jenen der Ausschreibungsgewinner entsprechen -, daß eine Versorgung über einen Vertragslieferanten veranlaßt worden sei. Die ärztlichen Verordnungen behält die Beklagte dabei ein. Zugleich informiert sie ihren Versicherten, über welche Leistungserbringer das wiederverwendbare Hilfsmittel bezogen werden kann.
Die Klägerin hält diese Praxis nach § 19 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 1 GWB für kartellrechtswidrig, weil ihre Mitglieder von der Beklagten durch die zusätzlichen und gesetzlich nicht vorgesehenen Ausschreibungen behindert würden. Sie erstrebt mit ihrer Klage ein Verbot, durch das der Beklagten untersagt werden soll, derartige Ausschreibungen in Zukunft durchzuführen. Weiterhin soll die Beklagte bisherige und zukünftige Ausschreibungsergebnisse nicht dergestalt verwenden, daß nur noch die Ausschreibungsgewinner unter Ausschluß der übrigen allgemein zugelassenen Leistungserbringer an der Versorgung der Versicherten mit wiederverwendbaren Hilfsmitteln beteiligt werden. Zugleich soll der Beklagten verboten werden, bei Einreichung von Kostenvoranschlägen durch Leistungserbringer, die keine Ausschreibungsgewinner sind, die Versorgung durch andere Leistungserbringer zu veranlassen und die eingereichten Kostenvoranschläge unter Einbehalt der beigefügten ärztlichen Verordnungen an das jeweilige Mitglied der Klägerin zurückzusenden.

Das Landgericht, das gemäß § 17a Abs. 3 GVG den zu den Zivilgerichten beschrittenen Rechtsweg durch Beschluß vom 28. April 2000 für zulässig erklärt hatte, hat die Klage im wesentlichen - wegen Unbestimmtheit der Klageanträge - als unzulässig abgewiesen. Im übrigen hat es einen Anspruch der Klägerin verneint, weil die Beklagte aufgrund ihres Marktanteils keine Normadressatin im Sinne der §§ 19, 20 GWB sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, solche Leistungserbringer, die nicht aufgrund einer Ausschreibung zugelassen worden sind, bei der Versorgung ihrer Mitglieder nicht mehr zu berücksichtigen und die Versorgung der Versicherten durch andere Leistungserbringer zu veranlassen. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen, auch soweit die Klägerin die Untersagung der Durchführung künftiger Ausschreibungen beantragt hat.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, mit der sie weiterhin eine vollumfängliche Klageabweisung erreichen will. Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verfolgt mit ihrer (unselbständigen) Anschlußrevision das Ziel, der Beklagten schon die Durchführung entsprechender Ausschreibungen hinsichtlich wiederverwendbarer Hilfsmittel zu untersagen. Die Beklagte beantragt, die Anschlußrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung der Klägerin mit der Maßgabe, daß die Kla-
ge nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird. Die Anschlußrevision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat die auf § 33 Satz 2, § 20 Abs. 1 GWB gestützten Unterlassungsanträge als ausreichend bestimmt und in der Sache auch teilweise für begründet erachtet. Die Anwendung kartellrechtlicher Vorschriften sei nicht durch die Novellierung des § 69 SGB V ausgeschlossen, weil diese Vorschrift keinen materiellen Ausschluß kartellrechtlicher Regelungen begründen solle, sondern lediglich im Sinne einer Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten verstanden werden könne. Auch die verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift gebiete ein solches Ergebnis, da ein im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigender sachlicher Grund nicht ersichtlich sei, den Leistungserbringern gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen - anders als gegenüber den privaten Krankenversicherern - den Schutz des Wettbewerbsund Kartellrechts zu versagen.
Das Berufungsgericht führt weiter aus, daß die Beklagte ein Unternehmen sei, das zusammen mit anderen Unternehmen ein Oligopol im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB bilde. Zwischen den gesetzlichen Krankenkassen bestehe auf der Nachfrageseite kein Wettbewerb, weil nach dem gesetzlichen Leitbild (§ 125 Abs. 1, § 128 SGB V) diese gegenüber den Leistungserbringern gemeinsam und einheitlich handeln müßten. Insgesamt seien 88,46 % der Gesamtbevölkerung bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert. Der Umstand , daß allein die Beklagte Sonderausschreibungen für wiederverwendbare Hilfsmittel durchführe, könne nicht zu einer anderen Betrachtung führen. Erst ihre Stellung als gesetzliche Krankenkasse ermögliche der Beklagten im Rahmen eines Oligopols diese Vorgehensweise, weil sie nicht befürchten müsse, daß sie Anbieter verliere. Außerdem bestehe eine Nachahmungsgefahr. Im üb-
rigen seien die Mitgliedsunternehmen der Klägerin als kleine Unternehmen auch von der Beklagten im Sinne des § 20 Abs. 2 GWB abhängig. Die Beschränkung der Versorgung auf die Ausschreibungsgewinner stelle einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar, weil sie wesentlichen Grundsätzen des SGB V widerspreche. Dieses Vorgehen schränke nämlich die Freiheit der Versicherten, unter den zugelassenen Leistungserbringern zu wählen, in unzulässiger Weise ein. Diese Wahlfreiheit gelte auch für wiederverwendbare Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 5 SGB V; auch insoweit müsse nach den Strukturprinzipien des SGB V die Vielfalt der Leistungserbringer berücksichtigt werden.
Das Berufungsgericht hat deshalb das praktizierte Ausschreibungssystem als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB angesehen. Dieser Verstoß betreffe aber nur die Umsetzung der Ausschreibungsergebnisse , nicht aber die Durchführung der Ausschreibung an sich. Da die Ausschreibung selbst noch keinen Eingriff in den Wettbewerb darstelle , sei die Klage insoweit abzuweisen.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision bestehen gegen die Bestimmtheit der Klageanträge gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO keine Bedenken. Der mit einem Klageantrag erstrebte Erfolg muß so bestimmt bezeichnet werden, daß Zweifel ausgeschlossen sind und sich der Beklagte umfassend verteidigen kann (BGHZ 140, 1, 3; BGH, Urt. v. 1.12.1999 - I ZR 49/97, NJW 2000, 2195, 2196 - Marlene Dietrich [insoweit in BGHZ 143, 214 ff. nicht abgedruckt]). Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen.

2. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen kartellrechtlichen An- spruch gemäß § 20 Abs. 1 GWB bejaht.

a) Durch die Neufassung des § 69 SGB V aufgrund des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden abschließend durch das Vierte Kapitel des SGB V (§§ 69 - 140h) sowie die §§ 63 und 64 SGB V geregelt. Das Berufungsgericht versteht die Regelung des § 69 SGB V nur im Sinne einer Rechtswegzuweisung (so auch BSGE 86, 223, 229 [6. Senat]; Engelmann NZS 2000, 213 ff.), nicht aber als generellen Ausschlußtatbestand für die Anwendung kartellrechtlicher Normen, was faktisch einer Bereichsausnahme gleichkäme (in diesem Sinne BSGE 87, 95, 99; 89, 24, 33 [3. Senat]; Meyer-Lindemann in GK, Kartellrecht , 45. Lfg., § 87 GWB Rdn. 17 ff.; Bornkamm in Langen/Bunte, GWB, 9. Aufl., § 87 Rdn. 6a ff.).

b) Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Ein kartellrechtlicher Anspruch gemäß § 20 Abs. 1 und 2 GWB besteht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts deshalb nicht, weil die Beklagte nicht Normadressatin dieser Bestimmung ist.
aa) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagte für sich genommen über keine entsprechende Marktstellung verfügt. Dabei bestimmt es das Gebiet des Freistaates Sachsen rechtsfehlerfrei als den räumlich relevanten Markt. Lokale Teilmärkte hat das Berufungsgericht nicht feststellen
können. Dies wird von den Parteien im Revisionsverfahren nicht mehr angegriffen und läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Der insoweit vom Berufungsgericht zugrundegelegte Versichertenanteil der Beklagten, der bei etwa 3 % der Gesamtbevölkerung liegt, kann keine erhebliche Nachfragemacht im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB begründen. Da auch im übrigen keine Gesichtspunkte ersichtlich sind, die auf ein insoweit überproportionales Nachfragepotential gerade der Beklagten hindeuten, hat das Berufungsgericht zutreffend bei der Beklagten allein keine entsprechende Marktmacht angenommen.
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann eine Normadressatenstellung der Beklagten auch nicht daraus abgeleitet werden, daß sie mit anderen gesetzlichen Krankenkassen ein Oligopol (§ 19 Abs. 2 Satz 2 GWB) bildet. Allerdings sind in Sachsen knapp 90 % der Bevölkerung Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind gerade aufgrund der gesetzlichen Regelung zudem in ihrer Funktion als Nachfrager zur Zusammenarbeit verpflichtet und gehalten, gegenüber den Leistungserbringern einheitlich vorzugehen (§§ 125, 128 SGB V).
Diese Umstände reichen jedoch für die Annahme eines Oligopols nicht aus. Es kommt nämlich nicht darauf an, daß zwischen den gesetzlichen Krankenkassen als Nachfragern der Wettbewerb allgemein eingeschränkt ist. Zwei oder mehrere Unternehmen sind nach § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB als Oligopol vielmehr dann marktbeherrschend, wenn zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen kein wesentlicher Wettbewerb besteht. Die Annahme eines Oligopols setzt im Hinblick auf die zu beurteilende Maßnahme deshalb voraus, daß die Beklagte insoweit konkret auf einem bestimmten Markt als Teil einer Gesamtheit von Unternehmen handelt. Insoweit ist eine über die strukturellen Wettbewerbsbedingungen hinausgehende Ge-
samtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere der auf dem relevanten Markt herrschenden Wettbewerbsverhältnisse, vorzunehmen (BGHZ 96, 337, 344 f. - Abwehrblatt II; BGH, Beschl. v. 4.10.1983 - KVR 3/82, WuW/E 2025, 2027 - Texaco-Zerssen).
Der Nachfragewettbewerb auf dem Markt für wiederverwendbare Hilfsmittel wird durch das Verhalten der Beklagten nicht beschränkt. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Beklagte mit der Durchführung von Ausschreibungen in ihrem Nachfrageverhalten einen Sonderweg beschreitet. Damit läßt sich auf der Nachfrageseite kein einheitliches Vorgehen der Krankenversicherer feststellen, das auf das Fehlen von Wettbewerb hindeuten könnte. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß die Vorgehensweise der Beklagten durch die Marktmacht der anderen gesetzlichen Krankenkassen abgesichert würde. Entsprechende Ausschreibungen führt lediglich die Beklagte durch. Ihr Verhalten berührt nicht die Beziehungen der Mitglieder der Klägerin zu anderen gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Gegenüber den dort Versicherten können diese Leistungserbringer grundsätzlich die wiederverwendbaren Hilfsmittel auch dann anbieten, wenn sie bei der von der Beklagten durchgeführten Ausschreibung unterlegen sind.
Soweit das Berufungsgericht die Gefahr eines möglicherweise gleichartigen Verhaltens anderer gesetzlicher Krankenkassen für die Begründung eines Oligopols heranzieht, begegnet auch dieser Gesichtspunkt durchgreifenden Bedenken. Abgesehen davon, daß ein drohendes gleichartiges Verhalten durch andere gesetzliche Krankenversicherungen nicht näher belegt ist, kommt diesem Gesichtspunkt auch keine Relevanz bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB zu. Maßgeblich ist nämlich für die Frage einer Normadressatenstellung der Beklagten, über welche Nachfragemacht sie auf
dem konkreten Markt verfügt. Da sich andere Krankenkassen nicht in gleicher Weise verhalten, kann deren Nachfragemacht allein aus diesem Grunde der Beklagten nicht zugerechnet werden.
cc) Gleichfalls begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, das eine Normadressatenstellung weiterhin aus § 20 Abs. 2 GWB hergeleitet hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Eine solche relative Marktmacht (Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rdn. 39) setzt voraus, daß die Mitglieder der Klägerin als Anbieter von der Beklagten abhängig sind. Das Berufungsgericht sieht diese Abhängigkeit darin, daß die Mitglieder der Klägerin nicht auf andere Betriebe ausweichen könnten. Es meint, auf dem Nachfragemarkt für wiederverwendbare Hilfsmittel bestehe wegen des nur eingeschränkten Wettbewerbs der gesetzlichen Krankenkassen als Nachfrager für die Mitglieder der Klägerin eine gesteigerte Abhängigkeit.
Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, warum die Mitglieder der Klägerin nicht auf andere Nachfrager ausweichen könnten. Soweit das Berufungsgericht hierbei auf eine Entscheidung des Senats Bezug nimmt (Urt. v. 22.3.1994 - KZR 9/93, WuW/E 2919 - Orthopädisches Schuhwerk), sind die jeweils zugrundeliegenden Fallkonstellationen nicht vergleichbar. In der genannten Entscheidung wurde die fehlende Ausweichmöglichkeit auf andere Sozialversicherungsträger damit begründet, daß die wesentlichen Krankenkassen gemeinsam in einen Rahmenvertrag eingebunden waren, der auch die übliche Vergütung für die Leistungserbringer regelte. Hinzu kam, daß die dort im Streit befindlichen Vorstellungskosten nach der einhelligen damaligen Praxis der Krankenkassen nicht vergütet wurden (BGH WuW/E 2919, 2922 - Orthopädisches Schuhwerk). In diesen Punkten weicht die hier vorliegende Fallgestaltung von der zitierten Senatsentscheidung ab. Für die in Rede stehenden wiederverwendbaren Hilfs-
mittel gibt es weder einen Rahmenvertrag, an dem die Beklagte beteiligt wäre, noch besteht eine einhellige Praxis unter den gesetzlichen Krankenkassen. Vielmehr geht die Beklagte hier einen Sonderweg, wobei nicht ersichtlich ist, daß die von der Beklagten nicht berücksichtigten Leistungserbringer nicht bei anderen Sozialversicherungsträgern oder Krankenversicherungen als Anbieter berücksichtigt werden könnten. Demnach können die Mitglieder der Klägerin, auch wenn sie nicht zu den Ausschreibungsgewinnern gehören, knapp 96 % der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen mit den hier im Streit stehenden Hilfsmitteln versorgen.
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 ZPO a. F.).

a) Das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 hat eine Zuweisung kartellrechtlicher Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung an die Sozialgerichte (§ 51 Abs. 2 SGG; § 87 Abs. 1 Satz 3 GWB) vorgenommen. In dem zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits anhängigen Verfahren hat das Landgericht mit Beschluß vom 28. April 2000 den zu den Zivilgerichten beschrittenen Rechtsweg gemäß § 17a Abs. 3 GVG für zulässig erklärt; dies bindet auch die Rechtsmittelgerichte (§ 17a Abs. 5 GVG). Mit der rechtskräftigen Feststellung ihrer Zuständigkeit haben die Zivilgerichte nach § 17 Abs. 2 GVG den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, jedenfalls soweit es sich um einen einheitlichen prozessualen Anspruch handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.1997 - I ZB 42/96, NJW 1998, 826, 828; Gummer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 17 GVG Rdn. 6). Dies hat zur Folge, daß auch zu überprüfen ist, ob die in Haupt- und Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche eine Grundlage im Sozialversicherungsrecht haben können.


b) Dabei kann dahinstehen, inwieweit der Klägerin als Landesinnung sol- che Unterlassungsansprüche zustehen können, die sich auf ihre Mitgliedsbetriebe beziehen und diesen eine Beteiligung an der Krankenversorgung durch die Beklagte sichern sollen. Eine entsprechende Aktivlegitimation vermittelt zwar § 33 Satz 2 GWB, der den dort genannten Verbänden eigene Ansprüche einräumt (Bornkamm in Langen/Bunte aaO § 33 Rdn. 38). Ob die kartellrechtliche Vorschrift des § 33 Satz 2 GWB der Klägerin jedoch einen solchen Anspruch gewähren könnte oder die Bestimmung des § 69 SGB V die Anwendung des § 33 Satz 2 GWB ausschließt, kann der Senat offenlassen. Ebensowenig bedarf es der Entscheidung, ob die Klägerin jedenfalls dann, wenn sie in ihrer eigenen Vertragskompetenz nach § 127 SGB V beschränkt ist (vgl. BSGE 89, 24, 27), sich auf die Verletzung eigener Rechte berufen könnte.

c) Jedenfalls verstößt das von der Beklagten durchgeführte Ausschreibungssystem bei wiederverwendbaren Hilfsmitteln gemäß § 33 Abs. 5 SGB V nicht gegen sozialversicherungsrechtliche Grundsätze, wozu die Sicherung der Wahlfreiheit der Versicherten zählt (vgl. BSG SozR 3-1200 § 33 Nr. 1; BSG, Urt. v. 23.1.2003 - B 3 KR 7/02 R). Das Ausschreibungssystem verletzt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht das Pluralitätsgebot nach § 2 Abs. 3 SGB V.
aa) Wiederverwendbare Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 5 SGB V können von der gesetzlichen Krankenkasse nach § 33 Abs. 5 SGB V auch leihweise überlassen werden. Mit einer leihweisen Überlassung erfüllt die gesetzliche Krankenversicherung den gemäß § 33 Abs. 1 SGB V bestehenden Anspruch des Versicherten auf die erforderlichen Körperersatzstücke und orthopädischen Hilfsmittel (zum Begriff des Hilfsmittels vgl. BSGE 88, 204 ff.). Bei einer leihwei-
sen Überlassung der Hilfsmittel obliegt es der Krankenkasse, dem Versicherten das entsprechende von ihm benötigte Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Insoweit ist § 33 Abs. 5 SGB V als Ausnahmetatbestand ausgestaltet. Im Blick auf den Versicherten besteht hierin auch der wesentliche Unterschied zu der Leistungsgewährung im übrigen. Während ansonsten der Versicherte pharmazeutische Produkte oder andere Hilfsmittel für sich verbrauchen kann, sind wiederverwendbare Hilfsmittel grundsätzlich für mehrere Versicherte nacheinander und jeweils nur für einen bestimmten Zeitraum im Gebrauch. Wenn die Krankenkasse dem Versicherten einen nicht nur von ihm allein zu nutzenden Gegenstand in Erfüllung ihrer Leistungspflicht zur Verfügung stellen kann, dann spielt auch der Gedanke der Pluralität der Leistungserbringer eine untergeordnete Rolle. Der Versicherte muß ein vorhandenes, von einem anderen Versicherten in Auftrag gegebenes und vorbenutztes Hilfsmittel akzeptieren. Allein dieser Umstand schränkt seine Wahlfreiheit ein. Sie kann sich allenfalls noch auf Beratungsleistungen, insbesondere auf eine etwaige Anpassung des Hilfsmittels oder eine Einweisung in seinen Gebrauch, beschränken. Insoweit ist aber auch der Pluralitätsgrundsatz noch ausreichend gewahrt, weil die Beklagte die Versorgung mit wiederverwendbaren Hilfsmitteln mehr als einem Anbieter übertragen hat. Dies läßt für den Versicherten jedenfalls noch eine gewisse Wahlmöglichkeit offen. Sie durch Zulassung weiterer Mitgliedsbetriebe der Klägerin in erheblichem Maße auszudehnen, würde im übrigen den Normzweck des § 33 Abs. 5 SGB V aushöhlen, mit dem eine möglichst effiziente Nutzung der wiederverwendbaren Hilfsmittel gewährleistet werden sollte. Bei einer Zulassung vieler Leistungserbringer bestünde nämlich die Gefahr, daß sich die Versicherten nur für denjenigen Leistungserbringer entscheiden, der ihnen neu hergestellte Hilfsmittel überlassen kann.
Ein wesentlicher Unterschied besteht aber auch bei der Form der Lei- stungsgewährung. Im Gegensatz zu den anderen Formen, in denen der von der gesetzlichen Krankenkasse zugelassene Leistungserbringer deren Sachleistungspflicht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) gegenüber dem Versicherten wahrnimmt , erlangt der Versicherte an den ihm nur leihweise überlassenen Hilfsmitteln kein Eigentum. Da die gesetzliche Krankenkasse mit der Beauftragung eine eigene Beschaffungstätigkeit vornimmt, muß sie hieran auch nicht jeden nach § 126 Abs. 1 SGB V zugelassenen Leistungserbringer beteiligen (vgl. BSG NJW 1989, 2773, 2774). Ebensowenig bestehen dagegen Bedenken, daß sie im Interesse einer Kostenminimierung diese Leistungen ausgeschrieben und insoweit keinen Rahmenvertrag mit der Klägerin abgeschlossen hat. Im übrigen läßt die Regelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 SGB V Verträge auch zwischen der einzelnen gesetzlichen Krankenkasse und dem einzelnen Leistungserbringer ausdrücklich zu (vgl. hierzu Kranig in Hauck/Haines, SGB V K, 59. Lief., § 127 Rdn. 4). Wenn diesen Preisvereinbarungen eine Ausschreibung vorangeht, wahrt die Krankenkasse damit das wirtschaftliche Effizienzgebot (§ 1 Abs. 1 und 4, § 12 SGB V). Diese Form der Preisfindung ist in einem besonderen Maße geeignet, eine leistungs- und wettbewerbsgerechte Vergütung zu erreichen.
Die auf zwei Jahre beschränkten Ausschreibungsintervalle ermöglichen in angemessenen Abständen eine Kontrolle des Ausschreibungsergebnisses. Dieser relativ überschaubare Zeitraum eröffnet zudem auch den nicht berücksichtigten Leistungserbringern eine Beteiligung an der Versorgung mit wiederverwendbaren Hilfsmitteln.
bb) Das Verhalten der Beklagten stellt keine rechtswidrige Eigeneinrichtung nach § 140 SGB V dar. Daß die Beklagte die Hilfsmittel in der Rechtsform der Leihe überläßt, ist durch § 33 Abs. 5 SGB V ausdrücklich erlaubt (vgl. BSG
NJW 1989, 2773, 2774). Die bloße Begründung von Leihverhältnissen hinsicht- lich der wiederverwendbaren Hilfsmittel reicht deshalb für die Annahme einer Eigeneinrichtung nach § 140 SGB V nicht aus. Insoweit müßte die Beklagte durch eigene Selbstabgabestellen in organisatorisch verfestigter Form die Ausleihe steuern und auf dem Markt wie ein entsprechender Handwerksbetrieb tätig werden. Hinsichtlich der Umsetzung bedient sich die Beklagte jedoch nicht eines eigenen Betriebes. Vielmehr werden auch die wiederverwendbaren Hilfsmittel über Leistungserbringer erworben, wiederhergestellt und verteilt. Schon aus diesem Grunde läßt sich ausschließen, daß die Beklagte selbst in diesem beschränkten Leistungssegment als Wettbewerberin auftritt (vgl. BGHZ 82, 375, 394 f. - Brillen-Selbstabgabestellen).
III. Der Senat kann in der Sache entscheiden, weil der Rechtsstreit im Sinne einer umfassenden Klageabweisung entscheidungsreif ist. Da die Durchführung von entsprechenden Ausschreibungen gleichfalls nicht beanstandet werden kann, ist die (unselbständige) Anschlußrevision zurückzuweisen.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 34/01 Verkündet am:
24. September 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Wertgutscheine für Asylbewerber
Erfüllt der zuständige Landkreis seine ihm obliegende Pflicht zur Versorgung
von Asylbewerbern durch die Ausgabe von Wertgutscheinen und beauftragt er
eine Servicegesellschaft mit der Abwicklung, wird im allgemeinen diese Servicegesellschaft
für die Einzelhändler, bei denen die Wertgutscheine eingelöst
werden, die Marktgegenseite bilden. Unabhängig davon käme ein Verstoß gegen
das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot allenfalls dann in Betracht,
wenn die gebündelte Nachfrage der Asylbewerber dem Landkreis oder der Servicegesellschaft
als Nachfragedisponenten auf dem Markt für gewöhnliche Bekleidungsstücke
des täglichen Bedarfs eine marktbeherrschende oder eine relativ
marktstarke Stellung nach § 20 Abs. 2 GWB verschaffen würde.
BGH, Urt. v. 24. September 2002 – KZR 34/01 – OLG Celle
LG Hildesheim
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2002 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof.
Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Ball, Prof. Dr. Bornkamm und
Dr. Raum

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. März 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist ein Handelsunternehmen, das Bekleidungsartikel vertreibt. Sie schloß mit der A. Dienstleistungs GmbH (im folgenden: A. ) einen Servicevertrag über die Annahme und Abrechnung von Wertgutscheinen für Asylbewerber ab. Der beklagte Landkreis bezieht von der A. solche Wertgutscheine und bezahlt hierfür an diese den vollen Nennbetrag. Als die für die Ausstattung der Asylbewerber zuständige Behörde gibt der Beklagte die Wertgutscheine an die Asylbewerber aus, die seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich zugewiesen sind. Mit der Ausgabe der Wertgutscheine, die von den Asyl-
bewerbern in den Geschäften eingelöst werden können, die diese Wertgutscheine akzeptieren (sogenannte Einlösestellen), erfüllt er die ihm obliegende Pflicht zur Ausstattung der Asylbewerber. Die Abrechnung der Wertgutscheine erfolgt zwischen der A. und den Einzelhändlern, wie etwa der Klägerin. Die A. zahlt an die einzelnen Einlösestellen nicht den vollen Betrag aus, wobei die Höhe des Auszahlungsbetrages zwischen den einzelnen Händlern differiert. Auf der Grundlage des Servicevertrages mit der Klägerin behält A. 1 % des Gutscheinwertes ein. Gegenüber Händlern, mit denen A. keinen Servicevertrag eingegangen ist, nimmt sie bei Einlösung der Wertgutscheine Abzüge bis zu 3,5 % vor.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, daß der Beklagte – soweit er Pflichten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erfülle – die Ausstattung von Asylbewerbern durch die Klägerin nicht von ihrer Teilnahme an dem Wertgutscheinsystem abhängig machen dürfe. Jedenfalls sei aber – was die Klägerin mit ihrem ersten Hilfsantrag geltend macht – dieses Abrechnungssystem unzulässig, weil die mit der Abrechnung entstehenden Kosten auf das jeweilige Handelsunternehmen überbürdet würden. Zumindest müsse – was sie weiter hilfsweise erstrebt – der Beklagte sicherstellen, daß das von ihm beauftragte Unternehmen die Wertgutscheine ohne Abzüge einlöse.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der (zugelassenen ) Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Ausgabe der Wertgutscheine stelle ein Angebot zum Abschluß eines Garantievertrages dar. Indem die Klägerin einen solchen Wertgutschein annehme , komme es zum Abschluß dieses Vertrages. Sie erwerbe dann einen Anspruch aus dem Garantievertrag in Höhe des Wertbetrages abzüglich der Servicepauschale von 1 %. Diese Servicepauschale habe die Klägerin durch Abschluß des Rahmenvertrages akzeptiert. Öffentlich-rechtliche Pflichten des Beklagten , die diese Vertragsgestaltung überlagern könnten, bestünden dabei nicht. Weder werde die Klägerin zum Abschluß solcher Geschäfte gezwungen, noch ergebe sich hierbei eine Schmälerung der gesetzlichen Ansprüche der Asylbewerber. Diese erhielten weiterhin von dem Beklagten eine kostenfreie Leistung.
Wettbewerbsrechtlich sei schon deshalb kein Verstoß gegeben, weil der Beklagte nicht als Mitbewerber in ein Wettbewerbsverhältnis eingreife. Da hier kein Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorliege, scheide auch ein kartellrechtlicher Verstoß des Beklagten aus. Es sei nämlich nicht zu erkennen, daß der Wettbewerb beeinträchtigt werde.
Ebensowenig lasse sich – wie mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemacht – ein Verbot der Servicegebühr auf wettbewerbsrechtliche Gründe stützen. Zwar bestehe ein Zusammenhang zwischen der von A. und dem Beklagten vereinbarten Vergütung und der Höhe der Servicepauschale. Hierbei trage dann aber A. das wirtschaftliche Risiko, eine solche Servicepauschale gegenüber den Händlern nicht durchsetzen zu können. Aus den angeführten Gründen könne die Klägerin nicht die ungeschmälerte Auszahlung der Nennbeträge aus den Wertgutscheinen verlangen, weshalb auch der weitere Hilfsantrag unbegründet sei.

II.


Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Überprüfung stand.
1. Ansprüche der Klägerin nach § 33 i.V. mit § 19 Abs. 4 Nr. 1 und 2, § 20 Abs. 1 und 3 GWB bestehen nicht. Der Beklagte hat insoweit gegenüber der Klägerin keine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung im Sinne der genannten Bestimmungen inne.

a) Eine Marktmacht des Beklagten läßt sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht aus seiner ausschließlichen gesetzlichen Verantwortung für die Ausstattung der Asylbewerber herleiten. Ob der Beklagte gegenüber der Klägerin über eine entsprechende Machtstellung im Sinne der §§ 19, 20 GWB verfügt, ist vielmehr im Hinblick auf einen konkret abzugrenzenden Markt festzustellen. Dabei hat die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes aus der Sicht der jeweiligen Marktgegenseite zu erfolgen (BGH, Urt. v. 13.11.1990 – KZR 25/89, WuW/E 2683, 2685 – Zuckerrübenanlieferungsrecht; Urt. v.
23.2.1988 – KZR 17/86, WuW/E 2483, 2487 f. – Sonderungsverfahren; Möschel in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 19 Rdn. 40 ff.; Ruppelt in Langen/ Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 19 GWB Rdn. 23 ff.). Demnach ist hier die Marktabgrenzung aus der Sicht des anbietenden Einzelhandels vorzunehmen. Aus der Perspektive der Klägerin, die als Einzelhändlerin Einlösestelle ist, steht der Beklagte nicht auf der Marktgegenseite. Zwischen den Parteien bestehen keine vertraglichen Beziehungen. Die Auswahl der Produkte nimmt der jeweilige Asylbewerber vor, der bei den als Einlösestellen zugelassenen Händlern den Wertgutschein an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 2 BGB) hingibt. Die Abrechnung dieses Kaufvorgangs erfolgt wiederum zwischen der A. und dem jeweiligen Einzelhändler. Ein Markt, auf dem sich die Klägerin und der Beklagte unmittelbar begegnen, existiert mithin nicht.

b) Ein Markt, in dem die Klägerin Waren anbietet, die der Beklagte nachfragt , könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn das Verhalten der Asylbewerber dem Beklagten als Nachfragedisponenten zugerechnet werden könnte. Dann wäre zwar der Beklagte als die für Leistungen nach § 3 Abs. 1 und 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zuständige Behörde insgesamt als Nachfrager für die Asylbewerber anzusehen und würde für die Klägerin insoweit auch die Marktgegenseite bilden. Selbst bei dieser Annahme ergäbe sich jedoch keine relevante Marktmacht im Sinne der §§ 19, 20 GWB.
Der Markt für den Erwerb von Bekleidungsgegenständen läßt sich nämlich nicht mehr weiter nach bestimmten Kundenkreisen aufspalten. Als Nachfrager unterscheiden sich die Asylbewerber hinsichtlich ihres Bedarfs nicht in erheblicher Weise von sonstigen Kunden. Der Einzelhandel verkauft an sie die gleichen Produkte. Das Warensortiment bleibt im wesentlichen unverändert, unabhängig davon, ob die einzelnen Nachfrager Asylbewerber oder sonstige
Kunden sind. Da die Nachfrage sich auf dieselben Produkte bezieht, sind aus der Sicht des Einzelhandels die einzelnen Kunden austauschbar.
Eine im Sinne der §§ 19, 20 GWB relevante Nachfragemacht des Beklagten auf dem Bekleidungsmarkt liegt allerdings fern, selbst wenn das gesamte Nachfragepotential der Asylbewerber ihm zuzurechnen wäre. Schon aufgrund des eigenen Sachvortrages der Klägerin, wonach das Gesamtvolumen der Gutscheine nur ca. 5 Mio. DM im Jahr betrage, läßt sich dies hier ausschließen. Daß ein Umsatz in dieser Größenordnung – bezogen auf den in Rede stehenden Markt – keine relevante Nachfragemacht begründet, bedarf keiner weiteren Darlegung.

c) Schließlich kann die Klägerin auch aus einer etwaigen beherrschenden Stellung des Beklagten auf einem Drittmarkt keinen auf dessen Normadressatenstellung gestützten Unterlassungsanspruch ableiten. Es kann offenbleiben , ob der Beklagte als Nachfrager auf einem Markt für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Asylbewerberleistungsgesetz marktbeherrschend ist. Erforderlich für einen Unterlassungsanspruch nach § 20 GWB ist nämlich zusätzlich , daß beide Parteien auf dem beherrschten Markt tätig sind. Dies ist aber nicht der Fall, weil die Klägerin auf einem solchen Markt für Serviceleistungen weder auf Anbieter- noch auf Nachfragerseite auftritt. Im übrigen könnte sich eine etwaige Marktstärke des Beklagten als Nachfrager gegenüber dem Serviceunternehmen auch nicht zu Lasten der Klägerin auswirken (BGHZ 83, 238, 243 = WuW/E 1911, 1914 – Meiereizentrale). Hier steht der Klägerin auf der Nachfragerseite nur die wirtschaftliche Macht gegenüber, die auf dem Nachfragepotential der Asylbewerber beruht. Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte jenseits der über die Wertgutscheine vermittelten Nachfragemacht wirtschaftlichen Druck auf die Klägerin ausüben könnte, sind nicht vorhanden. Das
gebündelte Nachfragepotential der Asylbewerber erreicht jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht die Erheblichkeitsschwelle der §§ 19, 20 GWB.
Damit kommt auch der Frage, welche weiteren Serviceunternehmen der Beklagte beauftragt hat, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Wenn schon die Bündelung der Nachfragemacht in einem Serviceunternehmen aufgrund eines nicht ausreichenden Machtpotentials kartellrechtlich unschädlich ist, gilt dies erst recht, wenn sich das Nachfragepotential auf zwei Serviceunternehmen verteilt. Ebensowenig brauchte – entgegen der Auffassung der Revision – das Berufungsgericht die Frage zu untersuchen, ob sich die Klägerin im Verhältnis zu einem weiteren Serviceunternehmen S. zur Zahlung einer Servicepauschale verpflichtet hat. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte dies nur die wirtschaftliche Selbständigkeit sowie den vorhandenen Verhandlungsspielraum der jeweiligen Serviceunternehmen belegen und widerspräche damit der Behauptung der Klägerin, die Serviceunternehmen seien von dem Beklagten als Monopolunternehmen wirtschaftlich abhängig und dienten diesem lediglich zur Abwälzung eigener Kosten.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 1 UWG verneint.
Das Verhalten des Beklagten erfüllt im Verhältnis zur Klägerin nicht das Merkmal eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs. Dieses Merkmal setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß das Verhalten objektiv geeignet ist, den Wettbewerb einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und daß der Handelnde zusätzlich in der Absicht vorgegangen ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (BGH, Urt. v. 1.6.1989 – I ZR 81/87, GRUR
1989, 773, 774 – Mitarbeitervertretung; Urt. v. 30.4.1997 – I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 – Die Besten II).
Das Verhalten des Beklagten mag – wie die Revision geltend macht – objektiv geeignet sein, die mit größeren Margen kalkulierenden Mitbewerber der Klägerin zu deren Lasten zu begünstigen. Es ist indessen schon zweifelhaft, ob dem Beklagten diese Wirkung bewußt war. Denn nach den getroffenen Feststellungen blieb das Aushandeln der Servicegebühr nach Art und Umfang allein A. überlassen. Daher hing es auch allein von deren kaufmännischem Geschick ab, ob und in welchem Umfang ihr die Händler, die sich an der Warenabgabe an Asylbewerber beteiligten, einen finanziellen Vorteil einräumten. Unabhängig davon könnte nicht ohne weiteres von einer entsprechenden Absicht des Beklagten ausgegangen werden. Auch wenn das Bewußtsein solcher wettbewerbsbeeinflussenden Folgen ein Beweisanzeichen für ein Handeln in Wettbewerbsabsicht darstellen kann, so läge doch im Streitfall eine solche Absicht fern, weil der Beklagte jedenfalls vorrangig aus anderen Gründen gehandelt hat und die Wettbewerbsförderung lediglich notwendige Folge eines anders motivierten Handelns war (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.1987 – I ZR 167/85, GRUR 1988, 38, 39 – Leichenaufbewahrung; GRUR 1989, 773, 774 – Mitarbeitervertretung). Dem Beklagten ging es darum, den eigenen Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. Die Erwägung, daß die von A. auszuhandelnden Servicegebühren die einzelnen Händler wegen der unterschiedlichen Margen nicht in gleicher Weise treffen würden, spielte dabei erkennbar keine Rolle.
Unter diesen Umständen bedarf es keiner Erörterung, ob das Verhalten des Beklagten bei gegebener Wettbewerbsabsicht als unlauter anzusehen wäre.
3. Soweit die Klägerin weiterhin die Unzulässigkeit des Abrechnungssystems aus einer Verletzung öffentlich-rechtlicher Bindungen herleitet, benennt sie nicht einmal eine hierfür in Betracht kommende Anspruchsgrundlage. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Öffentlich-rechtliche Beziehungen bestehen allein zwischen dem Beklagten und dem einzelnen Asylbewerber. Die Klägerin und den Beklagten verbindet hingegen keine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung. Ihr gegenüber ist der Beklagte nur an die allgemeinen Regeln gebunden, die für das Nachfrageverhalten der öffentlichen Hand im Privatrechtsverkehr gelten. Schon aus diesem Grunde scheidet hier ein auf eine besondere öffentlich -rechtliche Pflichtenbindung gegründeter Unterlassungsanspruch aus. Dies gilt in gleicher Weise dann, wenn – wie hier durch A. – der Beschaffungsvorgang durch eine zwischengeschaltete Person des Privatrechts bewirkt wird.
4. Da das Verhalten des Beklagten – jedenfalls soweit der Rechtskreis der Klägerin betroffen ist – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, bleibt die Klage – auch mit den Hilfsanträgen – ohne Erfolg.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Raum

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 65/10 Verkündet am:
31. Januar 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Dr. Strohn, Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 6. Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Werbeagentur, die insbesondere auch in Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen Werbetexte platziert. Die Beklagte verlegt Telefonbücher ("Das Örtliche", "Das Telefonbuch") und Branchenverzeichnisse ("Gelbe Seiten") für den norddeutschen Raum. Die Werbekunden können ihre Werbeanzeigen direkt bei der Beklagten oder über deren Handelsvertreter schalten. Außerdem konnten die Werbeanzeigen traditionell auch über externe Werbeagenturen in Auftrag gegeben werden.
2
Im Jahr 2003 begann die Beklagte mit der Umstellung ihres Vertriebssystems , weil sie Werbeanzeigen nur noch direkt oder durch ihre Handelsvertreter akquirieren wollte. Es wurden aber weiterhin auch von bestimmten Werbeagenturen , zu denen die Klägerin gehörte, Anzeigenaufträge angenommen. Die Beklagte überließ ihren Handelsvertretern nunmehr allerdings Anzeigenpreislisten ("Grundpreislisten") deutlich früher als der Klägerin die für sie bestimmten "Agenturpreislisten". Auch die Werbeagentur T. , die zum Unternehmensverbund der Beklagten gehört, konnte Anzeigenaufträge für mindestens einen Anzeigenkunden schon vermitteln, bevor die Klägerin die entsprechende Preisliste erhalten hatte. Mit Schreiben vom 16. September 2005 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus, dass sie nur noch ausnahmsweise und nur im Rahmen einer Übergangsfrist mit Werbeagenturen zusammenarbeite. Daher werde auch die inhaltliche Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen "im Sinne einer Nichtmehrzusammenarbeit" heruntergefahren. Unter dem 27. März 2007 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin mit, dass sie keinen Anspruch darauf habe, "bezüglich des Zeitpunktes der Herausgabe der Agenturpreislisten … mit direkt schaltenden Kunden gleichbehandelt zu wer- den"; die Beklagte bitte darum, "von Agenturpreislistenanforderungen abzusehen , die früher als zwei Monate - in Hamburg: drei Monate - vor dem Anzeigenannahmeschluss des jeweiligen Telefonbuchs versandt werden".
3
Die Klägerin sieht in der späteren Übermittlung der Anzeigenpreise einen Wettbewerbsnachteil bei der Anzeigenakquisition. Sie möchte erreichen, dass ihr die Agenturpreislisten unverzüglich zur Verfügung gestellt werden, nachdem die Beklagte mit dem Anzeigenvertrieb für die jeweilige Telefonbuchauflage begonnen hat. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (OLG Hamburg, GRUR-RR 2011, 148) hat die Beklagte nach Maßgabe der von der Klägerin in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge dazu verurteilt, der Klägerin die Agenturpreislisten für jedes der von ihr verlegten Telefon - und Branchenbücher auszuhändigen, nachdem sie die Beklagte hierzu für die Bücher einer jeden Auflage (nach Erscheinen der Vorauflage ) aufgefordert hat und nachdem die Beklagte mit dem Vertrieb von Anzeigen zum Abdruck in dem jeweiligen von ihr verlegten Telefon- und Branchenbuch begonnen hat, und zwar entweder durch
a) Direktvertrieb oder
b) Vertrieb durch ihre Handelsvertreter oder
c) Vertrieb durch die Werbeagentur T. ; werden von einer Agenturpreisliste mehrere Telefon- und Branchenbücher erfasst, so ist auf den Vertriebsbeginn ... für das erste Verzeichnis aus der gemeinsamen Agenturpreisliste abzustellen.
4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
Die Beklagte sei auf dem jeweiligen Markt für Werbeanzeigen in örtlichen Telefon- und Branchenverzeichnissen marktbeherrschend und deshalb Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB. Die Werbeagentur T. , die mit der Beklagten eine unternehmerische Einheit bilde, und die Handelsvertreter der Beklagten seien zwar mit der Klägerin nicht gleichartig. Gleichartige Unternehmen seien jedoch die Anzeigenkunden, die von der Werbeagentur T. oder den Handelsvertretern akquiriert würden oder Anzeigen direkt bei der Beklagten schalteten. Gegenüber diesen Kunden behindere die Klägerin die Beklagte unbillig , indem sie ihr wesentliche Preisinformationen deutlich später zur Verfügung stelle. Zwar sei auch ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht grund- sätzlich gehindert, sein Absatzsystem so zu gestalten, wie es dies für wirtschaftlich richtig und sinnvoll halte. Eine Umstellung des Vertriebssystems, die zum Abbruch der bestehenden Lieferbeziehungen mit einer Gruppe von Nachfragern führe, könne jedoch unbillig sein, wenn den bisher belieferten Händlern keine angemessene Umstellungsfrist eingeräumt werde. Eine entsprechende Umstellungsfrist für die Klägerin habe die Beklagte nicht in Gang gesetzt. Zudem sei es einem Normadressaten verwehrt, die Lieferbeziehungen zu einer Nachfragergruppe schon während der Umstellungsfrist auf eine Weise zu reduzieren , die nicht den Anforderungen an ein behinderungs- und diskriminierungsfreies Vertriebssystem Rechnung trage.
7
Darüber hinaus behandele die Klägerin die Beklagte gemäß § 20 Abs. 1 2. Altern. GWB durch spätere Übermittlung von Preisinformationen gegenüber denjenigen Kunden ungleich, die ihre Anzeigen direkt bei der Beklagten schalteten oder ihr über Handelsvertreter oder die Werbeagentur T. vermittelt würden. Zwar übermittelte die Beklagte diesen Kunden überhaupt keine Preislisten. Sie erhielten jedoch die für sie jeweils relevanten Preisinformationen, sobald die Beklagte den Direktvertrieb aufnehme. Für die Klägerin seien hingegen nicht nur einzelne, sondern die Preise aller verfügbaren Leistungen, mithin die Agenturpreislisten, relevant, da ihre Kunden potentielle Abnehmer jeder Anzeigenart und -größe seien; diese für sie entscheidenden Preisinformationen erhalte die Klägerin ohne sachlichen Grund später als die übrigen Anzeigenkunden.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 2. Altern. GWB liegt nicht vor. Auch eine unbillige Behinderung (§ 20 Abs. 1 1. Altern. GWB) kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden. Nach den bisherigen Feststellungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass auf der Grundlage der gebotenen umfassenden Interessenabwägung eine unbillige Behinderung mit anderer Begründung anzunehmen ist.
9
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte im Hinblick auf ihre marktbeherrschende Stellung auf dem jeweiligen Markt für Werbeanzeigen in örtlichen Telefon- und Branchenverzeichnissen als Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB angesehen. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. das zwischen den Parteien ergangene Urteil des Senats vom 24. September 2002 - KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051, 1052 - Vorleistungspflicht) und wird von der Revision auch nicht angegriffen.
10
2. Maßgeblicher Geschäftsverkehr ist die Vermittlung von Werbeanzeigen für die Telefonbücher der Beklagten. Dieser Geschäftsverkehr ist mit der Klägerin gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich, da die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nach wie vor Anzeigenaufträge auch noch von anderen, mit ihr nicht verbundenen Werbeagenturen annimmt.
11
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die Klägerin gegenüber gleichartigen Unternehmen aber nicht unterschiedlich behandelt.
12
a) An das Erfordernis der Gleichartigkeit dürfen zwar keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist erfüllt, wenn die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen im Verhältnis zum Normadressaten oder zu Unternehmen auf der Marktgegenseite, die dem Normadressaten vergleichbar sind, im Wesentlichen die gleichen Aufgaben erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2003 - KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203, 1204 - Depotkosmetik im Internet; BGH, WuW/E DE-R 1051, 1053 - Vorleistungspflicht, st. Rspr.).
13
b) Auch bei Anwendung dieses großzügigen Maßstabs sind aber, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, weder die Werbeagentur T. noch die für die Beklagte tätigen Handelsvertreter mit der Klägerin gleichartig.
14
aa) Die Werbeagentur T. ist eine Tochtergesellschaft der Klägerin und bildet mit dieser eine wirtschaftliche Einheit. Sie kann deshalb gegenüber der Klägerin nicht als gleichartiges Unternehmen angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1987 - KZR 6/86, WuW/E BGH 2360, 2365 - Freundschaftswerbung ; Urteil vom 24. September 2002 - KZR 4/01, WuW/E DE-R 1003, 1004 - Kommunaler Schilderprägebetrieb; Urteil vom 24. Oktober 2011 - KZR 7/10, WuW/E DE-R 3446 - Grossistenkündigung).
15
bb) Auch die für die Beklagte tätigen Handelsvertreter, die im Namen und auf Rechnung der Beklagten Anzeigenaufträge vermitteln, sind nicht mit der Klägerin gleichartig, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Anzeigenaufträge für ihre Kunden schaltet. Im Hinblick auf die von ihnen vermittelten Geschäfte sind (typische) Handelsvertreter ein in die Betriebsorganisation ihres Prinzipals eingegliedertes Hilfsorgan. Sie bilden insoweit mit ihm eine wirtschaftliche Einheit (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - C 217/05, Slg. 2006, I-11987 Rn. 40 ff. = WuW/E EuR 1215 - Cepsa; EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - T 325/01, Slg. 2005, II-3319 Rn. 85 f. = WuW/E EuR 933 - DaimlerChrysler; Kirchhoff in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 10 Rn. 13). Da alle Risiken aus dem vermittelten Absatzgeschäft den Geschäftsherrn treffen, entspricht der Vertrieb über Handelsvertreter wirtschaftlich und funktional dem Direktvertrieb über Tochtergesellschaften.
16
c) Das Berufungsgericht hat die Klägerin jedoch als gleichartig mit den Kunden angesehen, die von der Werbeagentur T. oder den Handelsvertretern der Beklagten akquiriert werden oder die direkt bei der Beklagten Anzeigen schalten. Die Klägerin werde ungerechtfertigt ungleich behandelt, indem diesen Kunden die für sie relevanten Preisinformationen früher als der Klägerin zur Verfügung gestellt würden und sie deshalb auch früher als die Klägerin Anzeigen schalten könnten. Dieser Beurteilung kann nicht zugestimmt werden.
17
Die Klägerin begehrt eine frühere Aushändigung der Agenturpreislisten nicht als Vertragspartner der Beklagten für Werbeanzeigen, sondern um ihr als Absatzmittler Anzeigenaufträge zu vermitteln. Die Klägerin hat sich der Beklagten gegenüber also nicht als Anzeigenkunde auf die Ebene des Endkunden begeben , sondern tritt ihr in ihrer Eigenschaft als Werbeagentur gegenüber. Insoweit befindet sich die Klägerin auf derselben Handelsstufe wie die anderen Absatzmittler der Beklagten, so dass diese - und nicht die Endkunden der Beklagten - die relevante Bezugsgruppe bei der Prüfung des Diskriminierungstatbestands bilden (vgl. BGH, WuW/E DE-R 1051, 1052 - Vorleistungspflicht). Für diese Bezugsgruppe gilt indessen, dass die anderen Absatzmittler entweder als zu vergleichende Unternehmen nicht in Betracht kommen, weil sie mit der Beklagten wie ausgeführt eine wirtschaftliche Einheit bilden, oder - wie die übrigen Werbeagenturen - nicht besser behandelt werden als die Klägerin.
18
d) Dass die Klägerin, wenn sie wie ein unmittelbarer Anzeigenkunde der Beklagten eine konkrete Werbeanzeige für einen Kunden bei der Beklagten schalten will, keine Preisauskunft erhält, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt , und von der Revisionsbeklagten wird auch kein diesbezüglicher Vortrag als übergangen gerügt. Soweit das Berufungsgericht auf unterschiedliche Zeitpunkte abstellt, zu denen die Klägerin und Anzeigenendkunden die "für sie relevanten Preisinformationen" erhielten, vergleicht es die insoweit in der Funktion des Absatzmittlers tätige Klägerin mit den Anzeigenkunden der Beklagten, die dieser gegenüber eine andere wirtschaftliche Funktion ausüben. Damit kann keine Ungleichbehandlung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB begründet werden.
19
4. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Klage auch nicht auf eine unbillige Behinderung (§ 20 Abs. 1 1. Altern. GWB) gestützt werden.
20
a) Die Klägerin wird zwar dadurch im Wettbewerb behindert, dass die Beklagte ihr die Agenturpreislisten erst deutlich später zur Verfügung stellt, als der Werbeagentur T. und ihren Handelsvertretern die für diese relevanten Preisinformationen.
21
b) Diese Behinderung ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht schon deshalb unbillig, weil die Beklagte mit dieser Praxis begonnen hat, ohne der Klägerin eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen.
22
aa) Allerdings kann es, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, grundsätzlich eine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB darstellen, wenn ein Normadressat dazu übergeht, seine Waren oder Dienstleistungen ausschließlich im Direktvertrieb abzusetzen, ohne den bisher für ihn tätigen unabhängigen Absatzmittlern eine angemessene Umstellungsfrist zu gewähren (vgl. BGH, WuW/E BGH 2360, 2366 - Freundschaftswerbung; BGH, Urteil vom 21. Februar 1995 - KZR 33/93, WuW/E BGH 2983, 2988 - Kfz-Vertragshändler ). Auch in einem Fall, in dem ein Normadressat die Bezugskonditionen für einen Händler von Presseerzeugnissen auf S- und U-Bahnhöfen deutlich verschlechtert hatte, ohne dies im gesamten Bahnhofsbuchhandel zu tun, ist vom Senat eine Umstellungsfrist für erforderlich gehalten worden (vgl. BGH, WuW/E BGH DE-R 134, 138 - Bahnhofsbuchhandel, zum Übergang von Direktbelieferung auf Bezug beim Großhandel).
23
bb) Im Streitfall ist jedoch bereits fraglich, ob der Klägerin nach diesen Grundsätzen eine Umstellungsfrist vor Änderung der Übersendungspraxis für die Agenturpreislisten einzuräumen war. Feststellungen zu einer Abhängigkeit der Klägerin von der Anzeigenvermittlung für die Beklagte hat das Berufungsgericht nicht getroffen. In den letzten Jahren betrug das Umsatzvolumen der Klägerin mit Anzeigen bei der Beklagten 11.800 €, mit dem ein Erlös in Höhe von 1.770 € erzielt wurde. Außerdem hat die Beklagte die Geschäftsverbindung mit der Klägerin bisher nicht vollständig abgebrochen, sondern nur ihre Bedingungen verschlechtert.
24
cc) Jedenfalls war aber eine etwa erforderliche Umstellungsfrist schon vor dem - für die Begründetheit des von der Klägerin allein geltend gemachten, in die Zukunft gerichteten Leistungsanspruchs maßgeblichen - Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 18. Februar 2010 abgelaufen.
25
Bereits mit Schreiben vom 16. September 2005 hatte die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, nur noch im Rahmen einer Übergangsfrist mit Werbeagenturen zusammenzuarbeiten und daher die inhaltliche Ausgestaltung der Geschäftsbeziehungen "im Sinne einer Nichtmehrzusammenarbeit" herunterzufahren. Zwar war in diesem Schreiben kein Ende der Übergangsfrist genannt. Der Klägerin musste aber klar sein, dass die Beklagte die bisherige Zusammenarbeit nur noch für begrenzte Zeit fortsetzen werde. Unter dem 27. März 2007 ließ die Beklagte der Klägerin mitteilen, dass sie keinen Anspruch darauf habe, "be- züglich des Zeitpunktes der Herausgabe der Agenturpreislisten … mit direkt schaltenden Kunden gleichbehandelt zu werden", und darum bitte, "von Agenturpreislistenanforderungen abzusehen, die früher als zwei Monate - in Hamburg : drei Monate - vor dem Anzeigenannahmeschluss des jeweiligen Telefonbuchs versandt werden". Damit hatte die Beklagte eindeutig erklärt, die von ihr bereits zuvor begonnene und von der Klägerin beanstandete Praxis der späte- ren Versendung der Agenturpreislisten dauerhaft beizubehalten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt begann insoweit auch die - etwa erforderliche - Übergangsfrist zu laufen.
26
Bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. Februar 2010, also fast drei Jahre später, war sie dann jedenfalls lange abgelaufen. Der Senat hat bei Kraftfahrzeugvertragshändlern, die ausschließlich an einen Automobilhersteller gebunden sind, eine Frist von zwölf Monaten für die vollständige Einstellung der Geschäftsverbindung als ausreichend angesehen (BGH, Urteil vom 21. Februar 1995 - KZR 33/93, WuW/E 2983, 2989 - Kfz-Vertragshändler ). Die Einräumung einer längeren Frist war im vorliegenden Fall, in dem die Geschäftsverbindung - wenn auch unter schlechteren Bedingungen - fortgesetzt wird, und eine einem exklusiv gebundenen Kraftfahrzeugvertragshändler vergleichbare Abhängigkeit der Klägerin nicht ersichtlich ist, nicht geboten (vgl. auch BGH, WuW/E BGH DE-R 134, 137 - Bahnhofsbuchhandel).
27
Im Hinblick auf den von der Klägerin ausschließlich verfolgten Leistungsanspruch ist es im Streitfall unerheblich, dass gegen einen Normadressaten Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, wenn er vor Ablauf der angemessenen Übergangsfrist sein Vertriebssystem umstellt.
28
5. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da der Senat nicht in der Sache selbst zu entscheiden vermag. Das Berufungsgericht hat die für die Beurteilung des Behinderungstatbestands des § 20 Abs. 1 GWB erforderliche umfassende Interessenabwägung bisher nicht vorgenommen. Sie kann in der Revisionsinstanz auch nicht nachgeholt werden. Somit ist derzeit nicht auszuschließen , dass sich die Klage im Ergebnis der Interessenabwägung als begründet erweisen könnte.
29
a) Ob eine Behinderung unbillig ist, bestimmt sich aufgrund einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Mai 2007 - KZR 9/06, WuW/E DE-R 1984 Rn. 13 - Autoruf-Genossenschaft, mwN). Ausgangspunkt dieser Abwägung ist bei vertriebsbezogenen Sachverhalten der aus der unternehmerischen Handlungsfreiheit abzuleitende Grundsatz, dass das Behinderungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB den Normadressaten grundsätzlich nicht daran hindert, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Das umfasst das Recht des Normadressaten, seine Waren statt wie bisher über unabhängige Absatzmittler künftig über Tochtergesellschaften zu vertreiben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 17/03, WuW DE-R 1377, 1378 f. - Sparberaterin I).
30
Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich aufgrund besonderer Umstände das Interesse eines Geschäftspartners auf Weiterbelieferung zu angemessenen Konditionen im Einzelfall als vorrangig gegenüber der Vertriebsgestaltungsfreiheit des Normadressaten erweist, so dass eine unbillige Behinderung zu bejahen ist (vgl. BGH, WuW/E DE-R 3446 Rn. 40 - Grossistenkündigung ). Denn die Freiheit des Normadressaten zur Gestaltung seines Absatzsystems besteht nur innerhalb der durch das Kartellrecht gezogenen Grenzen. Sie ist ausgeschlossen, wo sie missbraucht wird oder zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führt, die mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar ist. Je stärker die Stellung des Normadressaten auf dem relevanten Markt und je größer die Abhängigkeit der Marktgegenseite von seinem Angebot ist, desto höhere Anforderungen sind an die Schutzwürdigkeit der von einem marktbeherrschenden oder marktstarken Unternehmen verfolgten Belange zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1999 - KZR 35/97, WuW/E DE-R 357, 359 - Feuerwehrgeräte).
31
b) Nach diesen Grundsätzen tritt die Vertriebsgestaltungsfreiheit zwar regelmäßig nicht schon dann hinter dem Belieferungsinteresse eines Abnehmers zurück, wenn dieser seine Tätigkeit als Absatzmittler für den Normadressaten nicht mehr oder nur noch unter nicht mehr wettbewerbsfähigen Bedingungen ausüben kann. Denn insoweit wird den berechtigten Interessen des Abnehmers gegebenenfalls durch Gewährung einer angemessenen Übergangsfrist ausreichend Rechnung getragen. Anders kann es aber liegen, wenn die vom Normadressaten beabsichtigte Vertriebsumstellung ihm ein Monopol auf einem nachgelagerten Markt verschafft, auf dem bisher von ihm unabhängige Unternehmen aufgrund eigener, erheblicher Wertschöpfung ein eigenes Leistungsergebnis anbieten, für das die bisher vom Normadressaten bezogene Ware oder Dienstleistung Voraussetzung ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Hersteller den gesamten Ersatzteilvertrieb und alle Reparaturleistungen für seine Produkte selbst übernehmen will und deshalb freie Werkstätten nicht (mehr) mit Ersatzteilen beliefert. Eine derartige Vertriebsbeschränkung, die auf die Begründung eines Monopols auch auf dem Markt für Wartungs- und Reparaturleistungen hinausläuft, ist mit der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes unvereinbar (BGH, WuW/E DE-R 357, 359 - Feuerwehrgeräte; vgl. auch BGH, WuW DE-R 1377, 1379 - Sparberaterin I).
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c) Das Berufungsgericht hat, worauf das Bundeskartellamt in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen hat, den Streitfall nur unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass die Klägerin darin behindert werde, entsprechend einem Handelsvertreter Anzeigenaufträge entgegenzunehmen und diese in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bei der Beklagten - gegebenenfalls unter Verwendung von dieser bereitgestellter Formulare - aufzugeben. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich die Tätigkeit der Klägerin hierin erschöpft. Davon kann auch nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn die Anzeigenkunden müssen einen um 15% höheren Preis zahlen, wenn sie ihre Anzeigen bei der Klägerin und nicht direkt bei der Beklagten oder deren Handelsvertretern aufgeben. Es liegt nicht fern anzunehmen, dass Anzeigenkunden zur Zahlung dieses Mehrpreises nur bereit sein werden, wenn sie dafür zusätzliche, eigenständige Leistungen der Klägerin erhalten, etwa eine Beratung zur Anzeigengestaltung, zur Minderung der Anzeigenkosten oder zur Auswahl der geeigneten Werbeträger. Da dem Senat mithin eine umfassende Abwägung der wettbewerblichen Interessen der Parteien nicht möglich ist, bedarf es der Zurückverweisung der Sache.
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6. Das Berufungsgericht wird bei seiner neuen Entscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben:
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a) Gegen die Bestimmtheit des Klageantrags bestehen, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, keine Bedenken. Da die Klägerin am Ende eines Jahres pauschal für alle Branchen- und Telefonverzeichnisse des kommenden Jahres die Preislisten anfordern kann, ist unerheblich, dass es für diese keinen einheitlichen Erscheinungszeitpunkt gibt.
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b) Sollte sich die Tätigkeit der Klägerin nicht auf den typischen Anzeigenvertrieb beschränken, sondern (auch) einem eigenständigen, nachgelagerten Beratungsmarkt zuzuordnen sein, wird insbesondere zu prüfen sein, ob die Klägerin und die anderen unabhängigen Werbeagenturen durch die späte Erhältlichkeit der Agenturpreislisten ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Werbeberatungsmarkt gegenüber der Werbeagentur T. verlieren oder in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zumindest wesentlich beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang wird den Parteien auch Gelegenheit zu geben sein, dazu vorzutragen , ob und gegebenenfalls inwieweit die Werbeagenturen Nachteile, die ihnen aus der späten Übermittlung der Agenturpreisliste erwachsen, in zumutbarer Weise kompensieren können, etwa dadurch, dass sie für von ihren Kunden beabsichtigte konkrete Anzeigen kurzfristig eine Preisauskunft der Beklag- ten erhalten und den Kunden in der Zwischenzeit den Vorjahrespreis zur Orientierung nennen können.
36
Gegebenenfalls wird in diesem Zusammenhang bei der Abwägung auch zu berücksichtigen sein, ob und gegebenenfalls inwieweit die von der Beklagten unabhängigen Werbeagenturen Wettbewerbsnachteile gegenüber T. dadurch ausgleichen können, dass sie - für die Nachfrager erkennbar anders als die Agentur T. - eine Werbeberatung bei der Schaltung von Anzeigen in Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen anbieten, die von geschäftlichen Interessen der Beklagten unabhängig ist und daher einen Anreiz für Anzeigenkunden bilden kann, wegen der hierdurch erzielbaren Einsparungen mit ihrem Auftrag zu warten, bis die Werbeagentur über vollständige Preisinformationen verfügt.
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c) Sollte das Berufungsgericht eine unbillige Behinderung nach § 20 Abs. 1 GWB verneinen, käme auch keine gezielte Behinderung der Klägerin gemäß § 4 Nr. 10 UWG in Betracht. Im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung sind insoweit die gleichen Kriterien wie bei § 20 GWB maßgebend (vgl.
BGH, Urteil vom 14. Juli 1998 - KZR 1/97, WuW/E DE-R 201, 205 - Schilderpräger im Landratsamt; Urteil vom 21. Februar 1989 - KZR 7/88, BGHZ 107, 40, 41 - Krankentransportbestellung; Urteil vom 10. Dezember 1985 - KZR 22/85, BGHZ 337, 346 f. - Abwehrblatt II).
Meier-Beck Strohn Kirchhoff
Bacher Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 15.07.2008 - 407 O 138/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 06.05.2010 - 3 U 140/08 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.