Oberlandesgericht Hamm Urteil, 21. Feb. 2014 - 26 U 3/11
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 10. November 20010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07. August 2008 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin eine außergerichtliche Anwaltsvergütung in Höhe von 1.761,08 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07. August 2008 zu zahlen.
Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten um Schadensersatz aufgrund einer behaupteten tierärztlichen Fehlbehandlung des vom Oldenburger Verband gekörten Hengstes X.
4Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte den Beklagten, der in C eine Pferdeklinik betrieb, mit der Behandlung des Hengstes beauftragt. Wer von den Eheleuten Eigentümer des Pferdes war, ist streitig geworden. Beide sind als Besitzer des Hengstes bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) eingetragen, und zwar der Ehemann im Bereich der Zucht und die Klägerin für den Bereich Sport. Das Pferd befand sich seit 1997 bereits in der Behandlung des Beklagten. Bis zum Jahr 2003 war es zu insgesamt 22 tierärztlichen Konsultationen gekommen. Es wurde als Dressurpferd im Turniersport eingesetzt und hatte eine Ausbildung bis zur Grand Prix –Reife erlangt. Im Jahr 2004 wurden im hinteren Bereich des Fesselgelenks 2 Chips (kleine Knorpel-Knochenfragmente im Gelenk) festgestellt, welche der Beklagte zu entfernen empfahl. Bei einem Chip im hinteren Bereich handelte es sich um eine sog. Birkelandfraktur. Anlässlich der durchgeführten Operation am 07.10.2004 konnten jedoch die Chips nicht entfernt werden, weil der Chip bezüglich der Birkelandfraktur dem Beklagten entglitten war und wegen der Dauer der Narkose auf eine Entfernung des weiteren Chips verzichtet wurde. Aus diesem Grund kam es am 28.10.2004 zu einer erneuten Operation. Da der Hengst nach seiner am 19.11.2004 aus der Tierklinik erfolgten Entlassung lahmte, versorgte der Beklagte eine Krongelenkssubluxation operativ mit einer Platte. Das Pferd ist als Dressurpferd nunmehr unbrauchbar und dauerhaft lahm.
5Mit der Begründung, dass der Beklagte den Hengst ohne ausreichende Indikation und darüber hinaus fehlerhaft operiert, zudem eine ausreichende Aufklärung über die Risiken einer Birkelandfraktur gefehlt habe, hat der verstorbene Ehemann der Klägerin unter Abtretung von Ansprüchen der Klägerin vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von 60.000 € verlangt. Dazu hat er ausgeführt, dass der Hengst lahmfrei gewesen und lediglich im Hinblick auf einen möglichen Verkauf eine Untersuchung durchgeführt worden sei. Es habe Interessenten mit einem Kaufangebot von über 250.000 € gegeben.
6Das Landgericht hat sachverständig beraten durch Prof. Dr. Y die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass Behandlungsfehler nicht festzustellen seien. Die Entfernung der Chips sei zumindest relativ indiziert gewesen, und zwar unabhängig von einer vorhandenen Lahmheit, um das Pferd vor einer späteren Arthrose zu bewahren.
7Soweit bei der Durchführung der Operation ein ungewöhnlicher Zugang gewählt worden sei, sei dies kein Fehler, weil man diese Möglichkeit habe wählen können, um beide Chips gleichzeitig zu entfernen. Im Übrigen sei auch ein Zusammenhang zwischen dieser Vorgehensweise und dem Schadenseintritt nicht feststellbar. Letztlich sei bei den Eingriffen der Bandapparat geschädigt worden, was aber unvermeidlich sei und zu einem schicksalhaften Geschehen geführt habe.
8Die Aufklärung sei auch ausreichend gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um eine Aufklärung im humanmedizinischen Bereich handle. Deswegen müsse auch klägerseits ein Aufklärungsmangel dargelegt und nachgewiesen werden, was aufgrund der vorliegenden Dokumentation und dem unterzeichneten Aufklärungsbogen nicht erfolgt sei.
9Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter Vorlage eines notariellen Testamentes, das sie als Alleinerbin ausweist, den Rechtsstreit fortsetzen will. Dies hält der Beklagte als Nachweis für die Erbenstellung nicht für ausreichend.
10Diesbezüglich beantragt der Beklagte im Wege einer negativen Feststellungsklage, über die vorab entschieden werden soll,
11festzustellen, dass Frau N, *##.##.1954, die im Rechtsstreit 6 O 480/08 LG Bochum = 26 U 3/11 OLG Hamm geltend gemachten Ansprüche des verstorbenen Herrn N2 nicht zustehen.
12Die Klägerin beantragt,
13den Antrag zurückzuweisen.
14Sie macht im Rahmen der Berufung insbesondere eine Verletzung der Aufklärungspflicht geltend. Ihr sei die Entfernung der Chips als minimalinvasiver Routineeingriff mitgeteilt und empfohlen worden. Tatsächlich habe es sich aber wegen der Birkelandfraktur um einen komplizierten Eingriff gehandelt, der auch für einen erfahrenen Operateur nicht unproblematisch sei. Insoweit sei eine Aufklärung nicht erfolgt, insbesondere auch nicht im Hinblick darauf, dass es zu einer Traumatisierung der Gelenkweichteile nebst Bändern kommen könne. Der Beklagte habe offensichtlich gar nicht gesehen, dass es sich um eine solche Fraktur gehandelt habe. Bei derartigen Risiken wäre dem Eingriff nicht zugestimmt worden. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass die Eheleute bei komplizierten Dingen immer noch eine zweite Meinung eingeholt hätten. So seien sie in der Vergangenheit schon nach Utrecht und Bern gefahren, um mit ihren Pferden Spezialisten aufzusuchen. Gerade in solch einem Fall hätte die Frage der Indikation umfassend erörtert werden müssen, weil zum damaligen Zeitpunkt das Pferd nicht lahm gewesen sei. Es habe lediglich auf die Beugeprobe entsprechend reagiert. Das Landgericht habe auch nicht richtig erfasst, dass die Operation von der völlig falschen Seite aus durchgeführt worden sei. Insoweit habe der Beklagte ein erhöhtes Risiko in Kauf genommen.
15Tatsächlich sei auch von einem Behandlungsfehler auszugehen, weil die Ursache der geringgradigen Lahmheit, die bei der Beugeprobe vom Tierarzt festgestellt worden sei, gar nicht ermittelt worden sei. Ohne eine entsprechende Lahmheitsdiagnostik hätte die Operation nicht durchgeführt werden dürfen.
16Auch eine relative Indikation rechtfertige nicht das Risiko einer kompletten Bandzerstörung mit Totalverlust des Tieres.
17Die Klägerin beantragt weiter hilfsweise,
18das Urteil des Landgerichts Bochum abzuändern und
19den Beklagten zu verurteilen, an sie 60.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.07.2008 zu zahlen;
20den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie eine außergerichtliche Anwaltsvergütung in Höhe von 1.761,08 € € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Der Beklagte beantragt weiter hilfsweise,
22die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
23Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, dass der Vortrag des verstorbenen Klägers zur Frage der Aufklärung neu sei und daher nicht berücksichtigt werden könne. Tatsächlich sei die Ehefrau des Klägers diejenige gewesen, die das Tier immer beim Beklagten vorgestellt hätte. Deswegen habe auch der Kläger nicht aufgeklärt werden müssen. Es sei auch überhaupt nicht geklärt, wer Eigentümer des Pferdes sei. Soweit nunmehr behauptet werde, dass dies der verstorbene Ehemann der Klägerin gewesen sei, habe dieser jedoch zunächst aus abgetretenem Recht Ansprüche seiner Frau erhoben. Dementsprechend sei dieser Vortrag, wonach der verstorbene Kläger eigene Ansprüche geltend mache, ebenfalls neu. Insoweit erhebt der Beklagte wegen des neuen Vortrags die Einrede der Verjährung.
24Im Übrigen sprächen mehrere Anhaltspunkte gegen den angenommenen Wert des Pferdes als Turnierpferd und auch als Deckhengst. Das Pferd sei ohnehin nicht gesund gewesen und in ständiger Behandlung des Beklagten und gegen die Verwendung als Deckhengst spräche u.a., dass genetisch bedingte Chips die Verwendung beschränken, wenn nicht sogar ausschließen würden.
25Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
26Der Senat hat den Sachverständigen Prof. Dr. Y erneut angehört sowie den Zeugen H zur Frage der Lahmheit vor dem Eingriff vernommen. Zudem ist die jetzige Klägerin zunächst noch als Zeugin zur Frage des Umfangs der Aufklärung vor dem durchgeführten Eingriff vernommen worden. Außerdem hat der Senat ein Gutachten durch den Dipl.-Ing. F2 zur Frage des Wertes des Hengstes als Sportpferd und als reiner Deckhengst eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke vom 28.02.201, 05.04.2013 sowie 21.02.2014 und die Gutachten des Sachverständigen F2 vom 10.10.2012 nebst ergänzender Stellungnahme vom 25.02.2013 sowie vom 06.08.2013 nebst Ergänzung vom 11.02.2014 verwiesen.
27II.
28Die Berufung ist begründet.
29Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 398 , 1922 BGB zu.
30Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Rechtsnachfolge der Klägerin gemäß §§ 239, 246 ZPO durch das vorliegende notarielle Testament ausreichend nachgewiesen. Ein solches Testament reicht schon im Grundbuchverkehr aus und ersetzt einen Erbschein. Unabhängig davon, dass jeder einzelne Erbe berechtigt ist, einen Prozess aufzunehmen, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern kann diesen Nachweis auch in anderer Form führen ( BGH Urteil vom 8.10.2013 XI ZR 401/12 – Rnr. 24f). Darüber musste auch nicht separat im Rahmen eines Zwischenurteils entschieden werden.
31Die Ansprüche des verstorbenen Klägers waren auch nicht verjährt.
32Unstreitig ist, dass der Verstorbene Vertragspartner des Beklagten war. Sämtliche Rechnungen sind an ihn gegangen und er wurde beim Beklagten auch als Kunde geführt. Vor diesem Hintergrund hat er völlig zu Recht eigene vertragliche Ansprüche geltend gemacht. Unabhängig davon, dass es erstinstanzlich zuletzt unstreitig geblieben ist, dass tatsächlich der verstorbene Ehemann der Klägerin Eigentümer des Hengstes war, so dass dies in der Berufungsinstanz auch nicht mehr streitig gestellt werden kann, wäre es lediglich für den Schadenseintritt auf die Frage des Eigentumsrechtes angekommen. Soweit der verstorbene Kläger selbst Eigentümer war, lief die Abtretung ins Leere und war bedeutungslos. Soweit die jetzige Klägerin Eigentümerin war, hat sie ihrem Mann, der eigene vertragliche Rechte hatte – ähnlich wie bei der Drittschadensliquidation – den eingetretenen Schaden abgetreten. Eine Verjährung bezüglich der vertraglichen Ansprüche war im Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides unter dem 06.08.2008 ersichtlich nicht eingetreten; denn erst mit Ablauf des Jahres 2005, als deutlich wurde, dass der Hengst nunmehr unbrauchbar sein würde, begann frühestens die Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2008.
33Die Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten liegen vor; denn der Beklagte hat zum einen in grob fehlerhafter Weise eine Operation ohne ausreichende Notwendigkeit durchgeführt und zum anderen den verstorbenen Kläger bzw. dessen Ehefrau als seine Vertreterin anlässlich der durchgeführten Behandlungen über die Risiken dieser Operation nicht in der notwendigen Weise aufgeklärt.
34Der Sachverständige Prof. Dr. Y hat aufgrund der schriftlichen Angaben des beim Beklagten damals angestellten Tierarztes Dr. M an den Nachbehandler vom 06.05.2005 – die unverständlicherweise den Krankenunterlagen nicht beilagen und aus denen sich ergab, dass tatsächlich eine Schwellung im Bereich des Fesselgelenks vorlag - darauf verwiesen, dass diese Schwellung auch die Ursache für die positive Beugeprobe gewesen sein kann. Vor diesem Hintergrund, so der Sachverständige, hätte zu diesem Zeitpunkt keinesfalls eine Operation vorgenommen werden dürfen, da zum einen die Ursache der positiven Beugeprobe nicht festgestanden und zum anderen nach den Angaben des Tierarztes Dr. M auch am 14.09.2004 nach einer erheblichen Reduktion der Schwellung keine Lahmheit mehr vorgelegen hat. Das deckt sich mit den Angaben des Zeugen H, der das Pferd regelmäßig geritten hat und unter der Arbeit keine Lahmheit festgestellt haben will, was aber sonst bei einem Pferdewirtschaftsmeister, der Pferde bis zur höchsten Dressurklasse ausbildet, zu erwarten gewesen wäre. Wegen des wirtschaftlichen Wertes des Pferdes und des bestehende Verkaufsinteresses wäre ein Zuwarten mit der riskanten Operation zwingend notwendig gewesen. Dies schon deshalb, weil ein Erfolg der Operation bei einem Risiko von etwa 50% vollkommen offen war. Das Risiko war insbesondere deshalb so hoch, weil der Beklagte einen suboptimalen Zugangsweg zum Entfernen der Birkelandfraktur gewählt hat, der zu einer weiteren Traumatisierung des Bandapparates führte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war dies Verhalten unverständlich und hätte bei einem seiner Mitarbeiter zu einem sehr ernsten Gespräch geführt. Zudem wäre ein Tierarzt im Rahmen einer entsprechenden Prüfung durchgefallen. Vor diesem Hintergrund war die Durchführung der Operation durch den Beklagten zumindest zu diesem Zeitpunkt grob fehlerhaft und hat dazu geführt, dass der Hengst nunmehr als Dressurpferd unbrauchbar ist. Insoweit hat der Sachverständige nämlich ausgeführt, dass seines Erachtens das Trauma des Bandapparates für die spätere Krongelenkssubluxation verantwortlich ist. Dafür spricht bereits der zeitliche Zusammenhang. Eine fehlende Ruhigstellung des Hengstes hat der Sachverständige als Ursache für sehr unwahrscheinlich gehalten, weil dann das andere Bein infolge Überbelastung und nicht das geschonte Bein hätte betroffen sein müssen. Er hat es zudem für durchaus möglich gehalten, den Hengst bei einer optimal durchgeführten Operation, bei der ein Zugangsweg mit geringeren traumatischen Beeinträchtigungen des Bandapparates gewählt worden wäre, wieder in den Zustand zu versetzen, den er vor der Operation hatte.
35Angesichts der aufgrund des groben Fehlers bestehenden Beweislastumkehr für die Kausalität des aufgetretenen Schadens reichen die Ausführungen des Sachverständigen aus, um den Beklagten zum Ersatz des eingetretenen Schadens heranzuziehen; denn er kann nicht nachweisen, dass seine Operation erfolgreich war und der Schaden erst durch das spätere hengsthafte Verhalten des Pferdes eingetreten ist. Dabei geht der Senat davon aus, dass auch im Bereich der Tiermedizin im Falle eines groben Behandlungsfehlers eine Umkehr der Beweislast eintritt (BGH VersR 1977, 546; OLG Hamm, Urteil vom 03.12.2003 3 U 108/02, OLGR 2004, 62 und Beschluss des BGH vom 05.04.2005- VI ZR 23/04).
36Es kommt hinzu, dass der Beklagte auch keine ausreichende Aufklärung durchgeführt hat. Der Vortrag diesbezüglich ist auch nicht neu; denn schon erstinstanzlich hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin die mangelnde Aufklärung gerügt und das Landgericht hätte sich angesichts der Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. Y zu der besonderen Problematik der Birkelandfraktur damit weiter auseinandersetzen müssen. Es ist zwar richtig, dass die von einem Tierarzt zu fordernde Aufklärung nicht mit der Humanmedizin zu vergleichen ist, weil es nicht um das schützenswerte Selbstbestimmungsrecht eines Patienten geht. Es handelt sich aber um eine normale vertragliche Aufklärungs- und Beratungspflicht, wenn die Behandlung des Tieres besonders risikoreich ist, möglicherweise kaum Erfolg verspricht und andererseits hohe finanzielle Interessen eine Rolle spielen. Hier ging es um ein hochwertiges Dressurpferd, das gut ausgebildet war und möglichst gut vermarktet werden sollte. Vor diesem Hintergrund wäre es erforderlich gewesen, darauf hinzuweisen, dass es sich um eine sehr komplizierte Operation mit einem doch ungewissen Ausgang und der Möglichkeit eines Totalverlustes handelte. Dies gilt umso mehr, als das Pferd nach den Angaben des Zeugen H durchgängig geritten wurde und keine besonderen Erkrankungen hatte. Eine solche Aufklärung hat der Beklagte aber nach dem wenig aussagekräftigen Aufklärungsbogen nicht geleistet, insbesondere auch nicht darüber aufgeklärt, dass er einen suboptimalen Zugangsweg wählen würde, der eine zusätzliche Belastung für den Bandapparat darstellte, nur um beide Chips gleichzeitig zu entfernen, was aber auch bei einer sehr kurzen zweiten Operation zur Entfernung des dorsalen Chips möglich gewesen wäre und weniger Risiko bedeutet hätte.
37Angesichts des drohenden Totalverlustes und der lediglich zu 50% bis 60% vorhandenen Chance, die Birkelandfraktur ohne Beschädigung des Bewegungsapparates des Pferdes zu entfernen, ist es durchaus nachvollziehbar, wenn sowohl der verstorbene Kläger als auch die jetzige Klägerin angeben, sich gegen die Durchführung einer solchen Operation entschieden zu haben. In diesem Fall wäre mangels Durchführung der Operation lediglich der Verbleib der Chips als Kaufpreis reduzierendes Element verblieben.
38Der Senat legt die Ausführungen des Sachverständigen F2 für den Wert des Hengstes zugrunde; denn der Sachverständige ist aufgrund seiner Pferdeerfahrung und als langjähriger Vorsitzender des Bereichs Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung und des Rheinischen Stammbuchs bestens geeignet, sich zu den hier interessierenden Fragen zu äußern. Insoweit hat er nachvollziehbar aufgrund der Abstammung des Hengstes, seines Exterieurs und seiner erfolgreichen Ausbildung nebst Turnierlaufbahn zunächst einen Wert von etwa 150.000 € angesetzt und diesen wegen der vorhandenen Chips, die einen Käufer zunächst einmal abschrecken können, auf 75.000 € reduziert. Dieser Wert liegt höher als die Klageforderung, die dementsprechend der Höhe nach berechtigt ist. Dieser Wert war auch nicht im Hinblick auf den weiteren Zustand des Tieres zu reduzieren; denn die regelmäßigen Behandlungen über den jahrelangen Zeitraum hat auch der Sachverständige F2 für ein Turnierpferd nicht für außergewöhnlich gehalten und der Zeuge H hat ausgesagt, dass während der Dauer seines Beritts im Hinblick auf den vom Beklagten behaupteten „Ton“ auch keine Endoskopie durchgeführt worden ist. Zudem kann nach den Angaben des Zeugen H und auch denen des Tierarztes Dr. M in der Information an den Nachbehandler nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Hengst aufgrund einer vor der Operation bestehenden Lahmheit keinen Wert mehr hatte.
39Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB. Ein weitergehender Zinsanspruch ist nicht schlüssig vorgetragen worden.
40Die vorgerichtlichen Kosten sind gemäß §§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. den Vorschriften des RVG berechtigt und gemäß §§ §§ 288,291 BGB zu verzinsen.
41Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
42Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
43Einer Zulassung der Revision bedurfte es nicht, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 21. Feb. 2014 - 26 U 3/11
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Oberlandesgericht Hamm Urteil, 21. Feb. 2014 - 26 U 3/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Im Falle des Todes einer Partei tritt eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein.
(2) Wird die Aufnahme verzögert, so sind auf Antrag des Gegners die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden.
(3) Die Ladung ist mit dem den Antrag enthaltenden Schriftsatz den Rechtsnachfolgern selbst zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt.
(4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termin nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln.
(5) Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet.
(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.
(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Sparkasse verwendet in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: AGB) unter anderem folgende Klausel, in der es auszugsweise heißt: "Nr. 5 Legitimationsurkunden (1) Erbnachweise Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstrecker- zeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird. (2)…. (3)…."
- 2
- Der Kläger ist der Ansicht, die Regelungen in Absatz 1 der Klausel seien unwirksam, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhielten. Mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG begehrt er die Verurteilung der Beklagten , es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Bestimmungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Darüber hinaus verlangt er von der Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 214 € nebst Zinsen.
- 3
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2013, 221 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB enthalte von Rechtsvorschriften abweichende Regelungen und sei daher gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig.
- 7
- Nach deutschem Recht sei der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern könne diesen Nachweis auch in anderer Form erbringen. Eine grundsätzliche Pflicht zur Vorlage des Erbscheins sei nach dem BGB nicht gewollt und führe in vielen Fällen zu einer unerträglichen Belästigung des Erben, zu unnützen Kosten und zur Verzögerung der Nachlassregulierung. Aus den §§ 2366, 2367 BGB folge nichts anderes. Diese Vorschriften regelten nicht, wie der Nachweis des Erbrechts geführt, sondern unter welchen Voraussetzungen mit befreiender Wirkung an die im Erbschein als Erbe bezeichnete Person geleistet werden könne.
- 8
- Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB habe einen davon abweichenden Regelungsinhalt. Nach dem Wortlaut der Klausel könne die Beklagte abweichend von der Gesetzeslage die Vorlage eines Erbscheins unabhängig davon beanspruchen , ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht auch auf andere Art nachgewiesen werden könne. Dafür, dass ein Erbschein nur in bestimmten Fällen und/oder unter bestimmten Voraussetzungen verlangt werden könne, gebe der Wortlaut der Klausel nichts her. Für eine dahingehende Auslegung ergebe sich ebenfalls nichts. Ein durchschnittlicher Bankkunde verstehe die Regelung so, wie es ihr Wortlaut nahelege, nämlich in dem Sinne, dass die Beklagte die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon beanspruchen könne, ob der Nachweis im konkreten Einzelfall auch auf andere Art geführt werden könne. Etwas anderes ergebe sich weder aus noch in der Zusammenschau mit Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB. Dort sei das Absehen von der Vorlage eines Erbscheins gleichfalls nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft.
- 9
- Die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB benachteilige den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
- 10
- Die unangemessene Benachteiligung werde gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB indiziert, denn die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar. Sie räume der Beklagten als Verwenderin unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt zweifelhaft sei oder auch anderweit nachgewiesen werden könne, das Recht ein, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Zudem könne die Beklagte nach dem Inhalt der Klausel die Vorlage eines Erbscheins selbst dann beanspruchen, wenn ein Konto nur ein geringes Guthaben aufweise und die Forderung nach der Vorlage eines Erbscheins daher möglicherweise als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei.
- 11
- Die von der Beklagten zur Rechtfertigung der Klausel angeführten Argumente ließen die Indizwirkung nicht entfallen. Offen bleiben könne, ob und ggf. inwieweit bei der Frage der unangemessenen Benachteiligung auf die Interessen des Erblassers abzustellen sei, obwohl in dem Zeitpunkt, in dem die Klausel eingreife, Vertragspartner des Verwenders bereits der Erbe sei. Jedenfalls habe auch ein Erblasser regelmäßig kein Interesse daran, dass die Beklagte selbst dann, wenn ein anderweitiger Nachweis des Erbrechts unproblematisch möglich sei, auf der Vorlage eines Kosten verursachenden Erbscheins bestehen dürfe. In solchen Fällen sei es allein die Beklagte, die durch Inanspruchnahme der Wirkungen der §§ 2366, 2367 BGB aus der Vorlage des Erbscheins Vorteile ziehe. Zwar sei das hohe Interesse der Beklagten, nicht an einen Nichtberechtigten leisten zu müssen, nicht zu verkennen. Diesem Interesse sei aber nicht durch das in den AGB statuierte uneingeschränkte Wahlrecht Rechnung zu tragen, sondern durch eine differenzierte Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls oder zumindest einzelner typischer Fallgruppen. Die Beklagte werde hierdurch schon deshalb nicht über Gebühr belastet, weil sie sich ohnehin nach Maßgabe des jeweiligen Sachverhalts mit der Frage befassen müsse, ob die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins oder gerade umgekehrt der Verzicht darauf Haftungsfolgen für sie auslöse. Fordere die Beklagte unberechtigterweise die Vorlage eines Erbscheins, könne sie sich Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen. Akzeptiere sie hingegen fahrlässig die in Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB genannten Urkunden, werde sie nicht von ihrer Leistungspflicht frei. In Kenntnis dieses - letztlich jeden Nachlassschuldner betreffenden - Spannungsverhältnisses habe der Gesetzgeber davon abgesehen, dem Erben grundsätzlich den Nachweis seines Erbrechts mittels Erbscheins aufzugeben.
- 12
- Auch aus § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO lasse sich die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Klausel nicht herleiten. Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregelung. Zudem bedürfe es auch danach zum Nachweis des Erbrechts nicht stets der Vorlage eines Erbscheins. Beruhe die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten sei, genüge vielmehr nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO an Stelle des Erbscheins grundsätzlich die Vorlage der Verfügung und der Niederschrift über deren Eröffnung. Nur dann, wenn das Grundbuchamt die Erbfolge hierdurch nicht für nachgewiesen erachte, könne es gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins verlangen. An das Vorliegen dieser Voraussetzungen seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Einen Erbschein dürfe das Grundbuchamt nur dann fordern , wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergäben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden könnten, zu denen das Grundbuchamt nicht befugt sei.
- 13
- Zwar stehe außer Frage, dass auch die Beklagte jedenfalls bei Vorliegen konkreter Zweifel an dem behaupteten Erbrecht Leistungen von der Vorlage eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig machen könne. Den AGB lasse sich aber nach dem maßgeblichen Verständnis eines Durchschnittskunden eine Beschränkung auf solche Zweifelsfälle nicht entnehmen. Die Regelung enthalte auch keine § 35 Abs. 3 GBO vergleichbare Einschränkung.
- 14
- Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB der Beklagten sei ebenfalls kontrollfähig. Auch nach dieser Regelung entscheide die Beklagte darüber, ob sie unter den in der Klausel aufgeführten Voraussetzungen auf die Vorlage eines Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichte und das Erbrecht als nachgewiesen erachte.
- 15
- Die Bestimmung benachteilige den Vertragspartner des Verwenders ebenfalls entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB konkretisiere ebenso wenig wie Satz 1, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte auf die Vorlage eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten könne. Nach dem maßgeblichen Verständnis eines Durchschnittskunden sei die Beklagte völlig frei darin, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungen von Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 ihrer AGB auf die Vorlage des Erbscheins verzichte oder nicht. Die unangemessene Benachteiligung ergebe sich entgegen der Ansicht des OLG Celle (NJW 1998, 82, 83) daraus, dass die Beklagte selbst dann in ihrer Entscheidung über den Verzicht auf die Vorlage eines Erbscheins frei sei, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruhe, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten sei, und der wahre Erbe die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorlege. Wenn aber selbst im besonders sensiblen Bereich der Grundbucheintragungen der Nachweis regelmäßig in dieser Form geführt werden könne, bestehe kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten, auch bei Vorliegen der in § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO aufgeführten Voraussetzungen in Kosten verursachender Weise die Vorlage eines Erbscheins verlangen zu können. An einer solchen Vorgehensweise hätten weder der Erblasser noch der wahre Erbe ein Interesse, sondern wiederum allenfalls die Beklagte selbst.
- 16
- Die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der AGB erscheine für sich betrachtet zwar unbedenklich, habe aber ohne die Regelungen in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 sowie in Satz 2 keine eigenständige Bedeutung und sei daher von der Unterlassungspflicht nicht auszunehmen.
II.
- 17
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
- 18
- 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der ange- griffenen - ihrem Inhalt nach wechselbezüglichen und deshalb als Einheit zu verstehenden - Regelungen in Nr. 5 Abs. 1 der AGB.
- 19
- a) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die streitigen Bestimmungen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegen.
- 20
- aa) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dabei sind unter Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn zu verstehen. Die Norm gestattet vielmehr - insbesondere beim Fehlen dispositivgesetzlicher Normen - eine Inhaltskontrolle auch solcher AGB-Klauseln, die vertragsnatürliche wesentliche Rechte und Pflichten zum Nachteil des Vertragspartners einschränken oder sonst gegen allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze verstossen (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 1983 - VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206, 211, vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358, 362 f. und vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 18). Hierzu gehören auch alle ungeschriebenen Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 18).
- 21
- bb) Ob eine Klausel danach kontrollfähig oder kontrollfrei ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15 zur Unterscheidung zwischen Preisabreden und Preisnebenabreden). Das vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Klauselverständnis unterliegt dabei nach § 545 Abs. 1 ZPO in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung uneingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15 mwN).
- 22
- (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben dabei solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 16 mwN).
- 23
- (2) Nach diesen Grundsätzen stellen die beanstandeten Regelungen kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften dar.
- 24
- (a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern kann diesen Nachweis auch in anderer Form führen. Es existiert keine Regelung, die den Nachlassschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 27. Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481, vom 10. Dezember 2004 - V ZR 120/04, NJW-RR 2005, 599, 600 und vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433 unter Hinweis auf RGZ 54, 343, 344; vgl. auch RG, JW 1910, 802 und RGZ 100, 279, 282 sowie BGH, Urteil vom 7. November 1966 - III ZR 48/66, WM 1967, 25, 27 jeweils zum Testamentsvollstrecker).
- 25
- (b) Abweichend hiervon kann die Beklagte nach dem Wortlaut von Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon verlangen, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht auch auf andere - einfachere und/oder kostengünstigere - Art nachgewiesen werden könnte. Das der Beklagten in Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB eingeräumte Recht, auf die Vorlegung eines Erbscheins zu verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt werden, besteht nach dem Empfängerhorizont eines rechtlich nicht vorgebildeten, durchschnittlichen Bankkunden ebenfalls unbeschränkt. Die Bestimmung gibt nicht vor, in welchen Fällen oder unter welchen Voraussetzungen die Sparkasse zum Nachweis des Erbrechts des Kunden keinen Erbschein verlangen kann. Vielmehr räumt sie der Beklagten abweichend von der Gesetzeslage das Recht ein, im Zweifel stets die Vorlage eines Erbscheins zu fordern.
- 26
- (c) Dem kann die Revision (ebenso Harter, BKR 2013, 306, 307) nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Passus "zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung" in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB stelle einschränkend klar, dass lediglich Zweifelsfälle der Verfügungsberechtigung erfasst seien, sodass dort, wo die Erbfolge eindeutig sei, nach der Klausel von vorneherein kein Erbschein verlangt werden könne. Zwar mag dem Begriff der "Klärung" als solchem zu entnehmen sein, dass es um die Beseitigung von Unklarheiten, Ungewissheiten oder Zweifeln geht. Damit ist aber im hier streitigen Regelungszusammenhang nicht mehr als der bloße Anlass umschrieben, mit dem die Sparkasse ihr Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins begründet. Die Entscheidung hingegen, wann die Berechtigung des Erben "klärungsbedürftig" ist, steht wiederum im Ermessen der Beklagten. Eine Einschränkung ihres umfassenden und insoweit von der Gesetzeslage abweichenden Rechts, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen, ist mit der betreffenden Formulierung daher nicht verbunden.
- 27
- (d) Soweit die Revision ferner unter Hinweis auf einzelne Stimmen in der Literatur (Litzenburger in BeckOK-BGB, Stand 1. Mai 2013, § 2232 Rn. 24; anders nunmehr ders. in FD-ErbR 2012, 339358) meint, die streitige Klausel sei wegen der Verwendung des Wortes "kann" in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 der AGB einschränkend dahin auszulegen, dass der Sparkasse ein Spielraum zustehe , den sie - dem Rechtsgedanken des § 315 BGB folgend - nur nach billigem Ermessen ausüben dürfe, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt werden.
- 28
- Ob den angefochtenen Regelungen die Einräumung eines Bestimmungsrechts nach § 315 BGB überhaupt hinreichend eindeutig zu entnehmen ist, bedarf letztlich keiner Entscheidung. Selbst bei Einräumung einer solchen Rechtsposition und unter Zugrundelegung des Entscheidungsmaßstabs des "billigen Ermessens" ließe sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke jedenfalls nicht als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs der Klausel heranziehen. Denn der weite Spielraum der Billigkeit genügt nicht den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu stellenden Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 - VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206, 213 mwN). Insbesondere fehlte es danach an der notwendigen Festlegung der Voraussetzungen und des Umfangs des einseitigen Bestimmungsrechts (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79, NJW 1980, 2518, 2519 zu einer Preiserhöhungsklausel, vom 26. November 1984 - VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29, 34 zum Leistungsbestimmungs- und -änderungsrecht, vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651, 652 zum Entgeltbestimmungsvorbehalt und vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 61 zur Marktpreisanpassung; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21, 26).
- 29
- (e) Im Ergebnis nichts anderes gilt, soweit die Revision zur Einschränkung der Klausel die Vorschrift des § 242 BGB bemüht. Der allgemeine Um- stand, dass jegliches Verhalten sich an den Geboten von Treu und Glauben messen lassen muss, führt nicht dazu, eine - wie hier - von der Gesetzeslage abweichende Klausel von vorneherein der Inhaltskontrolle zu entziehen.
- 30
- b) Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halten die angegriffenen Regelungen in Nr. 5 Abs. 1 der AGB nicht stand. Das uneingeschränkte Recht der Beklagten, zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins zu verlangen (Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB) bzw. in bestimmten Situationen darauf zu verzichten (Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB) ist vielmehr, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB; ebenso Esskandari/Bick, ErbStB 2013, 43, 44; Litzenburger, FDErbR 2012, 339358; Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 4.13; Roth, NJW-Spezial 2012, 744; Toussaint, EWiR 2013, 225, 226; wohl auch Bartsch, jurisPR-BKR 2/2013 Anm. 4; Starke, NJW 2005, 3184, 3186 f.).
- 31
- aa) Allerdings sind Rechtsprechung (OLG Celle, NJW 1998, 82, 83 f. zu Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen; OLG Saarbrücken, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 8 U 345/11, unveröff.; AG Mannheim WM 2007, 2240, 2242) und Schrifttum (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., Rn. 139, 550; ders. in Schimansky /Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 10 Rn. 1, 4; Casper in Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 31; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., Teil 4, (2) Banken Rn. 19 f.; Grundmann in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. Rn. I262; Lange/Werkmüller, Der Erbfall in der Bankpraxis, § 12 Rn. 11; Ott-Eulberg in Ott-Eulberg/Schebesta/Bartsch, Erbrecht und Banken, 2. Aufl., § 2 Rn. 12 ff.; Rotter/Placzek, Bankrecht, § 18 Rn. 9; Schebesta, WuB I B 1. - 2.08; Schwintowski, Bankrecht, 3. Aufl., § 2 Rn. 39; Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2353 Rn. 22; MünchKommBGB/ Mayer, 5. Aufl., § 2353 Rn. 171; Schröder/Mayer, NJW 2006, 3252, 3253 f.; Kröger, WM 1977, 379, 380 zu Nr. 24 Satz 1 AGB-Banken aF; Schebesta/ Kalkbrenner, Bankprobleme beim Tod eines Kunden, 14. Aufl., Rn. 590a zu Nr. 5 der AGB der Volksbanken und Raiffeisenbanken) bislang durchweg von der Wirksamkeit der streitbefangenen Regelungen ausgegangen bzw. haben diese zumindest nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Dieser Schluss wird dabei teilweise auf die - nach den Ausführungen oben unter II. 1. a) bb) (2) (d) freilich unbehelfliche - Annahme gestützt, die Sparkasse habe eine nach § 315 BGB gebundene Entscheidung zu treffen (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., AGB-Banken § 5 Rn. 1; Gahle, ZEV 2009, 305; Keim, WM 2006, 753, 755; ders. ZErb 2006, 31, 32; Mischke/Nouvertné, ZErb 2005, 234, 235, 239; Peterek in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 6.211; Lange in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 2353 Rn. 3; Litzenburger in BeckOK-BGB, Stand 1. Mai 2013, § 2232 Rn. 24; ähnlich PWW/Deppenkemper, BGB, 8. Aufl., § 2353 Rn. 9).
- 32
- bb) Die Auffassung, die angegriffenen Bestimmungen seien wirksam, geht indes fehl.
- 33
- (1) Anders als die Revision meint, hat der erkennende Senat die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Regelungen nicht schon "implizit" in seinem Urteil vom 7. Juni 2005 (XI ZR 311/04, WM 2005, 1432) bejaht. Mit den dort unter II. 1. b) bb) erwähnten "Sonderregelungen" waren lediglich die im vorangehenden Absatz genannten Vorschriften (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO, § 41 Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung, § 86 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen ) gemeint, nicht aber die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken oder Sparkassen, die im damaligen Fall ohnehin nicht Vertragsinhalt geworden und schon deshalb nicht Gegenstand der AGB-rechtlichen Prüfung waren. Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Februar 1961 (II ZR 196/59, WM 1961, 479) kann die Revision nichts für sich Günstiges ableiten. Soweit darin ausgesprochen worden ist, im Rahmen eines Vertragsverhältnisses könne durch Vereinbarung der Nachweis des Erbrechts in bestimmter Form vorgesehen werden (WM 1961, 479, 481), besagt dies nichts für die Frage der Wirksamkeit einer gerade in Allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegten Nachweisregelung.
- 34
- (2) Nr. 5 Abs. 1 der AGB weicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- 35
- (a) Wie im Zusammenhang mit der Kontrollfähigkeit der Klausel bereits ausgeführt (oben II. 1. a) bb) (2)) gewährt diese der Beklagten generell und unabhängig davon, ob im Einzelfall das Erbrecht zweifelhaft ist oder durch andere Dokumente einfacher und/oder kostengünstiger nachgewiesen werden kann, das Recht, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge ist jedoch auch den berechtigten Interessen der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen (Senatsurteil vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433).
- 36
- (b) Entgegen der Ansicht der Revision streitet auch die Sonderregelung des § 35 Abs. 1 GBO (vgl. schon RG, JW 1910, 802) nicht für die Wirksamkeit der Klausel. Richtig ist vielmehr das Gegenteil.
- 37
- (aa) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann zwar der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt in der Regel nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen , die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung vorgelegt werden. Nur wenn das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen erachtet , kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO). Das Grundbuchamt hat demnach bei Vorliegen etwa eines - eröffneten - öffentlichen Testaments (§ 2232 BGB) grundsätzlich hierauf zu vertrauen und darf lediglich dann einen Erbschein verlangen, wenn sich bei der Prüfung der letztwilligen Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts begründete (konkrete) Zweifel ergeben, die nur durch weitere, allein dem Nachlassgericht mögliche Ermittlungen über den tatsächlichen Willen des Erblassers oder über sonstige tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können (vgl. OLG Köln, ZEV 2000, 232, 233; BayObLG, ZEV 2000, 233, 234; OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, 380, 381; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 788 jeweils mwN). Dem liegt zugrunde, dass beim öffentlichen - anders als beim eigenhändigen (§ 2247 BGB) - Testament vor der Beurkundung vom Notar die Identität und Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt (§§ 10, 11, 28 BeurkG), dessen letzter Wille erforscht und dieser klar und unzweideutig wiedergegeben wird (§ 17 BeurkG), was zu einem gesteigerten Beweiswert führt (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2232 Rn. 9).
- 38
- (bb) Abweichend hiervon gestattet Nr. 5 Abs. 1 der AGB der Beklagten, selbst bei Vorliegen eines öffentlichen Testaments und Fehlen jeglicher Zweifel an der Erbfolge, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Satz 2 der Re- gelung, wonach die Sparkasse auf die Vorlegung eines Erbscheins verzichten kann, differenziert ebenfalls nicht danach, welche Art von Testament errichtet wurde, sondern stellt die Entscheidung über die Art des verlangten Nachweises generell in das Ermessen des Instituts. Die Klausel knüpft damit - obwohl ein eröffnetes öffentliches Testament in der Regel als ausreichender Nachweis für die Rechtsnachfolge anzusehen ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433) - sogar höhere Anforderungen an den Erbfolgenachweis, als sie im ohnehin sensiblen Bereich des Grundbuchrechts von Gesetzes wegen bestehen (so auch Nobbe, WuB IV C. § 307 BGB 4.13). Eine schon im Wortlaut in keiner Weise zum Ausdruck kommende Beschränkung auf (Zweifels-)Fälle, in denen auch ein Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins verlangen könnte, kommt zudem vor dem Hintergrund des Gebots der kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 - XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761 f. und vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 31 jeweils mwN) nicht in Betracht (so aber MünchKommBGB/Hagena, 5. Aufl., § 2231 Rn. 21; MünchKommBGB /Mayer, 5. Aufl., § 2353 Rn. 171 und Starke, NJW 2005, 3184, 3186 f.).
- 39
- cc) Die unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird durch den Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken der Rechtsordnung indiziert (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 145/12, juris Rn. 56 mwN; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR 2005, 62, 69). Gründe, die die Klausel nach Treu und Glauben gleichwohl als angemessen erscheinen lassen (dazu BGH, Urteile vom 20. Juni 1984 - VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914, 916 und vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 19), liegen entgegen der Ansicht der Revision nicht vor.
- 40
- (1) Der Senat verkennt nicht, dass eine Sparkasse nach dem Tod eines Kunden ein berechtigtes Interesse daran hat, in den Genuss der Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen und so der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme zu entgehen. Allerdings folgt aus dieser Wirkung noch nicht, dass die Sparkasse einschränkungslos die Vorlegung eines Erbscheins verlangen kann (vgl. schon RG, JW 1910, 802 sowie BGH, Urteile vom 27. Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481 und vom 7. November 1966 - III ZR 48/66, WM 1967, 25, 27 zum Testamentsvollstreckerzeugnis). Ein solches , nicht auf Zweifelsfälle - in denen die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins berechtigt sein kann (Senatsurteil vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433) - beschränktes Recht wird der Beklagten aber durch Nr. 5 Abs. 1 AGB eingeräumt. Daran, auch in klaren Erbfolgefällen allein zur Erlangung des Gutglaubensschutzes der §§ 2366, 2367 BGB stets auf einem Erbschein bestehen und damit öffentliche Urkunden leichter als z.B. das Grundbuchamt zurückweisen zu können, hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - kein schutzwürdiges Interesse.
- 41
- (2) Im Gegenteil sind die Interessen des (wahren) Erben, der im Wege der Universalsukzession (§ 1922 BGB) in die Stellung des Erblassers als Vertragspartner der Sparkasse eingerückt ist und auf dessen mögliche Benachteiligung es daher - anders als die Revision meint - bei der anzustellenden Interessenabwägung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295, 297; Keim, WM 2006, 753, 755; Mischke/Nouvertné, ZErb 2005, 234, 238; aA OLG Celle, NJW 1998, 82, 84; Buntein Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 10 Rn. 4) vorrangig. Ihm ist regelmäßig nicht daran gelegen, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachweisen kann, das unnütze Kosten verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen (vgl. dazu schon RGZ 54, 343, 344). Ebenso wenig kann er im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung auf die Möglichkeit verwiesen werden, von ihm zunächst - zu Unrecht - verauslagte Kosten später im Wege des Schadensersatzes , ggf. sogar nur unter Beschreitung des Klageweges (vgl. hierzu LG Lüneburg , ZEV 2009, 303; LG Berlin BeckRS 2010, 06534) von der Sparkasse erstattet zu verlangen.
- 42
- 2. Soweit die Beklagte nach Nr. 5 Abs. 1 der AGB berechtigt ist, die Vorlegung "eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse" zu verlangen, gelten die vorstehenden, an den Erbschein anknüpfenden Ausführungen entsprechend. Kein Anlass besteht ferner, die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der AGB, die das Berufungsgericht für - isoliert betrachtet - unbedenklich erachtet hat, von der Unterlassungspflicht auszunehmen. Mit Recht und insoweit auch von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dieser (Teil-)Bestimmung keine eigenständige Bedeutung zukommt.
- 43
- 3. Soweit dem Kläger in den Vorinstanzen die von ihm geltend gemachten Abmahnkosten zugesprochen worden sind, die ihre Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG finden und in der zuerkannten Höhe von 214 € zwischen den Parteien außer Streit stehen, erhebt die Revision keine gesonderte Rüge. Diesbezügliche Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 17.02.2012 - 25 O 650/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 01.10.2012 - I-31 U 55/12 -
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.