Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16

ECLI:ECLI:DE:OLGHAM:2016:0621.28W14.16.00
bei uns veröffentlicht am21.06.2016

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 09.03.2016 aufgehoben.

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage ratenfrei Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S aus N bewilligt.


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Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 434 Sachmangel


(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. (2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wen
Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16 zitiert 7 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 434 Sachmangel


(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. (2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 439 Nacherfüllung


(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. (2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-,

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2011 - VIII ZR 70/08

bei uns veröffentlicht am 21.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 70/08 Verkündet am: 21. Dezember 2011 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BG

Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 12. Mai 2016 - 8 O 208/15

bei uns veröffentlicht am 12.05.2016

Diese Entscheidung zitiert Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 4.
11 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 21. Juni 2016 - 28 W 14/16.

Landgericht Würzburg Endurteil, 23. Feb. 2018 - 71 O 862/16

bei uns veröffentlicht am 23.02.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28.769,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 06.06.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs VW Tiguan Sport,

Landgericht Amberg Endurteil, 13. Apr. 2017 - 21 O 550/16

bei uns veröffentlicht am 13.04.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vol

Landgericht Bamberg Endurteil, 16. Jan. 2017 - 2 O 243/16

bei uns veröffentlicht am 16.01.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Landgericht Bamberg Endurteil, 22. Mai 2017 - 2 O 623/16

bei uns veröffentlicht am 22.05.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

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(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 70/08 Verkündet am:
21. Dezember 2011
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort genannte
Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" auch den Ausbau und
den Abtransport der mangelhaften Kaufsache erfasst (im Anschluss an EuGH, Urteil
vom 16. Juni 2011 - Rechtssachen C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 - Gebr.
Weber GmbH/Jürgen Wittmer und Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH).

b) Das in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB dem Verkäufer eingeräumte Recht, die einzig mögliche
Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, ist
mit Art. 3 der Richtlinie nicht vereinbar (EuGH, aaO). Die hierdurch auftretende Regelungslücke
ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung durch eine teleologische Reduktion
des § 439 Abs. 3 BGB für Fälle des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 Satz 1
BGB) zu schließen. Die Vorschrift ist beim Verbrauchsgüterkauf einschränkend dahingehend
anzuwenden, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn
nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung
zu Recht verweigert.

c) In diesen Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers, die Nacherfüllung in Gestalt
der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das
Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus
der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen
Betrags zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert
der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichti-
gen. Zugleich ist zu gewährleisten, dass durch die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung
des Verkäufers das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten
nicht ausgehöhlt wird.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen, soweit die Beklagte erstinstanzlich zur Zahlung von 273,10 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Im Übrigen wird auf die Revision der Beklagten das vorgenannte Urteil des Oberlandesgerichts im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 326,90 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Insoweit wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 24. November 2006 zurückgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Die Kosten der ersten beiden Rechtszüge haben der Kläger zu 74 % und die Beklagte zu 26 % zu tragen. Von den Kostendes Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union tragen der Kläger 72 % und die Beklagte 28 %. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger kaufte bei der Beklagten, die einen Baustoffhandel betreibt, am 24. Januar 2005 45,36 m2 polierte Bodenfliesen eines italienischen Herstel- lers zum Preis von 1.191,61 € ohne und 1.382,27 € mit 16 % Mehrwertsteuer. Er ließ rund 33 m2 der Fliesen im Flur, im Bad, in der Küche und auf dem Treppenpodest seines Hauses verlegen. Danach zeigten sich auf der Oberfläche Schattierungen, die mit bloßem Auge zu erkennen sind. Der Kläger erhob deswegen Mängelrüge, die die Beklagte nach Rücksprache mit dem Hersteller am 26. Juli 2005 zurückwies. In einem vom Kläger eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass es sich bei den bemängelten Schattierungen um feine Mikroschleifspuren handele, die nicht beseitigt werden könnten, so dass Abhilfe nur durch einen kompletten Austausch der Fliesen möglich sei. Die Kosten dafür bezifferte der Sachverständige mit 5.026,35 € ohne und 5.830,57 € einschließlich 16 % Mehrwertsteuer.
2
Nach vergeblicher Leistungsaufforderung mit Fristsetzung hat der Kläger die Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Lieferung mangelfreier Flie- sen und auf Zahlung von 5.830,57 € (Ein- und Ausbaukosten) nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte aus dem - vom Kläger nicht geltend gemachten - Gesichtspunkt der Minderung zur Zahlung von 273,10 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zur Lieferung von 45,36 m2 mangel- freier Fliesen und zur Zahlung von 2.122,37 € nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 2.122,37 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat, soweit sie zulässig ist, überwiegend Erfolg.

A.

4
Das Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, OLGR 2008, 325 ff. = ZGS 2008, 315 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Lieferung mangelfreier Fliesen aus § 434, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Fall 2 BGB. Die ihm von der Beklagten verkauften und gelieferten Fliesen seien mangelhaft (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen wiesen sie einen herstellungsbedingten Polierfehler auf, der - wie sich im Rahmen eines Augenscheins bestätigt habe - in der Fläche betrachtet insbesondere bei Tageslichteinfall störende und sofort ins Auge springende Schlierstreifen hervorrufe. Eine Beseitigung dieses Mangels (§ 439 Abs. 1 Fall 1 BGB) sei technisch nicht möglich. Die von der Beklagten gemäß § 439 Abs. 3 BGB erhobene Einrede, dass die vom Kläger verlangte Lieferung mangelfreier Fliesen unverhältnismäßige Kosten verursache, sei unbegründet. Bei der Frage, ob die allein in Betracht kommende Nacherfüllung durch Lieferung mangelfreier Fliesen wegen absoluter Unverhältnismäßigkeit (§ 439 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB) verweigert werden dürfe, sei das Interesse des Klägers an der Durchführung der Nacherfüllung gegen das Interesse der Beklagten abzuwägen, nicht mit den dafür anfallenden Kosten belastet zu werden. Dabei seien zwar nicht die für den Einbau neuer Fliesen anfallenden Kosten zu berücksichtigen, wohl aber der für ihre Lieferung (rund 1.200 € einschließlich Transport) und für die Beseitigung der mangelhaften Fliesen - also deren Ausbau und Entsorgung - entstehende Kostenaufwand (rund 2.100 €). Dies ergebe sich aus der gebotenen Auslegung des § 439 Abs. 1 Fall 2 BGB.
6
Allerdings spreche der Wortlaut dieser Bestimmung, wonach die "Lieferung einer mangelfreien Sache" geschuldet sei, dagegen, Aus- oder Einbaukosten zu den vom Verkäufer zu tragenden Nacherfüllungskosten zu zählen. Auch erscheine es zunächst fernliegend anzunehmen, dass der Nacherfüllungsanspruch als modifizierter Erfüllungsanspruch dem Verkäufer zusätzlich zu dessen ursprünglichen kaufvertraglichen Pflichten zur Übereignung und Übergabe der Kaufsache bisher nicht geschuldete Handlungspflichten auferlege. Andererseits sei aber aus der Pflicht des Verkäufers, dem Käufer Eigentum und Besitz - nur - an der mangelfreien Kaufsache zu verschaffen, im Umkehrschluss zu folgern, dass der Käufer nicht verpflichtet sei, sowohl die geschuldete mangelfreie als auch die gelieferte mangelhafte Sache zu behalten. Daraus ergebe sich eine vertragliche Verpflichtung des Verkäufers, die mangelhafte Sache zurückzunehmen. Wenn die mangelhafte Sache - wie hier - vom Käufer zweckentsprechend eingebaut worden sei, erstrecke sich diese Verpflichtung - und damit auch die Nacherfüllung - auf den der Rücknahme notwendigerweise vorgelagerten Ausbau der Kaufsache.
7
Den Gesetzesmaterialien lasse sich zudem entnehmen, dass § 439 BGB der Umsetzung von Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter diene. Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung sei zu beachten, dass in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie nicht wie in § 439 Abs. 1 BGB von "Nacherfüllung", sondern von "Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes" die Rede sei und dass die Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" mit den Worten "Ersatzlieferung nach Maßgabe des Absatzes 3" um- schrieben sei. Danach treffe den Verkäufer mehr als nur die Pflicht zur Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Kaufsache. Vielmehr schulde er die "Herstellung" eines vertragsgemäßen "Zustands". Dieser sei dadurch gekennzeichnet , dass die Kaufsache inzwischen bestimmungsgemäß verarbeitet worden sei. Auch der Begriff "Ersatzlieferung" spreche dafür, dass der Verkäufer mehr schulde als nur "Lieferung". Wer eine Sache "ersetze", müsse nicht nur die neue Sache übergeben, sondern auch die alte wegnehmen, weil er sonst "hinzusetze". Für ein über die bloße Lieferung hinausgehendes Verständnis des Begriffs "Ersatzlieferung" spreche auch Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie, wonach die Ersatzlieferung "ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher" erfolgen müsse, wobei "die Art des Verbrauchsgutes sowie der Zweck, für den der Verbraucher das Verbrauchsgut benötigte", zu berücksichtigen seien.
8
Im Rahmen der Abwägung des Interesses des Klägers an der Durchführung der Nacherfüllung mit dem gegenläufigen Interesse der Beklagten daran, nicht mit unverhältnismäßig hohen Nacherfüllungskosten belastet zu werden, könne angesichts des Umstandes, dass die Beeinträchtigung durch die fehlerhaften Fliesen erheblich sei und die Nacherfüllung neben der Lieferung mangelfreier Fliesen nach der nicht angegriffenen Berechnung des gerichtlichen Sachverständigen Ausbaukosten von 2.122,37 € einschließlich 19 % Mehrwertsteuer verursache, nicht festgestellt werden, dass die Nacherfüllung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre.
9
Aus dem Vorstehenden folge, dass der Kläger nicht nur Lieferung mangelfreier Fliesen verlangen könne, sondern gegen die Beklagte auch einen An- spruch auf Zahlung von 2.122,37 € habe. Zwar sehe § 439 Abs. 1 und 2 BGB selbst keinen Zahlungsanspruch vor, sondern verpflichte den Verkäufer nur zur Durchführung der Nacherfüllung auf eigene Kosten. Der Zahlungsanspruch fol- ge jedoch aus § 434, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 3, § 281 Abs. 1 und 2 BGB. Indem die Beklagte vorgerichtlich jegliche Ansprüche des Klägers zurückgewiesen habe, habe sie ihre Pflicht zur Nacherfüllung schuldhaft verletzt (§ 281 Abs. 1 BGB) und die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 281 Abs. 2 BGB), so dass es einer Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht bedurft habe.
10
Weitergehende Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Lieferung mangelhafter Fliesen (§ 434, § 437 Nr. 3, § 440, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB) stünden dem Kläger mangels Verschuldens der Beklagten nicht zu.

B.

11
Diese Beurteilung hält - soweit die Revision eröffnet ist - rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

I.

12
Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 273,10 € nebst Zinsen richtet. In dieser Höhe ist die Beklagte durch das Berufungsurteil nicht beschwert, da sie bereits in erster Instanz zur Zahlung von 273,10 € nebst Zinsen verurteilt worden ist und dagegen keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat.

II.

13
Soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 273,10 € (nebst Zinsen), nämlich von weiteren 1.849,27 € (nebst Zinsen) verurteilt worden ist, ist die - zulässige - Revision überwiegend begründet.
14
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Kläger im Rahmen der von ihm begehrten Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) von der beklagten Verkäuferin grundsätzlich auch verlangen kann, dass diese die mangelhaften Fliesen ausbaut und entsorgt. Ebenfalls zu Recht hat es der Beklagten verwehrt, die Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Halbsatz 2 BGB wegen Unverhältnismäßigkeit der durch den Ausbau der mangelhaften Fliesen entstehenden Kosten zu verweigern. Verkannt hat das Berufungsgericht jedoch, dass der Nacherfüllungsanspruch des Klägers bezüglich des Ausbaus der vertragswidrigen Kaufsache aufgrund der gebotenen europarechtskonformen Rechtsfortbildung des § 439 Abs. 3 BGB auf eine Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages beschränkt ist.
15
2. Die Reichweite der den Verkäufer bei der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 BGB treffenden Pflichten ist - ebenso wie die der dem Verkäufer nach § 439 Abs. 3 BGB zustehenden Einrede der Unverhältnismäßigkeit - im Einklang mit dem Inhalt des Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12; im Folgenden: Richtlinie), deren Umsetzung die genannten nationalen Vorschriften dienen (BT-Drucks. 14/6040, S. 230, 232), zu bestimmen.
16
a) Der Senat hat daher mit seinem Beschluss vom 14. Januar 2009 (VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 ff.) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union, im Folgenden: Gerichtshof ) folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG (jetzt: Art. 267 AEUV) vorgelegt: "Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, wonach der Verkäufer im Falle der Vertragswidrigkeit des gelieferten Verbrauchsgutes die vom Verbraucher verlangte Art der Abhilfe auch dann verweigern kann, wenn sie ihm Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswidrigkeit hätte, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unzumutbar (absolut unverhältnismäßig) wären ? Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Unterabs. 3 der vorbezeichneten Richtlinie dahin auszulegen , dass der Verkäufer im Falle der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus des vertragswidrigen Verbrauchsgutes aus einer Sache, in die der Verbraucher das Verbrauchsgut gemäß dessen Art und Verwendungszweck eingebaut hat, tragen muss?"
17
b) Der Gerichtshof hat - nach der Verbindung dieser Sache mit einem weiteren Vorlageverfahren - mit Urteil vom 16. Juni 2011 (Rechtssachen C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 ff. - Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer und Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH) die Fragen wie folgt beantwortet: "Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsgutes aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte , wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird."
18
Zur Begründung hat der Gerichtshof im Wesentlichen ausgeführt:
19
Nach dem Wortlaut und den einschlägigen Vorarbeiten zur Richtlinie habe der Unionsgesetzgeber die Unentgeltlichkeit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch den Verkäufer zu einem wesentlichen Bestandteil des durch die Richtlinie gewährleisteten Verbraucherschutzes machen wollen. Die dem Verkäufer in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, solle den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen (Rn. 46). Wenn der Verbraucher im Fall der Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut vom Verkäufer nicht verlangen könnte, dass dieser den Ausbau des Verbrauchsguts aus der Sache, in die es gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut worden ist, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in dieselbe Sache oder die entsprechenden Kosten übernehme, würde die Ersatzlieferung für ihn zu zusätzlichen finanziellen Lasten führen, die er bei ordnungsgemäßer Erfüllung nicht hätte tragen müssen (Rn. 47).
20
Zudem seien Nachbesserung und Ersatzlieferung nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie nicht nur unentgeltlich, sondern auch ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher vorzunehmen (Rn. 52). Der Umstand, dass der Verkäufer das vertragswidrige Verbrauchsgut nicht ausbaue und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut nicht einbaue, stelle zweifellos eine erhebliche Unan- nehmlichkeit für den Verbraucher dar (Rn. 53). Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Begriff "Ersatzlieferung", dessen genaue Bedeutung in den einzelnen Sprachfassungen der Richtlinie unterschiedlich sei, sich - selbst in der deutschen Fassung - nicht auf die bloße Lieferung eines Ersatzes beschränke (Rn. 54).
21
Die beschriebene Auslegung von Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie entspreche zudem der im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie genannten Zielsetzung, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten (Rn. 55), und führe auch nicht zu ungerechten Ergebnissen, weil der Verkäufer die ihm obliegenden Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht habe und daher die Folgen der Schlechterfüllung tragen müsse (Rn. 56). Sie sei unabhängig davon, ob der Verkäufer nach dem Kaufvertrag zum Einbau des gelieferten Verbrauchsguts verpflichtet gewesen sei. Die dem Verbraucher in Art. 3 der Richtlinie verliehenen Rechte seien nicht auf den Umfang der in dem Kaufvertrag vorgesehenen Ansprüche begrenzt, sondern dienten der Herstellung der Situation, die vorgelegen hätte, wenn der Verkäufer von vornherein ein vertragsgemäßes Verbrauchsgut geliefert hätte (Rn. 59 f.). Die finanziellen Interessen des Verkäufers seien durch die Verjährungsfrist von zwei Jahren nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie und durch die ihm in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie eröffnete Möglichkeit geschützt, die Ersatzlieferung zu verweigern, wenn sich diese Abhilfe wegen unzumutbarer Kosten als unverhältnismäßig erweise (Rn. 58).
22
Hinsichtlich des Verweigerungsrechts des Verkäufers sei festzustellen, dass die offene Fassung des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie, wonach der Verbraucher unentgeltliche Nachbesserung oder Ersatzlieferung nur verlangen könne, sofern diese nicht unmöglich oder unverhältnismäßig sei, zwar an sich auch Fälle der absoluten Unmöglichkeit erfassen könne. Jedoch definiere Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie den Begriff "unverhältnismäßig" aus- schließlich in Beziehung zu der alternativen Abhilfemöglichkeit und begrenze ihn daher auf Fälle der relativen Unmöglichkeit (Rn. 68). Diese Einschränkung werde durch den elften Erwägungsgrund der Richtlinie bestätigt. Danach seien Abhilfen unverhältnismäßig, die im Vergleich zu anderen Abhilfemaßnahmen unzumutbare Kosten verursachten, wobei zur Beantwortung der Frage, ob es sich um unzumutbare Kosten handele, entscheidend sein solle, ob die Kosten der einen Abhilfemöglichkeit deutlich höher seien als die Kosten der anderen Abhilfe (Rn. 69). Die Begrenzung des Verweigerungsrechts des Verkäufers auf die Fälle der relativen Unverhältnismäßigkeit rechtfertige sich dadurch, dass die gegenüber der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands subsidiären Mittel der Auflösung des Vertrags oder der Minderung des Kaufpreises nicht dasselbe Verbraucherschutzniveau gewährleisteten (Rn. 72). Der Verkäufer könne daher die einzig mögliche Art der Abhilfe, durch die sich der vertragsgemäße Zustand des Verbrauchsguts herstellen lasse, nicht wegen Unverhältnismäßigkeit der hierfür erforderlichen Kosten verweigern (Rn. 71).
23
Hingegen schließe es Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie nicht aus, den Anspruch des Verbrauchers auf Kostenerstattung für den Ausbau des vertragswidrigen Verbrauchsguts und Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts auf einen Betrag zu beschränken, der dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit angemessen sei (Rn. 74, 76). Im Rahmen der von Art. 3 der Richtlinie verfolgten Zielsetzung eines gerechten Interessenausgleichs zwischen dem Verbraucher und dem Verkäufer dürften auch vom Verkäufer angeführte wirtschaftliche Überlegungen berücksichtigt werden, sofern hierdurch das Recht des Verbrauchers auf Erstattung der Ein- und Ausbaukosten in der Praxis nicht ausgehöhlt werde (Rn. 75 f.). Allerdings sei dem Verbraucher im Falle einer Herabsetzung des Anspruchs auf Erstattung der Ein- und Ausbaukosten die Möglichkeit zu gewähren , eine Minderung oder eine Vertragsauflösung zu verlangen, da eine Beteili- gung an der Kostentragung für ihn eine erhebliche Unannehmlichkeit darstelle (Rn. 77).
24
3. An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 EUV zudem verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums , den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. nur EuGH, Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 - von Colson und Kamann/Nordrhein-Westfalen; Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 - Pfeiffer u.a./ Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Waldshut e.V.).
25
4. Vor diesem Hintergrund ist zunächst § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache - hier der von der Beklagten gelieferten mangelhaften Bodenfliesen - umfasst (vgl. Lorenz, NJW 2011, 2241, 2243; Förster, ZIP 2011, 1493, 1500 f.; Staudinger, DAR 2011, 502, 503; Purnhagen, EuzW 2011, 626, 627, 629; i.E. auch OLG Karlsruhe, OLGR 2004, 465; OLG Köln, NJW-RR 2006, 677; OLG Stuttgart, Urteil vom 8. November 2007 - 19 U 52/07, n.v.; LG Itzehoe, Urteil vom 27. April 2007 - 9 S 85/06, juris; AnwK/Büdenbender, 2005, § 439 Rn. 27; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 32; Lorenz, ZGS 2004, 408, 410 f.; ders., NJW 2005, 1889, 1895; MünchKommBGB /Westermann, 5. Aufl., § 439 Rn. 13; jurisPK-BGB/Pammler, 5. Aufl., § 439 Rn. 54; Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215, 2216; Schneider, ZGS 2008, 177 f.; Witt, ZGS 2008, 369, 370).
26
a) Diese Auslegung ist noch vom Wortlaut des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB gedeckt (vgl. etwa Lorenz, NJW 2011, 2241, 2243; Greiner/Benedix, ZGS 2011, 489, 493 [letztere geben allerdings einer analogen Anwendung des § 439 Abs. 2 BGB in Form eines Kostenerstattungsanspruchs den Vorzug]; aA Kaiser, JZ 2011, 978, 980). Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird "liefern" zwar verstanden als "bringen" oder "übergeben" einer (bestellten) Sache (vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, 6. Band, 1885, S. 996 f.; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 4. Band, 1982, S. 484). Auch im nationalen Kaufrecht ist unter "Lieferung" grundsätzlich nur die Handlung zu verstehen, die der Verkäufer vorzunehmen hat, um seine Übergabe- und Übereignungspflicht aus § 433 Abs. 1 BGB zu erfüllen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837 Rn. 18; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn. 4; Palandt/ Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 434 Rn. 53 c). Dies schließt es jedoch nicht aus, den in § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB verwendeten Begriff der Lieferung einer mangelfreien Sache weiter zu fassen. Denn dieser Begriff ist ausfüllungsfähig und eröffnet einen gewissen Wertungsspielraum (Staudinger, aaO). Der Gesetzgeber hat die Bestimmung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB zur Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie geschaffen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 230). Dabei hat er nicht nur in der Gesetzesbegründung mehrfach den Begriff der Lieferung einer mangelfreien Sache mit der in der deutschen Fassung der Richtlinie verwendeten Wortwahl "Ersatzlieferung" gleichgesetzt (BT-Drucks. 14/6040, S. 232), die - wie vom Gerichtshof ausgeführt (EuGH, aaO Rn. 54) - auch die Deutung zulässt, dass das vertragswidrige Verbrauchsgut durch die als Ersatz gelieferte Sache auszutauschen ist. Vielmehr hat der Gesetzgeber durch den in § 439 Abs. 4 BGB enthaltenen Verweis auf § 346 Abs. 1 Alt. 1 BGB, wonach der Verkäufer seinerseits die Rückgewähr der mangelhaften Sache verlangen kann, zum Ausdruck gebracht, dass dem Begriff der "Lieferung einer mangel- freien Sache" in § 439 Abs. 1 BGB ein gewisses (Aus-)Tauschelement innewohnt (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1633, 1634 f.).
27
b) Die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 BGB führt - anders als die Revisionserwiderung meint - nicht dazu, dass dem Käufer im Rahmen des Nacherfüllungsverlangens ein Wahlrecht dahin zusteht, ob er dem Verkäufer den Aus- und Einbau gestattet oder diese Arbeiten selbst durchführt und den Verkäufer nur auf Kostenerstattung in Anspruch nimmt. Der Gerichtshof hat dem Käufer ein solches Wahlrecht gerade nicht eingeräumt, sondern lediglich dem Verkäufer die Verpflichtung auferlegt, entweder selbst die notwendigen Aus- und Einbauarbeiten vorzunehmen oder - in angemessener Höhe - die hierfür anfallenden Kosten zu tragen.
28
5. Im Rahmen des § 439 Abs. 3 BGB lässt sich das Gebot richtlinienkonformer Interpretation hingegen nicht im Wege einer einfachen Gesetzesauslegung im engeren Sinne umsetzen. Denn dem steht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen.
29
§ 439 Abs. 3 Satz 1 BGB erlaubt dem Verkäufer, die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung zu verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Die genannte Regelung enthält keine Anhaltspunktedafür, dass sie sich auf die Fälle beschränkt, in denen beide Formen der Nacherfüllung möglich sind und lediglich eine Abhilfevariante im Verhältnis zu der anderen unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht (relative Unverhältnismäßigkeit). Vielmehr ergibt sich aus den Bestimmungen des § 439 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB und des § 440 Satz 1 BGB eindeutig, dass nach der Konzeption des Gesetzes beide Formen der Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit verweigert werden können und damit der Begriff der Unverhältnismäßigkeit absolut zu verstehen ist. § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB beschränkt den Anspruch des Käufers für den Fall, dass der Verkäufer die eine Form der Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigert, zunächst auf die andere Art der Nacherfüllung, sieht aber weiter vor, dass das "Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern", unberührt bleibt. Auf diese Regelung nimmt § 440 Satz 1 BGB Bezug, der den Käufer unter anderem dann vom Erfordernis einer Fristsetzung vor der Geltendmachung von Rücktritt oder Schadensersatz befreit, "wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 [BGB] verweigert".
30
6. Der von der Rechtsprechung des Gerichtshofs geprägte Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten aber mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 Rn. 21 mwN). Daraus folgt hier das Gebot einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung durch teleologische Reduktion des § 439 Abs. 3 BGB auf einen mit Art. 3 der Richtlinie zu vereinbarenden Inhalt.
31
a) Eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 22 mwN). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
32
aa) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Einrede der Unverhältnismäßigkeit zwar so ausgestalten wollte, dass sie mit der Richtlinie vereinbar ist, er hierbei jedoch Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie so verstanden hat, dass dieser auch die absolute Unverhältnismäßigkeit erfasse (vgl. auch Staudinger, aaO). In der Begründung des Koalitionsentwurfs heißt es in der Einzelbegründung zu § 439 Abs. 3 BGB (BT-Drucks. 14/6040, S. 232) unter anderem: "Zu Satz 1 Die Nacherfüllung (einschließlich der damit verbundenen Aufwendungen im Sinne des Absatzes 2) kann im Einzelfall den Verkäufer unangemes- sen belasten. (…). Sie kann dem Verkäufer auch unmöglich sein. Artikel 3 Abs. 3 Satz 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sieht deshalb vor, dass der Verbraucher (Käufer) Nachbesserung oder Ersatzlieferung nur verlangen kann, sofern dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist. (…) Liegt Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 RE nicht vor, kann die Nacherfüllung doch mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein. Dann kommt nach den allgemeinen Vorschriften ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 2 RE in Betracht, das aber nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, die wertungsmäßig der Unmöglichkeit in § 275 Abs. 1 RE nahe kommen, in Betracht kommt. § 439 Abs. 3 Satz 1 RE stellt eine besondere Ausprägung dieses allgemeinen Rechtsgedankens im Kaufrecht und eine gegenüber § 275 Abs. 2 RE niedrigere Schwelle für die Begründung einer Einrede des Verkäufers dar. (…) Voraussetzung ist, dass der Verkäufer für die Nacherfüllung in der vom Käufer gewählten Art Aufwendungen machen muss, die unverhältnismäßig sind. Es handelt sich dabei um einen Gesichtspunkt, der über den Verbraucherkauf hinaus Bedeutung hat. Denn die Interessenlage des Käufers gebietet es nicht, ihm den Nacherfüllungsanspruch auch dann zu geben, wenn sie vom Verkäufer unverhältnismäßige Anstrengungen erfordert. Der Käufer wird hier auf seine Ansprüche auf Rücktritt und Minderung (sowie ggf. Schadensersatz) verwiesen. Verweigern kann der Verkäufer "die vom Käufer gewählte Nacherfüllung". Das heißt, das Verweigerungsrecht des Verkäufers bezieht sich selbstverständlich auf die von dem Käufer begehrte Art der Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung). Verlangt der Käufer zum Beispiel Nachbesserung und sind die Aufwendungen des Verkäufers hierfür als unverhältnismäßig zu beurteilen, (…) so ist damit keine Entscheidung über die Frage getroffen, ob der Käufer stattdessen Ersatzlieferung verlangen kann oder ob auch insoweit eine auf § 439 Abs. 3 Satz 1 RE gestützte Einrede des Verkäufers besteht. Klargestellt wird dies noch durch § 439 Abs. 3 Satz 3 RE. (…) Zu Satz 3 [§ 439 Abs. 3 ] Satz 3 [RE] enthält die bereits oben angesprochene Klarstellung des Verhältnisses der beiden Arten der Nacherfüllung zueinander. Die in § 439 Abs. 3 Satz 1 RE vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung bezieht sich allein auf die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung. Ist sie zu Recht von dem Verkäufer verweigert worden, so hat dies nicht einen Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers insgesamt zur Folge. Vielmehr beschränkt sich der Nacherfüllungsanspruch dann auf die andere Art der Nacherfüllung, wenn der Verkäufer nicht auch sie verweigern kann. Erst dann kann der Käufer zurücktreten oder mindern, ggf. Schadensersatz (…) verlangen."
33
bb) Das der Fassung des § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB zugrunde liegende Verständnis, dass Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie auch die absolute Unverhältnismäßigkeit erfasse, ist jedoch fehlerhaft, wie der Gerichtshof nunmehr mit Bindungswirkung festgestellt hat. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie erlaubt es nur, den Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts auf einen angemessenen Betrag zu beschränken, nicht jedoch, den Anspruch des Verbrauchers auf Ersatzlieferung als einzig mögliche Art der Abhilfe wegen Unverhältnismäßigkeit der Ein- und Ausbaukosten völlig auszuschließen. Die gesetzliche Regelung in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB steht folglich in Widerspruch zu dem mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts verfolgten Grundanliegen, die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 ordnungsgemäß umzusetzen (vgl. hierzu auch BT-Drucks. 14/6040, S. 1).
34
cc) Damit erweist sich das Gesetz als planwidrig unvollständig (Staudinger , aaO; differenzierend Kaiser, aaO S. 980 f., 986; aA Greiner/Benedix, aaO, S. 495 f.). Es liegt eine verdeckte Regelungslücke vor, weil der Wortlaut des § 439 Abs. 3 BGB, der ein Verweigerungsrecht bei absoluter Unverhältnismäßigkeit einschließt, keine Einschränkung für den Anwendungsbereich der Richtlinie enthält und deshalb mit dieser nicht im Einklang steht. Diese Unvollstän- digkeit des Gesetzes ist deswegen planwidrig, weil hinsichtlich der Einrede der Unverhältnismäßigkeit ein Widerspruch zur konkret geäußerten, von der Annahme der Richtlinienkonformität getragenen Umsetzungsabsicht des Gesetzgebers besteht (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 25). Dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der Schaffung des § 439 Abs. 4 BGB - nicht explizit mit der Frage der Richtlinienkonformität des § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB auseinandergesetzt, sondern diese stillschweigend vorausgesetzt hat, ändert an der Planwidrigkeit der nunmehr aufgetretenen Regelungslücke nichts (aA Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244; Greiner/Benedix, aaO S. 496). Maßgebend ist, dass das ausdrücklich angestrebte Ziel einer richtlinienkonformen Umsetzung durch die Regelung des § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht erreicht worden ist und ausgeschlossen werden kann, dass der Gesetzgeber § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB in gleicher Weise erlassen hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die Vorschrift nicht richtlinienkonform ist.
35
b) Die bis zu einer gesetzlichen Neuregelung bestehende verdeckte Regelungslücke ist durch eine teleologische Reduktion des § 439 Abs. 3 BGB für die Fälle des Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu schließen. Die Vorschrift ist in solchen Fällen einschränkend dahingehend anzuwenden, dass ein Verweigerungsrecht nicht besteht, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung zu Recht verweigert. In den zuletzt genannten Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers , die Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrags zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Zugleich ist zu gewährleisten, dass durch die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung des Verkäufers das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten nicht ausgehöhlt wird (EuGH, aaO Rn. 76).
36
c) Die hier vorgenommene Einschränkung des § 439 Abs. 3 BGB ist nach dem Gebot richtlinienkonformer Rechtsfortbildung erforderlich, weil ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, mit Art. 3 der Richtlinie nicht vereinbar ist. Sie belässt dem Verkäufer andererseits in Form einer Einrede die auch nach der Richtlinie zulässige Beschränkung des Ersatzes für die Kosten des Ausbaus des vertragswidrigen Verbrauchsguts und des Einbaus des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts auf einen angemessenen Betrag unter Benennung der für dessen Ermittlung maßgeblichen Umstände. Anders lässt sich der Widerspruch zwischen den gesetzgeberischen Zielen - einerseits Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit im Interesse des Verkäufers, andererseits Richtlinienkonformität - im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht lösen.
37
Zwar sind insbesondere seit Erlass der Entscheidung des Gerichtshofs am 16. Juni 2011 in der Literatur anderslautende Vorschläge für eine Rechtsfortbildung zur Herstellung der Richtlinienkonformität gemacht worden. Diese setzen jedoch entweder die Vorgaben des Gerichtshofs nicht hinreichend um oder überschreiten die Grenzen des Gestaltungsspielraums, der den Gerichten im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung zusteht (vgl. hierzu Palandt/ Sprau, aaO, Einl. Rn. 56). Die Ausfüllung einer Regelungslücke durch die Gerichte muss in möglichst enger Anlehnung an das geltende Recht vorgenommen werden (BVerfGE 37, 67, 81). Darüber hinausgehende Änderungen des geltenden Rechts sind dem Gesetzgeber vorbehalten.
38
aa) Nach dem Vorschlag von Faust (JuS 2011, 744, 747 f.), dem sich die Revision inhaltlich anschließt, soll der Verkäufer den Aus- und Einbau nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern dürfen, sofern sich nicht der Verbraucher zur Beteiligung an den Kosten bereit erklärt. Dieser Ansatz erscheint jedoch insofern problematisch, als er dem Verkäufer die Möglichkeit einer völligen Verweigerung des im Rahmen der Ersatzlieferung nach § 439 Abs. 1 Fall 2 BGB geschuldeten Aus- und Einbaus bis zur Abgabe einer Erklärung des Verbrauchers eröffnet. Dies ist unvereinbar mit der Vorgabe des Gerichtshofs, die Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers dürfe nicht dazu führen, dass die dem Verbraucher zustehenden Rechte in der Praxis ausgehöhlt werden (vgl. EuGH, aaO Rn. 76).
39
bb) Förster (aaO S. 1500) schlägt vor, § 439 Abs. 3 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Verkäufer die Ersatzlieferung als einzig mögliche Art der Nacherfüllung nicht verweigern, sondern nur unter Berücksichtigung von § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB der Höhe nach angemessen herabsetzen darf. Diese Einschränkung des § 439 Abs. 3 BGB ist zur Erfüllung der europarechtlichen Vorgaben ebenfalls nicht ausreichend. Zum einen setzt sie nur die Aussagen des Gerichtshofs zum fehlenden Verweigerungsrecht bei der Ersatzlieferung um, während der Gerichtshof seine Ausführungen auf beide Arten der Nacherfüllung bezogen hat, also dem Verkäufer ein Verweigerungsrecht wegen unverhältnismäßiger Kosten auch dann abspricht, wenn die einzig mögliche Form der Abhilfe nicht in einer Ersatzlieferung, sondern in einer Nachbesserung besteht (EuGH, aaO Rn. 71). Zum anderen berücksichtigt die vorgeschlagene Fassung des § 439 Abs. 3 BGB nicht, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers hinsichtlich einer Art der Abhilfe auch in den Fällen nicht gegeben ist, in denen die andere Art der Nacherfüllung zwar möglich ist, aber ihrerseits vom Verkäufer wegen relativer Unverhältnismäßigkeit verweigert wird. Problematisch an dem Vorschlag ist letztlich auch, dass er eine Beschränkung hinsichtlich der Ersatzlieferung insgesamt und nicht nur bezüglich der Erstattung der dabei entstehenden Aus- und Einbaukosten vorsieht. Es ist jedoch praktisch nicht durch- führbar, die tatsächliche Vornahme des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Sache auf einen angemessen Umfang zu begrenzen (vgl. auch Ayad/Schnell, BB 2011, 1938, 1939).
40
cc) Ein anderer Lösungsansatz besteht darin, die Anwendung des § 439 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BGB für die Fälle des Verbrauchsgüterkaufs ganz auszuschließen (Purnhagen, aaO S. 629 f.; Staudinger, aaO S. 506; Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244). Hierbei fehlt es jedoch an einer überzeugenden rechtlichen Konstruktion, die es dem Verkäufer gleichwohl ermöglicht, den Ersatz der Ein- und Ausbaukosten auf einen angemessenen Betrag zu begrenzen. Eine solche ist jedoch erforderlich, um dem vom deutschen Gesetzgeber mit der Schaffung des § 439 Abs. 3 BGB verfolgten Ziel einer Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers (vgl. BT-Drucks. 16/6040, S. 232) in dem europarechtlich (noch) zulässigen Umfang Rechnung zu tragen.
41
(1) Teilweise wird versucht, eine Begrenzung der Kostentragungspflicht des Verkäufers dadurch zu erreichen, dass dieser im Hinblick auf den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der als Ersatz gelieferten Kaufsache von vornherein nicht zu deren Vornahme, sondern nur zur Erstattung der dafür erforderlichen Kosten verpflichtet sein soll und diese angemessen reduziert werden können (vgl. Pfeiffer, LMK 2011, 321439 sowie den Alternativvorschlag von Faust, aaO). Dieser Ansatz übersieht jedoch, dass die Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers auch dazu dienen soll, dem Verkäufer die "Möglichkeit zur zweiten Andienung" einzuräumen (BT-Drucks. 16/6040, S. 220; vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 227 f.). Mit dem hierdurch zum Ausdruck kommenden Ziel, bereits im Rahmen des § 439 Abs. 1 BGB auch den Interessen des Verkäufers Rechnung zu tragen, wäre es nur schwer zu vereinbaren , wenn der Verkäufer im Rahmen der Ersatzlieferung den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache nicht selbst vornehmen dürfte, sondern von vornherein dem Käufer die hierfür erforderlichen Kosten schuldete. Denn der Verkäufer wird in vielen Fällen den Aus- und Einbau günstiger bewerkstelligen können als der Käufer (vgl. Lorenz, NJW 2011, 2241, 2243).
42
(2) Ein anderer Vorschlag geht davon aus, dass der Verkäufer zur Vornahme des Aus- und Einbaus verpflichtet sei; komme er dem nicht nach, habe der Käufer einen verschuldensunabhängigen Anspruch aus § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB auf Erstattung der hierfür erforderlichen Kosten, wobei die Höhe auf einen angemessenen Betrag reduziert werden könne (Purnhagen, aaO S. 629). Diese Konstruktion trägt jedoch dem gesetzgeberischen Ziel, auch die Verkäuferinteressen zu schützen, in der Praxis ebenfalls nicht hinreichend Rechnung. Es wurde bereits ausgeführt, dass eine Beschränkung der Pflicht des Verkäufers , den Aus- und Einbau tatsächlich vorzunehmen, auf einen angemessenen Umfang faktisch nicht durchführbar ist. Da der Verkäufer den Käufer rechtlich aber nicht zwingen kann, anstelle der Vornahme der Nacherfüllung (inklusive Aus- und Einbau) Schadensersatz wegen deren Nichterfüllung zu verlangen, bliebe die allein mögliche Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs auf einen angemessenen Betrag für ihn praktisch wertlos. Denn ein wirtschaftlich denkender Käufer würde in den Fällen, in denen der Ausbau der mangelhaften und der Einbau der als Ersatz gelieferten Kaufsache unverhältnismäßige Kosten verursacht, nicht - den bezüglich der Aus- und Einbaukosten auf eine angemessene Höhe begrenzten - Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Nacherfüllung verlangen, sondern den Verkäufer stets auf Erfüllung seiner Ersatzlieferungspflicht (inklusive uneingeschränktem Aus- und Einbau) in Anspruch nehmen.
43
dd) Einen anderen Weg gehen Kaiser und Greiner/Benedix, die sich in diesem Zusammenhang für eine europarechtskonforme Auslegung der Kostentragungsregelung des § 439 Abs. 2 BGB dahin aussprechen, dass den Käufer gegen Kostenerstattung eine Mitwirkungsobliegenheit zum Ausbau der mangelhaften und Einbau der neuen Sache trifft (Kaiser, aaO S. 985 ff.; Greiner /Benedix, aaO S. 493). Die Rechte des Käufers sollen sich von vornherein auf einen auf die angemessenen Kosten begrenzten Erstattungsanspruch beschränken (Kaiser, aaO S. 987). Damit wird aber - zumindest faktisch - die dem Verkäufer vom deutschen Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte "Möglichkeit zur zweiten Andienung" (vgl. BT-Drucks. 16/6040, S. 220) beschnitten. Dies wird vermieden, wenn man die Kostenerstattungspflicht als Folge einer Einrede aus dem teleologisch reduzierten § 439 Abs. 3 BGB ausgestaltet.
44
d) Die dargestellte Regelungslücke besteht aus europarechtlicherSicht zwar nur im Hinblick auf den im Verhältnis zu § 13 BGB engeren Verbraucherbegriff des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie. Die Ausfüllung der Lücke im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung ist jedoch auf alle Konstellationen des Verbrauchsgüterkaufs und damit des Verbraucherbegriffs gemäß § 13 BGB zu erstrecken, weil insoweit der Einheitlichkeitswille des nationalen Gesetzgebers in Bezug auf den Verbraucherbegriff zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 27 mwN).
45
e) Die vom Senat für den Verbrauchsgüterkauf vorgenommene teleologische Reduktion des § 439 Abs. 3 BGB führt schon deswegen nicht zudessen faktischer Derogation, weil die Regelung in Fällen des Verbrauchsgüterkaufs hinsichtlich der relativen Unverhältnismäßigkeit anwendbar bleibt (aA Kaiser, aaO S. 986). Es bedarf deshalb hier ebenfalls keiner Erörterung, ob im Rahmen einer gemeinschaftsrechtskonformen Rechtsfortbildung auch die vollständige Nichtanwendung einer Norm gerechtfertigt sein kann (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 29 mwN).
46
f) Der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit spricht ebenfalls nicht gegen die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung.
47
Das Prinzip der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) bedeutet in erster Linie Vertrauensschutz für den Bürger. Durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen des Vertragspartners und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, liegt ein Eingriff in rechtlich geschützte Positionen vor (Senatsurteil vom 26. November 2008 - VIII ZR 200/05, aaO Rn. 33 mwN). Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die teleologische Reduktion des § 439 Abs. 3 BGB sich im Rahmen vorhersehbarer Entwicklung hält. Eine uneingeschränkte Anwendung der Vorschrift konnte nicht als gesichert angesehen werden, weil ihre Richtlinienkonformität von zahlreichen Stimmen im Schrifttum zumindest problematisiert wurde (vgl. Bamberger/Roth/Faust, aaO Rn. 40 f.; Doehner, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund der Verbrauchsgüterkauf -Richtlinie, 2004, S. 242 ff.; Glöckner, JZ 2007, 652, 663; Kirsten, ZGS 2005, 66, 67 f.; Leible in Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., Kap. 10 Rn. 89; Pfeiffer, ZGS 2002, 217, 218 f.; Staudinger/ Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 439 Rn. 41 f.;Thürmann, NJW 2006, 3457, 3460; Unberath, ZEuP 2005, 5, 19 ff.; Unberath/Cziupka, JZ 2009, 313, 315 f.).
48
7. Soweit der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juni 2006 (aaO Rn. 77) ausgeführt hat, der Verbraucher müsse in Fällen der Herabsetzung des Anspruchs auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten die Möglichkeit haben, eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder die Vertragsauflösung zu verlangen, da die Nacherfüllung für ihn infolge der Herabsetzung mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden ist, enthält das nationale Recht in § 440 Satz 1 3. Alt. BGB eine entsprechende Regelung. Danach bedarf es der für die Geltendmachung von Rücktritt (und Schadensersatz statt der Leistung) im Regelfall notwendigen Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht, wenn dem Käufer die ihm zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar ist. Die Vorschrift, die über § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB auch auf die Minderung Anwendung findet, dient ausweislich der Materialien der Umsetzung des in Art. 3 Abs. 5 Spiegelstrich 3 der Richtlinie erfassten Konstellation, dass eine Abhilfe mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Verbraucher verbunden ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 233).
49
8. Der - auf eine angemessene Höhe begrenzte - Anspruch des Klägers auf Erstattung der für den Ausbau der mangelhaften Fliesen entstehenden Kosten setzt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht voraus, dass der Kläger den Austausch bereits vorgenommen hat und die Kosten schon entstanden sind. Der Kläger kann vielmehr den Anspruch bereits vor Durchführung des Ausbaus in Form eines abrechenbaren Vorschusses geltend machen (so auch Kaiser, aaO S. 984 f.). Dies ergibt sich aus dem in der Richtlinie enthaltenen Unentgeltlichkeitsgebot.
50
Gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie kann der Verbraucher vom Verkäufer die unentgeltliche Nachbesserung oder eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen. Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie stellt klar, dass sich der Begriff der Unentgeltlichkeit auf alle für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts notwendigen Kosten erstreckt, insbesondere auf Versand-, Arbeits - und Materialkosten. Diese dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts unentgeltlich zu bewirken, soll den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen schützen, die ihn in Ermangelung eines solchen Schutzes davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen (EuGH, NJW 2008, 1433 Rn. 34 - Quelle AG/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände ). Der Verbraucher kann daher für Kosten, die ihm im Rahmen der Nacherfüllung entstehen, aber vom Verkäufer zu ersetzen sind, auch einen Vorschuss verlangen (Senatsurteil vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, NJW 2011, 2278 Rn. 37, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen).
51
9. Die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft zu der Ansicht gelangt, den Kläger treffe mangels Erkennbarkeit der Mangelhaftigkeit der Fliesen vor deren Verlegung kein Mitverschulden bezüglich der Höhe der durch den Ausbau entstehenden Kosten, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 ZPO abgesehen.

III.

52
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts, soweit die Revision eröffnet ist, keinen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
53
1. Die Beklagte hat als Verkäuferin der mangelhaften Bodenfliesen das Recht, den Kläger hinsichtlich des allein noch in Rede stehenden Ausbaus der mangelhaften Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrags zu verweisen. Von diesem Leistungsverweigerungsrecht hat die Beklagte im Ergebnis Gebrauch gemacht. Sie hat in ihrem letzten Schriftsatz und auch in der mündlichen Revisionsverhandlung deutlich gemacht, dass sie den Ausbau der gelieferten Bodenfliesen davon abhängig macht, dass der Kläger ihr den die angemessenen Ausbaukosten übersteigenden Geldbetrag zuschießt oder jedenfalls eine verbindliche Erklärung über eine entsprechende Kostenbeteiligung abgibt. Ein solch umfassendes Leistungsverweigerungsrecht steht der Beklagten jedoch - wie oben ausgeführt (unter II 6 c aa) - nicht zu, weil es mit der Forderung des Gerichtshofs nicht in Einklang zu bringen ist, die Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers dürfe nicht dazu führen, dass die dem Verbraucher zustehenden Rechte in der Praxis ausgehöhlt werden (vgl. EuGH, aaO Rn. 76). Das von der Beklagten geltend gemachte Leistungsverweigerungsrecht umfasst aber auch - sozusagen als Minus - die Erklärung, die Beklagte sei im Hinblick auf den hiermit verbundenen unangemessenen Kostenaufwand zu einem Ausbau der Bodenfliesen auf eigene Rechnung nicht bereit , sondern verweise den Kläger insoweit auf das Recht, die Erstattung eines angemessenen Kostenbetrags zu verlangen.
54
b) Die Bemessung dieses Betrags kann der Senat selbst vornehmen. Zwar obliegt in erster Linie dem Tatrichter die Beurteilung, welcher Betrag von einem Verkäufer geschuldet ist, wenn er den Käufer hinsichtlich der bei der Nacherfüllung anfallenden Aus- und Einbaukosten auf eine Kostenbeteiligung verweist. Da vorliegend jedoch weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen , kann der Senat den Anspruch des Klägers auf Erstattung der für den Ausbau und die Entsorgung der mangelhaften Bodenfliesen entstehenden Kosten abschließend bemessen. Der Anspruch ist auf insgesamt 600 € zu begrenzen. Dieser Betrag erscheint dem Senat unter Berücksichtigung der Bedeutung der Vertragswidrigkeit (optischer Mangel der Fliesen ohne Funktionsbeeinträchtigung ) und des Werts der mangelfreien Sache (circa 1.200 €) angemessen. Der Senat sieht davon ab, Grenz- oder Richtwerte für die Bestimmung der angemessenen Höhe einer Beteiligung des Verkäufers an den Aus- und Einbaukosten in Fällen der Ersatzlieferung zu entwickeln; die durch die Entscheidung des Gerichtshofs aufgedeckte Gesetzeslücke durch eine generelle Regelung zu schließen, ist dem Gesetzgeber vorbehalten.
55
Entgegen der Auffassung der Revision ist der Betrag nicht deshalb weiter herabzusetzen, weil der Anspruch des Klägers auf Erstattung der für den Einbau der neuen Fliesen entstehenden Kosten vorliegend bereits rechtskräftig aberkannt wurde. Die Reduzierung der Gesamtkosten für den Aus- und Einbau auf eine angemessene Höhe hat nicht durch verhältnismäßige Herabsetzung der Ausbaukosten einerseits und der Einbaukosten andererseits zu erfolgen. Vielmehr geht es darum, die den Verkäufer treffende Pflicht, sich an den Ausund Einbaukosten zu beteiligen, im Ergebnis auf einen angemessenen Betrag zu reduzieren. Sind - wie vorliegend - Einbaukosten nicht geschuldet, stellt sich daher allein die Frage, inwieweit eine Beteiligung des Verkäufers an den Ausbaukosten der Höhe nach angemessen ist.
56
Da dem Kläger bereits rechtskräftig ein Betrag von 273,10 € - wenn auch unter dem nicht einschlägigen Gesichtspunkt der Minderung - zugesprochen worden ist, hat er Anspruch auf Zahlung weiterer 326,90 €.
57
Das dem Kläger wegen einer Herabsetzung des Ersatzes für Aus- und Einbaukosten zustehende Recht auf Rücktritt vom Kaufvertrag oder Minderung des Kaufpreises hat er nicht in Anspruch genommen.
58
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Zahlungsklage über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag von 273,10 € hinaus in Höhe von mehr als weiteren 326,90 € - jeweils nebst Zinsen - stattge- geben hat. Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil ist insoweit zurückzuweisen. Ball Dr. Milger Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 24.11.2006 - 4 O 1248/06 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.02.2008 - 15 U 5/07 -

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 23.490,-- € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages im Zusammenhang mit dem sog. „VW-Abgasskandal“.

2

Bei der Beklagten, die in Bad D. eine Niederlassung betreibt, handelt es sich um eine Vertragshändlerin u.a. der Audi AG. Der Kläger, ein Arzt, erwarb dort durch Kaufvertrag vom 21.12.2012 einen PKW des Typs Audi A3 2,0 TDI zum Preis von 23.490,-- €. Das am 23.04.2012 erstzugelassene Fahrzeug hatte damals eine Laufleistung von 26.500 km und ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgerüstet. Die Auslieferung des Fahrzeuges erfolgte am 09.01.2013. Der Kläger legte mit dem Fahrzeug bis zum 08.02.2016 rund 90.000 km zurück.

3

Nachdem die US-Umweltbehörde im September 2015 den sog. „VW-Abgasskandal“ publik gemacht und der Kläger festgestellt hatte, dass sein Fahrzeug hiervon betroffen war, wandte er sich durch Anwaltsschreiben vom 13.10.2015 an die Beklagte und machte im Hinblick auf „das nunmehr bekannt gewordene Problem der Abgaswerte“ Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend und bat hierzu um Stellungnahme. Die Beklagte reagierte hierauf nicht. In einem weiteren Anwaltsschreiben vom 16.11.2015, dessen Zugang die Beklagte in Abrede stellt, ließ der Kläger die Beklagte auffordern, den Kaufvertrag im Wege der Nacherfüllung bis spätestens 27.11.2015 vollständig und mangelfrei zu erfüllen. Mit Anwaltsschreiben vom 28.12.2015 ließ er sodann die Wandelung des mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages erklären und diese auffordern, den gezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe des Kfz zurück zu erstatten (GA 27).

4

Mit seiner am 30.12.2015 eingegangenen Klage fordert der Kläger die vollständige Rückzahlung des an die Beklagte gezahlten Kaufpreises.

5

Hierzu trägt er vor:

6

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei mangelhaft, denn es sei - insoweit unstreitig - vom „VW-Abgasskandal" betroffen und erfülle damit nicht die Normen, die ihm, dem Kläger, seinerzeit zugesichert worden seien. Das Fahrzeug verfüge über eine Software, die erkenne, wenn es sich im Testbetrieb befinde und verschiebe dann das Motorenkennfeld zum Zwecke der Reduzierung der gemessenen Stickoxide. Da diese Software bereits beim Verkauf des Fahrzeugs installiert gewesen sei, verstoße es gegen die geltenden Normen zur Belastung der Umwelt mit derartigen Abgasen und befinde sich damit nicht in einem Zustand wie konkludent zugesichert (Beweis: Sachverständigengutachten).

7

Die den Mangel begründende Software sei vom VW-Konzern zu Manipulationszwecken bewusst eingesetzt worden und den Kunden, also auch ihm, dem Kläger, gegenüber arglistig verschwiegen worden. Da die Beklagte auf ihrer Homepage damit werbe, eine Audi-Zweigniederlassung zu sein und sie auch sonst eng mit diesem Hersteller verknüpft sei, müsse sie sich dessen arglistiges Verhalten zurechnen lassen. Da die Beklagte somit rechtlich gesehen selbst den Mangel arglistig verschwiegen habe, könne sie sich nicht auf das Recht des Verkäufers zur Nachbesserung berufen. Erschwerend komme hinzu, dass die Beklagte seinen, des Klägers, Aufforderungen zur Nacherfüllung vor Erklärung der Wandelung nicht nachgekommen sei.

8

Die Arglist der Beklagten führte auch dazu, dass er, der Kläger, sich keinen Abzug für die von ihm gezogenen Nutzungen gefallen lassen müsse, sodass er den vollen Kaufpreis zurückverlangen könne.

9

Der Kläger beantragt,

10

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 23.490,-- € zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Audi A3 Sportback 2,0 TDI DPF, Fahrzeug-Identnummer: ...;

11

2. festzustellen, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte trägt vor:

15

Das streitgegenständliche Fahrzeug weise schon keinen Mangel auf, jedenfalls habe der Kläger einen solchen nicht substantiiert und damit einlassungsfähig vorgetragen. Der Kläger trage weder vor, dass und wodurch „Normen“ zugesichert worden seien, noch, inwieweit das Fahrzeug hinter diesen Normen zurückbleibe. Jedenfalls sei das Fahrzeug technisch sicher und in seiner Fahreigenschaft in keiner Weise eingeschränkt. Es besitze die erforderliche EG-Typengenehmigung, die auch unverändert wirksam und nicht etwa aufgehoben worden sei und könne deshalb vom Kläger uneingeschränkt im Straßenverkehr genutzt werden.

16

Hieran ändere auch nichts die Tatsache, dass bei dem fraglichen Fahrzeug nach den Vorgaben des Kraftfahrtbundesamtes ein Software-Update erforderlich sei. Dies beruhe auf einer freiwilligen Maßnahme des VW-Konzerns, woraus nicht das Eingeständnis eines Mangels geschlossen werden könne. Vielmehr werde der VW-Konzern bzw. die Audi AG mit dem beabsichtigten Software-Update ihrer unternehmenspolitischen Verantwortung gerecht.

17

Gehe man von einem Mangel aus, so sei dieser jedenfalls geringfügig. Das SoftwareUpdate sei mit einem Aufwand von voraussichtlich deutlich unter 100,-- € pro Fahrzeug zu installieren, womit sich die Kosten der Mangelbeseitigung auf weniger als 0,5 % des Kaufpreises beliefen, was nach der Rechtsprechung des BGH einem wirksamen Rücktritt in jedem Fall entgegenstehe.

18

Jedenfalls habe der Kläger ihr, der Beklagten, auch keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Im Schreiben vom 13.10.2015 sei keine Frist gesetzt worden, das Schreiben vom 16.11.2015 sei ihr nicht zugegangen. Unabhängig hiervon sei die dort gesetzte Frist viel zu knapp bemessen, da sie, die Beklagte, abwarten müsse, bis das erforderliche Software-Update vom VW-Konzern zur Verfügung gestellt werde, um dann in einem mit dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan installiert werden zu können. Es sei dem Kläger zumutbar, diesen Zeit- und Maßnahmenplan abzuwarten, denn er könne sein Fahrzeug bis dahin ohne Einschränkungen nutzen.

19

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage unbegründet. Der Kläger ist nicht gem. §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten und hat deshalb auch nicht gem. § 346 Abs. 1 BGB Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises.

21

1. Dabei kann zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass die Tatsache, dass das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig vom sog. VW-Abgasskandal betroffen ist, also mit einer Software ausgestattet ist, die den Schadstoffausstoß im Testbetrieb manipuliert und es die geltenden Abgasgrenzen deshalb nur scheinbar einhält, als Fahrzeugmangel anzusehen ist. Dies folgt im Grunde genommen schon daraus, dass das Fahrzeug auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Laufe des Jahres 2016 einem Software-Update unterzogen werden muss, um den entsprechenden Auflagen des Kraftfahrtbundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der Allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Wenn es dem Kläger m.a.W. nicht freisteht, dem Rückruf seines Fahrzeugs im Laufe des Jahres 2016 Folge zu leisten und dessen Zulassung zum Straßenverkehr damit zu erhalten, dann kann aus dem derzeitigen Fehlen des beim Rückruf aufzuspielenden Software-Updates auch auf die Mangelhaftigkeit des klägerischen Fahrzeugs geschlossen werden. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in den von der Beklagten zitierten Urteilen des Landgerichts Münster vom 14. März 2016 (- 11 O 341/15, 011 O 3011 O 341/15 -, Rn. 18, juris) und des Landgerichts Bochum vom 16. März 2016 (- 2 O 425/15, I-2 O 4252 O 425/15 -, Rn. 17, juris) Bezug genommen.

22

2. Ein wirksamer Rücktritt des Klägers wegen dieses Mangels scheitert jedenfalls daran, dass der Kläger der Beklagten vor Erklärung seiner „Wandelung“, die als Rücktritt auszulegen ist (§§ 133, 157 BGB), keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat bzw. eine solche weder bei Klageerhebung noch zum gem. § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen gewesen wäre. Gem. §§ 437 Nr. 3, 323 Abs. 1 BGB setzt der Rücktritt des Käufers wegen eines behebbaren Mangels voraus, dass der Mangel nicht nur erheblich ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB), sondern dass der Käufer dem Verkäufer vor dem Rücktritt erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat.

23

a) Eine derartige Fristsetzung war entgegen der Auffassung des Klägers nicht entbehrlich, weil die Beklagte den streitgegenständlichen Mangel arglistig verschwiegen habe. Zwar ist richtig, dass der Bundesgerichtshof insbesondere in Fällen, in denen der Verkäufer den Käufer bei Vertragsschluss über die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes getäuscht hat, regelmäßig ein berechtigtes Interesse des Käufers annimmt, von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen, und deshalb dem Verkäufer gem. § 440, § 281 Abs. 2, § 323 Abs. 2 BGB eine Fortsetzung der Vertragsbeziehungen durch Nachbesserung zugunsten eines sofortigen Schadensersatz- oder Rücktrittsrechts des Käufers versagt (BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 182/08 -, Rn. 19, juris). Ein arglistiges Verhalten kann der Beklagten indes nicht vorgehalten werden.

24

Der Kläger teilt schon nicht mit, wer aus dem VW-Konzern für die Entwicklung und den Einsatz der fraglichen Software verantwortlich war und wer hiervon Kenntnis hatte. Damit können bereits die Voraussetzungen für eine etwaige Haftung des VW-Konzerns nach § 31 BGB nicht festgestellt werden.

25

Abgesehen hiervon müsste sich die Beklagte aber auch ein etwaiges arglistiges Verhalten des VW-Konzerns nicht zurechnen lassen. Bei der Beklagten handelt es sich um eine rechtlich selbstständige Vertragshändlerin, die als solche Produkte aus dem VW-Konzern vertreibt, was aber nichts daran ändert, dass die Beklagte eine rechtlich selbstständige Verkäuferin dieser Produkte, die sie nicht selbst hergestellt, ist. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Homepage der Beklagten (http://www.audi-m....de/) verweist, wo davon die Rede ist, dass „es hier zu unseren Audi Zweigniederlassungen geht", belegt dies nicht eine „enge Verflechtung" der Beklagten zum VW-Konzern, die eine Repräsentantenhaftung nach § 31 BGB begründen würde. Der fragliche Passus auf der Homepage der Beklagten stellt lediglich diejenigen Niederlassungen der Beklagten vor, in denen der Kunde Audi-Fahrzeuge erwerben kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte rechtlich selbstständiger Vertragshändler der Audi AG ist. Der Kläger muss sich darauf verweisen lassen, dass ein Vertragshändler kein Handelsvertreter, sondern ein sonstiger Absatzmittler ist, für den der Geschäftsherr schon nicht nach § 31 BGB haftet (vgl. MüKoBGB/Arnold BGB § 31 Rn. 22). Noch weniger haftet umgekehrt der Vertragshändler für ein etwaiges Verschulden des Herstellers, dessen Produkte er vertreibt. Auch findet im Verhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller keine Wissenszurechnung in entsprechender Anwendung von § 166 BGB statt (vgl. LG Bielefeld, Urteil vom 03. Februar 2010 - 3 O 222/09 -, Rn. 25, juris).

26

Vielmehr gilt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Vorlieferant des Verkäufers nicht dessen Gehilfe bei der Erfüllung der Verkäuferpflichten gegenüber dem Käufer ist; ebenso ist auch der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (BGH, Urteil vom 02. April 2014 - VIII ZR 46/13 -, BGHZ 200, 337-350, Rn. 31 m.w.N.). Deshalb haftet der Verkäufer auch nicht dafür, dass sein Lieferant ein mit Mängeln behaftetes Produkt in den Verkehr bringt und dies arglistig verschweigt. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn dies dem Verkäufer (hier also der Beklagten) bei Abschluss des Kaufvertrages bekannt oder für diesen zumindest erkennbar war, wofür jedoch im Streitfall nichts ersichtlich ist.

27

b) Der Kläger hat der Beklagten vor seine „Wandelungserklärung" keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass das Schreiben des Klägervertreters vom 13.10.2015 keine Fristsetzung enthält. Zwar bedarf es insoweit nicht der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins. Für eine Fristsetzung im Sinne der vorgenannten Vorschriften genügt es vielmehr, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Dem Schuldner soll mit der Fristsetzung vor Augen geführt werden, dass er die Leistung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken kann, sondern dass ihm hierfür eine zeitliche Grenze gesetzt ist. Dieser Zweck wird durch eine Aufforderung, sofort, unverzüglich oder umgehend zu leisten, hinreichend erfüllt (BGH, Urteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 176/14 -, Rn. 11, juris). Indes hat der Kläger die Beklagte im Schreiben vom 13.10.2015 gerade nicht zu einer bestimmten Leistung aufgefordert, sondern lediglich allgemein „Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht“ und um Stellungnahme hierzu gebeten. Dies genügt auch bei großzügiger Auslegung nicht den Anforderungen an eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, was wohl auch der Klägervertreter selbst so gesehen hat, da er dann im Schreiben vom 16.11.2015 eine derartige Fristsetzung ausdrücklich erklärt hat (GA 28). Den Zugang dieser Aufforderung hat die Beklagte indes in Abrede gestellt. Da der Kläger die Beweislast für den Zugang der Fristsetzung trägt (BeckOK BGB/H. Schmidt BGB § 323 Rn. 12-12b, beck-online) und er keinen Beweis für den Zugang anbietet, ist zu seinen Lasten davon auszugehen, dass die Fristsetzung vom 16.11.2015 der Beklagten nicht zugegangen ist, so dass es vor der als Rücktrittserklärung auszulegenden „Wandelung“ vom 28.12.2015 an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung fehlt.

28

c) Eine solche war hier auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Beklagte innerhalb angemessener Frist den streitgegenständlichen Mangel ohnehin nicht hätte beheben können, weil ihr nach ihrem eigenen Vorbringen das hierzu erforderliche Software-Update erst im Laufe des Jahres 2016 von der Herstellerfirma bzw. dem VW-Konzern zur Verfügung gestellt werden wird, nachdem es vom Kraftfahrtbundesamt freigegeben sein wird.

29

aa) Allerdings ergibt sich aus der Wertung des § 440 BGB und dem Grundsatz, dass rechtsgeschäftliche Erklärungen, die auf eine reine Förmelei hinauslaufen würden, zur Vorbereitung eines Gestaltungsrechts nicht verlangt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 2014 - VII ZR 58/13 -, Rn. 29, juris) sowie letztendlich auch aus § 275 BGB, dass vom Käufer eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht verlangt werden kann, wenn von vornherein feststeht, dass der Verkäufer den Mangel innerhalb der gesetzten - angemessenen - Frist nicht wird beseitigen können. Dies wäre hier etwa der Fall, wenn man dem Kläger entgegenhalten würde, er habe der Beklagten vor der Erklärung seines Rücktritts am 28.12.2015 noch eine Frist zur Nacherfüllung von jedenfalls 4 oder 6 Wochen setzen müssen, denn die Beklagte hätte ohnehin keine Möglichkeit gehabt, innerhalb einer solchen Frist das SoftwareUpdate aufzuspielen, da ihr dieses nicht zur Verfügung stand und sie als Händlerin auch nicht befugt gewesen wäre, einseitig, also ohne die erforderliche Zulassung durch das Kraftfahrtbundesamt, Eingriffe in die Motorsteuerung des fraglichen Fahrzeugs zu nehmen.

30

bb) Aus dem gleichen Grund, nämlich dem der faktischen Unmöglichkeit einer kurzfristigen Mangelbeseitigung, verfängt auch der Einwand der Beklagten nicht, der Kläger könne deshalb nicht vom Vertrag zurücktreten, weil die Nacherfüllung im Sinne der Installation des Software-Updates für sie, die Beklagte, nur mit Kosten von maximal 100,-- €, also weniger als einem Prozent des Kaufpreises, verbunden sein werde, weshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28. Mai 2014 - VIII ZR 94/13 -, BGHZ 201, 290-310, Rn. 19; vom 29. Juni 2011 - VIII ZR 202/10 -, Rn. 19, juris) in jedem Fall von einem nur unerheblichen Mangel auszugehen sei, bei dem ein Rücktritt nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen sei. Die Beklagte übersieht dabei, dass für die Beurteilung der Frage, ob die in der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung unerheblich ist und deswegen das Rücktrittsrecht des Käufers ausschließt, auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abzustellen ist und es dem erklärten Rücktritt deshalb nicht die Wirksamkeit nimmt, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der zum Zeitpunkt des Rücktritts nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwand behebbare Mangel mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand korrigiert werden kann (BGH, Urteil vom 15. Juni 2011 - VIII ZR 139/09 -, Rn. 9, juris). Für den Streitfall bedeutet das, dass man dann, wenn man dem Kläger das Recht zubilligen wollte, von der Beklagten am 28.12.2015 eine Mangelbeseitigung innerhalb einer Frist von 4 oder 6 Wochen zu verlangen, nicht von einem nur unerheblichen Mangel ausgegangen werden könnte, weil die Beklagte innerhalb dieser Frist gerade nicht Möglichkeit gehabt hätte, den Mangel mit einem geringfügigen Kostenaufwand zu beheben. Vielmehr war es der Beklagten innerhalb einer solchen Frist unmöglich, den Mangel zu beheben, da ihr das hierzu erforderliche Software-Update nicht zur Verfügung stand und sie auch nicht Möglichkeit gehabt hätte, ein solches zu entwickeln und dessen Zulassung zum Straßenverkehr zu erreichen. Dies hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2016 auch bestätigt (GA 77).

31

d) Indes wäre eine Frist zur Mangelbeseitigung von 4 oder 6 Wochen nicht angemessen i.S. v. § 323 Abs. 1 BGB; vielmehr wäre eine angemessene Frist noch immer nicht abgelaufen.

32

aa) Die Angemessenheit der Frist beurteilt sich zwar vorrangig nach dem Interesse des Käufers, der gerade bei den Alltagsgeschäften die kurzfristige Reparatur oder den sofortigen Austausch der mangelhaften Sache beanspruchen kann (vgl. BT-Drucks. 10/6040, S. 234). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Verkäufer dem Käufer die Zeit zugestehen muss, die dieser für die geforderte Art der Nacherfüllung bei objektiver Betrachtung benötigt, weshalb letztendlich die Frage der Angemessenheit der Frist nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet werden kann (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. 2014, Rn. 902f). Anders ausgedrückt bestimmt sich die Angemessenheit der Frist nach den Umständen des konkreten Vertrags, wobei die Interessen beider Vertragsparteien zu berücksichtigen sind. Einerseits hat der Gläubiger ein Interesse an alsbaldiger Klarheit darüber, ob der Schuldner die Leistung erbringen wird; andererseits soll dem Schuldner die letzte Möglichkeit gegeben werden, die Leistung tatsächlich noch zu erbringen. Die Frist muss daher so lang bemessen sein, dass der Schuldner in der Lage ist, die bereits begonnene Erfüllung zu beschleunigen und zu vollenden. Sie braucht jedoch nicht so lang zu sein, dass der Schuldner die Möglichkeit hat, erst jetzt mit der Leistungsvorbereitung, z.B. der Beschaffung von Gattungssachen, zu beginnen (vgl. Alpmann in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 323 BGB, Rn. 24).

33

bb) Nach diesen Grundsätzen kann, bezogen auf den Zeitpunkt 28.04.2016 (§ 128 Abs. 2 S. 2 ZPO), nicht davon ausgegangen werden, dass eine vom Kläger der Beklagten zuzugestehende Frist zur Nacherfüllung bereits abgelaufen wäre.

34

Aus der von der Beklagten vorgelegten Pressemitteilung der Volkswagen AG vom 25.11.2015 (GA 93), die auch dem Kläger bei Erklärung seines Rücktritts zugänglich war, ergibt sich, dass für die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge in Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrtbundesamt und in Abstimmung mit diesem ein ServiceKonzept erarbeitet werden soll, dessen Umsetzung sich für alle Motorvarianten über das Jahr 2016 erstrecken wird. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die betroffenen Fahrzeuge auch bis zu ihrer Umrüstung weiterhin technisch sicher und fahrbereit sind und deshalb uneingeschränkt im Straßenverkehr genutzt werden können. Letzteres wird auch vom Kläger, der selbst keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Benutzbarkeit seines Fahrzeugs geltend macht, nicht in Zweifel gezogen.

35

Bei dieser Sachlage war es dem Kläger aus Sicht des Gerichts aber zumutbar, es der Beklagten zu ermöglichen, das „Service-Konzept" des VW-Konzerns auch an seinem Fahrzeug zunächst einmal umzusetzen, anstatt der Beklagten eine so kurze Frist zur Nacherfüllung zu setzen, die ihm, dem Kläger, ermöglichte, sich von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zu lösen, bevor das Software-Update für sein Fahrzeug überhaupt zur Verfügung stand. Es trifft zwar durchaus zu, dass im Hinblick darauf, dass diese Frist nach der zitierten Pressemitteilung ein Jahr betragen kann, dem Kläger als Käufer damit ein ungewöhnlich langes Zuwarten zugemutet wird, das deutlich über demjenigen liegt, das Käufer von Kraftfahrzeugen sonst hinnehmen müssen. Andererseits gilt aber auch, dass - anders als in sonstigen Mängelfällen - der Kläger sein Fahrzeug bis zum Aufspielen des Software-Updates uneingeschränkt nutzen kann. Der Kläger muss sich in diesem Zusammenhang darauf verweisen lassen, dass dann, wenn der „VW-Abgaskanal" nicht aufgedeckt worden wäre, er überhaupt keine Veranlassung gehabt hätte, über eine Nacherfüllung oder über einen mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag auch nur nachzudenken.

36

Ein objektiv erkennbares Interesse, dass das fragliche Software-Update vor Ende des Jahres 2016 aufgespielt wird, macht der Kläger auch nicht geltend. Für den Kläger stellt sich die Situation, jedenfalls was die Nutzung des fraglichen Fahrzeugs anbelangt, derzeit nicht anders dar als in den über 2% Jahren vor Aufdeckung des „VW - Abgaskanals", in denen er - jedenfalls soweit ersichtlich - keinerlei Beanstandungen hinsichtlich des fraglichen Fahrzeugs hatte. Sonstige denkbare Einwände gegen eine „Stillhalten" bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Fahrzeug des Klägers mit dem Software-Update „an der Reihe ist", werden vom Kläger nicht einmal geltend gemacht.

37

So macht der Kläger nicht geltend, er habe sein Fahrzeug unabhängig vom Auftreten des „VW-Abgaskanals" veräußern wollen und sei nunmehr hieran gehindert, weil er nicht mehr den ansonsten zu erwartenden Verkaufserlös erzielen könne. Es kann deshalb dahinstehen, ob dies ein Gesichtspunkt wäre, der dem Kläger die Möglichkeit geben könnte, sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zu lösen.

38

cc) Hinzu kommt, dass es dem Kläger im Ergebnis auch nicht darum geht, im Wege der Nacherfüllung ein Kraftfahrzeug zu erhalten, das den geltenden Normen entspricht, sondern dass er offenbar beabsichtigt, aus dem „VW-Abgaskanal" Profit zu schlagen, was sich insbesondere daraus erschließt, dass der Kläger den vollen Kaufpreis für das Fahrzeug zurück verlangt, obwohl er mit diesem bereits eine Fahrstrecke von 90.000 km beanstandungsfrei zurückgelegt hat. Der Kläger muss sich insoweit darauf verweisen lassen, dass er diese - für ihn äußerst lukrative - „Problemlösung" selbst dann nicht einfordern könnte, wenn er bei Abschluss des Kaufbetrages arglistig getäuscht worden wäre, da er auch dann im Rahmen des Vorteilsausgleichs sich die von ihm gezogenen Nutzungen anrechnen lassen müsste (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 06. November 2014 - 8 U 163/13 -, Rn. 99, juris).

39

Für den vorliegenden Fall würden sich diese wie folgt berechnen: Da es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um ein Dieselfahrzeug eines namhaften Herstellers handelt, kann von einer geschätzten Gesamtlaufleistung von 250.000 km ausgegangen werden (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 02. Oktober 2015 - 17 U 43/15 -, Rn. 48, juris), sodass sich bei einer Laufleistung von 26.500 km bei Übergabe eine Restlaufleistung von 223.500 km ergibt. Hiervon hat der Kläger mit gefahrenen 90.000 km ca. 40,2 % „verbraucht", so dass er sich einen entsprechenden Abzug vom gezahlten Kaufpreis, hier also von ca. 9.443,-- €, gefallen lassen müsste, weshalb seine Klage in dieser Höhe selbst bei Erfolg seiner Rücktrittsverlangens unbegründet wäre.

40

dd) Letztendlich gilt aber, dass dem Kläger im derzeitigen Zeitpunkt überhaupt kein Rücktrittsrecht zuzugestehen ist, weil er aus den dargelegten Gründen zunächst einmal den Erfolg der noch ausstehenden Nacherfüllung abzuwarten hat.

41

Wie das Landgericht Münster in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 14. März 2016 zutreffend ausgeführt hat, ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der vom Kläger gerügten Mangelhaftigkeit nicht um einen Einzelfall handelt, sondern dass vielmehr allein in Deutschland bekanntermaßen Millionen von Fahrzeugen betroffen sind, weshalb insofern dem VW-Konzern und auch seinen Vertragshändlern zuzugestehen war und ist, zunächst eine Problemlösung zu entwickeln und eine Strategie zur Umsetzung derselben zu entwerfen, insbesondere auch unter Einbeziehung der beteiligten Behörden (LG Münster, Urteil vom 14. März 2016 - 11 O 341/15, 011 O 3011 O 341/15 -, Rn. 20, juris).

42

ee) Ein Zuwarten, ggfls. bis zum Ende des Jahres 2016, ist für den Kläger schließlich auch nicht deshalb unzumutbar, weil er ansonsten die Verjährung seiner Gewährleistungsrechte befürchten müsste. Soweit der Kläger sich insoweit - allerdings zu Unrecht, s. O. - auf eine arglistige Täuschung seitens der Beklagten beruft, ist im Hinblick darauf, dass der „VW-Abgasskandal“ erst im Lauf des Jahres 2015 bekannt wurde, eine Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs nicht vor Ende des Jahres 2018 zu besorgen (§ 438 Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die „gewöhnlichen“, kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte des Klägers, für die gem. §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB eine zweijährige Verjährungsfrist, beginnend mit der Ablieferung der Kaufsache, gilt, waren im Hinblick darauf, dass die Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs am 09.01.2013 erfolgt ist, bei Aufdeckung des „VW-Abgasskandals“ im September 2015 bereits verjährt, sodass auch insoweit ein Rechtsnachteil durch Vollendung der Verjährung nicht zu besorgen war.

43

Auch unter dem Gesichtspunkt der drohenden Verjährung ist es dem Kläger also zuzumuten, noch so lange zuzuwarten, bis sein Fahrzeug nach dem zwischen dem VW-Konzern und dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmten bzw. abzustimmenden Maßnahmenplan „an der Reihe ist“, denn ein besonderes, anerkennenswertes Interesse an einem sofortigen Rücktritt macht der Kläger nicht geltend und versucht dies noch nicht einmal. Zum gem. § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkt des 28. April 2016 ist die der Beklagten zuzugestehende Frist zur Nacherfüllung somit noch nicht abgelaufen.

44

3. Ob dann, wenn das erforderliche Software-Update für das Fahrzeug des Klägers zur Verfügung stehen wird, durch dieses eine ordnungsgemäße Nacherfüllung gewährleistet sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt ebenso wie die Frage, ob dann der Geringfügigkeitseinwand der Beklagten durchgreifen wird, dahinstehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage jedenfalls verfrüht erhoben und deshalb als unbegründet abzuweisen.

45

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 1 ZPO.