Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2016:0314.2U107.15.00
bei uns veröffentlicht am14.03.2016

Tenor

Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 17.9.2015 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 36. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 36 O 164/14 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14.4.2016.


1 2 3 4 5 6

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein
Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15 zitiert 9 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Insolvenzordnung - InsO | § 143 Rechtsfolgen


(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem E

Insolvenzordnung - InsO | § 129 Grundsatz


(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechts

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Insolvenzordnung - InsO | § 134 Unentgeltliche Leistung


(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsg

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberlandesgericht Köln Beschluss, 14. März 2016 - 2 U 107/15 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2012 - IX ZR 77/11

bei uns veröffentlicht am 08.11.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 77/11 Verkündet am: 8. November 2012 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung

Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2011 - IX ZR 166/08

bei uns veröffentlicht am 17.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 166/08 Verkündet am: 17. März 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 129 Abs. 1 Der An

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2009 - IX ZR 86/08

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 86/08 Verkündet am: 9. Juli 2009 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 129 Abs. 1; AO § 76;

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2008 - IX ZR 17/07

bei uns veröffentlicht am 05.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 17/07 Verkündet am: 5. Juni 2008 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja StPO § 153a Abs. 1 Satz

Landgericht Köln Urteil, 17. Sept. 2015 - 36 O 164/14

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.2014 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des

Referenzen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.03.2014 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 86/08
Verkündet am:
9. Juli 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Entsteht an dem Bier, das der Schuldner braut, eine Sachhaftung zur Sicherung
der Biersteuer, wird dadurch eine objektive Gläubigerbenachteiligung bewirkt,
selbst wenn mit dem Brauvorgang eine übersteigende Wertschöpfung zugunsten
des Schuldnervermögens erzielt wurde.
BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08 - LG Regensburg
AG Regensburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2009 durch die Richter Prof. Dr. Kayser, Vill, die Richterin Lohmann,
die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 6. Mai 2008 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 9. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger wurde mit Beschluss vom 6. März 2006 zum vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt, mit Beschluss vom 1. September 2006 zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bestellt.
2
Während des Eröffnungsverfahrens führte der Schuldner seine Gaststätte mit Brauerei fort. Zu diesem Zweck wurde von ihm Bier gebraut, wodurch zu Gunsten der beklagten Bundesrepublik Deutschland Biersteuer entstand. Mit Bescheiden vom 23. Mai, 7. Juni, 7. Juli, 2. August und 28. August 2006 setzte die Beklagte diese in Höhe von insgesamt 930,60 € gegenüber dem Kläger für den Schuldner fest. Mit jeweiligem Bescheid vom gleichen Datum wurde zur Sicherung des Biersteueraufkommens die Beschlagnahme des Bieres angeordnet und dem Schuldner verboten, über das Bier zu verfügen. Da zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Ausschank des Bieres erforderlich war, zahlte der Kläger zur Abwendung der Beschlagnahme die geltend gemachte Biersteuer unter dem Vorbehalt der Insolvenzanfechtung. Am 14. August 2006 erstattete die Beklagte einen Betrag von 186,99 € an den Kläger.
3
Mit der Klage begehrt der Insolvenzverwalter die Rückerstattung der restlichen Zahlungen in Höhe von 743,61 € im Wege der Insolvenzanfechtung.
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat sie das Landgericht abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anfechtungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.

I.


6
Das Berufungsgericht hat gemeint, das hergestellte Bier habe der Sachhaftung für die Biersteuer gemäß § 76 AO unterlegen, weshalb die Beklagte zur abgesonderten Befriedigung nach § 51 Nr. 4 InsO berechtigt gewesen sei. Die Herstellung des Bieres stelle keine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO dar. Die damit verbundenen Handlungen seien dem Schuldner zuzurechnen. Mit der Herstellung des Bieres entstehe die Biersteuer gemäß § 7 Abs. 2 BiersteuerG und die Sachhaftung gemäß § 76 AO. Dies rechtfertige es, im Bierbrauen eine Rechtshandlung des Schuldners zu sehen.
7
Hierdurch seien die Insolvenzgläubiger aber nicht benachteiligt worden, weil aus dem Schuldnervermögen nichts weggeben worden sei. Das Bier sei bereits mit der Sachhaftung belastet entstanden. Zwar sei das Bier womöglich aus bereits im Vermögen des Schuldners verhandenen Grundstoffen hergestellt worden. Damit könnten mittelbar Teile des Schuldnervermögens mit der Sachhaftung belastet worden sein. Das fertige Produkt Bier habe aber einen wesentlich höheren Wert als die hierzu verwendeten Zutaten. Durch die Erzeugung des Bieres sei demgemäß das Schuldnervermögen gemehrt, nicht gemindert worden. Lediglich die Mehrung des Vermögens sei durch die Biersteuer geringer ausgefallen.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Zahlung der Biersteuer an die Beklagte ist anfechtbar.
9
1. Die Zahlung der Biersteuer durch den Kläger oder durch den Schuldner mit Zustimmung des Klägers war eine Rechtshandlung, durch die der Beklagten als Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO) die Befriedigung ihrer Forderung auf Zahlung von Biersteuer gewährt wurde. Der Beklagten war zu dieser Zeit der Eröffnungsantrag bekannt, denn sie hat ihre Bescheide an den Kläger als vorläufigen Insolvenzverwalter gerichtet. Damit liegen bereits die Vorausset- zungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO vor. Ob daneben im Hinblick auf die angeordnete Beschlagnahme des Bieres und das Veräußerungsverbot eine inkongruente Deckung und damit auch die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegeben sind, kann deshalb dahinstehen.
10
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an der für jede Anfechtung gemäß § 129 InsO erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung.
11
a) Da der Schuldner das Bier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ohne Erlaubnis zur Herstellung unter Steueraussetzung braute, entstand die Biersteuer gemäß § 5 Abs. 2, § 7 Abs. 2 BiersteuerG mit der Herstellung und war gemäß § 9 Abs. 2 BiersteuerG sofort fällig. Entsprechend wurde die Steuer jeweils durch das Hauptzollamt festgesetzt. Außerdem unterlag das Bier mit dem Beginn des Produktionsvorganges der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO mit der Folge, dass der Beklagte gemäß § 51 Nr. 4 InsO im eröffneten Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht an dem Bier zugestanden hätte (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 51 Rn. 246, 249). Darüber hinaus hat das Hauptzollamt gemäß § 76 Abs. 3 AO das gebraute Bier jeweils mit Beschlag belegt und dem Kläger verboten, über das Bier zu verfügen.
12
Durch die Zahlung der Biersteuer erreichte der Kläger, dass die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 3 AO erlosch und er nach der jeweils erfolgten Aufhebung der Beschlagnahme über das Bier verfügen und es in der Gastwirtschaft ausgeschenkt werden konnte. Die Deckung von Absonderungsrechten ist jedoch insoweit nicht anfechtbar, als der Empfänger aus dem Absonderungsgegenstand hätte Befriedigung erlangen können (BGHZ 138, 291, 306 f; 157, 350, 353; BGH, Urt. v. 21. März 2000 - IX ZR 138/99, ZIP 2000, 898; v. 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, ZIP 2002, 2182, 2183 f; v. 20. März 2003 - IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809; v. 9. November 2006 - IX ZR 133/05, ZIP 2007, 35, 36 Rn. 8; v. 25. Oktober 2007 - IX ZR 157/06, ZIP 2008, 131 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 61).
13
b) Die Entstehung der Sachhaftung des Bieres für die Biersteuer gemäß § 76 AO war durch den Insolvenzantrag, die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung und die Untersagung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nicht gehindert.
14
aa) Die Rückschlagsperre des § 88 InsO steht der Entstehung der Sachhaftung nicht entgegen, weil die gesetzliche Wirkung des § 76 Abs. 2 AO an einen rein tatsächlichen Vorgang anknüpft und einer Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht gleichsteht (MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 51 Rn. 251; Jaeger/Henckel, InsO § 51 Rn. 62; FK-InsO/Imberger, 5. Aufl. § 51 Rn. 67; HKInsO /Lohmann, aaO § 51 Rn. 52; Bähr/Smid, InVO 2000, 401, 403).
15
bb) Die Beschlagnahme, die der Finanzbehörde gemäß § 76 Abs. 3 AO gestattet ist, wird für die Entstehung der Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO nicht vorausgesetzt (Jaeger/Henckel aaO; MünchKomm-InsO/Ganter aaO Rn. 244, 248; HK-InsO/Lohmann, aaO). Deshalb wirkt sich nicht aus, dass mit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß Nr. 4 des Beschlusses vom 6. März 2006 Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen waren, gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO untersagt beziehungsweise eingestellt worden sind.
16
Auch cc) der Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO verhinderte das Entstehen der Sachhaftung nicht. Selbst wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, der Schuldner habe selbst keine wirksamen Verfügungen treffen und somit auch kein Absonderungsrecht begründen können, weshalb auch das Brauen von Bier durch den Schuldner nicht zum Entstehen der Sachhaftung habe führen können, wäre das Entstehen der Sachhaftung nicht verhindert worden; denn der Kläger hat als vorläufiger Insolvenzverwalter nach eigenem Vortrag das Unternehmen fortgeführt und dem Brauen des Bieres zugestimmt, der Schuldner also insoweit wirksam - nämlich mit Zustimmung des Klägers - verfügt.
17
dd) Die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 1 AO entsteht ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter an der verbrauchssteuerpflichtigen Ware. Daraus folgt, dass die Sachhaftung privaten Rechten Dritter vorgeht, die Beklagte wegen der hierdurch gesicherten Biersteuerforderung also die Stellung eines erstrangigen öffentlich -rechtlichen Pfandgläubigers hatte. Etwaige dem Erwerb dieses Rechts entgegenstehende Rechte Dritter waren gemäß § 76 Abs. 1 AO nachrangig (vgl. Pahlke/Koenig/Intemann, AO 2. Aufl. § 76 Rn. 9; Beermann/Gosch/Jatzke, AO § 76 Rn. 2; Klein/Rüsken, AO 9. Aufl. § 76 Rn. 1; FK-InsO/Imberger, aaO § 51 Rn. 67; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 51 Rn. 39).
18
ergibt Zwar sich aus der Sachhaftung kein Vorrecht der gesicherten Steuerschuld im Insolvenzverfahren; diese ist eine einfache Insolvenzforderung. Die auf § 76 AO beruhende Sachhaftung bewirkt aber den Erwerb einer erstrangigen dinglichen Pfandberechtigung, die ein entsprechendes Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 4 InsO begründet (Bähr/Smid, aaO S. 407).
19
c) Die Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO ist aber ihrerseits in anfechtbarer Weise entstanden. Es fehlt insoweit auch nicht an der objektiven Gläubigerbenachteiligung , § 129 Abs. 1 InsO.
20
aa) Das Brauen von Bier stellt eine Rechtshandlung im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO dar.
21
Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10; BGH, Urt. v. 12. Februar 2004 - IX ZR 98/03, WM 2004, 666, 667; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 129 Rn. 7; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 10). Zu den Rechtshandlungen zählen daher nicht nur Willenserklärungen als Bestandteil von Rechtsgeschäften aller Art und rechtsgeschäftähnliche Handlungen, sondern auch Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst, wie das Einbringen einer Sache, das zu einem Vermieterpfandrecht führt (BGHZ 170, 196, 200 Rn. 10; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 12; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 129 Rn. 7).
22
Als Rechtshandlung kommt danach jedes Geschäft in Betracht, das zum (anfechtbaren) Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, ZIP 2009, 186, 187 Rn. 12; HK-InsO/ Kayser, aaO § 96 Rn. 32).
23
Deshalb stellt auch das Brauen von Bier eine solche Rechtshandlung dar, weil es mit dem Beginn des Herstellungsvorganges die Sachhaftung für die Biersteuer zum Entstehen bringt, wodurch das Schuldnervermögen belastet wird.

24
bb) Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt vor.
25
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt grundsätzlich vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat (BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489 mit zahlreichen Nachweisen; vom 6. April 2006 - IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1007, 1011 Rn. 20), wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGHZ 124, 76, 78 f; 170, 276, 280 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, aaO § 129 Rn. 37).
26
Durch das Brauen des Bieres und die dadurch entstandene Sachhaftung für die Biersteuer ist das Schuldnervermögen mit einer dinglichen Haftung für eine einfache Insolvenzforderung belastet worden. Dadurch haben sich die Befriedigungsmöglichkeiten der anderen Insolvenzgläubiger verschlechtert. Daran ändert sich nichts dadurch, dass sich durch dieselbe Handlung die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt; eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist im Insolvenzanfechtungsrecht nicht zulässig. Vielmehr muss für die Zwecke des Anfechtungsrechts das Entstehen der Sachhaftung und damit des Absonderungsrechts der Beklagten zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger isoliert betrachtet werden.
27
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder der Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523).

28
Eine Saldierung mit der durch den Brauvorgang einhergehenden Wertschöpfung widerspräche dem Schutz der Insolvenzmasse. Denn weder durch das Entstehen der Biersteuer, die selbst eine einfache Insolvenzforderung darstellt , noch durch die Begründung der Sachhaftung ergibt sich für die Insolvenzmasse ein ausgleichender Vorteil.
29
(2) Angefochten und im Interesse der Gläubigergesamtheit nach § 143 Abs. 1 InsO rückgängig zu machen ist genau genommen nicht die Rechtshandlung selbst, sondern deren gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird. Mit der Anfechtung wird nicht ein Handlungsunrecht sanktioniert. Angefochten wird vielmehr allein die durch die Rechtshandlung ausgelöste Rechtswirkung, die gläubigerbenachteiligend ist (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, ZIP 1999, 406; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 6). Entscheidende Frage ist deshalb, ob die konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung Bestand haben soll (BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 aaO).
30
Demgemäß (3) hat der Senat zur Anfechtung der Aufrechnungslage schon unter Geltung der Konkursordnung entschieden, dass nicht das die Aufrechnung letztlich ermöglichende Geschäft, also etwa der Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Gläubiger, Gegenstand der Anfechtung ist; zum Schutz der Insolvenzmasse muss vielmehr als anfechtbare Rechtshandlung isoliert die Herstellung der Aufrechnungslage verstanden werden (BGHZ 147, 233, 236).
31
Diese Rechtsfolge gilt erst Recht im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung , weil § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Aufrechnung umfassend für unzulässig erklärt, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523). Ist aber die Herstellung der Aufrechnungslage allein anfechtbar, nicht nur zusammen mit dem zugrunde liegenden Vertragsschluss , können auch nur diejenigen Vorteile Berücksichtigung finden, die unmittelbar durch die Herstellung der Aufrechnungslage für die Insolvenzmasse entstanden sind (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
32
Die der Anfechtung unterliegende Handlung bestimmt zwar den Urheber und die Verantwortlichkeit, welche die Anfechtungsvorschriften voraussetzen. Zurückzugewähren ist aber nur der beim Gläubiger eingetretene Erfolg, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Damit können auch einzelne, abtrennbare Wirkungen sogar einer einheitlichen Rechtshandlung erfasst werden; deren Rückgewähr darf nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die Handlung auch sonstige, für sich nicht anfechtbare Rechtsfolgen ausgelöst habe, mögen diese auch - ohne Zutun des Anfechtungsgegners - die Masse erhöht haben. Einen Rechtsgrundsatz, dass mehrere von einer Rechtshandlung verursachte Wirkungen nur insgesamt oder gar nicht anfechtbar seien, gibt es auch für solche Folgen nicht, die im Kausalverlauf ferner liegen als nähere, unanfechtbare Folgen (BGHZ 147, 233, 236).
33
Der Abschluss eines Vertrages, der dem Anfechtungsgegner die Aufrechnung ermöglicht, muss deshalb selbst nicht angefochten werden. Angefochten wird lediglich die Herbeiführung der Rechtsfolge, die von Gesetzes wegen gemäß § 387 BGB eintritt. Rückabzuwickeln ist deshalb nicht der Kaufvertrag ; aus ihm darf aber die entstandene Kaufpreisforderung des Schuldners nicht im Wege der Aufrechnung zur Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners verwendet werden (BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 aaO).
34
(4) Beim Vermieterpfandrecht hat der Senat die der Anfechtung zugrunde zu legende Rechtshandlung im Einbringen der Sache gesehen, das zum Entstehen des Vermieterpfandrechts geführt hat (BGHZ 170, 196, 199 f Rn. 10 f). Rückabzuwickeln wäre auch hier bei Anfechtbarkeit nicht die Rechtshandlung als solche, also der Einbringungsvorgang, sondern die sich von Gesetzes wegen hieraus ergebende Rechtswirkung, nämlich das Entstehen des Vermieterpfandrechts gemäß § 562 Abs. 1 BGB (vgl. BGHZ 170, 196, 199 ff Rn. 9 ff).
35
(5) Dies ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 140 Abs. 1 InsO. Eine Rechtshandlung gilt danach als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Auch diesen Grundsatz hatte die Rechtsprechung schon zum früheren Recht entwickelt. Die Rechtswirkungen im anfechtungsrechtlichen Sinne treten ein, wenn eine Rechtsposition begründet worden ist, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste (Begründung zu § 159 des Regierungsentwurfs einer InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 166) oder - anders ausgedrückt - sobald die Rechtshandlung die Gläubigerbenachteiligung bewirkt hat (vgl. BGHZ 156, 350, 357; 170, 196, 201 Rn. 13 m.w.N.).
36
Ist aber danach maßgeblich auf die eingetretene Rechtswirkung abzustellen , die die Benachteiligung der Gläubigergesamtheit zur Folge hat, kann ein Vorteilsausgleich mit sämtlichen anderen Wirkungen der Rechtshandlung nicht vorgenommen werden. Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens (hier: Entstehung der Sachhaftung) oder der Vermehrung der Passiva zu beurteilen (BGHZ 174, 228, 234 Rn. 18). Deshalb sind nur solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die konkret angefochtene Rechtswirkung anknüpfen.

37
Da jedoch mit der Entstehung der Sachhaftung selbst für die Masse keine anderweitige Mehrung des Aktivvermögens oder Minderung der Passiva verbunden war, ist die durch die Sachhaftung eingetretene Gläubigerbenachteiligung nicht ausgeglichen worden.
38
cc) Auch die übrigen Voraussetzungen der Deckungsanfechtung liegen vor.
39
(1) Durch die nach § 76 Abs. 1 AO entstandene Sachhaftung wurde der Beklagten eine Sicherung ihres Anspruchs auf Zahlung von Biersteuer gewährt, § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO.
40
(2) Ob es sich bei dem Entstehen der Sachhaftung um eine kongruente oder inkongruente Deckung handelte, kann wiederum dahinstehen.
41
schon Da die strengeren Voraussetzungen der Anfechtung der kongruenten Deckung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO erfüllt sind, kommt es auf das Vorliegen einer Inkongruenz nicht an. Der Brauvorgang, der zur Entstehung der Sachhaftung führte, wurde nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen. Der Beklagten war zur Zeit der Handlung der Eröffnungsantrag bekannt. Sie hat ihre gegen den Schuldner gerichteten Bescheide dem vorläufigen Insolvenzverwalter übersandt.
42
d) Der Anfechtung steht schließlich nicht entgegen, dass der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter der Rechtshandlung des Schuldners zugestimmt hat (vgl. BGHZ 161, 315, 317 ff; 165, 283, 285 ff). Einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand hat der Kläger schon deswegen nicht geschaffen, weil er die Zahlung der Biersteuer unter Hinweis auf die beabsichtigte spätere Anfechtung vorgenommen hat (BGHZ 161, 315, 321).
Kayser Vill Lohmann
RiBGH Dr. Pape kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben. Fischer Kayser
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 09.10.2007 - 3 C 2130/07 -
LG Regensburg, Entscheidung vom 06.05.2008 - 2 S 262/07 (3) -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 166/08
Verkündet am:
17. März 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung
, den Kreditbetrag einem bestimmten Gläubiger zuzuwenden, gehört grundsätzlich
zur Insolvenzmasse. Das gilt auch dann, wenn der Kredit nicht unmittelbar
an den Begünstigten ausgezahlt wird, sondern die Valuta zunächst auf das Fremdgeldkonto
eines von Schuldner und Darlehensgeber gemeinsam beauftragten
Rechtsanwalts überwiesen und von dort an den Begünstigten weitergeleitet wird
(Fortführung von BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, NZI 2001, 539).
BGH, Urteil vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Offenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Dr. Pape und Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 25. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. K. (fortan: Schuldnerin).
2
Am 18. Juni 2003 stellte der Beklagte, gestützt auf Steuerforderungen in Höhe von 70.839,78 €, einen ersten Insolvenzantrag gegen die Schuldnerin. Daraufhin beauftragte diese einen Rechtsanwalt, mit ihren Gläubigern zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens über eine einverständliche Schuldenbereinigung zu verhandeln. Im Rahmen dieses Auftrages vereinbarte der Rechtsanwalt namens der Schuldnerin mit dem Beklagten, dass bei sofortiger Zahlung eines Teilbetrages von 30.000 € auf die offene Steuerschuld der Insolvenzantrag zurückgenommen werde. Die Schuldnerin war nicht in der Lage, diesen Teilbetrag zu zahlen. Deswegen bat sie ihren Lebensgefährten, ihr das Geld zur Verfügung zu stellen. Entsprechend der zunächst mündlich, am 15. September und 22. Oktober 2003 auch schriftlich getroffenen Vereinbarung überwies der Lebensgefährte das Geld auf ein Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts , damit dieser es an den Beklagten weiterleite. Das Geld ging beim Beklagten am 17. September 2003 ein. Dieser erklärte daraufhin am 19. September 2003 den Insolvenzantrag für erledigt.
3
Am 20. Oktober 2004 stellte der Beklagte wegen Abgabenrückständen in Höhe von 115.361,61 € erneut Insolvenzantrag. Am 3. Mai 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger focht die Zahlung an den Beklagten wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§ 133 Abs. 1 InsO) an.
4
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Rückgewähranspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Der Rechtsstreit ist in der Sache jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif.

I.


6
Das Oberlandesgericht hat angenommen, der vom Lebensgefährten darlehensweise zur Verfügung gestellte Betrag sei nicht aus dem Schuldnervermögen geleistet, weswegen die nach § 133 Abs. 1 InsO erklärte Anfechtung in Ermangelung einer Rechtshandlung zulasten des Schuldnervermögens ins Leere gehe. Zwar gehöre der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag trotz des vereinbarten Zwecks, den Kreditbetrag nur an einen bestimmten Gläubiger auszuzahlen, grundsätzlich zur Insolvenzmasse; das gelte jedoch nicht, wenn der Zweckbindung ein treuhänderischer Charakter zukomme. Dies sei im Verhältnis von Schuldnerin, Lebensgefährten und Rechtsanwalt der Fall: Es habe hinsichtlich des auf das Fremdgeldkonto überwiesenen Geldbetrages ein Treuhandverhältnis nicht nur zwischen dem Rechtsanwalt und der Schuldnerin, sondern auch zwischen dem Rechtsanwalt und dem Lebensgefährten bestanden.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Zutreffend gehen Land- und Oberlandesgericht davon aus, dass nach § 129 Abs. 1 InsO jede Anfechtung eine Rechtshandlung voraussetzt, welche die späteren Insolvenzgläubiger benachteiligt. Eine solche objektive Gläubigerbenachteiligung tritt ein, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Dies kann geschehen durch eine Verringerung des Aktivvermögens oder durch eine Vermehrung der Passiva (BGH, Urteil vom 11. No- http://www.juris.de/jportal/portal/t/4yuk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR286600994BJNE015001160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - vember 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 78 f; vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 f; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 18).
9
2. Das Aktivvermögen der Schuldnerin wurde entgegen der Annahme der Vorinstanzen durch die Zahlung an den Beklagten gläubigerbenachteiligend verkürzt.
10
Die a) nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte müssen nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14 mwN). Um eine derartige mittelbare Zuwendung handelt es sich auch hier. Die Schuldnerin hatte gegen den Lebensgefährten zwar keinen Anspruch auf Abschluss des Darlehensvertrages. Die mittelbare Zuwendung konnte aber nur infolge und nach Einräumung des von der Schuldnerin erbetenen Kredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen des Lebensgefährten herrührende Zahlungsfluss ist deshalb der Schuldnerin zuzurechnen (vgl. BGH, aaO). So hat auch der Beklagte die über das Fremdgeldkonto des eingeschalteten Rechtsanwalts erfolgte Zahlung des Lebensgefährten als Leistung der Schuldnerin in Erfüllung der im Ratenzahlungsvergleich vereinbarten Bedingungen verstanden. http://www.juris.de/jportal/portal/t/4yuk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314882003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
11
anfechtungsrechtlicher In Wertung kann eine solche Direktzahlung grundsätzlich nicht anders behandelt werden als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Mai 2003, BGHZ 155, 75, 81 f; vom 6. Oktober 2009, aaO). Für die Anfechtbarkeit reicht es aus, dass der Gegenwert für das, was über die Mittelsperson an den Gläubiger gelangt ist, aus dem Vermögen des Leistenden stammt (BGH, Urteil vom 16. November 2007, aaO Rn. 25). Die objektive Gläubigerbenachteiligung bei der Direktauszahlung des Kredits liegt gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt beziehungsweise nicht dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben sind. Denn was einem Gläubiger zugewendet wird, kann für die Befriedigung der anderen nicht eingesetzt werden (vgl. Raebel, FS Ganter , 2010, S. 339, 342 f).
12
Die gegen die Annahme eines Darlehensvertrages und damit einer mittelbaren Zuwendung gerichtete Gegenrüge der Revisionserwiderung, mit der eine Verletzung des § 286 ZPO geltend gemacht wird, greift nicht durch. Der Beklagte gesteht selbst zu, dass der Lebensgefährte die im Streit stehende Summe der Schuldnerin nach der zwischen beiden getroffenen Abrede zur Verfügung stellen und diese sie später zurückzahlen sollte. Damit sind diejenigen gegenseitigen Pflichten vereinbart gewesen, die für einen zinslosen Darlehensvertrag gemäß § 488 BGB wesentlich sind.
13
b) Der Lebensgefährte der Schuldnerin hat den Geldbetrag nicht unmittelbar an den Beklagten, sondern auf das Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts überwiesen. Er hatte mit der Schuldnerin als Verwendungszweck vereinbart, dass die Darlehensvaluta an den Beklagten auf die beste- http://www.juris.de/jportal/portal/t/2m24/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2om4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/2om4/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE106802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - henden Steuerschulden der Schuldnerin gezahlt werden sollte. Mit der Zahlung sollte der Beklagte bewegt werden, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. Diese Abreden stellen die objektive Gläubigerbenachteiligung nicht in Frage.
14
aa) Allerdings gehören Forderungen des Schuldners, die nicht der Vollstreckung unterliegen, grundsätzlich nicht zur Insolvenzmasse, § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO. Vereinbarte Zweckbindungen können gemäß § 851 Abs. 1 ZPO die Unpfändbarkeit der sie betreffenden Forderungen bewirken. Ob diese Rechtsfolge ganz allgemein oder nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eintritt , dass der Zweckbindung treuhänderischer Charakter zukommt, hat der Senat bisher offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, NZI 2001, 539, 540) und braucht auch hier nicht entschieden zu werden. Durch die Leistung der Schuldnerin ist die Masse nämlich selbst dann verkürzt worden, wenn der Anspruch aus dem Darlehen infolge der Zweckbindung zunächst unpfändbar war.
15
Der Senat hat bereits entschieden, dass die Unpfändbarkeit einer Forderung nicht in jedem Fall zur Massefreiheit führt. Dies gilt insbesondere für Schuldbefreiungsansprüche. Sie gehören, obwohl sie nur an den Drittgläubiger abgetreten werden können (§ 399 Fall 1 BGB) und deshalb gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar sind, zur Insolvenzmasse. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Befreiungsgläubigers wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen in die Masse fallenden Zahlungsanspruch in Höhe der zu tilgenden Schuld um. Die aus der Unabtretbarkeit folgende Unpfändbarkeit des Befreiungsanspruchs dient nicht dem Schutz des Schuldners. Der Anspruch hat auch nicht zum Ziel, dem Drittgläubiger eine insolvenzfeste haftungsrechtliche Zuweisung zu verschaffen. Deshalb muss der Vermögenswert dieses Anspruchs im Falle der Insolvenz desjenigen, dem der Befreiungsan- spruch zusteht, der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO S. 540).
16
Auch der Anspruch eines Schuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einer bestimmten Person zuzuwenden, kann zur Insolvenzmasse gehören. In der Auszahlung des zweckgebundenen Kredits an den Begünstigten hat der Senat eine objektive Gläubigerbenachteiligung gesehen, wenn dadurch sichergestellt werden sollte, dass mit dem Kreditbetrag ein Darlehen des Begünstigten bei der die Zahlung vermittelnden Bank getilgt wurde. Dem Begünstigten ist dabei keine über diesen Zweck hinausgehende insolvenzfeste Sicherung verschafft worden (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO).
17
bb) Ähnlich liegt auch der Streitfall. Mit der Überweisung des Kreditbetrages durch den Lebensgefährten auf das Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts, dem sowohl von der Schuldnerin wie auch dem Lebensgefährten das Geld treuhänderisch anvertraut worden war, sollte die geplante Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Beklagten abgesichert werden. Sowohl die Zweckbindung wie auch die Treuhandabreden sollten mithin dem Beklagten nicht ein veräußerungshinderndes Recht gemäß § 771 ZPO, ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1996 - IX ZR 151/95, NJW 1996, 1543) oder eine insolvenzfeste Sicherung verschaffen. Das Interesse von Schuldnerin und Lebensgefährten, dass das Geld an den Beklagten ausgezahlt wird und bei ihm verblieb, war spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens weggefallen. Auf die Zweckvereinbarung kann es deswegen anfechtungsrechtlich nicht mehr ankommen. Das Interesse des Beklagten, gerade wegen der Insolvenz der Schuldnerin die Teilzahlung behalten zu dürfen , ist nicht schützenswert. Denn wenn die Teilzahlung der Schuldnerin mas- sefrei wäre, würde der Beklagte gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt. Das würde dem im Insolvenzrecht geltenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ebenso widersprechen wie eine schuldbefreiende Drittzahlung an einen Insolvenzgläubiger auf Kosten der Masse, der eine Erfüllungsübernahme zugrunde liegt (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 27).
18
Der Beklagte kann aus dem Darlehensvertrag für sich keine Rechtfertigung für die bevorzugte Gläubigerbefriedigung herleiten. Der Lebensgefährte hätte, um das angestrebte Ziel zu erreichen, sich gegenüber der Schuldnerin auch verpflichten können, sie von der Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten zu befreien. Dann hätte der Beklagte nach § 329 BGB allenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Lebensgefährten gehabt, nicht jedoch ein Ausoder Absonderungsrecht an dem Anspruch auf Auszahlung des Darlehens, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 16. September 1993 - IX ZR 255/92, NJW 1994, 49, 50 f). Demgegenüber haben der Lebensgefährte und die Schuldnerin die Gläubigerbefriedigung noc h nicht einmal zum Vertragsinhalt gemacht, diese war nur Geschäftsgrundlage. Dann aber gibt es noch weniger einen Grund, den Beklagten gegenüber den anderen Gläubigern zu bevorzugen.
19
Zudem wäre ein Schuldner, wenn die Zahlung des Mittlers hier nicht anfechtbar wäre, regelmäßig in der Lage, eigene Vermögenswerte einem Einzelgläubiger unanfechtbar zu übertragen, indem er lediglich eine Zwischenperson einschaltet, für die von dieser zu erbringende Leistung als Zweckbindung die Befriedigung des von ihm ausgewählten Gläubigers vereinbart und die Auszahlung über ein Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Zahlungsmittler beauftragten Treuhänders vornehmen lässt. Damit könnte die Durchsetzung von Rückgewähransprüchen, wie sie durch die Anfechtungsvorschriften begründet sind, weitgehend unterlaufen werden (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001, aaO S. 540).

III.


20
Das Berufungsurteil kann wegen dieses Rechtsfehlers keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), muss sie an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 ZPO). Land- und Berufungsgericht haben - auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung getroffen.
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 28.07.2006 - 3 O 397/05 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 25.07.2008 - 14 U 165/06 -

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 17/07
Verkündet am:
5. Juni 2008
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Einstellung eines Strafverfahrens darf nicht von der Zahlung einer Geldauflage
an die Staatskasse abhängig gemacht werden, wenn der Angeschuldigte durch die
Erfüllung der Auflage seine Gläubiger benachteiligt.
Entrichtet der Angeschuldigte einen Geldbetrag an die Staatskasse, um eine Auflage
zu erfüllen, von der die Einstellung eines Strafverfahrens gegen ihn abhängt, erbringt
er keine unentgeltliche Leistung, wenn die erteilte Auflage in einem ausgewogenen
Verhältnis zu dem Verurteilungsrisiko und dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung
des staatlichen Strafanspruchs steht.
Die vom Schuldner an die Staatskasse geleisteten Zahlungen können vom Insolvenzverwalter
zurückverlangt werden, wenn der Schuldner die hierdurch bewirkte
Benachteiligung seiner Gläubiger billigend in Kauf genommen hat, um durch Erfüllung
einer entsprechenden Auflage die Einstellung eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens
zu erreichen, während die Staatsanwaltschaft wusste, dass die Zahlungs-
unfähigkeit des Schuldners zumindest drohte und die geleisteten Zahlungen seine
Gläubiger benachteiligten.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07 - LG Würzburg
AG Würzburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf das am 23. Mai 2008 geschlossene
schriftliche Verfahren durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,
die Richter Raebel, Vill, Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 7. Februar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Das Landgericht H. stellte am 19. September 2002 ein Strafverfahren wegen Verdachts der Begünstigung des Mitangeklagten M. in 38 Fällen des Anlagebetruges mit Zustimmung des Angeklagten K. und der Staatsanwaltschaft nach § 153a Abs. 2 StPO vorläufig ein. Als Voraussetzung der endgültigen Einstellung wurde K. die ratenweise Zahlung von 2.400 € an die Staatskasse auferlegt. K. überwies die beiden ersten Raten von je 400 € am 1. Oktober und 15. November 2002. Am 3. Dezember 2002 ging sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht W. ein. In der Zeit vom 5. Februar bis zum 11. März 2003 entrichtete K. die weiteren Raten der Geld- auflage an die Staatskasse und erlangte daraufhin am 20. März 2003 die endgültige Einstellung des Strafverfahrens.
2
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des K. wurde auf den gestellten Eigenantrag hin am 8. Oktober 2003 eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Im Mai 2004 focht dieser gegenüber dem beklagten Freistaat die der Einstellungsauflage gemäß erbrachten Zahlungen an. Er verlangt mit der Klage den Zahlbetrag zur Insolvenzmasse zurück.
3
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen bisherigen Sachantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet.

I.


5
Das Landgericht hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt: Die Klage fordere keine unentgeltliche Leistung des Schuldners zurück. Denn das Strafverfahren gegen den Schuldner sei in Abhängi gkeit von der Auflagenerfüllung endgültig eingestellt worden. Die Leistung des Schuldners beruhe nicht auf Freigiebigkeit , sondern auf dem Druck der drohenden Fortsetzung des Strafverfahrens. Auch ein mittelbarer geldwerter Vorteil der Masse könne sich durch die Einstellung ergeben, falls sonst eine höhere Geldstrafe verhängt worden wäre.
Eine Deckungsanfechtung komme nicht in Betracht, weil der Beklagte nicht Insolvenzgläubiger des Schuldners geworden sei. Ebenso scheide eine Anfechtung gemäß § 132 InsO aus, weil kein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift vorliege. Es fehle an einem zivilrechtlichen Vertrag.

II.


6
Demgegenüber rügt die Revision fehlerhafte Rechtsanwendung, die auch darin bestehe, dass sich das Berufungsgericht mit der Vorsatzanfechtung nicht befasst habe. Der Schuldner sei nach seinem lediglich mit Nichtwissen bestrittenen Vortrag in den Tatsacheninstanzen bei Entrichtung der Geldauflage infolge von Verbindlichkeiten in Millionenhöhe - namentlich gegenüber der Stadtsparkasse B. und geschädigten Kapitalanlegern - zahlungsunfähig gewesen. Bereits im Jahre 2000 habe er deswegen die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Aus dem Ermittlungsverfahren gegen den Schuldner und der Hauptverhandlung sei der Staatsanwaltschaft des beklagten Freistaates dies bekannt gewesen. Die Ratenzahlung der Geldauflage habe dem Schuldner gerade deswegen bewilligt werden müssen, weil er zur Einmalzahlung nicht imstande gewesen sei.

III.


7
Die vorgenannte Rüge der Revision greift durch.
8
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Anfechtungsgründe der §§ 130, 132 und 134 InsO verneint.

9
Es a) kann dahinstehen, ob die Verfahrenseinstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO als Rechtsgeschäft des Schuldners nach § 132 Abs. 1 InsO aufgefasst werden kann, weil sie von seiner Zustimmung abhängt. Jedenfalls sind hierdurch die Insolvenzgläubiger des angeklagten Schuldners noch nicht unmittelbar benachteiligt worden, weil dessen Vermögen erst durch die ihm auferlegten Zahlungen an die Staatskasse beeinträchtigt wurde. Vorher stand es dem Schuldner trotz seiner Zustimmung zu der vorläufigen Verfahrenseinstellung frei, ob er die auferlegten Zahlungen erbrachte. Eine neue Verbindlichkeit zu Lasten seines Vermögens war dadurch nicht begründet worden (vgl. BGHSt 28, 174, 177). Mit Recht hat das Berufungsgericht daher auch eine Anfechtung wegen kongruenter Deckung gemäß § 130 InsO ohne weitere Begründung verneint.
10
Die auferlegten Zahlungen selbst waren kein einseitiges Rechtsgeschäft des Schuldners, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung. Diese stellten auch keine nach § 132 Abs. 2 InsO anfechtbaren Rechtshandlungen dar, weil sie keine der dort bezeichneten Folgen hatten.
11
b) Den Begriff der unentgeltlichen Leistung verwendet § 134 InsO gleichbedeutend mit § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO. In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof danach eine Leistung als unentgeltlich im Sinne der §§ 32 KO, 134 InsO angesehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung des Empfängers gegenübersteht, die dem aufgegebenen Vermögenswert entspricht (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157; v. 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03, WM 2006, 1731 f; v. 9. November 2006 - IX ZR 285/03, WM 2007, 708, 709 Rn. 15; v. 19. April 2007 - IX ZR 79/05, ZIP 2007, 1118, 1120 Rn. 16; v. 16. November 2007 - IX ZR 194/04, WM 2008, 173, 174 Rn. 8, z.V.b. in BGHZ; v. 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975, 976 Rn. 7). Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGHZ 113, 98, 102 f; 113, 393, 395 f; 162, 276, 280 f; BGH, Urt. v. 30. März 2006, aaO; v. 9. November 2006, aaO). Die bisherige Formel ist jedoch nur auf Austauschverträge zugeschnitten. Wie im Falle des gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs (siehe dazu BGH, Urt. v. 9. November 2006, aaO) verlangt auch die Prüfung einer Verfahrenseinstellung im Strafverfahren gegen Erfüllung einer Auflage gemäß § 153a Abs. 2 StPO eine sinngemäße Fortbildung dieses Grundsatzes.
12
Im Schrifttum wird die rechtsähnliche Bewährungsauflage gemäß § 56b Abs. 2 Nr. 4 StGB teils als unentgeltliche Leistung beurteilt (Brömmekamp ZIP 2001, 951, 953), teils wird § 134 InsO als nicht anwendbar betrachtet (Ahrens NZI 2001, 456, 459).
13
Die zuletzt genannte Auffassung ist im Ergebnis zutreffend. Der Angeschuldigte erreicht durch die Erfüllung der Auflage gemäß § 153a Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 5 StPO, dass seine angeklagte Straftat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden kann. Der Staat verzichtet damit auf die Durchsetzung seines Strafanspruchs. Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen rechtsgeschäftlich vereinbarten Leistungsaustausch, sondern um eine Rechtsfolge des gerichtlichen Einstellungsbeschlusses. Leistung und Gegenleistung müssen aber, um die Anwendung von § 134 InsO auszuschalten, nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 134 Rn. 17a; zur Einschaltung dritter Personen vgl. auch BGH, Urt. v. 16. November 2007, aaO). Es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung, die aufschiebende Rechtsbedingung einer Gegenleistung, hier der endgültigen Einstellung des Strafverfahrens, ist. Denn nur der Empfänger einer freigiebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige , der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt (vgl. BGHZ 41, 298, 301; 58, 240, 243; BGH, Urt. v. 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91, ZIP 1992, 1089, 1092; Prütting KTS 2005, 253, 255; HKInsO /Kreft 4. Aufl., § 134 Rn. 2).
14
Zwei-Personen-Verhältnis Im hängt die Entgeltlichkeit einer Leistung auch nicht davon ab, ob ihre Gegenleistung - wie bei den meisten Austauschverträgen - dem Vermögen des Leistenden zufließt, wenn sie ihm in anderer Weise zugute kommt. Das geschieht insbesondere, wenn der leistende Schuldner Geld aufwendet, um sich eigene Rechtsgüter zu erhalten, so etwa in der Absicht, Gefahren für seine Gesundheit, seine Freiheit oder sein Eigentum durch Dienstleistungen eines Arztes oder Rechtsanwaltes abzuwenden. Im Streitfall drohte dem angeklagten Schuldner die Verurteilung in eine Freiheitsoder Geldstrafe nebst den Kosten des Strafverfahrens.
15
der Bei gerichtlichen Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StPO kann auch vorausgesetzt werden, dass das Verurteilungsrisiko des Angeschuldigten und das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs auf der einen Seite mit den erteilten Einstellungsauflagen auf der anderen Seite in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Die Sachund Rechtslage ist in diesem Fall nicht anders zu beurteilen, als wenn die Verfahrenseinstellung Gegenstand eines (im Strafprozess nicht zulässigen) Vergleichsvertrages gewesen wäre, durch den die bei verständiger Würdigung des Sachverhaltes oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit über Grund und Höhe des staatlichen Strafanspruchs sowie das Interesse an seiner Durchsetzung durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden sollte.

16
2. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen von § 133 InsO nicht geprüft habe, die nach dem Vortrag des Klägers erfüllt seien.
17
a) Der Kläger hat sich auf den Tatbestand der Vorsatzanfechtung nicht ausdrücklich berufen. Das schadet ihm prozessual nicht. Die Anfechtung einer Rechtshandlung muss vom Insolvenzverwalter nicht ausdrücklich als solche erklärt werden, sondern er übt das Anfechtungsrecht schon dadurch aus, dass er erkennen lässt, eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder ausgleichen zu wollen (BGHZ 135, 140, 149 ff; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, WM 2004, 540; v. 21. Februar 2008 - IX ZR 209/06, ZIP 2008, 888, 889 Rn. 11). Die gesetzliche Vorschrift, auf welche sich die Anfechtungsklage stützt, braucht der Insolvenzverwalter in seinem Prozessvortrag nicht zu bezeichnen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze der Schlüssigkeitsprüfung, welche die richterliche Rechtsfindung auch dann nicht begrenzen, wenn der Kläger zwar einzelne Anfechtungsvorschriften ausdrücklich nennt, zu einem anderen Anfechtungstatbestand aber nur den Sachverhalt vorträgt (vgl. BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, NJW 1999, 645; v. 16. September 1999 - IX ZR 204/98, NJW 1999, 3636, 3637 unter III. 2.).
18
Der b) Kläger hat vorgetragen, dass der Schuldner bei Erfüllung der Geldauflage zugunsten des Beklagten zahlungsunfähig gewesen sei. Diese Behauptung stützte sich auf die Angaben des Schuldners im Ermittlungs- und Strafverfahren sowie auf weitere Umstände. Sie lassen nur den Schluss zu, dass der Schuldner selbst von seiner Zahlungsunfähigkeit ausging. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, so hat er sich typischerweise bei Bewir- kung einer Leistung auch die Benachteiligung seiner Gläubiger zumindest als möglich vorgestellt und in Kauf genommen, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (vgl. BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153; 167, 190, 194 f Rn.14). Jedenfalls nach Einreichung des eigenen Insolvenzantrages ist für die Annahme, der Schuldner könne bei Zahlung der weiteren Raten an die Staatskasse die gläubigerbenachteiligenden Folgen seines Handelns verdrängt und insoweit nur grob fahrlässig gehandelt haben, praktisch kein Raum mehr.
19
Der Benachteiligungswille wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Schuldner allein darauf angekommen sein mag, mit Erfüllung der Einstellungsauflage einer Bestrafung zu entgehen (vgl. auch Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 23). Der Strafdruck als Motiv gläubigerbenachteiligender Rechtshandlungen ist bei der anfechtbaren Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen an die Einzugsstellen der Sozialversicherung geradezu die Regel (vgl. § 266a StGB), ohne dass dies dem bedingten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung entgegensteht. In der eröffneten Hauptverhandlung ergibt sich für den Schuldner bei der Erfüllung einer Einstellungsauflage insoweit nichts anderes.
20
Vorsatz Der zur Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO setzt auch kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus (BGH, Urt. v. 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NZI 2003, 597, 598; siehe auch Kirchhof, Festschrift für Gero Fischer S. 285, 291 f, 294 f) oder irgendeine Art von Treu- oder Sittenwidrigkeit (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 25 m.w.N.). Dem Angeschuldigten werden zwar, worauf das Amtsgericht abgestellt hat, nach § 153a Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 6 StPO Teilleistungen an die Staatskasse nicht erstattet , wenn er die ihm auferlegten Geldzahlungen nicht vollständig erbracht hat. Daraus lässt sich aber für die Staatskasse nicht herleiten, dass sie auch im Falle einer Insolvenz des Angeschuldigten vor einer anfechtungsrechtlichen Rückgewähr der Auflagezahlungen an die Insolvenzmasse geschützt ist. Haben Gericht und Staatsanwaltschaft Kenntnis davon, dass eine Geldauflage zugunsten der Staatskasse die Gläubiger des Angeschuldigten benachteiligt, wenn sie erbracht wird, so darf eine solche Einstellungsauflage von vornherein nicht angeordnet werden.
21
Für die Einstellungsauflage und ihre anfechtungsrechtliche Rückgewähr gilt die gleiche Wertung, die auch § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (vorher § 63 Nr. 3 KO) zugrunde liegt: Die Folgen strafbarer Handlungen des Schuldners sollen nicht den Insolvenzgläubigern aufgebürdet werden. Wenn deshalb Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und ähnliche Sanktionen in der Insolvenz des Schuldners nur nachrangige Insolvenzverbindlichkeiten sind, so wäre es widersprüchlich , zur Einstellung eines Strafverfahrens gezahlte Geldauflagen zum Nachteil der Masse vor einer anfechtungsrechtlichen Rückforderung besonders zu schützen.
22
c) Der Beklagte wusste durch seine zuständige Behörde, die Staatsanwaltschaft , von den hohen Verbindlichkeiten, denen der Schuldner ausgesetzt war. Er hat gleichwohl die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei Entrichtung der Ratenzahlungen mit Nichtwissen bestritten. Das ist nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, soweit es sich auf die gemachten Angaben des Schuldners, den in der Klageschrift vorgetragenen Hergang zur Vernehmung der Zeugin S. in der Hauptverhandlung, den Inhalt der Ermittlungsakten und die in diesem Rechtsstreit vorgelegten Zahlungstitel gegen den Schuldner bezieht. Zulässig kann der Beklagte mit Nichtwissen lediglich bestreiten, dass er über die genannten Tatsachen hinaus keine Kenntnis davon hatte, ob die Angaben des Schuldners zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zutrafen.

23
3. Ausreichende Feststellungen dazu, ob der Beklagte durch die zuständige Staatsanwaltschaft die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu den maßgeblichen Zeitpunkten kannte, ohne zugleich greifbare Anhaltspunkte dafür zu besitzen, dass der Schuldner sich über die in dieser Lage mit einzelnen Zahlungen typischerweise einhergehende Gläubigerbenachteiligung hinweggetäuscht haben könnte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Sache ist deshalb gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen, damit im wieder eröffneten Berufungsverfahren die zur Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO noch notwendige Sachaufklärung erfolgen kann. Sollte der Beklagte seine Kenntnis vom Vorsatz des Schuldners in weitergehendem Umfang als bisher bestreiten, wird der Kläger dazu möglicherweise noch dartun müssen, welche Teile der von ihm in Bezug genommenen Strafak- ten des Landgerichts H. im Einzelnen der Staatsanwaltschaft die nach § 133 Abs. 1 InsO erhebliche Kenntnis vermittelt haben soll.
Ganter Raebel Vill Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Würzburg, Entscheidung vom 12.01.2006 - 30 C 2793/05 -
LG Würzburg, Entscheidung vom 07.02.2007 - 43 S 541/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 77/11
Verkündet am:
8. November 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2011 durch die Richter Vill, Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin
Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 20. April 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in L. . Am 11./13. April 2006 schloss sie mit der K. mbH einen Mietvertrag über das auf diesen Grundstücken zu errichtende Geschäftshaus samt Tiefgarage. Diese Gesellschaft war als Zwischenmieterin tätig und vermietete das Objekt ihrerseits an die K. W. GmbH. Mit einem am 29./30. September 2008 abgeschlossenen dritten Nachtrag zu dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Zwischenmieterin trat die A. AG, vormals K. AG, anstelle der K. mbH in den bestehenden Mietvertrag mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 ein.
2
Über das Vermögen der A. AG (nachfolgend: Schuldnerin) ist auf Eigenantrag vom 9. Juni 2009 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. G. als Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser ist mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens aus dem Amt entlassen und an seiner Stelle Rechtsanwalt J. zum Verwalter bestellt worden.
3
Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten, der das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2009 gekündigt hat, aus der Masse im Wege des Urkundenprozesses der Höhe nach unstreitige offene restliche Mietforderungen für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung vom September 2009 bis einschließlich Dezember 2009 in Höhe von 664.415,40 € für September, 655.310,44 € für Oktober, 652.770,22 € für November und 652.478,98 € für Dezember , zusammen 2.624.975,04 €, jeweils zuzüglich Zinsen. In Höhe von weiteren 462.989,33 € hat die Klägerin die Klage einseitig für erledigt erklärt.
4
Die Klägerin ist eine von fünf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die Warenhausimmobilien an die K. mbH vermietet hatten. Dachgesellschaft dieser fünf Gesellschaften ist die F. GmbH (nachfolgend: F. GmbH). Diese schloss am 13. Dezember 2002 mit der Schuldnerin, damals noch firmierend als K. AG, einen Mietverschaffungsvertrag. Danach hatte die Schuldnerin gegenüber der F. GmbH dafür einzustehen, dass die spätere Mieterin, die K. mbH, sämtliche Verpflichtungen aus dem Mietvertrag erfüllt.
5
Der Beklagte macht gegen die Klageforderung die Anfechtbarkeit des Eintritts der Schuldnerin in das bestehende Mietverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Schenkungs- (§ 134 InsO) und der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 und Abs. 2 InsO) geltend.
6
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung.
8
Mit dem Wechsel des Insolvenzverwalters im laufenden Zulassungsbeschwerde - und Revisionsverfahren ist in entsprechender Anwendung der §§ 241, 246 ZPO ein gesetzlicher Parteiwechsel eingetreten (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220 Rn. 6; vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, ZIP 2012, 1183 Rn. 17). Dies führte nicht zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits, weil der zunächst als Beklagter auftretende Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten war. Der neue Insolvenzverwalter hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beantragt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, aaO; vom 26. April 2012, aaO).

I.


9
Das Berufungsgericht hat gemeint, der Klägerin stehe die geltend gemachte Mietzinsforderung zu, weil die Schuldnerin wirksam in das Mietverhältnis eingetreten sei. Die Eintrittsvereinbarung sei nicht nach § 134 Abs. 1 oder § 133 Abs. 1 oder Abs. 2 InsO anfechtbar, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehle. Zwar werde die Insolvenzmasse aufgrund der Übernahme des Mietvertrags insofern verkürzt, als die Masse nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Mieten hafte, während ohne die Vertragsübernahme aufgrund der im Mietverschaffungsvertrag vereinbarten Mithaftung der Schuldnerin für die Verbindlichkeiten der früheren Mieterin lediglich eine Insolvenzforderung bestünde. Diese Besserstellung der Klägerin dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Hier stehe eine zu berücksichtigende Massemehrung durch die Gewährung des Gebrauchs der Mietsache entgegen. Dass die vertraglich vereinbarte Miete überhöht sei, habe der Beklagte nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nachgewiesen. Der Einwand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung greife jedenfalls mangels eingetretener Schädigung nicht durch.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
11
Der Klage kann nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts stattgegeben werden. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt ist nicht auszuschließen, dass bereits im Urkundenprozess von einer wirksa- men Anfechtung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag vom 28./29. September 2008 auszugehen ist.
12
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die nach § 129 Abs. 1 InsO für alle Anfechtungstatbestände erforderliche objektive Gläubigerbenachteiligung generell verneint. Es hat nicht danach unterschieden, ob eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich ist oder ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht. Für die vom Berufungsgericht erwogene Anfechtung nach § 134 und § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung , für die ebenfalls in Erwägung gezogene Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO ist demgegenüber eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 19).
13
a) Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht zu Unrecht verneint.
14
aa) Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert, oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, WM 2009, 1750 Rn. 25; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, ZInsO 2011, 1979 Rn. 6 mwN).
15
Für eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger reicht es aus, wenn es zwar an einer unmittelbaren Benachteiligung durch die Rechtshandlung fehlt, sich aber im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Anfechtungsprozess ergibt, dass die Möglichkeit der Gläubiger, sich aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen, durch das Hinzutreten weiterer Umstände beeinträchtigt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 22).
16
Das gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen , aber zugelassen oder zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
17
Daher kann auch jemand, der zur Zeit der Vornahme der Rechtshandlung noch nicht benachteiligt oder noch nicht einmal Gläubiger war, durch eine Rechtshandlung mittelbar benachteiligt sein. Der eingetretene weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht worden sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24).
18
bb) Die angefochtene Vertragsübernahme führte zu einer mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzanfechtung wird erst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. Im Insolvenzverfahren sind die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten gemäß § 53 InsO vorweg zu begleichen, während die Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der §§ 38, 87, 187 ff InsO gleichmäßig und quotal befriedigt werden. Wird eine Forderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO geworden wäre, durch eine Rechtshandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens so verändert, dass sie im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit zu begleichen ist, wird die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch benachteiligt, dass diese Forderung vor ihren Forderungen befriedigt wird. Denn durch die Verminderung der Masse verringert sich ihre Quote und damit ihre Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26).
19
Die angefochtene Vertragsübernahme vom 29./30. September 2008 führte dazu, dass die Insolvenzmasse gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO für die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Mieten haftet, die gemäß §§ 53, 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorweg als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Ohne die Vertragsübernahme hätte die Schuldnerin zwar aus dem Mietverschaffungsvertrag ebenfalls für die von der K. mbH geschuldeten Mieten einzustehen gehabt. Insoweit hätte es sich aber lediglich um eine Insolvenzforderung gehandelt, die zur Tabelle hätte angemeldet werden müssen und die quotal wie alle anderen Insolvenzforderungen befriedigt worden wäre. Durch die mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Verminderung der Befriedigungsmöglichkeit der anderen Insolvenzgläubiger ist deshalb eine - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitverursachte - mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger eingetreten (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 27).
20
b) Die für § 133 Abs. 2 InsO erforderliche unmittelbare Gläubigerbenachteiligung hat das Berufungsgericht demgegenüber im Ergebnis zutreffend verneint. Diese setzt voraus, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen bereits durch die angefochtene Rechtshandlung beeinträchtigt wurden (BGH, Urteil vom 19. Mai 2009 - IX ZR 129/06, WM 2009, 1333 Rn. 18; vom 26. April 2012, aaO Rn. 28).

21
aa) Durch den Eintritt in den Mietvertrag ist die Schuldnerin unmittelbar zur Zahlung der Miete verpflichtet worden. Im Gegenzug hat sie jedoch die Rechte aus dem Mietvertrag erhalten und ist zudem von der Verpflichtung aus der Garantiehaftung nach dem Mietverschaffungsvertrag frei geworden. War der Mietpreis angemessen, ist durch diesen Vertragseintritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht eingetreten.
22
bb) Dem steht das Urteil des Senats vom 9. Juli 2009 (IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674), anders als die Revision meint, nicht entgegen. Danach ist zwar für eine Gläubigerbenachteiligung unerheblich, wenn sich durch dieselbe Handlung nicht nur die Schuldenmasse, sondern auch die Aktivmasse erhöht hat. Denn eine Saldierung der Vor- und Nachteile findet im Anfechtungsrecht nicht statt, eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ist anfechtungsrechtlich nicht zulässig (BGH, aaO Rn. 36 f).
23
Die Entscheidung betrifft allerdings einen Fall der Anfechtung einer Rechtshandlung, die rein positive (Wertschöpfung durch das Brauen von Bier) wie negative (Entstehung von Biersteuer und Sachhaftung des Bieres für die Steuer) Auswirkungen auf das Schuldnervermögen hatte, ohne dass diese in zurechnungsrelevanter Weise voneinander abhingen. Bei der Feststellung der objektiven Gläubigerbenachteiligung sind aber solche Folgen zu berücksichtigen , die ihrerseits an die angefochtenen Rechtswirkungen einer Handlung anknüpfen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 31).
24
Wird die Willenserklärung auf Abschluss eines gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrages insolvenzrechtlich angefochten, so kann die gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge nicht allein der Leistungspflicht des Schuldners ent- nommen werden, die sich aus dem durch die Willenserklärung zustande gekommenen Vertrag ergibt, während die Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung des Anfechtungsgegners unberücksichtigt bleibt. Besteht der anfechtungsrechtlich rückabzuwickelnde Vorgang nicht lediglich in einer durch den Abschluss des Vertrages hergestellten Aufrechnungslage, sondern in der Begründung der schuldrechtlichen Verpflichtung selbst, ist Gegenstand der Anfechtung die Willenserklärung, die auf Eingehung der vertraglichen Verpflichtung gerichtet ist. Die insolvenzrechtliche Anfechtung führt zwar nicht zur Nichtigkeit der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung, sondern gemäß § 143 Abs. 1 InsO lediglich zu einer Rückgewährverpflichtung. Bei einer durch die angefochtene Rechtshandlung begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung hat dies aber zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nicht auf die angefochtene, den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages bewirkende Willenserklärung berufen kann (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 32).
25
Damit entfallen mit der Anfechtung einer Erklärung auf Abschluss eines Vertrages auch alle Ansprüche des Schuldners aus dem durch die angefochtene Rechtshandlung zustande gekommenen Vertrag. Für die objektive Gläubigerbenachteiligung ist deshalb in solchen Fällen der Anspruch auf die Gegenleistung in die Beurteilung einzubeziehen.
26
cc) Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist hier selbst dann nicht eingetreten, wenn mit dem Beklagten davon auszugehen wäre, dass der in dem Mietvertrag vereinbarte Mietzins überhöht war und nicht dem Wert der Gegenleistung der Klägerin entsprach. Die Pflicht der Schuldnerin, für eine derart überhöhte Miete einstehen zu müssen, war bereits in § 2 Abs. 1 des Mietverschaffungsvertrages entgeltlich begründet worden. Hiernach hatte die Schuldnerin uneingeschränkt dafür einzustehen, dass die Mieterin ihre Verpflichtungen erfüllt. Dazu gehörte auch die Pflicht zur Zahlung einer - gegebenenfalls überhöhten - Miete.
27
Diese Verpflichtung bestand zwar gegenüber der F. GmbH, durfte von dieser aber gemäß § 2 Abs. 2 des Mietverschaffungsvertrages an die Vermieterin abgetreten werden. Die Einstandspflicht ging dahin, dass die Schuldnerin für die Erfüllung sämtlicher Pflichten der Mieterin einzustehen hatte. Wirtschaftlich hatte die Schuldnerin damit schon damals - entgeltlich - die Verpflichtung übernommen, in vollem Umfang für die Erfüllung des Mietvertrages einzustehen, ohne dass ihr selbst mietvertragliche Rechte zugestanden hätten. Auch für einen überhöhten Mietzins hatte sie danach schon vor Eintritt in den Mietvertrag aufzukommen. Bei der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung hat sich ihre Vermögenslage deshalb durch den Eintritt in den Mietvertrag nicht unmittelbar verschlechtert.
28
2. Die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
29
a) Eine Leistung der Schuldnerin liegt vor. Die Regelungen des § 134 Abs. 1 InsO will Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Leistungen des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Insolvenzeröffnung schützen. Die Interessen der durch eine unentgeltliche Leistung Begünstigten sollen den Interessen der Gläubigergesamtheit weichen. Dieser Zweck gebietet nicht nur eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317; Beschluss vom 21. Dezember 2010 - IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rn. 10), sondern auch des Begriffes der Leistung (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 37).

30
Der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner ist als Leistung im Sinne des § 134 InsO anzusehen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 38). Erfasst werden nicht nur Verfügungen , sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte (BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179, 182). Ausreichend ist, dass die Handlung das Vermögen des Schuldners mindert. Das ist bei der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen der Fall (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO).
31
b) Unentgeltlich ist eine Leistung, hier die Einräumung vertraglicher Rechte gegen die Schuldnerin, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung , sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten, erbracht wird, der Leistungsempfänger also keine eigene Rechtsposition aufgibt, die der Leistung des Schuldners entspricht. Hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07, WM 2008, 1412 Rn. 11).
32
Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen , wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht , dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 8) oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht. Übernimmt der spätere Insolvenzschuldner die Verpflichtung eines Dritten aus einem Vertrag, indem er an dessen Stelle in diesen Vertrag eintritt, kommt es für die Beurteilung der zu erbringenden Gegenleistung darauf an, welche Leistung der Vertragspartner des Insolvenzschuldners diesem künftig nach den übernommenen Vertrag zu erbringen hat. Hat der Vertragspartner für die Vertragsübernahme als solche eine gesonderte Gegenleistung erbracht, ist diese bei der Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung zusätzlich zu berücksichtigen. Der Umstand, dass für die Vertragsübernahme selbst keine gesonderte Gegenleistung erbracht wurde, macht diese jedoch nicht unentgeltlich.
33
Durch den dritten Nachtrag zum Mietvertrag ist die Schuldnerin in den Mietvertrag anstelle der K. mbH eingetreten und hat deren sämtliche Verpflichtungen übernommen, gleich aus welchem Rechtsgrund , auch soweit sie bereits in der Vergangenheit entstanden waren (§ 1). Eine gesonderte Gegenleistung allein für die Vertragsübernahme hat die Schuldnerin nicht erhalten. Deshalb kommt es auf die Leistungen an, die die Klägerin nach dem Mietvertrag schuldete. Hiernach hat sie sich dazu verpflichtet , ihre Pflichten aus dem Mietvertrag nunmehr gegenüber der Schuldnerin zu erfüllen und die vormalige Mieterin aus allen Pflichten zu entlassen. Damit hatte die Klägerin nunmehr der Schuldnerin, der hierauf zuvor kein Anspruch zustand , obwohl sie für alle Pflichten der vormaligen Mieterin einzustehen hatte, die Mietsache zur Nutzung zu überlassen, und zwar auch für die Zeit, in der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin der Mietvertrag mit Wirkung für die Masse nach § 108 Abs. 1 InsO fortbestand.
34
Keine ausreichende Gegenleistung der Klägerin ergibt sich allein aus dem Nachtrag zum Mietvertrag allerdings im Hinblick auf die Verpflichtung der Schuldnerin, bereits in der Vergangenheit entstandene Ansprüche der Klägerin zu erfüllen. Zu berücksichtigen aber ist insoweit die zuvor schon bestehende Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Mietverschaffungsvertrag. Unabhängig davon, ob die vorherige Mieterin im Zeitpunkt des Vertragseintritts noch zahlungsfähig oder die Miete überhöht war, hatte die Schuldnerin für die jetzt übernommenen Pflichten ohnehin einzustehen. Ihr wurden aber erstmals auch die vertraglichen Ansprüche der bisherigen Vermieterin eingeräumt.

35
Soweit die Revision meint, für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit sei ausschließlich auf das Verhältnis der im Rahmen des übernommenen Vertrages ausgetauschten Werte abzustellen, zuvor abgeschlossene Verträge dürften keine Berücksichtigung finden, übersieht sie den Regelungszweck des § 134 InsO. Hat der Schuldner durch Vertrag eine eigene Verpflichtung übernommen, die er als Mitverpflichteter aus einem früheren Vertrag ohnehin zu erfüllen hatte, hat er der Masse nichts entzogen, was er nicht ohnehin hätte leisten müssen.
36
Durch die Vertragsübernahme hat sich die Klägerin zwar für ein mögliches Insolvenzverfahren der Schuldnerin insoweit einen Vorteil verschafft, als sie nunmehr nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 InsO Massegläubigerin wurde. Für die Frage der wirtschaftlichen Werthaltigkeit der Gegenleistung ist aber auf den Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs abzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 Rn. 11). Dies war hier der Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen. Eine sich erst später in einem Insolvenzverfahren für die Klägerin ergebende günstigere Situation hat bei der Beurteilung der Frage der Unentgeltlichkeit nach § 134 InsO unberücksichtigt zu bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 43).

III.


37
Die Sache ist nicht zu Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu den weiteren Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO keine Feststellungen getroffen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZR 73/11, WM 2012, 1079 Rn. 8 f). Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.
Vill Gehrlein Lohmann
Fischer Pape
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 31.08.2010 - 7 HKO 3990/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 20.04.2011 - 13 U 1416/10 -

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).