Oberlandesgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2016 - 20 U 84/12
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28. März 2012 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 367/11 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.954,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 1.557,30 € seit dem 4. November 2011 und aus einem Betrag von 1.396,95 € seit dem 15. Februar 2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens IV ZR 223/14 haben der Kläger 84% und die Beklagte 16% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die jeweils gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Beklagte zum Vertrag mit der Endziffer -001 zur Zahlung von 700,33 € nebst Zinsen sowie zum Vertrag mit der Endziffer -002 zur Zahlung von 248,38 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger schloss mit der Beklagten zwei fondsgebundene Lebensversicherungen mit Versicherungsbeginn zum 1. September 2000 (Vertrag mit der Endziffer -001) und zum 1. Oktober 2000 (Vertrag mit der Endziffer- 002) ab. Zu beiden Verträgen wurden Policendarlehen gewährt. Den Vertrag mit der Endziffer -001 rechnete die Beklagte nach Kündigung durch den Kläger zum 1. Juli 2010 ab und zahlte einen Rückkaufswert von 5.684,09 € aus. Mit Anwaltsschreiben vom 12. November 2010 erklärte der Kläger u.a. den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. zu diesem Vertrag. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 26. November 2010 erklärte der Kläger u.a. den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. zum Vertrag mit der Endziffer -002. Die Beklagte wertete das Schreiben als Kündigung und zahlte einen Rückkaufswert von 2.620,98 € (GA 383 mit GA 173) aus.
4Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die verzinsliche Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich der ausgekehrten Beträge.
Der Kläger hat vorgetragen, er sei berechtigt gewesen, den Vertragsschlüssen noch im Jahr 2010 zu widersprechen. Er hat in Abrede gestellt, über sein Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt worden zu sein. Auf § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. könne die Beklagte sich nicht berufen, weil sowohl diese Regelung als auch das in § 5a VVG a.F. geregelte Policenmodell als solches gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen würden. Die Beklagte sei ihm zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn fehlerhaft über das Widerspruchsrecht und nicht über sämtliche Kosten und Provisionen einschließlich Rückvergütungen aufgeklärt habe. Außerdem sei er zum Widerruf nach § 355 BGB berechtigt, weil die Beklagte bei unterjähriger Prämienzahlung Beitragszuschläge erhebe; dies sei als entgeltlicher Zahlungsaufschub zu werten.
5Der Kläger hat beantragt,
61. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.080,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. April 2011 zu zahlen;
72. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 1.393,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
83. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.427,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
94. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 788,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Widersprüche seien verfristet. Schadensersatzansprüche bestünden nicht.
13Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 28. März 2012, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der Senat mit Urteil vom 2. Mai 2014 zurückgewiesen. Auf die zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung mit Urteil vom 27. April 2016 - IV ZR 223/14 - aufgehoben.
14Der Kläger verfolgt die Berufung mit den erstinstanzlich gestellten Anträgen weiter mit der Maßgabe, dass Zahlungen der Beklagten in Höhe von 142,83 € am 21. November 2013 und von 114,- € am selben Tag abzuziehen sind.
15Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.
16Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
17.
18II.
19Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache zum Teil Erfolg.
20Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der von ihm auf die Versicherungsverträge mit den Endziffern -001und -002 geleisteten Prämien abzüglich der Risikoanteile, der Rückkaufswerte, der gewährten Policendarlehen und sonstiger anzurechnender Beträge.
211.
22Der Kläger konnte den Vertragsschlüssen noch mit Anwaltsschreiben vom 12. bzw. 26. November 2010 widersprechen.
23Die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. ist nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der hier maßgebenden Frist von 14 Tagen erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
24Beide Widerspruchsbelehrungen sind formal fehlerhaft, weil der zwingend notwendige Hinweis darauf, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben ist, fehlt.
252.
26Der Kläger war noch im Jahr 2010 zum Widerspruch berechtigt. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der vorsah, dass das Recht zum Widerspruch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, ist auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar. Das hat der Bundesgerichtshof für das vorliegende Verfahren durch Urteil vom 28. April 2016 – IV ZR 223/14 – mit für den Senat bindender Wirkung (§ 563 Abs. 2 ZPO) entschieden. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15 - und - 1 BvR 2231/15 -).
27Die Kündigung des Versicherungsvertrags mit der Endziffer -001 steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen; ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (BGH, aaO, Rz. 15). Die Ausübung der Widerspruchsrechte war ungeachtet der gewährten Policendarlehen nicht treuwidrig (BGH, aaO, Rz. 16).
283.
29Der Kläger kann somit dem Grunde nach die gezahlten Prämien aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) zurückverlangen, weil er diese rechtsgrundlos geleistet hat.
30Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB allerdings grundsätzlich nicht uneingeschränkt alle Prämien, die der Kläger an die Beklagte gezahlt hat, ohne hierzu durch wirksame Versicherungsverträge verpflichtet zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO; grundlegend BGH, VersR 2014, 817) darf im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden. In Rechnung zu stellen ist insbesondere, dass der Versicherungsnehmer während der Dauer der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen hat; diesen muss er sich im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung als erlangten Vermögensvorteil anrechnen lassen. Bei Lebensversicherungen kann, so der Bundesgerichtshof, etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (aaO). Abschluss- und Verwaltungskosten sind hingegen von dem Prämienrückforderungsanspruch nicht in Abzug zu bringen (vgl. BGH, VersR 2015, 1101 und 1104).
31a)
32Zurückzuerstatten sind danach zum Vertrag mit der Endziffer -001 die gezahlten Prämien, die gemäß dem Vortrag der Beklagten mit 12.595,05 € anzusetzen sind. Soweit der Kläger eine geringfügig höhere Prämienzahlung behauptet hat, hat er diesen Vortrag nicht unter Beweis gestellt. Von den Prämien sind die Risikoanteile für die Lebensversicherung mit 253,75 € und für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit 3.071,67 € in Abzug zu bringen. Die Höhe der von der Beklagten mitteilten Risikoanteile für die Lebensversicherung hat der Kläger nicht bestritten. Das Bestreiten der Höhe der Risikokosten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bezog sich gemäß den Ausführungen im Schriftsatz vom 13. Juni 2016 nur darauf, dass die Beklagte zunächst die vollen Beiträge ohne Abzug von Abschluss- und Verwaltungskosten mitgeteilt hatte; die Höhe des reinen Risikoanteils in Höhe von 3.071,67 € - von der Beklagten ergänzend mit Schriftsatz vom 8. Juni 2016 angegeben - hat der Kläger nicht weiter bestritten.
33Insgesamt ergibt sich folgende Abrechnung:
349.269,63 € (Rückerstattungsanspruch unter Abzug der Risikoanteile) ‑ 5.684,09 € (tatsächlich ausgekehrter Rückkaufswert) - 242,83 € (jetzt der Höhe nach unstreitige Nachzahlung) - 1.589,78 € (Policendarlehen) - 185,44 € (Kapitalertragssteuer, zur Abzugsfähigkeit s. BGH, VersR 2015, 1104) - 10,19 (Solidaritätszuschlag) = 1.557,30 €
35b)
36Zum Vertrag mit der Endziffer -002 sind die Prämienzahlungen in Höhe von 5.934,24 € unstreitig. Die Risikoanteile an den Beiträgen für die Lebensversicherung und die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung betragen insgesamt 953,21 € (81,05 € + 872,16 €).
37Das führt zu folgender Abrechnung:
384.981,03 € (Rückerstattungsanspruch unter Abzug der Risikoanteile) - 2.620,98 € (tatsächlich ausgekehrter Rückkaufswert, s. GA 173) - 114,- € (Nachzahlung) - 783,59 € (Policendarlehen) - 62,10 € (Kapitalertragssteuer) - 3,41 (Solidaritätszuschlag) = 1.396,95 €
394.
40Bei den hier gegebenen fondsgebundenen Lebensversicherungen stehen dem Kläger zwar die mit der Anlage der Sparanteile in Fonds erzielten Gewinne als tatsächlich gezogene Nutzungen zu; diese sind dem Kläger jedoch schon mit der Auskehrung der Rückkaufswerte zugeflossen (s. BGH, Urt. v. 1. Juni 2016 ‑ IV ZR 482/14 -, Rz. 27).
41Soweit der Kläger zum Vertrag mit der Endziffer -001 mit Blick auf die in Höhe von 185,44 € abgeführte Kapitalertragsteuer einen Mindestgewinn von 741,76 € und damit einen höheren Fondsgewinn als von der Beklagten mitgeteilt (700,33 €) behauptet, führt dies nicht zu einem Anspruch in Höhe der Differenz beider Beiträge. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass sich anhand der entrichteten Kapitalertragsteuer zwingend auf den erzielten Fondsgewinn rückschließen lässt, bleibt zumindest auch die Möglichkeit, dass der von der Beklagten angegebene Fondsgewinn zutreffend ist, aber die abzuführende Kapitalertragsteuer fehlerhaft berechnet wurde (mit der Folge eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Finanzamt). Soweit es den Vertrag mit der Endziffer -002 angeht, ist der vom Kläger errechnete Gewinn (248,40 €) identisch mit dem von der Beklagten zugestandenen Gewinn (248,38 €).
42Nutzungen auf die Prämienanteile, die für Abschluss- und Verwaltungskosten verwendet wurden, hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist ohnehin davon auszugehen, dass die Beklagte Prämienteile, die sie für Abschlusskosten gewandt hat, nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (vgl. BGH, aaO, Rz. 45). Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Prämien kann jedenfalls nicht vermutet werden, dass die Beklagte Nutzungszinsen in bestimmter Höhe erzielt hat (vgl. BGH, aaO, Rz. 46). Ausreichenden Sachvortrag zu Nutzungen, die nicht aus dem Sparanteil gezogen worden sind, hat der Kläger nicht gehalten. Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 vorgenommene Neuberechnung berücksichtigt schon nicht, dass die Gewinne aus dem Sparanteil an den Prämien bereits erstattet wurden; die Höhe der Abschluss- und Verwaltungskosten hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 mitgeteilt, ohne dass der Kläger dies zum Anlass genommen hat, seinen Vortrag zu ergänzen.
435.
44Die Beklagte meint im Anschluss an eine Entscheidung des KG (VersR 2015, 1107), die Abschluss- und Verwaltungskosten seien zwar nicht auf den Prämienrückzahlungsanspruch, wohl aber auf die gezogenen Nutzungen (hier auf die mit 700,33 € und 248,38 € angegebenen Fondsgewinne) anzurechnen. Dies steht indes nach Auffassung des Senats nicht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Abschluss- und Verwaltungskosten nicht auf den Prämienrückzahlungsanspruch des Versicherungsnehmers anzurechnen sind (BGH, VersR 2015, 1101 und 1104). Die Erwägungen, die der Bundesgerichtshof insoweit als maßgebend angesehen hat, lassen sich auf die Frage, ob eine Anrechnung der Abschluss- und Verwaltungskosten auf gezogene Nutzungen erfolgen muss, übertragen. Ohne Zweifel gilt dies für die Verwaltungskosten, denn deren Anrechenbarkeit scheitert daran, dass sie unabhängig vom konkreten Versicherungsvertrag angefallen und beglichen worden sind; auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, weil die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (so BGH, aaO). Was die Abschlusskosten angeht, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass diese nicht anzurechnen sind, weil der Versicherer insoweit das Entreicherungsrisiko zu tragen hat; das gebiete der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers. Widerspricht es – so der Bundesgerichtshof – aber dem europarechtlichen Effektivitätsgebot, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste, dann scheidet eine Anrechnung der Abschlusskosten generell und damit auch auf den Anspruch auf Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB aus.
456.
46Zinsen auf die zuzuerkennenden Beträge stehen dem Kläger ab jeweiliger Rechtshängigkeit zu. Ein Zinsbeginn zum 1. April 2011 zum Vertrag mit der Endziffer -001 ist nicht schlüssig dargetan.
47Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten besteht nicht. Eine Anspruchsgrundlage führt der Kläger zu beiden Verträgen nicht an. Ein Anspruch aus Verzug scheitert daran, dass die Bevollmächtigten des Klägers schon vor Verzugsbeginn beauftragt waren. Ein Schadensersatzanspruch ist nicht schlüssig dargelegt.
487.
49Sonstige Schadensersatzansprüche sind nicht mehr Gegenstand des zweiten Berufungsverfahrens. Die Ausführungen zu Ziffer 3. des Senatsurteils vom 2. Mai 2014 hat der Kläger bereits mit der Revision nicht mehr angegriffen.
508.
51Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
52Der Senat lässt die Revision zugunsten der Beklagten zu, soweit von der Entscheidung des KG (VersR 2015, 1107) abgewichen wird.
53Berufungsstreitwert: 18.250,99 € (18.507,82 € - 142,83 € - 114,- €)
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2016 - 20 U 84/12
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2016 - 20 U 84/12
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Oberlandesgericht Köln Urteil, 26. Aug. 2016 - 20 U 84/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 8. April 2016
für Recht erkannt:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 18.507,82 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge zweier fondsgebundener Lebensversicherungen.
- 2
- Diese wurden jeweils aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 2000 (Endziffer 01) und zum 1. Oktober 2000 (Endziffer 02) nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. D. VN zahlte in der Folge die Versicherungsprämien für die beiden Versicherungen. Auf ein Schreiben d. VN vom Mai 2010, das der Versicherer als Kündigung wertete, wurde ihm der Rückkaufswert hinsichtlich des Vertrages mit der Endziffer 01 ausgezahlt. Mit Schreiben vom 12. November 2010 erklärte d. VN außerdem u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Dasselbe geschah mit Schreiben vom 26. November 2010 hinsichtlich der Versicherung mit der Endziffer 02. Der Versicherer wertete auch letzteres Schreiben als Kündigung und zahlte ebenfalls den Rückkaufswert abzüglich eines sogenannten Policendarlehens aus.
- 3
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf die Verträge geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits erbrachten Zahlungen.
- 4
- Nach Auffassung d. VN sind die Versicherungsverträge nicht wirksam zustande gekommen, weil er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
- 5
- Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt, weil jeweils der Hinweis auf die einzuhaltende Schriftform fehle. Die Verträge seien aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
- 9
- II. Die Revision ist begründet.
- 10
- 1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. VN nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden.
- 11
- a) Die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge schaffen keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Sie sind infolge des jeweiligen Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen. Der jeweilige Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
- 12
- aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Wider- spruchsrecht. Die jeweilige Widerspruchsbelehrung in dem maßgeblichen Versicherungsschein genügt diesen Anforderungen nicht, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) konnte d. VN nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (vgl. Senatsurteile vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24 und IV ZR 112/14, juris Rn. 12).
- 13
- Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunktder Widerspruchserklärung fort.
- 14
- Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
- 15
- bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages mit der Endziffer 01 steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
- 16
- cc) Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist - entgegen der Revisionserwiderung - auch nicht ausnahmsweise deshalb treuwidrig, weil d. VN sogenannte Policendarlehen des Versicherers in Anspruch genommen hat. Dies folgt im Streitfall schon daraus, dass es sich um Vorauszahlungen auf die künftige Versicherungsleistung handelte, die der Versicherer dementsprechend nach der Kündigung des Versicherungsvertrages mit dem Rückkaufswert verrechnet hat. Mit Rücksicht darauf, dass d. VN nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt worden war, ließ die Inanspruchnahme dieser Vorauszahlungen keinen Schluss darauf zu, d. VN hätte auch bei Kenntnis des Widerspruchsrechts an den Versicherungsverträgen festgehalten und werde von dem ihm zustehenden Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen.
- 17
- b) Aus der Erklärung des Widerspruchs folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche waren bei Erhebung der Klage im Jahre 2011 nicht verjährt. Die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann hinsichtlich beider Verträge mit Schluss des Jahres 2010, da der Kläger erst in dem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte d. VN Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
- 18
- c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
- 19
- 2. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
- 20
- Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR 384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 36 ff. und IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 (IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 31 ff.) zu beachten haben.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 28.03.2012- 26 O 367/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.05.2014 - 20 U 84/12 -
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 8. April 2016
für Recht erkannt:
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 18.507,82 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge zweier fondsgebundener Lebensversicherungen.
- 2
- Diese wurden jeweils aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. September 2000 (Endziffer 01) und zum 1. Oktober 2000 (Endziffer 02) nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. D. VN zahlte in der Folge die Versicherungsprämien für die beiden Versicherungen. Auf ein Schreiben d. VN vom Mai 2010, das der Versicherer als Kündigung wertete, wurde ihm der Rückkaufswert hinsichtlich des Vertrages mit der Endziffer 01 ausgezahlt. Mit Schreiben vom 12. November 2010 erklärte d. VN außerdem u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. Dasselbe geschah mit Schreiben vom 26. November 2010 hinsichtlich der Versicherung mit der Endziffer 02. Der Versicherer wertete auch letzteres Schreiben als Kündigung und zahlte ebenfalls den Rückkaufswert abzüglich eines sogenannten Policendarlehens aus.
- 3
- Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf die Verträge geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits erbrachten Zahlungen.
- 4
- Nach Auffassung d. VN sind die Versicherungsverträge nicht wirksam zustande gekommen, weil er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
- 5
- Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.
- 6
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt, weil jeweils der Hinweis auf die einzuhaltende Schriftform fehle. Die Verträge seien aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.
- 9
- II. Die Revision ist begründet.
- 10
- 1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. VN nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung versagt werden.
- 11
- a) Die zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsverträge schaffen keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Sie sind infolge des jeweiligen Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen. Der jeweilige Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
- 12
- aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Wider- spruchsrecht. Die jeweilige Widerspruchsbelehrung in dem maßgeblichen Versicherungsschein genügt diesen Anforderungen nicht, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 b) konnte d. VN nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (vgl. Senatsurteile vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24 und IV ZR 112/14, juris Rn. 12).
- 13
- Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunktder Widerspruchserklärung fort.
- 14
- Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
- 15
- bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages mit der Endziffer 01 steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
- 16
- cc) Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist - entgegen der Revisionserwiderung - auch nicht ausnahmsweise deshalb treuwidrig, weil d. VN sogenannte Policendarlehen des Versicherers in Anspruch genommen hat. Dies folgt im Streitfall schon daraus, dass es sich um Vorauszahlungen auf die künftige Versicherungsleistung handelte, die der Versicherer dementsprechend nach der Kündigung des Versicherungsvertrages mit dem Rückkaufswert verrechnet hat. Mit Rücksicht darauf, dass d. VN nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt worden war, ließ die Inanspruchnahme dieser Vorauszahlungen keinen Schluss darauf zu, d. VN hätte auch bei Kenntnis des Widerspruchsrechts an den Versicherungsverträgen festgehalten und werde von dem ihm zustehenden Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen.
- 17
- b) Aus der Erklärung des Widerspruchs folgende bereicherungsrechtliche Ansprüche waren bei Erhebung der Klage im Jahre 2011 nicht verjährt. Die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann hinsichtlich beider Verträge mit Schluss des Jahres 2010, da der Kläger erst in dem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte d. VN Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8. April 2015 - IV ZR 103/15, VersR 2015, 700 Rn. 19 ff.).
- 18
- c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem Effektivitätsgebot (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
- 19
- 2. Der Höhe nach umfasst der Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
- 20
- Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR 384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 36 ff. und IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 (IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 31 ff.) zu beachten haben.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 28.03.2012- 26 O 367/11 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.05.2014 - 20 U 84/12 -
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2016
für Recht erkannt:
Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 9.577,08 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerseite (Versicherungsnehmer, im Folgenden: d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden: Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
- 3
- Im Jahr 2002 trat d. VN seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die D. K. AG ab; diese trat die Ansprüche im Jahr 2012 an d. VN zurück ab.
- 4
- Mit Schreiben vom 27. Januar 2013 und vom 18. Februar 2013 erklärte d. VN den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F., hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert in Höhe von 18.808 € aus.
- 5
- Mit der Klage hat d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge in Höhe von 18.917,36 € nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 10.042,14 € verlangt.
- 6
- Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemein- schaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung d. VN unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels in Höhe von 3.519,53 € nebst Zinsen stattgegeben. Insoweit verfolgt der Versicherer mit der Revision seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung und Klageabweisung weiter. D. VN macht mit seiner Anschlussrevision einen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Nutzungszinsen in Höhe von 6.057,55 € geltend.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung, soweit der Klage stattgegeben worden ist. Die Anschlussrevision hat keinen Erfolg.
- 9
- I. Das Berufungsgericht hat d. VN einen Bereicherungsanspruch auf Erstattung der von ihm geleisteten Prämien abzüglich des Risikoanteils zuerkannt und den ausgekehrten Rückkaufswert in Abzug gebracht. D. VN habe dem Vertragsschluss noch im Jahr 2013 widersprechen können. Die 14-tägige Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die im Versicherungsschein enthaltene Widerspruchsbelehrung sei inhaltlich fehlerhaft, weil der notwendige Hinweis darauf fehle, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben sei. § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., der ein Erlöschen des Wider- spruchsrechts ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie vorgesehen habe , sei auf Lebens- und Rentenversicherungsverträge nicht anwendbar.
- 10
- D. VN habe das Widerspruchsrecht nicht verwirkt und mit der Erklärung des Widerspruchs im Jahr 2013 nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, da die Beklagte es versäumt habe, ihn ordnungsgemäß zu belehren.
- 11
- D. VN könne somit aus ungerechtfertigter Bereicherung die gezahlten Versicherungsprämien zurückverlangen. Dabei müsse er sich den darauf entfallenden Risikoanteil in Höhe von 465,06 € anrechnen lassen, um den während der Zeit der Prämienzahlung genossenen Versicherungsschutz als erlangten Vermögensvorteil auszugleichen. Demgegenüber komme eine Anrechnung des Prämienanteils, der auf Abschlussund Verwaltungskosten entfallen sei, nicht in Betracht. Der Versicherer könne insoweit vor allem nicht den Einwand der Entreicherung erheben.
- 12
- Nutzungen stünden d. VN nur in Höhe von 3.875,23 € zu. Hierbei handele es sich um die Differenz zwischen dem Rückkaufswert (= Fondsguthaben) in Höhe von 18.808 € und dem nach Angabe der Beklagten in die Fonds investierten Sparanteil der Prämien in Höhe von 14.932,77 €. Der Anspruch aus § 818 Abs. 1 BGB beschränke sich auf die Erstattung der tatsächlich durch den Versicherer gezogenen Nutzungen. Hierfür sei d. VN darlegungs- und beweispflichtig. Grundsätzlich bedürfe es hierzu eines entsprechenden Tatsachenvortrages des Versicherungsnehmers. Einer Vermutung, dass der Versicherer mit den eingezahlten Prämien einen entsprechenden Gewinn erzielt habe, fehle die Basis für denjenigen Prämienanteil, der auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfalle. Eine solche Vermutung gelte bei fondsgebundenen Lebensversicherungen auch nicht in Bezug auf den Sparanteil der Prämien , der vereinbarungsgemäß in Fondsanteilen angelegt werde.
- 13
- Zu dem zurückzuerstattenden Prämienanteil in Höhe von 18.452,30 € (18.917,36 € - 465,06 €) seien die Erträge in Höhe von 3.875,23 € hinzuzurechnen = 22.327,53 €. Davon sei der Rückkaufswert in Höhe von 18.808 € abzuziehen; es verblieben 3.519,53 €.
- 14
- II. Die Revision hat Erfolg.
- 15
- 1. Sie ist insgesamt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht nur beschränkt auf die Höhe der gegen den Versicherer bestehenden Zahlungsansprüche d. VN zugelassen. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Anspruchshöhe lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Ausweislich seines Tenors wurde die Revision zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, was ihre Verurteilung dem Grunde nach mitumfasst. Eine eindeutige Zulassungsbeschränkung auf die Frage der Anspruchshöhe ergibt sich auch nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, soweit es dort heißt, wie die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages , dem wirksam widersprochen worden sei, erfolge, sei bislang in den Einzelheiten nicht geklärt.
- 16
- 2. Die Revision ist begründet.
- 17
- a) Das Berufungsgericht hat allerdings dem Grunde nach zu Recht die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs auf Erstattung der gezahlten Prämien bejaht.
- 18
- aa) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. VN nicht wirksam zustande gekommen.
- 19
- (1) Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
- 20
- (a) Die Widerspruchsfrist gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. wurde nicht in Gang gesetzt. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Die im Versicherungsschein erteilte Widerspruchsbelehrung ist bereits insofern inhaltlich fehlerhaft, als sie keinen Hinweis darauf enthält, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis erfolgte entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch, dass dem Kläger weiterhin mitgeteilt wurde, zur Fristwahrung genüge die rechtzeitige "Absendung" der Widerspruchserklärung (Senatsurteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24 m.w.N.). Dass d. VN, wie die Revision in Erwägung zieht, durch die Belehrung über den gesetzlichen Standard hinausgehend die Möglichkeit eines Widerspruchs in mündlicher Form eingeräumt werden sollte, ist ihrem Text nicht zu entnehmen (vgl. Senatsurteil vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 aaO). Die weiteren Widerspruchsbelehrungen in den Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation sind - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - nicht in drucktechnisch deutlicher Form gestaltet.
- 21
- (b) Das Widerspruchsrecht bestand nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., wie der Senat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet hat.
- 22
- (2) Entgegen der Auffassung der Revision hat d. VN das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. VN keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).
- 23
- Ob - wie die Revision meint - der Verwirkungseinwand möglich ist, wenn eine Widerspruchsbelehrung nur marginale Fehler aufweist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Der genannte Belehrungsmangel - der fehlende Hinweis auf das Schriftlichkeitserfordernis - ist nicht belanglos, sondern betrifft einen für die Ausübung des Widerspruchsrechts wesentlichen Punkt (vgl. Senatsurteile vom 24. Februar 2016 - IV ZR 126/15, juris Rn. 23; vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14 aaO Rn. 30).
- 24
- Auch den Einsatz der Lebensversicherung als Kreditsicherungsmittel musste das Berufungsgericht nicht, wie die Revision meint, als besonders gravierenden Umstand werten, der d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d. VN in Kenntnis seines Lösungsrechtes vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages etwa bei einem - hier nicht gegebenen - engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer - hier nicht vorliegenden - mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
- 25
- bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Rückgewähranspruch der Höhe nach nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien umfasst. Es hat d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls faktisch bis zum Widerspruch genossenen Versicherungsschutz angerechnet. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht den Wertersatz entsprechend dem unstreitig auf das Todesfallrisiko entfallenden Risikoanteil mit 465,06 € bemessen.
- 26
- cc) Der von dem Versicherer erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB greift nicht hinsichtlich der von ihm in Höhe von 3.519,53 € in Abzug gebrachten Abschluss- und Verwaltungskosten durch. Insoweit kann sich der Versicherer nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Dies hat der Senat in den Urteilen vom 29. Juli 2015 (IV ZR 384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 41 ff.; IV ZR 448/14 aaO Rn. 46 ff.), die vergleichbare Sachverhalte betrafen, entschieden und im Einzelnen begründet.
- 27
- b) Das Berufungsgericht hat aber, wie die Revision mit Recht rügt, d. VN Nutzungen zuerkannt, die der Versicherer bereits mit dem Rückkaufswert ausgezahlt hatte. Es hat richtig gesehen, dass bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung der mit der Anlage des Sparanteils in Fonds erzielte Gewinn d. VN als tatsächlich gezogene Nutzung zusteht (Senatsurteil vom 11. November 2015 - IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 51 f.). Dies war hier die Differenz von 3.875,23 € zwischen dem Fondsguthaben von 18.808 € und dem in die Fonds investierten Sparanteil der Prämien in Höhe von 14.932,77 €. Dieser Differenzbetrag war bereits in dem Rückkaufswert von 18.808 € enthalten.
- 28
- Nach Abzug des Risikoanteils von 465,06 € und des Rückkaufswerts von 18.808 € bleibt von den gezahlten Prämien in Höhe von 18.917,36 € nichts übrig.
- 29
- III. Die Anschlussrevision ist unbegründet. D. VN steht der geltend gemachte Anspruch auf Nutzungszinsen gemäß § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nicht zu, weil er diese nicht schlüssig dargetan hat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
- 30
- Nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB sind nur die Nutzungen herauszugeben , die vom Bereicherungsschuldner tatsächlich gezogen wurden (Se- natsurteile vom 11. November 2015 aaO Rn. 41; vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14 aaO Rn. 46; IV ZR 448/14 aaO Rn. 51; jeweils m.w.N.). Zudem können bei der Bestimmung der gezogenen Nutzungen die gezahlten Prämien nicht in voller Höhe Berücksichtigung finden (Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 41 ff.). Nutzungen aus dem Risikoanteil , der dem Versicherer als Wertersatz für den von d. VN faktisch genossenen Versicherungsschutz verbleibt, stehen d. VN nicht zu (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 42). Der auf die Abschlusskosten entfallende Prämienanteil bleibt für Nutzungsersatzansprüche außer Betracht. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen , dass der Versicherer diesen Prämienanteil nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 44 f.). Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Prämien kann nicht vermutet werden, dass der Versicherer Nutzungszinsen in bestimmter Höhe erzielt hat. Der insoweit darlegungsbelastete VN kann sich nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe - etwa in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - stützen (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2015 aaO Rn. 46 ff.).
- 31
- Den ihm zustehenden Gewinn aus der Anlage des Sparanteils hat d. VN, wie oben ausgeführt, bereits mit der Auszahlung des Rückkaufswertes erhalten.
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.06.2014- 26 O 465/13 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.11.2014 - 20 U 130/14 -
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)