Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10

bei uns veröffentlicht am27.09.2011

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 12. April 2011 (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. September 2011) wird in folgendem Umfange aufrechterhalten:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10.06.2010 - 9 O 292/09 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 53.033,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2009 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird das Versäumnisurteil vom 12. April 2011 aufgehoben.

3. Die Kosten der Säumnis fallen der Beklagten zur Last. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen sind von der Klägerin zu 10 %, von der Beklagten zu 90 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet. Das gilt auch für die Fortsetzung der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 12. April 2011.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
1. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nimmt die beklagte Bauträgergesellschaft auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Beseitigung von Mängeln im Dachbereich ihrer Wohnanlage in Anspruch.
Die 16 Wohneinheiten des in den Jahren 1999/2000 von der Beklagten schlüsselfertig errichteten Mehrfamilienhauses wurden nach Fertigstellung an die Erwerber übergeben, die letzte Wohneinheit im August 2002. Zwei Dachgeschosswohnungen, die Wohnungen Nrn. 13 und 14, stehen im Eigentum der Beklagten.
Zur Abnahme enthalten die notariellen Kaufverträge, soweit diese - wie etwa die Verträge der Erwerber U. und S. - vor dem 25.05.2000 abgeschlossen wurden, in § 7 folgende Bestimmungen:
„Bei Übergabe des Vertragsgegenstandes wird ein Übergabeprotokoll gefertigt, das von den Vertragsparteien oder ihren Bevollmächtigten zu unterzeichnen ist. In diesem Protokoll sind alle sichtbaren Mängel oder noch ausstehende Leistungen aufzunehmen. Spätere nicht im Übergabeprotokoll festgelegten Mängel und Restarbeiten können von der Verkäuferin nicht mehr anerkannt werden.
Nimmt der Käufer den Vertragsgegenstand in Gebrauch, ohne dass eine Übergabeverhandlung stattgefunden hat, so gilt diese Ingebrauchnahme als Abnahme des Werkes.
Diese Bestimmung gilt für alle Gebäudeteile. Die Gewährleistung beginnt am Tage der festgesetzten Abnahme.
Das Gemeinschaftseigentum wird durch einen vom Verkäufer benannten, öffentlich bestellten Sachverständigen oder durch den Verwaltungsbeirat abgenommen. Die Kosten für die Inanspruchnahme des Sachverständigen trägt die Verkäuferin.
Der Käufer erteilt zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums dem vom Verkäufer beauftragten Sachverständigen bzw. dem Verwaltungsbeirat ausdrücklich unwiderrufliche Vollmacht.
Beim Gemeinschaftseigentum beginnt die Gewährleistung mit dem Tage der Abnahme durch den Sachverständigen bzw. Verwaltungsbeirat.“
10 
Die Beklagte beauftragte den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen G. mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums, die am 25.05.2000 stattfand (Bestätigung des Sachverständigen G. vom 24.06.2000, Anlage B 1).
11 
Am selben Tage fand die Übergabe an die Erwerber U. und S. statt. Hierüber wurde jeweils ein Übergabeprotokoll (II 235 und BB 12) gefertigt, in dem es eingangs vorformuliert heißt:
12 
„Heute … wurde das o. g. Haus (Wohnung) einschließlich Allgemeineigentum fertig gestellt übergeben. Der Erwerber trägt folgende Mängel und Restarbeiten vor:“
13 
Es folgt eine auszufüllende Liste, beginnend mit „1. Sanitär“ bis „16. Sonstiges“. Unter Punkt 14 ist das „Gemeinschaftseigentum inkl. Kellerräume, Treppenhaus, Stellplätze, Garagen, Hauszugang“ und unter Punkt 15 die „Gartenanlage“ aufgeführt. Bei den Erwerbern U. ist hier handschriftlich vermerkt:
14 
„wird vom Gutachter abgenommen“.
15 
Bei den Erwerbern S. ist hier vermerkt:
16 
„Wurde am 25-5-00 von einem Sachverständigen bereits morgens abgenommen.“
17 
Weiter heißt es im vorformulierten Text des Übergabeprotokolls:
18 
„Der Erwerber bescheinigt durch seine Unterschrift, dass außer den oben genannten sichtbaren Mängeln und Restarbeiten keine weiteren Beanstandungen an dem Haus (Wohnung) sowie Gemeinschaftseigentum und Gartenanlage vorhanden sind. (...) Der Erwerber nimmt den Vertragsgegenstand hiermit ab.“
19 
Der Miteigentümer E. der Dachgeschosswohnung Nr. 16 klagte 2005 über das Auftreten von Zuglufterscheinungen. Mit Schreiben vom 14.11.2006 rügte er gegenüber der Beklagten Luftundichtigkeit des Daches (Anlage K 2).
20 
Die Klägerin beauftragte zunächst die Firma W. und späterhin den Inhaber eines Bautenschutzbetriebes mit der Untersuchung der Beanstandung. Dieser legte unter dem 21.01.2008 den aus Anlage K 1 ersichtlichen Zustandsbericht vor. Er kam zu dem Schluss, dass es durch Baumängel im Bereich der Dampfbremsfolie und der Unterspannbahn zu erheblichen Wärmeverlusten komme. Mit Anwaltsschreiben vom 27.02.2008 ließ die Klägerin die Beklagte zur Beseitigung von Mängeln der Dachkonstruktion, die überhöhte Heizkosten verursachten, mit Fristsetzung zum 10.03.2008 auffordern (Anlage K 5). Die Beklagte ließ im anwaltlichen Antwortschreiben vom 31.03.2008 (Anlage K 6) Mängel bestreiten und wandte Verjährung ein, da die Abnahme der letzten verkauften Wohnung im August 2001 stattgefunden habe.
21 
In dem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.05.2008 gegen die Beklagte vor dem Landgericht Mannheim eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren (9 OH 4/08) erstattete der Sachverständige H. ein schriftliches Gutachten vom 06.10.2008 mit Ergänzung vom 02.01.2009. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die eingebaute Unterspannbahn teilweise nicht ordnungsgemäß an den Durchbrüchen angeschlossen sei und dadurch bei Wassereintritten Durchfeuchtungen der Wärmedämmung möglich seien, die zu deren Funktionsverlust führen könnten. Außerdem stellte er Mängel der Dacheindeckung, der Befestigung der Firstziegel, im Bereich der Dachflächenfenster, der Verlegung der Dampfsperre sowie eine nicht standsichere Herstellung der Unterkonstruktion der Deckenverkleidungen mit Gipskartonplatten fest.
22 
Nach Anhörung des Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren am 09.04.2009 (Beiakten Aktenseite 63/65) erhob die Klägerin mit beim Landgericht am 10.09.2009 eingegangenem Schriftsatz vom 08.09.2009 Vorschussklage (50.618 EUR netto Mängelbeseitigungskosten zuzüglich 3.000 EUR Gerüstkosten und 5.361,80 EUR Regiekosten) und Klage auf Erstattung der Rechtsverfolgungs- und der Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahren (9.469,01 EUR sowie 5.317,02 EUR).
23 
Das Landgericht hat die Mangelhaftigkeit des Gemeinschaftseigentums aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen H. festgestellt, die Klage jedoch wegen Verjährung der Mängelbeseitigungsansprüche abgewiesen.
24 
Wegen der tatsächlichen Feststellungen, des streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das von der Klägerin mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
25 
2. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
26 
Zu Unrecht habe das Landgericht die Aussagen der vernommenen Zeugen K. und D. herangezogen, um eine mangelhafte Organisation der Beklagten bei der Bauüberwachung gerade im Zusammenhang mit schwerwiegenden Mängeln zu verneinen. Der Zeuge K. habe seine Pflichten bei der Abnahme von Subunternehmerleistungen nicht wahrgenommen und dadurch eine sachgerechte Beurteilung der Beklagten bei der Ablieferung ihres Werks unmöglich gemacht. Von arglistigem Verschweigen der Mangelhaftigkeit des Daches sei daher auszugehen, so dass Verjährung nicht eingetreten sei.
27 
Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,
28 
das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10.06.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
29 
1. an die Klägerin einen Mängelbehebungskostenvorschuss in Höhe von 64.296,82 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 58.979,80 EUR seit 26.05.2009 und aus weiteren 5.317,02 EUR seit 15.08.2009 zu zahlen;
30 
2. an die Klägerin einen Betrag von 9.469,01 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2009 zu zahlen.
31 
Die Beklagte hat zunächst beantragt,
32 
die Berufung zurückzuweisen.
33 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt ihren Standpunkt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Mängeln im Dachbereich nicht um gravierende Fehler i. S. der Rechtsprechung des BGH zum Organisationsverschulden handle. Sie widerspricht ferner der Würdigung der Klägerin, der Bauleiter K. habe seine Überwachungspflichten vernachlässigt. Soweit die Klägerin in dem weiteren Schriftsatz vom 05.11.2010 vortrage, fotografisch dokumentierte (Anlage BK 2) Verhältnisse im Dachraum belegten die Gefahr des Deckeneinsturzes und des Eintritts auch von Personenschäden, sei darauf hinzuweisen, dass die Situation im Dachraum aufgrund der Tätigkeit weiterer Personen dort verändert worden sei. Deshalb habe die Beklagte auch nicht die vom Sachverständigen H. in Ansatz gebrachten Reinigungskosten zu tragen. Die Aufhängung der Gipskartonplatten sei ordnungsgemäß durch Verschraubung erfolgt. Erhöhter Winddruck laste nicht auf der Deckenabhängung.
34 
Die Verwendung von Einzel- statt Doppeleindeckrahmen für die zwei nebeneinander liegenden Dachflächenfenster sei nicht als schwerwiegender Mangel zu bezeichnen. Die vom Sachverständigen herangezogenen Montagerichtlinien des Fensterherstellers V. stellten nicht den Stand der Technik dar. Es handle sich nur um Vorschläge des Herstellers. Auf welche Einbaurichtlinien sich der Sachverständige bezogen habe, sei nicht ersichtlich. Das Gutachten sei insofern nicht überprüfbar.
35 
Auch die Ausführungen zur Stabilität der Gipskartondecke unter dem Firstbereich gründeten sich nicht etwa auf DIN-Normen, sondern auf Verlegevorschriften der Firma F., die nicht näher spezifiziert seien. Der Sachverständige habe gar nicht ermittelt, ob die Beklagte F.-Produkte verwendet habe.
36 
Schließlich macht die Beklagte geltend, dass die abgehängten Decken der Dachgeschosswohnungen im Bereich des Spitzbodens zum Sondereigentum gehörten, weshalb die Klägerin bezüglich dieser Mängel nicht klagebefugt sei. Außerdem seien diesbezügliche Mängelansprüche auch dann verjährt, wenn man die Abnahme des Gemeinschaftseigentums für unwirksam halte; denn mindestens die Abnahme des Sondereigentums begegne keinen rechtlichen Bedenken und habe den Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt.
37 
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
38 
Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens des Landgerichts Karlsruhe - 9 OH 4/08 - lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
39 
Der Senat hat in seiner Sitzung vom 08. Februar 2011 den Sachverständigen H. ergänzend vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift (II 243) wird Bezug genommen. Nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte im Fortsetzungstermin vom 12. April 2011 keinen Antrag verlesen, worauf Versäumnisurteil wie folgt ergangen ist:
40 
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10.06.2010 - 9 O 292/09 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
41 
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 58.979,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2009 zu zahlen.
42 
Im übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.
43 
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
44 
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
45 
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
46 
Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
47 
Die Beklagte beantragt nunmehr,
48 
das Versäumnisurteil vom 12. April 2011 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 10. Juni 2010 zurückzuweisen.
49 
Die Klägerin beantragt,
50 
das Versäumnisurteil vom 12. April 2011 aufrechtzuerhalten.
II.
51 
Auf den zulässigen Einspruch der Beklagten ist die Berufung der Klägerin in der Sache zu prüfen. Die Berufung erweist sich überwiegend als begründet. Deshalb ist das Versäumnisurteil vom 12. April 2011 weitgehend aufrechtzuerhalten.
52 
1. Allerdings ist die Klage teilweise mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, soweit die Klägerin die im selbstständigen Beweisverfahren angefallenen Gerichts-, Sachverständigen- und Anwaltskosten geltend macht. Da sich die Streitgegenstände des vorliegenden Rechtsstreits und des selbstständigen Beweisverfahrens decken, umfasst die Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (BGH NZBau 2006, 374, 375). Ein rechtliches Interesse, diese Kosten durch selbstständige Leistungsklage einzufordern, ist nicht ersichtlich. In Höhe der Gerichtskosten von 5.317,02 EUR (K 10) und der außergerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit dem selbständigen Beweisverfahren, die die Klägerin mit brutto 9.469,01 EUR errechnet (K 9), ist die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
53 
2. Im übrigen hat die Klage überwiegend Erfolg.
54 
a. Die Klägerin ist im wesentlichen prozessführungsbefugt. Sie kann die Gewährleistungsrechte der Wohnungseigentümer bezüglich des Gemeinschaftseigentums als Prozessstandschafterin im eigenen Namen geltend machen. Durch Beschluss der Wohnungseigentümer vom 24.02.2010 (Anlage K 16) wurde die Prozessführung in vorliegender Sache genehmigt. Gleichzeitig wurde beschlossen, das Klageverfahren weiterzubetreiben. Dadurch hat die Klägerin die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber an sich gezogen und ihre alleinige Zuständigkeit begründet (BGHZ 172, 42, Rn. 20). Allerdings ergibt sich aus diesem Beschluss nicht, dass die Klägerin auch befugt ist, den Mangel an den abgehängten Decken der Dachgeschosswohnungen im Bereich des Spitzbodens geltend zu machen. Insoweit handelt es sich um einen Mangel am Sondereigentum der Eigentümer der Dachgeschosswohnungen. Nach § 4 der Teilungserklärung (BB 35) gehören zum Sondereigentum „der Fußbodenbelag und der Deckenputz der im Sondereigentum stehenden Räume, die nichttragenden Zwischenwände, der Wandputz und die Wandverkleidung sämtlicher zum Sondereigentum gehörenden Räume, auch soweit die Putz tragenden Wände nicht zum Sondereigentum gehören.“ Nach diesem Maßstab sind die abgehängten Decken aus Gipskartonplatten in den Dachgeschosswohnungen zum Sondereigentum zu rechnen. Diese Decken erfüllen die Funktion des Deckenputzes. Veränderungen durch den jeweiligen Sondereigentümer würden das Gemeinschaftseigentum nicht berühren. Auch die Befestigung der Gipskartonplatten an der darüber liegenden - dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnenden - Dachkonstruktion ist integrierter Bestandteil der den inneren Abschluss der Dachgeschosswohnungen nach oben bildenden Decke und damit Sondereigentum im Rechtssinne. Soweit die Klägerin ihren Vorschussanspruch auf diesen Mangel stützt, fehlt ihr die Prozessführungsbefugnis. Auch in diesem Umfang erweist sich deshalb die Klage als unzulässig.
55 
b. Da die Klägerin Ansprüche der Wohnungseigentümer als Prozessstandschafterin verfolgt, setzt die Begründetheit der Klage voraus, dass mindestens ein Wohnungseigentümer noch Inhaber von durchsetzbaren, d.h. nicht verjährten Ansprüchen ist. Das ist hier der Fall.
56 
aa. Soweit die Ansprüche aus Erwerbsverträgen hergeleitet werden, die bis zum 31.12.2001 geschlossen wurden (z.B. Erwerber S.), sind das BGB und das AGB-Gesetz in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf dieser Grundlage sind jedenfalls die Erwerber S noch Inhaber eines unverjährten Vorschussanspruches (§ 633 BGB a.F. i.V.m. §§ 242, 669 BGB; vgl. BGHZ 68, 372 ff.).
57 
bb. Das Gemeinschaftseigentum ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. Aufgrund der Gutachten des Sachverständigen H. vom 06.10.2008 und vom 02.01.2009 sowie der mündlichen Anhörung des Sachverständigen durch den Senat stehen zur Überzeugung des Senats folgende Mängel fest:
58 
- Die eingebaute Unterspannbahn des Daches ist nicht an den Dachdurchbrüchen (Dachflächenfenster, Kamine, Dunstrohre) angeschlossen und in den Überdeckungsbereichen nicht verklebt.
59 
- Die Eindeckrahmen der Dachflächenfenster und die Dacheindeckung im Bereich der Dachflächenfenster sind mangelhaft ausgeführt.
60 
- Mangelhaft ist auch die Mineralfaserdämmung im Bereich der Fensterrahmen, weil diese nicht hohlraumfrei ausgeführt wurde.
61 
- Als Mangel zu bewerten ist des weiteren die Ausführung der luftdichten Schicht im Bereich des Spitzbodens. Eine Verklebung der Überdeckungsbereiche ist nicht vorhanden. Außerdem ist die Folie lediglich mit Klammern auf der Innenseite der Sparren befestigt. Zur Stabilisierung wären Leisten parallel auf den Sparren anzubringen gewesen. Da die Dampfbremse nicht ordnungsgemäß fixiert und an den Nähten nicht verklebt ist, besteht die Gefahr, dass die Dämmung durch Winddruck aus dem Gefach herausgedrückt wird.
62 
- Die Firststeine der Dacheindeckung sind nicht ordnungsgemäß befestigt.
63 
- Schließlich wurden bei den Bauarbeiten auf dem Spitzboden Abfälle, Materialreste und Verpackungsmaterial zurückgelassen (vgl. Lichtbilder Nrn. 8 und 9 im Gutachten vom 06.10.2008).
64 
Die Beklagte hat diese Bewertungen des Sachverständigen H. nur in geringem Umfange angegriffen. In der Berufungsantwort hat sie vor allem die von der Berufung vertretene Ansicht bekämpft, die genannten Mängel seien so gravierend, dass sich daraus eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Arglist herleiten lasse. Die Mängel als solche sind im wesentlichen nicht in Abrede gestellt worden. Soweit die Beklagte bestritten hat, ist der Senat dem im Rahmen der Anhörung des Sachverständigen H. nachgegangen. Die Anhörung hat jedoch zu keinem vom schriftlichen Gutachten abweichenden Ergebnis geführt. Die Behauptung der Beklagten, der Zustand im Spitzboden (herabhängende Folie, zurückgelassenes Material) sei nicht ihr anzulasten, sondern der Einwirkung Dritter zuzuschreiben, ist im Hinblick darauf, dass der Spitzboden von außen nicht begehbar ist und der Sachverständige eine Besichtigung auch nur mittels Kamera über eine 10 x 10 cm großen Öffnung durchführen konnte, fern liegend. Zu den Eindeckrahmen der Dachfenster hat der Sachverständige seine früheren Ausführungen überzeugend untermauert.
65 
Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 01.03.2011 sind nicht geeignet, dieses Beweisergebnis in Frage zu stellen.
66 
Im Einzelnen:
67 
(1) Der Versuch, aus einem Vergleich des Lichtbildes BK 2 mit dem Bild 18 auf S. 9 des im OH-Verfahren vorgelegten Privatgutachtens L. (dort K 1) den Schluss herzuleiten, dass „nachträglich Abfallreste in den Dachbereich entsorgt worden“ seien, ist untauglich. Abgesehen davon, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, ein Dritter habe die auf dem Lichtbild BK 2 dokumentierten Abfälle entsorgt, ist festzustellen, dass beide Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven aufgenommen wurden. Dass „eine Vielzahl von Abfallresten“ und „ein Pappkarton mit der Aufschrift Würth“ auf dem Foto im Gutachten L. nicht zu sehen sind, erklärt sich zwanglos daraus, dass der fragliche Bereich (links der senkrechten Dachbalken) auf diesem Foto gar nicht abgebildet ist.
68 
(2) Auch die Angriffe gegen die Bewertung des Sachverständigen H., es fehle an einer ordnungsgemäßen Dampfbremse, überzeugen nicht. Soweit darauf abgehoben wird, es gebe keine Wärmeschutzverordnung 1985, sondern nur eine solche aus dem Jahre 1982, hat der Sachverständige - wie den Parteien mit Verfügung vom 03.03.2011 mitgeteilt und mit ihnen im Termin vom 12.04.2011 erörtert - auf telefonische Anfrage erklärt, er habe die Wärmeschutzverordnung 1995 gemeint und nur irrtümlich das Jahr 1985 genannt.
69 
In der ab 01.01.1995 gültigen Wärmeschutzverordnung ist aber in § 4 ausdrücklich geregelt, dass die Dichtigkeit des Gebäudes durch eine luftundurchlässige Schicht zu gewährleisten ist. In diesem Sinne hat der Sachverständige H. die Notwendigkeit des Einbaues einer „Dampfsperre“ auch bei seiner Anhörung im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Mannheim am 09.04.2009 (AS 63 der Akte 9 OH 4/08) erläutert. Ob sich der Begriff der „Dampfbremse“ oder der „Folie“ in der Wärmeschutzverordnung findet, ist nicht entscheidungserheblich.
70 
Der Vortrag der Beklagten, dass auf der abgehängten Decke über den Wohnräumen der Dachgeschosswohnung eine Wärmedämmung aus Steinwolle eingebracht und unter dieser eine Dampfbremsfolie eingebaut worden sei, ist neu und - da bestritten - nach § 531 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen. Ein Ausnahmefall im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO, insbesondere nach der dortigen Nr. 3, liegt nicht vor. Dass die Beklagte die Folie nicht ordnungsgemäß verklebt hat, steht nach den Angaben des Sachverständigen zur Überzeugung des Senats fest. Diese Überzeugung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Sachverständige den Dachraum nicht betreten konnte, sondern seine Feststellungen auf einer Fotografie beruhen, die er durch eine kleine Luke hindurch gefertigt hat.
71 
(3) Auch die Einwendungen der Beklagten gegen die Feststellung des Sachverständigen, die Arbeiten der Beklagten stünden nicht im Einklang mit den Herstellerrichtlinien der Firma V., sind unbegründet. Schon die Tatsache, dass die Fa. V. - unstreitig - Kombirahmen für Fälle der vorliegenden Art anbietet, spricht dafür, dass die Beklagte von den Einbaurichtlinien dieses Herstellers abgewichen ist. Darüber hinaus hat der Sachverständige unabhängig von den Herstellerrichtlinien handwerkliche Fehler - ein fehlendes Abdichtungsblech - festgestellt.
72 
(4) Schließlich bleiben auch die Einwendungen gegen die Schätzung der Gerüstkosten durch den Sachverständigen ohne Erfolg. Die Beklagte ermittelt selbst in ihrem Schriftsatz Kosten in Höhe von 6.175,00 EUR. Auf die höhere Schätzung des Sachverständigen kommt es deshalb nicht an, weil im Rahmen der Vorschussklage hier nur 3.000 EUR in Ansatz gebracht sind.
73 
Der Senat hat deshalb keinen Zweifel, dass das Werk der Beklagten in den oben genannten Punkten mangelhaft ist (§ 286 ZPO).
74 
cc. Aus Rechtsgründen kann die Klägerin - wie oben ausgeführt - allerdings behauptete Mängel an der Unterkonstruktion der Deckenverkleidungen der Dachgeschosswohnungen mit Gipskartonplatten nicht geltend machen, weil insoweit das Sondereigentum betroffen ist.
75 
dd. Da die Beklagte eine Mangelbeseitigung u.a. mit der Begründung, Gewährleistungsansprüche seien verjährt, verweigert, sind ohne weiteres die Voraussetzungen für einen Vorschussanspruch erfüllt.
76 
ee. Nach dem Sachverständigengutachten vom 06.10.2008 belaufen sich die voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung auf 50.618,00 EUR netto, wobei dieser Betrag um Sowiesokosten in Höhe von 1.750,00 EUR zu ermäßigen ist. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin bezüglich der behaupteten Mängel der abgehängten Decken in den Dachgeschosswohnungen die Prozessführungsbefugnis fehlt, sind die vom Sachverständigen geschätzten Kosten von 50.618,00 EUR um weitere 3.656,00 EUR netto zu kürzen („Deckenkonstruktion mit Rahmenhölzern 50/60 mm verstärken und vorhandene mit Holzschrauben kraftschlüssig verbinden“, vgl. Gutachten vom 6. Oktober 2008 im selbstständigen Beweisverfahren 9 OH 4/08). Hinzu kommen Gerüstkosten, die der Sachverständige im Termin auf rund 7.000,00 EUR geschätzt hat, sowie Regiekosten. Da die Klägerin ihren Vorschussanspruch der Höhe nach zulässiger Weise auf das im selbstständigen Beweisverfahren erhobene Sachverständigengutachten stützt und für die Gerüstkosten lediglich 3.000,00 EUR, für die Regiekosten lediglich eine Pauschale von 10 % verlangt, errechnet sich ein Vorschussanspruch in Höhe von 53.033,20 EUR netto:
77 
Gesamtaufwand netto laut Sachverständigengutachten      
50.618,00 EUR
abzüglich Kosten für abgehängte Decken
3.656,00 EUR
abzüglich Sowiesokosten
1.750,00 EUR
Gesamtaufwand netto
53.033,20 EUR
     
45.212,00 EUR
zuzüglich Gerüstkosten
3.000,00 EUR
     
48.212,00 EUR
zuzüglich 10 % Regiekosten
4.821,20 EUR
78 
Umsatzsteuer wird von der Klägerin im Rahmen der Vorschussklage nicht geltend gemacht.
79 
d. Der Vorschussanspruch ist nicht verjährt.
80 
aa. Nach altem Schuldrecht verjährt der Anspruch in der Frist von fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums (§ 638 Sätze 1 und 2 BGB a.F.).
81 
bb. Zu Unrecht meint die für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungspflichtige Beklagte, das Gemeinschaftseigentum sei durch den Sachverständigen G. mit Wirkung für die Wohnungseigentümer am 25.05.2000 abgenommen worden. Die dieser Auffassung zu Grunde liegende Regelung über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums in § 7 der notariellen Verträge ist wegen unangemessener Benachteiligung der Bewerber unwirksam.
82 
Es handelt sich unstreitig um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die von der Beklagten den Erwerbern bei Abschluss der Verträge gestellt wurden (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 1 AGB-Gesetz). Dass die Verträge notariell beurkundet wurden, steht ihrem Formularcharakter nicht entgegen (BGHZ 118, 229, 239).
83 
Die Regelung über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums benachteiligt die Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil den Erwerbern die Möglichkeit genommen wird, über die Ordnungsmäßigkeit der Werkleistung des Bauträgers selbst zu befinden. Durch die Bezugnahme auf eine von einem Sachverständigen durchzuführende Abnahme werden die Rechte der Erwerber verkürzt, zumal in dem Vertrag dem Sachverständigen zugleich eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt wird. Die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Erwägung, das deutsche Recht kenne keine verdrängende Vollmacht, weshalb die Erwerber jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, das Gemeinschaftseigentum selbst abzunehmen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden auszulegen (BGH NJW 2010, 293). Ein solcher Kunde kann die Regelungen nur dahin verstehen, dass er sich „unwiderruflich“ der Möglichkeit begebe, über die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums selbst befinden zu können.
84 
Eine vom Bauträger geschuldete Leistung entgegenzunehmen und über ihre Ordnungsgemäßheit zu entscheiden, ist allein Sache des Erwerbers. Das gilt auch für das Gemeinschaftseigentum. Durch den Erwerbsvertrag erhält der einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Anspruch auf mangelfreies Gemeinschaftseigentum. Dementsprechend liegt es grundsätzlich bei ihm, zu entscheiden, ob er das Werk als eine in der Hauptsache dem Vertrag entsprechende Erfüllung gelten lassen will (BGH NJW 1985, 1551, 1552). Ist dem Erwerber die Person des bevollmächtigten Dritten vorgegeben oder ist das Benennungsrecht formularmäßig dem Unternehmer übertragen, wird dadurch wesentlich in den Kernbereich der Rechtsstellung des Erwerbers eingegriffen (OLG Koblenz BauR 2003, 546, 548). Eine solche Klausel stellt sich insbesondere unter zwei Gesichtspunkten als unangemessene Benachteiligung des Erwerbers dar. Zum einen greift sie in das originäre Abnahmerecht des Erwerbers ein, weil dieser faktisch keine Möglichkeit hat, eine Abnahme durch den Bevollmächtigten zu verhindern. Um dem Erwerber nicht zu suggerieren, dass nur der Bevollmächtigte abnehmen darf, wird man im Sinne des Transparenzgebotes mindestens die Klarstellung verlangen müssen, dass die Vollmacht nicht nur frei widerruflich ist, sondern der Erwerber jederzeit selbst die Abnahme erklären kann (Vogel, Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums, NZM 2010, 377, 379). Zum anderen benachteiligt die Klausel den Erwerber unangemessen, weil die Neutralität der mit der Abnahme bevollmächtigten Person nicht gewährleistet ist (Vogel, a.a.O., S. 379). Der Bevollmächtigte wird hier - nach dem Inhalt der Klausel - vom „Verkäufer“ benannt, kommt also aus dem Lager des Bauträgers. Das lässt befürchten, dass der Bauträger auf die Abnahmeentscheidung mindestens durch die Auswahl des Bevollmächtigten Einfluss nimmt. In diesen den Erwerber benachteiligenden Bestimmungen liegt zugleich eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in §§ 640, 641 BGB (vgl. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB und § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG).
85 
cc. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Erwerber das Gemeinschaftseigentum auch nicht individuell abgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Übergabeprotokolle belegen eine solche Abnahme nicht. Da ausreichend ist, dass ein einzelner Wohnungseigentümer noch Inhaber unverjährter Rechte sind, beschränkt sich der Senat auf die Beurteilung der Rechtsstellung der Erwerber S. Der Erwerbsvertrag der Eheleute S. datiert vom 14.02.2000. Das von den Eheleuten S am 25.05.2000 unterzeichnete Übergabeprotokoll enthält zwar die vorformulierte Erklärung, „der Erwerber (bescheinige) durch seine Unterschrift, dass außer den oben genannten sichtbaren Mängeln und Restarbeiten keine weiteren Beanstandungen an dem Haus (Wohnung) sowie Gemeinschaftseigentum und Gartenanlagen vorhanden sind“, doch ergibt sich aus dem Protokoll, dass eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums nicht stattgefunden hat. Bei den Ordnungsnummern 14 „Gemeinschaftseigentum“ und 15 „Gartenanlage“ ist handschriftlich eingetragen:
86 
„Wurde am 25-5-00 von einem Sachverständigen bereits morgens abgenommen.“
87 
Das belegt, dass sowohl die Beklagte als auch die Erwerber S. davon ausgegangen sind, eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums sei nicht mehr erforderlich. Die Auffassung der Beklagten, die vorformulierte Erklärung der Erwerber beziehe sich auch auf das Gemeinschaftseigentum, ist deshalb verfehlt. Was die Beklagte dagegen in ihrem Schriftsatz vom 01.03.2011 vorbringt, überzeugt nicht. Dass bei der Übergabe des Sondereigentums auch der Keller betreten, die Zählerstände abgelesen und der Defekt einer Lampe beanstandet wurden, reicht angesichts des eindeutigen Wortlauts der Erklärung, wonach das Gemeinschaftseigentum bereits morgens von einem Sachverständigen abgenommen worden sei, nicht aus, um dem Verhalten der Eheleute S. den Erklärungswert beizumessen, diese hätten das Gemeinschaftseigentum abgenommen.
88 
dd. Zu einer konkludenten Abnahme durch die Erwerber ist es ebenfalls nicht gekommen. Eine solche ist ohnehin grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Vertragsparteien - wie hier - eine förmliche Abnahme vereinbart und hierauf nicht nachträglich verzichtet haben (Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, § 640 Rn. 125). Überdies haben tatsächlich förmliche Abnahmetermine stattgefunden, zum einen durch den Sachverständigen, zum anderen durch die Erwerber. Aus den oben dargelegten Gründen ist es dabei aber mindestens im Erwerbsfall S nicht zu einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums gekommen. Deshalb ist auch die vertragliche Regelung („Nimmt der Käufer den Vertragsgegenstand in Gebrauch, ohne dass eine Übergabeverhandlung stattgefunden hat, so gilt diese Ingebrauchnahme als Abnahme des Werkes.“) nicht geeignet, die Abnahmewirkungen herbeizuführen. Darüber hinaus steht der Annahme, die Erwerber hätten das Gemeinschaftseigentum konkludent abgenommen, ein weiterer Gesichtspunkt entgegen. Zwar haben sämtliche Erwerber ihre Wohnungen vor der erstmaligen Geltendmachung der als wesentlich zu bewertenden Mängel im Dachbereich in Gebrauch genommen. Das ist aber in der unzutreffenden Annahme geschehen, das Gemeinschaftseigentum sei aufgrund der Regelung in § 7 der Erwerbsverträge bereits abgenommen. In einem solchen Fall kann das Verhalten der Erwerber nicht als Billigung des Werks angesehen werden, weil ihnen wegen der irrigen Vorstellung, das Werk sei bereits abgenommen, das notwendige Erklärungsbewusstsein fehlte (OLG München BauR 2009, 1444). Diese Erwägung gilt auch, soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Erwerber S hätten durch Zahlung des restlichen Erwerbspreises das Gemeinschaftseigentum konkludent abgenommen.
89 
Nach alledem lässt sich jedenfalls in Bezug auf die Erwerber S. keine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums feststellen. Das Argument der Beklagten, die Annahme, das Gemeinschaftseigentum sei trotz jahrelanger Nutzung durch die Wohnungseigentümer bislang nicht abgenommen, sei lebensfremd und berücksichtige die beteiligten Interessen nicht angemessen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 08.07.2010, VII ZR 171/08, NJW 2010, 3573) unterliegen auch Gewährleistungsansprüche, die bereits vor der Abnahme entstanden sind, der kurzen Verjährungsfrist des § 638 Satz 1 BGB a.F. (insoweit inhaltsgleich mit § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.). Da diese Verjährungsfrist erst mit der Abnahme des Werkes beginnt (§ 638 Satz 2 BGB a.F., § 634 a Abs. 2 BGB n.F.), ist es ohne weiteres möglich, dass die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche, die bereits vor der Abnahme entstanden sind, für längere Zeit nicht läuft. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) widerspricht dies aber nicht dem vom Gesetzgeber mit der Verjährungsregelung verfolgten Zweck, die Gewährleistungspflicht des Unternehmers zeitlich zu begrenzen. Die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung bestehe nur für den Zeitraum nach der Abnahme. Bis zur Abnahme sei der Unternehmer zur Erfüllung verpflichtet. Erst nach der billigenden Entgegennahme seiner Werkleistung seitens des Bestellers sei es gerechtfertigt, ihn davor zu schützen, dass er über den vom Gesetzgeber für ausreichend erachteten Zeitraum von fünf Jahren hinaus gleichwohl wegen eines Mangels der Bauleistungen in Anspruch genommen werden kann. Dieses durch die Verjährungsvorschriften gewährleisteten Schuldnerschutzes bedürfe es nicht, solange die Erfüllungsphase andauere und der Besteller nicht sein Einverständnis mit der Vertragsleistung erklärt habe.
90 
Deshalb beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht zu laufen, solange das Werk nicht abgenommen ist und auch sonst keine Umstände vorliegen, nach denen das vertragliche Erfüllungsverhältnis als beendet angesehen werden kann.
91 
3. Auch der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 17.03.2011 rechtfertigt keine andere Beurteilung. In diesem Schriftsatz wird unter Beweisantritt behauptet, bei sämtlichen Erwerber, die ihre Wohnung nach Mai 2000 erworben hätten, sei von einer Abnahme des gesamten Vertragsobjektes, also des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums, auszugehen. Dieser Vortrag kann als wahr unterstellt werden, weil er jedenfalls die Erwerber S, deren Erwerbsvertrag vorher geschlossen wurde, nicht betrifft.
92 
4. Das Versäumnisurteil ist deshalb im Umfang von 53.033,20 EUR aufrechtzuerhalten. Im übrigen ist es aufzuheben und die Klage abzuweisen.
93 
Die Zinsforderung rechtfertigt sich dem Grunde nach aus § 286 Abs. 1 BGB, der Höhe nach aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
94 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO. Sie umfasst auch die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (BGH NZBau 2006, 374, 375).
95 
Soweit die Klage und die Berufung ohne Erfolg geblieben sind, handelt es sich um Nebenkosten der Rechtsverfolgung, die bei der Bemessung des Streitwertes außer Betracht bleiben (§ 4 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG). Das gilt unabhängig davon, ob die Kosten der Hauptforderung (in einem einheitlichen Antrag) hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen, formal selbstständigen Antrages sind (BGH NJW-RR 2008, 374, 375).
96 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10 zitiert 20 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 633 Sach- und Rechtsmangel


(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. (2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei v

Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 43 Nebenforderungen


(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. (2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 641 Fälligkeit der Vergütung


(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. (2) Die Vergütung des Unte

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 638 Minderung


(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. (2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unterne

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 640 Abnahme


(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. (2) Als abge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 669 Vorschusspflicht


Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuss zu leisten.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 9 Wohnsitz eines Soldaten


(1) Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische Standort. (2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrd

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2010 - VII ZR 171/08

bei uns veröffentlicht am 08.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 171/08 Verkündet am: 8. Juli 2010 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 27. Sept. 2011 - 8 U 106/10.

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 12. Mai 2015 - 10 U 114/14

bei uns veröffentlicht am 12.05.2015

Tenor 1. Die Berufung der Kläger gegen das am 14. Oktober 2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn, Az. 2 O 197/12, wird zurückgewiesen. 2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte die a

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(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem Beauftragten auf Verlangen Vorschuss zu leisten.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

(2) Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

(3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1.
soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2.
soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3.
wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.
Hat der Besteller dem Dritten wegen möglicher Mängel des Werks Sicherheit geleistet, gilt Satz 1 nur, wenn der Unternehmer dem Besteller entsprechende Sicherheit leistet.

(3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

(4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Ein Soldat hat seinen Wohnsitz am Standort. Als Wohnsitz eines Soldaten, der im Inland keinen Standort hat, gilt der letzte inländische Standort.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Soldaten, die nur auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 171/08 Verkündet am:
8. Juli 2010
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 638 a.F, 635 a.F.
Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche des Bestellers unterliegen auch
dann der Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F., wenn sie vor der
Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme
erfolgt oder endgültig verweigert wird (Abänderung von BGH, Urteil vom
30. September 1999 - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000, 22 = ZfBR
2000, 97).
BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - VII ZR 171/08 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka sowie die
Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Leupertz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 12. August 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten gemäß § 635 BGB a.F. Schadensersatz für die mangelhafte Erbringung von Architektenleistungen.
2
Der Beklagte ist Architekt. Er erhielt von der Klägerin mit Vertrag vom 7. April 1993 den Auftrag, anstelle des zuvor wegen massiver Baumängel gekündigten Architekten die Fertigstellung eines im Rohbau befindlichen Wohnhauses zu planen und zu überwachen. Schon 1994 kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten darüber, ob der Beklagte die ihm im Zusammenhang mit der mangelfreien Fertigstellung des Bauvorhabens übertragenen Leistungen vertragsgerecht erbracht hatte. Bis Ende 1999 forderte die Klägerin ihn mehrfach auf, für die Behebung verschiedener baulicher Mängel und die Abnahme der Ausführungsgewerke zu sorgen. Mit einem am 15. Dezember 1999 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz leitete sie unter anderem gegen den Beklagten ein selbständiges Beweisverfahren ein, dessen Gegenstand sie mit einem am 2. März 2000 eingegangenen Schriftsatz erweiterte. Unter dem 4. März 2001 erstattete der gerichtliche Sachverständige sein Gutachten, das dem Beklagten am 13. März 2001 zugestellt wurde. Danach fanden zwischen den Parteien - unter Einbeziehung der Haftpflichtversicherung des Beklagten - Verhandlungen statt. Die Klage wurde am 8. März 2006 erhoben.
3
Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren mangelbedingten Schadensersatz in Höhe von 21.017,93 € nebst Zinsen beansprucht und darüber hinaus auf Feststellung angetragen, dass der Beklagte weiteren Schadensersatz für näher bezeichnete Baumängel zu leisten habe. Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 20.239,49 € nebst Zinsen verurteilt und dem Feststellungsbegehren teilweise stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage mit der Begründung abgewiesen , die Klageforderungen seien verjährt.
4
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die ihr im erstinstanzlichen Verfahren zuerkannten Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind unter Berücksichtigung der für die Verjährung geltenden Überleitungsvorschriften in Art. 229 § 6 EGBGB die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB.

I.

7
Das Berufungsgericht sieht die aus § 635 BGB abgeleiteten Schadensersatzansprüche der Klägerin als verjährt an. Es geht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 30. September 1999 - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97) davon aus, dass der schon vor der Abnahme für nicht mehr nachbesserungsfähige Mängel des Architektengewerks bestehende Schadensersatzanspruch des Bestellers aus § 635 BGB der Regelverjährung unterliege, weil § 638 BGB nicht eingreife, wenn der Besteller die Architektenleistungen weder abgenommen noch deren Abnahme endgültig verweigert habe. Eine Abnahme sei hier nicht erfolgt. Ebenso wenig könne eine endgültige Verweigerung der Abnahme in unverjährter Zeit festgestellt werden.
8
Die ursprünglich dreißigjährige Regelverjährung habe mit der Entstehung des Anspruchs, demnach in dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, in dem sich die in Rede stehenden Mängel im Bauwerk verkörpert hätten. Das sei spätestens im Februar 2000 der Fall gewesen, da die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. März 2000 ihren Antrag im selbständigen Beweisverfahren auf die streitgegenständlichen Mängel erweitert habe. Weil die Regelverjährungsfrist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB nur noch 3 Jahre ab dem 1. Januar 2002 betragen habe, sei der Anspruch der Klägerin auch unter Berücksichtigung der verhandlungsbedingten Hemmungszeiten verjährt gewesen, als die Klägerin den Be- klagten mit Schreiben vom 20. Januar 2006 zur Zahlung aufgefordert und dadurch (möglicherweise) zu erkennen gegeben habe, die Abnahme endgültig verweigern zu wollen.

II.

9
Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin sind, auch soweit deren Feststellung begehrt wird, nicht verjährt.
10
1. Die Klägerin verlangt Schadensersatz für Baumängel, die sie auf eine nicht vertragsgerechte Erbringung der dem Beklagten übertragenen Architektenleistungen zurückführt. Dahin gehende Ansprüche können gemäß § 635 BGB bestehen.
11
Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Besteller, wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zu Recht annimmt, Schadensersatz nach § 635 BGB für Mängel der Architektenleistungen schon vor der Abnahme und ohne eine vorherige Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB) verlangen, wenn jene Mängel sich im Bauwerk realisiert haben und damit eine Nachbesserung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 30. September 1999 - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128 = NZBau 2000 = 22, ZfBR 2000, 97; Urteil vom 15. November 2002 - VII ZR 1/00, BauR 2002, 1536, 1539 = NZBau 2002, 571 = ZfBR 2002, 767; Urteil vom 11. Oktober 2007 - VII ZR 65/06, BauR 2007, 2083 = NZBau 2008, 187 = ZfBR 2008, 160). Solche Ansprüche bestehen neben denjenigen aus § 326 BGB, die dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht zuzuordnen sind und als solche der Regelverjährung unterliegen (BGH, Urteil vom 26. September 1996 - X ZR 33/94, ZfBR 1997, 35; Urteil vom 17. Februar 1999 - X ZR 8/96, BauR 1999, 760 = ZfBR 1999, 200).
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2. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus § 635 BGB erfüllt sind. Entgegen seiner Auffassungen können ihr die hierauf gestützten Klageforderungen nicht mit der Begründung versagt werden, solche Ansprüche seien jedenfalls verjährt.
13
a) Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Regelverjährung gemäß § 195 BGB unterliegen. Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu den Fällen, in denen der Besteller Schadensersatz nach § 635 BGB verlangt, ohne die Architektenleistungen abgenommen oder die Abnahme endgültig verweigert zu haben. Der Senat hat entschieden, dass für diesen Gewährleistungsanspruch , der eine Abnahme nicht voraussetze, die dreißigjährige Verjährung gelte. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB greife nicht ein, weil sie gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB erst mit der Abnahme bzw. deren endgültiger Verweigerung zu laufen beginne (BGH, Urteil vom 30. September 1999 - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128, 129 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97). Diese Entscheidung beruht auf der Erwägung, dass die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht der kurzen Verjährung des § 638 BGB unterliegen, wenn sie vor dem in § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Beginn der Verjährung bestimmten Zeitpunkt entstanden sind.
14
An dieser Rechtsprechung, die von der Literatur für das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht allerdings nicht in Frage gestellt worden ist (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 638 Rdn. 6; Staudinger/Peters, BGB, Neubearbeitung 2000, § 638 Rdn. 25; RGRK/Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 638 Rdn. 20; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 2397; Schwartmann, NZBau 2000, 60, 61; Weyer, Festschrift für Kraus, 207, 212 f.; Schulze-Hagen/Fuchs, Festschrift für Motzke, 1, 3), hält der Senat nach erneuter Überprüfung nicht fest. Vielmehr ist es geboten, die Verjährungsregelung des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann anzuwenden, wenn die Gewährleistungsansprüche vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt oder wenn sie endgültig verweigert wird.
15
Der Senat ist an der Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung nicht dadurch gehindert, dass der XI. Zivilsenat sie in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 (XI ZR 181/08, BauR 2010, 765, Tz. 43 = ZfBR 2010, 249) herangezogen hat. Der dortige Fall wäre auch bei Anwendung der nunmehr vom Senat entwickelten Grundsätze nicht anders zu entscheiden gewesen.
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b) Die Verjährungsregelung des § 638 BGB gilt für die dem Besteller nach §§ 633 ff. BGB zustehenden Gewährleistungsansprüche unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung.
17
§ 638 Abs. 1 BGB bestimmt, dass werkmangelbedingte Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB unterliegen, sondern - bei Arbeiten an einem Bauwerk - in einer mit der Abnahme der Bauleistung beginnenden Frist von fünf Jahren verjähren. Zweck dieser Regelung ist es, in Anlehnung an die kaufrechtlichen Verjährungsvorschriften eine rasche Vertragsabwicklung zu gewährleisten und Streitigkeiten der Vertragsparteien über Mängelansprüche in einem Zeitpunkt zu vermeiden, in dem die Ursachen für Beeinträchtigungen des Werkes nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten aufklärbar sind (Motive II, 486, 238). Mit ihrer Einführung hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen, dass die Verjährungsfrist abgelaufen sein kann, bevor der Besteller den Mangel erkannt hat oder dieser überhaupt erkennbar zutage getreten ist (Motive II, 486). Er hat damit zugleich gebilligt, dass die Ansprüche des Bestellers auf Wandelung, Minderung und Schadensersatz verjährt sein können, bevor sie entstanden sind, was gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB den Ablauf einer angemessenen Mängelbeseitigungsfrist mit Ablehnungsandrohung und damit notwendig die Kenntnis des Bestellers vom Mangel voraussetzt.
18
Die darin zu Tage tretende Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährleistungsansprüche des Bestellers unabhängig von ihrer Entstehung der kurzen fünfjährigen Verjährung zu unterwerfen, beansprucht Geltung auch für die Fälle, in denen solche Ansprüche vor der gemäß § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Abnahme entstanden sind. Ein anderes Verständnis der Regelungen in § 638 BGB entspricht weder dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift noch gebietet die zweckentsprechende Umsetzung des gesetzgeberischen Willens ihre korrigierende Auslegung in der Weise, dass die vor der Abnahme entstandenen Gewährleistungsansprüche nicht dem Regelungsbereich des § 638 BGB unterfallen und stattdessen der Regelverjährung unterliegen sollen.
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aa) Durch die Schaffung der gesetzlichen Regelung in § 638 BGB hat der Gesetzgeber die Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche insgesamt den für die Regelverjährung maßgeblichen Vorschriften in §§ 195, 198 BGB entzogen, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
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Der kurzen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB unterliegen alle werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche. Ihre Geltung hängt nicht ab von ihrem (sofortigen) Beginn. Eine solche Verknüpfung zwischen Verjährungs- frist und Verjährungsbeginn ist weder dem Wortlaut der Vorschrift des § 638 BGB zu entnehmen noch entspricht sie dem allgemein für Verjährungsvorschriften geltenden Regelungssystem, das - wie sich bereits aus §§ 195, 198 ff. BGB ergibt - zwischen Bestimmungen zur Länge der Verjährungsfrist und solchen zu ihrem Beginn unterscheidet. § 852 BGB steht - ebenso wie jetzt unter der Geltung des neuen Schuldrechts die Vorschriften der §§ 195, 199 BGB n.F. - beispielhaft dafür, dass abweichend von § 198 BGB für den Beginn einer gesetzlich geregelten kurzen Verjährung ein späterer Zeitpunkt als derjenige maßgeblich sein kann, in dem der der Verjährung unterliegende Anspruch entsteht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit mit der Einführung des § 638 Abs. 1 BGB für die Verjährung der werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche hat ausschließen wollen. Sie ist vielmehr im Gesetz angelegt, weil § 634 Abs. 1 Satz 2 BGB es dem Besteller ausdrücklich ermöglicht , Gewährleistungsansprüche schon vor der Abnahme geltend zu machen. Hätte der Gesetzgeber diese Fallkonstellationen vom Regelungsbereich des § 638 BGB ausnehmen wollen, hätte nichts näher gelegen, als eine entsprechende Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, wie sie § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Fälle vorsieht, in denen der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Weil eine solche Regelung fehlt, ist davon auszugehen, dass § 638 BGB auch auf solche Gewährleistungsansprüche Anwendung finden soll, die vor der Abnahme entstanden sind (im Ergebnis ebenso: Acker/Roskosny, BauR 2003, 1279, 1286; Preussner, Festschrift für Kraus, 179, 200; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil, Rdn. 506 - jeweils zu § 634 a BGB n.F.).
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bb) Für ein anderes Verständnis vom Regelungsgehalt des § 638 BGB besteht kein durchgreifendes praktisches Bedürfnis. Ein solches Bedürfnis kann sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass werkvertragliche Gewährleistungsansprüche des Bestellers mangels Abnahme überhaupt nicht verjähren.
Diese Besorgnis besteht nicht in einer Weise, die den Rückgriff auf die Regelverjährung rechtfertigen könnte.
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(1) Nicht zu verkennen ist allerdings, dass bei Anwendung des § 638 BGB auf Gewährleistungsansprüche auf den Zeitraum vor der Abnahme die Verjährungsfrist unter Umständen für längere Zeit nicht zu laufen beginnt, obwohl Gewährleistungsansprüche bereits entstanden sind. Das widerspricht nicht dem vom Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zweck, die Gewährleistungsverpflichtung des Unternehmers zeitlich zu begrenzen. Die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung besteht nur für den Zeitraum nach der Abnahme (vgl. Motive II, 486). Bis zur Abnahme ist der Unternehmer zur Erfüllung verpflichtet. Erst nach der billigenden Entgegennahme seiner Werkleistung seitens des Bestellers ist es gerechtfertigt, ihn davor zu schützen, dass er über den vom Gesetzgeber für ausreichend erachteten Zeitraum von fünf Jahren hinaus gleichwohl wegen eines Mangels der Bauleistung in Anspruch genommen werden kann. Dieses, durch die Verjährungsvorschriften gewährleisteten Schuldnerschutzes (Motive I, 291, 512) bedarf es hingegen nicht, solange die Erfüllungsphase andauert und der Besteller nicht sein Einverständnis mit der Vertragsleistung erklärt hat. Dass ihm schon vor diesem Zeitpunkt Gewährleistungsansprüche gegen den Unternehmer zustehen können, ändert hieran nichts.
23
(2) Der Beginn der fünfjährigen Verjährung ist nicht zwingend an die Abnahme der Werkleistung geknüpft. Die nach den vorstehenden Erwägungen für den Verjährungsbeginn maßgeblichen Grundsätze greifen auch, wenn der Besteller das Werk zwar nicht abgenommen hat, er aber aus anderen Gründen keine Erfüllung des Vertrages mehr verlangt und das vertragliche Erfüllungsverhältnis in ein Abwicklungs- und Abrechnungsverhältnis umgewandelt wird. Deshalb beginnt die Verjährung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts- hofs auch dann, wenn der Besteller die Entgegennahme des Werkes als Erfüllung der Vertragsleistung ablehnt, indem er die Abnahme endgültig verweigert (BGH, Urteil vom 30. September 1999 - VII ZR 162/97, BauR 2000, 128, 129 = NZBau 2000, 22 = ZfBR 2000, 97; Urteil vom 9. Juli 1963 - VII ZR 233/61, BGHZ 79, 180, 182; Urteil vom 3. März 1998 - X ZR 4/95, NJW-RR 1998, 1027, 1028). Ob eine in diesem Sinne endgültige Abnahmeverweigerung vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Sie ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere dann anzunehmen, wenn der Besteller dem Unternehmer gemäß § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolglos eine Frist mit Ablehnungsandrohung für die Beseitigung wesentlicher Mängel gesetzt hat (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - VII ZR 456/98, BGHZ 142, 278; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2001, 1530). Denn mit Ablauf dieser Frist kommt eine Erfüllung der Vertragsleistung nicht mehr in Betracht. Die Erfüllungsverpflichtung des Unternehmers sowie dessen Recht, die Nachbesserung anzudienen, erlöschen und der Besteller ist wegen der Mängel der Bauleistung auf die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte aus § 634 Abs. 1, § 635 BGB beschränkt (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - VII ZR 456/98, BGHZ 142, 278). In den Fällen, in denen die Ansprüche des Bestellers auf Wandelung , Minderung oder Schadensersatz ausnahmsweise nicht von der Bestimmung einer Mängelbeseitigungsfrist abhängen, führt spätestens die Geltendmachung eines dieser Rechte zum gleichen Ergebnis und damit zum Beginn der Verjährung.
24
(3) Solange das Werk nicht abgenommen ist und auch sonst keine Umstände vorliegen, nach denen das vertragliche Erfüllungsverhältnis, insbesondere durch die endgültige Verweigerung der Abnahme, als beendet angesehen werden kann, beginnt die Verjährungsfrist für die Gewährleistungsansprüche des Bestellers nicht zu laufen. Hieraus erwachsen dem Unternehmer indes keine Nachteile, die hinzunehmen ihm nicht zugemutet werden könnte.
25
(a) Der Nachbesserungsanspruch des Bestellers aus § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB erlischt, wenn der Unternehmer die verlangte Mängelbeseitigung ausführt. Gleiches gilt, wenn sie gemäß § 633 Abs. 3 BGB ersatzweise vom Besteller vorgenommen wird. Der Vertrag ist dann erfüllt und das Werk abnahmefähig, so dass eine weitere Verweigerung der Abnahme als endgültige zu verstehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - VII ZR 146/04, BGHZ 167, 345). Die Verjährungsfrist für den Kostenerstattungsanspruch beginnt mit der Erklärung der Abnahmeverweigerung zu laufen.
26
(b) Auch wenn sich der Besteller auf ein Abnahmeverlangen des Unternehmers überhaupt nicht erklärt, ist dieser nicht schutzlos. Vielmehr kann er gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB, der gemäß Art. 229 § 1 Abs. 2, Satz 2, 3 EGBGB auch für solche Verträge gilt, die vor der Einführung dieser Vorschrift zum 1. Mai 2000 abgeschlossen wurden, dem Besteller eine angemessene Frist zur Abnahme setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf das Werk als abgenommen gilt. Dann beginnt die Verjährung der Gewährleistungsansprüche mit dem Ablauf dieser Frist (Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 640 Rdn. 10).
27
(c) Es bleiben die seltenen Fälle, in denen der Besteller, ohne die Abwicklung bzw. Abrechung des Bauvorhabens zu betreiben, das mangelhafte Werk weder abnehmen noch dem Unternehmer die Mängelbeseitigung und damit die Herstellung eines abnahmereifen Werkes gestatten muss (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - VII ZR 338/01, BGHZ 154, 119). Diese Fälle rechtfertigen es nicht, die vor der Abnahme entstandenen Gewährleistungsansprüche der Regelverjährung zu unterwerfen. Auch dann muss der Unternehmer in aller Regel nicht befürchten, auf unabsehbare Zeit zur Gewährleistung herangezogen werden zu können. Dem Besteller kann vernünftigerweise nicht daran gelegen sein, das vom Unternehmer hergestellte Werk dauerhaft in einem mangelhaften Zustand zu belassen. Er hat vielmehr in aller Regel ein star- kes Interesse daran, entweder die Beseitigung des Mangels zu betreiben oder monetären Ausgleich für den vorhandenen Mangel zu verlangen. Beides führt nach obigen Grundsätzen im Ergebnis zum Beginn der Verjährung. In den Fällen , in denen der Besteller weder die Abnahme verweigert noch der Unternehmer die Abnahme erzwingen kann, muss in Konsequenz der klaren gesetzlichen Regelung hingenommen werden, dass der Gewährleistungsanspruch nicht verjährt. Je nach Sachlage kann in diesen Fällen Anlass zur Prüfung bestehen , ob eine Verwirkung in Betracht kommt.
28
c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob diese Grundsätze auch für die mit der Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes seit dem 1. Januar 2002 bestehende Gesetzeslage gelten. Das wird unter anderem davon abhängen, ob dem Besteller auch nach neuem Schuldrecht schon vor der Abnahme Mängelansprüche nach § 634 BGB n.F. zustehen. Dazu hat sich der Senat bisher nicht geäußert.
29
3. Die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Klägerin sind auf der Grundlage der nicht angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts , eine Abnahme und deren endgültige Verweigerung lägen nicht vor, nicht verjährt. Die Verjährungsfrist hat frühestens mit Zugang der schriftlichen Zahlungsaufforderung vom 20. Januar 2006 zu laufen begonnen. Sie war dann gemäß § 204 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB mit Klageerhebung gehemmt.
Kniffka Bauner Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 17.12.2007 - 4 O 708/06 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 12.08.2008 - 2 U 1/08 -

(1) Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.