Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 18. Juni 2014 - 9 U 114/11

bei uns veröffentlicht am18.06.2014

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 21.06.2011 - 4 O 177/10 M - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53.202,88 EUR zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 48.593,19 EUR für die Zeit vom 01.11.2009 bis zum 29.12.2009, und aus 53.202,88 EUR seit dem 30.12.2009 Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte an der Beteiligung des Klägers an der IMF Internationale Medien und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG vom 22.11.2000, Anteils-Nr. ..., im Nennbetrag von 80.000,00 DM.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der IMF Internationale Medien und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG, Anteils-Nr. ..., im Nennbetrag von 80.000,00 DM, in Verzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 1/12 und die Beklagte zu 11/12.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können eine Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend nach einer gescheiterten Beteiligung an einem Filmfonds, die ihm von der Beklagten vermittelt wurde.
Im Herbst des Jahres 2000 besuchte der Kläger eine Werbeveranstaltung der Beklagten in U., bei welcher diese für ihre Dienstleistungen, nämlich Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung für Privatkunden, warb. Der Kläger war an einer persönlichen Beratung interessiert. Daher suchte der Zeuge S., der als Handelsvertreter für die Beklagte tätig war, den Kläger am 15.11.2000 und am 22.11.2000 zu Hause auf. In dem Gespräch am 15.11.2000 erhob der Zeuge S. Daten zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers. Auf Grund dieser Angaben erstellte der Zeuge eine „Private Wirtschaftsbilanz“ (Anlage K 2), welche er dem Kläger im zweiten Gespräch am 22.11.2000 übergab. In der „Wirtschaftsbilanz“ befand sich unter anderem eine Aufstellung des klägerischen Vermögens, welches im Wesentlichen aus Sparbüchern und Anteilen an einem offenen Immobilienfonds (DIFA Fonds-Nr. 1) in Höhe von ca. 200.000,00 DM bestand. Der Zeuge S. empfahl dem Kläger, die Fondsanteile zu verkaufen, um das Vermögen in unterschiedlichen Anlagen „zu streuen“. Dabei empfahl der Zeuge insbesondere eine Beteiligung an der IMF Internationale Medien und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG (im Folgenden abgekürzt: IMF 2), einem Filmfonds. Initiator dieses Fonds war die D. AG (DCM AG).
Der Kläger unterzeichnete am 22.11.2000 eine Beitrittserklärung zu dem Filmfonds IMF 2 mit einem Beteiligungsbetrag von 80.000,00 DM, zuzüglich einer „Abwicklungsgebühr“ in Höhe von 4.000,00 DM (Anlage K 1). Der Beitritt wurde von dem für die Fondsgesellschaft handelnden Treuhänder angenommen. Außerdem unterzeichnete der Kläger am 22.11.2000 ein vorformuliertes „Beratungsprotokoll“ (Anlage B 11) und eine von der Beklagten vorformulierte „Gesprächsnotiz zur Vermittlung eines Medienfonds“ (Anlage B 10). Der Kläger veräußerte seine Anteile an dem DIFA Fonds und bezahlte von dem Erlös unter anderem den vereinbarten Betrag für die Beteiligung an dem Fonds IMF 2 in Höhe von 84.000,00 DM brutto.
Die wirtschaftlichen Hoffnungen, die der Kläger mit dem Erwerb der Anteile an dem Filmfonds verbunden hatte, erfüllten sich nicht. Er erhielt in den Folgejahren Ausschüttungen in Höhe von 6.135,50 EUR. Weitere Zahlungen erfolgten nicht. Zum 31.12.2008 wurde der Fonds liquidiert, wobei die aus dem Verkauf von Filmrechten erzielten Erlöse ausschließlich zur Deckung bestehender Verbindlichkeiten verwendet wurden (vgl. das Schreiben der Fondsverwaltung vom 04.05.2009, Anlage K 9).
Der Kläger hat erstinstanzlich Schadensersatzansprüche in Höhe von 53.202,88 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht. Er sei in verschiedener Hinsicht von dem für die Beklagte handelnden Zeugen S. fehlerhaft beraten und nur unzureichend aufgeklärt worden. Den in der Beitrittserklärung genannten Emissionsprospekt habe er nicht erhalten. Im Übrigen enthalte auch der inzwischen von der Beklagten vorgelegte Prospekt verschiedene schwerwiegende Fehler, auf welche der Berater ihn nicht hingewiesen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Den maßgeblichen Emissionsprospekt habe der Zeuge S. dem Kläger bereits im ersten Gespräch am 15.11.2000 ausgehändigt. Die Chancen und Risiken des Filmfonds seien in dem Prospekt vollständig und zutreffend dargestellt. In den Beratungsgesprächen am 15.11.2000 und am 22.11.2000 habe der Zeuge S. keine Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt. Insbesondere habe die Empfehlung des Filmfonds IMF 2 den Anlagezielen des Klägers entsprochen, der eine renditeträchtige Anlage gewünscht habe. Ergänzend hat sich die Beklagte gegenüber eventuellen Ansprüchen des Klägers auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat zum Ablauf der Beratungsgespräche die Ehefrau des Klägers und den Vermittler/Berater S. als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 21.06.2011 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Wegen einzelner vom Kläger gerügter Pflichtverletzungen seien eventuelle Ansprüche verjährt. Denn auf Grund der schlechten Entwicklung des Fonds hätte der Kläger spätestens im Jahr 2005 die mit dem Fonds verbundenen Risiken erkennen können, über welche er nach seinem Vorbringen nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. Soweit der Kläger die Klage auf weitere Pflichtverletzungen gestützt habe, bei denen keine Verjährung festgestellt werden könne, sei sein Vorbringen unschlüssig. Denn insoweit sei eine unzureichende Aufklärung und Beratung nicht festzustellen. Der Zeuge S. habe den Kläger auch unter Berücksichtigung seines eigenen Sachvortrags anlegergerecht beraten. Da der Kläger die „Gesprächsnotiz zur Vermittlung eines Medienfonds“ (Anlage B 10) und das „Beratungsprotokoll“ (Anlage B 11) unterzeichnet habe, müsse er auch Kenntnis von den in diesen Unterlagen genannten Risiken gehabt haben. Der Emissionsprospekt des IMF 2 (Anlage B 22) sei zudem nicht zu beanstanden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er hält an seinen erstinstanzlichen Anträgen fest, und beanstandet das Urteil des Landgerichts in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht. Die Ausführungen des Landgerichts zur Verjährung seien rechtlich unzutreffend. Die Beklagte sei für verschiedene Beratungsfehler des Zeugen S. verantwortlich, welche der Kläger im Einzelnen ausführt. Der Emissionsprospekt sei mangelhaft, da er insbesondere zum einen die Verlustrisiken unzureichend wiedergebe, und zum anderen die für einen Erfolg des Fonds entscheidende Marktsituation auf dem Filmmarkt im Jahr 2000 zu positiv darstelle.
Der Kläger beantragt,
10 
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 53.202,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2009 Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte an der Beteiligung des Klägers an der IMF Internationale Medien und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG vom 22.11.2000, Anteilsnummer ..., im Nennbetrag von 80.000,00 DM zu zahlen,
11 
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.696,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
12 
3. festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren und zukünftigen Schäden des Klägers verpflichtet ist, die durch die Beteiligung an der IMF Internationale Medien- und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG (IMF 2) entstanden sind und noch entstehen werden,
13 
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus und im Zusammenhang mit der von dem Kläger gezeichneten Beteiligung an der IMF Internationale Medien und Film GmbH & Co. 2. Produktions KG, Anteilsnummer ..., im Nennbetrag von 80.000,00 DM in Verzug befindet.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts und ergänzt ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie weist erneut auf den Gesichtspunkt der Verjährung hin. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der zunächst vom Kläger im vorliegenden Verfahren beantragte Mahnbescheid aus verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten nicht geeignet gewesen sei, eine Hemmung der Verjährung herbeizuführen. Die Empfehlung des Zeugen S. an den Kläger, Anteile an dem Filmfonds IMF 2 zu erwerben, sei anlegergerecht gewesen. Denn dem Kläger sei es auf eine möglichst hohe Rendite angekommen. Der spätere Misserfolg des Fonds sei zum Zeitpunkt des Beitritts für die Beklagte nicht absehbar gewesen. Über sämtliche Risiken sei der Kläger vollständig aufgeklärt worden und zwar zum einen durch den Emissionsprospekt, den der Kläger rechtzeitig erhalten habe, und zum anderen auch durch die weiteren vom Kläger unterzeichneten Schriftstücke „Gesprächsnotiz“ und „Beratungsprotokoll“ (Anlagen B 10 und B 11). Die mündliche Beratung durch den Zeugen habe dem Inhalt des Emissionsprospekts entsprochen.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
18 
Der Vorsitzende hat mit Verfügung vom 12.02.2014 die Parteien auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen (II 761 ff.).
II.
19 
Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet. Ihm steht ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 36.813,02 EUR zuzüglich Zinsen zu. Für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2008 betragen die entgangenen Zinsen 16.389,86 EUR, so dass sich einschließlich der Zinsen bis Ende des Jahres 2008 eine Forderung in Höhe von 53.202,88 EUR ergibt.
20 
1. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung zu. Die Beklagte hat Pflichten aus einem Beratungsvertrag verletzt.
21 
a) Gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB findet das Schuldrecht in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung. Anspruchsgrundlage ist daher eine sogenannte positive Forderungsverletzung. Der Sache nach besteht rechtlich kein Unterschied zu einem Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach neuem Recht gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
22 
b) Die Beklagte haftet für Beratungsfehler des Zeugen S. gemäß § 278 BGB. Der Zeuge war als Handelsvertreter für die Beklagte tätig, und ist in deren Namen aufgetreten. Daraus ergibt sich seine Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe im Sinne von § 278 Satz 1 BGB.
23 
c) Zwischen den Parteien ist ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Das Zustandekommen eines solchen konkludenten Vertrages ergibt sich aus der Erbringung von Beratungsleistungen durch den Zeugen S. am 15.11. und am 22.11.2000.
24 
Der Zeuge S. hat es übernommen, den Kläger umfassend hinsichtlich seiner privaten wirtschaftlichen Situation im Hinblick auf mögliche Verbesserungen für die Zukunft zu beraten, und zwar im Hinblick auf die Einkommenssituation, die künftige Einkommenssicherung, Fragen der wirtschaftlichen Vorsorge und der Vermögensverwaltung. Dabei sollten die konkrete wirtschaftliche Situation und seine persönlichen Bedürfnisse und Vorstellungen berücksichtigt werden. Das Konzept einer umfassenden privaten Wirtschaftsberatung ergibt sich aus der im Auftrag des Klägers von der Beklagten erarbeiteten „Privaten Wirtschaftsbilanz“ (Anlage K 2). Die Empfehlung zum Erwerb von Anteilen an dem Fonds IMF 2 war ein Teil dieser umfassenden Beratung. Für das Zustandekommen eines konkludenten Beratungsvertrages ist dies ausreichend (vgl. ebenso in einem Parallelfall OLG Karlsruhe - 17. Senat -, Urteil vom 12.06.2012 - 17 U 173/11 -, Seite 6/7). Soweit die Beklagte meint (I, 285 ff.), in bestimmten Fällen hätten andere Gerichte eine gleichartige Tätigkeit der Beklagten lediglich als Anlagevermittlung qualifiziert, kann der Senat einer solchen Rechtsauffassung aus den angegebenen Gründen nicht folgen. Es kann daher dahinstehen, ob und inwieweit der Sachverhalt in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen (vgl. die Zitate I, 289 ff.) vergleichbar war.
25 
d) Im Rahmen des Beratungsvertrages war der für die Beklagte handelnde Zeuge S. verpflichtet, die Interessen des von ihm beratenen Klägers wahrzunehmen. Dabei hatte der Berater insbesondere diejenigen Eigenschaften und Risiken des Filmfonds zu erläutern, die für die Entscheidung des Klägers wesentliche Bedeutung haben konnten (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 14/10 -, RdNr. 10, 11, zitiert nach Juris; BGH, Urteil vom 01.12.2011 - III ZR 56/11 -, RdNr. 10, zitiert nach Juris).
26 
Für den streitgegenständlichen Filmfonds bedeutete dies, dass der Berater vor allem zwei zentrale Punkte erläutern musste: Der Fonds konnte zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers nicht auf bestimmte Filmproduktionen in der Vergangenheit bzw. auf bestimmte Filmrechte zurückgreifen. Vielmehr sollten die Spielfilme, deren Auswertung für den wirtschaftlichen Erfolg des Fonds maßgeblich sein sollte, erst mit dem eingeworbenen Eigenkapital und Fremdmitteln aus Zwischenfinanzierungen entwickelt und produziert werden. Damit hing die Sicherung des Anlagekapitals in besonderem Maße vom unternehmerischen Erfolg des Fonds ab. Das Hauptrisiko des Fonds bestand darin, bei den Filmproduktionen die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 14/10 -, RdNr. 11, zitiert nach Juris). Der zweite zentrale Punkt für die Entscheidung des Klägers war die Einschätzung des für den Fonds maßgeblichen Filmmarkts. Wesentlicher Teil der an den Interessen des Klägers orientierten Beratung musste daher eine korrekte und zutreffende Beschreibung des für den Erfolg des Fonds maßgeblichen Filmmarkts sein, soweit sich dieser Markt zum Zeitpunkt des Beitritts (November 2000) für die Beklagte einschätzen ließ.
27 
Die Beklagte war nicht gehindert, sich bei ihren Beratungsleistungen auf den Emissionsprospekt des Fondsherausgebers zu stützen. Allerdings durfte die Beklagte werbende Darstellungen des Prospekts in der Beratung insoweit nicht übernehmen, als diese Darstellungen für den Anleger in wesentlichen Punkten ein unzutreffendes Bild vermittelten. Die Beklagte war dabei - anders als ein Vermittler - nicht nur zu einer Plausibilitätsprüfung des Prospekts verpflichtet. Vielmehr musste sie, soweit ihr dies möglich war, den Prospekt mit „kritischem Sachverstand“ prüfen, und den Kläger auf für sie erkennbare Fehler im Prospekt hinweisen, oder den Kläger zumindest darüber aufklären, dass bestimmte, wesentliche Darstellungen im Prospekt keine gesicherte Grundlage hatten. (Vgl. zu den Anforderungen an die Pflichten eines Anlageberaters bei der Prüfung eines Emissionsprospekts BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 14/10 -, RdNr. 10; BGH, Urteil vom 01.12.2011 - III ZR 56/11 -, RdNr. 10, zitiert nach Juris.)
28 
e) Erhebliche Fehler des vorgelegten Emissionsprospekts (vgl. den Prospekt - Stand: 03/2000 -, Anlage B 22) führen im vorliegenden Fall zur Feststellung eines Beratungsfehlers des Zeugen S.. Denn es ist davon auszugehen, dass der Zeuge S. den Kläger auf der Grundlage des Prospekts beraten hat. Daher haben sich die Prospektfehler in entsprechenden Beratungsfehlern des Zeugen S. fortgesetzt, für welche die Beklagte verantwortlich ist.
29 
Dass der Zeuge S. den Kläger auf der Grundlage des Emissionsprospektes beraten hat, entspricht dem beiderseitigen Sachvortrag (vgl. den Schriftsatz des Klägervertreters vom 20.01.2011, I, 391/393). Der Umstand, dass der Kläger daneben zusätzliche Fehler des Beraters geltend gemacht hat, die über die Fehler des Prospekts hinausgegangen sein sollen, ändert daran nichts. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich zudem, dass nach dem Konzept des Fonds und der Vertriebsorganisation eine Beratung von Anlageinteressenten allein auf der Basis des Prospekts erfolgen sollte, und dass vom Prospektinhalt abweichende Angaben eines Beraters nicht erfolgen sollten. (Vgl. die Hinweise auf den Emissionsprospekt bzw. auf die Maßgeblichkeit des Inhalts dieses Prospekts in der Beitrittserklärung, Anlage K 1, vorletzter Abschnitt; vgl. im Übrigen den Emissionsprospekt, Anlage B 22, Seite 104: „Grundlage einer Beteiligung an der IMF 2 ist allein der vorliegende Prospekt. Hiervon abweichende oder darüber hinausgehende Angaben Dritter, insbesondere im Zusammenhang mit der Vermittlung der Beteiligung, sind unzulässig.“). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in derartigen Fällen davon auszugehen ist, dass der Berater die Beratung inhaltlich gleichlautend mit dem Emissionsprospekt durchgeführt hat, ohne dass es darauf ankäme, ob der Emissionsprospekt tatsächlich übergeben wurde (vgl. BGH, WM 2008, 391; BGH, Urteil vom 06.11.2008 - III ZR 290/07 -, RdNr. 18, zitiert nach Juris; Senat, WM 2013, 1182, 1186; OLG Naumburg, VersR 2013, 361, 362). Diese Vermutung - Übereinstimmung der Beratung mit dem Prospekt - hat die Beklagte nicht ausgeräumt. Sie hat weder vorgetragen, dass der Zeuge S. den Kläger in den maßgeblichen Punkten (dazu siehe unten e und f) abweichend vom Prospekt beraten habe, noch hat sie dargetan, dass der Zeuge S. in diesen Punkten auf die Mängel des Prospekts hingewiesen habe.
30 
f) Der Prospekt weist einen wesentlichen Fehler auf, weil das Risiko eines Totalverlustes bei unternehmerischem Misserfolg verharmlost wird.
31 
aa) Das Risiko eines Verlustes des Anlagevermögens ist bei einem Filmfonds anders einzuschätzen als bei anderen Anlagearten, insbesondere auch anders als bei einem Immobilienfonds. Bei einem Immobilienfonds gibt es in der Regel einen Sachwert, der dem Anlagekapital gegenübersteht, nämlich die vorhandenen Immobilien, während der Filmfonds IMF 2 kein Sachvermögen erwerben sollte, sondern allein vom Auswertungserfolg der noch zu entwickelnden und zu produzierenden Spielfilme abhängig sein sollte. Der Erfolg des Fonds einerseits bzw. ein möglicher Verlust des Anlagekapitals andererseits war nach der Konzeption des Fonds mithin hauptsächlich davon abhängig, inwieweit es gelingen würde, bei den Filmproduktionen den Publikumsgeschmack zu treffen (vgl. zu diesem Risiko bei einem Filmfonds BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 14/10 -, zitiert nach Juris; vgl. zum besonderen Risiko bei einem Filmfonds auch BGH, Urteil vom 27.10.2009 - XI ZR 338/08 -, RdNr. 28, zitiert nach Juris).
32 
Der Prospekt eines Filmfonds muss dieses besondere Risiko in angemessener Weise darstellen. Dabei kann es nicht ausreichen, dass - nur - an irgendeiner Stelle der Begriff „Risiko des Totalausfalls“ gebraucht wird. Denn eine solche Begriffsbildung ist für sich allein wenig aussagekräftig, da ein „Totalausfall“ grundsätzlich auch bei einer (im Hinblick auf die Risiken nicht vergleichbaren) festverzinslichen Anleihe einer deutschen Großbank in Betracht kommt, nämlich dann, wenn die Bank in Insolvenz geraten sollte. Entscheidend ist vielmehr, dass der Prospekt hinsichtlich des konkreten Totalausfallrisikos bei dem Filmfonds ein zutreffendes Bild vermittelt. Dabei kommt es auf den Gesamteindruck an, der sich einem verständigen Anleger bei einer Lektüre des Prospekts vermittelt. Bei der Beurteilung des Prospekts ist zwar zu erwarten, dass ein Anleger den Prospekt eingehend und sorgfältig liest. Besondere wirtschaftliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen des Anlegers mit einer bestimmten Fondskonstruktion können hierbei jedoch nicht unterstellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012 - II ZR 75/10 -, RdNr. 13, zitiert nach Juris; Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 3. Auflage 2009, § 69, RdNr. 48 ff.).
33 
bb) Diesen Anforderungen wird die Darstellung des Verlustrisikos im Prospekt nicht gerecht. Es kommt zwar das Wort „Totalverlust“ an mehreren Stellen vor. Die Darstellung ist in einem entscheidenden Punkt jedoch unzutreffend und verharmlosend. Der Prospekt weist auf einen möglichen Totalverlust nur mit der Einschränkung hin, dass ein solcher bei einem kumulativen Zusammentreffen mehrerer Risiken möglich wäre:
34 
- „…dass jede Beteiligung an der Medienindustrie Risiken beinhaltet, die im schlechtesten Falle, wenn verschiedene Risiken zusammenfallen (worst case), sogar zum Totalverlust der investierten Mittel führen können.“ (Seite 9 des Prospekts unten)
35 
- “…um eine unternehmerische Beteiligung handelt, bei der im Extremfall, d. h. wenn mehrere Risiken zusammenfallen (worst case) der Totalverlust des Beteiligungsbetrags eintreten kann.“ (Seite 47 unten)
36 
- „… dass im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken das Risiko des Totalverlustes der Beteiligung besteht (worst case).“ (Seite 72 des Prospekts)
37 
Diese Darstellung ist unzutreffend. Denn bereits die Realisierung eines einzigen Risikos, nämlich des sogenannten „Auswertungsrisikos“, kann nach der Konstruktion des Fonds zum vollständigen oder nahezu vollständigen Verlust des Anlagekapitals führen. Die Bedeutung dieses Hauptrisikos, nämlich die Abhängigkeit des Fondserfolges vom erwarteten oder erhofften Publikumsgeschmack (vgl. BGH, Urteil vom 16.09.2010 - III ZR 14/10 -, RdNr. 11, zitiert nach Juris) wird verharmlost bzw. verschleiert (ebenso bei einem identischen oder weitgehend übereinstimmenden Prospekt OLG Naumburg, VersR 2013, 361).
38 
cc) Entscheidend für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit ist der Gesamteindruck, der sich aus dem Prospekt ergibt. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Textstellen im Prospekt, die jeweils für sich allein nicht unbedingt als Fehler angesehen werden können, die jedoch im Gesamtzusammenhang den Eindruck einer Verharmlosung des Totalverlust-Risikos (siehe oben bb)) verstärken. Durch eine Reihe weiterer Details im Prospekt verstärkt sich für einen Anleger der Eindruck, das Risiko eines Totalausfalls sei eher theoretischer Natur, und daher für eine Entscheidung des Anlageinteressenten kaum relevant:
39 
- Auf Seite 74 des Prospekts werden die „Chancen und Risiken aus der Filmauswertung“ beschrieben. Dabei heißt es zwar, „Das wesentliche Risiko in der Auswertung von Filmen liegt in der Publikumsakzeptanz“, was in einer Randnotiz durch die Umformulierung „ein wesentliches Risiko …“ noch etwas relativiert wird. Dass genau dieses Risiko für sich allein zum Verlust des Anlagekapitals führen kann, wird in dem betreffenden Prospektabschnitt nicht erwähnt. Vielmehr werden in diesem Abschnitt vorrangig Maßnahmen zur Sicherung eines Erfolgs geschildert („… Abnahme- und Vertriebsverträge …“, „Partner für den Weltvertrieb …“, „… Abnahmegarantiezahlungen und Rückflüsse …“, „… Vereinbarungen mit diesen Partnern …“, „… bestmögliches know-how …“, „… Werbe- und Marketingmaßnahmen …“ etc.).
40 
- Auf Seite 8 des Prospekts wird hervorgehoben, dass der Fonds mehrere Filme „zur Risikostreuung“ produzieren soll. Es fehlt in diesem Zusammenhang ein Hinweis auf das Hauptrisiko (Publikumsgeschmack).
41 
- Ebenfalls auf Seite 8 heißt es, es könne bei der Filmproduktion „eine gewisse Vermögensgefährdung“ entstehen, „wenn außergewöhnliche Ereignisse eintreten…, wie z. B. Krieg, Bürgerkrieg, Aufstände …“). Der Begriff „Vermögensgefährdung“ bedeutet eine Relativierung des Totalverlustrisikos.
42 
- Die Ausführungen auf Seite 22 beginnen mit der Überschrift „Die Minimum-Vertriebsgarantie“. Die Überschrift suggeriert ein Sicherheitselement für den Anleger. Dieses ist jedoch für das Eigenkapital nicht vorhanden. Denn mit der „Minimum-Vertriebsgarantie“ sollte bei den beabsichtigten Spielfilmproduktionen nur das zur Zwischenfinanzierung aufgenommene Fremdkapital abgesichert werden, nicht jedoch das von den Anlegern eingesetzte Anlagekapital.
43 
- Sicherheit wird auf Seite 23 durch die Überschriften „Das US-Major-Filmstudio“ und „Weltvertrieb und Abnahmegarantien“ nahe gelegt. Das Risiko des Publikumsgeschmacks wird durch die unter diesen Überschriften abgehandelten Gesichtspunkte jedoch kaum vermindert.
44 
- Eine wesentliche Rolle spielt auf Seite 33 die Darstellung der „Sicherungskette der IMF 2“, womit „Treuhänderische Mittel-Verwendungskontrolle“, „Minimumverleih-Garantie“, „Treuhandverwaltung der Erlöse“, „Weltvertrieb“, „US-Major-Filmstudio“ und „Completion-Bond“ gemeint sind. Die „Sicherungskette“, einschließlich der bildlichen Darstellung der Kette im Prospekt, schwächt die anderweitig erteilten Risikohinweise ab, die Ausführungen in der textlichen Erläuterung der „Sicherungskette“ verstärken gleichzeitig den Eindruck einer nahezu „geschlossenen Sicherungskette“. Der Hinweis auf eine „gewisse Unsicherheit“ korrespondiert nicht mit dem weiter vorhandenen Hauptrisiko (dazu siehe oben).
45 
- Im Abschnitt „Die Modellrechnung“ (Seite 40 ff. des Prospekts) werden unterschiedliche Szenarien der wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds erläutert, einschließlich einem Berechnungsbeispiel „Flop“ (Seite 48 des Prospekts). Auch das Berechnungsbeispiel „Flop“ führt im Prospekt jedoch immer noch zu einer Mindestrendite nach sechs Jahren von insgesamt 33 %, und nicht zu einem Verlust von Anlagekapital. Damit wird der (ohnehin verharmlosende, siehe oben, Hinweis) auf einen möglichen „Totalverlust“ an anderen Stellen des Prospekts konterkariert.
46 
- Auf Seite 72 des Prospekts heißt es zu den „Chancen und Risiken aus der Filmproduktion“, diese seien „grundsätzlich … durch Abschluss von entsprechenden Versicherungen begrenzt …“. Auch wenn der Abschluss dieser Versicherungen bei einer Filmproduktion sinnvoll und vernünftig sein mag, wird nicht deutlich, dass es dabei nicht um eine Begrenzung des Risikos geht, das einen möglichen Verlust des Anlagekapitals betrifft.
47 
dd) Der Prospekt hebt zwar an verschiedenen Stellen den unternehmerischen Charakter der Beteiligung hervor, der mit verschiedenen Risiken verbunden sei. Diese Hinweise sind nach Auffassung des Senats jedoch nicht ausreichend, den fehlerhaften Gesamteindruck einer Verharmlosung des Hauptrisikos (oben bb und cc) zu korrigieren. Im Einzelnen:
48 
- Auf Seite 8 des Prospekts ist im Text von „außergewöhnlich hohen Chancen auf Rückflüsse und Ausschüttungen“ die Rede, denen „entsprechend hohe Risiken gegenüber stehen“. Im Folgenden werden zwar verschiedene Risiken dargestellt. Dabei wird jedoch das Hauptrisiko des „Publikumsgeschmacks“ weder dargestellt noch hervorgehoben.
49 
- Auf Seite 8 des Prospekts ist zwar von einer „unternehmerischen Beteiligung an diesem hochinteressanten Wachstumsmarkt“ die Rede. Es fehlt jedoch die erforderliche Konkretisierung, was die „unternehmerische Beteiligung“ im Hinblick auf das Hauptrisiko für den Anleger bedeuten kann.
50 
- Im Abschnitt „Die Modellrechnung“ (Seite 40 ff. des Prospekts) wird zwar hervorgehoben, „dass die tatsächlichen Ergebnisse von den im Modell dargestellten Werten abweichen werden“, und dass der Erfolg eines Spielfilms entscheidend von der Akzeptanz des Publikums abhängt. Es wird auch betont, es seien keine „Garantien für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft aus dem abgebildeten Prognosemodell“ möglich (Seite 40 des Prospekts). Mit diesen Formulierungen wird das Ausmaß der Unsicherheiten bei den Annahmen für die Modellrechnung im Prospekt jedoch nicht deutlich. Vielmehr suggeriert die Darstellung verschiedener Szenarien in der „Modellrechnung“ für den Anlageinteressenten eher, dass sich die zu erwartenden Ergebnisse des Fonds bei realistischer Betrachtung voraussichtlich in der Bandbreite der verschiedenen Szenarien bewegen werden. Der Hinweis auf „Unsicherheiten“ in der Modellrechnung ist mithin nicht geeignet, die Mängel bei der Darstellung des Hauptrisikos (siehe oben bb) zu beseitigen.
51 
- Auf Seite 71 ff. des Prospekts werden zwar Risiken und Unwägbarkeiten dargestellt, einschließlich eines Hinweises auf die Abhängigkeit „von der Akzeptanz eines Filmes beim Publikum“ (Seite 71 des Prospekts). Die möglichen Konsequenzen dieser Risiken werden jedoch für einen Anlegerinteressenten nicht deutlich. Denn im selben Abschnitt „Chancen und Risiken“ findet sich der unzutreffende Hinweis, dass das Risiko eines Totalverlustes der Beteiligung (nur) „im Extremfall, beim Zusammentreffen mehrerer Risiken“ bestehe (Seite 72 des Prospekts, siehe oben bb).
52 
Fazit: Die Relativierung des Hauptrisikos (Publikumsgeschmack) im Prospekt (Risiko nur im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken) ist fehlerhaft (oben bb). Verschiedene andere verharmlosende Formulierungen verstärken den fehlerhaften Gesamteindruck (oben cc). Die teilweise vorhandenen Hinweise auf Risiken und den unternehmerischen Charakter der Beteiligung (vorstehend dd) sind im Gesamtzusammenhang des Prospekts nicht geeignet, den Fehler bei der Beschreibung des Hauptrisikos zu beseitigen.
53 
ee) Die Beklagte weist auf verschiedene Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hin, welche die Risikobeschreibung im streitgegenständlichen Prospekt nicht beanstandet haben (vgl. z. B. OLG Köln, Urteil vom 04.09.2012 - 24 U 65/11 -, RdNr. 27 ff., zitiert nach Juris; OLG München, Urteil vom 13.08.2012 - 20 U 4655/11 -, Seite 8 ff., Anlage BB 13; OLG München, Beschluss vom 23.09.2013 – 21 U 2272/13 – Seite 4 ff., Anlage BB 29; OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13 –, Seite 4 ff., Anlage B 30; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13 –, Seite 3 ff., Anlage BB 31; OLG München, Beschluss vom 13.11.2013 – 23 U 3936/13 –, Seite 6 ff., Anlage BB 34; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.08.2013 – 13 U 94/11 –, Seite 15, 16, Anlage BB 23). Der Senat folgt diesen abweichenden Entscheidungen nicht. Die von der Beklagten zitierten Gerichtsentscheidungen berücksichtigen nach Auffassung des Senats zum einen zu wenig, dass ein bloßer Hinweis auf den Begriff „Risiko des Totalverlustes“ nicht ausreichend ist. (Vergleiche auch die Entscheidung des 4. Senats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31.01.2014 – 4 U 29/13 –, die zu einem anderen Prospekt ergangen ist (IMF 3), der möglicherweise ähnlich gestaltet ist wie der Prospekt des streitgegenständlichen Fonds IMF 2.) Denn dieser Begriff für sich allein passt auch auf das gänzlich verschiedene Risiko beispielsweise bei einer festverzinslichen Anleihe einer deutschen Großbank (siehe oben aa). Zum anderen fehlt in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen nach Auffassung des Senats eine ausreichende Würdigung des Gesamteindrucks des Prospekts. (Vgl. zur Gesamtwürdigung eines identischen oder nahezu gleichlautenden Prospekts des IMF 2 auch OLG Naumburg, VersR 2013, 361; ob der 5. Zivilsenat des OLG Naumburg in einer Entscheidung vom 04.06.2014 den selben Prospekt anders würdigt – vgl. den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 11.06.2014 –, kann dahinstehen.)
54 
g) Ein weiterer wesentlicher Fehler des Prospekts liegt in unzutreffenden Ausführungen zu dem für einen Erfolg des Fonds maßgeblichen Filmmarkt. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass auf der Basis des Prospekts für einen Anlageinteressenten ein zu positiver Eindruck von den Marktchancen des Fonds entstehen muss.
55 
aa) Der Kläger hat – entgegen der Auffassung der Beklagten – im Rechtsstreit eine fehlerhafte Darstellung der Marktchancen des Fonds als Prospektfehler gerügt (vgl. insbesondere I 397 und II 103). Aufgrund dieser Rüge ist die Darstellung der Marktchancen im Prospekt vom Senat zu prüfen. Dabei kommt es nicht darauf an, welche Argumente die Parteien für eine zutreffende oder nicht zutreffende Darstellung der Marktchancen im Prospekt anführen. Denn maßgeblich ist in jedem Fall der vom Senat zu prüfende Gesamteindruck, den der Prospekt zu den Marktchancen vermittelt.
56 
bb) Die Frage der Marktchancen für den Fonds war beim IMF 2 für jeden Anlageinteressenten erkennbar von herausragender Bedeutung, da das gesamte Fondskonzept auf dem von der Fondsinitiatorin angenommenen Markchancen beruhte. Dementsprechend nimmt die Darstellung der Marktchancen im Prospekt einen breiten Raum ein, insbesondere in den Abschnitten „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“, „Der Medien- und Filmmarkt“ und „Die Modellrechnung“. Auch für die Beschreibung der Marktchancen müssen die Angaben in einem Prospekt in den wesentlichen Punkten zutreffend und vollständig sein, wobei es auf den Gesamteindruck ankommt, den ein Anlageinteressent bei sorgfältiger Lektüre des Prospekts gewinnt (siehe oben).
57 
Die Beschreibung des „Marktes“ muss sich an den Voraussetzungen für einen möglichen Erfolg des IMF 2 orientieren. Denn für einen Anlageinteressenten kann es nicht auf die Beschreibung eines beliebigen Filmmarkts ankommen, wenn und soweit dieser Markt für die beabsichtigte Tätigkeit des Fonds nicht relevant ist. Maßgeblich kann vielmehr nur derjenige Markt oder Teilmarkt des Filmgeschäfts sein, auf dem sich der Fonds nach seiner Konzeption bewegen soll. Für die Entscheidung eines Anlageinteressenten kommt es auf diejenigen Marktumstände an, die für den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Fonds IMF 2 relevant sein können. Hiervon ausgehend sind im Prospekt zwei erhebliche Fehler bei der Beschreibung der Marktchancen festzustellen (unten cc und ee).
58 
cc) Im Prospekt wird zur Beschreibung der Marktchancen auf einen Erfolg hingewiesen, den der von der selben Initiatorin aufgelegte Vorgängerfonds IMF 1 gehabt habe. Die Darstellung dieses „Erfolges“ spielt im Prospekt eine erhebliche Rolle. Der Prospekt beginnt bereits auf Seite 3 mit der Überschrift: „Die Erfolgsstory setzt sich fort“, womit auf den Fonds IMF 1 Bezug genommen wird. Der Vorgängerfonds IMF 1 wird sodann auf Seite 10 und 11 unter Hinweis auf sieben Spielfilmproduktionen dieses Fonds dargestellt, und zwar unter der fettgedruckten Überschrift „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“.
59 
Der Fonds IMF 1 wurde im Jahr 1997 aufgelegt und zum 31.12.1999 geschlossen. Das Volumen des Anlagekapitals für diesen Fonds betrug ca. 200 Millionen DM. Im Text der Darstellung (Seite 10 und 11) finden sich zwar keine Erfolgszahlen zu dem Fonds IMF 1, sondern lediglich Hinweise auf die durchgeführten Produktionen und die beteiligten Regisseure, Produzenten und Darsteller, unter denen viele bekannte Namen bzw. Stars seien. Entscheidend für das Verständnis eines Anlageinteressenten ist in diesem Zusammenhang die Überschrift „Die Fortsetzung der Erfolgsstory“, die einen wirtschaftlichen Erfolg suggeriert. Denn bei einem Filmfonds kommt es für den Anleger nicht auf einen künstlerischen Erfolg, sondern allein auf einen wirtschaftlichen Erfolg an (vgl. zu diesem Gesichtspunkt bei einem anderen Filmfonds OLG München, Urteil vom 07.06.2010 - 21 U 2404/09 -, RdNr. 28, zitiert nach Juris). Die Darstellung der „Erfolgsstory“ des IMF 1 ist für einen Anlageinteressenten mithin ein wesentlicher oder entscheidender Gesichtspunkt zur Beurteilung der Marktchancen des IMF 2. Wenn der Vorgängerfonds IMF 1 auf dem Filmmarkt wirtschaftlich erfolgreich war, dann liegt für einen Leser des Prospekts der Schluss nahe, dass der nach dem gleichen Konzept von der selben Initiatorin konzipierte Nachfolgefonds IMF 2 ähnliche Chancen auf dem Filmmarkt hat. (Vgl. auch den Hinweis des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 06.10.2010, I, 213 und im Schriftsatz vom 10.01.2012, II, 291 auf die Bedeutung „der makellosen Erfolgsbilanz“ der Vorgängerfonds des gleichen Initiators für eine Entscheidung des Anlegers zum Beitritt; vgl. im Übrigen zum Hinweis auf frühere Erfolge der für den Fonds maßgeblichen Personen im Prospekt eines Filmfonds OLG München, Urteil vom 07.06.2010 - 21 U 2404/09 -, zitiert nach Juris.)
60 
Die Darstellung des Erfolges des Vorgängerfonds IMF 1 im Prospekt war unzutreffend. Denn im Jahr 2000 gab es keinen wirtschaftlichen Erfolg dieses Fonds. Der Fonds IMF 1 war gleichartig konstruiert wie der streitgegenständliche Fonds IMF 2. Mithin war im Jahr 2000 (ein Jahr nach Schließung des Fonds) nicht absehbar, ob der Fonds wirtschaftlich erfolgreich sein würde. Vielmehr wäre dies erst sehr viel später, nach Beendigung der Auswertungsphase des Filmfonds, feststellbar gewesen. Im Jahr 2000 hatte ausweislich des Prospekts (Seite 11 des Prospekts) die Auswertung der produzierten Spielfilme des IMF gerade erst begonnen. Gleichzeitig war offen, inwieweit aus den Erlösen des IMF weitere (erfolgreiche oder verlustträchtige) Filme produziert werden sollten. Da die Darstellung des angeblichen wirtschaftlichen Erfolgs des Vorgänger-Fonds IMF1 keine sachliche Grundlage hatte, ist der Prospekt in diesem Punkt fehlerhaft.
61 
dd) Der abweichenden Beurteilung in einigen vom Beklagtenvertreter vorgelegten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München (vgl. insbesondere Oberlandesgericht München, Beschluss vom 23.09.2013 – 21 U 2272/13 –, Seite 3, 4, Anlage BB 29; OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13 –, Seite 2, 3, Anlage BB 30; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13-, Seite 2, 3, Anlage BB 31) kann der Senat nicht folgen. Entgegen der Auffassung des OLG München vermittelt der Prospekt in diesem Punkt aus den oben dargestellten Gründen keineswegs den Eindruck einer unverbindlichen „werbenden Anpreisung“; vielmehr wird „die Fortsetzung der Erfolgsstory“ im Prospekt als ein Hauptargument für die angeblich hervorragende Marktsituation für die IMF2 genannt. Die Bedeutung der angeblichen „Erfolgsstory“ des Vorgänger-Fonds für den Anleger hat auch die Beklagte eingeräumt (vgl. die Hinweise des Beklagtenvertreters auf die angeblich „makellose Erfolgsbilanz des Vorgänger-Fonds“, I 213 und II 291). Da für einen Fonds-Anleger der künstlerische Wert eines Films uninteressant ist, kann sich die „Erfolgsbilanz“ nur auf einen angeblichen wirtschaftlichen Erfolg beziehen.
62 
In den zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München wird teilweise darauf hingewiesen, der Vorgänger-Fonds IMF1 habe tatsächlich einen gewissen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, weil zum Zeitpunkt der Prospektierung des IMF 2 für den Vorgänger-Fonds bereits „ein erhebliches Fonds-Volumen“ generiert worden sei (OLG München, Beschluss vom 24.09.2013 – 23 U 2709/13 –, Seite 3, Anlage BB 30; OLG München, Beschluss vom 11.10.2013 – 7 U 3124/13 –, Seite 2, Anlage BB 31). Diese Beurteilung hält der erkennende Senat für nicht zutreffend. Denn die „Generierung eines erheblichen Fonds-Volumens“ hat nichts mit einem wirtschaftlichen Erfolg des Fonds zu tun; sondern daraus ergibt sich lediglich, dass Berater und Vermittler beim Verkauf der Fonds-Anteile sehr erfolgreich waren.
63 
ee) Die für einen möglichen Erfolg des IMF 2 relevante Marktsituation ist im Prospekt in einem weiteren wesentlichen Punkt unzutreffend bzw. unvollständig dargestellt. Die Fondsinitiatorin hat zur Beschreibung des für die Aussichten des Fonds relevanten Filmmarkts eine Modellrechnung verwendet, deren Darstellung und Erläuterung im Prospekt breiten Raum einnimmt (Seite 40 - 49 des Prospekts). Diese Modellrechnung ist, soweit die verwendeten Zahlen die Verhältnisse auf dem aktuellen Filmmarkt wiedergeben sollen, unzutreffend bzw. hat zumindest keine nachvollziehbare Grundlage. Von dem für den Fonds relevanten Filmmarkt wird durch die Zahlen in der Modellrechnung ein unzutreffendes - zu positives - Bild vermittelt.
64 
aaa) Entscheidend für die Modellrechnung - und die damit vermittelte Marktbeschreibung - sind die in die Berechnung eingesetzten Auswertungserlöse aus Filmproduktionen. Denn von diesen angenommenen bzw. prognostizierten Erlösen musste der gesamte Erfolg des Fonds abhängen. Die für die Erlöse eingesetzten Zahlen werden im Prospekt als quasi objektive Zahlen der Vergangenheit dargestellt, die den relevanten Markt wiederspiegeln sollen. Nach den Angaben im Prospekt hat ein „Fachmann mit langjähriger Erfahrung“ (Seite 41 des Prospekts) die Kosten und Erlöse aller Spielfilme des Jahres 1998 ermittelt, bei denen das Produktionsbudget zwischen US-Dollar 15.000.000,00 und US-Dollar 65.000.000,00 lag, und die im Jahr 1998 von den sogenannten US-Major-Filmstudios vertrieben wurden. Bei den danach für das Jahr 1998 insgesamt erfassten 73 Spielfilmen habe der Fachmann die statistischen Mittelwerte für die Auswertungserlöse ermittelt. Diese Mittelwerte der Erlöse seien als „Auswertungserlöse“ in die Modellrechnung für die zukünftige Entwicklung des IMF 2 eingesetzt worden.
65 
Mit dieser Darstellung im Prospekt wird der Eindruck vermittelt, die von dem „Fachmann“ für das Jahr 1998 ermittelten Auswertungserlöse seien repräsentativ für den Markt, in welchem der Fonds Spielfilme produzieren und vertreiben werde. Die herangezogenen Zahlen seien eine geeignete Grundlage für eine Prognose, da der IMF 2 grundsätzlich mit gleichen Erlösen und mit gleichen Chancen rechnen könne, wie die für das Jahr 1998 ausgewerteten Spielfilme. Entscheidend für den Anlageinteressenten ist die damit vermittelte Aussage des Prospekts, dass die herangezogenen (objektiv ermittelten) Zahlen aus dem Jahr 1998 für die zukünftige Tätigkeit des Fonds voraussichtlich repräsentativ seien, da sich der Fonds auf dem mit den Zahlen wiedergegebenen Markt bewegen werde.
66 
Die Aussage des Prospekts (Auswertungserlöse als Kennzahlen des für den Fonds relevanten Marktes) ergibt sich aus dem Zusammenhang der Darstellung der Modellrechnung im Prospekt. Die Heranziehung der von dem „Fachmann“ für 1998 ermittelten Zahlen im Rahmen der Modellrechnung ergibt für Anlageinteressenten nur dann einen Sinn, wenn die Zahlen für die zukünftige Tätigkeit des Fonds vergleichbar sind. Die behauptete Vergleichbarkeit wird durch verschiedene Hinweise im Prospekt unterstützt und verstärkt. Die Berücksichtigung von Produktionen aus dem Jahr 1998 mit einem Budget zwischen US-Dollar 15.000.000,00 und US-Dollar 65.000.000,00 entspricht den Planungen für den IMF 2, der Spielfilme mit ähnlichen Kosten produzieren sollte. Der Hinweis auf Spielfilme, die von den sogenannten US-Major-Filmstudios vertrieben wurden, korrespondiert mit der Darstellung im Prospekt, wonach die Produktionen des IMF 2 zwar nicht von den US-Major-Filmstudios produziert, von diesen jedoch in den Vertrieb bzw. in den Verleih übernommen werden sollten. (Vgl. hierzu § 1 Ziff. 3 c des Mittelverwendungskontrollvertrags im Prospekt auf Seite 101 und die Ausführungen im Prospekt zu den US-Major-Filmstudios z. B. Seite 5, 23, 29, 33 und 41 des Prospekts.) Durch den Hinweis auf den beabsichtigten Vertrieb der vom Fonds IMF 2 produzierten Spielfilme durch US-Major-Studios wird die Vergleichbarkeit des für den Fonds relevanten Filmmarkts mit den in der Modellrechnung eingesetzten Zahlen aus dem Jahr 1998 betont.
67 
Weitere Formulierungen im Prospekt verstärken den Eindruck, dass unter Marktgesichtspunkten vergleichbare Zahlen für die Auswertungserlöse ermittelt wurden. („Das Modell beruht auf statistischen Mittelwerten …“, Seite 40 des Prospekts, „… realistischen Annahmen …“, Seite 41, „Das Modell zeigt in jedem Fall richtungsweisende Resultate für eine mögliche Entwicklung des IMF 2 auf, wenn eine entsprechende Anzahl von Filmen zugrunde gelegt wird.“, Seite 41) Auch der Hinweis im Prospekt, dass das Modell „eigens in Los Angeles von einem Fachmann mit langjähriger Erfahrung entwickelt wurde“ (Seite 41), suggeriert für den Leser, dass die angesetzten „Auswertungserlöse“ den für den Fonds maßgeblichen Filmmarkt realistisch wiederspiegeln. Dementsprechend hat auch ein von der Beklagten auszugsweise zitierter Prospektprüfungsbericht die Darstellung im Prospekt dahingehend verstanden, dass die angesetzten Kinoeinspielergebnisse aus einer „repräsentativen Grundgesamtheit von Spielfilmproduktionen“ abgeleitet wurden (I, 247). „Repräsentativ“ kann dabei nur eine statistische Vergleichbarkeit im Hinblick auf die beabsichtigten Produktionen des IMF 2 meinen.
68 
bbb) Diese Darstellung ist nicht zutreffend bzw. hat zumindest keine erkennbare sachliche Grundlage. Die im Prospekt angesetzten Auswertungserlöse können aus verschiedenen Gründen einer Erfolgsprognose für den Fonds nicht zugrunde gelegt werden. Denn der Markt, in welchem die Zahlen für das Jahr 1998 ermittelt wurden, ist mit dem für den Fonds relevanten Filmmarkt aus mehreren Gründen nicht vergleichbar. Die angesetzten Zahlen vermitteln dem Anlageinteressenten eine Marktsituation, die für den Fonds nicht gegeben war.
69 
aaaa) Die im Prospekt angesetzten durchschnittlichen Auswertungserlöse können für einen möglichen Erfolg des IMF 2 aus der Sicht ex ante im Jahr 2000 schon deshalb nicht relevant sein, weil es sich bei dem Fonds um einen Neuling auf dem Filmmarkt gehandelt hat. Weder die Fondsgesellschaft noch die Initiatorin, die DCM AG, hatten im Jahr 2000 Erfahrung mit der Entwicklung und Produktion von wirtschaftlich erfolgreichen Spielfilmen. Der Vorgängerfonds IMF 1 konnte eine solche Erfahrung nicht vermitteln, da im Jahr 2000 noch keine Erkenntnisse über einen möglichen wirtschaftlichen Erfolg dieses Fonds vorlagen (siehe oben). Die im Prospekt wiedergegebenen Durchschnittszahlen der Erlöse von Spielfilmen im Jahr 1998 beruhen hingegen nicht auf den Erfolgen von (anderen) Marktneulingen, sondern auf den gesamten Ergebnissen des Vertriebs der US-Major-Studios in diesem Jahr, also zwangsläufig vorrangig auf den wirtschaftlichen Zahlen von Marktteilnehmern mit einer langen Erfahrung auf dem Filmmarkt. Die Durchschnittszahlen eines bereits lange existierenden Marktes sind jedoch kaum geeignet, um die Chancen eines neu gegründeten Unternehmens auf diesem Markt realistisch wiederzugeben.
70 
Die Situation des IMF 2 bei der Anwerbung von Anlagegeldern ist vergleichbar mit einem neu gegründeten Unternehmen, das zur Finanzierung Bankkredite benötigt. Ein Existenzgründer muss in einer solchen Situation der Bank unter anderem eine Rentabilitätsvorschau für z. B. drei Jahre vorlegen. Dabei wird eine kreditgebende Bank - wenn nicht besondere Umstände vorliegen - kaum eine Modellrechnung des Existenzgründers akzeptieren, in der dieser für den erhofften wirtschaftlichen Erfolg Durchschnittserlöse aller bereits am Markt existierenden Unternehmen zugrunde legt. Prognosezahlen für einen Marktneuling - wie für den IMF 2 im vorliegenden Fall - müssen in der Regel vielmehr berücksichtigen, dass ein Marktneuling weder über die Erfahrung noch über die geschäftlichen Beziehungen verfügt, die für den wirtschaftlichen Erfolg der bereits langjährig vorhandenen Marktteilnehmer bestimmend sind. Keine Bank würde für eine Kreditvergabe an eine Existenzgründerin (wie den IMF 2) eine „Modellrechnung“ akzeptieren, wenn die Existenzgründerin ihre voraussichtlichen Gewinne auf der Basis von Zahlen der bereits vorhandenen Weltmarktführer (US-Major-Filmstudios) schätzen würde.
71 
bbbb) Ein weiterer Gesichtspunkt steht einer Relevanz der im Prospekt wiedergegebenen Durchschnittserlöse entgegen: Im Prospekt wird im Kapitel „Chancen und Risiken“ auf Seite 75 auf das „Schlüsselpersonenrisiko“ hingewiesen. Damit ist gemeint, dass der unternehmerische Erfolg eines Filmfonds maßgeblich von den für die Filmprojektentwicklung und -produktion verantwortlichen „Schlüsselpersonen“ abhängt. Als Schlüsselpersonen werden genannt Moritz Bormann, Geschäftsführer/Manager des für die Filmprojektentwicklung verantwortlichen Vertragspartners des Fonds, sowie Nigel Sinclair und Guy East, die Verantwortung bei der Intermedia, die als Vertragspartner für den Vertrieb der vom Fonds produzierten Spielfilme zuständig sein sollte, trugen. Weder aus dem Prospekt noch aus dem schriftsätzlichen Sachvortrag der Beklagten ergibt sich, dass wirtschaftliche Erfahrung und wirtschaftliche Erfolge dieser Schlüsselpersonen mit Erfahrung und Erfolgen von Managern der US-Major-Studios vergleichbar wären. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der Darstellung des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 11.03.2014, II 895 ff..
72 
cccc) Die für mögliche Marktchancen der Fondsgesellschaft herangezogenen Zahlen beziehen sich ausschließlich auf Spielfilme, die von den sogenannten US-Major-Studios vertrieben wurden. Die Heranziehung von Zahlen der US-Major-Filmstudios steht in mehrfacher Hinsicht einer Relevanz für die Marktaussichten des IMF 2 entgegen. Denn der Markt der US-Major-Studios ist nicht mit dem Markt des IMF 2 identisch.
73 
Zwar wird im Prospekt an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass die sogenannten US-Major-Filmstudios auch beim Vertrieb der vom Fonds produzierten Spielfilme eine Rolle spielen sollen (vgl. z. B. Seite 23 des Prospekts). Jedoch war bei der Konzeption des Fonds ein Vertrieb durch die bekannten US-Major-Studios keineswegs gesichert. Zudem sollte die Auswertung der zu produzierenden Spielfilme (nur) mit einer „Verleihzusage“ eines Major-Studios für Nordamerika verbunden sein, und nicht mit einer „Vertriebszusage“, insbesondere auch nicht mit eine Minimum-Vertriebsgarantie eines Major-Studios. (Vgl. hierzu die Freigabekriterien des Mittelverwendungskontrolleurs in § 1 Ziff. 3 a, b und c des Mittelverwendungskontrollvertrages, Seite 101 des Prospekts.) Es ist daher nicht ersichtlich, und gehörte jedenfalls nicht zur Konzeption des Fonds, dass ein Major-Filmstudio in Nordamerika irgendein wirtschaftliches Risiko beim Vertrieb der vom IMF 2 produzierten Filme übernehmen würde. Eine unklare „Einbindung von US-Major-Filmstudios“ (vgl. OLG München, Beschluss vom 29.10.2013 – 18 U 2642/13 -, Seite 4, Anlage BB 33) ändert daran nichts.
74 
Dieser Umstand lässt es nicht zu, Auswertungserlöse der US-Major-Studios aus dem Jahr 1998 für Spielfilme heranzuziehen, bei denen die nordamerikanischen Studios im Zweifel bereit waren, selbst wirtschaftliche Risiken des Erfolges ganz oder teilweise zu übernehmen. Die Marktchancen einer Auswertung von Spielfilmen des IMF 2 lassen sich nicht vergleichen mit den Auswertungserlösen, die im Jahr 1998 bekannte und erfahrene US-Filmstudios beim Vertrieb von Filmen erzielt haben.
75 
In diesem Zusammenhang ist auf einen weiteren Gesichtspunkt hinzuweisen: Da in die im Prospekt angegebenen Auswertungserlöse sämtliche Zahlen aus dem Vertrieb der US-Major-Studios eingeflossen sind, müssen in diesen Zahlen insbesondere die eigenen Produktionen der US-Studios enthalten sein. Denn bei den „Studios“ in den USA handelt es sich um Produktionsgesellschaften. Die von bekannten und langjährig erfahrenen US-Studios produzierten Spielfilme können, was den wirtschaftlichen Erfolg betrifft, jedoch kaum ein Maßstab sein, wenn es um den möglichen Erfolg eines neugegründeten Filmfonds geht, der keine nennenswerte Erfahrung bei der Produktion von Spielfilmen vorweisen kann. Eine Vergleichbarkeit wird insbesondere nicht dadurch hergestellt, dass die vom Fonds produzierten Filme von den US-Studios (nur) in den Verleih übernommen werden sollten.
76 
ccc) Die Einwendungen der Beklagten gegen diese Beurteilung des Senats haben keinen Erfolg. Die Beklagte hat eingeräumt, dass die Zahlen in der Modellrechnung auf Filmen beruhen, die von den US-Major-Studios produziert wurden (II 895). Bei den US-Major-Studios handelt es sich – wie allgemein bekannt – um Filmproduktionsgesellschaften (vgl. die Begriffe „Filmstudio“ und „Filmproduktionsgesellschaft“ auf Wikipedia). Das bedeutet, dass bei den der Modellrechnung zugrunde gelegten Zahlen das unternehmerische Risiko von den US-Major-Studios (Filmproduktionsgesellschaften) getragen wurde, und dass die wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen von den Managern dieser US-Studios getroffen wurden.
77 
Damit ist die Konzeption des IMF 2 nicht vergleichbar. Das wirtschaftliche Risiko von Entwicklung, Produktion und Vertrieb der vorgesehenen Filme sollte nach der Konzeption des IMF2 allein vom Fonds getragen werden, und nicht von US-Major-Studios. Die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen sollten von den Managern des Fonds und nicht von erfahrenen Managern der US-Studios getroffen werden. US-Major-Studios sollten nach der Konzeption des Fonds bestimmte zu vergütende Dienstleistungen (Verleih) übernehmen, ohne in irgendeiner Weise für den wirtschaftlichen Erfolg der Filme einzustehen. Dass ein US-Major-Studio beim Vertrieb eines bestimmten Filmes des IMF 2 wirtschaftliche Risiken übernehmen würde, war zwar nicht ausgeschlossen, im Fondskonzept jedoch nicht vorgesehen und nicht garantiert.
78 
Die dargestellte wirtschaftliche Problematik des IMF 2 – keine Übernahme der unternehmerischen Risiken durch US-Major-Studios – ergibt sich unmittelbar aus den im Prospekt enthaltenen Verträgen (Gesellschaftsvertrag, Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrollvertrag). Abweichende vertragliche Vereinbarungen mit den US-Major-Filmstudios – zum Zeitpunkt des Fonds-Beitritts des Klägers – sind von der Beklagten nicht dargetan. Da die Feststellungen des Senats auf den Prospekt und dem beigefügten Vertragsunterlagen beruhen, war die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Maßgeblichkeit der Modellrechnung für die Marktchancen des Fonds – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht erforderlich.
79 
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der missverständliche Hinweis der Beklagten im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 03.06.2014, „Produzent“ eines Filmes sei stets eine natürliche Person und nicht eine Filmproduktionsgesellschaft. Es ist zwar zutreffend, dass der Herstellungsprozess bei einem Film oft von einer bestimmten natürlichen Person gesteuert wird, die dann als „Produzent“ bezeichnet wird (vgl. die Ausführungen zum Begriff „Filmproduzent“ auf Wikipedia). Dies ändert allerdings nichts an der maßgeblichen Rolle der US-Major-Studios als Filmproduktionsgesellschaften für die der Modellrechnung zugrunde liegenden Zahlen. Letzteres ergibt sich aus dem unstreitigen Sachverhalt und aus Allgemeinwissen über die US-Major-Studios (siehe oben).
80 
dd) Da die Beschreibung der für den Fonds maßgeblichen Marktchancen im Prospekt aus den oben unter bb) und cc) genannten Gründen in erheblichen Punkten unzutreffend ist, bzw. ein zu positives Bild suggeriert, kommt es auf weitere Fragen im Zusammenhang mit dem Filmmarkt nicht an. Es kann insbesondere dahinstehen, ob und inwieweit die Beklagte bereits im November 2000 bei der Beratung des Klägers eine generelle Verschlechterung des Filmmarkts kannte oder hätte vorhersehen können.
81 
ee) Die Beklagte hat eine Reihe von Entscheidungen anderer Zivilgerichte vorgelegt, die nach ihrer Auffassung für die Entscheidung des Senats zu berücksichtigen seien. Ein erheblicher Teil dieser Entscheidungen befasst sich nicht mit dem streitgegenständlichen Fonds (vgl. beispielsweise OLG Karlsruhe – 4. Zivilsenat –, Urteil vom 31.01.2014 – 4 U 29/13 – und OLG Karlsruhe – 17. Zivilsenat –, Beschluss vom 25.04.2014 – 17 U 188/13 –, Anlage BB 49, die jeweils den IMF 3 betreffen). Viele der von der Beklagten vorgelegten Entscheidungen befassen sich mit Rechtsfragen und mit Fragen des Sachverhalts, die nicht Gegenstand der Entscheidung des Senats sind. Soweit das Oberlandesgericht München in mehreren Entscheidungen die Modellrechnung im streitgegenständlichen Prospekt des IMF 2 nicht beanstandet hat, fehlt in diesen Entscheidungen nach Auffassung des Senats eine Auseinandersetzung mit den Umständen, aus denen sich die mangelnde Relevanz der Modellrechnung für die Marktsituation des IMF 2 ergibt (siehe oben).
82 
h) Die Beklagte bzw. der für die Beklagte handelnde Zeuge S. hat den Kläger in der Beratung unstreitig nicht auf die dargestellten Prospektfehler (oben f und g) hingewiesen. Der Zeuge S. hat auch nicht, was geboten gewesen wäre, erläutert, dass wesentliche Darstellungen zu den Marktchancen des Fonds im Prospekt keine nachvollziehbare Grundlage haben (Erfolgsstory des Vorgängerfonds IMF 1 und Auswertungserlöse in der Modellrechnung). Bei einer Prüfung des Prospekts mit dem erforderlichen kritischen Sachverstand, die über eine bloße Plausibilitätsprüfung hinausgehen muss (siehe oben d), hätten der Beklagten die vom Senat festgestellten Prospektfehler auffallen müssen. Bei dem Hauptrisiko des Fonds (möglicher Totalausfall, wenn der Publikumsgeschmack verfehlt wird) und bei den Darstellungen zu den Marktchancen des Fonds (Erfolgsgeschichte des Vorgängerfonds und Grundlagen der Modellrechnung) handelt es sich erkennbar um zentrale Fragen der Fondskonstruktion, die für jeden Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung waren. Die vom Senat dargestellten wirtschaftlichen Zusammenhänge werden erkennbar, wenn man die entsprechenden Teile des Prospekts mit einem kritischen Blick und gewissen wirtschaftlichen Grundkenntnissen prüft.
83 
Der Hinweis der Beklagten auf einen nicht von ihr selbst in Auftrag gegebenen Prospektprüfungsbericht (vgl. die auszugsweise Wiedergabe des Prospekts im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 06.10.2010, I, 245 ff.) kann die Beklagte nicht entlasten. Die Frage, ob die Darstellung des für den Fonds relevanten Filmmarkts im Prospekt zutreffend und realistisch ist, wird in dem von der Beklagten zitierten Teil des Prospekts nicht geprüft. Zwar ist in dem Prospekt davon die Rede, dass die in der Modellrechnung angenommenen Kinoeinspielergebnisse aus einer repräsentativen Grundgesamtheit von Spielfilmproduktionen abgeleitet wurden (vgl. I, 247). Es wird jedoch nicht erläutert, woraus sich die für die Modellrechnung entscheidende Repräsentativität der Einspielergebnisse ergeben soll.
84 
Weshalb die für einen möglichen Erfolg des Fonds entscheidenden Darstellungen der Marktchancen im Prospektprüfungsbericht nicht näher untersucht wurden, kann dahinstehen. Jedenfalls war das Fehlen einer solchen Prüfung in dem Prospektprüfungsbericht für die Beklagte erkennbar mit der Konsequenz, dass die Beklagte selbst diese Prüfung mit dem im Hinblick auf die Beratung erforderlichen „kritischen Sachverstand“ hätte durchführen müssen. Bei der Verharmlosung des Hauptrisikos (Verfehlen des Publikumsgeschmacks) hätte sich die Beklagte ohnehin unabhängig vom Prospektprüfungsbericht ohne Schwierigkeiten selbst einen Eindruck verschaffen können, wie die Darstellung im Prospekt voraussichtlich auf einen Anleger, dessen Interessen sie zu wahren hatte, wirken musste.
85 
i) Die fehlerhafte Beratung durch den Zeugen S. war ursächlich für den Schaden des Klägers. Denn der Kläger hat auf Grund der Beratung des Zeugen die für ihn nachteilige Entscheidung zum Fondsbeitritt getroffen. Da der Kläger in verschiedenen für seine Anlageentscheidung wesentlichen Punkten unzulänglich beraten und aufgeklärt wurde, wird die Kausalität der Pflichtverletzungen für seinen Schaden vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2007 - II ZR 21/06 -, RdNr. 16, zitiert nach Juris; BGH, NJW 2010, 3292, 3294). Für die Kausalität kann dahinstehen, ob der Kläger den Prospekt erhalten hat, oder ob auf Grund der oben dargestellten Vermutung lediglich davon auszugehen ist, dass die Beratung durch den Zeugen S. auf der Grundlage des Prospekts erfolgt ist (s.o.e).
86 
j) Der Schadensersatzanspruch des Klägers wird nicht durch ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) gemindert. Denn bei einer Anlageberatung kann der Anleger grundsätzlich auf die Sachkompetenz des Beraters vertrauen, und ist in der Regel nicht verpflichtet, die Angaben und Empfehlungen des Beraters einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Besondere Umstände, auf Grund derer sich ausnahmsweise ein Mitverschulden des Klägers ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind die dargestellten Prospektfehler nicht aus den vom Kläger am 22.11.2000 unterzeichneten Erklärungen ersichtlich (Beitrittserklärung Anlage K 1, „Gesprächsnotiz“, Anlage B 10 und „Beratungsprotokoll“, Anlage B 11).
87 
k) Da die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach vorliegen, kommt es auf die weiteren vom Kläger geltend gemachten Beratungsmängel nicht an. Es kann insbesondere dahinstehen, ob und inwieweit die Beratung anlegergerecht war. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich zusätzliche Fehler aus bestimmten mündlichen Erklärungen des Beraters in den Gesprächen am 15.11. und 22.11.2000 ergeben.
88 
2. Dem Kläger steht als Schadensersatz ein Betrag von 36.813,02 EUR nebst Zinsen zu, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der erworbenen Beteiligung.
89 
a) Der Kläger kann im Wege des Schadensersatzes verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die Beteiligung nicht erworben. Er hat für die Beteiligung einen Betrag von 42.948,52 EUR bezahlt (84.000,00 DM brutto). Abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von 6.135,50 EUR (unstreitig) verbleibt ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 36.813,02 EUR.
90 
b) Dem Kläger stehen entsprechend seiner Aufstellung in der Anspruchsbegründung (I, 65) Zinsen als entgangener Gewinn für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.08.2008 in Höhe von 16.389,86 EUR zu.
91 
aa) Soweit dem Kläger anderweitige Anlagezinsen durch den Beitritt zum Filmfonds entgangen sind, finden die Grundsätze der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO Anwendung. Bei der Aufwendung von Eigenkapital für eine Geldanlage, wie vorliegend, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Anleger bei korrekter Beratung eine andere Anlage erworben hätte, die ihm Zinsvorteile erbracht hätte. Diese Zinsvorteile sind unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu schätzen (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013 - XI ZR 345/10 -, zitiert nach Juris; OLG München, Urteil vom 07.06.2010 - 21 U 2404/09 -, RdNr. 35, zitiert nach Juris).
92 
bb) Der Kläger hat seinen entgangenen Gewinn unter Berücksichtigung einer alternativen Anlage in Bundesschatzbriefe des Typs B berechnet. Diese Berechnung ist nicht zu beanstanden, und unter den gegebenen Umständen nach Auffassung des Senats eine geeignete Grundlage zur Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO. Der Kläger hat die streitgegenständlichen Fondsanteile erworben in Kenntnis der Tatsache, dass die Kapitalanlage auf mindestens sechs Jahre kalkuliert war (vgl. die entsprechenden Feststellungen im Urteil des Landgerichts). Daher bestehen keine Bedenken gegen die Annahme, dass er eine alternative andere Anlage jedenfalls bis Ende 2008 gehalten hätte, wie in der klägerischen Zinsberechnung zugrunde gelegt. Eine Anlage in Bundesschatzbriefen war in der Vergangenheit eine übliche, sichere Kapitalanlage mit einer begrenzten Rendite, die bei einem sicherheitsorientierten Anleger realistisch erscheint.
93 
cc) Die Einwendungen der Beklagten gegen die geltend gemachten Zinsen greifen nicht durch. Auf die Frage, ob die DIFA-Beteiligung, die der Kläger bis zur Beratung durch den Zeugen S. gehalten hat, inzwischen Verluste eingebracht hätte, kommt es nicht an. Denn der Kläger ist so zu stellen, wie er bei korrekter Beratung durch den Zeugen S. stünde.
94 
Unstreitig hat der Zeuge dem Kläger geraten, die DIFA-Beteiligung aufzulösen und sein Kapital zu streuen, um die Risiken zu vermindern. Dieser Rat des Zeugen ist nicht zu beanstanden. Pflichtwidrig war lediglich die Empfehlung zum Erwerb von Anteilen an dem Filmfonds IMF 2. Mithin hätte sich der Kläger ohne die fehlerhafte Beratung ebenfalls von den DIFA-Anteilen getrennt, und für den Betrag von 84.000,00 DM eine andere Anlage gewählt. Daraus ergibt sich, dass ein fiktiver Erwerb von Bundesschatzbriefen unterstellt werden kann.
95 
Aus der im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils wiedergegebenen Erklärung des Klägers, er hätte seine Vermögensanlagen „so wie sie im November 2000 bestanden, nicht verändert“, lässt sich im Rahmen von § 287 ZPO nicht herleiten, dass der Kläger auf einen fiktiven Erwerb von Bundesschatzbriefen verzichtet hätte. Denn die im Urteil des Landgerichts wiedergegebene Erklärung stand im Zusammenhang mit einer vom Kläger unterstellten „ordnungsgemäßen Aufklärung“ durch den Berater. Eine „ordnungsgemäße Aufklärung“ (bzw. Beratung) hätte jedoch – wie vom Kläger im Rechtsstreit vorgetragen – nur darin bestanden, dass der Kläger auf die Unzulänglichkeiten im streitgegenständlichen Prospekt hingewiesen worden wäre. Die Empfehlung, das „Kapital zu streuen“, war hingegen korrekt. Der Kläger hätte von einem Erwerb von Bundesschatzbriefen nur dann abgesehen, wenn er auch dem korrekten Rat, das Kapital zu streuen, aus unbekannten Gründen nicht gefolgt wäre. Ein solches fiktives Verhalten des Klägers kann der Senat seinen im Urteil des Landgerichts nur zusammenfassend wiedergegebenen Erklärungen im erstinstanzlichen Termin nicht entnehmen.
96 
Schließlich kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob der Kläger „renditeorientierte“ Erwartungen hatte, und alternativ eine renditeträchtige, aber gleichzeitig auch risikoreichere Anlage gewählt hätte. Dass jede renditeträchtige alternative Geldanlage zum Totalverlust geführt hätte, kann nicht unterstellt werden und ist von der Beklagten nicht geltend gemacht worden.
97 
c) Die Zuerkennung weiterer Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 289 Satz 2 BGB. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Kläger im außergerichtlichen Schreiben vom 14.10.2009 zunächst nicht die spätere Klageforderung geltend gemacht hat, sondern lediglich 36.813,02 EUR zuzüglich eines bis dahin aufgelaufenen weiteren Schadens durch Zinsverluste in Höhe von 4 Prozent pro Jahr. Daher war das Schreiben vom 14.10.2009 verzugsbegründend nur in Höhe der zunächst geltend gemachten Forderung einschließlich des dort genannten entgangenen Gewinns von 4 Prozent, und noch nicht in Höhe der späteren Forderung im Mahnbescheid.
98 
3. Die Forderung des Klägers ist nicht verjährt. Ob der Mahnbescheid zur Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 3 BGB geeignet war, kann dahinstehen. Jedenfalls ist eine Hemmung spätestens durch die Zustellung der Anspruchsbegründung am 25.06.2010 gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt war die Verjährung nicht abgelaufen.
99 
Die Verjährungsfrist für den Anspruch des Klägers beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Im Hinblick auf die Regelung des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 BGB käme eine Verjährung nur dann in Betracht, wenn der Kläger bis Ende des Jahres 2006 Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hätte, oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Ziff. 2 BGB). Dies war, auch auf der Grundlage des Sachvortrags der Beklagten, nicht der Fall. Dass der Kläger vor dem 01.01.2007 die festgestellten Prospektmängel gekannt hätte, hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Es haben sich in der fraglichen Zeit auch keine Umstände ergeben, auf Grund derer er ohne Schwierigkeiten auf die Prospektmängel und die damit verbundene fehlerhafte Beratung des Zeugen S. hätte schließen können.
100 
Die Ausschüttungen, welche der Kläger im Laufe der Jahre erhielt, blieben zwar hinter seinen Erwartungen und hinter den Zahlen im Prospekt (vgl. die Modellrechnung Seite 42 des Prospekts) zurück. Daraus konnte der Kläger jedoch keine unmittelbaren Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Beratung durch den Zeugen S. ziehen, insbesondere nicht auf Fehler des Prospekts. Denn nach der Fondskonzeption waren bestimmte Ausschüttungen weder fest zugesagt noch in einer bestimmten Art und Weise in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Erfolg des Fonds geplant. Vielmehr ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (vgl. Seite 89 ff. des Prospekts), dass die Gesellschafterversammlung jeweils frei über mögliche Ausschüttungen entscheiden konnte (§ 12 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrages). Mögliche Ausschüttungen hatten nach der Fondskonzeption auch nichts mit einer „Rendite“ zu tun. Die Planung von Ausschüttungen sollte insbesondere auch davon abhängen, ob und inwieweit die Gesellschafterversammlung vorhandene Liquidität zur Finanzierung weiterer Filmprojekte verwenden wollte. Ob und in welchem Umfang der Fonds erfolgreich war, konnte nach der Konzeption erst nach Auflösung des Fonds und Verteilung der vorhandenen Mittel in der Schlussausschüttung feststehen.
101 
Eine grob fahrlässige Unkenntnis von den Beratungsfehlern ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Geschäftsberichten des Fonds oder aus den Protokollen der Gesellschafterversammlungen. Es kann hierbei dahinstehen, in welchem Umfang der Kläger diese Unterlagen gelesen, zur Kenntnis genommen und verstanden hat. Denn aus diesen Unterlagen ergeben sich keine Hinweise auf die festgestellten Beratungsfehler. Weder eine anfängliche Verharmlosung des Hauptrisikos (Totalausfall bei Verfehlen des Publikumsgeschmacks) noch eine anfänglich unzulängliche Darstellung der für den Fonds relevanten Marktchancen lässt sich diesen Unterlagen entnehmen. Vielmehr stellen die Unterlagen im Gegenteil auf eine nachträgliche, nicht vorhersehbare Verschlechterung der Verhältnisse ab. So wird insbesondere im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 30.10.2003 (Anlage B 4, Seite 2) darauf hingewiesen, dass für die ungünstige Entwicklung des Fonds die nicht vorhersehbaren Anschläge vom 11.09.2001 entscheidend gewesen sein, die zu einer drastischen Veränderung der Welt- und Stimmungslage geführt hätten. Im September 2005 wies die Geschäftsleitung des Fonds auf die entscheidende Bedeutung der dramatischen Ereignisse vom 11.09.2001 hin (vgl. das Vorwort zum Geschäftsbericht für das Jahr 2004, Anlage B 3). Soweit bestimmte Gerichte in den vom Beklagten vorgelegten Entscheidungen unter teilweise vergleichbaren Umständen eine Verjährung angenommen haben, kann der Senat dem aus den angegebenen Gründen nicht folgen.
102 
4. Die Feststellung des Annahmeverzugs beruht auf §§ 293, 295 BGB. Die Übertragung der Rechte aus der Beteiligung hat der Kläger im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14.10.2009 (Anlage K 4) vorprozessual angeboten.
103 
5. Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltsgebühren stehen dem Kläger nicht zu. Denn er ist nicht aktiv legitimiert. Da die vorgerichtlichen Kosten unstreitig von der Rechtschutzversicherung des Klägers bezahlt wurden, sind eventuelle Erstattungsansprüche gegen die Beklagte gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf den Versicherer übergegangen. Eine Rückabtretung oder eine Ermächtigung zur Geltendmachung der Ansprüche hat die Beklagte bestritten. Das vom Kläger erstinstanzlich vorgelegte Schriftstück des Versicherers (I, 645) ist zum Nachweis einer Ermächtigung nicht ausreichend, da - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - aus dem Schreiben des Versicherers nicht ersichtlich ist, dass sich dieses Schreiben auf die Kosten einer Rechtsverfolgung gegen die Beklagte beziehen soll. Der Kläger hat auch auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden unter Ziffer 5 der Verfügung vom 13.02.2014 (II 765) zu diesem Punkt nichts weiteres vorgebracht.
104 
6. Der Feststellungsantrag des Klägers, der sich auf den Ersatz weiterer nicht bezifferter Schäden bezieht, ist unbegründet. Denn es sind keine möglichen weiteren Schäden des Klägers ersichtlich, die durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstanden sind bzw. noch entstehen können. Der Kläger hat den Feststellungsantrag damit begründet, er müsse damit rechnen, dass durch die Anlage erzielte Steuervorteile nachträglich aberkannt werden. Es ist zum einen jedoch nicht dargetan, dass der Kläger in der Vergangenheit tatsächlich Steuervorteile erzielt hat, die aberkannt werden könnten. Eine solche schriftsätzliche Darlegung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schriftsatz des Kläger vom 20.03.2014; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf „Steuererklärungen und Steuerbescheide“ in diesem Schriftsatz ist nicht ausreichend. Zum anderen hat die Beklagte unwidersprochen darauf hingewiesen, dass wegen des Zeitablaufs eine nachträgliche Korrektur von erzielten Steuervorteilen durch das Finanzamt nicht mehr in Betracht kommen könnte. Der Hinweis des Klägers auf ein „Aufleben der Kommanditistenhaftung“ zur Begründung eines Feststellungsinteresses ist ebenfalls nicht ausreichend, da dem Hinweis jede Konkretisierung fehlt. Da nach dem Gesellschaftsvertrag lediglich 10 Prozent des Beteiligungskapitals im Handelsregister eingetragen wurden (vgl. § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages), wäre eine Haftung des Klägers gem. § 172 Abs. 4 HGB nur unter außergewöhnlichen Umständen denkbar, die nicht ersichtlich sind.
105 
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenquotelung ist zu berücksichtigen, dass der Streitwert 39.813,02 EUR beträgt (36.813,02 EUR + 3.000,00 EUR für den Antrag auf Feststellung weiterer Schadensersatzpflichten). Denn der entgangene Gewinn erhöht den Streitwert nicht (vgl. BGH, WM 2013, 1504).
106 
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
107 
9. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO. Nach Auffassung des Senats hat die Feststellung von Pflichtverletzungen eines Beraters für gleichartige Fälle grundsätzliche Bedeutung.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 18. Juni 2014 - 9 U 114/11

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 18. Juni 2014 - 9 U 114/11

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger
Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 18. Juni 2014 - 9 U 114/11 zitiert 16 §§.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Handelsgesetzbuch - HGB | § 172


(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. (2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 86 Übergang von Ersatzansprüchen


(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werd

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 295 Wörtliches Angebot


Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die gesch

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Tenor 1. Das Versäumnisurteil vom 05.11.2014 wird aufrechterhalten. 2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren

Landgericht Kempten (Allgäu) Endurteil, 04. Feb. 2015 - 23 O 1063/13

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Tenor 1. Das Versäumnisurteil vom 05.11.2014 wird aufrechterhalten. 2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 14/10
Verkündet am:
16. September 2010
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Nachforschungspflichten eines Anlageberaters im Hinblick auf
den im Emissionsprospekt eines Filmfonds angesprochenen Erlösversicherer.
BGH, Urteil vom 16. September 2010 - III ZR 14/10 - OLG München in Augsburg
LGAugsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Klägerin Die verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der Beteiligung an einem Filmfonds.
2
Klägerin Die unterzeichnete am 14. Dezember 2000 eine Beitrittserklärung über eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung an der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG mit einer Einlage von 40.000 € zuzüglich 5 % Agio. In dem der Klägerin einige Tage zuvor vom Beklagten übergebenen Emissionsprospekt hieß es zur sogenannten Erlösversicherung: "Sofern nicht gleichwertige Erlössicherungen bestehen, wird sich ApolloMedia 4. KG nur an einer Ko-Produktion beteiligen, wenn für dieses Filmprojekt eine Erlösversicherung (Short Fall Guarantee) in Höhe von mindestens 80 % der anteiligen Investitionen der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen werden kann. Das wirtschaftliche Risiko ist somit deutlich eingeschränkt." (Seite 7) … "Augenscheinlich besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner (Weltvertrieb , Kinoverleiher, TV-Einkäufer) bzw. den Geschmack des Publikums zu treffen. … Zur Reduzierung des Erlösrisikos wird für alle Filmprojekte der ApolloMedia 4. KG - sofern nicht eine gleichwertige Absicherung besteht - eine Short Fall Guarantee (Erlösversicherung) abgeschlossen. Diese Versicherung soll sicherstellen, dass innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung eines Filmprojekts mindestens 80 % des von ApolloMedia 4. KG eingesetzten Produktionskostenanteils zurückfließen. Insofern wird die Versicherung nach 36 Monaten jeweils eine etwaige Erlösdifferenz bis zu 80 % der Ko-Produktionsbeteiligung ausgleichen. Spätere Erlöse aus diesem Filmprojekt fließen dann so lange der Versicherung zu, bis deren Auszahlung nebst einer angemessenen Verzinsung zurückgeführt ist. Die Versicherung wird dabei grundsätzlich pro Filmprojekt abgeschlossen und abgerechnet. Grundsätzlich besteht das Risiko, dass es aus wirtschaftlichen (Insolvenz ) oder rechtlichen Gründen (Versicherungsbedingungen) nicht zur Auszahlung der Versicherungsleistungen kommen könnte. Insofern ist die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Erlösversicherungen für ApolloMedia Filmprojekte werden im Allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit Filmvision P.L.I. Limited, London , ausschließlich bei international tätigen, in Fachkreisen und bei Banken anerkannten Spezialversicherern (z.B. NEIS, Brüssel) abgeschlossen". (Seite 9)
3
Über die im Prospekt angesprochene New England International Surety Inc. (NEIS), bei der für die Filmprojekte der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG die Erlösversicherungen abgeschlossen wurden, hatte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 wie folgt berichtet: "New England International Surety Inc. Flugzeug-Kaskoversicherung Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) warnt die Besitzer von kleinen und mittleren Privatflugzeugen dringend vor dem Neuabschluss oder der Verlängerung von bereits bestehenden Kaskoversicherungsverträgen mit der New England International Surety Inc. Die New England International Surety Inc., mit angeblichem Sitz in Panama und Zweigniederlassung in der Schweiz, besitzt keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland. Eine Anfrage bei der Schweizerischen Versicherungsaufsichtsbehörde und umfangreiche Ermittlungen des BAV lassen erhebliche Zweifel aufkommen, ob es sich bei diesem Unternehmen überhaupt um ein lizensiertes Versicherungsunternehmen handelt. Das BAV hat bei seinen Ermittlungen festgestellt, dass eine Hamburger Maklerfirma unter Einschaltung eines in London ansässigen weiteren Maklerunternehmens mehr als 700 Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge an diese Gesellschaft vermittelt und die gesamte Vertragsverwaltung einschließlich Beitragsinkasso und Schadensabwicklung übernommen hat. Das Amt hat diese Maklergesellschaft nachhaltig aufgefordert, keine weiteren Verträge an die New England International Surety Inc. zu vermitteln. Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Makler für diese Gesellschaft tätig sind. Die Vermittlung von Versicherungsverträgen an Gesellschaften, die nicht zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassen sind, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 DM geahndet werden kann. Generell besteht für Versicherungsnehmer, die Verträge bei nicht zugelassenen Versicherungsgesellschaften abschließen, stets die Gefahr, dass die Gesellschaften im Schadenfall nicht leisten bzw. dass Schadenersatzansprüche nicht durchgesetzt werden können."
4
Der Beklagte hatte sich vor den Beratungsgesprächen mit der Klägerin auf einer Schulung über das Konzept des Filmfonds kundig gemacht sowie in Fachzeitschriften über den Ruf der Filmfonds der ApolloMedia GmbH & Co. KG nachgelesen. Er hatte jedoch keine Informationen über die Erlösversicherung, insbesondere die im Prospekt genannte NEIS eingeholt.

5
Die Klägerin hat den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch genommen, er habe sich bei der Anlageberatung nicht in der gebotenen Weise um die Solidität und Bonität des Erlösversicherers gekümmert. Hierzu hätte er eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen richten müssen, anlässlich derer er über die negative Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 informiert worden wäre. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte sie den Fonds nicht gezeichnet. Dieser sei inzwischen nahezu wertlos. Ausgebliebene Filmeinnahmen habe die NEIS nicht ausgeglichen, wodurch es zu einer Schieflage des Fonds gekommen sei.
6
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bezieht sich die allgemeine Pflicht eines Beraters zur kritischen Prüfung einer Kapitalanlage, die er empfehlen will, bei einer Beteiligung an einem Filmfonds auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer, selbst wenn dieser - wie hier die NEIS - im Prospekt nur beispielhaft genannt wird. Hierzu müsse sich der Berater aktuelle Informationen verschaffen, wozu die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse gehöre, deren Artikel er zu kennen und in seine Beratung einzubeziehen habe. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führe aber nur dann zu einer Haftung, wenn bei der gebotenen Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger - und/oder objektgerecht sei. Die Presseveröffentlichung des Bundesaufsichtsamts habe der Beklagte bei der Beratung im Dezember 2000 aber weder kennen noch habe sie ihm präsent sein müssen. Die Mitteilung sei zu diesem Zeitpunkt fast vier Jahre alt gewesen. Sie habe Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge und damit eine ganz andere Branche betroffen als die Versicherung des Erlösausfalls von Filmproduktionen. Zudem sei von der Aufsichtsbehörde vor der NEIS vor allem deshalb gewarnt worden, weil sie keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland besessen habe. Für einen Filmfonds, der seine Produktionen überwiegend im Ausland herstellen lasse, spiele eine solche Genehmigung aber keine Rolle. Dass die Mitteilung in der einschlägigen Wirtschaftspresse veröffentlicht worden sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Selbst das würde jedoch im Hinblick auf den zeitlichen Abstand von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Anlageberatung nichts ändern. Dass der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen in Deutschland bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, habe die Klägerin nicht behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt sei zur Abklärung des Risikos nicht erforderlich gewesen. Nach den Angaben im Emissionsprospekt habe es sich bei der NEIS um eine ausländische - angeblich in Brüssel ansässige - Versicherung gehandelt, die überwiegend ausländische Filmproduktionen, wenn auch unter finanzieller Beteiligung des deutschen Filmfonds , habe versichern sollen. Eine Zuständigkeit des deutschen Bundesaufsichtsamts für diese Tätigkeit sei nicht ersichtlich bzw. habe sich zumindest dem Beklagten nicht aufdrängen müssen. Zudem sei ungewiss, ob dem Beklagten auf eine Anfrage die bezeichnete Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 genannt worden wäre.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Ein Anlageberater ist zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. nur Senat, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13 f; und 5. November 2009 - III ZR 302/08, VersR 2010, 766 Rn. 16).
11
a) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht insoweit angenommen, dass sich bei einer Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Filmfonds die diesbezüglichen Pflichten eines Beraters auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer beziehen, selbst wenn dieser nur beispielhaft genannt wird. Denn der Erlösversicherung kommt bei einem Filmfonds der vorliegenden Art eine zentrale Bedeutung zu. Wie im Emissionsprospekt selbst ausgeführt, besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen. Zur Minimierung dieses Risikos ist deshalb eine Erlösversicherung und, worauf der Prospekt ausdrücklich hinweist, die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Der Abschluss bei einem seriösen und boniblen Versicherungsunternehmen stellt insoweit einen zentralen Baustein des im Prospekt beworbenen Beteiligungskonzepts dar, was die hierauf bezogene Erstreckung der Pflichten des Anlageberaters durch das Berufungsgericht rechtfertigt.
12
b) Dass die Pressemitteilung des Bundesaufsichtsamts vom 24. Januar 1997 jedoch zu einer Meldung in der einschlägigen Wirtschaftspresse geführt hat, hat die Klägerin, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die tatrichterliche - und von der Revision nicht gerügte - Erwägung des Oberlandesgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach es angesichts des Zeitablaufs von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Beratung sowie unter Berücksichtigung des nicht das internationale Filmgeschäft, sondern die Versicherung von Privatflugzeugen betreffenden Inhalts der Pressemitteilung dem Beklagten nicht zum Vorwurf gereichen würde, wenn ihm eine solche Veröffentlichung zum Zeitpunkt der Beratung nicht mehr präsent gewesen wäre.
13
Entgegen c) der Auffassung der Revision traf den Beklagten keine Pflicht, sich durch eine direkte Anfrage beim Bundesaufsichtsamt davon zu vergewissern , dass es keine Verlautbarungen der Behörde gab, die Zweifel an der Bonität und Seriosität des in Aussicht genommenen Erlösversicherers begründeten.
14
Zunächst ist schon nicht ersichtlich, wieso sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass das Bundesamt im Besitz von Informationen über die NEIS war. Denn bei dieser handelte es sich um eine ausländische Versicherungsgesellschaft. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (jetzt Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ) Aufsichtsbehörde für in Deutschland betriebene Versicherungsgeschäfte ist. Hierzu enthält der Abschnitt VI des Versicherungsaufsichtsgesetzes - auch bereits in der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anlageberatung geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I. S. 2; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626) - Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland das sogenannte Direktversicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr durch Mittelspersonen betreiben dürfen. Ausländische Versicherungsunternehmen , die in Deutschland weder eine Niederlassung errichten wollen noch in Deutschland Mittelspersonen in den Vertrieb einschalten, unterliegen danach nicht der deutschen Versicherungsaufsicht (vgl. nur Winter, VersR 2001, 1461, 1462 f; Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 1 Rn. 24, 26, § 105 Rn. 7; Fahr/Kaulbach/Bähr, Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl., § 105 Rn. 25 ff; § 110a Rn. 3). Die beim Bundesaufsichtsamt vorhandenen Informationen über die NEIS beruhten insoweit darauf, dass diese vormals über einen in Hamburg und damit im Inland ansässigen Makler als Mittelsperson Versicherungsgeschäfte in Deutschland im Bereich der Kaskoversicherung von Privatflugzeugen durchgeführt hatte. Eine solche inländische Tätigkeit der im Prospekt als Spezialversicherer für Filmfonds angesprochenen NEIS musste der Beklagte aber nicht in Rechnung stellen. Dass der vorgesehene Abschluss von Erlösversicherungen des Filmfonds unter das Versicherungsaufsichtsgesetz fallen könnte, war für den Beklagten ebenfalls nicht ersichtlich. Denn im Pros- pekt wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Versicherungen bei international tätigen Spezialversicherern wie der NEIS (Brüssel) unter Einschaltung einer ausländischen Firma, der in London ansässigen Filmvision P.L.I. Ltd, einer dortigen Versicherungsmaklerin, abgeschlossen werden würden. Der Beklagte musste daher aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, insbesondere des Inhalts des Emissionsprospekts, nicht damit rechnen, dass er durch eine etwaige Nachfrage beim Bundesaufsichtsamt Erkenntnisse über die NEIS erhalten würde.
15
Im Übrigen kann ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen (Presseerklärungen) der zuständigen Aufsichtsbehörde auch in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden einschlägigen Wirtschaftspresse ihren Niederschlag finden. Über deren Lektüre hinaus schuldet der Berater grundsätzlich keine Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde.
16
d) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf den Vortrag der Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12. März 2008 verweist, wonach bereits Anfang des Jahres 1997 in den USA die Finanzaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commissions (SEC) vor der NEIS "gewarnt" habe, spielt diese "Warnung", deren Inhalt und deren etwaige Verbreitung in den Medien im Übrigen von der Klägerin auch nicht näher dargelegt worden sind, keine entscheidungserhebliche Rolle. Zwar greifen die Ausführungen des Berufungsgerichts , das im Rahmen der Prüfung, ob der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, ausschließlich auf Deutschland abstellt hat und insoweit auf die "Warnung" der SEC nicht eingegangen ist, zu kurz. Denn bei einer Anlage mit Auslandsbezug kann sich unter Umständen für den Berater die Not- wendigkeit ergeben, sich auch anhand ausländischer Quellen zu informieren oder seinen Kunden zumindest auf das Unterlassen der Einholung entsprechender Auskünfte hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129 f). Jedoch ist nicht ersichtlich, dass sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass über die im Emissionsprospekt mit Sitz in Brüssel angesprochene NEIS Erkenntnisse in den USA zu erhalten sein würden.
17
Ob und gegebenenfalls welche Informationen der Beklagte bei einer Anfrage Ende 2000 bei der für Brüssel zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde erhalten hätte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Revision zeigt insoweit auch keinen vom Berufungsgericht übergangenen entscheidungserheblichen Vortrag auf. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen kann, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen von Aufsichtsbehörden in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden Wirtschaftspresse , zu der bei Anlagen mit Auslandsbezug auch einschlägige ausländische Medien gehören können, ihren Niederschlag finden. Dass dort über die NEIS bereits damals in negativer Form berichtet worden wäre, hat die Klägerin aber selbst nicht behauptet.
18
2. Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass die Klägerin nicht über das Unterlassen der Einholung von Erkundigungen bezüglich der NEIS aufgeklärt wurde, zu keiner Haftung des Beklagten.
19
Zwar ist ein Berater, wenn er gebotene Prüfungen unterlässt, grundsätzlich verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen (Senat, Urteil vom 5. März 2009 aaO Rn. 13; vom 5. November 2009, aaO Rn. 16 m.w.N.). Der Beklagte hat jedoch, wie das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt hat, unwidersprochen vorgetragen, dass er nicht nur eine Schulung bei der Vertriebsorganisation des Fonds mitgemacht, sondern auch die in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel über den Fonds sowie dessen Vorgängerfonds ausgewertet habe, die durchweg positive Einschätzungen bezüglich der Fonds und keinerlei negative Erkenntnisse bezüglich der in den Emissionsprospekten angesprochenen NEIS enthalten hätten. Gibt die vom Berater geschuldete Lektüre der einschlägigen Wirtschaftspresse aber keinen Anlass , an der Seriösität der an einer Kapitalanlage Beteiligten zu zweifeln, schuldet der Berater grundsätzlich keine weiteren Nachforschungen, sodass auch keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf eine diesbezügliche Unterlassung besteht.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 01.12.2008 - 10 O 5136/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 10.12.2009 - 24 U 41/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 56/11
Verkündet am:
1. Dezember 2011
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht des Anlageberaters, den Anlageinteressenten über für die Kapitalanlage
bedeutsame Gesetzesänderungen zu informieren und hierzu Erkundigungen
einzuziehen.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 56/11 - OLG Dresden
LG Zwickau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszugs zutragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger nehmen den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Auf Empfehlung des Beklagten zeichneten die Kläger am 4. November 1997 Beteiligungen als atypisch stille Gesellschafter bei der G. B. -AG, und zwar die Klägerin zu 1 mit einer Gesamtvertragssumme von 29.127 DM (einschließlich 5 % Agio) und der Kläger zu 2 mit einer Vertragssumme von 27.405 DM (einschließlich 5 % Agio). Die Einlagen waren durch Einmalzahlungen sowie nachfolgende monatliche Ratenzahlungen zu erbringen. Die Klägerin zu 1 zahlte auf ihre Beteiligung insgesamt 5.615,41 € und der Kläger zu 2 auf die seinige 5.508,03 €. Das jeweilige Guthaben der Anleger sollte in Raten zurückgezahlt werden. Die G. B. -AG gehörte zum Konzernverbund der G. Gruppe. Im Juni 2007 wurde über das Vermögen der Anlagegesellschaften der G. Gruppe das Insolvenzverfahren eröffnet.
3
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Erstattung ihrer für die Kapitalanlage geleisteten Aufwendungen, den Ersatz entgangenen Gewinns sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Sie haben geltend gemacht, zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen und der Beklagte habe die ihm hieraus erwachsenen Pflichten verletzt. Insbesondere habe der Beklagte keine (genügende) Plausibilitätsprüfung vorgenommen, die Risiken der Anlage verschwiegen oder verharmlost und eine Information über die möglichen Auswirkungen des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 22. Oktober 1997 (6. KWG-Novelle) sowie die damit für die streitgegenständliche Kapitalanlage verbundenen Risiken unterlassen.
4
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision der Kläger ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass der Beklagte zwar als Anlageberater tätig geworden sei, die von den Klägern geltend gemachten Pflichtverletzungen jedoch nicht festgestellt werden könnten. Die Kläger hätten die Darlegungen des Beklagten zur rechtzeitigen Übergabe des Emissionsprospekts und zur hinreichenden mündlichen Aufklärung über die Kapitalanlage nicht zu widerlegen vermocht. Auch der Vorwurf einer unzureichenden Plausibilitätsprüfung greife nicht durch. Der Emissionsprospekt stelle die Vertriebskosten und die damit verbundenen Risiken ausreichend dar. Der Beklagte habe auch Informationen von dritter Seite bei seiner Beratung berücksichtigt. Auf die mit der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen 6. KWG-Novelle verbundenen rechtlichen Risiken der Kapitalanlage habe der Beklagte nicht hinweisen und deswegen auch nicht bei dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen nachfragen müssen. Dabei sei zu berücksichtigen , dass die Zeichnung der Beteiligung vor dem Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle erfolgt sei, der Anlageberater insoweit nicht wie ein Emittent haftbar sei und der Beklagte mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht davon habe ausgehen müssen, dass die Anlage ohne die erforderlichen Genehmigungen durchgeführt werden würde. Es würde die Pflicht zur Plausibilitätsprüfung erheblich überspannen, wenn der Berater bei jeder von ihm vertriebenen Anlage das Konzept in rechtlicher Hinsicht überprüfen müsste.

II.


7
Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten nicht den Nachweis erbracht, dass der Beklagte die ihm aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag obliegenden Pflichten verletzt habe, hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
8
1. Wie das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, reichen die Pflichten des Anlageberaters weiter als die Pflichten des Anlagevermittlers.
9
Der Anlagevermittler schuldet dem Interessenten eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für dessen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind (st. Rspr.; z.B. Senatsurteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116;vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 8; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, NZG 2009, 471, 472 Rn. 11 und vom 16. Juni 2011 - III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn. 14). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (Senatsurteile vom 5. März 2009 aaO mwN und vom 16. Juni 2011 aaO). Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, muss er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen , soweit er das mit zumutbarem Aufwand festzustellen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (Senatsurteile vom 12. Februar 2004 aaO; vom 5. März 2009 aaO Rn. 12 mwN und vom 16. Juni 2011 aaO).
10
Demgegenüber ist ein Anlageberater zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, WM 2009, 688, 690 Rn. 13 ff; vom 5. November 2009 - III ZR 302/08, WM 2009, 2360, 2362 Rn. 16, 18 und vom 16. September 2010 - III ZR 14/10, NZG 2010, 1272, 1273 Rn. 10).
11
2. Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung beachtet. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
12
a) Soweit das Berufungsgericht die in dem Anlageprospekt enthaltenen Angaben zu den Emissionskosten und den Risiken des Ausfalls von Rateneinlagen der Anleger für ausreichend hält, lässt dies entgegen den Rügen der Revision Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass sich die Quote der - betragsmäßig ausgewiesenen - Emissionskosten nach Abzug des Agios in Höhe von 5 % der Einlage auf 14,9 % der Einlagesumme belaufe (Seite 72) und dass der Ausfall erwarteter Einlagezahlungen generell - nicht nur: bei "außerordentlichen Systemstörungen" - negative Auswirkungen auf die Durchführung der geplanten Investitionen haben könne (Seite 87). Dass das Anlagekonzept der hier streitgegenständlichen Beteiligung von vornherein die Gefahr größerer Zahlungsausfälle in sich getragen hätte und der Anlageerfolg auf diese Weise grundsätzlich in Frage gestellt worden wäre, haben die Kläger nicht (ausreichend) dargetan. Der Beklagte hat vielmehr, worauf die Revisionserwiderung zutreffend aufmerksam gemacht hat, dargelegt, dass die Stornierungsquote in damaliger Zeit allenfalls 2 % betragen habe und dass nach dem Gesellschaftsvertrag im Falle einer vorzeitigen Stornierung kompensatorische Vorfälligkeits- und Ausgleichszahlungen an die Gesellschaft zu leisten seien, was die Kläger nicht konkret bestritten haben.
13
b) Ihre Behauptung, der Beklagte habe die Verlustrisiken der Kapitalanlage grob verharmlost, haben die Kläger nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts nicht nachzuweisen vermocht.
14
c) Letztlich begegnet auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, über die Auswirkungen der 6. KWG-Novelle, insbesondere die damit verbundenen rechtlichen Risiken für die Kapitalanlage, zu informieren, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
15
aa) Nach der Neufassung von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft ) durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 22. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2518) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 bestand allerdings die nahe liegende Möglichkeit, dass die Aufsichtsbehörde die ratierliche Auszahlung des späteren Auseinandersetzungsguthabens der Anleger als ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft ansehen und gegen die Anlagegesellschaft eine entsprechende Verbotsverfügung erlassen würde. Jedenfalls war die Rechtslage mit Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle insoweit unsicher geworden (s. dazu BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, NZG 2005, 476, 478). Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Anlagegesellschaft (Emittentin) daher für verpflichtet gehalten, die Anlageinteressenten darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten (BGH, Urteile vom 21. März 2005 aaO; vom 18. April 2005 - II ZR 21/04, BeckRS 2005, 07047 und vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, NJW-RR 2006, 178, 181). Angesichts der Bedeutung dieses Gesichtspunkts für die Kapitalanlageentscheidung mussten die Interessenten darüber informiert werden, ob das Anlagemodell rechtlich abgesichert oder aber mit bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen und damit verbundenen Prozessrisiken zu rechnen war. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann, wenn der Gesellschaftsvertrag nach dem Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle geschlossen worden ist, eine Schadensersatzpflicht der Anlagegesellschaft (Emittentin) nach sich ziehen (BGH, Urteile vom 21. März 2005 aaO; vom 18. April 2005 aaO und vom 26. September 2005 aaO).
16
bb) Aus den genannten Entscheidungen ergibt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht zugleich und ohne Weiteres eine entsprechende Aufklärungs- und Haftungspflicht des Anlageberaters (so auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 24 U 98/07, juris Rn. 42 - die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Senat durch Beschluss vom 26. Juni 2008 - III ZR 22/08 zurückgewiesen worden; a.A. hingegen wohl Thüringer OLG, Urteil vom 28. April 2009 - 5 U 355/08, Umdruck S. 7 f).
17
Für den Anlageberater gelten nicht dieselben Maßstäbe wie für die Anlagegesellschaft (Emittentin), die in eigener Verantwortung die rechtliche Einstufung ihrer Geschäftstätigkeit umfassend und unter Inanspruchnahme aller zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu prüfen und um die Erteilung etwaiger erforderlicher Genehmigungen oder Erlaubnisse nachzusuchen hat beziehungsweise die rechtliche Bewertung der zuständigen Genehmigungs- oder Aufsichtsbehörde abfragen kann ("Negativattest"). Umfang und Art der Hinweisund Ermittlungspflichten des Anlageberaters bestimmen sich nach den Um- ständen des jeweiligen Einzelfalls. Dabei kommt es insbesondere darauf an, wie der Anlageberater gegenüber dem Anlageinteressenten auftritt und ob und inwieweit dieser die berechtigte Erwartung hegt, über bestimmte Umstände informiert zu werden. Zu solchen Umständen zählen grundsätzlich zwar auch Gesetzesänderungen, sofern sie für die empfohlene Kapitalanlage erhebliche Auswirkungen haben können. Anders als die Anlagegesellschaft muss der Anlageberater aber nicht ohne besondere Anhaltspunkte infolge einer Gesetzesänderung auftretenden schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen nachgehen, die er regelmäßig nur unter Inanspruchnahme sachkundiger Hilfe (Rechtsgutachten ) abklären könnte.
18
Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte im Streitfall nicht gehalten, Erkundigungen über die damals bevorstehende Änderung der Gesetzeslage einzuziehen und die Kläger hiervon in Kenntnis zu setzen.
19
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die 6. KWG-Novelle zum Zeitpunkt der Zeichnung (4. November 1997) noch nicht in Kraft getreten war. Die Kläger haben auch nicht aufgezeigt, dass der Beklagte von der damit verbundenen Problematik für die hier in Rede stehende Kapitalanlage aus der Wirtschaftspresse erfahren hätte oder jedenfalls hätte erfahren müssen. Gleiches gilt für etwaige sonstige Anhaltspunkte. Der Umstand allein, dass der Beklagte seit 1991 Beteiligungen bei der "G. G. " in seiner "Angebotspalette" hatte, ist insoweit ohne Aussagekraft.
20
Musste dem Beklagten die mit der 6. KWG-Novelle verknüpfte Rechtsunsicherheit demnach nicht bekannt sein und durften die Kläger diesbezügliche Nachforschungen und Informationen nach Lage des Falles von dem Beklagten auch nicht erwarten, so musste der Beklagte die Kläger auch nicht darüber aufklären , dass er eine dahingehende Überprüfung unterlassen habe.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 20.05.2010 - 1 O 754/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.02.2011 - 8 U 980/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 14/10
Verkündet am:
16. September 2010
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Nachforschungspflichten eines Anlageberaters im Hinblick auf
den im Emissionsprospekt eines Filmfonds angesprochenen Erlösversicherer.
BGH, Urteil vom 16. September 2010 - III ZR 14/10 - OLG München in Augsburg
LGAugsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Klägerin Die verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der Beteiligung an einem Filmfonds.
2
Klägerin Die unterzeichnete am 14. Dezember 2000 eine Beitrittserklärung über eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung an der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG mit einer Einlage von 40.000 € zuzüglich 5 % Agio. In dem der Klägerin einige Tage zuvor vom Beklagten übergebenen Emissionsprospekt hieß es zur sogenannten Erlösversicherung: "Sofern nicht gleichwertige Erlössicherungen bestehen, wird sich ApolloMedia 4. KG nur an einer Ko-Produktion beteiligen, wenn für dieses Filmprojekt eine Erlösversicherung (Short Fall Guarantee) in Höhe von mindestens 80 % der anteiligen Investitionen der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen werden kann. Das wirtschaftliche Risiko ist somit deutlich eingeschränkt." (Seite 7) … "Augenscheinlich besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner (Weltvertrieb , Kinoverleiher, TV-Einkäufer) bzw. den Geschmack des Publikums zu treffen. … Zur Reduzierung des Erlösrisikos wird für alle Filmprojekte der ApolloMedia 4. KG - sofern nicht eine gleichwertige Absicherung besteht - eine Short Fall Guarantee (Erlösversicherung) abgeschlossen. Diese Versicherung soll sicherstellen, dass innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung eines Filmprojekts mindestens 80 % des von ApolloMedia 4. KG eingesetzten Produktionskostenanteils zurückfließen. Insofern wird die Versicherung nach 36 Monaten jeweils eine etwaige Erlösdifferenz bis zu 80 % der Ko-Produktionsbeteiligung ausgleichen. Spätere Erlöse aus diesem Filmprojekt fließen dann so lange der Versicherung zu, bis deren Auszahlung nebst einer angemessenen Verzinsung zurückgeführt ist. Die Versicherung wird dabei grundsätzlich pro Filmprojekt abgeschlossen und abgerechnet. Grundsätzlich besteht das Risiko, dass es aus wirtschaftlichen (Insolvenz ) oder rechtlichen Gründen (Versicherungsbedingungen) nicht zur Auszahlung der Versicherungsleistungen kommen könnte. Insofern ist die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Erlösversicherungen für ApolloMedia Filmprojekte werden im Allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit Filmvision P.L.I. Limited, London , ausschließlich bei international tätigen, in Fachkreisen und bei Banken anerkannten Spezialversicherern (z.B. NEIS, Brüssel) abgeschlossen". (Seite 9)
3
Über die im Prospekt angesprochene New England International Surety Inc. (NEIS), bei der für die Filmprojekte der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG die Erlösversicherungen abgeschlossen wurden, hatte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 wie folgt berichtet: "New England International Surety Inc. Flugzeug-Kaskoversicherung Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) warnt die Besitzer von kleinen und mittleren Privatflugzeugen dringend vor dem Neuabschluss oder der Verlängerung von bereits bestehenden Kaskoversicherungsverträgen mit der New England International Surety Inc. Die New England International Surety Inc., mit angeblichem Sitz in Panama und Zweigniederlassung in der Schweiz, besitzt keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland. Eine Anfrage bei der Schweizerischen Versicherungsaufsichtsbehörde und umfangreiche Ermittlungen des BAV lassen erhebliche Zweifel aufkommen, ob es sich bei diesem Unternehmen überhaupt um ein lizensiertes Versicherungsunternehmen handelt. Das BAV hat bei seinen Ermittlungen festgestellt, dass eine Hamburger Maklerfirma unter Einschaltung eines in London ansässigen weiteren Maklerunternehmens mehr als 700 Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge an diese Gesellschaft vermittelt und die gesamte Vertragsverwaltung einschließlich Beitragsinkasso und Schadensabwicklung übernommen hat. Das Amt hat diese Maklergesellschaft nachhaltig aufgefordert, keine weiteren Verträge an die New England International Surety Inc. zu vermitteln. Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Makler für diese Gesellschaft tätig sind. Die Vermittlung von Versicherungsverträgen an Gesellschaften, die nicht zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassen sind, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 DM geahndet werden kann. Generell besteht für Versicherungsnehmer, die Verträge bei nicht zugelassenen Versicherungsgesellschaften abschließen, stets die Gefahr, dass die Gesellschaften im Schadenfall nicht leisten bzw. dass Schadenersatzansprüche nicht durchgesetzt werden können."
4
Der Beklagte hatte sich vor den Beratungsgesprächen mit der Klägerin auf einer Schulung über das Konzept des Filmfonds kundig gemacht sowie in Fachzeitschriften über den Ruf der Filmfonds der ApolloMedia GmbH & Co. KG nachgelesen. Er hatte jedoch keine Informationen über die Erlösversicherung, insbesondere die im Prospekt genannte NEIS eingeholt.

5
Die Klägerin hat den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch genommen, er habe sich bei der Anlageberatung nicht in der gebotenen Weise um die Solidität und Bonität des Erlösversicherers gekümmert. Hierzu hätte er eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen richten müssen, anlässlich derer er über die negative Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 informiert worden wäre. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte sie den Fonds nicht gezeichnet. Dieser sei inzwischen nahezu wertlos. Ausgebliebene Filmeinnahmen habe die NEIS nicht ausgeglichen, wodurch es zu einer Schieflage des Fonds gekommen sei.
6
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bezieht sich die allgemeine Pflicht eines Beraters zur kritischen Prüfung einer Kapitalanlage, die er empfehlen will, bei einer Beteiligung an einem Filmfonds auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer, selbst wenn dieser - wie hier die NEIS - im Prospekt nur beispielhaft genannt wird. Hierzu müsse sich der Berater aktuelle Informationen verschaffen, wozu die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse gehöre, deren Artikel er zu kennen und in seine Beratung einzubeziehen habe. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führe aber nur dann zu einer Haftung, wenn bei der gebotenen Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger - und/oder objektgerecht sei. Die Presseveröffentlichung des Bundesaufsichtsamts habe der Beklagte bei der Beratung im Dezember 2000 aber weder kennen noch habe sie ihm präsent sein müssen. Die Mitteilung sei zu diesem Zeitpunkt fast vier Jahre alt gewesen. Sie habe Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge und damit eine ganz andere Branche betroffen als die Versicherung des Erlösausfalls von Filmproduktionen. Zudem sei von der Aufsichtsbehörde vor der NEIS vor allem deshalb gewarnt worden, weil sie keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland besessen habe. Für einen Filmfonds, der seine Produktionen überwiegend im Ausland herstellen lasse, spiele eine solche Genehmigung aber keine Rolle. Dass die Mitteilung in der einschlägigen Wirtschaftspresse veröffentlicht worden sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Selbst das würde jedoch im Hinblick auf den zeitlichen Abstand von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Anlageberatung nichts ändern. Dass der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen in Deutschland bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, habe die Klägerin nicht behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt sei zur Abklärung des Risikos nicht erforderlich gewesen. Nach den Angaben im Emissionsprospekt habe es sich bei der NEIS um eine ausländische - angeblich in Brüssel ansässige - Versicherung gehandelt, die überwiegend ausländische Filmproduktionen, wenn auch unter finanzieller Beteiligung des deutschen Filmfonds , habe versichern sollen. Eine Zuständigkeit des deutschen Bundesaufsichtsamts für diese Tätigkeit sei nicht ersichtlich bzw. habe sich zumindest dem Beklagten nicht aufdrängen müssen. Zudem sei ungewiss, ob dem Beklagten auf eine Anfrage die bezeichnete Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 genannt worden wäre.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Ein Anlageberater ist zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. nur Senat, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13 f; und 5. November 2009 - III ZR 302/08, VersR 2010, 766 Rn. 16).
11
a) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht insoweit angenommen, dass sich bei einer Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Filmfonds die diesbezüglichen Pflichten eines Beraters auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer beziehen, selbst wenn dieser nur beispielhaft genannt wird. Denn der Erlösversicherung kommt bei einem Filmfonds der vorliegenden Art eine zentrale Bedeutung zu. Wie im Emissionsprospekt selbst ausgeführt, besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen. Zur Minimierung dieses Risikos ist deshalb eine Erlösversicherung und, worauf der Prospekt ausdrücklich hinweist, die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Der Abschluss bei einem seriösen und boniblen Versicherungsunternehmen stellt insoweit einen zentralen Baustein des im Prospekt beworbenen Beteiligungskonzepts dar, was die hierauf bezogene Erstreckung der Pflichten des Anlageberaters durch das Berufungsgericht rechtfertigt.
12
b) Dass die Pressemitteilung des Bundesaufsichtsamts vom 24. Januar 1997 jedoch zu einer Meldung in der einschlägigen Wirtschaftspresse geführt hat, hat die Klägerin, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die tatrichterliche - und von der Revision nicht gerügte - Erwägung des Oberlandesgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach es angesichts des Zeitablaufs von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Beratung sowie unter Berücksichtigung des nicht das internationale Filmgeschäft, sondern die Versicherung von Privatflugzeugen betreffenden Inhalts der Pressemitteilung dem Beklagten nicht zum Vorwurf gereichen würde, wenn ihm eine solche Veröffentlichung zum Zeitpunkt der Beratung nicht mehr präsent gewesen wäre.
13
Entgegen c) der Auffassung der Revision traf den Beklagten keine Pflicht, sich durch eine direkte Anfrage beim Bundesaufsichtsamt davon zu vergewissern , dass es keine Verlautbarungen der Behörde gab, die Zweifel an der Bonität und Seriosität des in Aussicht genommenen Erlösversicherers begründeten.
14
Zunächst ist schon nicht ersichtlich, wieso sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass das Bundesamt im Besitz von Informationen über die NEIS war. Denn bei dieser handelte es sich um eine ausländische Versicherungsgesellschaft. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (jetzt Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ) Aufsichtsbehörde für in Deutschland betriebene Versicherungsgeschäfte ist. Hierzu enthält der Abschnitt VI des Versicherungsaufsichtsgesetzes - auch bereits in der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anlageberatung geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I. S. 2; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626) - Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland das sogenannte Direktversicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr durch Mittelspersonen betreiben dürfen. Ausländische Versicherungsunternehmen , die in Deutschland weder eine Niederlassung errichten wollen noch in Deutschland Mittelspersonen in den Vertrieb einschalten, unterliegen danach nicht der deutschen Versicherungsaufsicht (vgl. nur Winter, VersR 2001, 1461, 1462 f; Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 1 Rn. 24, 26, § 105 Rn. 7; Fahr/Kaulbach/Bähr, Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl., § 105 Rn. 25 ff; § 110a Rn. 3). Die beim Bundesaufsichtsamt vorhandenen Informationen über die NEIS beruhten insoweit darauf, dass diese vormals über einen in Hamburg und damit im Inland ansässigen Makler als Mittelsperson Versicherungsgeschäfte in Deutschland im Bereich der Kaskoversicherung von Privatflugzeugen durchgeführt hatte. Eine solche inländische Tätigkeit der im Prospekt als Spezialversicherer für Filmfonds angesprochenen NEIS musste der Beklagte aber nicht in Rechnung stellen. Dass der vorgesehene Abschluss von Erlösversicherungen des Filmfonds unter das Versicherungsaufsichtsgesetz fallen könnte, war für den Beklagten ebenfalls nicht ersichtlich. Denn im Pros- pekt wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Versicherungen bei international tätigen Spezialversicherern wie der NEIS (Brüssel) unter Einschaltung einer ausländischen Firma, der in London ansässigen Filmvision P.L.I. Ltd, einer dortigen Versicherungsmaklerin, abgeschlossen werden würden. Der Beklagte musste daher aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, insbesondere des Inhalts des Emissionsprospekts, nicht damit rechnen, dass er durch eine etwaige Nachfrage beim Bundesaufsichtsamt Erkenntnisse über die NEIS erhalten würde.
15
Im Übrigen kann ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen (Presseerklärungen) der zuständigen Aufsichtsbehörde auch in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden einschlägigen Wirtschaftspresse ihren Niederschlag finden. Über deren Lektüre hinaus schuldet der Berater grundsätzlich keine Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde.
16
d) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf den Vortrag der Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12. März 2008 verweist, wonach bereits Anfang des Jahres 1997 in den USA die Finanzaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commissions (SEC) vor der NEIS "gewarnt" habe, spielt diese "Warnung", deren Inhalt und deren etwaige Verbreitung in den Medien im Übrigen von der Klägerin auch nicht näher dargelegt worden sind, keine entscheidungserhebliche Rolle. Zwar greifen die Ausführungen des Berufungsgerichts , das im Rahmen der Prüfung, ob der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, ausschließlich auf Deutschland abstellt hat und insoweit auf die "Warnung" der SEC nicht eingegangen ist, zu kurz. Denn bei einer Anlage mit Auslandsbezug kann sich unter Umständen für den Berater die Not- wendigkeit ergeben, sich auch anhand ausländischer Quellen zu informieren oder seinen Kunden zumindest auf das Unterlassen der Einholung entsprechender Auskünfte hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129 f). Jedoch ist nicht ersichtlich, dass sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass über die im Emissionsprospekt mit Sitz in Brüssel angesprochene NEIS Erkenntnisse in den USA zu erhalten sein würden.
17
Ob und gegebenenfalls welche Informationen der Beklagte bei einer Anfrage Ende 2000 bei der für Brüssel zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde erhalten hätte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Revision zeigt insoweit auch keinen vom Berufungsgericht übergangenen entscheidungserheblichen Vortrag auf. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen kann, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen von Aufsichtsbehörden in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden Wirtschaftspresse , zu der bei Anlagen mit Auslandsbezug auch einschlägige ausländische Medien gehören können, ihren Niederschlag finden. Dass dort über die NEIS bereits damals in negativer Form berichtet worden wäre, hat die Klägerin aber selbst nicht behauptet.
18
2. Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass die Klägerin nicht über das Unterlassen der Einholung von Erkundigungen bezüglich der NEIS aufgeklärt wurde, zu keiner Haftung des Beklagten.
19
Zwar ist ein Berater, wenn er gebotene Prüfungen unterlässt, grundsätzlich verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen (Senat, Urteil vom 5. März 2009 aaO Rn. 13; vom 5. November 2009, aaO Rn. 16 m.w.N.). Der Beklagte hat jedoch, wie das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt hat, unwidersprochen vorgetragen, dass er nicht nur eine Schulung bei der Vertriebsorganisation des Fonds mitgemacht, sondern auch die in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel über den Fonds sowie dessen Vorgängerfonds ausgewertet habe, die durchweg positive Einschätzungen bezüglich der Fonds und keinerlei negative Erkenntnisse bezüglich der in den Emissionsprospekten angesprochenen NEIS enthalten hätten. Gibt die vom Berater geschuldete Lektüre der einschlägigen Wirtschaftspresse aber keinen Anlass , an der Seriösität der an einer Kapitalanlage Beteiligten zu zweifeln, schuldet der Berater grundsätzlich keine weiteren Nachforschungen, sodass auch keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf eine diesbezügliche Unterlassung besteht.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 01.12.2008 - 10 O 5136/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 10.12.2009 - 24 U 41/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 56/11
Verkündet am:
1. Dezember 2011
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Pflicht des Anlageberaters, den Anlageinteressenten über für die Kapitalanlage
bedeutsame Gesetzesänderungen zu informieren und hierzu Erkundigungen
einzuziehen.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 56/11 - OLG Dresden
LG Zwickau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2011 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsrechtszugs zutragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger nehmen den Beklagten unter dem Vorwurf fehlerhafter Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Auf Empfehlung des Beklagten zeichneten die Kläger am 4. November 1997 Beteiligungen als atypisch stille Gesellschafter bei der G. B. -AG, und zwar die Klägerin zu 1 mit einer Gesamtvertragssumme von 29.127 DM (einschließlich 5 % Agio) und der Kläger zu 2 mit einer Vertragssumme von 27.405 DM (einschließlich 5 % Agio). Die Einlagen waren durch Einmalzahlungen sowie nachfolgende monatliche Ratenzahlungen zu erbringen. Die Klägerin zu 1 zahlte auf ihre Beteiligung insgesamt 5.615,41 € und der Kläger zu 2 auf die seinige 5.508,03 €. Das jeweilige Guthaben der Anleger sollte in Raten zurückgezahlt werden. Die G. B. -AG gehörte zum Konzernverbund der G. Gruppe. Im Juni 2007 wurde über das Vermögen der Anlagegesellschaften der G. Gruppe das Insolvenzverfahren eröffnet.
3
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Erstattung ihrer für die Kapitalanlage geleisteten Aufwendungen, den Ersatz entgangenen Gewinns sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten. Sie haben geltend gemacht, zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen und der Beklagte habe die ihm hieraus erwachsenen Pflichten verletzt. Insbesondere habe der Beklagte keine (genügende) Plausibilitätsprüfung vorgenommen, die Risiken der Anlage verschwiegen oder verharmlost und eine Information über die möglichen Auswirkungen des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 22. Oktober 1997 (6. KWG-Novelle) sowie die damit für die streitgegenständliche Kapitalanlage verbundenen Risiken unterlassen.
4
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe


5
Die Revision der Kläger ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass der Beklagte zwar als Anlageberater tätig geworden sei, die von den Klägern geltend gemachten Pflichtverletzungen jedoch nicht festgestellt werden könnten. Die Kläger hätten die Darlegungen des Beklagten zur rechtzeitigen Übergabe des Emissionsprospekts und zur hinreichenden mündlichen Aufklärung über die Kapitalanlage nicht zu widerlegen vermocht. Auch der Vorwurf einer unzureichenden Plausibilitätsprüfung greife nicht durch. Der Emissionsprospekt stelle die Vertriebskosten und die damit verbundenen Risiken ausreichend dar. Der Beklagte habe auch Informationen von dritter Seite bei seiner Beratung berücksichtigt. Auf die mit der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen 6. KWG-Novelle verbundenen rechtlichen Risiken der Kapitalanlage habe der Beklagte nicht hinweisen und deswegen auch nicht bei dem damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen nachfragen müssen. Dabei sei zu berücksichtigen , dass die Zeichnung der Beteiligung vor dem Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle erfolgt sei, der Anlageberater insoweit nicht wie ein Emittent haftbar sei und der Beklagte mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht davon habe ausgehen müssen, dass die Anlage ohne die erforderlichen Genehmigungen durchgeführt werden würde. Es würde die Pflicht zur Plausibilitätsprüfung erheblich überspannen, wenn der Berater bei jeder von ihm vertriebenen Anlage das Konzept in rechtlicher Hinsicht überprüfen müsste.

II.


7
Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten nicht den Nachweis erbracht, dass der Beklagte die ihm aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag obliegenden Pflichten verletzt habe, hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
8
1. Wie das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat, reichen die Pflichten des Anlageberaters weiter als die Pflichten des Anlagevermittlers.
9
Der Anlagevermittler schuldet dem Interessenten eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für dessen Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind (st. Rspr.; z.B. Senatsurteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116;vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 8; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, NZG 2009, 471, 472 Rn. 11 und vom 16. Juni 2011 - III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn. 14). Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit hin überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen (Senatsurteile vom 5. März 2009 aaO mwN und vom 16. Juni 2011 aaO). Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, muss er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen, im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen , soweit er das mit zumutbarem Aufwand festzustellen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (Senatsurteile vom 12. Februar 2004 aaO; vom 5. März 2009 aaO Rn. 12 mwN und vom 16. Juni 2011 aaO).
10
Demgegenüber ist ein Anlageberater zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, WM 2009, 688, 690 Rn. 13 ff; vom 5. November 2009 - III ZR 302/08, WM 2009, 2360, 2362 Rn. 16, 18 und vom 16. September 2010 - III ZR 14/10, NZG 2010, 1272, 1273 Rn. 10).
11
2. Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung beachtet. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
12
a) Soweit das Berufungsgericht die in dem Anlageprospekt enthaltenen Angaben zu den Emissionskosten und den Risiken des Ausfalls von Rateneinlagen der Anleger für ausreichend hält, lässt dies entgegen den Rügen der Revision Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass sich die Quote der - betragsmäßig ausgewiesenen - Emissionskosten nach Abzug des Agios in Höhe von 5 % der Einlage auf 14,9 % der Einlagesumme belaufe (Seite 72) und dass der Ausfall erwarteter Einlagezahlungen generell - nicht nur: bei "außerordentlichen Systemstörungen" - negative Auswirkungen auf die Durchführung der geplanten Investitionen haben könne (Seite 87). Dass das Anlagekonzept der hier streitgegenständlichen Beteiligung von vornherein die Gefahr größerer Zahlungsausfälle in sich getragen hätte und der Anlageerfolg auf diese Weise grundsätzlich in Frage gestellt worden wäre, haben die Kläger nicht (ausreichend) dargetan. Der Beklagte hat vielmehr, worauf die Revisionserwiderung zutreffend aufmerksam gemacht hat, dargelegt, dass die Stornierungsquote in damaliger Zeit allenfalls 2 % betragen habe und dass nach dem Gesellschaftsvertrag im Falle einer vorzeitigen Stornierung kompensatorische Vorfälligkeits- und Ausgleichszahlungen an die Gesellschaft zu leisten seien, was die Kläger nicht konkret bestritten haben.
13
b) Ihre Behauptung, der Beklagte habe die Verlustrisiken der Kapitalanlage grob verharmlost, haben die Kläger nach der rechtsfehlerfreien Würdigung des Berufungsgerichts nicht nachzuweisen vermocht.
14
c) Letztlich begegnet auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, über die Auswirkungen der 6. KWG-Novelle, insbesondere die damit verbundenen rechtlichen Risiken für die Kapitalanlage, zu informieren, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
15
aa) Nach der Neufassung von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft ) durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 22. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2518) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 bestand allerdings die nahe liegende Möglichkeit, dass die Aufsichtsbehörde die ratierliche Auszahlung des späteren Auseinandersetzungsguthabens der Anleger als ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft ansehen und gegen die Anlagegesellschaft eine entsprechende Verbotsverfügung erlassen würde. Jedenfalls war die Rechtslage mit Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle insoweit unsicher geworden (s. dazu BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, NZG 2005, 476, 478). Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Anlagegesellschaft (Emittentin) daher für verpflichtet gehalten, die Anlageinteressenten darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten (BGH, Urteile vom 21. März 2005 aaO; vom 18. April 2005 - II ZR 21/04, BeckRS 2005, 07047 und vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, NJW-RR 2006, 178, 181). Angesichts der Bedeutung dieses Gesichtspunkts für die Kapitalanlageentscheidung mussten die Interessenten darüber informiert werden, ob das Anlagemodell rechtlich abgesichert oder aber mit bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen und damit verbundenen Prozessrisiken zu rechnen war. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann, wenn der Gesellschaftsvertrag nach dem Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle geschlossen worden ist, eine Schadensersatzpflicht der Anlagegesellschaft (Emittentin) nach sich ziehen (BGH, Urteile vom 21. März 2005 aaO; vom 18. April 2005 aaO und vom 26. September 2005 aaO).
16
bb) Aus den genannten Entscheidungen ergibt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht zugleich und ohne Weiteres eine entsprechende Aufklärungs- und Haftungspflicht des Anlageberaters (so auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 24 U 98/07, juris Rn. 42 - die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Senat durch Beschluss vom 26. Juni 2008 - III ZR 22/08 zurückgewiesen worden; a.A. hingegen wohl Thüringer OLG, Urteil vom 28. April 2009 - 5 U 355/08, Umdruck S. 7 f).
17
Für den Anlageberater gelten nicht dieselben Maßstäbe wie für die Anlagegesellschaft (Emittentin), die in eigener Verantwortung die rechtliche Einstufung ihrer Geschäftstätigkeit umfassend und unter Inanspruchnahme aller zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu prüfen und um die Erteilung etwaiger erforderlicher Genehmigungen oder Erlaubnisse nachzusuchen hat beziehungsweise die rechtliche Bewertung der zuständigen Genehmigungs- oder Aufsichtsbehörde abfragen kann ("Negativattest"). Umfang und Art der Hinweisund Ermittlungspflichten des Anlageberaters bestimmen sich nach den Um- ständen des jeweiligen Einzelfalls. Dabei kommt es insbesondere darauf an, wie der Anlageberater gegenüber dem Anlageinteressenten auftritt und ob und inwieweit dieser die berechtigte Erwartung hegt, über bestimmte Umstände informiert zu werden. Zu solchen Umständen zählen grundsätzlich zwar auch Gesetzesänderungen, sofern sie für die empfohlene Kapitalanlage erhebliche Auswirkungen haben können. Anders als die Anlagegesellschaft muss der Anlageberater aber nicht ohne besondere Anhaltspunkte infolge einer Gesetzesänderung auftretenden schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen nachgehen, die er regelmäßig nur unter Inanspruchnahme sachkundiger Hilfe (Rechtsgutachten ) abklären könnte.
18
Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte im Streitfall nicht gehalten, Erkundigungen über die damals bevorstehende Änderung der Gesetzeslage einzuziehen und die Kläger hiervon in Kenntnis zu setzen.
19
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die 6. KWG-Novelle zum Zeitpunkt der Zeichnung (4. November 1997) noch nicht in Kraft getreten war. Die Kläger haben auch nicht aufgezeigt, dass der Beklagte von der damit verbundenen Problematik für die hier in Rede stehende Kapitalanlage aus der Wirtschaftspresse erfahren hätte oder jedenfalls hätte erfahren müssen. Gleiches gilt für etwaige sonstige Anhaltspunkte. Der Umstand allein, dass der Beklagte seit 1991 Beteiligungen bei der "G. G. " in seiner "Angebotspalette" hatte, ist insoweit ohne Aussagekraft.
20
Musste dem Beklagten die mit der 6. KWG-Novelle verknüpfte Rechtsunsicherheit demnach nicht bekannt sein und durften die Kläger diesbezügliche Nachforschungen und Informationen nach Lage des Falles von dem Beklagten auch nicht erwarten, so musste der Beklagte die Kläger auch nicht darüber aufklären , dass er eine dahingehende Überprüfung unterlassen habe.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Zwickau, Entscheidung vom 20.05.2010 - 1 O 754/09 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 10.02.2011 - 8 U 980/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 290/07
Verkündet am:
6. November 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dörr, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Oktober 2007 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 - und insoweit aufgehoben, als der im Berufungsurteil wiedergegebene Klageantrag zu I gegen die Beklagte zu 3 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger erwarb aufgrund der Vermittlung des Beklagten zu 1 durch auf Abschluss einer "Beitrittsvereinbarung" gerichtete Erklärung vom 18. Februar 2000 eine Beteiligung an der C. Gesellschaft mbH & Co. Dritte KG (im Folgenden: C. III) in Höhe von 100.000 DM zuzüglich 5 % Agio. Der Beitritt sollte - dem von der Komplementärin der Beteiligungsgesellschaft herausgegebenen Prospekt entsprechend - über die Beklagte zu 3, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft , als Treuhandkommanditistin nach einem im Prospekt Teil B abgedruckten Vertragsmuster "Treuhandvertrag und Mittelverwendungskontrolle" vorgenommen werden. Die Beklagte zu 3, die im Prospekt in der Rubrik "Partner" als Gründungsgesellschafter bezeichnet wird, hatte ihre Stellung als Kommanditistin durch Abtretung des Geschäftsanteils des Gründungsgesellschafters K. erworben, der seinerseits Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin ist. Zur Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos aus der Filmvermarktung war im Emissionsprospekt vorgesehen, dass für einen Anteil von 80 % der Produktionskosten Ausfallversicherungen abgeschlossen werden sollten. Nachdem Produktionen nicht den erwünschten wirtschaftlichen Erfolg hatten , erwies sich der Versicherer, die N. Inc., nach Eintreten der Versicherungsfälle als zahlungsunfähig. Insgesamt erhielt der Kläger aus der Beteiligung Ausschüttungen in Höhe von 13.446,98 € (= 26,3 % des Beteiligungsbetrags).
2
Erstinstanzlich hat der Kläger den Vermittler, die Treuhandkommanditistin und die Beklagte zu 2, die unter dem 30. November 1999 ein Prospektprüfungsgutachten über den Emissionsprospekt erstellt hatte, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung auf Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung der Ausschüttungen - noch 40.238,67 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hat unter anderem behauptet , der Prospekt enthalte zur Erlösprognose und zur Absicherung durch Short-Fall-Versicherungen unrichtige Angaben und die Auswahl des auf seine Seriosität nicht überprüften Versicherers sei fehlerhaft gewesen. Dementsprechend hätte die Beklagte zu 3 die Anlagegelder nicht freigeben dürfen. Darüber hinaus hat er beanstandet, die Beklagte zu 3 habe ihm nicht Provisionszahlun- gen in Höhe von 20 % an die I. T. gesellschaft mbH offenbart. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger zusätzlich die Feststellung begehrt, die Beklagten zu 1 und 3 müssten ihm den Schaden ersetzen, der durch eine etwaige nachträgliche Aberkennung von Verlustzuweisungen entstehe. Schließlich hat er die Freistellung von etwaigen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern, der Beteiligungsgesellschaft oder Dritten begehrt, die ihn aufgrund seiner Stellung als Kommanditisten in Anspruch nehmen könnten. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen mit einem Hilfsantrag verbundenen Zahlungsantrag Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche aus der Beteiligung gegen die Beklagte zu 3 weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es den im Berufungsurteil wiedergegebenen Klageantrag zu I gegen die Beklagte zu 3 (im Folgenden : Beklagte) betrifft.

I.


4
Das Berufungsgericht hält die Beklagte als Gründungsgesellschafterin zwar für prospektverantwortlich, sieht Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn aber als verjährt an. Es verneint auch eine grundsätzlich mögliche Haftung , die sich wegen einer Verletzung von Aufklärungspflichten aufgrund der Stellung der Beklagten als Treuhänderin gegenüber dem Kläger ergeben könnte. Der der Anlageentscheidung zugrunde gelegte Prospekt sei nicht fehlerhaft. Dass die I. T. gesellschaft mbH (im Folgenden: IT GmbH) für die Vermittlung der Beteiligung eine Provision von 20 % erhalten habe, sei nicht zu beanstanden, auch wenn der Prospekt für die Vermittlung des Eigenkapitals 7 % und das Agio von 5 %, also insgesamt 12 %, vorsehe. Es handele sich dabei nicht um verdeckte Innenprovisionen im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mittel in Höhe von 78,36 % der Anlagegelder seien in Übereinstimmung mit dem Prospekt direkt in die Filmproduktion geflossen. Der Gesellschaftsvertrag benenne die für die Mittelverwendung aufgeführten "Weichkosten" im Einzelnen und weise neben der Eigenkapitalbeschaffung von 7 % auch einen Budgetanteil von ebenfalls 7 % für die Bereiche "Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung" aus. Die Komplementärin, die für diese Bereiche zuständig sei und Dritte mit den beschriebenen Leistungen habe betrauen dürfen, habe das Recht, die Leistungen der IT GmbH für Eigenkapitalvermittlung und Werbung aus dem ihr überlassenen Gesamtbudget zu honorieren. Ein möglicherweise gleichwohl fehlerhafter Prospekt oder eine unterlassene Aufklärung seien für die Anlageentscheidung des Klägers nicht kausal gewesen. Nach seinen eigenen Angaben in seiner Parteivernehmung sei es nämlich völlig offen, ob er den Prospekt überhaupt zur Kenntnis genommen habe.

II.


5
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
1. Das Berufungsgericht zieht allerdings im Ausgangspunkt zu Recht in Betracht , dass die Beklagte als Treuhandkommanditistin die Pflicht treffen konnte, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 407 Rn. 9; vom 22. März 2007 - III ZR 98/06 - NJW-RR 2007, 1041, 1043 Rn. 15; vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8), insbesondere diese über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren. Einer entsprechenden Pflicht war die Beklagte nicht - wie sie in den Vorinstanzen vertreten hat - deshalb enthoben, weil sie mit den Anlegern nicht in einen persönlichen Kontakt trat und ihre Aufgabe als die einer bloßen Abwicklungs- und Beteiligungstreuhänderin verstand. Denn der Beitritt vollzog sich durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Beklagten und dem Treugeber und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (§ 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags, Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Beklagten nicht möglich.
7
2. Wie der Senat - nach Erlass der hier angefochtenen Entscheidung - durch Urteil vom 29. Mai 2008 (aaO S. 1131 ff Rn. 17-26) zu demselben Filmfonds entschieden hat, war die Beklagte nach dem bisherigen Sachstand verpflichtet , den Anleger darüber zu informieren, dass die mit dem Vertrieb der Beteiligung befasste IT GmbH hierfür eine Provision von 20 % beanspruchte und erhalten sollte.
8
a) § 6 des Gesellschaftsvertrags enthält einen so bezeichneten "Investitionsplan" , auf dessen Grundlage der Gesellschaftszweck verwirklicht werden soll. Die dort vorgesehene Mittelverwendung ist für den Fall prozentual anzupassen , dass das in § 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags in Aussicht genom- mene Beteiligungskapital von 150 Mio. DM nicht erreicht wird; es bleibt also auch in einem solchen Fall bei den Prozentsätzen für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände der Mittelverwendung. In Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten sollten 78,36 %, in Produktauswahl und -absicherung 1,5 %, in Konzeption, Werbung, Prospekt, Gründung 7 %, in Haftung und Geschäftsführung 3,9 % und in Eigenkapitalbeschaffung 7 % fließen. Daneben waren weitere hier nicht ins Gewicht fallende Prozentsätze für die Gebühr für die Treuhandkommanditistin sowie die Steuer- und Rechtsberatung und Abschlussprüfungen vorgesehen. Dem Prospekt Teil B ließ sich im Abschnitt "Die Verträge zur Durchführung der Investition" ebenfalls entnehmen, dass die Komplementärin, die sich zur Vermittlung des Zeichnungskapitals verpflichtet hatte, hierfür das Agio von 5 % erhalten sollte. Damit ergab sich für die Vermittlung des Eigenkapitals insgesamt eine Vergütung von 12 %.
9
b) Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen, dass an die IT GmbH jeweils 20 % der Beteiligungssumme des von ihr geworbenen Anlegers als Vertriebsprovision gezahlt worden sei. Er hat diesen Vortrag mit einem an den Gesellschafter O. der IT GmbH gerichteten Schreiben des Geschäftsführers K. der C. GmbH vom 19. Januar 1998 belegt, aus dem einerseits zu entnehmen ist, dass die IT GmbH Provisionserwartungen in dieser Größenvorstellung hatte, andererseits, dass empfohlen wird, von einer diesbezüglichen festen Vereinbarung mit der Beteiligungsgesellschaft abzusehen und die Honorierung einer noch abzuschließenden Vereinbarung zwischen K. und O. vorzubehalten. Der Kläger hat ferner unter Bezugnahme auf einen Bericht des Brancheninformationsdienstes vom 10. November 2006 auf eine Vernehmung des Zeugen O. vom 4. Juli 2002 vor der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts M. aufmerksam gemacht, wonach die IT GmbH seit vielen Jahren von der C. für die Vermittlung von Eigenkapital 20 % des gezeichneten Kapitals erhalte. Schließlich hat der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 14. Dezember 1999 vorgelegt , mit dem diese gegenüber der Komplementärin die Berechnungsgrundlage für die erste Mittelfreigabe mitgeteilt hat. In dieser Abrechnung fällt auf, dass zwischen den Umsatzanteilen unterschieden wird, die auf einer Eigenkapitalvermittlung durch die Komplementärin einerseits und durch die IT GmbH andererseits beruhen. Sie enthält zugleich eine Berechnung der Vergütungsbeträge auf der Grundlage eines Anspruchs von 20 %, die auf die IT GmbH entfallen. Insgesamt werden aber nur Mittel zur Zahlung freigegeben, die sich bei Anwendung der im Investitionsplan für die einzelnen Kostensparten vorgesehenen Prozentsätze ergeben.
10
c) Der Auffassung des Berufungsgerichts, gegen diese Verwendung der Anlegergelder bestünden deshalb keine Bedenken, weil das für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vorgesehene Investitionsvolumen nicht durch "weiche" Kosten verdeckt verringert worden sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
11
aa) Richtig ist zwar, dass sich die vorliegende Fallkonstellation von derjenigen unterscheidet, über die der Senat zum Thema "Innenprovisionen" durch Urteil vom 12. Februar 2004 (BGHZ 158, 110) entschieden hat. In jener Sache hatte der Veräußerer von Immobilien an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft Provisionen gezahlt, die im Prospekt des Immobilienfonds nicht ausgewiesen waren. Hierzu hat der Senat befunden, über Innenprovisionen dieser Art sei ab einer gewissen Größenordnung aufzuklären, weil sich aus ihnen Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts ergeben könnten (aaO S. 118 f). Zugleich hat er jedoch unabhängig von ihrer Größenordnung betont, diesbezügliche Angaben im Prospekt müssten zutreffend sein; eine Irre- führungsgefahr dürfe nicht bestehen (aaO S. 118, 121). Vor allem unter diesem Gesichtspunkt hat der Senat Bedenken, ob die Anleger durch den Prospekt zutreffend informiert werden (zur Notwendigkeit hinreichend klarer Darstellung von "weichen Kosten" vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 9).
12
Der Umstand, dass sich bei einem Medienfonds Provisionen nicht in den Filmen "verstecken" lassen, weil diese Filme in der Regel erst mit Mitteln der Gesellschaft produziert werden sollen und nicht als fertige Produkte dem Fonds - gewissermaßen als Anlagegegenstände - zur Verfügung gestellt werden, bedeutet indes nicht, dass es dem Anleger nicht auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Mitteln, die für Produktionen vorgesehen sind, und Aufwendungen für andere Zwecke ankäme. Angesichts der höheren Risiken, die er mit dem Beitritt zu einem Medienfonds eingeht, wird es ihm vor allem auch im Bereich der sogenannten, aber im Prospekt nicht so bezeichneten "Weichkosten" darauf ankommen, dass die - aus seiner Sicht von vornherein verlorenen - Kosten für den Vertrieb nicht zu hoch ausfallen und dass auch der Einsatz von Weichkosten für die damit verbundenen Aufgaben gesichert ist. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall, dass - unter Einschluss des Agios - etwa ¾ der vom Anleger aufgebrachten Mittel in die Produktionen fließen sollen, dann liegt es auf der Hand, dass es für die Gesamtbetrachtung einen wesentlichen Unterschied macht, ob für die Vermittlung des Eigenkapitals (nur) 12 % oder 20 % aufgebracht werden. Dies gilt namentlich dann, wenn - wie der Kläger unter Beweisantritt behauptet hat - bei einer Offenlegung von Vertriebsprovisionen von 20 % die Beteiligung nicht hätte vermittelt werden können.
13
bb) Vor diesem Hintergrund ließe sich die Abrechnung einer Provision von 20 % für die Eigenkapitalvermittlung zugunsten eines bestimmten, in den Vertrieb der Anlage eingeschalteten Unternehmens, wie sie hier nach dem äußeren Anschein der vorgelegten Unterlagen vorgenommen wurde, mit der Regelung in § 6 des Gesellschaftsvertrags - unabhängig davon, ob der konkrete Anleger von diesem Unternehmen geworben wurde - nicht vereinbaren. Denn es ist offenbar, dass der Anleger nach dem Inhalt dieser Regelung und den weiteren Prospektangaben davon ausgehen muss, dass der Eigenkapitalvertrieb mit 7 % und dem Agio von 5 % vergütet wird. Die Regelung in § 4 Abs. 3 des Treuhandvertrags ist in Übereinstimmung mit § 6 des Gesellschaftsvertrags dahin ausgestaltet, dass die Beklagte die mit der Gründung der Gesellschaft zusammenhängenden Gebühren jeweils bezogen auf den Zeichnungsbetrag des einzelnen Treugebers nach Ablauf der auf der Beitrittsvereinbarung vorgesehenen Widerrufsfrist und Einzahlung der ersten Rate der gezeichneten Einlage sowie des Agios durch den Treugeber auf das Anderkonto - ohne weitere Prüfung - freigibt. Dies ist, soweit es um die Höhe des Zahlungsflusses geht, offenbar geschehen. Der Treuhandvertrag enthält jedoch keine Regelung, die die Beklagte im Verhältnis zu den Anlegern berechtigen würde, im Rahmen der hiernach geschuldeten Freigabe Vergütungsanteile zu berechnen, die einem dritten Unternehmen - möglicherweise aufgrund einer Vereinbarung mit der Komplementärin - für seine Vertriebstätigkeit zustehen mögen. Die Informationen für eine solche Abrechnung können undmüssen hier außerhalb der mit den Anlegern geschlossenen Treuhandverträge erteilt worden sein. Der Prospekt, der die Beklagte im Teil B unter dem Kapitel "Die Partner" nur als Treuhandkommanditistin ausweist, enthält über eine Wahrnehmung weiterer Aufgaben für die Beteiligungsgesellschaft oder deren Komplementärin indes keine Angaben.
14
cc) Die Abrechnung einer Vertriebsprovision von 20 % ließe sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Komplementärin habe über die ihr zu- fließenden Mittel frei verfügen dürfen. Richtig ist allerdings, dass nach der Darstellung im Prospekt Teil B im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investition" die Komplementärin mit der Entwicklung eines Konzepts für eine Medienbeteiligung (Konzeptionsvertrag), der Vermittlung des Zeichnungskapitals (Eigenkapitalvermittlungsvertrag), der inhaltlichen Auswahl der Filmobjekte, der Überwachung der Produktion und der Vermittlung von Banken oder Short-FallVersicherungen zur Übernahme von Garantien bzw. zur Versicherung der Produktionskostenbeteiligung (Vertrag über die Produktauswahl, Produktionsüberwachung /-absicherung) und der Haftung und Geschäftsführung betraut war und die Verträge hierfür Vergütungen vorsehen, die den im Investitionsplan des Gesellschaftsvertrags ausgewiesenen Prozentsätzen der Beteiligung entsprechen. Es mag auch sein, dass sich die Komplementärin in gewissem Umfang Dritter bedienen durfte, um diese Aufgaben zu erfüllen, was im Prospekt allerdings nur für die Eigenkapitalvermittlung ausdrücklich hervorgehoben wird. Im Übrigen fehlen zu einer solchen Aufgabenübertragung nach Inhalt und Umfang aber jegliche Feststellungen. Mit den Erwartungen der Anleger, die als künftige Gesellschafter nach denselben Maßstäben zu behandeln waren, ließe sich eine beliebige Verwendung der ihr zufließenden Vergütungen jedenfalls nicht vereinbaren. Denn die Regelung über den Investitionsplan in § 6 des Gesellschaftsvertrags versteht der Anleger in erster Linie als eine Vereinbarung über die Verwendung der von ihm aufzubringenden Mittel. Mit seinem Beitritt stimmt er also einer Regelung zu, nach der in einer sehr ausdifferenzierten Weise über die Verwendung der Mittel befunden wird. Die Regelung wird dieses Sinngehalts entleert und das Verständnis des durchschnittlichen Anlegers wird verlassen , wenn man sie - der Beklagten folgend - so deuten wollte, sie sehe lediglich Investitionen im eigentlichen Sinne in Höhe von 78,36 % für die Produktionskosten und den Erwerb von Filmrechten vor, während es sich im Übrigen nur um pauschale Vergütungssätze für geleistete oder noch zu leistende Dienste handele, ohne dass damit die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben verbunden sei, die der Investitionsplan aufführt.
15
dd) Ob der Prospekt mit der angesprochenen Regelung im Investitionsplan auch deshalb zu beanstanden ist, weil er über der Komplementärin gewährte Sondervorteile nicht umfassend aufklärt, wie es der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München in seinem - nicht rechtskräftigen - Urteil vom 7. Februar 2008 (WM 2008, 581, 583) entschieden hat, bedarf hier keiner abschließenden Beantwortung. Dagegen könnte sprechen, dass dies im Kapitel "Die Verträge zur Durchführung der Investitionen" offengelegt wird. Unerwähnt bleibt freilich, dass mit der IT GmbH, worauf das vorgelegte Schreiben des Geschäftsführers K. vom 19. Januar 1998 hindeutet und was durch die behauptete Aussage des Zeugen O. vor der Steuerfahndungsstelle vom 4. Juli 2002 nahe gelegt wird, offenbar über deren Honorierung Sondervereinbarungen getroffen worden sind. Da ein Prospekt wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern , in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, offenzulegen hat (vgl. BGHZ 79, 337, 345; Urteile vom 14. Januar 1985 - II ZR 41/84 - WM 1985, 533, 534; vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130; vom 7. April 2003 - II ZR 160/02 - NJW-RR 2003, 1054, 1055; vgl. auch allgemein Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 122/85 - WM 1987, 495, 497), hätten auch diese Verbindungen angesprochen werden müssen. O. gehörte nach den Angaben des Prospekts im Kapitel "Die Partner" mit K. zu den Gesellschaftern der Komplementärin mit Anteilen von mehr als 25 %. An der IT GmbH war er nach dem Vorbringen des Klägers ebenfalls beteiligt. Da nach dem weiteren Vorbringen des Klägers die IT GmbH für die C. Fonds I bis V 47,69 % und für den hier betroffenen Fonds III 36,02 % der Beteiligungssumme akquirierte, handelt es sich um eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung , die eine Offenlegungspflicht begründen würde.
16
d) Da die Beklagte, wie sich aus ihrer ersten Mittelfreigabe vom 14. Dezember 1999 ergibt, Provisionsanteile für die IT GmbH berücksichtigt hat, war ihr deren Sonderbehandlung offenbar bekannt. Dann aber hätte sie den Kläger über diesen Umstand, der nach dem nächstliegenden Verständnis mit den Prospektangaben nicht in Einklang stand, informieren müssen. Dass die IT GmbH ihre Gesamtvergütung auch aufgrund des Umstands beanspruchen durfte, dass sie auf vertraglicher Grundlage an der Konzeption des Projekts mitwirkte, ist vom Kläger - wie die Revision zu Recht rügt - zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten und vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Im Übrigen gibt der Prospekt auch über eine solche Zusammenarbeit miteinander verflochtener Unternehmen keine Auskunft.
17
3. Mit den vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen lässt sich seine Überzeugung, die Anlageentscheidung des Klägers habe auf diesen Umständen nicht beruht, nicht begründen.
18
Soweit a) sich das Berufungsgericht nach der Parteivernehmung des Klägers darauf bezieht, es sei völlig offen, ob dieser den Prospekt überhaupt zur Kenntnis genommen habe, berührt dies die Kausalität des hier in Frage kommenden Fehlers nicht. Die Überlegungen des Berufungsgerichts, das im Zusammenhang mit der Verjährungsfrage die Auffassung vertreten hat, es gehe hier um Ansprüche, die auf einem typisierten Vertrauen beruhen, stehen schon nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bedeutung eines im Vertrieb verwendeten Prospekts im Einklang. Um typisiertes Vertrauen geht es bei der Prospekthaftung im engeren Sinn, das gerade nicht voraussetzt, dass der Anleger jedes Detail erwogen hat. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 2007 (II ZR 21/06 - WM 2008, 391, 393 Rn. 16 f), das Ansprüche gegen Prospektverantwortliche betraf, ist ein Prospektfehler auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den Anlagevermittlern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt wird; es kommt dann auch nicht darauf an, ob der Prospekt dem Anlageinteressenten übergeben worden ist oder - was nicht anders zu behandeln wäre - ob er den Prospekt zur Kenntnis genommen hat. Auch hier ist aufgrund der Angaben im Beteiligungsangebot davon auszugehen, dass die Anlage auf der Grundlage der Prospektteile A und B vertrieben wurde. Insoweit kann allerdings die Kausalitätsvermutung widerlegt werden, was vor allem dann in Betracht zu ziehen ist, wenn der Prospekt bei Vertragsschluss nicht konkret verwendet worden ist (BGH aaO Rn. 16).
19
b) Hier geht es indes nicht um typisiertes Vertrauen, sondern um die Frage, wie sich der Kläger verhalten hätte, wenn er - wie nach den Ausführungen zu 2 geboten - von der Beklagten darüber unterrichtet worden wäre, dass die IT GmbH für den Vertrieb Provisionen von 20 % erhalte, während der Prospekt den Eindruck erweckt, für die Vermittlung des Eigenkapitals würden nur 12 % verwendet. Für diese Frage ist es ohne Bedeutung, ob der Kläger den Prospekt vor seiner Anlageentscheidung überhaupt zur Kenntnis genommen hat, und auch die der Beklagten obliegende Aufklärungspflicht besteht unabhängig hiervon. Der Kläger hat konkret behauptet, dass er sich bei Kenntnis dieser ihm verschwiegenen Umstände nicht beteiligt hätte, und ihm kommt insoweit auch eine gewisse Kausalitätsvermutung zugute. Dass diese erschüttert oder widerlegt wäre, hat das Berufungsgericht, das über die näheren Umstände der Vermittlung der Beteiligung im Verhältnis zum Beklagten zu 1 Beweis erhoben hat, weder erörtert noch festgestellt.
20
4. Ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der mangelnden Aufklärung über die Verwendung der Provisionen ist nicht verjährt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen verjährten im Zeitpunkt des Beitritts Schadensersatzansprüche von Kapitalanlegern gegen den Treuhandkommanditisten einer Publikums-KG wegen eines Verschuldens bei den Beitrittsverhandlungen in 30 Jahren und nicht nach den besonderen Verjährungsbestimmungen für bestimmte Berufsträger (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - NJW 2006, 2410, 2411 Rn. 8; Senatsurteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04 - NJW-RR 2007, 406, 408 Rn. 13, jeweils zu § 68 StBerG; Senatsurteil vom 29. Mai 2008 aaO S. 1133 Rn. 28 zu § 51a WPO a.F.). Seit dem 1. Januar 2002 gilt die Regelverjährung des § 195 BGB, deren Lauf allerdings nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Da der Kläger hiervon erst im Jahr 2006 während der Anhängigkeit des Verfahrens Kenntnis erlangt hat, ist nach den gesetzlichen Bestimmungen keine Verjährung eingetreten. Dass die Ansprüche des Klägers auch nicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 des Treuhandvertrags, der nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam ist, verjährt sind, hat der Senat in seinem Urteil vom 29. Mai 2008 (aaO S. 1133 f Rn. 29-35) näher begründet. Hierauf wird Bezug genommen.

III.


21
Sache Die ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen nachgeholt werden können. Insoweit hat der Kläger - soweit erforderlich - Gelegenheit, auf seine in der Revisionsbegründung erhobene Beanstandung zurückzukommen, die Kosten für die Erlösausfallversicherung seien nicht in der Position "Produktabsicherung" und nicht in den sonstigen "Weichkosten" enthalten, sondern seien zu Lasten der Produktionskosten gegangen.
Schlick Dörr Herrmann
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.03.2007 - 15 O 15615/05 -
OLG München, Entscheidung vom 15.10.2007 - 17 U 3039/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 14/10
Verkündet am:
16. September 2010
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Nachforschungspflichten eines Anlageberaters im Hinblick auf
den im Emissionsprospekt eines Filmfonds angesprochenen Erlösversicherer.
BGH, Urteil vom 16. September 2010 - III ZR 14/10 - OLG München in Augsburg
LGAugsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Klägerin Die verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der Beteiligung an einem Filmfonds.
2
Klägerin Die unterzeichnete am 14. Dezember 2000 eine Beitrittserklärung über eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung an der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG mit einer Einlage von 40.000 € zuzüglich 5 % Agio. In dem der Klägerin einige Tage zuvor vom Beklagten übergebenen Emissionsprospekt hieß es zur sogenannten Erlösversicherung: "Sofern nicht gleichwertige Erlössicherungen bestehen, wird sich ApolloMedia 4. KG nur an einer Ko-Produktion beteiligen, wenn für dieses Filmprojekt eine Erlösversicherung (Short Fall Guarantee) in Höhe von mindestens 80 % der anteiligen Investitionen der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen werden kann. Das wirtschaftliche Risiko ist somit deutlich eingeschränkt." (Seite 7) … "Augenscheinlich besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner (Weltvertrieb , Kinoverleiher, TV-Einkäufer) bzw. den Geschmack des Publikums zu treffen. … Zur Reduzierung des Erlösrisikos wird für alle Filmprojekte der ApolloMedia 4. KG - sofern nicht eine gleichwertige Absicherung besteht - eine Short Fall Guarantee (Erlösversicherung) abgeschlossen. Diese Versicherung soll sicherstellen, dass innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung eines Filmprojekts mindestens 80 % des von ApolloMedia 4. KG eingesetzten Produktionskostenanteils zurückfließen. Insofern wird die Versicherung nach 36 Monaten jeweils eine etwaige Erlösdifferenz bis zu 80 % der Ko-Produktionsbeteiligung ausgleichen. Spätere Erlöse aus diesem Filmprojekt fließen dann so lange der Versicherung zu, bis deren Auszahlung nebst einer angemessenen Verzinsung zurückgeführt ist. Die Versicherung wird dabei grundsätzlich pro Filmprojekt abgeschlossen und abgerechnet. Grundsätzlich besteht das Risiko, dass es aus wirtschaftlichen (Insolvenz ) oder rechtlichen Gründen (Versicherungsbedingungen) nicht zur Auszahlung der Versicherungsleistungen kommen könnte. Insofern ist die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Erlösversicherungen für ApolloMedia Filmprojekte werden im Allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit Filmvision P.L.I. Limited, London , ausschließlich bei international tätigen, in Fachkreisen und bei Banken anerkannten Spezialversicherern (z.B. NEIS, Brüssel) abgeschlossen". (Seite 9)
3
Über die im Prospekt angesprochene New England International Surety Inc. (NEIS), bei der für die Filmprojekte der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG die Erlösversicherungen abgeschlossen wurden, hatte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 wie folgt berichtet: "New England International Surety Inc. Flugzeug-Kaskoversicherung Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) warnt die Besitzer von kleinen und mittleren Privatflugzeugen dringend vor dem Neuabschluss oder der Verlängerung von bereits bestehenden Kaskoversicherungsverträgen mit der New England International Surety Inc. Die New England International Surety Inc., mit angeblichem Sitz in Panama und Zweigniederlassung in der Schweiz, besitzt keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland. Eine Anfrage bei der Schweizerischen Versicherungsaufsichtsbehörde und umfangreiche Ermittlungen des BAV lassen erhebliche Zweifel aufkommen, ob es sich bei diesem Unternehmen überhaupt um ein lizensiertes Versicherungsunternehmen handelt. Das BAV hat bei seinen Ermittlungen festgestellt, dass eine Hamburger Maklerfirma unter Einschaltung eines in London ansässigen weiteren Maklerunternehmens mehr als 700 Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge an diese Gesellschaft vermittelt und die gesamte Vertragsverwaltung einschließlich Beitragsinkasso und Schadensabwicklung übernommen hat. Das Amt hat diese Maklergesellschaft nachhaltig aufgefordert, keine weiteren Verträge an die New England International Surety Inc. zu vermitteln. Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Makler für diese Gesellschaft tätig sind. Die Vermittlung von Versicherungsverträgen an Gesellschaften, die nicht zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassen sind, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 DM geahndet werden kann. Generell besteht für Versicherungsnehmer, die Verträge bei nicht zugelassenen Versicherungsgesellschaften abschließen, stets die Gefahr, dass die Gesellschaften im Schadenfall nicht leisten bzw. dass Schadenersatzansprüche nicht durchgesetzt werden können."
4
Der Beklagte hatte sich vor den Beratungsgesprächen mit der Klägerin auf einer Schulung über das Konzept des Filmfonds kundig gemacht sowie in Fachzeitschriften über den Ruf der Filmfonds der ApolloMedia GmbH & Co. KG nachgelesen. Er hatte jedoch keine Informationen über die Erlösversicherung, insbesondere die im Prospekt genannte NEIS eingeholt.

5
Die Klägerin hat den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch genommen, er habe sich bei der Anlageberatung nicht in der gebotenen Weise um die Solidität und Bonität des Erlösversicherers gekümmert. Hierzu hätte er eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen richten müssen, anlässlich derer er über die negative Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 informiert worden wäre. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte sie den Fonds nicht gezeichnet. Dieser sei inzwischen nahezu wertlos. Ausgebliebene Filmeinnahmen habe die NEIS nicht ausgeglichen, wodurch es zu einer Schieflage des Fonds gekommen sei.
6
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bezieht sich die allgemeine Pflicht eines Beraters zur kritischen Prüfung einer Kapitalanlage, die er empfehlen will, bei einer Beteiligung an einem Filmfonds auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer, selbst wenn dieser - wie hier die NEIS - im Prospekt nur beispielhaft genannt wird. Hierzu müsse sich der Berater aktuelle Informationen verschaffen, wozu die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse gehöre, deren Artikel er zu kennen und in seine Beratung einzubeziehen habe. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führe aber nur dann zu einer Haftung, wenn bei der gebotenen Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger - und/oder objektgerecht sei. Die Presseveröffentlichung des Bundesaufsichtsamts habe der Beklagte bei der Beratung im Dezember 2000 aber weder kennen noch habe sie ihm präsent sein müssen. Die Mitteilung sei zu diesem Zeitpunkt fast vier Jahre alt gewesen. Sie habe Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge und damit eine ganz andere Branche betroffen als die Versicherung des Erlösausfalls von Filmproduktionen. Zudem sei von der Aufsichtsbehörde vor der NEIS vor allem deshalb gewarnt worden, weil sie keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland besessen habe. Für einen Filmfonds, der seine Produktionen überwiegend im Ausland herstellen lasse, spiele eine solche Genehmigung aber keine Rolle. Dass die Mitteilung in der einschlägigen Wirtschaftspresse veröffentlicht worden sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Selbst das würde jedoch im Hinblick auf den zeitlichen Abstand von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Anlageberatung nichts ändern. Dass der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen in Deutschland bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, habe die Klägerin nicht behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt sei zur Abklärung des Risikos nicht erforderlich gewesen. Nach den Angaben im Emissionsprospekt habe es sich bei der NEIS um eine ausländische - angeblich in Brüssel ansässige - Versicherung gehandelt, die überwiegend ausländische Filmproduktionen, wenn auch unter finanzieller Beteiligung des deutschen Filmfonds , habe versichern sollen. Eine Zuständigkeit des deutschen Bundesaufsichtsamts für diese Tätigkeit sei nicht ersichtlich bzw. habe sich zumindest dem Beklagten nicht aufdrängen müssen. Zudem sei ungewiss, ob dem Beklagten auf eine Anfrage die bezeichnete Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 genannt worden wäre.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Ein Anlageberater ist zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. nur Senat, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13 f; und 5. November 2009 - III ZR 302/08, VersR 2010, 766 Rn. 16).
11
a) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht insoweit angenommen, dass sich bei einer Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Filmfonds die diesbezüglichen Pflichten eines Beraters auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer beziehen, selbst wenn dieser nur beispielhaft genannt wird. Denn der Erlösversicherung kommt bei einem Filmfonds der vorliegenden Art eine zentrale Bedeutung zu. Wie im Emissionsprospekt selbst ausgeführt, besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen. Zur Minimierung dieses Risikos ist deshalb eine Erlösversicherung und, worauf der Prospekt ausdrücklich hinweist, die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Der Abschluss bei einem seriösen und boniblen Versicherungsunternehmen stellt insoweit einen zentralen Baustein des im Prospekt beworbenen Beteiligungskonzepts dar, was die hierauf bezogene Erstreckung der Pflichten des Anlageberaters durch das Berufungsgericht rechtfertigt.
12
b) Dass die Pressemitteilung des Bundesaufsichtsamts vom 24. Januar 1997 jedoch zu einer Meldung in der einschlägigen Wirtschaftspresse geführt hat, hat die Klägerin, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die tatrichterliche - und von der Revision nicht gerügte - Erwägung des Oberlandesgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach es angesichts des Zeitablaufs von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Beratung sowie unter Berücksichtigung des nicht das internationale Filmgeschäft, sondern die Versicherung von Privatflugzeugen betreffenden Inhalts der Pressemitteilung dem Beklagten nicht zum Vorwurf gereichen würde, wenn ihm eine solche Veröffentlichung zum Zeitpunkt der Beratung nicht mehr präsent gewesen wäre.
13
Entgegen c) der Auffassung der Revision traf den Beklagten keine Pflicht, sich durch eine direkte Anfrage beim Bundesaufsichtsamt davon zu vergewissern , dass es keine Verlautbarungen der Behörde gab, die Zweifel an der Bonität und Seriosität des in Aussicht genommenen Erlösversicherers begründeten.
14
Zunächst ist schon nicht ersichtlich, wieso sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass das Bundesamt im Besitz von Informationen über die NEIS war. Denn bei dieser handelte es sich um eine ausländische Versicherungsgesellschaft. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (jetzt Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ) Aufsichtsbehörde für in Deutschland betriebene Versicherungsgeschäfte ist. Hierzu enthält der Abschnitt VI des Versicherungsaufsichtsgesetzes - auch bereits in der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anlageberatung geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I. S. 2; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626) - Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland das sogenannte Direktversicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr durch Mittelspersonen betreiben dürfen. Ausländische Versicherungsunternehmen , die in Deutschland weder eine Niederlassung errichten wollen noch in Deutschland Mittelspersonen in den Vertrieb einschalten, unterliegen danach nicht der deutschen Versicherungsaufsicht (vgl. nur Winter, VersR 2001, 1461, 1462 f; Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 1 Rn. 24, 26, § 105 Rn. 7; Fahr/Kaulbach/Bähr, Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl., § 105 Rn. 25 ff; § 110a Rn. 3). Die beim Bundesaufsichtsamt vorhandenen Informationen über die NEIS beruhten insoweit darauf, dass diese vormals über einen in Hamburg und damit im Inland ansässigen Makler als Mittelsperson Versicherungsgeschäfte in Deutschland im Bereich der Kaskoversicherung von Privatflugzeugen durchgeführt hatte. Eine solche inländische Tätigkeit der im Prospekt als Spezialversicherer für Filmfonds angesprochenen NEIS musste der Beklagte aber nicht in Rechnung stellen. Dass der vorgesehene Abschluss von Erlösversicherungen des Filmfonds unter das Versicherungsaufsichtsgesetz fallen könnte, war für den Beklagten ebenfalls nicht ersichtlich. Denn im Pros- pekt wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Versicherungen bei international tätigen Spezialversicherern wie der NEIS (Brüssel) unter Einschaltung einer ausländischen Firma, der in London ansässigen Filmvision P.L.I. Ltd, einer dortigen Versicherungsmaklerin, abgeschlossen werden würden. Der Beklagte musste daher aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, insbesondere des Inhalts des Emissionsprospekts, nicht damit rechnen, dass er durch eine etwaige Nachfrage beim Bundesaufsichtsamt Erkenntnisse über die NEIS erhalten würde.
15
Im Übrigen kann ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen (Presseerklärungen) der zuständigen Aufsichtsbehörde auch in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden einschlägigen Wirtschaftspresse ihren Niederschlag finden. Über deren Lektüre hinaus schuldet der Berater grundsätzlich keine Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde.
16
d) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf den Vortrag der Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12. März 2008 verweist, wonach bereits Anfang des Jahres 1997 in den USA die Finanzaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commissions (SEC) vor der NEIS "gewarnt" habe, spielt diese "Warnung", deren Inhalt und deren etwaige Verbreitung in den Medien im Übrigen von der Klägerin auch nicht näher dargelegt worden sind, keine entscheidungserhebliche Rolle. Zwar greifen die Ausführungen des Berufungsgerichts , das im Rahmen der Prüfung, ob der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, ausschließlich auf Deutschland abstellt hat und insoweit auf die "Warnung" der SEC nicht eingegangen ist, zu kurz. Denn bei einer Anlage mit Auslandsbezug kann sich unter Umständen für den Berater die Not- wendigkeit ergeben, sich auch anhand ausländischer Quellen zu informieren oder seinen Kunden zumindest auf das Unterlassen der Einholung entsprechender Auskünfte hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129 f). Jedoch ist nicht ersichtlich, dass sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass über die im Emissionsprospekt mit Sitz in Brüssel angesprochene NEIS Erkenntnisse in den USA zu erhalten sein würden.
17
Ob und gegebenenfalls welche Informationen der Beklagte bei einer Anfrage Ende 2000 bei der für Brüssel zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde erhalten hätte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Revision zeigt insoweit auch keinen vom Berufungsgericht übergangenen entscheidungserheblichen Vortrag auf. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen kann, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen von Aufsichtsbehörden in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden Wirtschaftspresse , zu der bei Anlagen mit Auslandsbezug auch einschlägige ausländische Medien gehören können, ihren Niederschlag finden. Dass dort über die NEIS bereits damals in negativer Form berichtet worden wäre, hat die Klägerin aber selbst nicht behauptet.
18
2. Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass die Klägerin nicht über das Unterlassen der Einholung von Erkundigungen bezüglich der NEIS aufgeklärt wurde, zu keiner Haftung des Beklagten.
19
Zwar ist ein Berater, wenn er gebotene Prüfungen unterlässt, grundsätzlich verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen (Senat, Urteil vom 5. März 2009 aaO Rn. 13; vom 5. November 2009, aaO Rn. 16 m.w.N.). Der Beklagte hat jedoch, wie das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt hat, unwidersprochen vorgetragen, dass er nicht nur eine Schulung bei der Vertriebsorganisation des Fonds mitgemacht, sondern auch die in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel über den Fonds sowie dessen Vorgängerfonds ausgewertet habe, die durchweg positive Einschätzungen bezüglich der Fonds und keinerlei negative Erkenntnisse bezüglich der in den Emissionsprospekten angesprochenen NEIS enthalten hätten. Gibt die vom Berater geschuldete Lektüre der einschlägigen Wirtschaftspresse aber keinen Anlass , an der Seriösität der an einer Kapitalanlage Beteiligten zu zweifeln, schuldet der Berater grundsätzlich keine weiteren Nachforschungen, sodass auch keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf eine diesbezügliche Unterlassung besteht.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 01.12.2008 - 10 O 5136/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 10.12.2009 - 24 U 41/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 75/10 Verkündet am:
23. April 2012
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Tritt eine im Prospekt prognostizierte Entwicklung nicht ein (hier: Höhe der Nettodurchschnittsverzinsung
), liegt darin nur dann ein haftungsbegründender Prospektfehler
, wenn die Prognose nicht durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt
und - aus ex ante-Sicht - nicht vertretbar ist. Der Anspruchsteller genügt seiner
Darlegungslast nicht, wenn er lediglich vorträgt, dass die Prognose sich nicht erfüllt
hat.

b) Vom Schaden des Klägers im Wege der Vorteilsanrechnung abzuziehende Positionen
(hier: erhaltene Ausschüttungen) können durch Zwischenfeststellungswiderklage
nach § 256 Abs. 2 ZPO nur insoweit geltend gemacht werden, als sie nicht
vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden
sind. Die vor Schluss der mündlichen Verhandlung erlangten Vorteile sind Elemente
des einheitlich zu behandelnden Schadensersatzanspruchs des Klägers,
über deren Bestehen und Nichtbestehen mit der Klage entschieden wird.
BGH, Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 75/10 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann,
die Richterin Caliebe und die Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 1 werden - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. April 2010 teilweise aufgehoben und das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 11. Juli 2007 teilweise abgeändert und - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers zu 18 und der weitergehenden Berufung der Beklagten zu 1 - bezüglich des Klägers zu 18 wie folgt neu gefasst : 1. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, an den Kläger zu 18 (U. D. ) 25.499,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 14. April 2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der den Kommanditanteil an der B. GmbH & Co. KG - B. Ertragsfonds 1 - betreffenden Ansprüche des Klägers zu 18 aus dem Treuhandvertrag mit der H. K. Beratung und Treuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft über den von dieser als Treuhandkommanditistin für den Kläger zu 18 gehaltenen Kommanditanteil über 25.564,59 € (= 50.000 DM). 2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1 mit der Annahme der in Ziffer 1 bezeichneten Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, dem Kläger zu 18 sämtliche finanziellen Schäden zu ersetzen, die über die unter Ziffer 1 bezifferten Schäden hinausgehen und die in der Zeichnung der Beteiligung des Klägers zu 18 an der B. GmbH & Co. KG - B. Ertragsfonds 1 - ihre Ursachen haben. 4. Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 18 abgewiesen. 5. Auf die Hilfszwischenfeststellungswiderklage der Beklagten zu 1 wird festgestellt, dass sämtliche Ausschüttungen, die der Kläger zu 18 nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erhalten hat oder noch erhält, von der geltend gemachten Schadensersatzforderung in Abzug zu bringen sind. 6. Im Übrigen wird die Hilfszwischenfeststellungswiderklage abgewiesen. Hinsichtlich der Kosten der ersten und zweiten Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden der Beklagten zu 1 auferlegt (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger zu 18 (künftig: der Kläger) zeichnete am 1. Dezember 1996 über eine Treuhandkommanditistin eine Beteiligung in Höhe von 50.000 DM (= 25.564,59 €) zuzüglich 5 % Agio an dem geschlossenen Immobilienfonds "B. GmbH & Co. KG - B. Ertragsfonds 1" (künftig: Fonds), der am 15. November 1996 aufgelegt worden war. Er nimmt, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, die Beklagte zu 1 (künftig: Beklagte), die Gründungsgesellschafterin, Konzeptionärin und Herausgeberin des Prospekts, wegen einer Vielzahl von ihm behaupteter Prospektmängel auf Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch.
2
Er hat von der Beklagten Rückzahlung seines Einlagebetrags unter Abzug der bis einschließlich 2005 erhaltenen Ausschüttungen zuzüglich 4 % entgangenen Gewinns Zug um Zug gegen Abtretung seiner von der Treuhandkommanditistin gehaltenen Beteiligung verlangt sowie die Feststellung beantragt , dass die Beklagte sich mit der Annahme der Zug-um-Zug-Leistung in Verzug befinde und sie ihn von Ansprüchen der Gläubiger des Fonds aus § 172 Abs. 4 HGB sowie von sämtlichen weiteren finanziellen Schäden aus der Beteiligung freizustellen habe. Die Beklagte hat im Wege der hilfsweise erhobenen Zwischenfeststellungswiderklage beantragt festzustellen, dass sämtliche Ausschüttungen , im Rahmen der Steuerveranlagung anrechenbaren Kapitalertragssteuern , Zinsertragssteuern, der Solidaritätszuschlag sowie Steuervorteile aufgrund von Verlustzuweisungen, die der Kläger insgesamt während seiner Beteiligung am Fonds erhalten hat und/oder noch erhalten wird, bei der Berechnung der geltend gemachten Schadensersatzforderungen in Abzug zu bringen sind bzw., soweit die Forderung dann bereits beglichen worden sein sollte, zurückzuzahlen sind.
3
Das Landgericht hat von dem mit dem Zahlungsantrag des Klägers geltend gemachten Betrag dessen Steuervorteile aus der Beteiligung bis zum Jahre 2005 abgezogen, den Klageanträgen im Übrigen stattgegeben und die Hilfszwischenfeststellungswiderklage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Berufungen des Klägers und der Beklagten hatten keinen Erfolg. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihre Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Beklagte sei Adressatin der Prospekthaftung im weiteren Sinne auch im Verhältnis zu dem Kläger als Treugeber/mittelbaren Kommanditisten, da der Kläger nach den Regelungen im Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt sei. Der Schadensersatzanspruch des Klägers sei im vom Landgericht zugesprochenen Umfang begründet, da der Prospekt fehlerhaft sei. Ein Fehler des Prospekts bestehe darin, dass die Verpfändung des Wertpapierdepots darin nicht erwähnt werde. Ferner sei die Angabe einer Nettodurchschnittsverzinsung von 7 % fehlerhaft. Da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass die Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich gewesen seien, sei die Be- klagte dem Kläger zum Schadensersatz in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe verpflichtet. Die Feststellungsanträge des Klägers seien begründet. Die Ansprüche seien nicht verjährt, da die im Prospekt enthaltenen Verjährungsregelungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen seien (§ 2 AGBGB) bzw. den Schadensersatz aus vorvertraglicher Pflichtverletzung nicht erfassten. Die Hilfszwischenfeststellungswiderklage sei unzulässig, da die Beklagte damit lediglich die Feststellung einzelner Voraussetzungen des einheitlich zu beurteilenden Schadensersatzanspruchs des Klägers begehre, über den bereits mit der Klage abschließend entschieden sei.
7
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung weitgehend stand.
8
1. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Gründungskommanditistin zu Recht als Haftungsadressatin einer Prospekthaftung im weiteren Sinne angesehen.
9
a) Die Prospekthaftung im weiteren Sinne knüpft als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger an. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft , der sich durch Vertragsschluss mit den übrigen Gesellschaftern vollzieht , solche (vor-)vertraglichen Beziehungen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann bestehen, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 7; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 m.w.N.).
10
b) So liegt der Fall hier: Nach § 4 Nr. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages (künftig: GV) werden die der Gesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter behandelt. Dies gilt insbesondere "für die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie für die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere der Stimm- und der Entnahme -(Ausschüttungs-)rechte. Insoweit erwerben die Treugeber eigene Rechte gegenüber der Gesellschaft" (§ 4 Nr. 2 GV). Weiter ist den Treugebern im Gesellschaftsvertrag das Recht eingeräumt, an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, dort ihr Stimmrecht auszuüben und die einem Kommanditisten nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Kontrollund sonstigen Rechte unmittelbar selbst auszuüben (§ 4 Nr. 3 GV). Zusätzlich bestimmt § 4 Nr. 6 GV, dass, "soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, ist wegen Gleichstellung im Innenverhältnis mit Gesellschafter bzw. Kommanditist im Sinne dieses Vertrages auch der mittelbar über den Treuhandkommanditisten beteiligte Treugeber gemeint".
11
Gerade aus der letztgenannten Bestimmung folgt entgegen der Ansicht der Revision, dass den Treugebern wegen ihrer Gleichstellung mit den unmittelbaren Gesellschaftern nicht nur Rechte eingeräumt sind, sondern sie im Innenverhältnis auch alle Pflichten treffen, die mit der Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters verbunden sind (siehe hierzu zuletzt BGH, Urteil vom 11. Oktober 2011 - II ZR 242/09, ZIP 2011, 2299 Rn. 16 ff. m.w.N.).
12
2. Nur teilweise zu Recht rügt die Revision die Annahme des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft, der Prospekt weise haftungsbegründende Fehler auf. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung uneingeschränkt überprüfen, weil der Emissionsprospekt über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wurde und daher ein Bedürfnis nach einer einheitlichen Auslegung besteht (BGH, Urteil vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, ZIP 2007, 871 Rn. 6; Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 300/08, ZIP 2011, 1657 Rn. 46).
13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 18; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, ZIP 2010, 1030 Rn. 9). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, BGHZ 116, 7, 12; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1853; Urteil vom 7. April 2003 - II ZR 160/02, WM 2003, 1086, 1088). Ob ein Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthält, ist nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das sich bei einer von dem Anleger zu erwartenden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts ergibt (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 924; Urteil vom 28. Februar 2008 - III ZR 149/07, VuR 2008, 178 Rn. 8 m.w.N.).
14
b) Gemessen hieran ist der Prospekt hinsichtlich der Angabe der prognostizierten Nettodurchschnittsverzinsung, wie die Revision zu Recht rügt, nicht fehlerhaft; entgegen der Ansicht der Revision weist er hinsichtlich der fehlenden Angaben zur Verpfändung des Wertpapierdepots jedoch den vom Berufungsgericht angenommenen Prospektfehler auf.
15
aa) Die Annahme, in der Angabe einer prognostizierten Nettodurchschnittsverzinsung von 7 % liege ein haftungsbegründender Prospektmangel , lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht rechtfertigen.
16
(1) Das Berufungsgericht begründet seine Ansicht damit, dass nach dem von dem Kläger vorgelegten Bundesbankbericht der durchschnittliche Zinssatz in Deutschland im Jahre 1998 für Festgelder durchschnittlich 2,88 % und für Wertpapiere durchschnittlich 4,5 % betragen und damit weit unter dem beworbenen Durchschnittszins gelegen habe. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger damit seiner Darlegungslast hinsichtlich einer haftungsbegründenden fehlerhaften Prognose in dem 1996 aufgelegten Prospekt nicht genügt.
17
(2) Bei Prognosen handelt es sich um zukunftsbezogene Informationen. Grundsätzlich übernimmt der Prospektherausgeber keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung auch tatsächlich eintritt. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlegerentscheidung im Nachhinein als falsch herausstellt, trägt vielmehr der Anleger (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, ZIP 2009, 2377 Rn.19; Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81, ZIP 1982, 923, 928). Die Interessen des Anlegers sind bereits dann hinreichend gewahrt, wenn die Prognosen im Prospekt durch sorgfältig ermittelte Tatsachen gestützt und - aus ex ante- Sicht - vertretbar sind. Prognosen sind hierbei nach den bei der Prospekterstellung gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - V ZR 71/07, WM 2008, 1798 Rn. 11; Urteil vom 24. Februar 1992 - II ZR 89/91, ZIP 1992, 836, 839 ff.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (siehe nur BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 11 ff.) ist dabei für eine Prognose, die - insbesondere für einen Zeitraum von 25 Jahren - mit erheblichen Risiken verbunden ist, von einem Prospektherausgeber zu erwarten, dass er aus den Erfahrungen in der Vergangenheit vorsichtig kalkulierend auf die Zukunft schließt.
18
Dass sich die Prognose, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, im Jahre 1998 nicht erfüllt hat, reicht damit ersichtlich zur Darlegung und Feststellung eines Prognosefehlers im Zeitpunkt der Prospektherausgabe 1996 nicht aus. Feststellungen zu den bei der Prospektherausgabe gegebenen Verhältnissen und aus der Vergangenheit bestehenden Erfahrungen mit einer durchschnittlichen Nettoverzinsung hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
19
bb) Entgegen der Ansicht der Revision frei von Rechtsfehlern ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Umstand, dass der Anleger im Prospekt nicht darauf hingewiesen worden sei, dass das Wertpapierdepot, das nach den Prospektangaben die Liquiditätsrücklage bilden sollte, an die darlehensgebende Bank verpfändet werden sollte, stelle einen haftungsbegründenden Prospektfehler dar.
20
Zwar trifft es zu, dass die Verpfändung eines Wertpapierdepots (auch) bei der Gewährung von Darlehen ein durchaus bankübliches Sicherungsmittel ist. Hier wurde dem Anleger jedoch durch die Angaben in der Ertrags /Liquiditätsberechnung und den dazu gegeben Erläuterungen (Prospekt S. 45 Nr. 14, S. 46 f., S. 49 Nr. 13) der Eindruck vermittelt, der Fonds könne jederzeit, wenn dies erforderlich sein sollte, auf das Wertpapierdepot zurückgreifen und Papiere daraus veräußern, um die Liquidität des Fonds sicherzustellen. Ab dem Jahr 2002 sollte sogar planmäßig auf das Wertpapierdepot zugegriffen werden, um die Ausschüttungen an die Anleger leisten zu können: Nach der Ertrags /Liquiditätsberechnung war ab dem Jahr 2002 davon auszugehen, dass die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken würden und die prognostizierten Ausschüttungen deshalb nur durch einen Rückgriff auf das Wertpapierdepot gewährleistet waren. Infolge der Verpfändung des Depots war aber weder vor noch nach 2002 die Veräußerung der Wertpapiere zur Schließung einer unerwartet auftretenden, realistischerweise bei einem solchen Investitionsvolumen nie völlig auszuschließenden bzw. der (sogar) prognostizierten Liquiditätslücke möglich. Diese mit der Verpfändung verbundene Gefahr mangelnder Liquidität des Fonds - und sei es nur bezüglich der Gewährleistung der Ausschüttungen, die der Anleger regelmäßig in seine persönliche Finanzplanung einbezieht - ist ein den Vertragszweck möglicherweise gefährdender Umstand und damit für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung.
21
3. Der festgestellte Prospektfehler war, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346; Urteil vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, ZIP 2004, 1104, 1106; Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06, BGHZ 177, 25 Rn. 19; Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 16; Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, ZIP 2010, 176 Rn. 23). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 ff.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Bei einem Immobilienfonds , von dem der durchschnittliche Anleger Werthaltigkeit erwartet, ist regelmäßig davon auszugehen, dass er bei richtiger Aufklärung über wichtige, die Werthaltigkeit der Anlage (negativ) beeinflussende Umstände dem Fonds nicht beigetreten wäre, auch wenn er mit erheblichen Steuervorteilen geworben wurde (BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht (BGH, Urteil vom 13. Juli 2008 - XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, 66 f.; vgl. aber Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Rn. 22 zur grundsätzlich geltenden Kausalitätsvermutung), zu denen die Beteiligung an einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gehört (BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 66/08, WM 2010, 972 Rn. 19; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 18; Urteil vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, ZIP 2006, 568 Rn. 24).
22
Das Verschulden der Beklagten wird bei einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet.
23
4. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht den Betrag der gezahlten Einlage der Schadensberechnung zugrunde gelegt.
24
a) Zur Feststellung des Schadens des Klägers kommt es nicht auf eine fehlende Werthaltigkeit der Beteiligung und - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht auf das Vorhandensein von Garantien und Andienungsrechten an. Grund für die Haftung der Beklagten ist vielmehr der Eingriff in das Recht des Klägers, zutreffend informiert über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen und sich für oder gegen die Anlage zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1993 - II ZR 194/92, BGHZ 123, 106, 112 f.; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6). Der Schaden des nicht pflichtgemäß aufgeklärten Anlegers besteht daher bereits in dem Erwerb der bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht vorgenommenen Beteiligung. Ist der Kläger durch die unzutreffende Aufklärung dazu veranlasst worden, dem Fonds beizutreten , kann er verlangen, im Wege der Naturalrestitution so gestellt zu werden, als wenn er sich an dem Fonds nicht beteiligt hätte, und hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb der Anlage gemachten Aufwendungen abzüglich erhaltener Ausschüttungen gegen Rückgabe der Anlage.
25
b) Gegen die - für sie günstige - Berechnung des ersatzfähigen Schadens des Klägers wendet sich die Beklagte zu Recht nicht.
26
5. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung für unbegründet gehalten.
27
Die im Emissionsprospekt und im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Verjährungsklauseln sind unwirksam.
28
a) Bei der im Emissionsprospekt (S. 62) verwendeten Klausel "Alle etwaigen Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung verjähren mit Ablauf von sechs Monaten seit Kenntniserlangung des Anlegers von den unzutreffenden und/oder unvollständigen Angaben, spätestens jedoch drei Jahre nach Beitritt zu der Beteiligungsgesellschaft" handelt es sich zwar - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - um eine nach § 2 AGBG (= § 305 Abs. 2 BGB) durch die Erklärungen in der Beitrittserklärung in das Vertragsverhältnis der Parteien einbezogene Allgemeine Ge- schäftsbedingung; die Klausel ist jedoch, anders als die Revision meint, (jedenfalls ) nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) unwirksam.
29
aa) Diese Klausel des Emissionsprospekts unterliegt der AGBrechtlichen Kontrolle, da es sich nicht um eine gesellschaftsvertragliche Regelung handelt und daher die Bereichsausnahme nach § 23 Abs. 1 AGBG (§ 310 Abs. 4 BGB) nicht einschlägig ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2002 - II ZR 41/00, juris Rn. 24; Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414, 415 f.; Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08, BGHZ 183, 220 Rn. 11 ff.).
30
bb) Die Klausel schließt - wenn auch nur mittelbar - die Haftung auch für grobes Verschulden aus. Als Begrenzung der Haftung für grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Klauselverbots nach § 11 Nr. 7 AGBG (§ 309 Nr. 7b BGB) sieht der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch eine generelle Verkürzung der Verjährungsfrist an (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 34 f.; Urteil vom 6. November 2008 - III ZR 231/07, WM 2008, 2355 Rn. 17; Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 56/08, NJWRR 2009, 1416 Rn. 20 f. m.w.N.; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 8). Die Verjährungsbeschränkung befasst sich zwar nicht unmittelbar mit der Frage des Haftungsmaßes. Da sie keine Ausnahme enthält, ist davon auszugehen , dass alle Ansprüche unabhängig von der Art des Verschuldens erfasst werden. Mittelbar führt die generelle Verkürzung der Verjährungsfrist also dazu, dass die Beklagte zu 1 nach Fristablauf die Verjährungseinrede hinsichtlich aller etwaigen Schadensersatzansprüche unabhängig von dem jeweiligen Haftungsmaßstab erheben kann und so ihre Haftung für jedwede Art des Verschuldens entfällt. Die Klausel lässt es nicht zu, sie auf einen unbedenklichen Inhalt zurückzuführen (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 45).
31
b) Ob die Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, die Klausel in § 12 Nr. 2 GV "Schadensersatzansprüche der Gesellschafter untereinander verjähren drei Jahre nach Bekanntwerden des haftungsbegründenden Sachverhalts, soweit sie nicht kraft Gesetzes einer kürzeren Verjährung unterliegen. Derartige Ansprüche sind innerhalb von sechs Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden gegenüber dem Verpflichtenden schriftlich geltend zu machen" erfasse Schadensersatzansprüche aus vorvertraglichen Pflichtverletzungen nicht, kann dahingestellt bleiben. Die Klausel ist ebenfalls unwirksam.
32
aa) Der Senat kann die im Emissionsprospekt für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen vorformulierten Vertragsbedingungen selbst frei auslegen, weil sie von der Beklagten bundesweit gegenüber zahlreichen Anlegern, mithin über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus, verwendet wurden. Das gilt nach Sinn und Zweck dieser revisionsrechtlichen Auslegungskompetenz unabhängig davon, ob es sich hier um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des AGB-Gesetzes oder um gesellschaftsvertragliche Regelungen handelt, die zwar unter die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 BGB nF fallen mögen, jedoch - entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften - einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen.
33
bb) Es bedarf hier keiner Entscheidung darüber, ob die Bereichsausnahme des § 23 Abs. 1 AGBG bzw. des § 310 Abs. 4 BGB nF im Hinblick auf die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21. April 1993, Seite 29-34) nicht eingreift, wenn sich Verbraucher an Publikumsgesellschaften beteiligen (so OLG Frankfurt/M., NJW-RR 2004, 991, 992 m.w.N.; OLG Oldenburg, NZG 1999, 896; KG, WM 1999, 731, 733; MünchKommBGB/Basedow, 5. Aufl., § 310 Rn. 86; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 310 Rn. 49 m.w.N.; a.A. Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 310 Rn. 120 m.w.N.), oder ob Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften weiterhin einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle (§ 242 BGB) wie Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 ff.; Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243, 244; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; kritisch MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 161 Rn. 124 f.). Denn die verjährungsverkürzende Klausel hält auch einer individualvertraglichen Billigkeitskontrolle gemäß §§ 157, 242 BGB nicht stand, da sie ohne ausreichenden sachlichen Grund einseitig die Belange der Gründungsgesellschafter zu Lasten der berechtigten Interessen der Anlagegesellschafter bevorzugt. Aufgrund der Verkürzung der Verjährung für Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis auf weniger als fünf Jahre ist die Klausel unwirksam (BGH, Urteil vom 14. April 1975 - II ZR 147/73, BGHZ 64, 238, 241 f.; Urteil vom 20. März 2006 - II ZR 326/04, ZIP 2006, 849 Rn. 9; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 14).
34
cc) An dieser Rechtsprechung ist trotz der Angleichung der Verjährungsvorschriften festzuhalten (s. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 51). Die Frage der Unwirksamkeit einer Vereinbarung über die Verjährungsfrist in der Klausel eines Gesellschaftsvertrages wird von der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB nicht berührt. Es kann zu keiner Heilung kommen, da jedes Rechtsgeschäft grundsätzlich nach dem Zeitpunkt seiner Vornahme zu beurteilen ist (Peters in Staudinger, BGB Neubearbeitung 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 9 und 25). Die Klausel war nach bisherigem Recht unwirksam und bleibt es deshalb auch, selbst wenn sie jetzt im Rahmen des § 202 BGB nF zulässig wäre. Allein maßgeblich für die Beurteilung der Haftung der Beklagten zu 1 ist nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Recht zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers, da der haftungsbegründende und -ausfüllende Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs bereits im Zeitpunkt des Beitritts gegeben ist (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707; Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 24 m.w.N.).
35
6. Die Revision hat (weiter) keinen Erfolg, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten hinsichtlich der Anträge auf Feststellung des Annahmeverzugs und der Verpflichtung der Beklagten, alle weiteren Schäden des Klägers aus seiner Fondsbeteiligung zu ersetzen (§ 249 BGB), zurückgewiesen hat. Hiergegen wird von der Revision auch nichts erinnert. Die Zug-um-ZugVerurteilung hat der Senat im Hinblick auf die Stellung des Klägers als Treugeber klarstellend gefasst.
36
7. Zu Recht rügt die Revision allerdings als rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, soweit sie sich gegen die vom Landgericht zu Gunsten des Klägers ausgeurteilte Feststellung gewehrt hat, diesen von Zahlungsansprüchen bis zur Höhe aller im Zeitpunkt der Inanspruchnahme erhaltenen Ausschüttungen freizustellen, die Gläubiger des Fonds aufgrund des Auflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB unmittelbar gegen den Kläger (Treugeber) geltend machen (Klageantrag zu 3).
37
a) Dieser Feststellungsantrag ist jedenfalls unbegründet. Auch wenn man als richtig unterstellt, die Ausschüttungen an die Anleger beruhten nicht auf erwirtschafteten Renditen, sondern seien als (teilweise) Einlagenrückgewähr zu werten, kommt eine Inanspruchnahme des Klägers nach §§ 171, 172 HGB nicht in Betracht. Da der Kläger selbst nicht Kommanditist, sondern als Treugeber nur wirtschaftlich über die Treuhandkommanditistin an der Fondsgesellschaft beteiligt ist, ist nicht er, sondern die Treuhänderin Anspruchsgegnerin eines auf §§ 171, 172 HGB gestützten Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78 - BGHZ 76, 127, 130 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, ZIP 2011, 906 Rn. 10 m.w.N.). Auch Gläubiger der Gesellschaft können ihn insoweit nicht in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08, NZG 2009, 380 Rn. 35; Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 148/08, ZIP 2009, 1266 Rn. 15), so dass es an einer Grundlage für eine mögliche Freistellungsverpflichtung fehlt (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, ZIP 2010, 1646 Rn. 33, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 186, 205; Urteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 323/07, juris Rn. 20).
38
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung lässt sich der Antrag auch nicht damit begründen, eine sinngemäße Auslegung des Klageantrags zu 3) ergebe, dass es dem Kläger dabei um die Freistellung von Zahlungspflichten gehe, die ihren Ursprung im Verhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder hätten. Es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger Dritten gegenüber aus abgetretenem Recht des Treuhänders zahlungspflichtig sei (siehe hierzu BGH, Urteil vom 22. März 2011 - II ZR 271/08, ZIP 2011, 906 ff., zVb in BGHZ 189, 45). Selbst bei einer solchen Auslegung wäre der Klageantrag zu 3) abzuweisen ; die damit verbundene Rechtsfolge ist bereits von dem vom Berufungsgericht zu Recht zuerkannten Klageantrag zu 4) (Feststellung der Pflicht der Beklagten , dem Kläger weitere durch die Beteiligung entstandene Schäden zu ersetzen ) umfasst.
39
8. In geringem Umfang hat die Revision auch Erfolg, soweit die Beklagte sich gegen die vollständige Abweisung ihrer Hilfszwischenfeststellungswiderklage wendet. Die Widerklage ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nur teilweise unzulässig. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist sie jedoch lediglich hinsichtlich der an den Kläger möglicherweise noch erfolgenden Ausschüttungen begründet.
40
a) Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrags rechtsfehlerfrei verneint, soweit dieser vom Schaden des Klägers abzuziehende Positionen (Ausschüttungen bzw. eventuelle Steuervorteile) zum Gegenstand hat, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen (Tatsachen -)Verhandlung angefallen sind. Insoweit handelt es sich um einzelne Voraussetzungen/Elemente des einheitlich zu behandelnden Schadensersatzanspruchs des Klägers, über deren Bestehen oder Nichtbestehen bereits mit der Klage entschieden worden ist.
41
b) Zulässig ist die Feststellungswiderklage jedoch insoweit, als sie Abzugsposten zum Gegenstand hat, die in dem auf den Tag der letzten mündlichen Verhandlung errechneten Zahlungsantrag nicht als "Elemente" enthalten sind. Insoweit zielt die Zwischenfeststellungswiderklage auf die - vorgreifliche - Feststellung von Pflichten, die sich aus dem Rechtsverhältnis der Parteien ergeben , nämlich auf die Pflicht des Klägers, sich im Rahmen der Vorteilsausgleichung aus dem schädigenden Ereignis erlangte Vorteile anspruchsmindernd auf seinen Schaden anrechnen zu lassen. Für eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO genügt die bloße Möglichkeit, dass aus dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen den Parteien weitere Ansprüche erwachsen (BGH, Urteil vom 17. Mai 1977 - VI ZR 174/74, BGHZ 69, 37, 42 m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 256 Rn. 26 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Fonds noch anrechenbare Vorteile erlangt.
42
c) Soweit die Feststellungswiderklage zulässig ist, ist sie nur im Umfang der nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsrechtszug möglicherweise noch erfolgenden Ausschüttungen, nicht jedoch bezüglich eventueller "im Rahmen der Steuerveranlagung anrechenbarer Kapitalertragssteuern, Zinsertragssteuern, Solidaritätszuschlag sowie Steuervorteile aufgrund von Verlustzuweisungen , die der Kläger insgesamt während seiner Beteiligung an der B. GmbH & Co. KG - B. Ertragsfonds 1 - erhalten hat und/oder noch erhalten wird" begründet.
43
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet aufgrund typisierender Betrachtungsweise (§ 287 ZPO) eine Vorteilsanrechnung bezogen auf die steuerlichen Vorteile, die der Anleger aus seiner Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds erlangt hat, im Rahmen des nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB geltend gemachten Schadensersatzes grundsätzlich aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist (siehe nur BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f., jew. m.w.N.). Soweit die Schadensersatzleistung - als Rückfluss der zuvor angefallenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten als Einnahme entweder nach § 15 oder nach § 21 EStG - vom Anleger zu versteuern ist, ohne dass es bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise darauf ankommt, ob der Anleger die Schadensersatzleistung tatsächlich versteuert (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 49), sind die erzielten Steuervorteile nur dann anzurechnen , wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f., jew. m.w.N.).
44
Dass die für derartige außergewöhnliche Vorteile darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 25 f.; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205 Rn. 36 ff., 45; Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 96/09, ZIP 2011, 868 Rn. 8 ff., jew. m.w.N.) dahingehenden Vortrag gehalten hat, wird von der Revision nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.07.2007 - 23 O 100/05 -
KG, Entscheidung vom 09.04.2010 - 14 U 156/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 14/10
Verkündet am:
16. September 2010
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Umfang der Nachforschungspflichten eines Anlageberaters im Hinblick auf
den im Emissionsprospekt eines Filmfonds angesprochenen Erlösversicherer.
BGH, Urteil vom 16. September 2010 - III ZR 14/10 - OLG München in Augsburg
LGAugsburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. September 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dörr, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 10. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Klägerin Die verlangt Schadensersatz wegen behaupteter Beratungspflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der Beteiligung an einem Filmfonds.
2
Klägerin Die unterzeichnete am 14. Dezember 2000 eine Beitrittserklärung über eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung an der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG mit einer Einlage von 40.000 € zuzüglich 5 % Agio. In dem der Klägerin einige Tage zuvor vom Beklagten übergebenen Emissionsprospekt hieß es zur sogenannten Erlösversicherung: "Sofern nicht gleichwertige Erlössicherungen bestehen, wird sich ApolloMedia 4. KG nur an einer Ko-Produktion beteiligen, wenn für dieses Filmprojekt eine Erlösversicherung (Short Fall Guarantee) in Höhe von mindestens 80 % der anteiligen Investitionen der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen werden kann. Das wirtschaftliche Risiko ist somit deutlich eingeschränkt." (Seite 7) … "Augenscheinlich besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner (Weltvertrieb , Kinoverleiher, TV-Einkäufer) bzw. den Geschmack des Publikums zu treffen. … Zur Reduzierung des Erlösrisikos wird für alle Filmprojekte der ApolloMedia 4. KG - sofern nicht eine gleichwertige Absicherung besteht - eine Short Fall Guarantee (Erlösversicherung) abgeschlossen. Diese Versicherung soll sicherstellen, dass innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung eines Filmprojekts mindestens 80 % des von ApolloMedia 4. KG eingesetzten Produktionskostenanteils zurückfließen. Insofern wird die Versicherung nach 36 Monaten jeweils eine etwaige Erlösdifferenz bis zu 80 % der Ko-Produktionsbeteiligung ausgleichen. Spätere Erlöse aus diesem Filmprojekt fließen dann so lange der Versicherung zu, bis deren Auszahlung nebst einer angemessenen Verzinsung zurückgeführt ist. Die Versicherung wird dabei grundsätzlich pro Filmprojekt abgeschlossen und abgerechnet. Grundsätzlich besteht das Risiko, dass es aus wirtschaftlichen (Insolvenz ) oder rechtlichen Gründen (Versicherungsbedingungen) nicht zur Auszahlung der Versicherungsleistungen kommen könnte. Insofern ist die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Erlösversicherungen für ApolloMedia Filmprojekte werden im Allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit Filmvision P.L.I. Limited, London , ausschließlich bei international tätigen, in Fachkreisen und bei Banken anerkannten Spezialversicherern (z.B. NEIS, Brüssel) abgeschlossen". (Seite 9)
3
Über die im Prospekt angesprochene New England International Surety Inc. (NEIS), bei der für die Filmprojekte der ApolloMedia GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG die Erlösversicherungen abgeschlossen wurden, hatte das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 wie folgt berichtet: "New England International Surety Inc. Flugzeug-Kaskoversicherung Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) warnt die Besitzer von kleinen und mittleren Privatflugzeugen dringend vor dem Neuabschluss oder der Verlängerung von bereits bestehenden Kaskoversicherungsverträgen mit der New England International Surety Inc. Die New England International Surety Inc., mit angeblichem Sitz in Panama und Zweigniederlassung in der Schweiz, besitzt keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland. Eine Anfrage bei der Schweizerischen Versicherungsaufsichtsbehörde und umfangreiche Ermittlungen des BAV lassen erhebliche Zweifel aufkommen, ob es sich bei diesem Unternehmen überhaupt um ein lizensiertes Versicherungsunternehmen handelt. Das BAV hat bei seinen Ermittlungen festgestellt, dass eine Hamburger Maklerfirma unter Einschaltung eines in London ansässigen weiteren Maklerunternehmens mehr als 700 Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge an diese Gesellschaft vermittelt und die gesamte Vertragsverwaltung einschließlich Beitragsinkasso und Schadensabwicklung übernommen hat. Das Amt hat diese Maklergesellschaft nachhaltig aufgefordert, keine weiteren Verträge an die New England International Surety Inc. zu vermitteln. Es ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Makler für diese Gesellschaft tätig sind. Die Vermittlung von Versicherungsverträgen an Gesellschaften, die nicht zum Betrieb von Versicherungsgeschäften zugelassen sind, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 DM geahndet werden kann. Generell besteht für Versicherungsnehmer, die Verträge bei nicht zugelassenen Versicherungsgesellschaften abschließen, stets die Gefahr, dass die Gesellschaften im Schadenfall nicht leisten bzw. dass Schadenersatzansprüche nicht durchgesetzt werden können."
4
Der Beklagte hatte sich vor den Beratungsgesprächen mit der Klägerin auf einer Schulung über das Konzept des Filmfonds kundig gemacht sowie in Fachzeitschriften über den Ruf der Filmfonds der ApolloMedia GmbH & Co. KG nachgelesen. Er hatte jedoch keine Informationen über die Erlösversicherung, insbesondere die im Prospekt genannte NEIS eingeholt.

5
Die Klägerin hat den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch genommen, er habe sich bei der Anlageberatung nicht in der gebotenen Weise um die Solidität und Bonität des Erlösversicherers gekümmert. Hierzu hätte er eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen richten müssen, anlässlich derer er über die negative Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 informiert worden wäre. Bei pflichtgemäßer Beratung hätte sie den Fonds nicht gezeichnet. Dieser sei inzwischen nahezu wertlos. Ausgebliebene Filmeinnahmen habe die NEIS nicht ausgeglichen, wodurch es zu einer Schieflage des Fonds gekommen sei.
6
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts bezieht sich die allgemeine Pflicht eines Beraters zur kritischen Prüfung einer Kapitalanlage, die er empfehlen will, bei einer Beteiligung an einem Filmfonds auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer, selbst wenn dieser - wie hier die NEIS - im Prospekt nur beispielhaft genannt wird. Hierzu müsse sich der Berater aktuelle Informationen verschaffen, wozu die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse gehöre, deren Artikel er zu kennen und in seine Beratung einzubeziehen habe. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führe aber nur dann zu einer Haftung, wenn bei der gebotenen Prüfung ein Risiko erkennbar geworden wäre, über das der Anleger hätte aufgeklärt werden müssen oder aber wenn erkennbar geworden wäre, dass eine Empfehlung der Anlage nicht anleger - und/oder objektgerecht sei. Die Presseveröffentlichung des Bundesaufsichtsamts habe der Beklagte bei der Beratung im Dezember 2000 aber weder kennen noch habe sie ihm präsent sein müssen. Die Mitteilung sei zu diesem Zeitpunkt fast vier Jahre alt gewesen. Sie habe Kaskoversicherungsverträge für kleinere und mittlere Privatflugzeuge und damit eine ganz andere Branche betroffen als die Versicherung des Erlösausfalls von Filmproduktionen. Zudem sei von der Aufsichtsbehörde vor der NEIS vor allem deshalb gewarnt worden, weil sie keine Erlaubnis zum Betrieb des Direktversicherungsgeschäfts in Deutschland besessen habe. Für einen Filmfonds, der seine Produktionen überwiegend im Ausland herstellen lasse, spiele eine solche Genehmigung aber keine Rolle. Dass die Mitteilung in der einschlägigen Wirtschaftspresse veröffentlicht worden sei, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Selbst das würde jedoch im Hinblick auf den zeitlichen Abstand von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Anlageberatung nichts ändern. Dass der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen in Deutschland bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, habe die Klägerin nicht behauptet und sei auch sonst nicht ersichtlich. Eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt sei zur Abklärung des Risikos nicht erforderlich gewesen. Nach den Angaben im Emissionsprospekt habe es sich bei der NEIS um eine ausländische - angeblich in Brüssel ansässige - Versicherung gehandelt, die überwiegend ausländische Filmproduktionen, wenn auch unter finanzieller Beteiligung des deutschen Filmfonds , habe versichern sollen. Eine Zuständigkeit des deutschen Bundesaufsichtsamts für diese Tätigkeit sei nicht ersichtlich bzw. habe sich zumindest dem Beklagten nicht aufdrängen müssen. Zudem sei ungewiss, ob dem Beklagten auf eine Anfrage die bezeichnete Pressemitteilung vom 24. Januar 1997 genannt worden wäre.

II.


9
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Ein Anlageberater ist zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Kunden auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. nur Senat, Urteile vom 5. März 2009 - III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 Rn. 13 f; und 5. November 2009 - III ZR 302/08, VersR 2010, 766 Rn. 16).
11
a) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht insoweit angenommen, dass sich bei einer Kapitalanlage in Form der Beteiligung an einem Filmfonds die diesbezüglichen Pflichten eines Beraters auch auf den in Aussicht genommenen Erlösversicherer beziehen, selbst wenn dieser nur beispielhaft genannt wird. Denn der Erlösversicherung kommt bei einem Filmfonds der vorliegenden Art eine zentrale Bedeutung zu. Wie im Emissionsprospekt selbst ausgeführt, besteht das wirtschaftliche Hauptrisiko einer Filmproduktion darin, die Vorstellungen möglicher Verwertungspartner oder den Geschmack des Publikums nicht zu treffen. Zur Minimierung dieses Risikos ist deshalb eine Erlösversicherung und, worauf der Prospekt ausdrücklich hinweist, die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Der Abschluss bei einem seriösen und boniblen Versicherungsunternehmen stellt insoweit einen zentralen Baustein des im Prospekt beworbenen Beteiligungskonzepts dar, was die hierauf bezogene Erstreckung der Pflichten des Anlageberaters durch das Berufungsgericht rechtfertigt.
12
b) Dass die Pressemitteilung des Bundesaufsichtsamts vom 24. Januar 1997 jedoch zu einer Meldung in der einschlägigen Wirtschaftspresse geführt hat, hat die Klägerin, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, nicht vorgetragen. Im Übrigen ist die tatrichterliche - und von der Revision nicht gerügte - Erwägung des Oberlandesgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wonach es angesichts des Zeitablaufs von fast vier Jahren bis zur streitgegenständlichen Beratung sowie unter Berücksichtigung des nicht das internationale Filmgeschäft, sondern die Versicherung von Privatflugzeugen betreffenden Inhalts der Pressemitteilung dem Beklagten nicht zum Vorwurf gereichen würde, wenn ihm eine solche Veröffentlichung zum Zeitpunkt der Beratung nicht mehr präsent gewesen wäre.
13
Entgegen c) der Auffassung der Revision traf den Beklagten keine Pflicht, sich durch eine direkte Anfrage beim Bundesaufsichtsamt davon zu vergewissern , dass es keine Verlautbarungen der Behörde gab, die Zweifel an der Bonität und Seriosität des in Aussicht genommenen Erlösversicherers begründeten.
14
Zunächst ist schon nicht ersichtlich, wieso sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass das Bundesamt im Besitz von Informationen über die NEIS war. Denn bei dieser handelte es sich um eine ausländische Versicherungsgesellschaft. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (jetzt Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ) Aufsichtsbehörde für in Deutschland betriebene Versicherungsgeschäfte ist. Hierzu enthält der Abschnitt VI des Versicherungsaufsichtsgesetzes - auch bereits in der zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Anlageberatung geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992, BGBl. 1993 I. S. 2; zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626) - Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland das sogenannte Direktversicherungsgeschäft im Inland durch eine Niederlassung oder im Dienstleistungsverkehr durch Mittelspersonen betreiben dürfen. Ausländische Versicherungsunternehmen , die in Deutschland weder eine Niederlassung errichten wollen noch in Deutschland Mittelspersonen in den Vertrieb einschalten, unterliegen danach nicht der deutschen Versicherungsaufsicht (vgl. nur Winter, VersR 2001, 1461, 1462 f; Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 1 Rn. 24, 26, § 105 Rn. 7; Fahr/Kaulbach/Bähr, Versicherungsaufsichtsgesetz, 4. Aufl., § 105 Rn. 25 ff; § 110a Rn. 3). Die beim Bundesaufsichtsamt vorhandenen Informationen über die NEIS beruhten insoweit darauf, dass diese vormals über einen in Hamburg und damit im Inland ansässigen Makler als Mittelsperson Versicherungsgeschäfte in Deutschland im Bereich der Kaskoversicherung von Privatflugzeugen durchgeführt hatte. Eine solche inländische Tätigkeit der im Prospekt als Spezialversicherer für Filmfonds angesprochenen NEIS musste der Beklagte aber nicht in Rechnung stellen. Dass der vorgesehene Abschluss von Erlösversicherungen des Filmfonds unter das Versicherungsaufsichtsgesetz fallen könnte, war für den Beklagten ebenfalls nicht ersichtlich. Denn im Pros- pekt wird insoweit darauf hingewiesen, dass die Versicherungen bei international tätigen Spezialversicherern wie der NEIS (Brüssel) unter Einschaltung einer ausländischen Firma, der in London ansässigen Filmvision P.L.I. Ltd, einer dortigen Versicherungsmaklerin, abgeschlossen werden würden. Der Beklagte musste daher aufgrund der ihm vorliegenden Informationen, insbesondere des Inhalts des Emissionsprospekts, nicht damit rechnen, dass er durch eine etwaige Nachfrage beim Bundesaufsichtsamt Erkenntnisse über die NEIS erhalten würde.
15
Im Übrigen kann ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen (Presseerklärungen) der zuständigen Aufsichtsbehörde auch in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden einschlägigen Wirtschaftspresse ihren Niederschlag finden. Über deren Lektüre hinaus schuldet der Berater grundsätzlich keine Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde.
16
d) Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf den Vortrag der Klägerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 12. März 2008 verweist, wonach bereits Anfang des Jahres 1997 in den USA die Finanzaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commissions (SEC) vor der NEIS "gewarnt" habe, spielt diese "Warnung", deren Inhalt und deren etwaige Verbreitung in den Medien im Übrigen von der Klägerin auch nicht näher dargelegt worden sind, keine entscheidungserhebliche Rolle. Zwar greifen die Ausführungen des Berufungsgerichts , das im Rahmen der Prüfung, ob der Beklagte bei zumutbaren Nachforschungen bereits im Dezember 2000 auf negative Meldungen hinsichtlich der NEIS gestoßen wäre, ausschließlich auf Deutschland abstellt hat und insoweit auf die "Warnung" der SEC nicht eingegangen ist, zu kurz. Denn bei einer Anlage mit Auslandsbezug kann sich unter Umständen für den Berater die Not- wendigkeit ergeben, sich auch anhand ausländischer Quellen zu informieren oder seinen Kunden zumindest auf das Unterlassen der Einholung entsprechender Auskünfte hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129 f). Jedoch ist nicht ersichtlich, dass sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass über die im Emissionsprospekt mit Sitz in Brüssel angesprochene NEIS Erkenntnisse in den USA zu erhalten sein würden.
17
Ob und gegebenenfalls welche Informationen der Beklagte bei einer Anfrage Ende 2000 bei der für Brüssel zuständigen Versicherungsaufsichtsbehörde erhalten hätte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Revision zeigt insoweit auch keinen vom Berufungsgericht übergangenen entscheidungserheblichen Vortrag auf. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass ein Anlageberater regelmäßig davon ausgehen kann, dass für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen von Aufsichtsbehörden in der vom Berater zur Kenntnis zu nehmenden Wirtschaftspresse , zu der bei Anlagen mit Auslandsbezug auch einschlägige ausländische Medien gehören können, ihren Niederschlag finden. Dass dort über die NEIS bereits damals in negativer Form berichtet worden wäre, hat die Klägerin aber selbst nicht behauptet.
18
2. Entgegen der Auffassung der Revision führt der Umstand, dass die Klägerin nicht über das Unterlassen der Einholung von Erkundigungen bezüglich der NEIS aufgeklärt wurde, zu keiner Haftung des Beklagten.
19
Zwar ist ein Berater, wenn er gebotene Prüfungen unterlässt, grundsätzlich verpflichtet, den Anleger darauf hinzuweisen (Senat, Urteil vom 5. März 2009 aaO Rn. 13; vom 5. November 2009, aaO Rn. 16 m.w.N.). Der Beklagte hat jedoch, wie das Berufungsgericht - von der Revision unbeanstandet - festgestellt hat, unwidersprochen vorgetragen, dass er nicht nur eine Schulung bei der Vertriebsorganisation des Fonds mitgemacht, sondern auch die in einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlichten Artikel über den Fonds sowie dessen Vorgängerfonds ausgewertet habe, die durchweg positive Einschätzungen bezüglich der Fonds und keinerlei negative Erkenntnisse bezüglich der in den Emissionsprospekten angesprochenen NEIS enthalten hätten. Gibt die vom Berater geschuldete Lektüre der einschlägigen Wirtschaftspresse aber keinen Anlass , an der Seriösität der an einer Kapitalanlage Beteiligten zu zweifeln, schuldet der Berater grundsätzlich keine weiteren Nachforschungen, sodass auch keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf eine diesbezügliche Unterlassung besteht.
Schlick Dörr Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 01.12.2008 - 10 O 5136/07 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 10.12.2009 - 24 U 41/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil- und Versäumnisurteil
II ZR 21/06 Verkündet am:
3. Dezember 2007
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Cc, 280

a) Über die Nachteile und Risiken eines angebotenen Kapitalanlagemodells muss
der Anlageinteressent in dem Emissionsprospekt zutreffend und vollständig aufgeklärt
werden. Dazu gehört auch, dass er auf Risiken hingewiesen wird, die ausschließlich
Altverträge betreffen, aber dazu führen können, dass die Anlagegesellschaft
in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Ebenso ist das Bestehen eines
Verlustübernahmevertrages mitzuteilen, weil dieser nicht nur die Gefahr des Verlustes
der Anlage heraufbeschwört, sondern zusätzliche Zahlungspflichten auslösen
kann.

b) Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der
Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den
Anlagevermittlern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt
wird. Es kommt bei dieser Sachlage nicht darauf an, ob der Prospekt dem
Anlageinteressenten übergeben worden ist.
BGH, Urteil u. Versäumnisurteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06 -
Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Dezember 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger unterzeichnete nach August 1999 einen auf den 2. Mai 1999 rückdatierten Zeichnungsschein der S. AG (im Folgenden: S. AG), wonach er sich als stiller Gesellschafter an deren Unternehmenssegment VII beteiligte. Vorstand der S. AG waren zum damaligen Zeitpunkt die Beklagten. Die Gesellschaft, über deren Vermögen mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, befasste sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Als Einlage hatte der Kläger 6.000,00 DM sofort und 96.000,00 DM in monatlichen Raten zu je 200,00 DM zu zahlen, jeweils zuzüglich eines 5 %-igen Agios. Dabei sollten Zahlungen, die er schon zuvor für eine Beteiligung an dem dann nicht aufgelegten Unternehmenssegment VIII geleistet hatte, angerechnet werden. Nach der 40-jährigen Laufzeit des Gesellschaftsvertrages sollte das Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe ausgezahlt werden. Das Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen.
2
In dem rückdatierten Zeichnungsschein bestätigte der Kläger inhaltlich unzutreffend, den Emissionsprospekt Nr. 13.3 der S. AG vom 1. August 1999 erhalten zu haben. Darin wird eine Beteiligung einzelner Unternehmenssegmente der S. AG an der Bankhaus P. & Co. KGaA (im Folgenden : Bankhaus P. ) und ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin P. Beteiligungs GmbH sowie an der S. Bank AG erwähnt. Nicht erwähnt wird, dass einzelne Vorstandsmitglieder der S. AG zugleich Aktionäre des Bankhauses P. waren, dass die S. Bank AG gemäß Handelsregistereinträgen vom 31. August/2. September 1999 auf das Bankhaus P. verschmolzen worden ist und dass die S. AG am 22. September 1999 mit dem Bankhaus P. einen Verlustübernahmevertrag geschlossen hat. Ebenso wenig wird erwähnt, dass sich die S. AG in früheren Verträgen mit stillen Gesellschaftern verpflichtet hatte, das jeweilige Auseinandersetzungsguthaben in Form einer Rente auszuzahlen, und dass ihr diese Rentenzahlung mit Bescheid des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 untersagt worden ist. Tatsächlich hatte der Kläger zwei bis drei Wochen, nachdem er den ersten Zeichnungsschein bezüglich des Unter- nehmenssegments VIII am 2. Mai 1999 unterschrieben hatte, einen Emissionsprospekt erhalten, der aber nicht identisch ist mit dem Prospekt Nr. 13.3 und von dem Kläger auch nicht vorgelegt worden ist. Den Prospekt Nr. 13.3 hat der Kläger nicht erhalten.
3
Nachdem der Kläger den Gesellschaftsvertrag fristlos gekündigt hat, verlangt er von den Beklagten Schadensersatz in Höhe der von ihm an die S. AG gezahlten 7.730,73 € Zug um Zug gegen Übertragung seines Geschäftsanteils - hilfsweise des Auseinandersetzungsguthabens - und Freistellung von weiteren Zahlungsansprüchen der S. AG. Zur Begründung macht er geltend, über die personellen Verflechtungen mit dem Bankhaus P. , den Verlustübernahmevertrag und den Wegfall der ratierlichen Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben mit der möglichen Folge späterer Liquiditätsengpässe nicht informiert worden zu sein. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Zahlungsanspruchs stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt : Der Kläger hätte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Zwar seien die Beklagten als die für den Emissionsprospekt der S. AG Verantwortlichen verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass in dem Prospekt oder auf anderem Wege auf den Verlustübernahmevertrag mit dem Bankhaus P. und die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen werde. Die sich daran anknüpfende Prospekthaftung komme aber hier nicht zur Anwendung, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag den Prospekt bei den Vertragsanbahnungsgesprächen gar nicht zur Kenntnis genommen habe. Auch sei nichts für eine durch den Prospekt geschaffene positive Anlagestimmung vorgetragen. Ob der Kläger von dem Anlagevermittler falsch beraten worden sei, könne offen bleiben, denn dafür würden die Beklagten als die Vorstandsmitglieder der S. AG nicht persönlich haften. Eine Haftung aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB, § 264 a StGB schließlich scheide ebenfalls aus, weil der Kläger den Prospekt nicht zur Kenntnis genommen habe.
6
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
7
1. a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Voraussetzungen einer Prospekthaftung im Grundsatz angenommen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlich geregelten Prospekthaftung, etwa nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F., muss ein im sog. grauen Kapitalmarkt herausgegebener Emissionsprospekt nach den von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Grundsätzen der Prospekthaftung dem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. Ändern sich diese Umstände nach der Herausgabe des Prospekts, haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oder durch entsprechende Hinweise bei Abschluss des Vertrages Mitteilung zu machen. Werden der Prospekt und die ggf. ergänzend zu erteilenden Hinweise diesen Anforderungen nicht gerecht, hat der auf dieser Grundlage geworbene Anleger, wenn er sich bei Kenntnis der ihm verschwiegenen Umstände nicht beteiligt hätte, gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Beteiligung (Senat, BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340 ff.; 123, 106, 109 f.; Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, WM 2004, 379, 381; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 929 f.; ebenso VII. Zivilsenat BGHZ 115, 214, 217 f.; im Grundsatz ebenso für die gesetzliche Prospekthaftung nach §§ 44 f. BörsG; Sen.Urt. v. 13. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, und nach § 20 KAGG; BGH, Urt. v. 22. Februar 2005 - XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 784).
8
b) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger jedenfalls auf die bankrechtlichen Bedenken gegen die in zahlreichen Anlageverträgen der S. AG vereinbarte ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben ("Securente") hingewiesen werden müssen.
9
Dass den für das Anlageprojekt Verantwortlichen - also auch den Beklagten - diese mit der Neufassung des § 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 entstandenen Bedenken bewusst gewesen sein müssen und dass sie darauf jedenfalls diejenigen Anleger haben hinweisen müssen, in deren Verträgen dennoch eine ratierliche Auszahlung vorgesehen worden ist, hat der Senat bereits mit Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03 - entschieden (ZIP 2005, 763, 765). Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Bedenken objektiv begründet waren - was aufgrund des Einlen- kens der S. AG in dem gegen die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren dort nicht geklärt werden konnte. Es reicht vielmehr aus, dass an der Rechtmäßigkeit ernsthafte Zweifel bestanden, da schon diese Zweifel für eine Anlageentscheidung von Bedeutung sein konnten.
10
Diese Hinweispflicht bestand auch gegenüber den Anlegern, die - wie der Kläger - eine Auszahlung in einer Summe wünschten. Denn das aufgrund der Gesetzesänderung entstandene Risiko wirkte sich auch auf die Verträge aus, die von dieser Gesetzesänderung nicht unmittelbar betroffen waren. Wie dem Senat aus zahlreichen Prozessen bekannt ist, hat die S. AG in den Jahren 1998 und 1999 viele Verträge abgeschlossen, in denen eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens vorgesehen war, ohne dabei auf die bankrechtlichen Bedenken hinzuweisen. Dadurch entstand die nahe liegende Möglichkeit, dass sich zahlreiche Anleger - unter Hinweis auf den Aufklärungsmangel - von ihrem Vertrag lösen und Rückzahlung der schon geleisteten Einlagen verlangen würden. Damit bestand die Gefahr, dass die S. AG in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten würde, was durch die mittlerweile erfolgte Insolvenzeröffnung bestätigt wird. Für einen Anleger war es von erheblichem Interesse zu erfahren, ob die Gesellschaft derartige "Altlasten" zu gewärtigen hatte. Denn davon hing die Sicherheit seiner Kapitalanlage ab.
11
c) Weiter hätten unter der Voraussetzung, dass der Kläger den rückdatierten Zeichnungsschein erst nach dem 22. September 1999 unterzeichnet hat, die Beklagten - etwa in Form einer Prospektberichtigung - auf den an diesem Tage geschlossenen Verlustübernahmevertrag der S. AG mit dem Bankhaus P. hinweisen müssen.

12
Nach der Senatsentscheidung vom 6. Oktober 1980 (BGHZ 79, 337, 345) ist aufzuklären über kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen dem Unternehmen, an dem sich der Anlageinteressent beteiligen soll, und einem Unternehmen, in dessen Hand das durchzuführende Vorhaben ganz oder teilweise gelegt wird. Das gleiche gilt bei einer - hier vorliegenden - Verflechtung des Anlageunternehmens mit einem Kreditinstitut, das an der Finanzierung von Beteiligungen mitwirkt. Dieser Aufklärungspflicht ist die S. AG insoweit nachgekommen, als sie in dem Prospekt auf ihre Beteiligung an der S. Bank AG und dem Bankhaus P. sowie dessen persönlich haftender Gesellschafterin hingewiesen hat. Weiter hat sie darin eine Bürgschaft i.H.v. 14 Mio. DM, eine Verpfändung von Kapitalbriefen im Wert von 8,942 Mio. DM und Grundschulden i.H.v. 33,5 Mio. DM, jeweils zugunsten der S. Bank AG, erwähnt. Die Verpflichtung aus dem Verlustübernahmevertrag , auf die nicht hingewiesen wird, geht aber darüber deutlich hinaus. Das damit verbundene Risiko war nicht schon durch die - z.T. durch andere Beteiligungen vermittelte - Mehrheitsbeteiligung der S. AG an dem Bankhaus P. und die übrigen Sicherungsmittel weitgehend abgedeckt. Auch wenn bei dem Bankhaus P. für das Jahr 1999 - wie die Beklagten behaupten - nach der Verschmelzung mit der S. Bank AG nur ein Verlust i.H.v. rund 12 Mio. DM und für die Folgejahre jeweils steigende Gewinne hätten erwartet werden können, ist das mit einer Verlustübernahme verbundene, der Höhe nach unbegrenzte Risiko gefährlicher als das Risiko, lediglich das investierte Beteiligungskapital zu verlieren und aus den der Höhe nach begrenzten Sicherheiten in Anspruch genommen zu werden. Wenn es kein darüber hinausgehendes Risiko gegeben hätte, dann hätte auch kein Anlass bestanden, überhaupt einen Verlustübernahmevertrag abzuschließen. Ob mit einer Inanspruchnahme der S. AG aus dem Verlustübernahmevertrag konkret zu rechnen war, ist unerheblich. Schon die abstrakte Gefahr, bei einem Niedergang des Bankhauses P. in eine unkalkulierbare Haftung zu geraten, stellt einen erheblichen Risikofaktor dar, der sich qualitativ auch von dem Risiko hochspekulativer Beteiligungen, auf die in dem Prospekt hingewiesen wird, unterscheidet. Anders als bei den erwähnten Sicherheiten drohte aufgrund des Verlustübernahmevertrages nicht nur der Verlust des zur Sicherheit eingesetzten Vermögens, sondern eine darüber hinausgehende unbegrenzte Zahlungspflicht.
13
Das mit der Verlustübernahme verbundene Risiko für die Beteiligung der Kläger ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich gewesen, weil die Verlustübernahme dem Unternehmenssegment II der S. AG zugeordnet war und nicht dem für die Beteiligung des Klägers maßgebenden Segment VII. Zwar waren die ggf. anfallenden Verluste zunächst dem Segment II zu belasten. Reichte aber das dort ausgewiesene Vermögen zur Deckung dieser Verluste nicht aus, musste das den anderen Segmenten zugewiesene Vermögen in Anspruch genommen werden, da die S. AG im Außenverhältnis einen einheitlichen Haftungsverbund darstellt. Dementsprechend haben die Verluste des Bankhauses P. auch mit dazu geführt, dass die S. AG in dem Unternehmenssegment VII die vertragsgemäßen Ausschüttungen einstellen musste.
14
d) Ob auch auf die Beteiligung einzelner Vorstandsmitglieder der S. AG an dem Bankhaus P. und die Fusion des Bankhauses P. mit der S. Bank AG hätte hingewiesen werden müssen, bedarf hier keiner Entscheidung.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die aus den Prospektfehlern abzuleitenden Haftungsregeln auch im vorliegenden Fall an- wendbar. Jedenfalls das Verschweigen der bankrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer ratierlichen Auszahlung von Auseinandersetzungsguthaben war nämlich ursächlich für den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrages mit dem Kläger, auch wenn der Kläger den Inhalt des Prospekts vor der Vertragsunterzeichnung nicht zur Kenntnis genommen hat und mangels Aushändigung auch nicht zur Kenntnis nehmen konnte.
16
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, WM 2003, 1818, 1819 f.; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765; für die gesetzliche Prospekthaftung nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F. gilt eine Beweislastumkehr nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist - wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig angenommen hat - grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat.
17
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Prospekt hier bei dem Vertragsschluss mit dem Kläger Verwendung gefunden. Mit der Anwerbung von stillen Gesellschaftern hatte die S. AG Vermittlungsgesellschaften beauftragt. Die Mitarbeiter dieser Gesellschaften wurden auf der Grundlage des jeweils gültigen Emissionsprospekts der S. AG geschult. Sie waren daher von vornherein darauf festgelegt, die Anlage nur mit den Informationen aus dem Emissionsprospekt zu vertreiben. Auf Risiken, die in dem Prospekt nicht erwähnt waren, konnten sie die Anleger nicht hinweisen. Die Maßgeblichkeit des Prospekts für die Anwerbung der Anleger kommt auch in dem Zeichnungsschein der S. AG zum Ausdruck. Dort heißt es, der Vermittler sei allein befugt, die Beteiligung auf der Grundlage des Zeichnungsscheins , des Gesellschaftsvertrages und des Emissionsprospekts zu vermitteln. Bei dieser Sachlage ergibt sich aus einem Prospektfehler, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht nur eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB n.F.) i.V.m. § 278 BGB, die für die Beklagten als nicht an dem Vertrag Beteiligte nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht käme (§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB n.F.). Vielmehr wird dieser Fall auch von dem Anwendungsbereich der Prospekthaftung im engeren Sinne erfasst. Dafür reicht aus, dass der Prospekt - wie hier - entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653).
18
Das ist hier geschehen, auch wenn das Berufungsgericht festgestellt hat, der Prospektinhalt sei dem Kläger nicht "mitgeteilt" worden. Dies darf entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1 nicht dahin verstanden werden, der Prospekt habe überhaupt keine Rolle bei der Anwerbung gespielt. Sollen die Anleger bestimmungsgemäß auf der Grundlage des herausgegebenen Prospekts geworben werden, fließt notwendigerweise der Prospektinhalt in das einzelne Werbegespräch ein. Dementsprechend ist der Kläger, dem im Übrigen nicht irgendeine Anlage, sondern eine Beteiligung an dem Unternehmenssegment VII der S. AG vermittelt worden ist, über die in dem Prospekt verschwiegenen Risiken unstreitig nicht unterrichtet worden. Auch wenn der Vermittler dem Kläger nicht alle in dem Prospekt aufgenommenen Einzelheiten "mitgeteilt" hat, war doch dieser Prospekt dem Vertriebskonzept entsprechend die Grundlage des Beratungsgesprächs. Der Prospektmangel setzte sich damit in das Beratungsgespräch hinein fort und wirkte genauso, wie wenn dem Kläger der Pros- pekt rechtzeitig übergeben worden wäre und er kein Gespräch mit dem Anlagevermittler geführt, sondern sich allein aus dem Prospekt informiert hätte.
19
Dem steht die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Wirtschaftsprüfers für Fehler bei der Prüfung eines Emissionsprospekts (Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993, Tz. 28 f.; v. 31. Oktober 2007 - III ZR 298/05, z.V.b.) nicht entgegen. Danach setzt die Haftung des Wirtschaftsprüfers voraus, dass der Anlageinteressent den in dem Prospekt erwähnten Prüfbericht auch tatsächlich angefordert hat. Dies ist auf die hier maßgebliche Prospekthaftung schon deswegen nicht übertragbar , weil die Haftung des Wirtschaftsprüfers für unrichtige, in dem Prospekt selbst aber nicht veröffentlichte Testate nicht auf den Grundsätzen der Prospekthaftung , sondern auf einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte beruht (BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO, Tz. 26). Im Übrigen spielt der Prüfbericht in den S. -Fällen keine Rolle als Arbeitsgrundlage der Anlagevermittler, weil ein solcher nicht erstellt ist.
20
3. Alle vier Beklagten sind Prospektverantwortliche i.S. der Senatsrechtsprechung (BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340).
21
4. Auf die Beschränkung der Prospekthaftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gemäß Seite 120 f. des Prospekts können sich die Beklagten schon deshalb nicht berufen, weil der Prospekt dem Kläger nicht ausgehändigt worden ist. Im Übrigen ist diese Beschränkung gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. Sen.Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813, 815). Im Anwendungsbereich der §§ 44, 45 Abs. 1 BörsG i.V.m. §§ 8 f, g, 13 VerkProspG n.F. haften die Prospektverantwortlichen zwar nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das ist aber kein Anlass, für die Altfälle von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
22
5. Die Beklagten trifft ein Verschulden.
23
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Beklagten von Rechtsanwälten oder anderen Gutachtern haben beraten lassen und dabei die Auskunft erhalten haben, die bankrechtlichen Zweifel an der ratierlichen Auszahlung und der Verlustübernahmevertrag begründeten keine Prospektergänzungspflicht. Diese Auskunft wäre vielmehr ein fahrlässiger Beratungsfehler gewesen, der den Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen wäre.
24
Nach der Senatsrechtsprechung ist bei einem Prospektmangel im Regelfall von einem Verschulden der dafür verantwortlichen Personen auszugehen. Eine nähere Prüfung des Verschuldens ist nur dann geboten, wenn Umstände vorgetragen werden, die das Verschulden ausschließen können. Das kann anzunehmen sein, wenn die für die Gesellschaft handelnden Personen irrig davon ausgegangen sind, es bedürfe keines klarstellenden Hinweises an die Anlageinteressenten. Entschuldigend kann ein solcher Rechtsirrtum aber nur dann wirken, wenn die von der Rechtsprechung aufgestellten strengen Voraussetzungen erfüllt sind. Danach muss sich der Verpflichtete mit Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Frage bemüht haben (Sen.Urt. v. 28. September 1992 - II ZR 224/91, WM 1992, 1892; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765).
25
Diese Anforderungen haben die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag nicht erfüllt. Es reicht nicht aus, lediglich auf die Einschaltung von Rechtsanwälten und Gutachtern zu verweisen. In dem der Senatsentscheidung vom 28. September 1992 (aaO) zugrunde liegenden Fall hatten die Initiatoren eines Immobilienfonds verschwiegen, dass ein bestimmtes Grundstück noch nicht der KG gehörte. Dem lag die - behauptete - unzutreffende Auskunft des beurkundenden Notars zugrunde, bei der Umwandlung einer GbR in eine KG bedürfe es für die Übertragung des Eigentums an dem bislang der GbR gehörenden Grundstück keiner gesonderten Auflassung. Davon unterscheidet sich der Fall eines - wie hier - bekannten Risikos, bei dem lediglich zu prüfen ist, ob es eine Hinweispflicht auslöst. Bei dieser Prüfung ist der Anwalt Erfüllungsgehilfe der Prospektverantwortlichen.
26
6. Der Schaden des Klägers besteht in seiner gezahlten Einlage abzüglich der Entnahmen (vgl. dazu Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823 f. sowie BGHZ 145, 121, 130 f. und BGH, Urt. v. 8. März 2005 - XI ZR 170/04, ZIP 2005, 802, 803), das sind die von dem Landgericht ausgeurteilten 7.730,73 €.
27
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind auf diesen Schaden im Wege des Vorteilsausgleichs die aufgrund der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern die Ersatzleistung nicht ihrerseits zu versteuern ist (BGHZ 159, 280, 294; Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257 - "Securenta AG/Göttinger Gruppe II"; ebenso BGH, Urt. v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 und v. 24. April 2007 - XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 = ZIP 1200, 1202). Das erscheint auch im vorliegenden Fall bei einer wertenden Betrachtung nicht unbillig. Wie der Kläger nämlich bei seiner mündlichen Anhörung selbst eingeräumt hat, ist ihm von dem Anlagevermittler gesagt worden, der Staat finanziere die Anlage zu 30-40 % mit. Danach ist davon auszugehen, dass der Wunsch nach einer Steuerersparnis zumindest mitur- sächlich für die Anlageentscheidung war. Nach dem Vortrag der Beklagten sind auch Steuervorteile entstanden. Die dem Kläger zugewiesenen Verluste sollen 100 % seiner Einlage ausgemacht haben. Der Einwand des Klägers, die Darlegungs - und Beweislast für die anzurechnenden Steuervorteile treffe die Beklagten , ist zwar grundsätzlich richtig, verkennt aber, dass ihn selbst eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. Senat, BGHZ 140, 156, 158; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. Vor § 284 Rdn. 34). Nur er verfügt über die insoweit erforderlichen Kenntnisse. Deshalb ist er gehalten, die für die Berechnung der etwaigen Steuervorteile nötigen Daten mitzuteilen. Dazu hat er im Rahmen der wiedereröffneten Berufungsverhandlung Gelegenheit.
28
7. Der Zahlungsanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung ist durch die Einreichung der Klage am 23. Dezember 2002 mit Zustellung am 28./29. Januar 2003 gem. §§ 193, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden.
29
Ansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung verjähren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (BGHZ 83, 222; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Ob die Sechsmonatsfrist nach der Neufassung des § 46 BörsenG durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010), wonach ab dem 1. Januar 2002 statt der Sechsmonats- eine Einjahresfrist gilt, an das neue Recht anzupassen ist (so Assmann/Wagner, NJW 2005, 3169, 3173), kann offen bleiben. Auch nach der strengeren bisherigen Rechtsprechung ist keine Verjährung eingetreten.
30
Die dreijährige Frist beginnt mit dem Wirksamwerden des Vertrages, also mit Zugang der Vertragsannahmeerklärung. Das rückdatierte Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageeinreichung am Montag , dem 23. Dezember 2002, noch nicht abgelaufen. Dass der Kläger in der Klageschrift eine falsche Vertragsnummer angegeben hat, ist unerheblich. Für die Beklagten war klar, welcher Vertrag nur gemeint sein konnte. Die Klage ist auch demnächst zugestellt worden i.S. des § 167 ZPO. Auf die am 30. Dezember 2002 unterzeichnete Kostenanforderung hat der Kläger am 15. Januar 2003 den Kostenvorschuss überwiesen. Weitere Verzögerungen sind nicht von ihm veranlasst worden.
31
Damit könnte der Anspruch nur verjährt sein, wenn die sechsmonatige - ggf. einjährige - Frist gelten würde. Dem Vortrag der Beklagten, die die Voraussetzungen der Verjährung darzulegen haben, lässt sich indes nicht entnehmen , dass der Kläger früher als sechs Monate vor Klageeinreichung von den Prospektfehlern Kenntnis erhalten hat. Insbesondere reichte dafür der "Newsletter 3/2001" vom 7. August 2001 nicht aus. Darin ist zwar von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der S. AG zugunsten des Bankhauses P. mit der Folge einer Aussetzung der Ausschüttungen an die stillen Gesellschafter die Rede, nicht aber auch davon, dass ein Verlustübernahmevertrag abgeschlossen worden war.
32
III. Der Anspruch des Klägers, ihn von weiteren Zahlungspflichten gegenüber der S. AG freizustellen, ist dagegen verjährt, soweit er auf die Grundsätze der Prospekthaftung gestützt ist.
33
Die Klageerhebung hat die dreijährige Verjährung nicht unterbrochen, weil der Freistellungsanspruch nicht sogleich geltend gemacht worden ist. Zwar unterbricht die Zahlungsklage grundsätzlich auch die Verjährung eines Freistellungsanspruchs (BGH, Urt. v. 27. November 1984 - VI ZR 38/83, NJW 1985, 1152, 1154). Das gilt aber dann nicht, wenn der Freistellungsanspruch zusätzlich zu dem Zahlungsanspruch geltend gemacht wird. Dann handelt es sich zunächst nur um eine Teilklage, durch die die Verjährung des restlichen Anspruchs nicht unterbrochen wird (BGHZ 66, 142, 147; BGH, Urt. v. 2. Mai 2002 - III ZR 135/01, NJW 2002, 2167).
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Damit kommt es darauf an, ob sich der Freistellungsanspruch auch auf § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264 a StGB stützen lässt. Für den Beginn der auch dabei dreijährigen Verjährungsfrist kommt es auf die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers von den den Anspruch begründenden Umständen an. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil der fehlerhafte Emissionsprospekt nicht Grundlage der Anlageentscheidung des Klägers geworden sei, ist - wie vorstehend ausgeführt - unzutreffend. Das Berufungsgericht hat Gelegenheit, im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung auch insoweit die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.05.2004 - 1 O 435/02 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 15.12.2005 - 8 U 330/04-72- -

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.

(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.

(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.

(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.

(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.

(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.