Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Dez. 2018 - 20 U 1474/18

bei uns veröffentlicht am12.12.2018

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 23. März 2018, Az. 54 O 1212/17, abgeändert und - teilweise klarstellend - neu gefasst:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von € 2.500,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017 zu zahlen.

II. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 1.031,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 445,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19. Mai 2017.

III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall vom 31. Mai 2016 gegen 9:43 Uhr am I., B. Straße 112, … L., unter Berücksichtigung eines von der Klägerin zu tragenden Mitverschuldensanteils in Höhe von 75% zu erstatten hat, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 88%, der Beklagte 12%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.280,08 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin und weitere Hundehalter führten am 31. Mai 2016 gegen 9:43 Uhr ihre Hunde am I., B. Straße 122, … L. spazieren. Der Beklagte stieß mit seinem Hund, einer Old-English-Bulldogge, dazu. Hierauf gerieten der Mischlingshund der Klägerin und der Hund des Beklagten, die beide nicht angeleint waren, in eine Rangelei. Die Klägerin fasste in das Geschehen, wurde in die rechte Hand gebissen und erlitt einen großen Weichteildefekt am dorsalen Handrücken, eine Verletzung des Fingerstreckers D4 und eine Nervenläsion N9. Sie wurde vom 31. Mai 2016 bis 12. Juni 2016 stationär im Krankenhaus behandelt (K 2) und war bis 1. Juli 2016 krankgeschrieben (K 4). Am 31. Mai 2016 erfolgte die operative Versorgung der Handverletzung, am 6. Juni 2016 wurde Haut vom Oberschenkel transplantiert. Nach dem stationären Aufenthalt musste die Hand ambulant regelmäßig versorgt werden. Auch absolvierte die Klägerin bis Ende Dezember 2016 eine intensive Ergotherapie und musste zur Vermeidung einer Verklebung der Narben einen Kompressionshandschuh tragen. Am 17. Juni 2016 wurde von der Klinik eine noch deutliche Bewegungseinschränkung der rechten Hand festgestellt (K 3), Mitte August 2016 vom Ergotherapeuten weiterhin eine Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Hand dokumentiert (K 6). In dieser Zeit befand sich die Klägerin auch in regelmäßiger Behandlung bei ihrem Hausarzt, da die Stelle der Hauttransplantation an einigen Stellen eiterte und nässte. Am 12. Dezember 2016 bestätigte das Krankenhaus eine verhärtete Narbe am Grundgelenk des Kleinfingers, einen noch nicht vollständig möglichen Faustschluss und eine Bewegungseinschränkung. Zur Therapie wurde weiterhin das Tragen eines Kompressionshandschuhs und intensive Ergotherapie zwei- bis dreimal wöchentlich empfohlen (K 7). Durch die Beeinträchtigung der rechten Hand kam es zu einer Überbeanspruchung des linken Armes und der linken Hand, weshalb eine Aktivbandage zur Kompression des Ellenbogens und eine Handgelenkbandage zur Ruhigstellung des Handgelenks erforderlich wurden.

Der Klägerin, die Rechtshänderin ist, fallen nach wie vor feinmotorische Arbeiten schwer, das Greifen mit der rechten Hand ist schwierig, das Heben von Gegenständen nicht möglich. Sie hat wegen der eingeschränkten Kraft der Hand Probleme, Schraubverschlüsse zu öffnen, Lebensmittel mit dem Messer zu schneiden und Messer und Gabel zu benutzen. Der früher viel ausgeübte Badmintonsport ist nicht mehr möglich. Die Narbe an der Hand ist wetterfühlig. Die Klägerin ist aufgrund des Ereignisses traumatisiert und hat Alpträume. Ihr sind in Zusammenhang mit dem Vorfall Fahrtkosten von € 171,50 und Kosten für Zuzahlungen bzw. für Salben und Verbände von € 188,58 entstanden.

Der Haftpflichtversicherer des Beklagten hat mit Schreiben vom 24. Februar 2017 (K 10) Ansprüche der Klägerin gegen ihren Versicherten, den Beklagten, zurückgewiesen. Die Zustellung der Klage an den Beklagten ist am 18. Mai 2017 erfolgt.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass der Hund des Beklagten die Verletzung verursacht habe. Dieser habe - wie unstreitig - keinen Maulkorb getragen und sei nicht angeleint gewesen, was nach Dafürhalten der Klägerin gegen die Landshuter Sicherheitssatzung verstoßen habe. Die Tiergefahr ihres eigenen Tieres habe sich nicht verwirklicht; sie selbst habe nicht aktiv in eine Hundebeißerei eingegriffen, sondern den Hund des Beklagten lediglich am Halsband gefasst um diesen von ihrem eigenen Hund zurückzuziehen. Deshalb sei der Beklagte zum Ersatz des gesamten aus dem Vorfall entstandenen materiellen Schadens und eines angemessenen Schmerzensgelds von mindestens € 15.000,00 verpflichtet. Der bisher entstandene materielle Schaden belaufe sich auf eine Gesamthöhe von € 10.280,08 und setze sich aus einem - näher aufgeschlüsselten - Haushaltsführungsschaden in Höhe von € 9.890,00, Fahrtkosten von € 171,50, Zuzahlungen bzw. Kosten für Salben und Verbände von € 188,58 und einer Unkostenpauschale in Höhe von € 30,00 zusammen. Auch müsse der Beklagte die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten ersetzen und sei seine Haftung für sämtliche noch entstehende materielle und immaterielle Schäden festzustellen.

Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin sei von ihrem eigenen Hund gebissen worden. Der Hund der Klägerin habe seinen Hund unvermittelt angegriffen, worauf beide Hundehalter versucht hätten, ihren jeweiligen Hund wegzuziehen. Ein Anspruch der Klägerin gegen ihn wegen des - nicht zu beanstandenden - Verhaltens seines Hundes scheide deshalb aus. Bei Wahrunterstellung des Vortrags der Klägerin scheiterte ein Anspruch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der nicht gebotenen Selbstgefährdung.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Endurteil vom 23. März 2018 hat das Landgericht nach Vernehmung der Zeugen F., W., S., Sch., P. und Sc., der Anhörung der Parteien und der Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Haftung nach § 833 BGB schon deshalb ausscheide, weil die Klägerin von ihrem eigenen Hund gebissen worden sei und eine Tiergefahr des Hundes des Beklagten damit nicht zu Lasten des Beklagten angesetzt werden könne. Auch habe der Hund der Klägerin mit der Rauferei angefangen. Eine Verpflichtung des Beklagten, seinen Hund an der Leine zu führen, habe nicht bestanden. Jedenfalls wäre ein eventueller Gefährdungsbeitrag des Hundes des Beklagten durch ein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 BGB aufgezehrt, denn diese habe in eine aktive Rauferei zweier Hunde hineingegriffen, obwohl sich auch dem Laien erschließe, dass dies mit einem gewissen Risiko verbunden sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Klägerin die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und wie in erster Instanz die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds und zur Zahlung von Schadensersatz in Gesamthöhe von € 10.280,08 jeweils nebst gesetzlicher Zinsen seit 25. Februar 2017. Weiter begehrt die Klägerin die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.065,13 nebst gesetzlicher Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie die Feststellung der Eintrittspflicht des Beklagten für künftig entstehende materielle und immaterielle Schäden aus dem fraglichen Vorfall, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass es der Hund des Beklagten gewesen sei, der sie gebissen habe, jedenfalls aber habe das Landgericht verkannt, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dessen Tiergefahr sogar dann verwirklicht habe, wenn er nicht derjenige Hund gewesen sei, der sie verletzt habe. Denn der Hund des Beklagten habe keine nur passive Rolle gespielt, sondern mit ihrem Hund gerangelt. Es liege auch kein reines Eigenverschulden vor, da es nicht zu beanstanden sei, dass sie ihren Hund aus der Situation befreien wollte; auch habe sie nicht in den unmittelbaren Biss- bzw. Kampfbereich eingegriffen.

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er weist erneut darauf hin, dass von seinem Hund keinerlei Aggression ausgegangen sei. Da die Klägerin mit ihrer Hand zwischen die Hunde gegriffen habe, überwiege jedenfalls das Mitverschulden der Klägerin soweit, dass die Tiergefahr seines Hundes völlig zurücktrete.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2018 hat der Senat die Klägerin persönlich angehört sowie ihren Ehemann und ihre Kinder als Zeugen zum Umfang der Haushaltsführung der Klägerin vor und nach dem Vorfall vom 31. Mai 2016 vernommen. Hinsichtlich des Beweisergebnisses und des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen vom 1. August 2018 und vom 21. November 2018 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat im tenorierten Umfang Erfolg. Insoweit war das landgerichtliche Urteil abzuändern. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts haftet der Beklagte als Tierhalter gemäß § 833 BGB unabhängig davon, ob die Klägerin durch einen Biss ihres oder des Hundes des Beklagten verletzt worden ist (ebenso OLG Frankfurt, 15 U 298/90, juris). Denn § 833 BGB statuiert nicht (nur) die Verantwortlichkeit des Halters wegen der Verletzung eines Dritten unmittelbar durch das Tier, sondern begründet eine Gefährdungshaftung, die bereits dann eingreift, wenn die Rechtsgutsverletzung ihre Ursache zumindest auch in der Verwirklichung spezifischer oder typischer Gefahren der Natur des Tieres hat bzw. insoweit ein auch nur mittelbarer ursächlicher Zusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2005, VI ZR 225/04, juris Rn. 7 mwN; Palandt, BGB, § 833 Rn. 6 mwN). Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, VI ZR 465/15, juris Rn. 9).

Eine solche Tiergefahr hat sich hier verwirklicht, denn unstreitig fand zwischen den Hunden der Parteien zum fraglichen Zeitpunkt eine Rangelei statt. Diese stellt eine Interaktion zwischen den Tieren dar, die ihrer tierischen Natur entsprechend aufeinander eingewirkt haben, bis es zur Schädigung der Klägerin kam. Damit hat sich in der Bissverletzung die von beiden Hunden ausgehende Tiergefahr adäquat mitursächlich verwirklicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, VI ZR 465/15, juris Rn. 12).

Etwas anderes würde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann gelten, wenn keinerlei eigene Energie des Hundes des Beklagten an dem Geschehen beteiligt gewesen wäre, sich seine Rolle also auf seine bloße Anwesenheit auf der Wiese als „geführter Hund“ beschränkt hätte (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, VI ZR 465/15, juris Rn. 9 mwN, Rn. 12). Dies allerdings war nach den übereinstimmenden Angaben aller Beteiligten, die eine zum fraglichen Zeitpunkt andauernde Rangelei zwischen beiden Hunden geschildert haben, nicht der Fall.

Irrelevant ist hier auch, welcher Hund mit der Rauferei begonnen hat (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, VI ZR 465/15, juris Rn. 12; OLG Frankfurt, 15 U 298/90, juris); bereits die von einem Tier ausgehenden und auf ein anderes Tier einwirkenden Reize können eine für einen Schaden mitursächliche Tiergefahr darstellen (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, VI ZR 465/15, juris Rn. 9).

2. Unzweifelhaft trifft die Klägerin, die in die Rangelei der Hunde eingegriffen hat, ein die Haftung des Beklagten beschränkendes Mitverschulden. Denn bei diesem Verhalten hat sie die Sorgfalt außer Acht gelassen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch gegenüber Tieren zu beobachten pflegt um sich vor Schaden zu bewahren, insbesondere sich nicht auf die allgemein bekannten Tiergefahren eingestellt und entsprechende Vorsicht walten lassen (vgl. Palandt, BGB, § 833 Rn. 13 mwN), sondern ihre rechte Hand in unvorsichtiger Weise in den Bissbereich der Hunde bewegt.

Auch muss die Klägerin sich die Tiergefahr ihres eigenen Hundes, die den Schaden nach obigen Grundsätzen ebenfalls mitverursacht hat, entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen (Palandt, BGB, § 833 Rn. 13 mwN). Die Ersatzpflicht bestimmt sich insoweit nach dem Gewicht, mit dem die Tiergefahr beider Tiere im Verhältnis zueinander wirksam geworden ist (Palandt, BGB, § 833 Rn. 13 mwN).

Entgegen der Ansicht des Beklagten wiegt das Mitverschulden auf Seiten der Klägerin jedoch nicht so schwer, dass es die vom Hund des Beklagten ausgehende Tiergefahr gänzlich aufwiegen würde. Denn beide Parteien haben die Situation, die zwar als Rangelei, jedoch nicht als hochaggressive Beißerei beschrieben wird, übereinstimmend als nicht so gefährlich eingeschätzt, dass gefahrloses Eingreifen ausgeschlossen gewesen wäre. Vielmehr hat auch der Beklagte nach eigenem Vorbringen in ähnlicher Weise und zur selben Zeit wie die Klägerin in das Geschehen eingegriffen, seinen Hund gepackt, zwischen die Beine genommen und ihn vom - nach dem Hund des Beklagten schnappenden - Hund der Klägerin weggedreht (Anhörung des Beklagten, Sitzungsprotokoll vom 25. Oktober 2017, Bl. 47 ff., 50). Dass die Klägerin im Gegensatz zu ihm direkt vor die Schnauze eines der beiden Hunde gegriffen hätte, hat auch der Beklagte nicht behauptet, sondern - im Einklang mit der Klägerin, die ein Greifen zwischen die Hunde in Abrede gestellt hat - vorgetragen, die Klägerin habe ihren Hund mit der linken Hand am Halsband gepackt und mit der rechten unter den Hals des Hundes gegriffen um ihn wegziehen zu können (Anhörung des Beklagten, Sitzungsprotokoll vom 25. Oktober 2017, Bl. 47 ff., 49 f.).

Der Senat bewertet das Mitverschulden der Klägerin unter Abwägung der vorstehend geschilderten Gesamtumstände, insbesondere auch des Umstands, dass der Hund der Klägerin von den Zeugen als Aggressor beschrieben wurde, sich sein Gefahrenpotential nach der nicht zu beanstandenden Überzeugung des Landgerichts in der Schädigung manifestiert hat und die Klägerin sich - wenn auch geringfügig - möglicherweise unvorsichtiger als der Beklagte verhalten hat, mit 75%.

3. Damit hat der Beklagte der Klägerin 25% des ihr entstandenen Schadens zu ersetzen, §§ 833, 249 ff. BGB, mithin einen Betrag von insgesamt € 1.031,60. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

a) Der Haftungsanteil des Beklagten aus den unstreitigen Fahrkosten (insgesamt € 171,50) und Zuzahlungen etc. (insgesamt € 188,58) beträgt € 90,02.

b) Den Haushaltsführungsschaden schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf insgesamt € 3.766,30, wovon auf den Haftungsanteil des Beklagten € 941,58 entfallen. Im Einzelnen:

aa) Der Senat geht unter Würdigung der Gesamtumstände davon aus, dass die Klägerin vor dem Vorfall vom 31. Mai 2016 28,5 Wochenstunden (bei 7 Arbeitstagen 4,07 h/Tag) im Haushalt tätig war, wovon 2 Wochenstunden auf Bügeln, 14 Wochenstunden auf Kochen, 2 Wochenstunden auf Gartenarbeit, 4,5 Wochenstunden auf Einkaufen und 6 Wochenstunden auf Putzen entfielen.

Soweit die Klägerin dagegen vorgetragen hat, 4 Wochenstunden auf Bügeln verwendet zu haben, 28 Wochenstunden auf Kochen, 8 Wochenstunden auf den Einkauf verwendet zu haben und 8 Wochenstunden auf Putzen, folgt der Senat diesen Angaben, die die Zeugen mangels Anwesenheit tagsüber auch nicht bestätigen konnten, nicht. Denn die Klägerin hatte zwar damals einen vierköpfigen Haushalt zu versorgen, sie war allerdings tagsüber - bis auf einen Mittag in der Woche, an dem ihre Tochter anwesend war - allein. Damit war neben dem Frühstück nur eine warme Mahlzeit für die anderen Familienmitglieder zuzubereiten, auch die geschilderten Servier- und Aufräumarbeiten in der Küche fielen in nennenswertem Umfang nur einmal täglich an. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hat sie für niemanden zwei warme Mahlzeiten täglich zubereitet. Wegen der fast ständigen wochentäglichen Abwesenheit der anderen drei erwachsenen Familienmitglieder ist auch unter Berücksichtigung häufig notwendigen Saugens des Wohnbereichs wegen der Hundehaltung für das Putzen ein Ansatz von nur 6 Wochenstunden vorzunehmen. Den nachvollziehbaren Aufwand für das Einkaufen und Bügeln bewertet der Senat ebenfalls geringer als die Klägerin, zumal sie in einer Gegend mit guter Nahversorgung lebt.

Als Stundensatz setzt der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der übrigen Senate des Oberlandesgerichts München € 8,50 an.

bb) Gestaffelt nach Zeiträumen ergibt sich ein Schaden von insgesamt 443,09 ausgefallenen Arbeitsstunden und damit ein Gesamtschaden von € 3.766,30:

(1) Für die 12 Tage des stationären Aufenthalts der Klägerin vom 31. Mai 2016 bis 12. Juni 2016 sind 48,84 Stunden (täglich 4,07 Stunden, s.o.) anzusetzen, mithin ein Schaden von € 415,14. Da die Klägerin im Krankenhaus versorgt wurde, ist nach ständiger Rechtsprechung ein Abschlag von 20% veranlasst, weshalb für diesen Zeitraum ein Schadensbetrag von € 332,11 verbleibt.

(2) In den 22 Tagen bis 4. Juli 2016, in denen die Klägerin krankgeschrieben bzw. ihr nach übereinstimmenden Angaben keine Tätigkeit möglich war, sind 89,54 Stunden ausgefallen, mithin ein Schaden von € 761,09 entstanden.

(3) Für die folgenden 27 Tage bis 31. Juli 2016, in denen nach den übereinstimmenden glaubhaften Angaben der Kinder der Klägerin weiterhin eine Tätigkeit der Klägerin nicht möglich war, sie sich allerdings tagsüber selbst versorgen konnte, sind 109,89 Arbeitsstunden ausgefallen, die die Klägerin selbst nur zu 80% ansetzt. Dies ergibt einen Schadensbetrag von € 747,25.

(4) Im August 2016 war es der Klägerin wieder möglich, die Einkäufe zu erledigen. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben der Tochter der Klägerin, dass die Klägerin Ende Juli wieder angefangen hat im Haushalt mitzuhelfen und ihres Sohnes, dass sich die Situation ab der Zeit, als die Klägerin wieder Autofahren konnte, also ebenfalls ab Ende Juli 2016, wieder gebessert hat, d.h. wohl, dass die Klägerin auch im Haushalt wieder Aufgaben verrichtet hat, ist der Senat der Überzeugung, dass es der Klägerin zu dieser Zeit möglich war, neben den Einkäufen auch wieder jeweils 2 Wochenstunden zu kochen und zu putzen. Damit verbleibt ein Schaden von 20 Wochenstunden, d.h. 2,857 Stunden täglich, was für den Monat August einen Schaden von ausgefallenen 88,57 Arbeitsstunden ergibt, mithin von € 752,85.

(5) Für den September 2016 geht der Senat davon aus, dass es der Klägerin, bei der weiterhin eine Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Hand festgestellt wurde, weiterhin nicht möglich war, im Garten zu arbeiten und zu bügeln und sie nur in der Lage war, die Hälfte der früheren Koch- und Putzarbeiten zu verrichten. Dies bedeutet, dass in diesem Zeitraum 60 Stunden ausgefallen sind, mithin ein Schaden von € 510,00 entstanden ist.

(6) Für die Monate Oktober 2016 mit Dezember 2016 hält der Senat den Ansatz von insgesamt 78 ausgefallenen Arbeitsstunden für angemessen, weshalb ein Schaden von € 663,00 entstanden ist. In dieser Zeit sind wegen der Witterung keine Gartenarbeiten anzusetzen, so dass jeweils 2 Wochenstunden bügeln, putzen und kochen als ausgefallen geschätzt werden.

c) Die in Verkehrsunfallsachen anzusetzende Unkostenpauschale ist hier nicht ersatzfähig, da die Abwicklung des vorliegenden Falls kein Massengeschäft darstellt (vgl. Palandt, BGB, § 249 Rn. 79 mwN).

4. Die Klägerin hat unter Würdigung der Gesamtumstände Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von € 2.500,00, §§ 833, 249, 253 BGB.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht die Funktion des Schmerzensgeldes darin, dem Verletzten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden und ferner Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGHZ 18, 149 ff, 154 ff.; 80, 384 ff., 386). Die Schmerzensgeldhöhe ist unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände festzusetzen und hat in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung zu stehen. Dabei kommt dem Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund, ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (Palandt, BGB, § 253 Rn. 15 mwN).

Im Streitfall war zu berücksichtigen, dass die Klägerin erheblich verletzt worden ist, fast zwei Wochen stationär behandelt und zweimal operiert wurde, dass sie stark und mehrere Monate in ihrer Lebensführung eingeschränkt war und mit der erforderlichen Hauttransplantation ein Eingriff am davor nicht betroffenen Oberschenkel vorgenommen werden musste, der zudem schlecht heilte. Ferner war zu bedenken, dass die Verletzung nach wie vor nicht ausgeheilt ist und die Klägerin durch den Vorfall auch psychisch beeinträchtigt wurde. Unter Heranziehung von Vergleichsfällen (OLG Köln, 5 U 88/12; OLG Celle, 20 U 60/13; OLG Koblenz, 10 U 838/00; LG Heidelberg, 4 O 221/13) erachtet der Senat unter Berücksichtigung des deutlichen Verursachungsbeitrags der Klägerin ein Schmerzensgeld von € 2.500,00 für angemessen.

5. Die Klägerin hat auch ein Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden.

Zwar gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes, der eine ganzheitliche Betrachtung und Bemessung gebietet (BGHZ 128, 117 ff., 121 f.), die die künftige Entwicklung des Schadensbildes in die Bemessung des Schmerzensgeldes mit einbezieht. Lässt sich aber eine Aussage darüber, ob in der Zukunft noch Spätfolgen der Unfallverletzungen auftreten, nicht zuverlässig treffen, dann ist, solange der Eintritt derartiger Schäden nicht ausgeschlossen werden kann, die Möglichkeit von Spätschäden gegeben. Besteht die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts, so reicht dies für das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse grundsätzlich aus. Letzteres darf nur verneint werden, wenn aus der Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Urteil vom 20. März 2001, VI ZR 325/99, juris). Von der Möglichkeit derartiger Spätfolgen des Unfalls ist angesichts der unstreitig noch vorhandenen Beeinträchtigungen der Klägerin auszugehen.

6. Unstreitig entstandene vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind gemäß §§ 833, 249 BGB in Höhe einer nur 1,3-fachen Gebühr nebst Portokosten (€ 20,00) und Dokumentenpauschalen (€ 27,00) aus einem Gegenstandswert von € 3.781,60 (Schmerzensgeld € 2.500, Zahlungsanspruch € 1.031,60, Wert des Feststellungsantrags € 250,00), mithin in Höhe von € 445,77 inkl. MwSt. zu ersetzen. Der Ansatz der von der Klägerin angesetzten 1,8-fachen höheren Gebühr ist nicht gerechtfertigt, da die Angelegenheit ersichtlich nur eine durchschnittliche Schwierigkeit aufweist.

7. Die Klägerin hat Anspruch auf gesetzliche Verzinsung ihrer Forderungen ab dem auf die Rechtshängigkeit der Sache folgenden Tag, d.h. ab dem 19. Mai 2017, §§ 291, 288 BGB. Die Ablehnung der Ansprüche durch die Versicherung führt nicht dazu, dass der Beklagte persönlich in Verzug geriete, weshalb die von der Klägerin begehrte Verzinsung bereits ab dem 25. Februar 2017 nicht begründet ist.

8. Nach Vorstehendem besteht kein Anspruch der Klägerin auf höheres Schmerzensgeld als nunmehr zugesprochen und über den zugesprochenen Betrag hinausgehenden Schadensersatz. Gleiches gilt für über die zuerkannten vorgerichtlichen Kosten hinausgehende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und die von der Klägerin bereits ab dem 25. Februar 2017 bis 18. Mai 2017 begehrte Verzinsung. Insoweit erfolgte die Klageabweisung durch das Landgericht im Ergebnis mit Recht und war die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO; die ausgeurteilte Kostenquote errechnet sich unter Berücksichtigung der zugesprochenen Zahlungsbeträge und der Bewertung, dass im Rahmen des mit einem Abschlag von 20% anzusetzenden Feststellungsantrags möglicherweise noch ein Ersatzanspruch in Höhe von insgesamt € 1.250,00 in Betracht kommt, von dem der Beklagte 1/4 zu ersetzen hätte.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen; es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

Der Streitwert ergibt sich aus der Addition des Zahlungsantrags mit dem von der Klägerin angegebenen Wert der beiden anderen Anträge (Schmerzensgeld € 15.000,00, Feststellungsantrag € 5.000,00).

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Dez. 2018 - 20 U 1474/18

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Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 833 Haftung des Tierhalters


Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersa

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Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Dez. 2018 - 20 U 1474/18 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Dez. 2018 - 20 U 1474/18 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2005 - VI ZR 225/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 225/04 Verkündet am: 20. Dezember 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Mai 2016 - VI ZR 465/15

bei uns veröffentlicht am 31.05.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 465/15 Verkündet am: 31. Mai 2016 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landgericht Heidelberg Urteil, 22. Apr. 2015 - 4 O 221/13

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor 1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.01.2014 zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, dass die B

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Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

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b) Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres (vgl. grundlegend Senat BGHZ 67, 129, 132 f. sowie Urteile vom 13. Juli 1976 - VI ZR 99/75 - VersR 1976, 1175, 1176; vom 14. Juli 1977 - VI ZR 234/75 - VersR 1977, 864, 865; vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - VersR 1982, 366, 367; vom 6. März 1990 - VI ZR 246/89 - VersR 1990, 796, 797; vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - VersR 1992, 371, 372; vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - VersR 1992, 1145, 1146; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 170/98 - VersR 1999, 1291, 1292). Diese Voraussetzung kann zwar fehlen, wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt und nur daraus der Schaden resultiert, weil er in einem solchen Fall allein durch den Menschen verursacht wird (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 1966 - VI ZR 11/65 - VersR 1966, 1073, 1074; vom 12. Januar 1982 - VI ZR 188/80 - aaO; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 275/85 - NJW 1986, 2501; vom 30. September 1986 - VI ZR 161/85 - VersR 1987, 198, 200; BGH, Urteil vom 25. September 1952 - III ZR 334/51 - VersR 1952, 403; RGZ 50, 180 f.; 60, 103 f.; 80, 237, 239; ebenso Geigel/Haag, Der Haftpflichtprozess, 24. Aufl., Kap. 18 Rdn. 12; a.A. Bamberger/Roth/Spindler, BGB, 2003, § 833 Rdn. 10; MünchKommBGB/Wagner, 4. Aufl., § 833 Rdn. 11 f.; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 833 Rdn. 7; Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB, Neubearbeitung 2002, § 833 Rdn. 57; Wussow/Terbille, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 11 Rdn. 14 f.). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn ein Pferd auf die - unter Umständen fehlerhafte - menschliche Steuerung anders als beabsichtigt reagiert. Denn diese Reaktion des Tieres und die daraus resultierende Gefährdung haben ihren Grund in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Senatsurteile vom 9. Juni 1992 - VI ZR 49/91 - und vom 6. Juli 1999 - VI ZR 170/98 - beide aaO; Soergel/Zeuner, aaO, § 833 Rdn. 8). Das tierische Verhalten muss auch nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalles sein. Es genügt vielmehr, wenn das Verhalten des Tieres für die Entstehung des Schadens adäquat mitursächlich geworden ist (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2001, 19; OLG Oldenburg, VersR 2002, 1166; Geigel/Haag, aaO, Kap. 18 Rdn. 8; Soergel/Zeuner, aaO, § 833 Rdn. 4).
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a) Ist für die Entstehung eines Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte dies entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1985 - VI ZR 1/84, VersR 1985, 665, 666 mwN; vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 23/15, VersR 2016, 60 Rn. 26). Voraussetzung ist, dass die typische Tiergefahr des Tieres des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden ist (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, VersR 1976, 1090, 1091, insoweit in BGHZ 67, 129 nicht abgedruckt; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 7; vom 27. Januar 2015 - VI ZR 467/13, VersR 2015, 592 Rn. 12). Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten (vgl. grundlegend Senatsurteil vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, aaO sowie Urteile vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, aaO; vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13, VersR 2014, 640 Rn. 5; vom 27. Januar 2015 - VI ZR 467/13, aaO, jeweils mwN). An der Verwirklichung der Tiergefahr fehlt es insbesondere dann, wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist (Senatsurteil vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13, aaO) oder wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt (Senatsurteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, aaO mwN). Demgegenüber können bereits von einem Tier ausgehende und auf ein anderes Tier einwirkende Reize eine für einen Schaden mitursächliche Tiergefahr darstellen (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, aaO für den von läufigen Hündinnen ausgehenden Duft).

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.01.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche aus der Behandlung vom 09.05.2012 resultierenden weiteren materiellen Schäden für Vergangenheit und Zukunft, sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und übergegangen sind.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von der Gebührenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.108,72 Euro inkl. USt. nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.01.2014 freizustellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 23% und die Beklagten als Gesamtschuldner 77% zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 GKG auf 110.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen vorgeblich fehlerhaft durchgeführter Nachsorgebehandlung nach einer Operation wegen einer Radiusfraktur.
Die am 29.04.1953 geborene Klägerin war bei einem Wanderausflug gestürzt und zog sich dabei eine distale Radiusfraktur des rechten Handgelenks zu. In der Folge befand sich die Klägerin vom 01.12. bis 02.12.2011 in der X-Klinik in E., wo am 02.12.2011 eine offene Reposition und osteosynthetische Versorgung mittels winkelstabiler Radiusplatte erfolgte.
Die Nachsorge sollte in der Praxis der Beklagten zu 1 erfolgen. Dort stellte sich die Klägerin erstmals am 05.12.2011 beim Beklagten zu 2 vor. Weitere Untersuchungstermine erfolgten am 27.03.2012 und am 24.04.2012. Die Entfernung des Osteosynthesematerials wurde für den 09.05.2012 vorgesehen. An diesem Tag wurden 5 der 6 eingesetzten Schrauben bei der Klägerin durch den Beklagten zu 2 operativ entfernt. Die sechste Schraube ließ sich nicht lösen, worauf der Beklagte zu 2 die Operation abbrach und die Metallplatte sowie die sechste Schraube in situ beließ (Operationsbericht, Anl. B 2). Die Klägerin unterzeichnete mit diesem Datum auch eine schriftliche Operationseinwilligung, auf der handschriftlich vermerkt ist, dass der Inhalt bereits vor 2 Wochen besprochen worden sei (Anl. B1).
Es wurde darauf ein erneuter Operationstermin für den 16.05.2012 in der GRN-Klinik in E. vereinbart, wo an diesem Tag die sechste Schraube sowie die Metallplatte in einem ambulanten Eingriff entfernt wurden (Operationsbericht, Anl. K3).
Die Klägerin behauptet,
dass zwar die Operation zur Materialentfernung durch den Beklagten zu 2 indiziert gewesen sei, dass diese Operation jedoch nicht lege artis durchgeführt worden sei. Unmittelbar postoperativ habe die Klägerin unter Nervenschmerzen und einem Taubheitsgefühl in Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger der rechten Hand gelitten. Die Schmerzen würden seither andauern und seien so stark, dass die Klägerin nachts nicht durchschlafen könne. Sie sei auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen. Die rechte Hand der Klägerin sei dauerhaft nicht mehr gebrauchsfähig. Es stehe derzeit nicht fest, ob die Klägerin jemals wieder beschwerdefrei sein werde. Der Beklagte zu 2 habe bei dem Versuch, die festsitzende Schraube zu entfernen, unter Verstoß gegen den fachärztlichen Standard eine Nervenschädigung bei der Klägerin verursacht. Dies dürfe bei einer distalen Radiusfraktur, bei der es sich um den häufigsten Knochenbruch überhaupt beim Menschen handele, einem Unfallchirurgen nicht passieren, da der Eingriff absolute Routine darstelle. Einem gewissenhaft vorgehenden Arzt dürfe daher ein derartiger Nervenschaden bei einem solchen Eingriff schlechterdings nicht unterlaufen.
Die Klägerin habe zudem während des gesamten Eingriffs vom 09.05.2012 unter starken Schmerzen trotz lokaler Betäubung gelitten. Es liege daher der Verdacht nahe, dass bei der Betreuung ein Fehler gemacht worden sei.
Die Klägerin erhebt zudem die Rüge fehlerhafter Aufklärung.
Die Klägerin sei vor der Operation nicht über die mit dem Eingriff verbundenen typischen oder spezifischen Risiken aufgeklärt worden. Ihr sei weder über den Ablauf noch über die möglichen Risiken der Operation etwas erklärt worden. Der Klägerin sei lediglich erklärt worden, dass sie 2 Wochen postoperativ nicht in den Urlaub fahren dürfe, da zu dieser Zeit Wundkontrollen und die Entfernung des Nahtmaterials vorgenommen werden müssten. Auch am Operationstag selbst sei keine Aufklärung erfolgt. Der Klägerin sei lediglich auf dem Weg zum Operationssaal ein Dokument vorgelegt worden, welches sie ausgefüllt und unterschrieben habe. An den Inhalt könne sie sich nicht erinnern. Die Klägerin hätte aber vor der Operation über das Risiko einer festsitzenden Schraube aufgeklärt werden müssen. Zudem hätte die Klägerin durch die Ärzte der Beklagten darauf hingewiesen werden müssen, dass es diesen nicht möglich sei, das Material ambulant zu entfernen. Die Klägerin hätte dann unmittelbar auf eine Behandlung im Krankenhaus bestanden, da sie nicht freiwillig ein doppeltes Operationsrisiko eingegangen wäre.
10 
Die Klägerin macht für die erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000,00 EUR geltend. Außerdem verlangt sie die Feststellung der weiteren Haftung der Beklagten auch für künftige materielle und immaterielle Schäden.
11 
Die Klägerin beantragt:
12 
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Festsetzung der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nach §§ 288 Abs. 1, 291 S. 1, 1. HS BGB.
13 
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche aus der fehlerhaften Behandlung resultierenden weiteren materiellen Schäden für Vergangenheit und Zukunft sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und übergegangen sind.
14 
3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin gegenüber die nach dem RVG nicht konsumierten außergerichtlichen Kosten der Klägerin bei den Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2.037,88 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit nach §§ 288 Abs. 1, 291 S. 1, 1. HS BGB im Wege der Nebenforderung freizustellen.
15 
Die Beklagten beantragen
16 
Klagabweisung.
17 
Die Beklagten behaupten,
18 
die Klägerin sei am 24.04.2012 durch den Beklagten zu 2 eingehend aufgeklärt worden und ihr seien sowohl die technische Vorgehensweise der Materialentfernung in Lokalanästhesie und Blutsperre als auch die damit verbundenen Risiken und Komplikationsmöglichkeiten erläutert worden. Dabei sei auch explizit die Gefahr einer operationsbedingten Nervenschädigung mit daraus resultierenden, möglicherweise sogar bleibenden Gefühlsstörungen mit angesprochen worden. Die Klägerin habe diese Hinweise verstanden und habe sich mit der Durchführung des Eingriffes grundsätzlich einverstanden erklärt. Die schriftliche Operationseinwilligung sei dann erst unter Bezugnahme auf das am 24.04.2012 geführte ausführliche Aufklärungsgespräch auf Bitten des Beklagten zu 2 unterzeichnet worden. Es bestehe keine Verpflichtung, über die Möglichkeit aufzuklären, dass sich eine Schraube nicht lösen lasse und der Eingriff gegebenenfalls nicht beendet werden könne, da es sich hierbei nicht um typischerweise dem Eingriff anhaftende Risiken handele.
19 
Es seien zudem durch die Klägerin keine Umstände dargetan, aus denen sich darauf schließen ließe, dass sie die Zustimmung zu der streitgegenständlichen Metallentfernung bei einer irgendwie anders gearteten Aufklärung tatsächlich verweigert hätte.
20 
Der Eingriff vom 09.05.2012 sei vollständig lege artis in Lokalanästhesie unter Blutsperre durchgeführt worden. Dass die sechste, proximalste von sechs Schrauben sich trotz Verwendung eines neuen und passenden Schraubendrehers nicht habe lösen lassen, da dieser ständig gerutscht sei, könne dem Beklagten zu 2 nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dieser sei technisch korrekt vorgegangen. Es sei fachgerecht gewesen, in dieser Situation nicht weiter zu versuchen, die letzte Schraube doch noch zu entfernen.
21 
Es treffe zu, dass die Klägerin während der Durchführung des Eingriffs über eine zunehmende Schmerzhaftigkeit unter der Blutsperre berichtet habe, weshalb es ebenfalls sinnvoll gewesen sei, den Eingriff abzubrechen. Unzutreffend sei jedoch, dass die Klägerin während des gesamten Eingriffs unter außergewöhnlich starken Schmerzen gelitten habe.
22 
Die von der Klägerin geklagten Beschwerden an der rechten Hand würden bestritten. Von einer Gebrauchsunfähigkeit sei keine Rede gewesen. Die von der Klägerin behaupteten Beschwerden stünden im evidenten Widerspruch zu den späteren neurologischen Befunden aus dem Konsiliarbericht des X-Klinikums E. (Anl. B3). Demnach seien nur Sensibilitätsausfälle, nicht aber motorische Ausfälle festzustellen gewesen.
23 
Sollte es im sachlichen Zusammenhang mit der vom Beklagten zu 2 am 09.05.2012 durchgeführten Operation tatsächlich zu neurologischen Beeinträchtigungen bei der Klägerin gekommen sein, würde es sich dabei um ein schicksalhaftes Geschehens handeln, für dessen Eintritt der Beklagte zu 2 nicht verantwortlich gemacht werden könne. Eine Verletzung von Nerven sei bei einem solchen Eingriff nicht völlig auch auszuschließen, auch wenn sorgfältig vorgegangen werde.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen in den Akten Bezug genommen.
25 
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige Prof. Dr. F. legte sein schriftliches Gutachten mit Datum vom 03.11.2014 vor (As. 137).
26 
Der Sachverständige wurde ergänzend mündlich angehört. Zudem wurden die Klägerin und der Beklagte zu 2 informatorisch persönlich angehört. Auf die Sitzungsniederschrift vom 25.03.2015 (As. 243) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
27 
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Der Klägerin stehen wegen unzureichender Aufklärung vor dem Eingriff durch den Beklagten zu 2 vom 09.05.2012 Schadensersatzansprüche und Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld zu. Behandlungsfehler bei der Durchführung der Operation zur Entfernung der Schrauben und der Metallplatte konnte die Klägerin indes nicht nachweisen (1.). Der Beklagte hat jedoch eine ausreichende Risikoaufklärung der Klägerin vor diesem Eingriff nicht bewiesen (2.).
28 
1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind Behandlungsfehler des Beklagten zu 2 bei der Durchführung des Eingriffs vom 09.05.2012 nicht nachgewiesen.
29 
Ein Behandlungsfehler ist zu bejahen, wenn im Rahmen der ärztlichen Behandlung gegen die anerkannten Regeln ärztlicher Kunst und damit gegen die beruflichen Verkehrspflichten verstoßen wird. Kommt es in diesem Zusammenhang zu Beeinträchtigungen der absolut geschützten Rechtsgüter des Patienten, stellt der Behandlungsfehler eine Pflichtverletzung respektive eine Rechtsgutsverletzung dar.
30 
Im Arzthaftungsprozess trägt der Patient die Beweislast für den behaupteten Behandlungsfehler, also eine Abweichung der ärztlichen Behandlung vom medizinischen Standard (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 200 m.w.N.; BGH VersR 1999, 716). Auch den Beweis für die ursächliche Verknüpfung zwischen Behandlungsfehler und dem behaupteten Schaden hat gemäß § 286 ZPO der Patient zu führen. Hier trifft diese Darlegungs- und Beweislast mithin die Klägerin.
31 
Der Sachverständige Prof. Dr. F. vermochte in seinem Sachverständigengutachten Behandlungsfehler des Beklagten zu 2 nicht zu erkennen.
32 
Der Sachverständige ist als Oberarzt der orthopädischen Universitäts- und Poliklinik des Universitätsklinikums S. fachlich zur Gutachtenerstattung hervorragend qualifiziert. Bei der Erstattung des Gutachtens ist der Sachverständige von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Nach Überprüfung des Gutachtens auf Widerspruchsfreiheit und Plausibilität macht sich die Kammer die Ausführungen des Sachverständigen ausdrücklich zu Eigen.
33 
Der Sachverständige hat nach umfangreicher Würdigung der gesamten Umstände ausgeführt, dass keine Hinweise vorhanden seien, dass bei dem Eingriff vom 09.05.2012 fehlerhaft gearbeitet worden sei. Es liege nahe, dass das bekannte Phänomen einer Kaltverschweißung zwischen der eingebrachten Platte und der letzten Schraube aufgetreten sei (As. 185). Der Sachverständige hat dieses Phänomen ausführlich, anschaulich und nachvollziehbar beschrieben (vgl. As. 183/ 261). Kurz gefasst geht es darum, dass die Oberflächen der mit Titanoxid hauchdünn beschichteten Außen- und Innengewinde von Schraube und Platte aufgrund von kleinen Defekten der Struktur sich so inniglich verbinden, das sie nur schwer und mit erhöhtem Aufwand gelöst werden können.
34 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen spricht dagegen auch nicht, dass am 16.05.2012 im Krankenhaus in E. die festsitzende Schraube ohne weitere Mühe entfernt werden konnte, da sich die nicht mehr gänzlich fixierte Platte durch nunmehr mögliche Bewegungen die Schraube in dem verstrichenen Zeitraum gelockert haben könne (As. 185). Verläufe wie der vorliegende seien in der Praxis durchaus zu beobachten (As. 187).
35 
Der Sachverständige hat weiter dargelegt, dass, wenn es nicht gelinge, die Schraube herauszudrehen, spezielle Zangen, mit denen die Schraube am Schraubenkopf rausgedreht werden könne oder auch ein Linksgewinde, das beim Eindrehen dafür sorge, dass die Schraube herauskomme sowie spezielle maschinelle Werkzeuge mit entsprechenden Aufsätze zur Verwendung kommen könnten. Solche speziellen Werkzeuge wie insbesondere ein Hochtourenschrauber seien jedoch nur in Zentren oder in Krankenhäusern vorhanden, da diese in der Anschaffung sehr teuer seien. Selbst die besonderen Werkzeuge mit Linksgewinde seien nicht in jedem Krankenhaus vorhanden (As. 263). Dem Beklagten zu 2 kann daher auch daraus, dass er entsprechendes Werkzeug für den Fall, eine Schraube ließe sich nicht lösen, nicht vorgehalten hat, kein Behandlungsfehlervorwurf gemacht werden.
36 
Hinsichtlich der Verletzung des Nervus medianus hat der Sachverständige Prof. F. ausgeführt, dass im Operationsbericht beschrieben sei, der Operateur habe den Nerven identifiziert, dargestellt und unter Schutz eines Muskels bzw. einer Sehne beiseite gehalten. Insofern sei der Operateur sehr sorgfältig und mit entsprechender Dokumentation mit dem Nerven umgegangen. Es sei bei dem vorliegenden Verfahren der volaren Plattenosteosynthese unmöglich, den Nervus medianus nicht in irgendeiner Art und Weise auf die Seite zu halten, was jedoch nur selten zu Komplikationen führe. Es könne auch festgehalten werden, dass eine Verletzung des Nervens mit Teil- oder vollständiger Durchtrennung nicht stattgefunden habe, da sich der Nerv sonst nicht erholt hätte und auch die motorischen Qualitäten beeinträchtigt gewesen wären, während bei der Klägerin lediglich Störungen der Sensibilität in den Fingern aufgetreten seien. Es sei daher davon auszugehen, dass im Rahmen der Operation schicksalhaft eine geringe Kompromittierung des Nervens aufgetreten sei, was im Hinblick auf die beschriebenen Schwierigkeiten der Metallentfernung letztlich auch als nicht vermeidbar angesehen werden müsse (As. 187).
37 
Die Kammer hält diese Ausführungen für wohl begründet und gut nachvollziehbar. Das Risiko einer Nervverletzung gehört häufig zu den möglichen Komplikationen einer Operation. Dies ist auch bei dem vorliegenden Eingriff der Fall, weshalb das Risiko auch in dem Aufklärungsbogen der Beklagten genannt ist. Dass der Beklagte zu 2 bei dem Eingriff fehlerhaft vorging und dadurch den Nerv verletzte, ist nicht belegbar, zumal er in dem Operationsbericht beschrieben hat, dass er besonders sorgfältig auf den Schutz des Nerven achtete, der aber bei dem Eingriff zwingend beiseite gehalten werden muss.
38 
2. Eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung der Patientin ist indes anzunehmen. Der Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist den Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend gelungen und es kann auch von einer hypothetischen Einwilligung der Klägerin nicht ausgegangen werden.
39 
Der Arzt trägt dabei die Beweislast dafür, dass er die Aufklärungspflicht erfüllt, der Patient daher wirksam eingewilligt hat und sein Eingriff infolgedessen gerechtfertigt ist (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 131).
40 
Der Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist den Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gelungen.
41 
a) Jeder ärztliche Eingriff bedarf der Einwilligung des Patienten. Die Einwilligung ist nur wirksam und schließt die Rechtswidrigkeit des körperlichen Eingriffs nur aus, wenn der Patient das Wesen, die Bedeutung und die Tragweite in seinen Grundzügen erkannt hat. Dies setzt eine diagnostisch abgesicherte Aufklärung durch den Arzt voraus, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen muss (st. Rspr. BGH NJW 1981, 633; OLG Naumburg GesR 2011, 560).
42 
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen an den von dem Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat das erkennende Gericht die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Sofern einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht ist, sollte daher dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern (BGH NJW 1985, 1399; OLG Köln VersR 1995, 967, 968). Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind hierbei ein wichtiges Indiz, wobei ihr Fehlen andererseits nicht dazu führen darf, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Es ist eine verständnisvolle und sorgfältige Abwägung der tatsächlichen Umstände erforderlich, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (BGH NJW 1985, 1399).
43 
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Aufklärung über die Risiken der Entfernung der Schrauben und der Metallplatte stattgefunden hat.
44 
Der Sachverständige Prof. F. hat zu der Aufklärung über die Risiken des Eingriffs ausgeführt, dass in der schriftlichen Einwilligungserklärung zur Operation neben dem Risiko einer Wundheilungsstörung und Vereiterung insbesondere auf das Risiko einer Nervenverletzung und Gefäßverletzung aufgeklärt werde, was aus medizinischer Sicht ausreichend sei (As. 191).
45 
Der Sachverständige hat weiter dargelegt, dass das Belassen der Metallplatte keine ernsthafte Behandlungsalternative darstelle. Eine Osteosynthesevorrichtung, wie die hier verwendete winkelstabile Platte, störe die Krafteinleitung auf den Knochen und verändere diesen dadurch, was als sogenanntes Stress Shielding bezeichnet werde. Bei der dadurch erzeugten Abnahme der Belastung des Knochens schwäche sich dieser ab. Im Laufe der Zeit könne es dann zu einer Ermüdung des Materials der Platte kommen, woraus Ermüdungsbrüche herrühren würden. Wenn dadurch die Stabilisierung des Knochens verloren gehe und dieser durch die Auswirkungen der Platte ermüdet sei, träten sofort erneut Knochenbrüche auf. Osteosynthesematerial könne daher nur dauerhaft im Körper verbleiben, wenn dieses sozusagen spannungsfrei einliege, wie z.B. bei erfolgter Spondylodese an der Wirbelsäule. Unter diesen Gesichtspunkten dürfe daher das Material nicht im Körper verbleiben und sei die Indikation zur Entfernung des Metalls nicht zu beanstanden (As. 189).
46 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist daher bei Erwähnung der in dem Bogen zur Einwilligungserklärung genannten Risiken von einer ausreichenden Risikoaufklärung vor der Metallentfernung auszugehen. Aufgrund der vorliegenden Behandlungsunterlagen, insbesondere dem unterzeichneten Einwilligungsbogen und der Behandlungsdokumentation des Beklagten zu 2 hält die Kammer im Lichte der Äußerungen der Parteien ein Aufklärungsgespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 am 24.04.2012 mit hinreichenden Erläuterungen zu den genannten Risiken für bewiesen.
47 
Zwar wurde der Einwilligungsbogen unstreitig erst am Operationstag von der Klägerin unterzeichnet, doch wurde vom Beklagten zu 2 schon auf dem Bogen vermerkt, dass die in dem Bogen genannten Dinge bereits 2 Wochen vorher besprochen worden waren. Dies wiederum korrespondiert mit der elektronischen Behandlungsdokumentation des Beklagten zu 2, wonach die Klägerin am 27.03.2012 und am 24.04.2012 in der Praxis der Beklagten gewesen ist. Dort wurde auch vermerkt, dass die Operationsaufklärung erst am Operationstag im gegenseitigen Einverständnis unterzeichnet werde. Der Operationstermin habe telefonisch noch vergeben werden sollen, sei aber voraussichtlich der 9. Mai 2012.
48 
Zwar hat die Klägerin durchgehend bestritten, dass sie am 24.04.2012 in der Praxis der Beklagten gewesen sei und dafür ins Feld geführt, dass sie die Überweisung ihres Hausarztes Dr. S. für das 2. Quartal des Jahres 2012 erst am 07.05.2012 erhalten habe. Auch wenn dies in der elektronischen Behandlungskartei des Dr. S. unter dem 07.05.2012 ausgewiesen ist, hält die Kammer es dennoch nicht für zwingend, dass die Klägerin deshalb am 24.04.2012 nicht in der Praxis der Beklagten gewesen sein kann. Der Beklagte zu 2 hat informatorisch angegeben, dass Patienten auch ohne Überweisung erschienen wären und diese nachgereicht oder eben die Praxisgebühr, die damals noch zu entrichten gewesen wäre, gezahlt hätten. Entsprechend sind hier verschiedene Umstände denkbar, warum die Überweisung erst nach dem Untersuchungstermin vom 24.04.2012 der Klägerin übergeben wurde. Für die Richtigkeit des Inhalts der Dokumentation der Beklagten spricht jedenfalls, dass das Osteosynthesematerial zunächst erst im Juni 2012 entfernt werden sollte, wie es mit der Klägerin am 27.03.2012 besprochen war. Auch die Klinik in E. hatte in ihrem Entlassbrief vom 02.12.2011 empfohlen, das Osteosynthesematerial frühestens nach 6 Monaten zu entfernen. Der Operationstermin am 09.05.2012 war daher früher als mit den Beklagten zunächst besprochen und der frühest mögliche Termin nach der Empfehlung der Operateure im Klinikum in E. Dass dies seine Ursache in einem weiteren Untersuchungstermin am 24.04.2012, bei dem der Operationstag und das Vorgehen besprochen wurden, hatte, erscheint plausibel. Der Beklagte zu 2 hat dazu informatorisch angegeben, dass die Klägerin bereits am 24.04.2012 sich wieder vorgestellt habe, da sie die Platte doch früher habe heraus haben wollen. Dies korrespondiert jedenfalls damit, dass die Klägerin nach dem Eingriff, bei dem eine Schraube mit der Platte verblieben war, ebenfalls nicht die vom Beklagten zu 2 empfohlene Zeitspanne von ca. 5 Wochen abwarten wollte und eine baldige Entfernung der Platte und der letzten Schraube bevorzugte. Die Kammer ist daher im Ergebnis letztlich überzeugt, dass ein entsprechendes Aufklärungsgespräch mit den in dem Einwilligungsbogen genannten und markierten Risiken geführt wurde und zudem vom Beklagten zu 2 anhand der handschriftlichen Zeichnung bezüglich der Platte erläutert wurde, wie bei der Entfernung der Schrauben bzw. der Metallplatte vorgegangen würde.
49 
Über ein mittel- oder langfristiges Belassen der Metallplatte in situ musste der Beklagte zu 2 nicht aufklären, da dies keine ernsthafte Behandlungsalternative darstellte. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen wäre dadurch eine erhebliche Schwächung des Knochens verursacht worden, die nach einiger Zeit zu einem erneuten Bruch bei Ermüdung der Metallplatte geführt hätte, so dass diese Vorgehensweise keine echte Alternative zur Wiederherstellung der knöchernen Durchbauung gewesen wäre.
50 
c) Die Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 2 ist jedoch im Hinblick auf das bei der Entfernung der Metallplatte bestehende Misserfolgsrisiko unvollständig gewesen.
51 
Der Sachverständige Prof. F. hat insoweit ausgeführt, dass üblicherweise von Medizinern das Problem, könnten die Schrauben nicht herausgehen, bei der Aufklärung nicht erwähnt würde. Diese Schwierigkeit beim Herausdrehen sei auch nicht als medizinische Komplikation zu bezeichnen. Letztlich werde das Metall im Ergebnis entfernt. Selbst wenn dabei ein Stück der Schraube im Knochen verbleibe, sei das keine Komplikation. Auch hier sei letztlich die Metallplatte entfernt worden und nicht im Arm verblieben. Es könne aber, wie im vorliegenden Fall, erforderlich sein, eine weitere Operation durchzuführen, wenn das spezielle Instrumentarium nicht vorgehalten werde. Allerdings seien die Fälle eher selten. Nach der persönlichen Erfahrung des Sachverständigen bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 1:3000-1:4000, dass eine Schraube nicht ohne weiteres gelöst werden könne. In seiner eigenen beruflichen Laufbahn habe er in 2-3 Fällen das besondere Instrumentarium anwenden müssen, um festsitzende Schrauben herauszudrehen. Letztlich sei es richtig gewesen, dass der Beklagte zu 2 nach dem Einsatz dosierter Gewalt die Operation abgebrochen habe (As. 263-267).
52 
Die Risikoaufklärung muss nach herrschender Meinung dem Patienten einen Überblick über die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren verschaffen. Damit sind dauerhafte oder vorübergehende nachteilige Folgen eines Eingriffs gemeint, die sich auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht mit Gewissheit ausschließen lassen. Ohne entsprechende Nachfragen muss der Arzt gegenüber dem Patienten die statistische Häufigkeit von Komplikationen bzw. genaue Prozentzahlen über die Möglichkeit der Verwirklichung des Behandlungsrisikos grundsätzlich nicht angeben. Allerdings hat der Arzt den Patienten auch über seltene Risiken aufzuklären, wenn sie bei ihrer Realisierung die Lebensführung des Patienten schwer belasten würden und das entsprechende Risiko trotz der Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend ist (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. A 554 ff.). Nach diesen Grundsätzen hat der Arzt daher auch über ein Misserfolgsrisiko des geplanten Eingriffs im Sinne einer eingriffsspezifischen Risikoerhöhung aufzuklären (Martis/Winkhart, a.a.O., Rn. A 1060ff.). Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Eingriff nicht primär der Heilung des Knochenbruchs diente, sondern der Entfernung des Osteosynthesematerials, welches aber entfernt werden muss, um den Heilungserfolg langfristig sicherzustellen. Als konkret angestrebtes Ziel des Eingriffs ist daher die vollständige Entfernung der Metallplatte sowie der Schrauben anzusehen. Wenn dieses in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl der Fälle aufgrund des verwendeten Titanmaterials und der vom Sachverständigen beschriebenen Kaltverschweißung auftreten kann, ist der Patient hierüber als typisches Risiko des Eingriffs aufzuklären, zumal auch die Folgen für den Patienten nicht vollkommen unerheblich sind. Wie im vorliegenden Fall ersichtlich muss der Eingriff dann, wenn er nicht in einem entsprechend ausgerüsteten Zentrum stattfindet, abgebrochen und ein weiterer Eingriff mit entsprechenden Risiken durchgeführt werden.
53 
Es ist mithin davon auszugehen, dass die Klägerin insoweit unzureichend aufgeklärt wurde und der Eingriff vom 09.05.2012 ohne wirksame Einwilligung der Klägerin erfolgte und daher rechtswidrig war.
54 
Zwar haben die Beklagten eine hypothetische Einwilligung der Klägerin bei einer weitergehenden Aufklärung eingewandt, doch hat die Klägerin plausibel dargelegt, dass sie sich jedenfalls in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, indem sie sich jedenfalls eher für eine Klinik mit entsprechender Ausrüstung auch für Probleme bei der Entfernung der Schrauben entschieden hätte und den Eingriff dort hätte durchführen lassen (As. 251). Die Kammer hält dies für plausibel und nachvollziehbar. Auch wenn Probleme bei der Entfernung dieser Schrauben eher selten auftreten, so kommen sie doch nach den Ausführungen des Sachverständigen immer wieder vor, so dass dann zur Vermeidung einer zweiten Operation entsprechend spezialisiertes Operationswerkzeug vorhanden sein muss. Dass ein Patient in Kenntnis dieser Umstände sich dafür entscheidet, den Eingriff dann in einer Einrichtung durchführen zu lassen, die auch für diese Eventualitäten gerüstet ist, um einen zweiten Eingriff oder weitere Komplikationen aufgrund der Schwierigkeiten bei der Entfernung von Schrauben zu vermeiden, erscheint ohne weiteres einleuchtend.
55 
Die Beklagten können auch nicht einwenden, das bei Durchführung der Operation in einer Klinik dieselbe Problematik aufgetreten wäre. Auch wenn der Beklagte zu 2 den Eingriff ohne Behandlungsfehler ausgeführt haben sollte, trägt das Argument nicht. Selbst bei ordnungsgemäß durchgeführter Operation können die Auswirkungen des Eingriffs auf den Patienten aufgrund unterschiedlicher Übung und Fähigkeiten der Ärzte sowie unterschiedlicher sachlicher Ausstattung der Klinik unterschiedlich ausfallen. Solange nicht bei gleicher Vorgehensweise stets dasselbe Ergebnis zu erwarten ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Eingriff, den der Beklagte zu 2 bei der Klägerin durchgeführt hat, auch einem anderen Arzt in gleicher Weise misslungen wäre (vgl. BGH NJW 1996, 3074). Dass derselbe Schaden auch bei Durchführung des Eingriffs in einem entsprechend ausgerüsteten Krankenhaus aufgetreten wäre, müsste die Beklagtenseite beweisen (Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 152 f.). Dies wird von Beklagtenseite jedoch nicht behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Eine solche Annahme wäre auch im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Problematik in einem entsprechend technisch ausgerüsteten Krankenhaus vermeidbar wäre, nicht möglich.
56 
3. Da der Eingriff vom 09.05.2012 mangels wirksamer Einwilligung rechtswidrig war, stellt dieser selbst schon einen Schaden der Klägerin dar (Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 147).
57 
Zum Schaden gehören aber auch die Verschlechterungen, die durch den Eingriff verursacht wurden.
58 
Prof. F. hat als Sachverständiger ausgeführt, dass bei dem Eingriff vom 09.05.2012 ein sensibles Karpaltunnelsyndrom, das bedeute eine Irritation des Nervus medianus mit einer fast vollständigen Erholung der Nervenfunktion und nur extrem geringen - nach Aussage der Kläger Klägerin mittlerweile nicht mehr störenden - verbliebenen Sensibilitätsstörungen aufgetreten sei. Dieses Karpaltunnelsyndrom bzw. die sensible Medianusschädigung sei schicksalhaft eingetreten und nicht auf ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten durch des Beklagten zu 2 zurückzuführen (As. 193). Die Klägerin hatte bei der Erhebung der Anamnese gegenüber dem Sachverständigen erklärt, dass man ihr mitgeteilt habe, der Nerv würde sich wieder erholen, was letztendlich auch so eingetreten sei. Zum Untersuchungszeitpunkt beim Sachverständigen am 24.10.2014 sei die betroffene Hand vollkommen beschwerdefrei gewesen, wobei das Gefühl, dass die Sensibilität rechts in den Fingerspitzen etwas anders sei als links, noch verblieben sei. Dies störe jedoch nicht. Die Klägerin hat weiter angegeben, dass sie sonst keine Probleme mit der Hand habe und kraftvoll zugreifen könne und auch die Feinmotorik nicht eingeschränkt sein. Das fehlende oder reduzierte Gefühl in der Hand, welches insbesondere auch beim Bedienen der Computermaus gestört habe, habe etwa 5 Monate lang angehalten (As. 171). Auch bei ihrer informatorischen Anhörung hat die Klägerin bestätigt, dass das Problem mit dem Taubheitsgefühl erst nach Monaten langsam besser geworden sei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe sie kaum noch etwas gespürt. In den Fingerspitzen seien Unterschiede feststellbar, was die Klägerin aber im Alltag nicht behindere (As. 249).
59 
Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund der Operation etwa 5 Monate deutliche Taubheitsgefühle in den Fingern der rechten Hand hatte, die danach innerhalb weiterer weniger Wochen weitgehend abgeklungen sind und einen nicht im Alltag störenden Residualzustand erreicht haben.
60 
Die Kammer hält im Hinblick auf diese Umstände und das geringe Verschulden des Beklagten zu 2, der einen behandlungsfehlerfreien Eingriff durchführte, einen Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 5.000,00 Euro für angemessen und ausreichend.
61 
Die Klägerin kann zudem im Hinblick auf den nicht abgeschlossenen Schadensverlauf der materiellen Schäden sowie mögliche, aber noch nicht medizinisch absehbare immaterielle Schäden die Feststellung der Haftung der Beklagten verlangen.
62 
Die Haftung der Beklagten zu 1 ergibt sich aus § 128 HGB analog.
II.
63 
Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
64 
Der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Vertretung folgt aus §§ 280, 288 Abs. 4 BGB. Die Klägerin kann jedoch lediglich Befreiung von einer Gebühr i.H.v. 1,3 und nicht i.H.v. 2,0 verlangen, da nur insoweit eine Gebühr angefallen ist. Die Beklagten haben die Angemessenheit der Gebühr von 2,0 bestritten. Die Klägerin hat keine Ausführungen dazu gemacht, warum hier eine erhöhte Gebühr gerechtfertigt sein soll. Auf dieser Grundlage ist ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer gemäß § 14 Abs. 2 RVG nicht einzuholen. Dieses wäre im Übrigen ohnehin nur zwingend im Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant bei der Rechtsanwaltskammer einzuholen (Mayer/Kroiß-Winkler, RVG, 6. Auflage, § 14 Rn. 67 ff., m.w.N.). Die Gebühr ist auch nur aus dem Gegenstandswert entsprechend dem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit zu rechnen.
65 
Die Kostentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
66 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe

 
I.
27 
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Der Klägerin stehen wegen unzureichender Aufklärung vor dem Eingriff durch den Beklagten zu 2 vom 09.05.2012 Schadensersatzansprüche und Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld zu. Behandlungsfehler bei der Durchführung der Operation zur Entfernung der Schrauben und der Metallplatte konnte die Klägerin indes nicht nachweisen (1.). Der Beklagte hat jedoch eine ausreichende Risikoaufklärung der Klägerin vor diesem Eingriff nicht bewiesen (2.).
28 
1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind Behandlungsfehler des Beklagten zu 2 bei der Durchführung des Eingriffs vom 09.05.2012 nicht nachgewiesen.
29 
Ein Behandlungsfehler ist zu bejahen, wenn im Rahmen der ärztlichen Behandlung gegen die anerkannten Regeln ärztlicher Kunst und damit gegen die beruflichen Verkehrspflichten verstoßen wird. Kommt es in diesem Zusammenhang zu Beeinträchtigungen der absolut geschützten Rechtsgüter des Patienten, stellt der Behandlungsfehler eine Pflichtverletzung respektive eine Rechtsgutsverletzung dar.
30 
Im Arzthaftungsprozess trägt der Patient die Beweislast für den behaupteten Behandlungsfehler, also eine Abweichung der ärztlichen Behandlung vom medizinischen Standard (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. B 200 m.w.N.; BGH VersR 1999, 716). Auch den Beweis für die ursächliche Verknüpfung zwischen Behandlungsfehler und dem behaupteten Schaden hat gemäß § 286 ZPO der Patient zu führen. Hier trifft diese Darlegungs- und Beweislast mithin die Klägerin.
31 
Der Sachverständige Prof. Dr. F. vermochte in seinem Sachverständigengutachten Behandlungsfehler des Beklagten zu 2 nicht zu erkennen.
32 
Der Sachverständige ist als Oberarzt der orthopädischen Universitäts- und Poliklinik des Universitätsklinikums S. fachlich zur Gutachtenerstattung hervorragend qualifiziert. Bei der Erstattung des Gutachtens ist der Sachverständige von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Nach Überprüfung des Gutachtens auf Widerspruchsfreiheit und Plausibilität macht sich die Kammer die Ausführungen des Sachverständigen ausdrücklich zu Eigen.
33 
Der Sachverständige hat nach umfangreicher Würdigung der gesamten Umstände ausgeführt, dass keine Hinweise vorhanden seien, dass bei dem Eingriff vom 09.05.2012 fehlerhaft gearbeitet worden sei. Es liege nahe, dass das bekannte Phänomen einer Kaltverschweißung zwischen der eingebrachten Platte und der letzten Schraube aufgetreten sei (As. 185). Der Sachverständige hat dieses Phänomen ausführlich, anschaulich und nachvollziehbar beschrieben (vgl. As. 183/ 261). Kurz gefasst geht es darum, dass die Oberflächen der mit Titanoxid hauchdünn beschichteten Außen- und Innengewinde von Schraube und Platte aufgrund von kleinen Defekten der Struktur sich so inniglich verbinden, das sie nur schwer und mit erhöhtem Aufwand gelöst werden können.
34 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen spricht dagegen auch nicht, dass am 16.05.2012 im Krankenhaus in E. die festsitzende Schraube ohne weitere Mühe entfernt werden konnte, da sich die nicht mehr gänzlich fixierte Platte durch nunmehr mögliche Bewegungen die Schraube in dem verstrichenen Zeitraum gelockert haben könne (As. 185). Verläufe wie der vorliegende seien in der Praxis durchaus zu beobachten (As. 187).
35 
Der Sachverständige hat weiter dargelegt, dass, wenn es nicht gelinge, die Schraube herauszudrehen, spezielle Zangen, mit denen die Schraube am Schraubenkopf rausgedreht werden könne oder auch ein Linksgewinde, das beim Eindrehen dafür sorge, dass die Schraube herauskomme sowie spezielle maschinelle Werkzeuge mit entsprechenden Aufsätze zur Verwendung kommen könnten. Solche speziellen Werkzeuge wie insbesondere ein Hochtourenschrauber seien jedoch nur in Zentren oder in Krankenhäusern vorhanden, da diese in der Anschaffung sehr teuer seien. Selbst die besonderen Werkzeuge mit Linksgewinde seien nicht in jedem Krankenhaus vorhanden (As. 263). Dem Beklagten zu 2 kann daher auch daraus, dass er entsprechendes Werkzeug für den Fall, eine Schraube ließe sich nicht lösen, nicht vorgehalten hat, kein Behandlungsfehlervorwurf gemacht werden.
36 
Hinsichtlich der Verletzung des Nervus medianus hat der Sachverständige Prof. F. ausgeführt, dass im Operationsbericht beschrieben sei, der Operateur habe den Nerven identifiziert, dargestellt und unter Schutz eines Muskels bzw. einer Sehne beiseite gehalten. Insofern sei der Operateur sehr sorgfältig und mit entsprechender Dokumentation mit dem Nerven umgegangen. Es sei bei dem vorliegenden Verfahren der volaren Plattenosteosynthese unmöglich, den Nervus medianus nicht in irgendeiner Art und Weise auf die Seite zu halten, was jedoch nur selten zu Komplikationen führe. Es könne auch festgehalten werden, dass eine Verletzung des Nervens mit Teil- oder vollständiger Durchtrennung nicht stattgefunden habe, da sich der Nerv sonst nicht erholt hätte und auch die motorischen Qualitäten beeinträchtigt gewesen wären, während bei der Klägerin lediglich Störungen der Sensibilität in den Fingern aufgetreten seien. Es sei daher davon auszugehen, dass im Rahmen der Operation schicksalhaft eine geringe Kompromittierung des Nervens aufgetreten sei, was im Hinblick auf die beschriebenen Schwierigkeiten der Metallentfernung letztlich auch als nicht vermeidbar angesehen werden müsse (As. 187).
37 
Die Kammer hält diese Ausführungen für wohl begründet und gut nachvollziehbar. Das Risiko einer Nervverletzung gehört häufig zu den möglichen Komplikationen einer Operation. Dies ist auch bei dem vorliegenden Eingriff der Fall, weshalb das Risiko auch in dem Aufklärungsbogen der Beklagten genannt ist. Dass der Beklagte zu 2 bei dem Eingriff fehlerhaft vorging und dadurch den Nerv verletzte, ist nicht belegbar, zumal er in dem Operationsbericht beschrieben hat, dass er besonders sorgfältig auf den Schutz des Nerven achtete, der aber bei dem Eingriff zwingend beiseite gehalten werden muss.
38 
2. Eine Verletzung der Pflicht zur Aufklärung der Patientin ist indes anzunehmen. Der Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist den Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend gelungen und es kann auch von einer hypothetischen Einwilligung der Klägerin nicht ausgegangen werden.
39 
Der Arzt trägt dabei die Beweislast dafür, dass er die Aufklärungspflicht erfüllt, der Patient daher wirksam eingewilligt hat und sein Eingriff infolgedessen gerechtfertigt ist (vgl. Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 131).
40 
Der Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist den Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gelungen.
41 
a) Jeder ärztliche Eingriff bedarf der Einwilligung des Patienten. Die Einwilligung ist nur wirksam und schließt die Rechtswidrigkeit des körperlichen Eingriffs nur aus, wenn der Patient das Wesen, die Bedeutung und die Tragweite in seinen Grundzügen erkannt hat. Dies setzt eine diagnostisch abgesicherte Aufklärung durch den Arzt voraus, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen muss (st. Rspr. BGH NJW 1981, 633; OLG Naumburg GesR 2011, 560).
42 
Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen an den von dem Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat das erkennende Gericht die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Sofern einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht ist, sollte daher dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern (BGH NJW 1985, 1399; OLG Köln VersR 1995, 967, 968). Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind hierbei ein wichtiges Indiz, wobei ihr Fehlen andererseits nicht dazu führen darf, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Es ist eine verständnisvolle und sorgfältige Abwägung der tatsächlichen Umstände erforderlich, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (BGH NJW 1985, 1399).
43 
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Aufklärung über die Risiken der Entfernung der Schrauben und der Metallplatte stattgefunden hat.
44 
Der Sachverständige Prof. F. hat zu der Aufklärung über die Risiken des Eingriffs ausgeführt, dass in der schriftlichen Einwilligungserklärung zur Operation neben dem Risiko einer Wundheilungsstörung und Vereiterung insbesondere auf das Risiko einer Nervenverletzung und Gefäßverletzung aufgeklärt werde, was aus medizinischer Sicht ausreichend sei (As. 191).
45 
Der Sachverständige hat weiter dargelegt, dass das Belassen der Metallplatte keine ernsthafte Behandlungsalternative darstelle. Eine Osteosynthesevorrichtung, wie die hier verwendete winkelstabile Platte, störe die Krafteinleitung auf den Knochen und verändere diesen dadurch, was als sogenanntes Stress Shielding bezeichnet werde. Bei der dadurch erzeugten Abnahme der Belastung des Knochens schwäche sich dieser ab. Im Laufe der Zeit könne es dann zu einer Ermüdung des Materials der Platte kommen, woraus Ermüdungsbrüche herrühren würden. Wenn dadurch die Stabilisierung des Knochens verloren gehe und dieser durch die Auswirkungen der Platte ermüdet sei, träten sofort erneut Knochenbrüche auf. Osteosynthesematerial könne daher nur dauerhaft im Körper verbleiben, wenn dieses sozusagen spannungsfrei einliege, wie z.B. bei erfolgter Spondylodese an der Wirbelsäule. Unter diesen Gesichtspunkten dürfe daher das Material nicht im Körper verbleiben und sei die Indikation zur Entfernung des Metalls nicht zu beanstanden (As. 189).
46 
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist daher bei Erwähnung der in dem Bogen zur Einwilligungserklärung genannten Risiken von einer ausreichenden Risikoaufklärung vor der Metallentfernung auszugehen. Aufgrund der vorliegenden Behandlungsunterlagen, insbesondere dem unterzeichneten Einwilligungsbogen und der Behandlungsdokumentation des Beklagten zu 2 hält die Kammer im Lichte der Äußerungen der Parteien ein Aufklärungsgespräch zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 am 24.04.2012 mit hinreichenden Erläuterungen zu den genannten Risiken für bewiesen.
47 
Zwar wurde der Einwilligungsbogen unstreitig erst am Operationstag von der Klägerin unterzeichnet, doch wurde vom Beklagten zu 2 schon auf dem Bogen vermerkt, dass die in dem Bogen genannten Dinge bereits 2 Wochen vorher besprochen worden waren. Dies wiederum korrespondiert mit der elektronischen Behandlungsdokumentation des Beklagten zu 2, wonach die Klägerin am 27.03.2012 und am 24.04.2012 in der Praxis der Beklagten gewesen ist. Dort wurde auch vermerkt, dass die Operationsaufklärung erst am Operationstag im gegenseitigen Einverständnis unterzeichnet werde. Der Operationstermin habe telefonisch noch vergeben werden sollen, sei aber voraussichtlich der 9. Mai 2012.
48 
Zwar hat die Klägerin durchgehend bestritten, dass sie am 24.04.2012 in der Praxis der Beklagten gewesen sei und dafür ins Feld geführt, dass sie die Überweisung ihres Hausarztes Dr. S. für das 2. Quartal des Jahres 2012 erst am 07.05.2012 erhalten habe. Auch wenn dies in der elektronischen Behandlungskartei des Dr. S. unter dem 07.05.2012 ausgewiesen ist, hält die Kammer es dennoch nicht für zwingend, dass die Klägerin deshalb am 24.04.2012 nicht in der Praxis der Beklagten gewesen sein kann. Der Beklagte zu 2 hat informatorisch angegeben, dass Patienten auch ohne Überweisung erschienen wären und diese nachgereicht oder eben die Praxisgebühr, die damals noch zu entrichten gewesen wäre, gezahlt hätten. Entsprechend sind hier verschiedene Umstände denkbar, warum die Überweisung erst nach dem Untersuchungstermin vom 24.04.2012 der Klägerin übergeben wurde. Für die Richtigkeit des Inhalts der Dokumentation der Beklagten spricht jedenfalls, dass das Osteosynthesematerial zunächst erst im Juni 2012 entfernt werden sollte, wie es mit der Klägerin am 27.03.2012 besprochen war. Auch die Klinik in E. hatte in ihrem Entlassbrief vom 02.12.2011 empfohlen, das Osteosynthesematerial frühestens nach 6 Monaten zu entfernen. Der Operationstermin am 09.05.2012 war daher früher als mit den Beklagten zunächst besprochen und der frühest mögliche Termin nach der Empfehlung der Operateure im Klinikum in E. Dass dies seine Ursache in einem weiteren Untersuchungstermin am 24.04.2012, bei dem der Operationstag und das Vorgehen besprochen wurden, hatte, erscheint plausibel. Der Beklagte zu 2 hat dazu informatorisch angegeben, dass die Klägerin bereits am 24.04.2012 sich wieder vorgestellt habe, da sie die Platte doch früher habe heraus haben wollen. Dies korrespondiert jedenfalls damit, dass die Klägerin nach dem Eingriff, bei dem eine Schraube mit der Platte verblieben war, ebenfalls nicht die vom Beklagten zu 2 empfohlene Zeitspanne von ca. 5 Wochen abwarten wollte und eine baldige Entfernung der Platte und der letzten Schraube bevorzugte. Die Kammer ist daher im Ergebnis letztlich überzeugt, dass ein entsprechendes Aufklärungsgespräch mit den in dem Einwilligungsbogen genannten und markierten Risiken geführt wurde und zudem vom Beklagten zu 2 anhand der handschriftlichen Zeichnung bezüglich der Platte erläutert wurde, wie bei der Entfernung der Schrauben bzw. der Metallplatte vorgegangen würde.
49 
Über ein mittel- oder langfristiges Belassen der Metallplatte in situ musste der Beklagte zu 2 nicht aufklären, da dies keine ernsthafte Behandlungsalternative darstellte. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen wäre dadurch eine erhebliche Schwächung des Knochens verursacht worden, die nach einiger Zeit zu einem erneuten Bruch bei Ermüdung der Metallplatte geführt hätte, so dass diese Vorgehensweise keine echte Alternative zur Wiederherstellung der knöchernen Durchbauung gewesen wäre.
50 
c) Die Risikoaufklärung durch den Beklagten zu 2 ist jedoch im Hinblick auf das bei der Entfernung der Metallplatte bestehende Misserfolgsrisiko unvollständig gewesen.
51 
Der Sachverständige Prof. F. hat insoweit ausgeführt, dass üblicherweise von Medizinern das Problem, könnten die Schrauben nicht herausgehen, bei der Aufklärung nicht erwähnt würde. Diese Schwierigkeit beim Herausdrehen sei auch nicht als medizinische Komplikation zu bezeichnen. Letztlich werde das Metall im Ergebnis entfernt. Selbst wenn dabei ein Stück der Schraube im Knochen verbleibe, sei das keine Komplikation. Auch hier sei letztlich die Metallplatte entfernt worden und nicht im Arm verblieben. Es könne aber, wie im vorliegenden Fall, erforderlich sein, eine weitere Operation durchzuführen, wenn das spezielle Instrumentarium nicht vorgehalten werde. Allerdings seien die Fälle eher selten. Nach der persönlichen Erfahrung des Sachverständigen bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 1:3000-1:4000, dass eine Schraube nicht ohne weiteres gelöst werden könne. In seiner eigenen beruflichen Laufbahn habe er in 2-3 Fällen das besondere Instrumentarium anwenden müssen, um festsitzende Schrauben herauszudrehen. Letztlich sei es richtig gewesen, dass der Beklagte zu 2 nach dem Einsatz dosierter Gewalt die Operation abgebrochen habe (As. 263-267).
52 
Die Risikoaufklärung muss nach herrschender Meinung dem Patienten einen Überblick über die mit dem Eingriff verbundenen Gefahren verschaffen. Damit sind dauerhafte oder vorübergehende nachteilige Folgen eines Eingriffs gemeint, die sich auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht mit Gewissheit ausschließen lassen. Ohne entsprechende Nachfragen muss der Arzt gegenüber dem Patienten die statistische Häufigkeit von Komplikationen bzw. genaue Prozentzahlen über die Möglichkeit der Verwirklichung des Behandlungsrisikos grundsätzlich nicht angeben. Allerdings hat der Arzt den Patienten auch über seltene Risiken aufzuklären, wenn sie bei ihrer Realisierung die Lebensführung des Patienten schwer belasten würden und das entsprechende Risiko trotz der Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend ist (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., Rn. A 554 ff.). Nach diesen Grundsätzen hat der Arzt daher auch über ein Misserfolgsrisiko des geplanten Eingriffs im Sinne einer eingriffsspezifischen Risikoerhöhung aufzuklären (Martis/Winkhart, a.a.O., Rn. A 1060ff.). Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Eingriff nicht primär der Heilung des Knochenbruchs diente, sondern der Entfernung des Osteosynthesematerials, welches aber entfernt werden muss, um den Heilungserfolg langfristig sicherzustellen. Als konkret angestrebtes Ziel des Eingriffs ist daher die vollständige Entfernung der Metallplatte sowie der Schrauben anzusehen. Wenn dieses in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl der Fälle aufgrund des verwendeten Titanmaterials und der vom Sachverständigen beschriebenen Kaltverschweißung auftreten kann, ist der Patient hierüber als typisches Risiko des Eingriffs aufzuklären, zumal auch die Folgen für den Patienten nicht vollkommen unerheblich sind. Wie im vorliegenden Fall ersichtlich muss der Eingriff dann, wenn er nicht in einem entsprechend ausgerüsteten Zentrum stattfindet, abgebrochen und ein weiterer Eingriff mit entsprechenden Risiken durchgeführt werden.
53 
Es ist mithin davon auszugehen, dass die Klägerin insoweit unzureichend aufgeklärt wurde und der Eingriff vom 09.05.2012 ohne wirksame Einwilligung der Klägerin erfolgte und daher rechtswidrig war.
54 
Zwar haben die Beklagten eine hypothetische Einwilligung der Klägerin bei einer weitergehenden Aufklärung eingewandt, doch hat die Klägerin plausibel dargelegt, dass sie sich jedenfalls in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, indem sie sich jedenfalls eher für eine Klinik mit entsprechender Ausrüstung auch für Probleme bei der Entfernung der Schrauben entschieden hätte und den Eingriff dort hätte durchführen lassen (As. 251). Die Kammer hält dies für plausibel und nachvollziehbar. Auch wenn Probleme bei der Entfernung dieser Schrauben eher selten auftreten, so kommen sie doch nach den Ausführungen des Sachverständigen immer wieder vor, so dass dann zur Vermeidung einer zweiten Operation entsprechend spezialisiertes Operationswerkzeug vorhanden sein muss. Dass ein Patient in Kenntnis dieser Umstände sich dafür entscheidet, den Eingriff dann in einer Einrichtung durchführen zu lassen, die auch für diese Eventualitäten gerüstet ist, um einen zweiten Eingriff oder weitere Komplikationen aufgrund der Schwierigkeiten bei der Entfernung von Schrauben zu vermeiden, erscheint ohne weiteres einleuchtend.
55 
Die Beklagten können auch nicht einwenden, das bei Durchführung der Operation in einer Klinik dieselbe Problematik aufgetreten wäre. Auch wenn der Beklagte zu 2 den Eingriff ohne Behandlungsfehler ausgeführt haben sollte, trägt das Argument nicht. Selbst bei ordnungsgemäß durchgeführter Operation können die Auswirkungen des Eingriffs auf den Patienten aufgrund unterschiedlicher Übung und Fähigkeiten der Ärzte sowie unterschiedlicher sachlicher Ausstattung der Klinik unterschiedlich ausfallen. Solange nicht bei gleicher Vorgehensweise stets dasselbe Ergebnis zu erwarten ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Eingriff, den der Beklagte zu 2 bei der Klägerin durchgeführt hat, auch einem anderen Arzt in gleicher Weise misslungen wäre (vgl. BGH NJW 1996, 3074). Dass derselbe Schaden auch bei Durchführung des Eingriffs in einem entsprechend ausgerüsteten Krankenhaus aufgetreten wäre, müsste die Beklagtenseite beweisen (Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 152 f.). Dies wird von Beklagtenseite jedoch nicht behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Eine solche Annahme wäre auch im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Problematik in einem entsprechend technisch ausgerüsteten Krankenhaus vermeidbar wäre, nicht möglich.
56 
3. Da der Eingriff vom 09.05.2012 mangels wirksamer Einwilligung rechtswidrig war, stellt dieser selbst schon einen Schaden der Klägerin dar (Geiß/Greiner, a.a.O., Rn. C 147).
57 
Zum Schaden gehören aber auch die Verschlechterungen, die durch den Eingriff verursacht wurden.
58 
Prof. F. hat als Sachverständiger ausgeführt, dass bei dem Eingriff vom 09.05.2012 ein sensibles Karpaltunnelsyndrom, das bedeute eine Irritation des Nervus medianus mit einer fast vollständigen Erholung der Nervenfunktion und nur extrem geringen - nach Aussage der Kläger Klägerin mittlerweile nicht mehr störenden - verbliebenen Sensibilitätsstörungen aufgetreten sei. Dieses Karpaltunnelsyndrom bzw. die sensible Medianusschädigung sei schicksalhaft eingetreten und nicht auf ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten durch des Beklagten zu 2 zurückzuführen (As. 193). Die Klägerin hatte bei der Erhebung der Anamnese gegenüber dem Sachverständigen erklärt, dass man ihr mitgeteilt habe, der Nerv würde sich wieder erholen, was letztendlich auch so eingetreten sei. Zum Untersuchungszeitpunkt beim Sachverständigen am 24.10.2014 sei die betroffene Hand vollkommen beschwerdefrei gewesen, wobei das Gefühl, dass die Sensibilität rechts in den Fingerspitzen etwas anders sei als links, noch verblieben sei. Dies störe jedoch nicht. Die Klägerin hat weiter angegeben, dass sie sonst keine Probleme mit der Hand habe und kraftvoll zugreifen könne und auch die Feinmotorik nicht eingeschränkt sein. Das fehlende oder reduzierte Gefühl in der Hand, welches insbesondere auch beim Bedienen der Computermaus gestört habe, habe etwa 5 Monate lang angehalten (As. 171). Auch bei ihrer informatorischen Anhörung hat die Klägerin bestätigt, dass das Problem mit dem Taubheitsgefühl erst nach Monaten langsam besser geworden sei. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung habe sie kaum noch etwas gespürt. In den Fingerspitzen seien Unterschiede feststellbar, was die Klägerin aber im Alltag nicht behindere (As. 249).
59 
Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin aufgrund der Operation etwa 5 Monate deutliche Taubheitsgefühle in den Fingern der rechten Hand hatte, die danach innerhalb weiterer weniger Wochen weitgehend abgeklungen sind und einen nicht im Alltag störenden Residualzustand erreicht haben.
60 
Die Kammer hält im Hinblick auf diese Umstände und das geringe Verschulden des Beklagten zu 2, der einen behandlungsfehlerfreien Eingriff durchführte, einen Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 5.000,00 Euro für angemessen und ausreichend.
61 
Die Klägerin kann zudem im Hinblick auf den nicht abgeschlossenen Schadensverlauf der materiellen Schäden sowie mögliche, aber noch nicht medizinisch absehbare immaterielle Schäden die Feststellung der Haftung der Beklagten verlangen.
62 
Die Haftung der Beklagten zu 1 ergibt sich aus § 128 HGB analog.
II.
63 
Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
64 
Der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten für die vorgerichtliche Vertretung folgt aus §§ 280, 288 Abs. 4 BGB. Die Klägerin kann jedoch lediglich Befreiung von einer Gebühr i.H.v. 1,3 und nicht i.H.v. 2,0 verlangen, da nur insoweit eine Gebühr angefallen ist. Die Beklagten haben die Angemessenheit der Gebühr von 2,0 bestritten. Die Klägerin hat keine Ausführungen dazu gemacht, warum hier eine erhöhte Gebühr gerechtfertigt sein soll. Auf dieser Grundlage ist ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer gemäß § 14 Abs. 2 RVG nicht einzuholen. Dieses wäre im Übrigen ohnehin nur zwingend im Rechtsstreit zwischen Rechtsanwalt und Mandant bei der Rechtsanwaltskammer einzuholen (Mayer/Kroiß-Winkler, RVG, 6. Auflage, § 14 Rn. 67 ff., m.w.N.). Die Gebühr ist auch nur aus dem Gegenstandswert entsprechend dem Obsiegen im vorliegenden Rechtsstreit zu rechnen.
65 
Die Kostentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
66 
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.