Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08

bei uns veröffentlicht am04.03.2010

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.5.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (7 O 1093/06) wird zurückgewiesen:

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt  der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000,-- Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 200.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der A.  GmbH (i.F. A.  ). Die A.  war bis Ende 2002 als Stromhändlerin tätig und nutzte zur Verteilung von elektrischer Energie (u.a.) das Netz der Beklagten, die ein Stromverteilernetz auf Mittel- und Niederspannungsebene unterhält. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Rückzahlung von (nach seinem Vortrag) überhöhten Netznutzungsentgelten, die die A.  in den Jahren 2000 bis 2002 an die Beklagte gezahlt hat. Grundlage der Zusammenarbeit ist ein Rahmenvertrag über die Durchleitung von elektrischer Energie durch das Verteilungsnetz der S.  [= Beklagte] zur Belieferung von Kleinkunden vom 5./11.5.2000 (Bl. 5 - 15 Anlagenband II [AB II]). In dem Rahmenvertrag heißt es (u.a.):

2

Präambel

3

Nach Maßgabe der Liberalisierung des Strommarktes ... und auf der Grundlage des Gesetzes ... sowie der Verbändevereinbarung zwischen VDEW, VIK und BDI in der Fassung vom 22. Mai 1998 regelt der Vertrag die Durchleitung elektrischer Energie durch das Verteilungsnetz des Netzbetreibers.

§ 8

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1. Das Entgelt für die Durchleitung setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

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Durchleitungsentgelt

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Verluste

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Risikoaufschlag

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Konzessionsabgabe

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Meß- und Verrechnungspreis je Zählstelle

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Die jeweils gültigen Preise sind in Anlage 3 zusammengestellt.

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Hinzukommt ein Entgelt für die Mehr- und Mindermengenabrechnung je Zählstelle gemäß Anlage 3

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2. Der Netzbenutzer zahlt für die in Anlage 1 aufgeführten Entnahmestellen monatliche Abschläge.

...

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Die Abrechnung erfolgt einmal jährlich. Dabei werden auch die Mehr- und Minder-Mengen verrechnet.

3. ...

14

4. Die ausgewiesenen Entgelte für die Durchleitung werden auf der Basis der Kosten des vorhandenen Netzes des Netzbetreibers berechnet. Ändern sich diese spezifischen Netzkosten des Netzbetreibers bzw. weitere Kostenbestandteile der Durchleitung, so behält sich der Netzbetreiber die Änderung bzw. Anpassung der Durchleitungsentgelte vor. ... . Die Entgelte werden jährlich angepasst.

15

Die zugrundezulegenden Einzelpreise ergeben sich aus der Anlage 3 zum Rahmenvertrag (Bl. 27 AB II).

16

Der Kläger behauptet, dass die A.  an die Beklagte an (netto) Netzdurchleitungsentgelten folgende Beträge gezahlt habe:

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2000        

62.883,07 Euro

2001

193.575,78 Euro

2002

261.738,84 Euro

18

Zur Berechnung der Zahlen (BB S. 6/7 - Bl. 129 III -) verweist die Berufung (BB S. 9 - Bl. 132 III -) auch auf den erstinstanzlichen Vortrag aus dem Schriftsatz vom 3.4.2007 (dort S. 3 - Bl. 52 II -).

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Eine Aufstellung enthalte zudem die Anlage K 17 (Bl. 59 II). Die Zahlungen seien der Beklagten jeweils auch mitgeteilt worden. Dazu verweist er auf die als Anlage K 13 (Anlagenband I [AB I]) vorgelegte Zahlungsavise . Es seien ausschließlich Abschläge gezahlt worden (BB S. 5 - Bl. 128 III -). In der Folge des Schreibens vom 16.11.2001 (Bl. 85/86 I) seien die Zahlungen nur noch unter dem Vorbehalt der behördlichen und gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Angemessenheit erfolgt. Keinesfalls habe die Beklagte für den gesamten streitigen Zeitraum Jahresabrechnungen erteilt, was diese zudem auch nicht behauptete, sondern lediglich vortrage, dass die A.  auch Zahlungen auf Jahresabrechnungen geleistet habe. Hinsichtlich der Zahlungen verweist die Berufung (BB S. 9 - Bl. 132 III -) letztlich darauf, bereits in erster Instanz vorgetragen zu haben, welche Anzahl von Kunden im Netzgebiet der Beklagten beliefert worden seien und wie hoch seit Beginn der Netznutzung die jeweiligen Monatsverbräuche gewesen seien (Schriftsatz vom 3.4.2007, S. 4 - Bl. 53 II -).

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Der Kläger ist der Ansicht, dass die Bruttozahlbeträge um (jedenfalls) 25 % i.S.v. § 315 Abs. 3 BGB überhöht seien (BB S. 7 - Bl. 130 III). Ausgehend von diesen Parametern berechnet der Kläger die Zahlungsanträge zu 1. und zu 3. (Zahlen nach: BB S. 6/7 - Bl. 129/130 III -): Mit den Anträgen zu 2. und zu 4. verlangt der Kläger eine mögliche höhere (als 25 %) Differenz zwischen dem von der A.  gezahlten und einem zu ermittelnden billigen Netznutzungsentgelt.

21

Der Kläger ist der Ansicht, alle die Bewertung der Billigkeit erforderlichen Faktoren schlüssig vorgetragen zu haben. Dazu zähle nicht, dass die Beklagte die erfolgten Zahlungen einzelnen Kunden zuordnen könne. Für welche (konkreten) Kunden die Zahlungen erfolgt seien, sei unerheblich (zudem seien mit der Zahlungsavise [Anlage K 13 AB I] unter der Rubrik Referenz auch die einzelnen Vertragsnummern der Beklagten [dazu: Protokoll vom 20.11.2008, S. 2 - Bl. 249 III -] mitgeteilt worden). Entscheidend sei allein, dass die Zahlungen ausschließlich zur Abgeltung der Netznutzung erfolgt seien. Demgegenüber sei die Beklagte schon im Hinblick auf § 8 Nr. 2 des Rahmenvertrages zur Erstellung von Jahresabrechnungen verpflichtet gewesen.

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Unter Berücksichtigung der vom Kläger dargelegten Faktoren sei eine Beweislastumkehr eingetreten. Es sei Sache der Beklagten, die Angemessenheit ihrer Entgelte darzulegen. Die Ansprüche des Klägers seien weder verjährt noch verwirkt . Die notwendige Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen könne erst ab Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 18.10.2005 (KZR 36/04 - z.B. WM 2006, 199) angenommen werden, mit dem ein Paradigmenwechsel für Prozesse über Netznutzungsentgelte erfolgt sei. Der Zahlungs- und Rückforderungsanspruch entstehe zudem erst mit der gerichtlichen Feststellung der Höhe des billigen Entgelts. Die Annahme von Verwirkung scheitere bereits am Umstandsmoment.

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Der Kläger hat mit Datum vom 29.12.2005 den Erlass eines Mahnbescheides beantragt, den das Amtsgericht - Zentrales Mahngericht -  Wedding am 23.1.2006 erlassen hat (...). Der Mahnbescheid wurde der Beklagten am 1.2.2006 zugestellt. Gemäß der Anlage zum Mahnbescheidsantrag betrifft der Antrag ausschließlich die Zahlungen der A.  aus dem Jahr 2002 , von denen mit dem Mahnbescheidsantrag ein bezifferter Betrag i.H.v. 106.784,32 Euro geltend gemacht wird.

24

Die Beklagte ist dem Anspruch entgegengetreten. Sie rügt die Aktivlegitimation des Klägers (BE S. 7 - Bl. 209 III -/Schriftsatz vom 31.8.2006, S. 7 - Bl. 105 I -). Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der Netznutzungsentgelte beim Kläger liege. Der Kläger müsse sich dabei auch auf konkrete Sachverhalte der Kalkulation der Beklagten beziehen, aus denen die Unbilligkeit folgen könne. Erst dann habe die Beklagte dazu u.U. unter dem Gesichtspunkt der sekundären Darlegungs- und Beweislast Stellung zu nehmen. Der Beklagten sei es zudem in exemplarischen Einzelfällen gelungen, das Zahlenwerk des Klägers zu erschüttern. So sei unklar, ob in dem Rückforderungsanspruch Zahlungen der A.  für Messdienstleistungen der Beklagten enthalten seien. Es bleibe auch offen, ob der Kläger Rückforderungsansprüche im Hinblick auf Zahlungen für Nutzungsentgelte im Niederspannungsbereich (mit oder ohne Leistungsmessung) geltend mache. Eine Überprüfung der Zahlen durch die Beklagte scheitere auch daran, dass der Kläger - trotz Aufforderung - keine Kundennamen benannt habe. Die genannten Kundenanzahlen und Energiemengen würden bestritten. Das Zahlenwerk des Klägers sei widersprüchlich. So gehe er in erster Instanz noch von einem um 36 % überhöhten Netzentgelt aus, in der Berufungsbegründung indes nur noch von einer Überhöhung von 25 %. Die Beklagte gehe nach wie vor davon aus, dass die A.  sowohl auf Abschlagsrechnungen als auch auf Jahresrechnungen Zahlungen geleistet habe [BE S. 3 - Bl. 205 III -] und der Kläger deshalb darlegen müsse, welche Zahlungen er für welche Endkunden auf welche Rechnungen geleistet habe. Eine Überzahlung i.H.v. 1.002,36 Euro werde bestritten. Mögliche Rückzahlungsansprüche seien zudem verjährt und verwirkt.

25

Wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 83 - 89 III).

26

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei darlegungs- und beweisfällig geblieben hinsichtlich der jeweils tatsächlich abgenommenen Menge und hierauf geleisteter Zahlungen, so dass sich im Falle der Feststellung der Unbilligkeit des reinen Netznutzungsentgeltes ein Rückzahlungsanspruch nicht berechnen lasse, unabhängig davon, dass der insgesamt an die Beklagte gezahlte Betrag unstreitig sei. Die vom Kläger behaupteten Verbrauchsmengen habe die Beklagte in zulässiger Weise exemplarisch bestritten. Angesichts des unstreitigen Vorliegens von Jahresabrechnungen werde an die Darlegungslast des Klägers keine überzogenen Anforderung gestellt, wenn er anhand dieser Rechnungen die abgenommene Menge und die Kundenzahl darlege und unter Beweis stellen und diese Beträge dann den Abschlagszahlungen zurechnen müsse.

27

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 18.8.2008 (Bl. 124 - 140 III) und die Schriftsätze vom 14.11.2008 (Bl. 231 - 238 III), 16.1.2009 (Bl. 55 - 57 IV), 27.7.2009 (Bl. 73/74 IV) und 13.1.2010 (Bl. 16 – 19 VII).

28

Wegen der in der Berufungsinstanz vom Kläger gestellten Anträge wird Bezug genommen auf Seite 2 - 5 der Berufungsbegründung vom 18.8.2008 (Bl. 125 - 128 III) sowie auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 14.11.2008 (Bl. 232 III).

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

31

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 20.10.2008 (Bl. 203 - 211 III).

32

Auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2008 (Protokoll Bl. 248/249 III) hat der Senat den Parteien mit Beschluss vom 27.11.2008 (Bl. 2 - 5 IV) schriftliche rechtliche Hinweise erteilt. Der Senat hat dort ausgeführt, dass es entscheidungserheblich darauf ankomme, ob die Beklagte gegenüber der A.  (bzw. dem Kläger) für alle Kunden Jahresendabrechnungen (bzw. Abrechnungen zum Ende der Tarifperiode) erteilt habe.

33

Zu diesem Hinweis hat die Beklagte mit Schriftsätzen vom 18.12.2008 (Bl. 19 - 24 IV) und 26.1.2009 (Bl. 63/64 IV) Stellung genommen. Sie hat behauptet, dass sie für alle Kunden über die gesamten streitigen Jahre hinweg kundenindividuelle Jahres- und auch Endabrechnungen gelegt habe. Die Jahresabrechnungen seien im rollierenden System, d.h. für die einzelnen Kunden über das Jahr verteilt gelegt worden, wobei die Zeiträume zwischen den jeweiligen kundenindividuellen Jahresabrechnungen jeweils ca. 12 Monate betragen hätten. Die Beklagte legt Rechnungsunterlegen für 4 Einzelfälle (Bl. 25 - 45 IV) vor: Letztlich verweist die Beklagte auf 3 Schreiben der A.  (Bl. 46 - 49 IV), denen zu entnehmen sei, dass dort Jahresabrechnungen vorgelegen haben müssten. Zum Zugang sämtlicher Rechnungen bietet die Beklagte Zeugenbeweis an (Schriftsatz vom 18.12.2008, S. 3 - Bl. 21 IV -).

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Der Kläger hält diesen Vortrag (gemessen am Inhalt des Hinweisbeschlusses des Senats) zu Abrechnungen sämtlicher Kundenvorgänge (und auch noch bezogen auf das behauptete Vertragsende 20.12.2002) weiter für unzureichend. Er bestreitet den Zugang von Rechnungen und verweist darauf, solche bei der A.  nicht vorgefunden zu haben.

35

Der Senat hat der Beklagten mit Verfügung vom 5.8.2009 (Bl. 101 IV/auch dem Kläger) und auf den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.8.2009 (Bl. 106 IV) weitere rechtliche Hinweise erteilt (Bl. 117 - 119 IV). Mit Schriftsatz vom 12.10.2009 (Bl. 155/156 IV) hat die Beklagte (14) Kartons mit Abrechnungsunterlagen vorgelegt, die nach ihrem Vortrag die Abrechnungen zum einen entsprechend ihrem Abrechnungssystem zum März 2002 enthalten und zum anderen die Endabrechnungen bezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A.  . Mit Schriftsatz vom 26.10.2009 hat die Beklagte weitere Unterlagen vorgelegt. Sie bezieht sich dabei (u.a.) auf ein Schreiben der W.  GmbH vom 7.8.2003 (Bl. 56 V). Die W.  GmbH hat unstreitig im Auftrag des Klägers gegenüber den Kunden der A.  die Endabrechnung nach Eintritt der Insolvenz vorgenommen. In dem Schreiben heißt es u.a.:

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die W.  GmbH wurde vom Insolvenzverwalter der A.  GmbH beauftragt, die Abrechnung der A.  – Kunden durchzuführen (...). Dabei mussten wir feststellen, dass uns einzelne Zählerstände, nach Bearbeitung ihrer Dateien bzw. Schlussrechnungen, nicht vorliegen. ... Die Kunden, für die uns Daten fehlen, finden sie in der Datei auf beigelegter Diskette ...

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Die Beklagte sieht damit den Beweis als geführt an, dass der A.  und damit dem Kläger die Abrechnungsunterlagen vorgelegen haben müssen. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 13.1.2010 (Bl. 17 VII) den Zugang von Einzelrechnungen weiter mit Nichtwissen bestritten. Nach Hinweis des Senats im Termin vom 18.2.2010 (Bl. 35 VII), dass ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zulässig sein dürfte, hat der Klägervertreter den Zugang einfach bestritten, wobei er weiter darauf hingewiesen wurde, dass es sich dabei um ein Bestreiten "ins Blaue hinein" handeln könnte.

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Im Termin vom 18.2.2010 hat der Senat den Zeugen J.  Sch.  angehört, den Geschäftsführer der A.  GmbH und der W.  GmbH. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 18.2.2010 (Bl. 35/36 VII).

II.

39

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat insgesamt keinen Erfolg:

40

Dem Kläger steht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Anspruch ist für die Jahre 2000 und 2001 insgesamt und für das Jahr 2002 teilweise verjährt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung ausdrücklich erhoben (zuletzt: BE S. 5 ff. - Bl. 207 ff. III -):

41

(1) Soweit es die Rückforderungsansprüche angeht, die der Kläger wegen geleisteter Zahlungen für die Jahre 2000 und 2001 geltend macht, richtet sich die Verjährung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB grundsätzlich nach neuem Recht, wobei sich der Beginn der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1.1.2002 nach der Fassung des BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung richtet, also nach § 201 BGB a.F. Es gilt die kurze Verjährung nach altem Recht. Die streitgegenständlichen Bereicherungsansprüche betreffen "regelmäßig wiederkehrende Leistungen" i.S.v. § 197 BGB a.F.. Die Verjährung begann deshalb mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstand (§ 198 BGB a.F.).

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Der Anspruch entstand im Zeitpunkt der Zahlung durch die A.  ( BrandenburgischesOLG Urteil vom 11.3.2008 - Kart U 2/07 - [z.B. OLGR 2009, 385], hier: zitiert nach juris). Die A.  hatte gemäß § 8 Nr. 2 des Rahmenvertrages monatlich laufende Abschläge zu zahlen. Der Anspruch entsteht - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht erst in dem Augenblick, in dem ein Urteil, mit dem das billige Entgelt festgesetzt wird, Rechtskraft erlangt. Soweit der Bundesgerichtshof (NJW 2006, 2472) entschieden hat, dass die Forderung des Gläubigers (= Beklagte) erst mit der Rechtskraft eines solchen Urteils fällig wird, ist dieser Gesichtspunkt nicht auf den Rückforderungsanspruch des Schuldners (= Kläger) anzuwenden ( BrandenburgischesOLG a.a.O.; ThüringischesOLG Urteil vom 26.9.2007 - 2 U 227/07 - [z.B. OLGR 2008, 82]; hier: zitiert nach juris; das vom Kläger mit dem Schriftsatz vom 27.7.2009 vorgelegte Urteil des OLG Koblenz vom 25.5.2009 [insbesondere S. 14/15 - Bl. 96/97 IV] problematisiert dieses Unterscheidungskriterium nicht). Die Verjährung begann mithin grundsätzlich zum Ende der Jahre 2000 und 2001. Mit dem 1.1.2002 galt für die Ansprüche die neue Regelverjährung von 3 Jahren (§ 195 BGB n.F.). Der Beginn dieser kürzeren Regelverjährung setzt gemäß § 199 Abs. 1 BGB (n.F.) außer dem Entstehen des Anspruchs auch die Kenntnis des Gläubigers von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners voraus.

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Dies gilt indes nicht für Ansprüche aus dem Jahr 2000 . Die neue Regelverjährung führt nicht zu einer Verlängerung der vor dem 1.1.2002 geltenden Verjährungsfristen (Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB). Die vierjährige Verjährungsfrist aus § 197 BGB a.F. hätte am 31.12.2004 geendet, also vor Ablauf der neuen Regelverjährungsfrist. Ansprüche aus dem Jahr 2000 sind somit am 31.12.2004 verjährt, ohne dass es als weiteres Tatbestandmerkmal auf die Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ankommen würde. Die Verjährung unterbrechende oder hemmende Maßnahmen sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

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Ansprüche aus dem Jahr 2001 sind auch verjährt, weil die genannten zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (n.F.) vorliegen. Soweit sich die Berufung in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.4.2007 (VI-2 U (Kart) 9/06; hier: zitiert nach juris) stützt, nach der die Verjährung von (hier streitgegenständlichen) Rückforderungsansprüchen frühestens mit der Veröffentlichung von zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2005 (X ZR 99/04; KZR 36/04) beginnt, kann dem nicht gefolgt werden. Das BrandenburgischeOLG (a.a.O., Rn. 118 in der Zitierung bei juris) weist zutreffend darauf hin, dass das vom OLG Düsseldorf herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs (vom 3.3.2005 - III ZR 353/04 - [z.B. NJW-RR 2005, 1148]: hier: zitiert nach juris) allenfalls den Sonderfall der Notarhaftung erfasst, dessen Wertungen auf das vorliegende Rechtsverhältnis nicht anzuwenden sind. Einerseits konnte vorliegend für die A.  bzw. den Kläger kein Zweifel über die Person des Schuldners bestehen. Andererseits besteht auch keine Veranlassung für die Annahme, dass eine frühere Klage unzumutbar gewesen wäre, da andere Stromversorger bereits Jahre vorher entsprechende Klagen erhoben haben - Nachweise a.a.O. - (im Ergebnis ebenso gegen OLG Düsseldorf: ThüringischesOLG a.a.O.). Ob die Voraussetzung der Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen für Fälle der vorliegenden Art generell an die Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie (VV II plus) angeknüpft werden kann (dazu z.B. Stellungnahme auf der Internetseite von PriceWaterhouseCoopers ), kann vorliegend dahinstehen. Die A.  hat in der Folge ihres Schreibens vom 16.11.2001 (Bl. 85/86 I) Zahlungen nur noch unter dem Vorbehalt der behördlichen und gerichtlichen Überprüfung auf Rechtmäßigkeit und Angemessenheit geleistet. Für die Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist allein erforderlich die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht erforderlich ist demgegenüber, dass der ( Bereicherungs )gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt (z.B. Palandt/Heinrichs BGB, 69. Aufl., § 199, Rn. 26 m.w.N.). Dem Schreiben vom 16.11.2001 ist zu entnehmen, dass die A.  erhebliche Zweifel an der Angemessenheit der Forderungen der Beklagten hatte. Das Schreiben sollte ersichtlich dazu dienen, sich mögliche Rückforderungsansprüche offen zu halten. Im Hinblick auf die nur noch unter Vorbehalt erfolgten Zahlungen ist für die Kenntnis i.S.v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf das Schreiben vom 16.11.2001 abzustellen (zu diesem Anknüpfungspunkt ebenso: Thüringisches OLG a.a.O.). Ansprüche aus dem Jahr 2001 verjährten mithin am 31.12.2005 (insoweit ist der Zeitpunkt des Eintritts der Verjährung nach altem und neuem Recht identisch). Der Antrag vom 29.12.2005 auf Erlass eines Mahnbescheides konnte die Verjährung schon deshalb nicht hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, §§ 696 Abs. 3, 167 ZPO), weil er sich ausschließlich auf mögliche Ansprüche aus dem Jahr 2002 bezieht (Gegenstand auch des Antrages aus der Anspruchsbegründung vom 24.3.2006 [Bl. 25/26 I] sind allein Ansprüche aus 2002).

45

Ein Rückforderungsanspruch für das Jahr 2002 ist zum Teil nicht verjährt. Aus den vorgenannten Gründen trat Verjährung zum 31.12.2005 ein. Insoweit wurde die Verjährung durch den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides in unverjährter Zeit (29.12.2005) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Dass der Mahnbescheid erst nach dem 31.12.2005 erlassen (23.1.2006) und zugestellt wurde (1.2.2006), steht der Annahme der Hemmung nicht entgegen (§§ 167, 696 Abs. 3 ZPO). Die Hemmung der Verjährung trat aber nur im Umfang des im Mahnbescheidsantrag gestellten bezifferten Zahlungsantrages ein. Sowohl für den Umfang der Hemmung der Verjährung als auch für den Umfang der Rechtskraft ist der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand bestimmend. Die Grenzen der Hemmung der Verjährung sind grundsätzlich mit denen der Rechtskraft kongruent. Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag (BGH Urteil vom 11.3.2009 - IV ZR 224/07 - [z.B. VersR 2009, 772]; hier: zitiert nach juris). Der Kläger war zwar nicht gehindert, nachträglich die Klage zu erweitern, so wie er dies mit der Anspruchsbegründung vom 24.3.2006 (S. 2 - Bl. 26 I -) für das Jahr 2002 getan hat. Der Kläger muss aber hinnehmen, dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchteils selbständig beurteilt wird (BGH Urteil vom 9.1.2008 - XII ZR 33/06 - [z.B. FamRZ 2008, 675]; hier: zitiert nach juris). In der Anlage zum Mahnbescheidsantrag (Bl. 4/5 I) hat der Kläger sämtliche von ihm behaupteten Zahlungen im Jahre 2002 einzeln aufgelistet. Von der sich ergebenden Summe verlangt er 25 %, also einen Teilbetrag. Der sich rechnerisch ergebende Betrag von 106.784,32 Euro, bildet somit den Mahnbescheidsantrag. Über diesen Betrag wurde sodann der Mahnbescheid auch erlassen. Die Hemmung der Verjährung durch den Mahnbescheid kann sich somit auch nur auf diesen Betrag beziehen. Die Klageerweiterung in der Anspruchsbegründung erfolgte demgegenüber nicht mehr in unverjährter Zeit. 

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(2) Soweit die Ansprüche für das Jahr 2002 nicht verjährt sind (106.784,32 Euro), ist die Klage jedoch ebenfalls nicht begründet. Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Erstellung von Jahresabrechnungen bzw. Abrechnungen zum Ende einer Tarifperiode wird Bezug genommen auf den Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 27.11.2008 (Bl. 2 - 5 IV) und den Beschluss vom 20.8.2009 (Bl. 117 - 119 IV):

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Grundsätzlich muss der Netznutzer (A.  /Kläger) darlegen und beweisen, welche Zahlungen er auf welche abgerechneten Entgelte geleistet hat. Insoweit sind Schätzungen und Hochrechnungen nicht ausreichend (Beschluss a.a.O. unter Hinweis auf den Beschluss des OLG München vom 22.4.2008 - U (K) 5834/07 - [z.B. IR 2008, 136 -]; hier: zitiert nach juris). Da in der Präambel des Rahmenvertrages (Bl. 6 AB II) ausdrücklich Bezug genommen wird auf die Verbändevereinbarung, die die Beklagte (2.2.2.) verpflichtet, die für die Abrechnung relevanten Verbrauchs- bzw. Einspeisedaten zu erfassen, zu verarbeiten und an die berechtigten Stellen weiterzuleiten, ist es Sache der Beklagten darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass der A.  bzw. dem Kläger gegenüber Jahresabrechnungen bzw. Abrechnungen zum Ende von Tarifperioden erteilt wurden. Diesen Beweis hat die Beklagte zur Überzeugung des Senats geführt.

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Die Beklagte hat zum einen hinreichend dargelegt, nach welchem System sie abgerechnet hat (Abrechnung im rollierenden System). Der Senat berücksichtigt weiter, dass die Beklagte in der Lage war, Abrechnungsunterlagen (getrennt nach Tarifperiode und Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung) in großem Umfang vorzulegen. Der Senat geht weiter davon aus, dass die Behauptung des Klägers keinerlei Abrechnungsunterlagen vorliegen zu haben widerlegt ist und sein einfaches Bestreiten im Termin vom 18.2.2010 unbeachtlich ist. Die Beklagte hat neben der Vorlage der Abrechnungsunterlagen - die trotz ihres Umfangs für sich gesehen natürlich über ihren Zugang bei der A.  oder dem Kläger bzw. ihre Vollständigkeit nichts aussagen - in der Folge der Hinweise des Senats eine Reihe von Indizien zusammengetragen. So ist der Schriftwechsel zwischen der Beklagten und der A.  (von der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.10.2009 vorgelegt - Bl. 62 - 82 V -) über einzelne Kunden nicht nachvollziehbar, wenn der A.  keine Abrechnungsunterlagen vorgelegen hätten, von denen in der Korrespondenz (unter Benennung einzelner Kundennamen - z.B. Bl. 62/63 V -) ausdrücklich die Rede ist. Dass der A.  (oder jedenfalls der W.  GmbH - deren Kenntnis sich der Kläger [entgegen der Ansicht im Schriftsatz vom 13.1.2010, S.2 - Bl. 17 VII] zurechnen lassen müsste, weil er diese mit der Abrechnung beauftragt hat) in erheblichem Umfang Abrechnungsunterlagen vorgelegen haben müssen, belegt auch das Schreiben der W.  GmbH vom 7.8.2003 (Bl. 56 V). Diese war in der Lage eine Datei zu erstellen, auf der alle fehlenden Daten verzeichnet waren. Zwar ist in dem Schreiben von Zählerständen die Rede und nicht von Rechnungen. Dazu hat der Zeuge Sch.  aber ausgesagt, dass die W.  GmbH die Zählerstände benötigt habe, weil sie gegenüber den Endkunden bezogen auf andere Zeitpunkte abgerechnet habe als die Beklagte gegenüber der A.  . Das Schreiben belegt aber, dass jedenfalls der W.  GmbH bis auf Einzelfälle die Informationen für die Abrechnung gegenüber ihren Kunden vorgelegen haben müssen. Das Schreiben belegt zudem, dass das Bestreiten des Klägers "ins Blaue hinein" erfolgt. So hätte er mit der Vorlage (Ausdruck) der in dem Schreiben genannten Datei leicht darlegen können, welche Abrechnungsunterlagen fehlten. Schließlich ist auch die Aussage des Zeugen Sch.  eindeutig. Er hat unmissverständlich bekundet, dass

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- die A.  Zahlungen an die Beklagte nur bei Vorliegen von Rechnungen geleistet hat;

50

- die W.  GmbH die Kunden der A.  abgerechnet hat, damit sowohl die Kunden wie auch der Insolvenzverwalter wussten, welche Forderungen wechselseitig noch geltend gemacht werden konnten;

51

- dass die Rechnungen der Beklagten bei der A.  von der Buchhaltung bearbeitet und aufbewahrt wurden:

52

- die archivierten Unterlagen sich noch am Standort bei der A.  befanden, als der Kläger seine Tätigkeit aufnahm.

53

Bei einer Gesamtschau der vorgenannten Umstände ist der Vortrag der Beklagten, der A.  gegenüber (jedenfalls gegenüber der W.  GmbH) für sämtliche Kunden Endabrechnungen erteilt haben, die dieser auch zugegangen sind, schlüssig. Die Beklagte hat so viele Umstände zusammengetragen, aus denen zu folgern ist, dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, den Vortrag der Beklagten qualifiziert zu bestreiten, bzw. positiv gewendet, darlegen zu können, in welchen Fällen die Beklagte keine Abrechnung gelegt hat. Damit hätte er entsprechend der grundsätzlich ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast gleichzeitig darlegen können, in welchen Fällen er welche Zahlungen geleistet hat. Es ist zu wiederholen, dass der Zeuge Sch.  genau dies bekundet hat, nämlich dass Zahlungen der A.  auf gestellte Rechnungen erfolgt sind. Da der Kläger im Ergebnis darlegungs-, jedenfalls aber beweisfällig geblieben ist, die Zahlungsklage für das Jahr 2002 auch insoweit unbegründet soweit eine Forderung nicht verjährt wäre. Auf die Aussagen der Zeugen B.  und St.  , auf die sich der Kläger seinerseits nicht gegenbeweislich berufen hat, kommt es damit nicht mehr an. Auf die Vernehmung der Zeugen hat die Beklagte im Schriftsatz vom 01.03.2010 auch förmlich verzichtet.

54

Für den Hilfsantrag aus dem Schriftsatz 14.11.2008 (S. 2 - Bl. 232 III -) besteht kein selbständiges Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger - was er mit dem Hauptantrag auch tut - sofort auf die Leistung klagen kann (Palandt/Grüneberg a.a.O., § 315, Rn. 17). Im Rahmen der Leistungsklage wird dann die Billigkeit geprüft.

55

Den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 26.02.2010 hat der Senat zur Kenntnis genommen. Er rechtfertigt keine abweichende Bewertung oder gibt Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

56

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

57

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

58

Die Revision ist zuzulassen, weil es jedenfalls zu der vorliegend streitentscheidenden Frage des Beginns der Verjährungsfrist für die Rückforderung von überzahlten Netznutzungsentgelten unterschiedliche Entscheidungen von Oberlandesgerichten gibt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

59

Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung wird Bezug genommen auf den Beschluss des Senats vom 25.8.2008 (Bl. 147/148 III).


Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08 zitiert 14 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche

Zivilprozessordnung - ZPO | § 696 Verfahren nach Widerspruch


(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß §

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 198 Verjährung bei Rechtsnachfolge


Gelangt eine Sache, hinsichtlich derer ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zugute.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 201 Beginn der Verjährungsfrist von festgestellten Ansprüchen


Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des An

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 04. März 2010 - 1 U 62/08 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 353/04 Verkündet am: 3. März 2005 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 852 F.: 31

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 33/06 Verkündet am: 9. Januar 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 36/04 Verkündet am:
18. Oktober 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Stromnetznutzungsentgelt

a) Hat ein Unternehmen dem Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes für
die Netznutzung ein Entgelt zu entrichten, das der Netzbetreiber als nach der
Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelten allgemein geltenden Tarif
festgesetzt hat, ist regelmäßig anzunehmen, dass der Netzbetreiber das
Entgelt nach billigem Ermessen zu bestimmen hat und die Billigkeit seiner
Bestimmung der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.

b) Das Günstigkeitsprinzip und die Bedingungen guter fachlicher Praxis im Sinne
des § 6 Abs. 1 EnWG 2003 konkretisieren für den Anwendungsbereich
der Vorschrift den nach § 315 BGB zu beachtenden Maßstab billigen Ermessens.

c) Auf Netznutzungsentgelte, die für die Zeit seit dem 1. Januar 2004 zu entrichten
sind, findet die an die Einhaltung der Verbändevereinbarung Strom II
plus geknüpfte Vermutung der Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher
Praxis keine Anwendung mehr.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2005 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Ball,
Prof. Dr. Bornkamm und Prof. Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin bietet elektrische Energie für private und gewerbliche Verbraucher an. Auf der Grundlage eines - durch einen zweiten Vertrag vom 20. September 2002 geänderten - Rahmenvertrags vom 6. April 2001 stellt die Beklagte der Klägerin hierzu das Stromverteilungsnetz zur Verfügung, das sie auf dem Gebiet der Stadt Mannheim betreibt. Nach Nr. 6.1 des Vertrags hat die Klägerin für die Durchleitung ein Entgelt "gemäß der jeweils geltenden Anlage 3" zu zahlen. Am Ende des Vertrages ist als Anlage 3 ein (nicht vorgelegtes) "Preisblatt" bezeichnet. Nach dem Vorbringen der Beklagten berechnet sie die der Klägerin in Rechnung gestellten Entgelte nach der Anlage 3 zur Verbände- vereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz Nr. 85b vom 8.5.2002; im folgenden: Verbändevereinbarung Strom II plus; VV Strom II+); entsprechend werden die dort wiedergegebenen "Preisblätter" von der Beklagten im Internet erläutert (Anlage K 5). In einem Anschreiben , mit dem sie der Beklagten den von ihr unterzeichneten Vertragstext zur Gegenzeichnung zuleitete, erklärte die Klägerin, sie behalte sich vor, "die … in Rechnung gestellten Entgelte im ganzen und in ihren einzelnen Bestandteilen energie- und kartellrechtlich überprüfen zu lassen".
2
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte verlange überhöhte Netznutzungsentgelte. Sie begehrt die Feststellung, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe von derzeit 34,- € (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) und einem Arbeitspreis von 0,06 €/kWh (ohne Umsatzsteuer) zusteht, soweit er 50% der geltend gemachten Beträge übersteigt.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Mannheim RdE 2004, 122); die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe ZNER 2004, 397 = RdE 2005, 51).
4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne nicht mit dem Einwand gehört werden, die Preisbestimmung der Beklagten entspreche nicht der Billigkeit. § 315 BGB finde keine Anwendung, da die Parteien der Beklagten kein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hätten, die Klägerin vielmehr das ihrer Ansicht nach überhöhte (Preis-)Angebot der Beklagten, wenn auch unter Protest, angenommen habe. Auch aus § 6 Abs. 1 EnWG (in der bis zum 12. Juli 2005 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) ergebe sich kein Anspruch der Klägerin auf einen niedrigeren Preis. Es fehle an einer Abweichung des von der Beklagten berechneten Preises von den Grundsätzen guter fachlicher Praxis, da die Beklagte das Netznutzungsentgelt nach den bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts nach der Verbändevereinbarung Strom II plus berechne und unter diesen Umständen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG a.F. die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet werde. Die Vermutungswirkung gelte über den 31. Dezember 2003 hinaus und sei lediglich auf nach diesem Datum festgesetzte Preise nicht mehr anwendbar. Die Behauptung der Klägerin, die von der Beklagten berechneten Entgelte seien ungünstiger als die Preise, die von der Beklagten in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen in Rechnung gestellt würden, sei unsubstantiiert. Auch für einen missbräuchlich überhöhten oder diskriminierenden Preis fehle eine ausreichende Tatsachengrundlage im Vortrag der Klägerin. Denn auch in diesem Zusammenhang erhalte die Vermutung des § 6 Abs. 1 EnWG a.F. ausschlaggebende Bedeutung. Mit dem Ober- landesgericht Düsseldorf (ZNER 2003, 247, 253) sei der Senat der Ansicht, dass bei Einhaltung guter fachlicher Praxis der Preisbildung ein Missbrauch oder eine Diskriminierung begrifflich ausgeschlossen seien.
7
II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts findet auf die Bestimmung des Netznutzungsentgelts durch die Beklagte die Vorschrift des § 315 BGB Anwendung.
9
a) Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung ist nach § 315 Abs. 1 BGB, dass die vertragliche Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden soll. Ein derartiges einseitiges Leistungsbestimmungsrecht haben die Parteien der Beklagten eingeräumt. Denn die von der Klägerin zu entrichtenden Entgelte sollten sich nach der "jeweils geltenden" Anlage 3 bestimmen. Zwar hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Inhalt des damit in Bezug genommenen "Preisblatts" getroffen. Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass der ausgewiesene Preis derjenige gewesen ist, von dem die Beklagte behauptet, dass sie ihn nach den Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelt habe. Ein solcher Preis liegt jedoch nicht ein für allemal fest, sondern bedarf der regelmäßigen Neuermittlung unter Berücksichtigung der Entwicklung der preisbildenden Faktoren (nach dem Vorbringen der Beklagten verlangt sie den im Klageantrag bezeichneten Arbeitspreis von 6,00 Cent/kWh seit dem 1. Januar 2003). Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe - wenngleich unter Vorbehalt - das Angebot der Beklagten angenommen, besagt daher in Verbindung mit dem im Vertrag enthaltenen Verweis auf das "jeweils geltende" Preisblatt der Beklagten nichts anderes, als dass sich die Klägerin verpflichtet hat, den jeweils von der Beklagten für eine bestimmte Periode bestimmten Preis zu zahlen. Demgemäß hat bereits das Landgericht, auf dessen Urteil sich das Berufungsgericht bezieht , festgestellt, die Klägerin habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Beklagte Preise in Ansatz bringe, die sich "gerade aus deren bereits bekannten Tarifen" ergäben. Der "bereits bekannte Tarif" ist nichts anderes als die auf einen bestimmten Zeitraum bezogene Preisforderung der Beklagten. Damit steht schließlich auch in Einklang, wenn das Landgericht die Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung für berechtigt erachtet, das Netznutzungsentgelt, wie sie für sich in Anspruch nehme, nach der Verbändevereinbarung Strom II plus, insbesondere deren Anlage 3, "berechnen zu dürfen".
10
Das ist der Sache nach ein Leistungsbestimmungsrecht. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass etwa Zinsanpassungsklauseln in den Anwendungsbereich des § 315 BGB fallen (BGHZ 97, 212, 214). Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die "jeweils geltende Anlage 3" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.
11
b) Zufolge des ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts ist die Beklagte verpflichtet, die Entgeltbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen. Zwar tritt diese Rechtsfolge nach § 315 Abs. 1 BGB nur im Zweifel ein. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich jedoch nichts dafür, dass die Parteien etwas anderes gewollt hätten.
12
Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte wie jeder Netzbetreiber der Klägerin ihr Netz zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen hatte, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihr in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 26.8.1998) und seit dem 24. Mai 2003 zudem von Gesetzes wegen guter fachlicher Praxis zu entsprechen hatten (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 20.5.2003). Hierdurch wird der allgemeine Maßstab des "billigen Ermessens", den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr konkretisiert.
13
Denn weder aus dem Günstigkeitsprinzip noch aus der Bindung an gute fachliche Praxis ergeben sich Preisbildungsprinzipien, die ein Ermessen des Netzbetreibers bei der Ermittlung, Ausgestaltung und Gewichtung der preisbildenden Faktoren ausschlössen. Das Ermessen des Netzbetreibers wird jedoch in zweierlei Hinsicht gebunden. Zum einen bilden die Entgelte, die der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb seines Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung stellt, eine Obergrenze für den billigem Ermessen entsprechenden Preis. Zum anderen muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F. einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG a.F.) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen.
14
2. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die Entgeltbestimmung der Beklagten in diesem Sinne billigem Ermessen entspricht, da sie nach § 315 Abs. 3 BGB nur dann für die Klägerin verbindlich ist. Die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Prüfung auch deshalb enthoben zu sein, weil in erster Instanz unstreitig gewesen sei und in zweiter Instanz von der Klägerin nicht mehr bestritten werden könne, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt nach den Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ ermittle, und damit vermutet werde, dass das Netznutzungsentgelt guter fachlicher Praxis entspreche, ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
15
a) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht an die tatbestandliche Feststellung des Landgerichts gebunden gesehen, in erster Instanz sei unstreitig gewesen, dass die Beklagte ihre Preise nach der Verbändevereinbarung Strom II plus gebildet habe. Eine solche bindende Feststellung enthält das erstinstanzliche Urteil schon deshalb nicht, weil es insoweit widersprüchlich ist.
16
Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils heißt es u.a. ausdrücklich, die Klägerin bestreite, dass die geltend gemachten kalkulatorischen Kosten notwendig seien, rationeller Betriebsführung entsprächen, nach realistischen Umlageschlüsseln innerhalb der Kostenstellen der Beklagten verteilt und nach anerkannten Methoden der Betriebswirtschaft berechnet worden seien (LGU 3 f.); die Beklagte orientiere sich bei ihren Ausgaben nicht an objektiv notwendigen Kosten, die im Wettbewerb angesetzt werden könnten, sondern an im Monopol gewachsenen Kostenstrukturen mit eigenen Haustarifen, Kundenzeitschriften , Sponsoring etc. und daraus resultierenden Bedürfnissen; es sei nicht einsichtig, warum Planungsfehler durch überdimensionierte Netze oder geringe Anlagenauslastungen als Netzkosten den Kunden auferlegt werden sollten (LGU 4).
17
Zwar bemerkt der Tatbestand an anderer Stelle, die Klägerin habe ursprünglich "bestritten, dass die Beklagte die Netzentgelte nach der Anlage 3 der VV Strom II+ kalkuliert habe; dies wird jedoch im Schriftsatz vom 30.4.2003 (dort S. 24, GA I 146 [richtig: 148]) aufgegeben". Diese Bewertung steht jedoch im Widerspruch zu dem vorerwähnten Vortrag der Klägerin. Im Übrigen enthält der Tatbestand insoweit keine Feststellung zu dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wie das Berufungsgericht meint, sondern eine Auslegung des mit Fundstelle angegebenen schriftsätzlichen Vorbringens der Klägerin, an die das Berufungsgericht nicht gebunden war und die auch das Revisionsgericht nicht bindet. Tatsächlich hat die Klägerin am angegebenen Ort lediglich bemerkt, die von der Beklagten geforderten Netznutzungsentgelte seien unangemessen überhöht, weil ihre Berechnungsgrundlage, die Anlage 3 zur VV Strom II+, nicht elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung und somit keiner guten fachlichen Praxis entspreche. Mit dieser Kritik an der Anlage 3 zur VV Strom II+ ist die Klägerin jedoch nicht von ihrer Behauptung abgerückt , dass die Beklagte auch im Rahmen der Verbändevereinbarung Strom II plus von unangemessenen bzw. unrichtigen Ansätzen ausgegangen sei.
18
b) Im Übrigen konnte die (richtige) Anwendung der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus auch deshalb in erster Instanz nicht "unstreitig" sein, weil es sich hierbei nicht um eine Tatsache, sondern um eine - betriebswirtschaftliche Sachkunde erfordernde - rechtliche Wertung handelt. Wie bereits ihr Titel verdeutlicht, enthält die Anlage 3 zur VV Strom II+ nur "Prinzipien" für die Preisfindung. Im einleitenden Abschnitt "Grundsätze" heißt es, dass Preise zu bilden seien, die in Anbetracht der Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich seien. Alle bilanziellen und kalkulatorischen Kosten seien unter der Maßgabe einer wirtschaftlichen Betriebsführung und in einem Umfang, der sich im Wettbewerb einstellen würde, anzusetzen; damit werde den Anforderungen der Kostengerechtigkeit und Kosteneffizienz gleichermaßen Rechnung getragen. Die Preisbildung soll sodann auf der Basis der drei Elemente "Kalkulatorische Kostenund Erlösrechnung", "Handelsrechtlicher Jahresabschluss bezogen auf die Bereiche Übertragung und Verteilung" und "Übertragungs- und Verteilungspreise strukturell vergleichbarer Netzbetreiber" erfolgen. Dass die Beklagte indessen Vortrag etwa zu den Einzelheiten der kalkulatorischen Kosten- und Erlösrechnung gehalten hätte, den die Klägerin hätte unstreitig stellen können (und der sodann die Wertung hätte erlauben können, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt in Übereinstimmung mit den Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ ermittelt), ist dem erstinstanzlichen Urteil - und auch dem Berufungsurteil - nicht zu entnehmen und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.
19
c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das Berufungsgericht der Überprüfung des Entgelts am - durch § 6 Abs. 1 EnWG konkretisierten - Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB auch nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin zur Unbilligkeit nicht hinreichend vorgetragen hätte. Denn nicht die http://beck1-gross.digibib.net/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1992&S=183 [Link] http://beck1-gross.digibib.net/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1992&S=183&I=185 - 11 - andere Vertragspartei hat die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darzulegen; vielmehr hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist und der typischerweise auch allein dazu in der Lage ist, die Billigkeit seiner Bestimmung darzutun (BGH, Urt. v. 30.4.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, 3132). Zwar gilt dies nicht notwendigerweise auch im Rückforderungsprozess (BGHZ 154, 5, 8 f.). Wenn eine Zahlung indessen lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen (BGH, Urt. v. 9.3.1989 - IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606, 1607; Urt. v. 8.7.2004 - III ZR 435/02, NJW 2004, 2897). Zahlt die andere Vertragspartei - wie hier die Klägerin - nur unter Vorbehalt, verbleibt es auch im Rückforderungsprozess dabei, dass derjenige, der das Entgelt einseitig bestimmt hat, die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner Tarife trägt (BGH, Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2922).
20
d) Daran ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass die Tarife der Beklagten von der für die Preisgenehmigung nach § 12 der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) zuständigen Landesbehörde nicht beanstandet worden sind. Denn die öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell (BGHZ 115, 311, 317 f.; BGH, Urt. v. 2.10.1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, 185; Urt. v. 2.7.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, 3192; Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2920). Zwar mag die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ein gewisses Indiz für die Billigkeit der Tarife liefern (BGH NJW 2005, 2919, 2923). Es entbindet die Beklagte jedoch nicht von ihrer Darlegungslast, sondern kann allenfalls bei der abschließenden Bewertung der für die Billigkeit der Tarife maßgeblichen Umstände Bedeutung erlangen.
21
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung durch den Senat reif ist, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
22
1. Dass die Klägerin ihr Klageziel mit einem Feststellungsantrag verfolgt, hat das Berufungsgericht zutreffend mit Rücksicht auf die gegenüber einer Zahlungsklage weitergehende, weil in die Zukunft gerichtete Feststellungswirkung als zulässig angesehen. Soweit die Revisionserwiderung den Feststellungsantrag für teilweise unklar hält, wird das Berufungsgericht der Klägerin gegebenenfalls Gelegenheit zur Klarstellung ihres Rechtsschutzziels zu geben haben.
23
2. In der Sache muss zunächst die Beklagte Gelegenheit erhalten, zur Angemessenheit ihrer Tarife vorzutragen. Denn die Vorinstanzen hatten nach ihrem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung, die Beklagte auf ihre Darlegungslast hinzuweisen.
24
3. Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass die Beklagte der Ermittlung der von ihr verlangten Preise die Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ zugrunde gelegt hat, wird es folgendes zu beachten haben:
25
Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. wird für die Zeit bis zum 31. Dezember 2003 bei Einhaltung der Verbändevereinbarung grundsätzlich die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet. Da die Preisfindungsprinzipien indessen die Erfordernisse guter fachlicher Praxis im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. konkretisieren sollen, sind sie ihrerseits im Lichte der Zielsetzung des § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F. auszulegen und anzuwenden, eine eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Stromversorgung und darüber hinaus wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Wo die Preisfindungsprinzipien Bewertungsspielräume eröffnen, sind sie daher so zu nutzen, dass dem Gesetzeszweck bestmöglich Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob es sachverständiger Beratung bedarf, um Inhalt, Bedeutung und Anwendung der Preisfindungsprinzipien im Streitfall nachzuvollziehen und zu bewerten.
26
Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. entfällt ferner die Vermutungswirkung , wenn die Anwendung der Verbändevereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Das Berufungsgericht wird sich daher gegebenenfalls mit den von der Klägerin vorgetragenen Einwendungen gegen die Eignung bestimmter Bestandteile der Preisfindungsprinzipien zur Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs auseinandersetzen müssen.
27
Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu beachten haben , dass nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. nur bis zum 31. Dezember 2003 bei Einhaltung der Verbändevereinbarung die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet wurde. Soweit die Parteien über das von der Klägerin seit dem 1. Januar 2004 zu zahlende Entgelt streiten, kommt der Beklagten daher die gesetzliche Vermutung der Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis nicht mehr zugute. Der gegenteiligen Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden. Gerade die Erwägung, der Gesetzgeber habe für eine Übergangszeit Rechtssicherheit schaffen wollen, verbietet es, die Vermutung entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. über den 31. Dezember 2003 hinaus zu perpetuieren und damit die vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Beschränkung weitgehend gegenstandslos zu machen. Dabei geht es auch nicht darum, dass ein einmal gefundener Preis nicht, wie das Berufungsgericht meint, durch bloßen Zeitablauf von den Grundsätzen guter fachlicher Praxis abweichen könne, sondern lediglich um den zeitlichen Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG. Die zeitliche Begrenzung der Vermutungswirkung ist daher nur dann und insoweit von Bedeutung, als sich auch nach Sachaufklärung die Übereinstimmung einzelner Preisfindungsprinzipien mit den Erfordernissen guter fachlicher Praxis weder feststellen noch ausschließen lässt.
28
4. Soweit in die Prüfung am Maßstab des § 6 Abs. 1 EnWG a.F. nicht bereits alle kartellrechtlich relevanten Gesichtspunkte einfließen sollten, wird schließlich der Einwand der Klägerin zu erörtern sein, die Beklagte missbrauche die marktbeherrschende Stellung, die sie als Netzbetreiber innehat. Denn nach § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG a.F. bleiben § 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 und 2 GWB unberührt; die kartellrechtliche Prüfung ist daher von der energiewirtschaftsrechtlichen grundsätzlich unabhängig (BGHZ 156, 379, 387 - Strom und Telefon I; BGH, Beschl. v. 28.6.2005 - KVR 17/04, WuW/E DE-R 1513, 1514 - Stadtwerke Mainz). Für die Zeit seit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 sind insoweit die Vorschriften des § 30 Abs. 1 EnWG maßgeblich.
29
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass in diesem Zusammenhang nicht nur die von der Beklagten geforderten Entgelte als solche, sondern auch einzelne Preisbildungsfaktoren Bedeutung gewinnen. Es ist zwar zutreffend, dass sich letztlich nicht die Art der Preisfindung, sondern nur deren Ergebnis als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann. Des ungeachtet kann jedoch der Ansatz insbesondere einer Mehrheit von Preisbildungsfaktoren, von denen anzunehmen ist, dass auf ihrer Grundlage kalkulierte Preise bei wirksamem Wettbewerb auf dem Markt nicht durchgesetzt werden könnten, ein Indiz dafür sein, dass der so gewonnene Preis missbräuchlich überhöht ist.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 30.12.2003 - 22 O 64/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 -

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Gelangt eine Sache, hinsichtlich derer ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zugute.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 99/04 Verkündet am:
5. Juli 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Ambrosius und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 48 des Landgerichts Berlin vom 19. Mai 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:


Die Klägerin, eine rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts, betreibt auf der Grundlage des Berliner Betriebegesetzes vom 9. Juli 1993 (BerlBG) die Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Land Berlin. Mit der vorliegenden Klage verlangt sie von dem beklagten Grundstückseigentümer Entgelt für Abfallentsorgung und Straßenreinigung in der Zeit vom 3. August 1998 bis 30. Juni 2002 in Höhe von 5.084,33 € nebst Zinsen. Der Beklagte macht unter
anderem geltend, die von der Klägerin festgesetzten Tarife entsprächen nicht der Billigkeit im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Einrede nach § 315 Abs. 3 BGB im Entgeltzahlungsprozeß der Klägerin zulässig sei; sie werde von dem in den Leistungsbedingungen der Klägerin enthaltenen Einwendungsausschluß nicht erfaßt. Die Klägerin habe nicht dargelegt, daß ihre Tarife der Billigkeit entsprächen. Das Landgericht hat die Revision zugelassen. Mit dieser begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß ungeachtet der Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin die vom Beklagten erhobene Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB) schon im vorliegenden Zahlungsprozeß der Klägerin zu prüfen war. Die Klägerin muß jedoch Gelegenheit erhalten, die Angemessenheit ihrer Tarife darzulegen und zu beweisen.
I. Die Klägerin hat, wie auch der Beklagte nicht bezweifelt, grundsätzlich gegen ihre Kunden einen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Entgelts für die von ihr erbrachten Abfallentsorgungs- und Straßenreinigungsleistungen. Der Entgeltanspruch ergibt sich aus dem zwischen der Klägerin und den Abfallbe-
sitzern bzw. Grundstückseigentümern bestehenden privatrechtlichen "Benutzungsverhältnis".
Dieses resultiert für die Abfallentsorgung aus § 5 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts - und Abfallgesetzes Berlin (KrW-/AbfG Bln), nach dem die Abfallbesitzer das Recht und die Pflicht haben, ihre Abfälle durch die Klägerin entsorgen zu lassen (Anschluß- und Benutzungszwang), und aus § 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln, wonach die Kosten der Abfallentsorgung durch den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger - nach § 2 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln das Land Berlin - durch privatrechtliche Entgelte zu decken sind, die von den benutzungspflichtigen Grundeigentümern nach Maßgabe der von der Aufsichtsbehörde gemäß § 18 Abs. 2 BerlBG genehmigten Entgeltordnung zu zahlen sind. Für die Straßenreinigung ergibt sich das Benutzungsverhältnis aus dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 des Straßenreinigungsgesetzes von Berlin (StrReinG) geregelten Anschluß- und Benutzungszwang und aus § 7 Abs. 1, 2, 3 StrReinG, wonach die Kosten der Reinigung zu 75 v. H. durch von den Anliegern und Hinterliegern zu entrichtende Entgelte zu decken sind, die aus den Tarifen ermittelt werden. Diese Tarife müssen ebenfalls von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Durch den Anschluß- und Benutzungszwang einerseits und die - der öffentlichen Verwaltung bei der Daseinsvorsorge erlaubte - privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses andererseits, die aus der Wahl privatrechtlicher Entgelte hervorgeht (vgl. Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht , 12. Aufl., § 29 Rdn. 34), kommt zwischen der Klägerin und dem Abfallbesitzer bzw. Grundstückseigentümer ein privatrechtliches "Benutzungsverhältnis" zustande. Ob es sich dabei um einen (Werk-)Vertrag handelt (so BGHZ 115, 311, 314), braucht hier nicht entschieden zu werden. Auf die
Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und ihren Kunden findet das Werkvertragsrecht jedenfalls entsprechende Anwendung (vgl. BGHZ 59, 303, 305).
In diesem Verhältnis gelten die von der Klägerin einseitig festgesetzten Tarife und ihre Leistungsbedingungen ohne besondere Einbeziehungsvereinbarung im Sinne der §§ 2 Abs. 1 AGBG, 305 Abs. 2 BGB. Dies ergibt sich hinsichtlich der Tarife aus dem Gesetzeswortlaut (§ 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln). Es muß aber aufgrund des im Verwaltungsprivatrecht zu beachtenden öffentlichrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BGHZ 115, 311, 318), der eine für alle Kunden gleiche Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen verlangt, auch für die Leistungsbedingungen gelten. Sie sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu behandeln (BGH, Urt. v. 03.11.1983 - III ZR 227/82, MDR 1984, 558).
Die Höhe des Entgelts richtet sich nach der von der Klägerin einseitig festgesetzten Entgeltordnung. Die Leistungsbedingungen der Klägerin vom 21. März 2001 besagen dazu (Nr. 1.2.1, 2.2.18 Abs. 1), daß für die Straßenreinigung bzw. das Einsammeln von Abfällen nach Maßgabe der im Amtsblatt für Berlin veröffentlichten Tarife Entgelte erhoben werden. Diese Klauseln, mit denen die Klägerin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt, sind die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 1 KrW-/AbfG Bln wiederholende und somit lediglich deklaratorische Bestimmungen und unterliegen daher nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG, 307 ff. BGB.
Der Beklagte schuldet der Klägerin also grundsätzlich das tarifliche Entgelt. Der Streit der Parteien dreht sich im Revisionsverfahren hauptsächlich um die Einrede des Beklagten, daß die Tarife als solche zu hoch und deshalb für ihn als Kunden nicht verbindlich seien.

II. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß über die Berechtigung dieser Einrede im Zahlungsprozeß der Klägerin zu urteilen ist. Die streitige Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin ist unwirksam.
1. Den Kunden eines Versorgungsunternehmens steht grundsätzlich die Einrede der unbilligen Tariffestsetzung zu.

a) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannt , daß Tarife von Unternehmen, die mittels eines privatrechtlich ausgestalteten Benutzungsverhältnisses Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfall angewiesen ist, nach billigem Ermessen festgesetzt werden müssen und einer Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterworfen sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 659; Urt. v. 03.11.1983, aaO; BGHZ 115, 311, 316 m.w.N.; Urt. v. 30.04.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131). Dies ist zum Teil aus der Monopolstellung des Versorgungsunternehmens hergeleitet worden (BGH, Urt. v. 04.12.1986 - VII ZR 77/86, NJW 1987, 1828; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 15; dagegen und für eine Kontrolle über §§ 138, 305 f. BGB Staudinger/Rieble, BGB (2004), § 315 Rdn. 51 f.), muß aber genauso für den hier vorliegenden Fall eines Anschlußund Benutzungszwangs gelten. Denn auch dann kann der Kunde der einseitigen Preisfestsetzung des Versorgungsunternehmens nicht durch Wahl eines anderen, konkurrierenden Anbieters entgehen.

b) Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger /Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst mit der Rechtskraft des die Tarife neu festsetzenden Feststellungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

c) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich auch dann, wenn, wie hier, die Tarifbestimmung mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde getroffen worden ist. Denn die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts anhand des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell (vgl. nur BGHZ 115, 311, 315; BGH, Urt. v. 02.07.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, jeweils m.w.N.; vgl. auch Ludwig/ Odenthal/Hempel/Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung , § 30 AVBEltV Rdn. 56).
2. Der Beklagte ist nicht darauf beschränkt, die Einrede der unbilligen Leistungsbestimmung im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu
machen. Soweit die Leistungsbedingungen der Klägerin einen Einwendungsausschluß für den Zahlungsprozeß enthalten, ist dieser unwirksam.

a) Die diesbezügliche Klausel Nr. 1.4.2 der Leistungsbedingungen vom 21. März 2001, die nach Nr. 2.2.21 nicht nur für die Straßenreinigung, sondern auch für die Abfallentsorgung gilt, lautet:
"Einwendungen gegen Entgeltansprüche
(1) Entgeltansprüche verjähren in vier Jahren. Einwendungen gegen die Rechnung sind innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach ihrem Zugang schriftlich bei den BSR geltend zu machen.
(2) Trotz rechtzeitiger Mitteilung bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch des Entgeltpflichtigen erstattet."

b) Die vom Beklagten erhobene Einrede der unbilligen Tariffestsetzung wird vom sachlichen Anwendungsbereich dieser Ausschlußklausel erfaßt.
aa) Bei deren Auslegung ist der erkennende Senat an das tatrichterliche Verständnis nicht gebunden, obwohl Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
keine Rechtsnormen sind und ihre Auslegung daher grundsätzlich Sache des Tatrichters ist.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß AGB dann wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht frei auszulegen sind, wenn sie bestimmten Anforderungen in bezug auf ihren räumlichen Geltungsbereich genügen. Der Grund dafür ist das Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung überörtlich geltender AGB (BGHZ 112, 204, 210; 144, 245, 248). Dieses Bedürfnis gebietet es, immer dann, wenn gegen die Urteile verschiedener Berufungsgerichte die Revision zum Bundesgerichtshof eröffnet ist, diesem die Auslegung zu übertragen. In den älteren Entscheidungen hieß es daher, AGB seien frei auszulegen, soweit sie über den Bezirk des "Berufungsgerichts" hinaus angewendet würden (BGHZ 98, 256, 258; 105, 24, 27). Spätere Entscheidungen besagten zwar, daß die AGB über den Bezirk eines "Oberlandesgerichts" hinaus gelten müßten (z.B. BGHZ 112, aaO; 144, aaO). Damit war aber ersichtlich kein Wechsel der Begründung bezweckt, sondern der Begriff "Oberlandesgericht" wurde als Synonym zu "Berufungsgericht" benutzt, weil nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Revisionsrecht (§ 545 Abs. 1 ZPO a.F.) eine Revision nur gegen von den Oberlandesgerichten erlassene Urteile möglich war. Nach Sinn und Zweck dieser Rechtsprechung ist es geboten, seit Geltung des neuen Revisionsrechts , nach dem gegen die Urteile aller Berufungsgerichte, sei es das Landgericht oder das Oberlandesgericht, die Revision möglich ist (§ 542 Abs. 1 ZPO n.F.), zu dem Begriff "Berufungsgericht" zurückzukehren (diesen verwendet auch Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 545 Rdn. 8).
Die Leistungsbedingungen der Klägerin gelten zwar nur in Berlin, aber gleichwohl "über den Bezirk eines Berufungsgerichts hinaus". Denn je nach Streitwert der Entgeltklage ist in erster Instanz das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig und entscheidet im Berufungsverfahren das Landgericht oder das Kammergericht. Die daraus resultierende Gefahr widerstreitender Urteile unterschiedlicher Berufungsgerichte hat sich auch bereits verwirklicht. Anders als das Landgericht mit seinem Berufungsurteil im vorliegenden Fall (48 S 28/04) hat das Kammergericht als Berufungsgericht entschieden (26 U 142/03), daß die streitige Ausschlußklausel die Einrede nach § 315 Abs. 3 BGB erfasse.
bb) Der erkennende Senat schließt sich der gegenteiligen Auslegung des Kammergerichts an.
Der Wortlaut der Klausel - "Einwendungen gegen die Rechnung" - deckt nach allgemeinem Sprachverständnis sämtliche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ab, die der Kunde der Entgeltforderung der Klägerin entgegensetzen kann. Er läßt keine Beschränkung auf bestimmte, besondere Einwendungen erkennen. Insbesondere bietet die allgemein gehaltene Formulierung keinen Anhaltspunkt dafür, daß nur die Rüge von Ablese- oder Berechnungsfehlern in engerem Sinne gemeint ist, Einwände gegen den Tarif als solchen nach § 315 Abs. 3 BGB hingegen nicht erfaßt werden.
Auch Sinn und Zweck der Klausel sprechen dagegen, daß § 315 Abs. 3 BGB ausgenommen ist. Die Klausel ist in Anlehnung an die normativen Regelungen der §§ 30 AVBEltV, 30 AVBGasV, 30 AVBFernwärmeV und 30 AVBWasserV formuliert, in denen es heißt, daß Einwände gegen Rechnungen und
Abschlußrechnungen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur berechtigen, soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, daß die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Versorgungsunternehmen nicht unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als unberechtigt erweisen (Begründung des Bundesministers für Wirtschaft, wiedergegeben bei Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, § 30 AVBEltV Rdn. 3). Die Verfolgung dieses Zwecks, der ersichtlich auch der Ausschlußklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin zugrunde liegt, gebietet eine weite Auslegung dahin, daß alle Einwände gegen Grund und Höhe des Zahlungsanspruchs ohne Rücksicht auf ihre rechtliche Einordnung erfaßt werden, einschließlich der Einwände gegen die Höhe der Tarife nach § 315 Abs. 3 BGB (so auch BGH, Urt. v. 03.11.1983, aaO, zu einer Vorgängerklausel in den Leistungsbedingungen der Klägerin; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.05.2004 - VIII ZR 311/03, NJW 2004, 2161 zur weiten Auslegung der Haftungsbeschränkung in § 6 AVBEltV; ebenso Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 9, 26).
Mit diesem Verständnis der Klausel begründet der erkennende Senat auch keine Divergenz zu früheren Urteilen des Bundesgerichtshofs, die sich mit dem Einwendungsausschluß in den Geschäftsbedingungen eines Versorgungsunternehmens befaßt haben. Denn die einschlägigen Urteile betrafen entweder nicht die Einrede nach § 315 Abs. 3 BGB (Urt. v. 24.03.1988 - III ZR 11/87, MDR 1988, 759) oder nicht die Leistungsbedingungen der Klägerin (Urt. v. 19.01.1983, aaO; BGHZ 115, 311 ff.; Urt. v. 30.04.2003, aaO).

c) Die somit ihrem Inhalt nach einschlägige streitige Ausschlußklausel ist jedoch unwirksam.
Der Prüfungsmaßstab für die Ausschlußklausel ist nicht § 315 Abs. 3 BGB. Denn sie betrifft weder die Leistungsbestimmung, d.h. die Festsetzung des vom Kunden zu zahlenden Entgelts oder etwaiger Nebenpflichten, noch Leistungsmodalitäten wie Leistungsort oder -zeit. Die Klausel regelt anderweitige Vertragsbestimmungen und ist daher der AGB-Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG, 307 ff. BGB unterworfen. Dieser Kontrolle hält sie nicht stand.
aa) Entgegen der Ansicht des Revisionsbeklagten handelt es sich allerdings nicht um eine Bestimmung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen (§§ 11 Nr. 15 a AGBG, 309 Nr. 12 a BGB). Im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB trifft nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Bestimmungsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß seine Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht (vgl. nur BGH, Urt. v. 30.04.2003, aaO m.w.N.; so auch die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. nur MünchKomm./Gottwald, aaO Rdn. 53; Staudinger/Rieble, aaO, § 288 f.; a.A. Palandt/Sprau, aaO Rdn. 19). Diese Beweisverteilung wird durch die streitige Klausel nicht berührt.
(1) Durch Auslegung läßt sich der Klausel keine Beweislastumkehr entnehmen. Ihr Text, wonach "die Einwendungen im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen (sind)", erwähnt die Beweislast nicht, und auch der bereits dargelegte Zweck der Klausel, das Versorgungsunternehmen
vor Verzögerungen bei der Realisierung seiner Preisforderungen zu schützen, wird allein durch die Verweisung der Einwände des Kunden in einen Rückforderungsprozeß voll und ganz erreicht und erfordert daher keine weitergehende Einschränkung seiner Rechte. Die streitige Klausel bezweckt keine materiellrechtliche Verschlechterung der Position des Kunden (Ludwig/Odenthal/ Hempel/Franke, aaO Rdn. 58). Vielmehr entspricht es Sinn und Zweck der Klausel, im Rückforderungsprozeß des Kunden die Darlegungs- und Beweislast genauso zu handhaben, wie sie im Zahlungsprozeß des Versorgungsunternehmens ohne die streitige Klausel anzuwenden wäre (OLG Hamm WuM 1991, 431).
(2) Eine Beweislastumkehr folgt auch nicht aus dem Umstand, daß der Kunde im Rückforderungsprozeß seinen Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung stützen muß (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Frage, ob es sich überhaupt um eine Beweislastklausel im Sinne der §§ 11 Nr. 15 a AGBG, 309 Nr. 12 a BGB handeln würde, wenn die Veränderung der Beweislast lediglich die Folge der Verweisung des Kunden auf einen Rückforderungsprozeß wäre, kann hier offenbleiben (verneint für die Abgabe eines vorformulierten abstrakten Schuldversprechens von BGHZ 99, 274, 284 f.; 114, 9, 12). Zwar würde die Anwendung des Grundsatzes, daß der Bereicherungsgläubiger dartun und beweisen muß, daß er ohne Rechtsgrund geleistet hat, im vorliegenden Fall bedeuten , daß der Kunde die Unverbindlichkeit der Tarife und damit deren Unbilligkeit darzulegen und zu beweisen hätte, wobei seine Belastung lediglich durch die sogenannte sekundäre Behauptungslast der Klägerin bezüglich der in ihrem Wahrnehmungs- und Verantwortungsbereich gelegenen tatsächlichen Grundlagen der Tarifgestaltung gemildert wäre (BGHZ 154, 5, 9). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wenn eine Zahlung lediglich als
Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen (BGH, Urt. v. 09.03.1989 - IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606; Urt. v. 08.07.2004 - III ZR 435/02, NJW 2004, 2897). Da auch die Zahlung des Kunden eines Versorgungsunternehmens, der durch eine AGBKlausel mit seinen Einwänden auf einen Rückforderungsprozeß verwiesen wird, konkludent unter Vorbehalt erfolgt, muß es auch in diesem Fall im Rückforderungsprozeß dabei bleiben, daß das Versorgungsunternehmen die Darlegungs - und Beweislast für die Verbindlichkeit bzw. Billigkeit seiner Tarife trägt.
(3) Davon ist auch der Bundesgerichtshof in seinem frühere Leistungsbedingungen der Klägerin betreffenden Urteil vom 3. November 1983 (aaO) ohne weiteres - stillschweigend - ausgegangen (so auch das Kammergericht in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urt. v. 22.03.2001, NVwZ-RR 2002, 384; OLG Hamm aaO; Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 12, 55, 58). Soweit der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Bezug auf die inhaltlich ähnliche Klausel des § 30 AVBEltV am Rande die Ansicht geäußert hat, daß im Rückforderungsprozeß der Kunde nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung des Versorgungsunternehmens darzutun und zu beweisen habe (BGH, Urt. v. 19.01.1983 - VIII ZR 81/82, NJW 1983, 1777; BGHZ 154, 5, 9), vermag sich der erkennende Senat dieser Ansicht aus den dargelegten Gründen nicht anzuschließen.
bb) Die streitige Bestimmung verstößt jedoch gegen die Generalklausel der §§ 9 AGBG, 307 BGB, die eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners verbietet.
(1) Die Klausel ist allerdings nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil die Klägerin mit ihr eine - der Verwaltung nicht erlaubte - "Flucht ins Privatrecht" angetreten, d.h. sich ihrer öffentlich-rechtlichen Bindungen zu entledigen versucht hätte. Wenn die Verwaltung, wie hier, öffentliche Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, so werden die Normen des Privatrechts durch Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert (Verwaltungsprivatrecht). Die in den Formen des Privatrechts handelnde Verwaltung hat jedenfalls die grundlegenden Prinzipien der öffentlichen Finanzgebarung zu beachten (BGHZ 91, 84, 96 f.; 115, 311, 318). Soweit diese das für die Abgabeneinziehung geltende Verfahrensrecht einschließen, ergeben sich gegen die Klausel indessen keine Bedenken. Auch öffentliche Abgaben muß der in Anspruch Genommene bei wirtschaftlicher Betrachtung schon vor Klärung der Rechtslage leisten. Einwendungen gegenüber der Leistungspflicht hindern die Durchsetzung des Anspruchs nicht ohne weiteres; nach § 80 Abs. 2 VwGO entfällt bei der Anforderung öffentlicher Abgaben die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Zwar kommt eine Wiederherstellung dieser Wirkung und damit eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung bestehen. Auch bei ernstlichen Zweifeln, d.h. dann, wenn der Erfolg des Rechtsmittels zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Mißerfolg (Redeker /v. Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 80 Rdn. 36), kann die Behörde die Aussetzung aber von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (§ 80 Abs. 4 Satz 2, 3 VwGO), die im Ergebnis zu einer weitgehenden Sicherstellung der öffentlichen Hand und einer vergleichbaren Belastung des Bürgers führt, wie sie der Einwendungsausschluß in der streitigen Klausel mit sich bringt. Auch nach öffentlichem Recht läuft der Bürger also Gefahr, bei einem sich später als unbegründet erweisenden Abgabenbescheid zum einen zunächst einmal leisten und
zum anderen die aktive Parteirolle ergreifen zu müssen, um sein Geld zurückzuerhalten.
Daß somit die streitige Klausel in ihrem Kern der öffentlich-rechtlichen Regelung entspricht, hindert andererseits nicht die Feststellung ihrer Unwirksamkeit nach §§ 9 AGBG, 307 BGB. Entscheidet sich die öffentliche Hand, Leistungsverhältnisse im Rahmen der Daseinsvorsorge in privatrechtlicher Form zu regeln, so muß sie es hinnehmen, daß der privatrechtliche Gehalt solcher Benutzungsverhältnisse der Kontrolle der ordentlichen Gerichte nach den für das Privatrecht maßgebenden Rechtssätzen unterliegt (BGHZ 115, 311, 317). Bei dieser Inhaltskontrolle spielt es deshalb auch keine Rolle, daß der Verordnungsgeber mit dem jeweiligen § 30 der Verordnungen über die AVB der Elektrizitäts -, Fernwärme-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen unter Abwägung der gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Kunden ein normatives Leitbild geschaffen hat (vgl. BGHZ 138, 118, 126 f.).
(2) Es kann dahinstehen, ob die streitige Klausel eine unangemessene Benachteiligung bereits deshalb enthält, weil sie keine Ausnahmeregelung für den Fall vorsieht, daß "offensichtliche" Fehler vorliegen, wie sie in § 30 der AVB der Elektrizitäts-, Fernwärme-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen enthalten ist (so Beuermann, GE 2003, 1192, 1196), oder ob die Klausel insoweit nach ihrem Sinn und Zweck und nach Treu und Glauben entsprechend einschränkend auszulegen ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 31.10.1984 - VIII ZR 226/83, NJW 1985, 320; Urt. v. 03.04.2003 - IX ZR 287/99, NJW 2003, 2231 für die Bürgschaft auf erstes Anfordern; Urt. v. 24.03.1988, aaO, 759; Ludwig /Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 11; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 5 Rdn. 41, § 6 Rdn. 15).

(3) Denn die Klausel ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der privatrechtlichen gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist, so daß eine unangemessene Benachteiligung der Kunden im Zweifel anzunehmen ist (§§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und weil die insoweit darlegungspflichtige Klägerin nicht ausreichend dargelegt hat, daß die Benachteiligung der Kunden durch eigene höherrangige Interessen gerechtfertigt ist (BGHZ 114, 238, 242).
(a) Es ist eine grundlegende gesetzliche Regel des privaten Schuldrechts , daß der Gläubiger das Entstehen, die Begründetheit und die Fälligkeit seiner Forderung darlegen und beweisen muß, bevor er Erfüllung verlangen kann, und daß er umgekehrt keine Leistung beanspruchen kann, wenn der Schuldner berechtigte Einwände darlegt und beweist (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990 - IX ZR 294/89, NJW-RR 1990, 1265 für den ähnlich gelagerten Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern, dort auch in Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG). Von dieser Grundregel weicht die streitige Ausschlußklausel ab, weil sie den Schuldner mit seinen Einwendungen auf einen Rückforderungsprozeß verweist.
(b) Weil die Klausel auch den Einwand der unbilligen einseitigen Leistungsbestimmung erfaßt, ist sie ferner auch mit § 315 Abs. 3 BGB nicht zu vereinbaren , der ein formularmäßig nicht abdingbares Gerechtigkeitsgebot enthält. Ist der Einwand der Unangemessenheit nach § 315 BGB gerechtfertigt, so ist, wie bereits dargelegt, von Anfang an nur der angemessene, im Ergebnis vom Gericht bestimmte Betrag geschuldet (§ 315 Abs. 3 BGB). Nur auf diesen hat die Klägerin Anspruch. Eine Rechtfertigung, ihr darüber hinaus die Befug-
nis zuzugestehen, zunächst eine unter Umständen gar nicht geschuldete Leistung zu vereinnahmen und den Abnehmer auf einen Rückforderungsprozeß zu verweisen, ist nicht zu erkennen. Das liefe dem Zweck des § 315 BGB zuwider (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.01.1983, aaO; Urt. v. 30.04.2003, aaO).
(c) Die Klägerin hat nicht dargelegt, daß demgegenüber ihre schutzwürdigen Belange ein größeres Gewicht haben. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß ein beträchtlicher Teil der von ihren Kunden erhobenen und von ihr zurückgewiesenen Einwendungen sich letztlich als unbegründet erweisen wird (vgl. die Begründung des Bundesministers für Wirtschaft zu § 30 AVBEltV). Dies mag auch für die Rüge überhöhter Tarife zutreffen, zumal die Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 18 Abs. 2 BerlBG), die nur erteilt werden darf, wenn die Tarife den verwaltungsrechtlichen Grundsätzen einer kostengünstigen, nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Versorgung entsprechen, wenngleich keine ausreichende Gewähr, so doch ein gewisses Indiz für die Billigkeit der Tarife liefert (vgl. Ludwig /Odenthal/ Hempel/Franke, aaO Rdn. 56; offengelassen in BGH, Urt. v. 03.02.2003, aaO). Bei unbegründeten Schuldnereinwendungen handelt es sich jedoch um ein typisches Gläubigerrisiko, das im Normalfall durch den Anspruch auf Verzugschadensersatz hinreichend ausgeglichen wird. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, daß dies bei ihr nicht der Fall ist. Sie hat nur in allgemeiner Form auf ihre Vorleistungspflicht aufmerksam gemacht - die indes durch die Pflicht der Kunden zu vierteljährlicher Zahlung weitgehend entschärft ist (Nr. 2.2.21 Abs. 2 Satz 1, 1.4.1 Abs. 2 Satz 1 der Leistungsbedingungen) - und auf ihr - vom Beklagten bestrittenes - Liquiditätsrisiko und auf das Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst kostengünstigen Abfallbeseitigung hingewie-
sen, hat aber nichts Konkretes dazu vorgetragen, in welcher Größenordnung sie ohne Anwendung der streitigen Klausel Einnahmeausfälle, Verzugsschäden und Rechtsverfolgungskosten erleiden kann. Trotz des Bestreitens des Beklagten hat die Klägerin nicht einmal dargelegt, in welcher Höhe sie überhaupt durch unbegründete Nichtzahlung ihrer Rechnungen Verluste erleidet, geschweige denn, in welchem Umfang ihre Kunden gerade - und zwar unbegründet - die für das Gewicht der Kundenbenachteiligung ausschlaggebende Einrede der überhöhten Tariffestsetzung erheben und in welcher Größenordnung sie, die Klägerin, einen bleibenden Schaden erfahren würde, wenn diese Einrede im Zahlungsprozeß zu berücksichtigen wäre. Gegen eine hieraus resultierende Liquiditätsgefährdung spricht jedenfalls der vom Beklagten unwidersprochen vorgetragene Umstand, daß die Klägerin Entgeltrückstände erst kurz vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist gerichtlich geltend macht.
In Ermangelung näherer Darlegungen der Klägerin ist es dem Senat nicht möglich, das Gewicht der durch die streitige Klausel geschützten berechtigten Belange der Klägerin abzuschätzen und zu beurteilen, ob sie die Benachteiligung der Kunden überwiegen. Deshalb hilft auch die Erwägung nicht, daß der mit der Klausel verbundene Nachteil im Einzelfall bei Zuvielforderungen der Klägerin nicht sehr schwer wiegen mag. Die Klägerin entzieht den Kunden ihre Einwendungen nicht auf Dauer, sondern verweist sie lediglich auf ein gesondertes Verfahren. Daß der Kunde im Rückforderungsprozeß die aktive Kläger- statt der Beklagtenrolle übernehmen muß, belastet ihn in rechtlicher Hinsicht nicht, da, wie bereits dargelegt worden ist, die Darlegungs- und Beweislast sich nicht verändert und auch das Kostenrisiko sich nicht erhöht. Auch ist mit der Rückforderung der Leistung so gut wie kein Insolvenzrisiko verbunden , weil das Land Berlin Gewährträger der Klägerin ist (§ 4 BerlBG). Dies än-
dert indessen nichts daran, daß die Klägerin das Gewicht ihrer eigenen Interessen nicht hinreichend dargelegt hat.
Die diesbezüglichen Zweifel gehen zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin. Deshalb muß die streitige Klausel als unwirksam beurteilt werden (vgl. Palandt/Sprau, vor § 765 Rdn. 14 zur Bürgschaft auf erstes Anfordern; dafür - mit anderer Begründung - auch Rott/Butters, VuR 1999, 75, 79 und Beuermann, aaO S. 1196 f.; a.A. Ludwig/Odenthal/Hempel/Franke, aaO Rdn. 8; Herrmann/Recknagel/Schmidt-Salzer, Allgemeine Versorgungsbedingungen , § 30 AVBV Rdn. 15).
Das Berufungsgericht hat somit die vom Beklagten erhobene Einrede der unbilligen Tariffestsetzung im Ergebnis zu Recht im vorliegenden Zahlungsprozeß der Klägerin geprüft.
III. Es hätte jedoch dieser Einrede nicht mit der Begründung stattgeben dürfen, daß die Klägerin zur Angemessenheit ihrer Tarife nichts vorgetragen habe, ohne die Klägerin auf seinen Rechtsstandpunkt, daß die Ausschlußklausel nicht eingreife, hinzuweisen und ihr Gelegenheit zur Nachholung fehlenden Vortrags zu geben. Die diesbezügliche Verfahrensrüge der Revision ist begründet. Das erstinstanzlich urteilende Amtsgericht hatte die Klausel für wirksam erachtet und unter anderem aus diesem Grund der Klage stattgegeben. Eine in erster Instanz siegreiche Partei darf darauf vertrauen, daß das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis nach §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO gibt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und insbesondere aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (BGH, Urt. v. 27.04.1994 - XII ZR 16/93,
NJW 1994, 1880). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht einen solchen Hinweis unterlassen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Unterlassung für die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klageabweisung auch kausal. Denn der Vortrag, den die Klägerin nach dem Vorbringen der Revision auf einen solchen Hinweis hin gehalten hätte, ist hinreichend substantiiert. Die Rüge des Beklagten , daß der tarifbestimmende Gesamtkostenaufwand einer sachlichen Nachprüfung schon deshalb unzugänglich sei, weil konkrete Rechnungsergebnisse der Vorjahre nicht dargelegt würden, ist nicht begründet. Nach Darlegung der Klägerin werden die Tarife berechnet, indem eine geschätzte Kostenermittlung je Produkt für eine jeweils zweijährige Kalkulationsperiode im voraus erfolgt. Die Tarifberechnung richtet sich also nicht nach den in den vergangenen Jahren entstandenen Kosten. Falls es erforderlich sein sollte, die Kalkulation mit den tatsächlichen Vorjahreskosten zu vergleichen, um sich ein Bild von der Angemessenheit der Kalkulation zu machen, wird die Klägerin diese zwar mitteilen müssen. Zu einer substantiierten Darlegung der Angemessenheit ihrer Tarife gehört die Mitteilung der Vorjahresergebnisse indessen nicht. Auch soweit der Beklagte bemängelt, daß die Klägerin nur die verschiedenen Aufwandspositionen und den geschätzten Gesamtaufwand abzüglich der kostenmindernden Faktoren, nicht aber die als kostenmindernd berücksichtigten Umsatzerlöse , Zuschüsse des Landes Berlin und Überdeckungen der Vorjahre im einzelnen beziffert habe, berührt dies nicht die Substantiiertheit des klägerischen Vortrags. Sollte das Berufungsgericht diese Zahlenangaben für seine Prüfung benötigen, muß es der Klägerin einen entsprechenden Hinweis erteilen.
Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, die Klägerin habe zur Angemessenheit ihrer Tarife nichts dargelegt, vermag das klageabweisende Urteil daher nicht zu tragen.
IV. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht etwa aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 561 ZPO). Die weiteren im Revisionsverfahren noch aufrechterhaltenen Einwendungen des Beklagten sind teils nicht begründet , teils nicht entscheidungsreif.

a) Die Klage ist aus den im Berufungsurteil dargelegten Gründen nicht wegen Verstoßes gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.

b) Sie scheitert auch nicht an einem fehlenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Wie bereits dargelegt, kommt infolge des Anschluß- und Benutzungszwangs zwischen der Klägerin und den Abfallbesitzern bzw. Grundstückseigentümern ein privatrechtliches Nutzungsverhältnis zustande, das nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist.

c) Auch der Einwand des Beklagten, er habe die Aufstellung einer Bioabfalltonne verweigert und brauche deshalb das in Rechnung gestellte Entgelt für die Leistungsart "Biogut" nicht zu bezahlen, greift nicht durch. Das privatrechtliche Nutzungsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Klägerin erstreckt sich auf alle Leistungen der Klägerin, für die der Anschluß- und Benutzungszwang besteht. Die Ansicht des Beklagten, hinsichtlich des Biomülls bestehe grundsätzlich kein Anschluß- und Benutzungszwang, da der Biomüll durch den Kunden auch anderweit sachgerecht entsorgt werden könne, findet im Gesetz (§ 5 Abs. 2 KrW-/AbfG Bln) keine Grundlage. § 11 Abs. 1 Nr. 3 KrW-
/AbfG Bln sieht die Getrenntsammlung von organischen Abfällen sogar ausdrücklich vor. Sollte der vom Beklagten erhobene Einwand, dessen rechtliche Erheblichkeit die Klägerin anerkennt, auf den Einzelfall des Beklagten bezogen und dahin zu verstehen sein, er verwerte den Bioabfall selbst - was die Klägerin bestreitet - und brauche deshalb diese Leistungsart der Klägerin nicht zu bezahlen, wäre dieser Einwand derzeit nicht begründet, weil der Beklagte für die behauptete Eigenverwertung keinen Beweis angetreten hat.

d) Über den Erfüllungseinwand des Beklagten, daß er die mit der Klage geltend gemachten Entgeltrückstände für das Jahr 1998 alsbald bezahlt habe, kann der Senat nicht selbst entscheiden. Seine Berechtigung hängt von der Streitfrage ab, ob der Beklagte bei seiner Zahlung eine Tilgungsbestimmung für das Jahr 1998 traf (§ 366 Abs. 1 BGB), so daß die Klägerin die Zahlung nicht mit Rückständen des Jahres 1997 verrechnen durfte. Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine Feststellung getroffen.
V. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es somit in erster Linie auf die tatrichterliche Feststellung an, ob die Tarife der Klägerin der Billigkeit entsprechen, die neu zu treffen ist, nachdem die Klägerin Gelegenheit zu entsprechendem Vortrag erhalten hat. Gegebenenfalls ist weiter die Feststellung nachzuholen, ob der Beklagte seine Zahlungsrückstände für das Jahr 1998 nachträglich beglichen hat. Dies macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich.
Melullis Scharen Ambrosius
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 36/04 Verkündet am:
18. Oktober 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Stromnetznutzungsentgelt

a) Hat ein Unternehmen dem Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes für
die Netznutzung ein Entgelt zu entrichten, das der Netzbetreiber als nach der
Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelten allgemein geltenden Tarif
festgesetzt hat, ist regelmäßig anzunehmen, dass der Netzbetreiber das
Entgelt nach billigem Ermessen zu bestimmen hat und die Billigkeit seiner
Bestimmung der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.

b) Das Günstigkeitsprinzip und die Bedingungen guter fachlicher Praxis im Sinne
des § 6 Abs. 1 EnWG 2003 konkretisieren für den Anwendungsbereich
der Vorschrift den nach § 315 BGB zu beachtenden Maßstab billigen Ermessens.

c) Auf Netznutzungsentgelte, die für die Zeit seit dem 1. Januar 2004 zu entrichten
sind, findet die an die Einhaltung der Verbändevereinbarung Strom II
plus geknüpfte Vermutung der Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher
Praxis keine Anwendung mehr.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2005 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Ball,
Prof. Dr. Bornkamm und Prof. Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin bietet elektrische Energie für private und gewerbliche Verbraucher an. Auf der Grundlage eines - durch einen zweiten Vertrag vom 20. September 2002 geänderten - Rahmenvertrags vom 6. April 2001 stellt die Beklagte der Klägerin hierzu das Stromverteilungsnetz zur Verfügung, das sie auf dem Gebiet der Stadt Mannheim betreibt. Nach Nr. 6.1 des Vertrags hat die Klägerin für die Durchleitung ein Entgelt "gemäß der jeweils geltenden Anlage 3" zu zahlen. Am Ende des Vertrages ist als Anlage 3 ein (nicht vorgelegtes) "Preisblatt" bezeichnet. Nach dem Vorbringen der Beklagten berechnet sie die der Klägerin in Rechnung gestellten Entgelte nach der Anlage 3 zur Verbände- vereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. Dezember 2001 (BAnz Nr. 85b vom 8.5.2002; im folgenden: Verbändevereinbarung Strom II plus; VV Strom II+); entsprechend werden die dort wiedergegebenen "Preisblätter" von der Beklagten im Internet erläutert (Anlage K 5). In einem Anschreiben , mit dem sie der Beklagten den von ihr unterzeichneten Vertragstext zur Gegenzeichnung zuleitete, erklärte die Klägerin, sie behalte sich vor, "die … in Rechnung gestellten Entgelte im ganzen und in ihren einzelnen Bestandteilen energie- und kartellrechtlich überprüfen zu lassen".
2
Die Klägerin macht geltend, die Beklagte verlange überhöhte Netznutzungsentgelte. Sie begehrt die Feststellung, dass der Beklagten kein Anspruch auf Netznutzungsentgelt für Kunden ohne registrierende Leistungsmessung in Höhe von derzeit 34,- € (Verrechnungspreis für Eintarifzähler) und einem Arbeitspreis von 0,06 €/kWh (ohne Umsatzsteuer) zusteht, soweit er 50% der geltend gemachten Beträge übersteigt.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Mannheim RdE 2004, 122); die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe ZNER 2004, 397 = RdE 2005, 51).
4
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Feststellungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne nicht mit dem Einwand gehört werden, die Preisbestimmung der Beklagten entspreche nicht der Billigkeit. § 315 BGB finde keine Anwendung, da die Parteien der Beklagten kein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt hätten, die Klägerin vielmehr das ihrer Ansicht nach überhöhte (Preis-)Angebot der Beklagten, wenn auch unter Protest, angenommen habe. Auch aus § 6 Abs. 1 EnWG (in der bis zum 12. Juli 2005 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) ergebe sich kein Anspruch der Klägerin auf einen niedrigeren Preis. Es fehle an einer Abweichung des von der Beklagten berechneten Preises von den Grundsätzen guter fachlicher Praxis, da die Beklagte das Netznutzungsentgelt nach den bindenden tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts nach der Verbändevereinbarung Strom II plus berechne und unter diesen Umständen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG a.F. die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet werde. Die Vermutungswirkung gelte über den 31. Dezember 2003 hinaus und sei lediglich auf nach diesem Datum festgesetzte Preise nicht mehr anwendbar. Die Behauptung der Klägerin, die von der Beklagten berechneten Entgelte seien ungünstiger als die Preise, die von der Beklagten in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen in Rechnung gestellt würden, sei unsubstantiiert. Auch für einen missbräuchlich überhöhten oder diskriminierenden Preis fehle eine ausreichende Tatsachengrundlage im Vortrag der Klägerin. Denn auch in diesem Zusammenhang erhalte die Vermutung des § 6 Abs. 1 EnWG a.F. ausschlaggebende Bedeutung. Mit dem Ober- landesgericht Düsseldorf (ZNER 2003, 247, 253) sei der Senat der Ansicht, dass bei Einhaltung guter fachlicher Praxis der Preisbildung ein Missbrauch oder eine Diskriminierung begrifflich ausgeschlossen seien.
7
II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts findet auf die Bestimmung des Netznutzungsentgelts durch die Beklagte die Vorschrift des § 315 BGB Anwendung.
9
a) Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung ist nach § 315 Abs. 1 BGB, dass die vertragliche Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden soll. Ein derartiges einseitiges Leistungsbestimmungsrecht haben die Parteien der Beklagten eingeräumt. Denn die von der Klägerin zu entrichtenden Entgelte sollten sich nach der "jeweils geltenden" Anlage 3 bestimmen. Zwar hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Inhalt des damit in Bezug genommenen "Preisblatts" getroffen. Die Parteien sind sich jedoch darüber einig, dass der ausgewiesene Preis derjenige gewesen ist, von dem die Beklagte behauptet, dass sie ihn nach den Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus ermittelt habe. Ein solcher Preis liegt jedoch nicht ein für allemal fest, sondern bedarf der regelmäßigen Neuermittlung unter Berücksichtigung der Entwicklung der preisbildenden Faktoren (nach dem Vorbringen der Beklagten verlangt sie den im Klageantrag bezeichneten Arbeitspreis von 6,00 Cent/kWh seit dem 1. Januar 2003). Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe - wenngleich unter Vorbehalt - das Angebot der Beklagten angenommen, besagt daher in Verbindung mit dem im Vertrag enthaltenen Verweis auf das "jeweils geltende" Preisblatt der Beklagten nichts anderes, als dass sich die Klägerin verpflichtet hat, den jeweils von der Beklagten für eine bestimmte Periode bestimmten Preis zu zahlen. Demgemäß hat bereits das Landgericht, auf dessen Urteil sich das Berufungsgericht bezieht , festgestellt, die Klägerin habe sich damit einverstanden erklärt, dass die Beklagte Preise in Ansatz bringe, die sich "gerade aus deren bereits bekannten Tarifen" ergäben. Der "bereits bekannte Tarif" ist nichts anderes als die auf einen bestimmten Zeitraum bezogene Preisforderung der Beklagten. Damit steht schließlich auch in Einklang, wenn das Landgericht die Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung für berechtigt erachtet, das Netznutzungsentgelt, wie sie für sich in Anspruch nehme, nach der Verbändevereinbarung Strom II plus, insbesondere deren Anlage 3, "berechnen zu dürfen".
10
Das ist der Sache nach ein Leistungsbestimmungsrecht. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass etwa Zinsanpassungsklauseln in den Anwendungsbereich des § 315 BGB fallen (BGHZ 97, 212, 214). Das Recht des Netzbetreibers, künftige Netznutzungsentgelte ohne Mitwirkung des Netznutzers festzusetzen, kann nicht anders behandelt werden. Aber auch das zum Zeitpunkt des Vertragschlusses von dem Netzbetreiber geforderte Entgelt ist regelmäßig ein nach dem Willen der Vertragsparteien einseitig bestimmtes Entgelt, das der Netzbetreiber zu bestimmten Zeitpunkten ermittelt und das - schon zur Vermeidung einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung - für eine bestimmte Zeitdauer sämtlichen Vertragsbeziehungen mit gleichen Nutzungsprofilen unabhängig davon zugrunde liegen soll, wann der Vertrag geschlossen wird. Auch dann, wenn das Entgelt betragsmäßig bereits feststellbar ist, wird - wie im Streitfall der Verweis auf die "jeweils geltende Anlage 3" verdeutlicht - nicht dieser Betrag als Preis vereinbart. Der Betrag gibt vielmehr lediglich das für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelte Ergebnis des gleichen Preisbestimmungsverfahrens wieder, das dem Netzbetreiber auch für die Zukunft zustehen soll, an dem der Netznutzer nicht teilnimmt, dessen konkrete preisbestimmende Faktoren ihm nicht bekannt sind und dessen Ergebnis er weder nachvollziehen noch beeinflussen kann. Es ist daher nicht weniger einseitig bestimmt als die künftige Höhe des Entgelts. Es wäre eine künstliche Aufspaltung der äußerlich und inhaltlich einheitlichen Preisvereinbarung und führte zu Zufallsergebnissen, wollte man einen vereinbarten Anfangspreis von (vom Zeitpunkt der ersten ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehenen Neuberechnung an maßgeblichen) einseitig bestimmten Folgepreisen unterscheiden.
11
b) Zufolge des ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrechts ist die Beklagte verpflichtet, die Entgeltbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen. Zwar tritt diese Rechtsfolge nach § 315 Abs. 1 BGB nur im Zweifel ein. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich jedoch nichts dafür, dass die Parteien etwas anderes gewollt hätten.
12
Der Anwendung der Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte wie jeder Netzbetreiber der Klägerin ihr Netz zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen hatte, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihr in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung gestellt werden (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 26.8.1998) und seit dem 24. Mai 2003 zudem von Gesetzes wegen guter fachlicher Praxis zu entsprechen hatten (§ 6 Abs. 1 EnWG i.d.F. vom 20.5.2003). Hierdurch wird der allgemeine Maßstab des "billigen Ermessens", den § 315 Abs. 1 BGB vorsieht, nicht ausgeschlossen, sondern vielmehr konkretisiert.
13
Denn weder aus dem Günstigkeitsprinzip noch aus der Bindung an gute fachliche Praxis ergeben sich Preisbildungsprinzipien, die ein Ermessen des Netzbetreibers bei der Ermittlung, Ausgestaltung und Gewichtung der preisbildenden Faktoren ausschlössen. Das Ermessen des Netzbetreibers wird jedoch in zweierlei Hinsicht gebunden. Zum einen bilden die Entgelte, die der Netzbetreiber in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb seines Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen tatsächlich oder kalkulatorisch in Rechnung stellt, eine Obergrenze für den billigem Ermessen entsprechenden Preis. Zum anderen muss sich die Preisbildung daran orientieren, dass die Bedingungen guter fachlicher Praxis nach § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F. einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit (§ 1 EnWG a.F.) und darüber hinaus der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs dienen sollen.
14
2. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die Entgeltbestimmung der Beklagten in diesem Sinne billigem Ermessen entspricht, da sie nach § 315 Abs. 3 BGB nur dann für die Klägerin verbindlich ist. Die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Prüfung auch deshalb enthoben zu sein, weil in erster Instanz unstreitig gewesen sei und in zweiter Instanz von der Klägerin nicht mehr bestritten werden könne, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt nach den Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ ermittle, und damit vermutet werde, dass das Netznutzungsentgelt guter fachlicher Praxis entspreche, ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
15
a) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht an die tatbestandliche Feststellung des Landgerichts gebunden gesehen, in erster Instanz sei unstreitig gewesen, dass die Beklagte ihre Preise nach der Verbändevereinbarung Strom II plus gebildet habe. Eine solche bindende Feststellung enthält das erstinstanzliche Urteil schon deshalb nicht, weil es insoweit widersprüchlich ist.
16
Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils heißt es u.a. ausdrücklich, die Klägerin bestreite, dass die geltend gemachten kalkulatorischen Kosten notwendig seien, rationeller Betriebsführung entsprächen, nach realistischen Umlageschlüsseln innerhalb der Kostenstellen der Beklagten verteilt und nach anerkannten Methoden der Betriebswirtschaft berechnet worden seien (LGU 3 f.); die Beklagte orientiere sich bei ihren Ausgaben nicht an objektiv notwendigen Kosten, die im Wettbewerb angesetzt werden könnten, sondern an im Monopol gewachsenen Kostenstrukturen mit eigenen Haustarifen, Kundenzeitschriften , Sponsoring etc. und daraus resultierenden Bedürfnissen; es sei nicht einsichtig, warum Planungsfehler durch überdimensionierte Netze oder geringe Anlagenauslastungen als Netzkosten den Kunden auferlegt werden sollten (LGU 4).
17
Zwar bemerkt der Tatbestand an anderer Stelle, die Klägerin habe ursprünglich "bestritten, dass die Beklagte die Netzentgelte nach der Anlage 3 der VV Strom II+ kalkuliert habe; dies wird jedoch im Schriftsatz vom 30.4.2003 (dort S. 24, GA I 146 [richtig: 148]) aufgegeben". Diese Bewertung steht jedoch im Widerspruch zu dem vorerwähnten Vortrag der Klägerin. Im Übrigen enthält der Tatbestand insoweit keine Feststellung zu dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wie das Berufungsgericht meint, sondern eine Auslegung des mit Fundstelle angegebenen schriftsätzlichen Vorbringens der Klägerin, an die das Berufungsgericht nicht gebunden war und die auch das Revisionsgericht nicht bindet. Tatsächlich hat die Klägerin am angegebenen Ort lediglich bemerkt, die von der Beklagten geforderten Netznutzungsentgelte seien unangemessen überhöht, weil ihre Berechnungsgrundlage, die Anlage 3 zur VV Strom II+, nicht elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung und somit keiner guten fachlichen Praxis entspreche. Mit dieser Kritik an der Anlage 3 zur VV Strom II+ ist die Klägerin jedoch nicht von ihrer Behauptung abgerückt , dass die Beklagte auch im Rahmen der Verbändevereinbarung Strom II plus von unangemessenen bzw. unrichtigen Ansätzen ausgegangen sei.
18
b) Im Übrigen konnte die (richtige) Anwendung der Preisfindungsprinzipien der Verbändevereinbarung Strom II plus auch deshalb in erster Instanz nicht "unstreitig" sein, weil es sich hierbei nicht um eine Tatsache, sondern um eine - betriebswirtschaftliche Sachkunde erfordernde - rechtliche Wertung handelt. Wie bereits ihr Titel verdeutlicht, enthält die Anlage 3 zur VV Strom II+ nur "Prinzipien" für die Preisfindung. Im einleitenden Abschnitt "Grundsätze" heißt es, dass Preise zu bilden seien, die in Anbetracht der Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich seien. Alle bilanziellen und kalkulatorischen Kosten seien unter der Maßgabe einer wirtschaftlichen Betriebsführung und in einem Umfang, der sich im Wettbewerb einstellen würde, anzusetzen; damit werde den Anforderungen der Kostengerechtigkeit und Kosteneffizienz gleichermaßen Rechnung getragen. Die Preisbildung soll sodann auf der Basis der drei Elemente "Kalkulatorische Kostenund Erlösrechnung", "Handelsrechtlicher Jahresabschluss bezogen auf die Bereiche Übertragung und Verteilung" und "Übertragungs- und Verteilungspreise strukturell vergleichbarer Netzbetreiber" erfolgen. Dass die Beklagte indessen Vortrag etwa zu den Einzelheiten der kalkulatorischen Kosten- und Erlösrechnung gehalten hätte, den die Klägerin hätte unstreitig stellen können (und der sodann die Wertung hätte erlauben können, dass die Beklagte das Netznutzungsentgelt in Übereinstimmung mit den Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ ermittelt), ist dem erstinstanzlichen Urteil - und auch dem Berufungsurteil - nicht zu entnehmen und wird auch von der Revisionserwiderung nicht aufgezeigt.
19
c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das Berufungsgericht der Überprüfung des Entgelts am - durch § 6 Abs. 1 EnWG konkretisierten - Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB auch nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin zur Unbilligkeit nicht hinreichend vorgetragen hätte. Denn nicht die http://beck1-gross.digibib.net/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1992&S=183 [Link] http://beck1-gross.digibib.net/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=NJW-RR&B=1992&S=183&I=185 - 11 - andere Vertragspartei hat die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darzulegen; vielmehr hat derjenige, dem das Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist und der typischerweise auch allein dazu in der Lage ist, die Billigkeit seiner Bestimmung darzutun (BGH, Urt. v. 30.4.2003 - VIII ZR 279/02, NJW 2003, 3131, 3132). Zwar gilt dies nicht notwendigerweise auch im Rückforderungsprozess (BGHZ 154, 5, 8 f.). Wenn eine Zahlung indessen lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt ist, so hat bei einer Rückforderung der Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen (BGH, Urt. v. 9.3.1989 - IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606, 1607; Urt. v. 8.7.2004 - III ZR 435/02, NJW 2004, 2897). Zahlt die andere Vertragspartei - wie hier die Klägerin - nur unter Vorbehalt, verbleibt es auch im Rückforderungsprozess dabei, dass derjenige, der das Entgelt einseitig bestimmt hat, die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit seiner Tarife trägt (BGH, Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2922).
20
d) Daran ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass die Tarife der Beklagten von der für die Preisgenehmigung nach § 12 der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) zuständigen Landesbehörde nicht beanstandet worden sind. Denn die öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung beschränkt sich auf das Verhältnis der Behörde zum Genehmigungsempfänger und ist für die privatrechtliche Überprüfung eines einseitig festgesetzten Entgelts am Maßstab des § 315 Abs. 3 BGB nicht präjudiziell (BGHZ 115, 311, 317 f.; BGH, Urt. v. 2.10.1991 - VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, 185; Urt. v. 2.7.1998 - III ZR 287/97, NJW 1998, 3188, 3192; Urt. v. 5.7.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2920). Zwar mag die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ein gewisses Indiz für die Billigkeit der Tarife liefern (BGH NJW 2005, 2919, 2923). Es entbindet die Beklagte jedoch nicht von ihrer Darlegungslast, sondern kann allenfalls bei der abschließenden Bewertung der für die Billigkeit der Tarife maßgeblichen Umstände Bedeutung erlangen.
21
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung durch den Senat reif ist, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
22
1. Dass die Klägerin ihr Klageziel mit einem Feststellungsantrag verfolgt, hat das Berufungsgericht zutreffend mit Rücksicht auf die gegenüber einer Zahlungsklage weitergehende, weil in die Zukunft gerichtete Feststellungswirkung als zulässig angesehen. Soweit die Revisionserwiderung den Feststellungsantrag für teilweise unklar hält, wird das Berufungsgericht der Klägerin gegebenenfalls Gelegenheit zur Klarstellung ihres Rechtsschutzziels zu geben haben.
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2. In der Sache muss zunächst die Beklagte Gelegenheit erhalten, zur Angemessenheit ihrer Tarife vorzutragen. Denn die Vorinstanzen hatten nach ihrem Rechtsstandpunkt keine Veranlassung, die Beklagte auf ihre Darlegungslast hinzuweisen.
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3. Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass die Beklagte der Ermittlung der von ihr verlangten Preise die Preisfindungsprinzipien der Anlage 3 zur VV Strom II+ zugrunde gelegt hat, wird es folgendes zu beachten haben:
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Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. wird für die Zeit bis zum 31. Dezember 2003 bei Einhaltung der Verbändevereinbarung grundsätzlich die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet. Da die Preisfindungsprinzipien indessen die Erfordernisse guter fachlicher Praxis im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. konkretisieren sollen, sind sie ihrerseits im Lichte der Zielsetzung des § 6 Abs. 1 Satz 4 EnWG a.F. auszulegen und anzuwenden, eine eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Stromversorgung und darüber hinaus wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Wo die Preisfindungsprinzipien Bewertungsspielräume eröffnen, sind sie daher so zu nutzen, dass dem Gesetzeszweck bestmöglich Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob es sachverständiger Beratung bedarf, um Inhalt, Bedeutung und Anwendung der Preisfindungsprinzipien im Streitfall nachzuvollziehen und zu bewerten.
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Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. entfällt ferner die Vermutungswirkung , wenn die Anwendung der Verbändevereinbarung insgesamt oder die Anwendung einzelner Regelungen der Vereinbarung nicht geeignet ist, wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Das Berufungsgericht wird sich daher gegebenenfalls mit den von der Klägerin vorgetragenen Einwendungen gegen die Eignung bestimmter Bestandteile der Preisfindungsprinzipien zur Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs auseinandersetzen müssen.
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Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu beachten haben , dass nach § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. nur bis zum 31. Dezember 2003 bei Einhaltung der Verbändevereinbarung die Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis vermutet wurde. Soweit die Parteien über das von der Klägerin seit dem 1. Januar 2004 zu zahlende Entgelt streiten, kommt der Beklagten daher die gesetzliche Vermutung der Erfüllung der Bedingungen guter fachlicher Praxis nicht mehr zugute. Der gegenteiligen Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden. Gerade die Erwägung, der Gesetzgeber habe für eine Übergangszeit Rechtssicherheit schaffen wollen, verbietet es, die Vermutung entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG a.F. über den 31. Dezember 2003 hinaus zu perpetuieren und damit die vom Gesetzgeber gewollte zeitliche Beschränkung weitgehend gegenstandslos zu machen. Dabei geht es auch nicht darum, dass ein einmal gefundener Preis nicht, wie das Berufungsgericht meint, durch bloßen Zeitablauf von den Grundsätzen guter fachlicher Praxis abweichen könne, sondern lediglich um den zeitlichen Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 5 EnWG. Die zeitliche Begrenzung der Vermutungswirkung ist daher nur dann und insoweit von Bedeutung, als sich auch nach Sachaufklärung die Übereinstimmung einzelner Preisfindungsprinzipien mit den Erfordernissen guter fachlicher Praxis weder feststellen noch ausschließen lässt.
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4. Soweit in die Prüfung am Maßstab des § 6 Abs. 1 EnWG a.F. nicht bereits alle kartellrechtlich relevanten Gesichtspunkte einfließen sollten, wird schließlich der Einwand der Klägerin zu erörtern sein, die Beklagte missbrauche die marktbeherrschende Stellung, die sie als Netzbetreiber innehat. Denn nach § 6 Abs. 1 Satz 6 EnWG a.F. bleiben § 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 und 2 GWB unberührt; die kartellrechtliche Prüfung ist daher von der energiewirtschaftsrechtlichen grundsätzlich unabhängig (BGHZ 156, 379, 387 - Strom und Telefon I; BGH, Beschl. v. 28.6.2005 - KVR 17/04, WuW/E DE-R 1513, 1514 - Stadtwerke Mainz). Für die Zeit seit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7. Juli 2005 sind insoweit die Vorschriften des § 30 Abs. 1 EnWG maßgeblich.
29
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass in diesem Zusammenhang nicht nur die von der Beklagten geforderten Entgelte als solche, sondern auch einzelne Preisbildungsfaktoren Bedeutung gewinnen. Es ist zwar zutreffend, dass sich letztlich nicht die Art der Preisfindung, sondern nur deren Ergebnis als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellen kann. Des ungeachtet kann jedoch der Ansatz insbesondere einer Mehrheit von Preisbildungsfaktoren, von denen anzunehmen ist, dass auf ihrer Grundlage kalkulierte Preise bei wirksamem Wettbewerb auf dem Markt nicht durchgesetzt werden könnten, ein Indiz dafür sein, dass der so gewonnene Preis missbräuchlich überhöht ist.
Hirsch Goette Ball
Bornkamm Meier-Beck
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 30.12.2003 - 22 O 64/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.10.2004 - 6 U 22/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 353/04
Verkündet am:
3. März 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 852 F.: 31. Dezember 2001; BNotO § 19
Zum Beginn der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs gegen
den Notar, wenn eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Betracht kommt.
BGH, Urteil vom 3. März 2005 - III ZR 353/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der beklagte Notar beurkundete am 8. Dezember 1994 ei nen Grundstückskaufvertrag zwischen der Klägerin als Käuferin und der Verkäuferin E. . Darin verpflichtete sich die Verkäuferin, ein auf dem verkauften Grundbesitz errichtetes und noch nicht vollendetes Wohn- und Geschäftshaus nach den anerkannten Regeln der Baukunst fertigzustellen und an die Klägerin bis zum 31. Januar 1995 zu übergeben. Im einzelnen sollten für die Pflicht der Verkäuferin zur Fertigstellung des Bauwerks die geänderten Baupläne, die
Baubeschreibung und eine der Urkunde beigefügte Aufstellung der noch zu erbringenden Restarbeiten gelten (§ 2). Baupläne und Baubeschreibung wurden weder verlesen oder den Beteiligten zur Durchsicht vorgelegt noch der Vertragsurkunde beigefügt.
Zwischen den Vertragsparteien kam es in der Folgezeit zu einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten. Die Verkäuferin berief sich mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 21. März 1995 auf Formnichtigkeit des notariellen Kaufvertrags und machte ihre Bereitschaft zum Neuabschluß von einem Ausschluß der Gewährleistung abhängig. Die Klägerin nahm ihrerseits die Verkäuferin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch. In diesem Rechtsstreit hielten sowohl das Landgericht Darmstadt (Urteil vom 22. Mai 1996 - 8 O 630/95) als auch der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 19. Februar 1999 - 24 U 125/95) den notariellen Kaufvertrag vom 8. Dezember 1994 für wirksam und verurteilten die Verkäuferin zur Schadensersatzleistung. Auf deren Revision hob der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 15. Dezember 2000 (V ZR 241/99 - NJW-RR 2001, 953) das Berufungsurteil auf und wies unter Änderung der er stinstanzlichen Entscheidung die Klage ab. Nach seiner Rechtsauffassung ergaben sich Art und Umfang der Bauausführung nicht nur aus der Aufstellung über die Restarbeiten , sondern wesentlich erst aus den der Vertragsurkunde nicht beigefügten Bauplänen und der Baubeschreibung. Dieser Formmangel führe zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags.
Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin deswege n den Notar auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser hat sich unter anderem auf Verjährung berufen. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das
Landgericht hat mit Rücksicht auf die den Rechtsstandpunkt des Beklagten bestätigenden Urteile der Tatsacheninstanzen im Vorprozeß ein Verschulden des Beklagten verneint, das Berufungsgericht (4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main) hat die Klageforderung jedenfalls für verjährt gehalten. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht läßt es dahinstehen, ob die tatbest andlichen Voraussetzungen einer Haftung des beklagten Notars gemäß § 19 Abs. 1 BNotO vorliegen, insbesondere auch, ob dem Beklagten infolge der sogenannten Kollegialgerichtsrichtlinie kein Verschuldensvorwurf zu machen sei. Denn jedenfalls sei ein möglicher Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten gemäß § 852 BGB a.F. seit Ende März 1998 verjährt.
Die Verjährung habe spätestens mit dem Zugang des Schre ibens vom 21. März 1995 begonnen, in dem der anwaltliche Vertreter der Verkäuferin ausdrücklich die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags gerügt habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst mit der Zustellung des Revisionsurteils vom 15. Dezember 2000 im Vorprozeß habe die Klägerin die für den Ver-
jährungsbeginn notwendige Kenntnis von der notariellen Pflichtverletzung, dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt. Entscheidend dafür sei die Kenntnis der Tatsachen, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Subsumtion die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlaubten. Ob der Geschädigte diese Tatsachen zutreffend rechtlich würdige, sei dagegen unerheblich. Infolgedessen hindere die unzutreffende rechtliche Würdigung der Klägerin, die den Grundstückskaufvertrag vom 8. Dezember 1994 bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs für formwirksam erachtet habe, den Beginn der Verjährungsfrist nicht. Von einer verwickelten oder ganz zweifelhaften Rechtslage, die bei Rechtsunkenntnis des Geschädigten die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis ausschließe, könne nicht ausgegangen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterlägen Baupläne und Baubeschreibungen der Beurkundungspflicht, wenn sie über die gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung hinaus noch weitergehende Verpflichtungen begründen sollten. Daß sowohl das Landgericht Darmstadt als auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Vorverfahren die Bezugnahme in § 2 des notariellen Vertrags als nicht der Beurkundungspflicht unterliegende "unechte Verweisung" qualifiziert hätten, sei kein zwingendes Indiz für eine verwickelte und komplizierte Rechtslage, sondern beruhe auf einer unzureichenden Würdigung des Tatsachenstoffes.
Ende März 1995 habe die Klägerin auch Kenntnis vom ein getretenen Schaden gehabt. Die mit der formunwirksamen Beurkundung vom 8. Dezember 1994 eingetretene Gefährdung ihrer Vermögenslage habe sich "schadensmäßig" spätestens verwirklicht, als die Verkäuferin mit anwaltlichem Schreiben vom 21. März 1995 die Durchführung der vertraglich versprochenen Fertigstellungsarbeiten verweigert und sich auf Formnichtigkeit berufen habe. Für den
Beginn der Verjährung sei es nicht erforderlich, daß die Klägerin im März 1995 den Schaden in seinen einzelnen Elementen und Ausprägungen habe voll überschauen können; ihre Kenntnis des bereits entstandenen Schadens mit den unnützen Aufwendungen für die notarielle Beurkundung habe genügt.
Die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gehabt. Der gegen die Verkäuferin eingeleitete Rechtsstreit vor dem Landgericht Darmstadt habe keine andere Möglichkeit auf Schadloshaltung eröffnet, weil diese Klage wegen der Formnichtigkeit des notariellen Vertrags keine begründete Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Die gegenteiligen Entscheidungen des Landgerichts Darmstadt und des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main könnten an dieser Beurteilung nichts ändern. Die Einschätzung der Erfolgsaussicht eines Klagebegehrens habe sich an der tatsächlichen Rechtslage zu orientieren und nicht danach, ob der Geschädigte auf den rechtlichen Bestand unzutreffender gerichtlicher Entscheidungen vertrauen dürfe. Andernfalls könnte er Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist mit dem Mittel der anderweitigen Ersatzmöglichkeit in einer dem Grundgedanken der Verjährungsvorschriften widersprechenden willkürlichen Weise verändern. Eines besonderen Schutzes bedürfe die Klägerin hier auch deswegen nicht, weil sie durch die Möglichkeit, dem Beklagten gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F. in dem Verfahren gegen die Verkäuferin den Streit zu verkünden, ausreichend geschützt gewesen sei.

II.


Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung n icht stand.

1. Das Berufungsgericht entscheidet nicht, ob der Beklagte sich gemäß § 19 BNotO der Klägerin gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht hat. Das ist entgegen dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts zu bejahen. Der Notar hat bei der Beurkundung vom 8. Dezember 1994 fahrlässig seine Amtspflichten verletzt. Dabei liegt der Schwerpunkt des Vorwurfs nicht - was das Landgericht allein geprüft hat - darin, daß er die Frage, ob die Baupläne und die Baubeschreibung im vorliegenden Fall nach den §§ 9 und 13 BeurkG mit zu beurkunden waren, im Lichte des späteren Revisionsurteils des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2000 falsch beantwortet hat. Insofern dürfte es in der Tat den Beklagten entlasten, daß in dem vorausgegangenen Prozeß gegen die Verkäuferin zwei Kollegialgerichte den Rechtsstandpunkt des Beklagten geteilt haben (sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie; vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 117, 240, 250; 150, 172, 184 und vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - Umdruck S. 13, zur Veröffentlichung bestimmt). Dafür, daß die Gerichte dabei den ihnen unterbreiteten Sachverhalt nicht sorgfältig und erschöpfend gewürdigt hätten und die Richtlinie deswegen nicht anwendbar wäre (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 2002 - III ZR 103/01 - NJW 2002, 1265, 1266 und vom 18. November 2004 - III ZR 347/03 - DVBl. 2005, 312, 313), besteht kein hinreichender Anhalt. Der beklagte Notar war aber jedenfalls gehalten, bei der hier unklaren Rechtslage den sichersten Weg zu gehend (vgl. BGHZ 70, 374, 375; BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - IX ZR 196/01 - WM 2003, 88, 89; Zugehör in Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 473 m.w.N.). Demgemäß hätte er die Baupläne und die Baubeschreibung dem Vertrag beifügen und mit beurkunden müssen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegen Baubeschreibungen und Baupläne, auf die der Kaufvertrag Bezug nimmt, der Beurkundungspflicht nach § 313 BGB a.F. (jetzt § 311b Abs. 1 BGB), §§ 9, 13 BeurkG, wenn sie über die gesetzlich vorgeschriebene Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen hinaus noch weitergehende Verpflichtungen begründen sollen (BGHZ 69, 266, 268 f.; 74, 346, 349 ff.; BGH, Urteil vom 22. Juni 1979 - V ZR 21/78 - NJW 1979, 1984; Urteil vom 12. Juli 1996 - V ZR 202/95 - NJW 1996, 2792, 2793). Eine Ausnahme von der Beurkundungspflicht nach §§ 13, 13a BeurkG gilt zwar für eine Bezugnahme als bloßen Identifizierungsbehelf (sogenannte unechte Verweisung), sofern sie lediglich einen Hinweis auf Erklärungen , Rechtsverhältnisse oder tatsächliche Umstände darstellt, die nicht zum beurkundungsbedürftigen Inhalt des Rechtsgeschäfts gehören (BGH, Urteil vom 27. April 1979 - V ZR 175/77 - NJW 1979, 1498; Urteil vom 17. Juli 1998 - V ZR 191/97 - NJW 1998, 3197; Senatsurteil vom 23. Juni 1988 - III ZR 84/87 - NJW 1989, 164, 165). Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorlag, weil bereits die der Urkunde beigefügte "Aufstellung der Restarbeiten" eine vollständige Aufzählung der von der Verkäuferin übernommenen Bauverpflichtungen enthielt und die Bezugnahme auf die Baupläne nur der erläuternden Beschreibung dieser Bauarbeiten diente (so das Landgericht Darmstadt und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in dem Vorverfahren), war jedoch zumindest zweifelhaft. Unter diesen Umständen durfte der Notar es nicht darauf ankommen lassen, daß die Rechtsfrage in einem späteren Rechtsstreit von den Gerichten in seinem Sinne beantwortet werden würde, wenn er der entstehenden Rechtsunsicherheit ohne weiteres durch Mitbeurkundung der Baubeschreibung und der Baupläne begegnen konnte.
Auf diese Amtspflichtverletzung ist der der Klägerin dur ch den Prozeßverlust entstandene Schaden zurückzuführen. Daß sie insoweit zum Kreis der geschützten Dritten gehört, steht außer Frage.
Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO) besteht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Ersatzansprüche gegen die Verkäuferin scheiden nach dem Ergebnis des Vorprozesses aus. Die Revisionserwiderung verweist zwar auf einen denkbaren Regreßanspruch der Klägerin gegen ihren damaligen anwaltlichen Berater Rechtsanwalt P. . Hierzu fehlt es jedoch an jeglichen tatrichterlichen Feststellungen. Für die Revisionsinstanz ist deswegen zugunsten der Klägerin zu unterstellen, daß auch eine Haftung ihres bevollmächtigten Anwalts als anderweitige Ersatzmöglichkeit nicht in Betracht kommt.
2. Von Rechtsirrtum beeinflußt ist sodann die Auffassung des Berufungsgerichts , der Ersatzanspruch der Klägerin gegen den beklagten Notar sei bereits im März 1998 und damit lange vor Zustellung der Amtshaftungsklage im Januar 2002 verjährt.

a) Schadensersatzansprüche wegen notarieller Amtspflichtver letzungen verjähren nach § 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO in Verbindung mit dem im Streitfall noch anwendbaren § 852 Abs. 1 BGB a.F. in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.

b) Das setzt zunächst voraus, daß ein Schaden zumindest dem G runde nach entstanden ist, sich also die Vermögenslage des Betroffenen objektiv ver-
schlechtert hat, ohne daß bereits feststehen muß, ob dieser Nachteil bestehenbleibt und der Schaden damit endgültig wird (BGHZ 114, 150, 152 f.; Senatsurteil vom 22. Januar 2004 - III ZR 99/03 - NJW-RR 2004, 1069, 1070 = ZIP 2004, 763, 764 m.w.N.). Bei der Beurkundung eines nichtigen Vertrags, wie hier, sind diese Voraussetzungen spätestens dann gegeben, wenn eine Partei zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Vertragspflichten Leistungen an die andere Vertragspartei erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2000 - IX ZR 434/98 - WM 2000, 1600, 1604). Ein Schaden der Klägerin ist daher jedenfalls mit der unstreitigen Zahlung eines Teilbetrags des Kaufpreises von 406.700,61 DM am 6. Februar 1995 zur Ablösung der Grundpfandrechte eingetreten.

c) Hinreichende Kenntnis vom Schaden und der Person des E rsatzpflichtigen hat der Verletzte dann, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, daß sie ihm zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile BGHZ 138, 247, 252; vom 6. Februar 2003 - III ZR 223/02 - VersR 2003, 873, 874 und vom 22. Januar 2004 aaO m.w.N.). Erforderlich und genügend ist im allgemeinen die Kenntnis der tatsächlichen Umstände; nicht vorausgesetzt wird die zutreffende rechtliche Würdigung des bekannten Sachverhalts. Daher kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (BGHZ 138 aaO; 150, 172, 186; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041, 2042 m.w.N.). Rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten beeinflussen den Beginn der Verjährung in der Regel nicht. Ist die Rechtslage dagegen unübersichtlich oder zweifelhaft, so daß sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig
einzuschätzen vermag, kann der Verjährungsbeginn auch wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben sein (Senatsurteile BGHZ 6, 195, 202; 138 aaO; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - aaO; Senatsurteil vom 16. September 2004 - III ZR 346/03 - NJW 2005, 429, 433, für BGHZ bestimmt

).


Wurde die Amtspflichtverletzung zudem lediglich fahrlässig begangen, stellt auch das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung dar. Deshalb muß sich die gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. erforderliche Kenntnis weiter darauf erstrecken, daß der Schaden jedenfalls nicht vollständig auf andere Weise gedeckt werden kann (BGHZ 102, 246, 248 f.; 121, 65, 71; BGH, Urteil vom 18. April 2002 - IX ZR 72/99 - NJW 2002, 2787, 2788, insoweit in BGHZ 150, 319 nicht abgedruckt). Hierzu können auch Ansprüche gegen den anderen Vertragspartner gehören (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 240/98 - NJW 1999, 2038, 2039; Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1500). Ob der Geschädigte mit Erfolg einen Dritten auf Leistung in Anspruch zu nehmen vermag, kann von tatsächlichen und rechtlichen Fragen abhängen. Der Kläger muß fähig sein, schlüssig darzulegen, daß die Haftung Dritter ausscheidet. Erst dann ist ihm die Erhebung einer Amtshaftungsklage zuzumuten. Bei zweifelhafter oder unübersichtlicher Rechtslage beginnt die Verjährung daher auch unter diesem Gesichtspunkt erst dann, wenn hinreichend gesichert ist, daß der Schaden nur durch Inanspruchnahme des Amtsträgers ausgeglichen werden kann (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - aaO S. 2042 f. m.w.N.). Dabei ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, daß die Inanspruchnahme des Dritten selbst dann, wenn der Erfolg nicht sicher ist, gerade dem Interesse des Amtsträgers dient.

Ein Ausnahmefall dieser Art ist im Gegensatz zur Ansicht d es Berufungsgerichts vorliegend gegeben. Wie insbesondere der Verlauf des von den Instanzgerichten zugunsten der Klägerin entschiedenen Vorprozesses belegt, kamen Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gegen die Verkäuferin als vorrangige Ersatzmöglichkeit ernsthaft in Betracht. Eine Klageerhebung gegen den Beklagten war der Klägerin infolgedessen erst zumutbar, als diese Rechtsfrage durch das Revisionsurteil im Vorprozeß endgültig zu ihren Lasten geklärt war. Die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang gesehene Gefahr einer Manipulation des Verjährungsbeginns infolge Untätigkeit des Geschädigten ist gering. Im Streitfall ist die Klägerin denn auch nicht etwa untätig geblieben, sondern hat alsbald gegen die Verkäuferin Klage erhoben.

d) Eine andere Frage ist, ob in Abweichung von der bi sherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in derartigen Fallgestaltungen statt auf die Zumutbarkeit einer Klageerhebung auf die dem Verletzten alternativ zur Verfügung stehende Möglichkeit einer Streitverkündung gegenüber dem Urkundsnotar (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.) abzustellen wäre. Diese weitere Gelegenheit zur Verjährungsunterbrechung hat der Gesetzgeber insbesondere deswegen geschaffen, weil der Prozeß, durch den die Voraussetzungen einer Regreßpflicht ganz oder zum Teil festgestellt werden, über den Ablauf der für den Rückgriffsanspruch geltenden Verjährungsfrist andauern kann (BGH, Urteil vom 2. Juli 1992 - IX ZR 174/91 - NJW 1992, 3034, 3035; Urteil vom 17. Februar 2000 - IX ZR 436/98 - NJW 2000, 1498, 1500; Senatsurteil vom 22. Januar 2004 - III ZR 99/03 - NJW-RR 2004, 1069, 1071 = ZIP 2004, 763, 765). Hierauf hat der Bundesgerichtshof bisher allerdings nur unterstützend verwiesen. Der Senat sieht für eine Abkehr von dem rechtlichen Ansatz, daß es
in erster Linie auf die Zumutbarkeit einer Klageerhebung ankommt, keinen hinreichenden Grund. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 852 Abs. 1 BGB a.F. hängt der Verjährungsbeginn von der Kenntnis des Verletzten ab; die Frage , inwieweit ihm danach eine Klageerhebung gegen den Schädiger zugemutet werden kann, ist nur ein Hilfskriterium dafür, ob dieser Kenntnisstand ausreichend erscheint. Ist darum - wie hier - die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen schon wegen der zweifelhaften Rechtslage zu verneinen, so ergibt sich auch aus dem Umstand, daß es dem Geschädigten unschwer möglich gewesen wäre, vorsorglich eine verjährungsunterbrechende Rechtshandlung wie die Streitverkündung vorzunehmen, nichts anderes. In einem anhängigen Prozeß ist die Streitverkündung schon dann zulässig und zur Vermeidung rechtlicher Nachteile in Betracht zu ziehen, wenn die Haftung eines Dritten im Falle eines Unterliegens möglich erscheint (vgl. MünchKomm/Schilken, ZPO, 2. Aufl., § 72 Rn. 5, 7; s. auch BGH, Urteil vom 29. April 1993 - IX ZR 101/92 - NJW 1993, 2045). Würde man daher die Zumutbarkeit nicht auf die Klageerhebung, sondern auf die Möglichkeit einer Streitverkündung im Vorprozeß beziehen, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, die Anforderungen an die Kenntnis des Verletzten vom Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit zu dessen Nachteil herabzusetzen.
3. Auf dieser Grundlage kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben ; es ist aufzuheben. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit , die weiter erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.

(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.

(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.

(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. § 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. § 298 findet keine Anwendung.

(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.

(4) Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.

(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 224/07 Verkündetam:
11.März2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
In der Unfallversicherung wird die Verjährung des Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung
durch Erhebung einer Leistungsklage nur im Umfang des bezifferten
Antrags gehemmt; dass sich nach Ablauf der Verjährungsfrist ein höherer
als der mit der Klage geltend gemachten Invaliditätsgrad etwa aufgrund
einer Beweisaufnahme ergibt, ändert daran nichts.
BGH, Urteil vom 11. März 2009 - IV ZR 224/07 - OLG Stuttgart
LG Rottweil
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt auf die mündliche Verhandlung vom
11. März 2009

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Aufgrund eines Verkehrsunfalls am 18. Juli 1999, bei dem der vom Kläger gesteuerte PKW seitlich angefahren wurde, erlitt der Kläger eine Prellung des linken Brustkorbs mit Rippenserienfraktur. Er macht Ansprüche aus einer bei der Beklagten abgeschlossenen Unfallversicherung geltend, der die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 94) zugrunde liegen; die Versicherungssumme betrug zum Unfallzeitpunkt 300.128,33 €.
2
Die Beklagte holte eine ärztliche Stellungnahme ein, in der eine dauernde Invalidität des Klägers von 20% attestiert wurde, und leistete eine Vorauszahlung. Eine weitere von der Beklagten in Auftrag gegebene Begutachtung gelangte dagegen zu dem Ergebnis, die Bewegungseinschränkungen des Brustkorbs und der Wirbelsäule seien nicht unfallbedingt. Darauf lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. August 2002 weitere Leistungen ab und forderte die bereits geleistete Vorauszahlung zurück. Einen Vergleichsvorschlag der Beklagten wies der Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2003 zurück.
3
Mit der am 12. Februar 2003 im Vorprozess eingegangenen Klage machte der Kläger den ihm bei einer Invalidität von 20% zustehenden Betrag abzüglich der erhaltenen Vorauszahlung geltend. Mit Urteil vom 17. September 2004 ging das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens von einer Invalidität des Klägers von 30% aus, die aber nur zu 10% unfallbedingt sei; es wies die Klage daher überwiegend ab. Ein weiteres, im Berufungsverfahren eingeholtes Gutachten vom 19. Oktober 2005 gelangte dagegen zu dem Ergebnis, der Grad unfallbedingter Invalidität des Klägers sei mit mindestens 50% zu veranschlagen , da es bei dem Verkehrsunfall nicht nur zu einer Rippenserienfraktur und Pneumohämatothorax gekommen sei, sondern auch zu einer Lungenkontusion. Das Oberlandesgericht legte dieses Gutachten seinem Urteil vom 23. März 2006 zugrunde, ging danach von einer Invalidität von jedenfalls 20% aus und gab dem Antrag des Klägers statt. Das Urteil wurde rechtskräftig.
4
Nach Ablehnung weiterer Leistungen durch die Beklagte fordert der Kläger im vorliegenden Verfahren den restlichen Betrag, der ihm an 50% der Versicherungssumme noch fehlt. Die Beklagte beruft sich u.a. auf die Einrede der Verjährung.
5
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil der Restanspruch verjährt sei. Dagegen wendet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


6
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht ist von §§ 11, 12 des Versicherungsvertragsgesetzes in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden: VVG a.F.) ausgegangen, die gemäß Artt. 1, 3 Abs. 2 EGVVG hier weiterhin anzuwenden sind. Die aus dem Versicherungsvertrag geschuldete Leistung sei gemäß § 11 Abs. 1 VVG a.F. spätestens mit dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 19. August 2002 fällig geworden. Die zweijährige Verjährungsfrist habe mithin am 31. Dezember 2002 begonnen (§ 12 Abs. 1 VVG a.F.). Sie sei durch die Vergleichsverhandlungen der Parteien gemäß § 12 Abs. 2 a.F. noch bis zur Ablehnung der Vorschläge der Beklagten durch den Kläger am 28. Januar 2003 gehemmt gewesen und mithin am 28. Januar 2005 abgelaufen. Die Klage im vorliegenden Verfahren sei indessen erst am 29. September 2006 eingegangen. Durch die Klageerhebung im Vorprozess sei die Verjährung nicht in Bezug auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte zusätzliche Invaliditätsleistung gehemmt worden.
8
Vielmehr beschränke sich die verjährungshemmende Wirkung der Ursprungsklage auf den mit ihr geltend gemachten bezifferten Betrag. Infolgedessen sei der Kläger durch die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess zwar nicht gehindert, nachträglich Mehrforderungen geltend zu machen , auch wenn er sie sich nicht vorbehalten habe. Er müsse aber hinnehmen , dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchs selbständig beurteilt werde.
9
Soweit in der Rechtsprechung Ausnahmen von diesen Grundsätzen anerkannt worden seien, lägen deren Voraussetzungen hier nicht vor. Dem Klagebegehren im Ursprungsprozess sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei der geltend gemachten Invaliditätsleistung nur um einen "gegriffenen", nicht endgültigen Betrag habe handeln sollen, zumal der für den Gesundheitszustand nach § 11 Abs. 4 AUB 94 maßgebliche Zeitpunkt von drei Jahren seit dem Unfall überschritten gewesen sei. Die unfallbedingten Gesundheitsschäden des Klägers hätten mit dem Unfall vorgelegen. Insofern hätten sich die für die Ermittlung des Invaliditätsgrades maßgebenden Faktoren nicht im Laufe des Verfahrens geändert und - bei objektiver Betrachtung - auch der Umfang und die Ausprägung des dem Klageanspruch zugrunde liegenden Sachverhalts nicht. Die Einholung gerichtlicher Sachverständigengutachten habe nicht den Zweck, dem Kläger eine Bezifferung seiner Klage zu ermöglichen. Wenn der Sachverständige einen höheren Invaliditätsgrad annehme als der Klageforderung zugrunde liege, gehe dies zu Lasten des Klägers als Anspruchsteller.
10
Eine Übertragung der in der Rechtsprechung zu § 12 Abs. 3 VVG a.F. entwickelten Grundsätze auf § 12 Abs. 1 VVG a.F. sei abzulehnen.
11
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist sowohl für den Umfang einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (vgl. § 209 Abs. 1 BGB a.F.) als auch für den Umfang der Rechtskraft der den prozessualen Anspruch bildende Streitgegenstand maßgebend, der durch den Klageantrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt wird; die Grenzen ei- ner Hemmung der Verjährung sind grundsätzlich mit denen der Rechtskraft kongruent (vgl. BGHZ 132, 240, 243; 151, 1, 2; BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 33/06 - FamRZ 2008, 675 Tz. 15 ff.). Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt und die Rechtskraft beschränkt sich auf den eingeklagten Teilbetrag. Dies gilt auch, wenn für die Beteiligten nicht erkennbar war, dass nur ein Teil eingeklagt wurde (vgl. BGHZ 135, 178, 181). Ein Kläger, der - mit Absicht oder unbewusst - nur einen Teilbetrag eingeklagt hat, kann nachträglich Mehrforderungen geltend machen, auch wenn er sie sich nicht vorbehalten hat; er muss es jedoch hinnehmen , dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbständig beurteilt wird (BGHZ 151, 1, 3).
13
b) Von diesen Grundsätzen sind in der Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen worden (vgl. BGHZ 151, 1, 3 f.; BGH, Urteile vom 9. Januar 2008 aaO Tz. 16; vom 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93 - NJW 1994, 3165 unter I 2 a). Sie betreffen bestimmte Ansprüche, deren Höhe sich nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB richtet. Streitgegenstand sei in einem derartigen Fall der zur Wiederherstellung einer beschädigten Sache erforderliche Betrag; dessen Bezifferung im Klageantrag habe demgegenüber nur vorläufigen Charakter (vgl. RGZ 102, 143, 144 f.). Ähnlich soll es liegen, wenn bei einem auf die volle Höhe gerichteten Schadensersatzanspruch sich nach Klageerhebung infolge einer Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse die für die Wertermittlung maßgeblichen Faktoren ändern; dann könne dem Kläger das Risiko einer unzutreffenden Zukunftsprognose abgenommen werden (vgl. BGH, Urteile vom 26. Juni 1984 - VI ZR 232/82 - VersR 1984, 868 unter II 2 b bb; vom 19. Februar 1982 - V ZR 251/80 - NJW 1982, 1809 unter 2).
14
Allein die Ungewissheit des Ausgangs einer Beweisaufnahme rechtfertigt es indessen nicht, die Verpflichtung des Klägers zu lockern, den Streitgegenstand einer Leistungsklage gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch einen zu beziffernden Klageantrag zu bestimmen (vgl. BGHZ 151, 1, 4 f.). Dass der Kläger die bestrittene Höhe seiner Forderung unter Beweis stellt, kann schon nicht dahin verstanden werden, Streitgegenstand sei nicht mehr der geltend gemachte Anspruch in seiner im Klageantrag bezifferten Höhe, sondern der sich aufgrund der gerichtlichen Beweisaufnahme letzten Endes ergebende Betrag, jedenfalls sofern er den bezifferten Klageantrag übersteige. Vielmehr müssen sich Gericht und Gegner im Hinblick auf die Verjährung ebenso wie für den Umfang der Rechtskraft auf die Bezifferung im Klageantrag verlassen können, auch wenn deutlich ist, dass der Kläger den ihm dem Grunde nach zustehenden Anspruch mit der im Klageantrag vorgenommenen Bezifferung in voller Höhe geltend machen will. Dass ein Kläger die Höhe seiner Forderung nicht überschaut und den Ausgang einer sachverständigen Begutachtung nicht sicher einschätzen kann, geht grundsätzlich zu seinen Lasten (BGHZ 151, 1, 4 f.; Staudinger/Peters, BGB [2004] § 204 Rdn. 18; MünchKomm-BGB/Grothe, 5. Aufl. § 204 Rdn. 15; a.A. Zeuner, JR 2003, 247; Meyer, NJW 2002, 3067, 3068).
15
gilt Dies jedenfalls für Leistungsansprüche wie die hier geltend gemachte Forderung auf Erfüllung der im Versicherungsvertrag vereinbarten Invaliditätsentschädigung gemäß § 7 AUB 94. Dafür hat der Kläger nicht nur unfallbedingte Invalidität, sondern auch deren Ausmaß zu beweisen (vgl. Senatsurteile vom 29. September 2004 - IV ZR 233/03 - VersR 2004, 1449 unter 3; vom 17. Oktober 2001 - IV ZR 205/00 - VersR 2001, 1547 unter II 1). Er muss es hinnehmen, wenn ein ihm in Wahrheit zustehender Anspruch vom Gericht abgewiesen wird, weil er dessen Voraussetzungen nicht beweisen konnte. Es geht auch zu Lasten des Klä- gers, wenn er unverschuldet von einem ihm zustehenden Anspruch erst erfährt, nachdem dieser bereits verjährt ist. Nicht anders liegt es, wenn der Kläger einen weitergehenden Anspruchsteil nicht geltend macht, weil ihm insoweit geeignete Beweismittel oder überhaupt Anhaltspunkte für eine zusätzliche Forderung fehlen und er die nötigen Kenntnisse erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erlangt. Mit Recht weist die Revisionserwiderung auf den Fall hin, dass ein Pflichtteilsberechtigter von weiterem Nachlass erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB erfährt. Wollte man anders entscheiden, würde dem Gläubiger einer Forderung die Möglichkeit eröffnet, die mit der Verjährung bezweckte Rechtssicherheit für den Schuldner und den damit angestrebten Rechtsfrieden durch Erhebung einer kostengünstigen Klage über einen geringen Anspruchsteil zu unterlaufen, ohne damit zugleich eigene Risiken für die künftige rechtliche Realisierbarkeit eines weitergehenden Anspruchs in Kauf zu nehmen; das kann nicht richtig sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 aaO Tz. 18).
16
c) Die Anwendung der vom Senat zur Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG a.F. entwickelten Grundsätze, wonach eine Teilklage diese Frist auch bezüglich des gesamten, weitergehenden Anspruchs wahrt, kommt für die hier zu entscheidende Frage einer Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 BGB nicht in Betracht (Senatsurteil vom 27. Juni 2001 - IV ZR 130/00 - VersR 2001, 1013 unter II 2 b; a.A. OLG Nürnberg VersR 2003, 846, 848; dagegen mit Recht schon OLG Hamm VersR 2006, 1527).
17
2. Das Berufungsgericht hat diese Maßstäbe nicht verkannt.
18
a) Es mag sein, wie der Kläger schon in den Vorinstanzen betont hat, dass er bereits im Vorprozess ungeachtet des ziffernmäßig be- schränkten Klageantrags seinen Anspruch erkennbar insgesamt, also in voller, auch über diese Bezifferung hinausgehender Höhe geltend machen wollte und ihn nur deshalb nicht höher beziffert hat, weil er noch keine Anhaltspunkte für einen etwa höheren Invaliditätsgrad hatte. Ebenso mag zutreffen, dass die der Klageforderung zugrunde liegende Annahme einer Invalidität von 20% auf den vor Klageerhebung vorliegenden ärztlichen Gutachten beruhte und insofern "gegriffen", also für alle Beteiligten einschließlich des Klägers offensichtlich war, dass erst die gerichtliche Beweisaufnahme den Grad der unfallbedingten Invalidität näher klären werde. Alles das ändert nichts daran, dass sich Gericht und Gegner hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang durch Erhebung der Klage die Verjährung gehemmt worden war, auf den gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu beziffernden Antrag verlassen mussten und konnten. Darin lag zugleich eine Begrenzung des Prozesskostenrisikos auf ein nach Maßgabe der bei Klageerhebung vorliegenden Gutachten dem Kläger vernünftig erscheinendes Maß. Die Entscheidung, dem Leistungsantrag die Behauptung eines bestimmten Invaliditätsgrads zugrunde zu legen, auf einen zusätzlichen Antrag auf Feststellung einer darüber hinausgehenden Leistungspflicht der Beklagten aber zu verzichten, lag allein beim Kläger. Dass die Gerichte im Vorprozess insoweit ihre Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) verletzt hätten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei Eingang des vom Berufungsgericht im Vorprozess eingeholten Gutachtens vom 19. Oktober 2005 war bereits Verjährung eingetreten, nämlich nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts schon am 28. Januar 2005. Zu diesem Zeitpunkt hätte dem Kläger eine Erweiterung seiner Klage gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nichts mehr genützt.
19
b) Die Revision hebt ferner darauf ab, dass das im Berufungsverfahren des Vorprozesses eingeholte gerichtliche Gutachten als weitere, anfangs nicht diagnostizierte Unfallfolge eine Lungenkontusion aufge- deckt habe. Damit liege ein Ausnahmefall vor: Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hätten sich die für die Wertermittlung maßgeblichen Faktoren und damit Umfang und Ausprägung des von Anfang an geltend gemachten , dem Grunde nach identischen Anspruchs geändert. In einem solchen Fall könne der Kläger jedenfalls im Hinblick auf den Umfang der durch die Klageerhebung eingetretenen Hemmung der Verjährung nicht an der ursprünglichen Bezifferung seines Anspruchs festgehalten werden. Das Risiko einer derartigen, erst nach Ablauf der Verjährungsfrist zu Tage getretenen Änderung der für die Anspruchshöhe maßgebenden Verhältnisse hat indessen der für die Höhe des Anspruchs beweispflichtige Kläger zu tragen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Rottweil, Entscheidung vom 15.02.2007 - 3 O 361/06 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 26.07.2007 - 7 U 52/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 33/06 Verkündet am:
9. Januar 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhebt der Berechtigte ausdrücklich eine Teilklage, so erstreckt sich eine für
den geltend gemachten Teilanspruch eingetretene Hemmung der Verjährung
nicht auf den Restanspruch (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 19. Januar
1994 - XII ZR 190/92 - FamRZ 1994, 751).
BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 33/06 - OLG Stuttgart
AG Balingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Januar 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Januar 2006 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten über den Zugewinnausgleich.
2
Im Scheidungsverbundverfahren begehrten die Parteien - die Klägerin (Ehefrau) im Wege der Stufenklage, der Beklagte (Ehemann) im Wege der Widerklage - wechselseitig Auskunft über ihr Endvermögen. Das Amtsgericht gab mit Teilurteil vom 16. Juli 1999 (rechtskräftig seit 20. August 1999) dem Auskunftsverlangen des Ehemannes statt und wies den Antrag der Ehefrau auf Auskunftserteilung ab. Die Ehefrau beantragte sodann, den Ehemann zur Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 89.193,76 DM zu verurteilen. Durch Verbundurteil vom 16. Mai 2000 wurde die Ehe der Parteien geschieden (insoweit rechtskräftig seit 26. September 2000; Rechtskraftzeugnis erteilt am 1. Dezember 2000); das Verfahren über den Zugewinnausgleich wurde abgetrennt.
Mit (rechtskräftigem) Schlussurteil vom 16. März 2001 wies das Amtsgericht die Klage der Ehefrau auf Zahlung von Zugewinnausgleich ab.
3
In einem von den Parteien in der Folgezeit geführten Schriftwechsel berühmte sich der Ehemann gegenüber der Ehefrau eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich "in fünfstelliger Höhe". Die Ehefrau erhob daraufhin Klage auf Feststellung, dass dem Ehemann kein Zugewinnausgleichsanspruch zustehe. Mit einem am 3. Februar 2003 eingereichten und der Ehefrau am 5. Februar 2003 zugestellten Schriftsatz erhob der Ehemann Widerklage auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 19.134,77 € nebst Zinsen. In der Begründung führte er aus, dass "Gegenstand der Widerklage … eine Teilforderung" sei und die "weitergehende Ausgleichsforderung … ausdrücklich vorbehalten" bleibe. Die Ehefrau beantragte daraufhin die Feststellung, dass dem Ehemann kein diesen Betrag übersteigender Anspruch auf Zugewinnausgleich zustehe, und erklärte ihre Feststellungsklage im Übrigen für erledigt. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung kündigte der Ehemann mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 an zu beantragen, die Ehefrau auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 33.846,70 € zu verurteilen. Die Ehefrau erhob die Einrede der Verjährung.
4
Das Amtsgericht hat die Ehefrau verurteilt, an den Ehemann einen Zugewinnausgleich in Höhe von 15.475,65 € zu zahlen; die weitergehende Widerklage des Ehemannes hat es abgewiesen. Auf die Klage der Ehefrau hat es festgestellt, dass dem Ehemann kein über den Betrag von 19.134,77 € hinausgehender Zugewinnausgleichsanspruch zusteht; die weitergehende Klage der Ehefrau hat es abgewiesen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Zugewinnausgleichsforderung des Ehemannes, soweit sie 19.134,77 € übersteige, verjährt sei. Der unverjährte Teil der Ausgleichsforderung sei in Höhe eines Be- trags von 3.659,12 € durch eine von der Ehefrau erklärte Aufrechung der Ehefrau erloschen.
5
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Ehemann hat beantragt, die Ehefrau zur Zahlung von insgesamt 33.846,70 € nebst Zinsen zu verurteilen; die negative Feststellungsklage der Ehefrau haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Auf die Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Ehefrau verurteilt, an den Ehemann einen Zugewinnausgleich in Höhe 19.134,77 € nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat das Oberlandesgericht wegen Verjährung des Anspruchs abgewiesen ; die weitergehenden Berufungen der Parteien hat es zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Ehemann seine Widerklage, soweit sie in Höhe von 13.323,38 € abgewiesen worden ist, weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
Die beklagte Ehefrau war zwar im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Revision des klagenden Ehemannes nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil ) zu entscheiden, da sie sich auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (vgl. etwa Senatsurteil vom 10. Februar 1993 - XII ZR 239/91 - FamRZ 1993, 788 m.w.N.).

I.

8
Die Revision ist uneingeschränkt zulässig. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Zulassung auf die Frage der Verjährung ist unwirksam, da sie auf eine einzelne Rechtsfrage abzielt (BGH Urteile vom 27. September 1995 - VIII ZR 257/94 - NJW 1995, 3380 und vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - FamRZ 2007, 39; vgl. auch BGHZ 101, 276, 278). Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Revision, so ist allein die Beschränkung , nicht aber die Zulassung der Revision unwirksam (BGH Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - FamRZ 2007, 39 m.w.N.). Die Revision ist jedoch nicht begründet.

II.

9
1. Nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Oberlandesgerichts betragen das Endvermögen der Ehefrau 220.278,19 € und ihr Anfangsvermögen (indexiert) 143.392 €, so dass sich ein Zugewinn von 76.886,19 € ergibt. Das Endvermögen des Ehemannes beträgt 187.358,63 €, sein Anfangsvermögen (indexiert) 182.707 €, sein Zugewinn mithin 4.651,63 €. Das Oberlandesgericht errechnet daraus einen Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes gegen die Ehefrau in Höhe von (76.886,19 € - 4.651,63 € = 72.234,56 € : 2 =) 36.117,28 €. Diese Berechnung ist nicht zu beanstanden; auch die Revision erinnert hiergegen nichts.
10
2. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist dieser Zugewinnausgleichsanspruch des Ehemannes jedoch teilweise verjährt. In Höhe des mit dem ursprünglichen Widerklageantrag geltend gemachten Betrags von 19.134,77 € nebst Zinsen sei der Eintritt der Verjährung zwar durch die - vom Ehemann ausdrücklich so bezeichnete - Teil(wider)klage gehemmt worden. Diese Hemmung erstrecke sich jedoch nicht auf die vom Ehemann im Anschluss an die Beweisaufnahme nachgeschobene Mehrforderung. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung dieser Mehrforderung sei die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen.
11
3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
12
Nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB verjährt der Anspruch auf Zugewinnausgleich in drei Jahren; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Ehegatte erfährt, dass der Güterstand beendet ist. Im Falle der Beendigung des Güterstandes durch Scheidung muss der ausgleichsberechtigte Ehegatte also von der Scheidung als der den Güterstand beendenden Tatsache einschließlich der Rechtskraft des Scheidungsurteils positiv gewusst haben (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1997 - XII ZR 287/95 - FamRZ 1997, 804). Der Ehemann hat mit dem Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils am 26. September 2000, spätestens jedoch mit der Erteilung des Rechtskraftzeugnisses am 1. Dezember 2000 von der Rechtskraft und damit auch von der Beendigung des Güterstandes Kenntnis erlangt. Die Verjährungsfrist ist somit spätestens im Dezember 2003 abgelaufen.
13
a) Hinsichtlich des mit der ursprünglichen Teil-Widerklage geltend gemachten Teilbetrags der Zugewinnausgleichsforderung - also in Höhe von 19.134,77 € nebst Zinsen - ist die Verjährung allerdings gemäß § 204 BGB gehemmt worden. Denn die Teilwiderklage ist vom Ehemann am 3. Februar 2003 eingereicht (vgl. §§ 167, 261 Abs. 2 ZPO) und der Ehefrau am 5. Februar 2003 zugestellt worden; sie ist mithin vor Ablauf der Verjährungsfrist (spätestens Dezember 2003) erhoben worden.
14
b) Seine darüber hinausgehende Zugewinnausgleichsforderung hat der Ehemann dagegen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist - nämlich erstmals mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 - im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht; eine Hemmung der (bereits eingetretenen) Verjährung kommt insoweit nicht in Betracht. Der Umstand, dass der Ehemann seine ursprüngliche, innerhalb der Verjährungsfrist erhobene Klage als Teilwiderklage bezeichnet und sich die Geltendmachung eines weitergehenden Anspruchs vorbehalten hatte, ändert daran nichts. Insbesondere erstreckt sich die Hemmung der Verjährung, welche die Erhebung der Teilwiderklage für den mit ihr geltend gemachten TeilAnspruch auf Zugewinnausgleich bewirkt hat, nicht auch auf den prozessual noch nicht geltend gemachten Teil des Zugewinnausgleichsanspruchs.
15
aa) Wie sich schon aus den Materialien zum Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt, unterbrach (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.) eine Klagerhebung die Verjährung nur in dem Umfang, in dem sie den Anspruch der richterlichen Entscheidung unterstellt. Denn nur insoweit kann das Urteil Rechtskraft und damit Rechtsgewissheit schaffen (Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. I, 1899, S. 532, § 170). Der Bundesgerichtshof hat daraus gefolgert, dass die Grenzen der Verjährungsunterbrechung mit denen der Rechtskraft kongruent sind (BGHZ 151, 1, 2 f.). Dementsprechend ist auch die Hemmung der Verjährung, wie sie nunmehr von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB (zum Überleitungsrecht Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB) für den Fall der Klagerhebung vorgesehen ist, grundsätzlich durch den prozessualen Leistungsantrag begrenzt; im Wege der Klagerweiterung geltend gemachte Nachforderungen unterliegen gesondert der Verjährung. Ein Gläubiger , der einen Teilanspruch ausdrücklich im Wege einer Teilklage geltend macht, ist deshalb zwar nicht gehindert, nach einer zusprechenden Entscheidung Mehrforderungen geltend zu machen; jedoch muss der Kläger es in sol- chen Fällen hinnehmen, dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbständig beurteilt wird.
16
Besonderheiten ergeben sich im Schadensersatzrecht für den Fall einer sog. "verdeckten Teilklage", bei der weder für den Beklagten noch für das Gericht erkennbar ist, dass die bezifferte Klagforderung nicht den gesamten Schaden abdeckt. Zwar gilt auch hier, dass die Rechtskraft des Urteils den geltend gemachten Anspruch grundsätzlich nur im beantragten Umfang umfasst mit der Folge, dass nachträgliche Mehrforderungen zwar möglich, verjährungsrechtlich aber gesondert zu beurteilen sind (BGHZ 151, 1, 3; BGHZ 135, 178; zustimmend MünchKomm/Grothe BGB 5. Aufl. § 204 Rdn. 15 mit dem Hinweis, dass der Schuldner ein schutzwürdiges Interesse daran hat, nicht aufgrund einer Verjährungshemmung mit Nachforderungen rechnen zu müssen). Etwas anderes soll allerdings ausnahmsweise dann gelten, wenn die gegenüber dem Schädiger nach § 249 BGB zur Wiederherstellung des früheren Zustandes eingeklagte Geldleistung zwar beziffert wird, der bezifferte Leistungsantrag aber dahingehend ausgelegt werden kann, dass in Wahrheit der gesamte Geldbetrag gefordert werde, der entsprechend einem Sachverständigengutachten zur Wiederherstellung einer vom Schuldner beschädigten Sache erforderlich sei. Hier sei dem Gegner von vornherein erkennbar, dass die bezifferte Forderung "gegriffen" sei, also lediglich vorläufigen Charakter habe. In einem solchen Fall, in dem der ursprünglich geltend gemachte Anspruch bereits die spätere betragsmäßige Erweiterung umfasst, soll die Hemmung der Verjährung des ursprünglich eingeforderten Zahlbetrags auch für den nachgeforderten Betrag gelten.
17
Für den vorliegenden Fall ist eine vergleichbare Beurteilung nicht angebracht. Soweit sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatzrecht die für einen bezifferten Zahlungsantrag eingetretene Hemmung der Verjährung ausnahmsweise auch auf einen weitergehenden und vom bisherigen prozessualen Leistungsantrag noch nicht erfassten Anspruchsteil erstreckt, setzt dies nämlich - wie dargelegt - voraus, dass mit der Klage bereits ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch in vollem Umfang - wenn auch in seiner Bezifferung nicht erschöpfend - geltend gemacht wird und sich Umfang und Ausprägung des Klaganspruchs ändern, nicht aber der Anspruchsgrund (BGHZ 151, 1, 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber gerade nicht vor.
18
Der Ehemann hat seinen Zugewinnausgleichsanspruch als Teilanspruch deklariert und ausdrücklich im Wege der Teilwiderklage geltend gemacht. Damit hat er sich bewusst die Möglichkeit offengehalten, eine weitergehende Ausgleichsforderung einzuklagen; dann muss er aber auch insoweit die Verjährungsfrist wahren. Andernfalls würde dem Gläubiger einer Forderung die Möglichkeit eröffnet, die mit der Verjährung bezweckte Rechtssicherheit für den Schuldner und den damit angestrebten Rechtsfrieden durch die Erhebung einer kostengünstigen Teilklage zu unterlaufen, ohne damit zugleich eigene Risiken für die künftige rechtliche Realisierbarkeit eines weitergehenden Anspruchs in Kauf zu nehmen. Das kann nicht richtig sein. Der Ehemann musste deshalb auch für die weitergehenden und von ihm prozessual bewusst und ausdrücklich ausgesparten Anspruchsteile eine Hemmung der Verjährung bewirken, was ihm im Wege der Stufenklage durchaus möglich gewesen wäre. Das hat er versäumt.
19
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Oberlandesgericht erörterten und von der Revision angeführten Senatsurteil vom 19. Januar 1994 (- XII ZR 190/92 - FamRZ 1994, 751 f.). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Ehefrau ihren behaupteten Anspruch auf Zugewinnausgleich im Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht, ihren diesbezüglichen Klagantrag aber auf Übertragung eines Miteigentumsanteils des Ehemannes gerichtet; erst nach Ablauf der Verjährungsfrist hatte sie ihr Klagbegehren auf einen Zahlungsantrag umgestellt. Der Senat hat in dieser Entscheidung dargelegt, dass für die Verjährungsunterbrechung (§ 209 Abs. 1 BGB a.F.) der den prozessualen Streitgegenstand bildende Lebenssachverhalt maßgebend sei; der Streitgegenstand werde nicht allein durch den Klagantrag bestimmt, sondern (auch) durch den Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet werde. Für die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Klage auf Zugewinnausgleich sei deshalb nicht erforderlich, dass der Berechtigte von Anfang an einen Hauptantrag auf Zahlung stelle. Die verjährungsrechtliche Unterbrechung trete schon dann ein, wenn der Zugewinnausgleich in irgendeiner Form als Leistungsantrag gerichtlich geltend gemacht werde. Eine solche Geltendmachung habe hier bereits in dem Antrag der Ehefrau bestanden , ihr im Wege des Zugewinnausgleichs die begehrte Miteigentumshälfte zu übertragen. Das Gesetz knüpfe an die Klagerhebung die Unterbrechung der Verjährung, weil der Berechtigte durch positive Betätigung seines Rechts im Prozesswege unmissverständlich zu erkennen gebe, dass er sein Recht durchsetzen wolle, und dem Verpflichteten deutlich gemacht werde, dass er sich darauf einrichten müsse, auch noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährung in Anspruch genommen zu werden. Dementsprechend unterbreche selbst eine unzulässige Klage die Verjährung und es sei bedeutungslos, ob die Klage sachlich begründet sei.
20
Es kann dahinstehen, ob an diesen Ausführungen im Hinblick auf die Problematik des Streitgegenstandes uneingeschränkt festzuhalten ist. Die Kongruenz von Streitgegenstand und Verjährungshemmung durch Klagerhebung schließt es jedenfalls aus, Teile eines Anspruchs, die der Kläger - anders als in dem vom Senat (Urteil vom 19. Januar 1994 - XII ZR 190/92 - FamRZ 1994, 751) entschiedenen Fall - mit seiner Klage ausdrücklich nicht geltend macht, gleichwohl der Verjährungshemmung, die das Gesetz an die klageweise Geltendmachung knüpft, zu unterwerfen. Nur diese Beurteilung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatzrecht, welche die Hemmung der Verjährung auf Fälle erstreckt, in denen der Berechtigte erkennbar einen - wenn auch zu niedrig bezifferten - Gesamtschaden geltend machen will. Hat der Berechtigte dagegen - wie hier - sein Klagbegehren ausdrücklich auf einen Teil des behaupteten Anspruchs beschränkt, muss er sich - im Interesse des Verpflichteten an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden - auch verjährungsrechtlich an dieser Beschränkung festhalten lassen. Zugewinnausgleichsrechtliche Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist gerade hier die - vom Ehemann schon im Verbund nicht genutzte - Möglichkeit eröffnet, einer etwaigen Ungewissheit über den genauen Anspruchsumfang im Wege der - insgesamt verjährungshemmenden - Stufenklage zu begegnen.

III.

21
Das Oberlandesgericht hat - anders als das Amtsgericht - die Aufrechnung gegen die Gesamtforderung auf Zugewinnausgleich durchgreifen lassen, den unverjährten Teil also unverkürzt zugesprochen. Ob dies nach § 215 BGB geboten ist, kann dahinstehen; denn der Ehemann ist insoweit durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht beschwert.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Balingen, Entscheidung vom 06.06.2005 - 5 F 370/02 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 17.01.2006 - 18 UF 189/05 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.