Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 11. Juni 2014 - 1 U 8/14

bei uns veröffentlicht am11.06.2014

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6.12.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau (2 O 345/11) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Klage und Widerklage werden abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger zu 92 % und der Beklagte zu 8 %; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 90 % und der Beklagte zu 10 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.226,49 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger kaufte mit Kaufvertrag vom 29.12.2010 (Bl. 6) vom Beklagten einen gebrauchten Mercedes Benz V 220 CDI. Dass es sich insoweit um einen privaten Direktverkauf handelt, hat der Kläger im Schriftsatz vom 23.4.2014 bestritten (Bl. 204). In der Rubrik nächste HU ist handschriftlich eingetragen NEU. Weiter findet sich in dem Vertrag der handschriftliche Eintrag Verkauf ohne Gewährleistung. Der Beklagte veranlasste am 3.1.2011 eine Hauptuntersuchung durch die ..., die mit dem Ergebnis endete: ohne festgestellte Mängel (Bl. 7). In der Folgezeit traten an dem Fahrzeug verschiedene Mängel auf, die den Kläger veranlassten, eine erneute Hauptuntersuchung vornehmen zu lassen. Die am 3.3.2011 durchgeführte Hauptuntersuchung (erneut durch die ... ) gelangte zu dem Ergebnis, dass an dem Fahrzeug im Prüfungszeitpunkt erhebliche Mängel vorlagen (Bl. 8), die die Erteilung der Prüfplakette ausschlossen. Mit Anwaltsschreiben vom 9.3.2011 (Bl. 17/18) hat der Kläger den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Der Beklagte ist dem ebenfalls mit Anwaltsschreiben vom 30.3.2011 entgegengetreten und hat vom Kläger die Erklärung verlangt, dass dieser am Vertrag festhält und im Übrigen eine negative Feststellungsklage angedroht.

2

Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises (unter Berücksichtigung der gezogenen Nutzungen) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges.

3

Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er Zahlung der ihm entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 Euro geltend macht.

4

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

5

Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten zu den vom Kläger behaupteten Mängeln eingeholt und den Beklagten sodann antragsgemäß verurteilt: In der Vereinbarung HU NEU liege die Zusicherung, dass der Käufer ein den Vorschriften der Hauptuntersuchung tatsächlich entsprechendes Fahrzeug erhalte (unter Hinweis auf BGH Urteil vom 24.2.1988 - VIII ZR 145/87 - [z.B. BGHZ 103, 275]; hier: zitiert nach juris). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit den vom Kläger behaupteten Mängeln behaftet gewesen sei, und daher die Erteilung einer Prüfplakette ausscheiden müsse.

6

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er seine Anträge zu Klage und Widerklage weiterverfolgt. Er ist der Ansicht, dass in der Vereinbarung HU NEU jedenfalls beim privaten Direktverkauf keine Zusicherung gesehen werden könne (unter Hinweis auf Brandenburgisches OLG Urteil vom 2.10.2007 - 11 U 177/06 -; hier: zitiert nach juris) und die Klage daher im Hinblick auf den Gewährleistungsausschluss unbegründet sei. Im Übrigen bestreitet der Beklagte weiter, dass die behaupteten Mängel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (u.a. unter Beweisantritt des Zeugnisses des Prüfingenieurs der ..., der die Hauptuntersuchung am 3.1.2011 vorgenommen hat) vorlagen.

7

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

8

Der Senat hat den Parteien mit der Ladungsverfügung einen schriftlichen rechtlichen Hinweis erteilt (Bl. 195).

II.

9

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Klageforderung wendet (1). Die Widerklage hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend abgewiesen (2).

10

(1) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann in der Vereinbarung HU NEU keine Beschaffenheitszusicherung gesehen werden. Die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (a.a.O.; Urteil vom 13.3.2013 - VIII ZR 172/12 - [z.B. VersR 2013, 913]; hier: zitiert nach juris) betrafen gewerbliche Händler oder Vermittler. In der Literatur (Reinking/ Eggert Der Autokauf, 14. Auf., Rn. 3058) wird darauf hingewiesen, dass es gerade zum privaten Direktgeschäft eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht gibt und die vorliegende Rechtsprechung (a.a.O.) an die berufliche Sachkunde des Händlers und dessen Ausstattung mit technischen Prüfeinrichtungen anknüpfe (vgl. dazu im Urteil vom 24.2.1988 Rn. 19 in der Zitierung nach juris). Die obergerichtliche Rechtsprechung lehnt beim privaten Direktverkauf die Annahme einer Beschaffenheitszusicherung einhellig ab (neben der bereits zitierten Entscheidung des Brandenburgischen OLG [a.a.O.] auch OLG Hamm Urteil vom 14.4.1992 - 28 U 267/91 - [OLGR 1992, 290]; hier: zitiert nach juris; OLG München Urteil vom 16.5.1997 - 14 U 934/96 - [NJW-RR 1998, 845]). Dieser Ansicht schließt sich der Senat an mit der Folge, dass Ansprüche des Klägers im Hinblick auf den Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag nicht in Betracht kommen. Der Hinweis im Schriftsatz vom 11.6.2014 auf die Entscheidung des BGH (Urteil vom 24.2.1988 - VIII ZR 145/87 - [z.B: BGHZ 103, 275]; hier: zitiert nach juris) führt schon deshalb zu keinem abweichenden Ergebnis, weil dort - wenn auch nur als Vermittler - ein Autohändler gegenüber dem Kunden tätig wurde. Daran fehlt es vorliegend doch gerade, wenn der Beklagte als Privatperson als Verkäufer auftritt. Dabei handelt es sich um den in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörterten Gesichtspunkt der Trennung zwischen geschäftlicher und privater Sphäre.

11

Damit kann auch der Ansicht des Klägers aus dem Schriftsatz vom 23.4.2014 nicht gefolgt werden, dass kein privates Direktgeschäft vorliegt, weil ein Kaufvertragsformular der Firma M. verwendet wurde. Entscheidend ist, wer nach dem Kaufvertrag der Verkäufer des Fahrzeuges war und dies war ausweislich der Kaufvertragsurkunde nicht eine Firma M., sondern der Beklagte als natürliche Person. Dass die Voraussetzungen von § 13 BGB in Bezug auf die Person des Beklagten im Hinblick auf den konkreten Kaufvertragsabschluss nicht vorlagen, folgt jedenfalls nicht zwingend aus der Verwendung eines Formulars der M. .

12

Auf die Frage, ob die Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben (insoweit scheint der Inhalt des Gutachtens vom 30.3.2012 [dort S. 21] dem protokollierten Inhalt der mündlichen Anhörung des Sachverständigen im Termin vom 14.11.2013 zu widersprechen), kommt es somit nicht mehr an.

13

(2) Die Widerklage ist unbegründet. Zwar kann die Geltendmachung eines unberechtigten Anspruchs eine Pflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 ZPO darstellen, wenn zwischen den Parteien - wie vorliegend - ein Vertragsverhältnis besteht (Palandt/Grüneberg BGB, 73. Aufl., § 280, Rn. 27). Zu vertreten gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hat eine Vertragspartei eine solche Pflichtwidrigkeit aber nicht schon dann, wenn sie nicht erkennt, dass ihre Rechtsposition in der Sache nicht berechtigt ist, sondern erst dann, wenn sie diese Rechtsposition auch nicht als plausibel ansehen durfte (BGH Urteil vom 16.1.2009 - V ZR 133/08 - [z.B. BGHZ 179, 238]; hier: zitiert nach juris [R. 20]). Davon kann im Ergebnis aber überhaupt keine Rede sein, wenn ein Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers in erster Instanz teilt und die Rechtsfrage (bezogen auf ein privates Direktgeschäft) nicht höchstrichterlich geklärt ist.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

15

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

16

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.

17

Streitwert:

18

Zu berücksichtigen ist die Klageforderung in Höhe von 7.450,-- Euro (Zöller/Herget ZPO, 30. Aufl., § 3, Rn. 16 [Zug-um-Zug-Leistung]) und die Widerklageforderung (§ 45 Abs.1 S. 1 GKG). Zwar werden vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten grundsätzlich nur bei der Kostenentscheidung, nicht aber beim Streitwert berücksichtigt. Dies gilt aber dann nicht, wenn diese Kosten - wie vorliegend - im Wege des Schadensersatzes als Hauptanspruch geltend gemacht werden.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 11. Juni 2014 - 1 U 8/14 zitiert 11 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 13 Verbraucher


Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 280 Abgesonderte Verhandlung über Zulässigkeit der Klage


(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird. (2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur H

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. März 2013 - VIII ZR 172/12

bei uns veröffentlicht am 13.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VIII ZR 172/12 Verkündet am: 13. März 2013 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2009 - V ZR 133/08

bei uns veröffentlicht am 16.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 133/08 Verkündet am: 16. Januar 2009 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B
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Landgericht Heidelberg Urteil, 19. Aug. 2016 - 3 S 1/16

bei uns veröffentlicht am 19.08.2016

Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 21.01.2016, Az. 23 C 228/15, im Kostenpunkt aufgehoben sowie im Übrigen wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten de

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VIII ZR 172/12 Verkündet am:
13. März 2013
Ermel
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird ein Kraftfahrzeug, das kurz zuvor eine sogenannte "Oldtimerzulassung"
erhalten hat, mit der Klausel "positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer
) im Original" verkauft, liegt darin eine Beschaffenheitsvereinbarung, dass
sich das Fahrzeug in einem Zustand befindet, der die erteilte positive Begutachtung
als Oldtimer (vgl. jetzt § 23 StVZO) rechtfertigt (Fortführung des Senatsurteils
vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280)
BGH, Versäumnisurteil vom 13. März 2013 - VIII ZR 172/12 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2013 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. April 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. Juni 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer Autohändlerin, Schadensersatz aufgrund des Ankaufs eines Oldtimers D. .
2
Die Beklagte hatte das erstmals im Jahr 1969 zugelassene Fahrzeug im Jahr 2004 von der Voreigentümerin erworben und dabei ein im Oktober 2001 ausgestelltes TÜV-Gutachten erhalten, das die Erteilung einer Plakette über die Hauptuntersuchung unter anderem wegen erheblicher Korrosionsschäden am Rahmen und tragenden Teilen abgelehnt hatte; diese Schäden hatte die Voreigentümerin nicht beseitigt.
3
Die Beklagte legte das Fahrzeug am 28. Oktober 2004 zunächst still. Am 12. Oktober 2005 ließ sie es zum Zweck der Begutachtung nach § 21c StVZO aF beim TÜV Singen vorführen. Dieser beanstandete Korrosionsschäden an Rahmen und tragenden Teilen sowie unsachgemäß durchgeführte Schweißarbeiten und ordnete die Wiedervorführung des Fahrzeugs nach Behebung der festgestellten Mängel an. Am 14. Oktober 2005 stellte die Beklagte das Fahrzeug erneut vor und erhielt nunmehr eine die Hauptuntersuchung ersetzende positive Begutachtung nach § 21c Abs. 1 Satz 5 StVZO. Das an diesem Tag erteilte Gutachten enthält den Hinweis "Korrosionsspuren am Unterboden sichtbar ; wurde mehrfach geschweißt".
4
Die Beklagte inserierte das Fahrzeug im Internet unter anderem mit dem Hinweis, dass die Karosserie komplett überarbeitet und neu lackiert sei und das Fahrzeug über eine Oldtimerzulassung verfüge. Der Kläger ließ das Fahrzeug am 17. November 2005 von dem Sachverständigen M. untersuchen, dem dabei auch das TÜV-Gutachten vom 14. Oktober 2005 zur Verfügung gestellt wurde. Der Sachverständige bewertete das Fahrzeug insgesamt mit der Zustandsnote 3 ("Normale Spuren der Jahre. Kleinere Mängel, aber voll fahrbereit. Keine Durchrostungen. Keine sofortigen Arbeiten notwendig. Nicht schön, aber gebrauchsfertig.") und führte in seinem Gutachten aus: "Anmerkungen zur Fahrzeugunterseite Die Begutachtung konnte nur nach der äußeren Inaugenscheinnahme erfolgen. Daher verbleibt ein Risiko auf eventuell verdeckte Mängel, die erst nach einer entsprechenden umfangreichen Demontage diverser Bauteile, oder einer Prüfung der Hohlräume mittels Endoskop, erkennbar und genauer beurteilbar sind. … 7.9.1. Fahrzeugboden/Rahmenbodenanlage Der Fahrzeugboden ist weitestgehend ohne erkennbare, gravierende Rostschäden. Anrostungen an Blechfalzen sind stellenweise erkennbar. Im Bereich der tragenden Teile (Querträger vorn rechts ersetzt, Verstärkungsböden der vorderen Radhäuser, Schwellerspitzen vorn und hinten, Längsträger im Bereich der Längslenkeraufnahmen, sowie beide hintere Endspitzen) sind Schweißarbeiten ausgeführt worden. Qualitativ sind sie als Reparaturschweißungen anzusehen und erreichen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die Haltbarkeit von aufwändigem, vollständigem Er- satz korrodierter Rahmenteile…"
5
Am 6. Dezember 2005 kaufte der Kläger das Fahrzeug für 17.900 €. Die dem Kaufvertrag zugrunde liegende "Verbindliche Bestellung" enthält die handschriftlichen Zusätze "positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer) im Original" sowie "ohne Gewährleistung". Die Rubrik "Das Fahrzeug ist fahrbereit" ist mit "ja" angekreuzt. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 10. Dezember 2005 übergeben; zu diesem Zeitpunkt erhielt er auch die beiden negativen TÜV-Berichte aus den Jahren 2001 und 2005.
6
Im September 2007 wurde der Kläger anlässlich verschiedener durchzuführender Arbeiten auf erhebliche Durchrostungsschäden aufmerksam. Der von ihm daraufhin eingeschaltete Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass an dem Fahrzeug massive Korrosionsschäden nicht fachgemäß repariert und durch starken Auftrag von Unterbodenschutz kaschiert worden seien. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung vergeblich zur Beseitigung der festgestellten Mängel auf.
7
Der Kläger begehrt Zahlung der nach seiner Behauptung für die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Oldtimers erforderlichen Kosten, insgesamt 34.344,75 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 33.300 € stattgegeben und die weitergehende Klagesowie die auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Widerklage abge- wiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat Erfolg.
9
Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden , da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

10
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
11
Dem Kläger stehe kein Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach § 437 Nr. 3, § 281 BGB zu, weil die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt nicht getroffen hätten. Aus der Formulierung im schriftlichen Kaufvertrag "positive Begutachtung gemäß § 21c StVZO (Oldtimer) im Original" könne der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Bei verständiger Würdigung sei damit lediglich die Aushändigung des Dokuments vom 14. Oktober 2005 (Begutachtung nach § 21c StVZO) gemeint. Dieses Dokument habe der Kläger erhalten. Ein weitergehender Inhalt als die reine Beschaffung der Bescheinigung sei der Vereinbarung nicht beizumessen; dies folge aus der Formulierung "im Original". Zudem habe der Kläger nicht erwarten können, dass die Beklagte für vom TÜV nicht entdeckte Rostschäden habe einstehen wollen. Dass es das Risiko verdeckter Mängel gegeben habe, sei dem Kläger aufgrund des von ihm vor dem Abschluss des Kaufvertrages eingeholten "Classic-DATA" Gutachtens bewusst gewesen.
12
Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zu. Eine solche Haftung komme angesichts des Vorrangs der Gewährleistungsvorschriften nur im Fall arglistigen Verhaltens in Betracht, das der Beklagten indes nicht zur Last falle.

II.

13
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein auf Erstattung von Reparaturkosten gerichteter Schadensersatzanspruch gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB nicht verneint werden.
14
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erschöpft sich die Bedeutung der im schriftlichen Kaufvertrag enthaltenen Klausel "positive Begutachtung nach § 21c StVZO (Oldtimer) im Original" nicht in einer Verpflichtung zur Aushändigung einer entsprechenden Bescheinigung des TÜV. Vielmehr haben die Parteien damit eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin geschlossen, dass das Fahrzeug sich in einem Zustand befindet, der die wenige Wochen vor Abschluss des Kaufvertrages auf Veranlassung der Beklagten erfolgte positive Begutachtung als Oldtimer nach § 21c StVZO rechtfertigt.
15
Allerdings obliegt die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der Würdigung des Tatrichters, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt auf die Verletzung von gesetzlichen oder allgemein anerkannten Auslegungsregeln, Denkgesetzen und Erfahrungssätzen überprüft werden kann (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 7. November 2011 - VIII ZR 213/00, NJW 2002, 506 unter II 1 mwN). Ein derartiger Rechtsfehler ist dem Berufungsgericht hier aber unterlaufen. Denn seine Annahme, mit der im Kaufvertrag über die positive TÜVBegutachtung getroffenen Vereinbarung werde lediglich eine Verpflichtung zur Übergabe einer entsprechenden Bescheinigung begründet, aber keine Beschaffenheitsvereinbarung über einen die Erteilung der Bescheinigung rechtfertigenden Zustand des Fahrzeugs getroffen, ist mit dem Grundsatz der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung nicht zu vereinbaren.
16
Bei der Zulassung nach § 21c StVZO aF (so genannte "Oldtimerzulassung" , vgl. jetzt § 23 StVZO) handelt es sich um eine besondere Zulassung für Fahrzeuge, die mindestens 30 Jahre alt sind und aufgrund ihres Pflege- und Erhaltungszustands als "kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut" angesehen werden können. Voraussetzung für eine derartige Zulassung ist das Gutachten eines amtlichen Prüfers, das einen entsprechenden Pflege- und Erhaltungszustand des Fahrzeugs feststellt. Unter anderem erfordert dies, dass die Hauptbaugruppen an den damaligen Originalzustand angelehnt oder zeitgenössisch ersetzt sind und das Fahrzeug mindestens die Zustandsnote 3 der für Oldtimer verwendeten Bewertungsstufen erhält (vgl. im Einzelnen die "Richtlinie für die Begutachtung von Oldtimer-Fahrzeugen", Verkehrsblatt 1997, S. 515, inzwischen ersetzt durch die Richtlinie zu § 23 StVZO vom 6. April 2011, Verkehrsblatt 2011, S. 257). Gleichzeitig ist im Rahmen der Begutachtung eine Hauptuntersuchung des Fahrzeugs nach § 29 StVZO durchzuführen (§ 21c Abs. 1 Satz 5 StVZO aF).
17
Die Interessen des Käufers, der ein Fahrzeug mit der Zusage einer "positiven Begutachtung nach § 21c StVZO" erwirbt, gehen - für den Verkäufer er- kennbar - dahin, dass die entsprechende amtliche Bescheinigung auch zu Recht erteilt wurde, dass mithin der Zustand des Fahrzeugs hinsichtlich der Verkehrssicherheit und der weitgehend originalen Beschaffenheit die Erteilung der "Oldtimerzulassung" rechtfertigt. Jedenfalls dann, wenn der Verkäufer - wie hier die Beklagte - kurze Zeit vor dem Weiterverkauf eine aktuelle Begutachtung des Oldtimers veranlasst und diese zum Gegenstand des Kaufvertrags macht, kann der Käufer berechtigterweise davon ausgehen, dass er mit der versprochenen "Oldtimerzulassung" nicht nur die formelle amtliche Erlaubnis zur Nutzung des Fahrzeugs im Straßenverkehr erhält, sondern dass ihm ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt wird, das die soeben erteilte Zulassung als Oldtimer aufgrund seines Erhaltungs- und Pflegezustandes auch zu Recht erhalten hat. Entsprechend hat der Senat für die ähnliche Interessenlage bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens unter der Abrede "TÜV neu" nicht nur das Versprechen des Verkäufers gesehen, eine Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO durchzuführen, sondern darüber hinaus eine Zusicherung nach § 459 Abs. 2 BGB aF angenommen , dass sich das Fahrzeug in dem nach § 29 StVZO geforderten Zustand befinde (Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff.).
18
Die Revision macht deshalb zu Recht geltend, dass der dem Kläger verkaufte Oldtimer nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt mit einem Sachmangel behaftet war. Denn nach dem vom Berufungsgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen U. befand sich der Wagen bereits im Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger wegen massiver Durchrostungen an Radhäusern und Innenschwellern in einem restaurationsbedürftigen Zustand ("Zustandsnote 5") und war deshalb nicht fahrbereit, so dass auch die kurz vor der Übergabe erfolgte TÜV-Prüfung nicht zu einem positiven Ergebnis hätte führen dürfen.
19
2. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Ein etwaiger Gewährleistungsausschluss stünde einem Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der eine positive Begutachtung nach § 21c StVZO ausschließenden Durchrostungen an tragenden Teilen schon deswegen nicht entgegen, weil ein zwischen den Kaufvertragsparteien vereinbarter Gewährleistungsausschluss nach der Rechtsprechung des Senats nicht für das Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit gilt (Senatsurteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31).

III.

20
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben ; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif und daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO), weil das Berufungsgericht - vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig - keine Feststellungen zur Schadenshöhe getroffen hat. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 04.09.2009 - 4 O 73/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.04.2012 - I-28 U 197/09 -

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird.

(2) Ergeht ein Zwischenurteil, so ist es in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen. Das Gericht kann jedoch auf Antrag anordnen, dass zur Hauptsache zu verhandeln ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 133/08 Verkündet am:
16. Januar 2009
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt, das nach
dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht
, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB und handelt
im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig.

b) Im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten hat die Vertragspartei diese
Pflichtwidrigkeit aber nicht schon dann, wenn sie nicht erkennt, dass ihre Rechtsposition
in der Sache nicht berechtigt ist, sondern erst, wenn sie diese Rechtsposition
auch nicht als plausibel ansehen durfte.
BGH, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 133/08 - OLG Köln
LG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Januar 2009 durch den Vorsitzender Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 26. Mai 2008 wird auf Kosten der Beklagten und Widerklägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die beklagte Bauträgerin kaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 8. September 2005 von dem Kläger ein mit einem abzubrechenden Gebäude bebautes Grundstück für 351.000 €. Das Grundstück sollte parzelliert und nach Bebauung mit sechs Einfamilienhäusern weiterverkauft werden. Die Beklagte sollte nach Vertragsschluss eine Bauvoranfrage einreichen. Weiter heißt es in dem Vertrag: "Sobald die Baugenehmigung zur Errichtung der Häuser nebst der Genehmigung zur Teilung des Grundbesitzes insgesamt in die entsprechende Zahl Baugrundstücke erteilt sind, ist der Kaufvertrag wirksam und die Vertragsbeteiligten zur Erbringung der ihnen obliegenden Leistung verpflichtet."
2
Der Vollzug des Vertrags stockte, weil ein Nachbar gegen den der Beklagten erteilten Bauvorbescheid Widerspruch einlegte. Außerdem machte, was dem Kläger zunächst unbekannt blieb, die zuständige Behörde mit einem Schreiben vom 13. Februar 2006 die Erteilung der für die vorgesehene Teilung des Grundstücks erforderlichen Genehmigung von dem vorherigen Abbruch der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück abhängig. Mit Rücksicht auf den Nachbarwiderspruch vereinbarten die Parteien am 20. Februar 2006 in einem notariell beurkundeten Ergänzungsvertrag eine Stundung des Kaufpreises bis zur Erteilung der Baugenehmigung und weiter "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht seitens des Käufers", dass "der aus abzuschließenden Weiterverkäufen zu zahlende Kaufpreis in voller Höhe vorzeitig an den Verkäufer zu zahlen ist". Zu diesem Zeitpunkt war die Baugenehmigung noch nicht beantragt.
3
Nach einem Schriftwechsel der Parteien wegen der Zahlung des Kaufpreises ließ der Kläger die Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 21. Juli 2006 und vom 3. August 2006 auffordern, den Kaufpreis bis zum 16. August 2006 zu zahlen. Dem leistete die Beklagte mit der Begründung nicht Folge, die Baugenehmigung sei wegen des schwebenden Widerspruchsverfahrens und der fehlenden Teilungsgenehmigung noch nicht erteilt worden. Die Erteilung der Teilungsgenehmigung setze den vorherigen Abriss der Gebäude voraus.
4
Mit Schreiben vom 23. August 2006 teilte die Bauaufsichtsbehörde dem Kläger auf dessen Anfrage hin mit, dass ein Bauantrag noch nicht gestellt worden sei. Die Beklagte ließ ihm mit einem Schreiben vom 5. September 2006 mitteilen, die Bauanträge seien selbstverständlich eingereicht. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 12. September 2006 unter Hinweis auf treuwidriges Verhalten der Beklagten den Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag.
5
Gegen die auf Rückabwicklung des - inzwischen vollzogenen - Kaufvertrags und auf Löschung eines Grundpfandrechts zugunsten eines Gläubigers der Beklagten gerichtete, rechtskräftig abgewiesene Klage hat die Beklagte Widerklage erhoben und von dem Kläger Ersatz der Kosten für ihre Verteidigung gegen sein Zahlungsverlangen in Höhe von 3.301,20 € und gegen seinen Rücktritt in Höhe von 1.660,60 € verlangt. Das Landgericht hat die Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher diese ihre Ansprüche weiterverfolgt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht hält die Widerklage für unbegründet. Ein allein in Betracht kommender Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitere an einer Pflichtverletzung des Klägers. Zwar seien sowohl die Zahlungsaufforderung des Klägers als auch sein Rücktritt in der Sache nicht gerechtfertigt gewesen, weil der Kaufpreis weder zum ersten noch zum zweiten Zeitpunkt fällig gewesen sei. Das begründe aber allein eine Pflichtverletzung nicht. Zwar habe der Bundesgerichtshof anerkannt, dass die unberechtigte Geltendmachung gewerblicher Schutzrechte Schadensersatzansprüche auslösen könne. Das lasse sich aber nicht verallgemeinern. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche löse in anderen Fällen ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine Schadensersatzverpflichtung aus. Wäre es anders, würde die Geltendmachung von Ansprüchen mit einem hohen Haftungsrisiko belastet und damit unzumutbar erschwert. Dieser Wertung stehe auch das Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichts- hofs vom 23. Januar 2008 (VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147) nicht entgegen. Darin habe der Bundesgerichtshof zwar entschieden, dass eine unberechtigte Aufforderung zur Beseitigung von Mängeln eine Schadensersatzhaftung auslösen könne. Er habe aber offen gelassen, ob das auch in anderen Fallgestaltungen gelte. Hier sei der Kläger nicht gehalten gewesen, von seinem Zahlungsverlangen Abstand zu nehmen. Nach den ihm bekannten Umständen habe er annehmen dürfen, die Beklagte vereitele die Erteilung der Baugenehmigung. Im Ergebnis genauso liege es bei dem unberechtigten Rücktritt. Eine unberechtigte Kündigung werde zwar als Pflichtverletzung angesehen. Diese Rechtsprechung sei aber für Mietverhältnisse entwickelt worden, bei denen eine unberechtigte Kündigung häufig ein existentielles Problem darstelle. Sie lasse sich nicht verallgemeinern. In anderen Fällen löse auch der unberechtigte Rücktritt nur bei Hinzutreten besonderer Umstände eine Schadensersatzhaftung aus. Daran fehle es hier.

II.

7
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
8
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich ein Anspruch der Beklagten auf Ersatz ihrer vorprozessualen Rechtsverteidigungskosten nur aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten ergeben kann. Die Geltendmachung unberechtigter Ansprüche und nicht bestehender Rechte kann zwar unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten zu einem Ersatzanspruch führen (dazu BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458). Liegt sie aber - wie hier - darin, dass der eine Partner eines (gegenseitigen) Vertrags aus diesem Vertrag Ansprüche gegen den anderen Partner und Gestaltungsrechte ableitet, die ihm nach dem Vertrag nicht zustehen, kommt allein ein Anspruch aus der Verletzung vertraglicher Pflichten in Betracht.
9
2. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht schon die für eine Haftung des Klägers nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Pflichtverletzung. Diese liegt vor.
10
a) Zutreffend geht es allerdings davon aus, dass der Kläger von der Beklagten weder am 21. Juli 2006 noch am 3. August 2006 Zahlung des Kaufpreises verlangen konnte. Er war deshalb auch zu dem am 12. September 2006 erklärten Rücktritt von dem Kaufvertrag nicht berechtigt. Das lässt sich zwar nur hinsichtlich des Rücktritts schon aus der rechtskräftigen Abweisung der (auf Zustimmung zur Aufhebung des Kaufvertrags und Löschung eines von der Beklagten bestellten Grundpfandrechts gerichteten) Klage ableiten, folgt aber auch im Übrigen daraus, dass die Klage zu Recht abgewiesen worden ist. Der Kaufpreis war nicht fällig, weil die Baugenehmigung noch nicht erteilt und ihre Erteilung von der Beklagten nicht treuwidrig hintertrieben worden war. Das wird von den Parteien nicht angegriffen.
11
b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber in seiner weiteren Überlegung, es fehle dennoch schon an einer Pflichtverletzung, weil der Kläger Grund zu der Annahme gehabt habe, ihm stehe der Kaufpreis zu und er dürfe wegen des Ausbleibens der Zahlung zurücktreten. Beides ändert an der Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nichts.
12
aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, das ist dem Berufungsgericht zuzugeben, anerkannt, dass allein in der Erhebung einer Klage oder in der sonstigen Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte weder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB (BGHZ 36, 18, 20 f.; 74, 9, 15 f.; 95, 10, 18 ff.; 118, 201, 206; 148, 175, 181 f.; 154, 269, 271 ff.; 164, 1, 6; BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148) noch eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung gesehen werden kann (Senat, BGHZ 20, 169, 172; BGH, Urt. v. 20. März 1979, VI ZR 30/77, NJW 1980, 189, 190, insoweit in BGHZ 75, 1 nicht abgedruckt; Urt. v. 4. November 1987, IVb ZR 83/86, NJW 1988, 2032, 2033; Senat, Urt. v. 12. November 2004, V ZR 322/03, NJW-RR 2005, 315, 316; BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; vgl. auch Zeiss, NJW 1967, 703, 706 f., a.A. Becker-Eberhard, Grundlagen der Kostenerstattung, 1985, S. 99 ff.; Haertlein, Exekutionsintervention und Haftung, 2008, S. 352 ff.; Kaiser NJW 2008, 1709, 1710 f.). Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren Betreibende außerhalb der im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht, weil der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Ein dadurch nicht abgedeckter Schaden ist damit auch materiellrechtlich nicht ersatzfähig (Senat, BGHZ 20, 169, 172; BGHZ 74, 9, 15; 118, 201, 206). Diese Rechtsprechung wird wesentlich von der Überlegung bestimmt , dass andernfalls der freie Zugang zu staatlichen Rechtspflegeverfahren, an dem auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise eingeschränkt würde.
13
bb) Richtig ist weiter, dass diese Überlegung teilweise auf die außergerichtliche Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung übertragen wird (KG, Urt. v. 18. August 2005, 8 U 251/04, juris, Rdn. 142, im Ergebnis bestätigt durch BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2006, IX ZR 167/05, juris; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 746; Bamberger/Roth/Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 241 Rdn. 54), und zwar auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 25. Oktober 1995, VIII ZR 258/94, NJW 1996, 389, 390; Beschl. v.
7. Dezember 2006, aaO; vor allem aber im Vorlagebeschluss v. 12. August 2004, I ZR 98/02, NJW 2004, 3322, 3323). Für diese Gleichstellung, die nicht immer näher begründet wird, werden im Wesentlichen zwei Argumente angeführt : Zum einen könne die außergerichtliche Geltendmachung von in Wirklichkeit nicht bestehenden Ansprüchen und Rechten nicht anders behandelt werden als deren gerichtliche Geltendmachung. Zum anderen gebe es auch in bestehenden Schuldverhältnissen ein Recht, in subjektiv redlicher Weise - wenn auch unter fahrlässiger Verkennung der Rechtslage - Ansprüche geltend zu machen, die sich als unberechtigt erwiesen (KG aaO).
14
cc) Das erste Argument hat der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 15. Juli 2005 (BGHZ 164, 1) zurückgewiesen. Anlass war der erwähnte Vorlagebeschluss des I. Zivilsenats vom 12. August 2004 (I ZR 98/02, aaO), mit welchem dieser die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung in Frage gestellt hat. Nach dieser Rechtsprechung kann eine unberechtigte außergerichtliche Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition sowohl des Verwarnten als auch desjenigen Gewerbetreibenden darstellen, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGHZ 2, 387, 393; 38, 200, 204 ff.; 62, 29, 31ff.; 164, 1, 5 f.; BGH, Urt. v. 23. Februar 1995, I ZR 15/93, NJW-RR 1995, 810, 811; Urt. v. 30. November 1995, IX ZR 115/94, NJW 1996, 397, 398, insoweit nicht in BGHZ 131, 233 abgedruckt ; Urt. v. 13. April 2000, I ZR 220/97, NJW 2000, 3716, 3717; RGZ 58, 24, 30 f.). Erfolgt der Eingriff unmittelbar durch Anrufung der Gerichte, entfällt - wie auch sonst - die Haftung (BGHZ 164, 1, 6). Diese Privilegierung findet ihrer Rechtfertigung zum einen in einer förmlichen Beteiligung des zu Unrecht in Anspruch Genommenen an dem gerichtlichen Verfahren und zum anderen in der verschuldensunabhängigen Haftung des Klägers nach §§ 717 Abs. 2, 945 ZPO für den Fall einer Vollstreckung aus einem später geänderten vorläufig vollstreckbaren Urteil (BGHZ 164, 1, 7 f.). An beidem fehlt es, wenn eine unberechtigte Verwarnung außergerichtlich erfolgt. Bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen liegt es nicht anders.
15
dd) Das teilweise angenommene, von dem Berufungsgericht so genannte "Recht auf Irrtum" bei der unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten erkennt der Bundesgerichtshof bei bestehenden Schuldverhältnissen nicht an. Er geht im Gegenteil davon aus, dass sie gerade hier im Grundsatz pflichtwidrig ist.
16
(1) Anerkannt ist das, was auch das Berufungsgericht nicht übersieht, für die unberechtigte Kündigung. Kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, ohne dass ein Kündigungsgrund besteht, kann er zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sein (BGHZ 89, 296, 301 ff.; BGH, Urt. v. 14. Januar 1988, IX ZR 265/86, NJW 1988, 1268, 1269; Urt. v. 18. Mai 2005, VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395, 2396). Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter, ohne zu kündigen, unberechtigt Räumung verlangt (BGH, Urt. v. 28. November 2001, XII ZR 197/99, NJW-RR 2002, 730, 731). Das ergibt sich in diesen Fallkonstellationen allerdings schon daraus, dass der Vermieter mit der Kündigung bzw. dem Räumungsverlangen das Besitzrecht des Mieters in Frage stellt und damit zugleich seine eigene vertragliche Leistungspflicht zur Überlassung der Mietsache verletzt. Ähnlich liegt es bei dem Käufer, der den Vertrag unberechtigt "annulliert" (RGZ 57, 105, 113), oder dem Verkäufer, der sich unberechtigt weigert, den Käufer weiter zu beliefern (RGZ 67, 313, 317). Auf einen solchen - bei der Geltendmachung von nicht bestehenden Ansprüchen fehlenden - Bezug zu der Nichterfüllung eigener Leistungspflichten kommt es aber nicht entscheidend an. Vielmehr kommt eine Haftung auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann in Betracht, wenn eine Vertragspartei, ohne eigene Leistungspflichten zu verletzen, unberechtigte Ansprüche an die andere Vertragspartei stellt (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006, VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 f.; ebenso OLG Braunschweig, OLG-Report 2001, 196, 198; LG Zweibrücken NJW-RR 1998, 1105, 1106; AG Münster NJW-RR 1994, 1261, 1262 [für cic]; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 280 Rdn. 27; Hösl, Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung , 2004, S. 85 f.; Kaiser, NJW 2008, 1709, 1711). Dies hat der Bundesgerichtshof bei einem unberechtigten Mängelbeseitigungsverlangen angenommen (Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Für ein unberechtigtes Zahlungsverlangen gilt nichts anderes.
17
(2) Eine Vertragspartei, die von der anderen Vertragspartei etwas verlangt , das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das nicht besteht, verletzt ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; a.A. Hösl, aaO, S. 34: Leistungstreuepflicht). Danach hat jede Vertragspartei auf die Rechte und Interessen der anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Zu diesen Rechten und Interessen gehört auch das Interesse des Schuldners, nicht in weitergehendem Umfang in Anspruch genommen zu werden als in dem Vertrag vereinbart. Wie der Gläubiger von dem Schuldner die uneingeschränkte Herbeiführung des Leistungserfolgs beanspruchen kann, darf der Schuldner von dem Gläubiger erwarten, dass auch er die Grenzen des Vereinbarten einhält (im Ergebnis ebenso Hösl aaO; Haertlein, MDR 2009, 1, 2; zu dem Argument der Waffengleichheit auch derselbe in Exekutionsintervention und Haftung, 2008, S. 362 f., 383 ff.).
18
ee) Nach diesen Maßstäben waren sowohl die Aufforderung des Klägers an die Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises als auch sein Rücktritt vom Ver- trag nicht nur sachlich unbegründet, sondern auch im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig.
19
3. Eine Haftung des Klägers aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil er nicht fahrlässig gehandelt und die Verletzung seiner Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht zu vertreten hat.
20
a) Fahrlässig handelt der Gläubiger nämlich nicht schon dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist. Die Berechtigung seiner Forderung kann sicher nur in einem Rechtsstreit geklärt werden. Dessen Ergebnis vorauszusehen kann von dem Gläubiger im Vorfeld oder außerhalb eines Rechtsstreits nicht verlangt werden. Das würde ihn in diesem Stadium der Auseinandersetzung überfordern und ihm die Durchsetzung seiner Rechte unzumutbar erschweren (Haertlein, MDR 2009, 1, 2 f.). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entspricht der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr schon dann, wenn er prüft, ob die Vertragsstörung auf eine Ursache zurückzuführen ist, die dem eigenen Verantwortungsbereich zuzuordnen, der eigene Rechtsstandpunkt mithin plausibel ist (vgl. BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Mit dieser Plausibilitätskontrolle (ähnlich Kaiser, NJW 2008, 1709, 1712: Evidenzkontrolle) hat es sein Bewenden. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger die sich aus einer Pflichtverletzung ergebenden Rechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt (BGH, Urt. v. 23. Januar 2008, aaO; Haertlein, MDR 2009, 1, 2).
21
b) Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger weder sein unberechtigtes Zahlungsverlangen noch seinen unberechtigten Rücktritt zu vertreten , weil er weder im einen noch im anderen Fall fahrlässig gehandelt hat.
22
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger Grund zu der Annahme, die Beklagte führe die Erteilung der Baugenehmigung als Voraussetzung der Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs treuwidrig nicht herbei. Er habe auch angesichts der ihm berichteten Bekundung von Erwerbsinteresse durch vier Käufer annehmen dürfen, der Nachbarwiderspruch habe in den seit der Änderung des Kaufvertrags verstrichenen Monaten erledigt werden können. Auf das Erfordernis seiner Zustimmung zum Abbruch der vorhandenen Bebauung sei er erst im Anschluss an seine Zahlungsaufforderungen hingewiesen worden, obwohl dies schon seit Monaten bekannt gewesen sei. Die Auskunft der Beklagten in ihrem Schreiben vom 5. September 2006, der Bauantrag sei "selbstverständlich" gestellt, habe den Verdacht des Klägers, die Erteilung der Baugenehmigung werde von der Beklagten hintertrieben, verstärken müssen. Durch eine Mitteilung der zuständigen Behörde vom 23. August 2006 sei er nämlich darüber unterrichtet worden, dass der Antrag bis dahin in Wirklichkeit nicht gestellt worden war. Das genügt der gebotenen Plausibilitätskontrolle.
23
bb) Diese Feststellungen hat das Berufungsgericht zwar nicht unter dem Gesichtspunkt der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt getroffen. Das ist aber unerheblich, weil es unter dem Gesichtspunkt besonderer Umstände, die aus seiner - von dem Senat nicht geteilten - Sicht für die Annahme einer Pflichtverletzung erforderlich sind, eine inhaltlich entsprechende Prüfung angestellt hat.
24
cc) Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (dazu: BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003, VI ZR 425/02, NJW-RR 2004, 425, 426; Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, Mitt- BayNot 2005, 395; Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242). Sie ist in diesem Rahmen entgegen der Annahme der Revision nicht zu beanstanden.
25
(1) Das Berufungsgericht habe, so meint die Revision, nicht gewürdigt, dass sich der Kläger in seiner Zahlungsaufforderung im Schreiben vom 21. Juli 2006 nicht darauf beschränkt habe, seine Ansicht darzustellen oder die Beklagte nur zur Zahlung aufzufordern. Vielmehr habe er der Beklagten eigene Obliegenheits - und Pflichtverletzungen vorgeworfen und mit der Rückabwicklung des Vertrags gedroht. Damit habe er sie bei ihren Vermarktungsbemühungen massiv behindert. Dabei übergeht die Revision, dass der Kläger die Beklagte in seinem Schreiben zunächst nur mit einem - durch das Schweigen der Beklagten zur Baugenehmigung zudem begründeten - Verdacht konfrontiert und ihr Gelegenheit gegeben hat, diesen Verdacht zu zerstreuen. Die Rückabwicklung des Vertrags war auch nur für den Fall angekündigt, dass sich die Beklagte weiterhin zum Stand des Baugenehmigungsverfahrens ausschweige. Damit genügte der Kläger der gebotenen Sorgfalt.
26
(2) Das Berufungsgericht habe, so rügt die Revision weiter, unberücksichtigt gelassen, dass die Auslegung der Fälligkeitsregelung im Kaufvertrag der Parteien nicht einfach zu durchschauen sei. Es habe sich auch nicht mit der Auslegung dieser Klausel befasst. Diese Überlegung stellt die Würdigung des Berufungsgerichts nicht in Frage; es bestätigt sie vielmehr. Wenn nämlich die Rechtslage schwierig zu überblicken und die eigene Rechtsposition jedenfalls vertretbar ist, muss sich der Gläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht zurückhalten; es kann ihm nicht vorgehalten werden, seinen eigenen Standpunkt zu vertreten (Urt. v. 23. Januar 2008, VIII ZR 246/06, NJW 2008, 1147, 1148). Dass dies mit - hier zudem nicht übertriebenem - Nachdruck geschieht, ändert daran nichts. Schon deshalb kam es nicht darauf an, wie die Klausel auszulegen ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht, wenn auch aus prozessualen Gründen, in Übereinstimmung mit der Sichtweise der Beklagten davon ausgegangen, dass die Fälligkeit nicht eingetreten war.
27
(3) Schließlich habe das Berufungsgericht die Rücksichtslosigkeit und Beharrlichkeit außer Betracht gelassen, mit der der anwaltlich vertretene Kläger an seiner Rechtsauffassung festgehalten habe. Diese Bewertung stützt die Revision auf den Umstand, dass der Kläger der Bitte der Beklagten um Verlängerung der im Schreiben vom 21. Juli 2006 gesetzten Äußerungsfrist nicht entsprochen , sondern sie erneut, diesmal unter Fristsetzung, zur Zahlung aufgefordert hat. Ob dieser Umstand die Bewertung der Revision trägt, ist zweifelhaft, kann aber offen bleiben. Es kommt nämlich nicht darauf an, in welcher Form der Kläger sein Anliegen vertritt, sondern darauf, ob er seinen Rechtsstandpunkt in der Sache für vertretbar halten durfte. Das ist nach den nicht zu beanstanden Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall.
28
4. Die von der Beklagten geltend gemachten Rechtsberatungskosten könnten schließlich auch nur ersatzfähig sein, wenn sie durch die Pflichtverletzung des Klägers adäquat kausal verursacht worden sind. Das kann wiederum nur angenommen werden, wenn damit zu rechnen war, dass die Beklagte Rechtsrat einholte, bevor sie sich mit dem von dem Kläger zur Begründung seines Vorgehens angeführten Verdacht befasste, sie hintertreibe die Erteilung der Baugenehmigung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senat, Urt. v. 18. Januar 2008, V ZR 174/06, NJW 2008, 1658, 1660). Das ist zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung, da eine Haftung des Klägers schon dem Grunde nach ausscheidet.

III.

29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.05.2007 - 4 O 548/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 26.05.2008 - 12 U 73/07 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.