Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12

bei uns veröffentlicht am09.11.2012

Tenor

Auf die (sofortige) Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 25.09.2012 teilweise abgeändert und wie folgt ergänzt:

Der Antragstellerin wird für das erstinstanzliche Verfahren zur Vertretung Rechtsanwalt H. aus C. beigeordnet.

Das Beschwerdeverfahren ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht der Antragstellerin für das Verfahren betreffend den schon vor Jahren ausgesetzten und jetzt wieder aufgenommenen Versorgungsausgleich Verfahrenskostenhilfe bewilligt.

2

Die Beiordnung des Rechtsanwalts H. hat es mangels Schwierigkeit der Sache abgelehnt. Der dagegen eingelegten Beschwerde der Antragstellerin hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

3

Die zulässige sofortige Beschwerde ist nach §§ 76, 78 FamFG, 114ff ZPO begründet; sie führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Der Antragstellerin ist Rechtsanwalt H. zur Vertretung beizuordnen.

4

Wie der Senat bereits in dem Verfahren 3 WF 259/12 - Beschluss vom 07.11.2012 - entschieden hat, können Verfahren mit dem Gegenstand Versorgungsausgleich im Tatsächlichen und Rechtlichen nicht nur schwierig, sondern auch höchst kompliziert sein. Das ergibt bereits der Blick auf solche Verfahren, die z.B. den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Falle des Todes eines Beteiligten oder die Frage des Verhältnisses von § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG zum Gegenstand haben.

5

Weiter hat der Senat dort ausgeführt: „… Schwierig erweisen sich für die Beteiligten aber auch die sonstigen Verfahren, die sich für den Juristen auf den ersten Blick als einfach und standardmäßig abzuarbeitende Fälle darstellen, bei denen es „nur“ um die interne Teilung in der Ehezeit erworbener gesetzlicher Rentenanwartschaften geht. Denn auch hier zeigen sich im Tatsächlichen und Rechtlichen Schwierigkeiten. Das wird sichtbar einerseits schon an der Vielzahl und dem Umfang der von den Beteiligten auszufüllenden Formulare, wofür die Rentenversicherungsträger im Zusammenhang mit außerhalb von gerichtlichen Verfahren für Rentenzwecke durchzuführenden Kontenklärungen Beratungsstellen für die Bürger zur Verfügung stellen.

6

Schwierigkeiten ergeben sich auch in den Verfahren selbst mit den von den Rentenversicherungsträgern zu den Akten gereichten umfangreichen und für den „ungeübten“ Laien vom Umfang und Inhalt her kaum nachvollziehbaren Berechnungen. Angesichts solcher Schwierigkeiten liegt es nicht fern, dass auch ein bemittelter „ungeübter“ Beteiligter in aller Regel anwaltlichen Rat suchen wird…

7

Mit Rücksicht darauf und mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Anwaltsbeiordnung in Abstammungsverfahren schätzt der Senat deshalb auch die Verfahren betreffend den Versorgungsausgleich regelmäßig als schwierig ein. Dort hat der BGH ausgeführt:

8

„…Die vorstehenden Gesichtspunkte zeigen, dass es sich bei dem Anfechtungsverfahren um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt, das die Beiordnung eines Rechtsanwalts als geboten erscheinen lässt (so zu dem bis August 2009 für die Abstammungsverfahren geltenden § 121 Abs. 2 ZPO Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Rn. 9; s. auch Senatsbeschluss vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - FamRZ 2010, 1243 Rn. 21; zum neuen Recht noch offen gelassen in Senatsbeschluss BGHZ 186, 70 = FamRZ 2010, 1427 Rn. 19).

9

Zwar hat der Senat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2010 ausgeführt, dass sich die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung nach den Umständen des Einzelfalles beurteile und die gebotene einzelfallbezogene Prüfung eine Herausbildung von Regeln, nach denen dem mittellosen Beteiligten für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen ist, nur in engen Grenzen zulasse (BGHZ 186, 70 = FamRZ 2010, 1427 Rn. 18). Da sich die Rechtslage im Vaterschaftsanfechtungsverfahren aber regelmäßig als schwierig im Sinne von § 78 Abs. 2 FamFG erweist und sich zu Beginn des Verfahrens nicht sicher einschätzen lässt, welche der vorerwähnten Schwierigkeiten im weiteren Verfahren möglicherweise auftreten werden, sind die vom Senat benannten Grenzen für eine pauschal anzunehmende Erforderlichkeit der Beiordnung gewahrt…(vgl. BGH FamRZ 2012, 1290)…“

10

Mit Rücksicht darauf war eine Korrektur der angefochtenen Entscheidung geboten.

11

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 76 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses nach Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG.


Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 18 Geringfügigkeit


(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 78 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten au
Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 18 Geringfügigkeit


(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 76 Voraussetzungen


(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 78 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten au

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Verfahrensgegenstands (Verfahrenswert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Referenzen - Urteile

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Nov. 2012 - 3 WF 257/12 (VKH), 3 WF 257/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - XII ZB 27/07

bei uns veröffentlicht am 11.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 27/07 vom 11. September 2007 in der Prozesskostenhilfesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein ZPO § 121 Abs. 2 Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist dem Beklagten, dem Prozesskostenhilfe

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2010 - XII ZB 60/09

bei uns veröffentlicht am 02.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 60/09 vom 2. Juni 2010 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 114; ZPO a.F. § 640 e Abs. 1; FamFG §§ 27, 34 Abs. 1, 172 Abs. 1 Wenn die Kindesmutter einem Verfahren auf A

Referenzen

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 27/07
vom
11. September 2007
in der Prozesskostenhilfesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist dem Beklagten, dem Prozesskostenhilfe
bewilligt wird, wegen der Bedeutung der Statusfeststellung auf seinen Antrag
regelmäßig sogleich (und nicht erst nach Eingang eines die Vaterschaft
bejahenden Abstammungsgutachtens) ein Rechtsanwalt beizuordnen.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - KG Berlin
AG Pankow/Weißensee
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 31. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Pankow/Weißensee zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Der Beklagte wird von der Klägerin auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts in Anspruch genommen. Das Familiengericht bewilligte ihm Prozesskostenhilfe, wies seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch mit der Begründung ab, eine anwaltliche Vertretung sei im vorliegenden Amtsermittlungsverfahren nicht erforderlich (§ 121 Abs. 2 ZPO). Seine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Kammergericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2007, 1472 f. veröffentlicht ist, zurück. Mit seiner vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Beiordnung seines Dresdner Rechtsanwalts weiter.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.
3
1. Der von der Rechtsbeschwerde formulierte Antrag, dem Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Familiengerichts und des Kammergerichts Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war umzudeuten. Prozesskostenhilfe ist dem Beklagten bereits bewilligt. Wie der Rechtsbeschwerdebegründung eindeutig zu entnehmen ist, richtet sich die Rechtsbeschwerde allein gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwaltes und damit gegen die Beschwer des Beklagten durch den angefochtenen Beschluss.
4
2. Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde die vom Beschwerdegericht auch schon früher (DAVorm 1999, 201 f.) und nach seiner Darstellung in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, im Vaterschaftsfeststellungsverfahren sei die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für den als Vater in Anspruch Genommenen nicht im Sinne des § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich, jedenfalls nicht, solange das einzuholende Abstammungsgutachten - wie hier - noch nicht vorliege.
5
Insoweit führt das Beschwerdegericht aus, bis dahin brauche der Beklagte nichts weiter zu veranlassen, als seiner Verpflichtung aus § 372a Abs. 1 ZPO nachzukommen und an der Begutachtung mitzuwirken. Auch gewährten ihm das Verbot eines Versäumnisurteils (§ 612 Abs. 4 ZPO) und die in Kindschaftssachen geltende Amtsermittlungspflicht (§§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO) hinreichenden Schutz. Zwar komme es für die Frage, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich sei, auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf den Umfang, die Schwierigkeit und die Bedeutung der Sache sowie auf die Person des Antragstellers und insoweit vor allem auf seine Gewandtheit. Besondere Umstände, die die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderten, lägen hier aber derzeit nicht vor. Dies gelte auch für den im Annexverfahren begehrten Regelunterhalt , zumal der Beklagte etwaige Einwendungen wegen § 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO erst mit einer Abänderungsklage nach § 654 ZPO geltend machen könne. Schließlich gebiete auch die dem klagenden Kind durch das Jugendamt gewährte Vertretung und Beratung keine Beiordnung eines Rechtsanwalts aus Gründen der Waffengleichheit.
6
3. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen und folgt vielmehr der in Rechtsprechung und Literatur wohl herrschenden Meinung (vgl. OLG Frankfurt NJW 2007, 230 f.; Zöller/Philippi ZPO 26. Aufl. § 121 Rdn. 6 m.N.; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 121 Rdn. 11 m.N.; Reichold in Thomas /Putzo ZPO 28. Aufl. § 121 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 4. Aufl. Rdn. 547 m.N.).
7
Auch im Amtsermittlungsverfahren darf die mittellose Partei nicht schlechter gestellt werden als eine Partei, die die Kosten des Rechtsstreits aufbringen kann (BVerfG FamRZ 2002, 531, 532).
8
Jedenfalls dann, wenn die Parteien des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens - wie hier - entgegengesetzte Ziele verfolgen, legt bereits die existentielle Bedeutung der Sache die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahe. Dies gilt erst recht, wenn damit eine Klage auf Zahlung des Regelunterhalts verbunden ist. Denn in einem Verfahren mit so weit reichender Bedeutung würde auch eine bemittelte Partei sich in der Regel eines Anwalts bedienen.
9
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erscheint im Vaterschaftsfeststellungsverfahren aber auch deshalb geboten, weil es sich um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt. Gerade mit http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE044003301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE045502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/sjy/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302892006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - seinem Hinweis, der Beklagte brauche nichts weiter zu tun als seiner Verpflichtung nach § 372a ZPO nachzukommen, verkennt das Beschwerdegericht, dass der Schutz des Beklagten insoweit allein durch die Möglichkeit gewährleistet ist, die Untersuchung zu verweigern und über die Rechtmäßigkeit dieser Weigerung nach § 372 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung der §§ 386 f. ZPO ein Zwischenurteil herbeizuführen (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04 - FamRZ 2006, 686, 688 = BGHZ 166, 283 ff.). Diese Möglichkeit ist aber einem juristischen Laien regelmäßig nicht bekannt.
10
Im vorliegenden Verfahren kommt hinzu, dass das Familiengericht sich - nach der Entscheidung des Kammergerichts - bei der Vernehmung der Kindesmutter mit der Angabe begnügt hat, sie habe mit dem Beklagten mehrmals "in der gesetzlichen Empfängniszeit" verkehrt, ohne nach weiteren Zeitangaben oder Umständen zu fragen, und mit der Abstammungsbegutachtung sodann entgegen § 404 Abs. 2 ZPO statt eines persönlich zu beauftragenden (vgl. dazu Zöller/Greger aaO § 404 Rdn. 1a) öffentlich bestellten Sachverständigen eine GmbH beauftragt hat. Dies als problematisch zu erkennen und daraus gegebenenfalls rechtliche Konsequenzen zu ziehen, wird dem Beklagten ohne rechtlichen Beistand ebenfalls kaum möglich sein.
11
Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde weiter darauf hin, dass Prozesskostenhilfe für die Instanz und nicht für einzelne Verfahrensabschnitte zu gewähren ist. Nichts anderes gilt für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 2 ZPO. Auch insoweit ist die Erforderlichkeit im Zeitpunkt des Eingangs des Prozesskostenhilfegesuchs im Wege der Prognose zu beurteilen. Sie kann nicht mit der Erwägung verneint werden, eine noch durchzuführende Beweisaufnahme könne zu dem Ergebnis führen, dass die Vaterschaft des Beklagten ausgeschlossen wird, und dessen anwaltliche Vertretung sich dann als nicht erforderlich erweisen werde.
12
4. Der Senat hält es für sachdienlich, die Auswahl des beizuordnenden Rechtsanwalts und die Bedingungen seiner Beiordnung dem erstinstanzlichen Tatrichter zu überlassen, und sieht deshalb davon ab, selbst darüber zu entscheiden. Die Sache wird deshalb zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückverwiesen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 28.11.2006 - 15 F 3854/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 31.01.2007 - 3 WF 7/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 60/09
vom
2. Juni 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wenn die Kindesmutter einem Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft zur
Wahrung ihrer eigenen Rechte auf Seiten des Kindes beitritt, ist die Rechtsverfolgung
regelmäßig nicht mutwillig i.S. der für Altverfahren noch anwendbaren
Vorschrift des § 114 Satz 1 ZPO, auch wenn sie keine weiteren Beiträge
zur Prozessförderung leisten kann.
BGH, Beschluss vom 2. Juni 2010 - XII ZB 60/09 - OLG Dresden
AG Dresden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juni 2010 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Nebenintervenientin der Beklagten wird der Beschluss des 21. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Dezember 2008 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Anfechtung der vom Kläger anerkannten Vaterschaft für die Beklagte.
2
Die Beklagte wurde am 5. April 2006 geboren, als ihre Mutter und Nebenintervenientin noch mit einem anderen Mann verheiratet war. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Riesa vom 9. Oktober 2006 wurde festgestellt, dass der - inzwischen rechtskräftig geschiedene - frühere Ehemann der Mutter nicht der Vater der Beklagten ist. Am 8. Dezember 2006 erkannte der Kläger die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter an.
3
Mit der im Oktober 2007 eingegangenen Klage hat der Kläger die Vaterschaft angefochten und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht von ihm abstammt. Inzwischen hat das Amtsgericht nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung und Einholung eines Abstammungsgutachtens mit Urteil vom 9. Februar 2009 festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater der Beklagten ist.
4
Schon vor der Beweisaufnahme war die Mutter mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hatte Prozesskostenhilfe beantragt. Das Amtsgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe versagt; das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
5
Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Mutter die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das amtsgerichtliche Verfahren, hilfsweise Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

II.

6
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 Tz. 7 m.w.N.).
7
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
8
1. Einem Nebenintervenienten kann nach seinem Beitritt ebenso wie einer Prozesspartei Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Dabei ist das Gericht auf der Grundlage der persönlichen Verhältnisse des Streithelfers an die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 114, 115 ZPO und für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 ZPO gebunden (BGH Beschluss vom 17. Januar 1966 - VII ZR 125/65 - NJW 1966, 597; vgl. auch BGH Beschluss vom 26. Februar 2008 - XI ZR 258/07 - veröffentlicht bei juris). Das gilt auch für einen Nebenintervenienten in einer Kindschaftssache (jetzt Abstammungssache). Da die Mutter in dem Prozess des Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft nach § 640 e ZPO a.F. zwingend zu beteiligen ist, unterscheidet sich ihre Stellung nach ihrem Beitritt zum Prozess insoweit nicht von derjenigen einer Partei des Rechtsstreits. Ihr ist deswegen wie einer Partei des Rechtsstreits und unter denselben Voraussetzungen Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das gilt auch für Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz. Auch in solchen Verfahren darf eine mittellose Partei nicht schlechter gestellt werden als eine Partei, die die Kosten des Rechtsstreits selbst aufbringen kann (BVerfG FamRZ 2002, 531, 532). Einem Nebenintervenienten im Vaterschaftsanfechtungsverfahren kann die begehrte Prozesskostenhilfe aber versagt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig ist (§ 114 ZPO). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt dann nicht vor (BVerfGE 9, 256; Staudinger/Rauscher BGB (2004) § 1600 e Rdn. 103).
9
a) Streitig ist allerdings, ob der Beitritt der Mutter in einem Verfahren des Vaters auf Anfechtung der Vaterschaft mutwillig ist, wenn keine konkrete Unterstützung der Prozesspartei möglich oder beabsichtigt ist.
10
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, die durch den Beitritt der Mutter erfolgte Prozessführung sei mutwillig, wenn die Abstammung des Kindes nur durch ein Gutachten zu klären sei und die Nebenintervenientin keinen Einfluss auf den Prozess habe (OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 485 und OLG Düsseldorf DAVorm 1982, 478). Die Prozessführung durch den Nebenintervenienten sei auch dann mutwillig, wenn das Kind im Rahmen einer Ergänzungspflegschaft durch das sachkundige Jugendamt vertreten werde und deswegen eine zusätzliche Rechtsverfolgung durch die Mutter zur Wahrung der Rechte des Kindes nicht erforderlich sei (OLG Celle DAVorm 1993, 589 und OLG Hamm DAVorm 1991, 772). Der Mutter sei Prozesskostenhilfe stets zu versagen, wenn sie einem der Sache nach "unstreitigen" Ehelichkeitsanfechtungsprozess beitreten wolle, aber weder eigene Interessen oder Interessen der unterstützten Partei wahren noch selbständige Beiträge zur Prozessförderung leisten könne (OLG Düsseldorf - 3. Zivilsenat - FamRZ 1995, 1506 f.).
11
bb) Nach anderer Auffassung ist entscheidend darauf abzustellen, dass die dem Anfechtungsprozess beitretende Mutter wie eine Partei des Anfechtungsprozesses zu behandeln ist. Ihr sei deswegen auf Antrag regelmäßig Prozesskostenhilfe zu bewilligen (OLG Düsseldorf - 1. Senat für Familiensachen - FamRZ 2001, 1467, 1468; OLG Koblenz FamRZ 1986, 1233; OLG Frankfurt FamRZ 1984, 1041, 1042; OLG Stuttgart DAVorm 1984, 610 und OLG Bremen AnwBl. 1981, 71). Im Rahmen der zu bewilligenden Prozesskostenhilfe sei der Mutter ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich scheine oder auch der Gegner durch einen Anwalt vertreten sei (OLG Hamm FamRZ 1991, 347 f.). Der Grundsatz der Waffengleichheit sei nicht bereits dadurch gewahrt, dass die Partei, die der Streithelfer unterstütze, anwaltlich oder sachkundig vertreten werde (OLG Köln FamRZ 2002, 1198).
12
b) Der Senat schließt sich für das bis August 2009 geltende Recht der zuletzt genannten Auffassung an.
13
aa) Nach § 1599 Abs. 1 BGB kann eine gemäß § 1592 Nr. 1 und 2 BGB bestehende Vaterschaft gerichtlich angefochten werden. Anfechtungsberechtigt sind nach § 1600 Abs. 1 BGB u.a. der Mann, dessen Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht, die Mutter und das Kind. Dabei handelte es sich nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht um eine Kindschaftssache (§ 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.; jetzt Abstammungssache nach § 169 Nr. 1 FamFG), in der das Urteil, sofern es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, für und gegen alle wirkt (§ 640 h Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. jetzt § 184 Abs. 2 Satz 1 FamFG; vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - FamRZ 2007, 3062 Tz. 15). Die Entscheidung wirkt also auch für und gegen die an dem Rechtsstreit nicht als Partei beteiligte Mutter des beklagten Kindes, auf deren Rechtsstellung sie dadurch mittelbar einwirkt. Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat die Mutter deshalb auch im Anfechtungsverfahren des Vaters Anspruch auf rechtliches Gehör (BVerfGE 21, 132, 137 m.w.N.). Dem trägt § 640 e ZPO a.F. Rechnung (vgl. jetzt §§ 27, 34 Abs. 1, 172 Abs. 1 Nr. 2 FamFG). Danach ist in einer Kindschaftssache ein Elternteil, der an dem Rechtsstreit nicht als Partei beteiligt ist, zwingend am Verfahren zu beteiligen und unter Mitteilung der Klage zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden. Der Elternteil kann der einen oder anderen Partei zu ihrer Unterstützung beitreten (§ 640 e Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F.; jetzt § 27 FamFG). Einen solchen Beitritt hat die Mutter noch vor der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme mit Schriftsatz vom 8. Mai 2008 erklärt.
14
bb) Zwar setzt die Nebenintervention nach § 66 Abs. 1 ZPO grundsätzlich ein rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits voraus. Weil die Anfechtung der Vaterschaft nach § 640 h Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. (jetzt § 184 Abs. 2 FamFG) aber für und gegen alle wirkt, greift die Entscheidung mittelbar auch in die Rechte der Mutter ein (vgl. Scholz/Stein/Eckebrecht Praxishandbuch Familienrecht Stand Oktober 2009 Q Rdn. 77). Deswegen verzichtet § 640 e Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. auf diese zusätzliche Voraussetzung und erlaubt den Beitritt in jedem Fall. Als selbständige Streithelferin des Kindes (§ 69 ZPO) kann die Mutter frei von den für gewöhnliche Nebenintervenienten geltenden Beschränkungen (§ 67 ZPO) Prozesshandlungen auch im Widerspruch zu der von ihr unterstützten Partei vornehmen und dadurch selbständig, auch durch Einlegung eines Rechtsmittels, auf eine nach ihrer Ansicht richtige Entscheidung hinwirken (Senatsurteil BGHZ 180, 51 = FamRZ 2009, 861 - Tz. 13 und BGHZ 89, 121, 123 f. = FamRZ 1984, 164).
15
Wegen der aus materiellen Gründen gebotenen zwingenden Beteiligung der Mutter, ihres daraus folgenden Rechts zum Beitritt und der besonderen Stellung als streitgenössische Nebenintervenientin kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts keinen strengeren Anforderungen unterliegen, als sie für die Parteien des Anfechtungsprozesses gelten.
16
Die Parteien eines Anfechtungsprozesses sind wegen der Geltung der Entscheidung für und gegen alle also grundsätzlich nicht anders zu behandeln als die Parteien in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Diesen ist nach der Rechtsprechung des Senats wegen der Bedeutung der Statusfeststellung im Falle der Bedürftigkeit regelmäßig sogleich - und nicht erst nach Eingang eines die Vaterschaft bejahenden Abstammungsgutachtens - Prozesskostenhil- fe zu bewilligen und ein Rechtsanwalt beizuordnen (Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Tz. 8 ff.).
17
cc) Zwar können in Verfahren der Vaterschaftsanfechtung nach §§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1 ZPO a.F. (vgl. jetzt § 26 FamFG) Beweise auch von Amts wegen erhoben werden. Trotz dieser Amtsermittlungspflicht muss den Parteien des Rechtsstreits aber die Möglichkeit verbleiben, das Verfahren in eigenem Interesse zu betreiben und zu begleiten. Auch in Verfahren mit Amtsermittlung darf eine mittellose Partei insoweit nicht schlechter gestellt werden als eine Partei , die die Kosten des Rechtsstreits selbst aufbringen kann (BVerfG FamRZ 2002, 531, 532).
18
2. Auf dieser rechtlichen Grundlage durften die Instanzgerichte der Mutter die begehrte Prozesskostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit der Prozessführung versagen.
19
a) Bei Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags war die Erfolgsaussicht des Anfechtungsverfahrens noch völlig ungeklärt, zumal die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen und Einholung des Sachverständigengutachtens erst später erfolgt ist. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg konnte dem Antrag der Mutter deswegen nicht abgesprochen werden.
20
b) Die Rechtsverfolgung durch die Mutter war auch nicht mutwillig.
21
Die Bedeutung des Anfechtungsverfahrens mit der Wirkung einer Entscheidung für und gegen alle spricht auch hier dafür, der beigetretenen Mutter ebenfalls Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen. Hinzu kommt, dass es sich bei dem Anfechtungsverfahren um ein vom allgemeinen Zivilprozess stark abweichendes Verfahren eigener Art handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 27/07 - FamRZ 2007, 1968 Tz. 9). Schließlich ist mit Beschluss vom 4. März 2007 auch dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und mit Beschluss vom 22. April 2008 der Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit war die anwaltliche Vertretung der Mutter deswegen nicht mutwillig (vgl. § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO).
22
Im Übrigen weist die Rechtsbeschwerde zu Recht darauf hin, dass die Frage, ob der Zeuge ein leiblicher Bruder des Klägers ist, nicht abschließend beantwortet wurde. Zwar hat das Amtsgericht den Zeugen zu seinem Verwandtschaftsverhältnis zum Kläger vernommen. Die Aussage, wonach lediglich ein entferntes Verwandtschaftsverhältnis vorliegt, widerspricht allerdings dem Vortrag der Mutter, wonach der Zeuge ein Bruder des Klägers ist. Die Frage wirkt sich unmittelbar auf das Ergebnis der Beweisaufnahme aus, zumal der Sachverständige in Ausführung des Beweisbeschlusses des Amtsgerichts lediglich das Kind, die Mutter und den Zeugen in seine Begutachtung einbezogen hat. Ob der Kläger als Bruder des Zeugen mit einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit als Vater in Betracht kommen könnte, ist damit nicht abschließend geklärt.
23
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Mutter Vietnamesin und der deutschen Sprache kaum mächtig ist. Eine eigenständige Prozessvertretung während der mündlichen Verhandlung wäre ihr deswegen auch mit Hilfe eines Dolmetschers kaum möglich gewesen. Dafür spricht auch der Bericht des Jugendamts vom 8. April 2008, wonach dem Ergänzungspfleger wegen der schwierigen Verständigung mit der Mutter kein konkreter Antrag möglich war und er lediglich die Erstellung eines Abstammungsgutachtens anregte.
24
Die Prozessführung der Mutter ist schließlich auch deswegen nicht mutwillig , weil es ihr nicht verwehrt sein darf, durch Einlegung eines Rechtsmittels mit dem Ziel der Klagabweisung auf eine nach ihrer Ansicht richtige Entscheidung hinzuwirken (Senatsurteil BGHZ 180, 51 = FamRZ 2009, 861 - Tz. 13). Denn es gehört auch zu den Pflichten eines erstinstanzlich beigeordneten Rechtsanwalts, die Interessen der Partei in dem Zwischenstadium zwischen dem erstinstanzlichen Urteil und dem Rechtsmittelverfahren zu wahren (Senatsbeschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 179/06 - FamRZ 2007, 1088 Tz. 15 und BGH Urteile vom 17. Januar 2002 - IX ZR 100/99 - WM 2002, 512 f. und vom 6. Juli 1989 - IX ZR 75/88 - WM 1989, 1826 ff.).
25
3. Der angefochtene Beschluss war deswegen auf die Rechtsbeschwerde der Mutter aufzuheben. Das Verfahren ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen , damit es die weiteren Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe prüfen kann. Hahne Weber-Monecke Dose Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 12.06.2008 - 300 F 2485/07 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.12.2008 - 21 WF 0710/08 -

(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Verfahrensgegenstands (Verfahrenswert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.